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Urteilskopf 122 III 166 33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. März 1996 i.S. X. Corporation gegen Y. (Berufung)
Regeste Aktienrechtliche Verantwortlichkeit; Klagerecht des Gesellschaftsgläubigers beim Vorliegen eines Nachlassvertrags mit teilweiser Vermögensabtretung. Dem Gesellschaftsgläubiger steht beim gerichtlichen Nachlassvertrag mit (teilweiser) Vermögensabtretung - nicht aber beim Prozentvergleich - das Klagerecht gemäss Art. 758 aOR zu, soweit die aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche zu den Nachlasswerten gehören (E. 3a und b). Die Ansprüche aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit gehören beim gerichtlichen Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung nicht zwingend zu den Vermögenswerten, welche den Gläubigern zur Liquidation überlassen werden. Massgebend sind vielmehr die entsprechenden Anordnungen im Nachlassvertrag (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 122 III 166 S. 167 A.- Y. war vom 13. Januar 1966 bis 19. Mai 1982 Mitglied des Verwaltungsrates der Z. AG. Am 25. April 1983 bestätigte das Kantonsgericht Schwyz der Z. AG einen Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung. Die Z. AG überliess darin einen Teil ihres Vermögens den Gläubigern zur Liquidation und Verteilung nach den Vorschriften über den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, bot die Schaffung eines Genussscheinkapitals an und erklärte sich mit einer Herabsetzung ihres Grundkapitals einverstanden. Die Liquidation der den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte sollte in der Weise erfolgen, dass diese formell auf die ebenfalls zur Liquidationsmasse gehörende V. AG übertragen und deren Aktien treuhänderisch der Liquidatorin übereignet wurden. Alsdann sollte die V. AG nach Änderung ihres Zwecks und ihrer Firma in "V.-Abwicklungsgesellschaft" gegenüber Dritten als Veräussererin auftreten, intern jedoch für Rechnung aller beteiligten Gläubiger handeln. Der Erlös war unter Beachtung der Bestimmungen über die Rangordnung und die Rangklassen der Gläubiger gemäss SchKG zu verteilen. Die Genussscheine waren vorerst auf den Namen der Abwicklungsgesellschaft auszustellen und nach Verwertung aller anderen überlassenen Aktiven unter die Gläubiger zu verteilen. Schliesslich war die Abwicklungsgesellschaft aufzulösen und zu liquidieren. Die Z. AG setzte ihr Grundkapital gemäss den Bestimmungen des Nachlassvertrags herab und führte ihre Geschäfte mit den verbliebenen Mitteln fort, wobei ihrer Firma nie der Zusatz "in Nachlassliquidation" beigefügt wurde. BGE 122 III 166 S. 168 Gegenstand der Vermögensabtretung sollen auch die Verantwortlichkeitsansprüche aus Aktienrecht gegenüber den seinerzeitigen Mitgliedern des Verwaltungsrates und der seinerzeitigen Kontrollstelle gebildet haben. Die Liquidatorin trat diese Ansprüche am 20. August 1985 an die X. Corporation, welche mit einer Forderung von mehr als 13 Millionen Franken in der 5. Klasse kolloziert war, sowie an eine weitere Gläubigerin ab. B.- Mit Klage vom 14. September 1987 beim Amtsgericht Luzern-Stadt belangte die X. Corporation Y. aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit für Fr. 500'000.-- nebst Zins und unter Vorbehalt des Nachklagerechts. Mit Urteil vom 4. Oktober 1993 wies das Amtsgericht die Klage ab. Dieses Urteil bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern am 6. Juni 1995 unter Abweisung der Berufung der Klägerin. Die Klägerin hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung angefochten, die vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Obergericht hat in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung des mittelbaren Schadens der Gläubigergesamtheit verneint mit der Begründung, dass Art. 758 aOR nicht anwendbar sei im Fall eines Nachlassvertrags, mit welchem nur ein Teil der Vermögenswerte den Gläubigern zur Liquidation übertragen wird und die Gesellschaft mit den übrigen Mitteln ihr Geschäft weiterbetreibt. Damit habe die Liquidatorin gar keinen solchen Anspruch gemäss Art. 260 SchKG abtreten können. Nach dem klaren Wortlaut und den einzelnen Bestimmungen beinhalte die Abtretung vom 20. August 1985 auch keine zivilrechtliche Abtretung von Verantwortlichkeitsansprüchen; zudem hätte eine solche nur durch die Gesellschaftsorgane der Z. AG erfolgen können. Mit der Berufung rügt die Klägerin, diese Auffassung verletze Art. 758 aOR. a) Mit BGE 117 II 432 ff. hat das Bundesgericht bei der Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen durch die Gläubiger im Konkurs die Unterscheidung zwischen einem Anspruch aus dem Schaden der Gesellschaft und einem solchen aus dem mittelbaren Schaden der Gläubiger aufgegeben. Der der Gesellschaft direkt zugefügte Schaden ist deckungsgleich mit dem Schaden, welcher den Aktionären und Gläubigern insgesamt indirekt entsteht (E. 1a/cc, S. 438). Ein Anspruch von Aktionären ist nach der Konkurseröffnung, BGE 122 III 166 S. 169 sofern nicht infolge vollständiger Deckung aller Gläubigerforderungen ein Widerruf erfolgen kann, nicht mehr denkbar (E. 1a/ee, S. 439). Nach der Konkurseröffnung ist deshalb einzig noch die Konkursmasse befugt, Verantwortlichkeitsansprüche geltend zu machen. Sie stützt sich dabei nicht auf die individuellen Rechte der einzelnen Gläubiger, sondern auf einen einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit. Für einen Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft bleibt damit neben diesem im Konkurs kein Raum mehr (E. 1a/ee, S. 439). Verzichtet die Konkursmasse auf die Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche, so kann gemäss Art. 756 Abs. 2 aOR jeder Gläubiger deren Abtretung verlangen, was lediglich einen Anwendungsfall der Abtretung eines streitigen Anspruchs der Konkursmasse gemäss Art. 260 SchKG darstellt. Auch der Abtretungsgläubiger klagt daher wie die Konkursmasse einzig aus dem Recht der Gläubigergesamtheit (S. 440). Damit kann auch er den Ersatz des gesamten Schadens fordern, den die verantwortlichen Organe der Gesellschaft und mittelbar der Gesamtheit der Gläubiger zugefügt haben. Gegenüber dem Anspruch der Gläubigergesamtheit sind die Einreden, welche bis zur Konkurseröffnung dem Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft entgegengehalten werden konnten, ausgeschlossen (E. 1a/gg, S. 440). b) Die Konkurseröffnung bewirkt somit gemäss Art. 758 aOR, dass der bis dahin bestehende Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft abgelöst wird durch einen einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit. Betragsmässig sind die beiden Ansprüche deckungsgleich. Sie stimmen auch hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen überein, unterscheiden sich aber hinsichtlich der Einreden, die ihnen entgegengehalten werden können. Damit stellt sich die Frage, ob diese Ablösung des Anspruchs aus dem Recht der Gesellschaft durch den Anspruch der Gläubigergesamtheit allein im Falle des Konkurses eintritt oder auch in anderen Fällen, wo die Verantwortlichkeitsansprüche wegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger herangezogen werden müssen. aa) Bereits in BGE 49 II 241 E. 2 S. 244 f. hat das Bundesgericht unter der Herrschaft des Obligationenrechts von 1881/1911 die Bestimmungen über das Klagerecht der Gesellschaftsgläubiger auf einen Zwangsnachlassvertrag angewandt, bei dem sämtliche Vermögenswerte den Gläubigern zur Liquidation abgetreten worden waren. In späteren Urteilen wurde diese Rechtsprechung bestätigt, wobei auch die Legitimation der Liquidationsmasse anerkannt BGE 122 III 166 S. 170 wurde ( BGE 65 II 2 E. 2 S. 5, BGE 67 II 167 E. 1 S. 171 ff., BGE 86 II 171 E. 3a S. 185 und BGE 93 II 22 E. 2 S. 24). Diese Rechtsprechung beruhte zwar noch auf der Unterscheidung zwischen der Klage aus dem Recht der Gesellschaft und dem Anspruch des einzelnen Gläubigers aus mittelbarem Schaden. Es besteht indessen kein Anlass, davon abzuweichen, wenn nun nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts im Konkurs vom einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit aus mittelbarem Schaden ausgegangen wird. Auch in der Lehre wird hinsichtlich der Geltendmachung der aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche durch die Gläubiger der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung generell den für den Konkurs geltenden Bestimmungen unterstellt (RASCHEIN, Die Abtretung von aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüchen im Konkurs, in: Festschrift 100 Jahre SchKG, S. 358; FORSTMOSER, Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. Auflage, Rz. 77 f., 100 und 116; VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 4. Auflage, S. 275 Anm. 357; BÜRGI/NORDMANN, Zürcher Kommentar, N. 1 zu Art. 756 aOR; SCHUCANY, Kommentar zum schweizerischen Aktienrecht, S. 206 zu Art. 756 aOR). bb) Die Klägerin vertritt demgegenüber die Auffassung, die Bestimmungen über die Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche durch die Gesellschaftsgläubiger im Konkurs seien auch in allen anderen Fällen der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft anzuwenden. Zur Begründung führt sie an, der Ausschluss des Klagerechts der Gläubiger sei nur gerechtfertigt, solange die Gesellschaft aufrechtstehend sei. Falle diese Voraussetzung dahin, so müsse das Klagerecht der Gläubiger aktualisiert werden, ohne dass dafür eine Konkurseröffnung oder der Abschluss eines Nachlassvertrags erforderlich wäre. Für ihre Auffassung beruft sich die Klägerin zu Unrecht auf verschiedene Literatur- und Judikaturstellen. Diese befassen sich einzig mit der Darlegung der Gründe, welche den Gesetzgeber dazu bewogen haben, bei aufrechtstehender Gesellschaft ein Klagerecht der Gläubiger auszuschliessen und ihnen ein solches dann im Konkurs zuzugestehen. Wenn dort von der aufrechtstehenden Gesellschaft die Rede ist, bedeutet dies einfach das Gegenteil zur Gesellschaft im Konkurs ohne nähere Ausführungen darüber, welche anderen Sachverhalte einem Konkurs gleichzustellen sind. An keiner Stelle wird hingegen die These der Klägerin vertreten, dass ein Klagerecht der Gläubiger auch ohne Konkurseröffnung oder Abschluss eines BGE 122 III 166 S. 171 Nachlassvertrags bereits bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit bestehen soll. Das gilt auch für MAYA SCHIESS (Das Wesen aktienrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche aus mittelbarem Schaden und deren Geltendmachung im Gesellschaftskonkurs, Diss. Zürich 1978, S. 68 ff.), die zu Beginn ihrer Ausführungen festhält, dass gemäss Art. 758 aOR der Gläubigeranspruch mit der Konkurseröffnung entsteht, und die dann lediglich mit Blick auf ausländische Rechtsordnungen darlegt, dass dieser Entscheid des schweizerischen Gesetzgebers objektiv nicht zwingend sei. Gegen die Auffassung der Klägerin spricht im übrigen, dass sie gegen den klaren Wortlaut von Art. 758 aOR verstösst. Dazu kommt, dass der blosse Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ein zu unbestimmtes und damit untaugliches Kriterium darstellt, um damit ein Klagerecht der Gesellschaftsgläubiger zur Geltendmachung der aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche entstehen zu lassen. Schliesslich wäre eine solche Regelung unvereinbar mit dem Konzept des einheitlichen Anspruchs der Gläubigergesamtheit, welcher ihren gesamten mittelbaren Schaden umfasst und den Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft ablöst. Ein solcher Anspruch der Gläubigergesamtheit setzt zwingend voraus, dass diese organisiert ist, was nur beim Konkurs und beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung zutrifft. In BGE 82 II 48 ff. wurde demgemäss auch nicht etwa Art. 758 aOR angewendet, sondern es wurden die Verantwortlichkeitsansprüche der Gesellschaft aufgrund einer zivilrechtlichen Abtretung geltend gemacht, obwohl die Gesellschaft angesichts der in der Zwischenzeit erfolgten Eröffnung und Einstellung des Konkurses offensichtlich zahlungsunfähig war. Die für den Konkursfall geltende Regelung lässt sich sodann auch nicht auf den Stundungs- oder Prozentvergleich übertragen. Bei diesem verbleibt die schuldnerische Gesellschaft (unter Vorbehalt der Sicherstellung für den Vollzug des Nachlassvertrags) im vollen Verfügungsrecht über ihre gesamte Vermögenssubstanz. Für eine Ablösung des Anspruchs aus dem Recht der Gesellschaft durch einen Anspruch der Gläubigergesamtheit bleibt damit kein Raum. Der Gläubigergesamtheit würde auch die erforderliche Organisation fehlen, um einen solchen Anspruch geltend machen zu können. Zudem würde die zusätzliche Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen gegenüber den Organen gegen den Grundsatz verstossen, dass die Gläubiger beim Prozentvergleich auf ihre ganzen Forderungen verzichten, soweit diese die im Nachlassvertrag festgelegten Leistungen des Nachlassschuldners übersteigen. BGE 122 III 166 S. 172 cc) Zu prüfen bleibt die Frage, wie Nachlassverträge zu behandeln sind, bei welchen nur ein Teil der Vermögenswerte den Gläubigern zur Liquidation überlassen werden, während weitere Vermögenswerte der Nachlassschuldnerin verbleiben und sie mit diesen (allenfalls unter Einbezug der seinerzeitigen Gläubiger als Aktionäre, Partizipanten oder Inhaber von Genussscheinen) fortbesteht. Die Lehre äussert sich zu dieser Frage nicht, da bei den Ausführungen über die Behandlung der Verantwortlichkeitsansprüche im Nachlassvertrag jeweils nicht unterschieden wird, ob alle oder nur einzelne Vermögenswerte den Gläubigern überlassen werden (vgl. die in E. 3b/aa zitierten Autoren). Wie das Kantonsgericht Schwyz in seinem ersten Beschluss vom 15. März 1983, mit welchem es die ursprüngliche Fassung des Nachlassvertrags zur entsprechenden Anpassung zurückwies, zutreffend feststellte, untersteht ein solcher Zwangsvergleich ebenfalls den Bestimmungen über den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ( Art. 316a ff. SchKG ). Die Gläubigergesamtheit ist damit organisiert, womit die Geltendmachung von aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüchen aus einem Recht der Gläubigergesamtheit möglich wird. Gehören bei einem Nachlassvertrag mit bloss teilweiser Vermögensabtretung die Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber den Gesellschaftsorganen zu den Vermögenswerten, welche den Gläubigern zur Liquidation überlassen werden, so rechtfertigt es sich, auch in diesem Fall in analoger Anwendung von Art. 758 aOR eine Ablösung des Anspruchs aus dem Recht der Gesellschaft durch einen Anspruch der Gläubigergesamtheit anzunehmen. Hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen und des betragsmässigen Umfangs sind diese beiden Ansprüche ja deckungsgleich. Für die weitere Anwendung der Einredenordnung, welche für den Anspruch der Gesellschaft galt, entfällt mit dem Abschluss eines solchen Nachlassvertrags die sachliche Rechtfertigung. Wie beim Konkurs ist die Gesellschaft zahlungsunfähig, und die Gläubiger müssen auf einen Teil ihrer Forderung verzichten oder sich zumindest die Umwandlung in andere Rechte gefallen lassen. Hinsichtlich der den Gläubigern zur Liquidation überlassenen Vermögenswerte sind dann einzig noch die Interessen der Gesellschaftsgläubiger massgeblich. Die Lebensfähigkeit der mit einem Teil der Vermögenswerte weiterexistierenden Gesellschaft steht auch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber den (früheren) Organen bzw. mit den Einreden, welche diesen Ansprüchen entgegengehalten werden können. Wäre BGE 122 III 166 S. 173 dies ausnahmsweise der Fall, so könnten auch die Verantwortlichkeitsansprüche im Nachlassvertrag von der Übertragung auf die Gläubiger ausgeklammert werden. Die Gründe, aus welchen die Vorinstanz eine analoge Anwendung von Art. 758 aOR verneint hat, erweisen sich demgegenüber nicht als stichhaltig. Ob die Gesellschaft aufgelöst und im Handelsregister gelöscht wird, hat keinen erkennbaren Bezug zur Frage, unter welchen Modalitäten die auf die Gläubigergesamtheit übergegangenen Verantwortlichkeitsansprüche geltend zu machen sind. In BGE 49 II 241 E. 2 S. 244 f. hat das Bundesgericht die analoge Anwendung von Art. 675 Abs. 2 aOR (Fassung 1881/1911) auf den Nachlassvertrag mit Abtretung aller Vermögenswerte auch nicht etwa ausschliesslich mit der Auflösung der Gesellschaft begründet, sondern gleichzeitig die einschneidenden Beschränkungen der Gläubigerrechte erwähnt. In BGE 86 II 171 E. 3a S. 185 wurde der Aspekt der Auflösung der Gesellschaft nicht erwähnt, und es wurde statt dessen auf die Liquidation des überlassenen Vermögens nach den Regeln des Konkurses abgestellt. Auch wenn nur ein Teil der schuldnerischen Vermögenswerte den Gläubigern zur Liquidation überlassen werden, gilt dabei das Prinzip der Totalität der Vollstreckungsansprüche (concursus omnium creditorum). Entgegen der bei der Vorinstanz offenbar bestehenden Meinung geht es beim Entscheid über die analoge Anwendbarkeit von Art. 758 aOR nicht etwa um die Frage, ob die Verantwortlichkeitsansprüche zu den Vermögenswerten gehören, welche den Gläubigern zur Liquidation überlassen wurden, sondern einzig darum, welchen Modalitäten die Geltendmachung der überlassenen Verantwortlichkeitsansprüche untersteht, das heisst, ob der Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft abgelöst wird durch einen einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit mit der entsprechenden Ordnung der Einreden. In diesem Zusammenhang ist zudem unerheblich, dass die mit einem Teil der Vermögenswerte weiterexistierende Gesellschaft nie den Zusatz "in Nachlassliquidation" führt und deshalb die Liquidation der den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte mit geringerer Publizität verbunden ist. Der Wert des bei der Gesellschaft verbliebenen Vermögens kann allenfalls ein Element sein, welches zu beachten ist bei der Beantwortung der Frage, ob die Verantwortlichkeitsansprüche den Gläubigern überlassen wurden oder bei der Gesellschaft verblieben. Gleiches gilt für das Argument, dass die Gläubiger auf jenen Teil der Forderung, der aus der Liquidation der überlassenen Vermögenswerte nicht befriedigt werden konnte, nicht etwa BGE 122 III 166 S. 174 ersatzlos verzichten mussten, sondern dafür in Form der Genussscheine noch eine Beteiligung an der weiterexistierenden Gesellschaft erhielten. In Abweichung von der Auffassung der Vorinstanz ist deshalb festzuhalten, dass Art. 758 aOR analog anzuwenden ist auf gerichtliche Nachlassverträge, mit welchen den Gläubigern nur ein Teil der Vermögenswerte zur Liquidation überlassen wird, soweit die aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche zu diesen überlassenen Vermögenswerten gehören. c) Eine Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung des mittelbaren Schadens der Gläubigergesamtheit lässt sich aus der auf Art. 260 SchKG gestützten Abtretung vom 20. August 1985 indessen nur ableiten, wenn diese Verantwortlichkeitsansprüche tatsächlich zu den Vermögenswerten gehörten, welche den Gläubigern zur Liquidation überlassen wurden. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dies keineswegs zwingend. Dies belegt schon die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach auch beim Nachlassvertrag mit Abtretung aller Vermögenswerte die Liquidationsorgane nur bei besonderer Bevollmächtigung durch den Nachlassvertrag zur Anhebung der Verantwortlichkeitsklage gegen die Gesellschaftsorgane befugt waren ( BGE 48 III 71 ff., BGE 60 III 99 ff.). Mit der Praxisänderung in BGE 64 III 20 ff. hat das Bundesgericht dann den Grundsatz statuiert, dass beim Nachlassvertrag mit Abtretung aller Vermögenswerte das abgetretene Vermögen ohne gegenteilige Abrede auch die der Gesellschaft zustehenden Verantwortlichkeitsansprüche umfasst, selbst wenn diese im Inventar nicht aufgeführt sind (ebenso BGE 67 II 167 E. 1 S. 171; FORSTMOSER, a.a.O., S. 55 Rz. 77). Der Vorbehalt gegenteiliger Abrede schliesst es aus, die Überlassung der Verantwortlichkeitsansprüche an die Gläubiger als zwingend zu betrachten. Ein solcher zwingender Charakter lässt sich entgegen einem Teil der Lehre (ERWIN GERSBACH, Der Nachlassvertrag ausser Konkurs nach dem Schweizerischen Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen und seinen Ausführungserlassen, Diss. Zürich 1937, S. 125; SCHODER, Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, ZBJV 1952, S. 418; PETER LUDWIG, Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, Diss. Bern 1970, S. 70; HANS HURTER, Der Nachlassvertrag mit Gesellschaftsgründung, Diss. Bern 1988, S. 125) auch nicht aus Art. 260 SchKG ableiten. Dieser Bestimmung unterstehen nur jene Ansprüche, welche überhaupt zur Konkursmasse bzw. Liquidationsmasse gehören; über den BGE 122 III 166 S. 175 materiellen Bestand der Masse sagt diese Bestimmung hingegen nichts aus. Ob die Verantwortlichkeitsansprüche zur Liquidationsmasse gehören, ist damit eine Frage der Auslegung des Nachlassvertrags. Darüber enthält das angefochtene Urteil keine Ausführungen. Es fehlen auch die tatsächlichen Feststellungen, welche es dem Bundesgericht erlauben würden, diese Frage selbst zu beurteilen. Eine Vervollständigung des Sachverhalts durch das Bundesgericht anhand der Akten ( Art. 64 Abs. 2 OG ) ist ausgeschlossen, da es sich dabei nicht bloss um einen nebensächlichen Punkt handelt. Zudem gibt auch der Wortlaut des Nachlassvertrags keinen klaren Aufschluss, da die Verantwortlichkeitsansprüche dort ausdrücklich weder unter den den Gläubigern überlassenen Vermögenswerten noch unter den davon ausgenommenen Vermögenswerten aufgeführt sind. Die Streitsache ist deshalb zur Vervollständigung des Sachverhalts und zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 OG ). d) Anzufügen bleibt im übrigen, dass die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung an die Vorinstanz zur Vervollständigung des Sachverhalts im vorstehend genannten Punkt selbst dann erforderlich wäre, wenn eine analoge Anwendbarkeit von Art. 758 aOR verneint würde. Wie ausgeführt regelt diese Bestimmung nur die Modalitäten für die Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche. Gehörten diese nach der Auslegung des Nachlassvertrags zu den Vermögenswerten, welche den Gläubigern zur Liquidation überlassen wurden, so würde damit bei verneinter analoger Anwendbarkeit von Art. 758 aOR den Gläubigern einfach das Verfügungsrecht eingeräumt über den unverändert fortbestehenden Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft. Auch dieser Anspruch wäre dann von der Liquidatorin zu verwerten gewesen, sei es durch eigene Geltendmachung im Namen der Liquidationsmasse bzw. der Abwicklungsgesellschaft oder durch Abtretung an einzelne Gläubiger gemäss Art. 260 SchKG . Zentrale Frage bliebe damit auch bei dieser Rechtsauffassung, ob die Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber den Organen aufgrund des Nachlassvertrags zu den Vermögenswerten gehören, welche den Gläubigern zur Liquidation überlassen wurden. e) Die vom Obergericht ebenfalls aufgeworfene Frage der zivilrechtlichen Abtretung der Verantwortlichkeitsansprüche erweist sich demgegenüber als irrelevant. Falls diese Ansprüche zu den den Gläubigern übertragenen Vermögenswerten gehörten, so hatten die Liquidationsorgane diese im Falle BGE 122 III 166 S. 176 des Verzichts auf eine eigene Geltendmachung gemäss Art. 316 Art. 260 SchKG den Gläubigern zur Abtretung anzubieten. Für eine zivilrechtliche Abtretung gemäss Art. 164 ff. OR bleibt in diesem Fall kein Raum. Wären die Verantwortlichkeitsansprüche dagegen bei der Gesellschaft verblieben, so hätten sie in der Folge nur durch deren Organe gemäss Art. 164 ff. OR abgetreten werden können (vgl. BGE 82 II 48 E. 3 S. 55 ff.). Das Vorliegen einer solchen Abtretung wurde indessen nie behauptet.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e92ef5ee-826e-4850-9a22-643de1e3555c
Urteilskopf 104 V 179 44. Auszug aus dem Urteil vom 5. Oktober 1978 i.S. Müller gegen Krankenkasse des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeitnehmerverbandes und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 84 Abs. 1 AHVG und 128 OG. Ausdehnung des Prozesses auf eine ausserhalb der Verfügung liegende Streitfrage: Konnexität mit dem bisherigen Streitgegenstand und Stellungnahme der Verwaltung müssen kumulativ gegeben sein.
Erwägungen ab Seite 179 BGE 104 V 179 S. 179 Aus den Erwägungen: In seiner Ergänzung vom 10. Februar 1978 zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde trägt Friedrich Müller ein neues Begehren vor: Er beansprucht zusätzlich 720 Taggelder zu Fr. 3.- für die Zeit nach Erschöpfung der ordentlichen Bezugsdauer. Zur Begründung macht er geltend, er sei nicht (mehr) Kollektivmitglied der Krankenkasse, sondern Einzelmitglied, wie aus der Beitragszahlart hervorgehe; er berufe sich auf Art. 49 Abs. 3 BGE 104 V 179 S. 180 und Art. 50 Abs. 2 der Kassenstatuten, welche den Bezügern einer Invalidenrente ein Anrecht auf ein Taggeld von Fr. 3.- mit erweiterter Leistungsdauer während 720 Tagen nach der Aussteuerung einräumten. - Die Kasse ihrerseits bestreitet sinngemäss, dass sich der Beschwerdeführer auf die zitierten Statutenbestimmungen berufen könne, weil für ihn nach wie vor die Vorschriften des Kollektivversicherungsvertrages Geltung hätten. - Das Bundesamt für Sozialversicherung vertritt ebenfalls die Auffassung, Friedrich Müller sei nicht gemäss Art. 6 Abs. 2 des Kollektivversicherungsvertrages in die Einzelversicherung übergetreten, sondern in der Kollektivversicherung verblieben. Es stellt sich die Frage, ob auf diesen neuen Antrag im Hinblick darauf, dass er erst in der Ergänzung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellt wurde und auch nicht Gegenstand der Kassenverfügung vom 25. Februar 1977 War, im vorliegenden Verfahren eingetreten werden kann. Grundsätzlich wird der Prozessgegenstand im Verwaltungsjustizverfahren der Sozialversicherung durch die Verwaltungsverfügung bestimmt und begrenzt (ZAK 1971 S. 511). Ausnahmsweise darf der Richter indessen das Verfahren aus prozessökonomischen Gründen auf eine ausserhalb der Verwaltungsverfügung liegende weitere Streitfrage ausdehnen, wenn diese mit dem bisherigen Streitgegenstand derart eng zusammenhängt, dass von einer Tatbestandsgesamtheit gesprochen werden kann, und wenn sich die Verwaltung zu dieser neuen Streitfrage wenigstens in Form einer Prozesserklärung geäussert hat (EVGE 1962 S. 81 und 345 sowie 1950 S. 165, unveröffentlichte Urteile vom 14. November 1977 i.S. Fluri, vom 10. Juni 1975 i.S. Baumgartner und vom 31. Dezember 1969 i.S. Zingg, ZAK 1970 S. 624). Im vorliegenden Fall mangelt es am engen Zusammenhang mit dem bisherigen Streitgegenstand, weil das neue Begehren des Beschwerdeführers nicht nur einen andern als den bis anhin zur Diskussion gestandenen Zeitabschnitt betrifft, sondern vor allem auch auf einem andern Sachverhalt und auf andern Rechtsgrundlagen beruht.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e92f9971-13ba-41d4-967e-97ad35dc2948
Urteilskopf 139 III 424 61. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Migros-Genossenschafts-Bund gegen Mondaine Watch Ltd (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_128/2013 vom 30. September 2013
Regeste Art. 11 Abs. 1 und 2 sowie Art. 12 Abs. 1 MSchG ; rechtserhaltender Gebrauch der Marke. Beurteilung des erforderlichen Gebrauchs einer Wort-/Bildmarke in einer von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form (E. 2.1-2.3). Erfordernis des Gebrauchs der Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren (E. 2.4).
Erwägungen ab Seite 424 BGE 139 III 424 S. 424 Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz wies das klägerische Rechtsbegehren, es seien die beiden Marken M-WATCH MONDAINE (CH P-341 261) und BGE 139 III 424 S. 425 (CH P-512 831) infolge Nichtgebrauchs gestützt auf Art. 12 Abs. 1 MSchG (SR 232.11) zu löschen, ab. Der Beschwerdeführer erblickt darin eine Verletzung von Bundesrecht und bringt vor, die beiden Marken seien nicht rechtserhaltend gebraucht worden. 2.1 2.1.1 Die Vorinstanz führte aus, die Marke setze sich aus "M", Abstand, "Watch" zusammen, wobei der Einzelbuchstabe "M" und das Wort "Watch" die dominanten Gestaltungselemente bildeten. Derselbe Aufbau finde sich bei dem von der Beschwerdegegnerin gebrauchten Zeichen M-WATCH. Die beiden Zeichen, so die Vorinstanz weiter, unterschieden sich lediglich dadurch, dass der Abstand bei der eingetragenen Marke aus einem Kreiszeichen bestehe, während beim tatsächlich gebrauchten Zeichen der Abstand durch einen Bindestrich gefüllt sei. Der in der eingetragenen Marke verwendete Kreis füge der Aussage der Worte jedoch kein zusätzliches Gewicht zu; er habe als figuratives Beiwerk weder begriffliche noch phonetische Bedeutung. Gleiches gelte für den Bindestrich, der ebenfalls als austauschbare Ausschmückung aufzufassen sei. Der Sinngehalt der Marke ändere sich für das Publikum durch das Ersetzen der nicht ausgefüllten Kreisform durch einen blossen Bindestrich jedenfalls nicht massgebend; der Gesamteindruck der Marke werde durch diese geringfügigen Abweichungen nicht beeinflusst. Keine Rolle spiele im Weiteren, ob das Zeichen M-WATCH in Fett- oder Normalschrift geschrieben werde, weil dadurch der kennzeichnende Charakter der Marke nicht verändert werde. Entsprechend gelte der Gebrauch des Zeichens M-WATCH (sowohl in Fett- als auch in Normalschrift) als rechtserhaltender Gebrauch der hinterlegten Marke. Auch mit dem Zeichen werde die Marke rechtserhaltend gebraucht. Es unterscheide sich von der eingetragenen Marke insofern, als das das "M" und das "WATCH" verbindende leere Kreiszeichen durch einen ausgefüllten Kreis, das Schweizerkreuz enthaltend, ersetzt werde. Dabei verändere sich der Aufbau der Marke nicht; der Austausch des leeren Kreiszeichens durch den das Schweizerkreuz enthaltenden Kreis erscheine als nicht erhebliche Abweichung des Zeichens. Dies müsse umso mehr gelten, als das Schweizerkreuz als Marke oder als Bestandteil von Marken nicht verwendet, d.h. auch nicht eingetragen werden dürfe, die Verwendung eines Wappens als Verzierung einer BGE 139 III 424 S. 426 Marke nach Lehre und Praxis jedoch zulässig sei. Dies führe dazu, dass derjenige, der ein Wappen als Verzierung seiner Marke gebrauchen wolle, gar keine andere Möglichkeit habe, als die Marke ohne das verzierende Zeichen eintragen zu lassen und dieses im Gebrauch dann hinzuzufügen. Das Schweizerkreuz im Zeichen werde als Verzierung verwendet; insofern stelle die Verwendung dieses Zeichens nichts anderes als den Gebrauch der eingetragenen Marke dar. 2.1.2 Zum rechtserhaltenden Gebrauch der Wortmarke M-WATCH MONDAINE (CH P-341 261) hielt die Vorinstanz fest, die Bestandteile "M-WATCH" und "MONDAINE" würden auf den von der Beschwerdegegnerin gekennzeichneten Ziffernblättern räumlich auseinandergestellt (M-WATCH oberhalb des Zentrums in grösserer Schrift geschrieben, MONDAINE am unteren Rand des Ziffernblatts neben der Ziffer 6 in kleinerer Schrift); die Gesamtmarke finde sich zusammenhängend aber zumindest auf dem Uhrenarmband. Dieser Gebrauch sei für die Warenklassen Uhren und Zeitmesser rechtserhaltend, da ein funktioneller Zusammenhang mit den registrierten Waren bestehe. 2.2 2.2.1 Die Marke ist - nach Ablauf der gesetzlichen Schonfrist von fünf Jahren (vgl. Art. 12 Abs. 1 MSchG ) - nur soweit geschützt, als sie im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, auch tatsächlich gebraucht wird (vgl. Art. 11 Abs. 1 MSchG ). Diese Gebrauchsobliegenheit entspricht der wettbewerbsbezogenen Funktion der Marke: Einzig bei denjenigen Zeichen, die auch effektiv benutzt werden und damit im Wettbewerb die ihr zugedachte Unterscheidungs- und Herkunftsfunktion erfüllen, rechtfertigt sich nach Ablauf der Schonfrist das markenschutzrechtliche Monopol (EUGEN MARBACH, Markenrecht, SIWR Bd. III/1, 2. Aufl. 2009, Rz. 1287; vgl. auch MARKUS WANG, in: Markenschutzgesetz [MSchG], Noth und andere [Hrsg.], 2009, N. 2 zu Art. 11 MSchG ). Mit dem Gebrauchserfordernis soll gleichzeitig verhindert werden, dass Marken gewissermassen auf Vorrat hinterlegt werden und damit der Registerbestand künstlich aufgebläht sowie die Schaffung neuer Marken behindert wird (vgl. MARBACH, a.a.O., Rz. 1287; WANG, a.a.O., N. 2 zu Art. 11 MSchG ; CHRISTOPH WILLI, MSchG, Markenschutzgesetz, 2002, N. 1 zu Art. 11 MSchG ; LUCAS DAVID, Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Aufl. 1999, N. 1 zu Art. 11 MSchG ). BGE 139 III 424 S. 427 Hat der Inhaber die Marke im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie beansprucht wird, während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht, so kann er sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen ( Art. 12 Abs. 1 MSchG ). Der Nichtgebrauch kann mit Löschungsklage geltend gemacht werden. Das Markenschutzgesetz erwähnt eine solche Klage zwar nicht ausdrücklich, setzt diese aber stillschweigend voraus ( BGE 130 III 267 E. 2.2). 2.2.2 Der Gegenstand der Markenbenutzung hat mit dem Gegenstand des Markenschutzes übereinzustimmen. Die Marke ist daher grundsätzlich so zu benutzen, wie sie im Register eingetragen ist, weil sie nur so den kennzeichnenden Eindruck zu bewirken vermag, der ihren Funktionen entspricht ( BGE 130 III 267 E. 2.4 S. 271 mit Hinweisen). Die mit der Registergebundenheit der Marke angestrebte Transparenz würde andernfalls zu stark eingeschränkt; auch könnte der Zweck der Entlastung des Registers bzw. der Verhinderung von Defensiv- und Sperrzeichen, leicht unterlaufen werden, falls zu grosse Abweichungen toleriert würden (MARBACH, a.a.O., Rz. 1368). Allerdings können sich im Lauf der Zeit aus den Gegebenheiten und Anforderungen des Wettbewerbs Unterschiede zwischen dem eingetragenen und dem verwendeten Zeichen ergeben, die der Kennzeichnungsfunktion der Marke nicht abträglich sind. Diesen Anliegen des Inhabers an einem dynamischen Gebrauch der Marke trägt Art. 11 Abs. 2 MSchG Rechnung. Die Bestimmung lässt den Gebrauch der Marke in einer von der Eintragung nicht wesentlich abweichenden Form als rechtserhaltend gelten (vgl. BGE 130 III 267 E. 2.4 S. 271 f. zur Umschreibung der unwesentlichen Abweichung gemäss Art. 5C Abs. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 [PVÜ; SR 0.232.04] und Art. 15 Abs. 2 lit. a der Verordnung [EG] Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke, ABl. L 11 vom 14. Januar 1994 S. 1 ff.). Entscheidend ist dabei, dass der kennzeichnende Kern der Marke, der das markenspezifische Gesamtbild prägt, seiner Identität nicht beraubt wird, dass trotz der abweichenden Benutzung der kennzeichnende Charakter der Marke gewahrt bleibt ( BGE 130 III 267 E. 2.4 S. 271 f. mit Hinweis auf § 26 Abs. 3 des deutschen Markengesetzes). BGE 139 III 424 S. 428 Dies ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur der Fall, wenn der Verkehr das abweichend benutzte Zeichen auch bei Wahrnehmung der Unterschiede aus dem Gesamteindruck mit der eingetragenen Marke gleichsetzt, d.h. in der benutzten Form noch dieselbe Marke sieht. Zu fragen ist daher, ob der Verkehr Eintragung und Benutzungsform als ein und dasselbe Zeichen ansieht und den geänderten, zugefügten oder weggelassenen Bestandteilen keine eigene kennzeichnende Wirkung beimisst. Die Anforderungen an die Zeichenidentität im Kernbereich der Marke sind dabei wesentlich strenger als bei der Beurteilung der Verwechselbarkeit ( BGE 130 III 267 E. 2.4 S. 271 f. mit Hinweisen). 2.3 2.3.1 Die Vorinstanz hat einen rechtserhaltenden Gebrauch der kombinierten Wort-/Bildmarke zunächst aufgrund der Verwendung des Wortteils M-WATCH allein bejaht. Sie hat zwar zutreffend auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach kein allgemeiner Grundsatz besteht, nach dem ein eingetragenes Kombinationszeichen bereits dann als rechtserhaltend benutzt anzusehen ist, wenn der Zeicheninhaber nur den kennzeichnungskräftigen Wortbestandteil benutzt, sondern stets eine Beurteilung des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse zu erfolgen hat ( BGE 130 III 267 E. 2.4 S. 273). Im konkreten Fall hat sie jedoch die in der Gebrauchsform weggelassene unausgefüllte Kreisform zu Unrecht als figuratives Beiwerk bzw. blosse Ausschmückung betrachtet, die den Gesamteindruck der Marke nicht beeinflusse. Jedes Weglassen eines unterscheidungskräftigen Elements führt grundsätzlich zu einem anderen Gesamtbild, weshalb von vornherein nur ein Verzicht auf solche Markenelemente zu tolerieren ist, denen für die Beurteilung der Schutzfähigkeit eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Zwar trifft zu, dass dies etwa bei der Weglassung von Bildelementen der Fall sein kann, die vom Verkehr lediglich als ornamentale Ausschmückung des kennzeichnungsstarken Markenkerns ohne eigene Unterscheidungskraft aufgefasst werden ( BGE 130 III 267 E. 2.4 S. 272). Die von der Beschwerdegegnerin eingetragene kombinierte Marke wird jedoch entgegen dem angefochtenen Entscheid von der fraglichen Kreisform mitgeprägt. Das in der Gebrauchsform weggelassene Element ist als (einziges) grafisches Element für den Gesamteindruck der BGE 139 III 424 S. 429 Marke wesentlich. Dies gilt umso mehr, als die Wortbestandteile "M" und "WATCH" für sich allein kaum kennzeichnungskräftig sind, sondern als Einzelbuchstabe ohne Verkehrsdurchsetzung bzw. blosse Beschreibung der beanspruchten Waren dem Gemeingut ( Art. 2 lit. a MSchG ) angehören (vgl. zur markenrechtlichen Schutzfähigkeit eines Einzelbuchstabens BGE 134 III 314 E. 2). Entgegen dem angefochtenen Entscheid wird der Gesamteindruck der Marke durch eine blosse Benutzung des Wortbestandteils M-WATCH nicht gewahrt. Durch den Verzicht auf das einprägsame grafische Element in Form eines unausgefüllten Kreises wird der allgemeine Markeneindruck auffällig verändert. Die Beschwerdegegnerin hat daher ihre kombinierte Marke durch die Verwendung des Zeichens M-WATCH nicht im Sinne von Art. 11 Abs. 2 MSchG rechtserhaltend gebraucht. 2.3.2 Hinsichtlich des rechtserhaltenden Gebrauchs der Marke durch die Verwendung des Zeichens weist der Beschwerdeführer zutreffend darauf hin, dass die Vorinstanz allzu schematisch auf den Aufbau der beiden Zeichen abgestellt und die Kennzeichnungskraft der hinterlegten Marke zu Unrecht unberücksichtigt gelassen hat. Die Weglassung oder Veränderung von Bildbestandteilen einer Wort-/Bildmarke beim tatsächlichen Gebrauch eines Zeichens kann - im Gegensatz zur Weglassung kennzeichnender Wortelemente - eher unschädlich sein, soweit der als selbständig kennzeichnend hervortretende Wortbestandteil (nahezu) unverändert erhalten bleibt. Dies gilt insbesondere für Bildelemente, die nur als Verzierung oder Hervorhebungsmittel angesehen werden. Einprägsame oder gar dominierende Bildbestandteile dürfen demgegenüber nicht ohne Weiteres verändert oder weggelassen werden. Bei der Beurteilung des Einzelfalls ist neben der Kennzeichnungskraft des fraglichen Bestandteils auch das jeweilige Verhältnis der Wort- und Bildelemente zueinander massgebend: Je weniger der Wortbestandteil kennzeichnungskräftig ist, umso mehr kann das Bildelement als Herkunftshinweis in den Vordergrund treten; in solchen Fällen kann die Veränderung oder gar Weglassung des Bildbestandteils den kennzeichnenden Charakter der kombinierten Marke durchaus entscheidend berühren (PAUL STRÖBELE, in: Markengesetz, Ströbele/Hacker [Hrsg.], 10. Aufl., Köln 2012, § 26 ^Rz. 149; KARIN BÜRGI LOCATELLI, Der rechtserhaltende Markengebrauch in der Schweiz, 2008, S. 72). BGE 139 III 424 S. 430 Wie bereits ausgeführt, sind die Wortbestandteile "M" und "WATCH" in der kombinierten Marke der Beschwerdegegnerin für die beanspruchten Uhren kaum kennzeichnungskräftig, sondern gehören dem Gemeingut ( Art. 2 lit. a MSchG ) an. Das Bildelement des unausgefüllten Kreises tritt daher als Herkunftshinweis in den Vordergrund, weshalb bereits geringe Veränderungen dieses Markenbestandteils den kennzeichnenden Charakter der Marke verändern können. Angesichts der schwachen Kennzeichnungskraft der hinterlegten Marke weist der Beschwerdeführer zu Recht darauf hin, dass der Spielraum der Beschwerdegegnerin für Abweichungen von der eingetragenen Form äusserst gering ist und die von ihr hinterlegte Marke nur rechtserhaltend gebraucht wird, wenn dieser Gebrauch in nahezu identischer Form erfolgt. Der Austausch des leeren Kreiszeichens durch ein kreisrundes Schweizerkreuz (im Gebrauchszeichen wird unbestrittenermassen ein weisses Kreuz auf rotem Grund verwendet) erscheint daher entgegen dem angefochtenen Entscheid nicht als unwesentliche Abweichung von der eingetragenen Form. Vielmehr beeinflusst die Abänderung angesichts der schwachen Unterscheidungskraft des Wortbestandteils den kennzeichnenden Charakter des Zeichens, so dass der Verkehr in der benutzten Form nicht mehr dieselbe Marke erblickt. Die Vorinstanz hat die Verwendung des Schweizerkreuzes im konkreten Fall zudem zu Unrecht als blosse Verzierung der Marke ohne jegliche markenrechtliche Bedeutung erachtet, zumal der Verkehr diesem gerade bei Uhren eine besondere Bedeutung im Sinne eines Qualitätshinweises zumisst, die auch den kennzeichnenden Charakter zu beeinflussen vermag (vgl. STRÖBELE, a.a.O., § 26 Rz. 148; BÜRGI LOCATELLI, a.a.O., S. 71; je mit Hinweis auf den Beschluss I ZB 24/99 des BGH vom 11. Juli 2002, in: GRUR 2002 S. 1077 ff. bezüglich der nicht anzuerkennenden Weglassung der Herkunftsangabe "SUISSE" bzw. "SWISS" bei Uhren). Jedenfalls wird das Schweizerkreuz im Gebrauchszeichen aufgrund seiner grafischen Verschmelzung mit dem hinterlegten Zeichen nicht als von der Marke unabhängige Angabe oder blosse Verzierung aufgefasst (vgl. zur Bedeutung der direkten Verbindung von Elementen ohne eigene Unterscheidungskraft mit der Marke STRÖBELE, a.a.O., § 26 Rz. 126, 128 f.). Der an sich zutreffende Hinweis der Vorinstanz darauf, dass das Schweizerkreuz nicht als Marke bzw. Markenbestandteil eingetragen (Art. 1 Abs. 1 Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 5. Juni 1931 BGE 139 III 424 S. 431 zum Schutz öffentlicher Wappen und anderer öffentlicher Zeichen [WSchG; SR 232.21]) oder als Marke bzw. Bestandteil einer solchen zu geschäftlichen Zwecken auf Waren oder deren Verpackung angebracht werden darf ( Art. 2 Abs. 1 Ziff. 1 WSchG ), lässt entgegen den Erwägungen im angefochtenen Entscheid keine Rückschlüsse auf die konkrete Verwendung des Schweizerkreuzes durch die Beschwerdegegnerin zu. Von einer Verwendung zu dekorativen Zwecken, wie sie von der Rechtsprechung etwa beim Verkauf von Kaffeelöffeln mit dem Schweizerkreuz als zulässig erachtet worden war ( BGE 83 IV 108 E. 3), kann jedenfalls keine Rede sein. Wie der Beschwerdeführer zutreffend vorbringt, lässt sich aus dem gesetzlichen Verbot bestimmter Verwendungen des Schweizerkreuzes nach dem Wappenschutzgesetz nichts zugunsten eines rechtserhaltenden Gebrauchs durch die Beschwerdegegnerin im konkreten Fall ableiten. Aus den dargelegten Gründen stellt auch die Verwendung des Zeichens durch die Beschwerdegegnerin keinen rechtserhaltenden Gebrauch der Marke (CH P-512 831) dar. Der angefochtene Entscheid verletzt auch in dieser Hinsicht Art. 11 Abs. 2 MSchG . Dass wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen würden (vgl. Art. 12 Abs. 1 MSchG ), macht die Beschwerdegegnerin zu Recht nicht geltend. Soweit die Vorinstanz das klägerische Rechtsbegehren, es sei die Marke zu löschen, abgewiesen hat, ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Nichtigkeit dieser Marke festzustellen ( Art. 52 MSchG ). Entsprechend ist die Marke im Register zu löschen ( Art. 35 lit. c MSchG ). 2.4 Die Vorinstanz hat demgegenüber den rechtserhaltenden Gebrauch der Marke M-WATCH MONDAINE ohne Verletzung von Bundesrecht bejaht. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wurde das gesamte Wortzeichen von der Beschwerdegegnerin auf Armbändern verschiedener ihrer Uhren angebracht. Der rechtserhaltende Gebrauch setzt voraus, dass die Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen gebraucht wird ( Art. 11 Abs. 1 MSchG ). Entgegen dem, was der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, muss die Marke nicht notwendigerweise auf der Ware selbst angebracht werden; vielmehr kann der geforderte funktionelle Zusammenhang auch anders als durch das Anbringen der Marke auf den Verkaufsobjekten hergestellt werden, sofern der BGE 139 III 424 S. 432 Verkehr die Verwendung konkret als Kennzeichnung versteht (Urteile 4A_253/2008 vom 14. Oktober 2008 E. 2.1, in: sic! 4/2009 S. 269; 4C.159/2005 vom 19. August 2005 E. 2.2, in: sic! 2/2006 S. 100). Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, muss es die Art der Benutzung der Marke erlauben, von den Abnehmern als Mittel zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen erkannt zu werden; diesen Zweck erfüllt die Marke, wenn sie bestimmten Waren oder Dienstleistungen zugeordnet werden kann. Diese Voraussetzungen sind im konkreten Fall erfüllt. Der Beschwerdeführer verkennt, dass weder festgestellt noch erheblich ist, dass die Beschwerdegegnerin bezüglich Armbändern mit einem Drittlieferanten zusammengearbeitet haben soll bzw. die Uhrenarmbänder kurzlebiger sein mögen als die Uhren selber. Das auf den Uhrenarmbändern angebrachte Zeichen M-WATCH MONDAINE kann vom Abnehmer von Uhren durchaus der Armbanduhr zugeordnet werden, die mit dem Armband eine Einheit bildet. Es wird vom Verkehr somit entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht als Herkunftshinweis für die Armbanduhr als solche aufgefasst. Gründe, die angesichts der konkreten Verwendung des Zeichens gegen ein solches Verständnis sprechen würden, werden in der Beschwerde nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Der Vorinstanz ist keine Rechtsverletzung vorzuwerfen, wenn sie einen rechtsgenügenden Gebrauch der Marke M-WATCH MONDAINE für die beanspruchten Waren bejaht hat. Sie hat die beantragte Löschung der Marke auf dieser Grundlage daher zu Recht verweigert.
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de
2,013
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Federation
e93efdda-cb67-4f42-a1f5-375c4b2ca0ca
Urteilskopf 103 III 76 15. Entscheid vom 14. Oktober 1977 i.S. Konkursamt St. Gallen
Regeste Postkontrolle im Konkurs; Art. 38 KOV . Eine Postkontrolle ist im Konkurs nur anzuordnen, wenn die Umstände des einzelnen Falles diese Massnahme als zur Wahrung der Gläubigerinteressen unbedingt notwendig erscheinen lassen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 76 BGE 103 III 76 S. 76 S., über den am 16. Juli 1976 der Konkurs eröffnet worden war, erhob mit Eingaben vom 5. August und 5. September 1977 Beschwerde bei der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons St. Gallen mit den Anträgen, Konkursverwalter X. sei in seinem Konkurs durch eine neutrale und integre Person zu ersetzen und die gegen ihn angeordnete Postsperre sei unverzüglich aufzuheben; eventuell sei zu veranlassen, dass die Privatpost von einer neutralen Person in seiner Anwesenheit geöffnet werde. Mit Entscheid vom 26. September 1977 hiess die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde insoweit gut, als es das Konkursamt St. Gallen anwies, die gegenüber dem Gemeinschuldner verhängte Postsperre aufzuheben. Im übrigen wies es die Beschwerde ab. Gegen den Entscheid der Aufsichtsbehörde rekurrierte das Konkursamt St. Gallen an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Es möchte mit seinem Rekurs einen Entscheid erwirken, welcher ihm "für die Zukunft eine Handhabe für die Anwendung bzw. Interpretation des Art. 38 KOV gibt". BGE 103 III 76 S. 77 Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Konkursamt zum Rekurs ans Bundesgericht nur legitimiert, wenn der angefochtene Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde die Interessen der Konkursmasse berührt ( BGE 102 III 80 , BGE 100 III 65 , mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall möchte der Konkursbeamte einen Entscheid erwirken, der ihm "für die Zukunft eine Handhabe für die Anwendung bzw. Interpretation des Art. 38 KOV gibt." Es geht ihm somit vor allem darum, durch das Bundesgericht eine ihm nicht genehme Auffassung seiner Aufsichtsbehörde überprüfen zu lassen, und nicht darum - jedenfalls nicht direkt -, die Interessen der Konkursmasse zu wahren. Dazu kann aber der Rekurs im Sinne von Art. 19 SchKG nicht dienen. Freilich behauptet der Rekurrent in seiner Eingabe, Hauptanlass zum Rekurs gebe ihm die Tatsache, dass er auf Grund der noch bestehenden Postsperre von einer Forderung des Gemeinschuldners in der Höhe von Fr. 321'000.-- erfahren habe, die dieser weder bei der Inventaraufnahme noch bei seiner Befragung angegeben habe. Damit will er offenbar dartun, dass die Weiterführung der Postkontrolle im Interesse der Konkursmasse liege und dass er deswegen Rekurs erhoben habe. Unter diesem Gesichtspunkt müsste die Rekurslegitimation des Konkursamtes wohl bejaht werden. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben. Angesichts der Praxis des Konkursamtes St. Gallen, in jedem Konkurs und für die gesamte Dauer des Konkursverfahrens die Postkontrolle anzuordnen, erscheint es nämlich ohnehin als angezeigt, die mit dem Rekurs aufgeworfene Frage zu prüfen. Sie ist grundsätzlicher Natur, und das Bundesgericht kann zu ihr als Aufsichtsbehörde über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen ( Art. 15 SchKG ) auch ausserhalb eines Rekursverfahrens Stellung nehmen ( BGE 99 III 62 ). 2. Art. 38 KOV räumt den Konkursämtern wohl die Befugnis ein, von der zuständigen Kreispostdirektion für die Dauer des Konkurses die Einsichtnahme oder Auslieferung von Postsendungen und Postcheckgeldern, die an den Gemeinschuldner adressiert sind oder von ihm abgesandt werden, sowie Auskunfterteilung über den Postverkehr des Gemeinschuldners BGE 103 III 76 S. 78 zu verlangen, wobei dieser das Recht hat, der Öffnung der Sendungen beizuwohnen (vgl. auch Art. 6 Abs. 4 des Postverkehrsgesetzes). Die mit diesem Eingriff in das in Art. 36 Abs. 4 BV gewährleistete Postgeheimnis verbundene schwere Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Konkursiten setzt jedoch voraus, dass die Umstände des einzelnen Falles die Anordnung der Postkontrolle als unbedingt notwendig erscheinen lassen, weil anders die Interessen der Konkursmasse und der Gläubiger wegen des Verhaltens des Gemeinschuldners ernsthaft gefährdet wären. Art. 38 KOV muss demnach sehr eng ausgelegt werden, und die Anordnung der Postkontrolle darf, wie die Vorinstanz zutreffend darlegt, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht verletzen. Es muss somit in jedem einzelnen Konkurs konkret geprüft werden, ob sich diese Massnahme aufdränge und allenfalls wann sie wieder aufgehoben werden könne. Auf keinen Fall geht es an, die Postkontrolle sozusagen routinemässig anzuordnen und sie stets und ohne Beachtung des einzelnen Konkursfalles bis zum Abschluss des Verfahrens aufrecht zu erhalten. Im vorliegenden Fall macht das Konkursamt zur Rechtfertigung der Postkontrolle einzig geltend, es habe in einem an den Gemeinschuldner gerichteten Brief den Hinweis auf eine Forderung gefunden, die bei der Inventaraufnahme nicht angegeben worden sei. Das allein reicht indessen nicht aus. Die Vorinstanz hat die Postkontrolle daher zu Recht aufgehoben. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
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1,977
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CH_BGE_005
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e9421282-bf75-4c6c-b4db-2e056ff4ced7
Urteilskopf 86 IV 151 37. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 9 septembre 1960 dans la cause Ministère public du canton de Neuchâtel contre Challandes.
Regeste Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB . Wann rechtfertigt eine von einem Schweizer im Ausland begangene Straftat den Widerruf des bedingten Strafvollzugs?
Sachverhalt ab Seite 151 BGE 86 IV 151 S. 151 Résumé des faits: A.- Le 30 juin 1959, le Tribunal correctionnel de Neuchâtel a condamné Challandes, ressortissant suisse, pour escroquerie et faux dans les titres, à quatre mois d'emprisonnement avec sursis pendant quatre ans. Le 22 juillet suivant, le Tribunal correctionnel de Besançon le condamna à 21 jours d'emprisonnement pour rupture de ban, infraction commise après le 30 juin. B.- Argument pris de cette condamnation, le président du Tribunal de police de Neuchâtel révoqua, le 22 décembre 1959, le sursis accordé à Challandes par le jugement du 30 juin 1959 et ordonna l'exécution de la peine. Cependant, la Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel cassa, le 24 février 1960, l'ordonnance du 22 décembre 1959 et maintint le sursis que cette ordonnance avait révoqué. C.- Le Ministère public du canton de Neuchâtel s'est pourvu en nullité contre cet arrêt. Il conclut au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour que celle-ci prononce la révocation du sursis. D. - Challandes conclut au rejet du pourvoi. Erwägungen Extrait des motifs: 1. L'art. 41 ch. 3 al. 1 CP prescrit au juge d'ordonner l'exécution de la peine en particulier lorsque, pendant le BGE 86 IV 151 S. 152 délai d'épreuve, le condamné commet intentionnellement un crime ou un délit. Lorsque la nouvelle infraction a été commise à l'étranger, elle ne constitue un crime ou un délit selon l'art. 41 ch. 3 al. 1 CP que si elle est punissable à ce titre de par le droit suisse (arrêt Schneeberger, du 12 novembre 1954: RO 80 IV 217, consid. 3). Dans la présente espèce, Challandes a commis en France une rupture de ban, que l'art. 291 CP punit de l'emprisonnement et qui constitue donc un délit. Mais cette rupture de ban, commise à l'étranger par un ressortissant suisse pendant le délai d'épreuve qui lui était imposé, ne peut donner lieu à extradition d'après le droit suisse, de sorte que l'auteur ne pourrait être condamné en Suisse pour cet acte. En effet, selon son art. 6 ch. 1, le Code pénal suisse s'applique, sous certaines conditions, à tout Suisse qui aura commis à l'étranger un crime ou un délit pouvant donner lieu à extradition; il s'ensuit a contrario que lorsque, comme en l'espèce, un Suisse a commis à l'étranger un crime ou un délit pour lequel le droit suisse ne permet pas l'extradition, le Code pénal suisse ne lui est pas applicable. Il apparaît dès lors douteux qu'un tel crime ou délit puisse justifier l'application de l'art. 41 ch. 3 al. 1 CP. Dans son arrêt Schneeberger, précité, la cour de céans a posé la question, mais l'a laissée ouverte, parce qu'en l'occurence la révocation du sursis était exclue par un autre motif déjà, à savoir que l'acte commis à l'étranger pendant le délai d'épreuve ne constituait, selon le droit suisse, ni un crime ni un délit, mais une simple contravention. Il n'en va pas de même en l'espèce: la rupture de ban, on l'a dit, constitue un délit selon le droit suisse, de sorte qu'il est nécessaire de trancher la question posée plus haut. Cette question appelle une réponse négative, car on ne saurait admettre qu'un acte commis à l'étranger et qui constitue un crime ou un délit selon le droit étranger justifie la révocation du sursis en Suisse lorsqu'il n'aurait pu faire l'objet d'une poursuite pénale en Suisse, même BGE 86 IV 151 S. 153 si cette poursuite est seulement exclue parce qu'il n'aurait pas justifié une extradition d'après la loi suisse. On peut d'autant moins l'admettre que, selon l'art. 67 ch. 2 CP, la condamnation subie à l'étranger pour un acte qui ne peut donner lieu à extradition ne compte pas pour la récidive. On ne voit pas pourquoi on traiterait différemment l'acte punissable commis à l'étranger selon qu'il s'agit de la révocation du sursis conformément à l'art. 41 ch. 3 al. 1 CP ou de l'aggravation de la peine en raison de la récidive. Du reste, l'acte commis à l'étranger entraîne en tout cas la révocation du sursis, même s'il ne peut entraîner de poursuites pénales en Suisse, lorsqu'en le commettant, le condamné a trompé la confiance dont on l'avait cru digne. Il suit de là que la rupture de ban, qui ne peut donner lieu à extradition d'après le droit suisse et n'est punissable que dans le pays où elle a été commise, n'entraîne pas nécessairement la révocation du sursis selon l'art. 41 ch. 3 al. 1 CP lorsqu'elle a été commise à l'étranger. 2. .....
null
nan
fr
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
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Urteilskopf 106 IV 61 21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Februar 1980 i.S. P. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 40 SVG , Art. 29 VRV . Licht- und Hupsignale als Aufforderung zur Freigabe der Überholspur.
Sachverhalt ab Seite 61 BGE 106 IV 61 S. 61 A.- Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte P. am 6. September 1979 schuldig der Verletzung von Verkehrsregeln BGE 106 IV 61 S. 62 im Sinne von Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 40 SVG und Art. 29 Abs. 4 VRV und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 150.--. B.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt P. Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und Rückweisung der Sache zum Freispruch. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Am 23. Januar 1978 fuhr der Beschwerdeführer mit seinem BMW von Davos nach Zürich. Auf der Autobahn N 3 holte er bei der Ausfahrt Thalwil den mit etwa 100-110 km/h fahrenden VW des V. ein. Bevor er ihn überholen konnte, bog V. noch knapp vor ihm auf die Überholspur aus. Der Beschwerdeführer gab ein Warnsignal, wozu er gemäss Vorinstanz berechtigt war. V. quittierte mit einem Bremsmanöver, wobei er die Bremse nur angetippt haben will, während gemäss Feststellung der Vorinstanz der Beschwerdeführer einen Schikanestopp annehmen und diesen mit einem Hupsignal beantworten durfte. V. blieb auf der Überholspur. Der Beschwerdeführer gab mehrmals Signal mit akustischer und Lichthupe, um ihn zu veranlassen, die Überholspur freizugeben. Dies, obwohl V. nun seinerseits am Überholen war und daher noch nicht auf die Normalspur einschwenken konnte und obwohl ein brüskes Einschwenken auf der nassen und teils mit Schneematsch bedeckten Strasse hätte gefährlich werden können. 2. Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer verbotenerweise oder unnötig und übermässig Signale gegeben und damit Art. 40 SVG /29 VRV verletzt hat. Das angefochtene Urteil vertritt die Auffassung, eine Ankündigung durch Licht- oder Hupsignal sei nur gestattet, wenn an sich bereits genügend Platz zum Überholen vorhanden ist und der Überholende lediglich sicher sein will, dass der andere Fahrer keinen Fehler machen wird. Unzulässig sei es dagegen, einen auf der linken Seite fahrenden Verkehrsteilnehmer durch ein solches Signal aufzufordern, die linke Spur freizugeben. Das sei ein verbotenes "Weghupen" bzw. "Wegblinken". Diese Meinung findet im Strassenverkehrsrecht keine Basis und widerspricht eindeutig der schweizerischen Gerichts- und Fahrpraxis. a) Nach Art. 35 Abs. 7 SVG ist dem sich ankündigenden, schneller fahrenden Fahrzeug die Strasse zum Überholen BGE 106 IV 61 S. 63 freizugeben. Voraussetzung ist also, dass das langsamere Fahrzeug zunächst auf der linken Strassenseite bzw. auf der Überholspur führt und diese auf Signal des schnelleren Fahrzeugs hin verlassen soll. Es handelt sich somit gerade nicht um das Überholen eines bereits rechts fahrenden Fahrzeuges. Ankündigen kann sich der schnellere Fahrer durch Hupen oder ein Lichtsignal. Letzteres wird durch Art. 29 Abs. 3 VRV gerade zu diesem Zweck ausdrücklich zugelassen. Von einem unzulässigen "Wegblinken" ist entgegen dem angefochtenen Urteil keine Rede. b) Viele Lenker von Autos und Motorrädern fahren chronisch links. Teils ist dies schlechte Gewohnheit. Daneben gibt es Fahrer, die schikanös auf der linken Fahrbahnhälfte bleiben. Es ist verkehrsfremd, wenn die Vorinstanz davon ausgeht, in diesen Fällen habe der schnellere Fahrer zu warten, bis der die linke Bahn blockierende Fahrer sie endlich freigibt. c) Das Bundesgericht hat mehrfach Fälle beurteilt, wo solche Signale gegeben worden waren, um jemanden zur Freigabe der linken Spur aufzufordern. Als selbstverständlich wurde von der Zulässigkeit dieser Signalgabe ausgegangen, ohne dass die Frage überhaupt aufgeworfen worden wäre (z.B. in BGE 105 IV 59 E. 5). 3. War somit der Beschwerdeführer an sich berechtigt, den vor ihm auf der Überholspur fahrenden V. durch Signale aufzufordern, diese Spur freizugeben, und ihm damit das Überholen zu ermöglichen, so bleibt zu untersuchen, ob er von dieser Möglichkeit unnötig oder übermässig Gebrauch gemacht hat. a) Wo die Grenzen liegen, ist weder den Bestimmungen noch der Praxis eindeutig zu entnehmen. Da grundsätzlich auch Warnsignale möglichst zu unterlassen sind ( Art. 40 SVG , 29 VRV), ist davon auszugehen, dass Signale auch als Aufforderung zur Freigabe der Überholspur nur zulässig sind, wenn und soweit der Zweck dies wirklich erfordert und die Signalgabe sinnvoll erscheint. So betrachtet darf signalisiert werden, wenn ein langsameres Fahrzeug die linke Fahrbahn benutzt und ohne Gefährdung Dritter nach rechts einbiegen könnte, es sei denn, dessen Führer habe erkennbar zum Abbiegen oder Überholen eingespurt. Leistet der langsamere Fahrer trotz freier rechter Spur der Aufforderung keine Folge, so ist auch eine Wiederholung des Signals zulässig. BGE 106 IV 61 S. 64 Hat das langsamere Fahrzeug zum Abbiegen oder Überholen eingespurt, führt es gerade ein Überholmanöver aus oder kann es (z.B. bei Fahrt in zwei Kolonnen) nicht in eine genügend grosse Lücke auf der rechten Fahrbanhälfte gefahrlos eingefügt werden, so ist höchstens ein kurzes Signal zur Ankündung der Überholabsicht zulässig. Unzulässig ist dagegen ein wiederholtes Licht- oder Hupsignal und erst recht ein ungeduldiges ständiges Signalisieren. Auch wo der Fahrer des langsameren Fahrzeugs erkennbar die Signale beachtet hat, ihnen aber keine Folge leistet, darf der von hinten kommende Fahrer nicht dauernd die Hupe betätigen, sondern nur in Abständen ein neues Signal geben. b) Im vorliegenden Fall ist verbindlich festgestellt ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ), dass der Beschwerdeführer wiederholt beide Signale betätigte, obwohl V. seinerseits am Überholen war, deswegen gar nicht nach rechts einbiegen konnte und sich ein späteres brüskes Einschwenken auch wegen der Rutschgefahr verbot. Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz mit Recht angenommen, der Beschwerdeführer habe unnötig und übermässig signalisiert.
null
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1,980
CH_BGE
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e94ad8f0-9ce0-4aa5-b7af-11ae3cb18249
Urteilskopf 89 II 24 6. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 5 mars 1963 dans la cause Besson contre Commune de Pampigny et Zlmmermann.
Regeste Genugtuung. Bemessungsgrundsätze; Berücksichtigung der Geldentwertung.
Sachverhalt ab Seite 25 BGE 89 II 24 S. 25 A.- Roger Besson, âgé aujourd'hui de 43 ans, est marié et père de quatre enfants, nés entre 1949 et 1957. Il demeure à Lussy sur Morges, dans une petite maison dont il est propriétaire. Après avoir travaillé au service de tiers, il s'établit à son compte en 1958. Il acheta un excavateur et exécuta des travaux pour les entreprises et les particuliers de la région où il habite. En août 1959, la commune de Pampigny chargea Besson de curer un ruisseau sur le domaine communal. Pour permettre la manoeuvre de la pelle mécanique avec laquelle ce travail devait être exécuté, il fallut déboiser le fossé et faire sauter les troncs à l'aide d'explosifs. La commune confia ce travail à son employé Zimmermann. Le 15 août, alors qu'il aidait Zimmermann à faire sauter des troncs, Besson fut atteint par l'explosion prématurée d'une charge. Blessé aux yeux, il fut frappé de cécité complète et définitive. B.- Le 1er août 1960, Besson assigna la commune de Pampigny et Zimmermann, en qualité de débiteurs solidaires, devant la Cour civile du canton de Vaud en paiement d'une indemnité de 503 000 fr. Le 24 septembre 1962, la Cour civile condamna les défendeurs, solidairement entre eux, à payer au demandeur des dommages-intérêts s'élevant à 249 000 fr. et une indemnité pour tort moral de 10 000 fr. C.- Besson a recouru en réforme contre ce jugement en concluant notamment à ce que le montant de l'indemnité pour tort moral soit porté à 20 000 fr. Le Tribunal fédéral a admis cette conclusion. Erwägungen Extrait des motifs: L'indemnité pour tort moral, dont la fixation est essentiellement une affaire d'appréciation, est destinée à réparer un dommage qui, par sa nature même, ne peut que difficilement être réduit à une simple somme d'argent. C'est pourquoi son évaluation en chiffres ne saurait excéder certaines BGE 89 II 24 S. 26 limites. Néanmoins, l'indemnité allouée doit être équitable. Le juge en proportionnera donc le montant à la gravité de l'atteinte subie et il évitera que la somme accordée n'apparaisse dérisoire à la victime. Aujourd'hui, il doit prendre notamment en considération la diminution de la valeur de l'argent. Si donc il s'inspire de certains précédents, il veillera à les adapter aux circonstances actuelles pour tenir compte de la dépréciation de la monnaie. En l'espèce, la faute imputable aux défendeurs est lourde. Quant à l'atteinte subie par le demandeur, elle est sans conteste l'une des plus graves dont un homme puisse être affecté. La cécité l'a frappé alors qu'il était dans la pleine force de l'âge, qu'il venait de s'installer à son compte et qu'il pouvait espérer voir sa modeste entreprise se développer. Non seulement, elle a brisé sa carrière professionnelle, mais elle a profondément troublé sa vie familiale. Dans ces conditions, l'octroi d'une très large indemnité s'impose. La somme de 10 000 fr. allouée à ce titre par la juridiction cantonale est manifestement insuffisante. Elle ne tient pas un compte équitable de la façon exceptionnellement grave dont le demandeur a été touché notamment en raison de son âge et de son activité antérieure, qui rendent très difficile une adaptation pourtant indispensable. Au regard de ces circonstances, Besson aurait pu prétendre, s'il n'avait commis aucune faute, à une indemnité de 25 000 fr. En raison de sa faute, ce montant doit être réduit à 20 000 fr.
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e94bd454-1a2e-45a1-9e81-5073654fac63
Urteilskopf 107 Ia 121 24. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Oktober 1981 i.S. Seefeld Appartement AG gegen Bausektion II des Stadtrates Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 22ter BV ; Abbruch rechtswidriger Gebäudeteile; Verwirkung. Die Befugnis der Behörden, den Abbruch eines baugesetzwidrigen Gebäudes oder Gebäudeteiles anzuordnen, ist grundsätzlich auf 30 Jahre befristet. Ausnahmen, wenn die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes aus baupolizeilichen Gründen im engeren Sinne erforderlich ist.
Sachverhalt ab Seite 122 BGE 107 Ia 121 S. 122 Die Bausektion II des Stadtrates Zürich erteilte der Seefeld Appartement AG mit den Beschlüssen Nrn. 1484/1976 und 1260/1977 die Bewilligung für verschiedene Umbauten an der Liegenschaft Höschgasse 62 in Zürich. Bei der Abnahme dieser Bauten stellten Beamte der Baupolizei der Stadt Zürich fest, dass im 5. Obergeschoss in einer Dreizimmerwohnung eine in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts errichtete, nicht bewilligte Galerie in einem Wohnzimmer entlang von drei Wänden vorhanden ist. Die Galerie weist eine Bodenfläche von rund 21 m2 auf und liegt mit ca. 4 m2 Fläche über Küche und Abort. Die Seefeld Appartement AG reichte daraufhin ein Gesuch um nachträgliche Bewilligung der Galerie ein. Mit Beschluss vom 17. Juli 1978 verweigerte die Bausektion II des Stadtrates Zürich die Bewilligung und verpflichtete die Seefeld Appartement AG, innert vier Wochen ab Rechtskraft des Beschlusses den Galerieteil über der Zimmerfläche zu entfernen, den Galerieteil über Küche und Abort mittels einer Trennwand feuerhemmend vom Wohnzimmer abzutrennen sowie die Türen zum Estrich feuerhemmend zu erstellen. Dieser Entscheid wurde von der Baurekurskommission I und hernach auch vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich bestätigt. Die Seefeld Appartement AG führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 22ter BV . Erwägungen Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Baubehörden hätten im vorliegenden Fall das Recht, die Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes zu verfügen, verwirkt. Sie beruft sich dabei auf eine analoge Anwendung des in BGE 105 Ib 265 ff. E. 6 aufgestellten Grundsatzes, die Befugnis der Behörden, nach einer widerrechtlichen Waldrodung eine Ersatz- oder Wiederaufforstung anzuordnen, sei auf dreissig Jahre befristet. BGE 107 Ia 121 S. 123 a) Es stellt sich die Frage, ob die Behörden die Beseitigung eines baugesetzwidrigen Zustandes auch dann noch verlangen können, wenn dieser schon seit Jahrzehnten besteht, oder ob ihnen in zeitlicher Hinsicht eine Grenze gesetzt ist. Das Bundesgericht hielt im erwähnten Entscheid im Gebiet des Forstrechts fest, es dränge sich unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit sowie aus praktischen Gründen auf, die Befugnis der Behörden zur Anordnung der Wieder- oder Ersatzaufforstung zu befristen. Die gleichen Überlegungen sprechen dafür, dass auch im Bereich des Baurechts der Anspruch der Behörden, die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes zu verlangen, nicht unbegrenzt gelten kann. Es wäre stossend und widerspräche in hohem Masse der Rechtssicherheit, wenn die Behörde einen Grundeigentümer beispielsweise noch nach mehr als fünfzig Jahren zur Beseitigung eines baugesetzwidrigen Zustandes verpflichten könnte. Eine solche Lösung ist auch aus praktischen Gründen abzulehnen, denn eine Abklärung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, wie sie vor mehr als fünfzig Jahren bestanden, erscheint als äusserst schwierig; dies gilt vor allem für die Feststellung der Praxis der kommunalen und kantonalen Baubehörden, der bei der Auslegung und Anwendung von baurechtlichen Bestimmungen grosse Bedeutung zukommt. Die Befugnis des Gemeinwesens, den Abbruch eines baugesetzwidrigen Gebäudes oder Gebäudeteiles anzuordnen, muss daher befristet sein. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist dann zu machen, wenn die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes aus baupolizeilichen Gründen im engeren Sinne geboten ist. Wird durch den Fortbestand eines baugesetzwidrigen Gebäudes oder Gebäudeteiles eine konkrete, d.h. ernsthafte und unmittelbare Gefahr für Leib und Leben der Bewohner oder der Passanten geschaffen, so können die Behörden den Abbruch dieses Gebäudes oder Gebäudeteiles unbekümmert um den Zeitablauf verfügen. Wie in BGE 105 Ib 268 ausdrücklich festgehalten wurde, ist es undenkbar, im Schutzbereich der Polizeigüter die Verjährung bzw. Verwirkung zuzulassen. Massnahmen zur Abwehr konkreter Gefahren für solche Güter dürfen von den Behörden jederzeit getroffen werden. b) Es bleibt für die Fälle, in denen die Beseitigung des baugesetzwidrigen Zustandes nicht im Sinne der erwähnten Ausnahme stets verlangt werden kann, die Frist zu bestimmen, nach deren Ablauf die Befugnis der Behörden zur Anordnung des Abbruchs BGE 107 Ia 121 S. 124 von Gebäuden oder Gebäudeteilen dahinfällt. Da Regeln fehlen, muss diese Frist in freier Rechtsfindung festgelegt werden. Die Befristung hat zur Folge, dass der Grundeigentümer des baugesetzwidrigen Gebäudes sozusagen das Recht "ersitzt", den an sich rechtswidrigen Zustand des Gebäudes oder Gebäudeteiles beizubehalten. Diese Überlegung legt es nahe, die zivilrechtlichen Regeln über die Ersitzung heranzuziehen. Der Natur der Sache nach kann hierbei nur die für die ausserordentliche Ersitzung von Grundeigentum geltende Regel des Art. 662 ZGB analog herangezogen werden, denn eine ähnliche Situation, wie sie für einen ungerechtfertigt im Grundbuch eingetragenen Grundeigentümer besteht, liegt nicht vor, wenn jemand Eigentümer eines Grundstückes ist, auf welchem sich ein baugesetzwidriges Gebäude befindet. Die dreissigjährige Frist drängt sich zudem aus praktischen Gründen auf. Auf die Dauer von drei Jahrzehnten zurück kann das geltende kommunale und kantonale Baurecht sowie, was entscheidend ist, die Praxis hiezu noch einigermassen sicher festgestellt werden. Die Frist von dreissig Jahren beginnt mit der Fertigstellung des baugesetzwidrigen Gebäudes bzw. Gebäudeteiles zu laufen (vgl. dazu ähnliche Überlegungen für forstrechtliche Tatbestände in BGE 105 Ib 271 E. 6b). c) Die dreissigjährige Frist scheint lang, doch wird sie nur in seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. In der Regel werden nämlich die Baupolizeibehörden bei ihrer überwachenden Tätigkeit Baugesetzwidrigkeiten rasch feststellen, da diese meistens von aussen her ersichtlich sind. Nur dort, wo sich die Rechtswidrigkeit auf das Gebäudeinnere beschränkt, wird es oft längere Zeit dauern, bis der rechtswidrige Zustand von den Behörden wahrgenommen wird. Ein Vorbehalt ist analog wie im Forstpolizeirecht (vgl. dazu BGE 105 Ib 272 ) für Fälle zu machen, in denen die Baupolizeibehörden zwar vor Ablauf der dreissigjährigen Frist einschreiten, die rechtswidrigen Gebäude oder Gebäudeteile aber über Jahre hinaus duldeten, obschon ihnen die Gesetzwidrigkeit bekannt war oder sie diese bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten kennen müssen. Hier müsste allenfalls der aus Art. 4 BV folgende Schutz von Treu und Glauben Platz greifen. In der Regel verwirken aber die Behörden ihren Anspruch, den Abbruch baugesetzwidriger Gebäude oder Gebäudeteile anzuordnen, erst nach dreissig Jahren. 2. Die kantonalen Instanzen und die Beschwerdeführerin gehen davon aus, die streitige Galerie sei in den zwanziger Jahren BGE 107 Ia 121 S. 125 dieses Jahrhunderts errichtet worden. Der Beschluss, mit dem die Bausektion II des Stadtrates Zürich den teilweisen Abbruch und die teilweise Umgestaltung der Galerie anordnete, datiert vom 17. Juli 1978. Zu diesem Zeitpunkt war die dreissigjährige Verwirkungsfrist längst abgelaufen. Dass hier ein Fall vorliegt, in welchem die Verwirkung ausgeschlossen ist, weil die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes aus baupolizeilichen Gründen im engeren Sinne geboten ist, trifft entgegen der Ansicht der kantonalen Behörden nicht zu. Die fragliche Galerie ist in dreifacher Hinsicht baugesetzwidrig, mit Bezug auf die Geschosszahl (sie bildet ein unzulässiges siebentes Geschoss), hinsichtlich der lichten Höhe (diese beträgt unter und über dem Galerieteil 1,95 m bzw. 2,0 m anstatt 2,4 m oder 2,5 m und bezüglich der Fensterfläche (2,2 m2 anstatt 4,1 m2). Zwar verstösst sie damit gegen Vorschriften, die gesundheitspolizeilich und wohnhygienisch motiviert sind. Dieser Umstand allein genügt indes nicht, um eine Verwirkung des Anspruchs der Behörden, die Beseitigung eines rechtswidrigen Gebäudeteiles zu verlangen, auszuschliessen. Erforderlich ist ausserdem, dass durch den gesetzwidrigen Zustand eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Bewohner oder der Passanten geschaffen wird. Dies lässt sich hinsichtlich der hier in Frage stehenden Galerie nicht sagen. Da sie in einen Raum eingebaut ist, der eine Höhe von 4 m sowie ein beachtlich grosses Fenster aufweist, besteht weder wohnhygienisch noch gesundheitspolizeilich eine Gefährdung der Bewohner, auch wenn unter und über dem Galerieteil die gesetzlich vorgeschriebene Höhe um ca. 40 cm unterschritten wird. Die Berufung der Behörden auf die Feuersicherheit, mit der die Auflage betreffend Erstellung einer feuerhemmenden Trennwand begründet wird, geht ebenfalls fehl. Es verhält sich entgegen den Erwägungen im Entscheid der Baurekurskommission nicht so, dass im Galerieteil, der über Küche und Abort liegt, Räume mit verschiedener Benützungsart aneinandergrenzen, denn der Estrichraum soll ja - durch die zu errichtende Trennwand - erst geschaffen werden. Feuerpolizeilich gerechtfertigt war einzig die Verfügung, die vorhandenen Türen zum Estrich seien feuerhemmend zu erstellen. Diese Auflage war jedoch vor Verwaltungsgericht nicht mehr streitig, sondern die Beschwerdeführerin hat sie in ihrer Beschwerde an jene Instanz ausdrücklich anerkannt. Es liegt demnach kein Fall vor, in welchem die Beseitigung des rechtswidrigen Gebäudeteiles ohne Rücksicht auf den Zeitablauf BGE 107 Ia 121 S. 126 angeordnet werden kann. Die Bausektion II des Stadtrates Zürich hatte somit ihren Anspruch, die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes zu verlangen, am 17. Juli 1978 längst verwirkt, und das Verwaltungsgericht verletzte bei dieser Sachlage Art. 22ter BV , indem es den Beschluss der Bausektion betreffend den teilweisen Abbruch und die teilweise Umgestaltung der Galerie bestätigte. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben.
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1,981
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Urteilskopf 111 Ib 147 32. Estratto della sentenza del 30 agosto 1985 della Camera d'accusa nella causa X. c. UFP (reclamo)
Regeste Auslieferungshaft; Art. 47 IRSG . 1. Das BAP hat zumindest in wenigen Worten schon im Auslieferungshaftbefehl sämtliche Anschuldigungen zu erwähnen, die der ausländische Staat seinem Ersuchen um Festnahme zwecks Auslieferung zugrunde legt (E. 1). 2. Die Anklagekammer des Bundesgerichts überprüft die Rechtmässigkeit der Auslieferungshaft aufgrund der zur Zeit des Entscheides des BAP gegebenen Umstände; nachträgliche Änderungen können nicht berücksichtigt werden (E. 2, 6).
Sachverhalt ab Seite 147 BGE 111 Ib 147 S. 147 X. veniva fermato il 27 luglio 1985 all'aeroporto di Zurigo-Kloten a richiesta d'Interpol Roma del 25 marzo 1985. Tale richiesta si fondava su di un mandato di cattura emesso il 4 giugno 1984 dal Giudice istruttore di Milano che imputava a X. d'aver commesso, in concorso con altri, un'estorsione a Sanremo nel dicembre 1981 e un tentativo d'estorsione a Viareggio nel marzo 1982, in ambedue i casi nei confronti di persona che BGE 111 Ib 147 S. 148 aveva contratto debiti di gioco. Il 29 luglio 1985 l'Ufficio federale di polizia (UFP) emetteva contro X. ordine di arresto ai fini d'estradizione; nell'indicazione della fattispecie estradizionale era menzionata soltanto la "complicità in estorsione" commessa a Viareggio dal 1982. X. presentava il 5 agosto 1985 istanza di scarcerazione, respinta dall'UFP con decisione del 13 agosto 1985. Egli ha impugnato quest'ultima con reclamo del 23 agosto 1985 alla Camera d'accusa del Tribunale federale, chiedendo, in via principale, che la decisione dell'UFP sia annullata e che sia ordinata la propria immediata scarcerazione; in via subordinata, che sia ordinata la propria immediata scarcerazione dietro versamento di una cauzione di 30'000 franchi, con l'obbligo di risiedere a Lugano. Il Tribunale federale ha respinto, in quanto ammissibile, il reclamo, ponendo le spese di giudizio a carico del reclamante. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Come rilevato dal reclamante, nell'ordine di arresto ai fini d'estradizione, la rubrica concernente la descrizione della fattispecie per cui esso è stato emesso evoca soltanto una delle due imputazioni contenute nel mandato di cattura del 4 giugno 1984 del Giudice istruttore di Milano, ossia quella relativa al tentativo (e non complicità) di estorsione commesso a Viareggio nel dicembre 1982, e ciò benché la richiesta d'Interpol si riferisse anche all'estorsione consumata a Sanremo nel dicembre 1981. L'omissione in cui è incorso l'UFP nella formulazione dell'ordine di arresto su questo punto, dovuta ad una semplice svista, non è comunque rilevante ai fini del presente giudizio, poiché i motivi che devono indurre a giudicare legittima o illegittima la carcerazione ordinata sono qui indipendenti dal fatto che l'ordine di arresto dell'UFP descriva tutte o solo parte delle imputazioni contenute nel mandato di cattura italiano che ha dato luogo alla procedura di estradizione. Tale irrilevanza (che non deve tuttavia esimere l'UFP dal menzionare normalmente, sia pure in modo molto succinto, tutte le imputazioni, onde permettere una doverosa informazione dell'estradando e consentirgli eventualmente una più sollecita difesa già in questo stadio) appare d'altronde ancora più evidente se si tien conto che l'estradando (e il suo difensore) avevano agevolmente la possibilità di farsi BGE 111 Ib 147 S. 149 mostrare il mandato di cattura italiano, figurante agli atti ed esattamente descritto nei suoi estremi. 2. Per la procedura avanti la Camera d'accusa del Tribunale federale si applicano per analogia, in virtù di quanto disposto dall' art. 48 cpv. 2 AIMP , le norme degli art. 214 segg. PP. Ne segue che il reclamo potrebbe essere accolto soltanto se l'UFP avesse violato la legge o manifestamente ecceduto il potere d'apprezzamento che gli compete (FF 1929 II ediz. ted. 627, ediz. franc. 662/663; DTF 96 IV 141 consid. 2 e richiami; DTF 95 IV 46 consid. 2). Tale questione va esaminata esclusivamente alla luce delle circostanze risultanti all'UFP al momento della propria decisione ( DTF 83 IV 180 consid. 2). Modifiche successive non possono essere considerate, ciò che si giustifica viepiù in materia di carcerazione ai fini estradizionali, dato che l'estradando può chiedere in ogni tempo d'essere scarcerato (cfr. art. 50 cpv. 3 AIMP ). 3. Manifestamente infondata è la censura secondo cui l'UFP avrebbe violato l'obbligo di motivare la propria decisione. I requisiti stabiliti dall' art. 4 Cost. e dall' art. 35 cpv. 1 PA sono adempiuti ove l'autorità menzioni i motivi essenziali della propria decisione, come è avvenuto nella fattispecie. L'autorità non è tenuta a prendere espressamente posizione sugli argomenti esposti dall'interessato che già risultino disattesi dalla decisione come tale e dalla sua motivazione ( DTF 102 Ia 6 , DTF 101 Ia 48 , DTF 98 Ib 195 consid. 2; sentenza della Corte di diritto pubblico del 19 settembre 1962, pubblicata nello Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung vol. 64 pag. 365, consid. 2; DTF 102 Ib 240 e DTF 98 Ib 195 consid. 2 e richiami). Se l'UFP non si è espressamente pronunciato nella motivazione della decisione impugnata su tutte le censure contenute nell'istanza di scarcerazione, ciò non significa che non le abbia esaminate. 4. Nella procedura di reclamo dinanzi alla Camera di accusa del Tribunale federale non può essere statuito sulla fondatezza della domanda di estradizione, dato che tale procedura ha per oggetto esclusivamente la carcerazione ai fini estradizionali. Nella pretesa infondatezza della domanda di estradizione non può neppure ravvisarsi uno degli "altri motivi" che, ai sensi dell' art. 47 cpv. 2 AIMP , possono giustificare che in luogo della carcerazione siano adottati altri provvedimenti cautelari ( DTF 109 Ib 339 con richiami). Ne discende che nella misura in cui il reclamante adduce che l'imputazione rivoltagli appare per varie ragioni inconsistente, il suo gravame è inammissibile. Egli nemmeno pretende di BGE 111 Ib 147 S. 150 provare un suo alibi, la cui immediata produzione avrebbe potuto essere motivo per prescindere dalla sua carcerazione, ai sensi dell' art. 47 cpv. 1 lett. b AIMP . 6. Essendo per il giudizio su reclamo da parte della Camera d'accusa determinante la situazione esistente al momento in cui è stata emanata la decisione impugnata, è irrilevante a tal fine che da allora siano già trascorsi i 18 giorni dal fermo, dopo i quali la scarcerazione deve essere ordinata, ai sensi dell' art. 50 cpv. 1 AIMP , se la domanda di estradizione e i documenti a sostegno non sono ancora pervenuti all'UFP. Il secondo periodo della menzionata disposizione stabilisce d'altronde che, per motivi speciali, il termine può esser prorogato fino a 40 giorni. La legge non prevede che durante tale proroga la questione della scarcerazione sia da decidere secondo criteri diversi da quelli contemplati nell' art. 47 AIMP . 7. In base alla giurisprudenza pubblicata, il reclamante, patrocinato da un avvocato, poteva senz'altro presumere che il suo gravame era sprovvisto di possibilità di esito favorevole. Poiché il suo reclamo è stato fatto con leggerezza, le spese giudiziarie vanno poste a suo carico, ai sensi dell' art. 219 cpv. 3 PP .
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Urteilskopf 104 Ia 487 72. Auszug aus dem Urteil vom 28. November 1978 i.S. X. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 84 ff. OG ; Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde. Wurde ein Haftbefehl im Laufe des kantonalen Verfahrens zurückgezogen, so kann er nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden; keine Beurteilung abstrakter Rechtsfragen.
Sachverhalt ab Seite 487 BGE 104 Ia 487 S. 487 Die Bezirksanwaltschaft Zürich erliess gegen X. einen Haftbefehl zum Vollzug einer in einen Tag Haft umgewandelten Busse. X. rekurrierte dagegen an die Staatsanwaltschaft mit der Begründung, er habe gegen die Umwandlung der Busse Kassationsbeschwerde eingelegt, weshalb der Vollzug einstweilen zu unterbleiben habe; ferner hätte die Bezirksanwaltschaft keinen Haftbefehl erlassen dürfen, sondern es hätte ein Strafantrittsbefehl ergehen müssen. Die Bezirksanwaltschaft zog den Haftbefehl BGE 104 Ia 487 S. 488 in der Folge zurück, und die Staatsanwaltschaft erklärte den Rekurs als gegenstandslos, soweit er den Vollzug des Umwandlungsbeschlusses betraf. Die weitere Rüge erklärte sie als unbegründet. X. verlangt mit staatsrechtlicher Beschwerde die Feststellung, dass der Erlass eines Bussenverhaftsbefehls verfassungswidrig sei. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Ist davon auszugehen, dass die Bezirksanwaltschaft den Bussenverhaftsbefehl in der Vernehmlassung an die Staatsanwaltschaft zurückzog, so kann auf die Rüge nicht eingetreten werden, der Erlass eines Bussenverhaftsbefehls sei mit § 23 StVG und Art. 7 der zürcherischen Kantonsverfassung unvereinbar. Zwar trifft es zu, dass eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ausnahmsweise auch dann zulässig ist, wenn ein aktuelles und praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids oder der angefochtenen Verfügung fehlt. Dies ist dann der Fall, wenn der gerügte Eingriff sich jederzeit wiederholen könnte und eine rechtzeitige verfassungsrechtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich ist, so dass das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses eine Kontrolle der Verfassungsmässigkeit faktisch verhindern würde ( BGE 100 Ia 394 E. 1b mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung setzt jedoch voraus, dass sich der Eingriff (Verbot einer Versammlung, Verhaftung, usw.) überhaupt ereignet hat. Ist das nicht der Fall, weil die entsprechende Verfügung vor dem Vollzug widerrufen worden ist, so tritt das Bundesgericht auf die dagegen gerichtete Beschwerde nicht ein. Andernfalls hätte es über eine abstrakte Rechtsfrage zu urteilen, was Sinn und Zweck des in Art. 84 Abs. 1 lit. a OG vorgesehenen Rechtsbehelfs widerspricht.
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Urteilskopf 104 IV 261 59. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. November 1978 i.S. F., E. und H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn
Regeste 1. Art. 9 Abs. 2 VRV . Kein besonderes Vortrittsrecht, wenn Fahrzeuge ohne gegenseitige Behinderung aneinander vorbeifahren können (E. 1). 2. Art. 19 Abs. 2 StGB . Der Fahrzeugführer, namentlich der Lenker eines überbreiten Motorwagens, muss die genaue Breite seines Fahrzeuges kennen. Begeht er zufolge Unkenntnis der Abmessung eine Widerhandlung gegen eine Verkehrsvorschrift, z. B. eine Verkehrsbeschränkung, kann er sich nicht auf unverschuldeten Irrtum berufen (E. 2).
Erwägungen ab Seite 261 BGE 104 IV 261 S. 261 Aus den Erwägungen: 1. Den Beschwerdeführern wird eine Verletzung der Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 VRV vorgeworfen, die bestimmt, dass schwere Motorwagen vor leichten den Vortritt haben, wenn auf schmalen Strassen das Kreuzen nicht möglich ist. Unmöglich ist das Kreuzen auf solchen Strassen, wenn bei korrekter Fahrweise BGE 104 IV 261 S. 262 ein Fahrzeug die Fahrzone des andern beanspruchen muss, nicht aber, wenn jedes Fahrzeug ohne Benützung der Fahrfläche des andern seine Fahrt fortsetzen kann (vgl. SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung zum neuen Strassenverkehrsrecht, S. 157). Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht nirgends fest, ein Kreuzen der beteiligten Fahrzeuge sei an der fraglichen Stelle, wo sie ohne gegenseitige Berührung aneinander vorbeifahren konnten, unmöglich gewesen. Ebensowenig kann dem angefochtenen Urteil entnommen werden, das Sattelmotorfahrzeug sei beim Kreuzen von einem der beiden Personenwagen in seiner Fahrt behindert worden, wie die Verletzung des Vortrittsrechts voraussetzt (vgl. Art. 14 Abs. 1 VRV ). Auch werden keine näheren Angaben darüber gemacht, wie das Kreuzen vor sich ging, insbesondere, wie weit die Personenwagen nach rechts auswichen bzw. mit welchem seitlichen Abstand sie am Sattelschlepper vorbeifuhren und ob dieser bereits vor, während oder erst nach dem Kreuzen über den Asphaltbelag hinaus geriet. Fehlen aber bestimmte Anhaltspunkte für eine Behinderung des Sattelschleppers, so muss angenommen werden, das Kreuzen sei möglich gewesen. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur Freisprechung der Beschwerdeführer von der Anschuldigung der Verletzung des Art. 9 Abs. 2 VRV an die Vorinstanz zurückzuweisen. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe um die Überbreite (2,45 m) seines Sattelmotorfahrzeuges nicht gewusst, da er weder beim Erwerb von der Fachfirma noch bei den mehreren Vorführungen des Wagens von der kantonalen Motorfahrzeugkontrolle darauf aufmerksam gemacht worden sei und auf die Richtigkeit des Fahrzeugausweises vertraut habe, der keine entsprechende Auflage enthalte. Unter diesen Umständen habe er keine Veranlassung gehabt, die Breite des Fahrzeuges selber nachzumessen. Demzufolge liege auch kein selbstverschuldeter Sachverhaltsirrtum vor, wie die Vorinstanz angenommen habe. Die Fahrzeugbreite bildet Gegenstand sowohl genereller wie besonderer, d.h. örtlich begrenzter Verkehrsbeschränkungen. Um diese befolgen zu können, muss der Fahrzeugführer, insbesondere der Lenker schwerer Motorwagen, die häufig Überbreiten aufweisen, die genaue Breite seines Fahrzeuges kennen. Diese kann dem Fahrzeugausweis nicht entnommen werden, BGE 104 IV 261 S. 263 weil das genaue Mass der Breite im Ausweis nicht eingetragen wird. Es ist selbst dann aus ihm nicht zu ersehen, wenn das Fahrzeug gemäss Fahrzeugausweis nur zum Verkehr auf den für 2,5 m breite Fahrzeuge geöffneten Strassen zugelassen ist und ein Breitezeichen zu tragen hat. Der Fahrzeugführer muss sich daher ausnahmslos auf andere Weise als durch Einsicht in den Fahrzeugausweis von der genauen Breite seines Fahrzeuges zuverlässig Kenntnis verschaffen. Besteht aber eine allgemeine Pflicht, die Breite des Fahrzeuges zu kennen, und kann ihr nur durch andere Vorkehren als die Einsicht in den Fahrzeugausweis genügt werden, so hätte der Beschwerdeführer als Transportunternehmer und Berufschauffeur bei pflichtgemässer Vorsicht seinen Irrtum vermeiden können. Die Vorinstanz hat somit zu Recht angenommen, der Sachverhaltsirrtum des Beschwerdeführers sei selbst verschuldet.
null
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de
1,978
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Federation
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Urteilskopf 84 I 192 27. Sentenza della II Corte civile 3 luglio 1958 nella causa SA Officine Idroelettriche di Blenio contro Stato del Cantone Ticino.
Regeste Art. 92 EntG . 1. Zu den "Kanzleigebühren", wie sie für den Eigentumsübergang infolge Enteignung einzig erhoben werden dürfen, sind nicht die Handänderungsgebühren zu rechnen, die die Kantone gemäss Art. 954 ZGB für sich erheben können, sondern nur die eigentlichen Kanzleigebühren (Erw. 1). 2. Begriff der einfachen Kanzleigebühr; welche Schranken sind ihr gezogen? (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 84 I 192 S. 192 Ritenuto in fatto: A.- All'inizio del 1956, le Officine Idroelettriche di Blenio SA avviavano la procedura d'espropriazione per ottenere dal patriziato di Biasca i terreni necessari alla costruzione di una centrale idroelettrica. Il 3 maggio 1956, esse conseguivano l'anticipata immissione in possesso conformemente all'art. 76 LEspr. Al momento della chiusura della procedura di espropriazione nel marzo 1957, l'Ufficio del registro fondiario del distretto di Riviera stimava, agli effetti della tassa dovuta per l'iscrizione del trapasso dei terreni a registro fondiario, il valore del terreno espropriato in 166 097 fr. e quello delle costruzioni eseguite dalla Blenio SA sul terreno medesimo, in 579 600 fr. Fondandosi sulla somma di questi due valori e in applicazione dell'art. 11 del decreto legislativo ticinese che stabilisce la tariffa per le operazioni nel registro fondiario, BGE 84 I 192 S. 193 l'Ufficio determinava in 8202 fr. 70, pari a 1,1 per cento di 745 697 fr. (166 097 + 579 600), l'ammontare della tassa quale sarebbe stata dovuta in caso di compra-vendita a titolo privato. Per tener conto dell'art. 92 LEspr., secondo cui per il trasferimento della proprietà in seguito a espropriazione possono essere riscosse soltanto "tasse di cancelleria", l'Ufficio riduceva detta tassa della metà, a 4101 fr. 35. A questo importo aggiungeva, per spese e marche di bollo, 32 fr. 15, cosicchè la tassa complessiva risultò di 4135 fr. 50. B.- Contestata dalla Blenio SA, la tassazione era confermata dal Dipartimento di giustizia e polizia quale autorità di ricorso in materia di tasse di registro fondiario, con decisione del 4 aprile 1958. Il Dipartimento considerò in sostanza che, secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, la tassa ticinese di mutazione costituisce una contribuzione mista, ha cioè per metà il carattere di un'imposta e per l'altra metà quello di una tassa vera e propria, cioè di un "contributo imposto al privato per una specifica operazione che questi richiede allo Stato". Nella fattispecie, l'ufficio del registro si era limitato a esigere la metà della tassa che non ha il carattere d'imposta ma è una semplice controprestazione dovuta per l'iscrizione a registro fondiario, cosicchè l'art. 92 LEspr. vietante la riscossione di imposte di mutazione per il trasferimento della proprietà in seguito a espropriazione non era certamente violato. Conformemente alle conclusioni cui era giunto il Dipartimento federale di giustizia e polizia in un suo parere non impegnativo rilasciato nel settembre 1957 all'autorità giudicante, questa escluse in particolare, nella sua decisione, che per "tassa di cancelleria" nel senso dell'art. 92 LEspr. dovessero essere intese delle semplici tasse di scritturazione. Il testo francese di tale disposto confermava al contrario che vietata era unicamente la riscossione di "droits de mutation" e cioè di un'imposta, non della tassa di mutazione vera e propria. Per il rimanente, la tassa doveva evidentemente essere computata BGE 84 I 192 S. 194 anche sul valore delle costruzioni, giacchè "le costruzioni che il futuro acquirente fa su un terreno non ancora suo appartengono per legge al proprietario del terreno (art. 671 CC)". C.- La Blenio SA ha interposto in tempo utile un ricorso di diritto amministrativo al Tribunale federale, chiedendo che, annullata la decisione impugnata, per il trapasso del terreno sia riscossa una semplice "tassa di cancelleria non eccedente 1/10 della tariffa su 166 097 fr." (pari al valore del solo terreno) e che nessuna tassa sia riscossa "sui 579 600 fr. corrispondenti alle opere eseguite dopo l'anticipata immissione in possesso dei fondi e prima del trapasso". A sostegno delle sue conclusioni, essa adduce avantutto che la decisione impugnata viola la nozione di "tassa di cancelleria" a'sensi dell'art. 92 LEspr., tanto più che, nel Ticino, anche la metà della contribuzione mista definita tassa amministrativa dal Tribunale federale "va oltre il valore della prestazione statale, per costituire un compenso per tutto il servizio del registro fondiario". La ricorrente sostiene in secondo luogo che, comunque, la riscossione della tassa anche sul valore delle costruzioni "toglierebbe ogni significato all'anticipata immissione in possesso, rendendola vana a motivo degli aggravi imposti al momento del trapasso". D.- Nelle sue osservazioni, il Dipartimento cantonale di giustizia e polizia conclude per la reiezione integrale del gravame. Il Dipartimento federale di giustizia e polizia (DFGP) propone invece che il ricorso sia accolto nella misura in cui la tassa d'iscrizione è stata riscossa anche sul valore delle costruzioni, in sostanza perchè sarebbe altrimenti reso abusivamente difficile l'istituto dell'immissione anticipata nel possesso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Tanto la ricorrente quanto l'autorità cantonale e, nelle sue osservazioni, il DFGP ammettono che, in materia BGE 84 I 192 S. 195 di espropriazione, le tasse che possono essere riscosse per l'iscrizione di un trasferimento della proprietà sono disciplinate dall'art. 92 LEspr. Determinante per la risoluzione del presente litigio è dunque la questione se per "tasse di cancelleria", che giusta il citato disposto sole possono essere riscosse per l'iscrizione a registro fondiario del trasferimento della proprietà in seguito a espropriazione, debbano essere intese delle tasse di cancelleria vere e proprie (escluse di conseguenza, oltre alle imposte di mutazione, le tasse amministrative che i Cantoni possono per sè stabilire in virtù dell'art. 954 CC) o debbano invece essere intese le tasse di mutazione secondo le tariffe cantonali (esclusa soltanto, quando queste siano riscosse in forma di contribuzione mista, la parte corrispondente a un'imposta). A questo proposito, occorre avantutto costatare che il testo letterale dell'art. 92 LEspr. non è identico nelle tre versioni ufficiali. Mentre il testo italiano distingue fra le "tasse di mutazione" vietate e le "tasse di cancelleria" permesse, i testi francese e tedesco distinguono tra "droits de mutation" risp. "Handänderungssteuern", da una parte, e "émoluments de chancellerie" risp. "Kanzleigebühren", d'altra parte. Se dalla contrapposizione, nella versione italiana, delle tasse di mutazione alle tasse di cancelleria si dovrebbe dedurre che in materia d'espropriazione la legge ha effettivamente inteso escludere ogni tassa che non fosse la retribuzione concreta di una pura attività di cancelleria, la contrapposizione, nei testi francese e tedesco, dei diritti (imposte) di mutazione alle tasse di cancelleria non giustifica necessariamente la medesima conclusione, sembra al contrario indicare che solo la riscossione d'imposte sarebbe stata esclusa in modo assoluto. In queste circostanze, nessuna conclusione definitiva, in favore dell'una o dell'altra tesi, potrebbe essere tratta dal testo letterale dell'art. 92 LEspr. già a motivo delle versioni divergenti. Aggiungasi che, secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, il solo testo letterale di una disposizione BGE 84 I 192 S. 196 legale non è comunque decisivo per l'interpretazione che le dev'essere data. In altre parole, il testo letterale può subire un'interpretazione estensiva o restrittiva, semprechè la genesi della legge, i principi fondamentali su cui questa poggia, gli scopi perseguiti e i nessi con altre leggi giustifichino un'interpretazione siffatta (RU 80 II 316). Se è debitamente tenuto conto, in concreto, di questi vari fattori d'interpretazione, bisogna convenire che l'art. 92 LEspr. non ha inteso permettere la riscossione di "tasse di cancelleria" che andassero oltre la controprestazione concreta per l'attività esplicata, all'atto dell'iscrizione del trapasso, dall'ufficio del registro fondiario. Già i principi fondamentali e gli scopi della legge federale sull'espropriazione giustificano tale conclusione. Infatti, il diritto d'espropriazione può essere conferito, a norma dell'art. 1 LEspr., soltanto per opere che tornano d'utilità alla Confederazione o a una parte considerevole del paese ovvero per altri scopi di utilità pubblica riconosciuti da una legge federale. Spesso, l'esecuzione di tali opere è sussidiata dalla Confederazione medesima (art. 23 cp. 1 CF). Così stando le cose, la ratio legis dell'art. 92 LEspr. non può manifestamente essere di permettere ai Cantoni la riscossione di tasse elevate sul trapasso di terreni destinati all'esecuzione di un'opera che la procedura d'espropriazione e la concessione, in molti casi, di sussidi federali hanno voluto agevolare. In realtà, il disposto citato dev'essere interpretato nel senso che la tassa di cancelleria non deve equivalere a un'imposta, nè giuridicamente nè economicamente. Insomma, la tassa che può essere riscossa dev'essere una "tassa di cancelleria" e null'altro. Precisamente il testo italiano dell'art. 92 LEspr. esprime in modo chiaro tale concetto, cosicchè esso non può essere definito errato, ma giusto. L'opinione contraria, espressa dal DFGP nel suo parere del settembre 1957 e fatta propria dall'autorità cantonale, non può essere condivisa, malgrado il richiamo dell'art. 15 dell'ordinanza federale sulle tasse e le indennità da riscuotere nella procedura BGE 84 I 192 S. 197 d'espropriazione, giusta il quale "le tasse da pagare per i provvedimenti di qualsiasi genere presi dall'ufficiale del registro fondiario in seguito all'espropriazione (...) sono determinati in base alle tariffe cantonali in materia di registro fondiario". Infatti, è evidente che quest'ordinanza non può disciplinare nulla che sostanzialmente sia in contrasto con la legge d'espropriazione, cosicchè il senso dell'art. 15 può solo essere che le tasse ammissibili in virtù della LEspr. non sono riscosse direttamente dalla Confederazione, ma dai Cantoni conformemente alle loro tariffe. Anche la genesi della LEspr. sta a dimostrare che le tasse di cancelleria dell'art. 92 non includono le tasse di mutazione che i Cantoni possono per sè fissare in virtù dell'art. 954 CC. Al momento dell'emanazione della LEspr., che doveva sostituire la vecchia legge del 10 maggio 1850 la quale escludeva, per il trapasso della proprietà in seguito a espropriazione, ogni "imposta od emolumento" (art. 44), sia il Consiglio federale nel suo messaggio alle Camere sia queste nei loro dibattiti rilevarono che come per il passato nessun'imposta poteva essere riscossa mentre sarebbe stata ammissibile la riscossione di una tassa d'iscrizione, "semplice corrispettivo per l'attività richiesta all'ufficio del registro fondiario" (cfr. FF, ed. ted., 1926 II pag. 92 ad art. 87 del disegno di legge; Bollettino stenografico CN 1928, pag. 822). Nel disegno di legge, l'ammissibilità di tale tassa d'iscrizione non era invero menzionata esplicitamente, giacchè il Consiglio federale s'era limitato a sopprimere il divieto, precedentemente in vigore, di riscuoterla. Fu la Commissione del Consiglio degli Stati a proporre l'aggiunta: "possono soltanto essere riscosse delle tasse di cancelleria; nur Kanzleigebühren; seuls peuvent être perçus des émoluments de chancellerie" (cfr. Boll. sten. C.d.S. 1929, pag. 330). Se l'accento è posto sulla parola "cancelleria" (anzichè sull'apparente contrapposizione dei "droits" o "Steuern" agli "émoluments" o "Gebühren" delle versioni francese e tedesca) ed è debitamente BGE 84 I 192 S. 198 valutata l'importanza di quel "soltanto" che si ritrova in tutti e tre i testi, non è chi non veda come la legge non volesse manifestamente autorizzare ogni e qualsiasi tassa d'iscrizione che ancora potesse essere ritenuta tale nel senso dell'art. 954 CC, ma solo la controprestazione, appunto, per l'attività richiesta all'ufficio del registro fondiario in concreto. Certo, il Consiglio federale aveva rilevato, nel suo messaggio, la difficoltà di distinguere in singoli casi tra "eigentlichen Gebühren und Steuern". Tale considerazione non può tuttavia significare che per tasse di cancelleria si debbano intendere anche le tasse di mutazione, già perchè - come è stato rilevato - le tasse di cancelleria sono state introdotte nella legge solo più tardi, su proposta del Consiglio degli Stati. Tenuto conto di questa circostanza, occorre al contrario riconoscere che l'aggiunta al testo primitivo di una seconda frase autorizzante esplicitamente solo la riscossione di tasse di cancelleria doveva equivalere a una limitazione anche del diritto di riscuotere tasse, che il Consiglio federale aveva ammesso tacitamente e genericamente, abrogando il divieto di massima che vi si riferiva nella legge precedentemente in vigore. Se HESS - Das Enteignungsrecht des Bundes, nota 2 ad art. 92 LEspr. - dice che per tasse di cancelleria s'intendono in primo luogo le tasse di mutazione stabilite dai Cantoni in virtù dell'art. 954 CC, gli è che misconosce precisamente la limitazione esplicita della LEspr. secondo cui possono essere riscosse soltanto tasse di cancelleria. 2. Così stando le cose, la decisione impugnata dev'essere annullata e la causa rinviata all'autorità cantonale per fissazione di una semplice tassa di cancelleria. Ciò significa che le autorità del registro fondiario dovranno far astrazione, nel computo della tassa, dalla spesa totale che cagiona allo Stato la tenuta del registro fondiario e dall'interesse che l'operazione riveste per il richiedente, dagli elementi cioè che possono per sè essere presi in considerazione BGE 84 I 192 S. 199 per il calcolo della tassa di mutazione ordinaria (RU 82 I 301 consid. 3 a). In materia di trapassi in seguito a espropriazione, solo le spese cagionate dall'iscrizione nel caso singolo devono essere computate, esclusa ogni proporzionalità o progressione di tariffa. Sostanzialmente, la tassa di cancelleria includerà pertanto sia le spese di scritturazione e i disborsi (spese telefoniche, postali e altre), sia un modesto compenso per l'esame di tutte le questioni rilevanti agli effetti dell'iscrivibilità del trapasso nel registro fondiario. Essa dovrà insomma rimanere entro i limiti che la giurisprudenza pone alle tasse di cancelleria in generale (cfr. RU 81 I 359 consid. 4 e 82 I 27 consid. 3 a). Contrariamente alle conclusioni della ricorrente, tale tassa potrà beninteso essere riscossa anche per l'iscrizione delle opere eseguite dopo l'anticipata immissione in possesso. Infatti, pure le maggiori spese e il maggiore lavoro cagionati dall'esame dell'iscrivibilità degli edifici a registro fondiario rappresentano spese e lavoro per i quali è dovuta una controprestazione concreta. Tale soluzione è senza dubbio conforme alla LEspr., dal momento che anche le spese derivanti dall'anticipata immissione nel possesso rientrano tra le spese d'esecuzione dell'espropriazione e queste vanno interamente a carico dell'espropriante (art. 114 cp. 1 LEspr.). Solo nel caso in cui fosse stata ammissibile una tassa di mutazione proporzionale al valore dei beni e progressiva, si sarebbe posta la questione - sollevata dalla ricorrente e dal DFGP - della conciliabilità con il diritto federale, segnatamente con l'art. 76 LEspr. che disciplina l'anticipata immissione nel possesso, di una tassa riscossa anche sulle costruzioni. Poichè la riscossione di una tassa di mutazione proporzionale e progressiva dev'essere esclusa di massima quando l'iscrizione è eseguita in virtù della LEspr., appare superfluo esaminare qui tale questione, come è superfluo esaminare la tesi dell'autorità cantonale secondo cui continuerebbe a essere applicabile, malgrado l'art. 76 LEspr., il principio che BGE 84 I 192 S. 200 "superficies solo cedit" e, dunque, pure il valore delle opere sarebbe tassabile giusta l'art. 11 della tariffa cantonale. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è accolto. Di conseguenza, la decisione impugnata è annullata e la causa è rinviata all'autorità cantonale per la fissazione di una semplice tassa di cancelleria a norma dei considerandi.
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Federation
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Urteilskopf 96 IV 145 37. Urteil des Kassationshofes vom 4. November 1970 i.S. Gschwend gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen.
Regeste Art. 148 StGB . Wer beim Verkauf eines Autos verschweigt, dass dieses erhebliche Unfallschäden erlitten hat, und den reparierten Wagen als neuwertig anpreist, begeht eine arglistige Täuschung. Ob ein Auto als Unfallwagen zu gelten hat, richtet sich nach den allgemeinen Anschauungen des Geschäftsverkehrs (Erw. 1 und 2). Die Nichtigkeit des Kaufvertrages schliesst strafbaren Betrugsversuch nicht aus (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 96 IV 145 S. 145 A.- Karl Gschwend, Vertreter der Firma Ford-Auto-Zentrum in St. Margrethen, verkaufte am 16. Juli 1966 Wilhelm Wegerhoff gegen Hingabe eines VW-Personenwagens im Wert von Fr. 2500.-- und Aufzahlung eines Betrages von Fr. 4300.-- ein Personenauto Ford Cortina des Modelljahres 1966, das rund 3200 km gefahren worden war. Gschwend bezeichnete den Ford Cortina als neuwertig und verschwieg, dass dieser Unfallschäden erlitten hatte, deren Reparatur ca. Fr. 2000.-- gekostet hatte. BGE 96 IV 145 S. 146 Wegerhoff, der wenige Tage nach der Übernahme erhebliche Mängel am Wagen feststellte, erreichte Ende Juli 1966 die Rückgängigmachung des Kaufes und erstattete später Strafanzeige wegen Betruges. B.- Die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen erklärte Gschwend am 13. Oktober 1969 des untauglichen Betrugsversuches schuldig und verurteilte ihn zu einem Monat Gefängnis mit bedingtem Strafaufschub. C.- Gegen das Urteil des Kantonsgerichts erhob Gschwend kantonale und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Erstere wurde vom Kassationsgericht des Kantons St. Gallen am 23. Mai 1970 abgewiesen. Mit der beim Bundesgericht eingereichten Beschwerde verlangt der Verurteilte seine Freisprechung. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der an Wegerhoff verkaufte Ford Cortina war am 23. Juni 1966 bei einer Auffahrkollision von hinten gerammt worden, wobei der linksseitige Chassis-Längsträger gestaucht wurde und Blechschäden entstanden, so dass der linke Chassis-Längsträger ersetzt und das Fahrzeug linksseitig gestreckt sowie verschiedene Bestandteile gerichtet werden mussten. Alle diese Umstände waren dem Beschwerdeführer bekannt; er selber hatte wenige Tage nach dem Unfall der damaligen Eigentümerin des Wagens ein neues Auto verkauft und im Kaufvertrag das beschädigte Fahrzeug als "Cortina Unfall 1966" bezeichnet. Anderseits wusste der Beschwerdeführer, dass Wegerhoff auf die Unfallfreiheit des zu kaufenden Wagens Gewicht legte und kein Fahrzeug erwerben wollte, das an einem Unfall beteiligt gewesen war. Der Beschwerdeführer war daher nach Treu und Glauben verpflichtet, Wegerhoff über die für den Kauf wesentliche Tatsache, dass der Ford Cortina Unfallschäden erlitten hatte, wahrheitsgemäss aufzuklären. Er verschwieg sie nicht nur, sondern behauptete gegenteils bewusst wahrheitswidrig, dass der frühere Eigentümer den Wagen wegen Anschaffung eines grösseren zurückgegeben habe, und sicherte ausserdem zu, der Wagen sei neuwertig. Diese Täuschung bestimmte Wegerhoff zum Abschluss des Kaufvertrages. 2. Der Beschwerdeführer bestreitet den Täuschungsvorsatz unter Berufung darauf, dass der Ford Cortina nach den BGE 96 IV 145 S. 147 Richtlinien der freiberuflichen Fahrzeugsachverständigen beim Unfall blosse Blechschäden erlitten habe und daher kein Unfallwagen gewesen sei. Damit kann der Beschwerdeführer seine Gutgläubigkeit aber nicht dartun. Massgebend ist nicht, wie der Begriff des Unfallwagens in einem engeren Kreis von Sachverständigen für bestimmte Zwecke umschrieben wird, sondern wie der Ausdruck im allgemeinen nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr zu verstehen ist. Die bei der fraglichen Auffahrkollision eingetretenen Schäden betrafen u.a. das Fahrgestell, somit einen wichtigen Teil des Wagens, und waren, wie die vorgenommenen Reparaturen zeigen, erheblicher Art, so dass von einem unbedeutenden Unfall oder von reinen Blechschäden nicht die Rede sein kann. Selbst Laien im Autohandel wissen, dass nach derartigen Reparaturen mit der Möglichkeit erst später auftretender Mängel gerechnet werden muss, weshalb solche Wagen im Handel niedriger bewertet werden. Umsoweniger durfte der Beschwerdeführer als Autoverkäufer den Wagen als unfallfrei und neuwertig anpreisen. Wenn er es trotzdem tat, obschon der Käufer erfahren wollte, ob der Wagen schon an einem Unfall beteiligt gewesen sei, so versetzte er diesen bewusst in einen Irrtum, um ihn durch Täuschung zum Kaufabschluss zu verleiten. Die Vorinstanz hat zu Recht auch die Arglist bejaht. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Verschweigen der Unfallschäden in Verbindung mit den ausdrücklich falschen Angaben nicht eine Machenschaft darstellt, die bereits als solche arglistig war. Auf jeden Fall ist dieses Merkmal dadurch gegeben, dass der Käufer den wahren Zustand des Wagens, insbesondere die Unrichtigkeit der Behauptung, er sei unfallfrei, vor Vertragsabschluss nicht ohne Beizug eines Fachmannes hätte feststellen können und dass ihm eine solche Vorkehr nicht zugemutet werden konnte ( BGE 72 IV 128 , BGE 77 IV 85 , BGE 88 I 42 ). 3. Es steht fest, dass der vereinbarte Kaufpreis von Fr. 6800.-- weder dem wirklichen Wagenwert noch dem Wert entsprach, den das Fahrzeug nach den Zusicherungen des Beschwerdeführers hätte haben müssen, und dass der Beschwerdeführer in Bereicherungs- und Schädigungsabsicht gehandelt hat. Damit hat der Beschwerdeführer alles getan, was nach Art. 148 StGB zur Verwirklichung des Betrugstatbestandes erforderlich war. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers haben sich die Parteien über den Kauf geeinigt, und BGE 96 IV 145 S. 148 sie waren nach der Feststellung der Vorinstanz auch überzeugt, dass der von ihnen unterzeichnete Kaufvertrag verbindlich sei. Dass eine Schädigung des Käufers nicht eingetreten ist, weil der Kaufvertrag wegen irrtümlicher Nichtbeachtung der in Art. 226a Abs. 2 OR für den Abzahlungsvertrag aufgestellten Formvorschriften nichtig war und der Käufer noch keine Zahlung geleistet hat, führt daher nicht zu einem Freispruch, sondern hat nur zur Folge, dass der Beschwerdeführer anstatt wegen vollendeten Betruges lediglich wegen Versuches zu bestrafen ist. Auch wenn die Parteien offen gelassen haben sollten, ob der Restkaufpreis in bar oder in Raten zu bezahlen sei, so wäre die verbrecherische Tätigkeit gleichwohl soweit ausgeführt worden, dass der Beschwerdeführer wegen Betrugsversuches bestraft werden müsste. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 98 II 40 7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Februar 1972 i.S. Fux gegen Staat Wallis und Kuonen.
Regeste Art. 58 OR , Haftpflicht des Strasseneigentümers. 1. Grenzen der einem Kanton obliegenden Pflicht, Glatteis auf seinem Strassennetz zu bekämpfen. Pflicht des Fahrers, auf winterliche Strassenverhältnisse Rücksicht zu nehmen (Erw. 1 und 2). 2. Anwendung dieser Regeln auf einen Verkehrsunfall, der sich ausserorts auf einer vereisten Hauptstrasse ereignet hat (Erw. 3). 3. Art. 3 Abs. 1 SSV . Der Strasseneigentümer ist nicht verpflichtet, die Schleudergefahr wegen zeitweise auftretender Winterglätte, die er regelmässig bekämpfen lässt, besonders zu signalisieren (Erw. 4). 4. Art. 41 Abs. 1, 55 und 61 Abs. 1 OR. Ist der Polizeibeamte, der sich auf den Posten begab, statt den Verkehr auf der vereisten Strasse zu sichern, bis diese gesalzt werden konnte, für den Unfall mitverantwortlich (Erw. 5)?
Sachverhalt ab Seite 41 BGE 98 II 40 S. 41 A.- Albert Fux fuhr am Sonntag den 5. Februar 1967, nach 15 Uhr, mit seinem Personenwagen Ford-Corsair auf der Furkastrasse von Lax Richtung Mörel. Die Strasse war schneefrei, das Wetter schön. In der Nacht hatte es jedoch geregnet, und im Verlaufe des Tages ging die Temperatur stark zurück. Im Guldersand, zwischen der Bader- und der Nussbaumbrücke, wo die Strasse zu dieser Jahreszeit den ganzen Tag im Schatten liegt, bildete sich deswegen auf einer Strecke von etwa 1,2 km eine dünne Eisschicht. Als Fux diese Strecke um 15.30 Uhr mit angeblich 30 bis 50 km/h befuhr, geriet sein Wagen in der Nähe des Gasthofes "Furka" ins Schleudern und prallte bergseits gegen eine Mauer. Fux wurde nur leicht verletzt. Seine Frau dagegen, die neben ihm sass und in die Windschutzscheibe geworfen wurde, verlor wegen Verletzungen, die sie sich durch Glassplitter zuzog, die Sehkraft eines Auges. Für den stark beschädigten Wagen, der vorher etwa Fr. 6000.-- wert war, konnte Fux nur noch Fr. 900.-- lösen. Am gleichen Nachmittag war der Polizeigefreite Kuonen von Mörel bereits um 14.15 Uhr durch Dritte unterrichtet worden, dass sich im Guldersand ein Unfall ereignet habe. Als er dort eintraf, stellte er fest, dass der Wagen der Ursula Kriesi wegen des Glatteises von der Strasse abgekommen war. Da offenbar nur Sachschaden entstanden war und die Beteiligten ausdrücklich auf eine Tatbestandsaufnahme verzichteten, begab sich Kuonen auf den Polizeiposten zurück und versuchte, den zuständigen Strassenaufseher Imhasly in Fiesch telephonisch zu BGE 98 II 40 S. 42 erreichen. Dieser war jedoch abwesend. Kuonen wandte sich deshalb an den Strassenmeister Sidler in Visp, der den Strassenwärter Karlen in Grengiols zwischen 15.30 und 16 Uhr anwies, in Visp Salz zu holen und das vereiste Strassenstück mit Hilfe Dritter zu bestreuen. Inzwischen, etwa um 14.45 Uhr, war auch Peter Margelisch, der bergwärts fuhr, wegen des Glatteises von der Strasse abgekommen, aber wahrscheinlich ohne Schaden zu nehmen; denn er fuhr nachher mit dem Wagen wieder zurück. Kamil Tenisch und Max Karlen, die ungefähr um 13 und 13.30 Uhr die Strecke befuhren, kamen ebenfalls leicht ins Schleudern, konnten ihre Fahrzeuge jedoch auf der Strasse halten. B.- Im Juli 1967 klagten Albert und Elsa Fux gegen den Kanton Wallis und den Polizeigefreiten Kuonen auf Schadenersatz. Sie beantragten, die Beklagten seien solidarisch zu verurteilen, Albert Fux Fr. 5632.-- nebst Zins und Elsa Fux Fr. 125 388.-- nebst Zins zu bezahlen. Die Kläger beriefen sich auf Art. 58 Abs. 1 OR und machten geltend, die Strasse sei am Unfalltag im Guldersand mangelhaft unterhalten worden, weil man weder das Glatteis bekämpft noch die notwendigen Gefahrensignale aufgestellt habe. Kuonen hafte aus Art. 41 Abs. 1 OR , da er es pflichtwidrig unterlassen habe, nach dem Unfall der Ursula Kriesi an Ort und Stelle Massnahmen zu treffen, um weitere Unfälle zu verhindern. Das Kantonsgericht Wallis wies die Klage durch Urteil vom 15. September 1971 ab. C.- Die Kläger haben gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Sie beantragen, es aufzuheben und die Klage gutzuheissen. Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Wie das Bundesgericht im Entscheid 72 II 201 ausgeführt hat, ist die Frage, ob eine Strasse mangelhaft unterhalten worden sei, auch dann nach Art. 58 OR zu beurteilen, wenn ein Gemeinwesen Eigentümer der Strasse ist. In neueren Entscheiden hat es diesen Grundsatz insofern eingeschränkt, als es erklärte, in welchem Masse öffentliche Strassen zu unterhalten seien, bestimme grundsätzlich das öffentliche Recht, und wenn dessen Vorschriften im einzelnen Fall beobachtet worden seien, so könne nur bei Vernachlässigung elementarer Massnahmen BGE 98 II 40 S. 43 von einem Unterhaltsmangel gesprochen werden ( BGE 76 II 217 /8, BGE 78 II 152 , BGE 89 II 334 , BGE 91 II 199 ). Ob an dieser Einschränkung unbekümmert um die stete Zunahme des Motorfahrzeugverkehrs festzuhalten sei, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob die Streupflicht für Strassen ausserorts, wie OFTINGER annimmt (Haftpflichtrecht II/1 S. 90), überhaupt zu verneinen oder heute wenigstens für das Hauptstrassennetz zu bejahen wäre, auch wenn das öffentliche Recht sie nicht vorschreibt. Diese Fragen stellen sich hier nicht, denn das Walliser Strassengesetz vom 3. September 1965 (StG) bestimmt in Art. 103, dass öffentliche Strassen auch im Winter entsprechend den Verkehrsbedürfnissen in dem Masse offen zu halten sind, als dies vom Unterhaltspflichtigen verlangt werden kann (Abs. 1), und dass der Winterdienst vor allem die Schneeräumung sowie die Bekämpfung von Glatteis und Schneeglätte umfasst (Abs. 2). In Art. 116 wird zudem gesagt, Schneeräumung und Schutzmassnahmen gegen Glatteis und Schneeglätte hätten als Unterhaltsarbeiten zu gelten und würden (für das kantonale Strassennetz) vom Baudepartement besorgt. Das öffentliche Recht schreibt somit den Gemeinwesen im Wallis ausdrücklich vor, Winterglätte auf ihrem Strassennetz zu bekämpfen. Soweit sich die Vorschrift an den Kanton als Strasseneigentümer wendet, gilt sie in erster Linie für das Hauptstrassennetz. Dazu gehört aber auch das Strassenstück, auf dem sich der Unfall ereignet hat ( Art. 5 Ziff. 1 StG ). 2. Wenn das öffentliche Recht den Gemeinwesen aufgibt, Glatteis und Schneeglätte auf ihren Strassen zu bekämpfen, heisst das nicht, dass bei jedem Unfall, der mit einer solchen Gefahrenquelle zusammenhängt, auf einen mangelhaften Unterhalt der Strasse im Sinne von Art. 58 OR zu schliessen sei. Es ist vielmehr in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Strasseneigentümer nach den zeitlichen, technischen und finanziellen Gegebenheiten überhaupt in der Lage war, seine Aufgabe zu erfüllen. Zu bedenken ist vor allem, dass ein Strassennetz wegen seiner Ausdehnung nicht in gleichem Masse unter Kontrolle gehalten werden kann wie zum Beispiel ein einzelnes Gebäude und dass die Aufwendungen eines Gemeinwesens für den winterlichen Strassendienst in einem vernünftigen Verhältnis zu seinen Mitteln und zu seinen übrigen Auslagen stehen müssen ( BGE 78 II 152 /3, BGE 89 II 334 Erw. 4). Dass sich die Winterglätte auf BGE 98 II 40 S. 44 einem einzelnen Strassenstück ohne grossen Aufwand beseitigen lässt, ist daher nicht entscheidend, sondern dass die Leistungsfähigkeit des Strasseneigentümers, folglich auch das Ausmass seiner Streupflicht durch die gesamten Verhältnisse bestimmt wird. Je ausgedehnter das Strassennetz eines Gemeinwesens ist und je zahlreicher die Strecken sind, auf denen Winterglätte auftreten kann, desto mehr drängt es sich auf, die Streupflicht des Eigentümers auf besonders gefährliche Teile verkehrswichtiger Strassen zu beschränken. Das muss insbesondere für Strecken ausserorts gelten, da eine allgemeine Streupflicht bei Winterglätte in einem grösseren Kanton praktisch undurchführbar ist. Zu bedenken ist ferner, dass Winterglätte namentlich in Berglagen plötzlich auftreten und das gestreute Mittel bei anhaltendem Frost seine Wirkung schon innert Stunden verlieren kann, vom Gemeinwesen aber vernünftigerweise nicht verlangt werden darf, das Streuen alle paar Stunden zu wiederholen oder einzelne Stellen besonders zu behandeln. Auf witterungsbedingte Strassenverhältnisse Rücksicht zu nehmen ist in erster Linie vielmehr Sache des Fahrers. Dazu gehört, dass er für Fahrten auf winterlichen Strassen geeignete Gleitschutzmittel verwendet und erhöhte Vorsicht walten lässt, insbesondere seine Fahrweise dem Zustand der Strasse anpasst ( Art. 32 Abs. 1 SVG ). Auch muss er bei Graden um Null mit Eisbildung auf nassen Strassen rechnen und die Fahrgeschwindigkeit danach einrichten; er darf selbst bei klarem Wetter nicht leichthin annehmen, die Fahrbahn sei überall eisfrei oder gegen Winterglätte bereits gesichert, zumal den zuständigen Organen eine angemessene Frist eingeräumt werden muss, die Streuarbeiten auszuführen. Wenn er zu schnell fährt, von der Gefahr überrascht wird oder sich fahrtechnisch falsch verhält, den Unfall bei einer vernünftigen, den Umständen entsprechenden vorsichtigen Fahrweise aber hätte vermeiden können, so kann er sich nicht auf die Haftung des Strasseneigentümers nach Art. 58 OR berufen (vgl. BGE 81 II 453 /4, BGE 91 II 209 ). 3. Nach dem angefochtenen Urteil war die Furkastrasse zwischen Lax und Brig in der Nacht zum Unfalltag eis- und schneefrei geblieben. Es regnete bis gegen Fiesch und das Wetter war eher mild. Am Morgen des Unfalltages war die Strasse im Guldersand nach den Angaben des Strassenaufsehers Imhasly, der sie damals selber befuhr, wohl etwas glitschig, aber bei angepasster Geschwindigkeit gut befahrbar. Dasselbe ergibt BGE 98 II 40 S. 45 sich aus den Aussagen des Klägers, der im Verfahren erklärte, er habe bei der Bergfahrt am Vormittag nichts Ungewöhnliches, insbesondere "nichts vom Eise" bemerkt. Entgegen den Einwänden in der Berufung lässt sich deshalb nicht sagen, die Eisbildung hätte den kantonalen Strassendienst bereits am Vormittag zum Sanden veranlassen müssen, da sie schon zu dieser Zeit klar erkennbar gewesen sei. Der Kälteeinbruch ist erst im Verlaufe des Tages erfolgt. Dem angefochtenen Urteil ist denn auch nicht zu entnehmen, dass bis 13 Uhr, als der Wagen des Kamil Tenisch wegen der Vereisung ins Rutschen geriet, sich im Guldersand bereits ein ähnlicher Zwischenfall ereignet habe. Als Strassenmeister Sidler etwa um 15.30 Uhr von der Vereisung Kenntnis erhielt, wies er den Strassenwärter Karlen an, die Strecke zu salzen, was gegen 17 Uhr geschehen ist. Die Weisung war sachlich richtig, da Glatteis am besten mit Salz bekämpft wird. Ob es ein Fehler war, dass der Strassenwärter das Salz in Visp holen musste, braucht nicht geprüft zu werden, da die Kläger bereits verunfallten, als die Organe des Strassenunterhaltungsdienstes von der Vereisung erfuhren. Die Kläger machen ihnen daraus denn auch keinen Vorwurf, sondern wenden ein, das Strassenstück im Guldersand sei den verantwortlichen Organen des Streudienstes wegen seiner Gefährlichkeit im Winter bestens bekannt gewesen; sie hätten deshalb mit einer Vereisung rechnen müssen. Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass die Strasse im Guldersand nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, auch im Winter nicht als besonders gefährlich bezeichnet werden kann. Die Furkastrasse führt auf dieser Strecke zwar teils der Rhone entlang, weist aber nur wenig Biegungen und Gefälle auf, ist über 9 m breit und gut ausgebaut. Auch ereigneten sich dort, wie aus dem angefochtenen Urteil erhellt, während etwa zehn Jahren (Januar 1958 bis Mai 1968) verhältnismässig wenig Unfälle, nämlich drei mit Körperverletzungen und sieben mit blossem Sachschaden. Dazu kommt, dass nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht nur die Strecke im Guldersand, sondern zahlreiche weitere Teile des Walliser Hauptstrassennetzes während des Winters grösstenteils im Schatten liegen. Dort kann die Vereisungsgefahr bei winterlichen Verhältnissen auch tagsüber andauern und trotz Bekämpfung immer wieder einsetzen. Wenn nach Tau- oder Regenwetter, wie hier, plötzlich Kälte einbricht, ist die Gefahr noch allgemeiner. BGE 98 II 40 S. 46 Unter solchen Umständen kann vom eingeklagten Strasseneigentümer schlechterdings nicht verlangt werden, jede schattige Stelle im Winter jederzeit von Glätte freizuhalten oder gar, wie die Kläger anzunehmen scheinen, eine Strasse schon bei drohender Vereisung oder Glätte vorsorglich zu bestreuen. Der Eigentümer wäre überfordert, und seine finanziellen Aufwendungen, die nach den Angaben des kantonalen Strassenmeisters allein für Salz und Sand jährlich etwa eine Million Franken ausmachen, müssten ungleich höher ausfallen. Vorbeugende Massnahmen drängten sich übrigens nach der Auffassung des Strassenaufsehers Imhasly am Morgen des 5. Februar im Guldersand nicht auf, zumal die Furkastrasse in den beiden vorangehenden Wochen mehrmals von Mörel bis Fiesch bestreut worden war. Die Vereisungsgefahr ist zudem, wie die Erfahrung zeigt, nachts und in den Morgenstunden, das heisst wenn am wenigsten Verkehr herrscht, am grössten, geht tagsüber aber meistens zurück. Hier verhielt es sich wider Erwarten anders, weil die Temperatur wegen eines Kälteeinbruches im Verlaufe des Sonntags knapp unter den Gefrierpunkt sank. Auf die Vereisung, die daraufhin im Guldersand entstand, mussten sich die Fahrer einstellen, die Strecke bis zur Behebung der Gefahr durch den Strassendienst folglich langsamer und mit erhöhter Vorsicht befahren. Das galt insbesondere für Fahrer, die wie der Kläger abwärts fuhren und sich im Guldersand auf der Talseite befanden. 4. Zum mangelfreien Strassenunterhalt im weiteren Sinn gehört auch, dass gefährliche Stellen, die nicht durch bauliche oder andere Massnahmen entschärft werden können, durch entsprechende Signale gekennzeichnet werden (vgl. Art. 1 Abs. 2 SSV ). Das Signal "Schleudergefahr" (Nr. 105) ist vor Fahrbahnen mit übermässig glattem Belag und vor Strassenstrecken aufzustellen, die in besonderem Masse der Vereisung ausgesetzt sind ( Art. 3 Abs. 1 SSV ). Die Kläger machen geltend, auf der Strecke im Guldersand hätte man zwei bis drei solche Signale anbringen sollen; der Strassenwärter Karlen hätte das übrigens noch auf seiner Hinfahrt nach Visp tun und dadurch den Unfall vermeiden können. Die Strecke im Guldersand war zur Zeit des Unfalls nicht mit dem Signal Nr. 105 versehen. Nach der Feststellung des Kantonsgerichtes befand sich ein solches Signal zwar oberhalb der Baderbrücke. Damit wurde aber offenbar nur vor der Gefahr, BGE 98 II 40 S. 47 welche die Brücke und die unmittelbar folgende scharfe Rechtsbiegung darstellen, gewarnt. Die Feststellung, die sich auf die Aussagen Imhaslys stützt, steht übrigens im Widerspruch zu den Angaben von Kuonen und Karlen. Wie es sich damit genau verhält, ist für den Ausgang des Verfahrens jedoch nicht entscheidend und mag daher offen bleiben. Es braucht auch nicht geprüft zu werden, ob Karlen vor der vereisten Strecke ein Signal hätte anbringen sollen, bevor er Salz holen ging. Die Unterlassung des Strassenwärters war für den Unfall der Kläger jedenfalls nicht kausal, da diese etwa um 15.30 Uhr verunglückten, Karlen aber erst nachher benachrichtigt wurde. Entscheidend ist, dass die Strasse im Guldersand nach den Feststellungen des Kantonsgerichtes nicht gefährlicher ist als zahlreiche andere Strecken im Wallis, die bei kalter Witterung, wenn Eis- oder Schneeglätte auftreten können, vom Fahrer ebenfalls erhöhte Vorsicht verlangen. Dass sie in besonderem Masse der Vereisung ausgesetzt sei, lässt sich nicht sagen. Richtig ist, dass sie im Winter weitgehend im Schatten bleibt, während andere Teile der Furkastrasse, wie dies am Unfalltage zutraf, von der Sonne beschienen werden und daher nach Tau- oder Regenwetter trocknen. In engen oder tiefen Tälern sind schattige Strecken jedoch nichts Aussergewöhnliches, weshalb der Strasseneigentümer nicht verpflichtet werden kann, die Schleudergefahr wegen zeitweise auftretender Winterglätte besonders zu signalisieren. Dass der Strassendienst dies im Winter 1967/68 im Guldersand gleichwohl getan hat, hilft darüber nicht hinweg. Die Signalisierung erübrigt sich jedenfalls dann, wenn der Eigentümer die Winterglätte, wie das hier in den Wochen vor dem Unfall geschehen ist, regelmässig bekämpfen lässt. Auf längeren Strecken müsste die Warnung zudem in angemessenen Abständen wiederholt werden ( Art. 73 Abs. 3 SSV ), was zu einer Häufung fester Signale führte, die während der meisten Zeit überflüssig wären. Dadurch aber wird die Aufmerksamkeit der Fahrer nicht gefördert, sondern eher abgestumpft. Es ist übrigens unwahrscheinlich, dass Fux seine Fahrweise wegen eines Signals Nr. 105 vor der Unfallstrecke geändert hätte. Er fuhr vorher bei Sonnenschein auf einer trockenen Strecke und rechnete offensichtlich nicht damit, dass sich die Fahrbahn im Guldersand seit der Bergfahrt verändert haben könnte. Er erreichte die gefährliche Stelle nach seinen eigenen Angaben mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 50 km/h, also BGE 98 II 40 S. 48 zu schnell, zumal sein Wagen einzig mit zwei Schneereifen versehen war. Als er von der Gefahr überrascht wurde, verhielt er sich fahrtechnisch zudem falsch, was angesichts der Tatsache, dass er die Fahrprüfung erst im Dezember 1966 abgelegt hatte, allerdings nicht verwundert. Statt das Gas wegzunehmen und leicht Gegensteuer zu geben, um den gegen den rechten Strassenrand rutschenden Wagen wieder in die Gewalt zu bekommen, riss er das Steuer, wie er sich selber ausdrückte, etwas brüsk nach links. 5. Die Kläger werfen dem Polizeigefreiten Kuonen vor, er habe durch sein Verhalten den Unfall schuldhaft mitverursacht. Wenn dies zutrifft, können sie vom eingeklagten Kanton gemäss Art. 55 OR und von Kuonen nach Art. 41 Abs. 1 OR Ersatz verlangen, da der Kanton Wallis über die Verantwortlichkeit seiner Polizeibeamten keine besonderen Vorschriften im Sinne des Art. 61 Abs. 1 OR erlassen hat (vgl. BGE 96 II 46 ). Die Kläger berufen sich vorweg auf den allgemein anerkannten Rechtssatz, dass zu Schutzmassnahmen verpflichtet ist, wer einen gefährlichen Zustand schafft oder unterhält (vgl. BGE 66 II 117 , BGE 71 II 113 , BGE 79 II 69 ). Sie verkennen indes, dass der Polizeibeamte die durch die Witterungsverhältnisse bedingte Vereisung nicht zu verantworten hatte; er konnte daher nicht schon gestützt auf den angeführten Satz gehalten sein, etwas vorzukehren. Dagegen war er nach Dienstvorschriften verpflichtet, die gefährliche Vereisung dem Strassendienst zu melden. Dieser Pflicht ist Kuonen dadurch nachgekommen, dass er den zuständigen Strassenaufseher zu erreichen suchte und als ihm dies nicht gelang, den Strassenmeister benachrichtigte. Die Kläger sind ferner der Meinung, der Polizeibeamte hätte nach dem Unfall der Ursula Kriesi alles ihm Zumutbare vorkehren, insbesondere 200 m vor der Unfallstelle ein Warnsignal anbringen und die gefährdete Strecke bis zum Eintreffen des Streudienstes sichern sollen. Kuonen verfügte indes weder über Warnsignale noch über sonstige Mittel, um die Gefahr auch nur vorübergehend meistern zu können. Es hatte namentlich keinen Sinn, dass er sein Pannendreieck zur Warnung verwendete, da dieses keine Schleudergefahr, sondern ein Hindernis in der Fahrbahn anzeigt. Kuonen war auch nicht befugt, dem in Grengiols wohnhaften Strassenwärter die Weisung zu geben, im Guldersand Signale aufzustellen und die Fahrbahn zu sanden, BGE 98 II 40 S. 49 ganz abgesehen davon, dass Sand nicht das geeignete Mittel zur Bekämpfung des Glatteises war und von einem Mann allein nicht erwartet werden konnte, dass er die Gefahr auf einer Strecke von 1,2 km innert nützlicher Zeit beseitige. Die Streuarbeiten zu organisieren und zu veranlassen, war Aufgabe des Strassendienstes, der dafür mit den notwendigen Fahrzeugen und Geräten ausgerüstet ist. Entgegen der Annahme der Kläger gereicht Kuonen auch nicht zum Verschulden, dass er nach dem Unfall der Ursula Kriesi nicht im Guldersand blieb. Wie er den Verkehr auf der 1,2 km langen gefährdeten Strecke in beiden Richtungen wirksam hätte sichern können, ist nicht zu ersehen. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall denn auch vom Sachverhalt, der dem Urteil vom 21. Juni 1960 i.S. Bader zugrunde lag. Dort ging es um eine kurze vereiste Kurve, vor der zudem in einer Richtung mit dem Signal "Schleudergefahr" gewarnt wurde. Ob der Polizist fahrlässig gehandelt habe, weil er den Unfallort verliess, um den Strassenwärter zu benachrichtigen, wurde in jenem Fall übrigens offen gelassen. Dazu kommt, dass Kuonen den Dienst auf dem Posten Mörel allein versah und sich deshalb in erster Linie dort aufzuhalten hatte; jedenfalls konnte er angesichts des eher geringen Verkehrs dieser Meinung sein, ohne dass ihm deswegen Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR vorgeworfen werden könnte. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes Wallis vom 15. September 1971 bestätigt.
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1,972
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CH_BGE_004
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e961e287-4293-403a-9bf2-a5974b1ff1d2
Urteilskopf 99 V 60 22. Extrait de l'arrêt du 4 avril 1973 dans la cause Salamolard contre Caisse cantonale valaisanne de compensation et Tribunal des assurances du canton du Valais
Regeste Art. 105 Abs. 2 OG und 85 Abs. 2 lit. c AHVG. Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und Akteneinsicht.
Erwägungen ab Seite 60 BGE 99 V 60 S. 60 Extrait des considérants: L'art. 104 lit. a OJ dispose que le recours de droit administratif peut être formé pour violation du droit fédéral, y compris l'excès et l'abus du pouvoir d'appréciation. a) La notion de droit fédéral au sens de cette disposition comprend les droits individuels établis par la constitution fédérale (cf. notamment art. 4 Cst.). La jurisprudence du Tribunal fédéral a reconnu que le recours de droit administratif assume le rôle du recours de droit public à l'égard de violations des droits constitutionnels commises par l'autorité cantonale dans les matières soumises au contrôle de l'autorité judiciaire fédérale statuant comme juge administratif (cf. p.ex. RO 96 I 184 ss, BGE 99 V 60 S. 61 ainsi que la jurisprudence y citée). C'est donc dans le cadre du recours de droit administratifque doit être examinée la violation de l'art. 4 Cst. invoquée par le recourant. Les art. 26-28 LPA ouvrent à la partie ou à son mandataire le droit de consulter le dossier et fixent les limites de ce droit, ainsi que les conséquences de sa violation. Certes ces dispositions ne sont-elles directement applicables ni aux caisses cantonales de compensation ni aux autorités judiciaires cantonales de première instance chargées de trancher les litiges en matière d'assurance-invalidité; elles n'en semblent pas moins refléter un principe général de la procédure administrative. Un refus du juge cantonal de donner connaissance du dossier à l'assuré ou à son mandataire peut donc, selon les circonstances, être considéré comme la violation d'un principe de droit fédéral au sens de l'art. 4 Cst. Point n'est toutefois besoin d'examiner ici plus avant la question, qui souffre de rester indécise en l'espèce. En effet, la jurisprudence a posé le principe que la violation du droit d'être entendu - domaine qui comprend celui en cause (cf. FRITZ GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, Berne 1969, pp. 44 ss, en particulier p. 46, et la jurisprudence qu'il cite) - est réparée lorsque le recourant, non entendu en première instance, a eu la faculté de s'exprimer devant une autorité cantonale de recours pouvant examiner librement le fait et le droit. Il y a lieu de se demander à ce sujet si une telle réparation peut également s'opérer dans la procédure de recours auprès du Tribunal fédéral des assurances. Dans les cas où ce dernier est lié par les constatations de fait de l'autorité inférieure, cette question doit à l'évidence être tranchée par la négative (cf. art. 105 al. 2 OJ et l'arrêt RO 96 I 184 ss déjà cité). En revanche, dans les cas où le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral des assurances est entier, il ne saurait en aller de même. En vertu de l'art. 132 OJ, le Tribunal fédéral des assurances revoit librement tant les faits que le droit dans les litiges portant sur l'octroi ou le refus de prestations d'assurance. b) En l'occurrence, pleine connaissance du dossier a été donnée au mandataire du recourant dans la procédure fédérale; il a eu également la faculté de faire valoir tous arguments nouveaux et d'invoquer tous moyens de preuves utiles. L'omission qui pourrait être reprochée au juge cantonal se trouve ainsi réparée.
null
nan
fr
1,973
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e964576a-ee7c-4c82-a914-b3f2c95f9bd2
Urteilskopf 99 IV 70 15. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Juli 1973 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt gegen Duelli.
Regeste Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ; Verwahrung. Bei einem zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Ausländer kann der Richter nicht anstelle der Verwahrung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zu ihrer Anordnung erfüllt sind, auf Landesverweisung erkennen. Er darf von der Verwahrung auch nicht deswegen absehen, weil er nach der Ausweisung des Täters aus der Schweiz dessen Inhaftierung im Ausland als sicher ansieht. Grenzen des richterlichen Ermessens.
Sachverhalt ab Seite 70 BGE 99 IV 70 S. 70 A.- Der deutsche Staatsangehörige Duelli reiste am 24. April 1972 von Konstanz herkommend mit H. H., die er in Deutschland in die Gewerbsunzucht eingeführt hatte und mit BGE 99 IV 70 S. 71 der er ein intimes Verhältnis unterhielt, nach Basel und mietete für beide bis zum 7. Juni 1972 im Hotel Klingental, und bis zur Verhaftung am 20. August 1972 im Hotel Sonne ein Zimmer. Während dieser ganzen Zeit ging Duelli keiner Arbeit nach, sondern lebte ausschliesslich vom Unzuchtserlös der H., von der er auf diese Weise rund Fr. 6000.-- erhielt. Während seiner Inhaftierung beschädigte Duelli am 22. August 1972 vorsätzlich die Lederpolsterung der Schallisolationstüre in der Arrestzelle, wobei Sachschaden in der Höhe von Fr. 430.-- entstand. Um aus der Anstalt "Lohnhof" auszubrechen, bohrte Duelli in der Zeit vom 7.-10. September 1972 zusammen mit seinem Zellengenossen U. hinter seinem Bett ein ca. 40 cm breites und ca. 50 cm tiefes Loch in die Zellenwand. Dadurch entstand ein Sachschaden von ca. Fr. 200.--. B.- Am 27. Februar 1973 verurteilte das Strafgericht Basel-Stadt Duelli wegen Zuhälterei im Sinne von Art. 201 Abs. 1 und 2 StGB und wegen wiederholter Sachbeschädigung im Sinne von Art. 145 Abs. 1 StGB zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus und zu Landesverweisung auf Lebenszeit. An die Stelle der Freiheitsstrafe liess es die Verwahrung nach Art. 42 StGB treten. Auf Appellation des Verurteilten hin setzte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 29. Mai 1973 die Zuchthausstrafe auf 2 Jahre herab, bestätigte die Landesverweisung auf Lebenszeit und hob die Verwahrung auf. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt ficht das Urteil des Appellationsgerichts insoweit an, als es die vom Strafgericht angeordnete Massnahme aufhob, und beantragt, die Vorinstanz sei anzuweisen, den Beschwerdegegner gemäss Art. 42 StGB auf unbestimmte Zeit zu verwahren. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Gemäss Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann vom Richter verwahrt werden, wer unter anderem zahlreiche Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich verübt hat und dem deswegen durch Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen oder eine Arbeitserziehungsmassnahme die Freiheit während insgesamt mindestens 2 Jahren entzogen war. Dass diese Voraussetzungen bei Duelli vorliegen, wird auch vom Appellationsgericht nicht in Abrede gestellt. Dieser wurde mit 18 Jahren erstmals straffällig und musste seither bereits 17 Mal bestraft werden, davon 10 mal wegen Diebstahls. BGE 99 IV 70 S. 72 Namentlich seit 1954 ist Duelli immer wieder rasch nach den Verbüssungen schwerer Strafen, bzw. nach der Entlassung aus dem Arbeitshaus, rückfällig geworden. Die letzte erlittene Freiheitsstrafe hat er 1968 verbüsst. Nach seinen eigenen Angaben beträgt die Gesamtdauer des durch Strafen oder Massnahmen bedingten Freiheitsentzuges mindestens 8 Jahre. Diese Umstände werden nicht etwa dadurch widerlegt, dass Duelli die deutsche Staatszugehörigkeit besitzt oder dass die Mehrzahl der Strafen in Deutschland ausgesprochen und verbüsst worden ist. Der Vorinstanz ist auch insoweit nicht zu folgen, als sie zur Begründung ihres Entscheides anführt, dem Schutzbedürfnis der schweizerischen Öffentlichkeit werde durch die Landesverweisung auf Lebenszeit genügend Rechnung getragen, weshalb von einer Verwahrung abzusehen sei. Während Art. 42 Ziff. 1 StGB in der Fassung vor der Revision von 1971 dem Richter noch erlaubte, bei einem zu einer Freiheitsstrafe verurteilten Ausländer anstelle der Verwahrung auf Landesverweisung zu erkennen, besteht diese Möglichkeit in der neuen Bestimmung gemäss Bundesgesetz vom 18. März 1971 betreffend die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches nicht mehr. Der Richter war daher im vorliegenden Fall nicht befugt, von der strafrechtlichen Massnahme, die anstelle der Strafe zu verhängen ist, deswegen abzusehen, weil er die Landesverweisung für zweckmässiger oder geeigneter hält. Nicht zugestimmt werden kann ferner der Begründung der Vorinstanz, wonach Duelli sich auch für die in der Schweiz begangenen Delikte vor deutschen Gerichten zu verantworten haben werde, weshalb anzunehmen sei, dass er nach der Ausweisung aus der Schweiz in Deutschland umgehend inhaftiert werde; dadurch sei ihm die Möglichkeit einer Bewährung in der Freiheit verwehrt, was eine unverantwortliche Härte darstelle. Zwar sagt das Gesetz nicht, der Richter müsse nach Art. 42 StGB verfahren, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, sondern es stellt die Anordnung einer solchen Massnahme in das Ermessen des Richters; dieser kann sie verhängen. Ermessen bedeutet jedoch nicht freies Belieben. Da Art. 42 StGB die Verwahrung vorsieht, um die Gesellschaft vor dem unverbesserlichen Gewohnheitsverbrecher wirksamer zu schützen, als eine Freiheitsstrafe dies vermöchte, darf der Richter entsprechend diesem Zweckgedanken von der Anordnung BGE 99 IV 70 S. 73 der Verwahrungsmassnahme nur absehen, wenn er überzeugt ist, dass schon der Vollzug der Strafe den Verurteilten dauernd vor neuen Rückfällen bewahren werde ( BGE 92 IV 79 Erw. 3, BGE 84 IV 147 Erw. 2). Ist von einer Bestrafung des Täters eine solche Wirkung nicht zu erwarten und besteht auch sonstwie keine zureichende Sicherung der Gesellschaft gegen den Rechtsbrecher, so muss der Richter unter den Voraussetzungen des Art. 42 StGB die Verwahrung anordnen. Er darf nicht, wie das die Vorinstanz getan hat, von dieser Massnahme absehen, nur weil der Verurteilte wahrscheinlich in Deutschland in Haft genommen werden wird. Im Hinblick darauf, dass einerseits das Appellationsgericht im angefochtenen Urteil nirgends seine Überzeugung zum Ausdruck bringt, dass allein der Strafvollzug Duelli dauernd vor neuen Rückfällen bewahren werde, und anderseits eine sofortige Inhaftierung des Verurteilten in Deutschland nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auf Grund der deutschen Strafprozessordnung als fraglich erscheint, ist im vorliegenden Fall die Verwahrung anzuordnen, da die bisherigen Strafen ihre Wirkung versagten, sich der Täter jeder erzieherischen Beeinflussung als unzugänglich erwies und die Gesellschaft wirksam vor ihm geschützt werden muss. Denn die Verwahrung bezweckt in erster Linie die Sicherung der Öffentlichkeit vor unverbesserlichen und sozialgefährlichen Rechtsbrechern. Für die Entscheidung der Frage nach der Anordnung dieser Massnahme kommt daher den von der Vorinstanz angeführten Gründen nur untergeordnete Bedeutung zu. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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nan
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e96adc50-a7ec-4cfa-b0ae-7efc61148402
Urteilskopf 119 V 416 59. Sentenza del 26 luglio 1993 nella causa Ufficio federale delle assicurazioni sociali contro V. e Tribunale cantonale delle assicurazioni
Regeste Art. 8 Abs. 1 und 3 lit. d, Art. 21 Abs. 1 und 3 IVG , Art. 14 IVV , Art. 2 Abs. 2-4 HVI , Ziffern 11 und 13 HVI-Anhang: Hilfsmittel; Abgabe von Tonbandgeräten und Computern zu Lasten der Invalidenversicherung an Sehbehinderte. - Tonbandgeräte, die dank ihrer Ausstattungsmerkmale auch durch Sehbehinderte bedient werden können, sind diesen zuzusprechen, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen für die Abgabe von Hilfsmitteln der IV gemäss Ziffer 11 HVI-Anhang erfüllt sind. Nicht entscheidend ist, dass diese Geräte im Sinne einer Bedienungserleichterung für nicht behinderte Personen entwickelt wurden (E. 4a). - Computer, die notwendig sind zur Verarbeitung von Daten, die durch Spezialgeräte gewonnen werden, bzw. Computer, die unerlässlich für den Betrieb solcher Spezialgeräte sind, sind den Versicherten als Hilfsmittel im Sinne von Art. 13 HVI -Anhang zuzusprechen; unerheblich ist, dass es sich dabei um Serienprodukte handelt, die für den beschriebenen Gebrauch abgeändert wurden (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 417 BGE 119 V 416 S. 417 A.- Mario V., nato nel 1947, è, dalla nascita, praticamente cieco. Conseguita la maturità liceale nel 1966, egli si è successivamente iscritto alla facoltà di filosofia dell'Università di Zurigo, ottenendo dopo la licenza il titolo di dottore il 22 aprile 1976. Al seguito di un periodo quale ricercatore presso l'archivio fonografico della predetta Università, dal 1981 è stato assunto pure come ricercatore al Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana, prestando inoltre la sua opera per l'Ufficio cantonale dei musei. Nel passato ha fruito di numerose prestazioni dell'assicurazione federale per l'invalidità: gli erano stati segnatamente assegnati supporti meccanici quali mezzi ausiliari. L'11 dicembre 1989 l'assicurato chiese, data l'usura e il superamento tecnico dei mezzi ausiliari in precedenza assegnatigli, nonché l'indebolimento del residuo visivo, la concessione di un registratore DAT SONY TCD-D10 PRO. Mediante provvedimento 16 gennaio 1990, la Cassa cantonale di compensazione decise la presa a carico delle spese per l'importo preventivato di Fr. 8'779.--. Il 12 giugno 1990 l'assicurato si è nuovamente rivolto alla Commissione dell'assicurazione per l'invalidità del Cantone Ticino chiedendo l'attribuzione, quale mezzo ausiliario, di un'attrezzatura per un importo complessivo di Fr. 46'078.--, consistente in: a) un elaboratore Macintosh SE/30, con stampante, tastiera e accessori (Hardware 1), per Fr. 16'444.--; b) apparecchi e programmi indispensabili per applicazioni adeguate all'attività svolta, ossia Scanner, Voice navigator, Software e relativi adattamenti (Hardware 2), per Fr. 10'934.--; c) un apparecchio di lettura Optacon II con monitor di controllo, per Fr. 12'300.--; d) un programma "In Touch" di interfacciamento Macintosh SE/30-Optacon II, per Fr. 1'400.--; e) spese di istruzione, a ragione di 100 ore a Fr. 50.--, per un totale di Fr. 5'000.--. BGE 119 V 416 S. 418 La Commissione dell'assicurazione per l'invalidità, preavvisando favorevolmente la richiesta, la sottopose all'Ufficio federale delle assicurazioni sociali (UFAS), il quale il 20 settembre 1990 rispose quanto segue: "Quando avete trattato questo caso non avete preso in considerazione il fatto che i mezzi ausiliari che sono utilizzati anche da una persona non invalida per eseguire gli stessi lavori non sono considerati necessari a causa dell'invalidità e perciò non possono essere assunti dall'AI. Dagli atti dell'assicurato si può rilevare in diversi punti ... che anche i suoi colleghi vedenti usano una parte dei mezzi ausiliari richiesti. Nell'offerta della ditta ... non devono essere considerati dovuti all'invalidità: 1. L'intero blocco definito "Hardware 1", per l'importo totale di Fr. 16'444.--, 2. L'Apple Scanner Fr. 2'734.--. Gli altri accessori dell'offerta sopracitata come pure l'"Optacon" e il "Sichtgerät", che appartiene a quest'ultimo, ... possono essere assunti dall'AI. A carico dell'AI è anche il programma "In Touch" così denominato dal signor V. nel punto d) della sua richiesta; mentre si assumerà solo la metà dei costi per l'istruzione menzionati al punto e)." L'Ufficio federale ha poi soggiunto: "Si deve inoltre prendere in considerazione anche la decisione del 16 gennaio 1990, la quale è chiaramente sbagliata, poiché il registratore assegnato non è necessario a causa dell'invalidità, ma per motivi professionali e viene utilizzato anche da colleghi vedenti per il disbrigo dei corrispondenti lavori. Le spese assegnate ammontanti a Fr. 8'779.-- devono essere perciò reclamate." La Commissione dell'assicurazione per l'invalidità rese allora due pronunzie non formali nel senso dell'avviso dell'UFAS, cui seguì un colloquio l'8 ottobre 1990 presenti l'assicurato e un suo superiore, in cui venne precisato che le apparecchiature in questione non erano necessarie sul posto di lavoro, dove i mezzi erano forniti dal datore, bensì a domicilio, dove l'assicurato doveva svolgere la sua attività a dipendenza del suo stato di salute. Successivamente, l'interessato indirizzò alla Commissione dell'assicurazione per l'invalidità una formale opposizione. Sulla richiesta, e in senso favorevole, prese pure posizione l'Ufficio regionale per l'integrazione professionale (URIP), il che convinse la Commissione dell'assicurazione per l'invalidità a rivolgersi nuovamente BGE 119 V 416 S. 419 all'UFAS, il quale confermò il precedente parere, ammettendo comunque la consegna in prestito dell'Apple Scanner. Il 26 marzo 1991, la Cassa di compensazione rese pertanto due decisioni: - una prima, mediante la quale si annullava il provvedimento 16 gennaio 1990 facendo obbligo all'assicurato di restituire Fr. 9'377.40, pari al costo definitivo del registratore concesso; - una seconda, con cui si assumevano le spese di acquisto di un Optacon II tipo R2B-02 e di un "Sichtgerät"V 4A-D2 per un importo di Fr. 12'300.-- giusta la lett. c della richiesta, nonché gli apparecchi di cui alla lett. b, per un totale di Fr. 10'934.--, compreso quindi l'Apple Scanner, ma negando che altri mezzi ausiliari trovassero giustificazione. B.- Mario V. adì per ricorso il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino contro i provvedimenti amministrativi contestando, da un lato, che una decisione già emanata potesse essere annullata con effetto retroattivo, e precisando, d'altro lato, che le apparecchiature richieste non potevano essere utilizzate da operatori vedenti. In istruttoria vennero escussi quali testimoni il vicedirettore della Fonoteca nazionale svizzera di Lugano, ing. C. e l'ispettore delle scuole speciali cantonali, prof. S. Con giudizio 12 maggio 1992, il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino, in accoglimento del ricorso, ha annullato la decisione che faceva ordine all'assicurato di restituire l'importo di Fr. 9'377.40 e ha riconosciuto integralmente le pretese fatte valere per l'acquisto dell'ulteriore apparecchiatura. Secondo i primi giudici, la decisione del 16 gennaio 1990 non era manifestamente errata dal momento che l'assicurato non poteva far capo ad apparecchi utilizzati da operatori vedenti. D'altro canto, gli ulteriori mezzi ausiliari erano stati adattati alle particolari condizioni dell'assicurato e non erano più collegabili in rete con altri apparecchi di serie. C.- L'UFAS interpone ricorso di diritto amministrativo avverso il giudizio cantonale. Argomenta che il registratore non era necessario a causa dell'invalidità, ma per motivi professionali, ed era utilizzato anche dai colleghi vedenti e che le stesse considerazioni valevano per l'adattamento del posto di lavoro, in cui erano stati esclusi i mezzi elencati sotto Hardware 1 dal momento che l'elaboratore Macintosh come la stampante sono utilizzati anche da persone non invalide. Nella sua risposta al gravame l'assicurato contrasta queste tesi, mentre la Cassa cantonale di compensazione le fa proprie. BGE 119 V 416 S. 420 Erwägungen Diritto: 1. (Potere cognitivo) 2. Giusta l' art. 8 cpv. 1 LAI , gli assicurati invalidi o direttamente minacciati di invalidità hanno diritto ai provvedimenti di integrazione necessari e atti a ripristinare, migliorare, conservare o avvalorare la capacità di guadagno, il diritto essendo determinato in funzione della probabile durata del lavoro. Tra i provvedimenti integrativi figurano i mezzi ausiliari (art. 8 cpv. 3 lett. d LAI). Per l' art. 21 cpv. 1 LAI , l'assicurato ha diritto ai mezzi ausiliari compresi in un elenco allestito dal Consiglio federale, dei quali ha bisogno per esercitare un'attività lucrativa o adempiere le sue mansioni consuete, per studiare, per imparare una professione o a scopo di assuefazione funzionale. Secondo il cpv. 3 della stessa norma i mezzi ausiliari sono forniti in proprietà o a prestito di tipo semplice e adeguato. L'assicurato sopperisce alla maggior spesa per tipi più perfezionati. Secondo l' art. 14 OAI l'elenco in questione è oggetto di ordinanza del Dipartimento federale dell'interno (OMAI). In virtù dell' art. 2 cpv. 2 a 4 di essa ordinanza l'assicurato ha diritto ai mezzi ausiliari designati nel citato elenco da un (*) solamente se gli sono necessari per esercitare un'attività lucrativa, adempiere le mansioni consuete, per studiare, per imparare una professione, a scopo di assuefazione funzionale o per svolgere l'attività esplicitamente citata nel numero corrispondente dell'allegato, ritenuto che il diritto si estende agli accessori e agli adeguamenti resi necessari dall'invalidità e che l'assicurato possa pretendere soltanto mezzi ausiliari di tipo semplice e adeguato e che egli sopporta le spese supplementari cagionate necessariamente per l'esecuzione di tipi più perfezionati. Nella lista dei mezzi ausiliari (OMAI Allegato) figurano alla cifra 11 quelli destinati ai ciechi e ai grandi invalidi della vista, in particolare: "Cifra 11.04 Registratori destinati ai ciechi e ai minorati gravi della vista per riprodurre la documentazione, registrata su nastro magnetico. Cifra 11.05* Magnetofoni destinati ai ciechi e ai minorati gravi della vista allorquando l'invalidità rende necessari detti apparecchi per l'esercizio di un'attività lucrativa o per l'adempimento di lavori domestici. Cifra 11.06 Apparecchi da lettura per ciechi o minorati gravi della vista che possono leggere solo con un simile apparecchio e che dispongono delle capacità intellettuali necessarie al suo uso." BGE 119 V 416 S. 421 Alla cifra 13 sono elencati poi i mezzi ausiliari destinati alla sistemazione del posto di lavoro o a facilitare la formazione scolastica e professionale, nonché le misure architettoniche quale ausilio per recarsi al lavoro, segnatamente: "Cifra 13.01* Strumenti di lavoro ... resi necessari dall'invalidità, come pure installazioni, attrezzi accessori e adeguamenti indispensabili alla manipolazione di apparecchi e di macchine, (ritenuto che) l'assicurato partecipa alle spese se l'assicurazione gli consegna degli apparecchi usati pure necessariamente da una persona valida ed eseguiti in serie." Di regola l'assicurato ha diritto solo ai provvedimenti idonei a raggiungere il fine di integrazione prefisso e non ai migliori provvedimenti possibili nel caso di specie ( DTF 110 V 102 ). Infatti, la legge riconosce la reintegrazione solo nella misura in cui essa sia necessaria e sufficiente ( DTF 115 V 198 consid. 4e cc e 206 consid. 4e cc, nonché sentenze ivi citate). Inoltre, deve esistere una proporzione ragionevole tra il successo prevedibile del provvedimento e il costo dello stesso ( DTF 110 V 102 , DTF 103 V 16 consid. 1b e riferimenti; cfr. anche DTF 107 V 88 consid. 2). Deve essere soggiunto che la lista dell'Allegato all'Ordinanza è esauriente nella misura in cui enumera le categorie di mezzi ausiliari che entrano in considerazione, mentre occorre per ogni categoria esaminare se l'enumerazione ha carattere esauriente oppure indicativo ( DTF 117 V 181 consid. 3b, DTF 115 V 193 consid. 2b). 3. In concreto è pacifico che l'assicurato sia in grado di svolgere un'attività lucrativa che copre i suoi bisogni vitali ( DTF 105 V 63 ). Fermi i predetti presupposti vuol essere osservato che l'assicurato svolge le mansioni di ricercatore etnografico a tempo pieno presso l'Ufficio cantonale dei musei e presso il Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana. Si tratta pacificamente del solo collaboratore affetto da cecità. Il suo lavoro si attua a domicilio e tramite interviste esterne durante le quali egli registra una documentazione orale che in seguito analizza, trascrive e commenta, documentazione destinata poi al trasferimento su matrici in vista della produzione di dischi che vengono successivamente archiviati. Si tratta, a non far dubbio, di mansioni che comportano un alto grado di professionalità e particolari ausilii per chi non possa procedere alla lettura di documenti. BGE 119 V 416 S. 422 Inoltre deve essere ricordato che già nel 1972 l'assicurazione federale per l'invalidità aveva assegnato all'assicurato un registratore nonché, in un secondo tempo, una telecamera Optacon e un dispositivo Optacon. Infine va notato che le facoltà visive dell'interessato, minime in precedenza, hanno conosciuto un peggioramento dal 1986. 4. L'amministrazione, dando seguito alle istruzioni dell'UFAS, ha reso due decisioni: - mediante la prima, essa ha in sostanza revocato un precedente provvedimento in virtù del quale aveva accordato un mezzo ausiliario all'assicurato; - mediante la seconda, ne ha accolto solo parzialmente le richieste. A tutela del ricorso l'istanza cantonale ha annullato la prima decisione e riformato la seconda nel senso dell'accoglimento delle richieste. Vuole preliminarmente essere osservato al riguardo che l'amministrazione può, in ogni momento, modificare decisioni cresciute in giudicato sulle quali il giudice non si sia pronunciato materialmente, che si rivelino senza dubbio erronee e la cui modificazione rivesta apprezzabile importanza ( DTF 117 V 12 consid. 2a). In quest'ipotesi non è escluso che il provvedimento, assunto a seguito di riesame, esplichi effetto retroattivo ( DTF 119 V 180 ). a) Per quanto riferito alla prima decisione, il ricorrente asserisce che il registratore portatile digitale DAT SONY TCD-D10 PRO non è necessario a causa dell'invalidità, ma per motivi professionali, e sarebbe stato utilizzato anche da colleghi vedenti. Si prevale di precedenti dichiarazioni dell'assicurato e del prof. G., direttore dell'Ufficio cantonale dei musei, nel senso che tale registratore sarebbe stato particolarmente raccomandabile per le inchieste linguistico-etnografiche e presentava ottimi requisiti, che l'alta professionalità del lavoro prodotto richiedeva una registrazione ineccepibile sulle testimonianze orali e tale per maneggevolezza e qualità si rivelava l'attrezzatura richiesta. Orbene, l'UFAS ha disatteso le dichiarazioni rese in pendenza di causa dall'ing. C. come testimone, secondo il quale utilizzando i precedenti supporti ausiliari aveva rilevato nelle registrazioni dei difetti tecnici che ne compromettevano seriamente la qualità. Si trattava di difetti che una persona vedente avrebbe potuto, senza alcuna capacità particolare, correggere in quanto verificabili visivamente su un indicatore. Solo con il registratore SONY, per le sue qualità tecniche, era permessa la massima autonomia di registrazione. Un non vedente BGE 119 V 416 S. 423 avrebbe incontrato difficoltà nell'uso di un comune registratore a nastro, peraltro difficoltoso nella sostituzione, né esso poteva, con la necessaria autonomia, procedere alla posa dei microfoni. E pure l'URIP ha ricordato che ad una persona vedente sarebbe stato assegnato da parte del datore di lavoro un supporto meno sofisticato e di minor costo, mentre a fine di svolgere in modo corretto la sua attività, l'assicurato doveva disporre di una diversa attrezzatura, idonea al superamento del danno alla salute. In sostanza, l'UFAS pare ritenere che il registratore in questione sia stato utilizzato al fine di consentire, data la particolare complessità del lavoro eseguito, un risultato ottimale, nell'interesse del servizio prestato, ma che anche altri supporti sarebbero bastati allo scopo. Di contro dagli atti emerge che la particolare attrezzatura è necessaria perché l'assicurato possa, malgrado l'handicap visivo, svolgere un'attività di alta qualificazione: si tratta di permettergli l'esecuzione del lavoro senza un controllo visivo. In sostanza si deve ammettere che registratori provvisti di particolari accorgimenti indispensabili per un impiego corretto da parte dei non vedenti devono essere riconosciuti a questi ultimi, adempiuti gli altri requisiti, quali mezzi ausiliari a carico dell'AI ai sensi della cifra 11 dell'allegato OMAI. Il fatto che questi apparecchi siano concepiti per persone non handicappate, gli accorgimenti di cui si tratta costituendo per esse un semplice elemento agevolante l'uso degli apparecchi medesimi, non è quindi di rilievo in simili circostanze. In queste condizioni, il giudizio cantonale, nella misura in cui annulla il provvedimento reso in via di riesame da parte dell'amministrazione, deve essere tutelato. b) Successivamente, l'assicurato chiese l'assegnazione di un elaboratore Macintosh SE/30 collegato con l'apparecchio di lettura Optacon II. In sostanza si sarebbe trattato: di un elaboratore Macintosh SE/30 con tastiera, stampante e accessori (Hardware 1), di programmi e di apparecchi, segnatamente Scanner, Voice navigator, Software, adattamenti e istallazioni (Hardware 2), di un apparecchio di lettura Optacon II con monitor di controllo, di un programma "In Touch" di interfacciamento Macintosh SE/30-Optacon II, nonché delle spese di istruzione. La Cassa, con la decisione in lite, assunse le spese per l'acquisto di un Optacon II e del "Sichtgerät", riconoscendo inoltre quelle concernenti l'Apple Scanner, il Voice navigator con Software aggiuntivo, diversi Software, l'adattamento Software al sistema di BGE 119 V 416 S. 424 controllo vocale, come pure quelle per il programma "In Touch" di interfacciamento Macintosh, nonché in misura ridotta i costi di istruzione. Negato in sostanza venne il riconoscimento dell'elaboratore Macintosh, in quanto usato anche da persone non invalide. Secondo i primi giudici, ora, l'elaboratore in questione sarebbe stato, unico in Europa, sviluppato in funzione dell'handicap dell'assicurato e delle sue esigenze professionali, tali da impedirgli l'utilizzazione di altro elaboratore già in dotazione dell'ufficio, e questo riprendendo le considerazioni espresse dall'URIP, per le quali non avrebbe senso di accordare il solo complesso Voice navigator (blocco Hardware 2) se tale complesso poteva funzionare solo se abbinato con il blocco Hardware 1. Nel ricorso di diritto amministrativo l'UFAS ribadisce che i blocchi Hardware 1 sono utilizzati anche da persone non invalide, ciò prevalendosi delle affermazioni dell'assicurato, il quale, dopo aver rilevato che altrimenti gli sarebbe precluso l'accesso all'informatica, afferma che sarebbero facilitati i rapporti con i colleghi, i quali si servono di attrezzature elettroniche, affermazioni concordanti con quelle del dott. Sp., direttore del Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana. Ora, secondo quanto affermato dal prof. S., ispettore delle scuole speciali, l'intero complesso del sistema informatico in oggetto è stato sviluppato in funzione del danno alla salute lamentato dall'assicurato: le singole componenti sarebbero state modificate e adattate ai suoi bisogni specifici, il che avrebbe comportato pure una modificazione del sistema Macintosh; in sostanza, l'Optacon non sarebbe utilizzabile senza il Macintosh, né quest'ultimo sarebbe utilizzabile da parte di persone vedenti. Ne deve essere dedotto che il Macintosh da un lato è essenziale per l'elaborazione dei dati raccolti con gli altri istrumenti ausiliari accordati all'assicurato e che, d'altro lato, è stato a sua volta trasformato per renderlo operativo da parte di un non vedente. Irrilevante è pertanto anche su questo punto l'argomentazione che il Macintosh sia utilizzato anche dai colleghi vedenti. In breve, l'erogazione di un elaboratore necessario al trattamento di dati raccolti attraverso altre apparecchiature speciali concesse dall'AI e, viceversa, indispensabile al funzionamento di esse apparecchiature deve essere preso a carico dall'assicurazione medesima dal profilo della cifra 13 dell'allegato OMAI, irrilevante essendo che si tratti di un elaboratore di serie destinato a persone in normali condizioni di salute, semplicemente modificato per le funzioni suddette. BGE 119 V 416 S. 425 Ne consegue che il querelato giudizio debba essere confermato anche per quanto concerne la seconda decisione. 5. In queste condizioni il giudizio cantonale merita tutela.
null
nan
it
1,993
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e96b7729-73ce-4a00-9e7d-2a6c2bd20f11
Urteilskopf 94 III 33 7. Schreiben an die obern kantonalen Aufsichtsbehörden. Lettre aux autorités cantonales supérieures de surveillance. Lettera alle autorità cantonali superiori di vigilanza. (13.9.1968)
Regeste Zustellung von Betreibungsurkunden nach Italien.
Erwägungen ab Seite 33 BGE 94 III 33 S. 33 Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hat in zwei ältern Entscheiden als zulässig erklärt, dass schweizerische Betreibungsurkunden, die für Personen in Italien bestimmt sind, diesen durch die Post zugestellt werden ( BGE 44 III 78 Erw. 2 undBGE 60 III 16Erw. 2). Ein im Jahre 1968 eingegangener Rekurs veranlasste die Kammer zu einer neuen Prüfung dieser Frage. Dabei ergab sich, dass an der seinerzeit vertretenen Auffassung nicht festgehalten werden kann. Obwohl Italien der Postzustellung schweizerischer Betreibungsurkunden an Personen in Italien nicht ausdrücklich widersprochen hat, muss diese Art der Zustellung mit Rücksicht auf die Vereinbarungen, welche die Schweiz und Italien über die gegenseitige Rechtshilfe geschlossen haben, als unzulässig gelten (vgl. den Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 22. Mai 1968 i.S. Elitaliana S.p.A., BGE 94 III 35 ). Die Zustellung hat auf dem Wege zu erfolgen, der in. Art. III des Protokolls vom 1. Mai 1869 betreffend die Vollziehung der schweizerisch-italienischen Abkommen BGE 94 III 33 S. 34 vom 22. Juli 1868 (Bereinigte Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 1848-1947, Band 11, S. 680 f.) vorgesehen ist, d.h. das Betreibungsamt hat die nach Italien zuzustellende Urkunde dem Obergericht seines Kantons zu übermitteln, das sie mit dem Ersuchen um Zustellung an den örtlich zuständigen italienischen Appellhof weiterleitet. Dans deux arrêts assez anciens, la Chambre des poursuites et des faillites a déclaré admissible que des actes de poursuite émanant d'autorités suisses et destinés à des personnes se trouvant en Italie leur soient notifiés par la voie de la poste (RO 44 III 78, consid. 2 et 60 III 16, consid. 2). Un recours déposé en 1968 a conduit la chambre à procéder à un nouvel examen de la question. Il en est résulté que l'opinion exprimée dans les décisions précitées ne pouvait pas être maintenue. Bien que l'Italie ne se soit pas opposée expressément à la notification par la voie de la poste d'actes de poursuite émanant d'autorités suisses et destinés à des personnes se trouvant en Italie, ce mode de notification doit être considéré comme inadmissible, eu égard aux conventions conclues entre la Suisse et l'Italie au sujet de l'entraidejudiciaire réciproque (cf. l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 22 mai 1968 dans la cause Elitaliana S.p.A., RO 94 III 35). La notification doit être faite de la manière prévue par l'art. III du protocole du 1er mai 1869 concernant l'exécution des conventions conclues entre la Suisse et l'Italie le 22 juillet 1868 (Recueil systématique des lois et ordonnances 1848-1947, volume 1 l'p. 658 s.), c'est-à-dire que l'office des poursuites doit envoyer l'acte à notifier en Italie au tribunal supérieur de son canton, lequel le transmettra avec la requête de notification à la cour d'appel italienne compétente à raison du lieu. In due non recenti sentenze la Camera di esecuzione e dei fallimenti ha dichiarato ammissibile che atti esecutivi emananti da autorità svizzere e destinati a persone trovantisi in Italia siano loro notificati tramite la posta (RU 44 III 78 consid. 2 e 60 III 16 consid. 2). Un ricorso presentato nel 1968 ha indotto la Camera a riesaminare il quesito. Essa è giunta alla conclusione che l'opinione espressa nelle citate sentenze non poteva più essere mantenuta. Benchè l'Italia non si sia esplicitamente opposta alla notificazione per via postale di atti esecutivi BGE 94 III 33 S. 35 emananti da autorità svizzere e destinati a persone trovantisi in Italia, questo modo di notificazione dev'essere considerato inammissibile, tenuto conto delle convenzioni concluse tra la Svizzera e l'Italia in materia di assistenza giudiziaria reciproca (cfr. la sentenza della Camera di esecuzione e dei fallimenti del 22 maggio 1968 nella causa Elitaliana S.p.A., RU 94 III 35). La notificazione deve essere fatta nel modo previsto dall'art. III del protocollo del 1. maggio 1869 concernente l'esecuzione dei trattati e delle convenzioni conclusi tra la Svizzera e l'Italia il 22 luglio 1868 (Collezione sistematica delle leggi e ordinanze federali 1848-1947, volume 11, p. 666 e seg.): e cioè l'ufficio di esecuzione deve inviare l'atto da notificare in Italia al tribunale superiore del suo cantone, che lo trasmetterà insieme con la richiesta di notificazione alla corte italiana di appello competente per territorio.
null
nan
fr
1,968
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e96de393-e671-4c68-9a30-817e797e308c
Urteilskopf 135 I 233 27. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause A. et consorts contre Commune de Chermignon et consorts ainsi que Tribunal cantonal du canton du Valais (recours en matière de droit public) 1C_469/2008 du 26 mai 2009
Regeste Kommunale Regelung über Quoten und Kontingente von Zweitwohnungen; Art. 50 und 75 BV , Art. 1-3 RPG , kommunale Zuständigkeiten; Art. 36 Abs. 2 und 3, Art. 8, 24, 26, 27 und 127 Abs. 2 BV. Die angefochtene Regelung stellt eine kompetenzgerechte raumplanerische Massnahme der Gemeinde dar (E. 2). Die Quote von Hauptwohnungen im Gebiet "Station", auf 70 % festgelegt und mit grosszügigen Ausnahmen versehen, ist mit Bezug auf den Regelungszweck verhältnismässig (E. 3, 4 und 7). Die Umschreibung der Hauptwohnungen mittels des Begriffs des zivil- und steuerrechtlichen Wohnsitzes verletzt die Niederlassungsfreiheit nicht (E. 5.1-5.3). Die Verpflichtung der Eigentümer von nicht selber benützten Hauptwohnungen, deren Vermietung über eine berufsmässige Gesellschaft vorzunehmen, verletzt weder die Eigentumsgarantie noch die Wirtschaftsfreiheit (E. 5.4 und 8). Die Ersatzabgabe bei Reduktion des Anteils an Hauptwohnungen stellt eine mit den Anforderungen des RPG vereinbare Kausalabgabe dar (E. 9). Die Übergangsbestimmung bewirkt keine Vorwirkung und wahrt den Grundsatz der Nichtrückwirkung (E. 15).
Sachverhalt ab Seite 234 BGE 135 I 233 S. 234 A. Le 10 novembre 2006, les communes de Crans-Montana, soit Chermignon, Icogne, Lens, Mollens, Montana et Randogne, ont mis à l'enquête un projet de règlement des quotas et du contingentement des résidences secondaires pour la station touristique de Crans-Montana (ci-après: RQC), sous la forme d'un avenant au règlement intercommunal sur les constructions (RIC). Cette réglementation avait pour but de favoriser la création et l'occupation de résidences principales, avec un contingentement annuel de résidences secondaires. Les oppositions formées notamment par A. et consorts, tous propriétaires d'immeubles dans les communes concernées (ci-après: les opposants), ont été écartées par les Conseils communaux de Chermignon, Lens, Montana et Randogne, les 24 et 25 janvier 2007, sous réserve de quelques modifications. Le 11 mars 2007, le RQC a été accepté en votation populaire, dans la teneur suivante: REGLEMENT DES QUOTAS ET DU CONTINGENTEMENT (RQC) CHAPITRE I - DISPOSITIONS GÉNÉRALES Article 1: Buts 1 Le règlement des quotas et du contingentement (RQC) est établi dans l'intérêt de la population locale et du tourisme, et pour assurer un développement harmonieux et durable compte tenu des réserves limitées en zone à bâtir des six communes de Crans-Montana. BGE 135 I 233 S. 235 Article 2: Bases légales 1 Les dispositions du présent règlement sont basées sur les prescriptions fédérales et cantonales en matière d'aménagement du territoire et autres domaines s'y rapportant. 2 Elles tiennent compte des prescriptions ressortant du plan d'affectation des zones et de son règlement. 3 Demeurent réservées les dispositions particulières édictées par la Confédération et le Canton, ainsi que le droit des tiers. Article 3: Secteur station 1 Le présent RQC s'applique aux zones à bâtir du "secteur station" des six communes de Crans-Montana, selon la délimitation précise figurant sur le plan annexé. Article 4: Définitions 1 Sont considérés comme résidences principales au sens du RQC les logements qui, sur la base d'une autorisation de construire en relation avec le RQC, doivent être utilisés par des personnes ayant leur domicile civil et fiscal (au sens de l'art. 23 du code civil) sur la commune. 2 Tous les logements qui ne comptent pas parmi les résidences principales sont considérés comme des résidences secondaires. 3 Les logements existants au 16.12.2005, ainsi que ceux dont les demandes d'autorisation de construire complètes et conformes ont été déposées avant le 16.12.2005 sont considérés comme logements de l'ancien droit. 4 Sont considérés comme appartements de location les logements dont la commercialisation et la location sont garanties et réalisées par une société de location professionnelle reconnue, avec exclusion des locations à l'année ou à la saison. La preuve de la location incombe au propriétaire. Un règlement d'application précisera ces modalités. Article 5: Portée du RQC 1 Le RQC s'applique à tous les nouveaux volumes habitables créés (résidences principales, résidences secondaires), aux agrandissements et changements d'affectation de bâtiments dont résultent des habitations (résidences principales, résidences secondaires), ainsi qu'aux changements d'affectation de résidence principale en résidence secondaire. 2 Ne sont pas concernés par le RQC: a Les changements d'affectation de logements de l'ancien droit, au sens de l'art. 4 al. 3 RQC. b Les agrandissements, pour autant que la nouvelle surface habitable créée ne peut pas servir comme logement autonome. Cas échéant, le logement créé ultérieurement est soumis au RQC. c Les projets présentant un intérêt public prépondérant, approuvés par l'assemblée primaire. BGE 135 I 233 S. 236 3 Les constructions réalisées dans le cadre des plans d'affectation spéciaux (PQ, PAD) ne sont pas concernées par le règlement de contingentement si ceux-ci doivent être homologués par le Conseil d'Etat ou si leur élaboration est exigée par les plans de zones en vigueur le 6.12.05. En matière de quotas, l'ensemble des plans d'affectation spéciaux (PQ, PAD), sauf ceux spécifiés dans l'alinéa 4, respecteront les principes du présent règlement. 4 Dans les secteurs qui n'étaient pas classés dans la zone réservée instaurée le 16 décembre 2005, les communes détermineront comment les quotas seront appliqués. 5 Sur des parcelles sises à l'intérieur du "secteur station" (art. 3) n'ayant pas changé de propriétaire durant les 35 ans précédant le dépôt de la demande d'autorisation, sauf par héritage, un logement de résidence secondaire à usage personnel (propriétaire et ses enfants) peut être construite, sans contingent ni taxe de remplacement. Dans le cas où ce logement change de propriétaire dans les 10 années suivant sa réalisation, une taxe de remplacement est due (selon art. 8 al. 1 et 2). CHAPITRE II - QUOTAS ET CONTINGENTEMENT Section 1 - Règlement des quotas Article 6: Part de résidence principale - règlement 1 Pour les constructions à plusieurs logements, la part de résidences principales doit correspondre, par parcelle et par lotissement, à 70 % de la surface brute de plancher utile (SBP) créée. 2 Dans les constructions à logement individuel, le 100 % de la SBP doit être utilisée comme résidence principale. 3 La part de résidences principales peut aussi être remplie par des affectations hôtelières, y compris les logements pour le personnel, commerciales, de bureaux, artisanales et par des appartements de location. Article 7: Obligation d'utilisation / location 1 Les résidences principales doivent réellement être utilisées en tant que telles. Lorsque ces logements ne sont pas utilisés par un propriétaire ayant son domicile sur la commune, ils doivent être mis à disposition contre un loyer convenable à des personnes qui remplissent cette condition. Ils peuvent également être utilisés par des personnes exerçant une activité économique annuelle ou saisonnière sur l'une des six communes, ou par des personnes en formation. 2 Un loyer est considéré convenable lorsqu'il correspond aux loyers versés pour des résidences principales similaires dans la région et qu'il n'est pas surfait. 3 Le propriétaire est garant de l'occupation du logement concerné en tant que résidence principale. 4 Les résidences principales peuvent être utilisées comme appartements de location pour des hôtes de passage aux conditions mentionnées (cf. art. 4 al. 4 RQC). BGE 135 I 233 S. 237 5 Pour les constructions situées dans les rues commerciales indiquées sur le plan annexé, l'affectation commerciale du niveau route (rez-de-chaussée) est obligatoire. 6 Dans des cas particuliers tels que changement de domicile pour des raisons professionnelles, de santé ou similaire, la commune peut autoriser des exceptions limitées dans le temps à l'obligation d'utilisation. Article 8: Taxe de remplacement 1 Pour les constructions à plusieurs logements non situés dans les rues commerciales, les 4/7 de la part de résidence principale exigée (70 %) peut être compensée par le versement d'une taxe de remplacement. Dans ce cas, la taxe de remplacement est de 20 % de la valeur du logement concerné. 2 Pour les constructions à logement individuel, la totalité de la résidence principale exigée peut être compensée par le versement d'une taxe de remplacement. Dans ce cas, la taxe de remplacement est de 15 % de la valeur de la construction du logement concerné. 3 La valeur de l'objet immobilier concerné (selon al. 1 ou 2) correspond au décompte des coûts de construction (y.c. des infrastructures annexes, places de parc ouvertes et couvertes, frais d'équipement et terrain), attesté par l'autorité fiscale cantonale et fourni par le requérant. Dans le cas d'une PPE, les coûts des surfaces et infrastructures non habitables sont répartis sur les logements concernés au pro rata de leurs surfaces habitables. 4 Pour les constructions situées dans les rues commerciales indiquées sur le plan annexé, le cinquième de la part de résidences principales exigée peut être compensé par le versement d'une taxe de remplacement. 5 Les résidences principales qui ont été utilisées comme telles pendant 10 ans au moins peuvent être libérées de l'obligation d'utilisation comme résidence principale moyennant le versement d'une taxe de remplacement dégressive de 10 % par an sur 10 ans, et moyennant l'attribution du contingent (art. 10 RQC). La durée d'utilisation de 10 ans est comptée à partir de l'obtention du permis d'habiter. 6 Si dans les dix ans suivant la perception de la taxe de remplacement, la résidence secondaire change d'affectation en résidence principale (avec inscription), le propriétaire qui produit une quittance pour la taxe versée aura droit à un remboursement dégressif de 10 % par an de la taxe. 7 La valeur du logement au moment de la création de la résidence secondaire fait foi. 8 L'encaissement de la taxe de remplacement est sous la responsabilité de la commune. A l'exception des cas spécifiés aux al. 4 et 5, les montants versés à l'administration lui sont définitivement acquis. BGE 135 I 233 S. 238 9 La taxe de remplacement doit servir à la promotion de la construction des résidences principales, des hôtels, des appartements de location, et pour couvrir les coûts engendrés par la création, le maintien et la rénovation des infrastructures touristiques. 10 L'affectation des fonds provenant des taxes sera régie par un règlement d'application. Article 9: Hôtels 1 Les changements d'affectation des hôtels, à des fins d'habitation non hôtelière, sont soumis au RQC (art. 5 al. 1 RQC). (...) Section 2 - Réglementation du contingentement de résidences secondaires Article 10: Contingentement - règlement 1 Le contingent de résidences secondaires annuel à réaliser dans le "secteur station" atteint 10'000 m 2 en 2006 (sans report sur 2007), 10'000 m 2 en 2007, 9'000 m 2 en 2008 et 8'000 m 2 pour les années suivantes (Icogne: 7,14 %; Lens: 22,79 %; Chermignon: 15,18 %; Montana: 11,99 %; Randogne: 30,49 %; Mollens: 12,40 %). 2 La répartition du contingent entre les catégories de projets est de la compétence du conseil communal. Il se répartit comme suit: - max. 50 % de SBP annuelle communale pour les grands projets (selon art. 20 al. 1 RQC) - max. 20 % de SBP annuelle communale pour les changements d'affectation de résidences principales en résidences secondaires (selon art. 5 al 1 RQC). 3 La démolition/reconstruction des bâtiments situés dans les rues commerciales selon plan annexé n'est pas soumise au règlement de contingentement. 4 L'autorité compétente peut décider de modifier la répartition des contingents entre les catégories si au 1 er octobre, certains contingents ne sont pas utilisés. 5 Le contingentement annuel intercommunal et sa répartition entre les six communes sera adapté selon les nécessités par l'autorité compétente. Article 11: Contingent par maître d'ouvrage 1 La définition d'un contingent annuel maximum par maître d'ouvrage pour les grands projets et autres est de la compétence du conseil communal. 2 Le conseil communal peut diverger de cette limitation lorsque le contingent annuel pour la catégorie correspondante n'a pas été épuisé au 1 er octobre. 3 Des maîtres d'ouvrage composés de plus de 50 % des mêmes membres sont considérés comme une seule et même entité. BGE 135 I 233 S. 239 Article 12: Contingents non sollicités 1 Les contingents annuels non sollicités peuvent être reportés sur l'année suivante. 2 Ces reports ne doivent pas dépasser le contingent annuel. CHAPITRE III - PROCÉDURES Section 1 - Procédures des quotas (...) Article 16: Exceptions - applications spéciales 1 En cas de décès du propriétaire d'une résidence principale, les héritiers légaux en ligne directe ont le droit d'utiliser l'appartement pour leurs propres besoins, en tant que résidence secondaire. (...) CHAPITRE IV - CONTRÔLE - CONSIDÉRATIONS FINALES - PÉRIODE DE TRANSITION (...) Article 23: Traitement des demandes déposées en 2006 1 Pour l'année 2006, un contingent annuel est à disposition, correspondant à ceux définis à l'art. 11 RQC. 2 Le RQC s'applique à toutes les demandes d'autorisation de construire qui n'ont pas été autorisées avant la mise en vigueur du RQC. 3 Les projets de construction qui ont été autorisés pendant la période des zones réservées moyennant l'établissement d'une part de résidence principale et/ou d'une taxe de remplacement provisoire, dépendent également du RQC. Le conseil communal édicte une décision définitive à leur propos en adaptant les conditions provisoires en fonction du RQC. B. Les six opposants ont saisi le Conseil d'Etat du canton du Valais qui, par arrêté du 19 décembre 2007, a rejeté les recours. (...) Le règlement a été homologué par décision du même jour. C. Par arrêt du 29 août 2008, la Cour de droit public du Tribunal cantonal valaisan a rejeté le recours des opposants. Le RQC faisait partie des dispositions sur le mode et le degré d'utilisation du sol pour lesquelles les communes disposaient d'une autonomie suffisante, sans qu'une base légale spécifique ne soit nécessaire. Certes élevé, le quota de 70 % de résidences principales était indispensable pour atteindre les objectifs visés. (...) Le secteur station était seul touché par le problème du déséquilibre entre résidences secondaires d'une part, résidences principales et activités hôtelières d'autre part, de sorte que le champ d'application du règlement était correctement délimité. La définition de la résidence principale au moyen BGE 135 I 233 S. 240 des notions, voisines, de domicile fiscal et civil, n'était pas contraire à la liberté d'établissement. Les modalités de l'obligation de louer constituaient des restrictions admissibles au droit de propriété. Les exceptions en faveur de projets d'utilité publique reconnue, des plans d'affectation antérieurs au 6 décembre 2005 ou des propriétaires de longue date étaient justifiées. La taxe prévue à l'art. 8 RQC était une contribution de remplacement, et non une taxe d'orientation ou un impôt; son montant était proche de celui des taxes similaires confirmées par la jurisprudence, et conforme au critère de l'avantage économique. Le contingentement annuel des résidences secondaires était également une mesure d'aménagement du territoire (...) que les communes pouvaient adopter dans le cadre du droit des constructions. (...) L'effet anticipé positif prévu à l'art. 23 RQC se rapportait aux mesures de blocage décidées en décembre 2005, et non aux mesures prévues par le RQC. D. Par acte du 9 octobre 2008, A. et consorts forment un recours en matière de droit public. Ils demandent l'annulation de l'arrêt cantonal, de l'arrêté d'homologation et du RQC. (...) Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Les recourants estiment que le RQC, qui comporte une atteinte grave au droit de propriété, devrait reposer sur une base légale formelle. Les buts du règlement sont de retrouver un équilibre entre résidences secondaires et principales, de freiner la surchauffe immobilière en station et d'assurer une partie des coûts générés par les résidences secondaires, et non de lutter contre la pénurie de logements. Il s'agirait d'une réglementation sans rapport avec la planification. La loi cantonale sur les constructions ne permettrait pas aux communes de limiter les résidences secondaires. Par le recours à des notions juridiques indéterminées, les imprécisions et inexactitudes qu'il contient, ainsi que l'ampleur et la complexité des mesures prévues, les pouvoirs conférés aux communes et les risques d'abus, le RQC consacrerait en réalité une politique économique sous couvert de gestion du sol. Une loi cantonale spécifique serait nécessaire. Les recourants se plaignent en particulier du défaut de base légale à propos de la taxe de remplacement prévue à l'art. 8 RQC. A l'instar de la taxe de remplacement pour les places de stationnement, cette disposition ne pourrait se fonder sur l' art. 13 let . g BGE 135 I 233 S. 241 de la loi cantonale du 23 janvier 1987 concernant l'application de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (RS/VS 701.1; ci-après: LcAT). 2.1 Constituent une atteinte grave à la garantie de la propriété, nécessitant une base légale formelle, les mesures par lesquelles la propriété foncière se trouve enlevée de force, ou les interdictions et prescriptions qui rendent impossible ou beaucoup plus difficile une utilisation conforme à la destination ( ATF 115 Ia 365 ). En revanche, l'obligation de réserver une partie d'un bâtiment à une affectation déterminée ne constitue pas une atteinte grave ( ATF 115 Ia 378 consid. 3b/bb p. 380). En l'occurrence, la question de la gravité des atteintes portées au droit de propriété par le règlement attaqué peut demeurer indécise. En effet, en dépit de sa dénomination, le règlement attaqué constitue une base légale au sens tant matériel que formel. Il a en effet été adopté par les organes législatifs, soit les Assemblées primaires des communes concernées (art. 4 al. 1 let. a et art. 17 al. 1 let. a de la loi du canton du Valais du 5 février 2004 sur les communes [RS/VS 175.1; ci-après: LCom/VS]), soit l'assemblée de citoyens prévue aux art. 72 al. 1 ch. 1 et 78 al. 1 de la Constitution du canton du Valais du 8 mars 1907 (Cst./VS; RS 131.232), et a ainsi été soumis à un vote populaire. Dans ces conditions, l'acte législatif communal offre les mêmes garanties, du point de vue de la légitimité démocratique, qu'une loi cantonale, et constitue par conséquent une base légale suffisante, quelle que soit la gravité de l'atteinte invoquée ( ATF 131 I 333 consid. 4.3 p. 341; ATF 122 I 305 consid. 5a p. 312; ATF 120 Ia 265 consid. 2a p. 266-267 et les références citées). Il reste dès lors à examiner si les communes sont compétentes pour adopter une réglementation de ce genre. 2.2 La Constitution fédérale garantit l'autonomie communale dans les limites fixées par le droit cantonal ( art. 50 al. 1 Cst. ). Selon la jurisprudence, une commune est autonome dans les domaines que le droit cantonal ne règle pas de façon exhaustive, mais laisse en tout ou en partie dans la sphère communale en conférant aux autorités municipales une appréciable liberté de décision ( ATF 126 I 133 consid. 2 p. 136; ATF 124 I 223 consid. 2b p. 226 s. et les références citées). L'existence et l'étendue de l'autonomie communale dans une matière concrète sont déterminées essentiellement par la constitution et la législation cantonales, voire exceptionnellement par le droit cantonal non écrit et coutumier ( ATF 122 I 279 consid. 8b p. 290; ATF 116 Ia 285 consid. 3a p. 287; ATF 115 Ia 42 consid. 3 p. 44 et les arrêts BGE 135 I 233 S. 242 cités). Les communes bénéficient de compétences législatives lorsqu'elles disposent d'un pouvoir normatif dans un domaine que le législateur cantonal ou fédéral n'a pas réglé exhaustivement ( ATF 131 I 333 consid. 4.4.1 p. 341; ATF 115 Ia 42 ). 2.3 A teneur de l' art. 70 Cst./VS , les communes jouissent de leur autonomie en respectant le bien commun et l'intérêt des autres collectivités publiques (al. 1); elles accomplissent leurs tâches propres et celles que leur attribue la loi (al. 2); elles utilisent judicieusement et administrent avec soin le patrimoine communal (al. 3). Le droit cantonal distingue entre la sphère d'autonomie communale qui ressortit aux tâches originaires d'une part, et aux tâches déléguées d'autre part. Selon l'art. 6 LCom/VS, les communes ont notamment des attributions dans le domaine de l'aménagement local et de la police des constructions (let. c), de la protection de l'environnement (let. g) et de la promotion du bien-être social (let. i), ainsi que de la promotion de l'économie locale (let. l). Cette attribution de compétences est faite sous réserve des législations cantonale et fédérale. 2.4 Selon l'art. 3 LcAT, l'aménagement du territoire communal incombe aux communes (al. 1), lesquelles peuvent s'associer pour l'accomplissement de leurs tâches, notamment pour l'aménagement régional (al. 2). Ce sont les communes qui établissent les plans d'affectation pour l'ensemble de leur territoire en définissant les zones à bâtir, les zones agricoles et les zones à protéger, ainsi que d'autres zones réservées (art. 11 LcAT). Elles établissent les plans d'affectation spéciaux (art. 12 LcAT) et définissent les possibilités d'utilisation des différentes zones dans un règlement des zones et des constructions. Ce règlement définit notamment le mode et le degré d'utilisation du sol, les distances, l'aspect et le gabarit des constructions, ainsi que les contributions de remplacement et les taxes (art. 13 LcAT). En prévision de l'adoption ou de la modification d'un plan d'affectation, les communes peuvent créer des zones réservées pour une durée de deux ans (art. 19 LcAT), conformément à ce que prévoit l' art. 27 LAT (RS 700). 2.5 Le règlement attaqué fait suite au blocage des zones à bâtir, ordonné par les communes intimées en décembre 2005 et reconduit pour trois ans en décembre 2007. Les zones à bâtir situées dans le périmètre touristique jusqu'à la cote 1250, ont été déclarées zones réservées au sens de l'art. 19 LcAT, dans le but de permettre l'adaptation des plans d'affectation favorisant les résidences principales, BGE 135 I 233 S. 243 l'hôtellerie et la para-hôtellerie par rapport aux résidences secondaires. Il s'agit là manifestement d'une mesure d'aménagement du territoire, fondée sur l' art. 27 LAT , proche d'un effet anticipé négatif (cf. ZEN-RUFFINEN/GUY-ECABERT, Aménagement du territoire, constructions, expropriation, 2001, p. 199) et destinée à éviter qu'une planification prévue ne soit compromise par l'octroi d'autorisations accordées entretemps. Ces mesures ne sont toutefois pas l'objet de la présente procédure, et les compétences communales ne sauraient être contestées sur ce point. 2.6 Selon le rapport justificatif à l'appui du RQC, les deux tiers de la zone à bâtir de la station de Crans-Montana sont déjà construits. Sur l'ensemble des communes concernées, les résidences secondaires constituent en moyenne pour l'an 2000 63 % des logements; 150 à 200 appartements ou chalets de résidences secondaires sont construits chaque année. Il en résulte un affaiblissement du tourisme hôtelier classique - soit un facteur important de revenu des habitants - ainsi qu'une forte pression immobilière rendant toujours plus difficile l'accession à la propriété pour les habitants à l'année. La demande en résidence secondaire tend également à gagner les hameaux où le prix des terrains augmente à un niveau inaccessible pour les habitants. Le règlement a ainsi pour objectifs, en ce qui concerne la station, de diversifier l'affectation des nouvelles constructions, de modérer l'utilisation des zones à bâtir, de contribuer aux coûts de développement de la station et d'assurer une structure d'hébergement touristique du type hôtelier. Pour les villages, il s'agit de réserver suffisamment de terrains pour les résidences principales, et plus généralement d'assurer un développement durable. Ainsi, la réglementation litigieuse poursuit des buts relevant au premier chef de l'aménagement du territoire. A l'instar des buts et principes fixés aux art. 1 et 3 LAT , les objectifs du RQC relèvent certainement, sous certains aspects, de la politique économique ou sociale. Il n'en demeure pas moins que les moyens mis en oeuvre consistent à intervenir directement sur l'utilisation des zones à bâtir. 2.7 Selon la jurisprudence, les mesures de politique d'aménagement tendant à favoriser la construction de résidences principales et à limiter celle de résidences secondaires constituent des mesures d'aménagement du territoire car elles tendent, conformément à l'objectif visé à l' art. 75 Cst. , à une occupation judicieuse et mesurée du territoire ( ATF 117 Ia 141 ; ATF 112 Ia 65 consid. 3b; arrêts 1P.415/1998 du 1 er juin 1999, RDAT 2000 I n° 23 p. 397; 1P.404/1997 du BGE 135 I 233 S. 244 9 novembre 1998, RDAT 1999 I n° 20 p. 76). Ces mesures permettent de lutter, dans les régions touristiques, contre la prolifération des résidences secondaires dont les effets sont le gaspillage du territoire à bâtir, la pression sur les prix du terrain au détriment de la population locale et l'exode de cette dernière ( ATF 112 Ia 71 ). Cela permet également d'éviter la création d'infrastructures surdimensionnées et sous-utilisées ( ATF 117 Ia 141 consid. 2c; arrêt 1P.22/1995 du 1 er septembre 1995, Pra 1996 n° 164 p. 574). Ainsi, la fixation de contingents de logements secondaires, ou l'obligation de réserver un minimum de surfaces brutes de plancher aux résidences principales constituent bien des mesures d'aménagement du territoire (arrêt 1P.22/1995 précité, consid. 3b). En droit valaisan, celles-ci ressortissent aux autorités communales, dans le cadre de la définition du mode et du degré d'utilisation du sol (art. 13 al. 1 let. a LcAT). Contrairement à ce que soutiennent les recourants, l' ATF 116 Ia 207 se contente de relever que les restrictions applicables aux résidences secondaires ne résultent pas directement du plan d'affectation au point d'en faire partie intégrante et d'empêcher leur examen à titre préjudiciel. En revanche, cet arrêt ne revient pas sur le fait qu'il s'agit bien de prescriptions relevant de l'aménagement du territoire. Les recourants perdent de vue que les mesures d'aménagement du territoire ont nécessairement des effets sur la vie économique, sociale et culturelle; cela fait partie des buts poursuivis aux art. 1 al. 2 LAT et 3 LAT et n'en fait pas pour autant des mesures de politique économique. Les dispositions prises au niveau cantonal pour interdire l'instrumentation d'actes authentiques nécessitant un contingentement au sens de la loi fédérale du 16 décembre 1983 sur l'acquisition d'immeubles par des personnes à l'étranger (LFAIE; RS 211.412.41) ne signifient pas que le canton aurait voulu limiter les compétences des communes pour lutter contre le problème des résidences secondaires. 2.8 Dans son message du 4 juillet 2007 concernant la modification de la LAT (mesures d'accompagnement liées à l'abrogation de la LFAIE), le Conseil fédéral a estimé qu'il appartenait aux cantons de désigner, dans les plans directeurs, les territoires où des mesures particulières doivent être prises pour maintenir une proportion équilibrée de résidences principales et secondaires (FF 2007 5477). Il est notamment relevé que la multiplication des résidences secondaires entraîne une dégradation des paysages de valeur et, partant, de l'attrait des sites touristiques. Parmi les solutions préconisées, dont BGE 135 I 233 S. 245 le choix revient aux cantons, figurent les quotas et contingentements, la délimitation de zones spécialement destinées aux résidences principales ou secondaires, des coefficients minimums d'utilisation du sol, soit autant d'instruments relevant de l'aménagement du territoire et nécessitant une adaptation des plans directeurs cantonaux et des plans d'affectation, y compris communaux (FF 2007 5485 ch. 1.4.1), en fonction des circonstances régionales et locales (idem, p. 5487 ch. 1.7). Au contraire de ce que soutiennent les recourants, la lutte contre le développement excessif des résidences secondaires et ses effets constitue une obligation des autorités de planification qui trouve son fondement dans les dispositions générales des art. 1 à 3 LAT, et ne nécessite pas de base légale plus spécifique en droit fédéral ou cantonal (FF 2007 5492 ch. 5.1). 2.9 Selon la fiche de coordination D.1/3 du plan directeur cantonal, consacrée au tourisme intégré, il appartient aux communes de contrôler et de maîtriser la construction des résidences secondaires notamment lors de l'adaptation des plans d'affectation. Cela confirme que les mesures mises en oeuvre par le RQC relèvent de l'aménagement du territoire et que les communes sont bien compétentes en la matière, conformément à l'art. 13 LcAT. 2.10 Les compétences communales pour percevoir la taxe de remplacement prévue à l'art. 8 RQC sont, elles aussi, incontestables. Elles résultent clairement de l' art. 13 al. 2 let . g et h LcAT, qui autorise les communes à percevoir des contributions de remplacement et des taxes. La question de savoir si le montant de la taxe respecte le principe d'équivalence est sans rapport avec les questions de base légale et de compétence. 3. Les recourants invoquent ensuite le principe de la proportionnalité. Ils estiment que le quota de 70 % de résidences principales serait excessif. Un taux de 30 %, tel que pratiqué à Zermatt ou Saas- Fee, serait suffisant. La justification quant aux objectifs poursuivis par le règlement aurait été avancée tardivement, soit dans un rapport du 26 juillet 2007. Les recourants estiment que l'interdiction de vente à des étrangers - déjà concrétisée, notamment, par un règlement du Conseil d'Etat du 21 novembre 2007 - suffirait à atteindre le but recherché; la cour cantonale n'aurait pas démontré le contraire. 3.1 Une réglementation limitant la construction de résidences secondaires constitue une restriction au droit de propriété. Elle n'est BGE 135 I 233 S. 246 admissible que si elle repose sur un intérêt public suffisant et respecte le principe de la proportionnalité ( art. 36 al. 2 et 3 Cst. ). Ce dernier principe exige que les mesures mises en oeuvre soient propres à atteindre le but visé et que celui-ci ne puisse être atteint par une mesure moins contraignante; il doit en outre y avoir un rapport raisonnable entre ce but et les intérêts compromis ( ATF 134 I 221 consid. 3.3 p. 227; ATF 130 I 65 consid. 3.5.1 p. 69; ATF 128 II 292 consid. 5.1 p. 297 et les arrêts cités). 3.2 Dans le cadre d'un contrôle abstrait, le Tribunal fédéral s'impose une certaine retenue eu égard notamment aux principes découlant du fédéralisme et de la proportionnalité. Dans ce contexte, ce qui est décisif, c'est que la norme mise en cause puisse, d'après les principes d'interprétation reconnus, se voir attribuer un sens compatible avec les dispositions du droit supérieur. Pour en juger, il faut notamment tenir compte de la portée de l'atteinte aux droits en cause, de la possibilité d'obtenir ultérieurement, par un contrôle concret de la norme, une protection juridique suffisante, et des circonstances concrètes dans lesquelles ladite norme sera appliquée ( ATF 135 II 243 consid. 2 p. 248; ATF 129 I 12 consid. 3.2 p. 15; ATF 128 I 327 consid. 3.1 p. 334 s. et les arrêts cités). Le Tribunal fédéral n'annule les dispositions attaquées que si elles ne se prêtent à aucune interprétation conforme au droit constitutionnel ou si, en raison des circonstances, leur teneur fait craindre avec une certaine vraisemblance qu'elles soient interprétées de façon contraire à la Constitution ( ATF 134 I 293 consid. 2 p. 295; ATF 130 I 82 consid. 2.1 p. 86; ATF 119 Ia 321 consid. 4 p. 325 s.). Le Tribunal fédéral fait aussi preuve de retenue lorsqu'il s'agit de tenir compte de circonstances locales ou de trancher de pures questions d'appréciation ( ATF 121 I 279 consid. 3d p. 284; ATF 120 Ia 74 consid. 5 p. 79). 3.3 Selon la jurisprudence, les mesures de politique d'aménagement tendant à favoriser la construction de résidences principales et à limiter celle de résidences secondaires sont compatibles avec la garantie de la propriété dans la mesure où elles tendent, conformément aux objectifs et principes fixés aux art. 1 al. 2 let. b et c et 3 LAT, à assurer une occupation rationnelle du territoire, à créer et maintenir les zones d'habitation, à favoriser la vie sociale, économique et culturelle des différentes régions du pays, ainsi qu'à promouvoir une décentralisation judicieuse de l'urbanisation ( ATF 117 Ia 143 consid. 2b; ATF 112 Ia 66 consid. 3b). La prolifération de résidences secondaires dans les régions touristiques produit des effets BGE 135 I 233 S. 247 indésirables du point de vue de l'aménagement du territoire: elle favorise un gaspillage du territoire à bâtir et exerce une pression sur les prix du terrain au détriment de la population locale dont elle entraîne l'exode ( ATF 112 Ia 71 ). Il existe ainsi un intérêt public important à prévenir la construction excessive de résidences secondaires inoccupées pendant la plus grande partie de l'année, évitant du même coup la création d'infrastructures surdimensionnées et sous-utilisées ( ATF 117 Ia 144 /145 consid. 2c). Dans ce cadre, la fixation de contingents de logements de grandes surfaces ou l'obligation de réserver une surface minimum des surfaces brutes de plancher aux résidences principales, constituent des mesures d'aménagement compatibles avec l' art. 26 Cst. ( ATF 117 Ia 141 ). 3.4 Le rapport justificatif du 26 juillet 2007 (dont les recourants se plaignent d'avoir eu tardivement connaissance, sans que cela ne constitue pour autant une violation de leur droit d'être entendus) fait ressortir l'urgence de la situation: selon le plan directeur intercommunal, la forte demande de résidences secondaires menace à moyen terme le tourisme ordinaire. Les habitants à l'année subissent directement ce manque à gagner et ne trouvent par ailleurs plus d'appartements pour se loger à des prix raisonnables. Alors que la population à l'année est de 6000 habitants (dont la moitié d'étrangers), on compte 33'000 lits en résidences secondaires et 2000 en hôtels. Cette urgence a conduit à l'adoption d'une zone réservée au mois de décembre 2005. Le quota de résidences principales est certes élevé, mais il devrait permettre, selon ce rapport, une diminution d'environ 30 % du nombre de nouvelles résidences secondaires et de 18,5 % de la surface habitable construite par année. Le contingentement des résidences secondaires, fixé à 8000 m 2 dès 2009, permettrait la construction obligatoire de 3'430 m 2 au minimum d'hôtels, appartements de location, bureaux, commerces et résidences principales. Les recourants ne contestent pas la pertinence des objectifs poursuivis. Ils se contentent d'affirmer que des mesures tendant à interdire la vente aux étrangers suffiraient à atteindre ces objectifs. Ils ne tentent toutefois nullement de démontrer que l'ensemble des résidences secondaires serait essentiellement destiné à des acheteurs étrangers. Or, une telle démonstration leur incombe, s'agissant d'un grief d'ordre constitutionnel ( art. 106 al. 2 LTF ). Les quotas et contingentements sont au demeurant, comme cela est relevé ci-dessous, BGE 135 I 233 S. 248 largement assortis d'exceptions, de sorte que le grief, d'ordre très général, doit être écarté dans la mesure où il est recevable. 4. Les recourants reprennent ensuite leurs critiques à l'égard des différentes dispositions du RQC. Dans la mesure où ils remettent en cause la compétence communale pour adopter divers aspects de la réglementation contestée, il y a lieu de se référer au consid. 2 ci-dessus. 4.1 Les recourants contestent l'application du RQC au seul "secteur station" (art. 3 RQC) alors que, selon eux, l'ensemble des villages des communes concernées serait touché par l'augmentation du nombre de résidences secondaires. Les recourants se plaignent à ce sujet d'une inégalité de traitement. 4.2 L'on ne saurait toutefois contester que la situation propre à la station de Montana-Crans se distingue de celle des villages situés en aval. C'est en effet dans le secteur station que le déséquilibre entre résidences secondaires et principales est le plus marqué. Ainsi, le rapport justificatif traite essentiellement du problème tel qu'il se présente dans ce secteur particulier. Les quatre objectifs principaux du RQC se rapportent à ce secteur. Les villages et hameaux ne sont que "progressivement" touchés par le phénomène; ils le seront davantage après la limitation des résidences secondaires en station, de sorte que la faculté est réservée aux communes concernées, selon l'art. 290.2 du RIC, d'adopter elles aussi un règlement de contingentement annexé au règlement, limitant la surface brute de plancher des résidences secondaires construites annuellement à 50 % de la moyenne des constructions durant les cinq années précédentes. Le problème des résidences secondaires ne se posant pas, en l'état, avec la même intensité ni la même urgence en station et dans les villages, il apparaît judicieux, et conforme au principe de la proportionnalité, de prévoir une réponse échelonnée et différenciée. 5. Les recourants critiquent la définition de la résidence principale, figurant à l'art. 4 RQC. Selon eux, les notions de domicile civil et fiscal ne coïncideraient pas toujours, ce qui pourrait empêcher l'établissement de personnes sur le territoire communal, en violation de l' art. 24 Cst. Le critère du domicile ne serait pas adéquat dans certaines situations (logements en copropriété ou en usufruit, multi-propriété). Dans la mesure où le but du règlement est d'éviter les logements vides, il devrait également favoriser BGE 135 I 233 S. 249 l'occupation par des personnes successives, sans création de domicile. Le règlement n'éviterait pas la vente ultérieure à des personnes non résidentes, et ne traiterait pas de la question des indigènes qui quittent la commune. 5.1 Selon l' art. 23 al. 1 CC , le domicile d'une personne est au lieu où elle réside avec l'intention de s'y établir. Cette disposition fait dépendre la constitution du domicile de deux conditions: d'une part, la résidence, soit un séjour d'une certaine durée dans un endroit donné et la création en ce lieu de rapports assez étroits et, d'autre part, l'intention de se fixer pour une certaine durée au lieu de sa résidence, intention qui doit être reconnaissable pour les tiers et donc ressortir de circonstances extérieures et objectives. Cette intention implique la volonté manifestée de faire d'un lieu le centre de ses relations personnelles et professionnelles. Le domicile d'une personne se trouve ainsi au lieu avec lequel elle a les relations les plus étroites, compte tenu de l'ensemble des circonstances ( ATF 132 I 29 consid. 4 p. 36). Quant au domicile fiscal, il se trouve à l'endroit où le contribuable a les relations les plus étroites, soit en principe le lieu de résidence de la famille et dans certains cas particuliers le lieu de travail ( ATF 132 I 29 consid. 4.2 p. 36). 5.2 L'une et l'autre de ces définitions correspondent au but du règlement, qui est non seulement de permettre l'occupation des logements construits dans la station, mais aussi d'assurer la résidence durable et effective par des personnes ayant leurs centres d'intérêts dans la région. Les notions de domicile civil et fiscal coïncident le plus souvent. Lorsque tel n'est pas le cas, ou dans les circonstances particulières énoncées par les recourants, il appartiendra à l'autorité de délivrance du permis de construire d'interpréter le règlement dans un sens raisonnable. Les recourants invoquent en vain la liberté d'établissement ( art. 24 Cst. ). La réglementation litigieuse n'empêche ni n'entrave l'établissement (sous la forme d'une prise de domicile ou d'un simple séjour) des personnes physiques sur le territoire des communes concernées, mais pose certaines conditions à la délivrance de permis de construire. L'argument est dès lors sans fondement. 5.3 Les recourants se plaignent aussi d'une inégalité de traitement à propos des logements construits ou transformés avant le 16 décembre 2005, date antérieure à l'homologation du règlement (art. 4 al. 3 RQC). La date en question est celle de l'instauration de la zone BGE 135 I 233 S. 250 réservée par laquelle les autorisations de construire ont été bloquées dans le secteur en cause. La situation de fait avant cette date était dès lors objectivement différente, ce qui justifie un traitement différent en vertu du principe de non-rétroactivité. 5.4 Les recourants soutiennent ensuite que les modalités relatives à la location des appartements, soit le recours à une société professionnelle, violeraient la liberté contractuelle découlant du droit fédéral ainsi que la garantie de la propriété puisqu'elle empêcherait les propriétaires de choisir librement leurs partenaires. L'argument doit être écarté. Le droit public peut en effet interdire, ou au contraire imposer la conclusion de contrats entre certaines personnes, sans que cela ne viole en soi le droit fédéral. La liberté contractuelle, énoncée à l' art. 1 CO , bénéficie certes de la protection assurée par le principe de primauté du droit fédéral ( ATF 102 Ia 533 consid. 10a p. 542). Elle n'est toutefois pas illimitée (cf. art. 19 et 20 CO ) et certaines dérogations à cette liberté peuvent aussi se justifier, notamment dans le domaine du logement ( ATF 113 Ia 126 consid. 8c p. 139). Faute de prétendre que la réglementation attaquée serait contraire aux dispositions spéciales régissant les contrats de mandat ou de bail à loyer, l'argumentation des recourants fondée sur le respect du droit fédéral n'a pas de portée propre par rapport à celle qui est tirée de la garantie de la propriété, respectivement de la liberté économique (cf. ATF 102 Ia 533 consid. 10a p. 542). L'obligation de recourir aux services d'une société professionnelle de location reconnue constitue une atteinte négligeable à la liberté économique, par comparaison avec l'obligation générale d'affectation qui résulte de la réglementation dans son ensemble. Elle a pour but évident d'éviter les abus: la réglementation pourrait facilement être contournée, notamment par la conclusion de baux fictifs ou par la location à des personnes ne résidant pas réellement sur la commune. L'intervention d'une agence sur place constitue un moyen de prévenir de telles manoeuvres et répond ainsi de manière proportionnée à un intérêt public incontestable. Les recourants se plaignent de la délégation à l'autorité exécutive pour l'adoption du règlement d'application, mais ne prétendent pas que les conditions posées à une telle délégation ne seraient pas remplies: la délégation figure dans une loi au sens formel, et son cadre est clairement défini ( ATF 132 I 7 consid. 2.2 p. 9). (...) BGE 135 I 233 S. 251 7. Les recourants estiment, en relation avec l'art. 6 RQC, que le quota de 70 % de résidences principales (al. 1) serait excessif, en comparaison avec les autres communes valaisannes ayant adopté des mesures analogues, mais dont les quotas sont fixés au tiers de la surface brute de plancher. Le quota de 100 % pour les logements individuels (al. 2) empêcherait toute construction de chalets individuels et violerait ainsi la garantie de la propriété. 7.1 Selon la jurisprudence, une réglementation interdisant de manière générale toute construction de résidences secondaires, ainsi que toute rénovation, agrandissement et transformation des résidences secondaires existantes, peut reposer sur un intérêt public. Toutefois, dans la mesure où les dérogations à la règle ne sont qu'exceptionnelles et ne confèrent pas à l'autorité d'application une marge d'appréciation suffisante, une telle réglementation ne respecte pas le principe de la proportionnalité (arrêt 1P.22/1995 du 1 er septembre 1995, in Pra 1996 n° 164 p. 574). En revanche, la fixation d'un pourcentage minimum de surface brute de plancher affecté à la résidence principale apparaît comme un moyen proportionné de lutter contre la multiplication incontrôlée du nombre de résidences secondaires. Des taux de résidences principales fixés à 25 % (avec une surface minimum de 80 m 2 ; ATF 117 Ia 141 ) ou à 35 % (arrêt 1P.586/2004 du 28 juin 2005 consid. 4.2.1, partiellement in RDAF 2007 I p. 573) ont été jugés admissibles (cf. également les exemples cités in: Construction de résidences secondaires: des solutions sur mesure, Raum & Umwelt 2006 p. 3 s), mais également des proportions inverses telles qu'une limitation des résidences secondaires à 30 % (arrêt 1P.415/1998 du 1 er juin 1999, in RDAT 2000 I n° 23 p. 397) voire 20 % (arrêt 1P.404/1997 du 9 novembre 1998, in RDAT 1999 I n° 20 p. 76). Il est également loisible aux autorités locales de prévoir des zones spécialement réservées aux résidences principales. 7.2 Le choix des mesures à adopter et du pourcentage admissible de résidences secondaires dépend avant tout de la gravité de la situation et de l'urgence à y remédier. Il s'agit de choix essentiellement politiques, dépendant des circonstances locales et du développement territorial souhaité, tel qu'il ressort de la planification directrice. En l'occurrence, la proportion de 70 % de résidences principales est certes élevée, mais n'a rien d'exceptionnel. Selon le rapport justificatif, la proportion de résidences secondaires atteignait 63 % de l'ensemble des logements en 2000. Avec 33'000 lits en BGE 135 I 233 S. 252 résidences secondaires et 2000 en hôtels, par rapport à une population de 6000 habitants à l'année, l'équilibre "démographique" serait actuellement fortement perturbé. Selon la simulation des effets du règlement sur le marché de la construction et la démographie, l'introduction des mesures de contingentement et de quotas est censée permettre la création de 1710 m 2 de surface habitable par année pour les habitants à l'année, soit environ pour 50 résidents. La création d'un tel marché parallèle pour les résidences principales constitue le premier résultat recherché; la surface habitable construite totale passera par ailleurs de 14'000 m 2 à 11'400 m 2 , soit une baisse de 18,5 %, compte non tenu des constructions faisant l'objet de plans de quartier. Les recourants ne contestent ni la pertinence des objectifs poursuivis, ni l'adéquation des moyens mis en oeuvre. Ils perdent également de vue que, moyennant paiement de la contribution de remplacement, 40 % supplémentaires de surface brute peuvent être affectés à la résidence secondaire pour les constructions à plusieurs logements (art. 8 al. 1 RQC), ce qui ramène à 30 % la part de résidence principale. Par ailleurs, après une utilisation pendant 10 ans comme résidence principale, l'affectation obligatoire peut être levée moyennant le versement d'une taxe de remplacement dégressive (art. 8 al. 5 RQC). 7.3 S'agissant des logements individuels, non susceptibles d'affectations différenciées, il n'y a d'autre choix que d'imposer une utilisation à 100 % comme résidence principale (cf. arrêt 1P.586/2004 consid. 4.2.1, in ZBl 107/2006 p. 369), sous peine de vider la réglementation de son contenu. Le propriétaire dispose de la possibilité d'obtenir une affectation différente en s'acquittant de la taxe de remplacement (art. 8 al. 2 RQC). Il peut également louer son immeuble aux conditions de l'art. 7 RQC. Il apparaît dès lors que les quotas fixés à l'art. 6 RQC apparaissent à la fois nécessaires et adéquats pour parvenir aux buts recherchés. Le principe de la proportionnalité est ainsi respecté. 8. Les recourants reprochent ensuite à la cour cantonale de ne pas avoir traité leur grief relatif à l'art. 7 RQC, dans lequel ils estimaient que l'obligation de louer était contraire à la garantie de la propriété et à la liberté contractuelle. Il s'agirait d'une mesure empiétant sur le droit civil fédéral. 8.1 Reprenant sans autre leur argumentation, les recourants ne se plaignent pas d'une violation de leur droit d'être entendus. L'arrêt BGE 135 I 233 S. 253 cantonal traite d'ailleurs du grief, en rapport avec l'art. 4 al. 4 RQC, en relevant que les contraintes de location ne sont que "la conséquence des options que le propriétaire aura librement faites au moment où il aura choisi de solliciter un permis de construire". Du point de vue formel du droit d'être entendu, une telle motivation apparaît suffisante. 8.2 Dans les domaines régis en principe par le droit civil fédéral, les cantons - et les communes - conservent la compétence d'édicter des règles de droit public en vertu de l' art. 6 CC , à condition que le législateur fédéral n'ait pas entendu régler une matière de façon exhaustive, que les règles cantonales ou communales soient motivées par un intérêt public pertinent et qu'elles n'éludent pas le droit civil, ni n'en contredisent le sens ou l'esprit ( ATF 130 I 169 consid. 2.1 p. 170; ATF 129 I 330 consid. 3.1 p. 334, ATF 129 I 402 consid. 2 p. 404, et les arrêts cités). S'il leur est interdit d'intervenir dans les rapports directs entre les parties au contrat de bail, réglés exhaustivement par le droit fédéral ( ATF 117 Ia 328 consid. 2b p. 331; ATF 113 Ia 126 consid. 9d p. 143), les cantons demeurent cependant libres d'édicter des mesures destinées à combattre la pénurie sur le marché locatif: les dispositions qui imposent un contrôle des loyers ne sont en principe pas contraires aux règles du droit civil fédéral qui régissent les rapports entre bailleurs et locataires ( ATF 101 Ia 502 ; ATF 89 I 178 ). Il n'est pas non plus contraire au droit fédéral de soumettre à autorisation la transformation ou l'aliénation d'appartements, si la réglementation permet une pesée suffisante des intérêts en présence ( ATF 113 Ia 126 ). La jurisprudence tient aussi pour conformes au droit fédéral et à la Constitution les normes imposant au propriétaire une réaffectation forcée de ses locaux à l'usage d'habitation, l'expropriation temporaire de l'usage des appartements locatifs laissés abusivement vides ou l'obligation de louer des logements subventionnés à certains locataires ( ATF 131 I 333 ; ATF 119 Ia 348 ; arrêt 1P.664/1999 du 1 er septembre 2000, in RDAF 2002 I p. 25). Ces normes poursuivent un but d'intérêt public évident, suffisamment important pour justifier des restrictions au droit de propriété, à la liberté économique et à l'application de certaines règles de droit civil fédéral ( ATF 131 I 333 consid. 2; ATF 116 Ia 401 consid. 9 p. 414/415; ATF 113 Ia 126 consid. 7a p. 133; ATF 111 Ia 23 consid. 3a p. 26). 8.3 En l'espèce, la réglementation attaquée repose sur un intérêt public suffisant tenant d'une part à une utilisation rationnelle et mesurée du territoire communal, et d'autre part à une offre suffisante de BGE 135 I 233 S. 254 logements pour les personnes résidant effectivement sur place. Le règlement n'instaure d'ailleurs pas une location forcée des résidences principales, mais prévoit une possibilité supplémentaire de réaliser de telles résidences lorsque le propriétaire n'entend pas résider lui-même sur place. Cette possibilité découle directement de l'affectation obligatoire posée à l'art. 6 RQC, en soi conforme au droit supérieur. Le contrôle des loyers repose lui aussi sur un intérêt public suffisant. Il constitue également la contrepartie à une dérogation accordée au propriétaire. Il n'y a dès lors pas de violation de la garantie de la propriété ou de la liberté économique. 9. Les recourants estiment que la taxe de remplacement prévue à l'art. 8 RQC constituerait un impôt d'orientation, dès lors qu'elle a pour but d'influencer le comportement des propriétaires concernés, que son taux est élevé et qu'il n'y a pas de contre-prestation équivalente de la part de l'Etat. Les communes auraient invoqué cette composante incitative dans leur justification. La taxe n'aurait pas d'effet dissuasif pour les acheteurs à forte capacité financière et pénaliserait les acheteurs Suisse ou domiciliés en Suisse. Une telle taxe ne pourrait se fonder sur l' art. 13 al. 2 let . g LcAT puisque son but est précisément de permettre la réalisation de résidences secondaires, contrairement à l'objectif poursuivi par le règlement. Elle serait, pour la même raison, incompatible avec les exigences de l' art. 1 al. 1 LAT . Les recourants critiquent également le montant de la taxe, et relèvent que celle-ci n'est pas intégralement affectée à la construction de résidences principales, mais aussi à la réalisation d'hôtels, favorisant ainsi une activité économique. Ils considèrent que le principe d'égalité devant l'impôt ( art. 127 al. 2 Cst. ) ne serait pas respecté, car le propriétaire séjournant dans une résidence secondaire se trouverait dans une situation comparable à celui qui loge en hôtel ou en location. 9.1 La taxe de remplacement apparaît en premier lieu comme la somme due non pas par l'ensemble des propriétaires de résidences secondaires, mais par ceux qui, en dérogation à la nouvelle réglementation, désirent réduire la part de résidence principale. Il s'agit bien d'une taxe compensatoire, soit une taxe causale, libérant celui qui la verse de l'obligation de fournir une prestation de nature primaire (arrêt 1P. 586/2004 du 28 juin 2005 consid. 4, in ZBl 107/2006 p. 369). L'exigence de légalité applicable à cet égard est en l'occurrence manifestement satisfaite puisque l'obligation primaire figure dans une loi formelle (consid. 2.7), de même que le cercle des BGE 135 I 233 S. 255 débiteurs de la taxe, son objet et son montant. Les recourants se contentent de prétendre que le montant de la taxe serait trop élevé, mais ils ne tentent pas de démontrer que le principe d'équivalence s'en trouverait violé. Cela n'est d'ailleurs pas déterminant, dans la mesure où la taxe est expressément prévue dans une base légale formelle (arrêt 1P.586/ 2004 précité consid. 4.1 in fine). 9.2 Compte tenu de la nature et du but de la taxe, celle-ci ne saurait concerner que les propriétaires désireux d'augmenter la part de résidence secondaire. L'argument tiré de l' art. 127 al. 2 Cst. tombe par conséquent à faux. La possibilité de remplacer l'affectation obligatoire par le versement d'une taxe est censée amoindrir la rigueur du système, conformément notamment au principe de la proportionnalité. On ne saurait pour autant considérer que la taxe de remplacement serait incompatible avec les exigences de l' art. 1 al. 1 LAT ou avec les buts de la réglementation elle-même. De même, s'il est certes vrai que la taxe, dans la mesure où elle poursuit dans une certaine mesure un but incitatif reconnu par les communes intimées, sera de peu d'efficacité pour les propriétaires les plus fortunés, cela ne permet pas de remettre en cause l'efficacité des mesures prévues par le RQC dans son ensemble. Pour les constructions à plusieurs logements, il existe un taux incompressible de 30 % de résidences principales. Par ailleurs, le système des contingentements demeure applicable et permet aux communes de gérer à long terme la demande de résidences secondaires. Les griefs dirigés contre la taxe de remplacement apparaissent ainsi sans fondement. (...) 15. Les recourants critiquent enfin les dispositions transitoires figurant à l'art. 23 RQC. L'application du règlement pour les périodes précédant son approbation par le Conseil d'Etat (soit pour l'année 2006 et la période des zones réservées, dès le 16 décembre 2005), constituerait un effet anticipé positif qui ne serait pas prévu par le droit cantonal et violerait l' art. 26 Cst. pour tous les propriétaires en créant des inégalités choquantes. L' art. 27 al. 1 LAT ne serait pas applicable puisque le RQC n'instituerait pas des mesures d'aménagement. 15.1 Le règlement attaqué a été homologué par le Conseil d'Etat le 19 décembre 2007. Toutefois, les mesures de contingentement doivent déjà s'appliquer pour l'année 2006 (10'000 m 2 au total selon BGE 135 I 233 S. 256 l'art. 10 al. 1 RQC). Par ailleurs, selon l'art. 23 al. 3 RQC, les projets autorisés durant la période de réserve - soit dès le 16 décembre 2005 - avec une part de résidence principale et/ou le versement d'une taxe compensatoire, sont également soumis au RQC. Le conseil communal rend une décision d'adaptation au RQC. 15.2 Il est douteux que les recourants aient qualité pour soulever un tel grief. En effet, dans la mesure où la disposition litigieuse est déjà censée avoir déployé ses effets contestés - application du nouveau droit aux demandes déposées avant l'entrée en vigueur du RQC -, les recourants devraient être à même d'indiquer en quoi ils sont touchés directement. Dans un tel cas, l'intérêt actuel et digne de protection se substitue à l'intérêt virtuel. Or, comme le relève la cour cantonale, les recourants ne prétendent pas que l'application du RQC aux autorisations obtenues durant la période des zones réservées viendrait péjorer la situation juridique des propriétaires concernés. Ils n'allèguent pas, en particulier, que le contingentement fixé dans le RQC pour 2006 aurait pour effet la révocation de certaines autorisations accordées à tort. Les recourants ne se plaignent pas non plus de décisions d'adaptations qui auraient été prises par le conseil communal. 15.3 Au demeurant, la disposition litigieuse ne crée pas d'effet anticipé: les restrictions aux permis de construire antérieurement à l'adoption du RQC découlent de la mesure de blocage instituée en décembre 2005. Quant à l'application rétroactive du règlement aux faits antérieurs à son entrée en vigueur, elle repose sur une base légale et un intérêt public suffisant. Elle est limitée dans le temps et vise à assurer une pratique uniforme. Les recourants n'expliquent pas en quoi elle porterait atteinte à des droits acquis. Pour le surplus, les logements existants avant le 16 décembre 2005 et les demandes d'autorisation complètes et conformes déposées avant cette date sont soustraits à la réglementation selon l'art. 4 al. 3 RQC, conformément à l'interdiction générale de la rétroactivité.
public_law
nan
fr
2,009
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e974203e-f44d-420f-a704-d2b9b88130d2
Urteilskopf 82 II 274 40. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Juli 1956 i.S. X. gegen Vormundschaftsbehörde Bern.
Regeste 1. Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche ( Art. 369 ZGB ). Tat- und Rechtsfrage (Erw. 1 und 2). Ist wirtschaftliche Fürsorge geboten für einen in vorgerücktem Alter stehenden Studenten, der nur zeitweiligen Arbeitsverdienst hat? Das ist zu verneinen, wenn der Mann bescheiden lebt und sich durchbringt, ohne Andern zur Last zu fallen (Erw. 3). 2. Entmündigung wegen Misswirtschaft ( Art. 370 ZGB ). Bedeutung der Erwerbsverhältnisse (Erw. 4). 3. Kostenauflage im Entmündigungsverfahren: Für die kantonalen Instanzen gelten die kantonalen Kostenbestimmungen (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 275 BGE 82 II 274 S. 275 A.- Der am 7. Juli 1917 geborene X. bestand im Jahre 1938 die Maturität und wandte sich dann dem Studium der evangelischen Theologie zu. Nach zehnjährigem Besuch der Universitäten Bern, Basel und Zürich misslang ihm jedoch im Jahre 1948 das Staatsexamen. Anscheinend fehlte nur ein halber Punkt zum Minimalergebnis; der abgewiesene Kandidat führte sein Missgeschick darauf zurück, dass ihm einzelne Mitglieder der Prüfungskommission, besonders deren Präsident, übel gesinnt gewesen seien. Seither stellte er sich zu keiner Prüfung mehr; er hat jedoch die Absicht nicht aufgegeben, es einmal nach Ausscheiden des Kommissionspräsidenten noch zu tun. Er betrieb sein Studium weiter, ohne in den letzten Jahren an einer Universität immatrikuliert gewesen zu sein, und befasste sich mit einer Prüfungsarbeit, die nach dem nun geltenden Prüfungsreglement nicht mehr verlangt wird. BGE 82 II 274 S. 276 B.- Zusammen mit seinen Geschwistern ist X. an einem Wohnhaus und an einem Chalet beteiligt. Sein Vermögen hat einen Wert von etwa Fr. 22'000.--; die jährlichen Erträgnisse betragen Fr. 550.--. Da er keiner regelmässigen Erwerbstätigkeit nachging, musste er trotz grosser Sparsamkeit das ererbte Vermögen angreifen. C.- Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern stellte am 16. Juni 1954 beim Regierungsstatthalter den Antrag auf Entmündigung des X. wegen Misswirtschaft ( Art. 370 ZGB ) und Geisteskrankheit ( Art. 369 ZGB ). Da sich der Gesuchsgegner widersetzte, wurden die Akten dem Amtsgericht Bern überwiesen. Auf dessen Anordnung erging eine psychiatrische Begutachtung, deren Ergebnis im Gutachten der Heil- und Pflegeanstalt Waldau vom 22. Oktober 1954 in folgender Weise zusammengefasst ist: "a) Eine Geisteskrankheit lässt sich bei X. nicht nachweisen, hingegen besteht zweifelsohne eine Geistesschwäche im Sinne einer schweren schizoiden Psychopathie mit neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen. b) Der Explorand vermag aber trotzdem, mindestens vorläufig, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen und bedarf zu seinem Schutze weder des Beistandes, noch der Fürsorge. Er ist einvernahmefähig und kann sich eine Vorstellung über Wesen und Wirkung einer Vormundschaft machen. c) Eine mildere Form vormundschaftlicher Massnahmen kommt wegen der Uneinsichtigkeit und Eigenwilligkeit des Exploranden ohnehin nicht in Frage." Die antragstellende Behörde hielt nach wie vor eine Entmündigung für notwendig. Sie erklärte, die Lebenshaltung des Gesuchsgegners müsse als krankhaft und unsinnig bezeichnet werden. "Er vertrölt Jahr um Jahr, bis sein Vermögen aufgebraucht ist. Der Sinn vormundschaftlicher Massnahmen muss doch wohl der sein, einem solchen sinnlosen Verhalten Einhalt zu gebieten, bevor der letzte Franken aufgebraucht ist -". Indessen stellte der Gerichtspräsident das Verfahren vorläufig auf unbestimmte Zeit ein, "um dem Gesuchsgegner die Chance zu geben, zu zeigen, ob er sich endlich im Erwerbsleben durchzusetzen vermöge und sich einen Erwerb verschaffen könne". BGE 82 II 274 S. 277 Hierauf konnte X. stellvertretungsweise vom 12. April bis 10. September 1955 die Oberklasse (8. und 9. Schuljahr) einer Primarschule führen. In dem ihm von der Primarschulkommission ausgestellten Zeugnis heisst es, er habe die schwierige Klasse mit sehr viel Eifer und grossem Fleisse betreut und verdiene dafür Dank und Anerkennung. D.- Mit Entscheid vom 4. Februar 1956 lehnte das Amtsgericht von Bern den Entmündigungsantrag ab. Es erklärte, jedenfalls zur Zeit sei der Gesuchsgegner nicht im Sinne von Art. 369 ZGB fürsorgebedürftig, und wies auf die erwähnte und zwei kürzere Lehrer-Stellvertretungen hin. Infolgedessen sei das Vermögen temporär unberührt geblieben, und der Gesuchsgegner sei auch niemandem zur Last gefallen. Seine sparsame Lebensweise verdiene Anerkennung. Er werde sich wohl auch in Zukunft allein durchschlagen können. "Er will zwar nicht Lehrer werden, sondern hofft immer noch, das theologische Staatsexamen bestehen zu können. Diese an sich eigenartige Idee gibt indessen heute noch keinen Grund zur Entmündigung ab." Auch Misswirtschaft liege nicht vor. E.- Auf Appellation der Vormundschaftsbehörde sprach der Appellationshof des Kantons Bern am 13. März 1956 die Entmündigung in Anwendung von Art. 369 ZGB aus. Der Appellationshof hatte einen Bericht des Schulinspektors des 6. Kreises eingeholt. Nach dessen Ausführungen hatte der Gesuchsgegner mit seiner Klasse erhebliche Schwierigkeiten. Es fehle ihm nach den Beobachtungen des Inspektors an Lehrbegabung, auch gehe ihm die Fähigkeit ab, eine Schulklasse dauernd in der Hand zu behalten. Es sei unwahrscheinlich, dass der Gesuchsgegner das bernische Primarlehrerpatent erwerben könnte, was Voraussetzung für eine endgültige Anstellung an einer bernischen Primarschule wäre. In seinem Entscheide geht der Appellationshof vom Sachverständigenbefunde aus, wonach "die biologischen Voraussetzungen" einer Entmündigung. nach Art. 369 BGE 82 II 274 S. 278 ZGB fraglos gegeben seien. In der vom Experten verneinten Frage der Fürsorgebedürftigkeit weicht der Entscheid vom Gutachten ab. Er erklärt, der nun 39-jährige Gesuchsgegner sollte sein Studium längst beendigt haben und imstande sein, sich im Lebenskampfe selbständig zu behaupten. Statt dessen setze er angeblich die Examenvorbereitungen fort, obwohl er nach Meinung mehrerer Theologen selbst nach bestandener Abschlussprüfung nicht in der Lage wäre, ein Pfarramt zu übernehmen, was angesichts seiner Psychopathie einleuchte. Bisher habe er sich denn auch nicht im zukünftigen Berufe betätigt. Als Lehrer, was er nach seinen Angaben gar nicht werden wolle, hätte er schlechte Aussichten. Nachdem der Lehrermangel behoben sein werde, könne er wegen der bisherigen Erfahrungen kaum mehr Stellvertretungen erhalten. Zwar beurteile er nach Feststellung des Psychiaters die Lage objektiv; er unterlasse es aber, die sich aufdrängenden Konsequenzen zu ziehen. Unter diesen Umständen müsse ihm die Fähigkeit abgesprochen werden, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Denn eigene Angelegenheit sei auch "die in einem vernünftigen Mindestmass verstandene Sorge um die Gesundheit, Pflege und Heilung, sowie das Erlernen eines den persönlichen Eigenschaften Rechnung tragenden Berufes." Er müsse "von der verbohrten und hoffnungslosen Absicht, nach 18 Jahren praktisch erfolglosen Studiums weiter Theologie zu studieren, weggebracht und einem praktischen Berufe zugeführt werden", wobei er noch viele Wahlmöglichkeiten besitze. Bei seiner Einsichtslosigkeit lasse sich dies nur durch eine Entmündigung erzielen. Sollte er später einen praktischen Beruf ergreifen und einer geordneten Tätigkeit nachgehen, so werde trotz seiner Geistesschwäche die Aufhebung der Vormundschaft erwogen werden können. - Wäre vom medizinischen Standpunkt aus eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche nicht angenommen worden, so müsste der Gesuchsgegner nach Art. 370 ZGB wegen Misswirtschaft entmündigt werden. Diese läge in der Unfähigkeit des BGE 82 II 274 S. 279 Gesuchsgegners begründet, seine Erwerbsverhältnisse ordnungsgemäss zu gestalten ( BGE 54 II 353 ). F.- Gegen diesen Entscheid hat X. Berufung an das Bundesgericht eingelegt, da die Voraussetzungen für eine Entmündigung nach Art. 369, eventuell 370 ZGB nicht gegeben seien. Die Vormundschaftskommission der Stadt Bern trägt auf Abweisung der Berufung an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Geisteskrankheit und Geistesschwäche wie auch ein dem landläufigen Begriff dieser Anomalien nicht entsprechender, aber um seiner Auswirkungen willen analog zu beachtender Geisteszustand (vgl. BGE 62 II 264 ) sind tatsächliche Gegebenheiten. Deren Feststellung durch die kantonalen Behörden ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Die hierüber im angefochtenen Urteil enthaltenen Feststellungen stützen sich auf ein gemäss Art. 374 Abs. 2 ZGB eingeholtes Gutachten Sachverständiger. Der einvernahmefähige Gesuchsgegner ist ebenfalls persönlich zu Gehör gekommen. Der Appellationshof hat die in den Akten enthaltenen Einvernahmeprotokolle des erstinstanzlichen Verfahrens eingesehen. Dass er von einer nochmaligen Einvernahme in oberer Instanz absah, verstösst gegen keine Vorschriften des Bundesrechtes. 2. In welcher Weise sich die beim Gesuchsgegner festgestellte schizoide Psychopathie auf sein Denken, Wollen und Handeln äussert, ist dann aber nicht mehr reine Tatfrage. Innere Vorgänge lassen sich nur in beschränktem Masse als Tatsachen feststellen, und auch Handlungen und Unterlassungen sind im wahren Sinne feststellbar nur, soweit sie in der Vergangenheit liegen oder sich gerade jetzt ereignen. Ob eine mit geistigen Mängeln im Sinne von Art. 369 ZGB behaftete Person zu ihrem Schutz oder um der Sicherheit Anderer willen BGE 82 II 274 S. 280 bevormundet werden müsse, ist im wesentlichen eine Frage der rechtlichen Würdigung der Tatsachen, also der Rechtsanwendung. Der Appellationshof urteilte im Rahmen seiner richterlichen Befugnis, wenn er in dieser Hinsicht die vom Gutachter geäusserten Ansichten nicht übernahm, sondern kritisch würdigte und im Ergebnis davon abwich. In der Beurteilung der Fürsorgebedürftigkeit des Gesuchsgegners - für eine Gefährdung der Sicherheit Anderer liegt nichts vor - ist das Bundesgericht seinerseits frei. 3. Geistige Mängel, die den Gesuchsgegner nach ihren offenkundigen Auswirkungen und nach allgemeiner Erfahrung ohne weiteres einer Bevormundung bedürftig machen würden, liegen nach den auf das Gutachten gestützten Feststellungen nicht vor. Er ist laut S. 18 des Gutachtens, wovon auch der Appellationshof ausgeht, ein normal intelligenter, schwer schizoider Psychopath mit einigen neurotischen Überlagerungen und reaktiven Störungen. Für eine paranoide Schizophrenie finden sich nur unschlüssige Anhaltspunkte. Der psychischen Abwegigkeit des Gesuchsgegners ist es nach der vom angefochtenen Urteil übernommenen Ansicht des Gutachters nun allerdings zuzuschreiben, "dass er mit den Aufgaben des Lebens nicht zurechtkommt" und seit dem missglückten Staatsexamen "keinerlei geordnete Tätigkeit mehr übernommen hat". Indessen wird anderseits seine grosse Sparsamkeit hervorgehoben, sodass es ihm voraussichtlich noch während einer Reihe von Jahren möglich sein werde, seinen Lebensunterhalt selber zu bestreiten. "Verwahrlost ist er nicht und wird es voraussichtlich auch in Zukunft nicht. Er führt wohl ein eigenartiges Leben und geht mit seinen Zielsetzungen von wirklichkeitsfremden Gedankengängen aus, aber er stösst mit seinem schrulligen Sonderlingsdasein eigentlich nirgends an, erregt kein Ärgernis und kommt allen seinen Verpflichtungen nach". Das Gutachten zieht auch die - in der Zwischenzeit weitgehend verwirklichte - Absicht des Gesuchsgegners in Betracht, vorübergehend eine Tätigkeit als Stellvertreter im Lehramt oder als BGE 82 II 274 S. 281 Hilfskraft auf einem Bureau zu übernehmen, um damit seine finanzielle Lage wieder etwas zu verbessern. Wenn der Appellationshof dennoch eine Entmündigung für notwendig hält, so sind dafür einzig Gründe der wirtschaftlichen Fürsorge massgebend. Denn in anderer Hinsicht hat sich der Gesuchsgegner bisher nicht als vormundschaftlicher Fürsorge bedürftig erwiesen. Was nun aber seine wirtschaftliche Lage betrifft, kann bei den gegenwärtigen Verhältnissen nicht von einer nahen Gefahr eines Notstandes gesprochen werden. Nachdem der Gesuchsgegner, freilich erst unter dem Druck des Entmündigungsverfahrens, sich ernstlich und mit beträchtlichem Erfolg um kürzere und längere Stellvertretungen im Lehramte bemüht hat, sodass sein Einkommen im Jahre 1955 anscheinend den bescheidenen Lebensaufwand aufzuwiegen vermochte (jedenfalls ist etwas Abweichendes nicht festgestellt), besteht zur Zeit kein genügender Grund zur Entmündigung, um auf die beruflichen Entschliessungen des Gesuchsgegners einzuwirken, d.h. ihn einem "praktischen Berufe" zuzuführen. Ob er sein Auskommen durch Wirksamkeit im Lehramt werde finden können, ist allerdings fraglich. Es darf aber nicht ohne weiteres angenommen werden, er finde als gebildeter Mann keine andern Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Bleibt er bei seinen geringen Ansprüchen an den Lebensaufwand, so genügt es zur Abwendung von Not, wenn er sich die für diesen Aufwand erforderlichen Mittel zu beschaffen vermag. Es darf ihm das Vertrauen geschenkt werden, er werde den auf die Vorhalte des erstinstanzlichen Gerichtes hin bewiesenen guten Willen auch weiterhin bewahren und in die Tat umsetzen. Dabei steht ihm anheim, sich vorderhand als Werkstudenten zu betrachten und die für den Erwerb nicht benötigte Zeit auf die Vollendung seines Studiums zu verwenden. Der Umstand, dass er wegen seines Misserfolges im Jahre 1948 immer noch gegen einzelne Mitglieder der Prüfungskommission vorzugehen beabsichtigt und die Ablegung der Schlussprüfung verschieben BGE 82 II 274 S. 282 will, bis diese Kommission anders zusammengesetzt sein wird, erweckt allerdings gewisse Zweifel an seiner Lebenstüchtigkeit und an seiner Einsicht in die Wirklichkeit. Allein, selbst wenn man die vom Appellationshofe geteilten Bedenken theologischer Kreise gegenüber der Fähigkeit des Gesuchsgegners, ein Pfarramt auszuüben, für begründet hält, bleiben doch wohl andere Möglichkeiten theologischer Wirksamkeit, vorausgesetzt dass der von ihm erhoffte Studienabschluss sich noch erzielen lässt. Er hat vor, sich namentlich in der Jugendseelsorge zu betätigen, wofür er eine besondere Neigung verspürt. Jedenfalls hat er eine Lebensaufgabe vor Augen, die anscheinend seinen Anlagen entspricht, und wenn er es nicht um dieses immerhin unsichern Zieles willen vernachlässigt, sich um ein für seine Bedürfnisse genügendes Einkommen zu bemühen, besteht kein Grund zu vormundschaftlichen Massnahmen. Dass er so anspruchslos lebt, rechtfertigt an und für sich kein behördliches Einschreiten, da er, wie festgestellt wurde, nicht verwahrlost ist und auch seine Gesundheit nicht gefährdet. Vermag er sich bei dem ihm genügenden Lebensaufwande aus eigenen Mitteln zu erhalten, so ist staatlicher Zwang nicht am Platze, um ihn einem "praktischen" Berufe zuzuführen, nur damit er auf grösseren Verdienst komme. Es darf ihm nicht verwehrt werden, einen "idealen" Beruf anzustreben, der seinen Anlagen entspricht, auch wenn diese Tätigkeit wenig einträglich sein mag, sofern nur vermieden wird, dass sich der Gesuchsgegner einer Notlage aussetzt und trotz Arbeitsfähigkeit Andern zur Last fällt. 4. Besteht nach dem Gesagten kein zureichender Grund, den Gesuchsgegner als vormundschaftlicher Fürsorge im Sinne von Art. 369 ZGB bedürftig zu erachten, so ist auch eine Entmündigung nach Art. 370 ZGB nicht gerechtfertigt. Misswirtschaft kann ihm nicht vorgehalten werden, da sein Vermögen sicher und ertragreich angelegt ist und anscheinend in gehöriger Weise verwaltet wird. Aber auch unsolide Erwerbsverhältnisse, die eine Entmündigung BGE 82 II 274 S. 283 nötig machen würden ( BGE 54 II 353 ), liegen, wie ausgeführt, nicht vor angesichts der bescheidenen Lebenshaltung des Gesuchsgegners und der von ihm seit Einleitung des Entmündigungsverfahrens unternommenen Anstrengungen zur Erreichung eines dem Aufwand entsprechenden Arbeitsverdienstes. 5. Dem Appellationshof muss überlassen bleiben, dem Gesuchsgegner trotz Gutheissung seiner Berufung die Kosten der kantonalen Instanzen gemäss Art. 37 des bernischen EG zum ZGB aufzuerlegen. Es wird darüber eine neue Entscheidung zu ergehen haben, wobei es Ermessensfrage sein wird, bei der Bestimmung der Gebühren, sofern nicht bloss die Auslagen in Rechnung gestellt werden, den Ausgang der Sache zu berücksichtigen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, III. Zivilkammer, vom 13. März 1956 aufgehoben und die Entmündigungsklage abgewiesen.
public_law
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e974dba4-2fa2-40c9-a270-125b4f63d1a8
Urteilskopf 123 II 481 50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September 1997 i.S. M. gegen Kanton Zürich und Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 44 LFG und Art. 5 EntG in Verbindung mit Art. 667 Abs. 1 ZGB sowie Art. 679 ZGB und 684 ZGB; Entschädigungsbegehren für die Auswirkungen der Flughafenplanung (Lärm- und Sicherheitszone) sowie für die Immissionen aus dem Flugbetrieb. Tatsächliche und rechtliche Situation der Objekt des Entschädigungsbegehrens bildenden Grundstücke infolge der Flughafenplanung und des Flugbetriebs (E. 5). Der Einbezug der noch nicht überbauten, der Gewerbezone zugewiesenen Grundstücke in die Lärmzone B hat zu keiner materiellen Enteignung geführt (E. 6). Entschädigung für formelle Enteignung? Kein Entschädigungsanspruch für eine Unterdrückung nachbarlicher Abwehrrechte gemäss Art. 679 und 684 ZGB , da zwar die Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit (E. 7b) und der Spezialität (E. 7c) der Lärmimmissionen aus dem Flugverkehr gegeben sind, es jedoch an der Schwere des Schadens fehlt (E. 7d). Durch den Überflug der Grundstücke in einer Höhe von rund 600 m wird nicht in schützenswerte Interessen des Grundeigentümers an der Freihaltung des Luftraumes im Sinne von Art. 667 Abs. 1 ZGB eingegriffen (E. 8). Die durch die Flughafenplanung bedingte faktische Bausperre von drei bis vier Jahren vermag keinen Entschädigungsanspruch zu begründen (E. 9). Auch bei Gesamtbetrachtung aller Einwirkungen kann dem Entschädigungsbegehren nicht stattgegeben werden, da die fraglichen Grundstücke überbaubar bleiben und einer wirtschaftlich vernünftigen Nutzung zugeführt werden können (E. 10).
Sachverhalt ab Seite 483 BGE 123 II 481 S. 483 M. erwarb in den Jahren 1957 und 1959 drei benachbarte, insgesamt rund 25'500 m2 umfassende Grundstücke im Sandrain, im Ortsteil Oberhasli der Gemeinde Niederhasli. Die damals wie heute noch landwirtschaftlich bewirtschafteten Parzellen sind - abgesehen von einer seit längerer Zeit leerstehenden Lagerhalle - unüberbaut. Sie liegen ungefähr in der Abflugachse der Westpiste des Flughafens Zürich-Kloten, rund 3 km vom Pistenende entfernt. Durch den Zonenplan der Gemeinde Niederhasli vom 17. November 1966 wurden die Grundstücke von M. der Wohnzone W 2 zugeteilt und behielten diese Nutzungsmöglichkeit bis in die achtziger Jahre. Im Zusammenhang mit der Sicherheits- und der Lärmzonenplanung für den Flughafen Zürich-Kloten unterzog die Gemeinde Niederhasli auch die Ortsplanung einer Überprüfung. Nach dem revidierten Zonenplan vom 27. Juli 1984 gehören die Grundstücke von M. nunmehr zur Gewerbezone in landschaftlich empfindlichem Gebiet. Mit Beschluss vom 10. Juni 1980 leitete der Gemeinderat Niederhasli im übrigen das amtliche Quartierplanverfahren "Rietwiese" ein, das den grösseren Teil der Grundstücke von M. miteinbezog. M. focht diesen Beschluss erfolglos an. Der Quartierplan "Rietwiese" wurde am 24. Mai 1988 von der Gemeinde festgesetzt, musste aber auf Rekurse hin erneut überarbeitet werden. Am 25. September 1990 entschied der Gemeinderat Niederhasli, die amtlichen Quartierplanverfahren "Rietwiese" und "Frohsinn" zusammenzulegen. Das vereinigte Quartierplanverfahren, das alle drei hier interessierenden Grundstücke erfasst, ist noch nicht abgeschlossen. Die für den Flughafen Zürich erarbeiteten Sicherheitszonenpläne wurden im Jahre 1978 öffentlich aufgelegt. Diese wiesen das Gebiet der Gemeinde Niederhasli der Zone I zu, in welcher die Errichtung BGE 123 II 481 S. 484 oder Erweiterung von Bauten oder anderen festen Objekten, welche die in den Plänen angegebenen Begrenzungskoten überragen, untersagt ist. Auf den Grundstücken von M. wurde damit eine Maximalhöhe von Bauten und Anlagen von 21 bis 38 Metern festgesetzt. Die Sicherheitszonenpläne sind nach Abweisung der gegen sie erhobenen Einsprachen mit der Veröffentlichung im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 30. September 1983 verbindlich geworden. Die Lärmzonenpläne für den Flughafen Zürich wurden in den betroffenen Gemeinden erstmals im Jahre 1978 zusammen mit den Sicherheitszonenplänen aufgelegt. Da sich jedoch in der Folge der Zürcher Kantonsrat gegen eine Verlängerung der Flughafenpisten aussprach, mussten die Lärmzonenpläne vollständig überarbeitet werden. Die neuen Pläne wurden am 1. September 1982 publiziert. M. erhob gegen die Zuweisung des Gebietes Sandrain zur Lärmzone B Einsprache und verlangte die Umteilung in die Lärmzone C. Dieses Begehren wurde vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement am 16. September 1985 abgewiesen. Die Lärmzonenpläne erlangten am 28. August 1987 Rechtskraft. M. wandte sich erstmals am 8. Juli 1983 - also nach Abweisung seiner gegen den Sicherheitszonenplan gerichteten Einsprache - an den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 10, und stellte gestützt auf Art. 42 Abs. 1 lit. a und Art. 44 des Bundesgesetzes über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0) ein Gesuch um Durchführung eines Schätzungsverfahrens wegen materieller Enteignung. Nach Vornahme eines Augenscheines und Durchführung einer Schätzungsverhandlung wies die Schätzungskommission das Entschädigungsbegehren am 26. November 1984 ab. Die von M. gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 29. Mai 1986 (E.6/1985) ebenfalls ab. Es führte hiezu aus, dass der Sicherheitszonenplan allein mit keiner materiellen Enteignung verbunden sei, da er die Nutzungsmöglichkeiten, die dem Grundeigentümer gemäss kommunalem Zonenplan zustünden, nicht beschränke. Es bleibe dem Beschwerdeführer jedoch unbenommen, im Anschluss an das Verbindlichwerden des Lärmzonenplanes ein Gesuch um Entschädigung für die durch die Flughafenplanung verursachten Eingriffe in ihrer Gesamtheit zu stellen. Nach Abweisung der Einsprache gegen den überarbeiteten Lärmzonenplan gelangte M. erneut an die Eidgenössische Schätzungskommission und ersuchte um Entschädigung für die Eigentumsbeschränkungen, BGE 123 II 481 S. 485 die er durch den Lärmzonenplan in Verbindung mit dem Sicherheitszonenplan sowie durch weitere auf die Flughafenplanung zurückzuführende kantonale und kommunale Massnahmen erlitten habe. Der Kanton Zürich erklärte sich mit der Eröffnung eines Verfahrens einverstanden, stellte jedoch den Antrag, das Verfahren zu sistieren bzw. auf das Entschädigungsbegehren zur Zeit nicht einzutreten, weil der Lärmzonenplan noch nicht verbindlich sei. Neben dem an die Eidgenössische Schätzungskommission gerichteten Begehren um Durchführung des Schätzungsverfahrens verlangte M. vom Gemeinderat Niederhasli, dass ein kantonalrechtliches Verfahren zur Festsetzung der Enteignungs- und Heimschlagsentschädigung infolge Umzonung seiner Grundstücke eingeleitet werde. Dieses Gesuch um Verfahrenseröffnung wurde auf die Weigerung des Gemeinderates hin schliesslich vom Verwaltungsgericht des Kantons Zürich gutgeheissen. Das kantonalrechtliche Schätzungsverfahren wurde in der Folge eingeleitet, von der Schätzungskommission des I. Kreises jedoch am 30. Juni 1995 bis zum Abschluss des bundesrechtlichen Entschädigungsverfahrens eingestellt. Im bundesrechtlichen Verfahren wies die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10, das am 7. März 1986 angemeldete Entschädigungsbegehren von M. mit Urteil vom 26. Oktober 1990 ab. Gegen diesen Entscheid hat M. Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, welche nach Durchführung eines Augenscheins und Beizug eines Berichts der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) abgewiesen worden ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Die hier interessierenden Grundstücke können nach Erlass der Sicherheits- und Lärmzonenpläne für den Flughafen Zürich von Bundesrechts wegen nur noch mit Gebäuden mit einer Maximalhöhe von 21 bis 38 Metern überbaut werden, wobei - neben Flughafen- und militärischen Anlagen - einzig Industrie- und Gewerbebauten, Geschäfts- und Bürohäuser mit Schallschutz sowie Abwartswohnungen mit Schallschutz zugelassen werden können (vgl. Art. 62 Abs. 1 der Verordnung über die Luftfahrt vom 14. November 1973 [LFV; SR 748.01] in der Fassung vom 5. März 1984 [AS 1984 S. 318]; heute ersetzt durch Art. 42 Abs. 1 der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt vom 23. November 1994 [VIL; SR 748.131.1] ). Bei der Revision der kommunalen Nutzungsplanung, BGE 123 II 481 S. 486 die unbestrittenermassen durch die Flughafenplanung beeinflusst wurde, sind die Parzellen als "Gewerbezone in landschaftlich empfindlichem Gebiet" ausgeschieden worden. In dieser gelten eine Baumassenziffer (m3/m2) von maximal 4 sowie eine Überbauungs- ziffer von maximal 60% und darf die Bauhöhe 13,5 m nicht überschreiten. In Zonen mit landschaftlich empfindlicher Lage ist eine Freiflächenziffer von 5% einzuhalten. Allgemein sind in den Industrie- und Gewerbezonen nur mässig störende Betriebe zulässig (Art. 16 der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Niederhasli, festgesetzt durch Gemeindeversammlungsbeschlüsse vom 29. August 1983 und 30. Oktober 1985, genehmigt durch den Regierungsrat des Kantons Zürich am 27. Juli 1984 und 1. Oktober 1986). Die fraglichen Grundstücke liegen im übrigen im Abflugkorridor der sog. Westpiste und werden von den Flugzeugen in einer Höhe von 500 bis 700 m oder höher überflogen; die Höhe von 500 m wird selten unterschritten, jene von 700 m von moderneren Flugzeugen relativ häufig überschritten. Der für das Gebiet "Sandrain" ermittelte, auf den Verkehrsdaten von 1994 basierende Lärmpegel, der nicht wesentlich von jenem der achtziger Jahre abweichen dürfte, erreicht einen NNI-Wert von 51.6 bzw. einen Leq-Wert von 70.1 dB(A). Zu prüfen ist hier, ob dem Beschwerdeführer aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Situation der Grundstücke, in der sich diese infolge der Flughafenplanung und des Flugbetriebs befinden, ein Entschädigungsanspruch aus materieller oder formeller Enteignung zusteht. Rechtskräftig beurteilt wurde bereits, dass der Sicherheitszonenplan für sich allein für die Parzellen im "Sandrain" zu keiner materiellen Enteignung geführt hat. Weiter wurde im bundesgerichtlichen Entscheid vom 29. Mai 1986 (E.6/1985) auch festgestellt, die Tatsache, dass der Luftraum für den Überflug beansprucht werde, begründe keinen Entschädigungsanspruch, sofern der Eigentümer der überflogenen Grundstücke keinen Schaden erleide; ein solcher sei aber vom Beschwerdeführer nicht namhaft gemacht worden. Auf diese Frage darf nochmals kurz eingegangen werden, nachdem im Urteil Tranchet und Mitbet. vom 24. Juni 1996 ( BGE 122 II 349 ) die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Entschädigung für Überflug präzisiert worden sind. Zu untersuchen ist schliesslich auch, ob der Beschwerdeführer durch den Planungsablauf derart in der Nutzung der Grundstücke behindert worden sei, dass er eine Entschädigung für Bausperre beanspruchen könne. Dagegen sprengt die Frage, ob die Zuweisung der Parzellen im "Sandrain" zu einer Gewerbezone "in landschaftlich empfindlichem Gebiet" BGE 123 II 481 S. 487 statt zu einer anderen Zone ohne Wohnbauten entschädigungspflichtig sei, den Rahmen des Streitgegenstandes, da sie nicht im Zusammenhang mit der Flughafenplanung steht. 6. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass der Einbezug der Grundstücke in die Lärmzone B, in welcher Wohnbauten verboten sind, und die Umteilung des Bodens von der Wohnzone in die Gewerbezone, mit welcher die Gemeinde der Lärmzonenplanung vorweg Rechnung getragen hat, zu einer materiellen Enteignung geführt haben. a) Eine materielle Enteignung liegt vor, wenn dem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch einer Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt wird, die besonders schwer wiegt, weil der betroffenen Person eine wesentliche aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der Eingriff weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung angenommen, falls einzelne Personen so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde. In beiden Fällen ist die Möglichkeit einer künftigen besseren Nutzung der Sache indessen nur zu berücksichtigen, wenn im massgebenden Zeitpunkt anzunehmen war, sie lasse sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen. Unter besserer Nutzung eines Grundstücks ist in der Regel die Möglichkeit seiner Überbauung zu verstehen ( BGE 121 II 417 E. 4a; BGE 119 Ib 124 E. 2b). b) Vom Entzug einer wesentlichen aus dem Eigentum fliessenden Befugnis im Sinne des Tatbestandes der materiellen Enteignung kann angesichts der 1969 geschaffenen verfassungsmässigen Ordnung des Bodenrechts ( Art. 22ter und 22quater BV ) zum vornherein nur gesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Planungsmassnahme, die einer Enteignung gleichkommen soll, eine raumplanerische Grundordnung galt, welche die Berechtigung zum Bauen auf dem fraglichen Grundstück einschloss. Dies trifft zu, wenn die Gemeinde über einen Nutzungsplan im Sinne des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) verfügte, der die Bauzonen in zweckmässiger Weise rechtsverbindlich von den Nichtbauzonen trennt und jenes Land in die Bauzonen einbezieht, das sich für die Überbauung eignet und weitgehend überbaut ist oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird ( Art. 15 und 19 RPG ; Art. 5 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 1974 [WEG, BGE 123 II 481 S. 488 SR 843]). Genügt eine altrechtliche, vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes erlassene Ortsplanung diesen Anforderungen nicht, so wird erst bei Erlass einer den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden raumplanerischen Grundordnung Bauland im heute geltenden Sinne ausgeschieden. Wird zu diesem Zeitpunkt ein Grundstück nicht den Bauzonen zugeteilt, so liegt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung und Terminologie nicht eine Auszonung, sondern eine Nichteinzonung vor, und zwar auch dann, wenn die fragliche Fläche nach der früheren Ordnung überbaut werden konnte. Eine solche Nichteinzonung löst grundsätzlich keine Entschädigungspflicht aus (vgl. zum Ganzen BGE 122 II 326 E. 4; BGE 119 Ib 124 E. 2, je mit zahlreichen Hinweisen). In BGE 122 II 326 E. 5c hat das Bundesgericht noch weiter gehend festgehalten, dass Nutzungsbeschränkungen, die sich im Zuge des Wechsels von einer Bau- und Zonenordnung aus der Zeit vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes zu einer auf diesem Gesetz beruhenden Ordnung ergeben, entschädigungsrechtlich generell nicht als Auszonungen gelten. Vielmehr sei in solchen Fällen die Entschädigungsfrage nach den für eine Nichteinzonung - bzw. allenfalls für eine Neueinzonung - geltenden Grundsätzen zu beurteilen, weil erst nach Inkrafttreten des RPG im dort vorgesehenen bundesrechtlichen Verfahren im Lichte der verfassungsrechtlichen Prinzipien über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zur Bauzone habe entschieden werden können. Wollte man es anders halten, so hiesse dies, den Planungsbehörden die erstmalige Umsetzung der verfassungsrechtlichen und raumplanungsgesetzlichen Prinzipien zu verunmöglichen oder über Gebühr zu erschweren. Es bestünde nämlich die Gefahr, dass sich die Planungsbehörden dabei allenfalls von entschädigungs- statt von raumordnungsrechtlichen Gesichtspunkten leiten liessen. Würden dagegen die Beschränkungen bisheriger - "vorraumplanungsrechtlicher" - Nutzungsmöglichkeiten durchwegs als Nichteinzonungsfälle betrachtet, so öffne dies den Weg zu sachgerechten Lösungen. c) Es ist höchst fraglich, ob es sich beim Zonenplan der Gemeinde Niederhasli vom 17. November 1966/13. Juli 1967, durch den die fraglichen Grundstücke der Wohnzone 2 zugewiesen wurden, um einen Nutzungsplan handelte, der den im Raumplanungsgesetz umschriebenen Grundsätzen materiell entsprach. Insbesondere erscheinen die damals ausgeschiedenen Bauzonen als zu gross, um vor den Anforderungen von Art. 15 und 19 RPG standhalten zu können. Die Frage nach der Bundesrechtskonformität des Zonenplans 1966 BGE 123 II 481 S. 489 kann jedoch offenbleiben, da nach dem Gesagten generell bei allen Neufestsetzungen der kommunalen Zonenordnung, die erstmals unter der Herrschaft des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes vorgenommen worden sind, die Änderungen von altrechtlich zulässigen Nutzungen entschädigungsmässig als Nicht- oder Neueinzonungen zu betrachten sind. Die Grundstücke des Beschwerdeführers sind somit durch den Zonenplan der Gemeinde Niederhasli von 1984 nicht um- oder abgezont, sondern im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erstmals einer Bauzone, nämlich der Gewerbezone, zugewiesen worden. Aus dieser Neuzuteilung lässt sich offensichtlich kein Entschädigungsanspruch ableiten. Sowenig ein Grundeigentümer Anspruch darauf hat, dass sein Grundstück stets in einer bestimmten Bauzone verbleibe (vgl. BGE 122 Ia 249 E. 3e S. 300, mit Hinweisen auf weitere Urteile), sowenig hat er ein Recht darauf, dass seine Parzelle in eine bestimmte Bauzone einbezogen werde. d) Selbst wenn im übrigen von der Neuordnung des Bodenrechts abgesehen und davon ausgegangen würde, dass die fraglichen Grundstücke von der Wohnzone in die Gewerbezone umgeteilt worden wären, wäre in dieser Umzonung keine materielle Enteignung zu erblicken, da es an der hiefür erforderlichen Intensität des Eingriffs mangelt. Ein Entschädigungsanspruch besteht wie dargelegt nur dann, wenn eine wesentliche aus dem Eigentum fliessende Befugnis aufgehoben wird, also etwa, wenn eine Überbauungsmög- lichkeit vollkommen entzogen wird. Dagegen gelten nach ständiger Rechtsprechung selbst massive Nutzungsbeschränkungen regelmässig nicht als besonders schwerer und daher gemäss Art. 22ter BV entschädigungspflichtiger Eingriff, falls auf den fraglichen Liegenschaften noch eine wirtschaftlich sinnvolle und gute Nutzung möglich bleibt. Die Eigentumsgarantie als Wertgarantie gewährleistet nicht, dass eine Baulandparzelle dauernd bestmöglich ausgenutzt werden kann; mit Änderungen im zulässigen Nutzungsmass und in der Art der baulichen Nutzung muss der Eigentümer grundsätzlich rechnen, solange er vom Grundstück noch einen bestimmungsgemässen Gebrauch machen kann (vgl. BGE 114 Ib 112 E. 6b S. 121; 111 Ib 257 E. 4a S. 263, je mit Hinweisen; Entscheid vom 23. Mai 1995 i.S. P. gegen Gemeinde Männedorf E. 5, publ. in ZBl 98/1997 E. 185; Entscheid vom 21. November 1984 i.S. M. gegen Landschaft Davos E. 4 ff., publ. in ZBl 86/1985 S. 211). Ein solcher wirtschaftlich sinnvoller Gebrauch kann aber von den umstrittenen Grundstücken nach deren Zuweisung zu einer Gewerbezone mit den BGE 123 II 481 S. 490 in Erwägung 5 geschilderten Ausnutzungsmöglichkeiten durchaus noch gemacht werden. e) Aus dem Gesagten ergibt sich schliesslich, dass hier auch keine Entschädigung unter dem Titel "Sonderopfer" zuerkannt werden kann. Abgesehen davon, dass sich neben dem Beschwerdeführer zahlreiche weitere Grundeigentümer wegen der Flughafenplanung in einer ähnlichen oder noch ungünstigeren Lage befinden, fehlte es auch in dieser Hinsicht an der für einen Entschädigungsanspruch vorausgesetzten Schwere des Eingriffs. 7. Muss mithin ein Entschädigungsanspruch aus materieller Enteignung für die lärmzonen- und raumplanerische Behandlung der Grundstücke verneint werden, so schliesst das nicht aus, dass dem Grundeigentümer für übermässige Einwirkungen aus dem Betrieb des Flughafens Zürich eine Entschädigung für formelle Enteignung zustehen könnte. Wie das Bundesgericht in BGE 110 Ib 368 entwickelt und in BGE 121 II 317 bestätigt hat, stehen die Bestimmungen von Art. 42 bis 44 LFG und das ausführende Verordnungsrecht der Anwendung des Bundesgesetzes über die Enteignung nicht im Wege. Da der Bundesrat bei der Festsetzung der durch die Lärmzonen bewirkten Eigentumsbeschränkungen nur von der Kompetenz Gebrauch gemacht hat, zukünftige Nutzungen oder Nutzungserweiterungen zu verbieten, die bisherige Nutzung bestehender Gebäude aber nicht eingeschränkt hat, kommen die Grundsätze der formellen Enteignung vor allem dort zum Zuge, wo bereits überbaute Grundstücke durch Immissionen beeinträchtigt werden. Auch für unüberbaute Grundstücke kann das formelle Enteignungsrecht jedenfalls solange eine Rolle spielen, als die in der Umweltschutzgesetzgebung für die Planung und Baubeschränkung massgebenden Grenzwerte nicht mit jenen übereinstimmen, die in der Luftfahrtgesetzgebung für die Nutzungsbeschränkungen festgelegt worden sind. a) Das Bundesgericht hat in steter Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass nach ausdrücklicher Bestimmung von Art. 5 EntG neben den anderen dinglichen Rechten an Grundstücken auch die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte Gegenstand der Enteignung bilden können. Als solches gilt insbesondere das in Art. 679 und 684 ZGB umschriebene Recht des Grundeigentümers, übermässige von benachbarten Grundstücken ausgehende Immissionen abzuwehren. Gehen indes diese Einwirkungen von einem Werk aus, das im öffentlichen Interesse liegt und für welches dem Werkeigentümer oder Konzessionär das Enteignungsrecht BGE 123 II 481 S. 491 zusteht, und können die Immissionen nicht oder nur mit einem unverhältnismässigen Kostenaufwand vermieden werden, so müssen die Abwehransprüche des Grundeigentümers dem vorrangigen öffentlichen Interesse am Unternehmen weichen. Dem Nachbarn verbleibt anstelle der privatrechtlichen Unterlassungsklage einzig die Möglichkeit, für die Unterdrückung seines Abwehrrechts gestützt auf Art. 5 EntG Entschädigung zu fordern (vgl. etwa BGE BGE 121 II 318 E. 4; BGE 116 Ib 11 E. 2; BGE 106 Ib 241 E. 3, je mit zahlreichen Hinweisen). Als Nachbar gilt hiebei nicht nur der unmittelbare Anstösser, sondern jeder, der als Eigentümer eines Grundstücks von der Einwirkung betroffen wird. Die Immission muss nicht in jedem Falle von einer Benutzungshandlung ausgehen, die sich innerhalb der grundbuchlichen Grenzen des Ausgangsgrundstücks abspielt; es genügt, dass sie als Folge einer bestimmten Benutzung oder Bewirtschaftung der Ausgangsparzelle erscheint, auch wenn die Störungsquelle ausserhalb des Grundstücks liegt. Deshalb gilt nach bundesgerichtlicher Praxis der Lärm startender und landender Flugzeuge, auch soweit er nicht auf oder über dem Flugplatz entsteht, als Einwirkung des Flugplatzes ( BGE 120 II 15 E. 2a mit Verweisungen). Weiter ist in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den -vorab vom Schienen- und Strassenverkehr ausgehenden - Lärmimmissionen ausgeführt worden, dass diese nur dann als übermässig im Sinne von Art. 684 ZGB zu betrachten sind und den Enteigner ersatzpflichtig werden lassen, wenn sie für den Grundeigentümer nicht voraussehbar waren, ihn in spezieller Weise treffen und einen schweren Schaden verursachen (vgl. die Zusammenfassung in BGE 121 II 318 E. 4d). Die Frage, ob diese Voraussetzungen auch für die Einwirkungen aus dem Flugverkehr zu gelten hätten, ist in BGE 110 Ib 368 E. 3b noch offen gelassen, in BGE 121 II 318 E. 5b nach eingehender Prüfung bejaht worden. Nach den dort angestellten Erwägungen, auf die hier generell verwiesen werden kann, steht dem Beschwerdeführer nur dann ein Entschädigungsanspruch für die Grundstücke im "Sandrain" zu, wenn die drei genannten Bedingungen kumulativ erfüllt sind. b) Was die Unvorhersehbarkeit der Fluglärm-Immissionen anbelangt, so kann diese entgegen den Erwägungen der Schätzungskommission im angefochtenen Entscheid als gegeben betrachtet werden. Wie in BGE 121 II 317 E. 6 b/aa S. 334 ff. im einzelnen dargelegt worden ist, hat der Flugverkehr auf den Flughäfen Genf und Zürich zehn bis fünfzehn Jahre nach Beendigung des zweiten Weltkrieges BGE 123 II 481 S. 492 rasanten Aufschwung erfahren. In den gleichen Zeitraum fallen die ersten Anstrengungen und Massnahmen von Behörden und Anwohner zur Bekämpfung des mit dem Flugverkehr verbundenen Lärms. Das Bundesgericht hat aufgrund der damaligen Entwicklungen geschlossen, dass sich in jener Zeit jedermann - und nicht bloss die Flughafen-Anwohner - über die hohe Fluglärmbelastung rund um die Landesflughäfen klar werden musste. Demzufolge hat es die Schwelle für die Vorher- bzw. Unvorhersehbarkeit der Fluglärmimmissionen im Raume der Flughäfen Genf und Zürich auf den 1. Januar 1961 gelegt. Da der Beschwerdeführer die Grundstücke in Oberhasli 1957 und 1959, also noch vor dem massgeblichen Zeitpunkt, erworben hat, ist hier von der Unvorhersehbarkeit der Fluglärmimmissionen auszugehen. c) Die Voraussetzung der Spezialität ist insbesondere dann gegeben, wenn die Lärmimmissionen eine Intensität erreichen, die das Mass des Üblichen und Zumutbaren übersteigt. Dies ist nach neuerer Rechtsprechung regelmässig anzunehmen, wenn die in der eidgenössischen Umweltschutzgesetzgebung festgelegten Immissionsgrenzwerte überschritten werden ( BGE 119 Ib 348 E. 5b S. 356). Nun sind zwar die Lärm-Belastungsgrenzwerte für die Landesflughäfen noch nicht bestimmt und die Vorarbeiten für die Schaffung eines entsprechenden Anhangs zur Lärmschutz-Verordnung immer noch im Gang (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 20. November 1991 über eine Änderung des Luftfahrtgesetzes, BBl 1992 I 607, 630). Das hat das Bundesgericht jedoch nicht daran gehindert, in BGE 121 II 317 gestützt auf erste Resultate der Expertenkommission lückenfüllend davon auszugehen, dass für die Belastungsgrenzwerte auf das Lärmmass Leq in dB(A) und nicht auf die bisher für die Lärmzonen verwendeten NNI-Werte abzustellen sei. Weiter ist geschlossen worden, dass eine Pegelkorrektur, wie sie zur Ermittlung der Belastungsgrenzwerte für Lärm von Regionalflughäfen und Flugfeldern je nach den Flugbewegungszahlen vorzunehmen ist (vgl. Anhang 5 zur Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 [LSV; SR 814.41]), für die Landesflughäfen angesichts der Flugdichte nicht notwendig sei oder sich jedenfalls in kleinem Rahmen halte. Schliesslich ist festgestellt worden, dass die Fluglärmbelastung in den Wohngebieten um den Flughafen Genf 65 dB(A) bis 70 dB(A) erreiche und somit den Immissionsgrenzwert für die Empfindlichkeitsstufe II von 60 dB(A) übersteige, der gemäss den Anhängen zur Lärmschutz-Verordnung für die verschiedenen Lärmarten üblicherweise gelte. Die Spezialität der Lärmeinwirkungen BGE 123 II 481 S. 493 auf die fraglichen Grundstücke um den Flughafen Genf ist demnach bejaht worden. Wird im vorliegenden Fall in gleicher Weise argumentiert, so kann darauf abgestellt werden, dass die Lärmbelastung auf den fraglichen Grundstücken, ausgedrückt als Mittelungspegel Leq, nach den Angaben der EMPA rund 70 dB(A) erreicht. Die in der Gewerbezone liegenden Parzellen im "Sandrain" sind der Empfindlichkeitsstufe III zuzuordnen (in welcher mässig störende Betriebe zugelassen sind; vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV ). Für diese sehen sämtliche Belastungsgrenzwert-Tabellen der Lärmschutz-Verordnung (Anhänge 3 bis 8) für die verschiedenen Lärmarten einen Immissionsgrenzwert (Tag) von 65 dB(A) vor. Daraus ergibt sich, dass die Lärmeinwirkungen auf den betreffenden Grundstücken eine Intensität erreichen, die als speziell bezeichnet werden muss. d) Die Voraussetzung der Schwere bezieht sich schliesslich auf den durch die Immissionen entstehenden Schaden. Sie findet nach der Rechtsprechung ihre Rechtfertigung im Grundsatz, dass eine Entschädigung nicht für jeden beliebigen staatlichen Eingriff und damit auch nicht für jede beliebige Beeinträchtigung durch den öffentlichen Verkehr geschuldet wird. Der Schaden muss somit eine gewisse Höhe oder einen gewissen Prozentsatz des Gesamtwertes einer Liegenschaft erreichen, um Anlass zu einer Ersatzleistung zu geben (vgl. BGE 110 Ib 340 E. 2 und 11). Im vorliegenden Fall fällt in Betracht, dass die den Immissionen ausgesetzten Grundstücke - abgesehen von einer älteren Lagerhalle - noch unüberbaut und, gerade wegen der Lärmbelastung, der Gewerbezone zugewiesen worden sind. In einer solchen im Zuge der Flughafenplanung vorgenommenen Änderung der Nutzungsordnung hat das Bundesgericht in den Genfer Entschädigungsverfahren eine Art "Realleistung" im Sinne von Art. 18 Abs. 2 EntG erblickt; durch diese werde ein Schadenseintritt verhindert bzw. der Schaden derart vermindert, dass kein Grund mehr für eine zusätzliche Geldleistung besteht ( BGE 122 II 340 E. 2, 349 nicht publ. E. 2). Desgleichen kann für die Grundstücke in Oberhasli festgestellt werden, dass sie nach ihrer Zuweisung zur Gewerbezone trotz der Lärmbelastung noch einer vollen Nutzung zugeführt werden können. In einer Gewerbezone, wie sie hier in der kommunalen Zonenordnung vorgesehen ist, spielen die Aussenlärmbeeinträchtigungen nur eine geringe Rolle: Die gewerbliche Tätigkeit spielt sich meist in Gebäuden ab, die - sofern überhaupt notwendig - relativ leicht gegen Lärm zu isolieren sind. Die Aussenflächen werden BGE 123 II 481 S. 494 kaum genutzt und dienen jedenfalls nicht zu längerem Aufenthalt. Zudem befinden sich die Gewerbetreibenden ohnehin nur während der Arbeitsstunden in dieser Zone. Es ist daher hier gleich wie in den zitierten Genfer Fällen das Vorliegen eines schweren Schadens zu verneinen. Demzufolge steht dem Beschwerdeführer kein Entschädigungsanspruch für die Unterdrückung seines Abwehranspruches gegen Lärmimmissionen zu. 8. Der Beschwerdeführer brachte schon im bundesgerichtlichen Verfahren E.6/1985 vor, der Sicherheitszonenplan beschränke nicht nur die Überbauungsmöglichkeiten, sondern beeinträchtige ganz generell den Anspruch auf die Nutzung des Luftraumes, der sich aus Art. 667 Abs. 1 ZGB ergebe. Die Eigentümer der in den An- und Abflugschneisen gelegenen Grundstücke hätten deshalb ein berechtigtes Interesse daran, dafür entschädigt zu werden, dass der grundsätzlich ihnen gehörende Luftraum für den Flugbetrieb in Anspruch genommen werde. Das Bundesgericht hat in E. 4 seines Entscheides vom 29. Mai 1986 zu bedenken gegeben, dass im Enteignungsverfahren - sei es im Rahmen einer formellen oder einer materiellen Enteignung - nur der durch den Eingriff tatsächlich entstehende Schaden zu vergüten sei. Führe der Entzug oder die Einschränkung eines Rechtes zu keiner Vermögensverminderung, so sei auch keine Entschädigung geschuldet. Es sei aber nicht ersichtlich und werde auch nicht dargelegt, welcher Gebrauch des Luftraumes über den Grundstücken des Beschwerdeführers durch den Sicherheitszonenplan vereitelt worden und welcher Schaden dadurch entstanden sei. Das Bundesgericht hat sich in den Genfer Fällen mit der Frage des Überflugs und eines sich hieraus ergebenden enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruchs erneut befasst. Es hat zunächst in BGE 121 II 317 E. 5b S. 332 darauf hingewiesen, dass Grundstücke, die beim Abflug oder bei der Landung in nur geringer Höhe überflogen werden, neben Lärmimmissionen auch physischen Einwirkungen ausgesetzt seien, die sogar zu Gebäudeschäden führen können (Luft-Turbulenzen, von den Triebwerken herabfallende Eisbrokken). Gegen solche Beeinträchtigungen - so ist in BGE 122 II 349 E. 4 weiter ausgeführt worden - kann sich der Grundeigentümer gestützt auf Art. 667 Abs. 1 ZGB zur Wehr setzen, soweit dieses Recht nicht durch öffentlichrechtliche Vorschriften, insbesondere der Luftfahrtgesetzgebung, eingeschränkt wird (vgl. Entscheid vom 12. Mai 1995 i.S. J. E. 5, publ. in ZBl 97/1996 S. 416). Nach Art. 667 Abs. 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, BGE 123 II 481 S. 495 soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht. Wie gross diese räumliche Ausdehnung ist, kann nicht in allgemeiner Weise umschrieben werden, sondern bestimmt sich von Fall zu Fall nach den konkreten Umständen und dem schutzwürdigen Interesse des Eigentümers, diesen Raum selbst zu beherrschen und das Eindringen anderer abzuwehren. Das Bundesgericht hat es denn auch stets abgelehnt, gestützt auf die zivilrechtliche Norm generell eine Mindestflughöhe festzulegen ( BGE 104 II 86 ; BGE 103 II 96 ). Immerhin ist in BGE 122 II 349 (E. 4a/bb S. 345) bestätigt worden, dass sich das Interesse des Grundeigentümers am Luftraum nicht auf die Möglichkeit beschränkt, diesen baulich auszunutzen, sondern auch das Recht umfasst, ihn freizuhalten; insofern vermag die im Sicherheitszonenplan festgesetzte maximal zulässige Gebäudehöhe nichts über die vertikale Ausdehnung des Grundeigentums auszusagen. Das Bundesgericht hat deshalb in den Genfer Flughafen-Fällen für zwei in unmittelbarer Nähe des Pistenendes liegende Parzellen, die regelmässig in einer Höhe von nur 75 m bzw. rund 100 m durch Grossraumflugzeuge überflogen werden, einen Eingriff in das Grundeigentum bejaht. Den Eigentümern dieser Liegenschaften, die zu Wohnzwecken bestimmt sind und nicht anders genutzt werden können, ist dementsprechend eine enteignungsrechtliche Entschädigung zuerkannt worden ( BGE 122 II 350 ; nicht publ. Entscheid vom 24. Juni 1996 i.S. Erbengemeinschaft S.). Die hier zu beurteilende Situation ist mit jener in den Genfer Fällen nicht vergleichbar. Die Grundstücke im "Sandrain" liegen rund 3 km vom Pistenende entfernt und werden wie dargelegt in einer Höhe von rund 600 m (Mittelwert) überflogen. Dass bei einer solchen Überflugshöhe physische Einwirkungen entstünden, ist nicht anzunehmen. Auch psychisch wirken Überflüge in dieser Entfernung erfahrungsgemäss zwar noch beeindruckend, aber nicht bedrohlich. Im übrigen sollen die Parzellen ja Gewerbe- und nicht Wohnzwekken dienen. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass durch den Flugverkehr in schützenswerte Interessen des Beschwerdeführers an der Freihaltung des Luftraumes eingegriffen werde. Sein Entschädigungsbegehren für Überflug müsste daher, falls es im Urteil vom 29. Mai 1986 noch nicht in allen Belangen abschliessend beurteilt worden wäre, auch im Lichte der neueren Rechtsprechung abgewiesen werden. 9. Nach den weiteren Darlegungen des Beschwerdeführers hat sich die Flughafenplanung allein schon deshalb enteignungsgleich ausgewirkt, weil sie ihn während dreissig Jahren an der Realisierung BGE 123 II 481 S. 496 seiner Überbauungswünsche gehindert habe. Er habe seit Beginn der sechziger Jahre vergeblich versucht, Bauprojekte auf seinen Liegenschaften in Niederhasli zu verwirklichen: Zuerst seien die von ihm in Aussicht genommenen Tanklager und Industriebauten unter Hinweis auf die Vorwirkungen der Flughafenplanung verhindert worden. Anschliessend hätten sich im Hinblick auf den Lärmzonenplan auch keine neue Wohnbauten mehr realisieren lassen. Noch heute warte er auf eine bauliche Nutzung. Nach der Rechtsprechung ( BGE 109 Ib 23 ) führe aber eine Bauverhinderung, die zehn Jahre oder länger daure, zu einem Sonderopfer und damit zu einem Entschädigungsanspruch. Entgegen dieser Darstellung kann jedoch bei genauer Betrachtung des Planungs- und Zeitablaufes keine längere Periode ausgemacht werden, in welcher der Beschwerdeführer tatsächlich wegen der Flughafenplanung an der Überbauung der fraglichen Grundstücke gehindert gewesen wäre: Der Beschwerdeführer hat nach deren Kauf in den Jahren 1957 und 1959 zwar 1962 Pläne für ein "prov. Bürogebäude mit Kantine" erstellen lassen, welche bei den Akten liegen, aber offenbar nie - weder vorher noch nachher - ein Baugesuch für Industrieanlagen eingereicht. Aus welchen Gründen seine Parzellen im Jahre 1966 zum Wohngebiet geschlagen wurden, ist nicht bekannt, doch kann ausgeschlossen werden, dass dies im Hinblick auf die erst im Jahre 1977 erarbeiteten Sicherheits- und Lärmzonenpläne geschah (vgl. Geschäftsbericht des Regierungsrates des Kantons Zürich 1978, S. 242). Die Änderung der kommunalen Ortsplanung von 1984, im Rahmen welcher die Grundstücke der Gewerbezone zugeteilt wurden, stand dagegen unbestrittenermassen im Zusammenhang mit der Lärmzonenplanung. Doch war bereits mit Beschluss vom 10. Juni 1980 das amtliche Quartierplanverfahren "Rietwiese" eingeleitet worden, das 1990 mit dem Quartierplanverfahren "Frohsinn" zusammengelegt worden und heute noch nicht abgeschlossen ist. Vor Abschluss des Quartierplanverfahrens, das sich nicht auf die Flughafenplanung zurückführen lässt, gelten aber die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke nicht als überbaubar, da erst der - rechtskräftige - Quartierplan die der planungs- und baurechtlichen Ordnung entsprechende Nutzung ermöglicht (§ 123 des zürcherischen Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975). Als Zeitraum, in welchem dem Beschwerdeführer wegen der laufenden Flughafenplanung vermutlich keine Baubewilligung erteilt worden wäre, fällt somit einzig die Periode zwischen der BGE 123 II 481 S. 497 Erarbeitung des Sicherheitszonen- und des ersten Lärmzonenplanes im Jahre 1977 und dem Beschluss über die Einleitung des Quartierplanverfahrens vom 10. Juni 1980 in Betracht. Eine solche, drei bis vier Jahre dauernde faktische Bausperre vermag nach den eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers und ständiger Rechtsprechung keinen Entschädigungsanspruch zu begründen (vgl. BGE 120 Ia 209 E. 6c; BGE 112 Ib 496 E. 3a S. 507; BGE 109 Ib 20 E. 4a, 268 E. 4, je mit Hinweisen). 10. Dem Beschwerdeführer ist schon im bundesgerichtlichen Entscheid vom 29. Mai 1986 darin zugestimmt worden, dass die einzelnen durch die Flughafenplanung verursachten Eingriffe nicht isoliert betrachtet werden dürften, sondern in ihrer Gesamtwirkung gewürdigt werden müssten. Eine solche Gesamtbetrachtung, wie sie in den bisher angestellten Erwägungen bereits angestrebt worden ist, könnte aber nur zur Bejahung eines Entschädigungsanspruchs führen, wenn sich als Gesamtergebnis der Sicherheits- und Lärmzonenplanung zeigte, dass dem Beschwerdeführer der bisherige Gebrauch der Grundstücke oder eine ohne weiteres realisierbare bessere Nutzungsmöglichkeit - das heisst die Möglichkeit zur Überbauung - endgültig oder während langer Zeit entzogen worden wäre (vgl. oben E. 6a und d). Nun ist hier der bisherige Gebrauch des Bodens in keiner Weise eingeschränkt worden, und kann es sich nur fragen, ob die Möglichkeit zukünftiger baulicher Nutzung vorübergehend oder endgültig ausgeschlossen oder in schwerer Weise beeinträchtigt worden sei. Dass der Beschwerdeführer nur relativ kurze Zeit durch die Flughafenplanung in allfälligen Bauabsichten gestört wurde, ist soeben dargelegt worden (E. 9); nach Einleitung des Quartierplanverfahrens stand dieses einer sofortigen Überbauung der Grundstükke entgegen. Eine Entschädigung für eine vorübergehende Bausperre fällt daher aufgrund der Luftfahrtgesetzgebung ausser Betracht. Ebenfalls ist bereits festgehalten worden, dass die fraglichen Parzellen als Gewerbeland überbaubar bleiben, dass eine solche Nutzung wirtschaftlich als sinnvoll erscheint und dass in der Zuweisung von Boden zu einer Gewerbezone jedenfalls kein schwerer Eingriff in wesentliche Grundeigentümer-Befugnisse erblickt werden kann. Die Grundstücke können denn auch praktisch gleich wie jeder andere Boden genutzt werden, der einer Gewerbezone zugewiesen worden ist; der Umstand, dass die Bauten gegen Schall zu schützen sind ( Art. 42 Abs. 1 VIL ), dürfte sich - wenn überhaupt - nicht wesentlich wertvermindernd auswirken. Dass heute in der Region - wie der Beschwerdeführer darlegt - Gewerbeboden BGE 123 II 481 S. 498 nicht gefragt und kaum verkäuflich ist, ist in erster Linie auf die wirtschaftliche Lage und möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass im fraglichen Gebiet (zu) viel Boden eingezont worden ist. Beides kann nicht dem Flughafenhalter angelastet werden. Das Entschädigungsbegehren des Beschwerdeführers muss daher auch bei nochmaliger abschliessender Gesamtbetrachtung abgewiesen werden.
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e975f473-c2ec-4d11-b655-ecb14ad55c8c
Urteilskopf 123 IV 252 37. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 20 novembre 1997 dans la cause P. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 268 BStP ; Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde. Der letztinstanzliche kantonale Entscheid über die Zulässigkeit der Anklage kann nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde sein (E. 1, Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 252 BGE 123 IV 252 S. 252 Par arrêt du 27 août 1997, le Tribunal d'accusation du Tribunal cantonal vaudois a rejeté le recours formé par P. contre l'ordonnance du 30 mai 1997 par laquelle le magistrat instructeur a renvoyé P. devant le Tribunal correctionnel du district de Nyon comme accusé de tentative d'escroquerie. Contre cet arrêt, P. s'est pourvu en nullité à la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral. Soutenant qu'il n'a pas commis une tentative d'escroquerie et, subsidiairement, que seule une complicité pourrait être retenue contre lui, il conclut à l'annulation de la décision attaquée, à l'annulation de la décision de première instance, au prononcé d'un non-lieu, subsidiairement au renvoi de la cause à l'autorité cantonale; il sollicite par ailleurs l'effet suspensif. Le Tribunal fédéral a déclaré le pourvoi irrecevable. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le pourvoi en nullité n'a qu'un caractère cassatoire ( art. 277ter al. 1 PPF ), de sorte que les conclusions du recourant sont irrecevables dans la mesure où elles tendent à autre chose qu'à l'annulation de la décision attaquée et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour qu'il soit statué à nouveau (cf. ATF 119 IV 17 consid. 1; ATF 117 IV 276 consid. 1, 452 consid. 1; ATF 108 IV 154 consid. 1b; ATF 106 IV 194 consid. 1a). BGE 123 IV 252 S. 253 Le pourvoi en nullité est en principe ouvert contre des jugements pénaux, des ordonnances de non-lieu ou des prononcés pénaux administratifs rendus en dernière instance ( art. 268 PPF ). En l'espèce, il est manifeste que la décision attaquée n'est pas un prononcé pénal d'une autorité administrative qui ne pourrait pas donner lieu à un recours aux tribunaux, en violation de l' art. 6 par. 1 CEDH ( art. 268 ch. 3 PPF ). Il ne s'agit pas non plus d'une ordonnance de non-lieu rendue en dernière instance ( art. 268 ch. 2 PPF ). Par ordonnance de non-lieu, il faut entendre une décision rendue par une autre autorité que la juridiction de jugement qui met fin à l'action pénale au moins sur un chef d'accusation ( ATF 122 IV 45 consid. 1c; ATF 120 IV 78 consid. 1b, 107 consid. 1a; ATF 119 IV 92 consid. 1b, 207 consid. 1a, 339 consid. 1a; ATF 117 IV 233 consid. 1b). Or, la décision attaquée ne met pas fin à l'action pénale, puisqu'elle ordonne au contraire le renvoi du recourant devant l'autorité de jugement pour y être jugé sous l'accusation de tentative d'escroquerie. Il reste à examiner s'il s'agit d'un jugement au sens de l' art. 268 ch. 1 PPF . Par jugement, il faut entendre non seulement la décision finale qui met un terme à l'action pénale, mais aussi toute décision prise séparément si elle tranche définitivement, sur le plan cantonal, une question de droit fédéral ( ATF 119 IV 168 consid. 2a; ATF 111 IV 189 consid. 2). Il ressort de la décision attaquée qu'elle ne tranche pas, sur le plan cantonal, la question de savoir si le recourant s'est ou non rendu coupable d'une tentative d'escroquerie; la question est au contraire soumise à l'autorité de jugement pour être tranchée. La décision attaquée provoque seulement l'avancement de la procédure, mais ne tranche pas définitivement, sur le plan cantonal, une question de droit fédéral; elle ne constitue donc pas un jugement. Le renvoi d'un accusé devant l'autorité de jugement n'est pas susceptible d'un pourvoi en nullité ( ATF 103 IV 59 consid. 2; ATF 83 IV 211 ; CORBOZ, Le pourvoi en nullité, SJ 1991 p. 64; SCHWERI, Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, Berne 1993, p. 48 no 92); conformément à une jurisprudence constante, il ne peut au demeurant pas non plus faire l'objet d'un recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst. ( ATF 63 I 313 , confirmé en dernier lieu par l' ATF 115 Ia 311 consid. 2c; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2e éd., Berne 1994, p. 344). 2. (Suite de frais)
null
nan
fr
1,997
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e9785b36-b343-4ef3-8c2f-ccfcc9ceecae
Urteilskopf 86 III 114 28. Entscheid vom 21. Oktober 1960 i.S. Konkursverwaltung der Kredit- und Verwaltungsbank Zug AG
Regeste Konkurs von Banken und Sparkassen. Das Bankgeheimnis ( Art. 47 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 BankG ) entbindet die Organe der Bank in deren Konkurs nicht von der Auskunfspflicht gegenüber der Konkursverwaltung (insbesondere nach Art. 222, 228, 244 SchKG ). Es gilt auch nicht für die Konkursverwaltung selbst; deren grundsätzliche Pflicht zur Verschwiegenheit wird begrenzt durch die konkursrechtlichen Offenbarungspflichten (namentlich nach Art. 8 und 249 SchKG ). (Erw. 1). Anwendungsbereich des Art. 10 der Verordnung betreffend das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen (Erw. 2). Bedeutung der Verordnungsbefugnis des Bundesgerichts nach Art. 36 Abs. 3 BankG (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 115 BGE 86 III 114 S. 115 A.- Im Konkurs der Kredit- und Verwaltungsbank Zug AG traf die gemäss Art. 36 Abs. 1 BankG eingesetzte Konkursverwaltung vor der Auflegung des Kollokationsplanes und des Konkursinventars am 31. Mai 1960 eine (anfangs Juni öffentlich bekannt gemachte) Verfügung betreffend die Art des beabsichtigten Vorgehens. Einleitend wurde darauf hingewiesen, dass das Bankgeheimnis in unzulässiger Weise verletzt würde durch namentliche Anführung der Gläubiger gewöhnlicher (nicht pfandgesicherter und keines Konkursvorrechtes teilhaftiger) Forderungen in dem zu Handen aller Konkursgläubiger öffentlich aufzulegenden Kollokationsplan. Aus dem gleichen Grund müsse davon abgesehen werden, in dem gleichzeitig aufzulegenden Konkursinventar bei den Forderungen der Gemeinschuldnerin die Namen der Drittschuldner anzugeben, sofern es sich nicht um streitige, allenfalls bereits BGE 86 III 114 S. 116 im Prozess liegende Forderungen handle. Die Verfügung selbst lautet: "I. Der Kollokationsplan wird in folgender Form aufgelegt: a) Pfandgesicherte Gläubiger sowie solche, welche ein Konkursprivileg nach Art. 219 SchKG geltend machen (insbesondere Gläubiger aus Sparhefteinlagen bis zum Betrage von Fr. 5000.-- pro Einleger), werden im Kollokationsplan namentlich aufgeführt. b) Gläubiger aus Kassa-Obligationen, Depositenheften, Einlageheften und aus Kontokorrent-Verhältnissen werden im Kollokationsplan ohne Namensnennung, sondern nur mit einem Kennzeichen aufgeführt, das den betreffenden Gläubigern erlaubt, festzustellen, ob ihr Guthaben im Kollokationsplan berücksichtigt ist. Dasselbe gilt für Gläubiger aus Spareinlagen, bezüglich des nicht privilegierten Teiles (über Fr. 5000.-- für jeden Einleger) ihrer Einlagen. c) Der Name und die Höhe des kollozierten Guthabens eines oder mehrerer bestimmter Gläubiger aus Guthaben der in lit. b) hievor genannten Art wird andern Gläubigern nur dann bekanntgegeben, wenn sie gegenüber der Konkursverwaltung glaubhaft machen, dass der oder die erstgenannten Gläubiger ganz oder teilweise zu Unrecht als Gläubiger aufgetreten und kolloziert worden sind. II. Die Konkursverwaltung wird dem Begehren solcher privilegierter Gläubiger, die eine Nennung ihres Namens im Kollokationsplan nicht wünschen, entsprechen, sofern solche Begehren schriftlich eingereicht werden und einen ausdrücklichen Verzicht auf die Inanspruchnahme des Privilegs nach Art. 219 SchKG enthalten. Diese Verzichtserklärungen müssen vorbehaltlos abgegeben werden. Die Konkursverwaltung wird indessen solche Erklärungen als hinfällig betrachten, wenn die Auflage des Kollokationsplanes zufolge richterlicher Entscheidung nicht im Sinne dieser Verfügung erfolgen könnte. III. Im aufzulegenden Inventar werden die Schuldner mit einem Kennzeichen aufgeführt. Bei bestrittenen oder im Prozesse liegenden Masse-Guthaben werden die Schuldner mit Namen genannt. IV. Eine Beschwerde gegen die vorstehende Verfügung kann innert 10 Tagen nach Erscheinen dieser Bekanntmachung im Amtsblatt des Kantons Zug (3. Juni 1960) beim Kantonsgericht Zug eingereicht werden (Art. 36, Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen)." B.- Zwei Konkursgläubiger fochten die Ziffern I, b und c, II und III dieser Verfügung bei dem nach Art. 36 Abs. 2 BankG zuständigen Konkursgericht durch Beschwerde an. Das Konkursgericht hat die Beschwerde mit Entscheid vom 1. Oktober 1960 gutgeheissen. Demgegenüber hält die Konkursverwaltung mit vorliegendem Rekurs an den umstrittenen Teilen ihrer Verfügung fest. BGE 86 III 114 S. 117 Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die Vorschriften des Konkursrechts und ist einwandfrei, sofern keine Sondernormen für den Bankenkonkurs eingreifen und die von jenen Vorschriften abweichende Regelung, wie sie die Rekurrentin in ihrer Verfügung vorsieht, zu rechtfertigen vermögen. Die Rekurrentin beruft sich in erster Linie auf das Bankgeheimnis, wie es das Bankengesetz vom 8. November 1934 zwar nicht als zivilrechtliches Gebot ausdrücklich formuliert, aber durch die Strafnormen des Art. 47 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 schützt und dadurch mittelbar als zivilrechtliches Gebot anerkennt. Nach den erwähnten Bestimmungen ist aber nicht, wie die Rekurrentin annimmt, jedermann, der durch seinen Beruf von den Beziehungen einer Bank Kenntnis erlangt, zur Geheimhaltung verpflichtet. Vielmehr ist danach dem Bankgeheimnis nur ein bestimmter Kreis von Personen unterstellt. Der Konkursverwalter gehört nicht dazu. Im Konkurs der Bank muss eben das Interesse Einzelner an der Geheimhaltung dem Interesse der Gläubiger an der Offenbarung der Rechtsbeziehungen der Bank weichen. Einerseits gilt das Bankgeheimnis nicht gegenüber dem Konkursverwalter, sondern wird durch die konkursrechtliche Auskunftspflicht des Gemeinschuldners, also der Bankorgane, ausgeschaltet (vgl. Art. 222, 228, 244 SchKG ), wie sich denn auch der Zweck des Konkurses ohne solche Auskunft gar nicht erreichen liesse. Anderseits hat der Konkursverwalter nicht nur selber sämtliche Akten einzusehen, sondern auch den Gläubigern gemäss den geltenden Vorschriften den Einblick zu gewähren, dessen sie zur Ausübung der ihnen im Konkursverfahren zustehenden Rechte bedürfen. Die mit der Befugnis zu amtlichen Verrichtungen grundsätzlich verbundene Pflicht zur Verschwiegenheit wird begrenzt durch die nach den Verfahrensgrundsätzen gegebenen Offenbarungspflichten. BGE 86 III 114 S. 118 Für den Kollokationsplan ist nun die öffentliche Auflegung zur Einsicht durch die Gläubiger vorgeschrieben ( Art. 249 SchKG ) und die namentliche Anführung jedes einzelnen Gläubigers gemäss amtlichem Formular unerlässlich, da sonst die sich aus Art. 250 SchKG ergebenden Rechte nicht ausgeübt werden könnten. Zur genauen Angabe der als Konkursaktiven einzubeziehenden Forderungen des Gemeinschuldners im Inventar gehört anderseits auch die Nennung des Drittschuldners. Und das Inventar als Ganzes ist ein Aktenstück, das grundsätzlich dem Einblick der Konkursgläubiger nach Art. 8 SchKG offenstehen muss. Die Einsicht in bestimmte Aktenstücke darf einem Konkursgläubiger nur unter besondern Umständen verweigert werden (so, wenn er sie aus Gründen verlangt, die mit seiner Gläubigereigenschaft nichts zu tun haben, oder wenn die Einsichtnahme keinen vernünftigen Zweck haben kann, oder endlich, wenn sich die Offenbarung eines Aktenstückes wegen seines besondern Inhaltes schicklicherweise verbietet; vgl. BGE 85 III 120 Mitte). 2. Aus dem von der Rekurrentin in kantonaler Instanz angerufenen Art. 211 SchKG lässt sich gegen die gehörige Aufstellung und Auflegung des Kollokationsplans und des Inventars schlechterdings nichts herleiten. Wie dargetan, soll und darf sich die Konkursverwaltung ihrer Offenbarungspflicht gegenüber den Konkursgläubigern nicht mit Berufung auf die gemäss Art. 47 BankG bestehende Schweigepflicht der Bankorgane und der weitern dort genannten Personen entschlagen. Etwas Abweichendes folgt entgegen der Ansicht der Rekurrentin auch nicht aus Art. 10 der Verordnung betreffend das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen (BNV), wonach im Bestätigungsverfahren vor der Nachlassbehörde bloss eine summarische Bilanz und eine Zusammenfassung des Inventars aufzulegen und näherer Einblick nur beim Nachweis eines berechtigten Interesses zu gewähren ist. Diese Vorschrift gilt nur für das Nachlassverfahren (von BGE 86 III 114 S. 119 Banken und Sparkassen), und zwar für den durch Bestätigung oder Verwerfung des Nachlassvertrages abzuschliessenden Verfahrensabschnitt. Beim Vollzug eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung (Liquidationsvergleiches) ist dann aber ein Kollokationsverfahren durchzuführen, das nach Art. 30 BNV die öffentliche Auflegung des Kollokationsplanes zur Einsicht durch die Gläubiger nötig macht und ausdrücklich den konkursrechtlichen Vorschriften, namentlich den Art. 246, 248 bis 251 SchKG unterstellt ist. Diese Ordnung ist zwingend ( BGE 61 III 91 ). Im Bankenkonkurs muss es um so mehr bei diesen Normen des allgemeinen Konkursrechtes sein Bewenden haben. 3. Endlich kann die in Art. 36 Abs. 3 BankG vorgesehene Befugnis des Bundesgerichts, für den Bankenkonkurs vom SchKG abweichende Vorschriften aufzustellen, nicht zur Rechtfertigung der von der Vorinstanz aufgehobenen Verfügung herangezogen werden. Solche Vorschriften sind bisher nicht erlassen worden, bilden also nicht Bestandteil des geltenden Rechtes. Im übrigen kann nicht in Frage kommen, wichtige Grundsätze des allgemeinen Konkursrechtes auf dem Verordnungswege für den Bankenkonkurs ausser Geltung zu setzen. Das liesse sich mit der verfassungsrechtlichen Stellung des Bundesgerichts nicht wohl vereinbaren, sofern es sich nicht um Auswirkungen bankengesetzlicher Grundsätze handeln würde (vgl. FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung II 405, am Ende der Ziff. II). Die allgemeinen Regeln des Kollokationsverfahrens mit voller Ausübung der Rechte der Gläubiger lassen sich aber ohne Schwierigkeiten auch im Bankenkonkurs anwenden. Gleiches gilt von der Einsichtnahme in das Konkursinventar. Man dachte denn auch bei Aufstellung des Art. 36 Abs. 3 BankG vornehmlich an verfahrenstechnische Sondernormen in bezug auf Fristbemessung, Art und Inhalt der Bekanntmachungen und dergleichen, jedoch nicht an die Ausschaltung wichtiger, vom Bankengesetz selbst nicht BGE 86 III 114 S. 120 berührter Gläubigerrechte (vgl. die Ausführungen des Berichterstatters Thalmann im Ständerat, Sten.Bull. 1934 StR S. 189 ff., besonders 195, und 253, sowie des Berichterstatters Abt im Nationalrat, Sten.Bull. 1934 NR S. 699). Endlich können wirtschaftspolitische Überlegungen, wie sie die Rekurrentin vorbringt - es sei zu befürchten, dass das Vertrauen ausländischer Kunden in das schweizerische Bankwesen erschüttert werde, wenn man nicht mit dem Fortbestehen der Geheimhaltungspflicht im Konkurs rechnen könne -, der Anwendung klarer Normen des geltenden Rechtes nicht entgegengehalten werden. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e97ef8ee-5737-4ee9-9d20-114b7d5c0c27
Urteilskopf 115 III 45 10. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 5. September 1989 i. S. M.-B. (Rekurs)
Regeste Art. 93 SchKG . Kapitalabfindungen der beruflichen Vorsorge unterliegen der beschränkten Pfändbarkeit von Art. 93 SchKG grundsätzlich auch dann, wenn sie bereits ausbezahlt wurden (E. 1). Art. 95 SchKG . Forderungen, die aus einer Kapitalabfindung erworben worden sind und deshalb nur beschränkt pfändbar sind, zählen wie die Lohnguthaben nicht zu den gewöhnlichen Forderungen, welche nach Art. 95 SchKG vor den Liegenschaften zu pfänden sind (E. 2). Das Betreibungsamt kann aus wichtigen Gründen von der in Art. 95 SchKG vorgeschriebenen Reihenfolge abweichen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 46 BGE 115 III 45 S. 46 A.- Die Eheleute M.-B. stehen seit 1983 im Scheidungs- bzw. Ehetrennungsprozess. Für die Dauer des Prozesses vereinbarten sie unter richterlicher Mitwirkung, dass Xaver M. seiner Ehefrau Heidi M.-B. monatlich einen Unterhaltsbeitrag zu bezahlen und überdies die Kosten der ehelichen Liegenschaft zu übernehmen habe, welche weiterhin von der Ehefrau bewohnt wird. Infolge vorzeitiger Pensionierung verlangte der Ehemann in der Folge die Herabsetzung der Barbeträge, die er monatlich an seine Frau zu entrichten hatte. Das Obergericht des Kantons Zürich legte diese mit Entscheid vom 20. Februar 1986 auf Fr. 1500.-- fest. Derzeit leben die Ehegatten M.-B. aufgrund des Urteils des Bezirksgerichts Bülach vom 19. Dezember 1985 auf unbestimmte Zeit getrennt. B.- Auf Betreibung von Heidi M.-B. gegen Xaver M. hin ordnete das Betreibungsamt von P. am 17. März 1988 die Pfändung der ehelichen Liegenschaft in K. an (Betr. Nr. 3262). C.- a) Da Xaver M. seit Januar 1988 sowohl die Zahlung der Unterhaltsbeiträge als auch die Übernahme der Liegenschaftskosten verweigerte, betrieb ihn Heidi M.-B. im Juli 1988 wiederum (Betr. Nr. 3402). Am 14. März 1989 pfändete deshalb das Betreibungsamt von P. die Liegenschaft in K. ein zweites Mal. b) Gegen diesen Pfändungsvollzug erhob Heidi M.-B. am 28. März 1989 beim Bezirksgerichtspräsidenten von Sargans Beschwerde und beantragte, anstelle der Liegenschaft in K. seien die beweglichen Vermögenswerte des Schuldners zu pfänden, insbesondere Hausrat in seinem Domizil in P., das Auto und Forderungen des Schuldners gegenüber verschiedenen Banken. Mit Entscheid vom 14. April 1989 verfügte der Bezirksgerichtspräsident von Sargans, Hausrat und Mobiliar sowie das Auto des Schuldners seien vor der Liegenschaft in K. zu pfänden. Die Forderungen des Schuldners gegenüber verschiedenen Banken unterlägen demgegenüber als letztes der Pfändung, da jene aus einer Kapitalabfindung einer Pensionskasse stammten. D.- Gegen diesen Entscheid beschwerten sich sowohl Xaver M. als auch Heidi M.-B. beim Kantonsgericht St. Gallen als obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs. Während Xaver M. sich gegen die Pfändung des Hausrates und des Mobiliars in der Liegenschaft in P. wendete und die Pfändung des Mobiliars im Haus in K. verlangte, wiederholte Heidi M.-B. ihre vor dem Bezirksgerichtspräsidenten gestellten Anträge, soweit sie vom angefochtenen Entscheid abwichen. Die BGE 115 III 45 S. 47 kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs wies beide Beschwerden am 6. Juli 1989 ab. E.- Mit Rekurs vom 21. Juli 1989 gelangt Heidi M.-B. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sinngemäss verlangt sie die Pfändung der bei verschiedenen Banken hinterlegten Wertschriften und der Forderungen, welche aus der Kapitalabfindung der Pensionskasse stammen, und allenfalls die Rückweisung der Sache an die obere kantonale Aufsichtsbehörde zur neuen Beurteilung. Xaver M. und das Betreibungsamt von P. beantragen die Abweisung des Rekurses. Das Bundesgericht weist den Rekurs ab, soweit darauf einzutreten ist aus den folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Das Betreibungsamt hat die Guthaben des Schuldners bei verschiedenen Banken deshalb nicht gepfändet, weil diese aus einer Kapitalabfindung herrühren, welche Xaver M. bei seiner vorzeitigen Pensionierung von der Personalvorsorgeeinrichtung seiner ehemaligen Arbeitgeberin ausbezahlt erhielt. Gemäss der gefestigten bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Kapitalabfindungen von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge wie Renten im Sinne von Art. 93 SchKG nur beschränkt pfändbar (vgl. BGE 53 III 74 ; BGE 60 III 226 ; BGE 62 III 21 ; BGE 63 III 77 ; BGE 78 III 107 ; BlSchK 29. Jahrg. 1965, 1965, S. 148 f.; BGE 113 III 15 ). Von der Gleichbehandlung der Kapitalabfindung mit einer Rente wurde nur in BGE 109 III 82 abgewichen, wo das Bundesgericht entschied, dass die Abgangsentschädigung, die eine Pensionskasse einem austretenden, sich im Konkurs befindenden Mitglied zugesprochen hatte, unter den Konkursbeschlag falle, weil sie mit Ersparnissen zu vergleichen sei, die der Konkursit vor Konkurseröffnung aus seinem Arbeitserwerb hätte machen können. Die Rekurrentin stellt diese Rechtsprechung nicht grundsätzlich in Frage. Sie macht zuerst geltend, was für die fällige, aber noch nicht ausbezahlte Forderung auf Kapitalabfindung gegenüber der Pensionskasse gelte, sei nicht auch für die Ersatzgegenstände massgebend, die der Schuldner mit dem ausbezahlten Kapital erworben habe. a) In der Tat hatte das Bundesgericht bis anhin hauptsächlich zu beurteilen, in welchem Umfang verfallene, aber noch nicht BGE 115 III 45 S. 48 ausgerichtete Ansprüche auf Kapitalabfindungen gegenüber Einrichtungen der beruflichen Vorsorge gepfändet werden können. Nur in BGE 62 III 18 ff. war die Kapitalabfindung vor der Pfändung bereits ausbezahlt und auf zwei Sparheften angelegt worden. Die Rekurrentin verweist darauf, dass in der Lehre die Meinung vertreten werde, bereits ausgerichtete Kapitalabfindungen seien nur insoweit wie Renten beschränkt pfändbar, als "die bereits bezogenen Leistungen (...) sich mit dem übrigen Vermögen noch nicht vermengt haben, sondern vielmehr aus diesem klar ausgeschieden und in eindeutiger Weise qualifiziert werden können" (SIEGRIST, Die Vermögensrechte der Destinatäre von betrieblichen Personalvorsorgeeinrichtungen im Lichte des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Diss. Zürich 1967, S. 65). b) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung bezweckt, den durch Art. 93 SchKG zu verwirklichenden Sozialschutz dem Schuldner unabhängig davon zuteil werden zu lassen, in welcher Form die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistung ausrichtet. Dem Schuldner soll es nicht zum Nachteil gereichen, wenn die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistung als Kapital und nicht als Rente erbringt. Die beiden Leistungsformen sind grundsätzlich als gleichwertig zu betrachten. Der Schuldner kann nicht gezwungen werden, mit der ihm ausbezahlten Abfindungssumme eine Rente zu kaufen ( BGE 113 III 15 ). Von daher ist nicht einzusehen, warum das ausbezahlte Kapital anders behandelt werden soll als die fällige, aber noch nicht ausgerichtete Kapitalforderung gegenüber der Vorsorgeeinrichtung. Ein Vergleich mit ausbezahltem und erspartem Lohn, welcher grundsätzlich nicht mehr unter Art. 93 SchKG fällt (vgl. JAEGER, Kommentar, N. 1 zu Art. 93 SchKG ), ist nicht am Platze, da dieser im Gegensatz zum ausbezahlten Kapital nicht für den zukünftigen Unterhalt bestimmt ist. Es rechtfertigt sich deshalb, Art. 93 SchKG auch dann anzuwenden, wenn das Kapital bereits ausgerichtet worden ist. c) Demgegenüber mag es fraglich erscheinen, ob der mit Art. 93 SchKG bezweckte Sozialschutz auch dann noch gerechtfertigt ist, wenn der Schuldner das als Abfindung erhaltene Kapital mit seinem übrigen Vermögen vermischt hat oder auf andere Weise zu erkennen gibt, dass er es zweckwidrig nicht für seinen Unterhalt zu verwenden gedenkt. Diese Frage kann indessen offenbleiben, da auch die Rekurrentin nicht behauptet, es habe eine Vermischung mit dem übrigen Vermögen des Schuldners stattgefunden. Der Umstand, dass die Kapitalabfindung in Bankguthaben und Wertschriften BGE 115 III 45 S. 49 angelegt worden ist, vermag auch in keiner Weise darzutun, der Schuldner wolle selber die Kapitalabfindung anders als für seinen künftigen Unterhalt verwenden. Es handelt sich vielmehr um eine gängige Anlageform für Vermögenswerte, die dem zukünftigen Unterhalt dienen und deshalb einerseits einen angemessenen Ertrag abwerfen und andererseits leicht verfügbar sein sollen. Das Betreibungsamt hat somit Art. 93 SchKG zu Recht auf die in Frage stehenden Wertschriften und Bankguthaben anwendbar erklärt. 2. Die Rekurrentin macht überdies geltend, aus der Gleichstellung der Kapitalabfindung mit der Rente in bezug auf Art. 93 SchKG dürfe nicht geschlossen werden, dass diese beiden Arten von Leistungen auch bei der Reihenfolge der zu pfändenden Werte gleich zu behandeln seien. a) Nach Art. 95 SchKG ist in erster Linie das bewegliche Vermögen mit Einschluss der Forderungen zu pfänden. Das unbewegliche Vermögen soll grundsätzlich nur dann gepfändet werden, wenn das bewegliche zur Deckung der Forderung nicht ausreicht. Das Bundesgericht hat diese Rangordnung insofern verfeinert, als es die Lohnguthaben nicht zu den gewöhnlichen Forderungen zählt, welche nach Art. 95 SchKG vor den Liegenschaften zu pfänden sind. Sie sind vielmehr nur dann in die Zwangsverwertung einzubeziehen, wenn sonst nichts Pfändbares vorhanden ist, aber immerhin vor den Vermögenswerten, die der Schuldner als Dritten gehörig bezeichnet oder die von Dritten beansprucht werden ( BGE 107 III 81 ; BGE 99 III 54 f.; BGE 97 II 117 f.; BGE 91 III 56 E. 4; BGE 82 III 53 E. 3; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Bern 1988, S. 165). Im ersten Entscheid, in dem das Bundesgericht festhielt, dass eine Lohnforderung erst nach dem unbeweglichen Vermögen zu pfänden sei, konnte es sich auf eine entsprechende Praxis der kantonalen Behörden und die Lehre stützen (vgl. JAEGER, a. a. O., N. 5 zu Art. 93 SchKG am Ende und N. 1 zu Art. 95, S. 290). Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid damit, dass die Lohnpfändung genauer betrachtet nur eine bedingte Pfändung sei, bedingt nämlich durch die künftige Entstehung der Lohnforderung und durch die Einschränkung gemäss Art. 93, d.h. nur soweit letztere das Existenzminimum übersteigen wird ( BGE 82 III 53 ). Somit legte das Bundesgericht mehr Gewicht auf die Beschaffenheit der Lohnforderung als auf die Pfändungsbeschränkung nach BGE 115 III 45 S. 50 Art. 93 SchKG . Es erklärte diese Reihenfolge der Pfändung ausdrücklich auch dann für anwendbar, wenn der Notbedarf nur beschränkt zu berücksichtigen ist, weil es sich bei der in Betreibung gesetzten Forderung um Alimente handelt ( BGE 82 III 53 ). In den nachfolgenden Entscheidungen hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer diese Rechtsprechung bestätigt, ohne auf ihre Begründung weiter einzugehen ( BGE 107 III 81 ; BGE 99 III 54 f.; BGE 97 II 117 f.; BGE 91 III 56 E. 4). c) Die Rekurrentin weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei der bereits ausgerichteten Kapitalabfindung im Gegensatz zum zukünftigen Lohn nicht um eine bedingte Forderung handle. Das Kapital steht dem Schuldner bedingungslos zu. Damit entfällt ein wesentlicher Grund dafür, die Pfändung von Grundstücken vorgehen zu lassen. Zu beachten bleibt aber, dass das Kapital nur soweit verwertet werden kann, als es zusammen mit den übrigen Einkünften für den Notbedarf des Schuldners nicht erforderlich ist ( BGE 113 III 16 ). Es ist somit zuerst zu errechnen, wie hoch die jährliche bzw. monatliche Rente wäre, die der Schuldner mit der Kapitalabfindung hätte erwerben können. Sodann ist der monatliche Notbedarf des Schuldners zu bestimmen. Für die Befriedigung des Gläubigers steht schliesslich nur jener Teil des Kapitals zur Verfügung, der während eines Jahres der hypothetischen monatlichen Rente abzüglich des durch das übrige Einkommen nicht gedeckten Notbedarfes entspricht ( BGE 113 III 16 ; vgl. auch JdT 137 (1989), II 116, N. 8). Die Verwertung einer gepfändeten Kapitalabfindung erstreckt sich somit - wie bei einer Lohnpfändung - über ein Jahr, was im allgemeinen weder im Interesse des Gläubigers noch des Schuldners ist. Es rechtfertigt sich deshalb, eine Kapitalabfindung auch mit Bezug auf die Reihenfolge der Pfändung einer Rente gleichzustellen. 3. a) Die vom Gesetz und der Rechtsprechung vorgeschriebene Reihenfolge der zu pfändenden Werte enthält allerdings keine starren Rechtssätze. Sie darf bloss als Richtlinie betrachtet werden, wovon aus wichtigen Gründen abgewichen werden kann ( BGE 91 III 56 ; EICHENBERGER, Die Reihenfolge in der Pfändung der Vermögensobjekte nach Art. 95 SchKG , BlSchK 1970, S. 5 oben). Art. 95 SchKG belässt damit dem Betreibungsamt ein gewisses Ermessen. Es hat bei der Auswahl der zu pfändenden Gegenstände die Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Es fragt sich allerdings, ob Art. 95 Abs. 5 SchKG es zulässt, von den in Art. 95 Abs. 1 bis 4 SchKG aufgestellten Grundsätzen abzuweichen, oder BGE 115 III 45 S. 51 ob diese Bestimmung das Betreibungsamt nur verpflichtet, die Interessen beider Parteien angemessen zu berücksichtigen, soweit die Pfändung verschiedener Gegenstände der gleichen Kategorie in Frage steht. Die Vorinstanz hat mit EICHENBERGER (a. a. O. S. 9 f.) ein Abweichen von den in Art. 95 Abs. 1 bis 4 SchKG festgelegten Grundsätzen abgelehnt. Demgegenüber schloss das Bundesgericht in BGE 91 III 56 f. diese Möglichkeit nicht aus. In einem unveröffentlichten Entscheid vom 14. Mai 1987 (i. S. P. c. GE, E. 2) hat es schliesslich die Pfändung eines Ferienhauses vor der Pfändung von Aktien mit der Begründung geschützt, dass dieses Abweichen von den in Art. 95 SchKG aufgestellten Grundsätzen im Interesse der Schuldnerin geboten sei, weil der Aktiengesellschaft das Haus gehörte, welches die Schuldnerin bewohnte. Vom Zweck der Norm her, nämlich die Interessen von Schuldner und Gläubiger angemessen zu wahren und eine möglichst einfache und rasche Verwertung der gepfändeten Gegenstände zu ermöglichen, ist nicht ersichtlich, warum ein Abweichen von der vorgegebenen Rangordnung aus wichtigen Gründen unzulässig sein sollte. Soweit die kantonale Aufsichtsbehörde ein Abweichen von den in Art. 95 Abs. 1 bis 4 SchKG aufgestellten Grundsätzen von vornherein abgelehnt hat, kann dem Entscheid nicht gefolgt werden. b) Die kantonale Aufsichtsbehörde ist aber nicht nur deshalb von der in Art. 95 SchKG festgelegten Pfändungsordnung nicht abgewichen, weil sie diese für zwingend gehalten hat. Sie führt vielmehr zusätzlich aus, dass auch ein Abwägen der Parteiinteressen nicht zu einem anderen Ergebnis führen könne. Die Liegenschaft in K. sei bereits für eine vorgehende Gläubigergruppe gepfändet und in jener Betreibung sei das Verwertungsbegehren schon gestellt worden. Sinngemäss hält die Vorinstanz dem zweifellos bedeutenden Interesse der Rekurrentin daran, dass nicht durch ihre eigene Betreibung jene Liegenschaft verwertet werde, die sie selber bewohnt, entgegen, dass die Verwertung wegen der vorgehenden Gläubiger ohnehin erfolgen werde. Das Verwertungsbegehren sei in dieser ersten Betreibung auch schon gestellt. Demgegenüber bestreitet die Rekurrentin das Vorliegen eines Verwertungsbegehrens bezüglich der Liegenschaft in K. Damit übt sie indessen unzulässige Kritik an den von der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellten tatsächlichen Verhältnissen (Art. 81 in Verb. mit 63 Abs. 2 OG). Auf den Rekurs kann insoweit nicht eingetreten werden. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass das Betreibungsamt der Gemeinde P. in seiner BGE 115 III 45 S. 52 Vernehmlassung die Darstellung der Rekurrentin insofern bestätigt, als es ausführt, die Verwertung könne zur Zeit nicht erfolgen, weil die Leistung des für diese notwendigen Kostenvorschusses von der Rekurrentin verweigert worden sei. Die Vorinstanz ist somit in Abwägung der gegenseitigen Interessen zum Ergebnis gelangt, dass in der vorliegenden Betreibung eine Pfändung der Liegenschaft in K. vor der Kapitalabfindung als angemessen erscheine. Das Bundesgericht kann diesen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde nur darauf hin überprüfen, ob nicht Bundesrecht verletzt sei. Demgegenüber ist eine Prüfung auf blosse Unangemessenheit nicht zulässig (vgl. BGE 91 III 57 ). Da die kantonalen Behörden ihr Ermessen weder überschritten noch überhaupt nicht genutzt haben, ist der Entscheid auch in dieser Hinsicht zu schützen.
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e98298e7-3b14-4a97-ae39-741b601ccb0f
Urteilskopf 85 I 243 38. Auszug aus dem Urteil vom 23. Oktober 1959 i.S. X. gegen Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich.
Regeste Wehrsteuer auf dem Liquidationsgewinn, Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB. 1. Tragweite dieser Bestimmung. Fall des Steuerpflichtigen, der einen Betriebszweig (Bäckerei) aufgibt mit der Folge, dass die Buchführungspflicht dahinfällt, wobei er die Liegenschaft für den aufrecht erhaltenen Betriebszweig (Gastwirtschaft) weiterverwendet und sie schliesslich mit Gewinn verkauft. Zeitpunkt der Geschäftsaufgabe: Verpachtung der Bäckerei oder Verkauf der Liegenschaft? Berechnung des Liquidationswertes (Erw. 1 und 2). 2. Aufteilung der Liegenschaft in Geschäfts- und Privatvermögen? (Erw. 3). 3. Verbindlichkeit des Buchwertes (Erw. 4). 4. Darf die kantonale Rekurskommission in einem Falle, wo die Veranlagungsbehörde den Liquidationsgewinn und das übrige Einkommen zu Unrecht gesondert eingeschätzt, der Steuerpflichtige aber nur die Besteuerung des Liquidationsgewinnes angefochten hat, die beiden Veranlagungen in eine einzige zusammenziehen? (Erw. 7).
Sachverhalt ab Seite 244 BGE 85 I 243 S. 244 A.- Der Beschwerdeführer erbte im Jahre 1939 von seinem Vater eine Liegenschaft. Er betrieb dort fortan eine Bäckerei und Konditorei sowie eine Wirtschaft. Auf den 1. März 1955 verpachtete er die Bäckerei und Konditorei seinem Sohne. Er selbst gab diesen Geschäftszweig auf. Auf den 1. November 1956 verkaufte er die Liegenschaft. Die Wirtschaft betrieb er als Pächter weiter. Das Haus enthielt ausser den Geschäftsräumlichkeiten zwei Wohnungen; die eine benützte der Beschwerdeführer, und die andere war an seinen Sohn vermietet. Bei der letzten Steuertaxation des Vaters des Beschwerdeführers war die Liegenschaft mit Fr. 59'500.-- bewertet BGE 85 I 243 S. 245 worden. Der Beschwerdeführer führte erst vom 1. Januar 1946 an eine Buchhaltung über seine beiden Betriebe. Die Liegenschaft setzte er darin stets mit Fr. 60'000.-- ein. Bei seiner Veranlagung zur kommunalen Grundstückgewinnsteuer (Verfügung vom 4. März 1957) wurde der Verkehrswert der Liegenschaft im Jahre 1936 auf Fr. 134'500.-- geschätzt. Der Beschwerdeführer verkaufte das Grundstück zum Preise von Fr. 500'000.--. B.- Die Veranlagungsbehörde schätzte den Beschwerdeführer zur Wehrsteuer 9. Periode (Steuerjahre 1957 und 1958, Berechnungsjahre 1955 und 1956) für eine ordentliche Steuer vom Einkommen (Fr. 8600.--) und Vermögen (Fr. 373'000.--) ein, ferner gesondert für eine Jahressteuer gemäss Art. 43 WStB auf dem bei der Veräusserung der Liegenschaft erzielten Gewinn (gemäss Einspracheentscheid Fr. 430'700.--, nach Abzug des steuerfreien Betrages von Fr. 2000.--). Der Steuerpflichtige zog die Veranlagung zur Jahressteuer an die kantonale Rekurskommission weiter. Diese wies die Beschwerde ab. In der Annahme, dass kein Anlass zur Erhebung einer besonderen Jahressteuer bestehe, bezog sie den Liegenschaftsgewinn in die Berechnung der ordentlichen Steuer für Einkommen ein. Sie erhöhte daher den Betrag von Fr. 8600.-- um die Hälfte des auf Fr. 427'808.-- bestimmten Liegenschaftsgewinnes und setzte demgemäss das steuerbare Einkommen auf Fr. 222'500.-- fest. Die Vermögenstaxation liess sie unverändert (Entscheid vom 22. April 1959). C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben, zu erkennen, dass ein steuerbarer Kapitalgewinn überhaupt nicht, eventuell nicht in der von der kantonalen Behörde angenommenen Höhe vorliege, und festzustellen, dass der Beschwerdeführer zur Wehrsteuer der 9. Periode für ein Einkommen von Fr. 8600.-- und ein Vermögen von Fr. 373'000.-- bereits rechtskräftig eingeschätzt sei. Es wird geltend gemacht, der Beschwerdeführer habe die Bäckerei und Konditorei schon am 1. März 1955, mit BGE 85 I 243 S. 246 der Verpachtung an den Sohn, aufgegeben. Im Zeitpunkte des Verkaufes der Liegenschaft sei er nicht mehr buchführungspflichtig gewesen, so dass Art. 21 Abs 1 lit. d WStB nicht anwendbar sei. Eventuell wäre nur derjenige Teil der Liegenschaft, welcher in diesem Zeitpunkte dem Wirtschaftsbetriebe gedient habe, als Geschäftsvermögen zu betrachten, so dass vom gesamten Verkaufsgewinn nur 12% besteuert werden könnten. Sodann wäre als unterer Vergleichswert nicht der Buchwert, der offensichtlich unrichtig sei, sondern der Gestehungswert einzusetzen, nämlich der Verkehrswert im Jahre 1936 gemäss Veranlagung zur kommunalen Grundstückgewinnsteuer. Zu Unrecht sei die Rekurskommission in einem Verfahren, das lediglich die Jahressteuer gemäss Art. 43 WStB betroffen habe, auf die ordentliche Veranlagung zurückgekommen. Diese sei längst in Rechtskraft erwachsen. D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht folgt diesem Antrag. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Wehrsteuerbeschluss trifft für die Besteuerung des Einkommens buchführungspflichtiger physischer Personen besondere Anordnungen. Danach bilden Kapitalgewinne aus Veräusserung oder Verwertung sowie verbuchte Vermehrungen des Wertes von Vermögensstücken Bestandteile des Roheinkommens (Art. 21 Abs. 1 lit. d und f), während anderseits Entwertungen und Geschäftsverluste abgezogen werden dürfen (Art. 22 Abs. 1 lit. b und c). Es wird auf den Geschäftserfolg abgestellt, wobei Gewinne und Verluste auf geschäftlichen Investitionen einbezogen werden. Die Sonderregelung nimmt darauf Rücksicht, dass Wertvermehrungen, die im Geschäftsbetrieb entstehen, vielfach zunächst als mehr oder weniger unsicher erscheinen und daher vom Betriebsinhaber im Rahmen seines geschäftlichen Ermessens in Reserve gehalten werden. Die BGE 85 I 243 S. 247 Reserven brauchen vorerst nicht als Einkommen versteuert zu werden. Anderseits ist dafür gesorgt, dass die Mehrwerte schliesslich doch von der Einkommenssteuer erfasst werden, wenn sie verbucht oder realisiert werden (Art. 21 Abs. 1 lit. f und d WStB) und sich so als endgültig erworben erweisen. Sie werden auf jeden Fall, ohne Rücksicht auf die Verbuchung (lit. f), dann der Einkommenssteuer unterworfen, wenn sie als Kapitalgewinne bei der Veräusserung oder Verwertung von Betriebsvermögen in Erscheinung treten (lit. d). Im einen oder anderen Zeitpunkt werden sie entweder in die ordentliche Steuerberechnung (Art. 41 WStB) einbezogen oder, bei Aufhören der Steuerpflicht und bei Vornahme einer Zwischenveranlagung, mit einer besonderen Jahressteuer belegt (Art. 43 WStB). Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB ist weit gefasst. Die Bestimmung erwähnt neben der Veräusserung auch die Verwertung von Vermögensstücken. Lediglich als Beispiele nennt sie Liegenschaftsgewinne, Mehrerlös aus Wertschriften und Liquidationsgewinne bei Aufgabe oder Veräusserung eines Unternehmens; die Aufzählung ist nicht abschliessend. Die Vorschrift erfasst alle Kapitalgewinne, die im Betriebe des buchführungspflichtigen Unternehmens durch Realisierung (Veräusserung oder Verwertung) von Geschäftsvermögen erzielt werden. Eine Realisierung liegt vor, wenn das Vermögensstück, dessen Wert sich vermehrt hat, aus dem Geschäftsvermögen ausgeschieden wird, oder wenn das Unternehmen selbst liquidiert (aufgegeben oder veräussert) wird. Nach der Rechtsprechung fallen unter Art. 21 Abs 1 lit. d WStB auch Kapitalgewinne, die im Betriebe des buchführungspflichtigen Unternehmens dadurch erzielt werden, dass der Inhaber bei der Aufgabe des Unternehmens Geschäftsvermögen, z.B. eine Liegenschaft, in sein Privatvermögen überführt und damit verwertet ( BGE 76 I 208 Erw. 1; vgl. auchBGE 79 I 365Erw. 1). Gleich zu behandeln ist der Fall, wo der Inhaber das Unternehmen, für das er bisher zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet war, BGE 85 I 243 S. 248 teilweise aufgibt, nur einen beschränkten Betrieb, welcher der Buchführungspflicht nicht mehr unterliegt, aufrecht erhält, die bisher im Geschäft investierte Liegenschaft behält und sie weiterhin für den verkleinerten Betrieb verwendet. Auch bei solcher Umwandlung, welche eine Liquidation darstellt, wird im Betriebe eines buchführungspflichtigen Unternehmens Geschäftsvermögen verwertet. Ein dabei vom Unternehmen erzielter Kapitalgewinn ist nachArt. 21 Abs. 1 lit. d WStB als Einkommen zu besteuern. Wie der bisher buchführungspflichtige Betriebsinhaber die Besteuerung des Mehrwerts nicht in der Weise vermeiden kann, dass er das betreffende Vermögensstück vorerst in sein Privatvermögen überführt und sodann, nach dem Wegfall der Buchführungspflicht, veräussert ( BGE 76 I 209 f.), so kann er ihr auch nicht dadurch entgehen, dass er den Betrieb zum Teil aufgibt und infolgedessen sich der Buchführungspflicht entledigt, das Vermögensstück aber behält und in dem aufrecht erhaltenen Betriebsteil weiterverwendet. 2. Der Beschwerdeführer war bis zum 1. März 1955 als Inhaber einer Bäckerei und Konditorei und einer Wirtschaft zur Eintragung im Handelsregister und daher auch zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichtet ( Art. 957, 934 Abs. 1 OR , Art. 52 ff. HRegV ). Die Umsätze seiner beiden Betriebe, von denen auf jeden Fall der Wirtschaftsbetrieb seiner Natur nach eintragspflichtig war ( BGE 78 I 433 ), haben zusammen ( Art. 56 HRegV ) das erforderliche Minimum (bis 1. Januar 1955 Fr. 25'000.--, seither Fr. 50'000.--) überstiegen. Auf den 1. März 1955 hat der Beschwerdeführer die Bäckerei und Konditorei dem Sohne verpachtet. Seit diesem Zeitpunkte hat er im Wirtschaftsgewerbe, das er einzig noch weitergeführt hat, jenes Minimum nicht mehr erreicht, war er also nicht mehr buchführungspflichtig. Er hat einen Betriebszweig aufgegeben mit der Folge, dass die Buchführungspflicht weggefallen ist, hat aber die im bisherigen Unternehmen investierte Liegenschaft zunächst behalten, für den aufrecht BGE 85 I 243 S. 249 erhaltenen Betriebszweig weiterverwendet und erst auf den 1. November 1956 verkauft. So hat er im Betriebe des buchführungspflichtigen Unternehmens, bei dessen Umwandlung (Liquidation), durch Verwertung der Liegenschaft einen in diesem Bestandteil des bisherigen Geschäftsvermögens entstandenen Mehrwert realisiert. Der auf diese Weise erzielte Kapitalgewinn unterliegt, nach den Ausführungen in Erwägung 1 hiervor, gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB der Wehrsteuer für Einkommen. Die Rechtsprechung erblickt in der Verpachtung eines bisher vom Verpächter geführten Betriebes nur dann eine (endgültige) Geschäftsaufgabe, wenn besondere Umstände eine spätere Rückkehr des Verpächters zur Selbstbewirtschaftung ausschliessen ( BGE 82 I 178 ; Archiv für schweiz. Abgaberecht Bd. 24, S. 281; Bd. 26, S. 443). Läge hier ein solcher Ausnahmefall vor, so wäre der 1. März 1955, an dem das Pachtverhältnis begonnen hat, der für die Besteuerung des Kapitalgewinns massgebende Zeitpunkt. Andernfalls wäre es der 1. November 1956, auf den die Liegenschaft verkauft worden ist; denn es müsste angenommen werden, dass spätestens in diesem Zeitpunkte die Liquidation des buchführungspflichtigen Unternehmens endgültig geworden ist, weil seither der Beschwerdeführer keine Möglichkeit mehr hatte, die Bäckerei und Konditorei zur Selbstbewirtschaftung zurückzunehmen. Bei dieser Betrachtungsweise wäre unerheblich, dass er schon seit dem 1. März 1955 nicht mehr buchführungspflichtig war. Die Aufgabe und die Veräusserung eines Unternehmens sind Akte der Betriebsführung. Sie bringen diese zum Abschluss und gehören notwendig zu ihr. Indessen schliessen sie sich zeitlich nicht immer an die eigentliche Betriebsführung an. Sie erfordern Zeiträume, welche die Ausnützung geschäftlicher Gegebenheiten und Gelegenheiten ermöglichen. Diesen Verhältnissen ist bei der Besteuerung des Kapitalgewinnes Rechnung zu tragen ( BGE 82 I 179 ). Ist die Liquidation erst am 1. November 1956 endgültig geworden, so ist als Liquidationswert der Liegenschaft der BGE 85 I 243 S. 250 damals erzielte Verkaufspreis von Fr. 500'000.-- in Rechnung zu stellen. Ist dagegen auf den 1. März 1955 abzustellen, so ist als solcher Wert der Preis zu betrachten, den der Beschwerdeführer erhalten hätte, wenn er die Liegenschaft schon in diesem Zeitpunkte verkauft hätte, statt sie zunächst in dem verkleinerten, nicht mehr buchführungspflichtigen Betriebe weiterzuverwenden (vgl. BGE 76 I 210 Erw. 2; BGE 79 I 366 Erw. 2). Die kantonale und die eidgenössische Steuerverwaltung setzen den Verkehrswert am 1. März 1955 dem im Jahre 1956 erzielten Verkaufspreis gleich. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass die beiden Werte auseinandergehen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist der Annahme der Verwaltungen zuzustimmen.... Es braucht nicht näher geprüft zu werden, welchem der zwei in Betracht kommenden Zeitpunkte - die beide in die Berechnungsperiode für die Wehrsteuer IX fallen - der Vorzug zu geben ist; denn so oder so ist das Ergebnis praktisch dasselbe. 3. Der realisierte Mehrwert der Liegenschaft unterliegt der Wehrsteuer für Einkommen, wenn und soweit er im Geschäftsvermögen des buchführungspflichtigen Betriebes entstanden ist. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Liegenschaft habe nur zum Teil solches Vermögen gebildet. Der Einwand ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat die Liegenschaft zum Betriebe seines buchführungspflichtigen Unternehmens verwendet; in dem Gebäude befanden sich die Räumlichkeiten sowohl der Bäckerei und Konditorei als auch der Wirtschaft. Diese gemischte Unternehmung hat am 28. Februar 1955 noch bestanden. Wäre anzunehmen, dass sie erst am 1. November 1956 endgültig liquidiert worden ist, so hätte sie eben bis dahin weitergedauert; es würde vorausgesetzt, dass nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Bäckerei und Konditorei, ungeachtet ihrer Verpachtung, so lange in der Hand des Beschwerdeführers geblieben sei. Auch die beiden Wohnungen haben den Interessen des buchführungspflichtigen Gesamtbetriebes gedient. Wenn eine Unternehmung BGE 85 I 243 S. 251 ein ihr gehörendes Gebäude, dessen sie für ihren Betrieb bedarf, rationell auswerten will, so wird sie sich unter Umständen veranlasst sehen, darin Wohnungen einzurichten oder bestehen zu lassen; dann gehört die Ausnützung des Mietwertes der Wohnungen zum Geschäftsbetrieb und ist die ganze Liegenschaft Geschäftsvermögen. So verhält es sich hier. Die zwei Wohnungen im Hause des Beschwerdeführers sind im Rahmen des Betriebes des buchführungspflichtigen Unternehmens verwendet worden. Sie waren vom Beschwerdeführer und seinem Sohne belegt, also vom Betriebsinhaber und seiner Familie. Diese Verwendung hat offensichtlich den Geschäftsinteressen entsprochen; denn die Bäckerei und Konditorei und die Wirtschaft wären weniger leicht zu führen gewesen, wenn der Inhaber und seine Angehörigen nicht in unmittelbarer Nähe gewohnt hätten. Aus der Gesamtheit der tatsächlichen Verhältnisse ( BGE 70 I 260 Erw. 3) muss geschlossen werden, dass die Liegenschaft im ganzen Umfange im buchführungspflichtigen Unternehmen des Beschwerdeführers als Geschäftsvermögen investiert war. 4. Bei der Ermittlung des steuerbaren Kapitalgewinns ist vom Buchwert auszugehen, welcher den bisherigen Einschätzungen zur Einkommenssteuer zugrunde gelegt worden ist ( BGE 82 I 114 ; BGE 83 I 345 Erw. 3). Das ist hier, was die Liegenschaft (ohne Mobiliar und Maschinen) anbelangt, der Betrag von Fr. 60'000.--, den die Rekurskommission in Rechnung stellt. .. Das Begehren des Beschwerdeführers, anstelle dieses Buchwertes sei der - nach seiner Darstellung weit höhere - Gestehungswert einzusetzen, ist unbegründet. Wohl hat das Bundesgericht in dem vom Beschwerdeführer zitierten Urteil ( BGE 83 I 345 Erw. 3) erklärt, dass der Buchwert nicht massgeblich ist, wenn der gebuchte Anfangswert in offensichtlichem Widerspruch zur wirklichen Sachlage steht, namentlich wenn er wesentlich tiefer ist als der Betrag der Kosten, die der Steuerpflichtige hat aufwenden müssen, um das Objekt in das Geschäft einbringen zu BGE 85 I 243 S. 252 können. Hier hat man es jedoch nicht mit einem solchen Falle zu tun. Der Beschwerdeführer hat die Liegenschaft als Alleinerbe des Vaters erhalten; es waren keine Miterben vorhanden, die er hätte abfinden müssen. Er konnte den in seine Bilanz einzusetzenden Anfangswert des Objektes im Rahmen seines geschäftlichen Ermessens bestimmen. Er hat an den Wert angeknüpft, zu dem die Liegenschaft bei der letzten Steuerveranlagung des Vaters angerechnet worden war (Fr. 59'500.--). Diesen Wert (abgesehen von einer geringfügigen Differenz von Fr. 500.--) hat er in der seit 1946 geführten Buchhaltung stets ausgewiesen, und auf dieser Grundlage ist er jeweils zur Wehrsteuer für Einkommen veranlagt worden, was nach dem Wehrsteuerbeschluss, der dem Buchführungspflichtigen bei der Bewertung der Bilanzposten einen gewissen Spielraum einräumt, zulässig war ( BGE 76 I 64 ; BGE 82 I 116 ). Bei der von ihm seinerzeit gewählten und stets festgehaltenen Bewertung muss er sich nun behaften lassen; er kann nicht hinterher einwenden, sie sei offensichtlich unrichtig gewesen. Würde seinem Begehren stattgegeben, so würde ein Mehrwert, der im Betriebe des buchführungspflichtigen Unternehmens - nach seinen eigenen Buchungen - entstanden und realisiert worden ist, entgegen der gesetzlichen Ordnung nicht vollständig erfasst. 5. ... 6. ... 7. Zu Unrecht erhebt der Beschwerdeführer die Einrede der Rechtskraft. Die "ordentlichen" Einkünfte einerseits und der bei einer Liquidation erzielte Kapitalgewinn anderseits bilden die Grundlage der Besteuerung des gesamten Einkommens; sie sind ein Ganzes, selbst wenn der Kapitalgewinn aus der allgemeinen Einkommensberechnung herausgenommen, nach Art. 43 WStB gesondert besteuert wird ( BGE 79 I 366 Erw. 2). Die beiden zu gleicher Zeit getroffenen Verfügungen, in denen die Veranlagungsbehörde im vorliegenden Fall einerseits das "ordentliche" Einkommen (und das Vermögen) und anderseits BGE 85 I 243 S. 253 den in der nämlichen Berechnungsperiode realisierten Kapitalgewinn erfasst hat, waren Bestandteile einer die Besteuerung des gesamten Einkommens ordnenden einheitlichen Entscheidung. Mit der einen Verfügung wurde das bei Ausscheidung des Kapitalgewinns sich ergebende steuerbare Einkommen auf Fr. 8600.-- festgelegt und der entsprechenden Teilsteuer unterworfen, mit der anderen der Kapitalgewinn bestimmt und mit einer besonderen Jahressteuer belastet. Die Rekurskommission hat die den Kapitalgewinn betreffende Teilverfügung aufgehoben; sie hat diesen Gewinn - den sie neu berechnet hat - zu den übrigen Einkünften hinzugerechnet und so das gesamte steuerbare Einkommen festgelegt. Von Missachtung der Rechtskraft könnte allenfalls die Rede sein, wenn die Rekursinstanz entschieden hätte, dass das steuerbare Einkommen ohne Einrechnung des Kapitalgewinns mehr oder weniger als Fr. 8600.-- ausmache. Sie hat das jedoch nicht getan, sondern - richtigerweise - erkannt, dass der Kapitalgewinn zusammen mit dem übrigen Einkommen zu besteuern sei. Es ist klar, dass sie sich damit nicht über eine rechtskräftige Entscheidung hinweggesetzt hat. Die Frage, ob die Bestandteile des Einkommens zusammenzurechnen seien, war offensichtlich nicht endgültig erledigt, sondern noch offen, als der angefochtene Entscheid getroffen wurde. Die Rekurskommission konnte auch darüber urteilen, nachdem der Steuerpflichtige den Fall durch Beschwerde an sie weitergezogen hatte.
public_law
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de
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CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
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Urteilskopf 138 III 453 67. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Bank X. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_678/2011 vom 2. Mai 2012
Regeste Art. 121, Art. 492 Abs. 4, Art. 493 Abs. 2 und Art. 502 Abs. 2 OR ; Einreden des Bürgen, wenn der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Art. 502 Abs. 2 OR , gemäss dem ein Verzicht des Hauptschuldners auf ihm zustehende Einreden dem Bürgen gegenüber nicht gilt, ist auf das Leistungsverweigerungsrecht des Bürgen gemäss Art. 121 OR analog anwendbar. Voraussetzungen, unter denen der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern kann, wenn der Hauptschuldner diesem gegenüber auf die Verrechnung verzichtet hat (E. 2.2). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen nicht daran, die Erfüllung einer Schuld sicherzustellen, bezüglich welcher der Hauptschuldner auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat. Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners unterliegt nicht dem Formerfordernis von Art. 493 Abs. 2 OR (E. 2.3).
Erwägungen ab Seite 454 BGE 138 III 453 S. 454 Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Wie bereits vor dem Kantonsgericht bestritt der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz nicht den Bestand der betriebenen Bürgschaftsforderung in der Höhe von insgesamt Fr. 2'183'805.55. Er machte jedoch geltend, die Beschwerdegegnerin habe durch ihr Geschäftsgebaren die Hauptschuldnerin geschädigt, weshalb er als Bürge die daraus resultierenden Schadenersatzansprüche verrechnungsweise geltend machen könne. Die Beschwerdegegnerin verwies demgegenüber darauf, dass die Hauptschuldnerin im Darlehensvertrag vom 13. Dezember 2004 auf die Verrechnung ausdrücklich verzichtet und der Beschwerdeführer den betreffenden Vertrag einerseits als Organ der Hauptschuldnerin und andererseits als Bürge unterzeichnet habe. Die Vorinstanz stellte fest, der Beschwerdeführer habe bei Abschluss der Bürgschaft vom Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin gegenüber der Beschwerdegegnerin Kenntnis gehabt. Der Auffassung der Beschwerdegegnerin folgend, erwog sie, der Beschwerdeführer müsse sich als Bürge den entsprechenden Verzicht entgegenhalten lassen, und es sei ihm demzufolge nach sachgerechter Auslegung von Art. 502 Abs. 2 OR verwehrt, seine Bürgschaftsschuld gegenüber der Beschwerdegegnerin mit angeblichen Forderungen der Hauptschuldnerin gegenüber der Beschwerdegegnerin "zu verrechnen". Daraus schloss sie, die Verrechnungseinrede des Beschwerdeführers sei unzulässig. 2.2 Der Beschwerdeführer rügt zunächst, diese Auffassung verletze Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR . 2.2.1 Durch den Bürgschaftsvertrag übernimmt der Bürge gegenüber dem Gläubiger die Pflicht, für die Erfüllung der Schuld eines Dritten, des Hauptschuldners, einzustehen ( Art. 492 Abs. 1 OR ). Die Bürgschaftsverpflichtung setzt den Bestand der sicherzustellenden Verpflichtung voraus. Sie ist dieser beigeordnet und hängt in Bestand und BGE 138 III 453 S. 455 Inhalt notwendigerweise von ihr ab; die Bürgschaft ist akzessorisch. Sie sichert die Zahlungsfähigkeit des Schuldners oder die Erfüllung eines Vertrages ( BGE 129 III 702 E. 2.1 S. 704; BGE 125 III 305 E. 2b S. 307; BGE 113 II 434 E. 2a; BGE 111 II 276 E. 2b S. 279). Entsprechend dem Grundsatz der Akzessorietät stehen dem Bürgen die Einreden des Hauptschuldners zu, die sich nicht auf dessen Zahlungsunfähigkeit stützen ( Art. 502 Abs. 1 OR ). Art. 502 Abs. 2 OR erweitert diesen Schutz, indem er den Bürgen ermächtigt, eine Einrede des Hauptschuldners auch geltend zu machen, wenn dieser darauf verzichtet hat. Gemäss Art. 121 OR kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, soweit dem Hauptschuldner das Recht zur Verrechnung zusteht. Diese Bestimmung schützt den Bürgen dann, wenn der Hauptschuldner die Verrechnung erklären könnte, dies aber nicht tut. Diesfalls fehlt es an der Gestaltungserklärung des Hauptschuldners für die Tilgung der Hauptschuld durch Verrechnung, und nach dem Akzessorietätsprinzip müsste auch der Bürge weiterhaften. Denn dieser kann nicht selbst eine Forderung des Hauptschuldners gegenüber dem Gläubiger zur Verrechnung bringen und damit den Untergang seiner Bürgschaftsschuld bewirken ( BGE 126 III 25 E. 3b). Hier greift Art. 121 OR , der dem Bürgen in derartigen Konstellationen eine aufschiebende Einrede gegen die Durchsetzung der Bürgschaftsschuld gewährt (AEPLI, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1991, N. 45 zu Art. 121 OR ; KILLIAS, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 7 zu Art. 121 OR ; MÜLLER, Der Schutz des Bürgen im schweizerischen Privatrecht, 2010, S. 171 f.; OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1945, N. 11 zu Art. 502 OR ; PETER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 1 f. zu Art. 121 OR ; SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2009, S. 508; SCYBOZ, Garantievertrag und Bürgschaft, in: Obligationenrecht, Besondere Vertragsverhältnisse, SPR Bd. VII/2, 1979, S. 384; vgl. auch ENGEL, Contrats de droit suisse, 2. Aufl. 2000, S. 651). Im Gegensatz zur Verrechnungserklärung des Hauptschuldners lässt die auf Art. 121 OR gestützte Einrede des Bürgen den Bestand von Haupt- und Bürgschaftsforderung unberührt (AEPLI, a.a.O., N. 45 zu Art. 121 OR ). 2.2.2 Bislang vom Bundesgericht noch nicht entschieden ist die Frage, welche Rechtsfolgen es für den Bürgen nach sich zieht, wenn der Hauptschuldner auf seinen Verrechnungsanspruch verzichtet und damit sein Recht verliert, durch Verrechnungserklärung die BGE 138 III 453 S. 456 Hauptforderung (im Umfang der Verrechnung) zum Untergang zu bringen. Namentlich fragt sich, ob in diesem Fall die Regelung von Art. 502 Abs. 2 OR Anwendung findet. In BGE 126 III 25 liess das Bundesgericht die Frage offen, ob der Bürge seine Leistung in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 und Art. 121 OR verweigern kann, wenn der Hauptschuldner, nach Abschluss des Bürgschaftsvertrags und ohne Zustimmung des Bürgen, auf eine Verrechnungsforderung verzichtet hat, da der Bürge im zu beurteilenden Fall dem Verzicht des Hauptschuldners zugestimmt hatte (E. 3b). Das Bundesgericht wies in diesem Entscheid aber immerhin auf die Lehrmeinung hin, gemäss der sich der Bürge gestützt auf Art. 502 Abs. 2 OR einen nach Abschluss der Bürgschaft und ohne seine Zustimmung ergangenen Verrechnungsverzicht nicht entgenhalten lassen müsse (AEPLI, a.a.O., N. 29 zu Art. 121 OR ; BECKER, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1941, N. 3 zu Art. 121 OR ; GIOVANOLI, in: Berner Kommentar, 2. Aufl. 1978, N. 5b zu Art. 502 OR ; PETER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; SCYBOZ, a.a.O., S. 384). Die entsprechende Auffassung machte sich vorliegend die Vorinstanz zu eigen. Die zitierte Lehrmeinung geht von der Prämisse aus, dass Art. 502 Abs. 2 OR - obwohl die Bestimmung den Verzicht des Hauptschuldners auf Einreden und nicht den Verzicht auf Gestaltungsrechte zum Gegenstand hat - auch auf den Fall von Art. 121 OR Anwendung findet. Für diese Ansicht bestehen denn auch gute Gründe, da Art. 121 OR die akzessorischen Einredemöglichkeiten gemäss Art. 502 Abs. 1 OR ergänzt und beide Normen den Bürgen schützen, indem sie ihm ein im Verhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner begründetes Leistungsverweigerungsrecht einräumen. Es rechtfertigt sich daher, Art. 502 Abs. 2 OR , der den Schutz des Bürgen im Falle eines Verzichts des Hauptschuldners auf eine ihm zustehende Einrede erweitert, auf den von Art. 121 OR erfassten Verrechnungstatbestand anzuwenden. Dem Bürgen verbleibt somit in analoger Anwendung von Art. 502 Abs. 2 OR die Einrede gemäss Art. 121 OR , auch wenn der Hauptschuldner auf das ihm zustehende Verrechnungsrecht verzichtet. Noch nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage nach der inhaltlichen Tragweite von Art. 502 Abs. 2 OR . Diese Bestimmung beruht auf dem Grundgedanken, dass die Stellung des Bürgen nicht einseitig durch eine nachträgliche Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner soll verschlechtert werden können (AEPLI, BGE 138 III 453 S. 457 a.a.O., N. 15 zu Art. 121 OR ; BECK, Das neue Bürgschaftsrecht, 1942, N. 44 zu Art. 502 OR ; GUHL UND ANDERE, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 637 f. N. 55; KILLIAS, a.a.O., N. 4 zu Art. 121 OR ; MÜLLER, a.a.O., S. 170 f.; OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 26 zu Art. 502 OR ; PESTALOZZI, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 11 zu Art. 502 OR ; SCYBOZ, a.a.O., S. 385). Sie erfasst demnach nicht den hier zu beurteilenden Fall, dass der Hauptschuldner vor Abschluss der Bürgschaft und mit Zustimmung des Bürgen auf Einreden verzichtet hat. Daraus folgt, dass sich der Bürge jedenfalls dann nicht auf Art. 502 Abs. 2 OR berufen kann, wenn er die Bürgschaft im Wissen darum eingegangen ist, dass der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger auf die Verrechnung verzichtet hat. Dieser Fall ist wertungsmässig ähnlich gelagert wie der in BGE 126 III 25 entschiedene. Verzichtet der Hauptschuldner demgegenüber nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages und ohne Zustimmung des Bürgen auf die Verrechnung, so ist dem Bürgen mit der insofern einhelligen Lehre ein Leistungsverweigerungsrecht zuzugestehen (AEPLI, a.a.O., N. 29 zu Art. 121 OR ; BECKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; GIOVANOLI, a.a.O., N. 5b zu Art. 502 OR ; JEANDIN, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 2 zu Art. 121 OR ; MEIER, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 11 zu Art. 502 OR ; PETER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ; vgl. auch HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 9. Aufl. 2010, S. 418). 2.2.3 Vorliegend steht fest und bestreitet auch der Beschwerdeführer nicht, dass die Hauptschuldnerin im Darlehensvertrag vom 13. Dezember 2004 bezüglich der Darlehensforderung auf die Geltendmachung der Verrechnung verzichtete. Dieser Verzicht war auch ohne Weiteres zulässig, und zwar sowohl mit Bezug auf bestehende als auch betreffend zukünftige Verrechnungsforderungen ( Art. 126 OR ). Gemäss den bindenden Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz hatte der Beschwerdeführer als Bürge beim Eingehen der Bürgschaftsverpflichtung Kenntnis von der erwähnten Verzichtsklausel. Nach dem eben Ausgeführten kann er sich somit nicht auf Art. 502 Abs. 2 OR berufen, um gestützt auf die Verrechnungsmöglichkeit, wie sie der Hauptschuldnerin ohne Verzicht zustehen würde, die Leistung zu verweigern. 2.3 Der Beschwerdeführer sieht durch die vorinstanzliche Rechtsauffassung, er könne der Bürgschaftsforderung der Beschwerdegegnerin die behaupteten Verrechnungsansprüche der BGE 138 III 453 S. 458 Hauptschuldnerin nicht entgegenhalten, weiter auch Art. 492 Abs. 4 und Art. 493 Abs. 2 OR verletzt. Er macht geltend, gemäss Art. 492 Abs. 4 OR könne der Bürge, abgesehen von den im Gesetz vorgesehenen Fällen, auf die ihm im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts eingeräumten Rechte nicht zum Voraus verzichten. Zu den entsprechenden Rechten zähle der Anspruch des Bürgen, nach Art. 502 Abs. 2 OR Einreden des Hauptschuldners geltend zu machen, auch wenn dieser darauf verzichtet habe. Ein vorgängiger Verzicht des Bürgen auf dieses Recht sei im Gesetz nicht vorgesehen und daher gemäss Art. 492 Abs. 4 OR nicht zulässig. Gehe man hingegen - so der Beschwerdeführer weiter - von der Möglichkeit eines entsprechenden vorgängigen Verzichts aus, müssten dafür jedenfalls die qualifizierten Formvorschriften gemäss Art. 493 Abs. 2 OR gelten. Ein formgültiger Verzicht auf das Verrechnungsrecht liege - im Gegensatz etwa zu dem in der Bürgschaftserklärung enthaltenen Verzicht des Beschwerdeführers auf das beneficium excussionis realis - nicht vor. 2.3.1 Die Hauptschuldnerin hat vorliegend wie gesehen nicht nach Abschluss der Bürgschaft und ohne Zustimmung des Beschwerdeführers auf ihre Verrechnungseinrede verzichtet. Damit liegt kein Fall von Art. 502 Abs. 2 OR vor (E. 2.2.2), und es hilft dem Beschwerdeführer somit von vornherein nicht weiter, wenn er sich auf die Unverzichtbarkeit des in dieser Bestimmung normierten Rechts des Bürgen beruft. 2.3.2 Soweit der Beschwerdeführer dagegen annimmt, der Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin sei ihm gegenüber schon alleine gestützt auf Art. 121 OR in Verbindung mit Art. 492 Abs. 4 OR unwirksam, da Art. 121 OR eine unverzichtbare Einrede des Bürgschaftsrechts statuiere, verkennt er den Gehalt von Art. 492 Abs. 4 OR : Diese Bestimmung verbietet lediglich, dass der Bürge auf eigene Rechte , d.h. auf die seinem Schutze dienenden gesetzlichen Regeln, im Voraus verzichtet (vgl. BECK, a.a.O., N. 134 f. zu Art. 492 OR ; PESTALOZZI, a.a.O., N. 8 zu Art. 493 OR ). Mit anderen Worten untersagt sie ausschliesslich den Vorausverzicht des Bürgen selbst auf die ihm von Gesetzes wegen im Verhältnis zum Gläubiger und zum Hauptschuldner zustehenden Rechte. Der Bürge kann demnach zwar nicht im Voraus darauf verzichten, dem Gläubiger die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden und Einwendungen entgegenzusetzen. Diese Befugnis ergibt sich bereits aus der Akzessorietät der Bürgschaft, der es grundsätzlich widersprechen würde, wenn der BGE 138 III 453 S. 459 Bürge eine strengere Verpflichtung eingehen würde als der Hauptschuldner (vgl. BGE 129 III 702 E. 2.1 S. 704; BECK, a.a.O., N. 93 zu Art. 492 sowie N. 47 zu Art. 502 OR ; OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 33 zu Art. 502 OR ). Sie steht dem Bürgen jedenfalls aus eigenem Recht zu (SCYBOZ, a.a.O., S. 382), weshalb er gemäss Art. 492 Abs. 4 OR nicht von vornherein darauf verzichten kann (PESTALOZZI, a.a.O., N. 4 zu Art. 502 OR ; vgl. auch GIOVANOLI, a.a.O., N. 88 zu Art. 492 OR ; MÜLLER, a.a.O., S. 46). Art. 492 Abs. 4 OR hindert den Bürgen demgegenüber nicht daran, für die Erfüllung einer Schuld einzustehen, bezüglich welcher der Hauptschuldner in Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht auf Einwendungen oder Einreden verzichtet hat (anders wohl BECK, a.a.O., N. 47 zu Art. 502 OR ). Dieses Ergebnis ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Zwanzigste Titel des Obligationenrechts keine Regeln zum möglichen Inhalt der zu sichernden Hauptforderung respektive zu den Einwendungen und Einreden des Hauptschuldners enthält, sondern lediglich in Art. 492 Abs. 2 OR festhält, dass die Bürgschaft eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraussetzt. Damit fehlt es an einer Bestimmung im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts, die es dem Hauptschuldner zum Schutz des Bürgen verbietet, im Rahmen des Hauptschuldverhältnisses auf Einreden und Einwendungen gegen die verbürgte Forderung zu verzichten, weil dadurch indirekt auch der Bürge betroffen wäre, oder die es dem Bürgen selbst untersagt, für eine mit einem solchen Verzicht belastete Schuld einzustehen. Dieses Verständnis steht denn auch im Einklang mit dem durch Art. 492 Abs. 4 OR verfolgten Zweck: Mit dieser Bestimmung, die auf die Revision des Bürgschaftsrechts von 1941 zurückgeht, sollte verhindert werden, dass Bürgen durch die Unterzeichnung von vorgedruckten Formularen auf ihre gesetzlichen Rechte verzichten und später von der Tragweite dieses Verzichts überrascht werden (Botschaft vom 20. Dezember 1939 zur Revision des Bürgschaftsrechts, BBl 1939 II 873 f.; vgl. auch BECK, a.a.O., N. 134 zu Art. 492 OR ). Mit anderen Worten wollte der Gesetzgeber mit dem Verbot des Vorausverzichts verhindern, dass der Bürge in der Bürgschaftsvereinbarung auf die zu seinem Schutz eingeräumten bürgschaftsrechtlichen Einreden verzichtet; es war hingegen nicht seine Absicht, den Inhalt und die Modalitäten der zu verbürgenden Hauptforderung festzulegen. Dies ist auch nachvollziehbar: Hätte der Gesetzgeber dem Bürgen nämlich verboten, für eine mit einem Einrede- oder Einwendungsverzicht belastete Schuld einzustehen, hätte er in Kauf nehmen müssen, dass mit der BGE 138 III 453 S. 460 Bürgschaft solche - vom dispositiven gesetzlichen Recht abweichende - schuldrechtliche Verpflichtungen in vielen Fällen nicht mehr hätten gesichert werden können. Es bleibt somit insofern beim Grundsatz, dass der Bürge für die Verpflichtung einsteht, so wie sie der Hauptschuldner eingegangen ist (vgl. E. 2.2.1). Ein Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners wie der vorliegende, der das Schuldverhältnis zwischen diesem und dem Gläubiger betrifft, gilt demnach auch für den Bürgen. Ob die - das Verhältnis zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger betreffende - Einrede gemäss Art. 121 OR zu den gemäss Art. 492 Abs. 4 OR unverzichtbaren Rechten des Bürgen gehört, obwohl sie nicht im Zwanzigsten Titel des Obligationenrechts eingeräumt wird, braucht unter diesen Umständen nicht beurteilt zu werden (zu dieser Frage AEPLI, a.a.O., N. 10 zu Art. 121 OR ; BECKER, a.a.O., N. 3 zu Art. 121 OR ). Soweit die Argumentation des Beschwerdeführers auf der Prämisse aufbaut, dass er sich als Bürge nicht für eine durch einen Verrechnungsverzicht der Hauptschuldnerin erschwerte Hauptpflicht verbürgen konnte, kann ihr demnach nicht gefolgt werden. 2.3.3 Schliesslich finden auch die vom Beschwerdeführer geforderten qualifizierten Formerfordernisse für den Verrechnungsverzicht im Gesetz keine Stütze. Nachdem es sich beim Verrechnungsverzicht des Hauptschuldners wie gesehen nicht um einen von Art. 492 Abs. 4 OR erfassten Eingriff in die gesetzliche Bürgenstellung handelt, sondern um eine Eigenschaft des verbürgten (Haupt-) Schuldverhältnisses, kann auch aus dem Umstand, dass dieser Verzicht nicht in der Bürgschaftserklärung enthalten war, von vornherein nichts abgeleitet werden (vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 27 zu Art. 493 OR ; PESTALOZZI, a.a.O., N. 8 zu Art. 493 OR ). Das Gesetz enthält keine Regel, wonach sich die für die Bürgschaftserklärung geltende Formpflicht auch auf die inhaltlichen Eigenschaften der Hauptschuld bezieht (vgl. PESTALOZZI, a.a.O., N. 7 f. zu Art. 493 OR ). 2.4 Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin keine Verrechnungsforderungen der Hauptschuldnerin entgegenhalten kann.
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Urteilskopf 136 III 222 33. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 4A_598/2009 du 29 mars 2010
Regeste Berechnung des Schadens bei Körperverletzungen ( Art. 46 OR ). Der eingetretene Schaden ist auch bei bloss vorübergehendem Erwerbsausfall auf der Basis des Nettoverdienstes des Geschädigten zu berechnen (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 4).
Erwägungen ab Seite 222 BGE 136 III 222 S. 222 Extrait des considérants: 4. Le recourant se prévaut d'une transgression de l' art. 46 CO . Se basant sur une jurisprudence récente du Tribunal fédéral (arrêt 4A_227/2007 du 26 septembre 2007 consid. 3.6.2, in SJ 2008 I p. 177), postérieure à l'arrêt de principe publié à l' ATF 129 III 135 , il affirme que la perte de gain temporaire doit se calculer sur le salaire brut, et non sur le salaire net comme l'aurait fait erronément la Cour de justice dans l'arrêt déféré. 4.1 4.1.1 Il est définitivement établi que le recourant aurait été à même de reprendre son activité antérieure d'aide-jardinier à partir du 1 er juillet 2003. La perte de gain indemnisable, à savoir celle qu'il a subie du 5 juillet 1995 (date de l'accident) au 30 juin 2003, n'est BGE 136 III 222 S. 223 donc que temporaire , aucun préjudice futur ni dommage de rente n'entrant plus en considération. La perte de gain que le lésé peut réclamer au tiers responsable correspond à la différence entre le revenu de valide du premier (revenu hypothétique sans l'accident) et son revenu d'invalide (revenu qui peut probablement être réalisé après l'accident) (arrêt du Tribunal fédéral 4A_481/2009 du 26 janvier 2010 consid. 3.2; SCHAETZLE/WEBER, Manuel de capitalisation, 5 e éd. 2001, n° 3.242 p. 403). Pour évaluer la perte de gain en question, il convient de prendre comme base de calcul le salaire net de la victime, ce qui signifie que la totalité des cotisations aux assurances sociales doivent être déduites du salaire brut déterminant, soit celles à l'AVS, à l'AI, au régime des APG et à l'assurance-chômage (AC); la déduction doit également porter sur les contributions du travailleur au deuxième pilier (cotisations LPP; cf. ATF 129 III 135 consid. 2.2). 4.1.2 Le considérant 3.6.2 de l'arrêt 4A_227/2007, cité in extenso par le recourant, a la teneur suivante: "La jurisprudence invoquée par la défenderesse sur la prise en compte du revenu net, toutes les cotisations aux assurances sociales devant être déduites, n'est pas applicable au cas d'espèce. Elle se rapporte en effet à l'hypothèse où il s'agit de calculer l'atteinte à l'avenir économique résultant d'une invalidité permanente: dans ce cas, la perte de gain pendant la période active - c'est-à-dire du jour de l'accident à celui où le lésé aurait cessé d'exercer une activité lucrative - se calcule sur la base du salaire net de toute cotisation sociale, parce que le dommage de rente de vieillesse est indemnisé selon un calcul distinct ( ATF 129 III 135 consid. 2.2). Dans le cas d'espèce, s'agissant d'indemniser une perte de gain temporaire sans calculer un dommage de rente, il n'y a pas lieu de prendre en compte le revenu net du demandeur pour calculer la perte de gain indemnisable." Ce considérant, qui n'est étayé par aucune référence hormis celle à l' ATF 129 III 135 , précédent auquel il veut faire exception, a récemment fait l'objet de critiques de doctrine. BRUNO SCHATZMANN (Einige Gedanken zum massgeblichen Einkommen, in REAS 2008 p. 286 ss, spéc. p. 288/289) affirme qu'il est manifestement faux de calculer la perte de gain temporaire à partir du salaire brut si le préjudice ne réside pas dans des cotisations aux assurances sociales perdues, mais dans l'octroi futur de prestations de vieillesse réduites. De fait, pour cet auteur, la diminution de rentes de vieillesse et la réduction de contributions d'assurance sociale ne coïncident pas en chiffres. Tout d'abord, seules les contributions à l'AVS et à la prévoyance professionnelle sont formatrices BGE 136 III 222 S. 224 de rentes, à l'inverse des contributions de risque à l'AI, à l'assurance- chômage, au régime des APG, ainsi que les primes pertes de gain à l'assurance maladie et à l'assurance-accidents non professionnel. Ensuite, si le revenu annuel moyen dépasse un certain montant, les contributions à l'AVS ne tendent plus à financer les rentes (principe de solidarité qui veut que les riches paient davantage de cotisations que ne l'exigerait le financement de leur rente). A l'inverse, si le revenu annuel moyen est inférieur à un montant donné, la rente minimale est servie, la hauteur des contributions à l'AVS n'ayant alors aucune influence sur la quotité de la rente de vieillesse. Pour SCHATZMANN, ce manque de synchronisme entre cotisations aux assurances sociales et rentes de vieillesse commande, en cas d'incapacité de gain limitée dans le temps, de procéder au calcul sur la base du salaire net et, le cas échéant, de calculer séparément un éventuel dommage de rente pour autant qu'il ne faille pas admettre que le salaire annuel moyen futur dépasse le montant donnant déjà droit à l'allocation de la rente de vieillesse maximale. WEBER/SCHAETZLE (Die Berechnung des Personenschadens im Rück- und Ausblick - Eine kritische Standortbestimmung, in Personen-Schaden-Forum 2010, p. 281 ss, spéc. p. 320 et la note 68) écrivent que le dommage actuel se détermine, que ce soit pour le salaire de valide ou pour celui d'invalide, après déduction de toutes les cotisations aux assurances sociales, car seul le salaire net entre dans le calcul de la perte de gain dans la phase active. Ces auteurs exposent qu'il faut procéder ainsi même si la perte de gain n'est que temporaire. A cela s'ajoute que dans leur "Recommandation relative au calcul du dommage de rente" du 20 mars 2001, n° 1/2001, révisée le 10 février 2004, l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS), la SUVA et l'Association Suisse d'Assurances (ASA) prônaient, dans les cas d'incapacité de travail temporaires ne générant pas d'invalidité, de déterminer la perte de gain en fonction du revenu net, suggérant toutefois alors de renoncer, pour des raisons de praticabilité, au calcul du dommage de rente. 4.1.3 Ces réflexions convaincantes amènent le Tribunal fédéral à considérer que le régime exceptionnel qui résulte du consid. 3.6.2 de l'arrêt 4A_227/2007 du 26 septembre 2007, selon lequel l'indemnisation d'une perte de gain temporaire se calcule sur le salaire brut, ne peut plus être maintenu. Ce précédent a perdu de vue que la solidarité dans l'AVS se manifeste en particulier entre les assurés qui disposent d'un revenu élevé et ceux qui ont un revenu moindre. En effet, les assurés aisés versent des cotisations largement supérieures BGE 136 III 222 S. 225 à celles que nécessiterait le financement de leurs rentes de vieillesse - dont le montant est plafonné au double de la rente minimale -, alors que les assurés dont les revenus sont modestes reçoivent des prestations qui dépassent celles formées par les cotisations paritaires payées au cours de leur vie active. Autrement dit, il n'y a pas inévitablement de corrélations entre la perte de cotisations versées aux assurances sociales sur une période limitée et la réduction des rentes de vieillesse qui seront servies à l'âge terme. Or cette manière de voir, incorrecte, sous-tendait le raisonnement tenu dans l'arrêt susrappelé. Il suit de là que c'est le salaire net qui est déterminant pour arrêter le préjudice actuel, même si la perte de gain n'est que temporaire . Le grief doit être rejeté.
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Urteilskopf 134 V 49 8. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. V. gegen IV-Stelle für Versicherte im Ausland (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_481/2007 vom 7. Januar 2008
Regeste Art. 38 Abs. 2bis ATSG ( Art. 44 Abs. 2 BGG , Art. 20 Abs. 2bis VwVG ); Geltung der Zustellungsfiktion auch beim Postrückbehaltungsauftrag? Die früher in analoger Anwendung der Rechtsprechung zur Briefkasten- und Postfachzustellung auch beim Postrückbehaltungsauftrag beachtete Fiktion, wonach eine eingeschriebene Sendung spätestens am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei der Poststelle am Ort des Empfängers als zugestellt zu betrachten ist ( BGE 123 III 492 ), beansprucht unter neuem Recht - nunmehr in Analogie zu Art. 38 Abs. 2bis ATSG (sowie Art. 44 Abs. 2 BGG und Art. 20 Abs. 2bis VwVG ) - weiterhin Geltung (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 134 V 49 S. 50 A. Mit Entscheid vom 9. Juli 2007 trat das Bundesverwaltungsgericht auf die von V. gegen die rentenablehnende Verfügung der IV-Stelle für Versicherte im Ausland (nachfolgend: IV-Stelle) vom 2. Februar 2007 erhobene Beschwerde wegen Fristversäumnisses nicht ein. B. V. führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag, der vorinstanzliche Nichteintretensentscheid sei aufzuheben und das Bundesverwaltungsgericht sei zu verpflichten, auf das rechtzeitig erhobene Rechtsmittel einzutreten. Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 60 Abs. 1 ATSG ist die Beschwerde innerhalb von 30 Tagen nach der Eröffnung des Einspracheentscheides oder der Verfügung, gegen welche eine Einsprache ausgeschlossen ist, einzureichen. Diese Frist kann nicht erstreckt werden ( Art. 40 Abs. 1 ATSG ). Nach Art. 39 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 2 BGE 134 V 49 S. 51 ATSG ist die 30-tägige Frist nur gewahrt, wenn die Beschwerde spätestens am letzten Tag der Frist beim erstinstanzlichen Versicherungsgericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben wird. Läuft die Frist unbenützt ab, so erwächst der Verwaltungsentscheid in (formelle) Rechtskraft mit der Wirkung, dass das erstinstanzliche Gericht auf eine verspätet eingereichte Beschwerde nicht eintreten darf (vgl. BGE 124 V 400 E. 1a S. 401). Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten beziehungsweise der Adressatin oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt laut Art. 38 Abs. 2 bis ATSG spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt. 3. Die einen Rentenanspruch verneinende Verfügung der IV-Stelle vom 2. Februar 2007 wurde unbestrittenermassen am 6. Februar 2007 als Postsendung mit Zustellnachweis an die Adresse des Rechtsvertreters des Versicherten versandt und ging am 7. Februar 2007 bei der Poststelle am Ort des Empfängers (in Y.) ein. Ebenfalls nicht streitig ist die Tatsache, dass die Post die Sendung aufgrund eines Rückbehaltungsauftrags des Rechtsvertreters bis zum 26. Februar 2007 zurückbehielt. Dieser nahm die Verfügung am letztgenannten Datum zusammen mit der übrigen zurückbehaltenen Post am Schalter in Empfang. Aus dem vom Beschwerdeführer eingereichten Schreiben der Schweizerischen Post vom 9. August 2007 ergibt sich überdies, dass - entgegen deren versehentlichen früheren Zustellinformation ("Track & Trace") - mit Bezug auf die streitige Verfügung nie ein (erfolgloser) Zustellversuch an der Adresse des Rechtsvertreters unternommen worden ist. Insofern hat die Vorinstanz auf einen offensichtlich unrichtigen Sachverhalt abgestellt. Dieser Umstand ist indessen, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht entscheidend (vgl. Art. 97 Abs. 1 in fine BGG). 4. Mit dem hievor (E. 2 in fine) zitierten Art. 38 Abs. 2 bis ATSG (wie auch mit Art. 44 Abs. 2 BGG und Art. 20 Abs. 2 bis VwVG ) wurde mit Wirkung ab 1. Januar 2007 die von der Gerichtspraxis für eingeschriebene Sendungen entwickelte Zustellungsfiktion ( BGE 127 I 31 ; BGE 123 III 492 ; BGE 119 II 147 E. 2 S. 149; BGE 119 V 89 E. 4b/aa S. 94, je mit Hinweisen) in Gesetzesrecht überführt, nach dem Wortlaut BGE 134 V 49 S. 52 der Norm allerdings nur hinsichtlich der Fälle eines tatsächlich unternommenen erfolglosen (Briefkasten- oder Postfach-)Zustellungsversuchs (mit entsprechender Abholungseinladung). Im hier zu beurteilenden Fall stellt sich daher die Frage, ob die früher in analoger Anwendung der Rechtsprechung zur Briefkasten- und Postfachzustellung auch beim Postrückbehaltungsauftrag beachtete Fiktion, wonach eine eingeschriebene Sendung spätestens am letzten Tag einer Frist von sieben Tagen ab Eingang bei der Poststelle am Ort des Empfängers als zugestellt zu betrachten ist ( BGE 123 III 492 ), unter neuem Recht - nunmehr in Analogie zu Art. 38 Abs. 2 bis ATSG (sowie Art. 44 Abs. 2 BGG und Art. 20 Abs. 2 bis VwVG ) - weiterhin Geltung beansprucht. Gleichbehandlungs-, Missbrauchs- und Praktikabilitätsüberlegungen gebieten die Bejahung der Frage. Nach wie vor setzt die Zustellungsfiktion immerhin voraus, dass der Adressat mit der fraglichen Zustellung hatte rechnen müssen ( BGE 130 III 396 E. 1.2.3 S. 399; BGE 127 I 31 E. 2a/aa S. 34, je mit Hinweisen; KATHRIN AMSTUTZ/PETER ARNOLD, Basler Kommentar, N. 25 f. zu Art. 44 BGG ). Dieser Rechtsauffassung haben sämtliche Abteilungen im Verfahren nach Art. 23 Abs. 2 BGG zugestimmt. 5. Der Rechtsvertreter des Versicherten hatte sich mit Eingaben vom 20. und 29. November 2006 gegen den Vorbescheid der IV-Stelle vom 17. November 2006 gewandt und musste deshalb zweifellos mit der Zustellung der in der Folge erlassenen Verwaltungsverfügung vom 2. Februar 2007 rechnen. Hat nach dem hievor Gesagten als Zustellungsdatum der rentenablehnenden Verfügung der 14. Februar 2007 zu gelten (d.h. der siebte Tag nach Eingang bei der Poststelle am Ort des Rechtsvertreters vom 7. Februar 2007), begann die 30-tägige Beschwerdefrist am 15. Februar 2007 zu laufen ( Art. 38 Abs. 1 ATSG ) und endete am 16. März 2007. Die unbestrittenermassen erst am 23. März 2007 erhobene Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht war demnach verspätet.
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Urteilskopf 108 II 39 7. Estratto della sentenza della II Corte civile del 1o aprile 1982 nella causa Consorzio acqua potabile Comano, Cureglia, Origlio c. Comune di Tesserete (ricorso per riforma)
Regeste Unzulässigkeit einer "Fortleitungsdienstbarkeit". Die vom Eigentümer eines Quellengrundstücks oder vom Inhaber eines Quellenrechts übernommene Pflicht, an einem bestimmten Punkt einer Fassungsleitung Wasser zu liefern, kann nicht Gegenstand einer Dienstbarkeit, sondern nur Gegenstand einer Grundlast bilden; solange sie nicht in diese Form gekleidet ist, bleibt sie rein obligatorischer und persönlicher Natur (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 40 BGE 108 II 39 S. 40 A.- Il 29 novembre 1915 i Comuni di Tesserete, da una parte, e di Comano, Cureglia e Origlio, dall'altra, hanno stipulato in forma autentica un contratto denominato "convenzione per cessione di presa d'acqua" del tenore seguente: "1o. Il Comune di Tesserete fa cessione ai tre Comuni consorziati di Comano, Cureglia e Origlio di un quantitativo di acqua pari a litri 2 (due) al minuto secondo e più precisamente: 3/4 (tre quarti) di litro cadauno ai Comuni di Comano e Cureglia e 1/2 litro al Comune di Origlio. 2o. Il prezzo convenuto e stipulato per la cessione in proprio come sopra è di Fr. 35'000.-- (trentacinquemila), e cioè: i due Comuni di Comano e Cureglia pagheranno ciascuno Fr. 13'125.-- (tredicimilacentoventicinque): Origlio pagherà Fr. 8'750.-- (ottomilasettecentocinquanta). ... 9o. Il Comune di Tesserete si presterà alle pratiche necessarie per l'iscrizione del diritto d'acqua quale servitù del Registro fondiario." L'impianto di derivazione fu sistemato nel serbatoio stesso del Comune di Tesserete. Qualche anno dopo le parti hanno aggiunto al contratto predetto, con atto scritto del 17 gennaio 1925, che: "1o. Il Comune di Tesserete concede al Consorzio dei Comuni di Comano, Cureglia e Origlio di eseguire i lavori necessari per effettuare la misura dei due litri al minuto secondo d'acqua ceduta, in un'apposita camera da costruirsi 10 metri più alta dal serbatoio di Tesserete, e meglio come al progetto Bottani, di cui si unisce copia. ... 5o. Il Comune di Tesserete concede senza compenso l'occupazione del terreno di sua proprietà circostante il serbatoio per la posa delle condotte progettate." Questa seconda convenzione si è resa necessaria per motivi di ordine tecnico. Da allora la separazione dell'acqua destinata al Consorzio da quella destinata al Comune di Tesserete (in tempi normali quattro o cinque volte maggiore del quantitativo ceduto) non è più avvenuta nel serbatoio di Tesserete, ma nella nuova camera di misurazione costruita dal Consorzio sulla particella n. 1925 del Comune di Sala Capriasca, fondo che appartiene attualmente alla signora Nives Orell. La condotta fra il serbatoio e la camera di misurazione è stata posata a spese del Consorzio, BGE 108 II 39 S. 41 mentre il Comune di Tesserete si è assunto l'onere della manutenzione. L'iscrizione nel registro fondiario prevista dalla clausola n. 9 della convenzione del 1915 non ha mai avuto luogo. Per il resto la ricordata convenzione e il patto aggiuntivo hanno avuto fin dall'inizio esecuzione pacifica, con l'unica differenza che la quantità d'acqua prelevata, a causa delle dimensioni dell'impianto di derivazione, è sempre stata limitata a 71 litri al minuto. L'11 ottobre 1973 il Comune di Tesserete ha notificato per scritto al Consorzio acqua potabile Comano, Cureglia, Origlio e ai tre Comuni singolarmente la disdetta del contratto per il 30 ottobre 1974. Il Consorzio vi si è opposto, ritenendo che il rapporto giuridico in discussione non fosse di natura obbligatoria, ma di natura reale, vale a dire perpetuo e non disdicibile. Le trattative intese a comporre la vertenza in via stragiudiziale si sono protratte senza esito apprezzabile fino al 14 ottobre 1976, quando il Comune di Tesserete ha risolto di sospendere la fornitura d'acqua e ha messo in atto la decisione all'inizio del 1977. B.- I tre Comuni interessati e lo stesso Consorzio hanno reagito chiedendo al Pretore di Lugano-Campagna l'emanazione di provvedimenti cautelari, che hanno ottenuto con decreto del 7 gennaio 1977, confermato il 10 giugno successivo: al Comune di Tesserete è stato ordinato di ripristinare entro 24 ore l'erogazione dell'acqua in quantità uguale a quella assicurata fino ad allora e al Consorzio è stato assegnato un termine, poi prorogato, per promuovere l'azione di merito. L'ordine pretorile è stato rispettato. Adito dal Consorzio il 31 agosto 1977, il Pretore di Lugano-Campagna si è pronunciato nella sentenza del 12 marzo 1981, accogliendo la petizione e ordinando inoltre all'Ufficiale del registro fondiario di iscrivere sui mappali menzionati di proprietà del Comune di Tesserete la servitù di derivazione d'acqua di due litri al secondo a favore del Consorzio. C.- Il Comune di Tesserete si è appellato tempestivamente contro la sentenza del Pretore, chiedendo la reiezione integrale della petizione del Consorzio. Quest'ultimo ha presentato appello adesivo il 22 aprile 1981. Il 9 novembre 1981 la I Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha accolto l'impugnativa del Comune di Tesserete e ha riformato la sentenza del Pretore, respingendo la petizione del 31 agosto 1977 formulata dal Consorzio. Anche l'appello adesivo proposto dal Consorzio è stato rigettato. BGE 108 II 39 S. 42 D.- Il Consorzio acqua potabile Comano, Cureglia, Origlio è insorto il 14 dicembre 1981 con un ricorso per riforma al Tribunale federale, postulando l'annullamento della sentenza di secondo grado e la riconferma della decisione del Pretore del 12 marzo 1981; in via subordinata ha concluso per l'accertamento giudiziale di una servitù di condotta e di una servitù di derivazione d'acqua acquisita per prescrizione straordinaria, domandando l'iscrizione della seconda nel registro fondiario. Il Comune di Tesserete ha proposto la reiezione del ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. (Determinazione del valore litigioso.) 2. (Legittimazione ricorsuale del Consorzio.) 3. a) La controversia verte essenzialmente sull'esistenza di una servitù di derivazione d'acqua a favore del Consorzio ricorrente e a carico delle particelle n. 1936, 1937, 1938 e 5261 vecchia mappa, proprietà del Comune resistente, così come sulla liceità dell'iscrizione di una servitù consimile nel registro fondiario. b) Una servitù consiste in un diritto reale limitato che consente al beneficiario di far uso o di fruire di una determinata cosa ( art. 730 cpv. 1 CC ). Tale facoltà riguarda, di massima, soltanto cose altrui, eccettuato il caso particolare della servitù del proprietario (cfr. REY, Berner Kommentar, 2a edizione, note 152 segg. della parte sistematica sui diritti reali limitati; TUOR/SCHNYDER, ZGB, 9a edizione, pag. 595). Giova ricordare che la servitù è prediale ( art. 730 a 744 CC) quando grava un certo fondo (il fondo serviente) a favore di un altro (il fondo dominante), o più precisamente quando compete al proprietario attuale di un certo fondo contro il proprietario attuale di un altro. La servitù invece è personale ( art. 745 a 781 CC) allorché appartiene a una persona individualmente determinata: esiste sempre un fondo serviente, ma non un fondo dominante. D'altro lato la servitù implica, come corollario, un onere per il proprietario del fondo serviente. Questo onere sta nel sopportare determinati atti del proprietario al beneficio della servitù oppure nell'astenersi a favore del medesimo dall'usare di qualche diritto inerente alla proprietà immobiliare ( art. 730 cpv. 1 CC ). In altri termini il dovere del proprietario del fondo serviente è di tollerare (pati) o di desistere (non facere). Da lui si esige un comportamento passivo ( art. 730 cpv. 2 CC ). Su questo punto emerge evidente la differenza dall'onere fondiario BGE 108 II 39 S. 43 (art. 782 segg. CC), la cui natura specifica comprende una prestazione positiva del proprietario del fondo serviente (facere). Le parti che stipulano un contratto costitutivo di servitù sono libere, per principio, di fissarne il contenuto ( art. 19 CO ), di definire cioè le facoltà che spettano al proprietario del fondo dominante. La nozione del numerus clausus dei diritti reali si applica unicamente alle diverse categorie di diritti reali: all'interno delle stesse le parti sono libere di disciplinare come credono le modalità della servitù ( DTF 103 II 181 ; LIVER, Zürcher Kommentar, 2a edizione, note 64 segg. all'Introduzione; PIOTET, in: Schweizerisches Privatrecht, vol. V/1, pag. 549). Per altro la volontà delle parti è limitata soltanto dalle norme generali dell'ordinamento giuridico e dalla natura particolare della servitù. Ora, i limiti d'ordine generale - cui bisogna attenersi anche nel caso che ci occupa - possono essere così riassunti: il contenuto della servitù deve anzitutto essere lecito; il proprietario del fondo dominante deve avere un interesse ragionevole all'esistenza della servitù; la servitù non può costituire che una restrizione della proprietà del fondo serviente né può sospingersi oltre una limitazione dell'utilizzo di quest'ultimo; infine, seguendo l'adagio "servitus in faciendo consistere nequit", essa non deve implicare una prestazione positiva del proprietario del fondo serviente, a meno che questa sia meramente accessoria ( art. 730 cpv. 2 CC ; DTF 106 II 320 consid. 2e con citazioni). c) Il Tribunale federale ha già avuto modo di decidere che, costituito in diritto per sé stante e permanente ( art. 780 cpv. 3 CC ) e come tale intavolato nel registro fondiario (art. 655 cpv. 2 n. 2 e 943 cpv. 1 n. 2 CC), l'obbligo assunto dal proprietario di una sorgente captata o dal titolare di un diritto su una sorgente altrui, pure captata, di fornire acqua in un punto determinato di una condotta non può formare oggetto di una servitù, ma soltanto di un onere fondiario ( DTF 93 II 290 ). Questa giurisprudenza è condivisa da LIVER (ZBJV 105/1969 pag. 9 segg.; Zürcher Kommentar, 2a edizione, nota 205 ad art. 730 CC ) ed è in armonia anche con l'opinione dei precedenti commentatori, ovvero LEEMANN (Berner Kommentar, nota 37 ad art. 730 CC ) e WIELAND (Zürcher Kommentar, nota 3 ad art. 730 CC ). Soltanto GAUTHIER ha espresso talune critiche e riserve in una postilla pubblicata in calce alla traduzione francese della precitata sentenza (v. JdT 1968 I pag. 577 a 580). Rifacendosi a uno studio di GUISAN (L'eau en droit privé, in: JdT 1942 I pag. 490 a 520), egli sostiene la liceità di una servitù come quella illustrata poc'anzi. Il suo assunto BGE 108 II 39 S. 44 non appare convincente. Come si è appena precisato, una servitù grava esclusivamente il fondo di cui può far uso o fruire il beneficiario del diritto reale limitato. È vero che una tubazione o un serbatoio sono incorporati in un determinato fondo, in superficie o sottoterra, tuttavia l'uso della tubazione o del serbatoio come tali tramite l'allacciamento di una condotta di derivazione - con lo scopo di prelevare una certa quantità d'acqua captata dal proprietario del fondo e convogliata da costui nella tubazione o nel serbatoio - non è assimilabile all'uso del fondo stesso ove si trovano questi impianti. L'allacciamento della condotta non è che il mezzo materiale per prelevare la quantità d'acqua captata e ceduta convenzionalmente dal proprietario degli impianti. L'obbligo principale e primario di quest'ultimo consiste però nell'approvvigionamento e nel trasporto dell'acqua fino alla condotta di derivazione, vale a dire in un "fare". La circostanza di tollerare l'allacciamento non è che la conseguenza dell'obbligo di fornire una certa cubatura d'acqua al beneficiario. In sostanza, il solo fatto di "tollerare" è, nel nostro caso, accessorio rispetto all'obbligo di "fare", non viceversa. Ne consegue che l'onere di captare acqua e di incanalarla in una tubazione o in un serbatoio, in cui è inserita una presa, rappresenta un'obbligazione positiva, e come tale non è suscettibile di costituire una servitù. La situazione del beneficiario che ha diritto di prelevare una determinata quantità d'acqua da una condotta principale o da un bacino d'accumulazione alimentato con l'acqua captata e fatta confluire da un terzo, pur con l'assenso di quest'ultimo, è fondamentalmente diversa da quella del beneficiario del diritto di captare una sorgente o di derivarne dell'acqua grazie a una servitù concessa dal proprietario del fondo ove la sorgente scaturisce. Nella seconda ipotesi la servitù può essere sia prediale, sia personale ( art. 704 cpv. 2 e 780 CC ; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, Zürcher Kommentar, 2a edizione, nota 19 ad art. 704 CC ). 4. a) La corte cantonale osserva rettamente che, stando al testo della convenzione del 1915, le parti intendevano conferire al rapporto giuridico in questione carattere di servitù. Questa deduzione poggia sulla clausola n. 9 della convenzione del 1915, secondo cui il Comune di Tesserete si sarebbe impegnato ad adottare le misure necessarie per far iscrivere il diritto di derivazione come servitù nel registro fondiario. La stessa tesi si evince - sempre a mente dei giudici cantonali - dal fatto che le parti abbiano convenuto un prezzo fisso, esigibile immediatamente, BGE 108 II 39 S. 45 e dalla circostanza che esse intendevano stringere un contratto perpetuo o quanto meno di lunga durata. La stessa autorità rileva tuttavia, a giusto titolo, che la volontà delle parti non basta per creare una servitù, poiché per costituire un diritto reale siffatto occorre in primo luogo che il negozio giuridico in causa sia idoneo allo scopo. Sulla scorta della sentenza pubblicata in DTF 93 II 290 e della dottrina che vi attiene, la corte cantonale ha concluso che tale non era il caso di specie e che pertanto l'azione del Consorzio era destituita di fondamento. b) È pacifico che la "cessione di diritto di presa d'acqua" stipulata dalle parti nel 1915, unitamente al complemento del 1925, non concernono la captazione di una sorgente (ovvero un cosiddetto "Quellenrechtsvertrag" nel senso degli art. 704 e 780 CC ), ma il prelevamento di una certa quantità d'acqua dal serbatoio del Comune di Tesserete, rifornito dal Comune stesso con un condotto che si diparte da sorgenti poste in altri fondi (si tratta di un cosiddetto "Wasserbezugsvertrag"). Premesso come le disposizioni dei patti del 1915 e 1925 formino un tutt'uno (cfr. DTF 93 II 298 consid. 3), l'onere principale e essenziale per il Comune di Tesserete consiste nella fornitura d'acqua che il Consorzio ha diritto di derivare; nondimeno questa fornitura implica per forza la captazione e il trasporto dell'acqua dalle sorgenti al serbatoio d'accumulazione attraverso la tubatura principale. Se è vero quindi che l'obbligo di mantenere gli impianti è d'importanza secondaria rispetto a quello di procacciarsi e far confluire l'acqua sino al punto di derivazione, è innegabile che quest'ultimo impegno costituisca una prestazione positiva a tutti gli effetti, per cui non può essere oggetto di servitù. Il fatto di tollerare una derivazione d'acqua può bensì assurgere a servitù ove il beneficiario provveda egli stesso ad approvvigionarsi della quantità d'acqua prestabilita, ma non quando la derivazione dipenda appieno dall'esecuzione di un obbligo di fare da parte del proprietario del fondo serviente, onere che travalica una semplice restrizione della proprietà immobiliare. Un diritto di derivazione congenere può essere costituito soltanto in onere fondiario giusta gli art. 782 segg. CC ( DTF 93 II 299 consid. 6; PIOTET, op.cit., pag. 655; WIELAND, op.cit., nota 5 ad art. 782 CC ), e finché non riveste questa forma rimane di natura puramente obbligatoria e personale. La Corte cantonale ha quindi respinto a ragione la domanda del Consorzio tendente all'iscrizione nel registro BGE 108 II 39 S. 46 fondiario di una servitù di derivazione d'acqua in suo favore. c) Il Consorzio ricorrente eccepisce che il Comune di Tesserete provvede alla captazione dell'acqua e alla manutenzione degli impianti per alimentare prevalentemente la propria rete idrica: su un approvvigionamento che varia fra 500 e 600 litri al minuto, il Consorzio non preleva infatti che 71 litri al minuto. Questa considerazione tuttavia non è rilevante per appurare se il diritto di derivazione di cui beneficia il Consorzio può formare oggetto di servitù, giacché l'obbligazione principale e primaria assunta dal Comune di Tesserete è e resta di natura positiva, come confermano i patti del 1915 e 1925. Il carattere positivo di tale onere è comprovato dalla circostanza che esso sussisterebbe quand'anche il Comune resistente dovesse sopperire al rifornimento di acqua potabile in modo diverso, senza far uso delle istallazioni attuali cui è allacciato il Consorzio. Se il Comune di Tesserete non procedesse alla captazione e al deflusso dell'acqua, il Consorzio non potrebbe derivare alcunché: la servitù rivendicata non può dunque esistere autonomamente senza la prestazione positiva del Comune di Tesserete. d) Quanto alla possibilità di convertire in un onere fondiario la servitù che le parti avevano convenuto di iscrivere nel registro fondiario, il problema non dev'essere esaminato in questa sede. L'esistenza di codesta figura giuridica non era nelle conclusioni delle parti dinanzi alle istanze cantonali né lo è ora davanti al Tribunale federale. 5. a) Infine il Consorzio ripropone, in via subordinata, l'accertamento di una servitù di condotta secondo l' art. 676 cpv. 3 CC . Se non che - come ha sottolineato giustamente la corte cantonale - questa norma riguarda unicamente il diritto di posare e mantenere una condotta su un certo fondo, non il diritto di ottenere una fornitura d'acqua (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, note 4 e 18 ad art. 676 CC ; REY, op.cit., nota 112 ad art. 731 CC ; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, op.cit., nota 2 art. 676 CC ). b) Sempre in via subordinata il Consorzio si prevale altresì di una "servitù di derivazione d'acqua" di 71 litri al minuto sorta per prescrizione acquisitiva straordinaria (art. 731 cpv. 3 in relazione con l' art. 661 CC ). La domanda va respinta già per il fatto che, come si è visto dianzi, la pattuizione conchiusa dalle parti non può formare oggetto di servitù. Parimenti non dev'essere risolto il quesito di un'eventuale prescrizione della possibilità di iscrivere un diritto siffatto nel registro fondiario. BGE 108 II 39 S. 47 Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto e la sentenza emanata il 9 novembre 1981 dalla I Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino è confermata.
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Urteilskopf 84 II 50 7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1958 i.S. Sedleger gegen Schnyder.
Regeste Elektrizitätshaftpflicht. Tödlicher Unfall an einer fahrbaren, an der Freileitung auf der Strasse angeschlossenen elektrischen Dreschmaschine: die Haftpflicht beurteilt sich nach dem ElG ( Art. 16, 27 ff., 41 ElG ; die Ausnahmebestimmung Art. 118 StarkstromVo ist nicht anwendbar).
Erwägungen ab Seite 51 BGE 84 II 50 S. 51 Auf dem Landwirtschaftsgut des M. Schnyder in Müllheim war am 5. Oktober 1953 in einem offenen Schopfe die fahrbare, elektrisch betriebene 12-PS-Dreschmaschine der Beklagten aufgestellt. Die Stromzufuhr erfolgte durch das auf der Kabelrolle der Maschine befindliche 3 cm dicke Kabel, das durch ein Verlängerungskabel am Freileitungsnetz auf der Strasse angeschlossen war. Im Verlauf der Drescharbeit geriet das am Boden liegende Kabel unter den an der Hinterseite des Wagenkastens befindlichen Sackheber und wurde an der Isolation beschädigt, so dass die Eisenteile des Sackhebers unter Strom gerieten und der den Heber bedienende Sohn Schnyder getötet wurde. Über das für die Haftpflicht anwendbare Recht führt das Bundesgericht aus: Die Parteien sind heute darüber einig, dass die Vorinstanzen die Frage der Haftbarkeit mit Recht nach dem Elektrizitätsgesetz beurteilt haben. Dieser Ausgangspunkt des anwendbaren Rechts ist vom Bundesgericht von Amtes wegen zu prüfen; es ist an die von den Parteien vorgebrachte rechtliche Begründung nicht gebunden und in Bezug auf die rechtliche Würdigung der Tatsachen frei ( Art. 63 Abs. 1 und 3 OG ; BGE 81 II 561 ). Die Anwendbarkeit der Haftpflichtbestimmungen des ElG kann jedoch BGE 84 II 50 S. 52 keinem Zweifel unterliegen. Nach Art. 41 ElG finden diese keine Anwendung auf elektrische Hausinstallationen. Solche sind nach Art. 16 ElG elektrische Einrichtungen "in Häusern, Nebengebäuden und andern zugehörigen Räumen" mit den zulässigen Spannungen, sowie, nach Art. 118 Abs. 1 lit. c der Starkstromverordnung, ortsveränderliche und provisorische Anlagen, die an Anlagen gemäss lit. a und b angeschlossen werden. Die fahrbare Dreschmaschine der Beklagten ist zwar eine ortsveränderliche Anlage, aber sie war nicht an eine Hausinstallation gemäss lit. a und b, sondern direkt an die Freileitung angeschlossen. Weiter stellt Art. 118 Abs. 2 Starkstrom-VO den Hausinstallationen gleich "an Niederspannungsnetze angeschlossene Stromverbrauchsanlagen im Freien, in landwirtschaftlichen Betrieben, auf Bau- und Werkplätzen, in Bergwerken, Schaubuden und dergleichen". Hierunter würde die Wanderdreschmaschine trotz Anschluss an die öffentliche Freileitung offenbar fallen. Mit Bezug auf die Haftpflicht hat jedoch das Bundesgericht dieser den Begriff der Hausinstallation im Sinne des ElG (Art. 13 Abs. 2, 16, 41) erweiternden Bestimmung die Anwendung versagt ( BGE 63 II 114 ff.). Wie dort ausgeführt wurde, trifft die ratio legis der Exemption der Hausinstallationen im engern Sinne ( Art. 16 ElG ) von der Kausalhaftung auf die ihnen gleichgestellten Einzelanlagen auf eigenem Grund und Boden zu, nicht aber auf Stromverbrauchsanlagen im Freien und in landwirtschaftlichen Betrieben schlechthin, selbst wenn eine solche nicht stationäre Anlage gerade auf dem eigenen Boden des Verunfallten aufgestellt ist. Die Anlage der Beklagten untersteht mithin der Kausalhaftpflicht gemäss ElG.
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Urteilskopf 117 Ia 408 64. Estratto della sentenza 24 luglio 1991 della I Corte di diritto pubblico nella causa A. c. Gran Consiglio del Cantone Ticino e Comune di C. (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Ausschluss eines Mitglieds einer grossrätlichen Kommission von der Ausübung der entsprechenden Funktionen, wenn dieses gleichzeitig Verwaltungsrat einer juristischen Person ist, die am Sachentscheid unmittelbar interessiert ist. 1. Die Rechtsprechung leitet aus Art. 4 BV eine Art. 58 Abs. 1 BV entsprechende Garantie ab für den Fall, dass ein Entscheid - statt von einem Gericht - von einer Verwaltungsbehörde oder vom Parlament getroffen wird (E. 2a). 2. Im konkreten Fall kann die Frage, ob ein Mitglied des kantonalen Parlaments, welches gleichzeitig als Vertreter der umliegenden Gemeinden im Verwaltungsrat des durch den Planungsentscheid meist begünstigten Unternehmens sitzt, möglicherweise befangen ist, offengelassen werden. Es sind die in der kantonalen Zivilprozessordnung aufgestellten Ablehnungsgründe anwendbar (Art. 32 des Tessiner Gesetzes betreffend das Verfahren in Verwaltungsangelegenheiten und Art. 26 lit. a der Tessiner Zivilprozessordnung; E. 2b und c).
Sachverhalt ab Seite 409 BGE 117 Ia 408 S. 409 Il nuovo piano regolatore di C., adottato dal legislativo comunale il 17 dicembre 1984, prevede l'attuazione di un parcheggio della capienza di circa 70 posti alle particelle n. 786 (gravata solo parzialmente dal vincolo P4) e 900 del Comune, di proprietà di A. Il 14 maggio 1987 il Consiglio di Stato del Cantone Ticino ha approvato il piano regolatore comunale, respingendo contemporaneamente i ricorsi introdotti da A. e dal fratello B. contro l'imposizione del vincolo di posteggio. Anche il Gran BGE 117 Ia 408 S. 410 Consiglio ha respinto i gravami proposti dai due fratelli, ammettendo la pubblica utilità del parcheggio, di cui ha considerato sostenibile pure l'ubicazione. Con ricorso di diritto pubblico per violazione degli art. 4 e 22ter Cost. , il 21 novembre 1990 A. ha impugnato il giudizio dell'ultima autorità cantonale davanti al Tribunale federale. Il Comune e il Consiglio di Stato postulano il rigetto dell'impugnativa. Erwägungen Dai considerandi: 2. Il ricorrente lamenta, accanto alla violazione dell' art. 22ter Cost. , una lesione dell' art. 4 Cost. per mancanza di un interesse pubblico sufficiente all'esecuzione del progettato parcheggio; censura la partecipazione come relatore della Commissione speciale dei confini giurisdizionali e dei ricorsi in materia di pubblica utilità del Gran Consiglio di un membro del consiglio di amministrazione delle Ferrovie luganesi, la società proprietaria della linea ferroviaria beneficiaria del posteggio. a) L' art. 58 cpv. 1 Cost. assicura - indipendentemente dal diritto processuale applicabile - la garanzia di ottenere un giudizio indipendente e imparziale, reso da un tribunale costituito in modo regolare ( DTF 116 Ia 18 consid. 4). Ove, come nel caso concreto, la decisione non spetta a un tribunale, ma a un'autorità amministrativa o a un parlamento, la prassi deduce dall' art. 4 Cost. una garanzia della stessa portata ( DTF 114 Ia 279 consid. 3b). A giusto titolo, quindi, il ricorrente censura la violazione dell' art. 4 Cost. Per costante giurisprudenza a fondare il dubbio di parzialità bastano circostanze obiettivamente idonee a suscitare l'apparenza di una prevenzione e a far sorgere un rischio di parzialità; se, da un lato, la semplice affermazione della parzialità basata su sentimenti soggettivi di una parte non è sufficiente per giustificare l'allontanamento di un magistrato, dall'altro, non occorre che la persona contestata sia effettivamente prevenuta ( DTF 115 Ia 36 seg., 175 consid. 3). L'imparzialità dev'essere valutata sia secondo un processo soggettivo, al fine di determinare il pensiero interiore della persona che ha partecipato alla decisione in una situazione specifica, sia secondo un procedimento oggettivo, che consiste nel ricercare se questa persona offriva le necessarie garanzie per escludere ogni legittimo dubbio di parzialità. Sotto questo profilo occorre considerare anche aspetti di carattere funzionale e organizzativo, ponendo l'accento sull'importanza che possono rivestire le apparenze stesse ( DTF 116 Ia 19 consid. 4). BGE 117 Ia 408 S. 411 b) In qualità di relatore della Commissione speciale dei confini giurisdizionali e dei ricorsi in materia di pubblica utilità del Gran Consiglio, X. è stato l'unico membro della commissione e del legislativo cantonale a presenziare - accompagnato soltanto dal segretario - al sopralluogo del 13 gennaio 1989; su sua proposta detta Commissione ha invitato all'unanimità la seconda istanza a respingere l'impugnativa, la dotazione attuale di posteggi della Ferrovia Lugano-Ponte Tresa dovendo essere considerata insufficiente. Contemporaneamente egli è membro del consiglio di amministrazione delle Ferrovie luganesi S.A., società alla quale, secondo l'estratto del registro di commercio prodotto agli atti, compete in particolare l'esercizio della ferrovia elettrica a scartamento ridotto Lugano-Ponte Tresa (FLP), per Sorengo, Bioggio e Agno. Come si deduce dal verbale del menzionato sopralluogo, in quell'occasione il sindaco di C. ha affermato esplicitamente che "il previsto posteggio pubblico è destinato a servire la popolazione in abbinamento in particolare al servizio ferroviario". Non è contestato che X. risiede nel consiglio di amministrazione della società ferroviaria in veste di rappresentante dei comuni della regione e quindi anche del Comune di C. Da quanto esposto risulta pertanto che tra X. e l'oggetto litigioso sussiste un doppio legame: da un lato, egli è membro del consiglio di amministrazione della maggior beneficiaria del posteggio, dall'altro, egli risiede in questo gremio come rappresentante del comune che ha emanato il contestato piano regolatore. c) Ciononostante, la questione della possibile parzialità di X. può rimanere aperta, come pure il quesito di sapere se il ricorrente avesse dovuto o no chiedere la ricusa del relatore granconsiliare già a livello cantonale (cfr. DTF 114 Ia 280 consid. 3e con rimandi). In effetti, secondo l'art. 32 della legge ticinese di procedura per le cause amministrative del 19 aprile 1966 (LPamm), per i membri delle autorità amministrative valgono i motivi di astensione previsti dal codice di procedura civile del 17 febbraio 1971 (CPC). Secondo l'art. 26 lett. d CPC è tra l'altro escluso dall'esercizio delle proprie funzioni l'amministratore di una persona giuridica che ha interesse nella causa. Questo presupposto si verifica nella fattispecie. È incontestato, infatti, che la società anonima di cui X. è membro del consiglio di amministrazione ha un notevole interesse all'attuazione di un parcheggio nelle vicinanze della stazione, allo scopo di migliorare la situazione dei pendolari del Medio Malcantone diretti a Lugano. Qualsiasi partecipazione di BGE 117 Ia 408 S. 412 X. nella procedura all'esame doveva essere quindi esclusa d'ufficio. Da ricordare infine che, in dispregio dell'art. 32 cpv. 6 LPamm, egli ha pure omesso di notificare il motivo di astensione alle parti, precisandone le ragioni. Alla luce di quanto esposto la censura di lesione dell' art. 4 Cost. risulta fondata. La presenza di un motivo di esclusione giustifica già di per sé l'accoglimento del ricorso di diritto pubblico, rendendo superfluo un esame di merito.
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Urteilskopf 94 II 342 50. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. November 1968 i.S. Fölmli und Imme AG gegen Fölmli
Regeste Vorkaufsrecht nach Art. 6 ff. EGG . Voraussetzungen der Ausübung. Fall, dass der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes mit einem Dritten zwecks Umgehung des Vorkaufsrechts eines Nachkommen einen Tauschvertrag abschliesst, der nach Zweck und Wirkung einem Kaufvertrag gleichkommt.
Sachverhalt ab Seite 342 BGE 94 II 342 S. 342 Gekürzter Tatbestand: A.- Josef Fölmli-Lustenberger, geb. 1900, ist Eigentümer des landwirtschaftlichen Gewerbes Gutenegg in der Gemeinde Menznau (Grundstück Nr. 133 GB Menznau), das zusammen mit einer Land- und Waldparzelle in der Gemeinde Willisau-Land rund 14,5 ha umfasst. Er hat fünf Töchter und einen Sohn, Josef Fölmli-Meier, geb. 1938. Dieser lebte bei den Eltern und arbeitete im väterlichen Betrieb, verliess ihn aber im Jahre 1964, ein Jahr nach seiner Heirat, wegen Streitigkeiten mit den Eltern. Seither ist er als Arbeiter in einer Bauunternehmung tätig. Am 12. November 1964 schloss Vater Fölmli mit der Imme AG, die den Handel mit Grundstücken sowie Finanz- und Handelsgeschäfte aller Art bezweckt, einen als Tauschvertrag bezeichneten öffentlich beurkundeten Vertrag, der vorsah, dass er seine landwirtschaftlichen Grundstücke gegen ein Wohnhaus mit Garten in Willisau-Stadt (Grundstücke Nr. 118 und 108 BGE 94 II 342 S. 343 GB Willisau-Stadt) tausche und dass ihm die Imme AG unter Berücksichtigung der Grundpfandrechte samt Marchzinsen eine "Aufzahlung" von Fr. 60'101.90 leiste. Die Imme AG erwarb die Liegenschaften in Willisau-Stadt, die sie in den Tausch gab, erst am 12. November 1964, dem Tage des Abschlusses des Tauschvertrages. B.- Der Sohn Josef Fölmli-Meier machte rechtzeitig das Vorkaufsrecht nach Art. 6 EGG geltend und verlangte gestützt auf Art. 12 Abs. 1 EGG die Übertragung der landwirtschaftlichen Grundstücke seines Vaters an ihn zum Schätzungswert im Sinne des LEG, der Fr. 43'000.-- beträgt. Vater Fölmli bestritt das Vorkaufsrecht. Der Sohn erwirkte hierauf die Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung nach Art. 960 Ziff. 1 ZGB und klagte am 7. Juli 1965 beim Amtsgericht Willisau gegen seinen Vater und die Imme AG auf Anerkennung des von ihm beanspruchten Vorkaufsrechtes und auf Zusprechung des Eigentums an der Liegenschaft Gutenegg zum Schätzungswerte. Die Beklagten widersetzten sich diesen Begehren. Sie machten geltend, der erwähnte Tauschvertrag bilde keinen Vorkaufsfall. C.- Das Amtsgericht Willisau und das Obergericht des Kantons Luzern schützten die Klage, das Amtsgericht vor allem deswegen, weil der Tauschvertrag nach Zweck und Wirkung einem Kaufvertrag entspreche und zur Umgehung des Vorkaufsrechts des Klägers abgeschlossen worden sei, das Obergericht mit der Begründung, beim Vertrag vom 12. November 1964 überwiege der Kaufcharakter, weil der Verkehrswert der Liegenschaft Gutenegg (von mindestens Fr. 140'000.--) zum mindesten fast dreimal so hoch sei wie der Verkehrswert der Tauschgrundstücke in Willisau (Fr. 50'000.--) und weil die Aufzahlung der Imme AG den Verkehrwert der von ihr in Tausch gegebenen Grundstücke übersteige. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das gesetzliche Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG besteht nach Art. 6 Abs. 1 EGG , wenn ein landwirtschaftliches Gewerbe oder ein wesentlicher Teil eines solchen verkauft wird. Als Verkauf kann hier wie bei der Umschreibung der Voraussetzungen für die Ausübung eines rechtsgeschäftlich begründeten Vorkaufsrechts oder des Vorkaufsrechts der Miteigentümer BGE 94 II 342 S. 344 ( BGE 85 II 481 , BGE 89 II 446 ) grundsätzlich nur ein Geschäft gelten, das auf die Veräusserung einer Sache gegen Geld gerichtet ist. Deshalb löst der Abschluss eines Tauschvertrags das Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG in der Regel nicht aus; das auf jeden Fall dann nicht, wenn es sich um einen reinen Tausch, zumal um einen solchen mit einem andern landwirtschaftlichen Grundstück handelt (nicht veröffentlichtes Urteil vom 19. Mai 1960 i.S. Remy gegen Gemeinde Broc und Mossu; JOST, Handkommentar zum EGG, 1953, S. 31/32 und 165; MEIER-HAYOZ, Das Vorkaufsrecht im Agrarrecht, Schweiz. Beiträge zum IV. internat. Kongress für Rechtsvergleichung, 1954, S. 137 f.; F. E. JENNY, Das bäuerliche Vorkaufsrecht, Diss. Freiburg/Schweiz 1955, S. 85 f.; COMMENT, Le droit de préemption agricole..., ZBGR 1958 S. 5). Der vorliegende Vertrag hat nicht einen reinen Tausch und nicht einen Tausch gegen ein anderes landwirtschaftliches Grundstück zum Gegenstand. Vielmehr soll Vater Fölmli als Gegenleistung für sein landwirtschaftliches Gewerbe städtische Grundstücke und daneben eine Barzahlung von rund Fr. 60'000.-- erhalten. Ein Tausch mit Aufzahlung lässt nach der Lehre das Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG entstehen, wenn der Kaufcharakter überwiegt (JOST S. 32, 1965; MEIER-HAYOZ S. 138). Darüber hinaus wird die Auffassung vertreten, zur Vermeidung der Gefahr einer Umgehung von Art. 6 ff. EGG sollte der Tausch eines landwirtschaftlichen Gewerbes gegen ein nichtlandwirtschaftliches Grundstück wenigstens im Zweifel oder sogar allgemein als Vorkaufsfall behandelt werden (JOST S. 165, JENNY S. 86). Ob beim streitigen Vertrag, wie die Vorinstanz angenommen hat, schon wegen des Verhältnisses zwischen den Verkehrswerten der ausgetauschten Liegenschaften sowie zwischen der Geld- und der Sachleistung der Imme AG der Kaufcharakter vorherrsche oder ob der Vertrag schon allein deswegen, weil er den Tausch eines landwirtschaftlichen gegen ein nichtlandwirtschaftliches Grundstück vorsieht, als Vorkaufsfall zu behandeln sei, kann dahingestellt bleiben, wenn sich, wie vom Kläger dem Sinne nach behauptet, aus den gesamten Umständen ergibt, dass der Vertrag nach seinem Zweck und seiner Wirkung einem Kauf praktisch gleichkommt und dass das Geschäft nur deshalb in die Form eines Tausches gekleidet wurde, um das Vorkaufsrecht des Klägers auszuschalten. Bei einem derartigen BGE 94 II 342 S. 345 Sachverhalt kann nämlich das Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG wie das rechtsgeschäftlich begründete Vorkaufsrecht (vgl. hiezu BGE 85 II 482 ff. Erw. 4; MEIER-HAYOZ N. 175 zu Art. 681 ZGB mit Hinweisen) auf jeden Fall ausgeübt werden. 3. a) Als Vater Fölmli mit der Imme AG über die Veräusserung seines landwirtschaftlichen Gewerbes zu verhandeln begann, besass die Imme AG die ihm schliesslich in Tausch gegebenen Grundstücke noch nicht, so dass zunächst nicht ernstlich über den Austausch von Sachleistungen verhandelt, sondern nur der Übernahmepreis des landwirtschaftlichen Gewerbes besprochen werden konnte. Die Imme AG erwarb die Grundstücke in Willisau, die laut Vertrag zusammen mit einer ihren Wert übersteigenden Barzahlung die Gegenleistung für die Übertragung des landwirtschaftlichen Gewerbes bildeten, erst am Tage des Vertragsabschlusses. Der Tausch entspricht daher nach Zweck und Wirkung wie auch nach der Art seines Zustandekommens einem Verkauf des Gewerbes, bei dem die Erwerberin ihre Kaufpreisschuld zum Teil durch eine Barzahlung und zum Teil dadurch erfüllt, dass sie dem Veräusserer zwei hiefür erworbene Grundstücke an Zahlungsstatt übereignet. b) Das von den Beteiligten verfolgte Ziel, der Imme AG das Heimwesen Gutenegg und Vater Fölmli die Grundstücke in Willisau und eine Geldzahlung zu verschaffen, hätte sich einfacher als auf dem gewählten Wege dadurch erreichen lassen, dass Vater Fölmli mit der Imme AG einerseits und mit dem Vorbesitzer der Grundstücke in Willisau anderseits einen Kaufvertrag geschlossen und den von der Imme AG erhaltenen Kaufpreis zum Teil für die Bezahlung der Grundstücke in Willisau verwendet hätte. Diese Grundstücke hätten dann nur einmal die Hand wechseln müssen, wodurch Gebühren eingespart worden wären. Wenn die Beteiligten gleichwohl in der angegebenen Weise einen Tauschvertrag abschlossen, so musste das einen besonderen Grund haben, und dieser Grund lag nach den Umständen, wie das Amtsgericht zutreffend angenommen hat, unzweifelhaft darin, dass das Vorkaufsrecht des Klägers ausgeschaltet werden sollte. c) Dass Vater Fölmli die Übernahme seines Gewerbes durch den Kläger verhindern wollte, wird durch die Ergebnisse des Zeugenverhörs bestätigt. Nach den Aussagen von Gemeinderat BGE 94 II 342 S. 346 Unternährer, der zu den Zeugen gehört, deren Aussagen das Obergericht in anderm Zusammenhang verwertet und somit als glaubwürdig betrachtet hat, bestanden zwischen dem Kläger und seinen Eltern Meinungsverschiedenheiten über finanzielle Fragen. Der Kläger machte einen Lohnanspruch geltend, verlangte Auskunft über das Betriebsergebnis und bestand auf einer Buchhaltung. Gemeindepräsident Hüsler und Gemeinderat Unternährer versuchten, eine friedliche Lösung herbeizuführen, und schlugen den Abschluss eines Pachtvertrages zwischen dem Kläger und seinem Vater vor. Die Eltern Fölmli wollten jedoch davon nichts wissen und liessen erkennen, dass ihnen der Wegzug des Sohnes nichts ausmache. Sie gaben ferner zu verstehen, dass sie die Liegenschaft den jungen Leuten nie übergeben würden, und äusserten nach den Zeugenaussagen des Gemeindeschreibers Hess und des Nachbarn Emmenegger Dritten gegenüber Verkaufsabsichten. d) Die Beklagten geben zu, dass Vater Fölmli sein Gewerbe nicht zum Ertrags- oder zum Schätzungswert, sondern zum Verkehrswert veräussern wollte. Sie machen jedoch geltend, er habe damit nicht das Vorkaufsrecht des Klägers umgehen wollen, sondern den legitimen Zweck verfolgt, sich und seiner Ehefrau einen einigermassen sorgenfreien Lebensabend zu sichern. Dieses Ziel habe er, da er weder Vermögen noch Einkommen besitze und da der im Falle einer Verpachtung des Gewerbes erhältliche Pachtzins kaum zur Verzinsung der Grundpfandschulden ausgereicht hätte, nur auf dem eingeschlagenen Wege erreichen können. Die Eltern Fölmli scheinen in der Tat neben dem Heimwesen Gutenegg kein nennenswertes Vermögen zu besitzen. Sie lebten im wesentlichen vom Ertrag dieses Gewerbes. Seit 1965 bezieht Vater Fölmli eine einfache Altersrente nach AHVG. Seine Ehefrau, geb. 1909, ist noch nicht rentenberechtigt. Er fühlte sich wegen seines Alters und seines Gesundheitszustandes nicht mehr imstande, sein Gewerbe weiterzuführen. Es ist daher an sich begreiflich, dass er versuchte, seinen Lebensabend durch Veräusserung seines Gewerbes zu sichern, wenn aus dem von ihm behaupteten Grunde eine Verpachtung nicht in Frage kam. Wenn Nachkommen da sind, die das Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG gemäss Art. 12 Abs. 1 EGG zum Schätzungswert nach LEG ausüben können und wollen, ist es dem Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes BGE 94 II 342 S. 347 jedoch versagt, dieses zum Verkehrswert, der heute oft ein Mehrfaches des Schätzungswertes ausmacht, einem Dritten zu verkaufen, um die nötigen Mittel zur weitern Fristung des Lebens zu gewinnen. Er muss sich vielmehr die Ausübung des Vorkaufsrechts zum Schätzungswert gefallen lassen und kann den Vorkaufsberechtigten hieran nicht dadurch hindern, dass er ein Geschäft, das nach seinem Zweck und seiner Wirkung praktisch einem Verkauf entspricht, in die Form eines Tauschvertrages kleidet. Die Beweise, mit denen die Beklagten dartun möchten, dass die Wahl dieser Rechtsform ihrem wahren Willen entsprochen habe und dass sie damit nur den von ihnen erwähnten Zweck verfolgt hätten, brauchten daher wegen Unerheblichkeit des unter Beweis gestellten Sachverhalts nicht abgenommen zu werden. Eltern in der Lage der Eheleute Fölmli-Lustenberger pflegen ihr Heimwesen einem dazu geeigneten Kinde abzutreten und sich dabei das lebenslängliche Recht auf Wohnung und Unterhalt auszubedingen. Wenn eine solche Lösung den Eltern nicht passt oder aus einem andern Grunde nicht in Frage kommt, so vermag das die Ausschaltung des Vorkaufsrechts nach Art. 6 und 12 EGG auf einem Wege, wie er hier eingeschlagen wurde, nicht zu rechtfertigen. Die Vorinstanz hat daher zu Recht angenommen, der Abschluss des streitigen Tauschvertrags erlaube dem Kläger die Ausübung des Vorkaufsrechts nach EGG. 4. Die Billigkeitserwägungen, welche die Beklagten unter Berufung auf Art. 4 ZGB und MEIER-HAYOZ, N. 56 dazu, geltend machen, können an diesem Ergebnis nichts ändern. Freilich ist die Entscheidung nicht nur gerade dann nach Recht und Billigkeit zu treffen, wenn eine ausdrückliche Bestimmung des Gesetzes den Richter - wie es in Art. 4 ZGB heisst - auf sein Ermessen, auf die Würdigung der Umstände oder auf wichtige Gründe verweist, sondern überall da, wo dem richterlichen Ermessen ein Spielraum gewährt wird (vgl. MEIER-HAYOZ N. 68 ff. zu Art. 4 ZGB ). Das trifft jedoch bei Art. 6 Abs. 1 und 12 Abs. 1 EGG nicht zu. Auf die behauptete Krankheit von Vater Fölmli und auf seinen angeblichen Wunsch, sich in Willisau ein Heim zu schaffen, kann daher nichts ankommen. Aus BGE 92 I 94 und 310 ff. Erw. 2 können die Beklagten entgegen ihrer Ansicht nichts zu ihren Gunsten ableiten. Der erste dieser Entscheide, der die Bemessung der Handänderungssteuer BGE 94 II 342 S. 348 im Falle der Erhebung dieser Abgabe bei Abtretung eines Kaufrechts betrifft, hat mit dem vorliegenden Fall überhaupt nichts zu tun, und der zweite behandelt zwar eine Frage aus dem Bereich des EGG, aber nicht die Anwendung der Bestimmungen über das Vorkaufsrecht, sondern die Anwendung des Art. 19 Abs. 1 lit. c, der im Gegensatz zu Art. 6 Abs. 1 und 12 Abs. 1 auf wichtige Gründe verweist und damit eine Ent scheidung nach Recht und Billigkeit verlangt.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e9a7c7e5-9da0-4705-89af-210b93ab78e4
Urteilskopf 115 II 323 60. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. November 1989 i.S. D. und L. gegen R. und F. E. (Berufung)
Regeste Testamentsauslegung. Vermächtnis oder Teilungsregel ( Art. 608 Abs. 3 und Art. 522 Abs. 2 ZGB ). Teilungsvertrag ( Art. 634 ZGB ). 1. Auslegung einer Testamentsbestimmung, welche Liegenschaften den Erben zuweist. Aus dem übrigen Testamentsinhalt ergibt sich, dass es sich um Vorausvermächtnisse und nicht um eine Teilungsregel handelt (E. 1). 2. Die von der Willensvollstreckerin verfasste und von den Erben unterzeichnete Erklärung, eine Testamentsbestimmung sei bloss als Teilungsregel zu verstehen, stellt noch keinen Erbteilungsvertrag dar. Aufgrund der konkreten Umstände kann sie weder als Verzicht auf das Vermächtnis noch als dessen Ausschlagung angesehen werden und ist deshalb nicht bindend (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 324 BGE 115 II 323 S. 324 A.- Am 21. März 1985 starb Hanny X. Mit öffentlich beurkundeter letztwilliger Verfügung vom 18. März 1985 hatte sie ihre gesetzlichen Erben von der Erbschaft ausgeschlossen (Ziffern 1 des Testamentes), zwei vom vorliegenden Rechtsstreit nicht betroffene Legate verfügt (Ziffern 2 und 5 des Testamentes) und die Zürcher Kantonalbank als Willensvollstreckerin eingesetzt (Ziffer 6 des Testamentes). In Ziffer 3 des Testamentes setzte Hanny X. D., L. sowie R. und F. E. als Erben ein. Ziffer 4 des Testamentes hat folgenden Wortlaut: "Der Nachlass ist unter die Erben wie folgt zu verteilen: a) Die Liegenschaft Z.-Gasse, Zürich, kommt D. und L. je zur Hälfte zu. b) Die Liegenschaft V.-Strasse, Zürich, kommt R. und F. E. je zur Hälfte zu. c) Der restliche Nachlass soll zu je 1/4 (einem Viertel) an die eingesetzten Erben fallen. d) Die auf den Liegenschaften lastenden Schulden sind vom Nachlass zu bezahlen." B.- In der Folge entstanden zwischen den eingesetzten Erben Meinungsverschiedenheiten darüber, ob es sich bei den Zuteilungen der Liegenschaften, deren Werte sich stark unterscheiden, um Vorausvermächtnisse oder um blosse Teilungsvorschriften handle. Nachdem ihnen die Willensvollstreckerin in einem Schreiben kurz die Folgen der unterschiedlichen Standpunkte dargelegt und festgehalten hatte, dass sie selber die testamentarische Bestimmung als Teilungsvorschrift auffasse, unterschrieben die Erben bzw. ihre gesetzlichen Vertreter am 22. Juni 1985 folgende, von der Zürcher Kantonalbank verfasste und mit "Stellungnahme zur Zuteilung der Liegenschaften z.H. der Zürcher Kantonalbank" überschriebene Erklärung: "Die Unterzeichneten verstehen die Zuteilung der Liegenschaften in Anrechnung an die jeweiligen Erbteile." Mit Schreiben vom 2. Juli 1985 an die Willensvollstreckerin widerriefen R. und F. E. diese Erklärung und stellten sich fortan auf den Standpunkt, es handle sich bei den betreffenden Bestimmungen um Vermächtnisse. C.- Mit Eingabe vom 19. Februar 1986 erhoben R. und F. E. beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen D. und L. Sie verlangten, es sei ihnen die Liegenschaft an der V.-Strasse als Vorausvermächtnis BGE 115 II 323 S. 325 und ohne Anrechnung an ihren Erbteil zuzuweisen. D. und L. forderten widerklageweise die gerichtliche Feststellung und Teilung des Nachlasses, wobei die Liegenschaften auf Anrechnung an die Erbteile zuzuweisen seien. Mit Urteil vom 3. Juli 1987 hiess das Bezirksgericht Zürich die Klage gut und wies die Widerklage ab. Auf Berufung der Beklagten hin bestätigte das Obergericht das erstinstanzliche Urteil mit Entscheid vom 23. Februar 1988. Eine gegen dieses Urteil gerichtete kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 20. April 1989 ab. D.- Gegen das obergerichtliche Urteil haben die Beklagten rechtzeitig Berufung an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben, die Klage abzuweisen und ihre Widerklage gutzuheissen. Die Klägerinnen beantragen, die Berufung abzuweisen. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Obergericht ging davon aus, dass es sich bei den Zuweisungen der Liegenschaften im Testament um Vorausvermächtnisse und nicht um blosse Teilungsregeln handle. Die Beklagten werfen der Vorinstanz vor, die Verfügung falsch ausgelegt und die von ihnen angerufene Zeugin nicht einvernommen zu haben. a) Nach ständiger Rechtsprechung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Auslegung des Testamentes gebunden. Es prüft frei, was die Erblasserin mit ihrem Testament wollte. Verbindlich sind für das Bundesgericht nur die tatsächlichen Feststellungen, aus denen dieser Wille erschlossen wird ( BGE 100 II 446 E. 6; BGE 91 II 99 E. 3; BGE 90 II 480 E. 3, mit Hinweisen). Für die Auslegung eines Testamentes ist von dessen Wortlaut auszugehen. Ist er für sich selbst betrachtet und aus sich selbst erklärt klar, so hat es bei dieser Aussage zu bleiben. Sind dagegen die Testamentsbestimmungen so unklar, dass sie ebensogut im einen wie im andern Sinne verstanden werden können bzw. sich mehrere Auslegungen mit guten Gründen vertreten lassen (vgl. BGE 86 II 463 ), so dürfen ausserhalb der Testamentsurkunde liegende Beweismittel zur Auslegung herangezogen werden ( BGE 109 II 406 E. 2b; BGE 108 II 282 E. 4a; BGE 104 II 340 E. 2c; BGE 100 II 446 E. 6). BGE 115 II 323 S. 326 b) Die beiden kantonalen Instanzen haben nicht verkannt, dass die Zuweisung einer Erbschaftssache an einen Erben in einem Testament im Zweifel als blosse Teilungsvorschrift und nicht als Vermächtnis zu verstehen ist ( Art. 608 Abs. 3 und Art. 522 Abs. 2 ZGB ; BGE 103 II 92 E. 3b). Sie entschieden aber, dass sich aufgrund des Wortlautes des Testamentes zweifelsfrei ergäbe, die Erblasserin habe die Klägerinnen mit einem Vermächtnis begünstigen wollen. In der Tat erlaubt der Wortlaut der Buchstaben a und b der vierten Ziffer des Testamentes zunächst keinen Entscheid darüber, ob blosse Teilungsvorschriften oder Vorausvermächtnisse vorliegen. Dass es sich um Vorausvermächtnisse handeln muss, ergibt sich aber klar aus den Buchstaben c und d der genannten Testamentsbestimmung, weil diese die Gleichbehandlung aller eingesetzten Erben für den "restlichen Nachlass" und die Bezahlung der auf den Liegenschaften lastenden Schulden durch den Nachlass vorsehen. Das Wort "restlich" in Buchstabe c kann im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung der Erben nur bedeuten, dass mit Bezug auf die vorher genannten Nachlasswerte eine Gleichbehandlung nicht erfolgen solle. Die in Buchstabe d enthaltene Regelung über die auf den Liegenschaften lastenden Schulden wäre - wie die Vorinstanz zu Recht feststellt - vollständig überflüssig, wenn eine blosse Teilungsvorschrift und kein Vorausvermächtnis vorläge. Zuzugeben ist allerdings, dass sie auch bei Annahme eines Vorausvermächtnisses nicht nötig wäre, um zu bestimmen, was jeder Partei zukommt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind nämlich die Erben und nicht die Vermächtnisnehmer Schuldner der persönlichen Verpflichtung, welche durch die vermachte Sache gesichert ist ( BGE 104 II 338 ff.). Da diese Rechtsprechung aber nicht unbestritten ist (vgl. PIOTET, Erbrecht, in: SPR Bd. IV/1, Basel und Stuttgart, 1978, S. 133), erweist sich die Bestimmung im Testament als sinnvolle Klärung. Zudem stellt sie sicher, dass die dinglichen Belastungen vor der Übertragung der Liegenschaften auf die Begünstigten durch den Nachlass abgelöst werden. Betrachtet man Ziffer 4 des Testamentes als Ganzes, kann somit kein Zweifel darüber bestehen, dass es sich um Vorausvermächtnisse handeln muss. Zweifel an dieser Auslegung könnten allenfalls aufgrund der Ziffern 2 und 3 des Testamentes entstehen. In Ziffer 2 wird nämlich ein Vermächtnis ausgesetzt, während in Ziffer 3 die Erbeinsetzung BGE 115 II 323 S. 327 erfolgt. Es wäre deshalb wohl klarer gewesen, wenn die Bestimmung über die Liegenschaften nach Ziffer 2, also vor der Erbeinsetzung, aufgeführt worden wäre. Die Betrachtung des ganzen Testamentes zeigt indessen, dass diesem systematischen Element keine Bedeutung geschenkt werden kann. Eine weitere, von beiden Parteien als Vermächtnis anerkannte Verfügung zu Gunsten von Y. findet sich nämlich in Ziffer 5 des Testamentes, somit nach der Erbeinsetzung. Auch der Aufbau des Testamentes vermag somit keinen Zweifel daran zu begründen, dass es sich bei den umstrittenen Bestimmungen um Vermächtnisse handelt. Die in der Berufungsschrift vorgebrachten Argumente sind nicht geeignet, die vom Obergericht vertretene Auslegung des Testamentes zu widerlegen. Der Umstand, dass mit den Vorausvermächtnissen zwei der vier eingesetzten Erben stark begünstigt werden, spricht nicht gegen diese Auslegung, sondern wurde von der Erblasserin offensichtlich bewusst in Kauf genommen. Entgegen der Ansicht der Beklagten untermauert die für die Grundpfandschulden getroffene Anordnung - wie aufgezeigt - die vorinstanzliche Auslegung und spricht nicht gegen sie. c) Das Testament ist somit aus sich selber verständlich. Auf Umstände ausserhalb der Urkunde braucht nicht zurückgegriffen zu werden. Damit erweist sich auch der Antrag der Beklagten als unbegründet, die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, um Y. als Zeugin einzuvernehmen. Es kann deshalb auch offenbleiben, ob die Kritik an der vom Obergericht vorweggenommen Beweiswürdigung der möglichen Zeugenaussage von Y. eine in der Berufung unzulässige Kritik an tatsächlichen Feststellungen darstellt. Die Berufung erweist sich somit als unbegründet, soweit mit ihr die obergerichtliche Auslegung des Testamentes angefochten wird. 2. In der Berufung wird sodann wie schon vor den kantonalen Instanzen geltend gemacht, die Annahme, bei der umstrittenen testamentarischen Verfügung handle es sich um ein Vorausvermächtnis, könne für den Ausgang des Rechtsstreites nicht entscheidend sein. Die Parteien hätten am 22. Juni 1985 schriftlich vereinbart, die Liegenschaften in Anrechnung an die jeweiligen Erbteile zuzuweisen. Daran seien sie nun gebunden. Es fragt sich somit, ob dieser gemeinsamen Erklärung eine bindende Wirkung zukommt. a) In der Berufung wird diese Vereinbarung als partieller Erbteilungsvertrag bezeichnet und festgehalten, dass sie der Formvorschrift von Art. 634 ZGB genüge. BGE 115 II 323 S. 328 Mit der Erbteilung vereinbaren die Erben verbindlich, wie der Nachlass unter sie aufzuteilen sei. Es kann sich um eine vollständige oder eine partielle Teilung handeln (vgl. DRUEY, Grundriss des Erbrechts, Bern 1988, S. 206 f.). Der Teilungsvertrag braucht nicht alle Einzelheiten der Liquidation zu enthalten. Er kann sogar die Zuweisung der einzelnen Teile einer erst nachträglich vorzunehmenden Losziehung überlassen. Es genügt die Festlegung eines objektiven Verfahrens, das die Auflösung der Erbengemeinschaft gestattet (TUOR/PICENONI, Berner Kommentar, N. 18 zu Art. 634 ZGB ). So hat das Bundesgericht in der schriftlichen Vereinbarung, Nachlassliegenschaften unter den Erben zu versteigern, einen Erbteilungsvertrag erblickt, obgleich darin naturgemäss weder der oder die Übernehmer noch die Anrechnungswerte festgehalten wurden ( BGE 83 II 373 ). Nicht verbindlich sind demgegenüber reine Vorbereitungshandlungen für eine Realteilung, auch wenn sie der Schriftform genügen (TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 6 zu Art. 634 ZGB ). Zu Recht hat die Vorinstanz festgehalten, dass Gegenstand der Erklärung vom 22. Juni 1985, wenn man ihr überhaupt bindende Wirkung zusprechen will, in erster Linie nicht die Zuweisung bestimmter Nachlassaktiven bildet. Wer welche Liegenschaft erhalten soll, ergibt sich unbestrittenermassen eindeutig aus dem Testament. Die Vereinbarung legt auch nicht ein bestimmtes Verfahren fest, welches die Erbteilung ermöglichen soll. Sie enthält vielmehr einen Verzicht auf die mit den Vermächtnissen bezweckten Begünstigungen. Das Vermächtnis verschafft dem Bedachten nur einen persönlichen Anspruch gegenüber den Belasteten auf Ausrichtung des vermachten Vermögenswertes (TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 2 zu Art. 562). Der Vermächtnisnehmer kann das Vermächtnis ausschlagen ( Art. 577 ZGB ) bzw. die entsprechende Forderung erlassen (vgl. TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 4 zu Art. 577 ZGB ; CHRISTOPH BURCKHARDT, Die Vermächtnisforderung, Diss. Zürich 1986, S 117). Ein Vertrag, in dem auf ein Vorausvermächtnis verzichtet wird, ist somit grundsätzlich zulässig. Mangels einer entsprechenden Gesetzesbestimmung ist er im Gegensatz zum Erbteilungsvertrag nicht an eine bestimmte Form gebunden (TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 7 zu Art. 577; BURCKHARDT, a.a.O., S. 113). Das Obergericht ist in seinem Urteil denn auch nicht davon ausgegangen, dass eine entsprechende Vereinbarung in keinem Fall verbindlich sein könne. Diese Frage hat es vielmehr offengelassen. BGE 115 II 323 S. 329 b) Das Obergericht hielt die Erklärung vom 22. Juni 1985 vielmehr in erster Linie deshalb für unerheblich, weil ihr kein verbindlicher Verzicht auf das Vorausvermächtnis entnommen werden könne. Auch dagegen richtet sich die Berufung. Soweit in dieser Erklärung ein Erlassvertrag erblickt wird, richtet sich seine Auslegung nach Art. 18 OR . Stellt sie eine Ausschlagung nach Art. 577 ZGB dar, so handelt es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft, und Art. 18 OR ist analog anwendbar (TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 5 zu Art. 577 ZGB ; KRAMER, Berner Kommentar, N. 50 zu Art. 18 OR ). Der Inhalt bestimmt sich somit in erster Linie nach dem wirklichen Willen des Erklärenden bzw. der Vertragsparteien. Lässt sich kein wirklicher Wille nachweisen, so richtet sich der Inhalt einer Erklärung nach dem hypothetischen Willen bzw. nach dem Vertrauensgrundsatz, d.h. danach, wie die Erklärung vom Empfänger in guten Treuen verstanden werden durfte und musste ( BGE 113 II 50 E. 1a mit Hinweis). Die Vorinstanz entschied, dass das von den Parteien unterzeichnete Schreiben vom 22. Juni 1985 keine rechtsgestaltende Willensäusserung, sondern nur eine unverbindliche Erklärung darüber sei, wie die Erben das Testament verstünden. Sie stützt sich für diese Auslegung nicht auf die Feststellung eines tatsächlichen Willens, sondern zieht diesen Schluss aus dem Wortlaut und den Umständen, unter denen die Erklärung abgegeben wurde. Das Bundesgericht kann diese Würdigung deshalb frei überprüfen ( BGE 113 II 50 ; BGE 107 II 163 E. 6b mit Hinweisen). Das auszulegende Schriftstück besagt nur, dass die Parteien "die Zuteilung der Liegenschaften in Anrechnung an die jeweiligen Erbteile" verstehen. Von seinem Wortlaut her enthält es keine rechtsgestaltende Erklärung, wie das Obergericht richtig feststellt. Eine solche könnte sich somit nur aus den Umständen ergeben, unter denen diese Erklärung abgegeben wurde. Der Anstoss ging von der Willensvollstreckerin aus, die auch den Text verfasst hatte und zur Ausarbeitung eines Teilungsvorschlages benötigte. Es ist von Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass der Willensvollstrecker verpflichtet ist, sich nach den Wünschen der Erben zu erkundigen und ihnen bei seinem Vorgehen mit Blick auf die Teilung grundsätzlich Rechnung zu tragen ( BGE 108 II 538 E. 2c). Von daher versteht sich auch das Handeln der Kantonalbank. Die Erben haben ein Interesse daran, dass der Willensvollstrecker den Teilungsvorschlag nicht in einer Art ausarbeitet, bei der von vornherein feststeht, dass sie ihn nicht annehmen werden. Ist die BGE 115 II 323 S. 330 Auslegung des Testamentes zweifelhaft, so ist es sicher sinnvoll, wenn der Willensvollstrecker vor Ausarbeitung des Teilungsvorschlages die Meinung der Erben einholt. Daraus kann aber, wie das Obergericht zu Recht festgestellt hat, noch nicht geschlossen werden, dass die Erben an ihre Meinungsäusserung für die Teilung endgültig gebunden sein wollen. Ein Bindungswille darf bei Erklärungen, die die Teilung bloss vorbereiten sollen, nicht leichthin angenommen werden (TUOR/PICENONI, a.a.O., N. 6 zu Art. 634 ZGB ). Namentlich erscheint ein derart weitgehender Bindungswille unwahrscheinlich, wenn die geäusserte Meinung einem Verzicht auf eine erhebliche Begünstigung gleichkommt. Die dagegen in der Berufung vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Aus dem Umstand, dass der Willensvollstrecker die Teilung des Nachlasses voranzutreiben hat, kann nicht geschlossen werden, er habe auch die im Teilungsvertrag zu regelnden Punkte in Einzelfragen zu zerlegen und die Erben zu Teilvereinbarungen über diese Punkte anzuhalten. Soweit aus den von den Erben zu Einzelfragen abgegebenen Erklärungen nichts anderes zu entnehmen ist, muss es ihnen vielmehr offenstehen, erst nach Unterbreitung des vollständigen Teilungsvorschlages zu entscheiden, ob sie mit den vorgeschlagenen Lösungen einverstanden sind oder nicht. Können sie sich dann nicht einigen, so steht es ihnen frei, die streitigen Punkte in einem Erbteilungsprozess auszutragen. c) Fehlte es bei Abgabe der Erklärung vom 22. Juni 1985 am Willen, sich zu binden, und können schon deshalb die Klägerinnen nicht daran behaftet werden, sie hätten selber in den entsprechenden testamentarischen Bestimmungen nur Teilungsregeln gesehen, so braucht nicht weiter geprüft zu werden, ob ein Irrtum vorliegt, der die betreffende Vereinbarung anfechtbar macht. Soweit sich die Berufung gegen die Gutheissung des klägerischen Rechtsbegehrens wendet, erweist sie sich somit als unbegründet.
public_law
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e9a98f5d-2c05-453c-a082-7b597b43bda0
Urteilskopf 123 III 438 67. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 3 octobre 1997 dans la cause dame C. contre Banque X. (recours en réforme)
Regeste Art. 193 ZGB ; Schutz der Gläubiger bei Aufhebung des Güterstandes. Begriff der "Aufhebung des Güterstandes unter Ehegatten". Die Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück von einem Ehegatten auf den andern mit dem Ziel, dem letzteren die Beteiligung am Vorschlag zukommen zu lassen, gilt als Aufhebung des Güterstandes unter Ehegatten.
Sachverhalt ab Seite 439 BGE 123 III 438 S. 439 A.- C. et dame S. se sont mariés le 16 juin 1967 à Alcira (Espagne), sans conclure de contrat de mariage, et se sont établis ultérieurement en Suisse. Le 14 mars 1989, les époux ont liquidé leur régime matrimonial de la participation aux acquêts pour adopter le régime de la séparation de biens. Les acquêts maritaux étaient composés de son entreprise individuelle (235'000 fr.) et de la moitié d'un immeuble en copropriété sis en France, acquis le 23 mai 1977 (100'000 fr.); les acquêts mulièbres étaient constitués par des biens mobiliers (35'000 fr.) et par l'autre moitié de copropriété (100'000 fr.). L'épouse s'est vu attribuer, dans la liquidation (1/2 de 470'000 fr.), le mobilier ainsi que la totalité de l'immeuble, le mari conservant l'entreprise. Dès 1985, C. a exploité une entreprise générale du bâtiment, inscrite au registre du commerce. Le 4 septembre 1986, la Banque X. lui a octroyé une ligne de crédit de 100'000 fr., garantie par une cession des créances. Ce crédit a été porté à 200'000 fr. le 19 juin 1987, puis à 400'000 fr. le 9 mai 1988; à titre de garantie, l'emprunteur a nanti une police d'assurance-vie de 100'000 fr. et, au delà de ce montant, cédé ses créances. Le 25 mai 1989, la Banque X. a dénoncé le crédit au remboursement pour le 7 juin 1989. C. ne s'est pas exécuté; sa faillite a été ouverte le 18 juin 1990 et clôturée faute d'actif le 19 novembre suivant. B.- Le 6 décembre 1994, la Banque X. a ouvert, sur la base de l'art. 193 CC, action contre dame C. en paiement de 100'000 fr., plus intérêts à 5% dès le 19 mars 1989. Par jugement du 23 mai 1996, le Tribunal de première instance de Genève a admis l'action, mais avec intérêts dès le 6 décembre 1994, date du dépôt de la demande. Statuant le 13 décembre 1996 sur l'appel déposé par la défenderesse, la Cour de justice du canton de Genève a confirmé cette décision. Agissant par la voie du recours en réforme au Tribunal fédéral, dame C. conclut à libération des fins de la demande. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. BGE 123 III 438 S. 440 Erwägungen Extrait des considérants: 3. La recourante se plaint d'une violation de l'art. 193 CC; elle soutient, en substance, que la part de copropriété de son mari n'a jamais garanti la dette bancaire et que le transfert, en sa faveur, de cette part ne constitue pas une "liquidation entre époux", au sens de la disposition précitée, mais un acte juridique soumis aux art. 650/651 CC. a) Le droit suisse est fondé sur le principe selon lequel le débiteur répond de ses obligations sur l'entier de son patrimoine, à l'exclusion des biens insaisissables (sur ce point: ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, 2e éd., p. 35 ss; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3e éd., p. 22 ss). Le créancier au profit duquel ont été constituées des sûretés - en l'espèce le nantissement d'une police d'assurance-vie et la cession de créances - ne renonce pas, pour autant, à s'en prendre aux autres biens de son débiteur; ces garanties lui font simplement acquérir une position privilégiée par rapport aux autres créanciers en cas d'insolvabilité du débiteur commun (cf. art. 219 al. 1 et 4 LP). Ces principes sont également applicables aux débiteurs mariés sous le régime légal (art. 202 CC). Dans le cas particulier, il est constant que la part de copropriété de l'immeuble sis en France - qui constitue un droit patrimonial indépendant (Tschumy, La revendication de droits de nature à soustraire un bien à l'exécution forcée, th. Lausanne 1987, no 242) - appartenait aux acquêts maritaux entre le 23 mai 1977, date de l'acquisition de l'immeuble, et le 14 mars 1989, date de l'adoption du régime matrimonial de la séparation de biens. Il s'ensuit que, lors de la dernière augmentation de crédit, le 9 mai 1988, la part de copropriété en question répondait de la dette bancaire. Il est vrai que la responsabilité patrimoniale ne s'étend qu'aux biens dont le débiteur est titulaire au moment de l'exécution forcée, et non à ceux qui ont été aliénés avant ce moment-là; toutefois, l'art. 193 CC apporte précisément une exception à ce principe (GILLIÉRON, op.cit., p. 23 § 2, avec d'autres exemples), en rendant l'époux attributaire personnellement débiteur de la créance que garantissait, dans le patrimoine de l'attribuant, le bien reçu (LEMP, Berner Kommentar, n. 52 ad art. 188 aCC et les nombreuses références citées; DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, p. 210 ch. 2). Le premier grief de la recourante est ainsi mal fondé. b) Selon l'art. 193 CC - qui correspond en substance à l'art. 188 aCC -, l'adoption ou la modification d'un régime matrimonial ainsi BGE 123 III 438 S. 441 que les liquidations entre époux ne peuvent soustraire à l'action des créanciers d'un conjoint ou de la communauté les biens sur lesquels ils pouvaient exercer leurs droits (al. 1er); l'époux auquel ces biens ont passé est tenu personnellement de payer lesdits créanciers, mais il peut se libérer de sa responsabilité dans la mesure où il établit que les biens reçus ne suffisent pas (al. 2). Par "liquidations entre époux", la loi entend tout acte juridique conclu entre eux en vue d'exécuter une prétention découlant spécifiquement du régime matrimonial (DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 205 ch. 2c; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, n. 14 ad art. 193 CC et la référence; STETTLER/WAELTI, Droit civil IV, Le régime matrimonial, no 148); ce qui est essentiel, c'est que l'attribution ait pour cause l'exécution d'une prétention fondée sur le régime matrimonial. Le règlement de la créance de participation au bénéfice (art. 215 ss CC) constitue l'un des principaux cas de liquidations entre époux (Message du Conseil fédéral, in: FF 1979 II 1278; DESCHENAUX/STEINAUER, ibidem; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op.cit., n. 16 ad art. 193 CC; STETTLER/WAELTI, op.cit., no 150; NÄF-HOFMANN, Das neue Ehe- und Erbrecht im Zivilgesetzbuch, 2e éd., no 2229); peu importe que ce règlement ait eu lieu en espèces ou par dation en paiement (DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 208). Il ressort des constatations souveraines de l'arrêt attaqué (art. 63 al. 2 OJ) que les époux ont d'abord procédé à la dissolution du régime matrimonial légal en adoptant, par contrat de mariage, le régime de la séparation de biens; ils ont ensuite inventorié et estimé leurs acquêts respectifs, dont la valeur totale a enfin été divisée par moitié, ce qui a fait apparaître, en faveur de la recourante, une créance de participation de 100'000 fr. à l'égard du mari. Pour régler cette créance, les époux sont alors convenus de transférer à la femme la part de copropriété du mari sur l'immeuble sis en France, évaluée à 100'000 fr. Même si cette opération a eu pour effet de mettre un terme à la copropriété, la cause de l'attribution n'en réside pas moins dans le règlement de la créance de participation. En considérant qu'il s'agissait là d'une liquidation entre époux, la cour cantonale n'a dès lors pas violé l'art. 193 CC.
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e9b2b9eb-57d8-452b-9ac6-095e86db2ad6
Urteilskopf 134 III 45 7. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. et consorts contre Commune de X. (demande de révision) 5F_5/2007 du 11 octobre 2007
Regeste Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG ; Revision eines Bundesgerichtsentscheides über eine staatsrechtliche Beschwerde. Zulässigkeit, nach BGG, des auf neuen Tatsachen und Beweismitteln gründenden Revisionsgesuches, wenn es sich gegen einen Bundesgerichtsentscheid richtet, mit dem über eine staatsrechtliche Beschwerde entschieden worden ist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 46 BGE 134 III 45 S. 46 A. A.a Le 30 mars 1994, la commune de X. a conclu avec U. une promesse d'échange immobilier en ce sens que ce dernier céderait à la commune la parcelle n° a, située en zone à bâtir, et recevrait une partie de la parcelle n° x, propriété de la commune et située en zone agricole. U. est décédé le 8 août 1994. A.b Par arrêt du 21 février 2002 (4C.308/2001), le Tribunal fédéral a rejeté le recours en réforme interjeté par les héritières de U. - à savoir A., B., C. et D. - contre le jugement de la Cour civile du Tribunal cantonal du 22 février 2001 qui leur ordonnait, sous la menace des peines prévues par l' art. 292 CP , de signer les actes nécessaires aux transferts immobiliers. A.c Par arrêt du 25 mai 2005 (5P.19/2005), le Tribunal fédéral a rejeté le recours de droit public formé par A., B. et C. - D. ayant, dans l'intervalle, renoncé à son usufruit sur la parcelle n° a - contre l'arrêt de la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois du 8 octobre 2004, lequel prévoyait que, malgré leur refus de s'exécuter, elles étaient réputées avoir signé les actes notariés nécessaires aux transferts immobiliers. Les mutations sont intervenues au registre foncier dans le courant du second semestre 2005. B. B.a Le 3 avril 2006, A., B. et C. ont formé une demande de révision au sens de l' art. 137 let. b OJ contre l'arrêt du Tribunal fédéral du 21 février 2002 (4C.308/2001); à l'appui de cette demande, elles ont produit un certificat établi le 3 février 2006 par le médecin traitant de feu leur père, lequel tendait à démontrer l'absence de discernement de ce dernier lors de la signature de la promesse d'échange le 30 mars 1994. B.b Par arrêt du 7 novembre 2006 (4C.111/2006), le Tribunal fédéral a admis la demande de révision, annulé son jugement du 21 février 2002 et renvoyé la cause à la Cour civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud pour qu'elle la reprenne au stade où elle se trouvait avant le prononcé de son jugement du 22 février 2001; il lui a en particulier enjoint de verser au dossier le rapport du médecin BGE 134 III 45 S. 47 du 3 février 2006 ainsi que d'entendre des témoignages relatifs à la capacité de discernement de U. en date du 30 mars 1994. C. A., B. et C. forment une demande de révision contre l'arrêt du Tribunal fédéral du 25 mai 2005 (5P.19/2005); elles concluent à son annulation, à l'admission du recours de droit public qu'elles ont interjeté le 17 janvier 2005 et au renvoi de la cause au Tribunal cantonal pour nouvelle décision. La commune de X. conclut principalement à la constatation de l'irrecevabilité de la demande, subsidiairement à son rejet. Erwägungen Extrait des considérants: 1. La demande de révision ayant été introduite après l'entrée en vigueur, le 1 er janvier 2007 (RO 2006 p. 1242), de la loi du 17 juin 2005 sur le Tribunal fédéral (LTF; RS 173.110), la procédure est régie par le nouveau droit ( art. 132 al. 1 LTF ; arrêt 6F_1/2007 du 9 mai 2007, consid. 1.2 non publié à l' ATF 133 IV 142 ). 2. 2.1 La jurisprudence rendue à propos de l' art. 137 let. b OJ a apporté d'importantes restrictions à la recevabilité de la demande de révision pour faits et moyens de preuve nouveaux des arrêts du Tribunal fédéral rendus sur recours de droit public ( ATF 118 Ia 366 consid. 2; ATF 107 Ia 187 consid. 2). Cette jurisprudence garde toute sa portée sous le nouveau droit, l' art. 123 al. 2 let. a LTF ayant repris la règle consacrée à l' art. 137 let. b OJ , sans la modifier autrement que par des précisions d'ordre rédactionnel relatives à la notion de "faits nouveaux" (FF 2001 p. 4149; arrêt 4F_3/2007 du 27 juin 2007, consid. 3.1). A cet égard, les requérantes se réfèrent en particulier à l'arrêt paru à l' ATF 107 Ia 187 ; elles prétendent que leur demande de révision est recevable du fait que, dans son arrêt du 25 mai 2005, le Tribunal fédéral aurait pu admettre des faits et moyens de preuve nouveaux en relation avec les nouveaux moyens de droit tirés des art. 26 et 29 Cst. 2.2 Dans un arrêt postérieur, le Tribunal fédéral a toutefois précisé cette jurisprudence, en ce sens que la recevabilité ou l'irrecevabilité des nova dans l'arrêt dont la révision est demandée n'est pas le critère décisif, ou du moins pas le seul, pour décider de la recevabilité de la demande de révision d'un arrêt du Tribunal fédéral. Il a considéré en particulier que, lorsque - comme en l'espèce - le Tribunal fédéral rejette un recours de droit public, son arrêt ne se substitue pas à la décision attaquée, laquelle demeure en force et peut dès lors faire BGE 134 III 45 S. 48 l'objet d'une demande de révision, aux conditions du droit de procédure cantonal, pour les motifs qui affectent l'état de fait qu'elle constate; en effet, selon un principe général, la demande de révision, sur le fond, doit être formée devant l'autorité qui, en dernière instance, a statué au fond. Or, lorsque l'autorité s'est prononcée à l'occasion d'un recours extraordinaire - à l'instar du recours de droit public -, la demande de révision n'est recevable que pour les motifs qui affectent son arrêt ( ATF 118 Ia 366 consid. 2 p. 367/368 et les références; arrêt 5P.510/2006 du 6 février 2007, consid. 3.1 et 3.2; également, à propos du pourvoi en nullité: ATF 124 IV 92 consid. 1). La demande de révision d'un tel arrêt en raison de la découverte de faits pertinents ou de moyens de preuve concluants qui n'avaient pas pu être invoqués dans la procédure précédente ( art. 123 al. 2 let. a LTF ) n'est donc recevable que dans la mesure où le motif invoqué affecte les constatations de fait du Tribunal fédéral, en particulier au sujet de la recevabilité du recours ou lorsque celui-ci a tenu compte de faits ou moyens de preuve nouveaux à l'appui de son recours (POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. V, n. 2.2 ad Titre VII et n. 2.1 ad art. 137 OJ ), ce qui n'est possible qu'exceptionnellement pour le recours de droit public (cf. ATF 128 I 354 consid. 6c p. 357; ATF 107 Ia 187 consid. 2b p. 191). 2.3 En l'espèce, les motifs de l'arrêt dont la révision est demandée ont trait à l'application arbitraire des règles de procédure cantonale relatives à l'exécution forcée (...), à la violation du droit d'être entendu s'agissant de la portée de la procédure cantonale, à l'interdiction de statuer extra petita (...), ainsi qu'à la sécurité du droit à propos du manque de précision du dispositif de l'arrêt cantonal (...). Pour aucun de ces motifs, le Tribunal fédéral n'a tenu compte de faits ou moyens de preuve nouveaux; même s'il avait pu le faire, le moyen de révision invoqué - l'expertise médicale relative à la capacité de discernement de U. - ne concerne aucun des griefs soulevés dans le recours de droit public, et ne peut donc affecter les motifs de l'arrêt rendu sur ce recours. La demande de révision est ainsi irrecevable, seul l'arrêt cantonal sur le fond, demeuré en force, étant susceptible de révision, selon les conditions posées par le droit de procédure cantonal. 2.4 L'irrecevabilité de la demande étant ainsi établie, la question de l'existence d'un intérêt actuel des requérantes à obtenir la révision peut demeurer ouverte.
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2,007
CH_BGE
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CH
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e9b41c17-e9d2-477d-b561-27699b33f1b5
Urteilskopf 117 IV 45 12. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 4 avril 1991 dans la cause Procureur général du canton de Genève c. H. (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 24 lit. a und c MSchG ; Art. 13 lit. d aUWG . Das unberechtigte Anbringen einer geschützten Marke ist ausschliesslich gemäss dem MSchG strafbar, das lex specialis gegenüber dem UWG ist (E. c). Dagegen ist, wenn die Marke nicht rechtsgültig geschützt ist, das UWG insoweit anwendbar, als es die Bestrafung dessen vorsieht, der Massnahmen trifft, die geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren eines andern herbeizuführen (E. d).
Sachverhalt ab Seite 45 BGE 117 IV 45 S. 45 Les époux H. ont été déclarés coupables d'infraction à la LMF (RS 232.11). Il leur est reproché d'avoir fait fabriquer 19 000 montres, d'y avoir apposé sans autorisation une marque et de les avoir vendues (art. 24 let. a et c ainsi que 25 LMF). La peine a été fixée à 6 mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans. Les accusés ont été acquittés des préventions d'escroquerie, de falsification de marchandises, de mise en circulation de marchandises falsifiées, de faux dans les titres et d'infraction à la BGE 117 IV 45 S. 46 LCD (art. 13 let. d de la Loi sur la concurrence déloyale, du 30 septembre 1943, aLCD, remplacée par celle du 19 décembre 1986, RS 241). Le Procureur général du canton de Genève s'en prend aux acquittements prononcés et demande la destruction des montres (dont la restitution après enlèvement de toute référence à la marque avait été ordonnée). Le pourvoi a été rejeté dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 2. c) Selon le recourant, les accusés se sont rendus coupables d'infraction à l'art. 13 let. d aLCD. Il n'examine cependant pas si cette disposition peut être appliquée en concours avec celles de la LMF, pour les mêmes faits. TROLLER (Immaterialgüterrecht, vol. II 3e éd., Bâle 1985 p. 1005 ch. V) se prononce contre l'application cumulative sur le plan pénal de la LMF et de la LCD, la LCD cédant le pas à la LMF qui constitue une loi spéciale. Si, comme en l'espèce, on reproche à l'accusé exclusivement d'avoir apposé une marque sans autorisation, on doit admettre que la LMF réglemente cette branche de la propriété intellectuelle de façon plus détaillée que la LCD, dont la portée est plus générale. Il se justifie dès lors d'écarter ici la LCD en tant que loi plus générale donc subsidiaire (voir BESSE, La répression pénale de la contrefaçon en droit suisse, thèse Lausanne 1990 p. 245). Ainsi, l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en n'appliquant pas la LCD, ce qui entraîne le rejet du pourvoi sur ce point également. d) Il convient de préciser que dans l'hypothèse où la LMF ne serait pas applicable, par exemple si la marque n'était en réalité pas protégée, il ne serait nullement exclu que l'apposition d'une marque puisse, selon les circonstances, tomber sous le coup de l'art. 13 let. d aLCD; d'après cette disposition, en effet, se rend coupable de concurrence déloyale celui qui, intentionnellement, prend des mesures pour faire naître une confusion avec les marchandises d'autrui. Ce problème ne se pose toutefois pas ici car l'autorité cantonale a appliqué la LMF en tant que lex specialis.
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CH_BGE
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e9b56465-e34d-4db7-aedd-d204c4cb30b8
Urteilskopf 94 I 127 20. Urteil vom 21. Februar 1968 i.S. Keller gegen Einwohnergemeinde Münchenstein und Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste Eigentumsgarantie. Art. 88 und 90 OG . 1. Staatsrechtliche Beschwerde. Legitimation des Bürgers, vorfrageweise eine Verletzung der Gemeindeautonomie geltend zu machen (Erw. 3). Zulässigkeit neuer rechtlicher Vorbringen? (Erw. 5). 2. Eigentumsgarantie. a) Gesetzliche Grundlage für die Einteilung eines Grundstücks in eine Zone für öffentliche Werke und Anlagen im Kt. BaselLandschaft (Erw. 6). b) Öffentliches Interesse. Das Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, ob das öffentliche Interesse einen Eingriff in das Privateigentum rechtfertigt und schwerer wiegt als das Interesse des betroffenen Grundeigentümers(Änderung der Rechtsprechung); dabei übt es aber Zurückhaltung, soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind oder sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen (Erw. 7 a). Abwägung des in einem zukünftigen, unsichern Bedürfnis nach Inanspruchnahme eines Grundstücks für die Erweiterung einer öffentlichen Anstalt bestehenden öffentlichen Interesses mit dem entgegenstehenden privaten Interesse (Erw. 7 b).
Sachverhalt ab Seite 128 BGE 94 I 127 S. 128 A.- Die Kantone Basel-Stadt und -Landschaft sind übereingekommen, BGE 94 I 127 S. 129 gemeinsam eine Prüfstation für Motorfahrzeuge zu errichten. Als Standort dafür nahmen sie, nach Prüfung verschiedener in der Umgebung der Stadt Basel gelegener Grundstücke, die Parzelle Nr. 2288 in der Gemeinde Münchenstein in Aussicht. Dieses über 2 ha haltende Grundstück grenzt mit einer Längsseite an die in nordsüdlicher Richtung verlaufende Reinacherstrasse und gehörte gemäss Zonenplan zu einer Zone, in der lediglich Wohnbauten und nicht störende Gewerbebetriebe zulässig waren. Gegen das Baugesuch erhoben mehrere Eigentümer benachbarter Grundstücke sowie der Gemeinderat von Münchenstein Einsprache. Sie wurde von der Baudirektion, vom Regierungsrat und vom Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft abgewiesen. Hiegegen führten die Einwohnergemeinde Münchenstein und zwei Grundeigentümer getrennt staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht wies die Beschwerde der Gemeinde mit Urteil vom 3. Februar 1965 und diejenige der beiden Grundeigentümer mit Urteil vom 26. Mai 1965 ( BGE 91 I 409 ff.) ab, soweit es darauf eintrat. Die Ausführung des Projekts ist bis heute noch nicht in Angriff genommen worden. B.- Am 24. März/5. April 1966 beschloss die Einwohnergemeindeversammlung von Münchenstein, den bisherigen Zonenplan und das Zonenreglement aufzuheben und neue Zonenvorschriften, bestehend aus Zonenplan, Legende, Ergänzungsbestimmungen und kantonalen Zonenreglements-Normalien, zu erlassen. Im Zonenplan wurde die für die Motorfahrzeugprüfstation vorgesehene Parzelle Nr. 2288 samt der nördlich angrenzenden Parzelle Nr. 2290 und einem Teil der südlich angrenzenden Parzelle Nr. 2287 der "Zone für öffentliche Werke und Anlagen" zugewiesen. Diese beiden Grundstücke wurden auf Wunsch des Regierungsrates in die Zone einbezogen als Reserve für eine allfällige spätere Erweiterung der geplanten Motorfahrzeugprüfstation. Die Parzelle Nr. 2290 hat eine Fläche von 36 a, lag nach dem alten Zonenplan in der Industrie- und Gewerbezone und ist Eigentum der Geschwister Keller, die in Basel unter der Firma Keller AG ein Autotaxiunternehmen sowie ein Möbeltransport- und Möbellagerhausgeschäft betreiben. Das Transport- und Lagerhausgeschäft befindet sich etwa 950 m von der Parzelle Nr. 2290 entfernt auf dem Gebiet der Stadt Basel. Nachdem die Zonenvorschriften vom 1. Juli 1966 an öffentlich BGE 94 I 127 S. 130 aufgelegt worden waren, erhoben zahlreiche Grundeigentümer Einsprache, darunter auch die Eigentümer der Parzelle Nr. 2290 mit dem Antrag, diese Parzelle nicht in die "Zone für öffentliche Werke und Anlagen" einzuteilen, sondern so einzuzonen und mit Baulinien zu versehen, dass sie ihrem bisherigen Zweck entsprechend verwendet werden könne. Zur Begründung machten sie im wesentlichen geltend, die Parzelle Nr. 2290 sei für die Motorfahrzeugprüfstation keineswegs, für die Firma Keller AG dagegen dringend nötig. Sie diene dieser als Parkplatz für ihre Fahrzeuge und Containers und bilde zudem eine lebenswichtige Landreserve. Der Gemeinderat, der die Einsprache vorläufig zu prüfen hatte, fragte die Polizeidirektion des Kantons Basel-Landschaft sowie das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt an, ob die Parzelle Nr. 2290 tatsächlich für eine eventuelle spätere Erweiterung der Motorfahrzeugprüfstation benötigt werde. Das Polizeidepartement des Kantons Basel-Stadt gab dem Gemeinderat mit Schreiben vom 7. Oktober 1966 bekannt, dass die (aus Vertretern beider Kantone zusammengesetzte) Fachkommission für die Motorfahrzeugprüfstation die Frage geprüft und sich dazu wie folgt geäussert habe: "Die Fachkommission ist von Anfang an von der Auffassung ausgegangen, dass das Projekt für die Prüfstation als geschlossenes Bauvolumen zu konzipieren ist, ohne räumliche Erweiterungsreserven. Eine Leistungsreserve ist in den Rationalisierungsmöglichkeiten des Betriebes gegeben, durch welche eine Mehrkapazität erreicht werden kann. Wenn die Zahl der Motorfahrzeuge noch weiter ansteigen sollte, so soll, entsprechend den Erfahrungen im Ausland, an einer andern Örtlichkeit eine zweite Anlage erstellt werden. Die Nachbarparzellen 2287 und 2290 werden somit als Erweiterungsreserve für die Motorfahrzeugprüfstation nicht benötigt." Die Polizeidirektion des Kantons Basel-Landschaft liess den Gemeinderat am 13. Oktober 1966 wissen, dass die Frage so wichtig sei, dass sie dem Regierungsrat zum Entscheid unterbreitet werde. Darauf leitete der Gemeinderat am 25. Oktober 1966 die Einsprache der Eigentümer der Parzelle Nr. 2290 an den Regierungsrat weiter. Dieser wies durch Beschlüsse vom 21. März 1967 sämtliche Einsprachen gegen die neuen Zonenvorschriften ab und BGE 94 I 127 S. 131 genehmigte diese. Die die Parzelle Nr. 2290 betreffenden Erwägungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Im heutigen Zeitpunkt sei noch kein abschliessendes Urteil darüber möglich, ob eine spätere Erweiterung der Prüfstation zweckmässig und notwendig sein werde. Solange dies aber nicht endgültig abgeklärt sei, sei eine Freigabe der fraglichen Parzellen unverantwortlich. C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde beantragen die Geschwister Keller, den Beschluss des Regierungsrates vom 21. März 1967 insoweit aufzuheben, als er die Parzelle Nr. 2290 betreffe. Sie machen Verletzung des Art. 4 BV , der Eigentumsgarantie und der Gemeindeautonomie geltend und erheben im wesentlichen folgende Rügen: a) Die Zuweisung der Parzelle Nr. 2290 in eine Zone für öffentliche Werke und Anlagen sei unzulässig, weil es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für eine solche Zone fehle. b) Da die Notwendigkeit einer Erweiterung der (erst geplanten) Motorfahrzeugprüfstation höchst unsicher sei, fehle ein öffentliches Interesse an der Einbeziehung der Parzelle Nr. 2290 in die Zone für öffentliche Werke und Anlagen. Anderseits sei es für die Beschwerdeführer von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung, die Parzelle für den Geschäftsbetrieb der Firma Keller AG zu behalten. Der angefochtene Entscheid beruhe nicht auf einer vertretbaren Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen. c) Der angefochtene Entscheid verletze auch die Gemeindeautonomie. D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde Münchenstein hat sich zur Beschwerde nicht vernehmen lassen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1./2. - (Prozessuales). 3. Die Beschwerdeführer werfen dem Regierungsrat eine Verletzung der Gemeindeautonomie vor. Zu dieser Rüge sind sie befugt, da der einzelne Bürger legitimiert ist, eine Verletzung der Gemeindeautonomie vorfrageweise geltend zu machen, wenn er wegen Verletzung anderer verfassungsmässiger Rechte Beschwerde führt ( BGE 91 I 412 Erw. 2). Dagegen ist die Rüge BGE 94 I 127 S. 132 unbegründet. Die Beschlüsse des Regierungsrates, mit denen er die von der Gemeindeversammlung erlassenen Zonenvorschriften genehmigt und die gegen diese Vorschriften erhobenen Einsprachen abgewiesen hat, verletzen die Gemeindeautonomie auch dann nicht, wenn die mit der staatsrechtlichen Beschwerde angefochtene Einzonung auf Wunsch des Regierungsrates erfolgte und der Gemeinderat im Verfahren vor dem Regierungsrat die Gutheissung der Einsprachen der Beschwerdeführer befürwortete. 4. In der Zone für öffentliche Werke und Anlagen dürfen, wie die von der Gemeinde als Bestandteile der Zonenvorschriften mitbeschlossenen kantonalen Normalien (Normalblatt Nr. ZR 3/63) ausdrücklich bestimmen, nur öffentliche Werke und Anlagen erstellt werden, ist also jede private Bautätigkeit verboten. Hierin liegt eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung. Eine solche ist mit der durch ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes gewährleisteten Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und, sofern sie in der Wirkung einer Enteignung gleichkommt, gegen volle Entschädigung erfolgt ( BGE 93 I 340 mit Verweisungen). Im vorliegenden Falle sind lediglich die gesetzliche Grundlage und das öffentliche Interesse streitig. Die Entschädigungsfrage wird mit der vorliegenden Beschwerde nicht aufgeworfen. 5. Der Einwand, es fehle die gesetzliche Grundlage für die Schaffung einer Zone für öffentliche Werke und Anlagen, wird erstmals in der staatsrechtlichen Beschwerde erhoben. Doch sind neue rechtliche Vorbringen bei Beschwerden, welche die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraussetzen, jedenfalls dann grundsätzlich zulässig, wenn die letzte kantonale Instanz freie Kognition besass und das Recht von Amtes wegen anzuwenden hatte; eine Ausnahme gilt nur für Beschwerden wegen Willkür und solche, bei denen die Rüge, eine andere Verfassungsbestimmung sei verletzt, mit derjenigen der Willkür zusammenfällt ( BGE 73 I 51 Erw. 2, BGE 90 I 148 /9). Im vorliegenden Falle sind jene Voraussetzungen erfüllt und liegt diese Ausnahme nicht vor. Die von den Beschwerdeführern erhobene Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie ist, wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, vom Bundesgericht frei zu prüfen, fällt also nicht mit der Willkürrüge zusammen. Sodann überprüft der Regierungsrat, wie er im Eingang des angefochtenen BGE 94 I 127 S. 133 Entscheids ausdrücklich festhält, die Zonenvorschriften der Gemeinden und die dagegen erhobenen Einsprachen frei; dabei hat er, nach der im Verwaltungsverfahren allgemein geltenden Offizialmaxime, das Recht von Amtes wegen anzuwenden. 6. Die Frage, ob die von der kantonalen Behörde angerufene gesetzliche Grundlage genüge, kann das Bundesgericht dann, wenn der Eingriff in das Eigentum besonders schwer ist, frei, andernfalls nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür prüfen ( BGE 91 I 332 Erw. 1, BGE 93 I 341 Erw. 5). Auf der Parzelle Nr. 2290 befindet sich, nach dem Plane zu schliessen, ein Gebäude mit einer Grundfläche von etwa 3 a; die übrigen 33 a sind, wie sich aus der Lage der Parzelle und aus ihrer bisherigen Einteilung in eine Industrie- und Gewerbezone ergibt, baureifes Land. Die Zuweisung solchen Landes in eine Zone, in der jede private Bautätigkeit verboten ist, stellt einen besonders schweren Eingriff in das Privateigentum dar (vgl. BGE 91 I 125 , BGE 92 I 284 , BGE 93 I 250 Erw. 2). Es ist somit frei zu prüfen, ob das Baurecht des Kantons Basel-Landschaft die Schaffung einer Zone für öffentliche Werke und Anlagen gestatte. Das Bundesgericht hat diese Frage bereits im Urteil vom 17. Oktober 1962 i.S. Brodtbeck AG c. Stadtgemeinde Liestal bejaht. Dort ging es um einen Zonenplan, durch den ein Grundstück in eine solche Zone einbezogen wurde, um es für die geplante Kantonsschule zu reservieren. Das Bundesgericht nahm an, es sei zum mindesten zweifelhaft, ob § 59 Abs. 3 des Baugesetzes (BauG), der den Inhalt des Zonenplans umschreibt, eine genügende Grundlage für die Schaffung einer Zone für öffentliche Werke und Anlagen abgebe. Doch erkläre der Regierungsrat, nach seiner ständigen Praxis könne der Zonenplan auch Elemente eines Bebauungsplans enthalten, und nach den für diesen geltenden Bestimmungen in § 59 Abs. 1 und § 70 BauG sei es zulässig, im Bebauungsplan Boden für solche Zwecke zu reservieren. Dieser Auffassung pflichtete das Bundesgericht bei, da nach § 70 BauG im Bebauungsplan Grundflächen allgemein für "öffentliche Werke" ausgeschieden werden können und darunter nicht nur "öffentliche Anlagen" im engern Sinne, sondern auch Bauten wie Schulhäuser und dergleichen angesehen werden können. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht umso weniger Anlass, als die vorliegende Beschwerde, wie sich aus den nachstehenden BGE 94 I 127 S. 134 Erwägungen ergibt, schon aus einem andern Grunde gutzuheissen ist. 7. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts muss das öffentliche Interesse an einem Eingriff in das Privateigentum erheblich sein und bei der Abwägung mit dem ihm entgegenstehenden privaten Interesse überwiegen, und es darf der Eingriff in das Privateigentum nicht weiter gehen, als es das öffentliche Interesse erheischt ( BGE 91 I 335 Erw. 2, BGE 93 I 250 Erw. 3). a) Da der Regierungsrat in der Beschwerdeantwort den Standpunkt einnimmt, das Bundesgericht habe im vorliegenden Falle nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen, ob das öffentliche Interesse genüge, ist zunächst der Umfang der Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts zu bestimmen. Das Bundesgericht hat in langjähriger Rechtsprechung angenommen, der Begriff des öffentlichen Interesses sei so unbestimmt und schwanke so sehr nach Ort und Zeit, dass der kantonalen Behörde ein weites Ermessen gelassen werden müsse; das Bundesgericht schreite nur ein, wenn es klar sei, dass von einem öffentlichen Interesse nicht die Rede sein könne, es prüfe die Auffassung der kantonalen Behörde nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür ( BGE 57 I 385 Erw. 1 und dort angeführte frühere Urteile; BGE 84 I 173 ). Diese Beschränkung der Überprüfungsbefugnis ist in der Rechtslehre immer wieder kritisiert worden (H. HUBER, Die Garantie der individuellen Verfassungsrechte, ZSR 1936 S. 88 a; M. IMBODEN, Der Schutz der Eigentumsgarantie, Festschrift für Fritzsche 1952, S. 50/51; F. GYGI, Über die Eigentumsgarantie, MBVR 55/1957 S. 262/3; H. HUBER, Öffentlichrechtliche Gewährleistung, Beschränkung und Inanspruchnahme des Eigentums, im Sammelwerk "Staat und Privateigentum" 1960 S. 100/101). Das Bundesgericht hat dieser Kritik, ohne darauf Bezug zu nehmen, insofern Rechnung getragen, als es seit 1962 die Frage des öffentlichen Interesses frei überprüfte, wenn es im wesentlichen um eine Rechtsfrage ging, dagegen nur auf Willkür, wenn die tatsächlichen Verhältnisse im Vordergrund standen ( BGE 88 I 252 , 294; BGE 89 I 196 , 461; BGE 90 I 357 /8, BGE 91 I 335 ). Dass die Unterscheidung von Rechts- und Tatfrage als Kriterium für den Umfang der Überprüfungsbefugnis nicht recht zu befriedigen vermag, zeigt BGE 88 I 294 , wo inbezug auf das Bedürfnis nach einem im Quartierplan einer BGE 94 I 127 S. 135 Stadtgemeinde vorgesehenen grossen öffentlichen Platz ausgeführt wurde, die Beurteilung der künftigen Entwicklung der Verhältnisse sei mehr eine Rechts- als eine Tatfrage, denn es ist nicht einzusehen und wird dort auch nicht begründet, weshalb es sich so verhalten soll. Es rechtfertigt sich daher, den Umfang der Kognition hinsichtlich des öffentlichen Interesses neu zu überprüfen. Das Bundesgericht ist bei der Auslegung und Anwendung von Verfassungsrecht, das dem Bürger ein Individualrecht gewährleistet, grundsätzlich frei. Das gilt für das Verfassungsrecht der Kantone ( BGE 90 I 239 Erw. 3) und muss erst recht für das des Bundes gelten, dem die Eigentumsgarantie angehört. Inwieweit das Bundesgericht bei Beschwerden wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte an tatsächliche Feststellungen der kantonalen Behörden gebunden ist (wozu vgl. BGE 88 I 22 Erw. 5 und dort angeführte frühere Urteile), braucht hier nicht geprüft zu werden. Beim Entscheid darüber, ob ein aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie hinreichendes öffentliches Interesse vorliege, geht es zunächst nicht um tatsächliche Feststellungen; der Begriff des öffentlichen Interesses ist nach der neuern Rechtslehre (F. GYGI und H. HUBER a.a.O. und dort zit. Autoren) ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff (vgl. BGE 91 I 75 ). Ob ein öffentliches Interesse den streitigen Eingriff in das Eigentum (Enteignung oder Eigentumsbeschränkung) rechtfertige, ist daher eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht grundsätzlich frei zu prüfen ist. Keiner Beschränkung unterliegt insbesondere die Prüfung der Frage, ob das geltend gemachte Interesse seiner Art und seinem Gewicht nach den streitigen Eingriff rechtfertige (vgl. BGE 88 I 252 Erw. 2), wie auch die Frage, ob dieses Interesse schwerer wiege als das entgegenstehende private Interesse. Soweit dagegen örtliche Verhältnisse, denen die kantonalen Behörden näher stehen, zu würdigen sind oder sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen, wäre eine völlig freie Überprüfung mit der Aufgabe des Staatsgerichtshofs nicht zu vereinbaren. So wird das Bundesgericht die ihm schon wiederholt unterbreitete Frage, ob eine durch überbautes Gebiet führende Strasse im Hinblick auf die Sicherheit der Fussgänger beidseitig oder nur einseitig und gegebenenfalls auf welcher Seite mit einem Trottoir zu versehen sei (nicht veröffentlichte Urteile vom 10. Juli 1963 i.S. Bühlmann c. Gemeinde St. Margrethen und vom 9. März 1966 i.S. Haene BGE 94 I 127 S. 136 c. Gemeinde Frauenfeld), nach wie vor mit grosser Zurückhaltung prüfen, und das gleiche gilt für die Frage, ob der Betrieb einer Tankstelle oder eines Warenautomaten auf einem privaten Grundstück den Strassenverkehr erheblich beeinträchtigen würde ( BGE 83 I 149 /50; vgl. BGE 90 I 6 ). Das Bundesgericht kann auch nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Gemeinde- oder Kantonsbehörde setzen, wenn es sich fragt, welcher Standort eines öffentlichen Gebäudes (Schulhaus usw.), welche Linienführung einer Strasse ( BGE 90 I 333 /4), welche Grenzziehung zwischen Baugebiet und Landwirtschaftszone einer Gemeinde ( BGE 89 I 198 Erw. 3) oder - innerhalb des Baugebiets - zwischen den Zonen mit verschiedener Bauweise, Bauhöhe und Ausnützungsziffer dem öffentlichen Interesse am besten entspreche, wie breit eine der Trennung von Baugebieten dienende Freihaltezone im öffentlichen Interesse sein müsse ( BGE 93 I 251 ). Wo dagegen ein oder mehrere Grundstücke enteignet oder, wie hier, mit einem Bauverbot belegt werden, hat das Bundesgericht frei zu prüfen, ob das geltend gemachte öffentliche Interesse den Eingriff rechtfertige und schwerer wiege als das private Interesse der Betroffenen. b) An der Errichtung der Prüfstation für Motorfahrzeuge auf der Parzelle Nr. 2288 besteht, wie sich aus BGE 91 I 425 Erw. 3 ergibt und unbestritten ist, ein öffentliches Interesse. Das nördlich angrenzende Grundstück Nr. 2290 der Beschwerdeführer wurde in die Zone für öffentliche Werke und Anlagen einbezogen, um Land für eine allfällige spätere Erweiterung der Prüfstation sicherzustellen. Das öffentliche Interesse an der Belegung eines privaten Grundstücks mit einem Bauverbot kann auch in einem zukünftigen Bedürfnis des Gemeinwesens bestehen, doch muss es sich dabei um ein Bedürfnis handeln, das vom Gemeinwesen genau anzugeben und dessen Eintritt mit einiger Sicherheit zu erwarten ist (vgl. BGE 88 I 295 /6). Nun ist die Prüfstation auf der Parzelle Nr. 2288 noch nicht erstellt, sondern erst geplant. Es ist anzunehmen, dass sie so ausgestaltet und eingerichtet wird, dass sie für eine gewisse Zeit ihre Aufgabe erfüllen kann. Angesichts der noch immer zunehmenden Zahl der Motorfahrzeuge ist es freilich sehr wohl möglich, dass sie nach einiger Zeit sich als zu klein erweist oder aus andern Gründen nicht mehr genügt. Für eine dann in Frage kommende Erweiterung sieht der Regierungsrat auch das Grundstück der Beschwerdeführer vor. BGE 94 I 127 S. 137 Irgendwelche nähere Angaben über diese Erweiterung hat er jedoch nicht gemacht. Er hat nicht einmal die Pläne des gegenwärtigen Projekts, für welches das Baugesuch 1963 oder 1964 gestellt wurde, vorgelegt, so dass nicht ersichtlich ist, ob die ganze Parzelle Nr. 2288 oder nur ein Teil davon für die Prüfstation beansprucht wird. Er sagt auch mit keinem Wort, welche Art der Erweiterung in Frage kommen und wie viel Land dafür erforderlich sein könnte, noch ob das Grundstück der Beschwerdeführer sich dazu eignen und genügen würde. Schon deshalb erscheint das angebliche Bedürfnis nach dem Land der Beschwerdeführer als reichlich unbestimmt und entfernt. Dazu kommt, dass eine besondere Fachkommission für den Bau der Prüfstation besteht, deren Mitglieder von den Regierungsräten der beiden Kantone Basel-Stadt und -Landschaft paritätisch ernannt worden sind und die offenbar über besondere Fachkenntnis verfügen. Diese Fachkommission aber hat auf Anfrage des Gemeinderates von Münchenstein erklärt, dass das Projekt für die Prüfstation auf Parzelle Nr. 2288 als geschlossenes Bauvolumen ohne räumliche Erweiterungsreserven konzipiert sei, dass die Nachbarparzellen Nr. 2287 und 2290 somit nicht als solche Reserve benötigt würden und dass bei einem weiteren Ansteigen der Zahl der Motorfahrzeuge an einem andern Ort eine zweite Anlage erstellt werden solle. Der Regierungsrat hat diese Ausführungen weder im angefochtenen Entscheid noch in der Beschwerdeantwort zu widerlegen versucht, sondern sich im wesentlichen mit dem Hinweis auf die Schwierigkeit, einen Standort für eine zweite Prüfstation zu finden, begnügt. Angesichts des klaren Berichts der Fachkommission und der unbestimmten Ausführungen des Regierungsrates ist es wenig wahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit zu der vom Regierungsrat ins Auge gefassten Erweiterung der Prüfstation kommt, und erscheint daher das öffentliche Interesse daran, die Parzelle Nr. 2290 im Hinblick auf diese Erweiterung mit einem Bauverbot zu belegen, als gering. Demgegenüber ist es durchaus glaubhaft, dass die Beschwerdeführer ein sehr grosses Interesse daran haben, ihr Grundstück für ihr in der Nähe betriebenes Transport- und Lagergeschäft zu benutzen und, wegen der Bodenknappheit in diesem Gebiet, als Landreserve zu behalten. Der Regierungsrat hat denn auch ihre Ausführungen über ihre Interessen nicht bestritten. Er scheint anzunehmen, ein öffentliches Interesse verdiene in jedem BGE 94 I 127 S. 138 Falle den Vorrang vor einem privaten. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr sind nach der neueren Rechtsprechung die öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander abzuwägen ( BGE 91 I 335 Erw. 2 und seitherige Rechtsprechung, zuletzt BGE 94 I 59 Erw. 3). Diese Abwägung fällt im vorliegenden Falle eindeutig zugunsten der Beschwerdeführer aus, da ihr Interesse daran, das Land zu behalten, sehr gewichtig ist, während das als öffentliches Interesse geltend gemachte Bedürfnis des Kantons, es für die Erweiterung der Motorprüfstation zu verwenden, nach dem Gesagten als sehr entfernt erscheint. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Entscheid wegen Verletzung der Eigentumsgarantie aufzuheben. Sollte die Fachkommission ihre bestimmt geäusserte Auffassung über die Gestaltung der Prüfstation vor dem Beginn des Baus oder während desselben ändern und eine allfällige Erweiterung auf dem Land der Beschwerdeführer als geboten erachten, so haben die Behörden noch immer die Möglichkeit, das Grundstück der Beschwerdeführer zu enteignen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 21. März 1967 insoweit, als er die Einsprache der heutigen Beschwerdeführer abweist, aufgehoben wird.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
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e9b66876-4e96-4f98-a1ac-811749e4e438
Urteilskopf 135 III 295 43. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause H.X et F.X contre Y. (recours en matière civile) 4A_595/2008 du 20 mars 2009
Regeste a Art. 216 Abs. 2 OR ; Form eines Vorvertrages, der den Kauf von Grundstücken und Fahrnis zum Gegenstand hat. In einem Vorvertrag, der den Kauf von Grundstücken und Fahrnis verbindet, können die Parteien einen Globalpreis als Gegenleistung für die Grundstücke und die übrigen Gegenstände vereinbaren; diesfalls müssen auch Letztere in der öffentlichen Urkunde aufgeführt (spezifiziert) werden (E. 2 und 3). Regeste b Art. 2 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 und Art. 151 OR ; Auslegung der in einem Vorvertrag zu einem Kaufvertrag aufgeführten Bedingungen. In der öffentlichen Urkunde werden verschiedene Suspensivbedingungen aufgeführt, welche die weiteren Schritte und Vereinbarungen der Parteien zum Gegenstand haben. Trotz des Wortlauts dieser Klauseln sind die Wirkungen des Vertrags nicht als bedingt anzusehen; da das Versprechen zu verkaufen und zu kaufen "unwiderruflich" ist, betreffen die Bedingungen in Wirklichkeit Nebenpunkte, deren Regelung sich die Parteien vorbehalten haben, oder sie führen lediglich dazu, dass die Pflicht zum Abschluss des eigentlichen Kaufvertrages bedingt ist (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 296 BGE 135 III 295 S. 296 A. Les époux H.X. et F.X. possèdent un domaine agricole sis à S., comprenant des immeubles de cette commune, propriétés de l'épouse, et d'autres immeubles de la commune de F., au-delà de la frontière française, propriétés de l'époux. Le domaine comprend encore des machines et installations selon un inventaire établi au mois de mai 2001, et un stock de fourrage et de paille. Selon acte authentique du 5 juin 2003, dressé par un notaire du canton du Jura, les époux X. ont promis de vendre l'ensemble de ces biens à Y., neveu de H.X., pour le prix global de 1'600'000 francs. La promesse de vendre et d'acheter était irrévocable pour toutes les parties. Ses effets étaient toutefois, à lire le texte, subordonnés à trois conditions spécifiées comme suit: BGE 135 III 295 S. 297 A) L'obtention des autorisations définitives émanant des autorités compétentes en matière de droit foncier rural; B) La vente des immeubles [sis] sur le territoire français au prix qui sera arrêté par les parties dans le cadre du prix global de 1'600'000 fr.; C) L'accord des parties s'agissant du traitement fiscal de leur dossier par les autorités jurassiennes et françaises. Traitement dont les conclusions sont à obtenir jusqu'à l'inscription de l'acte au registre foncier des immeubles sis en Suisse. Le prix serait payé, d'abord, par reprise de la dette hypothécaire qui s'élevait alors à 500'000 fr.; ensuite, par le versement d'une rente viagère jusqu'aux décès de l'un puis de l'autre des deux vendeurs, au montant de 60'000 fr. par an pendant vingt ans et de 30'000 fr. dès la vingt-et-unième année; enfin, par la constitution, en faveur des vendeurs, d'un droit d'habitation dans l'appartement est du bâtiment de S. assuré sous le n° x. Pour garantir le versement de la rente en cas de décès du promettant-acquéreur, celui-ci conclurait une assurance au décès dont la somme serait convenue entre les parties. L'entrée en jouissance des biens à vendre était fixée au 1 er janvier 2004. B. Le 24 février 2004, Y. a ouvert action contre les époux X. devant la Cour civile du Tribunal cantonal du canton du Jura. Sa demande tendait principalement à faire condamner les défendeurs à conclure les contrats promis par eux le 5 juin 2003. Les défendeurs ont contesté la validité de la promesse de vente et conclu au rejet de l'action; ils ont pris des conclusions reconventionnelles tendant à faire condamner le demandeur à évacuer les immeubles de leur domaine, dont il avait déjà entrepris l'exploitation, et à payer des dommages-intérêts au montant de 699'082 francs. La Cour civile du Tribunal cantonal a rendu un arrêt partiel le 29 mars 2006, dont le dispositif constate "que la promesse de vente notariée [du] 5 juin 2003 est valable". Elle a rendu un arrêt final le 13 novembre 2008. Celui-ci donne également gain de cause au demandeur; son dispositif se lit comme suit: La Cour civile condamne les défendeurs à conclure avec le demandeur les contrats principaux découlant de la promesse de vente [...]; condamne les défendeurs à prêter leur concours, à collaborer et à entreprendre toute démarche nécessaire et utile aux fins de respecter, réaliser BGE 135 III 295 S. 298 et remplir les conditions qui assortissent la promesse de vente du 5 juin 2003, en particulier à entreprendre toutes les démarches nécessaires auprès des autorités compétentes suisses et françaises en matière de droit foncier rural, auprès de toutes les instances concernées, notamment administrative, de même qu'auprès du notaire, sous menace des sanctions prévues par les art. 292 CP , 395 CPC jur., en particulier 397 CPC jur.; dit qu'en cas de refus des défendeurs de s'exécuter, le présent arrêt tiendra lieu des déclarations nécessaires à la conclusion des contrats découlant de la promesse du 5 juin 2003; ... C. Les défendeurs ont saisi le Tribunal fédéral d'un recours en matière civile tendant à la réforme de ces deux arrêts. Selon leurs conclusions principales, le tribunal devait prononcer que la promesse de vente est nulle ou, sinon, qu'elle ne lie pas les défendeurs; le tribunal devait aussi interdire au demandeur d'exploiter les immeubles du domaine agricole, et lui ordonner, sous menace des sanctions de l' art. 292 CP , d'évacuer immédiatement ces immeubles. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. La promesse de vente conclue le 5 juin 2003 est un contrat relatif aux immeubles, aux termes de l'art. 119 de la loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé (LDIP; RS 291). La forme de ce contrat est impérativement régie par le droit suisse pour les immeubles de S. selon l' art. 119 al. 3 LDIP ; il s'agit de la forme authentique qui est imposée, pour une promesse de vente, par l' art. 216 al. 2 CO . La forme est régie par le droit français pour les immeubles de F., à moins que ce droit n'admette l'application d'un autre droit ( art. 119 al. 3 LDIP ); au surplus, sur tous points autres que la forme, le droit du lieu de situation est aussi applicable, sous réserve d'une éventuelle élection de droit ( art. 119 al. 1 et 2 LDIP ). La Cour civile a examiné la validité et les effets de la promesse de vente au regard du droit suisse pour les immeubles de S. et du droit français pour ceux de F. Elle est parvenue à la conclusion que la promesse de vente passée devant un notaire jurassien est en principe valable, à la forme, aussi pour ces immeubles-ci. Cette approche et ce dernier point sont incontestés, de sorte qu'il n'y a pas lieu d'y revenir. BGE 135 III 295 S. 299 3. 3.1 Les défendeurs contestent que la forme authentique de l' art. 216 al. 2 CO soit respectée. Ils tiennent pour insuffisant d'avoir spécifié un prix global, dans la promesse de vente, au montant de 1'600'000 fr., pour des immeubles et des choses mobilières; ils affirment que le prix des immeubles aurait dû être indiqué séparément. La Cour civile a jugé que, sur la base des preuves disponibles, le prix des diverses catégories de biens était déterminable de manière objective; elle a constaté un prix de 650'000 fr. pour les immeubles de S. et un prix de 300'000 fr. pour ceux de F. Sur ces constatations, les demandeurs se plaignent d'un jugement arbitraire, donc contraire à l' art. 9 Cst. 3.2 Selon la jurisprudence concernant l' art. 216 CO , la forme authentique doit porter sur tous les éléments objectivement essentiels du contrat, et aussi sur les points objectivement secondaires mais subjectivement essentiels, pour autant que ces derniers, de par leur nature, constituent un élément du contrat de vente; il s'agit de tous les éléments qui affectent le rapport entre la prestation et la contre- prestation issues de la vente ( ATF 113 II 402 consid. 2a p. 403; voir aussi ATF 119 II 135 consid. 2a p. 138). L'acte authentique doit donc énoncer toutes les contre-prestations promises en échange du bien immobilier ( ATF 101 II 329 consid. 3a p. 331), et le prix indiqué doit correspondre à celui réellement convenu; à défaut, l'acte est nul parce que simulé ( ATF 94 II 270 p. 273). En cas de contrat mixte, cumulant la vente d'un immeuble et d'autres prestations du vendeur, il est loisible aux parties de convenir d'un prix global qui sera la contrepartie de ce bien et de ces autres prestations. Certes, il faut alors que ces dernières soient également spécifiées dans l'acte authentique, car c'est à cette condition, seulement, que l'acte satisfait à l'exigence de l'indication exacte et complète de tous les éléments affectant le rapport entre les prestations qui incluent une vente d'immeuble, d'une part, et la contre-prestation d'autre part. Cela concerne, en particulier, le contrat mixte de vente et d'entreprise, où la vente d'un bien-fonds est combinée avec la promesse d'y réaliser une construction, et cela concerne aussi le contrat cumulant, comme en l'espèce, la vente d'immeubles et de choses mobilières (MARKUS REBER, Der Umfang des Formzwangs beim Grundstückkauf, Jusletter 9 mai 2005 n os 113 et 129 < http://www.weblaw.ch sous jusletter; CHRISTOPH LEUENBERGER, Abschluss des BGE 135 III 295 S. 300 Grundstückkaufvertrages, in Der Grundstückkauf, 2 e éd. 2001, p. 27 et ss, n os 118 et 132; HERMANN LAIM, in Commentaire bâlois, CC, vol. II, 3 e éd. 2007, n° 56 ad art. 657 CC ; HANS GIGER, Commentaire bernois, 2 e éd. 1997, n° 276 ad art. 216 CO ). Les défendeurs se réfèrent à un arrêt du Tribunal fédéral du 9 juillet 1991 ( ATF 117 II 259 ). Cette décision, qui avait pour objet des prétentions fondées sur un contrat d'entreprise, contient le passage ci-après (p. 264/265): Der für den Grundstückkauf geltende Formzwang erstreckt sich bloss auf Abmachungen im Rahmen des Kaufvertrages, nicht aber auf sonstige Übereinkünfte, selbst wenn für die Parteien der Bestand der einen Abrede conditio sine qua non für die Zustimmung zur zweiten darstellt (BGE 113 II 404 mit Hinweisen). Auch bei einem gemischten Vertragsverhältnis unterstehen deshalb die werkvertraglichen Abreden nicht der Formpflicht, wenn sie ein selbständiges Leistungspaar bilden (BGE 107 II 215 f. E. 4; GAUCH, a.a.O., S. 87/8 Rz. 302; LEUENBERGER, Abschluss des Grundstückkaufvertrages, in: Der Grundstückkauf, S. 83/4 Rz. 153). Das setzt jedoch voraus, dass für den Erwerb des unüberbauten Grundstückes und die Erstellung des Bauwerks getrennte Vergütungen festgesetzt werden (GAUCH, a.a.O., S. 88 Rz. 303). Sur la base de cette dernière phrase, les défendeurs affirment que lorsque les parties concluent simultanément une vente d'immeuble et un autre contrat, tel qu'un contrat d'entreprise ou une vente de choses mobilières, un prix spécifique, propre à l'immeuble vendu, doit obligatoirement ressortir de l'acte authentique. Or, dans la décision précitée, le Tribunal fédéral a seulement rappelé que des prix distincts doivent être déterminables pour l'immeuble, d'une part, et pour les prestations d'entrepreneur, d'autre part, dans le cas où ces dernières ne sont pas énoncées dans l'acte authentique; pour le surplus, il n'a pas exclu que l'indication d'un prix global soit suffisante, au regard de l' art. 216 CO , lorsque, au contraire, toutes les prestations destinées à accompagner la vente d'un immeuble sont aussi énoncées dans l'acte. Les défendeurs fondent leur argumentation sur une lecture erronée et incomplète de cet arrêt de 1991. Il est vrai que ce même arrêt est cité de façon semblablement erronée dans l'arrêt du Tribunal fédéral du 23 juin 2004 (4P.97/2004 consid. 4.4), mais cette méprise n'influence pas la portée de l' art. 216 al. 2 CO . 3.3 Le prix global de 1'600'000 fr. est exempt de toute ambiguïté. La Cour civile a jugé que tous les biens promis en échange, mobiliers ou immobiliers, tant à S. qu'à F., sont objectivement BGE 135 III 295 S. 301 déterminables sur la base de l'acte authentique (cf. ATF 127 III 248 consid. 3d p. 254), et cela n'est pas contesté par les défendeurs. Le moyen tiré de cette dernière disposition est donc privé de fondement. La Cour civile aurait pu se dispenser de rechercher si un prix distinct, pour les immeubles, était convenu entre les parties et déterminable d'après l'acte, car ce point n'est d'aucune importance du point de vue de ladite disposition. Selon les défendeurs, faute d'une détermination spécifique du prix des immeubles, la promesse de vente contrevient aussi, en ce qui concerne le droit suisse, à l' art. 184 CO définissant le contrat de vente. Cette argumentation est difficilement intelligible; elle semble plutôt mettre en cause l' art. 2 al. 1 CO selon lequel tout contrat nécessite l'accord des parties sur ses éléments essentiels. Il demeure que, comme on l'a vu, la prestation et la contre-prestation sont définies de manière suffisante dans la promesse du 5 juin 2003. (...) 5. 5.1 Les défendeurs soutiennent que la promesse de vente est conditionnelle aux termes de l' art. 151 CO , et qu'elle ne les oblige pas parce que les conditions demeurent et demeureront inaccomplies. Ils insistent sur la grave mésentente qui s'est élevée entre eux et leur neveu, et ils considèrent que les démarches et accords auxquels la promesse est subordonnée sont devenus impossibles. Ils font aussi état de diverses incertitudes concernant l'exécution et les effets de la promesse. Dans le texte de l'acte authentique, les clauses concernant les autorisations en matière de droit foncier rural, la vente des immeubles de F. et les accords à trouver avec les autorités fiscales sont effectivement présentées sous l'aspect de conditions suspensives, introduites par le libellé "la validité du présent acte et de l'acte de vente définitif est conditionnée par ...". Il s'agit de conditions potestatives dans la mesure où, comme les défendeurs le soulignent, leur accomplissement dépend de la diligence des parties et de leurs manifestations de volonté. Mais on lit aussi, dans l'acte, que "Monsieur Y. s'engage irrévocablement à acheter" l'ensemble des biens concernés, y compris les immeubles de F., et que ses deux cocontractants "s'engagent à leur tour et réciproquement" à lui vendre ces mêmes biens. 5.2 Il peut advenir que telle clause d'un contrat soit ambiguë et que, ayant apparemment pour objet de subordonner les obligations des BGE 135 III 295 S. 302 parties à une condition, elle puisse aussi être comprise comme introduisant une obligation supplémentaire; il est alors nécessaire d'interpréter la convention (FELIX EHRAT, in Commentaire bâlois, CO, vol. I, 4 e éd. 2007, n° 11 ad art. 151-157 CO ). Si une condition est convenue et que son accomplissement dépend, dans une certaine mesure, de la volonté de l'une des parties auxquelles le contrat impose des obligations, cette partie n'a en principe pas une liberté entière de refuser cet accomplissement et de se dégager, ainsi, de ses obligations contractuelles. Elle doit, au contraire, agir de manière loyale et conforme aux règles de la bonne foi; en cas de violation de ces exigences, la condition est censée accomplie selon l' art. 156 CO . Le degré de liberté subsistant pour la partie concernée, d'une part, et les devoirs à elle imposés par les règles de la bonne foi, d'autre part, doivent être déterminés dans chaque cas d'espèce en tenant compte de l'ensemble des circonstances et, en particulier, de l'objet et du but du contrat, dûment interprété selon le principe de la confiance ( ATF 117 II 273 consid. 4c p. 280/281; voir aussi ATF 133 III 527 consid. 3.3.3 p. 535). L'interprétation selon le principe de la confiance - y compris celle d'un contrat dont la validité dépend d'une forme particulière ( ATF 127 III 248 consid. 3c p. 254) - consiste en rechercher comment les parties, lorsque leur accord s'est formé, pouvaient comprendre de bonne foi les clauses adoptées par elles, en fonction du contexte dans lequel elles ont traité ( ATF 132 III 24 consid. 4 p. 27/28). Même s'il est apparemment clair, le sens d'un texte souscrit par les parties n'est pas forcément déterminant, de sorte que l'interprétation purement littérale est prohibée ( art. 18 al. 1 CO ). Lorsque la teneur d'une clause contractuelle paraît limpide à première vue, il peut résulter d'autres éléments du contrat, du but poursuivi par les parties ou d'autres circonstances que le texte de cette clause ne restitue pas exactement le sens de l'accord conclu. Il n'y a cependant pas lieu de s'écarter du sens littéral du texte adopté par les cocontractants lorsqu'il n'y a aucune raison sérieuse de penser que celui-ci ne corresponde pas à leur volonté ( ATF 131 III 606 consid. 4.2 p. 611; ATF 130 III 417 consid. 3.2; ATF 129 III 118 consid. 2.5). 5.3 En l'occurrence, les parties se sont promis "irrévocablement" la vente du domaine agricole. Rien, dans l'acte authentique, n'autorise à retenir que l'un ou l'autre des cocontractants doit pouvoir, même sans motif sérieux et objectif, se dédire de cette promesse. BGE 135 III 295 S. 303 Par conséquent, les clauses concernant les autorisations en matière de droit foncier rural, la vente des immeubles de F. et les accords à trouver avec les autorités fiscales ne sont réellement des conditions suspensives, aux termes de l' art. 151 CO , que dans la mesure où elles portent sur l'obligation de conclure le ou les contrats finals, à l'issue des préparatifs encore nécessaires, et où leur accomplissement dépendra des autorités administratives et fiscales compétentes. Pour le surplus, contrairement à l'opinion des défendeurs, ces clauses ne suspendent pas les effets de la promesse de vente; celle-ci, depuis la clôture de l'acte, oblige toutes les parties à entreprendre les démarches prévues et à favoriser leur aboutissement. C'est exactement ce à quoi les défendeurs sont condamnés par l'arrêt attaqué du 13 novembre 2008. On ne saurait admettre aisément que les parties aient fait dresser un acte authentique à la seule fin de consigner de simples projets ou intentions, dépourvus d'incidence sur leur situation juridique. En tant que les démarches prévues nécessitent de nouvelles conventions entre les cocontractants, par exemple sur le prix de vente particulier aux immeubles de F., dans le cadre du prix global déjà convenu, il s'agit de points secondaires que les parties ont réservé conformément à l' art. 2 al. 1 CO . La somme de l'assurance au décès, à contracter par le demandeur pour garantir le versement de la rente viagère, est aussi l'un de ces points secondaires. Au besoin, ils seront réglés par le juge en application de l' art. 2 al. 2 CO . Les propriétaires du domaine insistent vainement sur ce fait qu'il n'existe actuellement, sur les points en suspens, aucune perspective d'accord entre les parties; on ne pourrait guère espérer une situation différente compte tenu qu'eux-mêmes, jusqu'à présent, se sont efforcés de se délier de la promesse plutôt que de concourir à son exécution. 5.4 Les défendeurs font valoir que l'autre partie se trouvera peut-être hors d'état de reprendre la dette hypothécaire existante et de contracter l'assurance au décès. Dans l'une ou l'autre de ces éventualités, eux-mêmes pourront, sur la base de l' art. 82 CO , refuser les ventes promises; ensuite, si la demeure de leur cocontractant se prolonge, ils pourront résoudre la promesse de vente conformément à l' art. 107 CO . En revanche, l' art. 151 CO est hors de cause. Ces plaideurs disent aussi redouter les suites fiscales de la vente de leur domaine selon les modalités convenues, comportant le versement d'une rente viagère. Il est possible qu'à l'issue des BGE 135 III 295 S. 304 pourparlers prévus avec les autorités concernées, ces modalités se révèlent gravement désavantageuses sur le plan fiscal. Il n'est cependant pas nécessaire d'examiner dès maintenant si, dans cette hypothèse particulière, au regard des règles de la bonne foi, les défendeurs pourraient faire valoir que l'une des conditions de la promesse ne s'est pas accomplie, et se dédire de l'affaire pour ce motif. En l'état, ils invoquent prématurément l' art. 151 CO , et ils doivent plutôt entreprendre loyalement, avec le demandeur et les autorités fiscales, la recherche d'une solution convenable. Les défendeurs ne sauraient, non plus, se dédire de la promesse au motif que ce contrat ne leur assure aucune garantie en prévision du cas où l'autre partie deviendrait insolvable et suspendrait le service de la rente.
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e9bf1731-1925-4607-ab44-3d1b6417ac0b
Urteilskopf 117 Ib 15 4. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 25 janvier 1991 dans la cause E. contre Chemins de fer fédéraux et Commission fédérale d'estimation du 1er arrondissement (recours de droit administratif)
Regeste Enteignung von Nachbarrechten. Ersatz des durch Bahnbauarbeiten verursachten Schadens. Die für Beeinträchtigungen durch Schienen- und Strassenverkehr geltenden Regeln lassen sich nicht auf Immissionen aus Bauarbeiten übertragen. Mangels eines feststehenden Beurteilungsschemas für die Störwirkung von Baustellen ist abzuklären, ob die Immissionen im Sinne von Art. 684 ZGB übermässig seien, d.h. ob sie über die Grenzen dessen hinausgingen, was nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch den Nachbarn zugemutet werden kann (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 15 BGE 117 Ib 15 S. 15 Dans le cadre des travaux de construction du raccordement ferroviaire de Genève-Cornavin à l'aéroport de Cointrin, les Chemins de fer fédéraux (ci-après: CFF) ont ouvert un chantier le long du chemin Furet, à Genève, afin d'aménager une galerie pour la voie ferrée. Ce chantier a duré de novembre 1983 au 20 décembre 1985. Un certain nombre d'inconvénients en ont résulté, des restrictions de circulation et de parking en particulier. BGE 117 Ib 15 S. 16 En outre, le chantier a nécessité un trafic considérable de camions de tonnage important. La société E., qui exploite des magasins de fleurs à Genève et dans sa banlieue, s'est plainte de l'entrave causée par le chantier à l'accès de l'un d'entre eux en raison du bruit, de la poussière et de la boue, qui auraient dissuadé les gens de s'y rendre. Par demande du 21 mars 1986, elle a requis la Commission fédérale d'estimation du 1er arrondissement de condamner les CFF à lui verser de ce chef la somme de 128'802 fr. 70 plus intérêts à 5% dès le 1er décembre 1983, prétention qu'elle a par la suite augmentée à 213'015 fr. 70. Par décision du 20 avril 1988, la Commission fédérale d'estimation a rejeté la demande. Se référant à la jurisprudence du Tribunal fédéral en matière d'indemnisation pour atteintes au droit de voisinage des riverains d'une route ou d'un chemin de fer, elle a considéré en substance que le critère de la spécialité n'était pas rempli du fait de l'importance somme toute relative - par rapport notamment au cas Devillon jugé le 14 novembre 1986 par le Tribunal fédéral - des restrictions de circulation imposées et des inconvénients résultant du trafic de camions; de plus, l'intérêt public était ici en jeu. La Commission a considéré par ailleurs que les travaux effectués par les CFF et le préjudice subi n'étaient pas complètement imprévisibles. Elle a toutefois admis que le critère de gravité pouvait être admis dans une certaine mesure. Agissant par la voie du recours de droit administratif, E. a demandé au Tribunal fédéral d'annuler la décision de la Commission fédérale d'estimation. La recourante a notamment reproché à celle-ci d'avoir confondu les nuisances résultant de l'usage de la voie de chemin de fer et celles issues de la construction de celle-ci, soit en substance d'avoir "appliqué à tort une jurisprudence irrelevante en l'espèce". Le Tribunal fédéral a admis partiellement le recours et a annulé la décision attaquée dans la mesure où elle avait rejeté la demande d'indemnité sur la base d'une jurisprudence inapplicable. Pour le surplus, il a dit qu'il statuerait ultérieurement sur la demande d'indemnité, après instruction complémentaire sur certains points. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) La Chambre de droit public du Tribunal fédéral a statué en matière d'immissions causées par les travaux de construction d'une route nationale dans l'arrêt Gallizia ( ATF 93 I 295 ). A part BGE 117 Ib 15 S. 17 cet arrêt, qui remonte à 1967, la Ire Cour de droit public s'est prononcée sur les nuisances d'un chantier dans le cadre d'un recours de droit public ( ATF 113 Ia 353 ss). Se référant à l'arrêt Gallizia, cette jurisprudence de 1987 expose que des perturbations temporaires subies sur des fonds voisins en raison de travaux de construction ne donnent en règle générale pas lieu à l'indemnisation, une indemnité n'étant due que lorsque les effets dommageables, de par leur nature, leur intensité et leur durée, sont exceptionnels et causent aux voisins un dommage considérable (consid. 3, p. 357). Depuis l'arrêt Gallizia, la jurisprudence civile du Tribunal fédéral à propos du préjudice provenant de travaux de construction a développé ses propres critères, notamment en ce qui concerne la prescription (cf. ATF 109 II 418 ). En vertu de cette jurisprudence, lorsque le propriétaire foncier qui construit a pris toutes les mesures qui s'imposent à lui, que néanmoins les limites du droit de propriété sont inéluctablement dépassées du fait des travaux de construction, et que le voisin subit un dommage, ce dernier a droit à une indemnité à condition que les immissions soient excessives et le préjudice important. Pour déterminer si des immissions sont excessives au sens de l' art. 684 CC et excèdent les limites de la tolérance que se doivent les voisins, le juge doit procéder à la pesée des intérêts en présence, ceux du propriétaire qui est accusé d'abuser de son droit et ceux des voisins qui se plaignent d'un excès, en tenant compte de l'usage local, ainsi que de la situation et de la nature des immeubles ( ATF 114 II 237 consid. 5a; arrêt Devillon du 14 novembre 1986, publié dans SJ 1987, p. 145 ss). S'agissant d'une atteinte temporaire, l'intensité et la durée des immissions constituent également des éléments d'appréciation non négligeables ( ATF 83 II 387 ). Il n'est pas certain que les critères de la jurisprudence civile puissent être transposés sans autre au domaine de l'expropriation ( ATF 116 Ib 254 /255 consid. 2d). La solution qu'elle préconise n'est toutefois pas sans présenter une certaine analogie avec celle du droit public (cf. PIERRE TERCIER, La protection contre les nuisances liées à des travaux de construction, dans Droit de la construction 1987/4, p. 83). Elle postule d'ailleurs une prise en compte de l'intérêt public de l'ouvrage à l'origine des immissions pour en apprécier le caractère excessif et évitable; ainsi, d'une façon générale, lorsqu'un tel intérêt est en jeu, on retiendra moins BGE 117 Ib 15 S. 18 facilement le caractère excessif et on placera plus haut le seuil de la tolérance (arrêt Devillon, SJ 1987, p. 153, consid. 6b/bc). b) La Commission a appliqué la jurisprudence de droit public relative aux immissions provenant du trafic routier et ferroviaire, jurisprudence reposant sur cette idée - communément admise - qu'en principe les voisins d'une route ou d'une voie de chemin de fer ( ATF 40 I 455 ) ne sauraient prétendre être indemnisés pour les inconvénients qui en résultent. L'augmentation constante du nombre des véhicules à moteur exige l'ouverture de nouvelles voies et l'agrandissement de celles qui existent déjà. Si les collectivités publiques étaient tenues de réparer tous les dommages qu'entraînent ces ouvrages indispensables, elles seraient la plupart du temps hors d'état de les entreprendre. Il faut toutefois réserver les cas où le dommage est à la fois spécial, imprévisible et grave: lorsque ces trois conditions sont réunies, il y a immission excessive au sens de l' art. 684 CC et l'octroi d'une indemnité se justifie ( ATF 112 Ib 529 consid. 1, ATF 111 Ib 234 consid. 2a, ATF 110 Ib 48 consid. 4, 346 consid. 2). Cette jurisprudence a en outre précisé que la spécialité et la gravité sont deux conditions indépendantes, qui doivent être examinées séparément. La condition de spécialité est remplie lorsque les immissions atteignent une intensité qui excède la limite de ce qui est usuel et tolérable ( ATF 116 Ib 21 consid. 3). Elle l'est par exemple, en ce qui concerne le bruit du trafic routier et ferroviaire, lorsqu'il y a dépassement des valeurs limites d'exposition fixées respectivement dans les annexes 3 et 4 de l'ordonnance sur la protection contre le bruit (OPB) du 15 décembre 1986, entrée en vigueur le 1er avril 1987 (RS 814.41; cf. en ce qui concerne l'ancien système d'évaluation des valeurs limites d'immissions pour l'exposition au bruit du trafic routier, ATF 110 Ib 346 s., 353 ss consid. 7). La condition de gravité se rapporte, elle, au dommage provoqué par les immissions et trouve sa justification dans le principe de la proportionnalité: les particuliers ne sauraient en effet réclamer une indemnité pour n'importe quelle atteinte provoquée par des ouvrages d'intérêt public ( ATF 110 Ib 347 ). Pour admettre la gravité, il faut tenir compte de tous les éléments du cas d'espèce, en particulier de la situation, du genre et de l'environnement de l'immeuble en cause ( ATF 116 Ib 21 /22 consid. 3a, ATF 110 Ib 347 , ATF 94 I 302 /303 consid. c). Quant à la condition d'imprévisibilité, elle remonte à une jurisprudence déjà ancienne selon laquelle, dès qu'un projet de construction routière ou ferroviaire est connu, les voisins de la BGE 117 Ib 15 S. 19 future voie ou route doivent en tenir compte et s'y adapter en prenant les mesures propres à éviter ou à limiter le dommage; ce faisant, ils se conforment à une obligation de caractère général qui incombe à tout exproprié ( ATF 112 Ib 529 consid. 1 et les arrêts cités). c) Les critères valables en matière de trafic routier ou ferroviaire ne sont pas transposables aux travaux de construction. Celui d'imprévisibilité ne saurait évidemment être invoqué à propos de tout chantier routier ou ferroviaire ouvert aux fins d'entretenir, de modifier ou de compléter un tracé existant: on ne saurait en effet exiger des voisins d'une voie de communication un don de prémonition à cet égard. Quant au critère de spécialité, les valeurs limites d'immissions de bruit fixées pour le trafic routier et ferroviaire ne peuvent tout simplement pas s'appliquer aux travaux de chantier. En l'espèce, la Commission d'estimation s'est donc trompée en se bornant à appliquer la jurisprudence relative aux immissions du trafic routier et ferroviaire, alors que le dommage allégué résultait de travaux de construction. Il lui appartenait, à défaut de système d'évaluation approprié aux chantiers, de déterminer si les immissions dont se plaignait la recourante étaient excessives au sens de l' art. 684 CC , c'est-à-dire si elles excédaient "les limites de la tolérance que se doivent les voisins eu égard à l'usage local, à la situation et à la nature des immeubles".
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Urteilskopf 94 III 78 15. Auszug aus dem Entscheid vom 22. Mai 1968 i.S. Randegger.
Regeste Ein bedingter Verzicht auf eine bereits vollzogene Pfändung (insbesondere die Zustimmung zur einstweiligen "Sistierung" einer vollzogenen Lohnpfändung) ist nicht zulässig. Hebt das Betreibungsamt gestützt auf einen solchen Verzicht die Pfändung auf, so fällt grundsätzlich die Betreibung als solche dahin. Umstände, unter denen dem betreibenden Gläubiger nach Treu und Glauben ( Art. 2 ZGB ) nicht entgegengehalten werden darf, die Betreibung sei infolge seiner Verzichtserklärung dahingefallen.
Sachverhalt ab Seite 78 BGE 94 III 78 S. 78 Aus dem Tatbestand: A.- Kurt und Robert Randegger betreiben ihren Vater Julius Randegger gemeinsam für rückständige Unterhaltsbeiträge (Betreibungen Nr. 9675 und 2110). Am 13./23. Juni 1967 pfändete das Betreibungsamt Zürich 2 in diesen (zur Gruppe Nr. 59 zusammengefassten) Betreibungen vom Lohn des Schuldners Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde. Nachdem der Schuldner regelmässige Zahlungen an die Gläubigervertreter versprochen hatte, gaben diese am 7./8. Juli 1967 gegenüber dem Betreibungsamte folgende "Erklärung" ab: BGE 94 III 78 S. 79 "Auf Zusehen hin sind wir damit einverstanden, dass a) die verfügte Lohnpfändung mit sofortiger Wirkung sistiert wird, b) die Anzeige an den Arbeitgeber unterbleibt oder widerrufen wird, c) der Einzug der Lohngelder durch das Betreibungsamt unterbleibt. Wir haben davon Kenntnis, dass nach Ablauf der Lohnpfändungsdauer für einen allfällig ungedeckten Betrag kein Verlustschein ausgestellt wird. Wir behalten uns das Recht des Widerrufs dieser Erklärung vor und sind damit einverstanden, dass die Lohnpfändung sofort dann von Amtes wegen angeordnet wird, wenn andere Gläubiger auf der Durchführung der Lohnpfändung bestehen. Allfällig noch eingehende Lohngelder können dem Schuldner ausbezahlt werden." Die Pfändungsurkunde, die auf diese Erklärung hinwies, wurde am 17. Juli 1967 versandt. B.- Am 27. November 1967 pfändete das Betreibungsamt Zürich 2 zugunsten der Gläubiger der Gruppe Nr. 129 "im Anschluss" an die Pfändung zugunsten der Gruppe Nr. 59 vom Lohn des Schuldners wiederum Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde. Am 7. Dezember 1967 teilte das Betreibungsamt dem Schuldner mit, diese neue Lohnpfändung bedinge die Wiederaufnahme der einstweilen sistiert gewesenen Lohnpfändung in der Gruppe Nr. 59, und verfügte: "Vom Lohn des Schuldners ... werden mit Wirkung ab 27. November 1967 Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde gepfändet, für die Pfändungsgläubiger in Gruppe Nr. 59 längstens bis 13. Juni 1968." C.- Am 17. Dezember 1967 führte der Schuldner gegen die Verfügung vom 7. Dezember 1967 Beschwerde. Er machte u.a. geltend, die Pfändung zugunsten der Gruppe Nr. 59 habe mit dem Einverständnis der Gläubigervertreter "aufgehört" und sei folglich "nicht gültig". Die kantonalen Aufsichtsbehörden und das Bundesgericht weisen die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Bedingte Fortsetzungs- und Verwertungsbegehren sind unwirksam ( BGE 85 III 70 f.). Indem ein Gläubiger ein ohne Bedingung gestelltes Begehren unter einer Bedingung, z.B. für BGE 94 III 78 S. 80 den Fall der Leistung einer bestimmten Teilzahlung durch den Schuldner zurückzieht, verwandelt er sein Begehren nachträglich in ein bedingtes, d.h. in ein Begehren, das nur beim Nichteintritt der fraglichen Bedingung, also z.B. bei Nichtleistung der Teilzahlung, gelten soll und deshalb unzulässig ist. Der bedingte Rückzug eines Fortsetzungs- oder Verwertungsbegehrens macht dieses also unwirksam, m.a.W. der bedingte Rückzug eines solchen Begehrens hat die gleichen Folgen wie ein unbedingter Rückzug ( BGE 85 III 71 /72; vgl. BGE 41 III 431 und Ziff. 4 der Erläuterungen auf den obligatorischen Formularen Nr. 4 und 27 für das Fortsetzungs- bzw. Verwertungsbegehren). Ziff. 104 Abs. 3 der vom Obergericht des Kantons Zürich am 11. Februar 1952 erlassenen Anweisung zum SchKG sowie zum GebT, wo "einstweilige Rückzüge von Fortsetzungs- und Verwertungsbegehren, die an die Bedingung einer vom Gläubiger bestimmten Zahlung an das Betreibungsamt geknüpft sind", als zulässig erklärt werden (vgl. BGE 85 III 69 ), ist daher bundesrechtswidrig. 3. Das Verfahren, das im vorliegenden Falle eingeschlagen wurde, weicht vom gesetzlichen Gang des Betreibungsverfahrens noch stärker ab als die Zulassung eines bedingten Rückzugs des Fortsetzungs- oder Verwertungsbegehrens. a) Auf Grund des Fortsetzungsbegehrens in der Betreibung Nr. 9675 ordnete das Betreibungsamt am 13. Juni 1967 eine Lohnpfändung von Fr. 3.80 pro Arbeitsstunde an. Nach Eingang des Fortsetzungsbegehrens in der Betreibung Nr. 21 10 verfügte es am 23. Juni 1967 den Anschluss der Gläubiger dieser Betreibung an die erfolgte Lohnpfändung. Diese war damit vollzogen, dass der Beamte dem Schuldner unter Hinweis auf das Verbot und die Straffolgen einer von Amte nicht bewilligten Verfügung ausdrücklich erklärte, der erwähnte Lohnbetrag sei gepfändet ( BGE 93 III 36 ). Die Eintragung dieser Erklärung ins Pfändungsprotokoll, die nachBGE 74 III 4auch noch zum Pfändungsvollzug zu rechnen wäre und die im vorliegenden Falle übrigens zweifellos erfolgt ist, dient nur der urkundlichen Feststellung und damit dem Beweis der massgebenden Erklärung (vgl. Art. 8 SchKG undBGE 50 III 49). Die Anzeige an den Arbeitgeber, die gemäss Art. 99 SchKG womöglich zu erlassen ist, wenn der Schuldner eine unselbständige Erwerbstätigkeit ausübt (obligatorisches Formular Nr. 10), ist kein wesentlicher Bestandteil des Pfändungsvollzugs, sondern es BGE 94 III 78 S. 81 handelt sich dabei wie bei der in Art. 98 SchKG vorgesehenen amtlichen Verwahrung im Falle der Pfändung von Geld, Banknoten usw. ( BGE 63 III 67 , BGE 75 III 108 ) um eine Sicherungsmassnahme, die zum Pfändungsvollzug hinzutritt ( BGE 93 III 36 mit Hinweisen). Eine solche Anzeige ist übrigens im vorliegenden Falle laut Pfändungsurkunde am 14. Juni 1967 erlassen worden. Wurde die von den Gläubigern verlangte Pfändung am 13./23. Juni 1967 vollzogen, so kann die Erklärung betreffend Sistierung der Lohnpfändung, welche die Gläubiger am 7./8. Juli 1967 im Hinblick auf die vom Schuldner versprochenen Zahlungen an sie abgaben, nicht etwa als Rückzug eines noch nicht befolgten Fortsetzungsbegehrens aufgefasst werden. Vielmehr stimmten die Gläubiger mit ihrer Erklärung der Einstellung einer bereits erfolgten Lohnpfändung zu (vgl. lit. a der Erklärung, wo ausdrücklich von Sistierung der "verfügten" Lohnpfändung die Rede ist). b) Die Sistierung der vollzogenen Lohnpfändung, der die Gläubiger zustimmten, war nicht bloss so gemeint, dass lediglich die Anzeige an den Arbeitgeber zu widerrufen sei und der Schuldner die gepfändete Lohnquote selbst an das Betreibungsamt abzuliefern habe, wie es bei der Pfändung von Trinkgeldern und von Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu geschehen hat ( BGE 79 III 158 , BGE 93 III 36 /37). Vielmehr erklärten sich die Gläubiger ausdrücklich damit einverstanden, dass der Einzug der Lohngelder durch das Betreibungsamt unterbleibe und dass allfällig noch eingehende Lohngelder dem Schuldner ausbezahlt werden. Damit stimmten die Gläubiger der Aufhebung der Lohnpfändung selbst zu. Die Gläubiger taten das freilich nur auf Zusehen hin und behielten sich ausdrücklich den Widerruf ihrer Erklärung vor. Diese Befugnis wollten sie sich offenbar vor allem für den Fall wahren, dass der Schuldner die versprochenen Zahlungen an sie nicht leisten sollte. Ausserdem sollte die Sistierung nach der Erklärung vom 7./8. Juli 1967 ausser Kraft treten, wenn andere Gläubiger eine Lohnpfändung verlangen sollten. Das Gesetz gestattet dem betreibenden Gläubiger jedoch nicht, unter Vorbehalt des Widerrufs oder des Eintritts einer bestimmten äussern Tatsache auf eine vom Betreibungsamt auf sein Begehren bereits vollzogene Pfändung zu verzichten. Er kann den gesetzlich geregelten Gang des Betreibungsverfahrens nur durch BGE 94 III 78 S. 82 die Stellung der im Gesetz vorgesehenen Begehren und durch den (unbedingten) Rückzug noch nicht befolgter Begehren oder der Betreibung als solcher unmittelbar beeinflussen. Wo das Gesetz einen Aufschub von Betreibungshandlungen, einen Stillstand oder die Einstellung der Betreibung vorsieht (Art. 36, 57 ff., 77 Abs. 3, 78 Abs. 1, 85, 107 Abs. 2, 123 Abs. 1, 173, 186, 297 Abs. 1, 317 b Abs. 4, 317 g SchKG), treten diese Rechtswirkungen nicht auf Antrag des Gläubigers, sondern auf Anordnung einer Behörde oder von Gesetzes wegen ein. Zudem werden in diesen Fällen nicht bereits vollzogene Betreibungshandlungen rückgängig gemacht, wie das mit der durch die Erklärung vom 7./8. Juli 1967 bewilligten Aufhebung der Lohnpfändung geschah. Den Verzicht auf eine vollzogene Pfändung unter dem Vorbehalt auszusprechen, dass dieser Verzicht widerruflich sei und bei Eintritt bestimmter Tatsachen von selbst ausser Kraft treten solle, ist also nach dem Gesetz ausgeschlossen. Ein bedingter Verzicht auf eine bereits vollzogene Pfändung kann noch weniger zugelassen werden als ein bedingter Rückzug eines noch nicht befolgten Fortsetzungsbegehrens. Nimmt das Betreibungsamt einen solchen Verzicht entgegen und hebt es gestützt darauf die Pfändung auf, wie es hier geschehen ist, so fällt damit grundsätzlich die Betreibung als solche dahin. Der Gläubiger, der in die Aufhebung der auf sein Begehren vollzogenen Pfändung eingewilligt hat, kann in der gleichen Betreibung kein neues Fortsetzungsbegehren stellen ( BGE 28 I 226 - Sep.ausg. 5 S. 129 f.; JAEGER N. 6 C zu Art. 88 SchKG ; FAVRE, Droit des poursuites, 2. Aufl., S. 171 f.). 4. Auf Grund dieser Erwägungen wären die Betreibungen Nr. 9675 und 21 10 als zurückgezogen zu betrachten. Diese Annahme verstiesse jedoch angesichts der besonderen Umstände des Falles gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben, den das ZGB in Art. 2 ausgesprochen hat und der nach heutiger Auffassung auch im Betreibungsverfahren zu beachten ist ( BGE 85 III 29 mit Hinweisen). a) Das Formular, das die Gläubiger für die Erklärung vom 7./8. Juli 1967 benützten, wurde vom Betreibungsamt aufgesetzt und vervielfältigt. Die Gläubiger durften sich deshalb darauf verlassen, dass es einen gesetzlich zulässigen Inhalt habe. Sie brauchten nicht zu befürchten, dass die in dieser Erklärung vorgesehene Sistierung der Lohnpfändung die Betreibung dahinfallen lasse. Das Betreibungsamt durfte ihnen daher nach Treu BGE 94 III 78 S. 83 und Glauben nicht entgegenhalten, die von ihnen unterzeichnete Erklärung bedeute den Rückzug der Betreibung, so dass es nicht zulässig sei, die Lohnpfändung in den darin vorgesehenen Fällen wiederaufleben zu lassen. Das Betreibungsamt hat denn auch diesen Standpunkt nicht eingenommen, sondern die Lohnpfändung zugunsten der Gläubiger der Betreibungen Nr. 9675 und 2110 wieder in Kraft gesetzt, nachdem andere Gläubiger das Fortsetzungsbegehren gestellt hatten. b) Der Schuldner hat die von ihm gewünschte "Sistierung" der Lohnpfändung dadurch erreicht, dass er den Gläubigern regelmässige Zahlungen versprach. Dieses Versprechen hat er nur sehr mangelhaft erfüllt. Er kann sich daher nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, der in der Erklärung vom 7./8. Juli 1967 für diesen Fall sowie für den Fall des Eingangs weiterer Pfändungsbegehren angebrachte Vorbehalt sei ungültig und die Bewilligung der Sistierung der Lohnpfändung bedeute in Wirklichkeit den Rückzug der Betreibungen. Aus diesen Gründen ist die Verfügung vom 7. Dezember 1967, mit welcher das Betreibungsamt die Lohnpfändung zugunsten der Betreibungen Nr. 9675 und 2110 wieder in Kraft gesetzt hat, nicht zu beanstanden, obwohl das in der Erklärung vom 7./8. Juli 1967 vorgezeichnete Verfahren an sich ungesetzlich war.
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Urteilskopf 116 Ia 85 16. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Juli 1990 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV (Willkürverbot); Gesuch um Revision des Verfahrens nach § 169 ff. StPO /BL aufgrund eines als neues Beweismittel eingereichten Schreibens eines anonymen Zeugen, wonach der Verurteilte entlastet werden soll; Beweiswürdigung. 1. Der Zeuge, der anonym bleiben soll, ist nicht als eigentlicher Zeuge im strafprozessualen Sinn zu betrachten, da er weder vorgeladen noch einvernommen werden kann, wie er auch nicht über seine Personalien befragt werden und schliesslich mangels Bekanntgabe seiner Identität nicht der Strafandrohung von Art. 307 StGB unterstehen kann. 2. Scheidet somit die Einvernahme des anonymen Zeugen aus, so bleibt einzig seine schriftliche Stellungnahme als neues Beweismittel. Allein diese Stellungnahme ermöglicht dem Gericht aber keine Kontrolle über die tatsächliche Urheberschaft. Sie bietet damit keine Gewähr, dass sie auch wahr ist. Solange nicht im Vergleich mit andern Beweismitteln und Indizien die Glaubwürdigkeit des von einem anonymen Zeugen verfassten Schreibens als ganzes entscheidend erhöht wird und damit annähernd Gewissheit über dessen Wahrheitsgehalt besteht, ist es nicht willkürlich, bei der Beweiswürdigung nicht auf jeden einzelnen Hinweis eines derartigen Schreibens einzugehen und diesem die Tauglichkeit für eine Wiederaufnahme des Verfahrens abzusprechen.
Sachverhalt ab Seite 86 BGE 116 Ia 85 S. 86 Am 12./13. Januar 1988 sprach das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft B. des gewerbsmässigen Diebstahls, der wiederholten und fortgesetzten Sachbeschädigung sowie der fortgesetzten Missachtung einer Einreisesperre schuldig und verurteilte ihn zu einer Zuchthausstrafe von sieben Jahren. Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen. Am 18. Mai 1989 ersuchte die Verteidigerin des Verurteilten gestützt auf § 169 der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Landschaft (StPO) um Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie machte im wesentlichen geltend, dass ihr am 5. April 1989 ein handschriftlicher, vom 1. April 1989 datierter Brief einer Person namens K. zugegangen sei. Die Übersetzung dieses Briefes ergebe, dass verschiedene, von K. und vom verurteilten B. sowie von einem D. stammende Schreiben, die im seinerzeitigen BGE 116 Ia 85 S. 87 Strafverfahren eingereicht worden seien, dort aber keinen Glauben gefunden hätten, den Tatsachen entsprächen. Im weiteren seien in den von K. in seinem neuen Schreiben vom 1. April 1989 abgegebenen Erklärungen zahlreiche andere, den Verurteilten entlastende Hinweise enthalten. Mit Beschluss vom 28. November 1989 wies das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft das Gesuch um Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Es begründete seinen Entscheid im wesentlichen damit, dass nähere Angaben über die Identität von K. fehlten, dass dieser deshalb und mangels Hinweisen auf seinen Aufenthaltsort nicht einvernommen werden könne und dass ja nicht einmal feststehe, dass der Brief vom 1. April 1989 tatsächlich von K. stamme. Damit sei das zwar neue Beweismittel ungeeignet und für die Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von § 174 StPO offensichtlich ungenügend. B. führt staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, soweit hier wesentlich, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hielt im angefochtenen Entscheid zusammenfassend fest, "dass das angeblich von K. verfasste Schreiben vom 1. April 1989 die Einleitung eines Revisionsverfahrens nicht rechtfertigt, da keineswegs feststeht, dass dieses Schreiben wirklich von K. stammt, und da es nicht geeignet ist, die im obergerichtlichen Urteil erwähnten, den Gesuchsteller belastenden Indizien zu entkräften". a) Im Strafprozess bezwecken die sich aus Art. 4 BV ergebenden Verfahrensregeln vor allem, die Wahrheitsfindung und Verwirklichung des materiellen Strafrechts in einer Weise herbeizuführen, die den Angeschuldigten gegen die Gefahr staatlichen Machtmissbrauchs durch behördliche oder richterliche Willkür und gegen eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte schützt. Zu den fundamentalen Verteidigungsrechten gehört der Anspruch des Angeschuldigten, den Entlastungsbeweis mit allen feststellungsbedürftigen, erheblichen und tauglichen Beweisen zu führen. Eine Beeinträchtigung dieses Anspruchs verletzt daher Art. 4 BV ( BGE 101 Ia 170 E. 1 mit Hinweisen). BGE 116 Ia 85 S. 88 b) Unter dem Aspekt der Beweiswürdigung ist der Verzicht auf die Wiederaufnahme des Verfahrens trotz des Schreibens von K. vom 1. April 1989 dann zu beanstanden, wenn eben diese Beweiswürdigung des Obergerichts als öffentlich falsch und damit als willkürlich anzusehen wäre (s. BGE 115 Ia 12 (oben) E. 3a und 101 (oben) E. 5b, BGE 106 Ia 162 f. E. 2b, BGE 105 Ia 190 f. E. 2a, BGE 101 Ia 306 E. 5, mit weiteren Hinweisen). Willkür ist aber nicht schon dann zu bejahen, wenn vom Sachrichter gezogene Schlüsse nicht mit der Darstellung des Beschwerdeführers übereinstimmen, sondern wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 113 Ia 19 E. 3a, BGE 112 Ia 122 E. 4, je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hätte daher mit seiner Beschwerde nur Erfolg, wenn er dartun könnte, dass die Beweiswürdigung des Obergerichts im Zusammenhang mit dem vorgebrachten Revisionsgrund geradezu unhaltbar ist. Dies trifft jedoch, wie nachfolgend darzulegen ist, nicht zu. 3. a) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, dem von K. stammenden Brief vom 1. April 1989 in Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo sowie auf willkürliche und geradezu rechtsverweigernde Art und Weise die Tauglichkeit für eine Wiederaufnahme des Verfahrens abgesprochen zu haben. Zugleich bezeichnet der Beschwerdeführer es als "durchaus einfühlbar und logisch", dass K. seine Identität nicht preisgeben könne und dass er auch seinen Aufenthaltsort nicht angeben wolle; da K. zugebe, an einem Raubüberfall beteiligt gewesen zu sein, würde er sich damit der Gefahr der Verhaftung aussetzen. b) K. kommt die Stellung eines "anonymen Zeugen" zu, indem er nicht bereit ist, die prozessual vorgeschriebene Zeugenstellung einzunehmen; er will sich lediglich anonym zum Tathergang äussern. Als eigentlicher Zeuge im strafprozessrechtlichen Sinn (s. NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, Zürich 1989, N 628 ff. S. 174 ff., und ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl., Basel und Frankfurt am Main 1984, S. 169 ff.) ist er damit nicht zu betrachten, da er weder vorgeladen noch einvernommen werden kann, wie er auch nicht gleich einem Zeugen über seine Personalien befragt werden und schliesslich mangels Bekanntgabe seiner Identität nicht der Strafandrohung von Art. 307 StGB unterstehen kann. Den sogenannten anonymen Zeugen (vgl. dazu HANS BAUMGARTNER, Zum V-Mann-Einsatz, Diss. Zürich 1990, S. 323 ff., und BGE 116 Ia 85 S. 89 ANDREAS DONATSCH, Die Anonymität des Tatzeugen und der Zeuge vom Hörensagen, ZStR 104/1987, S. 397 ff.) darf es als Zeugen contra legem nicht geben. Was unter Hinweis auf das Prinzip des fair trial und auf das Gebot der Waffengleichheit, das Verbot des vorurteilsbehafteten Richtens und dasjenige der Richtigkeitsvermutung für einzelne Beweismittel im Zusammenhang mit belastenden Zeugen herrschende Lehre ist (BAUMGARTNER, a.a.O., S. 324/325; STEFAN TRECHSEL, Struktur und Funktion der Vermutung der Schuldlosigkeit, SJZ 77/1981, S. 320; HANS SCHULTZ, Der Beamte als Zeuge im Strafverfahren, ZBl 86/1985, S. 185 ff., insb. S. 197), muss gleichermassen auch hinsichtlich eines entlastenden Zeugen gelten. Wo das Ziel Wahrheitsfindung und Verwirklichung des materiellen Strafrechts ist, käme die Gewährung der Anonymität eines angeblich entlastenden Zeugen einem vorurteilsbehafteten Richten und einer Missachtung des Prinzips der freien richterlichen Beweiswürdigung gleich. Diese Sicht steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung, welche unter besonderen Voraussetzungen die Notwendigkeit, eine Gewährsperson zu schützen, als zureichendes Interesse für die Geheimhaltung ihres Namens anerkannt hat (vgl. etwa BGE 103 Ia 493 mit weiteren Hinweisen). In jenen Fällen handelte es sich um Personen, deren Aussagen nicht zur Grundlage des Urteils erhoben wurden, wohingegen im vorliegenden Fall K. als Zeuge, dessen Aussage Grundlage des neuerlichen Urteils bilden würde und somit in dieses aufzunehmen wäre, anonym bleibt und daher nicht befragt werden kann. c) Scheidet somit die Einvernahme von K. aus, so bleibt einzig seine schriftliche Stellungnahme als neues Beweismittel. Allein diese Stellungnahme ermöglicht dem Gericht aber keine Kontrolle über die tatsächliche Urheberschaft, "insbesondere über das Zustandekommen der Aussagen des Schriftzeugen und eine mögliche Mitautorenschaft von Drittpersonen" (BAUMGARTNER, a.a.O., S. 335). Sie bietet damit keine Gewähr, dass sie auch wahr ist. Eine unmittelbare richterliche Kontrolle ist in dieser Situation nicht gewährleistet. Die notwendige Überprüfung ist nur zusammen mit andern Indizien und insoweit möglich, als weitere Beweismittel vorliegen. Dem Obergericht verblieben nach eingehender Prüfung der schriftlichen Äusserungen von K. vom 1. April 1989 und nach deren Gegenüberstellung mit weiteren, früheren Beweismitteln und Indizien erhebliche Zweifel über den Wahrheitsgehalt des BGE 116 Ia 85 S. 90 betreffenden Schreibens. Solange nicht im Vergleich mit andern Beweismitteln und Indizien die Glaubwürdigkeit des Schreibens als ganzes entscheidend erhöht wird und damit annähernd Gewissheit über den Wahrheitsgehalt des an sich minderen Beweismittels besteht, ist es nicht willkürlich, wenn das Obergericht bei seiner Prüfung nicht auf jeden einzelnen Hinweis im Schreiben von K. im Detail eingegangen ist. Die diesbezügliche Kritik des Beschwerdeführers geht um so eindeutiger fehl, als dem Obergericht bei der Würdigung der Beweismittel ein weiter Ermessensspielraum zustand.
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
e9d1529d-0fd1-4cf3-a2bb-621fef12c58c
Urteilskopf 112 IV 41 12. Urteil des Kassationshofs vom 14. Januar 1986 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 48 SSV ; der Begriff "werktags" bei Parkierungsregelungen. Unterscheidet die konkrete Parkierungsregelung nur zwischen Sonntag bzw. Feiertag und Werktag, so fallen unter den Begriff "werktags" neben den Wochentagen Montag-Freitag auch die Samstage.
Erwägungen ab Seite 42 BGE 112 IV 41 S. 42 Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Am Samstag, 21. Juli 1984, um 16.35 Uhr, stellte B. seinen Personenwagen auf einem Parkplatz am Schwanenplatz in der Stadt Luzern ab, ohne die dort vorhandene Parkuhr zu bedienen. Das Parkieren war am fraglichen Ort durch das Hinweissignal 4.20 (Parkieren gegen Gebühr) mit dem - auf der Parkuhr wiederholten - Zusatz "Werktags 0700-1900 max. 60 Min." geregelt. Die von B. gegen das Urteil des Amtsgerichts Luzern-Stadt vom 18. Juli 1985, mit welchem er wegen Übertretung von Parkierungsvorschriften zu einer Busse von Fr. 20.-- verurteilt worden war, erhobene Kassationsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern am 23. September 1985 ab, soweit es darauf eintrat. Den obergerichtlichen Entscheid ficht B. mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde an. Er beantragt, das Urteil vom 23. September 1985 sei aufzuheben. 2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 48 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 103 SSV . Er behauptet, das konkrete Signal habe gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung mit Bezug auf das Parkieren an Samstagen nicht verpflichten können, weil der Begriff "werktags" nicht genügend klar bzw. in seiner Bedeutung keineswegs erkennbar gewesen sei. Zum einen enthalte die Signalisationsverordnung keine ausdrückliche Definition, zum andern ordne der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer (u.a. weil der Grossteil der erwerbstätigen Bevölkerung an Samstagen nicht mehr arbeite, die Ladengeschäfte früher geschlossen würden, das BG über den Fristenlauf an Samstagen diesen Wochentag dem Sonntag gleichstelle, andere Städte angeblich eine Unterscheidung zwischen Samstagen und übrigen Wochentagen treffen würden) den Samstag nicht mehr den Werktagen zu. Diese Kritik geht fehl. Mit allgemeinen Erörterungen zum Begriff "Werktag" lässt sich nichts für den konkreten Fall gewinnen. Vorliegend interessiert einzig, wie der durchschnittliche Motorfahrzeugführer die Signalisation am Schwanenplatz verstehen konnte und musste. Eine zeitliche Limitierung des Parkierens (z.B. mittels blauer Zone oder Parkuhr) dient u.a. dazu, eine beschränkte Anzahl von Parkplätzen einer möglichst grossen Zahl von Benützern zugänglich zu machen. Die Beschränkung der Parkierungsdauer drängt sich daher gerade in Stadtzentren nicht nur von Montag bis Freitag, sondern besonders auch an Samstagen auf, BGE 112 IV 41 S. 43 fahren doch gerade an diesem Wochentag viele zum Einkaufen in die Stadt. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer wird allein schon deswegen - selbst wenn die konkrete Parkierungsdauer auf die früheren Ladenschliessungszeiten an Samstagen keine Rücksicht nimmt - den Samstag unter den Begriff "werktags" subsumieren, zumal dies - trotz 5-Tage-Woche - dem normalen Sprachgebrauch entspricht, der nur zwischen Werktag und Sonn- bzw. Feiertag unterscheidet. Entgegen anderer Behauptung in der Beschwerdeschrift hat die Vorinstanz zu Recht zur Auslegung des Begriffs "werktags" auch die in Art. 48 Abs. 2 SSV für die "Blaue Zone" getroffene Regelung, welche den Werktagen die Sonn- und Feiertage gegenüberstellt, herangezogen, verfolgt diese Vorschrift doch offensichtlich den nämlichen Zweck wie die Signalisation am Schwanenplatz. Soweit der Beschwerdeführer für seine Ansicht die Vorschriften über den Fristenlauf an Samstagen und die bundesgerichtliche Rechtsprechung in BGE 108 III 49 zur Fristwahrung gemäss Art. 63 SchKG heranzieht, verkennt er, dass diese Fälle nicht mit dem vorliegenden vergleichbar sind. Dass dort dem Begriff "Werktag" eine andere Bedeutung beigemessen wurde, erklärt sich aus dem Zweck der Vorschriften (Erhaltung der Möglichkeit zur Fristwahrung). Die Beschwerde erscheint somit als offensichtlich unbegründet.
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e9d304dd-796c-4f6b-aafb-10b1fda9263e
Urteilskopf 108 V 180 39. Auszug aus dem Urteil vom 9. Dezember 1982 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Bern gegen Rufer und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 39 AHVV . Da der paritätische Sozialversicherungsbeitrag aus zwei voneinander zu unterscheidenden, im Prinzip selbständigen Teilen - dem Arbeitgeberbeitrag einerseits und dem Arbeitnehmerbeitrag andererseits - besteht, sind die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes für jeden dieser beiden Teile gesondert zu prüfen (Präzisierung der Rechtsprechung: vgl. BGE 106 V 139 ).
Sachverhalt ab Seite 180 BGE 108 V 180 S. 180 A.- Emil Rufer beschäftigte den am 18. Juli 1960 geborenen Hansrudolf Sahli vom 1. Mai bis Ende Oktober 1978 als Hilfskraft in seinem Landwirtschaftsbetrieb. Die paritätischen Sozialversicherungsbeiträge entrichtete Emil Rufer auf den ab 1. August 1978 gewährten Lohnzahlungen, weil ihm der Leiter der Gemeindeausgleichskasse mitgeteilt hatte, er sei für seinen Arbeitnehmer erst ab dessen zurückgelegtem 18. Altersjahr beitragspflichtig. Mit Veranlagungsverfügung vom 28. April 1980 verlangte die Ausgleichskasse des Kantons Bern von Emil Rufer die Nachzahlung der paritätischen AHV/IV/EO/AlV-Beiträge, berechnet auf dem vom 1. Mai bis 31. Juli 1978 an Sahli ausbezahlten Lohn von Fr. 4'510.--. B.- Beschwerdeweise machte Emil Rufer geltend, er habe die Abrechnung für die fragliche Zeit im Vertrauen auf die rechtsirrtümliche Auskunft des Leiters der Gemeindeausgleichskasse unterlassen; auch sei es ihm wegen unbekannter Adresse seiner ehemaligen BGE 108 V 180 S. 181 Hilfskraft nicht mehr möglich, den Arbeitnehmerbeitrag einzutreiben. Die Ausgleichskasse führte in ihrer Vernehmlassung aus, Emil Rufer könne sich bezüglich der Arbeitnehmerbeiträge auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, weil die Voraussetzungen dafür erfüllt seien; hinsichtlich der Arbeitgeberbeiträge seien aber nicht alle fünf Voraussetzungen gegeben. Er sei daher zur Bezahlung der entsprechenden Arbeitgeberbeiträge zu verpflichten. Das Versicherungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde gut und hob die angefochtene Verfügung vollumfänglich auf mit der Begründung, der Vertrauensgrundsatz sei gemäss der Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts uneingeschränkt anzuwenden. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Ausgleichskasse die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides; der Beschwerdegegner sei zu verhalten, den nach den einschlägigen bundesrechtlichen Vorschriften geschuldeten Arbeitgeberbeitrag auf einem Lohn von Fr. 4'510.-- zu entrichten. Während Emil Rufer auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdegegner den versicherten Sahli entlöhnte und dass er deshalb grundsätzlich verpflichtet ist, auf der für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Juli 1978 ausbezahlten Lohnsumme von Fr. 4'510.-- die paritätischen Sozialversicherungsbeiträge nebst Verwaltungskosten zu entrichten. Streitig ist einzig, ob und allenfalls in welchem Ausmass die paritätischen Beiträge vom Beschwerdegegner nachgefordert werden können. Der Beschwerdegegner macht geltend, die fraglichen Beiträge nicht zu schulden, da er vom Leiter der Gemeindeausgleichskasse die Auskunft erhalten habe, dass die Beitragspflicht erst ab 1. August 1978 bestehe, und weil er im Vertrauen darauf dem Arbeitnehmer den entsprechenden Beitrag nicht vom Lohn abgezogen habe. Damit beruft sich der Beschwerdegegner auf den Grundsatz von Treu und Glauben, der den Bürger in seinem berechtigten Vertrauen BGE 108 V 180 S. 182 auf behördliches Verhalten schützt. Er bedeutet unter anderem, dass falsche Auskünfte von Verwaltungsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung des Rechtsuchenden gebieten. Gemäss Rechtsprechung und Doktrin ist eine falsche Auskunft bindend, 1. wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte Personen gehandelt hat, 2. wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder wenn der Bürger die Behörde aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte, 3. wenn der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte, 4. wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können, 5. wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunfterteilung keine Änderung erfahren hat ( BGE 107 V 160 f., BGE 106 V 143 mit Hinweisen). In BGE 106 V 143 Erw. 3 hat das Eidg. Versicherungsgericht bestätigt, dass dieser Vertrauensschutz auch auf dem Gebiete der Nachforderung von Beiträgen gelte. In diesem Urteil änderte es aber die bis anhin geübte Praxis ab, indem es die Einschränkung fallen liess, es müssten zusätzlich noch ganz besondere Umstände vorliegen, und entschied, dass der Vertrauensgrundsatz nach Massgabe der fünf Voraussetzungen im Bereich der Art. 39 und 40 AHVV uneingeschränkt Anwendung finde, und zwar auch bei paritätischen Sozialversicherungsbeiträgen. 4. a) Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, der Beschwerdegegner schulde die paritätischen Beiträge für die fragliche Zeit nicht. Sie beruft sich dafür auf die Praxisänderung des Eidg. Versicherungsgerichts im eben zitierten BGE 106 V 139 und zieht daraus den Schluss, dass der Vertrauensschutz im Gebiete der Nachforderung uneingeschränkt für den vollen Betrag der geschuldeten paritätischen Beiträge gelte, wenn die fünf Voraussetzungen gegeben seien. Es sei daher rechtlich unbeachtlich, ob zum Beispiel bei einer Offertstellung neben dem Arbeitnehmerbeitrag auch der Arbeitgeberbeitrag mitkalkuliert worden sei oder nicht. b) Wie jedoch die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, besteht der paritätische Sozialversicherungsbeitrag gemäss Gesetz aus zwei voneinander zu unterscheidenden, im Prinzip selbständigen Teilen. Dabei handelt es sich einerseits um den Arbeitgeberbeitrag BGE 108 V 180 S. 183 und andererseits um den Arbeitnehmerbeitrag. Demzufolge ist auch für jeden dieser beiden Teile gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Vertrauensschutzes erstellt sind. c) Es ist unbestritten und darf aufgrund der Akten ohne weiteres als gegeben angenommen werden, dass die hievor erwähnten fünf Voraussetzungen bezüglich der Arbeitnehmerbeiträge, welche der Beschwerdegegner nicht mehr eintreiben kann, erfüllt sind. Hinsichtlich der Arbeitgeberbeiträge fehlt es jedoch an der vierten Voraussetzung; dies übrigens im Gegensatz zu dem in BGE 106 V 139 entschiedenen Fall, bei welchem der ganze paritätische Beitrag für die vorgängige Kalkulation und Offertstellung von Bedeutung war. Vorliegendenfalls wird nämlich weder behauptet noch ist auch nur annähernd ersichtlich, was der Beschwerdegegner für nachteilige, nicht wieder rückgängig zu machende Dispositionen bezüglich der vermeintlich nicht geschuldeten Arbeitgeberbeiträge getroffen haben könnte. Vielmehr kann er, wie das Bundesamt für Sozialversicherung zutreffend erwähnt, aus der Verzögerung der Zahlung sogar einen Zinsgewinn für sich buchen. Somit ist der Beschwerdegegner gemäss diesen Ausführungen verpflichtet, die Arbeitgeberbeiträge für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Juli 1978 auf der ermittelten Lohnsumme von Fr. 4'510.-- nachzuzahlen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 21. März 1982 und die Veranlagungsverfügung vom 28. April 1980 aufgehoben, und es wird die Sache zum Erlass einer neuen Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse des Kantons Bern zurückgewiesen.
null
nan
de
1,982
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e9d5545a-a09b-4f79-a804-db1d7123abeb
Urteilskopf 120 II 352 64. Extrait de l'arrêt de la Ière Cour civile du 1er décembre 1994 dans la cause R. SA contre I. SA (recours en réforme)
Regeste Art. 697h Abs. 2 OR ; derogatorische Kraft des Bundesrechts, summarisches kantonales Verfahren und Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG . Wenn ein im summarischen Verfahren gefällter kantonaler Entscheid kraft Bundesrechts materielle Rechtskraft hat - wie der Entscheid über das Einsichtsrecht gemäss Art. 697h Abs. 2 OR -, hat der Richter eine umfassende Prüfung in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vorzunehmen (E. 2). Ein summarischer Entscheid, in dem in Missachtung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts und des Art. 8 ZGB über einen Anspruch des Bundesrechts aufgrund blosser Glaubhaftmachung, nach einer beschränkten Beweisabnahme endgültig befunden wird, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG (E. 1 u. 3).
Sachverhalt ab Seite 352 BGE 120 II 352 S. 352 A.- Le 13 décembre 1993, la société R. SA a déposé contre la société I. SA une requête en consultation des comptes selon l' art. 697h al. 2 CO . Statuant en procédure sommaire conformément à l'art. 8 let. b ch. 5 LACC/GE, le Tribunal de première instance de Genève a autorisé la requérante à consulter les comptes annuels, les comptes de groupe et les BGE 120 II 352 S. 353 rapports des réviseurs de l'année 1992 au siège de la défenderesse et ordonné à celle-ci de mettre ces documents à disposition, sous les peines de droit prévues par l' art. 292 CP . Saisie d'un appel de la défenderesse, la Cour de justice civile du canton de Genève a, par arrêt du 14 avril 1994, annulé le jugement attaqué et débouté la demanderesse de toutes ses conclusions. B.- La demanderesse interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Elle y reprend les conclusions de sa demande. La défenderesse conclut principalement à l'irrecevabilité du recours et, subsidiairement, au rejet de celui-ci. Le Tribunal fédéral a admis le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et avec pleine cognition la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 117 Ia 336 consid. 1, ATF 116 Ia 177 consid. 2 et les arrêts cités). a) Les art. 43 ss OJ ne prévoient pas expressément de recours contre la décision rendue en application de l' art. 697h al. 2 CO . Le recours en réforme n'est donc recevable que si la décision revêt le caractère de contestation civile au sens des art. 44 à 46 OJ. Par contestation civile, il faut entendre une procédure contradictoire visant à provoquer une décision définitive sur des rapports de droit civil, et cela quelle qu'ait été la procédure, contentieuse ou gracieuse, suivie par l'autorité cantonale, pourvu que les parties au litige se prétendent titulaires de droits privés ( ATF 112 II 145 consid. 1, ATF 110 II 8 consid. 1b et les arrêts cités). Tant l'ancien droit que le nouveau droit des sociétés anonymes garantissent aux créanciers de sociétés qui ne sont pas tenues de publier leur compte de profits et pertes et leur bilan un droit de regard dans ces documents, à condition de justifier d'un intérêt digne de protection (art. 704 aCO et 697h al. 2 CO). Ce droit à la consultation des comptes annuels, des comptes de groupe et des rapports des réviseurs est une prétention de droit privé qui peut faire l'objet d'une action en justice ( ATF 119 II 46 consid. 1b). Le présent recours porte donc bien sur une contestation civile au sens de l' art. 46 OJ . En l'espèce, la valeur litigieuse est supérieure à 8'000 fr. b) Sauf exceptions non réalisées en l'espèce, le recours en réforme n'est recevable que contre des décisions finales au sens de l' art. 48 al. 1 OJ . BGE 120 II 352 S. 354 La notion de décision finale relève du droit fédéral. Selon la jurisprudence, est finale toute décision par laquelle le juge statue sur le fond d'une prétention ou s'y refuse pour un motif qui empêche définitivement que la même prétention soit exercée à nouveau entre les mêmes parties ( ATF 119 II 241 consid. 2, ATF 116 II 381 consid. 2a, ATF 116 II 21 consid. 1c, ATF 111 II 463 consid. 1a et les arrêts cités). En particulier, un jugement est donc final lorsqu'il statue sur le droit litigieux avec l'autorité de la chose jugée ("res iudicata"; ATF 119 II 241 consid. 2; SANDOZ/POUDRET, Ordonnance de séparation de biens de l' art. 176 al. 1 ch. 3 CC et décision finale de l' art. 48 OJ , in JdT 1990 I, p. 324). Le caractère final ou non d'une décision se détermine donc exclusivement en fonction de l'effet de celle-ci sur le droit déduit en justice, indépendamment de la procédure suivie (POUDRET, COJ, n. 1.1.5 ad art. 48 OJ p. 277; SANDOZ/POUDRET, op.cit., p. 329). Que la décision ait été prise en procédure sommaire ne fait pas obstacle au recours en réforme, pourvu qu'elle statue définitivement sur une prétention issue du droit fédéral; tel est en principe le cas si la décision a été rendue à l'issue d'une procédure probatoire complète, non limitée à la vraisemblance des faits allégués et qu'elle se fonde sur une motivation exhaustive en droit ( ATF 119 II 241 consid. 2, ATF 116 II 381 consid. 2a). 2. En l'espèce, la décision attaquée est un arrêt de la Cour de justice du canton de Genève refusant à la demanderesse le droit de consulter les comptes annuels, les comptes de groupe et les rapports des réviseurs de l'année 1992 de la société défenderesse ( art. 697h al. 2 CO ). Conformément à l'art. 8 let. b ch. 5 LACC/GE, elle a été prise en procédure sommaire ( art. 347 ss LPC /GE). Le Tribunal fédéral vérifie d'office la conformité du droit cantonal avec le droit fédéral ( ATF 120 II 28 consid. 3). a) Bien que le droit de procédure demeure dans la compétence des cantons ( art. 64 al. 3 Cst. ), il ne saurait empêcher ou entraver l'application du droit civil de la Confédération ( ATF 119 II 89 consid. 2c et les arrêts cités). Les cantons sont, en principe, libres d'attacher ou non l'effet de l'autorité de la chose jugée à la décision rendue en procédure sommaire. Cependant, dans les cas où le droit cantonal soumet une prétention de droit fédéral exclusivement à la procédure sommaire (dans la mesure admissible au regard du droit fédéral, ATF 94 II 105 consid. 1b), ainsi que dans les cas où le droit fédéral prescrit une attraction de compétence qui entraîne l'application d'une procédure sommaire cantonale ( ATF 119 II 241 consid. 2), BGE 120 II 352 S. 355 la décision rendue en procédure sommaire jouit de l'autorité de la chose jugée en vertu du droit fédéral ( ATF 119 II 89 consid. 2c). Elle suppose donc un examen exhaustif du fondement de la cause, en fait comme en droit. Le juge ne peut, en effet, se contenter de vraisemblances quant aux faits et s'accommoder de restrictions quant aux moyens de preuve que pour une décision qui ne jouirait pas de l'autorité de la chose jugée ( ATF 117 II 554 consid. 2d). La décision prise en procédure sommaire et revêtue de l'autorité de la chose jugée en vertu du droit fédéral doit donc être qualifiée de finale au sens de l' art. 48 al. 1 OJ puisqu'il n'est plus possible de saisir un juge ordinaire de la même question. b) Le droit de consulter les comptes de l' art. 697h al. 2 CO est un droit privé qui appartient aux créanciers ( ATF 119 II 46 consid. 1b). Ceux-ci doivent s'adresser directement à la société et, en cas de litige, faire trancher la question par le juge. Le droit fédéral ne prescrit aucune autre règle de procédure. La condamnation à présenter les comptes prononcée en application de l' art. 697h al. 2 CO n'appelle pas, de par sa nature, de validation. La décision rendue règle définitivement le sort du droit à la consultation. Nonobstant le caractère sommaire de la procédure qui y conduit, la décision n'est pas destinée à n'offrir qu'une protection provisoire au créancier, mais exclut une procédure ultérieure portant sur le même objet. Elle met un terme à la procédure considérée. En effet, une fois que les comptes de l'année 1992 ont été consultés, il n'y a plus place pour une procédure ordinaire sur ce même objet. Le droit à la consultation des comptes de l' art. 697h al. 2 CO est donc une prétention de droit fédéral que le droit cantonal genevois, par l'art. 8 let. b ch. 5 LACC/GE, soumet exclusivement à la procédure sommaire et qui, par conséquent, est revêtue de l'autorité de la chose jugée en vertu du droit fédéral. La décision sur ce droit doit donc être soumise aux règles applicables aux jugements jouissant de l'autorité de la chose jugée sur une prétention relevant du droit fédéral ( ATF 117 II 554 consid. 2d). Le juge doit exiger le degré de la preuve applicable au droit de fond ( art. 8 CC ) et statuer après une administration des preuves complète (et non pas sur la base de la simple vraisemblance suite à une administration limitée des preuves comme en procédure de mesures provisionnelles). Partant, la décision ainsi prise en procédure sommaire est finale au sens de l' art. 48 al. 1 OJ . Selon la jurisprudence, le droit similaire de l'actionnaire à la consultation des comptes de l' art. 697 al. 4 CO , qui, en droit genevois, BGE 120 II 352 S. 356 doit être exercé en procédure sommaire (art. 8 let. b ch. 1 LACC/GE), doit pouvoir faire l'objet d'un recours en réforme. Lorsqu'il se prononce sur l'existence et l'étendue de ce droit de l'actionnaire à l'obtention de renseignements, le juge rend en effet une décision définitive dans une contestation civile ( ATF 112 II 145 consid. 2b, ATF 109 II 47 consid. 2; dans ce sens également, POUDRET, COJ, n. 1.2.69 ad Titre II, p. 23; OR-WEBER, n. 23 ad art. 697 CO ). 3. En l'espèce, l'arrêt de la Cour de justice a été rendu en procédure sommaire sur la base de la vraisemblance des faits et après une administration limitée des moyens de preuve. Force est donc de constater que c'est sur la base d'un examen sommaire et provisoire que la cour cantonale a admis la qualité de créancière de la demanderesse, mais a refusé de reconnaître à celle-ci un intérêt digne de protection. a) Bien qu'elle ait, à tort, restreint son examen à la vraisemblance et procédé à une administration des preuves limitée, l'autorité cantonale n'en a pas moins rendu une décision qui ne peut être revue en procédure ordinaire puisqu'elle est revêtue de l'autorité de la chose jugée en vertu du droit fédéral. Contrairement à ce que soutient la défenderesse, le créancier ne pourrait pas former une nouvelle requête ultérieurement pour les comptes de l'année 1992 s'il démontrait sa qualité de créancier et prouvait un intérêt digne de protection, à moins qu'il ne puisse apporter la preuve de la survenance de faits nouveaux. Par conséquent, en statuant définitivement sur une prétention relevant du droit fédéral sur la base de la simple vraisemblance après une administration des preuves limitée, la cour cantonale a violé le principe de la force dérogatoire du droit fédéral et l' art. 8 CC , qui fixe le degré de la preuve nécessaire pour l'admission du droit de fond. b) L'application erronée d'une procédure sommaire limitant le degré de la preuve et l'administration des moyens de preuve ne saurait toutefois priver le justiciable de la voie du recours en réforme. En effet, ce serait renverser la hiérarchie des normes que de dénier le caractère final à une décision jouissant pourtant de l'autorité de la chose jugée, au motif que la procédure suivie devant la juridiction cantonale ne respecterait pas le droit à la preuve imposé par le droit fédéral (SANDOZ/POUDRET, op.cit. p. 329). Partant, la décision doit être qualifiée de finale au sens de l' art. 48 OJ .
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1,994
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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e9d6697e-b801-454e-bd6b-1f2463718842
Urteilskopf 117 Ia 18 5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. März 1991 i.S. N. gegen Kantonalbank Appenzell I.Rh., Feuerschaugemeinde Appenzell und Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 88 OG ; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Ein Nachbar ist legitimiert, geltend zu machen, eine Baubewilligung verstosse gegen eine gesetzlich festgelegte Quartierplanpflicht, sofern diese auch dem Schutz seiner privaten Interessen dient. Art. 4 BV , Art. 60 BauG AI. Willkürliche Anwendung einer Bestimmung über Grossbauten. Aufgrund des Wortlautes und der historischen Auslegung sind unter Grossbauten i.S. von Art. 60 BauG AI, die nur aufgrund eines Quartierplanes bewilligt werden können, Grossverteilzentren des Detailhandels zu verstehen.
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 117 Ia 18 S. 19 Die Kantonalbank Appenzell I.Rh. beabsichtigte, ihr bestehendes Bankgebäude in Appenzell abzubrechen und ein neues mit einer Tiefgarage zu erstellen. N. erhob gegen dieses Bauprojekt Einsprache, die von der Feuerschaugemeinde Appenzell am 2. November 1989 abgewiesen wurde. Dagegen gelangte N. mit Rekurs vom 13. November 1989 an die Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. und verlangte die Aufhebung des Einspracheentscheides und die Verweigerung der Baubewilligung. Mit Entscheid vom 19. Juni 1990 wies die Standeskommission den Rekurs, ausser in einem Nebenpunkt, ab. N. führte staatsrechtliche Beschwerde, mit der sie u.a. rügte, die Baubewilligung dürfe nur aufgrund eines rechtskräftigen Quartierplanes bewilligt werden. Das Bauvorhaben sei eine Grossbaute und für diese verlange Art. 60 Abs. 3 des Baugesetzes des Kantons Appenzell I.Rh. vom 28. April 1985, dass sie "nur aufgrund eines rechtskräftigen Quartierplanes bewilligt werden" könnten. Das Bundesgericht hielt diese Rüge für unbegründet. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. b) Vorab ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin legitimiert ist, sich auf das Fehlen eines Quartierplanes zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes sind im Rahmen von Art. 88 OG Eigentümer benachbarter Grundstücke befugt, eine Baubewilligung mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten, soweit sie die Verletzung von Bauvorschriften geltend machen, die ausser den Interessen der Allgemeinheit auch oder in erster BGE 117 Ia 18 S. 20 Linie dem Schutz der Nachbarn dienen. Zusätzlich müssen sie dartun, dass sie sich im Schutzbereich der Vorschriften befinden und durch die behaupteten widerrechtlichen Auswirkungen der Bauten betroffen werden. Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde bestimmt sich dabei ausschliesslich nach Art. 88 OG . Der Umstand, dass ein Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren Parteistellung hatte, ist nicht entscheidend ( BGE 116 Ia 179 E. 3a, BGE 113 Ia 470 E. 1a, BGE 112 Ia 89 E. 1b mit Hinweisen). Gemäss Art. 32 BauG enthält ein Quartierplan Baulinien, Bestimmungen über die Art und Weise der Überbauung, insbesondere bezüglich Grösse und Anordnung der Baukörper, die Gestaltung der Baukörper und der Freiräume sowie über die Bereinigung der beschränkten dinglichen Rechte. Sodann kann unter bestimmten Voraussetzungen von den durch Zonenplan und Reglement festgelegten Ausnützungsvorschriften abgewichen werden. Diese Aufzählung zeigt, dass ein Quartierplan nicht nur öffentlichen, sondern auch privaten Interessen dient. Indem er Vorschriften über die Ausnützung enthalten kann, bezweckt er auch den Schutz benachbarter Eigentümer ( BGE 112 Ia 89 /90). Dies gilt auch hinsichtlich der durch einen Quartierplan zu regelnden Bereinigung beschränkter dinglicher Rechte. Als Nachbarin befindet sich die Beschwerdeführerin im Schutzbereich dieser Vorschriften des Quartierplanes (vgl. BGE 109 Ia 171 ). Sie kann sich deshalb auf das Fehlen eines Quartierplanes im Rahmen von Art. 60 BauG berufen. c) Die Beschwerdeführerin rügt, die Standeskommission habe Art. 60 Abs. 1 BauG willkürlich angewendet. Willkür und damit eine Verletzung von Art. 4 BV liegt vor, wenn ein Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 115 Ia 332 E. 3a, BGE 114 Ia 27 f. E. 3b mit Hinweisen). Art. 60 Abs. 1 BauG, der die Grossbauten regelt, lautet wie folgt: "Bauten, die wegen ihrer Grösse und Bedeutung erhebliche Auswirkungen auf die Siedlungs-, Verkehrs- und Versorgungsstruktur aufweisen, sind nur zulässig, wenn sie a) zur Bildung der gemäss Ortsplanung oder der kantonalen Richtplanung erwünschten Siedlungsschwerpunkte beitragen; b) den Anforderungen einer geordneten Verkehrsabwicklung genügen; c) die minimale Versorgung benachbarter Siedlungsgebiete nicht BGE 117 Ia 18 S. 21 gefährden." Aufgrund dieses Wortlautes ist es keineswegs willkürlich, wenn die Standeskommission in ihrem Entscheid davon ausgeht, die Voraussetzungen für eine Grossbaute gemäss Art. 60 Abs. 1 lit. a-c müssten kumulativ erfüllt sein. Die Begründung der Standeskommission dürfte vielmehr dem wahren Sinn dieser Bestimmung entsprechen. Für die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die einzelnen Voraussetzungen für die Annahme einer Grossbaute nur alternativ vorliegen müssen, gibt denn auch der Wortlaut - soweit dies im Rahmen einer Willkürprüfung festgestellt werden kann - keine Anhaltspunkte, wie dies etwa dann der Fall wäre, wenn die einzelnen Tatbestandselemente bspw. durch das Wort "oder" verbunden wären. Die Auslegung von Art. 60 Abs. 1 BauG durch die Standeskommission hält in dieser Hinsicht vor dem Willkürverbot stand. Unbegründet ist auch, was die Beschwerdeführerin gegen die historische Auslegung des Art. 60 BauG durch die Standeskommission vorbringt. Sie verletzt das Willkürverbot nicht, wenn sie mit Blick auf Art. 60 Abs. 1 lit. c BauG, der von der minimalen "Versorgung" benachbarter Siedlungsgebiete spricht, ausführt, dass mit der Bestimmung über die Grossbauten die Errichtung von Grossverteilzentren des Detailhandels erfasst werden wollte. Für diese Auffassung spricht insbesondere auch Art. 36 der Verordnung des Grossen Rates zum Baugesetz vom 17. März 1986 (BauV, GS 703), wird doch darin verschiedentlich von "Verkaufsstellen" und "Nettoverkaufsfläche" gesprochen, was auf Einkaufszentren hinweist. Inwiefern auch bei einem Bankgebäude von einer Verkaufsstelle oder einer Nettoverkaufsfläche gesprochen werden könnte, ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin führt weiter an, der Titel von Art. 36 BauV ("Grossbauten und Verkaufsstellen") sowie der Wortlaut von Art. 36 Abs. 2 BauV, wonach "als Grossbauten (...) unter anderem Verkaufsstellen mit gesamthaft mehr als 250 m2 Nettoverkaufsfläche" gelten, weise darauf hin, dass nicht nur Grossverteilzentren des Detailhandels als Grossbauten betrachtet werden dürften. Die Standeskommission hat zu diesem Argument vorgebracht, dass sich eine Verordnungsbestimmung an den Rahmen des höherrangigen Gesetzes, vorliegend an Art. 60 BauG halten müsse. Den Ausführungen der Standeskommission zu dieser Frage ist weiter zu entnehmen, dass ihrer Ansicht nach Art. 36 BauV insofern über Art. 60 BauG hinausgeht, als er für die Annahme einer Grossbaute weitere, im Gesetz nicht vorgesehene BGE 117 Ia 18 S. 22 Tatbestandselemente festlegt. Inwiefern diese Begründung willkürlich sein soll, ist nicht einzusehen, ist doch der Grundsatz, wonach höherrangiges Recht vorgeht, allgemein anerkannt (vgl. etwa BGE 103 IV 195 E. 2b). Die Beschwerdeführerin bringt schliesslich nichts vor, was im Rahmen einer Willkürprüfung geeignet wäre, die Auffassung der Standeskommission als verfassungswidrig zu betrachten.
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1,991
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Urteilskopf 105 V 4 2. Urteil vom 2. April 1979 i.S. Feusi gegen Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 20 Abs. 3 AHVV (in der Fassung vom 18. Oktober 1974, in Kraft seit 1. Januar 1976). Beitragspflicht der Kommanditäre als Selbständigerwerbende.
Sachverhalt ab Seite 5 BGE 105 V 4 S. 5 A.- Werner Feusi war Gesellschafter der Kollektivgesellschaft "Galvanic Wädenswil, Feusi & Federer, Wädenswil" (im folgenden Galvanic). Nach seinem Tode am 28. Februar 1970 wurde sein Eintrag im Handelsregister gelöscht. Mit Gesellschaftsvertrag vom 12. August 1971 erfolgte eine Umwandlung der Galvanic in eine Kommanditgesellschaft. Eine Eintragung dieser Änderung im Handelsregister unterblieb. Unbeschränkt haftende Gesellschafter sind gemäss Vertrag Hanspeter Feusi und Heinz Federer, Kommanditärinnen die Erben des Werner Feusi, nämlich seine Witwe Bernadette Feusi-Meier und seine beiden minderjährigen Töchter Astrid und Maria Feusi. Mit Verfügungen vom 30. Dezember 1975 unterstellte die Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber Bernadette Feusi der Beitragspflicht als Selbständigerwerbende und setzte für die Zeit vom 1. März 1970 bis Ende 1975 ihre Sozialversicherungsbeiträge fest. In letzter Instanz hat das Eidg. Versicherungsgericht die Beitragsverfügungen aufgehoben und erkannt, dass nach dem damals geltenden Recht Bernadette Feusi AHV-rechtlich für die Jahre 1970 bis 1975 nicht als Selbständigerwerbende bezeichnet werden könne (Urteil vom 26. Mai 1977). Gestützt auf die ab 1. Januar 1976 geltende Neufassung des Art. 20 Abs. 3 AHVV erfasste die Ausgleichskasse Bernadette Feusi vom 1. Januar 1976 an als Selbständigerwerbende. Mit Verfügung vom 23. September 1977 setzte die Ausgleichskasse die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge für die Jahre 1976/77 auf je Fr. ... fest. B.- Dagegen erhob Bernadette Feusi Beschwerde mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass sie (bzw. die Erben des verstorbenen Werner Feusi) für die aus ihrer Beteiligung an der Firma Galvanic resultierenden Gewinnanteile nicht beitragspflichtig sei. Die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 25. Juli 1978 ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass nach dem revidierten Art. 20 Abs. 3 AHVV nunmehr sämtliche Teilhaber der Kommanditgesellschaft als beitragspflichtig erklärt werden, während nach dem bis zum 31. Dezember 1975 geltenden Recht nur die unbeschränkt haftenden Teilhaber erfasst wurden. Als Kommanditärin sei Bernadette Feusi zu Recht zur Beitragsleistung als Selbständigerwerbende herangezogen worden. BGE 105 V 4 S. 6 C.- Mit vorliegender Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Bernadette Feusi das erstinstanzliche Rechtsbegehren. Die Begründung ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gilt nach Art. 9 Abs. 1 AHVG jedes Einkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt. Was unter dem Begriff des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu verstehen ist, umschreibt das Gesetz nicht selber. Hingegen enthält die AHVV Einzelheiten dazu. So gehörten nach Art. 17 lit. c in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 AHVV in der bis zum 31. Dezember 1975 gültig gewesenen Fassung zum beitragspflichtigen Einkommen auch die Anteile der unbeschränkt haftenden Teilhaber von Kommanditgesellschaften, soweit die Bezüge den vom rohen Einkommen abziehbaren Kapitalzins ( Art. 18 Abs. 2 AHVV ) überstiegen. Nach dieser Regelung war das Einkommen des Kommanditärs grundsätzlich als Kapitalertrag zu betrachten, welcher nicht der Beitragspflicht aus selbständiger Erwerbstätigkeit unterlag. Die Rechtsprechung sah jedoch Ausnahmen vor ( BGE 100 V 142 Erw. 1 mit Hinweisen). So war der in der Gesellschaft nicht mitarbeitende Kommanditär hinsichtlich seiner Gewinnanteile beitragspflichtig, wenn er - entgegen dem zivilrechtlichen Normalfall des reinen Kapitalgebers - in der Firma eine wirtschaftlich dominierende Stellung einnahm. Nach dem revidierten, hier anwendbaren Art. 20 Abs. 3 AHVV (in der Fassung vom 18. Oktober 1974), in Kraft seit 1. Januar 1976, ist die Beitragspflicht der Teilhaber von Kommanditgesellschaften wie folgt geregelt: "Die Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie von andern auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit haben die Beiträge von dem gemäss Art. 17 Buchstabe c berechneten Anteil am Einkommen der Personengesamtheiten BGE 105 V 4 S. 7 zu entrichten." Nach dieser Bestimmung werden sämtliche Teilhaber von Kommanditgesellschaften, also auch die Kommanditäre, als beitragspflichtig erklärt. 2. a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die AHVV den Kreis der Beitragspflichtigen nicht weiter ziehen dürfe als das AHVG. Massgebend für die Beitragspflicht der Kommanditäre seien die Art. 3 ff. AHVG , wonach eine auf Erwerb gerichtete aktive Tätigkeit vorausgesetzt werde. Dasselbe gelte auch für das Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gemäss Art. 9 Abs. 1 AHVG . Dieser Rechtsgrundlage habe die bisherige Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts mit Bezug auf die Beitragspflicht der Kommanditäre entsprochen, obwohl sie dem formellen Wortlaut von Art. 20 Abs. 3 AHVV in der bis zum 31. Dezember 1975 gültig gewesenen Fassung widersprochen habe. Dieser formelle Widerspruch sei nun mit der Revision des Art. 20 Abs. 3 AHVV beseitigt worden. Darüber hinaus könne die Streichung der Worte "unbeschränkt haftende" Teilhaber aber keine Erweiterung der Beitragspflichtigen zur Folge haben, auch wenn es für die Ausgleichskassen praktisch wäre, auf den Gewinnanteilen sämtlicher Kommanditäre ohne nähere Untersuchung Beiträge erheben zu können. Nach wie vor gebe es aber Kommanditäre, von denen eine Erwerbstätigkeit im Sinne des Gesetzes ausgeübt werde, während bei andern die Beteiligung an der Firma nur eine Kapitalanlage darstelle, deren Erträgnisse so wenig AHV-beitragspflichtig seien wie etwa die Dividenden einer Aktie. Die Beschwerdeführerin erachtet somit die generelle Beitragspflicht der Kommanditäre als gesetzwidrig. b) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Auszugehen ist von Art. 9 Abs. 1 AHVG , der den Begriff des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit nicht näher umschreibt. Der Bundesrat hat daher - gestützt auf Art. 154 Abs. 2 AHVG - in den Art. 17 ff. AHVV die näheren Bestimmungen über die Beiträge vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit erlassen. Wenn der Bundesrat im revidierten Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 17 lit. c AHVV bestimmt, dass die Teilhaber von Kommanditgesellschaften, wozu auch die Kommanditäre fallen, für ausgerichtete Gewinne der Gesellschaft, soweit sie eine Verzinsung des investierten Kapitals überschreiten, beitragspflichtig sind, so verstösst dies nicht gegen die gesetzliche Regelung ( Art. 9 Abs. 1 AHVG ). BGE 105 V 4 S. 8 Insbesondere bedeutet die generelle Beitragspflicht der Kommanditäre keine gesetzwidrige Erweiterung des Kreises der Beitragspflichtigen. Denn wer sich als Teilhaber einer Kommanditgesellschaft anschliesst, nimmt nicht in erster Linie eine private Vermögensanlage vor. Der von der Beschwerdeführerin gemachte Vergleich zwischen dem Gewinnanteil des Kommanditärs und der Dividende des Aktionärs ist nicht stichhaltig. Denn die Kommanditgesellschaft stellt eine Personengesamtheit dar, die sich zu erwerblichen Zwecken gebildet hat, während die Aktiengesellschaft eine eigene juristische Person ist. Wenn auch die Frage der Beitragspflicht aus selbständiger Erwerbstätigkeit nicht nach der obligationenrechtlichen Erscheinungsform, sondern nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten zu beantworten ist, so muss doch festgestellt werden, dass der Kommanditär zur Kommanditgesellschaft in einem viel engeren Verhältnis steht (Eintragung im Handelsregister, Gesamthandverhältnis am Gesellschaftsvermögen und Solidarschuldnerschaft im Sinne von Art. 802 OR für die Verpflichtungen der Gesellschaft, Einsicht in die Bücher, Ein- und Austritt usw.) als der Aktionär zur Aktiengesellschaft. 3. Auf Grund des Gesagten ist die Bestimmung des revidierten Art. 20 Abs. 3 AHVV , wonach alle Teilhaber der Kommanditgesellschaft und damit auch sämtliche Kommanditäre beitragspflichtig sind, nicht als gesetzwidrig zu bezeichnen. Das führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Beitragspflicht der Beschwerdeführerin, die unbestrittenermassen die Stellung einer Kommanditärin einnimmt, zu bejahen ist. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet. 4. Die Höhe des von der Steuerverwaltung gemeldeten Erwerbseinkommens und der Betrag der von der Ausgleichskasse erhobenen Sozialversicherungsbeiträge sind nicht bestritten. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_007
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e9daedc0-b72f-462c-bc62-e8ef1421ab9a
Urteilskopf 111 Ia 1 1. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 29 janvier 1985 dans la cause X. contre Cour d'appel du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg (recours de droit public)
Regeste Art. 4 BV , Begründungspflicht. Der Entscheid über die Höhe der Parteientschädigung muss in der Regel nicht begründet werden.
Erwägungen ab Seite 1 BGE 111 Ia 1 S. 1 Extrait des considérants: 2. ... a) La jurisprudence a déduit de l' art. 4 Cst. le droit pour les justiciables d'obtenir une décision motivée au moins brièvement, afin qu'ils soient en mesure de vérifier si la loi a été appliquée correctement; il ne faut toutefois pas se montrer trop exigeant lorsque le droit cantonal ne prévoit pas d'obligation de motiver ( ATF 105 Ib 248 s. consid. 2a, ATF 101 Ia 49 , 305 consid. 4c). La décision fixant le montant des dépens alloués à une partie obtenant totalement ou partiellement gain de cause dans un procès n'a en principe pas besoin d'être motivée. Le juge est en effet en mesure de se rendre compte de la nature et de l'ampleur des opérations que le procès a nécessitées, et l'avocat sait que la quotité des dépens est fixée sur la base de cette connaissance. Lorsqu'il existe un tarif ou une règle légale fixant des minima et maxima, le juge ne doit motiver sa décision que s'il sort de ces limites, ou si des éléments extraordinaires sont invoqués par la partie. L'exigence d'une motivation dans le domaine de la fixation des dépens, posée de manière générale, risquerait bien d'aboutir à des formules stéréotypées qui ne différeraient guère de l'absence de BGE 111 Ia 1 S. 2 motivation. Le Tribunal fédéral ne motive d'ailleurs pas, en principe, ses décisions en cette matière pour les causes qui sont portées devant lui.
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1,985
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CH_BGE_002
CH
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e9deb603-b7e1-4928-8c55-6ceb3114f336
Urteilskopf 101 Ia 231 40. Auszug aus dem Urteil vom 9. Juli 1975 i.S. Haller und Mitbeteiligte gegen Kantonsrat des Kantons Zürich.
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Art. 4 BV . Ungültigerklärung einer kantonalen Volksinitiative wegen inhaltlicher Unvereinbarkeit mit dem Bundesrecht. Rückwirkung von Gesetzen. 1. Kognition des Bundesgerichtes (E. 1). 2. Inwieweit ist der mit der zürcherischen Volksinitiative "Rettet Regensberg" vorgeschlagene Gesetzesentwurf, der durch ein rückwirkendes Bauverbot die Beseitigung bestehender Bauten vorsieht, bundesrechtlich zulässig? Schranke der Rechtsgleichheit (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 101 Ia 231 S. 232 Mit Beschluss vom 18. November 1974 erklärte der zürcherische Kantonsrat mit dem erforderlichen Zweidrittelsmehr die am 1. Oktober 1974 bei ihm eingereichte kantonale Volksinitiative "Rettet Regensberg", welche den Erlass eines bereits formulierten, acht Paragraphen umfassenden Gesetzes vorsah und 6541 Unterschriften auf sich vereinigt hatte, für ungültig. Zur Begründung wurde ausgeführt, das vorgeschlagene Gesetz sei wegen seines rückwirkenden Charakters bundesrechtswidrig; ausserdem weise die Initiative Formmängel auf. Paul Haller und einige weitere Mitunterzeichner der Initiative führen wegen Verletzung ihrer politischen Rechte staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht weist diese ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. ... Bei Beschwerden gemäss Art. 85 lit. a OG überprüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch die Auslegung anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt und Umfang des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen ( BGE 100 Ia 238 mit Hinweisen, BGE 96 I 61 , BGE 92 I 355 , BGE 91 I 271 f.). Beim Entscheid der Frage, ob der Initiative eine hinreichende Begründung beigegeben wurde und ob das Erfordernis der Identität der Begründung erfüllt ist, legt das Bundesgericht somit die entsprechenden Vorschriften des kantonalen Gesetzesrechtes frei aus. Nach dem Gesetz ist eine Initiative als ungültig zu erklären, wenn sie "dem Bundesrecht widerspricht". Ob dies vom Kantonsrat hier zu Recht angenommen werden durfte, beurteilt das Bundesgericht ebenfalls ohne Einschränkung der Kognition. Das gilt nicht nur hinsichtlich der bundesrechtlichen Normen, deren Auslegung im Rahmen einer Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG stets frei geprüft wird ( BGE 96 I 61 , BGE 92 I 355 , BGE 91 I 271 f., BGE 89 I 85 f.), sondern auch in bezug auf die Auslegung des streitigen Initiativtextes, soweit sie für den Entscheid über die Gültigkeit der Initiative von Bedeutung ist. BGE 101 Ia 231 S. 233 Das Bundesgericht hat kürzlich in einem andern Fall mit freier Kognition geprüft, ob eine Gemeindeinitiative wegen Unvereinbarkeit mit kantonalem Gesetzesrecht als ungültig erklärt werden durfte ( BGE 100 Ia 238 /39); es kann sich nicht anders verhalten, wenn darüber zu befinden ist, ob eine kantonale Initiative mit übergeordnetem eidgenössischem Recht in Widerspruch steht. 2. (Die vom Kantonsrat erhobenen formellen Einwände erweisen sich als unbegründet.) 3. Der Kantonsrat scheint das Hauptgewicht nicht auf diese beiden angeblichen formellen Mängel, sondern auf die Bundesrechtswidrigkeit der Initiative gelegt zu haben. Er ist der Auffassung, das Gesetz sehe eine nach dem Bundesrecht verbotene Rückwirkung vor. a) Nach § 3 des Gesetzesentwurfs sind im und unter dem überbauten Gebiet des historischen Städtchens alle baulichen Massnahmen verboten. Davon ausgenommen sind urkundlich nachgewiesene Rekonstruktionen, notwendige fachmännische Unterhaltsarbeiten und nach aussen nicht sichtbar werdende Bausanierungen. Die allenfalls notwendigen Infrastrukturbauten wie Abwasseranlagen und andere durch Rechtsnormen vorgeschriebene Vorkehrungen sind unterirdisch anzulegen. Unter dem (verfehlten) Titel "Strafbestimmung" sieht § 6 des Entwurfs vor, dass bei Übertretung der Vorschriften "dieses Gesetzes" die Direktion der öffentlichen Bauten Wiederherstellung des frühern Zustandes verlangt. Wird einem solchen Befehl keine Folge gegeben, so wird die Direktion der öffentlichen Bauten die notwendigen Massnahmen auf Kosten des Fehlbaren durchführen lassen. § 7 bestimmt unter dem Titel "Übergangsbestimmungen", dass Tiefgaragen und Zivilschutzräume auf historisch überbautem Gebiet den Bestimmungen "dieses Gesetzes" unterliegen, falls sie am 15. November 1974 noch nicht fertiggestellt sind. Sind sie "gutgläubig" auf Grund einer nach der bisherigen Regelung erteilten Baubewilligung nach dem 15. November 1974 fertiggestellt worden, so ist der Kanton dem Ersteller gegenüber entschädigungspflichtig. Es lässt sich aus dem Text des Gesetzesentwurfs schliessen und ergibt sich vor allem aus der Begründung der Initiative, dass es eines der wesentlichen Ziele des Begehrens ist, den Bau der bewilligten Tiefgarage mit Schutzraum der Gemeinde BGE 101 Ia 231 S. 234 Regensberg zu verhindern. Die Gemeindeversammlung von Regensberg hatte seinerzeit die für die Ausführung der Baute nötigen Beschlüsse gefasst. Das Bundesgericht hatte sich in letzter Zeit verschiedentlich mit Initiativen zu beschäftigen, welche die Aufhebung von Beschlüssen des Volkes oder der Behörde anstrebten ( BGE 100 Ia 378 , BGE 99 Ia 402 , BGE 98 Ia 637 , BGE 94 I 120 ). Soweit die Initianten in Regensberg wohnen, hätten sie wohl auf Grund des Zürcher Gemeindegesetzes (§§ 50, 96 ff.) die Möglichkeit gehabt, auf Gemeindeebene mit einer Initiative die Aufhebung der Beschlüsse der Gemeindeversammlung zu verlangen, die den Bau der Tiefgarage mit Schutzraum zum Gegenstand hatten. Sie haben nicht diesen Weg eingeschlagen, sondern versucht, ihr Ziel durch Erlass eines kantonalen Gesetzes zu erreichen. Es steht mithin hier nicht in Frage, ob eine Gemeindeinitiative, welche die Aufhebung der Baubeschlüsse der Gemeindeversammlung angestrebt hätte, als zulässig zu betrachten wäre. b) Tiefgaragen und Zivilschutzräume auf historisch überbautem Gebiet sollen den Bestimmungen des vorgeschlagenen Gesetzes unterliegen, falls sie nach dem 15. November 1974 fertiggestellt worden sind. Das bedeutet, dass solche Bauten nach Inkrafttreten des Gesetzes beseitigt werden müssen, denn sie gehören zu den baulichen Massnahmen, die nach § 3 verboten sind, sodass nach § 6 der frühere Zustand wieder hergestellt, demnach die Baute beseitigt werden muss. Wenn die Beschwerdeführer in ihrer Ergänzungsschrift vorbringen, es müsse nur beseitigt werden, was sehr störend wirke, und das auch nur dann, wenn die Wiederherstellung des frühern Zustandes nicht als unverhältnismässig erscheine, so ändert das nichts daran, dass nach der vorgeschlagenen Fassung des Gesetzes die genannten Bauten schlechthin zu beseitigen sind, das heisst der frühere Zustand wieder hergestellt werden muss. In der staatsrechtlichen Beschwerde führten die Beschwerdeführer selber ohne Vorbehalt aus, solche Bauten, das heisst Tiefgaragen und Zivilschutzräume, müssten wieder beseitigt werden, sofern sie nicht schon vor dem 15. November 1974 bestanden haben. In ihrer Ergänzungsschrift anerkennen sie wenigstens noch, dass eine vor dem 15. November 1974 bewilligte, aber noch nicht fertiggestellte Tiefgarage auf jeden Fall so geändert werden müsste, dass sie nicht mehr als Garage benützbar wäre. BGE 101 Ia 231 S. 235 c) Das geplante Gesetz sieht nicht allgemein den Abbruch bestehender Gebäude vor, um auf diese Weise den historischen Zustand von Regensberg wiederherzustellen. Es will vielmehr das Stadtbild schützen durch ein grundsätzliches Verbot künftiger neuer Bauten. Zu beseitigen sind an sich nur solche Bauten, die entgegen diesem Verbot erstellt worden sind (§ 6). Das Bauverbot - und damit die Sanktion des Abbruches - soll indessen nach § 7 des Gesetzes auch bestimmte Gebäude erfassen, die noch vor dem Inkrafttreten des Erlasses entsprechend der bisherigen Rechtslage rechtmässig erstellt worden sind. Das geplante Bauverbot hat somit, wie der Kantonsrat richtig angenommen hat, rückwirkenden Charakter. Lehre und Rechtsprechung lassen eine Rückwirkung von Verwaltungsgesetzen, die den Bürger belasten, nur dann zu, wenn sie ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt ist, wenn sie in zeitlicher Beziehung mässig ist, zu keinen stossenden Rechtsungleichheiten führt, sich durch triftige Gründe rechtfertigen lässt und nicht in wohlerworbene Rechte eingreift ( BGE 99 V 202 f., 95 I 9, 94 I 5, 92 I 233; IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3. A. Bd. I Nr. 313 S. 162; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 189). Das erstgenannte Erfordernis (klare gesetzliche Grundlage) kommt hier nicht zum Zuge, da nicht ein Anwendungsakt, sondern die Rückwirkungsnorm als solche Gegenstand der Überprüfung bildet. Aus sachlichen Gründen erweist sich im vorliegenden Fall auch das zweite Kriterium - zeitliche Mässigkeit der Rückwirkung - als unwesentlich. Dieses Erfordernis bezieht sich auf Fälle, in denen das zeitliche Ausmass der Rückwirkung aus der Sicht des Betroffenen eine Rolle spielt, wie etwa bei der Festsetzung oder Änderung von Abgaben, Renten oder Besoldungsansprüchen. Das trifft hier nicht zu. Welche Dauer seit der Erstellung der Baute bis zum Erlass des rückwirkenden Bauverbotes verstrichen ist, hat auf die Schwere der Belastung keinen direkten Einfluss; es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beseitigung neu erstellter Gebäude eher zumutbar sei als der Abbruch älterer Gebäude. Es erübrigt sich daher, zu prüfen, auf welchen Zeitpunkt hin der von den Initianten vorgesehene Gesetzeserlass allenfalls in Kraft treten könnte. Von Gewicht ist einzig die Tatsache, dass ein rechtmässig erstellter Bau aufgrund BGE 101 Ia 231 S. 236 eines nachträglich erlassenen Gesetzes beseitigt werden muss. Ob das Gesetz die Beseitigung bestehender Bauten als selbständiges Ziel vorsieht und den Grundeigentümer unmittelbar zu entsprechenden positiven Vorkehren verpflichtet, oder ob der Abbruchbefehl - wie hier - die Folge eines rückwirkend in Kraft gesetzten Bauverbotes ist, ändert am Charakter einer solchen Massnahme wenig. Im einen wie im andern Fall handelt es sich um einen Eingriff in Eigentumsrechte, der sowohl vor Art. 4 als auch vor Art. 22ter BV standhalten muss. Die speziellen verfassungsrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit derartigen Eingriffen stellen können, brauchen hier jedoch nicht weiter verfolgt zu werden. Jede gesetzliche Regelung muss vorab die Schranken der Rechtsgleichheit und des Willkürverbotes beachten. Die streitige Vorschrift in § 7 des Gesetzesentwurfes hält, wie sich zeigen wird, schon unter diesem allgemeinen Gesichtswinkel einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. d) Von den Bauten, die allenfalls im fraglichen Gebiet vor dem 15. November 1974 bewilligt, aber erst nachher fertiggestellt werden, müssen nur Tiefgaragen und Zivilschutzräume beseitigt werden, während andere zur gleichen Zeit bewilligte und begonnene Bauten unbekümmert darum, dass und wie sehr sie das Stadtbild verunstalten, nicht zu entfernen wären. Der Gesetzesentwurf trifft damit eine rechtliche Unterscheidung, für die ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht zu ersehen ist ( BGE 99 Ia 579 , 245), denn es steht ausser Zweifel, dass andere Bauten das Ortsbild stärker stören können als Tiefgaragen und Zivilschutzräume, bei denen bloss die Zugänge als Störfaktor in Betracht fallen, während der eigentliche Bau unterirdisch ist. Schon dieser Mangel genügt, um den Gesetzesentwurf als gegen Art. 4 BV verstossend und damit als bundesrechtswidrig zu erklären. Es ist sodann nicht einzusehen, wieso die Rechtsfolge des Abbruches einzig davon abhängen soll, ob die Baute vor oder nach dem 15. November 1975 fertiggestellt worden ist. Diese Abgrenzung bezieht sich auf ein konkretes Projekt, das zur Initiative Anlass gegeben hat, und der massgebende Stichtag wurde offenbar bewusst so festgesetzt, dass diese Baute mangels rechtzeitiger Beendigung wieder beseitigt werden muss. Wieweit ein derartiges Vorgehen des Gesetzgebers zulässig ist, bleibe dahingestellt. § 7 des Gesetzesentwurfes enthält eine BGE 101 Ia 231 S. 237 generell-abstrakte Norm, die auch andere Bauten betreffen kann und daher losgelöst von jenem Fall einen vernünftigen Sinn haben muss. Eine Regelung, wonach bestimmte Arten von bestehenden Bauten, nämlich Tiefgaragen und Zivilschutzräume, ohne jede Ausnahme abzubrechen sind, falls sie nach einem bestimmten Zeitpunkt fertiggestellt wurden, hält jedoch vor Art. 4 BV nicht stand. Das gewählte rein zeitliche Kriterium lässt die Frage nach der tatsächlichen Störwirkung der Baute, die nach dem Zweck des Gesetzes für den Umfang der Beseitigungspflicht entscheidend sein müsste, völlig ausser acht. Nach dem Wortlaut von § 7 des Gesetzesentwurfes müsste gegebenenfalls auch eine das Stadtbild in keiner Weise beeinträchtigende Anlage - gegen staatliche Entschädigung - beseitigt werden, während andere, stärker störende Bauten bloss wegen ihrer etwas früheren Fertigstellung nicht abzubrechen wären. Abgesehen davon, dass im Rahmen einer derartigen zeitlichen Betrachtungsweise wohl nicht auf den - zufälligen Einflüssen ausgesetzten - Zeitpunkt der Fertigstellung, sondern auf jenen der Bewilligungserteilung oder des Baubeginns abzustellen wäre, besteht kein vernünftiger Grund dafür, Bauten jüngeren Datums generell strenger zu behandeln. Auch die staatliche Entschädigungspflicht kann nicht vom Datum der Fertigstellung abhängen; der Eigentümer, der seinen Bau trotz Kenntnis der hängigen Initiative begonnen oder fortgesetzt hat, müsste, wie die Beschwerdeführer anerkennen, ebenfalls als "gutgläubig" (und damit als entschädigungsberechtigt) im Sinne von § 7 des Gesetzesentwurfes angesehen werden. Ist eine Baute mit behördlicher Bewilligung rechtmässig erstellt worden, so können für die Anordnung eines nachträglichen Abbruches nurmehr noch rein sachbezogene Überlegungen entscheidend sein. Die im vorgeschlagenen Gesetzestext enthaltene Vorschrift, wonach ausschliesslich der Zeitpunkt der Fertigstellung massgebend sein soll, trifft damit eine rechtliche Differenzierung, die sich sachlich nicht begründen lässt und gegen Art. 4 BV verstösst. Die Initiative wurde daher vom Kantonsrat zu Recht als bundesrechtswidrig erklärt und nicht der Volksabstimmung unterbreitet.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
e9df39a6-7e5e-4328-a2cf-aa639f101626
Urteilskopf 121 I 245 34. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juli 1995 i.S. B. und Erben H. gegen Gemeinde Wangen-Brüttisellen, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 22ter BV ; Zonenplanung. Planungsfehler; Nichtgenehmigung einer Einzonung von aufgefülltem Land, welches in absehbarer Zeit nicht anders als zu gewerblichen Zwecken genutzt werden wird. Planung und Wirklichkeit sind bei Bedarf in Übereinstimmung zu bringen; eine Einzonung kann aber auch in solchen Fällen nur in Frage kommen, wenn sie im Einklang mit den Planungszielen und -grundsätzen erfolgt (E. 6b). Ob ein Planungsfehler vorliegt, ist primär im Lichte der Richtplanung zu beurteilen (E. 6c-e/aa). Grundsätze für die Erweiterung des Baugebietes in einem nahezu unüberbauten Gebiet zwischen zwei Ortsteilen (E. 6e/bb). Möglichkeit der Festsetzung eines Gestaltungsplanes im Nichtbaugebiet? Entwicklung der Rechtsprechung zu dieser Frage; Bedeutung der Festlegungen in der Richtplanung; Voraussetzungen, unter welchen ein Gestaltungsplan im Nichtbaugebiet zum Zwecke der baulichen Sanierung festgesetzt werden könnte (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 246 BGE 121 I 245 S. 246 B. und den Erben H. gehören drei Grundstücke, welche ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Die Parzellen liegen entlang der Halden-Strasse in der Gemeinde Wangen-Brüttisellen im Gebiet "Förliwiesen". Die Halden-Strasse verbindet die Dorfteile Wangen und Brüttisellen. Der Gemeinderat von Wangen bewilligte B. unter anderem 1956 die Vornahme von Auffüllungen zur Errichtung eines Lagerplatzes. Im Jahre 1969 erteilte der Gemeinderat den Erben H. die Bewilligung für die Nutzung ihrer Parzelle als Lagerplatz für Maschinen; der Gemeinderat behielt sich vor, jederzeit auf die Bewilligung zurückzukommen. Am 15. September 1986 wurde die Beibehaltung der bestehenden, befristet bewilligten Bauten und Anlagen bis zum 31. Dezember 1993 erlaubt und überdies die Bewilligung für den Anschluss der Liegenschaften an das Wasser- und Kanalisationsnetz erteilt. Das Gebiet, in welchem sich die genannten Parzellen befinden, wurde im kantonalen Gesamtplan vom 10. Juli 1978 dem Bauentwicklungsgebiet zugeteilt. In der Folge wurde das Areal mit dem Zonenplan der Gemeinde vom 26. Juni 1984 der Reservezone zugewiesen. Veranlasst durch die am BGE 121 I 245 S. 247 1. September 1991 beschlossene Teilrevision des kantonalen Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975 (Planungs- und Baugesetz, PBG) änderte die Gemeinde Wangen-Brüttisellen am 26. Oktober 1993 unter anderem den Zonenplan. Dabei wurde das Gebiet "Förliwiesen" einschliesslich der drei erwähnten Parzellen der Gewerbezone G4 zugeteilt; eine Bautiefe entlang der Halden-Strasse wurde der Wohnzone 3-geschossig mit Gewerbeerleichterung zugewiesen. Dieser Einzonung verweigerte der Regierungsrat des Kantons Zürich am 6. Juli 1994 die Genehmigung. Eine Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. B. und die Erben H. stellen mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht den Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichtes aufzuheben. Während des bundesgerichtlichen Verfahrens setzte der Kantonsrat von Zürich einen neuen Richtplan fest. Danach verbleibt das Gebiet "Förliwiesen" im Bauentwicklungsgebiet. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. a) Die Nichtgenehmigung der Einzonung stellt in den Augen der Beschwerdeführer einen Planungsfehler dar (vgl. zum Planungsfehler die in BGE 106 Ia 329 nicht publizierte E. 4, sowie die nicht veröffentlichten Urteile des Bundesgerichtes vom 1. September 1994 i.S. Gemeinde Attelwil, E. 3b, und vom 20. Dezember 1993 i.S. Gemeinde Sagogn, E. 7b). Nach ihren nicht zu bezweifelnden Angaben ist es auszuschliessen, dass ihre Parzellen in absehbarer Zeit anders als zu gewerblichen Zwecken genutzt werden. Daraus leiten sie ab, eine Einzonung sei zur Wahrung ihrer verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrechte ( Art. 22ter BV ) geboten. b) Die Rechtsprechung anerkennt, dass Planung und Wirklichkeit bei Bedarf in Übereinstimmung zu bringen und aus diesem Grunde Nutzungspläne zu ändern bzw. anzupassen sind ( BGE 114 Ia 32 E. 6 S. 33). Eine Einzonung kann aber auch in solchen Fällen nur in Frage kommen, wenn sie im Einklang mit den Planungszielen und -grundsätzen erfolgt (in diesem Sinne der zitierte BGE 114 Ia 32 E. 6 S. 33, wo im Falle der Reduktion einer überdimensionierten Bauzone auf die in Art. 15 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700] zum Ausdruck kommenden Grundsätze für die Bemessung des Baugebietes hingewiesen wird; vgl. BGE 113 BGE 121 I 245 S. 248 Ia 444 E. 5b S. 455). Der Umstand, dass die fraglichen Grundstücke seit langem gewerblich genutzt werden und sich dies in absehbarer Zeit nicht ändern wird, zieht daher nicht ohne weiteres die Pflicht zu deren Einzonung nach sich. c) Die Nichtgenehmigung der Einzonung kann vorab mit Blick auf die Richtplanung nicht als Planungsfehler betrachtet werden. Nach dem hier massgebenden Gesamtplan von 1978 liegen die drei Parzellen entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer nicht im "Anordnungsspielraum", sondern im Bauentwicklungsgebiet. Mit dem neuen Richtplan hat sich daran nichts geändert. Bei dieser Sachlage kann auch von einem unzulässigen Eingriff in das der Gemeinde zustehende Ermessen, im Rahmen des Richtplanes die Grenzen des Baugebietes selbst zu bestimmen ( Art. 2 Abs. 3 RPG ; BGE 112 Ia 281 E. 7a S. 285 f.), keine Rede sein. d) Soweit die Beschwerdeführer eine Einzonungspflicht aus der "Weilerregel" des Gesamtplanes von 1978 ( BGE 113 Ia 192 E. 2c/cc S. 193 f.) ableiten, ist ihnen ebenfalls nicht zu folgen. Bei ihren Grundstücken handelt es sich um gewerblich genutztes Areal und nicht um eine Kleinsiedlung; von einem abgelegenen Ortsteil kann schon gar nicht gesprochen werden. e) Ebenfalls nicht stichhaltig ist das Argument, eine Einzonung sei zulässig, weil es sich dabei nur um eine untergeordnete Abweichung vom Richtplan handeln würde ( § 16 Abs. 2 PBG ). Rein flächenmässig mag dies für die drei Grundstücke wohl zutreffen. Das Bundesgericht hat jedoch wiederholt festgestellt, Kleinbauzonen seien nicht nur unzweckmässig, sondern grundsätzlich gesetzwidrig ( BGE 119 Ia 300 E. 3b S. 303; BGE 116 Ia 339 E. 4 S. 343). Das Verwaltungsgericht hat daher mit Recht darauf hingewiesen, die von der Gemeinde beschlossene Einzonung führe zu einer nicht sachgerechten Abgrenzung des Baugebietes. aa) Die Liegenschaften der Beschwerdeführer liegen planerisch an einer heiklen Lage. Sie befinden sich ungefähr in der Mitte des zwar nicht mehr unberührten, aber doch noch weitgehend unüberbauten Geländes zwischen den beiden Ortsteilen Wangen und Brüttisellen. Eine Einzonung, wie sie die Gemeinde beschloss, hat eine nicht zu unterschätzende präjudizielle Wirkung für ein künftiges Zusammenwachsen der beiden Ortsteile. Die Richtplanung, welche das Gelände als Bauentwicklungsgebiet bezeichnet, schliesst einen solchen Zusammenschluss nicht aus, doch soll er weder im heutigen Zeitpunkt realisiert noch durch eine verfrühte Einzonung von Areal zwischen der Halden-Strasse und der Autobahn gefördert werden. BGE 121 I 245 S. 249 bb) Dass die Gemeinde das Gewerbegebiet zwischen der Halden-Strasse und der Autobahnkreuzung (Areal "Neuwiesen") im Zuge der "kleinen" Zonenplanrevision geringfügig in Richtung "Förliwiesen" ausgedehnt hat, hat nicht zur Folge, dass die Liegenschaften der Beschwerdeführer eingezont werden müssten. Der Grundsatz rechtsgleicher Behandlung hat im Planungsrecht nur eine abgeschwächte Bedeutung. Parzellen ähnlicher Lage und Art können daher unter Vorbehalt des Willkürverbotes völlig verschieden behandelt werden ( BGE 117 Ia 302 E. 4b S. 307; BGE 116 Ia 193 E. 3b S. 195). Die geringfügige Erweiterung des Gewerbegebietes beim Autobahnkreuz lehnt sich an eine bereits bestehende Gewerbezone an und ist daher planerisch anders zu beurteilen als eine Einzonung in den "Förliwiesen". Die Ausdehnung des Gewerbegebietes bei der Autobahn und die bereits in einem früheren Zonenplan festgesetzte Wohnzone mit Gewerbeerleichterung oberhalb der Halden-Strasse bestätigen im übrigen, dass eine Ausdehnung des Baugebietes im Raum zwischen den beiden Ortsteilen auch nach den Vorstellungen der Gemeinde primär nur schrittweise und angelehnt an bereits bestehendes Baugebiet erfolgen soll, was sachgerecht ist. Eine weitgehend isolierte Einzonung in den "Förliwiesen" widerspricht bei dieser Sachlage den eingangs erwähnten Planungsgrundsätzen (E. 6e). 7. (Die Nichtgenehmigung der Einzonung stellt keine Verletzung des aus Art. 4 BV fliessenden Grundsatzes von Treu und Glauben dar). 8. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Einwendungen der Beschwerdeführer unbegründet sind. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. a) Trotz dieses Verfahrensausganges ist nicht in Abrede zu stellen, dass die gegebene planungsrechtliche Situation - Zuteilung der fraglichen Parzelle in die Reservezone - nicht in allen Teilen zu befriedigen vermag. Es ist wie gesagt davon auszugehen, dass sich die bestehende gewerbliche Nutzung in absehbarer Zeit nicht ändern wird. Die vor Jahrzehnten bewilligten und in der Folge ausgeführten Terrainveränderungen schliessen eine Rückkehr zu einer landwirtschaftlichen Nutzung nach menschlichem Ermessen aus. Auch führt die geltende Sach- und Rechtslage seit Jahren zu Unsicherheiten, welche sich in jeweils nur befristet erteilten Baubewilligungen manifestieren. Diese Bewilligungspraxis dauert bereits über zwanzig Jahre; die letzten befristeten Bewilligungen sind Ende 1993 abgelaufen. Seither besteht, wie aufgrund der Akten anzunehmen ist, für die BGE 121 I 245 S. 250 von diesen Bewilligungen erfassten Bauten und Anlagen ein Schwebezustand. Eine solche Situation ist planungsrechtlich unerwünscht und liegt weder im Interesse der Eigentümer noch der Gemeinde. Der Regierungsrat hat dies erkannt und vorgeschlagen, für die Grundstücke einen Gestaltungsplan gemäss den § § 83 ff. PBG zu erlassen. b) Im nicht publizierten Urteil vom 2. Februar 1995 i.S. Gemeinde Wädenswil (E. 6b) liess das Bundesgericht die Frage offen, ob die zeitgemässe Erneuerung und massvolle Erweiterung von seit Jahrzehnten bestehenden Gewerbebauten in der Landwirtschaftszone (nach dem Richtplan: im Landwirtschaftsgebiet) mit einem Gestaltungsplan realisiert werden könne, wenn die Grundnutzungsordnung nicht geändert werde. Ein Gestaltungsplan war im betreffenden Fall (noch) nicht erlassen worden. In der Folge hielt das Bundesgericht in zwei ebenfalls nicht veröffentlichten Entscheiden vom 24. März 1995 i.S. Gemeinde Oberembrach und i.S. Gemeinde Stallikon fest, der Erlass eines Gestaltungsplanes für die Realisierung neuer oder die Erweiterung bestehender Bauten (im betreffenden Fall um 128% der Betriebsfläche) käme der Festsetzung einer unzulässigen Kleinstbauzone gleich. Die fraglichen Grundstücke waren der Landwirtschaftszone zugeteilt und lagen nach den Festlegungen des kantonalen Richtplanes auch nicht im Anordnungsspielraum (so ausdrücklich das Urteil Stallikon, E. 4b). Die geplanten bzw. bestehenden Bauten und Anlagen waren nicht landwirtschaftlicher Natur; sie wiesen keinen Zusammenhang mit dem Produktionsfaktor Boden auf. Zudem waren, soweit dies aufgrund der von den kantonalen Behörden getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt werden konnte, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nach Art. 24 Abs. 1 oder 2 RPG nicht gegeben. c) Im vorliegenden Fall kann die Frage, ob für die Grundstücke ein Gestaltungsplan erlassen werden kann, um den Interessen der Beschwerdeführer entgegenzukommen, ebenfalls nicht abschliessend beurteilt werden, weil ein solcher Plan nicht festgesetzt wurde. Immerhin besteht Anlass, auf Unterschiede zu den vorstehend genannten drei Fällen hinzuweisen. aa) Die Grundstücke der Beschwerdeführer sind im Gegensatz zu den zitierten Fällen nicht einer Landwirtschaftszone ( Art. 16 RPG ) zugeteilt. Sie befinden sich in der Reservezone ( § 65 PBG ; BGE 116 Ia 328 E. 3 S. 330 f.). Dieser Zone werden unter anderem Gebiete zugeteilt, deren Nutzung erst später zugelassen wird ( Art. 18 Abs. 2 RPG ). Die "Förliwiesen" werden im BGE 121 I 245 S. 251 kantonalen Richtplan als Bauentwicklungsgebiet bezeichnet, was bedeutet, dass sie in 20-25 Jahren grundsätzlich für eine bauliche Nutzung in Frage kommen und erschlossen werden sollen ( § 21 Abs. 2 und 3 PBG ). Wird beachtet, dass der Richtplan in den Grundzügen bestimmt, wie sich ein Gebiet räumlich entwickeln soll ( Art. 6 Abs. 1 RPG ), kann - aus der verlangten planerischen Gesamtschau heraus betrachtet (Art. 4 Abs. 3 der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 [RPV; SR 700.1]) - nicht gesagt werden, eine nutzungsplanerische Ordnung der (bestehenden) Überbauung laufe zum vorneherein der anzustrebenden Siedlungsentwicklung entgegen (vgl. Art. 6 Abs. 3 lit. a RPG ). bb) Die geltenden Festlegungen in der Zonenplanung haben wie erwähnt in der Praxis zu Unsicherheiten namentlich bei der Erteilung von Bewilligungen geführt, was nicht nur für alle Beteiligten unbefriedigend ist. Bei tatsächlichen Verhältnissen, wie sie hier vorliegen, und bei der gegebenen planerischen Ausgangslage ist nicht auszuschliessen, dass ein auf die Grundstücke der Beschwerdeführer beschränkter Gestaltungsplan ein sachgerechtes Mittel darstellt, die bereits seit Jahrzehnten bestehende Gewerbenutzung in geordnete Bahnen zu lenken. Ein solcher Gestaltungsplan müsste, soll er keine unzulässige Kleinbauzone darstellen, in erster Linie Sanierungszwecken dienen. Wie STEPHAN ESCHMANN (Der Gestaltungsplan nach zürcherischem Recht, Diss. Zürich 1984, S. 65 f.) darlegt, lässt das Zürcher Planungs- und Baugesetz einen Gestaltungsplan mit diesem Zweck zu, sofern - wie hier - die Neugestaltung einer bereits bestehenden Überbauung (auch) im öffentlichen Interesse liegt. cc) Die Beschwerdeführer lehnen zwar aus Kostengründen einen Gestaltungsplan ab. Sie werden jedoch in ihrem eigenen Interesse ihren Standpunkt überprüfen müssen. Für eine planerisch sachgerechte Lösung müssen auch die Gemeinde und der Kanton Hand bieten. Nur so kann sichergestellt werden, dass für die drei Grundstücke eine planerische Festsetzung gefunden wird, welche eine zweckmässige Bodennutzung sowie eine auch im Lichte des Grundsatzes der Rechtssicherheit geordnete Überbauung gewährleistet ( Art. 22quater Abs. 1 BV , Art. 1 Abs. 1 RPG ).
public_law
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e9e17e78-d685-4855-a8f5-27d36b40a9f1
Urteilskopf 136 III 225 34. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause de Siebenthal contre Ville de Genève (recours en matière civile) 4A_638/2009 du 1er avril 2010
Regeste Werk-Individualität ( Art. 2 URG ); Schöpferprinzip ( Art. 6 URG ); Miturheberschaft ( Art. 7 URG ). Das Verzeichnis der gefährlichen Produkte (bzw. der "Guide orange" der Genfer Feuerwehr) ist ein Werk (E. 4.2). Dass der Arbeitnehmer ein Werk im Rahmen des Arbeitsverhältnisses schafft, hindert ihn nicht daran, Urheber zu werden. Miturheber ist, wer tatsächlich die endgültige Gestaltung des Werks oder seine Verwirklichung mitbestimmt (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 226 BGE 136 III 225 S. 226 A. Christian de Siebenthal est titulaire d'un diplôme d'ingénieur-chimiste EPFL. En octobre 1978, il a été engagé par le Service d'incendie et de secours de la Ville de Genève (ci-après: SIS) en qualité de chimiste-documentaliste avec un taux d'activité de 20 %. Ses tâches au sein du SIS ont toujours été les mêmes. Selon un cahier des charges daté du 24 août 2001, l'employé devait en particulier établir les fiches de l'ouvrage intitulé "Répertoire des produits dangereux" ou "Guide orange des sapeurs-pompiers genevois" (ci-après: Guide orange) et contrôler les imprimés de ce document. Le Guide orange est un manuel d'intervention pratique destiné d'abord aux sapeurs-pompiers genevois. Pour chaque produit, il contient une description détaillée du produit lui-même et énumère les dangers qui lui sont liés, les mesures de protection personnelle, de sécurité et d'évacuation à prendre ainsi que les moyens d'extinction autorisés. Le guide est pourvu d'une reliure amovible; ses feuillets sont en papier indéchirable et résistant à l'eau. De 1962 à 1988, le SIS était dirigé par A., ingénieur-technicien diplômé de l'école technique de Genève et disposant d'une formation d'officier NBC (nucléaire, bactériologique, chimiste). En avril 1979, A. a rédigé une ébauche d'un répertoire des produits dangereux. Le manuscrit contenait une table des matières, un projet de préface, se terminant par les noms de Christian de Siebenthal et A., un mémento des mesures immédiates, une signalisation/identification des produits et une échelle des dangers; deux fiches de produits dangereux, dactylographiées, étaient jointes. Quelques mois plus tard, A. a demandé au Conseil administratif de la Ville de Genève un crédit spécial pour la réalisation de l'ouvrage. Tirée à 350 exemplaires et comportant 118 fiches, la première édition du Guide orange est parue en 1979. Dans la préface, A. indiquait que "la réalisation de ce guide SPG a été rendue possible grâce à la collaboration efficace de Monsieur Ch. de Siebenthal, Ingénieur-Chimiste, qui a effectué des stages dans notre service en participant aux opérations." BGE 136 III 225 S. 227 Le Guide orange a été régulièrement mis à jour, au fur et à mesure que l'ONU communiquait de nouvelles données relatives aux produits dangereux. Il a été réédité en 1985, 1992 et 2003, toujours aux frais de la Ville de Genève. Sa dernière version se décline en trois volumes et comporte 990 fiches. Comme dans les éditions précédentes, les armoiries de la Ville de Genève et, en-dessous, la mention du SIS figurent sur la page de couverture. Le guide est devenu l'ouvrage de référence des sapeurs-pompiers francophones; il a été recommandé par le Ministère de l'Intérieur français et est utilisé par plusieurs industries chimiques et de transport. La préface de toutes les éditions mentionne la collaboration de Christian de Siebenthal, qui a permis la réalisation de l'ouvrage. Par ailleurs, chaque édition comporte un avant-propos rédigé et signé par Christian de Siebenthal. En 2004, ce dernier a appris que le maire de Genève souhaitait confier à un tiers l'édition et la commercialisation du Guide orange. Le collaborateur a alors cherché à reprendre à son compte l'exploitation scientifique et commerciale du guide. En juillet 2006, le SIS l'a informé que le maire avait écarté sa proposition. En octobre 2006, Christian de Siebenthal a déposé une requête de mesures provisionnelles, tendant notamment à faire interdiction à la Ville de Genève de déposer tout ou partie du Guide orange, de confier à quiconque l'édition et/ou la commercialisation de l'ouvrage, de confier à quiconque sa réimpression et/ou sa reproduction et de supprimer le lien sur le site Internet de la ville renvoyant au dit guide. Par la suite, Christian de Siebenthal a retiré sa requête, dès lors que la Ville de Genève n'avait, pour le moment, passé aucun contrat en relation avec le Guide orange et n'avait pas entamé non plus de pourparlers à ce sujet. En mars 2007, la Ville de Genève a résilié le contrat de travail la liant à Christian de Siebenthal, invoquant une rupture du lien de confiance à la suite du dépôt de la requête de mesures provisionnelles. B. Le 9 juillet 2008, Christian de Siebenthal a introduit une action tendant à faire constater qu'il est l'auteur du Guide orange. La Ville de Genève a conclu au rejet de l'action. Statuant le 13 novembre 2009 en instance cantonale unique, la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a débouté le demandeur des fins de son action. BGE 136 III 225 S. 228 C. Christian de Siebenthal a interjeté un recours en matière civile, que le Tribunal fédéral a admis partiellement. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. 4.1 Dans la motivation principale de l'arrêt attaqué, la cour cantonale a jugé que le recourant n'est pas l'auteur du Guide orange, dont elle attribue la paternité à A. Le recourant se plaint d'une violation de l' art. 6 LDA (RS 231.1). A son avis, les critères appliqués par la Chambre civile ne sont pas pertinents pour définir la qualité d'auteur. Ainsi, le fait que le recourant ne soit pas pompier ne serait pas déterminant puisque l'ouvrage nécessitait avant tout des compétences de chimiste. Par ailleurs, les notes manuscrites de A. démontrant qu'il avait réfléchi à la conception, forme et présentation du guide, ne suffiraient pas à en faire un auteur dans la mesure où la cour cantonale ne constate pas que l'oeuvre a été effectivement réalisée sur la base de ces notes. L'obtention d'un crédit pour la publication de l'oeuvre ne serait pas non plus pertinente à cet égard. Le recourant réfute en outre n'avoir fait qu'un travail de compilation. Le travail de vulgarisation que la cour cantonale lui reconnaît tout de même donnerait du reste prise au droit d'auteur. Le recourant conteste également que le choix d'un papier indestructible et résistant à l'eau pour l'ouvrage lui-même puisse avoir une pertinence quelconque pour attribuer à une personne la qualité d'auteur. De même, celui qui définit le but de l'ouvrage, pose des critères de présentation ou donne des instructions ne saurait de ce fait être considéré comme l'auteur. Selon le recourant, la cour cantonale a ignoré enfin des éléments de sa propre décision qui démontraient qu'il avait bel et bien créé l'oeuvre concrète, comme par exemple le fait qu'il avait été chargé de mettre à exécution le projet ou le rapport de la Commission des sports le désignant comme celui qui avait élaboré le guide. 4.2 Il n'est pas contesté que le Guide orange est une oeuvre au sens de l' art. 2 al. 1 LDA , soit une création de l'esprit qui a un caractère individuel, quelles qu'en soient la valeur ou la destination. Sont notamment des créations de l'esprit les oeuvres recourant à la langue, qu'elles soient littéraires, scientifiques ou autres ( art. 2 al. 2 let. a LDA ). Le critère décisif réside dans l'individualité, qui doit s'exprimer dans l'oeuvre elle-même; l'originalité, dans le sens du caractère BGE 136 III 225 S. 229 personnel apporté par l'auteur, n'est plus nécessaire selon la LDA entrée en vigueur en juillet 1993 ( ATF 134 III 166 consid. 2.1 p. 169/170; ATF 130 III 168 consid. 4.4 p. 172, ATF 130 III 714 consid. 2.1 p. 717). Le caractère individuel exigé dépend de la liberté de création dont l'auteur jouit; si la nature de l'objet ne lui laisse que peu de marge de manoeuvre, par exemple pour une oeuvre scientifique, la protection du droit d'auteur sera accordée même si le degré d'activité créatrice est faible ( ATF 113 II 190 consid. 2a p. 196; ATF 117 II 466 consid. 2a p. 468; ATF 130 III 168 consid. 4.1 p. 170). L'individualité se distingue de la banalité ou du travail de routine; elle résulte de la diversité des décisions prises par l'auteur, de combinaisons surprenantes et inhabituelles, de sorte qu'il paraît exclu qu'un tiers confronté à la même tâche ait pu créer une oeuvre identique. Un compendium contenant des informations sur des médicaments a ainsi été jugé comme manquant de l'individualité requise ( ATF 134 III 166 consid. 2.3.1, 2.3.2 et 2.5). En l'espèce, ce qui fait l'individualité du Guide orange, c'est la présentation de chaque produit chimique par fiche, comprenant l'étiquette de danger correspondante, le panneau orange avec le numéro de danger ONU, une échelle allant de 0 à 4 indiquant les dangers pour la santé (carré bleu), en cas de feu (carré rouge), lors d'instabilité chimique à la chaleur (carré jaune) et de réaction avec l'eau (carré blanc) ou avec l'air à 20° C (carré rouge et jaune), une description du produit et de ses dangers, l'indication de l'attitude à adopter en cas de feu, de déversement sur terre ou dans l'eau, d'intoxication, la mention du matériel de protection et de récupération à utiliser, les constantes physiques et, selon les produits, une barre orange simple ou double indiquant si l'évacuation de la population est à envisager ou indispensable, ainsi qu'une description de la zone à évacuer en cas de fuite toxique ou de risque d'explosion. En revanche, ni le type de reliure, ni le choix du papier sur lequel le guide est imprimé ne participent à l'individualité de l'oeuvre (cf. KAMEN TROLLER, Manuel du droit suisse des biens immatériels, 2 e éd. 1996, tome I, p. 19). 4.3 Selon le principe du créateur ( Schöpferprinzip ), l'auteur est la personne physique qui a créé l'oeuvre ( art. 6 LDA ). La création d'une oeuvre dans le cadre d'un contrat de travail n'empêche pas l'employé d'acquérir le statut d'auteur (cf. RÉMY WYLER, Droit du travail, 2 e éd. 2008, p. 383; DANIEL ALDER, Urheberrecht und Arbeitsvertrag, in Urhebervertragsrecht, Magda Streuli-Youssef [éd.], 2006,p. 475; KAMEN TROLLER, Précis du droit suisse des biens immatériels, 2 e éd. 2006, p. 253; KATHARINA RÜDLINGER, Der Urheber im Arbeitsverhältnis aus BGE 136 III 225 S. 230 rechtsvergleichender Sicht, 1995, p. 70). S'il est une personne physique, l'employeur ne sera coauteur que s'il a fourni un apport créatif original; tel ne sera pas le cas s'il se borne à exprimer certains voeux ou à donner quelques lignes directrices (WYLER, op. cit., p. 383). De manière générale, est coauteur celui qui concourt de façon effective à la détermination définitive de l'oeuvre ou à sa réalisation; la contribution du coauteur peut résider dans la forme ou dans la structure du contenu, pour autant que son apport revête l'individualité nécessaire (TROLLER, Précis, op. cit., p. 254). Le coauteur doit faire preuve d'une collaboration créatrice; celui qui exécute simplement les instructions d'un autre, sans qu'une marge de manoeuvre ne soit laissée à sa propre créativité, n'est pas un coauteur, mais un auxiliaire (BARRELET/EGLOFF, Le nouveau droit d'auteur, 3 e éd. 2008, n° 4 ad art. 7 LDA p. 37). Comme déjà relevé, le caractère individuel de l'oeuvre réside en l'espèce dans la disposition originale de la matière, par fiches d'intervention comprenant pour chaque produit en tout cas une étiquette chimique, le numéro ONU, une échelle des dangers, une description du produit et des dangers qui lui sont liés, différentes rubriques indiquant aux intervenants comment agir au mieux selon les situations, ainsi qu'une indication des constantes. Selon l'arrêt attaqué, le recourant n'est ni auteur, ni coauteur du Guide orange, car il devait suivre les instructions données par A. La cour cantonale observe par ailleurs que celui-ci avait posé des critères, notamment de présentation. A ce propos, l'arrêt entrepris n'est guère précis. Il est simplement fait état d'instructions, sans que l'on sache exactement sur quoi elles portaient. De même, les critères de présentation posés par A. ne sont pas énumérés. En particulier, la cour cantonale ne constate nulle part que A. aurait décidé seul des éléments qui figurent en définitive sur les fiches d'intervention. Certes, elle se réfère aux notes manuscrites rédigées par A. en avril 1979 qui, selon elle, démontrent que l'intéressé avait mûrement réfléchi à la conception, forme et présentation du guide. En réalité, sous la plume du chef du SIS, on trouve un titre, une table des matières, une préface, un mémento des mesures immédiates, une signalisation et identification des produits selon les panneaux oranges et les étiquettes de danger, ainsi que l'échelle des dangers; les deux exemples de fiches qui suivent ces notes sont dactylographiées et rien ne permet d'attribuer le choix de leur structure au seul A. On le peut d'autant moins que, au bas de son projet de préface, le chef du SIS a écrit BGE 136 III 225 S. 231 de sa main le nom du recourant à côté du sien. En conséquence, il ne résulte pas des faits constatés dans l'arrêt attaqué que A. avait fixé seul la disposition originale de la matière et que la tâche du recourant était celle d'un simple auxiliaire chargé de remplir des rubriques prédéterminées. Cela étant, il est incontesté que c'est bien le recourant qui a rédigé les fiches composant le Guide orange. Certes, pas plus que pour A., les faits constatés dans l'arrêt cantonal ne laissent apparaître que la forme et la structure des fiches et du guide en général ont été déterminées exclusivement par le recourant. A cet égard, le recourant fait grief à la cour cantonale d'avoir violé l' art. 8 CC en refusant une expertise permettant de dater les projets de fiches qu'il avait produits. Dans la mesure où, selon le recourant lui-même, ces exemples ont été dactylographiés alors qu'il travaillait déjà au SIS, on ne voit pas comment une datation plus précise démontrerait qu'il a choisi seul les informations à faire figurer dans la fiche. Le moyen est mal fondé. Il n'en demeure pas moins que la Chambre civile relève elle-même qu'en 1978, le SIS a engagé le recourant en qualité de chimiste-documentaliste précisément "afin de réaliser et de mettre à jour les fiches du 'Guide Orange'"; or, à ce moment-là, aucun répertoire de produits dangereux n'existait. La cour cantonale retient également que le recourant a été "chargé, notamment en raison de ses très grandes compétences professionnelles, de mettre à exécution le projet, en compilant les données chimiques, les vulgarisant et les rendant utiles pour les besoins des sapeurs-pompiers." Plus loin, elle relève que le recourant "a largement participé à la réalisation des fiches dudit guide et que ses compétences, ainsi que son enthousiasme pour ce domaine, ont contribué à la qualité et la renommée du guide." Au surplus, la collaboration du recourant à la réalisation du guide a été louée dans la préface de toutes les éditions de l'ouvrage. Le recourant a également rédigé et signé l'avant-propos de chaque édition. Enfin, comme relevé plus haut, la paternité de l'oeuvre ne peut être attribuée uniquement à A. Dans ces conditions, la cour cantonale ne pouvait pas, sans violer le droit fédéral, dénier au recourant tout apport créatif au Guide orange et le réduire à un auxiliaire n'ayant eu aucune prise sur les choix qui font l'individualité de l'oeuvre. Il s'ensuit que la qualité de coauteur du Guide orange doit être reconnue au recourant. L'arrêt attaqué sera réformé dans ce sens.
null
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2,010
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CH_BGE_005
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Federation
e9e78bd9-9989-4e46-b78e-33f1feda138e
Urteilskopf 82 II 142 20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. März 1956 i.S. Ritter gegen Leuthold.
Regeste Dienstvertrag, Konkurrenzverbot, Konventionalstrafe. Hinfall des Konkurrenzverbots, weil der Dienstherr dem Angestellten Anlass zur Kündigung gegeben hat? Art. 360 Abs. 2 OR (Erw. 1 und 2). Voraussetzungen für die Herabsetzung der Konventionalstrafe. Art. 163 Abs. 3 OR (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 142 BGE 82 II 142 S. 142 Der Beklagte Ritter trat 1946 als Reisender in den Dienst des Klägers Leuthold. Im Anstellungsvertrag wurde vereinbart, dass der Reisende nach Auflösung des Anstellungsverhältnisses BGE 82 II 142 S. 143 während zwei Jahren im Vertretungsgebiet keine Konkurrenztätigkeit ausüben dürfe. Für den Fall der Zuwiderhandlung sah der Vertrag eine Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- vor. Am 30. August 1952 kündigte Ritter das Anstellungsverhältnis ohne Grundangabe auf Ende Oktober 1952 und trat am 1. November 1952 in den Dienst eines Konkurrenzunternehmens, für das er das gleiche Gebiet bereiste. Die von Leuthold wegen Verletzung des Konkurrenzverbots erhobene Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung der Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- wurde von den Gerichten des Kantons Solothurn geschützt. Das Bundesgericht weist die vom Beklagten hiegegen erhobene Berufung ab auf Grund der folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Der Beklagte hat, wie nicht streitig ist, nach der auf seine vertragsgemässe Kündigung hin erfolgten Auflösung des Dienstverhältnisses das vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbot übertreten. Er bestreitet jedoch gestützt auf Art. 360 Abs. 2 OR dem Kläger das Recht, gegen ihn wegen dieser Übertretung irgendwelche Ansprüche zu erheben. Nach der angerufenen Bestimmung verliert in der Tat der Dienstherr seinen Anspruch aus Verletzung des Konkurrenzverbotes nicht nur, wenn er dem Dienstpflichtigen ohne einen von diesem zu vertretenden wichtigen Grund kündigt, sondern auch, wenn er durch sein eigenes Verschulden dem Dienstpflichtigen einen wichtigen Grund zur Aufhebung des Vertrages gegeben hat. Der Begriff des wichtigen Grundes im Sinne dieser Bestimmung deckt sich nach der Rechtsprechung nicht mit demjenigen des Art. 352 OR . Für die Anwendbarkeit von Art. 360 Abs. 2 OR genügt vielmehr schon ein Grund, der bei vernünftiger Betrachtungsweise Anlass zur Kündigung bilden kann, ohne dass er geradezu die fristlose Aufhebung des Dienstverhältnisses zu rechtfertigen vermöchte. Folgerichtig erfordert BGE 82 II 142 S. 144 Art. 360 Abs. 2 auch nicht eine sofortige Aufhebung des Dienstverhältnisses, sondern es ist auch eine vertragsgemässe oder gesetzliche ordentliche Kündigung zulässig ( BGE 56 II 274 , BGE 57 II 331 , BGE 70 II 163 ). 2. Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt, dass der Kläger entgegen dem Anstellungsvertrag während der ersten Jahre keine Provisionsabrechnungen erstellte und dem Beklagten für die ihm zustehenden Provisionen lediglich Teilzahlungen in unregelmässigen Abständen ausrichtete. Ferner setzte der Kläger ohne die Zustimmung des Beklagten das im ursprünglichen Vertrag von 1946 vereinbarte Fixum von Fr. 500.-- auf Fr. 400.-- herab und vergütete ihm statt der vereinbarten Vertrauensspesen lediglich eine feste Spesenentschädigung von Fr. 50.- pro Woche. Ausserdem belieferte der Kläger in vielen Fällen die Kunden schleppend und verspätet. Dazu waren die gelieferten Waren häufig mangelhaft, was zu Reklamationen führte und einzelne Kunden veranlasste, keine Bestellungen mehr aufzugeben. Dieses Verhalten des Klägers wäre an sich zweifellos geeignet gewesen, dem Beklagten im Sinne der Rechtsprechung Anlass zur Kündigung zu geben. Nun erklärt die Vorinstanz aber, die erwähnten Vertragsverletzungen des Klägers hätten nicht die Ursache zur Vertragsauflösung gebildet; der Beklagte habe vielmehr gekündigt, weil er eine Besserstellung angestrebt habe. Aus den Akten ergibt sich in der Tat, dass die Parteien im Sommer 1952 wegen des vertragswidrigen Verhaltens des Klägers miteinander verhandelten. Im Verlaufe dieser Auseinandersetzung schrieb der Beklagte dem Kläger am 4. Juni 1952: "Sie können von mir nicht verlangen, dass ich weiterhin für Sie tätig sein kann, wenn solche Abrechnungsdifferenzen, welche 2-4 Jahre zurückliegen, nicht erledigt sind..." Unter Bezugnahme hierauf antwortete der Kläger am 21. Juni 1952: "Ihre Ausführungen ... fasse ich als Kündigung des Anstellungsverhältnisses durch Sie auf und werde die daraus sich ergebenden Konsequenzen ziehen." BGE 82 II 142 S. 145 Darauf schrieb der Beklagte am 9. Juli 1952 dem Kläger zurück: "Mein Schreiben an Sie vom 14. Juni a.c. stellt keine Kündigung des Anstellungsverhältnisses dar. Es war nicht meine Absicht, Ihnen zu kündigen, wohl aber auf Unstimmigkeiten im gegenseitigen Vertragsverhältnis hinzuweisen ... Aus Ziff. 3 Ihres Schreibens vom 21. Juni a.c. muss ich nun aber meinerseits eine Kündigung herauslesen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen..." In seiner Antwort vom 11. Juli 1952 bestritt der Kläger eine Kündigungsabsicht seinerseits und stellte fest, dass somit der Vertrag bisher von keiner Seite gekündigt worden sei; sodann schlug er eine mündliche Aussprache vor, um eine Bereinigung der verschiedenen strittigen Punkte zu versuchen. Diese mündliche Besprechung fand dann allem nach statt, und der Beklagte betätigte sich weiter im Dienste des Klägers, bis er am 30. August 1952 ohne Grundangabe auf Ende Oktober kündigte. Aus dem erwähnten Briefwechsel erhellt, dass im Sommer 1952 keine der Parteien kündigen wollte oder gekündigt hat. Insbesondere fühlte sich der Beklagte trotz den seit Jahren andauernden Vertragsverletzungen des Klägers nicht zu einer Kündigung veranlasst, sondern bestritt im Gegenteil ausdrücklich eine Kündigungsabsicht auf seiner Seite. Nun billigt zwar, wie ausgeführt, die Rechtsprechung dem Dienstpflichtigen zu, dass er im Falle des Art. 360 Abs. 2 OR - im Gegensatz zu Art. 352 - den Vertrag nicht unverzüglich nach Kenntnis des wichtigen Grundes auflösen müsse, sondern dass er auch ordnungsgemäss kündigen könne und dabei nicht einmal unbedingt den wichtigen Grund zu erwähnen brauche. Hat aber der Dienstpflichtige wie hier aus einem bestimmten Verhalten des Dienstherrn ausdrücklich die Konsequenz der Kündigung nicht gezogen, so muss ihm selbstverständlich auch verwehrt sein, bei einer später von ihm vorgenommenen Auflösung des Dienstverhältnisses und nachfolgender Übertretung des Konkurrenzverbotes dem BGE 82 II 142 S. 146 daraus abgeleiteten Konventionalstrafanspruch mit dem Hinweis auf das frühere, damals von ihm ausdrücklich nicht als Kündigungsgrund bewertete Verhalten des Dienstherrn zu begegnen. Die in Art. 360 Abs. 2 OR getroffene Regelung beruht auf der Überlegung, dass der Dienstpflichtige, der sich zur Unterlassung einer Konkurrenztätigkeit verpflichtet hat, an das gegebene Wort nur dann nicht gebunden sein solle, wenn ihm mit Rücksicht auf das Verhalten des Dienstherrn die Fortsetzung des Dienstverhältnisses billigerweise nicht zugemutet werden dürfe und ihm darum die Möglichkeit zur freien Verwertung seiner Arbeitskraft zurückgegeben werden müsse. Diese Voraussetzung entfällt aber, wo ein Verhalten des Dienstherrn in Frage steht, das vom Dienstpflichtigen selber zunächst gemäss ausdrücklicher Erklärung nicht als Anlass für eine Kündigung angesehen wurde. Der vom Beklagten aus Art. 360 Abs. 2 OR hergeleitete Einwand ist daher mit den Vorinstanzen zu verwerfen. 3. Der Beklagte nimmt weiter den Standpunkt ein, die vorgesehene Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- sei übermässig hoch und müsse daher angemessen herabgesetzt werden. Bei der Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass gemäss Art. 163 Abs. 1 OR die Parteien in der Festsetzung der Höhe der Konventionalstrafe grundsätzlich frei sind. Ein richterliches Eingreifen im Sinne von Art. 163 Abs. 3 OR ist daher nur geboten, wenn das Ausmass der Konventionalstrafe unvernünftig übersetzt ist und mit den Anforderungen der Gerechtigkeit und Billigkeit in offenbarem Widerspruch steht. Ob dies der Fall sei, ist zu entscheiden unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der vereinbarten Konventionalstrafe und dem Interesse des Dienstherrn an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes, der Schwere des Verschuldens des Schuldners und der wirtschaftlichen Lage der Beteiligten ( BGE 63 II 249 , BGE 51 II 170 und dort erwähnte Entscheide). Im vorliegenden Falle drängt sich, wie die Vorinstanzen BGE 82 II 142 S. 147 zutreffend entschieden haben, unter keinem dieser Gesichtspunkte eine Herabsetzung der vereinbarten Strafsumme auf. Zunächst liegt auf der Hand, dass der Kläger ein erhebliches Interesse an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes durch den Beklagten hatte. Denn es bedeutete selbstverständlich für ihn eine Bedrohung in seiner Kundschaft, wenn gleichzeitig mit seinem neuen Vertreter der den Kunden bekannte Beklagte dasselbe Gebiet für eine Konkurrenzfirma bearbeitete. Tatsächlich ist denn auch dem Kläger gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz infolge der Verletzung des Konkurrenzverbots durch den Beklagten ein Schaden in der Grösse zwischen Fr. 3000.-- und 6000.-- erwachsen. Gegen eine Herabsetzung der Konventionalstrafe spricht aber vor allem das schwere Verschulden des Beklagten. Dieser hat sich bedenkenlos über die eingegangene Verpflichtung zur Konkurrenzenthaltung hinweggesetzt und unmittelbar nach dem Austritt beim Kläger seine Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen desselben aufgenommen. Diese an sich schon unstatthafte Konkurrenztätigkeit hat er zudem auf eine höchst verwerfliche Art ausgeübt, indem er die Bestellformulare und Bestellbücher des Klägers zugunsten seiner neuen Arbeitgeberin ausnützte, den Kläger bei seinen Kunden verlästerte und sie ihm abspenstig zu machen suchte, was denn auch zu seiner strafrechtlichen Verurteilung wegen unlauteren Wettbewerbs und Kreditschädigung führte. Mit Rücksicht auf sein schweres Verschulden ist der Beklagte schliesslich auch nicht befugt, sich darüber zu beklagen, dass die Konventionalstrafe von Fr. 10'000.-- für ihn eine erhebliche finanzielle Belastung bedeutet. Auf jeden Fall ist diese nicht derart, dass ihretwegen die Existenz des Beklagten als bedroht erschiene; denn er bezieht an seiner neuen Stelle ein Fixum von Fr. 8400.-- im Jahr, d.h. Fr. 3600.-- mehr, als er beim Kläger zuletzt tatsächlich erhielt; dazu kommen noch die Provisionen.
public_law
nan
de
1,956
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CH_BGE_004
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Federation
e9e83fc6-e09e-4e6e-bae0-bec9853b210e
Urteilskopf 115 III 68 15. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. Januar 1989 i.S. Noldin gegen Gautschi (Berufung)
Regeste Kollokationsklage gegen einen Mitgläubiger ( Art. 250 SchKG ). Das Interesse an der Kollokationsklage, mit der die Zulassung eines andern Gläubigers bestritten wird, fällt mit der vollständigen Befriedigung des klagenden Gläubigers nicht dahin.
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 115 III 68 S. 68 Im Konkurs der Autopark AG erhob Else Noldin beim Einzelrichter im beschleunigten Verfahren am Bezirksgericht Zürich gegen Max Gautschi Kollokationsklage, mit der sie die Wegweisung der von diesem angemeldeten und im Teilbetrag von Fr. 85'055.-- zugelassenen Forderung beantragte. Mit Verfügung vom 2. September 1987 verneinte der angerufene Richter seine sachliche Zuständigkeit und trat auf die Klage nicht ein. Ein dagegen erhobener Rekurs wurde vom Obergericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 16. November 1987 abgewiesen, mit der Begründung, die Klägerin habe aufgrund der provisorischen Verteilungsliste den von ihr angemeldeten und im Kollokationsplan zugelassenen Betrag von insgesamt Fr. 6'286'336.80 vollumfänglich durch Verrechnung zugeteilt erhalten, weshalb sie kein schutzwürdiges Interesse mehr daran habe, dass die vom Beklagten angemeldete Forderung nicht zugelassen werde. Gegen diesen Entscheid erhob die Klägerin sowohl Berufung an das Bundesgericht als auch Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich. Letztere wurde mit Entscheid vom 22. Juni 1988 BGE 115 III 68 S. 69 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 9. Januar 1989 ab, soweit es darauf eintrat. Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Klägerin, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zu materieller Beurteilung an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Obergericht ist im angefochtenen Entscheid zum Ergebnis gelangt, die Klägerin habe kein schutzwürdiges Interesse mehr daran, dass die vom Beklagten im Konkurs der Autopark AG angemeldete Forderung im Kollokationsplan nicht zugelassen werde, nachdem sie selber in diesem Konkurs vollständig befriedigt worden sei. Der Kollokationsprozess diene ausschliesslich der Bereinigung des Kollokationsplans und habe keine Rechtskraftwirkung über das Konkursverfahren hinaus. Der erstinstanzliche Richter sei daher im Ergebnis zu Recht auf die Kollokationsklage nicht eingetreten. Die Klägerin ist demgegenüber der Auffassung, dass selbst bei voller Befriedigung des klagenden Gläubigers das Fortbestehen des rechtlichen Interesses der Konkursmasse am Überschuss für die Einleitung und Fortführung des Kollokationsprozesses genüge. Sie beruft sich dafür auf den zwischen den gleichen Parteien ergangenen Entscheid des Bundesgerichts vom 15. Januar 1987 ( BGE 113 III 20 ). In diesem Entscheid hatte das Bundesgericht die Frage zu beurteilen, ob die Klägerin zur Verfolgung eines ihr im Konkurs der Autopark AG gemäss Art. 260 SchKG abgetretenen Rechtsanspruchs legitimiert blieb, obwohl sie für ihre Forderung in diesem Konkurs vollständig befriedigt worden ist. Es führte dabei aus, die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG setze zwar eine Konkursforderung voraus. Die Befugnis zur weiteren Verfolgung des abgetretenen Rechtsanspruchs entfalle daher, wenn im Kollokationsprozess festgestellt werde, dass eine Konkursforderung gar nie bestanden habe, oder wenn der Gläubiger nachträglich auf seine Forderung verzichte. Es sei aber nie behauptet worden, dass die Klägerin im Prozess der Autopark AG nicht mehr kolloziert sei. Sie habe daher ihre Eigenschaft als Gläubigerin in diesem Konkurs nicht verloren, selbst wenn sie durch die provisorische Verteilung voll befriedigt worden sein sollte. Dazu komme, dass BGE 115 III 68 S. 70 es sich bei der Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse um eine besondere Art der Aktivenverwertung handle, die für den Fall vorgesehen sei, dass die Gesamtheit der Gläubiger auf die Realisierung verzichte, und die der Verbesserung des Konkurserlöses diene. Die Besonderheit dieser Verwertungsart bestehe darin, dass das Verwertungsergebnis in erster Linie den das Risiko der Prozessführung übernehmenden Konkursgläubigern zukomme und die Masse nur den Überschuss erhalte. Sei ein Abtretungsgläubiger bereits anderweitig befriedigt worden, so habe dies daher nur zur Folge, dass er der Masse den gesamten Prozessgewinn abliefern müsse. Die allfällige Befriedigung des Abtretungsgläubigers habe somit nur einen Einfluss auf die Verteilung. Im übrigen habe die Klägerin zumindest insoweit auch ein eigenes Interesse am Ausgang des Prozesses, als sie das Ergebnis zur Deckung der Prozesskosten verwenden könne. Diese Kosten seien nicht Bestandteil der Konkursforderung der Klägerin und würden durch die provisorische Verteilung nicht gedeckt. Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Legitimation zur Verfolgung eines abgetretenen Rechtsanspruchs nach erfolgter Befriedigung, sondern um das rechtliche Interesse an der Kollokationsklage gegen einen Mitgläubiger. Die beiden Tatbestände sind indessen nahe miteinander verwandt. Zwar handelt es sich bei der Abtretung gemäss Art. 260 SchKG , wie bereits gesagt, um eine besondere Art der Verwertung der Aktiven, während der Kollokationsprozess der Bereinigung der Passiven dient. In beiden Fällen bringt der betreffende Gläubiger jedoch einen Anspruch der Masse zur Geltung, auf dessen Geltendmachung diese verzichtet hat, nämlich einerseits das Bestreitungsrecht gegenüber der vom beklagten Gläubiger angemeldeten Konkursforderung, anderseits das Recht auf Verwertung des schuldnerischen Vermögens. Auch der Kläger im Kollokationsprozess gegen einen Mitgläubiger klagt zwar auf eigenes Risiko, aber an Stelle der Masse und übt im Prozess deren Rechte aus (JAEGER, N. 9 zu Art. 250 SchKG ). Sodann kommt der Prozessgewinn sowohl nach Art. 260 Abs. 2 wie nach Art. 250 Abs. 3 SchKG der Masse zugute, soweit er den zur Befriedigung des klagenden Gläubigers erforderlichen Betrag übersteigt. Dementsprechend hat das Bundesgericht in einem älteren Entscheid ausgeführt, das in Art. 250 SchKG den einzelnen Gläubigern eingeräumte Recht, die Kollokation eines anderen Gläubigers durch Klage anzufechten, sei seinem Wesen nach nichts anderes als ein - allerdings besonders gearteter - Anwendungsfall BGE 115 III 68 S. 71 der in Art. 260 SchKG vorgesehenen Abtretung ( BGE 39 I 274 ). Geht man aber davon aus, so muss auch der Umstand, dass der klagende Gläubiger befriedigt worden ist, im Falle des Kollokationsprozesses analog beurteilt werden wie bei der Abtretung nach Art. 260 SchKG . Es kann daher auch in diesem Fall nicht angenommen werden, das Interesse an der Klage falle mit der Befriedigung des Gläubigers dahin. Mit seiner gegenteiligen Auffassung verkennt das Obergericht, dass der Gläubiger, der die Wegweisung einer anderen Konkursforderung verlangt, nicht nur sein persönliches Interesse an der Deckung seiner eigenen Forderung wahrnimmt, sondern auch das Interesse der Masse an einem allfälligen Überschuss. Gegenstand der Klage bildet denn auch nicht nur der Betrag, um den sich im Falle des Obsiegens das Betreffnis der Klägerin erhöhen würde, sondern die gesamte Forderung des Beklagten bzw. die darauf entfallende Konkursdividende. Eine Klageführung ohne persönliches Interesse des klagenden Gläubigers ist daher ohne weiteres denkbar, solange nur ein Interesse der Masse an der Klage besteht (JAEGER, a.a.O.; an einem solchen Interesse fehlt es beispielsweise, wenn der Prozess nur um die Frage des Vorrangs eines Pfandgläubigers vor dem andern geht; vgl. dazu Art. 127 Abs. 1 VZG ). Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob das weiterhin gegebene Interesse der Klägerin daran, sich aus dem Prozessgewinn für ihre Prozesskosten bezahlt zu machen, in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt, wie das Bundesgericht in BGE 113 III 22 - freilich nur in einer beiläufigen Erwägung - bezüglich der Abtretung gemäss Art. 260 SchKG angenommen hat. Die Berufung ist in diesem Punkt so oder anders begründet.
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1,989
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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e9e85b73-ff9e-4a22-969a-6f44fe8978a0
Urteilskopf 118 Ia 341 47. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. November 1992 i.S. M. gegen Amt für Zivilschutz der Stadt Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 22bis Abs. 4 und Abs. 5 BV ; Art. 34 Abs. 1 ZSG ; Art. 14 und Art. 4 Ziff. 3 EMRK ; Zivilschutzdienstobligatorium für Männer. Wird das Aufgebot des aufbietenden kommunalen Zivilschutzamtes zu einem Zivilschutzkurs mit dem Argument angefochten, dass das nur für Männer geltende Zivilschutzdienstobligatorium Art. 14 EMRK verletze, steht als einziges Rechtsmittel die staatsrechtliche Beschwerde offen (E. 1 und E. 2). Art. 14 EMRK kann nur angerufen werden, wenn eine Diskriminierung im Genuss von durch eine andere Konventionsnorm eingeräumten Rechten und Freiheiten gerügt wird. Der Zivilschutzdienst ist gemäss Art. 4 Ziff. 3 EMRK nicht Zwangsarbeit im Sinne von Art. 4 Ziff. 2 EMRK . Anrufung von Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 4 Ziff. 3 EMRK (E. 3)? Das Diskriminierungsverbot nach Art. 14 EMRK geht nicht über das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot von Art. 4 Abs. 1 BV hinaus; es geht weniger weit als Art. 4 Abs. 2 BV . Das auf Männer beschränkte Zivilschutzdienstobligatorium verletzt Art. 14 in Verbindung mit Art. 4 Ziff. 3 EMRK nicht (E. 4). Art. 114bis Abs. 3 BV schliesst nicht aus, dass das Bundesgericht eine Feststellung über die EMRK-Konformität der vom Gesetzgeber ( Art. 34 Abs. 1 ZSG ) und vom Verfassungsgeber ( Art. 22bis Abs. 4 und Abs. 5 BV ) gewollten Ungleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereiche des Zivilschutzes trifft (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 343 BGE 118 Ia 341 S. 343 M., geboren 1948, ist seit 1976 in den Zivilschutz eingeteilt, seit 1981 in die Zivilschutzorganisation der Stadt Zürich. Am 8. Mai 1991 sandte ihm das Amt für Zivilschutz der Stadt Zürich ein Aufgebot, am 11. Juni 1991 zum eintägigen Grundkurs/Vorübung Sanitätsdienst einzurücken. Da der Polizeivorstand der Stadt Zürich einer gegen ein früheres Aufgebot eingereichten Beschwerde keine Folge gegeben hatte, weil gegen das Aufgebot kein Rechtsmittel gegeben sei, focht M. das Aufgebot am 17. Mai 1991 mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht an. Er machte geltend, der Umstand, dass nur Männer zur Leistung von Zivilschutzdienst verpflichtet seien, verletze das Diskriminierungsverbot von Art. 14 in Verbindung mit Art. 4 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), indem eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung nach Geschlecht bei obligatorischen zivilen Dienstpflichten vorliege. Am 10. Dezember 1991 liess das Amt für Zivilschutz der Stadt Zürich dem Beschwerdeführer ein neues Aufgebot zu einem "Vorkurs zu Übung Sanitätsdienst "aktiv" für den 15. Januar 1992 zukommen. Mit Schreiben vom 13. Dezember 1991 erklärte der Beschwerdeführer, auch gegen dieses Aufgebot staatsrechtliche Beschwerde führen zu wollen. Er legte dazu eine Kopie der ersten staatsrechtlichen Beschwerde bei und erklärte die dort gegebene Begründung auch für die neue Beschwerde massgeblich. Das Amt für Zivilschutz des Kantons Zürich beantragt Abweisung beider Beschwerden. Das Bundesamt für Zivilschutz führt aus, dass die Beschränkung der Schutzdienstpflicht auf die Männer keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots darstelle. Das Amt für Zivilschutz der Stadt Zürich verzichtete auf eine Stellungnahme zur Beschwerdeschrift. Es hielt fest, dass es den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Januar 1992 von der Dienstleistung vom 15. Januar 1992 befreit habe. BGE 118 Ia 341 S. 344 Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft frei, ob es auf ein Rechtsmittel eintreten kann. Es ist in dieser Hinsicht an die von der Partei vorgebrachte Begründung und die Bezeichnung des Rechtsmittels nicht gebunden. Der Beschwerdeführer bezeichnet sein Rechtsmittel als staatsrechtliche Beschwerde. Dieses Rechtsmittel, das nur gegen kantonale Verfügungen beziehungsweise Entscheide ergriffen werden kann ( Art. 84 Abs. 1 OG ), ist jedoch nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Ferner ist die staatsrechtliche Beschwerde - abgesehen von hier nicht in Frage stehenden Ausnahmefällen - erst zulässig, nachdem von den kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch gemacht worden ist, das heisst, wenn ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid vorliegt ( Art. 86 Abs. 1 OG ). 2. a) Vorerst fällt jedes andere Rechtsmittel ans Bundesgericht ausser Betracht. In Frage käme einzig die Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Diese ist jedoch nach Art. 100 lit. d Ziff. 1 OG gegen Verfügungen in nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Zivilschutzdienstes unzulässig. b) Es stellt sich die weitere Frage, ob ein Rechtsmittel an eine andere Bundesbehörde offenstünde. Gegen gestützt auf das Bundesgesetz über den Zivilschutz vom 23. März 1962 (Zivilschutzgesetz, ZSG; SR 520.1) ergangene Entscheide der letzten kantonalen Instanz in Streitigkeiten nicht vermögensrechtlicher Natur, welche vom Zivilschutzgesetz nicht als endgültig bezeichnet werden, kann beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement Beschwerde geführt werden ( Art. 82 Abs. 1 ZSG ). Ob hier dieses Rechtsmittel offenstünde, ergibt sich aus der Regelung der Zivilschutzdienstpflicht und der entsprechenden Verfahren, welche im folgenden kurz darzustellen sind. c) Gemäss Art. 34 Abs. 1 ZSG sind alle Männer, welche nicht militärdienstpflichtig sind ( Art. 35 ZSG ), vom Jahr an, in dem sie das 20. Altersjahr erreicht haben, bis zum Jahr, in dem sie das 60. Altersjahr vollendet haben, zivilschutzdienstpflichtig. Der BGE 118 Ia 341 S. 345 Schutzdienstpflichtige wird in eine Schutzorganisation eingeteilt ( Art. 41 ff. ZSG ). Gegen die Einteilung kann Einsprache erhoben werden; kommt keine Einigung zustande, entscheidet das kantonale Amt für Zivilschutz endgültig über die Einsprache (Art. 54 ff. der bundesrätlichen Verordnung über den Zivilschutz vom 27. November 1978, Zivilschutzverordnung (ZSV); SR 520.11). Der Bund und die Kantone können Schutzdienstpflichtige aus zwingenden Gründen von der Schutzdienstleistung befreien oder dispensieren ( Art. 34 Abs. 3 ZSG , Art. 43 ff. ZSV ; das Verfahren ist in der Verordnung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über die Befreiung und Dispensation im Zivilschutz vom 1. Juli 1987, SR 522.1, geregelt). Das Gesetz sieht ferner Entlassungs- und Ausschlussgründe vor. Entlassungsgründe sind gemäss Art. 43 Abs. 1 ZSG Alter, Krankheit oder Gebrechen (lit. a), nachträgliche Befreiung wegen Dienstleistung in der Armee (lit. b) und andere wichtige Gründe, für (freiwillig Schutzdienst leistende) Frauen insbesondere Mutterschaft und Übernahme der Betreuung alter oder pflegebedürftiger Familienangehöriger (lit. c). Ausschlussgründe sind gemäss Art. 43 Abs. 2 ZSG Unfähigkeit (lit. a) und Unwürdigkeit (lit. b). Der Bundesrat regelt die Entlassung und den Ausschluss aus den Zivilschutzorganisationen der Gemeinden ( Art. 45 Abs. 1 ZSG ). Während über den Ausschluss vorerst die Wohngemeinde verfügt ( Art. 64 Abs. 1 ZSV ) und zuletzt das kantonale Amt für Zivilschutz entscheidet (Art. 64 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 57 ZSV ), entscheidet über Gesuche um vorzeitige Entlassung ausschliesslich der Kanton ( Art. 62 Abs. 2 ZSV ). Die Beschwerde an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ist aber in beiden Fällen - gleich wie gegen den Einteilungsentscheid - ausgeschlossen, da die kantonale Instanz endgültig entscheidet (Art. 45 Abs. 1 zweiter Satz ZSG). Die Angehörigen der Zivilschutzorganisationen der Gemeinden sind, solange sie nicht im beschriebenen Sinn befreit oder dispensiert beziehungsweise entlassen oder ausgeschlossen sind, nach den Vorschriften des Bundes in Kursen, Übungen und an Rapporten im Sinne von Art. 53 und 54 ZSG auszubilden und einsatzbereit zu halten ( Art. 52 Abs. 1 ZSG ). Der Besuch solcher Instruktionsdienste ist obligatorisch. Von der Einrückungspflicht ist nur befreit, wer aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig ist, und dies mit ärztlichem Zeugnis belegt ( Art. 42 Abs. 1 ZSV ), sowie derjenige, der ein Dienstverschiebungsgesuch gestellt hat, sofern seinem Gesuch entsprochen worden ist ( Art. 41 ZSV ). BGE 118 Ia 341 S. 346 d) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er nach den bundesrechtlichen Bestimmungen schutzdienstpflichtig ist. Als eingeteilter Angehöriger der Zivilschutzorganisation der Gemeinde Zürich ist er daher verpflichtet, dem Aufgebot zu einem Instruktionsdienst Folge zu leisten, es sei denn, es sei ihm eine Dienstverschiebung bewilligt worden oder er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht einrückungsfähig. Weder das eine noch das andere wird geltend gemacht. Vielmehr will der Beschwerdeführer von der Schutzdienstpflicht überhaupt befreit werden. Eine Dienstbefreiung im Sinne von Art. 34 Abs. 3 ZSG steht nicht zur Diskussion. Er verlangt letztlich eine vorzeitige Entlassung aus dem Zivilschutz. Gegen einen Entscheid der über die Entlassung entscheidenden kantonalen Behörde steht nach dem Gesagten auf Bundesebene kein ordentliches Rechtsmittel offen, und er kann daher nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. e) Der Beschwerdeführer hat kein Gesuch bei einer kantonalen Behörde eingereicht, sondern die zwei vom städtischen Zivilschutzamt erlassenen Aufgebote zu einem einzelnen Instruktionsdienst direkt beim Bundesgericht angefochten. Da kein Entscheid der zuständigen kantonalen Behörde vorliegt, ist der kantonale Instanzenzug an sich nicht ausgeschöpft, und die staatsrechtliche Beschwerde wäre daher nicht zulässig. Der vorliegende Fall weist jedoch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Besonderheiten auf. Der Beschwerdeführer verlangt seine Entlassung aus dem Zivilschutz mit der Begründung, dass die Beschränkung der obligatorischen Schutzdienstpflicht auf die Männer gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstosse. Entlassung aus der Schutzdienstpflicht beantragen und damit ein entsprechendes Verfahren einleiten kann nach der vorne (c) dargestellten gesetzlichen Regelung nur derjenige, der entweder aus gesundheitlichen Gründen definitiv nicht mehr in der Lage ist, Dienst zu leisten ( Art. 43 Abs. 1 lit. a ZSG ), oder wegen anderweitiger Dienstleistung (lit. b) beziehungsweise besonderer Beanspruchung (lit. c) entlastet werden soll. Die vom Beschwerdeführer beanspruchte Entlassung ist vom Gesetz nicht vorgesehen. Entspräche der Kanton dem Gesuch, wäre dies mit der Grundkonzeption des Zivilschutzgesetzes, die auf dem schon in der Bundesverfassung selber ( Art. 22bis Abs. 4 und 5 BV ) festgelegten Grundsatz der obligatorischen Schutzdienstpflicht (allein) der Männer beruht, nicht vereinbar. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die zuständige kantonale Behörde ein so begründetes Entlassungsgesuch überhaupt als zulässig erachten und darauf eintreten würde. BGE 118 Ia 341 S. 347 Unter diesen Umständen soll dem Beschwerdeführer nicht vorgehalten werden, er müsse vorerst im dafür vorgesehenen besonderen Verfahren ein Entlassungsgesuch stellen. Es rechtfertigt sich vielmehr, die direkt gegen die beiden Aufgebote erhobenen staatsrechtlichen Beschwerden entgegenzunehmen, wie dies auch das Amt für Zivilschutz des Kantons Zürich unter Hinweis auf die kantonalen Verfahrensvorschriften für richtig erachtet. f) Die zweite Beschwerdeschrift enthält keine selbständige Begründung, sondern sie verweist bloss auf die frühere Beschwerdeschrift, die immerhin in Kopie beigelegt ist. Da auf die erste Beschwerde aber ohnehin eingetreten wird, kann offenbleiben, ob die zweite Beschwerde, welche die gleiche Frage zum Gegenstand hat, formgültig erhoben worden ist. 3. a) Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 14 EMRK . Dieser lautet wie folgt: "Der Genuss der in der vorliegenden Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ist ohne Benachteiligung zu gewährleisten, die insbesondere im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist." Art. 14 EMRK enthält kein allgemeines Gleichheitsgebot, das autonom und unabhängig von anderen Konventionsrechten Geltung hätte. Er verbietet Diskriminierungen nicht allgemein. Die Bestimmung schützt den einzelnen nur gegen jegliche Diskriminierung im Genuss der von der Konvention und ihren Zusatzprotokollen eingeräumten Rechte und Freiheiten, die anderen in gleicher Lage zuerkannt werden. Das heisst, dass eine Massnahme, die als solche unter dem Gesichtspunkt einer normativen Vorschrift der Konvention zulässig ist, diese Norm in Verbindung mit Art. 14 EMRK verletzen kann, wenn sie in diskriminierender Weise ergriffen wird. Das Diskriminierungsverbot ist somit gleichsam in allen anderen Konventionsbestimmungen enthalten, die ausdrücklich Rechte und Freiheiten einräumen, und ergänzt diese (Zusammenfassung der Rechtsprechung im Entscheid der Europäischen Kommission für Menschenrechte in Sachen Angeleni vom 3. Dezember 1986, Décisions et rapports de la Commission Européenne des Droits de l'Homme (DR) 51, 41, insbesondere 59/60; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, Kehl am Rhein, Strassburg, Arlington 1985; N. 1 zu Art. 14, S. 305). Ist der Schutzbereich des konkreten Konventionsrechts nicht betroffen, so ist die Diskriminierungsrüge BGE 118 Ia 341 S. 348 "ratione materiae" nicht vereinbar mit den Bestimmungen der Konvention und darum unzulässig (Entscheid in Sachen Kleine Starman gegen Niederlande vom 16. Mai 1985, DR 42, 162; Entscheid in Sachen Mata u. Kons. gegen Spanien, DR 41, 211). b) Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 14 EMRK im Zusammenhang mit Art. 4 EMRK . Art. 4 Ziff. 2 EMRK hält fest, dass niemand gezwungen werden darf, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. In Art. 4 Ziff. 3 EMRK ist angeführt, was nicht als "Zwangs- oder Pflichtarbeit" im Sinne dieses Artikels gilt. Nicht unter das Zwangs- und Pflichtarbeitsverbot fällt "jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird, die unter den von Artikel 5 der vorliegenden Konvention vorgesehenen Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist" (lit. a), "jede Dienstleistung militärischen Charakters, oder im Falle der Verweigerung aus Gewissensgründen in Ländern, wo diese als berechtigt anerkannt ist, eine sonstige an Stelle der militärischen Dienstpflicht tretende Dienstleistung" (lit. b), "jede Dienstleistung im Falle von Notständen und Katastrophen, die das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen" (lit. c) sowie "jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört" (lit. d). Es ist zu prüfen, ob hier Art. 14 EMRK in Verbindung mit Art. 4 EMRK angerufen werden kann, das heisst ob in diesem Zusammenhang von einer Diskriminierung im Genuss von Rechten und Freiheiten, die von der Konvention eingeräumt werden, die Rede sein kann. c) Eindeutig ist die Beziehung einer als diskriminierend beanstandeten Massnahme zu einem Konventionsrecht, wenn die Massnahme kraft eines Schrankenvorbehalts (je Abs. 2 der Art. 8-11 EMRK ) an sich eine zulässige Beschränkung des in Frage stehenden Konventionsrechts darstellt (FROWEIN/PEUKERT, N. 4 zu Art. 14, S. 307/8). Wird etwa einem Ausländer mit Familienangehörigen in der Schweiz die Aufenthaltsbewilligung verweigert, und verletzt diese Massnahme den grundsätzlich betroffenen Art. 8 EMRK aus dem Grunde nicht, dass dieser Eingriff in sein Familienleben im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismässig ist, so kann der Ausländer noch Art. 14 EMRK anrufen, wenn er rügen will, in anderen gleichgelagerten Fällen werde regelmässig eine Bewilligung erteilt. Im Zusammenhang mit Art. 4 EMRK ist für die Frage der Anrufung von Art. 14 EMRK zu differenzieren. Ist zu prüfen, ob eine jemandem auferlegte Verpflichtung als Verpflichtung zu unerlaubter BGE 118 Ia 341 S. 349 Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne von Art. 14 Ziff. 2 EMRK zu werten ist, so ist für die Qualifizierung einer Arbeit als Zwangsarbeit unter anderem auch zu prüfen, ob die Massnahme diskriminierend ist (vgl. FROWEIN/PEUKERT, N. 5 und 6 zu Art. 4, S. 43; Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Van der Mussele vom 23. November 1983, Publications de la Cour Européenne des Droits de l'Homme, Série A, vol. 70, N. 42 ff.). In solchen Fällen besteht offensichtlich ein enger Zusammenhang zwischen dem Diskriminierungsverbot und dem konkreten Konventionsrecht. Anders verhält es sich dagegen, wenn nicht fraglich ist, ob die Auferlegung einer Dienstpflicht als Verpflichtung zur Zwangs- oder Pflichtarbeit zu gelten habe, das heisst, wenn es um eine Dienstleistung geht, die gemäss Ausnahmenkatalog von Art. 4 Ziff. 3 EMRK keine Zwangs- oder Pflichtarbeit ist. Da die Konvention für solche Dienstleistungen unter dem Gesichtspunkt der Zwangsarbeit gerade keine Rechte einräumt, stellt sich die Frage, ob jemand im Genuss von durch die Konvention eingeräumten Rechten und Freiheiten diskriminiert werde, nicht. d) Der Zivilschutzdienst fällt als Dienstleistung mit (in weitem Sinn) militärischem Charakter beziehungsweise als an Stelle der militärischen Dienstpflicht tretende, den eigentlichen Militärdienst ergänzende Dienstleistung klarerweise unter Art. 4 Ziff. 3 lit. b EMRK (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 ZSG ), als für Notstands- und Katastrophensituationen vorgesehene Dienstleistung zudem unter Art. 4 Ziff. 3 lit. c (vgl. Art. 1 Abs. 3 ZSG ). Damit erscheint aber eine Anrufung von Art. 14 EMRK nach dem vorne (c) Gesagten ausgeschlossen. e) Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat die Rüge, Art. 14 EMRK sei verletzt, im Zusammenhang mit unter Art. 4 Ziff. 3 EMRK fallenden Dienstleistungen denn auch nicht ohne weiteres zugelassen. In einem Fall stellte sie fest, dass ein Dienstverweigerer unter anderem darum zur Zivildienstleistung verpflichtet werden durfte, weil eine solche Dienstleistung nach Art. 4 Ziff. 3 lit. b EMRK nicht unter das Zwangsarbeitsverbot falle; damit aber stelle sich kein Problem hinsichtlich Art. 14 EMRK (Entscheid in Sachen Johansen gegen Norwegen vom 14. Oktober 1985, DR 44, 155). Und im Fall eines schwedischen Dienstverweigerers, der gleich wie die Zeugen Jehovas vom Militärdienst befreit werden wollte, prüfte sie die Rüge der Verletzung von Art. 14 EMRK nur unter dem Gesichtspunkt von Art. 9 EMRK ; sie liess offen, ob dies auch unter dem Gesichtspunkt des ebenfalls angerufenen Art. 4 (Ziff. 3 lit. b) EMRK möglich gewesen BGE 118 Ia 341 S. 350 wäre (Entscheid in Sachen N. gegen Schweden vom 11. Oktober 1984, DR 40, 203). Die Kommission hat allerdings in einzelnen Fällen (ohne umfassende Begründung) Rügen wegen Verletzung von Art. 14 EMRK nicht schon darum ausgeschlossen, weil die behauptete Diskriminierung Dienstleistungen betraf, die unter die Ausnahmen von Art. 4 Ziff. 3 EMRK fielen. So im Fall eines Kriegsdienstverweigerers, der sich darüber beschwerte, dass der zivile Ersatzdienst länger dauerte als der ordentliche Militärdienst (Entscheid in Sachen G. gegen Niederlande vom 2. März 1987, DR 51, 180). Ferner im Fall eines Jugendlichen in Untersuchungshaft, der sich darüber beschwerte, dass er - anders als die übrigen, erwachsenen, Untersuchungshäftlinge - zur Arbeit (im Sinne von Art. 4 Ziff. 3 lit. a EMRK ) verpflichtet wurde (Beschwerde 8500/79, Nachweis bei FROWEIN/PEUKERT, N. 45 zu Art. 14, S. 328). In beiden Fällen erachtete die Kommission die Rüge aber als (offensichtlich) unbegründet und erklärte sie als unzulässig. In einem neuesten Entscheid vom 8. Januar 1992 in Sachen Schmidt gegen Deutschland (publiziert in Revue universelle des droits de l'homme, RUDH, vol. 4 No 7 vom 31. Juli 1992) hat nun eine Mehrheit der Kommission eine Beschwerde für zulässig erklärt, mit welcher sich ein deutscher Staatsangehöriger darüber beschwerte, dass das Gesetz des Landes Baden-Württemberg über die Feuerwehr den Feuerwehrdienst nur für Männer als obligatorisch erklärt. Sie berief sich dazu auf die Äusserungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im vorne erwähnten Urteil Van der Mussele (Série A, vol. 70). Es ist aber darauf hinzuweisen, dass in jenem Urteil die Verpflichtung eines Anwalts-Stagiaire zur Übernahme eines Mandats ohne Entgelt zu prüfen war. Die fragliche Verpflichtung fiel offensichtlich nicht unter eine der Ausnahmen von Art. 4 Ziff. 3 lit. a-c EMRK und war auch nicht von vornherein als "normale Bürgerpflicht" im Sinne von Art. 4 Ziff. 3 lit. d EMRK zu qualifizieren. Aus diesem Grunde war zur Prüfung der Frage, ob die Verpflichtung als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne von Art. 4 Ziff. 2 EMRK zu gelten habe, auch zu untersuchen, ob die Massnahme diskriminierend im Sinne von Art. 14 EMRK sei (Urteil Van der Mussele, N. 43). Der Gerichtshof hat dagegen bis heute in keinem Fall hinsichtlich Art. 4 Ziff. 3 EMRK die Rüge geprüft, ob Art. 14 EMRK verletzt sei. f) Da im vorliegenden Fall die Pflicht zur Leistung von Zivilschutzdienst klarerweise unter den Ausnahmenkatalog von Art. 4 BGE 118 Ia 341 S. 351 Ziff. 3 EMRK fällt, ist es nicht notwendig, Art. 14 EMRK zur Konkretisierung des Begriffs "Zwangs- und Pflichtarbeit" heranzuziehen. Es besteht keine genügende Beziehung der Diskriminierungsrüge zu einer anderen angerufenen normativen Vorschrift der Konvention. Sofern im Bereich von Art. 4 Ziff. 3 EMRK , wo gerade keine Rechte und Freiheiten eingeräumt werden, die Diskriminierungsrüge dennoch zulässig sein sollte, könnte jedenfalls von einer konventionsrelevanten Diskriminierung nur in einem besonders krassen Fall von Ungleichbehandlung die Rede sein. 4. a) Eine Massnahme oder Regelung ist dann diskriminierender Natur im Sinne von Art. 14 EMRK , wenn sie hinsichtlich der Gewährleistung des Genusses eines Konventionsrechts zwischen Personen oder Personengruppen unterscheidet, die sich in vergleichbarer Situation befinden, die Unterscheidung eines objektiven und angemessenen Rechtfertigungsgrundes entbehrt, oder wenn zwischen den eingesetzten Mitteln und dem angestrebten Ziel kein angemessenes Verhältnis besteht, wenn die Massnahme also unverhältnismässig ist (FROWEIN/PEUKERT, N. 17 zu Art. 14, S. 315; Kommissionsentscheid in Sachen Angeleni, DR 51, 41, insbesondere 60). Art. 14 EMRK geht somit nicht über das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot von Art. 4 Abs. 1 BV hinaus. Insbesondere muss eine Unterscheidung nicht den strengeren Anforderungen von Art. 4 Abs. 2 BV genügen. b) Vorab ist festzuhalten, dass zur Sicherstellung der notwendigen Bestände bei den Zivilschutzorganisationen ein allgemeines Obligatorium für Männer und Frauen nicht erforderlich ist. In seiner Botschaft vom 6. Oktober 1961 zum Zivilschutzgesetz (BBl 1961 II 693 ff., insbesondere S. 704 und 705) hat der Bundesrat dargelegt, dass die Sollbestände bei einer Kombination des Obligatoriums für (nicht militärdienstpflichtige) Männer mit dem Freiwilligkeitsprinzip für Frauen erreicht werden könnten; ein allgemeines Obligatorium für Männer und Frauen würde viel zu weit gehen. Ohne teilweises Obligatorium würden umgekehrt die Sollbestände (selbst die in Zukunft niedrigeren; s. Bericht des Bundesrats vom 26. Februar 1992 zum Zivilschutzleitbild, BBl 1992 II 922 ff., insbesondere S. 947-949) nicht eingehalten, wie sich aus den vom Bundesrat angeführten Zahlen ergibt; die gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers ist durch nichts substantiiert. Die Beschränkung der obligatorischen Schutzdienstpflicht auf eine Personengruppe erscheint darum grundsätzlich als notwendig und BGE 118 Ia 341 S. 352 trägt insbesondere dem Verhältnismässigkeitsgebot Rechnung. Erforderlich ist indessen, dass die Kriterien zur Bestimmung der Personengruppe, für welche das Obligatorium gelten soll, sachgerecht sind. c) Grundsätzlich ist jeder Schweizer wehrpflichtig ( Art. 18 BV ). Schweizer im Sinne von Art. 18 BV sind nur männliche Schweizerbürger. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, dass die Beschränkung der obligatorischen Dienstleistungspflicht für ordentlichen Militärdienst nur auf Männer vor Art. 14 EMRK nicht standhielte. Für diese Ungleichbehandlung sprechen biologische und funktionale Gründe. Für FROWEIN/PEUKERT ergeben sich im Bereich des Militärdienstes "zwangsläufig Unterscheidungen nach Geschlecht" (N. 25 zu Art. 14, S. 319). In dieser Hinsicht besteht im europäischen Raum und somit in den der EMRK beigetretenen Staaten offensichtlich ein weitgehender Konsens. Weitere Erörterungen erübrigen sich. Gerade das Gebot der Rechtsgleichheit legt es nahe, Männer im wehrpflichtigen Alter, welche vom eigentlichen Militärdienst befreit sind, zu Dienstleistungen im Zivilschutz zu verpflichten. Dieser Konnex zwischen Militärdienst und Zivilschutz rechtfertigt für sich allein das auf die Männer beschränkte Zivilschutzdienstobligatorium ausreichend. Dass das Obligatorium für Männer auch nach Absolvierung ihres Militärdienstes gilt, nach noch geltender Regelung zwischen dem 50. und 60. Altersjahr ( Art. 34 Abs. 1 ZSG ), ist insofern nicht sachfremd, als sie ihre im Militärdienst gesammelten Erfahrungen gegebenenfalls in den Zivilschutz einbringen können (vgl. Art. 36 ZSG ). Es kommt dazu, dass das Obligatorium für Männer offensichtlich leichter zu handhaben ist als für Frauen. Bei Frauen wären in bedeutendem Ausmass Dienstbefreiungen vorzusehen, vorerst bei Schwangerschaften, ebenso in vielen Fällen bei Mutterschaft. d) Es liegen somit objektive und angemessene Rechtfertigungsgründe dafür vor, nur Männer zur Leistung von Zivilschutzdienst zu verpflichten. Männer und Frauen befinden sich im Bereich des Zivilschutzes nicht in einer in solchem Masse vergleichbaren Situation, dass sie hinsichtlich der Dienstleistungspflicht zwingend gleichgestellt werden müssten. Angesichts der beschränkten Tragweite, die der Rüge, Art. 14 EMRK sei verletzt, im Bereich von Art. 4 Ziff. 3 EMRK zukommen kann (vgl. vorne E. 3), wird der Beschwerdeführer durch das Aufgebot zur Zivilschutzdienstleistung nicht im Genuss eines von der Konvention eingeräumten Rechts diskriminiert. BGE 118 Ia 341 S. 353 5. Die Rüge, Art. 14 EMRK sei verletzt, erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet. Beide Beschwerden sind abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Damit stellt sich die Frage nicht, ob das Bundesgericht einem Bundesgesetz, welches eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau vorsieht, die Anwendung versagen könnte, wenn eine darauf gestützte Massnahme gegen ein von der EMRK eingeräumtes Recht verstossen sollte. Das wäre jedenfalls im Hinblick auf die in Art. 113 und 114bis je Abs. 3 BV vorgesehene Kompetenzabgrenzung zwischen Bundesgericht und Gesetzgeber problematisch; dies erst recht dann, wenn die Ungleichbehandlung, wie hier, vom Verfassungsgeber selber gewollt ist ( Art. 22bis Abs. 4 und 5 BV ). Art. 114bis Abs. 3 BV schliesst aber jedenfalls nicht aus, dass das Bundesgericht eine Feststellung darüber trifft, ob eine vom Bundesgesetzgeber geschaffene Norm der EMRK widerspricht, wie es auch den Gesetzgeber einladen kann, eine Verfassungs- oder konventionswidrige Norm zu ändern ( BGE 117 Ib 373 /4 E. 2f).
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Urteilskopf 114 II 9 2. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 4 février 1988 dans la cause dame G. contre G. (recours en réforme)
Regeste Art. 152 ZGB ; Zeitliche Beschränkung der Unterhaltsrente. Für die Unterhaltsrente nach Art. 152 ZGB können die Grundsätze über die zeitliche Beschränkung, welche die Rechtsprechung für die Entschädigungsrente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB entwickelt hat, analog angewendet werden. Dabei hat sich der Richter im Hinblick auf die soziale Zielsetzung, die Art. 152 ZGB zugrunde liegt, jedoch grosse Zurückhaltung aufzuerlegen. Er hat in jedem Einzelfall festzustellen, ob die konkreten Sachverhaltselemente den Schluss zulassen, der Rentengläubiger werde in absehbarer Zeit in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt selber zu decken. Die anfängliche Höhe der Rente kann höher oder tiefer sein, je nach dem, ob diese auf unbeschränkte Zeit geschuldet wird oder nicht.
Sachverhalt ab Seite 10 BGE 114 II 9 S. 10 Par arrêt du 15 mai 1987, la Première Chambre de la Cour de justice du canton de Genève, statuant dans la cause en divorce opposant les époux G., a notamment condamné le mari à verser pendant six ans à la femme une pension alimentaire au sens de l' art. 152 CC , arrêtée à 4'000 francs par mois pendant les deux premières années, 2'000 francs par mois pendant les troisième et quatrième années et 1'000 francs par mois pendant les cinquième et sixième années. Saisi d'un recours en réforme de dame G., le Tribunal fédéral a annulé l'arrêt attaqué en ce qui concerne la pension alimentaire allouée à la recourante et renvoyé l'affaire à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Erwägungen Extrait des considérants: 7. En l'absence de recours du mari, il est inutile de rechercher si la recourante a elle-même commis une faute. En outre, il n'est pas contesté qu'elle soit exposée à tomber dans le dénuement par suite du divorce. La seule question qui se pose est de savoir si c'est à juste titre que la cour cantonale a limité la pension alimentaire dans le temps. BGE 114 II 9 S. 11 a) En principe, la pension alimentaire est allouée pour toute la vie du bénéficiaire ( ATF 66 II 3 in fine). Toutefois, rente d'assistance ou de secours (cf. DESCHENAUX/TERCIER, Le mariage et le divorce, 3e éd., p. 130 n. 682/683), elle peut n'être accordée que pour la durée prévisible du dénuement ( ATF 81 II 410 consid. 2). Au sujet de l'indemnité allouée à la femme divorcée en vertu de l' art. 151 al. 1 CC , le Tribunal fédéral a dit récemment qu'il se justifie de limiter la rente dans le temps lorsque le préjudice résultant du divorce apparaît temporaire: la rente sera assurée pour la durée présumable de la réinsertion professionnelle de l'épouse, eu égard, notamment, à la durée du mariage, à l'âge et à l'état de santé de la crédirentière, à sa formation, à la situation économique en général, ainsi qu'à la possibilité pour l'épouse de retrouver une activité lucrative totale ou partielle ( ATF 111 II 306 et les arrêts cités). On peut appliquer ces principes par analogie à la rente d'assistance de l' art. 152 CC , mais, compte tenu des considérations d'ordre social qui sont à la base de cette disposition légale (cf. BÜHLER/SPÜHLER, n. 4 ad art. 152 CC ), destinée à empêcher la détresse ou la pauvreté conduisant éventuellement à la gêne ( ATF 95 II 289 , ATF 90 II 71 in fine), le juge devra faire montre de beaucoup de retenue (cf. HAUSHEER, RJB 122/1986 p. 61 in fine). b) En l'espèce, la Cour de justice a estimé "équitable" d'allouer une pension alimentaire à la recourante, "compte tenu du fait que les époux G. ont été mariés pendant une quinzaine d'années, que dame G. n'a jamais travaillé durant la vie commune, qu'elle ne dispose d'aucune formation professionnelle spéciale et qu'il lui sera difficile de trouver un emploi normalement rémunéré, vu son âge"; elle a fixé le montant de la rente en prenant en considération "la situation très aisée de G.". Mais elle ne dit mot des raisons qui l'ont incitée à l'allocation d'une rente limitée à la durée de six ans. Il convient donc d'examiner, sur le vu des faits établis, s'il est probable que, dans six ans, dame G. sera apte à se créer sans plus aucun secours des ressources lui permettant d'échapper au besoin. Au moment du divorce, la recourante était âgée de 43 ans. Or, ce n'est qu'à 45 ans qu'on ne devrait normalement plus exiger d'une femme, qui n'a pas exercé une activité lucrative pendant un mariage de longue durée, de se réinsérer dans la vie économique (cf. HAUSHEER, RJB 122/1986, p. 59; ATF 110 II 226 ss, 111 II 307; arrêt, non publié, S. c. J., du 16 juillet 1987). D'autre part, il n'est pas établi que son état de santé entrave dame G. dans l'exercice d'une profession: certes, elle est affectée d'une scoliose, BGE 114 II 9 S. 12 mais il s'agit là d'une maladie banale, qui ne lui interdit notamment pas de pratiquer très activement le tennis. Enfin, elle dispose de tout son temps, puisqu'elle n'a plus la charge de la tenue du ménage conjugal et de l'éducation de ses enfants. Par ailleurs, toutefois, la recourante n'a pas de formation professionnelle, n'ayant travaillé que comme barmaid; pendant le mariage elle n'a pas exercé d'activité rémunérée. Elle a commencé à se réintégrer dans la vie économique, mais, aujourd'hui, elle n'a pas pleinement réussi cette réinsertion. En 1984, durant son stage de formation, elle a gagné quelque 16'000 francs en huit mois, soit 2'000 francs par mois environ, ce qui, à première vue, suffirait à la mettre à l'abri du besoin. Mais ces ressources n'ont pas été durables. Actuellement, la recourante gagne 15'000 francs brut par an, soit 1'125 francs net par mois: un tel revenu paraît insuffisant dans la région genevoise, où, en particulier, les loyers sont notoirement élevés. Ainsi, sur le vu des constatations de fait de l'arrêt attaqué, il n'est pas possible de tenir pour prévisible que, dans six ans, dame G. sera en mesure d'échapper au besoin par ses seuls moyens. Il y a donc lieu, en application de l' art. 64 al. 1 OJ , d'annuler sur ce point la décision déférée et d'inviter l'autorité cantonale à compléter ses constatations et à statuer à nouveau. La Cour de justice ne devra pas s'en tenir exclusivement à l'expérience de la vie. Il lui incombera de déterminer si l'on se trouve ou non en présence d'éléments concrets indiquant que, dans l'espèce, l'épouse est apte à se créer à long terme une situation la mettant à l'abri du besoin, compte tenu notamment du coût élevé de la vie dans la région genevoise. Il lui faudra donc établir quelles sont les chances de réinsertion économiques de la recourante; si, d'après les circonstances, il est probable qu'elle trouvera un emploi stable lui fournissant des ressources suffisantes pour échapper au dénuement et, dans l'affirmative, dans combien de temps cette réintégration pourra se faire. Si la cour cantonale parvient à la conclusion qu'il n'est pas possible de prévoir que la recourante puisse parvenir à une réintégration économique complète et qu'on ne saurait donc raisonnablement exiger d'elle qu'elle subvienne seule à ses besoins, fût-ce dans un avenir lointain, elle devra allouer une rente d'une durée illimitée. Dans cette éventualité, elle pourra revoir la quotité de la rente dans son entier. Au cas où elle a accordé un montant initial de 4'000 francs dans l'optique d'une rente limitée à six ans, afin de BGE 114 II 9 S. 13 permettre à la recourante de prendre plus facilement, pendant les deux premières années, des dispositions en vue de sa réinsertion, elle pourra, si elle l'estime équitable, allouer une rente d'une quotité moindre dès le commencement. Pour le surplus, elle ne perdra pas de vue que les principes du droit des poursuites sur le minimum vital ( art. 93 LP ) fournissent seulement une base au juge du divorce pour la détermination de la quotité de la rente: ils ne le lient pas, notamment si les facultés du mari permettent d'allouer un montant supérieur ( ATF 96 II 304 /305 consid. 5b et d; BÜHLER/SPÜHLER, n. 24 ad art. 152 CC ).
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Federation
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Urteilskopf 120 IV 313 51. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 17 juin 1994, dans la cause S. c. O. et Ministère public du canton de Neuchâtel (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 270 Abs. 1 BStP : Beschwerdelegitimation bei Strafbefreiung. Ein Angeklagter ist zur Beschwerde legitimiert, wenn er zwar von Strafe befreit, aber schuldig gesprochen worden ist (E. 1). Art. 20 StGB , Freispruch bei Strafbefreiung. Wird in Anwendung von Art. 20 StGB von Bestrafung Umgang genommen, weil den Angeklagten kein Verschulden trifft, muss er freigesprochen werden (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 313 BGE 120 IV 313 S. 313 A.- O. a été victime, le 9 juillet 1988, d'un grave accident de la circulation, à la suite duquel elle a été amputée de la jambe droite au niveau du genou. Elle a été soignée à l'Hôpital Pourtalès, à Neuchâtel et elle a eu notamment pour médecin traitant le Docteur S., chirurgien-chef du service d'orthopédie et de traumatologie. Lors d'une consultation, le 10 janvier 1990, elle déclara à S. qu'elle était séropositive et que son ami, dont elle n'a pas révélé le nom, souffrait du sida. Le 24 janvier 1990, S. BGE 120 IV 313 S. 314 adressa à la Commission de l'Assurance-invalidité du canton de Neuchâtel un rapport concernant O. dans le cadre de la demande de prestations formulée par celle-ci. Dans ce document qui fut reçu par la destinataire, le 26 janvier 1990, S. mentionna, à titre d'information confidentielle, qu'O. lui avait appris, le 10 janvier 1990, qu'elle avait subi un "test HIV récemment positif". O. a appris, le 22 mars 1990, la divulgation du fait concernant sa séropositivité, lors d'un entretien avec un membre de l'Office régional de réadaptation professionnelle du canton de Neuchâtel, lequel lui a donné connaissance du rapport du 24 janvier 1990. Par pli du 14 juin 1990, son conseil somma S. de s'expliquer au sujet du rapport du 24 janvier 1990 considéré comme constitutif d'une violation du secret médical. Le 28 juin 1990, ce mandataire relança S., en précisant que sa cliente envisageait très sérieusement le dépôt d'une plainte pénale et une dénonciation administrative. Selon lettre du 10 juillet 1990, l'avocat de S. répondit notamment que son client avait été informé, le 10 janvier 1990, par O. elle-même que celle-ci était séropositive et que son ami souffrait d'un sida manifeste. B.- Le 17 juillet 1990, O. déposa plainte pénale contre S. pour violation du secret médical au sujet des révélations contenues dans le rapport du 24 janvier 1990 et dans le pli du 10 juillet 1990 au sujet de la séropositivité de l'intéressée et du sida dont souffrait son ami. Le 29 août 1990, le suppléant du Procureur général du canton de Neuchâtel classa l'affaire dans la mesure où elle portait sur la divulgation faite par S. à son avocat, dans le courant du mois de juin 1990, et décrite dans la lettre du 10 juillet 1990. La Chambre d'accusation du canton de Neuchâtel rejeta, le 17 décembre 1991, le recours formé par O. contre cette décision de classement partiel. Par contre, en ce qui concerne la révélation contenue dans le rapport destiné aux organes de l'Assurance-invalidité, S. fut renvoyé en jugement, le 18 décembre 1991. La décision du 17 décembre 1991 a été annulée, le 24 septembre 1992, par le Tribunal fédéral, saisi d'un pourvoi en nullité formé par O. Par jugement du 20 avril 1993, le Tribunal de police du district de Neuchâtel a acquitté S. de l'accusation de violation du secret médical. En substance, les premiers juges ont considéré qu'au sujet du rapport adressé aux organes de l'Assurance-invalidité, le 24 janvier 1990, et dont O. avait appris la teneur en date du 22 mars 1990, la plainte pénale avait été déposée tardivement et, de toute manière, l'intéressée avait donné, le 29 octobre 1988, à ses médecins l'autorisation BGE 120 IV 313 S. 315 de donner les renseignements nécessaires à l'examen du bien-fondé de sa demande de prestations. Quant à la divulgation à son avocat des faits rapportés dans la lettre du 10 juillet 1990, elle n'était pas punissable, le prévenu pouvant bénéficier d'un état de nécessité ou d'une autorisation implicite de la part d'O. Par arrêt du 9 novembre 1993, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal de Neuchâtel a cassé ce jugement du 20 avril 1993 dans la mesure où il libérait S. du second chef d'accusation, mais sur le fond, elle a exempté celui-ci de toute peine. Le pourvoi d'O. a été rejeté pour le surplus. La Cour de cassation a maintenu la décision du Tribunal de police quant à la péremption du droit de porter plainte au sujet du rapport adressé par S., le 24 janvier 1990, à la Commission de l'Assurance-invalidité. Par contre, s'agissant de la divulgation faite par S. à son avocat et faisant l'objet de la lettre écrite par celui-ci, le 10 juillet 1990, la Cour cantonale a considéré que le prévenu avait enfreint l' art. 321 ch. 1 al. 1 CP . En effet, selon elle, les conditions relatives à l'admission d'un état de nécessité et à l'existence d'une autorisation implicite de divulgation n'étaient pas réalisées. Cependant, l'intimé pouvait être mis au bénéfice d'une erreur de droit selon l' art. 20 CP et, en conséquence, être exempté de toute peine. C.- S. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il reproche à l'autorité cantonale de l'avoir reconnu coupable de violation de l' art. 321 ch. 1 al. 1 CP et conclut à la nullité de l'arrêt du 9 novembre 1993. Le Ministère public quant à lui propose l'admission du pourvoi. En revanche l'intimée en demande le rejet. Erwägungen Considérant en droit: 1. Bien qu'exempté de toute peine, le recourant est en droit de se pourvoir en nullité, un accusé étant légitimé à recourir dans une telle hypothèse, lorsque, comme en l'espèce, il conteste le principe de sa culpabilité ( ATF 119 IV 44 consid. 1a). 2. A l'appui de son pourvoi, le recourant fait notamment valoir que le recours à un avocat pour se défendre contre la menace de plainte formulée par sa patiente et la divulgation à son conseil de l'ensemble des circonstances intéressant l'affaire ne procédaient pas d'un comportement pénalement répréhensible. L'autorité cantonale a considéré, comme l'avait d'ailleurs envisagé le premier juge, que le recourant s'est trouvé au moment de la divulgation, sous l'empire d'une erreur de droit qu'elle a qualifié d'excusable. BGE 120 IV 313 S. 316 L'examen de son argumentation ne fait apparaître sur ce point ni méconnaissance, ni violation du droit fédéral et l'intimée, dans ses écritures, n'a nullement démontré que l'autorité cantonale aurait commis la moindre faute dans ses considérants. Le Tribunal fédéral peut en conséquence se référer purement et simplement à ceux-ci, tout en relevant que l'on ne saurait déduire le caractère excusable d'une erreur de droit du seul fait que dans le cours de la procédure dans son ensemble, le Tribunal fédéral a déjugé l'autorité cantonale sur le point considéré. Pour le reste toutefois, l'argumentation de l'autorité cantonale emporte l'adhésion. Cela dit, dès lors que l'on admet que le recourant s'est trouvé dans une erreur de droit excusable au point que l'autorité cantonale a estimé devoir l'exempter de toute peine, ainsi que l' art. 20 CP l'y autorisait expressément et dès lors que l'on ne saurait sur ce point, au vu des circonstances, lui reprocher d'avoir abusé de son pouvoir d'appréciation, il se pose la question de savoir si une déclaration de culpabilité peut encore être rendue contre lui. Autrement dit, l'autorité cantonale pouvait-elle sans violer le droit fédéral annuler la décision du premier juge libérant purement et simplement le recourant des fins de l'action pénale. Si l'on s'en tient au texte de la loi qui se réfère expressément à la peine, atténuée librement ou dont le prévenu peut être même totalement exempté, il semble à première vue que l'admission de l'erreur de droit ne peut pas conduire à l'abandon de toute charge pénale. Le contenu des travaux préparatoires tel qu'il est résumé par LOGOZ (Commentaire du Code pénal suisse), partie générale, deuxième éd., p. 106 b) ne conduit pas non plus à une autre conclusion, qui est également celle de la jurisprudence parue jusqu'ici (cf. ATF 92 IV 73 , 97 IV 66, ATF 104 IV 217 et ATF 116 IV 67 , notamment). Toutefois, dans la mesure où le juge estime juste de faire abstraction de toute peine, c'est qu'il considère que l'auteur n'a pas commis de faute, si minime soit-elle. Il est dès lors insupportable, dans un système entièrement dominé par le principe selon lequel la répression est fonction de la faute, que l'accusé soit reconnu coupable d'une infraction sans avoir commis la moindre faute. Il y a là une contradiction qui a été critiquée par la majorité de la doctrine (SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 4ème éd., p. 232, f.; RJB 1982 p. 30; REHBERG, Strafrecht I 5ème éd., § 25 p. 173; NOLL/TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht, partie générale I 3ème éd., p. 134 ss; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, partie générale I p. 260 b; SCHWANDER, Strafgesetzbuch 2ème éd., p. 100, no 205, lequel ne préconise BGE 120 IV 313 S. 317 toutefois l'assimilation des conséquences de l'erreur de droit à celles de l'erreur de fait que de lege ferenda; etc.) et qu'il convient de résoudre dans toute la mesure du possible en posant le principe que dans une telle situation, lorsque le juge décide de prononcer l'exemption de toute peine, il doit prononcer une libération pure et simple des fins de la poursuite pénale. Le pourvoi doit en conséquence être admis dans la mesure où l'autorité cantonale a annulé le premier jugement qui libérait l'intimé de la prévention de violation du secret médical.
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Urteilskopf 122 V 418 64. Auszug aus dem Urteil vom 19. August 1996 i. S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen M. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 18 UVG , Art. 28 Abs. 4 UVV . - Erfolgt die Aufgabe der Erwerbstätigkeit vor allem aus Gründen des realen Arbeitsmarktes und insofern folglich nur mittelbar aufgrund des Alters, besteht für die Annahme der ersten Tatbestandsvariante von Art. 28 Abs. 4 UVV kein Raum. - Die Anwendung von Art. 28 Abs. 4 UVV ist auch bei Versicherten im "vorgerückten Alter" erst dann zu erwägen und durch entsprechende Abklärungen zu ergründen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der physiologischen Altersgebrechlichkeit verglichen mit den anderen invalidisierenden Ursachen eine wesentliche Bedeutung zukommt. - Gemäss Art. 28 Abs. 4 UVV ist sowohl bezüglich des Validen- als auch des Invalideneinkommens von den Verhältnissen eines Versicherten mittleren Alters auszugehen.
Erwägungen ab Seite 419 BGE 122 V 418 S. 419 Aus den Erwägungen: 1. b) Gemäss Art. 18 Abs. 3 UVG kann der Bundesrat ergänzende Vorschriften über die Bestimmung des Invaliditätsgrades erlassen. Von dieser Befugnis hat er mit dem Erlass von Art. 28 UVV Gebrauch gemacht, welche Bestimmung verschiedene Sonderfälle der Invaliditätsbemessung regelt. Gemäss Art. 28 Abs. 4 UVV sind für die Bestimmung des Invaliditätsgrades die Erwerbseinkommen massgebend, die ein Versicherter im mittleren Alter bei einer entsprechenden Gesundheitsschädigung erzielen könnte, wenn er nach dem Unfall die Erwerbstätigkeit altershalber nicht mehr aufnimmt (Variante I) oder wenn sich das vorgerückte Alter erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit auswirkt (Variante II). Nach der Rechtsprechung liegt das mittlere Alter im Sinne dieser Bestimmung bei etwa "42 Jahren" oder zwischen "40 und 45 Jahren" und das vorgerückte Alter im Bereich von "rund 60 Jahren", wobei für letztes der Zeitpunkt des Rentenbeginns massgebend ist (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 392 f. Erw. 4d und e). Die Gesetzmässigkeit dieser Sonderregel für die Invaliditätsbemessung wurde in BGE 113 V 132 nach eingehender Prüfung bejaht und seither in zahlreichen Anwendungsfällen, sei es ausdrücklich (Urteil M. vom 20. Februar 1995, veröffentlicht in SVR 1995 UV Nr. 35 S. 105; unveröffentlichtes Urteil A. vom 6. Mai 1993) oder sinngemäss ( BGE 114 V 310 ; RKUV 1990 Nr. U 115 S. 389; unveröffentlichte Urteile P. vom 27. Februar 1996 und G. vom 23. Mai 1995) erneut bestätigt. 2. a) Die hier streitige Invaliditätsbemessung stützte sich in medizinischer Hinsicht auf die Ergebnisse der ärztlichen Abschlussuntersuchung vom 27. September 1993. Darin wurde eine verminderte Belastbarkeit des rechten dominanten Handgelenks festgehalten und im übrigen geschlossen, dass dem Beschwerdegegner eine schwere Arbeit mit der betroffenen Hand nicht mehr zugemutet werden könne. Nach Hinweis auf BGE 122 V 418 S. 420 gewisse aggravierende Tendenzen und Schwierigkeiten in der Motivation folgerte der Kreisarzt, dass dem Beschwerdegegner rein medizinisch-theoretisch jede mittelschwere handwerkliche Arbeit zugemutet werden könne, wobei er aber nicht ständig Lasten von mehr als 10 bis 15 kg heben oder tragen sollte und auch Arbeiten mit monotonem Einsatz der rechten Hand ungünstig seien. Am geeigneten Arbeitsplatz könne die normale Arbeitszeit eingehalten werden. Ausgehend hievon schritt die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zu einem Einkommensvergleich ( Art. 18 Abs. 2 UVG ), wobei sie als Valideneinkommen, mithin als das ohne Invalidität erzielbare Einkommen, Fr. 56'469.-- einsetzte, was dem Betrag entsprach, den der Beschwerdegegner bei seiner früheren Arbeitgeberin hätte erzielen können. Verglichen mit dem trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommen, das sie in ihrer Verfügung vom 11. April 1994 auf Fr. 42'900.-- festsetzte, ergab sich ein Invaliditätsgrad von 25 %. Dazu vermerkte die SUVA unter ausdrücklichem Hinweis auf Art. 28 Abs. 4 UVV , dass bei der Rentenfestsetzung das fortgeschrittene Aktivitätsalter, das sich ebenfalls auf die Erwerbsfähigkeit auswirke, nicht berücksichtigt werden könne. Diese Invaliditätsbemessung wurde im Rahmen des Einspracheentscheides vom 7. Februar 1995 insofern relativiert, als die SUVA zur Annahme eines höheren Invalideneinkommens von Fr. 47'738.-- gelangte. Dabei handelte es sich um einen Durchschnittswert, der sich auf verschiedene konkrete Arbeitsplatzbeschreibungen mit entsprechenden Lohnangaben abstützte, die bereits anlässlich der Rentenverfügung vorgelegen hatten. Trotz des damit ermittelten geringeren Invaliditätsgrades von rund 15% sah die SUVA davon ab, die ihrer Verfügung zugrundeliegende Invaliditätsbemessung zu berichtigen. b) Weil sich der Beschwerdegegner im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns bereits im vorgerückten Alter gemäss Art. 28 Abs. 4 UVV befand, hat das kantonale Gericht an diesem Einkommensvergleich bemängelt, dass darin weder die erwerblichen Verhältnisse eines Versicherten mittleren Alters noch die einem solchen zumutbaren Arbeitsleistungen berücksichtigt worden seien. Selbst die kreisärztliche Arbeitsfähigkeitsbeurteilung enthalte keinen Hinweis darauf, ob der versicherte Gesundheitsschaden im Alter von 40 bis 45 Jahren zur gleichen Einschränkung des Leistungsvermögens geführt hätte wie beim Beschwerdegegner. Schliesslich lasse sich auch den Angaben der SUVA über mögliche Verweisungstätigkeiten BGE 122 V 418 S. 421 und den entsprechenden Lohnangaben nicht entnehmen, wie alt die betreffenden Vergleichspersonen im Zeitpunkt der Lohnrealisierung gewesen seien. c) Hiegegen wendet die SUVA in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde im wesentlichen ein, dass die strittige Invaliditätsbemessung entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen gerade nicht gestützt auf Art. 28 Abs. 4 UVV , sondern ohne Rücksicht auf das fortgeschrittene Alter gemäss Art. 18 Abs. 2 UVG erfolgt sei. Inwiefern die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit jener Bestimmung gegeben sein könnten, sei nicht ersichtlich und auch im angefochtenen Gerichtsentscheid nicht dargetan. Selbst wenn Art. 28 Abs. 4 UVV anwendbar wäre, hätte dies - wenigstens vom Verordnungswortlaut her - nicht zwangsläufig zur Folge, dass auch das Valideneinkommen entsprechend dem im mittleren Alter möglichen Verdienst festgelegt werden müsste. Endlich sei auch die vorinstanzliche Kritik an den angegebenen Verweisungstätigkeiten und den daraus abgeleiteten Einkommenszahlen unbegründet. Dabei handle es sich um Anfangslöhne, die keine Alterskomponente enthielten, wogegen die von der Vorinstanz geforderten näheren Angaben zum Alter der betroffenen Versicherten im Vergleich zur ordentlichen Rentenfestsetzung zu einem unverhältnismässigen Aufwand führen würde. 3. a) Mit Art. 28 Abs. 4 UVV (vgl. Erw. 1b) wird bei der Invaliditätsbemessung zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass nebst der - grundsätzlich allein versicherten - unfallbedingten Invalidität (vgl. Art. 6 sowie auch Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 UVG) auch das vorgerückte Alter eine Ursache der Erwerbslosigkeit oder -unfähigkeit bildet ( BGE 113 V 135 Erw. 4b mit Hinweis). Denn sehr oft ist ein und derselbe Gesundheitsschaden im Alter aus verschiedenen Gründen wie etwa schlechtere Umschulungs-, Wiedereingliederungs-, Anpassungs- und Angewöhnungsfähigkeit mit wesentlich erheblicheren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit verbunden als bei einem jüngeren Versicherten (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 391 oben Erw. 4c; vgl. ferner ZAK 1989 S. 315 Erw. 2b und - eingehender - PETER OMLIN, Die Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Freiburger Diss. 1995, S. 235 ff.). Anderseits muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, dass die Invalidenrenten der Unfallversicherung bis zum Tod der Versicherten zur Ausrichtung gelangen ( Art. 19 Abs. 2 UVG ), wobei sie nach Vollendung des Alters für die AHV-Rente nicht mehr revidiert werden können ( Art. 22 Abs. 1 Satz 2 UVG ). Bei BGE 122 V 418 S. 422 Zusprechung an einen Versicherten im vorgerückten Alter hat damit die Invalidenrente der Unfallversicherung in wesentlichen Teilen die Funktion einer Altersversorgung ( BGE 113 V 136 Erw. 4b mit Hinweis). Mit Art. 28 Abs. 4 UVV soll demnach, kurz gesagt, zweierlei verhindert werden, nämlich dass bei älteren Versicherten zu hohe Invaliditätsgrade angenommen werden (OMLIN, a.a.O., S. 249, 265) und dass dort Dauerrenten zugesprochen werden, wo sie mit Blick auf die unfallbedingte Invalidität eher die Funktion von Altersrenten aufweisen (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 361 FN 907). Dementsprechend wirkt sich die Anwendung dieser Bestimmung im Vergleich mit der allgemeinen Methode gemäss Art. 18 Abs. 2 UVG in aller Regel rentenvermindernd aus (OMLIN, a.a.O., S. 261). b) Mit der Ausklammerung der auf das Alter entfallenden Erwerbslosigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit beschritt der Verordnungsgeber nicht Neuland ( BGE 113 V 136 Erw. 4b). Bereits in der Rechtsprechung zu Art. 91 KUVG war diesem Umstand Rechnung getragen worden, indem physiologische Altersgebrechlichkeit mit Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit als Unfallfremder Zustand behandelt wurde und Anlass zu einer Kürzung der Leistungen bildete (EVGE 1967 S. 148 Erw. 3b). Allerdings wurde damals der Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung auch der unfallfremden Faktoren global festgesetzt und erst hernach die unfallfremde Komponente auf dem Wege der Kürzung ausgeschieden ( BGE 105 V 207 Erw. 2 mit Hinweis). Demgegenüber trägt das geltende neue Recht dem Alter unter den in Art. 28 Abs. 4 UVV genannten Voraussetzungen bereits bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades Rechnung, und zwar in der Weise, dass Massstab für die Ermittlung der hypothetischen Erwerbseinkommen mit und ohne Invalidität ein Versicherter im mittleren Alter ist (zum Ganzen vgl. BGE 113 V 136 Erw. 4b). Indes soll das in Art. 28 Abs. 4 UVV verankerte Vorgehen bei der Bemessung der Invalidität keinen wesentlich weiteren Anwendungsbereich haben als die früher über Art. 91 KUVG erfolgte Berücksichtigung des Altersfaktors. Folglich setzt seine Anwendung voraus, dass der physiologischen Altersgebrechlichkeit im gesamten Ursachenspektrum der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit eine im Vergleich zur unfallbedingten Körperschädigung wesentliche Bedeutung zukommt (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 390 Erw. 4b). 4. a) Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel, dass die SUVA die streitige Invaliditätsbemessung gerade nicht nach Art. 28 Abs. 4 UVV BGE 122 V 418 S. 423 vornahm, sondern unmittelbar gestützt auf Art. 18 Abs. 2 UVG , mithin aufgrund der tatsächlichen und hypothetischen Verhältnisse im Zeitpunkt des Einspracheentscheides (vgl. BGE 116 V 248 Erw. 1a). Daran ändert der in der Rentenverfügung enthaltene Hinweis auf Art 28 Abs. 4 UVV nichts, sollte doch damit offensichtlich nur der Grundsatz unterstrichen werden, dass die Unfallversicherung nicht dafür einzustehen hat, wenn der oder die Versicherte aus invaliditätsfremden Gründen, zu denen unter anderem auch das Alter gehört und durch die vor allem die Vermittelbarkeit auf dem realen Arbeitsmarkt beeinträchtigt wird, keine entsprechende Arbeit findet ( BGE 107 V 21 Erw. 2c; RKUV 1993 Nr. U 168 S. 104 Erw. 5b; ZAK 1989 S. 315 Erw. 2b sowie das in der SUVA-Rechtsprechungsbeilage 1989 Nr. 3 S. 5 zusammenfassend publizierte Urteil R. vom 7. April 1989; vgl. ferner die Übersicht bei Alfred Bühler, Zur rechtlichen Bedeutung der invaliditätsfremden Gründe der Erwerbsunfähigkeit für die Invaliditätsbemessung, SZS 1993 S. 253 f.). b) Nebst der fehlenden Motivation des Beschwerdegegners dürfte es denn auch vor allem diese Arbeitsmarktsituation gewesen sein, die seiner Wiedereingliederung hinderlich war, nachdem er die Stelle bei der X AG verloren hatte. Während das Fehlen der Motivation kaum auf das Alter, hingegen - wie insbesondere dem kreisärztlichen Bericht vom 26. Juli 1993 zu entnehmen ist - hauptsächlich auf eine gewisse Anspruchshaltung zurückzuführen war, verhält es sich in bezug auf die Arbeitsmarktsituation anders. Insofern war die Vermittelbarkeit des Beschwerdegegners nicht nur wegen der Unfallfolgen, sondern naturgemäss gerade auch aufgrund des Alters beeinträchtigt. Dennoch, ja gerade deshalb wäre die Annahme verfehlt, der Beschwerdegegner hätte die Erwerbstätigkeit "altershalber" nicht mehr aufgenommen und damit den ersten der beiden in Art. 28 Abs. 4 UVV (Variante I) enthaltenen Tatbestände verwirklicht. Abgesehen davon, dass ein endgültiger Rückzug aus dem Erwerbsleben trotz anhaltender Stellenlosigkeit nicht erstellt ist, kommt dem Altersfaktor unter den hier gegebenen Umständen nur mittelbare Bedeutung zu (RKUV 1996 Nr. U 244 S. 144). Denn anders als dort, wo der Entschluss zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit schon vor dem Unfall feststand, oder dort, wo ein Versicherter von sich aus eine innegehabte Stelle preisgibt, steht hier die Situation auf dem realen Arbeitsmarkt im Vordergrund, was gegen die Anwendung von Art. 28 Abs. 4 UVV (Variante I) spricht (OMLIN, a.a.O., S. 250). BGE 122 V 418 S. 424 c) Nach dem Gesagten kommt im vorliegenden Fall allein die Anwendung der Variante II von Art. 28 Abs. 4 UVV in Frage, die ihrerseits voraussetzt, dass sich das vorgerückte Alter "erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit" auswirkt. Auch wenn die Anwendung der fraglichen Bestimmung ab rund 60 Jahren grundsätzlich in Betracht zu ziehen ist, wie die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Konkretisierung des Begriffs des "vorgerückten Alters" festgehalten hat (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 393 Erw. 4d in fine), kann dies freilich nicht bedeuten, dass bei der Invaliditätsbemessung ab jenem Alter stets nach Art. 28 Abs. 4 UVV zu verfahren wäre. Denn dergleichen widerspräche nicht nur der bei der Anwendung von Art. 28 Abs. 4 UVV gebotenen Zurückhaltung (OMLIN, a.a.O., S. 252) sowie den bereits unter dem alten Recht von Art. 91 KUVG erarbeiteten Grundsätzen (EVGE 1967 S. 148 sowie unveröffentlichtes Urteil H. vom 10. Mai 1968), sondern fände vor allem auch in dem in allen sprachlichen Fassungen des Verordnungstextes ("erheblich"; "essentiellement"; "essenzialmente") klaren Wortlaut keine Stütze. Im Sinne der bereits zitierten Rechtsprechung (Erw. 3b in fine) ist daher die Anwendung von Art. 28 Abs. 4 UVV auch bei Versicherten im vorgerückten Alter erst dann zu erwägen und durch entsprechende Abklärungen zu ergründen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der physiologischen Altersgebrechlichkeit verglichen mit den anderen Ursachen der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit eine wesentliche Bedeutung zukommt (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 390 Erw. 4b). d) Nach Lage der Akten sind keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass sich das Alter in der dargelegten Weise erheblich ausgewirkt haben könnte: aa) Dies betrifft zunächst die ärztliche Abschlussuntersuchung vom 27. September 1993 mit der darin - nach einleitendem Hinweis auf den guten Allgemeinzustand des Beschwerdegegners und dessen mangelnde Kooperation - festgehaltenen verminderten Belastbarkeit des rechten dominanten Handgelenks. Obwohl dabei im Rahmen der abschliessenden Zumutbarkeitsbeurteilung auf eine gewisse Beeinträchtigung des Leistungsvermögens erkannt worden sein mag (vgl. Erw. 2a), lassen die kreisärztlichen Ausführungen keine Zweifel offen, dass der Beschwerdegegner namentlich mit Motivationsproblemen zu kämpfen hat, die mit seinem Alter nichts zu tun haben und für die Höhe des Rentenanspruchs - jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen - nicht von Belang sind. Daneben ist zu erwähnen, dass die beim Unfall erlittenen Verletzungen von verschiedenen BGE 122 V 418 S. 425 Ärzten als schwer und komplex gewertet wurden, was die Bedeutung des Altersfaktors naturgemäss schwinden lässt (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 391 Erw. 4c). Aus all diesen Gründen bestand daher aus medizinischer Sicht kein Anlass zu der im angefochtenen Gerichtsentscheid geforderten Abklärung, wie sich derselbe Gesundheitsschaden bei einem Versicherten im mittleren Alter ausgewirkt hätte. bb) Was sodann die erwerblichen Auswirkungen anbelangt, kommt dem Altersfaktor ebenfalls keine erhebliche Bedeutung zu. Insbesondere liesse sich gegenüber dem nach Massgabe des am letzten Arbeitsplatz real erzielten Verdienstes festgesetzten Valideneinkommen der Vorwurf nicht halten, es sei insofern von überhöhten Werten ausgegangen worden. Denn der Beschwerdegegner war im Zeitpunkt seines Unfalles erst seit zwei Jahren für die X AG tätig gewesen, weshalb sein Gehalt nicht durch langjährige Betriebstreue mitbestimmt gewesen sein konnte; ebensowenig bestehen Anzeichen dafür, dass dies aufgrund langjähriger oder besonders wertvoller Berufserfahrung der Fall gewesen wäre, nachdem der früher vor allem im Tunnelbau tätige Beschwerdegegner nach relativ kurzer Zeit in der Fabrik offenbar nicht als Facharbeiter im Einsatz stand und infolge Arbeitsrückganges einige Monate vor dem Unfall gar von der Giesserei in die Dreherei versetzt werden musste.- In bezug auf das Invalideneinkommen ist sodann nicht zu beanstanden, dass sich die SUVA bei der Festsetzung an Vergleichswerten aus ihrer Praxis ausrichtete, die über das Alter der betreffenden Versicherten keinen Aufschluss vermitteln. Dafür bestand schon deshalb keine Notwendigkeit, weil der Altersfaktor aus medizinischer Sicht keine wesentliche Rolle spielte. Abgesehen davon wurde gerade durch das gewählte Vorgehen vermieden, dass dem Beschwerdegegner - bedingt durch sein "vorgerücktes Alter" - ein zu tiefes Invalideneinkommen angerechnet wurde. 5. Zusammenfassend ergibt sich, dass das Vorgehen der SUVA unter Berücksichtigung von Art. 28 Abs. 4 UVV nicht zu bemängeln ist. Nachdem sich gegen die im Einspracheentscheid näher begründete Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich auch sonst nichts einwenden lässt (vgl. Erw. 2a hievor), besteht für zusätzliche Abklärungen kein Anlass. Desgleichen erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde näher einzugehen. Am Rande sei jedoch erwähnt, dass bei der Anwendung von Art. 28 Abs. 4 UVV - entgegen der von der SUVA vertretenen Auffassung und dem Anschein, der durch eine strikte BGE 122 V 418 S. 426 dem Wortlaut verpflichtete Auslegung des Verordnungstextes entstehen könnte - gemäss einhelliger Lehre und Rechtsprechung sowohl beim Validen- als auch beim Invalideneinkommen von den Verhältnissen eines Versicherten mittleren Alters auszugehen ist ( BGE 114 V 312 Erw. 2 in fine, 315 Erw. 4a, BGE 113 V 136 Erw. 4b in fine; SVR 1995 UV Nr. 35 S. 105 Erw. 3; MAURER, a.a.O., S. 361 und OMLIN, a.a.O., S. 256). Dass sich diese Auslegung regelmässig in geringeren Invaliditätsgraden und damit zu Ungunsten des Versicherten niederschlägt, ändert nichts, besteht doch hierin gerade der Sinn der betreffenden Bestimmung (vgl. Erw. 3a hievor).
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1,996
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CH_BGE_007
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Federation
e9f552c6-d3e2-4934-ba00-7d22b1eecf0f
Urteilskopf 98 II 34 6. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Februar 1972 i.S. X. gegen Union Feuer-, Unfall- und allgemeine Versicherungs-AG.
Regeste Art. 42 Abs. 2 OR . Umfang der Substantiierungspflicht bei Schaden, der nicht ziffermässig nachweisbar ist (Erw. 2). Unfallbedingte, teilweise Arbeitsunfähigkeit von 15 Tagen des Geschäftsführers einer neuzeitlich organisierten Kollektivgesellschaft. Schaden im konkreten Fall verneint (Erw. 3). Pflicht des Klägers, den angeblich auf seinen Unfall zurückzuführenden Rückgang des Gewinnes durch die Bücher und Geschäftspapiere der Gesellschaft glaubhaft zu machen (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 34 BGE 98 II 34 S. 34 Aus dem Tatbestand: A.- X. ist Hauptinhaber und Leiter des Gartenbaugeschäftes der Kollektivgesellschaft Y. in Zürich. Er verunfallte am BGE 98 II 34 S. 35 20. April 1965 am Steuer seines Personenwagens, weil dieser von einem anderen Motorfahrzeug von hinten gerammt wurde. Die Union Feuer-, Unfall- und allgemeine Versicherungs-AG, die den Halter des anderen Fahrzeuges gegen Haftpflicht versichert hatte, anerkannte, X. den vollen Schaden ersetzen zu müssen. Sie bezahlte ihm Fr. 4009.40 für die Instandstellung des beschädigten Wagens und Fr. 480.-- für dessen Ausfall während 12 Tagen. X. klagte gegen sie auf Zahlung weiterer Fr. 13'550.15 nebst Zins. B.- Das Bezirksgericht Zürich sprach dem Kläger Fr. 793.-- nebst Zins zu, nämlich Fr. 223.-- für Heilungskosten und Fr. 570.-- zusätzliche Entschädigung für den Ausfall des Wagens. Auf Berufung des Klägers verpflichtete das Obergericht des Kantons Zürich die Beklagte am 17. Juni 1971, dem Kläger Fr. 823.-- nebst Zins zu zahlen. Es erachtete die zusätzliche Forderung für den Ausfall des Wagens als nicht berechtigt, sprach dem Kläger dagegen Fr. 223.-- für Heilungskosten und Fr. 600.-- als Ausgleich des Minderwertes des reparierten Wagens zu. C.- Der Kläger beantragt mit der Berufung, ihm zusätzlich Fr. 11'250.-- nebst Zins zuzusprechen. Er verlangt diesen Betrag in erster Linie als Schadenersatz, weil er wegen der durch den Unfall erlittenen Körperverletzung während 15 Tagen zu 50% arbeitsunfähig war. Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen. Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des Obergerichts. Erwägungen Erwägungen: 1. Das Obergericht geht in den Erwägungen zur Schadenersatzforderung für vorübergehende teilweise Arbeitsunfähigkeit davon aus, der Ausfall des Klägers als Geschäftsführer des hauptsächlich ihm gehörenden Gartenbaugeschäftes wirke sich in den gebuchten Ertragszahlen nicht sofort aus. Es sei aber einzuräumen, dass die Ausrüstung des Personenwagens des Klägers und vier weiterer Wagen mit Funktelephon einen maximalen Einsatz des Klägers, der übrigen Arbeitskräfte und der Maschinen ermöglicht habe. Der Kläger habe es aber nicht für notwendig gefunden, über den Umfang der auf diese Weise getätigten Geschäfte auch nur die geringsten Aufschlüsse zu vermitteln. Es lasse sich nicht feststellen, wieviel vom Einkommen, BGE 98 II 34 S. 36 das der Kläger verdient haben wolle (Fr. 570'500.-- im Jahre 1964, Fr. 239'300.-- im Jahre 1965), aus Arbeit stamme. Es wäre Sache des Klägers gewesen, diese Lücke zu schliessen. Nach dem Steuerausweis habe er im Unfalljahr rund 2,5 Millionen Franken Vermögen gehabt. Welche Einnahmen er aus diesen Werten erzielt habe, sei vollständig ungewiss. Zudem habe er normalerweise auch noch Einkünfte aus dem Handel mit Liegenschaften. Er habe aber nicht konkret angeführt, dass ihm solche Einnahmen während der durch den Unfall bedingten eingeschränkten Aktivität entgangen seien. Er sei schon im erstinstanzlichen Verfahren nicht gewillt gewesen, dem Sachverständigen Fischbacher die unerlässlichen Einblicke in seine Buchhaltung zu gewähren. Auch im Berufungsverfahren sei er dazu nicht bereit, beantrage er doch ausdrücklich nur eine erneute Begutachtung "auf Grund der aus den Akten ersichtlichen Indizien". Eine solche wäre aber nutzlos; sie könnte kein konkretes Ergebnis zeitigen, weil der Kläger dem Gutachter den Einblick in notwendige Unterlagen verwehre. Es liesse sich an sich rechtfertigen, dem Kläger für den Ausfall an Einkommen aus eigentlicher Arbeitsleistung im Gartenbaugeschäft in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR Ersatz nach richterlichem Ermessen zuzusprechen. Es gehe aber nicht an, ihn von einem ihm obliegenden zumutbaren Beweis deswegen zu entlasten, weil er ihn nicht leisten wolle. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes müsse sich der Eintritt eines Schadens mit einer gewissen Überzeugungskraft aufdrängen. Daran fehle es hier gänzlich, da auch der Begutachter Fischbacher auf dem Standpunkt stehe, ziffermässig sei ein Nachteil nicht entstanden. Dem Kläger sei daher mangels Substantiierung für den behaupteten, der Arbeitsunfähigkeit zugeschriebenen Ausfall an Einnahmen keine Entschädigung zuzusprechen. Der Kläger macht geltend, das Obergericht verletze Art. 42 Abs. 2 OR , indem es die Anwendung dieser Bestimmung von überspannten Voraussetzungen abhängig mache, widersprüchliche Erwägungen anstelle und wesentliche Tatsachen nicht berücksichtige. 2. Art. 42 Abs. 2 OR bestimmt, der nicht ziffermässig nachweisbare Schaden sei nach Ermessen des Richters mit Rücksicht auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge und auf die vom Geschädigten getroffenen Massnahmen abzuschätzen. BGE 98 II 34 S. 37 Das Bundesgericht wendet diese Norm auch dann an, wenn eine Schädigung nicht nachweisbar ist, sich aber nach den Umständen mit einer gewissen Überzeugungskraft aufdrängt ( BGE 40 II 362 , BGE 43 II 55 , BGE 60 II 131 , BGE 74 II 80 Erw. 5, BGE 81 II 55 Erw. 5, BGE 95 II 501 ). Der Geschädigte ist also der Pflicht nicht enthoben, alle Umstände, die für den Eintritt eines Schadens sprechen und dessen Abschätzung erlauben oder erleichtern, soweit möglich und zumutbar nach Art. 42 Abs. 1 OR und 8 ZGB zu behaupten und zu beweisen. Eine weitergehende Substantiierung darf aber das kantonale Prozessrecht vom Geschädigten nicht verlangen, da sonst der Zweck des Art. 42 Abs. 2 OR vereitelt würde ( BGE 77 II 188 , BGE 97 II 218 ). 3. Es ist unwahrscheinlich, dass der Kläger durch seine fünfzehntägige halbe Arbeitsunfähigkeit, die nach dem Zeugnis des behandelnden Arztes einer "Verletzung der Lendenwirbelsäule", einer "Fraktur des zweiten Lendenwirbels" oder einem "Bruch des zweiten Lendenwirbelfortsatzes", nach der Feststellung des Obergerichtes dagegen einer "Verstauchung der Wirbelsäule" zuzuschreiben war, überhaupt einen Vermögensschaden erlitten hat. Es ist nicht anzunehmen, dass der Rückgang des versteuerten Einkommens, das sich im Jahre 1964 auf Fr. 570'500.--, im Jahre 1965 dagegen nur noch auf Fr. 239'300.-- belief, auf die erwähnte teilweise Arbeitsunfähigkeit zurückgehe. Der Kläger selber behauptet es nicht, sondern macht nur einen Ausfall von Fr. 11'250.-- geltend, indem er, abstrakt rechnend, von einem Jahresverdienst von Fr. 549'200.-- ausgeht, daraus auf einen Tagesverdienst von rund Fr. 1'500.-- schliesst und davon die Hälfte (Fr. 750.--) für einen Zeitraum von 15 Tagen einsetzt. Es müssen andere Ursachen sein, die das Einkommen des Klägers von 1964 auf 1965 um Fr. 331'200.-- verminderten. Freilich mag die teilweise Arbeitsunfähigkeit des Klägers als Geschäftsführer im Betriebe der Kollektivgesellschaft gewisse Störungen mit sich gebracht haben. Solche führten aber nicht notwendigerweise zu einem Rückgang der Geschäftseinnahmen oder zu einer Zunahme der Geschäftsunkosten der Gesellschaft und mittelbar zur Schmälerung des Einkommens des Klägers. Dass die Gesellschaft mit Motorfahrzeugen arbeitete, die mit Funktelephon ausgerüstet waren, drängt keinen gegenteiligen Schluss auf. Diese Organisation der Nachrichtenübermittlung unter Einsatz des Klägers liess sich nach dem gewöhnlichen BGE 98 II 34 S. 38 Lauf der Dinge teilweise aufrecht halten, da der Kläger nicht behauptet, er habe wegen seiner Verletzung kein Motorfahrzeug mehr führen können, und da im Betrieb ausser dem durch Beschädigung ausgefallenen Personenwagen des Klägers festgestelltermassen noch zwei andere Personenwagen mit Funktelephon vorhanden waren. Auch konnte der Kläger, soweit ihm das Führen eines Motorfahrzeuges beschwerlich wurde, vom Büro oder von zu Hause aus gewisse Weisungen erteilen. Ferner war seinen unterschriftsberechtigten beiden Mitgesellschaftern M. und N. zuzumuten, ihn zu vertreten. Der Kläger konnte Mitteilungen auch durch andere Betriebsangehörige entgegennehmen oder weitergeben lassen. Die teilweise Umorganisation muss ihm umso leichter gefallen sein, als der Geschäftsgang der Gesellschaft, wie der grosse nicht durch die Arbeitsunfähigkeit des Klägers verursachte Einkommensrückgang schliessen lässt, im Jahre 1965 erheblich flauer gewesen sein muss als 1964. Dazu kommt, dass der Kläger nur während fünfzehn Tagen teilweise arbeitsunfähig war. Eine Behinderung von so kurzer Dauer lässt sich auch in einem neuzeitlich organisierten und intensiv arbeitenden Betrieb, wie ihn die Kollektivgesellschaft besessen haben soll, leichter ohne finanziellen Nachteil überwinden als eine mehrere Monate dauernde Abwesenheit. Der vom Bezirksgericht beigezogene Sachverständige Fischbacher, Professor für Betriebswissenschaft, hat sich denn auch dahin geäussert, der teilweise Ausfall des Klägers während vierzehn Tagen habe für das Geschäft keinen Nachteil ergeben. Das Obergericht hält diese Aussage für glaubwürdig. Ob sie es sei, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die die Berufungsinstanz nicht überprüfen darf ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Der Einwand, das Obergericht hätte eine neue Begutachtung anordnen sollen, ist daher nicht zu hören, ebenso wenig der Hinweis auf abweichende Auffassungen der Zeugen Blättler und Weiss. Es kann folglich nicht gesagt werden, die Umstände drängten im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit einer gewissen Überzeugungskraft auf, dass der Kläger durch seine teilweise Arbeitsunfähigkeit einen Vermögensschaden erlitten habe. Ein solcher ist gegenteils unwahrscheinlich. Schon aus diesem Grunde muss die Forderung des Klägers von Fr. 11'250.-- abgewiesen werden. 4. Ein Schaden lässt sich auch deshalb in Anwendung des BGE 98 II 34 S. 39 Art. 42 Abs. 2 OR nicht bejahen und der Höhe nach abschätzen, weil der Kläger nicht alles getan hat, was ihm zugemutet werden konnte, um den Ermessensentscheid zu ermöglichen und zu erleichtern. Gewiss ist denkbar, dass das ganze Vermögen des Klägers, wie er behauptet, aus seinem Anteil am Betriebsvermögen der Kollektivgesellschaft bestand und dass auch die Übernahme und Veräusserung von Liegenschaften ausschliesslich im Betrieb der Gesellschaft erfolgte, so dass das ganze Einkommen des Klägers aus der Gesellschaft stammte. Gerade das hätte der Kläger aber anhand der Buchhaltung beweisen können und sollen. Zudem verunmöglichte ihm der behauptete Sachverhalt nicht, die Ursachen des Rückganges seines Gewinnanteils mit der Buchhaltung und den Geschäftspapieren der Kollektivgesellschaft darzutun und damit allenfalls glaubhaft zu machen, dass die Einbusse nicht ausschliesslich auf Umstände zurückzuführen sei, die mit seiner teilweisen und kurzfristigen Arbeitsunfähigkeit nichts zu tun hatten. Der Einwand, auch die Betreuung des Geschäftsvermögens und der Handel mit Liegenschaften erforderten Arbeit, verfängt nicht; denn es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass die Gesellschaft, weil der Kläger vom 21. April bis 5. Mai 1965 zur Hälfte arbeitsunfähig war, ihr Vermögen nicht habe verwalten oder eine Liegenschaft weniger habe umsetzen können. Träfe das zu, so hätte der Kläger eine entsprechende Einbusse konkret nachweisen müssen. Er hat aber weder diesbezügliche Behauptungen aufgestellt noch Beweise angeboten. Das Obergericht schliesst aus dem Verhalten des Klägers, er sei nicht gewillt gewesen, dem Sachverständigen Einblick in die Bücher zu gewähren. Diese tatsächliche Feststellung bindet das Bundesgericht. Es kann ihr nicht entgegengehalten werden, der Sachverständige habe nicht auf der Vorlegung der Bücher beharrt. Es oblag nicht dem Begutachter, den Kläger von seiner Haltung abzubringen; der Kläger hatte die Bücher von sich aus zu öffnen, um seiner Beweispflicht nachzukommen. Er hätte sich hiezu auch noch vor dem Obergericht bereit erklären können, beantragte aber ausdrücklich eine neue Begutachtung nur "auf Grund der aus den Akten ersichtlichen Indizien". Die Vorlegung der Bücher war nicht unzumutbar. Der Sachverständige hat zwar die Kosten ihrer Prüfung zwecks Ausscheidung des Unternehmergewinnes von Gewinnen aus Liegenschaftsgeschäften BGE 98 II 34 S. 40 auf etwa Fr. 6'000.-- geschätzt. Diese Ausscheidung war jedoch nicht nötig. Es hätte genügt, den Ursachen des Gewinnrückganges von 1964 auf 1965 nachzugehen und festzustellen, ob die Gesellschaft wegen der teilweisen Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorübergehend weniger oder unrationeller arbeitete. Die Sammlung blosser Indizien hiefür oder die Feststellung, dass solche fehlten, hätte genügt, um dem Richter den Entscheid zu erleichtern, ob und in welchem ungefähren Ausmass der Kläger durch seine Arbeitsunfähigkeit geschädigt worden sei.
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1,972
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Federation
e9f6c9ec-0ed8-4c7d-8ace-cc18fb61e9eb
Urteilskopf 124 IV 49 8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1997 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Oberwallis (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 60 Abs. 2 OR , Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 StGB ; Unterbrechung der zivilrechtlichen Verjährung. Hat sich der Geschädigte im Strafprozess als Prozesspartei konstituiert, bewirkt die Unterbrechung der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung auch die Unterbrechung der Verjährung für die Zivilforderung (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 49 BGE 124 IV 49 S. 49 Das Bezirksgericht Leuk und Westlich-Raron sprach X. mit Urteil vom 17. April 1997 der fahrlässigen Tötung nach Art. 117 StGB und der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs nach Art. 237 Ziff. 2 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 60 Tagen, mit bedingtem Strafvollzug und einer Probezeit von 2 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 2'000.--, bedingt löschbar nach Ablauf derselben Probezeit. Die Zivilbegehren verwies es auf den Zivilweg. Das Kreisgericht Oberwallis für den Bezirk Visp wies in der Sitzung vom 26. Juni 1997 eine Berufung von X. ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil im Schuld- und Strafpunkt. Hingegen hiess BGE 124 IV 49 S. 50 es eine von den Erben von C. geführte Berufung gut und verurteilte X. zur Zahlung von Fr. 19'032.15 Schadenersatz sowie zur Leistung einer Genugtuung von insgesamt Fr. 55'000.-- unter solidarischer Haftbarkeit mit den übrigen Verurteilten. Gegen diesen Entscheid führt X. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kreisgerichts Oberwallis vom 26. Juni 1996 sei, soweit es ihn betreffe aufzuheben und die Vorinstanz sei anzuweisen, ihn von Schuld und Strafe freizusprechen und die Zivilklage gegen ihn abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Der Beschwerdeführer rügt schliesslich die Zusprechung von Schadenersatz und Genugtuung an die Geschädigten. Er macht geltend, die Zivilforderungen der Geschädigten seien verjährt. Die subsidiäre strafrechtliche Verjährungsfrist im Sinne von Art. 60 Abs. 2 OR betrage gemäss Art. 70 StGB fünf Jahre. Wenn der Geschädigte vor Ablauf dieser Frist keine unterbrechende Handlung vornehme, sei der Zivilanspruch verjährt. Eine solche verjährungsunterbrechende Handlung der Geschädigten sei im zu beurteilenden Fall nicht erfolgt. Die Vorinstanz habe diese Frage jedoch gar nicht geprüft, weil sie von einem falschen Rechtsstandpunkt ausgegangen sei. Dabei habe sie verkannt, dass die von ihr angeführte Regel die absolute Verjährung betreffe, die jedoch nicht massgeblich sein könne, wenn die relative Verjährungsfrist nicht rechtzeitig unterbrochen worden sei. b/aa) Das Bezirksgericht Leuk und Westlich-Raron nahm hinsichtlich des Schadenersatz- und Genugtuungsbegehrens der Erben des verunfallten C. an, die Zivilpartei sei der strafprozessualen Pflicht von Art. 48 Ziff. 3 StPO /VS, ihre Begehren in einer begründeten Rechtsschrift innert 5 Tagen vor der Hauptverhandlung zu hinterlegen, nur teilweise nachgekommen. Die notwendigen Belege seien erst anlässlich der Schlussverhandlungen ins Recht gelegt worden und die Einsprüche seien nicht rechtsgenüglich nachgewiesen. Es verwies daher die Zivilbegehren mangels rechtsgenüglicher Substantiierung auf den Zivilweg. bb) Die Vorinstanz hiess die Berufung der Zivilpartei gut und sprach den Erben von C. unter solidarischer Haftbarkeit der Verurteilten sowohl Schadenersatz wie Genugtuung zu. Sie erwog, nach Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes richte sich die adhäsionsweise Beurteilung der Zivilforderung nach dessen Bestimmungen und sei BGE 124 IV 49 S. 51 Art. 48 Ziff. 3 StPO /VS nicht mehr anwendbar. Die Voraussetzungen für die Behandlung der Zivilansprüche durch das Strafgericht seien hier erfüllt. Die Vorinstanz verwarf im Berufungsverfahren ferner die vom Mitangeklagten Y. erhobene Einrede der Verjährung. Sie nahm an, grundsätzlich gelange Art. 60 Abs. 2 OR und damit eine Verjährungsfrist von 5 Jahren zur Anwendung und erfolge die Unterbrechung der Verjährung nach zivilrechtlichen Regeln. Wenn jedoch die strafrechtliche Verjährung gemäss Art. 72 StGB unterbrochen werde, so gelte die verlängerte strafrechtliche Verjährungsfrist auch für den Zivilanspruch, ansonsten der Zivilanspruch vor dem Strafanspruch verjähren könne, was Art. 9 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) zuwiderlaufe. Da die Verfolgungsverjährung im zu beurteilenden Fall mehrmals unterbrochen worden sei, stosse die Einrede der Verjährung ins Leere. c) Der gestützt auf Art. 41 ff. OR wegen unerlaubter Handlung geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt in einem Jahr von dem Tage hinweg, wo der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablaufe von 10 Jahren, vom Tage der schädigenden Handlung an gerechnet ( Art. 60 Abs. 1 OR ). Wird die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt diese auch für den Zivilanspruch ( Art. 60 Abs. 2 OR ). Die längere strafrechtliche Verjährungsfrist von Art. 60 Abs. 2 OR kommt nach der Rechtsprechung auch für selbständige Genugtuungsansprüche von Angehörigen zur Anwendung ( BGE 122 III 5 E. 2). Die Vorinstanz und der Beschwerdeführer gehen übereinstimmend davon aus, dass auf die zivilrechtlichen Ansprüche der Erben des verunfallten Piloten die Verjährungsbestimmung von Art. 60 Abs. 2 OR zur Anwendung gelangt. Streitig ist indessen die Frage, ob die massgebliche Verjährungsfrist von 5 Jahren ( Art. 60 Abs. 2 OR ; Art. 117 i.V.m. Art. 70 StGB ) unterbrochen worden ist. Solange sich der Geschädigte am Strafverfahren nicht durch Geltendmachung seiner Zivilforderung beteiligt, liegt keine Zivilklage vor. Die durch Untersuchungshandlungen der Strafverfolgungsbehörden oder Verfügungen des Gerichts bewirkte Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung ( Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 StGB ), kann sich somit nicht auf die zivilrechtliche Verjährung auswirken. Dies ergibt sich aus Art. 135 Ziff. 2 OR , nach welcher Bestimmung BGE 124 IV 49 S. 52 die Unterbrechung der zivilrechtlichen Verjährung u.a. eine Klage oder Einrede vor einem Gericht voraussetzt (OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Besonderer Teil, Band II/1, 4. Aufl. 1987, S. 114 Rz. 380; BREHM, Berner Kommentar, N. 93 zu Art. 60 OR je mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Damit die strafrechtliche und zivilrechtliche Verjährung parallel zu laufen beginnen, ist daher erforderlich, dass der Geschädigte innerhalb der strafrechtlichen Verjährungsfrist im Strafverfahren als Prozesspartei in Erscheinung tritt, d.h. seinen Willen manifestiert, im Rahmen des Strafprozesses Zivilklage zu erheben. Von diesem Zeitpunkt an bewirkt die Unterbrechung der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung auch die Unterbrechung der Verjährung für die Zivilforderung. Ist die strafrechtliche Frist somit gemäss Art. 72 Ziff. 2 StGB unterbrochen oder ruht sie, so tritt auch für den Zivilanspruch die Verjährung erst nach Ablauf der verlängerten strafrechtlichen Frist ein. Andernfalls könnte der Zivilanspruch vor dem Strafanspruch verjähren (OFTINGER/STARK, a.a.O., S. 114 f. Rz. 381; vgl. auch BERTI, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 2. Aufl. 1996, N. 11 zu Art. 60 OR ). Dies entspricht auch dem Zweckgedanken des Opferhilfegesetzes, das in Art. 8 Abs. 1 lit. a eine Pflicht zur Beurteilung der Zivilforderungen im Strafverfahren festlegt. Solange der Täter nicht freigesprochen oder das Verfahren nicht eingestellt ist, entscheidet danach grundsätzlich das Strafgericht auch über die Zivilansprüche des Opfers ( Art. 9 Abs. 1 OHG ). Damit wird dem Interesse des Opfers an einem Entscheid im Zivilpunkt ohne Anstrengung eines zweiten Prozesses Rechnung getragen. Dieses soll nicht zu selbständigen, zivilrechtlichen Prozesshandlungen gezwungen werden, solange das Strafverfahren hängig ist. Handlungen der Straforgane, welche zur Unterbrechung der Strafverfolgungsverjährung führen, sollen daher dem Opfer der betreffenden Straftat bei der Geltendmachung seiner zivilrechtlichen Ansprüche zugute kommen. Im zu beurteilenden Fall haben sich die Hinterbliebenen des verunfallten Piloten nach den verbindlichen Ausführungen der kantonalen Instanzen rechtzeitig als Zivilkläger manifestiert, so dass die Verjährung für ihre Zivilforderung durch die Untersuchungshandlungen ebenfalls unterbrochen worden ist. Die Beschwerde erweist sich somit auch in diesem Punkt als unbegründet.
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1,997
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e9fcfbe5-5f6b-45e7-a1f1-b67ac83457ea
Urteilskopf 125 III 286 49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Juni 1999 i.S. Gordon & Breach Science Publishers SA und Gordon & Breach Science Publishers Ltd. gegen American Institute of Physics und American Physical Society (Berufung)
Regeste Art. 3 lit. e UWG . Vergleichende Werbung. Voraussetzungen, unter denen Vergleiche verschiedener Angebote unlauter, insbesondere irreführend (E. 5) oder unnötig herabsetzend sind (E. 6). Grenzen der Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts auf vergleichende Äusserungen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 287 BGE 125 III 286 S. 287 A.- Die Gordon & Breach Science Publishers Inc. in New York, die Gordon & Breach Science Publishers S.A. in Montreux und die Gordon & Breach Science Publishers Ltd. in London bilden eine internationale Verlagsgruppe, die wissenschaftliche Zeitschriften verlegt. Zum Verlagsprogramm gehören 24 Physikzeitschriften. Nach den Angaben der Verlagsgruppe werden diese Zeitschriften auch an Abonnenten in der Schweiz versandt, und auch schweizerische Wissenschafter veröffentlichen darin Beiträge. Die vom American Institute of Physics verlegte Zeitschrift «Physics Today» veröffentlichte in der Dezember-Ausgabe 1986 einen Beitrag von Henry Barschall mit der Überschrift «The cost of physics journals», in welchem eine Reihe von Physikzeitschriften - worunter auch einige Zeitschriften von Gordon & Breach - hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Preis und Leistung miteinander verglichen wurden. Obschon das Verlagshaus Gordon & Breach in einem Schreiben an Barschall vom 6. Januar 1987 dessen Beitrag als unlauter beanstandete und sich gegen zukünftige gleichartige Gegenüberstellungen rechtliche Schritte vorbehielt, liess Barschall im Juli 1988 im Bulletin der American Physical Society einen Artikel unter dem Titel «Cost of Physical Journals: A Survey» und in der Zeitschrift «Physics Today» einen Beitrag zum Thema «The Cost-Effectiveness of Physics Journals» erscheinen, worin er wiederum die Ergebnisse vergleichender Studien zum Physikzeitschriftenmarkt vorlegte. Daraufhin eingeleitete Vergleichsbemühungen scheiterten, nachdem die Zeitschrift «Physics Today» in der Ausgabe von März 1989 einen Leserbrief Barschalls mit der Überschrift «Cost-Effectiveness of Physics Journals» sowie ein «Statement» der Redaktion veröffentlicht hatte. B.- Am 22. Juni 1989 reichten die in New York, in London und in Montreux domizilierten Gordon & Breach Verlagsgesellschaften beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen das American Institute of Physics und gegen die American Physical Society ein, mit der sie im Wesentlichen Folgendes beantragten: - die gerichtliche Feststellung, dass die Beiträge Barschalls in den Ausgaben von Juli 1988 der Zeitschriften «Physics Today» und «Bulletin of the American Physical Society» unlautere Werbung darstellten; - ein an die Beklagten gerichtetes Verbot, in irgendwelchen Zeitschriften irgendwelche Gegenüberstellungen der Abonnementspreise und Zitierhäufigkeiten von klägerischen und beklagtischen Zeitschriften zu veröffentlichen; - ein an die Beklagten gerichtetes Verbot, die Ausgaben von Juli 1988 und von März 1989 der Zeitschrift «Physics Today» und die Nummer 7 des 33. BGE 125 III 286 S. 288 Bandes (1988) der Zeitschrift «Bulletin of the American Physical Society» direkt oder indirekt an schweizerische Käufer abzugeben, ohne die Artikel und den Leserbrief Barschalls und das «Statement» der «Physics Today»-Redaktion vollständig unleserlich zu machen bzw. zu entfernen; - die Verpflichtung der Beklagten, in den Zeitschriften «Physics Today» und «Bulletin of the American Physical Society» das Urteil, eventuell eine Berichtigung zu veröffentlichen; - die solidarische Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung eines nach Durchführung des Beweisverfahrens zu beziffernden Betrages als Schadenersatz und Gewinnherausgabe. Nachdem das Handelsgericht die Streitsache infolge wiederholter Aufhebung seiner Entscheide durch das Kassationsgericht des Kantons Zürich bereits mehrfach beurteilt hatte, wies es mit Urteil vom 7. Mai 1997 die Klagen der schweizerischen und englischen Gordon & Breach Verlagsgesellschaften ab; auf die Klage der amerikanischen Gordon & Breach Verlagsgesellschaft war es bereits in einem früheren, insoweit rechtskräftig gewordenen Entscheid nicht eingetreten. C.- Das Bundesgericht weist die Berufung der Klägerinnen ab, soweit es darauf eintritt, und bestätigt das handelsgerichtliche Urteil vom 7. Mai 1997. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob die von den Beklagten veröffentlichten Kostenvergleiche zwischen verschiedenen Physikzeitschriften als unlautere vergleichende Werbung im Sinne von Art. 3 lit. e des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241) anzusehen sind. Das Handelsgericht gelangt zum Ergebnis, dass kein unlauterer Wettbewerb vorliegt. Diese Auffassung beanstanden die Klägerinnen als bundesrechtswidrig. a) Die Veröffentlichung vergleichender Angaben über verschiedene Angebote ist in der Schweiz seit jeher grundsätzlich zulässig (vgl. BGE 102 II 292 E. 6 S. 293, mit Hinweisen). Die konkrete Auseinandersetzung mit den von verschiedenen Wettbewerbsteilnehmern angebotenen Waren oder Dienstleistungen dient der Information des Publikums (LUCAS DAVID, Schweizerisches Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. 1997, S. 74 Rz. 247). Vergleichende Werbung darf freilich nicht schrankenlos betrieben werden. Unlauter handelt nach Art. 3 lit. e UWG , wer sich, seine Waren, Werke, Leistungen oder deren Preise in unrichtiger, irreführender, unnötig herabsetzender BGE 125 III 286 S. 289 oder anlehnender Weise mit anderen, ihren Waren, Werken, Leistungen oder deren Preisen vergleicht. Unrichtig ist ein Vergleich, der auf unzutreffenden Angaben beruht. Irreführend kann ein Vergleich hingegen auch dann sein, wenn er sich auf wahre Angaben stützt, diese jedoch ungenau, unwesentlich oder unvollständig und deshalb geeignet sind, bei einem nicht unerheblichen Teil des Publikums falsche Vorstellungen hervorzurufen (ROLAND KNAAK/MICHAEL RITSCHER, Das Recht der Werbung in der Schweiz, S. 57 Rz. 131 f.; PEDRAZZINI, Unlauterer Wettbewerb UWG, S. 80 f.; STREULI-YOUSSEF, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Basel, Bd. V/1, S. 129 f.; vgl. auch BGE 104 II 124 E. 3 S. 127). Eine derartige Irreführungsgefahr kann sich insbesondere ergeben, wenn mit unwesentlichen Vergleichsfaktoren operiert, wesentliche Tatsachen dagegen verschwiegen werden (vgl. BGE 104 II 124 E. 5a S. 131 f.). Auf der anderen Seite ist ein Vergleich nicht schon deshalb unlauter, weil er nicht alle denkbaren Vergleichskriterien einbezieht. Beschränkt sich der Vergleich auf einzelne Kriterien, so hat diese Beschränkung aber aus der Publikation hinreichend deutlich hervorzugehen; es darf nicht der Anspruch einer umfassenden vergleichenden Beurteilung der einander gegenübergestellten Angebote erhoben werden (vgl. BGE 55 II 178 E. 2b S. 181 f.). Wer Vergleiche anstellt, hat die Vergleichsgrundlagen offenzulegen; nur so kann das Publikum die Tragweite der Vergleichsergebnisse richtig einschätzen. Zu beachten ist weiter, dass nur wirklich Vergleichbares miteinander in Beziehung gebracht werden darf ( BGE 104 II 124 E. 5b S. 133). Das gilt namentlich für Preisvergleiche (THOMAS WYLER, Werbung mit dem Preis als unlauterer Wettbewerb, Diss. Basel 1990, S. 102; SIBYLLE M. WIRTH, Vergleichende Werbung in der Schweiz, den USA und der EG, Diss. Zürich 1993, S. 50). Waren oder Leistungen, deren Preise verglichen werden, müssen mengen- und qualitätsmässig miteinander vergleichbar sein. Unter Umständen ist allfälligen Fehlschlüssen des Publikums auch mit näheren Angaben zu den rechnerischen Grundlagen des Preisvergleichs vorzubeugen (vgl. BGE 79 II 409 E. 2a S. 413 f.; siehe auch BGE 104 II 124 E. 5b S. 133). Wettbewerbsrechtlich erheblich sind vergleichende Äusserungen allerdings, auch wenn sie unrichtig oder irreführend sind, nur, sofern und soweit sie das Verhältnis zwischen Mitbewerbern oder zwischen Anbietern und Abnehmern in der Tat beeinflussen können (vgl. Art. 2 UWG ), was voraussetzt, dass sie geeignet sind, sich auf das Marktverhalten der massgebenden Verkehrskreise auszuwirken BGE 125 III 286 S. 290 (vgl. BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., München 1998, N. 87 zu § 3 des deutschen UWG). Denn die wettbewerbsrechtlichen Verbote bestehen nicht einfach um ihrer selbst willen; sie sind vielmehr darauf ausgerichtet zu verhindern, dass der Wettbewerb mit unlauteren Mitteln verfälscht wird (vgl. Art. 1 UWG ). Diese Zielsetzung begrenzt zugleich den Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts. b) Verlagshäuser und Organisationen, die - wie die Klägerinnen und die Beklagten - Physikzeitschriften herausgeben, stehen im Wesentlichen auf zwei Ebenen in gegenseitigem Wettbewerb. Sie bemühen sich einerseits um die Gunst der Abonnenten, namentlich der Fachbibliotheken, anderseits um die Gunst der publizierenden Wissenschafter. Das Handelsgericht vertritt den Standpunkt, die von den Beklagten veröffentlichten Kostenvergleiche zwischen verschiedenen Physikzeitschriften seien weder auf der einen noch auf der anderen Ebene geeignet, die massgebenden Verkehrskreise in die Irre zu führen. Denn die von Barschall verwendeten Vergleichskriterien des Preises je Buchstaben und des Verhältnisses zwischen Preis und Zitierhäufigkeit seien vollkommen irrelevant. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass Physiker oder wissenschaftliche Bibliotheken im Bereich der Physik Publikationen unter dem sachfremden Gesichtspunkt bestellen würden, möglichst viele Buchstaben zu einem geringen Preis geliefert zu bekommen. Ebensowenig rechtfertige sich die sachfremde Annahme, dass im Bereich der Physik die Qualität einer wissenschaftlichen Publikation statt nach ihrem Inhalt danach beurteilt würde, wie häufig sie zitiert werde. Auch käme kein Forscher auf die Idee, lieber in einer billigen als in einer teuren Zeitschrift zu publizieren. Sein Entscheid für oder gegen eine Zeitschrift werde vielmehr in erster Linie von deren Ruf und Qualität bestimmt. Diese Erwägungen vermögen nicht ohne weiteres zu überzeugen. Ob sich dem auf den genannten Kriterien beruhenden Vergleich zum Vornherein jegliche wettbewerbsrechtliche Relevanz absprechen lässt, erscheint zumindest fraglich. Wieviel eine Physikzeitschrift je Buchstabe kostet, vermag zwar in der Tat nichts über ihren wissenschaftlichen Wert und ihre Bedeutung für Forschung und Lehre auszusagen. Richtig ist auch, dass dies für die massgebenden Verkehrskreise - Fachbibliothekare und Wissenschafter - auf der Hand liegt. Auf der anderen Seite darf jedoch auch nicht einfach davon ausgegangen werden, dass der Preis, der für einen bestimmten Textumfang bezahlt werden muss, für den Entscheid der Kundschaft, BGE 125 III 286 S. 291 eine Zeitschrift zu abonnieren oder ein bestehendes Abonnement aufrecht zu erhalten, zum Vornherein keine Rolle spielen würde. Wohl wird das Verhältnis zwischen Abonnementspreis und Textumfang einer Zeitschrift für die Kundschaft kaum je das allein ausschlaggebende Kriterium sein. Als eines unter anderen Kriterien kann sich das so definierte Preis-Leistungs-Verhältnis aber durchaus auf das Marktverhalten von Fachbibliothekaren und Wissenschaftern auswirken, auch wenn damit einzig ein quantitativer Massstab angelegt und die Qualität ausgeklammert wird. Ähnliches gilt auch für das in den Studien Barschalls ebenfalls verwendete Kriterium des Verhältnisses zwischen Abonnementspreis und Zitierhäufigkeit. Die Häufigkeit, mit der eine Zeitschrift zitiert wird, erlaubt zwar wiederum keine direkten Rückschlüsse auf ihre Qualität. Sie liefert aber doch immerhin einen - wenn auch rein quantitativen und daher mit entsprechender Vorsicht zu geniessenden - Anhaltspunkt dafür, wie stark die dort publizierten Beiträge in der Wissenschaft beachtet werden. Ein daran anknüpfender Preisvergleich kann deshalb für den Wettbewerb zwischen verschiedenen wissenschaftlichen Zeitschriften durchaus von einer gewissen Bedeutung sein. Entscheidend ist jedoch, dass die von den Beklagten veröffentlichten vergleichenden Studien weder als unrichtig noch als irreführend bezeichnet werden können. Die verwendeten Vergleichskriterien erlauben zwar keine umfassende Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses der verschiedenen miteinander verglichenen Zeitschriften. Diesen Anspruch erheben die Studien Barschalls aber auch nicht. Vielmehr geht aus ihnen klar hervor, auf welchen Grundlagen die Zeitschriftenvergleiche beruhen. Die bloss beschränkte Tragweite der Vergleichsergebnisse ist daher für die Leserschaft ohne weiteres ersichtlich. Das gilt umso mehr, als sich die Veröffentlichungen an Personen mit wissenschaftlicher Bildung richten. Denn solche Personen sind sich gewohnt, statistische Untersuchungen in ihrer Relativität zu sehen. Die beschränkte Aussagekraft der Studien Barschalls kann ihnen deshalb kaum entgehen. Unter diesen Umständen kann ausgeschlossen werden, dass die Studien bei einem nicht unerheblichen Teil des Publikums Fehlvorstellungen über die Tragweite der darin angestellten Vergleiche hervorrufen könnten. 6. Die Klägerinnen beanstanden die von den Beklagten veröffentlichten vergleichenden Studien nicht nur als irreführend, sondern auch als unnötig herabsetzend. Unnötig herabsetzend ist ein Vergleich insbesondere dann, wenn er unsachlich oder unverhältnismässig BGE 125 III 286 S. 292 ist, weil wettbewerbsfremde Vergleichsparameter verwendet oder bestimmte Wettbewerbsteilnehmer durch unnötig aggressive, gehässige Angriffe verunglimpft werden (SIBYLLE M. WIRTH, a.a.O., S. 75 ff.; THOMAS WYLER, a.a.O., S. 79; vgl. auch PEDRAZZINI, a.a.O., S. 81, sowie BERNARD ABRECHT, La licéité des tests comparatifs, Genf 1995, S. 187 ff., THOMAS R. HÜGI, Die Veröffentlichung vergleichender Warentests unter lauterkeitsrechtlichen Aspekten, Diss. Bern 1997, S. 53 f., und JOHANN GÜNTHER SCHMID, Die vergleichende Reklame, Diss. Zürich 1955, S. 88 f.). Die von Barschall verwendeten Vergleichsmassstäbe erlauben zwar bloss eine auf quantitative Gesichtspunkte beschränkte Beurteilung der verglichenen Zeitschriften. Auf der anderen Seite können sie jedoch entgegen der Meinung der Klägerinnen auch nicht als «vollkommen irrelevant» und damit als wettbewerbsfremd bezeichnet werden. Barschalls in Tabellenform präsentierte Vergleiche sind zwar von beschränkter Tragweite, doch beruhen sie durchaus auf sachlicher Grundlage. Auch die zugehörigen Erläuterungen bleiben sachbezogen; sie enthalten keine unnötig aggressiven oder gehässigen Verunglimpfungen. Der Vorwurf der unnötigen Herabsetzung erweist sich daher ebenfalls als unbegründet.
null
nan
de
1,999
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Federation
e9ffd2bf-818e-482e-807f-01adbf27f5e8
Urteilskopf 109 II 286 61. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. April 1983 i.S. S. gegen S. (Berufung)
Regeste Art. 151 Abs. 1 ZGB ; Dauer der Rente. Eine gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB zugesprochene Rente kann auch dann zeitlich beschränkt werden, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und die Lebensverhältnisse der geschiedenen Frau sich dadurch dauernd verändert haben. Die Rente ist aber mindestens für so lange zu gewähren, als die der Mutter zugeteilten Kinder eine umfassende Fürsorge und Pflege benötigen, was bis zum 16. Altersjahr des jüngsten Kindes zutreffen dürfte, sowie für die mutmassliche Dauer der beruflichen Wiedereingliederung der geschiedenen Frau. Die Praxis, den Rentenanspruch gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB in der Regel auf die halbe Ehedauer zu beschränken, ist bundesrechtswidrig.
Sachverhalt ab Seite 287 BGE 109 II 286 S. 287 E. S., geboren 1939, und U. B., geboren 1951, lernten sich im Frühjahr 1968 kennen und heirateten am 28. März 1969. In den Jahren 1969 und 1970 wurden ihnen zwei Söhne und am 22. November 1977 eine Tochter geboren. Am 15. Oktober 1979 machte der Ehemann die Scheidungsklage anhängig. Die Beklagte erhob Widerklage auf Scheidung. Das Amtsgericht sprach am 18. September 1981 die Scheidung der Ehe auf Begehren beider Parteien gestützt auf Art. 142 ZGB aus. Die drei Kinder stellte es unter die elterliche Gewalt der Mutter, und es regelte das Besuchsrecht des Klägers. Diesen verpflichtete es, für die Kinder monatlich je Fr. 440.-- nebst Kinderzulagen und der Beklagten eine Rente von Fr. 200.-- gemäss Art. 152 ZGB , begrenzt BGE 109 II 286 S. 288 auf die Dauer von sechs Jahren, zu bezahlen. Sämtliche Beiträge wurden indexiert. Die Beklagte zog dieses Urteil an den Appellationshof des Kantons Bern weiter, worauf der Kläger Anschlussappellation erhob. Der Appellationshof hiess beide Appellationen am 10. Juni 1982 teilweise gut. Er erhöhte die Beiträge des Klägers für die Kinder auf je Fr. 480.-- zuzüglich Kinderzulagen und sprach der Beklagten gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB eine monatliche Rente von Fr. 300.-- für die Dauer von sechs Jahren zu. Mit Berufung an das Bundesgericht verlangt die Beklagte u.a. für die drei Kinder monatliche Unterhaltsbeiträge von je Fr. 517.-- zuzüglich Kinderzulagen und für sich selber eine Dauerrente gemäss Art. 151 ZGB von Fr. 705.-- im Monat. Der Kläger erhebt Anschlussberufung und beantragt u.a., er sei zu verurteilen, für jedes Kind einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 480.-- nebst Kinderzulagen und für die Beklagte einen solchen von Fr. 200.-- für die Dauer von sechs Jahren gestützt auf Art. 152 ZGB zu leisten. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und verpflichtet den Kläger, der Beklagten gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB eine monatliche indexierte Rente von Fr. 500.-- bis zum 30. November 1993 zu bezahlen. Die Anschlussberufung weist es ab und bestätigt im übrigen das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. a) Die Vorinstanz hat der Beklagten gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB eine Unterhaltsersatz- und Entschädigungsrente von Fr. 300.--, begrenzt auf sechs Jahre, zuerkannt. In seiner Anschlussberufung bestreitet der Kläger einen solchen Anspruch. Er möchte seiner Ehefrau lediglich eine Bedürftigkeitsrente von Fr. 200.--, ebenfalls begrenzt auf die Dauer von sechs Jahren, zugestehen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wie der Appellationshof zutreffend festgehalten hat, ist das Verschulden der ansprechenden Ehefrau, falls überhaupt von einem solchen gesprochen werden kann, angesichts der gesamten Umstände des vorliegenden Falles als leicht zu bewerten, das für die Zerrüttung zudem nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Das wird vom Kläger nicht ernsthaft bestritten. Auf der andern Seite aber muss das Verschulden des Klägers selbst als durchaus gewichtig betrachtet werden, wie dies in Erwägung 3 dargelegt wurde. Dass BGE 109 II 286 S. 289 daneben erhebliche objektive Faktoren mit zur Ehezerrüttung beigetragen haben, vermag den Kläger unter dem Gesichtspunkt des Art. 151 ZGB nicht zu entlasten. b) Der Appellationshof hat daher zu Recht einen Unterhaltsersatz- und Entschädigungsanspruch der Beklagten gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB bejaht. Fraglich ist demnach nur, ob eine entsprechende Rente unter den hier gegebenen Verhältnissen auf Dauer hätte zugesprochen werden müssen, wie es die Beklagte verlangt. Sie verweist zur Begründung ihres Anspruchs auf die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach immer dann, wenn Kinder aus der Ehe hervorgegangen und der Mutter zugeteilt worden sind, eine zeitliche Begrenzung der Rente grundsätzlich auszuschliessen war ( BGE 98 II 166 und BGE 97 II 10 E. 4). In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht indessen an dieser Praxis nicht mehr festgehalten ( BGE 109 II 185 E. 5). Es hat darauf hingewiesen, dass die bisherige Betrachtungsweise der wirklichen Lage nicht immer gerecht werde; denn es könne nicht gesagt werden, dass jede Frau, die Kinder geboren und auferzogen hat und deren Lebensbedingungen sich dadurch zugegebenermassen grundlegend und dauernd verändert haben, infolge der Scheidung auch stets einen dauernden finanziellen Schaden erleide. Vielmehr sei in jedem konkreten Fall abzuklären, ob eine geschiedene Frau trotz Kinderbetreuung sich auf längere Sicht eine wirtschaftliche Situation werde schaffen können, in der sie nicht schlechter gestellt sein werde, als wenn sie die Ehe nicht eingegangen wäre. Treffe dies zu, rechtfertige sich eine lebenslange Bindung finanzieller Art an den früheren Ehegatten im Sinne einer Dauerrente nicht. Gemäss dieser neuen Rechtsprechung sind bei der Abklärung der Dauer der Leistungspflicht folgende Faktoren zu berücksichtigen: die Dauer der Ehe, die Schwere des Verschuldens des pflichtigen Ehegatten, das Alter und der Gesundheitszustand des anspruchsberechtigten Gatten, seine Ausbildung, seine finanzielle Situation und die allgemeine Wirtschaftslage sowie die dem Gatten wieder offenstehende Möglichkeit, ganz oder teilweise einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Eine Rente ist aber mindestens für so lange zuzusprechen, als die der Ehefrau zugeteilten Kinder eine umfassende Fürsorge und Pflege benötigen, was bis zum 16. Altersjahr des jüngsten Kindes zutreffen dürfte, sowie für die mutmassliche Dauer einer allfälligen beruflichen Wiedereingliederung der Ehefrau. BGE 109 II 286 S. 290 Der Appellationshof hat im vorliegenden Fall alle diese Kriterien ausser acht gelassen. Er hat lediglich festgehalten, bezüglich der Dauer der Leistungspflicht des Klägers sei in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und üblicher Praxis folgend etwa auf die halbe Ehedauer abzustellen. Ein Unterhaltsbeitrag für die Dauer von sechs Jahren sei daher angemessen. Er fügte noch bei, eine Dauerrente sei im übrigen schon deswegen nicht zuzusprechen, weil es der noch jungen Beklagten im Zeitpunkt, wo ihre Kinder dies altersmässig erlaubten, durchaus zumutbar sei, einer zusätzlichen Arbeit ausser Hauses nachzugehen. Soweit sich der Appellationshof auf die im Kanton Bern übliche Praxis, den Rentenanspruch auf die halbe Ehedauer zu beschränken, beruft, kann ihm nicht gefolgt werden. Eine solche Lösung ist zu schematisch und widerspricht dem den Art. 151/52 ZGB zugrundeliegenden Grundsatz, die Rentenansprüche nach Recht und Billigkeit, d.h. unter Beachtung aller massgebenden Gesichtspunkte und konkreten Umstände, zu bemessen. Sie ist daher mit dem Bundesrecht nicht vereinbar. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Beklagte sehr jung, im 18. Altersjahr, geheiratet hat und heute erst 32 Jahre alt ist. Ihre Kinder sind 14-, 13- und 6jährig. Die Beklagte hat keinen Beruf erlernt, was allerdings auf die Einstellung ihrer Eltern und nicht auf ihre frühe Eheschliessung zurückzuführen ist. Sie hat aber stets auf dem elterlichen Bauernhof gearbeitet und könnte daher im Zeitpunkt, in welchem ihr jüngstes Kind ins Lehrlingsalter treten wird, d.h. in zehn Jahren, diese Arbeit entweder noch ausdehnen oder eine Stelle annehmen, an der sie ähnliche Arbeit verrichten kann. Für sie hat sich in dieser Hinsicht durch die Eheschliessung nicht viel geändert. Die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Dauerrente sind daher nicht gegeben. Allerdings wäre die Beklagte angesichts der guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers bei Fortsetzung der Ehe wohl kaum je gezwungen gewesen, durch Erwerbsarbeit für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Das hindert aber nicht, ihr dies zuzumuten, wenn ihr jüngstes Kind 16 Jahre alt sein wird. Bis dahin hätte sie auch Zeit, sich allenfalls um eine geeignete Ausbildung zu bemühen. Dem Begehren der Beklagten ist daher in dem Sinne teilweise zu entsprechen, als die ihr gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB zustehende Rente während zehn Jahren, d.h. bis zum 30. November 1993 (am 22. November 1977 wurde ihr jüngstes Kind geboren), auszurichten ist.
public_law
nan
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1,983
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ea03740a-a645-495a-a94e-fc80c1ca3bef
Urteilskopf 122 V 206 30. Urteil vom 7. August 1996 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen M. und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 4, Art. 19 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2 lit. a und c, Art. 19 Abs. 3 IVG , Art. 8 Abs. 1 lit. a und c, Art. 8 Abs. 2 IVV . Es besteht kein Anspruch auf Ausrichtung von Schulgeld, wenn "bildungsfähige Minderjährige" (ab 1. Januar 1996 "bildungsfähige Versicherte, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben") im Rahmen der öffentlichen Volksschule Sonderschulunterricht im iv-rechtlichen Sinne erhalten.
Sachverhalt ab Seite 206 BGE 122 V 206 S. 206 A.- M., geboren 1983, leidet seit Geburt an Autismus infantum (Geburtsgebrechen Ziff. 401 GgV-Anhang). Seit Beginn des Schuljahres 1990/91 besucht er die Einschulungs- oder Sonderklasse A in X. Während 10 Stunden pro Woche erhält er Einzelförderunterricht. Mit Verfügung vom 21. Oktober 1991 hat die Ausgleichskasse des Kantons Zürich das beim IVK-Sekretariat am 2. Mai 1991 eingegangene Gesuch der Primarschulpflege Z und des Schulpsychologen E. vom Schul-Zweckverband Bezirk Y abgelehnt, worin beantragt worden war, es habe die Invalidenversicherung unter dem Titel heilpädagogische Einzelförderung im Sinne einer in die Volksschule integrierten Sonderschulung Beiträge an die 10 Wochenstunden auszurichten. B.- Die hiegegen von den Eltern eingereichte Beschwerde hiess die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich mit Entscheid vom 13. April 1993 unter dem Titel pädagogisch-therapeutischer Massnahmen gut. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Rekursentscheides. Der Beschwerdegegner lässt mit Hinweis auf eine Stellungnahme der Schulpflege sinngemäss Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde BGE 122 V 206 S. 207 beantragen. Die Ausgleichskasse verzichtet auf Vernehmlassung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) An die Sonderschulung bildungsfähiger Minderjähriger, denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, werden Beiträge gewährt. Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt ( Art. 19 Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung; ab 1. Januar 1996 "bildungsfähige Versicherte, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben"). Nach Art. 9 Abs. 2 IVG umfassen die Beiträge a) ein Schulgeld, bei dessen Festsetzung eine Beteiligung der Kantone und Gemeinden entsprechend ihren Aufwendungen für die Schulung eines nicht invaliden Versicherten, der das 20. Altersjahr noch nicht vollendet hat, zu berücksichtigen ist; b) ein Kostgeld (...); c) besondere Entschädigungen für zusätzlich zum Sonderschulunterricht notwendige Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art, wie Sprachheilbehandlung für schwer Sprachgebrechliche, Hörtraining und Ableseunterricht für Gehörgeschädigte sowie Sondergymnastik zur Förderung gestörter Motorik für Sinnesbehinderte und hochgradig geistig Behinderte; d) besondere Entschädigungen für die mit der Überwindung des Schulweges im Zusammenhang stehenden invaliditätsbedingten Kosten. Gemäss Art. 19 Abs. 3 IVG bezeichnet der Bundesrat im einzelnen die gemäss Abs. 1 erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Beiträgen und setzt deren Höhe fest (Satz 1). Er erlässt Vorschriften über die Gewährung entsprechender Beiträge an Massnahmen für invalide Kinder im vorschulpflichtigen Alter, insbesondere zur Vorbereitung auf die Sonderschulung, sowie an Massnahmen für invalide Kinder, die die Volksschule besuchen (Satz 2). b) Im Rahmen dieser formellgesetzlichen Ausgangslage, namentlich gestützt auf die Rechtsetzungsdelegation in Art. 19 Abs. 3 IVG , hat der Bundesrat in den Art. 8 ff. IVV Vorschriften über die Massnahmen für die Sonderschulung aufgestellt. Laut Art. 8 Abs. 1 IVV umfassen die Massnahmen für die Sonderschulung BGE 122 V 206 S. 208 a) regelmässigen Sonderschulunterricht für Versicherte, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben und die infolge Invalidität den Anforderungen der Volksschule nicht zu genügen vermögen, in Form einer dem Gebrechen angepassten eigentlichen Schulausbildung (oder einer Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und in der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt für jene Versicherte, welche im Sinne des wiedergegebenen Art. 19 Abs. 1 in fine IVG dem Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt zu folgen vermögen); b) (schulungsbedingte auswärtige Unterbringung und Verpflegung); c) Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art, die zusätzlich zum Sonderschulunterricht gemäss Buchstabe a oder zur Ermöglichung der Teilnahme am Volksschulunterricht infolge Invalidität notwendig sind, wie insbesondere Sprachheilbehandlung für schwer Sprachgebrechliche, Hörtraining und Ableseunterricht für Gehörgeschädigte, Massnahmen zum Spracherwerb und Sprachaufbau für hochgradig geistig Behinderte sowie Sondergymnastik zur Förderung gestörter Motorik für Sinnesbehinderte und hochgradig geistig Behinderte; d) (Transporte). Den Begriff der Volksschule im Sinne von Art. 19 Abs. 1 IVG hat der Bundesrat in Art. 8 Abs. 2 IVV dahingehend umschrieben, dass als Volksschule der im Rahmen der Schulpflicht vermittelte Unterricht mit Einschluss des Unterrichts in Hilfs- und Förderklassen gilt. Der Beitragsanspruch an die Sonderschulung gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a IVV , somit an den Sonderschulunterricht, steht einerseits Versicherten zu, bei denen eines der in Art. 9 Abs. 1 lit. a-f IVV aufgezählten Gebrechen vorliegt mit Vermutung der Sonderschulunterrichtsbedürftigkeit, anderseits den Versicherten, denen infolge eines anderen körperlichen oder geistigen Gebrechens der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist ( Art. 9 Abs. 1 lit. g IVV ) oder die infolge mehrerer Gebrechen ( Art. 9 Abs. 2 IVV ) dem Unterricht in der Volksschule nicht zu folgen vermögen, selbst wenn die für die einzelnen Gebrechen erforderlichen Voraussetzungen nach Art. 9 Abs. 1 lit. a-f IVV nicht erfüllt sind ( BGE 109 V 12 Erw. 1; ZAK 1983 S. 253 Erw. 1). Wird somit die Sonderschulunterrichtsbedürftigkeit in Art. 9 IVV näher umschrieben, fehlt es an einer entsprechenden Bestimmung im Bereich der pädagogisch-therapeutischen Massnahmen, welche formulieren würde, wann ein Kind die hiefür erforderlichen invaliditätsmässigen Voraussetzungen erfüllt. Die Antwort darauf muss daher, den Grundsätzen in Art. 4 IVG folgend, direkt der Begriffsnorm des Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV BGE 122 V 206 S. 209 entnommen werden (Erw. 5b/bb des unveröffentlichten Urteils A. vom 12. November 1993). 2. Voraussetzung für jeglichen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung ist das Vorhandensein einer Invalidität ( Art. 4 Abs. 1 IVG ). Deren Art und Schwere werden je nach der in Frage stehenden Leistung mit Hilfe verschiedener Kriterien bemessen ( Art. 4 Abs. 2, Art. 5 und Art. 10 Abs. 1 IVG ). Dies gilt auch für die Leistungsart der Sonderschulung bildungsfähiger Versicherter gemäss Art. 19 IVG , welche eine Eingliederungsmassnahme ist ( Art. 8 Abs. 3 lit. c IVG ). Die in Art. 19 Abs. 1 IVG verankerte gebrechensbedingte Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit des Volksschulbesuches ist die invaliditätsmässige Voraussetzung dafür, dass die Invalidenversicherung gestützt auf Art. 19 IVG Beiträge leistet. Invalidität nach Art. 19 IVG heisst somit Sonderschulbedürftigkeit (MEYER-BLASER, Die Bedeutung der Sonderschulzulassung für den Leistungsanspruch gegenüber der Invalidenversicherung, in: SZS 1986 S. 68). Der Vielzahl der Sonderschulmassnahmen (vgl. Erw. 1) entspricht es nach der gesetzlichen Systematik ( Art. 4 Abs. 2 IVG ), dass die Sonderschulbedürftigkeit je nach der in Frage stehenden Leistungsart spezifisch umschrieben wird (MEYER-BLASER, a.a.O., S. 69). Hierin unterscheiden sich die Beitragsberechtigung auf Massnahmen des Sonderschulunterrichts ( Art. 19 Abs. 2 lit. a IVG , Art. 8 Abs. 1 lit. a IVV ) von jener auf pädagogisch-therapeutische Massnahmen ( Art. 19 Abs. 2 lit. c IVG , Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV ) grundlegend: Nicht nur fehlt es für die pädagogisch-therapeutischen Massnahmen, wie bereits festgestellt (Erw. 1b in fine), an einer Umschreibung des beitragsanspruchsbegründenden Gesundheitsschadens, wie dies der Verordnungsgeber in Art. 9 IVV für die Beiträge an den Sonderschulunterricht vorgesehen hat. Vor allem unterscheiden sich die beiden invalidenversicherungsrechtlichen Leistungsarten dadurch, dass Beiträge an Sonderschulunterricht von der Invalidenversicherung nur zu erbringen sind, wenn der Besuch der Volksschule im Sinne von Art. 19 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 IVV gebrechensbedingt unmöglich oder unzumutbar ist; demgegenüber schuldet die Invalidenversicherung Beiträge an pädagogisch-therapeutische Massnahmen nicht nur dann, wenn sie zusätzlich zum Sonderschulunterricht beansprucht werden, sondern auch dann, wenn sie gebrechensbedingt erforderlich sind, um dem Versicherten die Teilnahme am Volksschulunterricht zu ermöglichen, wie dies in Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV , gestützt auf Art. 19 Abs. 3 in fine IVG in delegationsrechtlich zulässiger BGE 122 V 206 S. 210 Weise angeordnet wurde. Dabei ist diese Notwendigkeit, den Volksschulunterricht durch pädagogisch-therapeutische Massnahmen zu ergänzen, volksschultypendurchgreifend zu konkretisieren: Wenn und soweit gesundheitlich bedingte Schulschwierigkeiten nach ergänzendem Einsatz pädagogisch-therapeutischer Massnahmen rufen, damit der Versicherte den für ihn nach seinen persönlichen Verhältnissen geeigneten Volksschultyp besuchen kann, sind die invaliditätsmässigen Voraussetzungen dafür erfüllt (Erw. 5b/cc des unveröffentlichten Urteils A. vom 12. November 1993). 3. Im Hinblick auf diese positivrechtlich verschieden umschriebenen invaliditätsmässigen Voraussetzungen für Invalidenversicherungsbeiträge an Sonderschulunterricht einerseits, pädagogisch-therapeutische Massnahmen anderseits, ist zunächst zu prüfen, ob und unter welche dieser beiden Leistungsarten die vom Beschwerdegegner anbegehrte Vorkehr fällt. Andere invalidenversicherungsrechtliche Sonderschulmassnahmen (Erw. 1) scheiden aufgrund der tatsächlichen Verumständungen von vornherein aus. Während die Rekurskommission die Beitragsberechtigung an den Einzelförderunterricht des Beschwerdegegners unter dem Titel pädagogisch-therapeutischer Massnahmen bejaht hat, ist das beschwerdeführende Amt der Auffassung, es handle sich um einen in den Volksschulunterricht integrierten sonderpädagogischen Unterricht, welcher die begrifflichen Kriterien pädagogisch-therapeutischer Massnahmen nicht erfülle. a) Die Rechtsprechung versteht unter pädagogisch-therapeutischen Massnahmen im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. c IVG und Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV Vorkehren, die nicht unmittelbar der Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in schulischen Belangen dienen. Sie treten ergänzend zum Sonderschulunterricht hinzu und sind hauptsächlich darauf ausgerichtet, die Schulung beeinträchtigende Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen. Der Begriff "therapeutisch" verdeutlicht, dass hiebei die Behandlung des Leidens im Vordergrund steht. Wie der Massnahmenkatalog (gemäss den erwähnten Bestimmungen) zeigt, geht es dabei vornehmlich um die Verbesserung gewisser körperlicher oder psychischer Funktionen im Hinblick auf den Sonderschulunterricht. Die Abgrenzung gegenüber den medizinischen Massnahmen anderseits erfolgt danach, ob das pädagogische oder das medizinische Moment überwiegt ( BGE 114 V 27 Erw. 3a mit Hinweisen; Erw. 4a des unveröffentlichten Urteils C. vom 16. April 1992). Wie das Eidg. Versicherungsgericht in anderem Zusammenhang BGE 122 V 206 S. 211 bestätigt hat, kommt dem Erfordernis der Unterrichtsmässigkeit eine wichtige Funktion zu, um Sonderschulunterricht von pädagogisch-therapeutischen Massnahmen abzugrenzen, für welche der akzessorische, d.h. zum Sonderschul- oder Volksschulunterricht hinzutretende Charakter typisch ist (Erw. 3b des unveröffentlichten Urteils K. vom 4. November 1993). Im Verhältnis zum Sonderschulunterricht stellen pädagogisch-therapeutische Massnahmen eine "Extraleistung" dar (so BGE 102 V 110 Erw. 3). b) Der Beschwerdegegner besucht seit Beginn des Schuljahres 1990/91 die Einschulungs- oder Sonderklasse A in X. Dem Bericht der R. und des K. vom 12. November 1991 (Beobachtungen und Aspekte aus schulischer Sicht) ist über die Auswirkungen der Behinderung (Autismus) auf die Schulung des hochintelligenten Knaben folgendes zu entnehmen: "Seine Behinderung verunmöglicht ihm andererseits eine selbständige Teilnahme am Unterrichtsgeschehen in der Kleinklasse. Seine breitgefächerten, differenzierten Fähigkeiten zu fördern ist aber nur möglich bei intensiver, individueller Betreuung am Platz und während des Unterrichts. Dies deshalb, weil nicht voraussehbar ist, wie M. je nach seiner Tagesverfassung auf die aktuellen Lernangebote reagiert. Ein flexibler Umgang mit seinen Lernmöglichkeiten und seiner Lernbereitschaft ist erforderlich. Die Schulpflege Z hat deshalb seit Februar 1991 eine zusätzliche Lehrkraft verpflichtet, die den Knaben während 10 seiner 18 Schulstunden in der Einschulungsklasse zusätzlich begleitet." Aus diesen Angaben geht deutlich hervor, dass es sich beim streitigen Einzelunterricht um eine unterrichtsmässige Vorkehr handelt, und nicht um eine vom Unterricht unterscheidbare zusätzliche Massnahme, wie dies für pädagogisch-therapeutische Massnahmen begriffswesentlich ist. Folglich steht ihm unter dem Rechtstitel pädagogisch-therapeutischer Massnahmen keine Beitragsberechtigung zu Lasten der Invalidenversicherung zu. Aus dem bei den Akten liegenden unveröffentlichten Urteil S. vom 11. Februar 1993 ergibt sich nichts anderes, dies schon deswegen nicht, weil dort insofern andere Verhältnisse vorlagen, als der in jener Sache beurteilte graphomotorische Einzelunterricht im Sinne einer gezielten Therapie bezweckte, die für das Schreibenlernen notwendige Handmotorik zu fördern. 4. Steht somit der unterrichtsmässige Charakter des dem Beschwerdegegner von 18 Wochenstunden während 10 Lektionen erteilten Einzelunterrichts fest, bleibt zu prüfen, ob eine Beitragsberechtigung unter dem Titel des BGE 122 V 206 S. 212 invalidenversicherungsrechtlichen Sonderschulunterrichts ( Art. 19 Abs. 2 lit. a, Art. 8 Abs. 1 lit. a IVV ) besteht, d.h. ob ein Anspruch auf Ausrichtung von Schulgeld besteht, wenn bildungsfähige Versicherte im Rahmen der öffentlichen Volksschule Sonderschulunterricht im invalidenversicherungs-rechtlichen Sinne erhalten. Das Gesetz sieht die Gewährung von Beiträgen an die eigentliche Schulausbildung in Art. 19 Abs. 1 IVG (Schulgeld Art. 19 Abs. 2 IVG ) vor, dies aber nur unter der ausdrücklichen Voraussetzung, dass dem Versicherten der Besuch der öffentlichen Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Daher dürfen die einem sonderschulbedürftigen Versicherten bereits zugesprochenen Sonderschulbeiträge nicht ausgerichtet werden, wenn dieser anstelle der Sonderschule die öffentliche Volksschule besuchen will (unveröffentlichtes Urteil H. vom 30. November 1992). Entsprechend verhält es sich im vorliegenden Fall, wo der Beschwerdegegner tatsächlich die Volksschule besuchte, was den Beitragsanspruch an Sonderschulunterricht ausschliesst.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ea076431-08df-46ce-83ae-e936f1f06cf2
Urteilskopf 124 IV 13 4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. Januar 1998 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 197 aStGB; Missbrauch der Abhängigkeit einer Frau. Zwischen einem Psychotherapeuten und seiner Klientin besteht ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von Art. 197 Abs. 1 aStGB (E. 2c). Art. 9 Abs. 1 OHG ; Beurteilung der Zivilansprüche durch das Strafgericht bei Freispruch. Bei einem Freispruch ist das Strafgericht nach OHG nicht verpflichtet, über Zivilansprüche des Opfers zu entscheiden; das OHG schliesst diese Möglichkeit aber nicht aus (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 124 IV 13 S. 14 Das Kantonsgericht St. Gallen erklärte X. mit Urteil vom 20. Mai 1997 in zweiter Instanz des vollendeten Missbrauchs der Abhängigkeit einer Frau im Sinne von Art. 197 aStGB zum Nachteil von Frau B. [Beschwerdegegnerin 2] schuldig und verurteilte ihn zu 12 Monaten Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug und einer Probezeit von zwei Jahren. Von der Anklage des versuchten Missbrauchs der Abhängigkeit einer Frau zum Nachteil von Frau A. [Beschwerdegegnerin 1] sprach es ihn wegen Eintritts der abso-luten Verjährung frei. Ferner verurteilte es X. gestützt auf Art. 37 Ziff. 7 StP/SG sowie Art. 113 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 10'000.-- und zur Rückerstattung des bezahlten Honorars von Fr. 25'080.-- sowie zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 7'500.-- und zur Rückerstattung des Honorars von Fr. 30'280.-- an die beiden Geschädigten. Dabei nahm es an, X. habe seinen Wohnsitz vor Einreichung der Zivilklage nach Frankreich verlegt und verfüge über keinen schweizerischen Wohnsitz mehr. Gegen diesen Entscheid führt X. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei vollumfänglich aufzuheben und er sei von der Anklage des vollendeten Missbrauchs der Abhängigkeit einer Frau freizusprechen. Ferner sei auf die Zivilforderungen der Geschädigten nicht einzutreten, eventualiter seien sie abzuweisen. Die Geschädigten stellen in ihrer Vernehmlassung Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen hat sich innert Frist nicht vernehmen lassen. Das Kantonsgericht St. Gallen hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) war der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1977 in eigener Praxis psychotherapeutisch tätig, nachdem BGE 124 IV 13 S. 15 er am Szondi-Institut eine Ausbildung als Schicksalsanalytiker abgeschlossen hatte. Er führte zunächst Testuntersuchungen, später auch Analysen und Kurse durch und betätigte sich im In- und Ausland als Supervisor. Am 3. Juni 1987 erteilte ihm das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen die Bewilligung zur selbständigen Ausübung des Psychotherapeutenberufs. Die Vorinstanz stellt fest, die Beschwerdegegnerin 2 habe mit dem Beschwerdeführer zwischen 1982 und 1984 wegen eines Berufstests Kontakt aufgenommen. Er habe sie in der Folge wissen lassen, dass sie eine Analyse benötige. Nach einem weiteren Szondi-Test im Rahmen einer Gruppentherapie habe er ihr erneut eine Analyse empfohlen, worauf sie im Jahre 1987 bei ihm eine Einzelanalyse begonnen habe. Anlässlich eines Kurses in Frankreich habe der Beschwerdeführer begehrt, die Brüste der Beschwerdegegnerin 2 zu berühren. Sie habe dies zugelassen, weil er damit ihre Fraulichkeit bestätigte, welche er ansonsten eher in Frage gestellt habe. In der Einzelanalyse hätten in der Folge Phasen der effektiven therapeutischen Arbeit mit solchen gewechselt, in denen der Beschwerdeführer sich nur noch mit ihrer Sexualität befasst habe. Er habe sie zunächst dazu bewegt, in den Therapiestunden keinen Büstenhalter zu tragen, habe sich bald zu ihr auf die Couch gelegt und ihr schliesslich angetragen, mit ihm zu schlafen. Nachdem sie dies mehrfach abgelehnt hatte, habe sie ihm anlässlich eines weiteren Kurses in Frankreich schliesslich nachgegeben. Eine Störung von aussen habe damals indessen den Geschlechtsverkehr verhindert. Hiezu sei es jedoch zu einem späteren Zeitpunkt im Anschluss an eine Analysestunde in Diepoldsau gekommen. Der Beschwerdeführer habe in der darauf folgenden Therapiestunde und zwei bis drei Wochen später auch telefonisch mehrfach den Wunsch geäussert, den Geschlechtsverkehr zu wiederholen. Die Beschwerdegegnerin 2 habe sich ihm mit der Zeit jedoch entzogen, indem sie die Anzahl der Therapiestunden zu reduzieren suchte und die Therapie in eine Supervision umwandelte. Schliesslich habe der Beschwerdeführer von sich aus die Therapie abgebrochen. 2. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, es habe zwischen ihm und der Beschwerdegegnerin 2 keine Abhängigkeit im Sinne von Art. 197 Abs. 1 aStGB bestanden. Die Beschwerdegegnerin 2 habe schon vor Beginn ihrer Einzelanalyse von seiner unorthodoxen Behandlungsform, bei der es zum Berühren der Brüste und allenfalls zum Geschlechtsverkehr habe kommen können, Kenntnis erlangt. Ausserdem habe er auch anlässlich der mehrere Jahre dauernden BGE 124 IV 13 S. 16 Einzelstunden die unübliche Begrüssungs- und Therapieform mit ihr besprochen und sie über seine unkonventionellen Methoden aufgeklärt. b) Die Vorinstanz bejaht ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Beschwerdegegnerin 2. Dieses ergebe sich aus ihren konkreten und anschaulichen Aussagen, wonach sie aufgrund der therapeutischen Beziehung nicht in der Lage gewesen sei, sich dem Ansinnen des Beschwerdeführers zu widersetzen und sich sofort aus der Therapie zu lösen. Der Beschwerdeführer habe systematisch auf den sexuellen Kontakt mit der Beschwerdegegnerin 2 hingearbeitet. Er habe ihre Widerstände stets mit ihrer angeblichen sexuellen Problematik verknüpft und, wenn sie abgelehnt habe, ihre Fraulichkeit in Frage gestellt. Damit habe er sie einem unausweichlichen Druck und starken Selbstzweifeln ausgesetzt. c) aa) Gemäss Art. 197 Abs. 1 aStGB macht sich schuldig, wer von einer Frau durch Missbrauch ihrer Notlage oder ihrer durch ein Amts- oder Dienstverhältnis oder auf ähnliche Weise begründeten Abhängigkeit den Beischlaf erlangt. bb) Die Vorinstanz hat in Übereinstimmung mit dem Bezirksgericht Unterrheintal zu Recht Art. 197 Abs. 1 aStGB als milderes Recht angewendet. Dies wird vom Beschwerdeführer nicht beanstandet. cc) Nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz besteht zwischen einem Psychotherapeuten und seiner Klientin ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von Art. 197 Abs. 1 aStGB (vgl. zum neuen Recht gemäss Art. 193 Abs. 1 StGB : JENNY, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, 4. Band: Delikte gegen die sexuelle Integrität und die Familie, Art. 193 N. 9; REHBERG, Strafrecht III, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 405; TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 193 N. 2; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil I, 5. Aufl., Bern 1995, § 7 N. 50; CORNELIA KRANICH, Rechtliche Aspekte zum Therapiemissbrauch, in: Plädoyer 6/1992, S. 38 f. Ziff. 2). In der Fachliteratur wird einhellig angenommen, dass in der Psychotherapie ein intensives Vertrauensverhältnis zwischen Therapeut und Klient entsteht. Dies liegt schon darin begründet, dass psychisch Leidende sich in aller Regel in einer Lage befinden, die sie mit eigenen Kräften nicht glauben meistern zu können, und auf fachkompetente Hilfe hoffen. In der Psychotherapie, die in der Regel in einer exklusiven Zweierbeziehung durchgeführt wird, vertrauen sie BGE 124 IV 13 S. 17 sich einseitig und in einem Masse, wie es in Alltagsbeziehungen nicht üblich ist, mit all ihren Problemen, Sorgen und Schwächen den Behandelnden an und legen dabei ganz persönliche Gefühle, Phantasien, Ängste und Wünsche offen. Daraus entwickelt sich eine ausserordentlich intime Situation, die sich im Laufe einer Therapie meist verstärkt und in hohem Masse eine Verletzlichkeit des Patienten mit sich bringt. Denn im Verhältnis zum Therapeuten werden in dieser Situation eine ganze Reihe von Selbstschutzmechanismen, die im normalen Leben unverzichtbar sind, ausser Kraft gesetzt, so dass sich der Patient in gewissem Mass dem Therapeuten ausliefert. Dadurch entsteht eine starke Bindung, die mit intensiven Gefühlen von Idealisierung, Verliebtheit, Liebe, Wut und Hass verbunden sein kann. Charakteristisch für diese Bindung ist stets ein erhebliches Machtgefälle zwischen Therapeut und Patient und von daher ein ausgeprägtes Abhängigkeitsverhältnis. Denn durch die Offenbarung von Intimitäten aus dem Leben der Patienten gewinnt der Therapeut einerseits kraft biographischer Kenntnisse, andererseits kraft methodischer und technischer Fachkenntnisse Macht über die Patienten. Jeder therapeutische Prozess bedeutet demzufolge für die Patienten auch einen Kontroll- und Autonomieverlust. Dies gilt im übrigen unabhängig von der therapeutischen Richtung, die der Therapeut vertritt (vgl. MONIKA BECKER-FISCHER/GOTTFRIED FISCHER, Sexueller Missbrauch in der Psychotherapie - was tun?, Heidelberg 1996, S. 130; CLAUDIA HEYNE, TATORT COUCH, Sexueller Missbrauch in der Therapie - Ursachen, Fakten, Folgen und Möglichkeiten der Verarbeitung, S. 113; URSULA WIRTZ, Zentrale Begriffe für das Verständnis des Problems, in: CLAUDIA HEYNE, a.a.O., S. 33; CORNELIA KRANICH, a.a.O., S. 39; BARBARA HEIMANNSBERG, Gleichheit und Differenz, in: Macht und Machtmissbrauch in der Psychotherapie, hrsg. von CHRISTOPH J. SCHMIDT-LELLEK und BARBARA HEIMANNSBERG, Köln 1995, S. 10 f., 14). In der Literatur wird denn auch nachdrücklich betont, jede therapeutische Beziehung lebe von der grundlegenden Voraussetzung, dass Patienten darauf vertrauen können, dass die Grenzen gewahrt bleiben und dass der Therapeut sie schützt und nicht eigennützig agiert. Dabei trägt allein der Behandelnde die Verantwortung für den therapeutischen Prozess mit allen notwendigen Schutzfunktionen. Durch sexuelle Übergriffe wird das tiefe emotionale Abhängigkeitsverhältnis und die besondere Vertrauensstellung des Therapeuten ausgenützt. Jede sexuelle Beziehung innerhalb einer Psychotherapie, insbesondere zwischen einem männlichen Therapeuten und seiner BGE 124 IV 13 S. 18 weiblichen Patientin, welche Konstellation nach den in der Literatur referierten empirischen Untersuchungen am häufigsten beobachtet wird, stellt einen massiven Verstoss gegen die Grundregeln der psychotherapeutischen Heilkunst dar. Sexuelle Übergriffe in Therapien sind dabei immer ein Ausdruck von Machtmissbrauch, Manipulation und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen. Die Abstinenzregel gehört daher zu den Grundregeln der psychotherapeutischen Behandlung (vgl. schon FREUD: "Die Kur muss in der Abstinenz durchgeführt werden", in: Bemerkungen über die Übertragungsliebe, 1915a, GW X, S. 305 ff., 313; vgl. ferner MONIKA BECKER-FISCHER/GOTTFRIED FISCHER, a.a.O., S. 37/48; MONIKA BECKER-FISCHER, Psychodynamische Aspekte bei sexuellem Missbrauch in der Psychotherapie, in: Macht und Machtmissbrauch in der Psychotherapie, hrsg. von CHRISTOPH J. SCHMIDT-LELLEK und BARBARA HEIMANNSBERG, Köln 1995, S. 195 f.; URSULA WIRTZ, Therapie als sexuelles Agierfeld, in: Sexueller Missbrauch in Psychotherapie und Psychiatrie, hrsg. von KURT MARC BACHMANN und WOLFGANG BÖKER, Bern etc. 1994, S. 34 f., 41; MARCO NICOLA, Möglichkeiten der Verarbeitung des Missbrauchs in einer Folgetherapie, in: CLAUDIA HEYNE, a.a.O., S. 170). Die Annahme eines Abhängigkeitsverhältnisses im Sinne von Art. 197 Abs. 1 aStGB durch die Vorinstanz verletzt somit Bundesrecht nicht. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, führt zu keinem anderen Ergebnis. Namentlich stehen Bildungsniveau und Alter der Beschwerdegegnerin 2 einem Abhängigkeitsverhältnis nicht entgegen, ist doch jeder therapeutischen Beziehung ein besonderes Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen Behandelndem und Klient bzw. Klientin inhärent. Die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen vermögen daran grundsätzlich nichts zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer sodann vorbringt, es sei unmöglich, während mehrerer Jahre eine Abhängigkeit aufrechtzuerhalten, verkennt er offensichtlich die Natur der psychotherapeutischen Beziehung zwischen Behandelndem und Patient. Ferner kann der Beschwerdeführer auch aus der angeblichen Aufklärung der Beschwerdegegnerin 2 über seine unorthodoxen Therapiemethoden nichts für seinen Standpunkt ableiten. Wenn er in diesem Zusammenhang ausführt, die Beschwerdegegnerin 2 habe selbst den Wunsch geäussert, sie möchte den Beischlaf vollziehen, widerspricht er im übrigen den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Zwar trifft zu, dass der Tatbestand des Missbrauchs der Abhängigkeit einer BGE 124 IV 13 S. 19 Frau nicht zur Anwendung gelangt, wenn die betroffene Frau nicht infolge der Abhängigkeit, sondern aus anderen Gründen in den Geschlechtsverkehr eingewilligt oder gar die Initiative ergriffen hat (vgl. JENNY, a.a.O., N. 11 mit Hinweis auf BGE 99 IV 163 f.). Ob schliesslich auch dann von sexuellem Missbrauch die Rede sein könnte, wenn die Patientin vor Therapiebeginn der möglichen sexuellen Beziehung mit dem Therapeuten im Sinne einer Behandlungsmethode ausdrücklich zugestimmt hat und es tatsächlich zu einer sexuellen Beziehung kommt, kann hier offenbleiben. In einem solchen Fall müssten der Patient oder die Patientin aber in jedem Fall zusätzlich ausdrücklich auf die Risiken und den experimentellen Charakter einer solchen unüblichen "Therapiemethode" hingewiesen werden (MONIKA BECKER-FISCHER/GOTTFRIED FISCHER, a.a.O., S. 35 f.). Eine derartige ausdrückliche Einwilligung in sexuelle Beziehungen liegt nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz im zu beurteilenden Fall nicht vor. Schliesslich hat die Vorinstanz zu Recht angenommen, es bestehe im selben Ausmass wie bei der Pychotherapie auch zwischen Supervisor und Klient ein Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis. Dass der Umstand, wonach der Geschlechtsverkehr mit der Beschwerdegegnerin 2 anlässlich der Supervision und nicht in der eigentlichen Einzelanalyse stattgefunden hat, zu einer anderen Beurteilung führen muss, macht denn der Beschwerdeführer auch nicht mehr geltend. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt somit als unbegründet, soweit auf sie überhaupt eingetreten werden kann. 3. a) Der Beschwerdeführer wendet sich ferner gegen die Zusprechung der Zivilforderungen an die Beschwerdegegnerinnen. Er macht zunächst geltend, die Vorinstanz habe hinsichtlich der Zivilforderungen der Beschwerdegegnerin 1 Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) und Art. 113 IPRG verletzt. Die Bestimmung von Art. 9 Abs. 1 OHG sehe für den Fall, dass der Täter freigesprochen werde, e contrario zwingend vor, dass die Zivilansprüche des Opfers auf den Zivilweg zu verweisen seien. Indem die Vorinstanz gestützt auf die kantonale Bestimmung von Art. 37 Ziff. 7 StP/SG über die Zivilforderungen entschieden habe, habe sie Bundesrecht verletzt. Im übrigen bestreitet der Beschwerdeführer, dass er in der Schweiz keinen Wohnsitz mehr habe, so dass Art. 113 IPRG nicht zum Zuge komme. Dasselbe gelte auch für Art. 5 Ziff. 4 des übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ; SR 0.275.11). BGE 124 IV 13 S. 20 b) Die Vorinstanz sprach den Beschwerdeführer hinsichtlich der strafbaren Handlungen zum Nachteil der Beschwerdegegnerin 1 zufolge Eintritts der absoluten Verjährung frei. Über die Zivilklage der Beschwerdegegnerin 1 entschied sie in Anwendung von Art. 37 Ziff. 7 StP/SG, welche Bestimmung auch bei einem Freispruch die Beurteilung der Zivilklage erlaube. Die Vorinstanz nahm weiter an, wenn die Zivilklage zufolge Freispruchs nicht mehr adhäsionsweise beurteilt werden könne, entfalte die Gerichtsstandsgarantie am Wohnsitz des Beklagten ihre volle Geltung. Gemäss Art. 113 IPRG könne indes beim schweizerischen Gericht am Erfüllungsort eines Vertrages geklagt werden, wenn der Beklagte weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Niederlassung in der Schweiz habe, die Leistung aber in der Schweiz zu erbringen sei. Diese Zuständigkeit gelte für alle Klagen im Zusammenhang mit einer nicht oder schlecht erbrachten Leistung. Da die Therapie in der Schweiz durchgeführt worden und die Schweiz mithin Erfüllungsort sei, sei die Zuständigkeit der Schweizer Gerichte gegeben. Diese ergebe sich sodann auch aus Art. 5 Ziff. 4 LugÜ . Da der Wohnsitz des Beschwerdeführers in Frankreich keinen ausschliesslichen Gerichtsstand begründe, könne die Beschwerdegegnerin 1 auch nach Verjährung des Delikts ihren zivilrechtlichen Anspruch in der Schweiz geltend machen. c) aa) Nach Art. 9 Abs. 1 OHG entscheidet das Strafgericht auch über die Zivilansprüche des Opfers, solange der Beschuldigte nicht freigesprochen oder das Verfahren nicht eingestellt ist. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass allein bei Zuständigkeit des Strafrichters zu einer materiellen Beurteilung eines strafbaren Verhaltens im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG auch die sachliche Zuständigkeit zur Beurteilung der Zivilforderung des Opfers gegeben ist (GOMM/STEIN/ZEHNTNER, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Art. 9 N. 4). Die Bestimmung besagt indes nur, dass das Opfer bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens nicht mehr gestützt auf das OHG die Beurteilung seiner Zivilforderung im Strafurteil verlangen kann. Dass es dem Strafgericht von Bundesrechts wegen verwehrt sei, die Zivilforderung des Opfers bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens zu beurteilen, und es dieselbe in diesen Fällen auf den Zivilweg verweisen muss, lässt sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers der genannten Bestimmung nicht entnehmen (anders offenbar GOMM/STEIN/ZEHNTNER, a.a.O., Art. 9 N. 3). Dies stimmt auch mit dem Zweckgedanken von Art. 1 Abs. 1 OHG überein, nach welchem mit dem OHG den Opfern von BGE 124 IV 13 S. 21 Straftaten wirksame Hilfe geleistet und ihre Rechtsstellung verbessert werden soll. Eine Einschränkung der Zuständigkeitsregelung zu Lasten der Ansprecher für den Fall eines Freispruchs oder der Einstellung des Verfahrens würde dem zuwiderlaufen. Die Vorinstanz hat demnach Art. 9 Abs. 1 OHG nicht verletzt. bb) Eine allfällige Verletzung von Art. 59 Abs. 1 BV kann im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht überprüft werden. Im übrigen könnte sich der Beschwerdeführer gar nicht auf die Garantie des Wohnsitzrichters berufen, da er nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz seinen Wohnsitz vor Einreichung der Zivilklage nach Frankreich verlegt hat und mithin über keinen schweizerischen Wohnsitz mehr verfügt. cc) Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz ihre Zuständigkeit zu Recht auch auf Art. 113 IPRG abgestützt. Danach kann beim schweizerischen Gericht am Erfüllungsort geklagt werden, wenn der Beklagte weder Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Niederlassung in der Schweiz hat, die Leistung aber in der Schweiz zu erbringen ist. Da der Beschwerdeführer seine Praxis in zwei Ortschaften des Kantons St. Gallen führte, die Therapie also in der Schweiz durchgeführt wurde, hat die Vorinstanz die örtliche Zuständigkeit zu Recht bejaht. Ob sie auch sachlich zuständig war, kann im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht überprüft werden, da die sachliche Zuständigkeit keine Frage des Bundesrechts ist. Insoweit kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
null
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
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Urteilskopf 125 IV 30 6. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 13. Januar 1999 i.S. R. gegen Bundesamt für Polizeiwesen
Regeste Art. 47 Abs. 3 IRSG , Art. 62 Abs. 2 IRSG . Auslieferungshaftbefehl. Sicherstellung von Gegenständen und Vermögenswerten. Erlässt das Bundesamt für Polizeiwesen, dem dabei ein weites Ermessen zusteht, zulässigerweise nur eine Sicherstellungsverfügung, obwohl sich unter den sicherzustellenden Gegenständen auch solche befinden, die voraussichtlich nicht auszuliefern sind, aber zur Kostendeckung verwendet werden sollen, hat auch diese ihre Grundlage allein in Art. 47 Abs. 3 IRSG , weshalb dagegen ausschliesslich die Beschwerde an die Anklagekammer gegeben ist (E. 1). Die Sicherstellung gemäss Art. 47 Abs. 3 IRSG kann ausnahmsweise in Ergänzung eines zuvor erlassenen Auslieferungshaftbefehls auch noch verfügt werden, wenn der Beschuldigte bereits ausgeliefert worden ist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 31 BGE 125 IV 30 S. 31 Mit Telex vom 22. Juni 1998 ersuchte Interpol Wiesbaden/D gestützt auf einen Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 15. Mai 1998 um Festnahme des deutschen Staatsangehörigen R. zum Zwecke der Auslieferung. Nachdem dieser am 7. September 1998 in San Nazzaro/TI festgenommen worden war, erliess das Bundesamt für Polizeiwesen am 10. September 1998 gegen R. einen Auslieferungshaftbefehl. Der Vertreter des Beschuldigten ersuchte am 3./4. November 1998 die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin, ihm die Schlüssel für die Wohnung des Beschuldigten in Locarno auszuhändigen, damit er für diesen dort verschiedene persönliche Gegenstände sowie Vermögenswerte an sich nehmen könne. Nachdem das Bundesamt für Polizeiwesen Interpol Wiesbaden über dieses Vorhaben informiert hatte, ersuchte diese am 10. November 1998 um Sicherstellung aller als Beweismittel dienenden Unterlagen und Schriftstücke des Beschuldigten. Gleichzeitig wurde ein formelles Ersuchen um Herausgabe der zu beschlagnahmenden Gegenstände in Aussicht gestellt. Mit Verfügung vom 11. November 1998 ersuchte das Bundesamt für Polizeiwesen die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin, in der Wohnung des Beschuldigten sämtliche als Beweismittel im ausländischen Verfahren in Frage kommenden Unterlagen und Schriftstücke sicherzustellen. Gleichzeitig wurde die Sicherstellung sämtlicher BGE 125 IV 30 S. 32 Vermögenswerte in der Wohnung bzw. einem Schliessfach des Beschuldigten bis zu einem Betrag von Fr. 10'000.-- verfügt. Mit Beschwerde vom 27. November 1998 beantragt R. der Anklagekammer des Bundesgerichts, die Verfügung vom 11. November 1998 aufzuheben und die sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte herauszugeben. Das Bundesamt für Polizeiwesen beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Mit Entscheid vom 1. Dezember 1998 bewilligte das Bundesamt für Polizeiwesen die Auslieferung von R. an Deutschland. Am 10. Dezember 1998 wurde er an Deutschland ausgeliefert. Das Bundesgericht hat die Beschwerde teilweise gutgeheissen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Sicherstellung nach Art. 47 Abs. 3 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) ist eine vorläufige prozessuale Massnahme zur Beweissicherung bzw. zur Sicherung des durch die strafbare Handlung erzielten unrechtmässigen Gewinnes; sie muss sich daher auf jene Gegenstände und Vermögenswerte beschränken, die als Beweismittel dienen können oder aus der strafbaren Handlung herrühren ( BGE 121 IV 41 E. 4b). Nach Art. 62 Abs. 2 IRSG kann persönliches Eigentum des Verfolgten zur Deckung der Kosten des Auslieferungsverfahrens verwendet werden, soweit es nicht auszuliefern ist. b) Daraus folgt, dass eine Sicherstellung nicht unzulässig ist, wenn sich unter den sicherzustellenden Gegenständen solche befinden, BGE 125 IV 30 S. 33 die voraussichtlich nicht auszuliefern sind, aber zur Kostendeckung Verwendung finden können. Das Bundesamt für Polizeiwesen kann dabei, muss aber nicht, zwei separate Sicherstellungsverfügungen unter Angabe, welche Gegenstände unter welchem Titel sicherzustellen sind, erlassen. Bei der Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist ihm ein, aus der Natur der Sache gerechtfertigter, weiter Spielraum des Ermessens zuzugestehen, kann doch im Einzelfall im Voraus unter Umständen nur schwer gesagt werden, was unter welchem Titel sichergestellt werden kann, zumal auch mit einer Ergänzung des Auslieferungsgesuches gerechnet werden muss. Erlässt das Bundesamt für Polizeiwesen im dargelegten Sinne in haltbarer Weise nur eine Sicherstellungsverfügung, obwohl sich unter den sicherzustellenden Gegenständen auch solche befinden, die voraussichtlich nicht auszuliefern sind, hat diese ihre Grundlage allein in Art. 47 Abs. 3 IRSG , weshalb dagegen auch ausschliesslich die Beschwerde an die Anklagekammer nach Art. 48 Abs. 2 IRSG gegeben ist. Eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 25 IRSG an das Bundesgericht (vgl. dazu unveröffentlichte Urteile der Anklagekammer vom 20. September 1996 und der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Februar 1997 i.S. H. gegen Bundesamt für Polizeiwesen) fällt lediglich in Betracht, wenn eine Sicherstellung von Gegenständen von vornherein nur zum Zwecke der Kostendeckung erfolgt; aus der Zulässigkeit der Verwendung des Eigentums des Verfolgten zu diesem Zwecke nach Art. 62 Abs. 2 IRSG ergibt sich auch eine gesetzliche Grundlage für deren vorsorgliche Sicherstellung (vgl. die analoge Praxis zu Art. 58 StGB und 10 SBG: BGE 124 IV 313 , E 3), und damit der Beschwerdeweg nach Art. 25 IRSG und nicht nach Art. 48 Abs. 2 IRSG . c) Wie die Liste der sichergestellten Gegenstände zeigt, befinden sich darunter als Vermögenswerte lediglich ein Bargeldbetrag von Fr. 2'500.--, ein Aktienzertifikat über 34 Aktien à Fr. 1'000.-- sowie eine Einzelaktie im Nominalwert von Fr. 1'000.-- der Realstate AG. Diese sichergestellten Aktien könnten indessen nach Auffassung des Beschwerdegegners sehr wohl auch als Beweismittel im ausländischen Strafverfahren dienen. Es ist somit davon auszugehen, dass voraussichtlich ausser dem Bargeld alle gemäss Sicherstellungsprotokoll sichergestellten Gegenstände als Beweismittel in Frage kommen. Deshalb liegt nach dem Gesagten eine Sicherstellungsverfügung nach Art. 47 Abs. 3 IRSG vor, gegen die die Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts gegeben ist. 2. Gemäss Art. 47 Abs. 3 IRSG verfügt das Bundesamt für Polizeiwesen allenfalls gleichzeitig mit dem Erlass des Auslieferungsbefehls, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass diese Sicherstellung grundsätzlich gleichzeitig mit dem Erlass des Auslieferungsbefehls erfolgt. Im vorliegenden Fall wurde der Auslieferungshaftbefehl am 10. September 1998 erlassen; die angefochtene Sicherstellung von Gegenständen als Beweismittel wurde indessen erst am 11. November 1998 verfügt. Wenn das Bundesamt für Polizeiwesen erst im weiteren Verlauf des Verfahrens Kenntnis davon erhält, dass sich irgendwo noch als Beweismittel im ausländischen Strafverfahren in Frage kommende BGE 125 IV 30 S. 34 Gegenstände befinden könnten, ist es jedoch zulässig, die Sicherstellung auch nach dem Erlass des Auslieferungshaftbefehls in Ergänzung desselben zu verfügen; dies kann auch noch geschehen, wenn der Beschuldige bereits ausgeliefert worden ist (unveröffentlichter Entscheid der Anklagekammer vom 5. März 1997 i.S. K. und A. gegen Bundesamt für Polizeiwesen, E. 6a; vgl. auch BGE 121 IV 41 E. 4b sowie Art. 22 IRSV [SR 351.11]). Das Bundesamt für Polizeiwesen hat offensichtlich erst durch die Anfrage des Vertreters des Beschwerdeführers vom 3./4. November 1998 davon Kenntnis erhalten, dass der Beschwerdeführer, welcher bei seiner Befragung als vorübergehenden Aufenthaltsort Fürstenaubruck/GR angab, auch in Locarno über eine Wohnung verfügt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdegegner erst zu diesem Zeitpunkt und nachdem die deutschen Behörden darum ersucht haben, die Sicherstellung der als Beweismittel in Frage kommenden Gegenstände verfügte.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ea1de229-3942-4861-bfba-101e403aca17
Urteilskopf 86 II 145 24. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Juni 1960 i.S. Bonomo Söhne und Konsorten gegen Spar- und Leihkasse Schmerikon.
Regeste Bauhandwerkerpfandrecht, Art. 839 ff. ZGB . Umfang des Ersatzanspruchs gemäss Art. 841 Abs. 1 ZGB : Berechnung des den Bodenwert übersteigenden Verwertungsanteils des Beklagten (Erw. 1). Ein Zuwachs des reinen Bodenwertes bis zur Grundstückverwertung verbleibt dem Beklagten (Erw. 2). Zum unanfechtbaren Bodenwert ist der darauf entfallende Anteil des Zins- und Kostenbetrages hinzuzurechnen (Erw. 3). Der aus Art. 841 ZGB klagende Bauhandwerker hat auf den anfechtbaren Verwertungsanteil des Beklagten nur im Verhältnis seiner Beteiligung an den gesamten Baukosten (incl. blosse Materiallieferungen) Anspruch (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 86 II 145 S. 146 A.- Hans Blatter kaufte am 16. Juli 1953 in der Gemeinde Dübendorf ein Stück Bauland zum Preise von Fr. 49'000.-- und liess es durch den Architekten Thoenen mit drei Mehrfamilienhäusern überbauen, wobei er, ohne eigene Mittel, die Finanzierung wie folgt bewerkstelligte: a) Er liess sich von der Spar- und Leihkasse Schmerikon (als Treuhänderin eines A. Oswald) einen Kredit von Fr. 90'000.-- geben, für den er am 22. Januar 1954 eine Grundpfandverschreibung von Fr. 90'000.-- im 2. Rang errichtete. Diese Hypothek wurde in der Folge am 6. Mai 1954 auf Fr. 111'000.-- und am 19. November 1954 auf Fr. 150'000.-- erhöht. b) Ebenfalls am 22. Januar 1954 liess Blatter auf der Liegenschaft im 1. Rang eine leere Pfandstelle in der Höhe von Fr. 600'000.-- zur Sicherung des Baukredites errichten. An deren Stelle trat am 15. Mai 1954 eine Grundpfandverschreibung (Maximalhypothek) zugunsten der Hypothekarbank in Winterthur in Höhe von Fr. 520'000.--, die am 19. November 1954 auf Fr. 540'000.-- erhöht wurde. c) Am 9. Februar 1955 wurde auf dem Grundstück im 3. Rang zugunsten der Deco AG eine weitere Grundpfandverschreibung von Fr. 52'000.-- errichtet. In der Folge liessen drei Bauunternehmerfirmen Bauhandwerkerpfandrechte eintragen, namentlich Bonomo Söhne, am 17. Juni 1955 für Fr. 81'518.65 Bonomo Söhne, " 26. November 1955 " " 8'000.-- Walder & Meyer, " 30. Juli 1955 " " 31'094.50 BGE 86 II 145 S. 147 B.- Zufolge Grundpfandbetreibung der Deco AG kam es am 16. Oktober 1956 zur Versteigerung der Liegenschaft, wobei diese von den Baugläubigern Bonomo und Walder & Meyer (als einfacher Gesellschaft) für den Schätzungspreis von Fr. 800'000.-- erworben wurde. Der Verwertungserlös betrug einschliesslich der Erträgnisse Fr. 810'320.40. Hievon erhielten: Bonomo Fr. 38'003.15 und Walder & Meyer Fr. 12'943.70. Für die erlittenen Ausfälle, etwas vermindert durch eine Zahlung der Deco AG, forderten die beiden Firmen mit vorliegender Klage von der Spar- und Leihkasse Schmerikon gestützt auf Art. 841 ZGB aus deren Verwertungsanteil von Fr. 162'509.45 Ersatz im Betrage von zusammen Fr. 65'003.75 (Bonomo Franken 48'245.55, Walder & Meyer Fr. 16'758.20). Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. C.- In teilweiser Gutheissung der Klage hat das Handelsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 5. November 1959 die Beklagte zur Zahlung von Fr. 11'144.90 nebst Verzugszinsen an die Kläger (Bonomo Fr. 8271.70, Walder & Meyer Fr. 2873.20) verpflichtet gestützt auf folgende Erwägungen: Der den Bauhandwerkern gemäss Art. 841 ZGB gewährte besondere Schutz bezwecke, ihnen den durch ihre Verwendungen auf das Baugrundstück geschaffenen Mehrwert zu erhalten; auf den Bodenwert, der zur Zeit der letzten Erhöhung der Pfandbelastung der Beklagten den ganzen Wert des unbebauten Grundstückes dargestellt habe, hätten die Bauhandwerker nach Art. 841 keinen Anspruch. In der Höhe des Bodenwertes sei daher der Verwertungsanteil der Beklagten nicht anfechtbar. Im Zeitpunkt der Erhöhung der Hypothek der Beklagten (2. Rang) von Fr. 111'000.-- auf Fr. 150'000.-- habe der Bodenwert laut Expertise Fr. 117'635.-- und zur Zeit der Verwertung Fr. 128'424.-- betragen. Für das Ausmass der Anfechtbarkeit gemäss Art. 841 ZGB sei der letztere Betrag massgebend, weil die Beklagte den ganzen Bodenwert einschliesslich eines bis zur Verwertung eingetretenen Wertzuwachses BGE 86 II 145 S. 148 für sich beanspruchen könne. Um diesen Betrag des Bodenwertes seien die Bauhandwerker durch das Pfandrecht der Beklagten nicht benachteiligt worden, wohl aber um die Differenz zwischen Bodenwert und Verwertungsanteil der Beklagten, soweit deren Gegenwert nicht zur Zahlung von Handwerkerrechnungen gedient habe. Keinen Schaden hätten sie durch die Errichtung der Vorgangshypothek im 1. Rang erlitten, da der damit gesicherte Baukredit der Hypothekarbank in Winterthur vollumfänglich zum vorgesehenen Zwecke verwendet worden sei. Soweit aber für die Kläger ein Schaden in diesem Sinn eingetreten sei, habe die beklagte Bank diesen voraussehen müssen. Der Tatbestand des Ersatzanspruches gemäss Art. 841 ZGB sei somit in folgendem Umfang erfüllt: Anteil der Beklagten am Verwertungserlös Fr. 162'509.45 davon düfre sie für sich beanspruchen: a) den Bodenwert von Fr. 128'424.-- b) den dem unanfechtbaren Teil ihrer Kapitalforderung (Bodenwert) entsprechenden Teil des ihr zugekommenen Zins- und Kostenbetreffnisses (Fr. 12'509.45) " 10'711.-- " 139'135.-- Von den restlichen. Fr. 23'374.45 seien weiterhin abzuziehen die aus dem Kredit der Beklagten an Handwerker bezahlten. " 3'822.-- Verbleibender anfechtbarer Betrag Fr. 19'552.45 Hievon könnten die Kläger entsprechend ihrem 57% betragenden Anteil an den gesamten Baukosten zusammen Fr. 11'144.90 beanspruchen. D.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Kläger mit dem Antrag: 1. Gutheissung der Klage im Betrage von zusammen Fr. 59'847.05 (Bonomo Fr. 44'418.25, Walder & Meyer Fr. 15'428.80) je nebst 5% Zins seit 21. Mai 1958; 2. eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Vervollständigung des von dieser festgestellten Tatbestandes und zu neuer Entscheidung; 3. subeventuell Gutheissung der Klage in Höhe des BGE 86 II 145 S. 149 ganzen errechneten anfechtbaren Betrages von Franken 19'552.45 (statt nur 57% hievon). Die beklagte Spar- und Leihkasse Schmerikon trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Berufungskläger berechnen ihre Forderung gegen die Beklagte wie folgt: Der vom Verwertungserlös von Fr. 810'320.40 nach Abzug des Bodenwertes von " 128'424.-- verbleibende Betrag von Fr. 681'896.40 habe gesamthaft den Handwerkern nach Massgabe ihres Anteil an der Schaffung des Mehrwertes zuzukommen. Entsprechend ihrem 57% betragenden Anteil hätten somit die Berufungskläger einen "Deckungsanspruch" von. " 388'780.10 Nach Abzug der auf Rechnung ihrer Guthaben erhaltenen Zahlungen (einschliesslich Verwertungserlös) von insgesamt " 311'263.40 bleibe zugunsten der Berufungskläger ein "objek- tiver Deckungsanspruch" von Fr. 77'516.70 von dem - aus hier nicht näher zu erörternden Gründen - nur Fr. 59'847.05 eingeklagt seien. Zu dieser Rechnung gelangen die Berufungskläger auf Grund ihrer Auffassung, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, die Klage aus Art. 841 ZGB setze objektiv voraus, dass das Grundstück durch vorgehende Pfandrechte zum Nachteil der Handwerker belastet worden sei. Vielmehr werde der Umfang der Anfechtungsrechte der Bauhandwerker objektiv einzig durch die Voraussetzung des bei der Grundstückverwertung erlittenen Verlustes bestimmt, während die von der Vorinstanz weitergehend geforderte Benachteiligung der Handwerker durch vorgehende Pfandrechte nur im Zusammenhang mit den subjektiven Voraussetzungen - der Erkennbarkeit - von Bedeutung sei. Mit dieser Betrachtungsweise setzen sich die Berufungskläger jedoch über den eindeutigen Wortlaut und Sinn des BGE 86 II 145 S. 150 Art. 841 ZGB hinweg. Das Gesetz bringt in unmissverständlicher Weise zum Ausdruck, dass der Ersatzanspruch der Handwerker ausser dem bei der Verwertung erlittenen Verlust weiterhin als objektive Voraussetzung verlangt, dass dieser Verlust zufolge einer Benachteiligung der Handwerker durch die Belastung des Grundstückes mit vorgehenden Pfandrechten eingetreten sei. Subjektive Voraussetzung ist allein die Erkennbarkeit dieser - objektiv vorhandenen - Benachteiligung. Eine solche aber liegt nur insoweit vor, als der Gegenwert der Belastung des Grundstückes über den Bodenwert hinaus zu andern Zwecken als zur Bezahlung der Handwerker und Unternehmer und damit zur Schaffung des Mehrwertes verwendet worden ist. Dies trifft im vorliegenden Falle - nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz - für die erste Hypothek überhaupt nicht und für die zweite Hypothek der Beklagten nur für einen Betrag von Fr. 19'522.45 zu. Gegen diese Betrachtungsweise wenden die Berufungskläger freilich ein, aus den Vorschriften des Gesetzes über Rang und Gegenstand der Grundpfandrechte ergebe sich, dass nicht, wie es die Vorinstanz der Beklagten zugestanden habe, ein einzelner Hypothekargläubiger den ganzen Bodenwert für sich allein beanspruchen könne; auch den Grundpfandgläubigern im 1. und 3. Rang hafte die ganze Liegenschaft mit Einschluss von Grund und Boden, und bei der Verteilung des Erlöses sei der Gläubiger im 1. Rang gegenüber demjenigen im 2. bevorrechtet und zwar auch bezüglich des Erlöses für den Boden, und nicht umgekehrt; das folge auch aus dem Wortlaut des Art. 841 Abs. 1, der von dem den Wert des Bodens übersteigenden Verwertungsanteil der (Mehrzahl) vorgehenden Pfandgläubiger spreche. Dass die ganze Liegenschaft einschliesslich Bodenwert allen Grundpfandgläubigern nach ihrem Rang haftet, trifft zwar zu, hat aber mit dem Anfechtungs- bzw. Haftungstatbestand des Art. 841 ZGB nichts zu tun. Art. 841 Abs. 1 spricht deshalb von den (mehreren) vorgehenden Pfandgläubigern, BGE 86 II 145 S. 151 weil zu Verlust gekommene Bauhandwerker unter Umständen gegen mehr als einen vorgehenden Pfandgläubiger müssen klagen können, wenn für jeden der Kausalzusammenhang zwischen seiner Pfandnahme und der Benachteiligung der Handwerker sowie die subjektive Erkennbarkeit desselben gegeben ist. Eine Aufteilung des Bodenwertes auf alle Pfandgläubiger mit der Wirkung, dass auf die Beklagte nur ein Bruchteil als unanfechtbar entfiele, hat deshalb nicht stattzufinden, weil der Gegenwert der 1. Hypothek im vollen Betrage von Franken 540'000.-- zur Bezahlung von Bauhandwerkern verwendet worden ist, also die Geldgeberin mit vollem Recht Befriedigung vorab aus dem durch die Handwerker aus jenem Kredit geschaffenen Bauwert beanspruchen und daher überhaupt nicht gemäss Art. 841 auf Ersatz belangt werden kann, weshalb es keinen Sinn hätte, ihr einen virtuellen Bodenwertanteil zu reservieren. Die Unrichtigkeit der Überlegung der Berufungskläger erhellt schon aus ihrem Hinweis auf die Verhaftung des Bodenwertes zugunsten der 3. Hypothek. Wenn z.B. die vorgehenden zwei Hypotheken genau dem Bodenwert entsprechen, stellt eine ohne Rücksicht auf die einen Neubau erstellenden Handwerker und Unternehmer errichtete 3. Hypothek in ihrem ganzen Umfang eine Benachteiligung der letztern dar, und es kann der Gläubiger dieser 3. Hypothek nicht unter Berufung auf die auch zu seinen Gunsten bestehende Belastung des Bodens verlangen, dass er um den auf ihn entfallenden Anteil des Bodenwertes von seiner Haftung aus Art. 841 befreit werde. Daraus folgt, dass anderseits jeder Gläubiger einer vorgehenden Hypothek, der gemäss Art. 841 von einem Bauhandwerker auf Ausfallersatz belangt wird, den Bodenwert in der Weise für sich allein "beanspruchen" kann, dass er dem Kläger entgegenhält, die seiner (des Belangten) eigenen Hypothek vorgehenden Grundpfandkredite seien ausschliesslich zur Bezahlung der Bauunternehmer verwendet worden und hätten aus diesem Grunde schon - ohne Rücksicht auf den Bodenwert - keine Benachteiligung BGE 86 II 145 S. 152 der Unternehmer bewirkt, seine Hypothek aber überschreite den Bodenwert nicht und stelle deshalb keinen Nachteil für die Unternehmer dar. Das Ergebnis ist dasselbe, wie wenn sich der Belangte - wogegen nichts einzuwenden wäre - eine dem Bodenwert entsprechende Hypothek im 1. Range hätte einräumen lassen. Ihn, wie die Kläger es möchten, schlechter behandeln, wenn er mit dem 2. Rang hinter einer für den Baukredit bestimmten leeren Pfandstelle vorlieb genommen hat und dieser vorgehende Baukredit dann tatsächlich zweckentsprechend verwendet worden ist, hiesse - wie die Vorinstanz in einem andern Falle zutreffend bemerkt hat - "den Grundpfandgläubiger bestrafen, der einer Zurücksetzung in der Rangfolge zustimmte, damit überhaupt der Baukredit gewährt und eine Baute errichtet werden kann". Die Berechnung der Vorinstanz ist daher grundsätzlich richtig. 2. Mit Recht hat sodann die Vorinstanz als der Beklagten nicht entziehbaren Bodenwert denjenigen zur Zeit der Verwertung des Grundstückes, also einschliesslich des zwischen der Grundpfanderrichtung und der Verwertung eingetretenen Zuwachses des reinen Bodenwertes, eingesetzt. Auf diesen Betrag wäre der Bodenwert des Grundstückes auch ohne Überbauung gestiegen, und er hätte der Kreditgeberin von niemandem entzogen werden können. Das kann auch durch die Überbauung, bei der die Handwerker zu Verlust kamen, nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dass zur Zeit der Pfanderrichtung der Bodenwert noch niedriger war, eine Benachteiligung der Bauhandwerker durch das Pfandrecht also damals in höherem Ausmass erkennbar war, ändert nichts daran, dass die Beklagte auf den dann effektiv erzielten Bodenwert Anspruch hat. Ob im Fall einer Wertverminderung bis zur Verwertung umgekehrt der Bodenwert zur Zeit der Pfanderrichtung - wegen der geringeren erkennbaren Benachteiligung - massgebend sein müsste, kann hier dahingestellt bleiben. 3. Zuzustimmen ist der Vorinstanz auch darin, dass sie zum unanfechtbaren Bodenwert den darauf entfallenden BGE 86 II 145 S. 153 Anteil des Zins- und Kostenbetrages hinzuzählt. Inwiefern dies dem Art. 841 ZGB zuwiderlaufen sollte, tun die Berufungskläger nicht dar, sondern berufen sich dafür lediglich auf ihre Berechnungsweise für die Kapitalforderung, die eben dem Gesetze nicht entspricht. 4. Eventuell machen die Berufungskläger geltend, es sei ihnen der ganze von der Vorinstanz als anfechtbar errechnete Betrag von Fr. 19'552.45 zuzusprechen, nicht nur der ihrem Beitrag an die ganzen Baukosten entsprechende Anteil von 57% = Fr. 11'144.90. Eine solche Beschränkung wäre nach ihrer Auffassung nur zulässig, wenn die Beklagte begründetermassen eingewendet hätte, dass auch andere Handwerker noch nicht befriedigt seien und dass daher auch deren Deckungsanspruch zu berücksichtigen sei, was aber die Beklagte nicht getan habe. Übrigens müsste auch in einem solchen Falle der ganze anfechtbare Betrag auf die noch nicht gedeckten Handwerker aufgeteilt werden, aber nicht nach Prozentsätzen, sondern nach verbleibenden Deckungsansprüchen. Diese Auffassung widerspricht indessen der Rechtsprechung, die Art. 841 ZGB immer dahin ausgelegt hat, dass der auf Grund dieser Bestimmung klagende Handwerker oder Unternehmer nur im Verhältnis seiner Beteiligung an den gesamten Baukosten Anspruch auf Ausfallersatz hat, weil er gewöhnlich nur in diesem Umfang einen Nachteil erlitten hat ( BGE 76 II 142 f. und dort zit. Entscheide). Wie es mit dieser Anteilsberechnung zu halten wäre, wenn infolge Begünstigung anderer Handwerker der Ansprecher stärker benachteiligt wäre als jene, kann dahingestellt bleiben (vgl. BGE 51 II 131 f.); denn es wäre jedenfalls Sache des Klägers, einen solchen Spezialtatbestand darzutun, und nicht des Beklagten, das Vorliegen des Regelfalles zu behaupten und zu beweisen. Die Art der Berechnung des Anteils von 57% an der Schaffung des Mehrwertes wird nicht angefochten, namentlich nicht geltend gemacht, es dürften dabei die Rechnungen der nicht pfandgesicherten blossen Materiallieferanten nicht in die Totalkostensumme BGE 86 II 145 S. 154 einbezogen werden, was übrigens das Bundesgericht als dem Gesetze nicht widersprechend erklärt hat (Urteil vom 12. Dezember 1935 i.S. Günter-Sülzle c. Fehr, nicht publiziert). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 5. November 1959 bestätigt.
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Federation
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Urteilskopf 124 II 499 46. Arrêt de la IIe Cour de droit public du 10 août 1998 en la cause Engel contre Commission de recours pour les questions de concurrence et Commission de la concurrence (recours de droit administratif)
Regeste Art. 48 lit. a VwVG und Art. 43 Abs. 4 KG . Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Nichteintretensentscheid der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen (E. 1). Parteistellung im Verfahren vor der Wettbewerbskommission gemäss Kartellgesetz, im Besonderen im Verfahren der Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen (E. 3a). Befugnis zur Beschwerdeführung vor der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen gemäss den allgemeinen Vorschriften des Bundesverwaltungsverfahrens (E. 3b). Vorliegend Verneinung der Beschwerdebefugnis eines durch den Zusammenschluss zweier Tageszeitungen indirekt betroffenen Dritten (E. 3c u. d).
Sachverhalt ab Seite 500 BGE 124 II 499 S. 500 Le 7 août 1997, le Nouveau Quotidien ERL SA et la Société Anonyme du Journal de Genève et Gazette de Lausanne ont notifié à la Commission de la concurrence un projet tendant à la création d'un nouveau titre de presse, "Le Temps", qui devait remplacer les deux titres existants, "Journal de Genève et Gazette de Lausanne" et "Nouveau Quotidien". L'exploitation du nouveau titre était assurée par une nouvelle société, "Le Temps SA", où chaque partie détiendrait 47% du capital-action, le 6% restant devant être attribué à une société des rédacteurs du nouveau titre. Le 18 août 1997, la Commission de la concurrence a prononcé l'ouverture de la procédure d'examen selon les art. 32 ss de la loi fédérale sur les cartels et autres restrictions à la concurrence du 6 octobre 1995 (en abrégé: loi sur les cartels ou LCart; RS 251). A cette fin, elle a fait parvenir, le 20 août 1997, un questionnaire aux personnes, organisations et autorités susceptibles de lui apporter des informations sur les effets de la fusion, conformément à l'art. 15 al. 2 de l'ordonnance du Conseil fédéral sur le contrôle des concentrations d'entreprises du 17 juin 1996 (RS 251.4). Pierre Engel a reçu ce questionnaire en qualité "d'opposant". Il y a répondu le 4 septembre 1997, en déclarant agir en sa qualité de président de l'Association des amis du Journal de Genève et Gazette de Lausanne, créée le 16 juillet 1997, et a demandé à pouvoir consulter le dossier. Cette requête a été rejetée par décision de la Commission de la concurrence du 8 septembre 1997 pour le motif que, selon l' art. 43 al. 4 LCart , seules les entreprises participantes avaient qualité de parties et pouvaient donc consulter le dossier à ce titre. Le 1er décembre 1997, la Commission de la concurrence a estimé que l'opération projetée représentait la solution la moins dommageable pour la concurrence et a pris la décision suivante: "1. Il est constaté: a) que l'entreprise commune créée par les parties détiendra une position dominante sur le marché des journaux quotidiens supra-régionaux d'analyse BGE 124 II 499 S. 501 de Suisse romande et; b) que la position dominante détenue par le groupe Edipresse sur le marché des journaux quotidiens des régions de Genève et de Lausanne sera renforcée à la suite de la concentration; c) que les modifications structurelles consécutives à l'opération sont à même de supprimer la concurrence efficace sur les marchés concernés. 2. En dépit des constatations sous chiffre 1 et sous réserve des charges prévues au chiffre 3, la concentration est autorisée en application de la théorie de l'entreprise défaillante dont les trois conditions sont en l'espèce remplies. 3. Cette décision est assortie des charges suivantes: a) toute modification de la structure du capital et de la répartition des droits de vote de la société "Le Temps SA" est soumise à l'autorisation préalable de la Commission de la concurrence; b) le Président du Conseil d'administration de la société éditrice du journal "Le Temps" doit obligatoirement être une personne indépendante des actionnaires principaux". Le 11 décembre 1997, la Commission a refusé de donner suite à la requête de Pierre Engel qui lui avait demandé de lui notifier sa décision du 1er décembre 1997. Par acte du 22 décembre 1997, Pierre Engel a recouru auprès de la Commission de recours pour les questions de concurrence contre les décisions des 1er et 11 décembre 1997, en faisant valoir sa qualité pour agir au sens de l' art. 48 PA . Statuant le 23 février 1998, la Commission de recours pour les questions de concurrence a rejeté le recours de Pierre Engel dans la mesure où il était recevable. Pierre Engel a formé un recours de droit administratif auprès du Tribunal fédéral et a conclu à l'annulation de la décision de la Commission de recours pour les questions de concurrence du 23 février 1998 et, partant, de celles de la Commission de la concurrence des 1er et 11 décembre 1997. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis, sans être lié par les conclusions des parties ( ATF 123 II 231 consid. 1 p. 233; ATF 121 II 39 consid. 2 p. 41, 72 consid. 1a p. 74). BGE 124 II 499 S. 502 b) Dans une procédure administrative régie par le droit fédéral, l'auteur d'un recours déclaré irrecevable pour défaut de qualité pour agir est habilité à contester ce prononcé par la voie du recours de droit administratif ( ATF 123 II 115 consid. 2b/aa p. 118; 121 II 39 consid. 2a p. 41/42; 120 Ib 183 consid. 1b p. 186; 119 Ib 56 consid. 1e p. 59; 114 Ia 156 consid. 1c p. 157/158) lorsque, comme en l'espèce, la décision de l'autorité intimée peut faire l'objet d'un tel recours auprès du Tribunal fédéral (art. 98 lettre e OJ; Message du Conseil fédéral du 23 novembre 1994 concernant la loi sur les cartels, FF 1995 I p. 606; Walter A. Stoffel, Die Beschwerde an die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen, in RSDA Numéro spécial 1996, p. 46). Déposé en temps utile et dans les formes prescrites, le présent recours de droit administratif, est donc en principe recevable. c) Les conclusions du recours ne peuvent toutefois porter que sur l'objet du litige, soit la qualité du recourant pour agir devant la Commission de recours pour les questions de concurrence, qui ne s'est elle-même pas prononcée sur le fond. Elles sont ainsi irrecevables en tant qu'elles tendent à l'annulation des décisions de la Commission de la concurrence des 1er et 11 décembre 1997 ou demandent au Tribunal fédéral d'interdire la concentration en cause (voir ATF 104 Ib 412 consid. 1c p. 416; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2ème éd. 1983, p. 127/128 ). Compte tenu de l'objet du litige, le Tribunal fédéral estime être suffisamment renseigné pour statuer en l'état du dossier. Il s'ensuit que la demande de second échange d'écritures après consultation du dossier de la Commission de la concurrence, qui a été présentée par le recourant, doit être rejetée. 3. La seule question à trancher en l'espèce est de déterminer si la Commission de recours a ou non correctement interprété et appliqué le droit fédéral en déniant au recourant la qualité pour agir. a) Selon l' art. 39 LCart , la loi fédérale sur la procédure administrative est applicable aux procédures régies par la loi sur les cartels, dans la mesure où les art. 40 ss n'y dérogent pas. D'une manière générale, la loi sur les cartels distingue les entreprises visées par des enquêtes, qui ont évidemment qualité de parties au sens de l' art. 6 PA dans la procédure devant la Commission de la concurrence, des tiers dont la qualité de parties varie selon la position économique qu'ils occupent ou selon la nature de la participation à l'enquête qui leur est demandée (MARCEL DIETRICH, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, August 1997, ad BGE 124 II 499 S. 503 art. 39 n. 36 p. 21/22 et ad art. 40 n. 12 p. 8). Ainsi, les personnes ou les associations mentionnées à l'art. 43 al. 1 lettres a et b LCart ont en règle générale déjà qualité de partie en vertu de l' art. 6 PA (FF 1995 I p. 605 et 607); il en va de même des organisations de protection des consommateurs que la loi autorise expressément à demander leur participation à l'enquête ( art. 43 al. 1 let . c LCart; BALZ GROSS, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, August 1997, ad art. 43 n. 15 p. 7, n. 20 p. 8 et n. 28 p. 10). En revanche, dans la procédure d'examen des concentrations d'entreprises, seules les entreprises participantes ont qualité de parties ( art. 43 al. 4 LCart ), dans l'intérêt de la procédure simple et rapide voulue par le législateur, qui s'est écarté sur ce point du droit européen (FF 1995 I p. 597 et 605 voir aussi note 211 p. 598; WALTER A. STOFFEL, op.cit. p. 48; FRANCIS NORDMANN, Die schweizerische Fusionskontrolle im Lichte des europäischen Wettbewerbsrechts, in Schweizer Schriften zum Handels- und Wirtschaftsrecht, vol. 172, p. 246; KARL HOFSTETTER/RETO SCHILTKNECHT, Fusions- und Marktmachtkontrolle im neuen schweizerischen Kartellgesetz, in RDS 93/1997 p. 127; voir aussi FRANK SCHERRER, Das europäische und das schweizerische Fusionskontrollverfahren, Diss. Zurich 1996, p. 211 ss et Fusionskontrolle nach revidiertem Kartellgesetz - erste Fälle und offene Fragen, in PJA 11/97, p. 1397). Les tiers concernés n'ont ainsi le droit que de prendre position par écrit sur la concentration en cause ( art. 33 al. 1 LCart et 19 de l'ordonnance sur le contrôle des concentrations d'entreprises; JENS DROLSHAMMER/PATRICK DUCREY, Die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen im revidierten schweizerischen Kartellgesetz, in WuW 1/1997 p. 26/27; KARL SCHERRER, op.cit., Diss. Zurich 1996, p. 437; MARCEL DIETRICH, op.cit. ad art. 39 n. 36 p. 21; BALZ GROSS, op.cit. ad art. 43 n. 40 p. 14). Ce dernier auteur estime cependant que l'intérêt à une procédure accélérée ne devrait pas empêcher de comprendre les aliénateurs éventuels dans les destinataires de la décision de concentration, avec les droits et obligations qui y sont liés (BALZ GROSS, op.cit. ad art. 43 n. 39 p. 14), et que la qualité pour recourir auprès de la Commission de recours pour les questions de concurrence devrait être reconnue, à titre tout à fait exceptionnel et avec une grande retenue, aux tiers qui ont des liens particulièrement étroits, plus forts que ceux d'un concurrent, avec la concentration d'entreprises en cause (ibidem ad art. 44 n. 55 et 56 p. 21; voir aussi KARL SCHERRER, op.cit., Diss. Zurich 1996, p. 438 et op.cit. in PJA 11/97 p. 1397). Même si l' art. 43 al. 4 LCart a été adopté par les BGE 124 II 499 S. 504 Chambres tel que proposé par le Conseil fédéral (voir BO CN 1995 vol. I p. 1109; BO CE 1995 p. 868), ces derniers auteurs considèrent en effet qu'en excluant les droits de parties des tiers par cette disposition, le législateur n'a pas eu l'intention de les priver, dans tous les cas, de la qualité pour recourir contre une décision de la Commission de la concurrence. Dans ces circonstances, la voie de recours devant la Commission ne pourrait de toute façon être ouverte à des tiers que très restrictivement. Point n'est toutefois besoin de trancher définitivement la question de savoir si la recevabilité d'un tel recours peut être admise à titre exceptionnel, car l'autorité intimée a elle-même déjà exclu la qualité pour agir du recourant sur la base des règles ordinaires de la procédure administrative. b) La teneur de l' art. 48 lettre a PA est à peu près identique à celle de l' art. 103 lettre a OJ , lequel détermine la qualité pour recourir devant le Tribunal fédéral par la voie du recours de droit administratif. Ces deux dispositions légales s'interprètent du reste de la même manière ( ATF 123 II 376 consid. 2 p. 378; ATF 121 II 176 consid. 2a p. 177 et les arrêts cités). Selon la jurisprudence, la qualité pour recourir appartient à quiconque est atteint par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à ce qu'elle soit annulée ou modifiée. Le recourant doit être touché dans une mesure et avec une intensité plus grandes que la généralité des administrés. L'intérêt invoqué - qui n'est pas nécessairement un intérêt juridiquement protégé, mais qui peut être un intérêt de fait - doit se trouver, avec l'objet de la contestation, dans un rapport étroit, spécial et digne d'être pris en considération; il faut donc que l'admission du recours procure au recourant un avantage de nature économique, matérielle ou idéale ( ATF 123 II 376 consid. 4a p. 376, 115 consid. 2a p. 117). Le recours d'un particulier formé dans l'intérêt de la loi ou d'un tiers est en revanche irrecevable ( ATF 121 II 39 consid. 2c/aa p. 43/44; ATF 120 Ib 48 consid. 2a p. 51, 379 consid. 4b p. 386; 119 Ib 374 consid. 2a/aa p. 376). La jurisprudence a ainsi dénié aux consommateurs la qualité pour recourir contre une autorisation relative aux aliments à base de soja manipulé génétiquement, car ils n'étaient pas plus touchés que l'ensemble du public par la décision attaquée ( ATF 123 II 376 consid. 4c p. 381). Un rapport étroit et digne d'être protégé a également été nié dans le cas de riverains d'une ligne de chemin de fer sur laquelle étaient transportés des déchets radioactifs (ATF ATF 121 II 176 consid. 2b p. 178), contrairement à ce qui est en principe admis pour les BGE 124 II 499 S. 505 riverains d'installations fixes comme les aéroports ( ATF 104 Ib 307 consid. 3b p. 318) ou les stands de tirs ( ATF 110 Ib 99 consid. 1b p. 102). La qualité pour recourir n'a pas non plus été reconnue à l'actionnaire d'une société anonyme touchée par une décision administrative, même s'il était actionnaire unique ou principal, considérant qu'il n'était qu'indirectement concerné par la décision incriminée ( ATF 116 Ib 331 consid. 1c p. 335). De même, le recours de l'Association suisse des producteurs de films contre la dissolution de la Fondation Ciné-journal suisse a été déclaré irrecevable, les relations commerciales entretenues par certains membres de l'Association avec la Fondation ne constituant pas un lien suffisamment étroit avec l'objet de la décision attaquée ( ATF 101 Ib 108 consid. 2a p. 110/111). Quant aux associations de concurrents, leur qualité pour recourir n'est pas non plus admise si elles ne se trouvent pas dans un rapport spécial et digne d'être protégé mais se sentent seulement visées par une concurrence accrue ( ATF 113 Ib 363 ss; ATF 109 Ib 198 ss; voir aussi HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2ème éd. Zurich 1993 n. 1525 p. 349). La jurisprudence, comme la doctrine, exige donc de manière assez stricte la présence d'un intérêt propre et direct lorsqu'un tiers désire recourir contre une décision dont il n'est pas le destinataire (GYGI, op.cit., p. 158-159; HÄFELIN/MÜLLER, op.cit. n. 1519 ss p. 348/349; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, rem. 240 à 242 p. 147/148). c) Ici, le recours émane d'un tiers, indirectement concerné par une décision de concentration d'entreprises, qui prétend agir à différents titres pour empêcher la fusion de deux quotidiens. Il estime en effet que, même assortie de charges, la concentration autorisée par la Commission de la concurrence dans sa décision du 1er décembre 1997 nuit à l'ordre économique et social que la loi sur les cartels a pour but de garantir ( art. 1er LCart ), dans la mesure où la liberté de presse n'est plus sauvegardée. Au vu des principes rappelés ci-dessus (consid. 3b), la Commission de recours a cependant constaté à juste titre que le recourant ne pouvait pas se prévaloir de sa qualité d'actionnaire de la Société Anonyme du Journal de Genève et de la Gazette de Lausanne, dès lors qu'un actionnaire ne peut attaquer lui-même une décision concernant la société anonyme ( ATF 116 Ib 331 331 consid. 1c p. 335). L'actionnaire a en revanche la faculté d'attaquer devant la juridiction civile compétente une décision de l'assemblée générale acceptant une concentration d'entreprises, ainsi que l'a d'ailleurs fait BGE 124 II 499 S. 506 le recourant auprès du Tribunal de première instance du canton de Genève. En qualité d'abonné au Journal de Genève et Gazette de Lausanne, soit dans une situation analogue à celle du consommateur, le recourant n'a pas davantage un lien suffisamment étroit avec la décision attaquée qui le touche comme n'importe quel lecteur. Il n'est pas non plus habilité à défendre les intérêts idéaux de la liberté de presse, ce qui reviendrait sinon à admettre l'action populaire ( ATF 123 II 376 consid. 2 p. 378 et les références citées). A noter, au surplus, que l'art. 43 al. 1 lettre c LCart prévoit comme participants à l'enquête non pas les consommateurs individuels, mais les organisations de consommateurs. Enfin, le recourant ne saurait agir en qualité de Président de l'Association des amis du Journal de Genève et Gazette de Lausanne. Seule l'association elle-même aurait pu recourir (voir GYGI, op.cit. n. 4.3.2 p. 159 à 161; KÖLZ/HÄNER, op.cit. n. 243 et 244 p. 149; HÄFELIN/MÜLLER, op.cit. n. 1530 et 1531 p. 350/351), mais son intervention n'eût vraisemblablement pas été admise, dans la mesure où la majorité de ses membres se trouvent dans la même situation que le recourant. d) Pour le reste, le recourant ne peut tirer aucun droit de la lettre de la Commission de la concurrence du 20 août 1997 qui l'invite, en qualité d'opposant, à donner son avis sur la concentration, conformément à l' art. 33 al. 1 LCart . La lettre de la Commission de la concurrence du 20 août 1997 s'adresse à tous les "milieux intéressés selon la liste ci-jointe" et envoie ainsi le même questionnaire aux éditeurs, entreprises publicitaires, associations d'employés, associations économiques, opposants et spécialistes des médias. Il s'agit clairement d'une consultation auprès des personnes qui, d'une manière générale, seraient susceptibles de lui fournir des renseignements sur la concentration en cause. Cela ne suffit donc pas à conférer la qualité de parties à tous les destinataires de la lettre. En l'espèce, le fait que le recourant a été placé dans la rubrique des "opposants" n'est pas déterminant, du moment que l'intéressé s'opposait effectivement à la fusion des deux quotidiens. Il paraît en effet normal qu'à ce titre, la Commission de la concurrence l'ait interpellé pour se forger une opinion. e) Enfin, le recourant ne saurait se prévaloir des art. 4 Cst. et 6 CEDH pour soulever des griefs qui n'ont pas de portée propre par rapport à sa position de partie qui ne lui a pas été reconnue. Par ailleurs, si l' art. 6 CEDH est bien applicable à la procédure devant la Commission de la concurrence et la Commission de recours (MARCEL DIETRICH, op.cit ad art. 39 n. 56 à 58 p. 29), cette BGE 124 II 499 S. 507 disposition n'empêche pas de poser des conditions pour l'admission de tiers comme parties dans une procédure, soit plus particulièrement ici pour admettre une personne qui n'est pas destinataire de la décision (voir ATF 123 II 376 consid. 6 p. 384).
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nan
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Urteilskopf 124 I 55 8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. April 1998 i.S. Evangelische Volkspartei Freiburg (EVP) gegen Staatsrat des Kantons Freiburg (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Staatliche Beiträge an Parteien anlässlich von Wahlen, Art. 4 BV , Stimm- und Wahlfreiheit. Stimm- und Wahlfreiheit sowie Gleichheitsgebot und Diskriminierungsverbot; Neutralitätsgebot bei Interventionen des Gemeinwesens (E. 2); Bedeutung der Rechtsgleichheit im Bereiche der politischen Rechte (E. 5a). Gründe für unterschiedliche Behandlung von Parteien entsprechend dem Umfang der Wahlerfolge bei staatlichen Beitragsleistungen anlässlich von Wahlen (E. 5b und 5c). Die Rückerstattung der Kosten für den Druck von Wahllisten auf Parteien zu beschränken, die im Wahlkreis mindestens 7,5% der Listenstimmen erreichen, ist verfassungsrechtlich nicht haltbar (E. 6). Der Ausschluss kleiner Parteien von der staatlichen Unterstützung an den Wahlkampf, die keine 5 Sitze im Grossen Rat erringen, hält vor der Stimm- und Wahlfreiheit nicht stand (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 56 BGE 124 I 55 S. 56 Am 17. November 1996 fanden im Kanton Freiburg die Gesamterneuerungswahlen für den Grossen Rat statt. Die Evangelische Volkspartei des Kantons Freiburg (EVP) beteiligte sich an dieser Wahl mit eigenen Listen in den Wahlkreisen Saane-Land, See und Sense. In keinem dieser Bezirke errang sie einen Sitz. Im einzelnen erzielte sie folgende Resultate (vgl. Beschluss des Staatsrates des Kantons Freiburg vom 25. November 1996 über das Ergebnis der Wahlen vom 17. November 1996, Avis officiels, 1996 S. 2132 ff.). Wahlkreis Sitze Gültige Stimmen Stimmen EVP EVP in% Saane-Land 26 308'222 1'525 0,49 Sense 21 225'745 1'234 0,55 See 15 105'856 2'033 1,92 Nach der Wahl ersuchte die EVP den Staatsrat des Kantons Freiburg darum, es seien ihr die Kosten für den Druck der Wahllisten zu erstatten und ein Beitrag an die Kosten des Wahlkampfes auszurichten. Der Staatsrat wies dieses Ersuchen ab. Er führte aus, dass nach dem Gesetz über die Ausübung der bürgerlichen Rechte des Kantons Freiburg (GABR, kant. Gesetzessammlung 115.1) ein Beitrag an die Druckkosten der Wahllisten nur bei Erreichen des Quorums von 7,5% und ein Beitrag an die Wahlkampagne nur beim Gewinn von 5 Sitzen im Grossen Rat ausgerichtet werde. Da diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien, habe die EVP keinen Anspruch auf eine Kostenrückerstattung. BGE 124 I 55 S. 57 Gegen diesen Entscheid des Staatsrates hat die Evangelische Volkspartei beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie macht im wesentlichen geltend, das Erfordernis staatlicher Neutralität bei Wahlen gebiete die Gleichbehandlung der politischen Gruppierungen; die Freiburger Regelung benachteilige in verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Weise die kleineren Parteien. Sie rügt eine Verletzung von Art. 4 BV und der Stimm- und Wahlfreiheit. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, soweit es darauf eingetreten ist, und hebt den angefochtenen Entscheid auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den Gleichheitsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot im Sinne von Art. 4 BV im Zusammenhang mit der Stimm- und Wahlfreiheit (vgl. zu den folgenden Erwägungen Urteil des Bundesgerichts vom 12. September 1996 i.S. Z. gegen Kanton Freiburg, in ZBl 98/1997 S. 355 E. 3a). a) Das ungeschriebene Bundesverfassungsrecht der Wahl- und Abstimmungsfreiheit räumt dem Stimmbürger allgemein den Anspruch darauf ein, dass kein Abstimmungs- und Wahlergebnis anerkannt werde, welches nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt ( BGE 121 I 138 E. 3 S. 141, mit Hinweisen). Daraus folgt, dass jeder Stimmbürger bei gegebenen Voraussetzungen mit gleichen Chancen als Wähler oder Kandidat an einer Wahl soll teilnehmen können. Desgleichen soll die Teilnahme von Parteien an Wahlen unter gleichen Bedingungen möglich sein. Insofern bilden das Gleichheitsgebot und Diskriminierungsverbot einen Bestandteil der Stimm- und Wahlfreiheit (vgl. BGE 113 Ia 291 E. 3a S. 294; TOMAS POLEDNA, Wahlrechtsgrundsätze und kantonale Parlamentswahlen, Diss. Zürich 1988, S. 4 ff.). Zudem soll der Stimmbürger seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen können ( BGE 113 Ia 291 E. 3a S. 294; vgl. GEROLD STEINMANN, Interventionen des Gemeinwesens im Wahl- und Abstimmungskampf, AJP 1996 S. 256, mit weitern Hinweisen). In bezug auf Wahlen im besondern schliesst die Rechtsprechung eine behördliche Intervention im Wahlkampf und einen Eingriff in den Prozess der freien Meinungsbildung grundsätzlich aus. Die Behörden haben bei Wahlen keine öffentlichen Interessen wahrzunehmen, es kommt ihnen keine Beratungsfunktion zu. Es ist zu BGE 124 I 55 S. 58 verhindern, dass sich der Staat im Wahlkampf auch nur indirekt in den Dienst parteiischer Interessen stellt; die Behörde hat sich parteipolitisch neutral zu verhalten und darf sich nicht mit einzelnen Gruppen oder Richtungen identifizieren ( BGE 113 Ia 291 E. 3b S. 296; BGE 118 Ia 259 E. 3 S. 262; BGE 117 Ia 452 E. 3c S. 457; ZBl 97/1996 S. 223; ZBl 96/1995 S. 469; vgl. STEINMANN, a.a.O., S. 265 f.). Von einer eigentlichen Intervention des Gemeinwesens im Wahlkampf hat die Rechtsprechung ein indirektes Eingreifen in Form von Unterstützungen und Hilfeleistungen unterschieden. Solche sind in einem gewissen Umfang regelmässig unabdingbar, damit Wahlen ordnungsgemäss durchgeführt werden können. Sie müssen allerdings mit Bezug auf die Willensbildung und -betätigung der Wähler neutral sein und dürfen nicht einzelne Kandidaten oder Parteien und Gruppierungen bevorzugen oder benachteiligen ( BGE 113 Ia 291 E. 3c S. 297; BGE 118 Ia 259 S. 263; BGE 117 Ia 452 S. 457; ZBl 96/1995 S. 469; vgl. STEINMANN, a.a.O., S. 267). Sie müssen zudem mit dem Grundsatz der zuverlässigen und unverfälschten Kundgabe des freien Willens der Stimmbürger vereinbar sein. b) Im vorliegenden Fall erachtet die Beschwerdeführerin Art. 4 BV und die Wahl- und Stimmrechtsfreiheit deshalb als verletzt, weil sie - anders als andere Parteien - in Anbetracht der erzielten Resultate nicht in den Genuss von Rückerstattungen gekommen ist. Mit dem Staatsrat kann zwar davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin nicht daran gehindert worden ist, an der Grossratswahl teilzunehmen. Sie hat sich denn auch in drei Wahlkreisen mit eigenen Listen an der Wahl beteiligt. Die Verweigerung der Beiträge betrifft sie indessen in der Ausübung ihrer politischen Tätigkeit und damit in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung und der Garantie der Wahl- und Abstimmungsfreiheit im erwähnten Sinne. Daran vermag der Umstand, dass die Beiträge erst nach der Durchführung der Wahlen und gestützt auf die Wahlergebnisse ausgerichtet werden (Art. 31quater GABR), nichts zu ändern. Es ist daher zu prüfen, ob die auf kantonales Recht gestützte Beitragsverweigerung vor Art. 4 BV und der Wahl- und Stimmfreiheit standhält. 3. Mit der vorliegenden Beschwerde erhebt die Beschwerdeführerin Anspruch auf einen finanziellen Beitrag für ihre Beteiligung an den Grossratswahlen. Die Beschwerde betrifft damit einen Bereich, der mit Förderung, Unterstützung und Finanzierung von politischen Parteien umschrieben werden kann. Dieses Thema wird im Ausland und in neuerer Zeit auch in der Schweiz auf breiter Basis diskutiert. Es betrifft die Stellung der Parteien und ihre Funktion in BGE 124 I 55 S. 59 einem demokratischen System im allgemeinen sowie verschiedene Formen und Möglichkeiten der Finanzierung und Unterstützung von staatlicher Seite im speziellen (vgl. zur verfassungsrechtlichen Anerkennung von politischen Parteien etwa Art. 65 KV/BE , Art. 38 KV/SO , § 35 KV/BL , § 67 KV/AG , Art. 25 KV/TI , Art. 31 KV/JU ; vgl. auch Botschaft über eine neue Bundesverfassung, Reform der Volksrechte, Art. 127a [BBl 1997 I 635]). Aufgrund eines parlamentarischen Vorstosses hat der Bundesrat im Jahre 1988 einen umfassenden Bericht über die Unterstützung der politischen Parteien vorgelegt (BBl 1989 I 125). Es werden darin insbesondere Formen der direkten und indirekten bzw. zweckgebundenen und nicht zweckgebundenen Unterstützung unterschieden und die heute gebräuchlichen Unterstützungen auf der Ebene des Bundes und der Kantone aufgelistet. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die schweizerische Parteienförderung vergleichsweise bescheiden und unauffällig sei. Zusätzliche Förderungsmassnahmen seien an den Grundentscheidungen für eine freiheitliche und pluralistische Demokratie und an der Parteienfreiheit zu messen. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfe die Gleichbehandlung der Parteien und politischen Gruppierungen. Förderungsmassnahmen dürften den Wettbewerb zwischen den Parteien - und auch den potentiellen Wettbewerb mit noch zu gründenden Parteien - nicht verfälschen und müssten in den Dienst des Chancenausgleichs gestellt werden. Hinsichtlich einer staatlichen Beteiligung an den Kosten von Wahlen gelte es in erster Linie der Chancengleichheit der Parteien Rechnung zu tragen; einzig auf die in den Wahlen errungenen Stimmen oder Sitze abzustellen, könnte zu einer nicht mehr demokratisch legitimierbaren "Zementierung" bestehender Stärkeverhältnisse führen; umgekehrt dürfe eine Gewährung von Beiträgen die Mitglieder- und Wählerzahlen berücksichtigen; schliesslich solle das Gemeinwesen die Parteienzersplitterung nicht indirekt fördern (Bericht des Bundesrates, a.a.O., S. 185). Die allgemeine politische Diskussion zur Parteienfinanzierung ist in jüngster Zeit abgeflaut (vgl. zur Forderung nach finanzieller Transparenz bei der Ausübung der politischen Rechte, Botschaft für eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 452 f.); der Bundesrat hat im Jahre 1993 auf einen Vorschlag für eine Einführung von Beiträgen an die Wahlkampfkosten verzichtet (Botschaft über eine Teiländerung der Bundesgesetzgebung über die politischen Rechte, BBl 1993 III 461). In der Doktrin ist der Bereich der Parteienfinanzierung mehrmals untersucht worden (vgl. Kurt Weigelt, Staatliche BGE 124 I 55 S. 60 Parteienfinanzierung, Diss. St. Gallen 1987; Peter Hug, Die verfassungsrechtliche Problematik der Parteienfinanzierung, Diss. Zürich 1969). Soweit ersichtlich, hatten sich schweizerische Gerichte mit entsprechenden Fragen kaum je auseinanderzusetzen. Erwähnenswert sind immerhin zwei neuere Entscheidungen des Bundesgerichts aus dem Bereiche des Steuerrechts: Eine kantonale Steuerregelung, wonach Zuwendungen und Beiträge nur an jene politische Parteien steuerlich abziehbar sind, die im Kantonsrat tatsächlich vertreten sind, ist mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit und dem Gleichbehandlungsgebot der politischen Parteien vereinbar erklärt worden (ASA 62 S. 633). Demgegenüber verneinte das Bundesgericht die Abzugsfähigkeit der sog. Mandatssteuer von der direkten Bundessteuer ( BGE 124 II 29 ). In früherer Zeit verweigerte das Bundesgericht einem Aktionskomitee im Zusammenhang mit einer gesamtschweizerischen Abstimmung über einen Verfassungsartikel einen postalischen Vorzugstarif für den Versand einer Aufklärungsschrift, da diese Vergünstigung nur eigentlichen politischen Parteien zukomme ( BGE 101 Ib 292 ). Desgleichen bestätigte es den Ausschluss einer politischen Bewegung von der Teilnahme an Fernsehsendungen über eidgenössische Wahlen, weil diese in der vorangehenden Legislaturperiode keine Fraktionsstärke erreicht hatte und in den zur Diskussion stehenden Wahlen nicht in mindestens zwei Kantonen pro Sprachgruppe kandidierte ( BGE 97 I 731 ). Schliesslich kann auf Urteile des deutschen Bundesverfassungsgerichts hingewiesen werden, in denen das Erfordernis eines bestimmten Mindesterfolges bei den Wahlen für die Erstattung von Wahlkampfkosten beurteilt worden ist; das Gericht kam zum Schluss, dass die Schwelle deutlich unter 5% bzw. unter 2,5% der Stimmen liegen müsse und etwa bei 0,5% anzusetzen wäre (BVerfGE 20, 56 [116] und 24, 300 [339], vgl. auch BVerfGE 73, 40). 4. a) Das Recht des Kantons Freiburg gewährt den Parteien unter unterschiedlichen Voraussetzungen in drei Bereichen Hilfeleistungen bei der Durchführung von Wahlen: Das Gemeinwesen übernimmt den Versand der von den Parteien gedruckten Wahllisten (Art. 29 und 30 GABR). Diese Massnahme behandelt alle Parteien gleich und stellt für diese eine beträchtliche (administrative und finanzielle) Erleichterung dar. Das Bundesgericht erachtete die damit verbundene Verpflichtung der Parteien, für den Druck der Wahllisten vorerst selber aufzukommen, unter dem Gesichtswinkel der Rechtsgleichheit und der Wahl- und Abstimmungsfreiheit gesamthaft als unbedenklich, weil sie den Zugang zu politischen BGE 124 I 55 S. 61 Mandaten nicht unverhältnismässig verschliesse; dabei hatte es den Bereich der Rückerstattung der Kosten für den Druck der Listen (sowie denjenigen der Beiträge an den Wahlkampf) nicht zu prüfen (erwähntes Urteil in ZBl 98/1997 S. 361). Darüber hinaus erstattet das Gemeinwesen Kosten für den Druck von Wahllisten und übernimmt Beiträge an den Wahlkampf. Die entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes über die Ausübung der bürgerlichen Rechte haben folgenden Wortlaut: Art. 31 - Rückerstattung der Druckkosten für Wahllisten 1 Bei der Wahl des Grossen Rates, des Staatsrates und der Oberamtmänner vergütet der Staat den politischen Parteien und Wählergruppen die Druckkosten für die Wahllisten für eine Anzahl, die nicht höher ist als 120% der eingeschriebenen Wähler. 2 Diese Rückerstattung erfolgt: a)...; b) bei der Wahl der Grossräte und der Oberamtmänner, sofern die von ihnen eingereichten Listen mindestens 7,5% der gültig abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen. Art. 31bis - Finanzieller Beitrag an die Kosten des Wahlkampfes a) Kantonale Wahlen 1 Bei der Wahl des Grossen Rates, des Staatsrates und der Oberamtmänner leistet der Staat einen Beitrag an die Kosten des Wahlkampfes der politischen Parteien und der Wählergruppen. 2 Der Beitrag wird kantonalen politischen Parteien und Wählergruppen gewährt, die mindestens fünf Sitze im Grossen Rat erreichen. 3 Der Beitrag setzt sich zusammen aus: a) einem pauschalen Grundbetrag von 10'000 Franken und b) einem Beitrag von 750 Franken für jeden gewählten Grossrat. Art. 31quater c) Auszahlung des Beitrages Der nach den Artikeln 31bis und 31ter festgelegte Beitrag wird aufgrund der endgültigen Wahlergebnisse ausbezahlt. b) Mit der vorliegenden Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin keine unrichtige Anwendung des kantonalen Rechts. Sie zieht indessen die Verfassungsmässigkeit der genannten Regelung über die Rückerstattung von Kosten für den Druck von Wahllisten und für die Wahlpropaganda in Zweifel. Sie macht insbesondere geltend, die Rückerstattung dürfe unter dem Gesichtswinkel der Rechts- und Chancengleichheit der politischen Parteien nicht vom Wahlerfolg (bzw. nicht in der vorgesehenen Höhe) abhängig gemacht werden. Im folgenden ist zu prüfen, ob die kantonale Regelung einer BGE 124 I 55 S. 62 inzidenten Normkontrolle standhält und ob deren Anwendung im konkreten Fall mit der Rechtsgleichheit und der Wahl- und Abstimmungsfreiheit vereinbar ist. 5. a) Es ist bereits oben ausgeführt worden, dass ein indirektes Eingreifen des Gemeinwesens in Form von Unterstützungen und Hilfeleistungen für eine ordnungsgemässe Durchführung von Wahlen unabdingbar sein kann, dass diese aber mit Bezug auf die Willensbildung und -betätigung der Wähler neutral sein müssen und nicht einzelne Kandidaten oder Parteien und Gruppierungen bevorzugen oder benachteiligen dürfen (vgl. die Hinweise in E. 2a). Dem Neutralitäts- und Gleichheitsgebot kommt bei einer direkten Unterstützung, wie sie die Rückerstattung von Kosten für den Druck von Wahllisten und den Wahlkampf darstellt, eine gesteigerte Bedeutung zu, weil sie in vermehrtem und unmittelbarem Ausmass auf den Wettbewerb unter den Parteien Einfluss haben kann. Das Gleichbehandlungsgebot hat im Bereich der politischen Rechte seit jeher eine ganz besondere Tragweite; das Postulat der politischen Gleichheit stand bei der Entstehung des Art. 4 BV gar im Vordergrund (ASA 62 633 E. 3a; FLEINER/GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 1949, S. 404; WALTHER BURCKHARDT, Kommentar zur schweizerischen Bundesverfassung, 3. Auflage 1931, S. 24; vgl. zum ganzen WEIGELT, a.a.O., S. 99 ff.). Nur einzelne wenige spezifische Elemente können im Bereiche der politischen Rechte eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen (ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 57). Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass der öffentlichen Gewalt, welche in den Bereich der politischen Willensbildung eingreift und dadurch auf die Chancengleichheit der politischen Parteien einwirkt, besonders enge Grenzen des Ermessens gezogen sind (BVerfGE 73, 40 [88 f.]); der Grundsatz der Rechts- und Chancengleichheit sei streng formal zu verstehen und setze dem Gesetzgeber enge Grenzen der Gestaltungsfreiheit, sodass jede verschiedene Behandlung der Parteien, die sich nicht durch einen besonderen zwingenden Grund rechtfertigen lässt, verfassungsrechtlich unzulässig sei (BVerfGE 20, 56 [116]; der Grundsatz der strengen formalen Chancengleichheit verbiete indessen nicht jede Differenzierung und lasse eine verschiedene Behandlung der Parteien aus besonderen zwingenden Gründen zu (BVerfGE 24, 300 [339 ff.]). Das Bundesgericht hat zum Bereiche der politischen Rechte ausgeführt, dass die Idee der Konkordanz im schweizerischen Verständnis der politischen Auseinandersetzung gerade auch bei Wahlen auf BGE 124 I 55 S. 63 den verschiedenen Ebenen Eingang gefunden habe. Es hat aber betont, dass Konkordanz den etablierten, bisherigen und bereits organisierten Parteien ein Übergewicht verleihen und die Opposition von Aussenseitern behindern könne. Freie Volkswahlen seien nicht rückwärtsgerichtete Bestätigung bestehender Machtverteilung, sondern sollten über künftige Stärke der Gruppierungen entscheiden. Eine chancengleiche Kandidatur müsse demzufolge allen Bürgern offen stehen, welche die als verfassungskonform anerkannten Voraussetzungen dazu erfüllen. Eine behördliche Intervention im Rahmen des Wahlkampfes, welche diese Ausschlusstendenz noch verstärkt oder sogar direkt zur Folge hat, sei deshalb unzulässig ( BGE 113 Ia 291 S. 301; ZBl 98/1997 S. 361). Der damit zum Ausdruck kommende Grundsatz der Chancengleichheit gilt nicht nur für einzelne Kandidaten, sondern ebenso sehr für Parteien (vgl. ZBl 98/1997 S. 355). Er will auch andern Gruppierungen als den traditionellen Parteien oder neuen Bewegungen den Zugang zur Teilnahme am politischen Prozess ermöglichen. Nach dem Bundesverfassungsgericht verwehrt es der Grundsatz der Chancengleichheit dem Gesetzgeber, durch finanzielle Zuwendungen bzw. die Art der Verteilung bestehende faktische Ungleichheiten der Wettbewerbschancen zu verschärfen (BVerfGE 73, 40 [89]). Auf das Erfordernis der Chancengleichheit und die Gefahr der "Zementierung" bestehender Stärkeverhältnisse hat auch der Bundesrat in seinem Bericht hingewiesen (a.a.O., S. 185). b) Unter rein formalen Gesichtspunkten betrachtet, birgt ein System, das den einen Parteien bei Erreichen gewisser Wahlerfolge Kostenrückerstattungen in Aussicht stellt, indessen den andern weniger erfolgreichen eine solche versagt, eine rechtsungleiche Behandlung von Parteien, die alle die verfassungsmässigen und gesetzlichen Bedingungen für eine Beteiligung an einer Wahl erfüllen, in sich (vgl. BVerfGE 20, 56 [116]). Im vorliegenden, den Kanton Freiburg betreffenden Fall kann nicht übersehen werden, dass kleine Parteien und Gruppierungen oder eine im Kanton erst seit kürzerer Zeit oder nur in einem Kantonsteil tätige Partei gegenüber den traditionellen und grossen Parteien tatsächlich benachteiligt bzw. am Zugang zum politischen Leben behindert werden, wenn sie gestützt auf die genannten kantonalen Normen wegen kleiner Wahlerfolge keinen Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung erheben können. Sie werden daher in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung und Chancengleichheit beeinträchtigt. Die Beurteilung der Frage, wie sich diese formale Ungleichbehandlung im einzelnen auswirkt und ob eine Beschränkung der BGE 124 I 55 S. 64 Erstattung von Druck- und Wahlkampfkosten auf Parteien mit einem bestimmten Wahlerfolg verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, die Vergleiche zwischen unterschiedlichen politischen Systemen mit verschiedenen Wahlgrundsätzen erschweren. Im einzelnen sind sie auf dem Hintergrund der aus der Wahlfreiheit fliessenden Chancengleichheit gegeneinander abzuwägen und auf ihre Ausschlusswirkung im konkreten Umfeld hin zu gewichten: Eine direkte Wahlkampfunterstützung von Parteien hat in unmittelbarerer Weise Einfluss auf deren Wettbewerb untereinander als indirekte Förderungsmassnahmen etwa in Form der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Parteienspenden. Beschränkungen von Kostenrückerstattungen entsprechend einem bestimmten Wahlerfolg können sich unterschiedlich auswirken, je nach dem, ob das politische System mehr auf Offenheit und (Parteien-)Pluralismus ausgerichtet oder von nur wenigen Parteien geprägt ist; für den Kanton Freiburg ist dabei zu berücksichtigen, dass mit dem Prinzip der Proporzwahl (Art. 36 KV und Art. 80 GABR) und den minimen formellen Anforderungen für die Teilnahme (Art. 81 Abs. 2 GABR verlangt lediglich die Unterzeichnung der Listen durch 25 Stimmberechtigte des Wahlkreises) grundsätzlich ein weiter Zugang zu den Wahlen garantiert ist. Mindeststimmenanteile als Erfordernis staatlicher Beiträge haben ferner eine unterschiedliche Bedeutung, wenn die Unterstützung für Wahlkampfkosten die Ausgaben der Parteien - wie etwa in Deutschland - zu einem wesentlichen Teil decken sollen oder wenn die Beiträge im Verhältnis zu den Gesamtausgaben einer Partei für eine Wahl zum vornherein nur einen (relativ) bescheidenen Beitrag ausmachen. Beiträge an den Druck von Listen, welche für die Durchführung der Wahl erforderlich sind, erweisen sich neutraler als Unterstützungen des Wahlkampfes, der allein im Ermessen der einzelnen Parteien liegt. Weiter ist - insbesondere für nur lokal tätige Parteien - von Bedeutung, ob der als Schranke angesetzte Wahlerfolg auf einen Wahlbezirk oder auf das Gesamtgebiet, in dem die Wahl durchgeführt wird, bezogen wird; nach den wiedergegebenen Normen verhält es sich insofern für die Rückerstattung von Druckkosten für Wahllisten anders als für die Beiträge an die Wahlkampfkosten. Numerische Schranken für die Rückerstattung erscheinen in Systemen mit Sperrklauseln in einem andern Licht als in Systemen ohne Quorum; die Kombination von Sperrklauseln und Mindeststimmenanteilen für Rückerstattungen fördert die Ausschlusswirkung von neuen und kleinen Gruppen zusätzlich (vgl. BVerfGE 20, 56 [117]. BGE 124 I 55 S. 65 Schliesslich gilt es die Stellung der politischen Parteien und deren Förderung mit direkten oder indirekten Massnahmen ganz allgemein mit zu berücksichtigen; die finanzielle Unterstützung von Fraktionen im Grossen Rat lässt den Ausschluss kleiner Parteien von Beiträgen an Druck- und Wahlkampfkosten zusätzlich erschwerend erscheinen (vgl. zur Unterstützung der Fraktionen Art. 30 des Gesetzes über das Reglement des Grossen Rates [Gesetzessammlung 121.1] und das Dekret über die Entschädigung der Fraktionen und der Mitglieder des Grossen Rates [Gesetzessammlung 121.2]). Auch wenn die Parteien keinen verfassungsmässigen Anspruch auf Förderungsmassnahmen im allgemeinen und insbesondere keinen Anspruch auf Auslagenersatz für ihre Beteiligung an Wahlen erheben können, hat eine entsprechende Ausrichtung gesamthaft gesehen den erwähnten Verfassungsanforderungen an die Rechts- und Chancengleichheit zu genügen. c) In Anbetracht dieser Grundsätze stellt sich die Frage, ob Umstände geltend gemacht werden können, welche eine Ungleichbehandlung von kleinen Parteien und Gruppierungen aus allgemeinen Überlegungen zu rechtfertigen vermögen; schliesslich wird zu prüfen sein, ob das Erfordernis des Erreichens eines bestimmten Wahlerfolges - nämlich 7,5% der Listenstimmen für die Rückerstattung von Kosten für den Druck der Listen und die Wahl von 5 Grossräten für die Rückerstattung von Wahlkampfkosten - in Anbetracht der vorstehenden Erwägung verfassungsrechtlich haltbar ist. aa) Die Beschränkung der Rückerstattungen auf Parteien, welche bei den Wahlen einen bestimmten Mindesterfolg aufweisen, wird im wesentlichen damit begründet, es sei nicht Sache des Gemeinwesens, Kleinstparteien, Splittergruppen oder zeitlich nur beschränkt auftretende Gruppierungen zu unterstützen, der Parteienzersplitterung Vorschub zu leisten und damit die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu beeinträchtigen. Es ist zu prüfen, inwiefern diese Argumentation hinsichtlich Beitragsleistungen an Wahlen und den Ausschluss von Parteien mit geringen Wahlerfolgen zutrifft. bb) Die meisten Westschweizer Kantone kennen für ihre Wahlen sog. Quoren oder Sperrklauseln. Diese bedeuten, dass Parteilisten, die einen bestimmten Anteil an Wählerstimmen nicht erreichen, von der Mandatsverteilung ausgeschlossen werden. Systeme mit Quoren stehen in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Grundsatz der Proporzwahl. Das Bundesgericht hat den durch Sperrklauseln bewirkten Ausschluss kleinerer Parteien als zulässig betrachtet; die BGE 124 I 55 S. 66 Quoren verhinderten eine übermässige Parteienzersplitterung und wirkten damit einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Parlamente entgegen (JdT 1962 I 271 S. 274 f.; BGE 103 Ia 603 E. 5 S. 607; BGE 109 Ia 203 S. 207 f.; BGE 107 Ia 217 S. 221). Im einzelnen hat es ein Quorum von 15% als zu hoch befunden (JdT 1962 I 271) und eine auf den Wahlkreis bezogene Sperrklausel von 10% gerade noch als zulässig geschützt ( BGE 103 Ia 603 E. 6 S. 610; nicht publizierter Entscheid vom 14. Mai 1985 i.S. R. betr. den Kanton Neuenburg, erwähnt bei DOMINIQUE FAVRE, Le quorum sous l'angle de l'égalité devant la loi, in: Verfassungsrechtsprechung und Verwaltungsrechtsprechung, Zürich 1992, S. 99 f.). Auf die Kritik an dieser Rechtsprechung, welche einerseits die Wirksamkeit von Quoren für die Realisierung des angestrebten Zweckes in Frage stellt und andererseits auf die Problematik von deren Einführung bloss auf Gesetzesstufe hinweist, braucht hier nicht näher eingegangen zu werden (ALFRED KÖLZ, Probleme des kantonalen Wahlrechts, in: ZBl 88/1987 S. 24 ff.; BEAT OPPLIGER, Die Problematik von Wahlsperrklauseln in rechtsvergleichender Sicht, AJP 1993, S. 138 f. und 140; TOMAS POLEDNA, a.a.O., S. 118 und 120 ff.; FAVRE, a.a.O., S. 97 ff.; PIERRE GARRONE, L'élection populaire en Suisse, Diss. Genf 1990, S. 241 ff.). In neuerer Zeit hat etwa der Kanton Bern - trotz grosser Parteienvielfalt - im Zuge der Totalrevision seiner Verfassung auf die Einführung von Sperrklauseln verzichtet (vgl. WALTER KÄLIN/URS BOLZ, Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, Bern 1995, S. 448). In Deutschland hatte sich das Bundesverfassungsgericht mehrmals mit der Zulässigkeit von Sperrklauseln zu befassen; es bejahte die Verfassungsmässigkeit eines Quorums von 5% (BVerfGE 24, 300 [341], mit Hinweisen), hielt eine Sperrklausel von 7,5% für eine Landtagswahl als unzulässig (BVerfGE 1, 208) und entschied ferner, dass bei der ersten Bundestagswahl nach der Wiedervereinigung eine auf das ganze Gebiet bezogene Sperrklausel von 5% für die nur in den neuen Bundesländern engagierten Parteien sich als unverhältnismässige Hürde auswirke (BVerfGE 82, 322 [339 ff.]). Zur Rechtfertigung der Sperrklauseln stellt auch das Bundesverfassungsgericht auf die Gefahr der Funktionsuntüchtigkeit der Parlamente sowie auf die damit verbundene Schwierigkeit der Regierungsbildung ab (BVerfGE 1, 208 [247 ff. und 256]; 24, 300 [341]; 41, 399 [421], mit Hinweisen; vgl. zum ganzen OPPLIGER, a.a.O., S. 137 f. und 141). Es stellt sich die Frage, ob die Gründe, mit denen Quoren gerechtfertigt werden, auf den Bereich der Rückerstattung von allgemeinen BGE 124 I 55 S. 67 Wahlkampfkosten übertragen werden können. Dies kann nicht zum vornherein angenommen werden. Zum einen werden die Sperrklauseln in Deutschland mit dem Argument, das Parlament solle arbeitsfähig sein und eine funktionstüchtige Regierung wählen können, begründet; in der Schweiz aber werden die Kantonsregierungen direkt vom Volk gewählt und sind Beschlüsse des Parlaments nicht in gleichem Masse von einer klaren und feststehenden Mehrheit abhängig (vgl. KÖLZ, a.a.O., S. 25). Zum andern haben Quoren und Mindeststimmenanteile für die Entrichtung staatlicher Beiträge zum vornherein unterschiedliche Auswirkungen. Die Sperrklauseln bezwecken eine Beschränkung der Anzahl der in den Parlamenten vertretenen Parteien und damit die Aufrechterhaltung der Funktionstüchtigkeit der Volksvertretung. Die Beschränkung der Rückerstattung von Wahlkosten wirkt sich demgegenüber faktisch schon auf den früheren Zeitpunkt der Beteiligung an einer Wahl aus. Die Aussicht einer Partei, infolge nur geringer Wahlerfolge möglicherweise keinen Anspruch auf eine Rückerstattung erheben zu können, kann für sie ein Hindernis darstellen, sich überhaupt an einer Wahl zu beteiligen. Das Erfolgserfordernis für staatliche Beitragsleistungen kann sich daher als eigentliche Zugangsbeschränkung auswirken. Die Ausschlusswirkung kann insbesondere neue oder nur lokal tätige Gruppierungen treffen. Daraus erhellt, dass die Rechtfertigung von Quoren nicht auf die Beschränkung der Ausrichtung von Beiträgen für Wahlen übertragen werden kann (vgl. BVerfGE 24, 300 [341 f.]. Eine solche Beschränkung bedarf vielmehr in materieller und quantitativer Hinsicht einer eigenständigen Begründung. cc) Eine Differenzierung zwischen Parteien nach deren Bedeutung und eine unterschiedliche Behandlung bei der Ausrichtung von Beiträgen im Zusammenhang mit der Durchführung von Wahlen können unter dem Gesichtswinkel der Rechts- und Chancengleichheit nicht zum vornherein ausgeschlossen werden. Das Gemeinwesen kann nicht voraussetzungslos verpflichtet werden, die Parteien ungeachtet ihrer Bedeutung zu unterstützen. Die Parteien sind allein dafür verantwortlich, ob, in welcher Art und mit welchem Aufwand sie eine Wahlkampagne führen. Eine eigentliche Parteienfinanzierung sieht das Recht des Kantons Freiburg nicht vor; es werden, wie erwähnt, lediglich die Fraktionen des Grossen Rates finanziell unterstützt. Es kann davon ausgegangen werden, dass eine staatliche Unterstützung die Bildung und Wahlbeteiligung von sehr kleinen Parteien fördern könnte (vgl. für die Verhältnisse von Deutschland, wo ein wesentlicher Teil der Wahlkampfkosten vom BGE 124 I 55 S. 68 Gemeinwesen übernommen wird, BVerfGE 20, 56 [117]). Eine sehr weitgehende Parteienzersplitterung ist nicht nur Ausdruck eines breiten Pluralismus. Sie führt bei der praktischen Durchführung von Wahlen dazu, dass eine Vielzahl von abgegebenen Stimmen zum vornherein ohne Gewicht bleiben und mangels Erreichens des erforderlichen Quorums - vorbehältlich einer Listenverbindung - bei der Mandatsverteilung als nicht abgegeben unberücksichtigt bleiben (vgl. Art. 103 Abs. 2 GABR, wonach die von einer Liste oder Listengruppe erzielten Stimmen unter dem Quorum als nicht abgegeben gelten). Die damit verbundene Stimmenzersplitterung kann die Repräsentativität der Wahl beeinträchtigen und erweist sich kaum als unterstützungswürdig (vgl. BVerfGE 24, 300 [341]). Im gleichen Sinne besteht ein öffentliches Interesse daran, in erster Linie solche Parteien und Gruppierungen zu unterstützen, welche über ein Minimum an Anhang und eine gewisse Breite der politischen Anliegen verfügen und im Falle von Mandatsgewinnen eine minimale Gewähr für eine gewisse Dauer und Kontinuität bei der politischen Tätigkeit im Parlament bieten; das Bundesverfassungsgericht spricht in diesem Zusammenhang vom Erfordernis einer gewissen Resonanz in der Aktivbürgerschaft (BVerfGE 73, 40 [95]). Es kann nicht Sache des Staates sein, sog. Jux-Listen oder Spontan-Gruppen ohne weitern Anhang finanziell zu unterstützen, denen jegliche Ernsthaftigkeit im Hinblick auf die im Parlament zu leistende Arbeit abgeht. Es besteht durchaus ein öffentliches Interesse daran, solche Gruppen von der Unterstützung auszuklammern, deren Vorschläge und Programme nicht auf den eigentlichen Wahlerfolg und die parlamentarische Tätigkeit, sondern auf andere und allenfalls sachfremde Ziele ausgerichtet sind (vgl. BVerfGE 24, 300 [342] und die Aufzählung von sog. Jux-Listen in der Botschaft des Bundesrates über eine Teiländerung der Bundesgesetzgebung über die politischen Rechte, BBl 1993 III 483 und Anmerkung 32 auf S. 507). In diesem Sinne kann hinsichtlich der direkten Unterstützung in engen Grenzen ein öffentliches Interesse für eine Differenzierung der Parteien nach deren Bedeutung namhaft gemacht werden. Für diese Beurteilung darf nicht auf subjektive Kriterien abgestellt werden. Der Wahlerfolg indessen ist in dieser Hinsicht ein objektiver Massstab und kann ein Indiz für die Bedeutung einer Partei darstellen. Demnach kann dem kantonalen Gesetzgeber kein Verstoss gegen die Rechts- und Chancengleichheit vorgeworfen werden, wenn er in Form eines Mindestwahlerfolges gewisse Schranken für die Entrichtung von Beiträgen an die Kosten von Wahlgängen festsetzt. BGE 124 I 55 S. 69 Das kann im einzelnen dazu führen, dass eine Partei mangels hinreichender Resonanz von der Beitragsausrichtung ausgeschlossen wird, obwohl ihr die politische Ernsthaftigkeit - wie etwa der beschwerdeführenden Partei, die in manchen Parlamenten auf kantonaler und eidgenössischer Ebene vertreten ist - nicht abgesprochen werden soll; umgekehrt kann eine Gruppierung angesichts bedeutender Resultate in den Genuss von Beiträgen kommen, obwohl sie von ihren Anliegen her betrachtet als Jux-Liste einzustufen wäre. d) Im einzelnen stellt sich damit die Frage, wie diese Schranken hinsichtlich staatlicher Beiträge an Wahlgänge umschrieben werden und ob die kantonalrechtliche Begrenzung im Rahmen der erwähnten Grundsätze vor der Verfassung standhält. Von besonderem Gewicht sind dabei die staatliche Neutralität gegenüber den einzelnen Parteien sowie deren rechts- und chancengleiche Behandlung; insbesondere ist darauf zu achten, dass der Zugang zur Beteiligung an Wahlen nicht übermässig beschränkt wird (vgl. STEPHAN WIDMER, Wahl- und Abstimmungsfreiheit, Diss. Zürich 1989, S. 234 ff.; POLEDNA, a.a.O., S. 166 ff.; WEIGELT, a.a.O., S. 124 ff.; HUG, a.a.O., S. 109 ff.). Diese Frage ist im folgenden hinsichtlich des vorliegenden Falles zu prüfen. Dabei sind die beiden Formen der Unterstützung der Parteien - die Beteiligung an den Kosten des Drucks der Wahllisten einerseits und die Rückerstattung von Kosten des Wahlkampfes - auseinanderzuhalten und getrennt voneinander zu behandeln. Im einzelnen geht es hierbei lediglich um die Frage der Anspruchsberechtigung als solcher, während die Abstufung der Beiträge entsprechend den Wahlerfolgen nicht zur Diskussion steht. 6. Art. 31 GABR beschränkt die Rückerstattung der Druckkosten für Wahllisten auf Parteien, die bei der Grossratswahl mindestens 7,5% der Listenstimmen auf sich vereinigen. a) Die Schranke des Mindeststimmenanteils von 7,5% für die Ausrichtung von Beiträgen an die Druckkosten bezieht sich nach der Systematik auf den einzelnen Wahlkreis. Sie entspricht dem Quorum für die Mandatsverteilung nach Art. 103 GABR. Die Kumulierung von Quorum und Mindeststimmenanteil bringt für kleine Parteien die Gefahr mit sich, weder bei der Mandatsverteilung noch bei der Kostenrückerstattung berücksichtigt zu werden. Die gesetzliche Schranke wirkt sich im Grundsatz als eigentliche Zugangsbeschränkung finanzieller Natur aus und ist geeignet, kleine oder neue Parteien von einer Wahlbeteiligung auszuschliessen (vgl. BVerfGE BGE 124 I 55 S. 70 20, 56 [117]). Der Mindeststimmenanteil hat eine Ungleichbehandlung von kleinen und grossen Parteien zur Folge, die sich durch keine zwingenden Gründe rechtfertigen lässt. Zum einen sind die Kosten für den Druck von Wahllisten bei kleinen und grossen Parteien im wesentlichen die gleichen. Zum andern kann nicht gesagt werden, dass eine Partei erst bei Erreichen von 7,5% der Listenstimmen das Kriterium der Ernsthaftigkeit und einer gewissen Resonanz in der Stimmbürgerschaft im oben dargelegten Sinne erfüllt. Für die drei Wahlbezirke Saane-Land, Sense und See, in denen die Beschwerdeführerin kandidierte, wären dies nämlich 23'116 (von 308'222), 16'930 (von 225'745) bzw. 7'939 (von 105'856) Stimmen. Das Erfordernis eines Mindeststimmenanteils von 7,5% erweist sich demnach als sehr hoch und widerspricht dem Gebot, auch kleinen und neuen Parteien eine faire Chance der Wahlbeteiligung einzuräumen. Damit steht die Schranke im Widerspruch mit dem aus der Wahlfreiheit abgeleiteten Rechtsgleichheitsgebot und Diskriminierungsverbot und ist verfassungsrechtlich nicht haltbar. Die Mindeststimmenzahl von 7,5% als Erfordernis für die Ausrichtung von Rückerstattungen für die Druckkosten kann daher im vorliegenden Einzelfall nicht angewendet werden. b) Wie oben ausgeführt, ist es dem Gesetzgeber nicht unbenommen, die Rückerstattung von einer gewissen Bedeutung bzw. vom Erreichen bestimmter Wahlresultate abhängig zu machen. Erweist sich der Satz von 7,5% Mindeststimmenanteil als zu hoch, stellt sich die Frage, auf welcher Höhe die Grenze anzusetzen ist. Dabei kommt dem kantonalen Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum zu. Im einzelnen darf auf der einen Seite berücksichtigt werden, dass der Beitrag an die Kosten für den Druck von Wahllisten gemessen am gesamten Aufwand für die Teilnahme einer Partei an Grossratswahlen nicht sehr stark ins Gewicht fällt und eine Wahlbeteiligung grundsätzlich auch ohne Druck von offiziellen Wahllisten möglich ist (vgl. zitierter Entscheid in ZBl 98/1997 S. 355 E. 4b und 5 [361 ff.]). Insofern ist die Ausschlusswirkung für kleine Parteien nicht sehr bedeutend. Auf der andern Seite ist zu beachten, dass sich die Kosten für den Druck von Wahllisten im Vergleich zwischen grossen und kleinen Parteien kaum unterscheiden und demnach dem Aspekt der formalen Gleichheit ein grösseres Gewicht beizumessen ist. Es kann nicht übersehen werden, dass das Absehen vom Druck von Wahllisten die Erfolgschancen einer Partei beeinträchtigen dürfte. Diese Gründe sprechen für eine tiefe Grenze des Mindeststimmenanteils. In die gleiche Richtung weist der Umstand, dass bei den BGE 124 I 55 S. 71 Nationalratswahlen und bei den meisten kantonalen Wahlen der Druck der Wahllisten ohnehin vom Gemeinwesen übernommen wird und dass darin keine ins Gewicht fallende Förderung der Parteienzersplitterung erblickt wird (vgl. ZBl 98/1997 S. 355 E. 4b [360 f.], mit Hinweisen). Schliesslich bringt die Kombination von Sperrklausel hinsichtlich Mandatsverteilung und Mindeststimmenanteil bei der Ausrichtung von Druckbeiträgen eine kumulierte Benachteiligung von kleinen Parteien mit sich und spricht für eine tiefe Grenze des Mindeststimmenanteils. In Anbetracht dieser Erwägungen erscheint in bezug auf die Verhältnisse im Kanton Freiburg eine Grenze von rund 1% der Listenstimmen als angemessen. Sie berücksichtigt, dass ein Stimmenanteil von rund 3'000, 2'200 bzw. 1'000 Stimmen in den drei betroffenen Wahlbezirken (bezogen auf das Total der gültigen Stimmen) eine hinreichende Ernsthaftigkeit und Resonanz in der Bevölkerung belegt. Sog. Jux-Listen und Listen ohne hinreichenden Rückhalt werden damit zureichend von der Rückerstattung der Druckkosten ausgeschlossen. Damit ist auch die formale Gleichstellung der Parteien in weitgehendem Masse realisiert. c) Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin in den Wahlbezirken Saane-Land 0,49%, Sense 0,55% und See 1,92% der Listenstimmen erreicht. Das Resultat im Bezirk See ist demnach mit einem Listenstimmenanteil von 1,92% so hoch, dass aufgrund der vorstehenden Erwägungen die Verweigerung der Rückerstattung der Kosten für den Druck der Wahllisten vor dem Rechts- und Chancengleichheitsgebot und der Wahl- und Abstimmungsfreiheit nicht standhält. Demnach erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als begründet und ist der angefochtene Entscheid aufzuheben. Der Staatsrat wird daher einen neuen Entscheid zu treffen und der Beschwerdeführerin für den Bezirk See im Rahmen von Art. 31 Abs. 1 GABR einen Beitrag an die Druckkosten für die Wahllisten zuzusprechen haben. In bezug auf die beiden andern Wahlbezirke Saane-Land und Sense hat die Beschwerdeführerin die Schranke, die von Verfassungs wegen gezogen werden darf, nicht erreicht. Insofern erweist sich ihre staatsrechtliche Beschwerde daher unbegründet. 7. Nach Art. 31bis GABR wird ein finanzieller Beitrag an die Kosten des Wahlkampfes denjenigen Parteien zum vornherein verweigert, die keine 5 Sitze im Grossen Rat erreichen. a) Die Schranke von 5 Sitzen entspricht dem Erfordernis der Bildung einer Fraktion (vgl. Gesetz über das Reglement des Grossen BGE 124 I 55 S. 72 Rates, Gesetzessammlung 121.1); wie aus den Materialien hervorgeht, wurde der finanzielle Beitrag bewusst an das Kriterium der Fraktionsbildung geknüpft. Diese Schranke bezieht sich auf das ganze Kantonsgebiet und kann im Einzelfall gesamthaft oder aber nur in einem oder wenigen Wahlkreisen erreicht werden. Die freiburgische Regelung der staatlichen Beitragsleistung an den Wahlkampf knüpft nicht an einen Mindeststimmenanteil in Prozenten vom Total der Stimmen, sondern an den tatsächlichen Gewinn von 5 Mandaten im Grossen Rat an. Diese Regelung bedeutet für kleine Parteien eine sehr hohe Schranke. Wie schon im Zusammenhang mit der Rückerstattung von Druckkosten für Wahllisten ausgeführt, kann die Kumulierung von Sperrklausel und Mindestmandatgewinn für kleine Parteien zur Folge haben, dass sie nicht nur bei der Mandatszuteilung, sondern auch bei der Beitragsausrichtung an den Wahlkampf leer ausgehen. Angesichts des Umstandes, dass die Beiträge nicht unbedeutend sind, wirkt sich die Schranke für sie als eigentliche Beschränkung des Zugangs und der Beteiligung an der Wahl aus (vgl. BVerfGE 20, 56 [117]). Das Abstellen auf Mandatsgewinne in Fraktionsstärke zeigt, dass kleine Parteien - trotz allfälliger Vertretung im Grossen Rat - zum vornherein benachteiligt werden; wie oben aufgezeigt (E. 5b), werden die Fraktionen im Grossen Rat bereits durch direkte Zuschüsse unterstützt. Im einzelnen setzt das Überspringen der Hürde eine beachtliche Stärke voraus. Für den Gewinn von 5 Mandaten beispielsweise in einem einzigen Wahlkreis wäre eine hohe Stimmenzahl erforderlich; die Freisinnig-Demokratische Partei errang im Wahlbezirk Saane-Land mit 19,55% der Listenstimmen 5 Sitze. Umgekehrt wäre etwa das Erreichen des Quorums in fünf Wahlkreisen keine Garantie für den Gewinn von 5 Mandaten, weil der für die Mandatsverteilung schliesslich entscheidende Wahlquotient (wie etwa in den Bezirken Glane, Broye und Vivisbach) höher liegen kann; eine Partei müsste dementsprechend höhere Werte erreichen als die Quoren, um in den Genuss eines Wahlkampfbeitrages zu gelangen. Es ist daher nicht entscheidend, dass 5 Mandate im Grossen Rat mit 130 Sitzen lediglich einen Prozentsatz von 3,8% ausmachen. Die zu erreichenden Stimmenzahlen übersteigen damit diejenigen Werte, welche unter dem Gesichtswinkel der Ernsthaftigkeit einer Liste und der erforderlichen Resonanz in der Bevölkerung verlangt werden können, wesentlich. Schliesslich wirkt sich die Schranke für eine Partei wie die Beschwerdeführerin, welche nur in 3 von insgesamt 8 Wahlbezirken kandidiert, besonders massiv im Sinne einer Zugangsbeschränkung BGE 124 I 55 S. 73 aus. Eine Hochrechnung, was diese Grenze für eine nur in wenigen Wahlbezirken tätige Partei bedeutet, fällt nicht leicht; immerhin kann darauf hingewiesen werden, dass das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die ersten Bundestagswahlen von 1990 nach der Wiedervereinigung davon ausgegangen ist, dass die auf ganz Deutschland bezogene Sperrklausel von 5% für die Parteien aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik bedeutete, bezogen auf ihren bisherigen Wirkungskreis einen Mindeststimmenanteil von 23,75% erreichen zu müssen, um die 5%-Hürde zu überspringen und im Bundestag überhaupt vertreten zu sein, was als nicht haltbar betrachtet wurde (BVerfGE 82, 322 [340]). Gesamthaft gesehen birgt die Regelung der Beitragsleistung an den Wahlkampf eine krasse Ungleichbehandlung von kleinen Parteien gegenüber den grösseren in sich, für die keine zwingenden Gründe namhaft gemacht werden können. Der Ausschluss von kleinen Parteien von der Wahlkampfunterstützung ist mit dem auf Verfassungs- und Gesetzesstufe verankerten Proporzgedanken (Art. 36 KV und Art. 80 GABR) kaum vereinbar. Die Schranke von 5 Mandatsgewinnen hat für kleine Parteien eine Ausschlusswirkung zur Folge, welche mit der Rechts- und Chancengleichheit der Parteien im Bereich des Wahlrechts nicht vereinbar ist und sich mit keinen zwingenden Gründen rechtfertigen lässt. Sie hält damit vor der Verfassung nicht stand und darf im vorliegenden Einzelfall nicht zur Anwendung gebracht werden. b) Wie oben ausgeführt, ist es dem Gesetzgeber nicht unbenommen, die Rückerstattung von einer gewissen Bedeutung bzw. vom Erreichen bestimmter Wahlresultate abhängig zu machen. Erweist sich die Schranke von 5 Mandatsgewinnen im Grossen Rat als zu hoch, stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien und auf welcher Höhe die Grenze anzusetzen ist. Dabei ist es bereits fragwürdig, überhaupt an einen tatsächlichen Sitzgewinn im Parlament anzuknüpfen. Wie aufgezeigt, hätte dieses Kriterium zur Folge, dass - abgesehen von Listenverbindungen - in einzelnen Wahlkreisen sogar eine höhere Stimmenzahl als das Quorum erreicht werden muss. Das aber sprengt bereits den Rahmen des Erfordernisses einer minimalen Ernsthaftigkeit und Resonanz einer Partei. Insofern kann die Problematik nicht mit dem erwähnten Entscheid des Bundesgerichts in ASA 62 S. 633 verglichen werden; dort stand mit der Möglichkeit des Steuerabzugs von Parteienspenden an im Kantonsrat vertretene Parteien nur eine indirekte Parteienförderung in Frage, während die direkte Ausrichtung von Beiträgen an den Wahlkampf BGE 124 I 55 S. 74 in unmittelbarer Weise in den Wettbewerb unter den Parteien eingreift und die Chancengleichheit von kleinen Parteien direkt beeinträchtigt. Aus diesen Gründen bringt der Anknüpfungspunkt des tatsächlichen Mandatsgewinns in einem Ausmasse eine Tendenz zum Ausschluss kleiner Parteien mit sich, dass an diesem Kriterium ebenfalls nicht festgehalten werden kann. Bei der Festsetzung einer neuen Schranke kommt dem kantonalen Gesetzgeber im Rahmen der Rechts- und Chancengleichheit auf dem Gebiete des Wahlrechts ein gewisser Gestaltungsspielraum zu. Bei der Bemessung eines neuen Satzes gilt es die durch die Kombination von Sperrklauseln und Mindesterfolg bewirkte Ausschlusswirkung nicht noch zu verstärken. Es darf davon ausgegangen werden, dass der den Parteien ausgerichtete Grundbetrag zwar die Gesamtausgaben eines Wahlkampfes längst nicht deckt, indessen immerhin bedeutend ist; er liegt höher als der für den Druck der Wahllisten benötigte Betrag (vgl. zitiertes Urteil in ZBl 98/1997 S. 360). Die Benachteiligung für eine Partei, die die Grenze nicht erreicht, ist demnach von einem gewissen Gewicht, was für einen relativ tiefen Ansatz spricht. Von Bedeutung ist der Umstand, dass die Wahl des Grossen Rates in insgesamt 8 Wahlkreisen durchgeführt wird. Die Vertretung der Parteien in den Wahlkreisen ist zum vornherein nicht homogen. In einem Kanton wie dem Kanton Freiburg unterscheiden sich einzelne Kantonsteile in parteipolitischer, sprachlicher und konfessioneller Hinsicht stark voneinander. Eine Partei, die nur in einem Kantonsteil aktiv ist, verfügt über eine Existenzberechtigung und soll durch eine hohe Grenze nicht unverhältnismässig benachteiligt werden. Im einzelnen kann eine Schranke auf das gesamte Kantonsgebiet oder aber auf einzelne Wahlkreise bezogen werden; denkbar ist ebenfalls, nach einem gemischten System auf einen Mindeststimmenanteil hinsichtlich des ganzen Kantonsgebietes und der einzelnen Wahlkreise abzustellen (vgl. zur Wahl des Europäischen Parlaments den Verteilschlüssel mit Berücksichtigung der Resultate von 5% in einem Land bzw. von 1% in drei Ländern und das Urteil des EuGH vom 23. April 1986 betr. Parti écologiste "Les Verts", Slg. 1986 S. 1339 [S. 1359 ff., Rz. 4 und 11]). Für Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht - in bezug auf ein System, in dem die Aufwendungen für den Wahlkampf zu einem wesentlichen Teil vom Staat übernommen werden (vgl. WEIGELT, a.a.O., S. 119 ff.) - vorerst ausgeführt, der - auf das Gesamtgebiet bezogene - Mindeststimmenanteil für die Rückerstattung von Wahlkampfkosten sei deutlich tiefer als die BGE 124 I 55 S. 75 Sperrklausel von 5% anzusetzen (BVerfGE 20, 56 [117 f.]); in einem zweiten Entscheid legte es die Grenze auf 0,5% der Stimmen fest (BVerfGE 24, 300 [341 ff.]). In Anbetracht der konkreten Wahlerfolge der Beschwerdeführerin (siehe nachfolgend E. c) ist es im vorliegenden Fall nicht erforderlich, dass das Bundesgericht eine neue Schwelle festlegt. Der Kanton Freiburg wird im Rahmen der vorstehenden Erwägungen darüber zu befinden haben, nach welchem System und bei welchen Wahlerfolgen er finanzielle Beiträge an den Wahlkampf der Parteien ausrichtet. c) Bei der streitigen Grossratswahl hat die Beschwerdeführerin in den Wahlkreisen Saane-Land 0,49%, Sense 0,55% und See 1,92% der Listenstimmen erreicht. Gesamthaft sind dies 4'792 Stimmen, welche - bezogen auf das gesamte Gebiet des Kantons - in bezug auf das Total der gültigen Listenstimmen einen Anteil von rund 0,43% ausmachen. Wie oben ausgeführt, kann der Gesetzgeber die finanzielle Beteiligung des Gemeinwesens an den Wahlkampfkosten von einer gewissen Bedeutung bzw. vom Erreichen bestimmter Wahlresultate abhängig machen. Ausschlaggebend hierfür ist die Ernsthaftigkeit einer Partei und deren Resonanz im dargelegten Sinne. Dabei darf die Grenze in bezug auf die Wahlkampfkosten etwas höher angesetzt werden als beim Druck der Wahllisten; dem formalen Aspekt der Gleichbehandlung kommt eine geringere Bedeutung zu, weil sich die Wahlkampfkosten stark voneinander unterscheiden. Diese Schwelle hat die Beschwerdeführerin mit den erzielten Resultaten auf jeden Fall nicht erreicht: In den einzelnen Wahlbezirken hat sie weniger als 2% der Stimmen erlangt, und auf das ganze Kantonsgebiet bezogen lag sie unter 0,5% des Totals. Bei dieser Sachlage ist die Verweigerung eines Beitrages an die Wahlkampfkosten mit der Rechts- und Chancengleichheit der Parteien bei Wahlgängen noch vereinbar und vermag daher vor der Verfassung standzuhalten. In bezug auf den finanziellen Beitrag an die Kosten des Wahlkampfes erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet.
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ea26bdcf-118b-4bb8-8a4d-2092370f51bb
Urteilskopf 115 V 347 46. Auszug aus dem Urteil vom 17. August 1989 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Bern gegen L. und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste ÜbBest. 2. IVG-Revision: Besitzstandswahrung. Die Besitzstandswahrung gemäss ÜbBest. 2. IVG-Revision Abs. 2 gilt ausschliesslich für jene altrechtlichen Härtefallrenten, die aufgrund eines Invaliditätsgrades zwischen 33 1/3% und 40% zugesprochen worden sind.
Erwägungen ab Seite 347 BGE 115 V 347 S. 347 Aus den Erwägungen: 1. a) Gemäss Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis zum 31. Dezember 1987 gültig gewesenen Fassung hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er mindestens zu zwei Dritteln, oder auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte invalid ist. Die halbe Rente kann in Härtefällen auch bei einer Invalidität von mindestens einem Drittel ausgerichtet werden. Der am 1. Januar 1988 in Kraft getretene neue Absatz 1 von Art. 28 IVG bestimmt, dass bei einer Invalidität von mindestens 40% eine Viertelsrente, bei einer Invalidität von 50% eine halbe Rente und bei einer Invalidität von 66 2/3% eine ganze Rente ausgerichtet wird. Nach dem ebenfalls seit anfangs 1988 geltenden Absatz 1bis von Art. 28 IVG hat der Versicherte in Härtefällen bei einem Invaliditätsgrad von 40% Anspruch auf eine halbe Rente. Nach den Übergangsbestimmungen zu der auf den 1. Januar 1988 in Kraft getretenen zweiten IV-Revision gilt die neue Fassung von Art. 28 IVG auch für laufende Invalidenrenten (Abs. 1 der BGE 115 V 347 S. 348 Übergangsbestimmungen), dies mit folgenden Einschränkungen (Abs. 2): Renten, die auf einem Invaliditätsgrad von weniger als 40% beruhen, sind innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung zu revidieren (vgl. Art. 41 IVG ). Ergibt die Revision einen Invaliditätsgrad von mindestens 33 1/3%, so wird der Betrag der bisherigen Rente weiterhin ausgerichtet, solange die Voraussetzungen des Härtefalles erfüllt sind. b) Während die beschwerdeführende Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Auffassung vertreten, unter dem Titel Besitzstandsgarantie dürften gestützt auf Absatz 2 der gesetzlichen Übergangsbestimmungen vom 1. Januar 1988 hinweg nur solche Härtefallrenten weitergewährt werden, die unter dem alten Recht aufgrund eines Invaliditätsgrades von weniger als 40% zugesprochen worden waren, meint der Beschwerdegegner, diese Gesetzesinterpretation sei falsch; aus den Gesetzesmaterialien gehe hervor, "dass durch die Übergangsbestimmungen garantiert werden sollte, dass die bisherigen Rentenbezügerinnen durch die Gesetzesrevision nicht schlechtergestellt werden als bisher". Das betreffe insbesondere die Bezüger von Härtefallrenten. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür und es lasse sich auch nicht sachlich begründen, dass sich die Besitzstandsgarantie nur auf jene Renten beziehen sollte, die gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 33 1/3% bis 40% zugesprochen worden seien. Der kantonale Richter pflichtet im wesentlichen dieser Auffassung bei. c) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt ( BGE 114 Ia 28 Erw. 3c, BGE 114 V 250 Erw. 8a, BGE 113 V 77 Erw. 3b, BGE 113 II 410 Erw. 3a, BGE 112 Ib 469 Erw. 3b, BGE 112 V 171 Erw. 3a und BGE 111 V 127 Erw. 3b). Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I, 5. Aufl., S. 138). BGE 115 V 347 S. 349 Die Vorarbeiten sind für die Gesetzesinterpretation weder verbindlich noch für die Auslegung unmittelbar entscheidend; denn ein Gesetz entfaltet ein eigenständiges, vom Willen des Gesetzgebers unabhängiges Dasein, sobald es in Kraft getreten ist. Insbesondere sind Äusserungen von Stellen oder Personen, die bei der Vorbereitung mitgewirkt haben, nicht massgebend, wenn sie im Gesetzestext nicht selber zum Ausdruck kommen. Das gilt selbst für Äusserungen, die unwidersprochen geblieben sind. Als verbindlich für den Richter können nur die Normen selber gelten, die von der gesetzgebenden Behörde in der hierfür vorgesehenen Form erlassen worden sind. Das bedeutet nun nicht, dass die Gesetzesmaterialien methodisch unbeachtlich wären; sie können namentlich dann, wenn eine Bestimmung unklar ist oder verschiedene, einander widersprechende Auslegungen zulässt, ein wertvolles Hilfsmittel sein, um den Sinn der Norm zu erkennen und damit falsche Auslegungen zu vermeiden ( BGE 112 II 4 und 170 Erw. 2b, BGE 103 Ia 290 Erw. 2c). Wo die Materialien keine klare Antwort geben, sind sie als Auslegungshilfe nicht dienlich ( BGE 111 V 282 ). Insbesondere bei verhältnismässig jungen Gesetzen darf der Wille des historischen Gesetzgebers nicht übergangen werden ( BGE 112 Ia 104 Erw. 6c, BGE 112 Ib 470 Erw. 3b). Hat dieser Wille jedoch im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden, so ist er für die Auslegung nicht entscheidend ( BGE 114 V 250 Erw. 8a und BGE 109 Ia 303 ). Ist in der Gesetzesberatung insbesondere ein Antrag, das Gesetz sei im Sinne einer nunmehr vertretenen Auslegungsmöglichkeit zu ergänzen, ausdrücklich abgelehnt worden, dann darf diese Auslegungsmöglichkeit später nicht in Betracht gezogen werden (IMBODEN/RHINOW, a.a.O., S. 143). d) Der Wortlaut von Absatz 2 der Übergangsbestimmungen ist klar und unmissverständlich: Jene altrechtlichen Renten müssen überprüft werden, denen ein Invaliditätsgrad von weniger als 40% zugrunde liegt. Dabei kann es sich nur um Härtefallrenten handeln, weil vor dem 1. Januar 1988 bloss in Fällen wirtschaftlicher Härte bei einem Invaliditätsgrad von weniger als 40% (aber mindestens 33 1/3%) Renten zugesprochen werden konnten. Aus Absatz 2 der Übergangsbestimmungen ergibt sich ferner, dass nur solche altrechtlichen Härtefallrenten nach dem 1. Januar 1988 weitergewährt werden, die seinerzeit aufgrund eines Invaliditätsgrades von weniger als 40% zugesprochen worden sind. Nur in diesem Umfang wurde den Bezügern von altrechtlichen Härtefallrenten BGE 115 V 347 S. 350 durch Absatz 2 der Übergangsbestimmungen die Wahrung des Besitzstandes unter dem neuen Recht gewährleistet. Mit Recht weist das BSV darauf hin, dass der Nationalrat der in Absatz 2 der Übergangsbestimmungen verankerten Ordnung in voller Kenntnis des heute geltenden Drei-Stufen-Rentenmodells mit Härtefall zugestimmt hat (Amtl.Bull. 1986 N 760 und 769). Zwar hatte eine Minderheit im Nationalrat beantragt, es sei für Renten, die altrechtlich aufgrund einer Invalidität von weniger als 50% zugesprochen worden waren, der Besitzstand zu wahren; darauf hat auch die Vorinstanz hingewiesen. Dieser Antrag ist jedoch zugunsten der heute gültigen Fassung bei der Abstimmung im Nationalrat abgelehnt worden (Amtl.Bull. 1986 N 769). Die Annahme des kantonalen Richters, Absatz 2 der Übergangsbestimmungen sei etwas unglücklich formuliert worden und entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, ist daher unbegründet. Zur Besitzstandswahrung bedarf es in der Sozialversicherung einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung. Ein entsprechender ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz der Besitzstandswahrung besteht nicht (ZAK 1983 S. 556 Erw. 2c). Ein solcher Grundsatz widerspräche auch der Notwendigkeit, dem Gesetzgeber namentlich auf dem sich rasch ändernden Gebiet der Sozialversicherung diejenige Gestaltungsmöglichkeit zu wahren, auf die er zur Erfüllung seiner Aufgabe angewiesen ist. Zwar können subjektive öffentliche Rechte ihren Grund auch in Umständen haben, die nach Treu und Glauben zu respektieren sind (ZAK 1973 S. 375 Erw. 2). Im vorliegenden Fall sind indessen keine entsprechenden Voraussetzungen gegeben, da kein individueller Sonderfall zur Diskussion steht. Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass nach dem Inkrafttreten der zweiten IV-Revision am 1. Januar 1988 nur jene altrechtlich zugesprochenen Härtefallrenten weiterhin ausgerichtet werden dürfen, die seinerzeit aufgrund eines Invaliditätsgrades von weniger als 40% gewährt worden sind, vorausgesetzt, nach wie vor sei der Versicherte mindestens zu 33 1/3% invalid und der Fall wirtschaftlicher Härte gegeben. e) Im vorliegenden Fall ergab die im Frühjahr 1988 durchgeführte Rentenrevision, dass der Beschwerdegegner, der eine altrechtliche Härtefallrente bezog, nach wie vor zu einem Drittel invalid ist. Da ihm die Härtefallrente aber unter der Herrschaft des alten Rechts aufgrund eines Invaliditätsgrades von 47% zugesprochen BGE 115 V 347 S. 351 worden war, kann er vom 1. Januar 1988 hinweg nicht unter dem Titel Besitzstandswahrung die Weitergewährung dieser Rente beanspruchen.
null
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1,989
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Urteilskopf 115 II 490 87. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. November 1989 i.S. Heinz S. gegen V. AG und B. AG (Berufung)
Regeste Art. 66 lit. a PatG ; Begriff der Nachahmung einer Erfindung. Keine Nachahmung liegt vor, wenn die beanstandete Ausführungsform nicht am Erfindungsgedanken teilnimmt, sondern in den Bereich des freien Standes der Technik gehört, weil sie nicht über die Bereicherung der Technik hinausgeht, die bei Anwendung durchschnittlichen Fachkönnens möglich ist.
Sachverhalt ab Seite 490 BGE 115 II 490 S. 490 Heinz S. ist Inhaber eines Schweizer Patentes, das am 14. Juli 1966 unter Beanspruchung der Priorität eines deutschen Patentes vom 22. Juli 1965 angemeldet und am 15. Juli 1968 erteilt worden ist. Das Patent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur fortlaufenden Herstellung von auf beiden Seiten mit einer dünnen, biegsamen Folie kaschierten Platten aus Polyurethan-Hartschaum. Die V. AG stellt kaschierte Platten aus Polyurethan-Hartschaum her, die sie über die B. AG vertreibt. Im Juni 1986 klagte S. beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die V. AG und die B. AG auf Feststellung von Patentverletzungen, Herstellungs- und Benützungsverboten sowie Schadenersatz oder Herausgabe des Gewinnes. BGE 115 II 490 S. 491 Das Handelsgericht wies die Klage am 2. März 1989 ab. Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, die vom Bundesgericht abgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Eine Patentverletzung begeht, wer die patentierte Erfindung widerrechtlich benützt, wobei als Benützung auch die Nachahmung gilt ( Art. 66 lit. a PatG ). Eine Nachahmung liegt vor, falls in dem mit der Erfindung zu vergleichenden Verfahren oder Erzeugnis zwar nicht alle Merkmale verwirklicht sind, welche die Erfindung nach Wortlaut oder Sinn des Patentanspruchs kennzeichnen, es aber bloss in untergeordneten Punkten von ihrer technischen Lehre abweicht ( BGE 98 II 331 E. 3c mit Hinweisen). Untergeordnet ist die Abweichung dann, wenn sie nicht auf einem neuen erfinderischen Gedanken beruht, sondern dem durchschnittlich gut ausgebildeten Fachmann durch die in der Patentbeschreibung dargelegte Lehre nahegelegt wird ( BGE 97 II 88 ; BALASS, Nachmachung, Nachahmung, Abhängige Erfindung, in: Kernprobleme des Patentrechts, S. 295 ff., 303). Der Zweck des Nachahmungsverbots besteht darin, dem Erfinder Schutz zu gewähren, soweit er die Technik bereichert hat, und zu vermeiden, dass Dritte seine Lösung in abgeänderter Form nachbilden (MATTER, Aktuelle Fragen aus dem Gebiet des Patent- und des Patentprozessrechtes, ZSR 63/1944, S. 78a f.). Daraus folgt der Grundsatz, dass sich der Schutzbereich des Patentes auf die tatsächlich erfolgte Bereicherung der Technik beschränkt und all das nicht erfasst, was im Zeitpunkt der Anmeldung oder Priorität zum Stand der Technik gehörte ( BGE 98 II 331 E. 3c; BLUM/PEDRAZZINI, Das schweizerische Patentrecht, Bd. III, 2. Aufl., N. 8d zu Art. 51 und N. 9 zu Art. 66 PatG ). b) Zum Stand der Technik gehört auch deren naheliegende Bereicherung. Ein Erzeugnis oder Verfahren stellt daher keine patentfähige Erfindung dar, falls die damit erzielte Bereicherung der Technik jedem durchschnittlich gut ausgebildeten Fachmann möglich wäre ( Art. 1 Abs. 2 PatG , Art. 1 Abs. 1 aPatG). Der qualitative Abstand zum vorbekannten Stand der Technik ist jedoch nicht nur für den Begriff der Patentfähigkeit, sondern auch für denjenigen der Patentverletzung von Bedeutung (BGE vom 3. Juli 1984 E. 4, publ. in GRUR Int. 1986 S. 213 ff.). Eine Nachahmung liegt deshalb nur dann vor, wenn die beanstandete BGE 115 II 490 S. 492 Ausführungsform am patentierten Erfindungsgedanken teilnimmt und ihrerseits den Erfindungsbegriff erfüllt. Geht diese Form dagegen nicht über die Bereicherung hinaus, die bei Anwendung durchschnittlichen Fachkönnens möglich ist, gehört sie in den Bereich des freien Standes der Technik (BALASS, a.a.O., S. 306). Die der Nachahmung beschuldigte Partei kann daher nicht nur einwenden, die von ihr gebrauchte Ausführungsform sei durch den Stand der Technik bedingt, sondern auch, sie stelle mit Rücksicht auf diesen keine Erfindung dar (vgl. für das deutsche Recht BGHZ 98 S. 12 ff., 22). c) Zunächst muss somit durch Auslegung ermittelt werden, ob sich aus der unstreitig massgeblichen Vorveröffentlichung von B. das als Nachahmung angegriffene Verfahren ergibt. Zu prüfen ist dabei, was ein Fachmann mit durchschnittlichem Wissensstand der Veröffentlichung zu entnehmen vermochte, und darauf abzustellen, ob der Stand der Technik geeignet war, die zu beurteilende Ausführungsform ihrem Inhalt nach als technische Lehre kundzutun (BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., Bd. I, N. 6 und N. 24 zu Art. 7 PatG ). Folgerichtig stehen - gleich wie bei der Auslegung des Patentanspruchs - nicht vor allem sprachliche, sondern technische Elemente und Gesichtspunkte im Vordergrund (TROLLER, Begriff der patentfähigen Erfindung und Auslegung des Patentanspruchs, in: Gedenkschrift für Schönherr, S. 73 ff., 77). Die Auslegung hat aber nach objektiven Kriterien, nach dem Vertrauensgrundsatz zu erfolgen ( BGE 107 II 369 E. 2). Massgebend sind sodann allein die Verhältnisse im Anmelde- oder Prioritätszeitpunkt; die Vorveröffentlichung darf deshalb nicht rückblickend nach einem Vergleich mit der patentierten Erfindung oder dem als patentverletzend behaupteten Verfahren ausgelegt werden. Ergibt die Auslegung keine technische Übereinstimmung, so muss untersucht werden, ob die angegriffene Lösung der vorveröffentlichten nahelag. Diese Frage darf nicht mit jener der Neuheit vermengt oder verwechselt werden. Das Erfordernis der Neuheit stellt auf das Wissen des Durchschnittsfachmannes, das Kriterium der erfinderischen Tätigkeit, unter welches der Begriff des Naheliegens fällt, dagegen auf dessen Fähigkeiten ab. Zur Frage der Neuheit gehört lediglich, ob der Fachmann sämtliche Merkmale einer technischen Lösung schon einer Vorveröffentlichung oder sonstwie dem Stand der Technik entnehmen konnte, nicht auch, ob er in der Lage war, sie mit seinen Fähigkeiten nach der vorbekannten Technik selbst zu entwickeln. Das ist eine Frage der BGE 115 II 490 S. 493 schöpferischen Tätigkeit, der Erfindungsqualität. Fehlt sie, lag die Lösung somit dem Stand der Technik nahe, so stellt diese für sich allein keine Erfindung und bei entsprechender Teilübernahme der patentierten Lösung auch keine Patentverletzung dar. Da im übrigen Naheliegen gleich wie Offenkundigkeit Rechtsbegriffe sind, kann das Bundesgericht grundsätzlich frei überprüfen, ob ein von der Vorinstanz festgestellter Sachverhalt darunter fällt ( BGE 68 II 396 ). Allerdings misst es praxisgemäss in technischen und anderen Spezialgebieten den Anschauungen der beigezogenen Fachleute, auch der kantonalen Fachrichter, zu solchen Fragen grosse Bedeutung bei ( BGE 100 II 149 ).
public_law
nan
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1,989
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CH
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ea2cc985-4535-4686-9f19-f3dfc33d5a40
Urteilskopf 96 I 24 5. Auszug aus dem Urteil vom 18. März 1970 i.S. von Euw gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Luzern.
Regeste Kantonales Strafrecht und Strafprozessrecht. Art. 4 BV . Bedeutung der Bestimmung, wonach niemand gerichtlich verfolgt werden darf "ausser in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen" (Erw. 2). Nulla poena sine lege: - Strafnormen als zulässiger Inhalt von Verordnungen (Erw. 4a). - Zuständigkeit der luzernischen Gemeinden zum Erlass von Strafbestimmungen, insbesondere auf dem Gebiete der Lärmbekämpfung, mit der sich auch § 46 des luzern. EGzStGB befasst (Erw. 4b-d). Ein kantonales Strafgesetz, das für seinen Bereich die allgemeinen Bestimmungen des eidg. StGB als anwendbar erklärt, verweist damit, wie ohne Willkür angenommen werden kann, nicht auf die beim Erlass des kantonalen Gesetzes bestehenden, sondern auf die jeweils geltenden Bestimmungen des StGB (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 25 BGE 96 I 24 S. 25 A.- 1935 trat eine von der Stadtgemeinde Luzern erlassene Verordnung betreffend die Lärmbekämpfung (LBV) in Kraft. Sie enthält unter anderem folgende Bestimmungen: "Art. 1. Jede übermässige, durch die Umstände nicht gerechtfertigte Störung der öffentlichen Ruhe ist verboten. Art. 13. Die Halter von Tieren haben diese so zu besorgen und zu verwahren, dass durch sie keine Ruhestörung verursacht werden kann. Tiere, durch welche die Nachtruhe fortgesetzt gestört wird, können durch die Polizeiorgane beseitigt werden. Das Halten von Hähnen ist in stark bewohnten Gebieten der Stadt untersagt. Art. 15. Von 22.00-7.00 Uhr ist jede Ruhestörung durch Lärmen, Singen, Johlen, Streiten oder durch andere fahrlässige, mutwillige oder böswillige Handlungen verboten. Art. 18. Verfehlungen gegen diese Verordnung werden nach Massgabe der Bestimmungen des § 42 des Polizeistrafgesetzes vom 29. November 1915 mit einer Geldbusse bis auf Fr. 200.-- oder mit Gefängnis von 1-20 Tagen bestraft." BGE 96 I 24 S. 26 § 46 des luzernischen Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 18. Dezember 1940 (EGzStGB) lautet: "Wer durch Lärm oder Geschrei oder sonstigen Unfug die Nachtruhe stört oder wer sich öffentlich in einer Sitte und Anstand grob verletzenden Weise aufführt, wird mit Haft oder mit Busse bestraft." B.- Eduard von Euw ist Eigentümer einer Hausliegenschaft im Wesemlinquartier in Luzern und hält auf seinem Grundstück mehrere Hunde. Auf Polizeianzeige hin führte das Amtsstatthalteramt von Luzern-Stadt gegen ihn eine Strafuntersuchung wegen Lärmbelästigung durch diese Hunde. Das Amtsgericht Luzern-Stadt erklärte von Euw am 29. Oktober 1968 schuldig der fortgesetzten Ruhestörung gemäss § 46 EGzStGB und der fortgesetzten Missachtung von Art. 1 und 13 LBV , begangen vom 25. Mai 1967 bis zum 20. Mai 1968, und büsste ihn mit Fr. 300.--. Von Euw appellierte an das Obergericht des Kantons Luzern. Dieses liess die Untersuchung durch Zeugeneinvernahmen vervollständigen und erklärte von Euw am 18. Juli 1969 schuldig der wiederholten Ruhestörung im Sinne von Art. 1, 13 und 15 LBV , begangen in der Zeit vom Januar bis Juni 1968, bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 200.-- und legte ihm die sämtlichen Kosten aller Instanzen auf. C.- Gegen dieses Urteil hat von Euw staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV und des § 5 luzern. KV erhoben. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit erforderlich, aus den nachfolgenden Erwägungen. D.- Obergericht und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Prozessuales). 2. Der Beschwerdeführer ruft ausser dem Art. 4 BV den § 5 Abs. 2 luzern. KV an, der folgenden Wortlaut hat: "Niemand darf gerichtlich verfolgt, verhaftet oder in Verhaft gehalten und keine Hausuntersuchung darf vorgenommen werden ausser in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen und. auf die vom Gesetze vorgeschriebene Weise." BGE 96 I 24 S. 27 Die Vorschrift gewährt dem Bürger Schutz gegen eine gesetzwidrige Strafverfolgung und vor allem gegen die gesetzwidrige Anordnung bestimmter prozessualer Zwangsmassnahmen (Verhaftung, Hausdurchsuchung). Zwangsmassnahmen, wie sie in § 5 Abs. 2 KV genannt sind, wurden gegen den Beschwerdeführer nicht ergriffen. Es stellt sich deshalb bloss die Frage, ob er in gesetzwidriger Weise strafrechtlich verfolgt wurde, sei es, dass überhaupt keine Strafverfolgung zulässig gewesen wäre, sei es, dass sie nicht "auf die vom Gesetze vorgeschriebene Weise" durchgeführt worden wäre. Damit jemand gerichtlich verfolgt werden darf, bedarf es nach allgemeiner Lehre eines gewissen Verdachts, dass er eine mit Strafe bedrohte Tat begangen habe. Ein solcher Verdacht bestand im hier zu beurteilenden Fall. Nach der Strafanzeige führte das Bellen der Hunde des Beschwerdeführers zu einer Ruhestörung. Da § 46 des luzern. EGzStGB eine Ruhestörung bestimmter Art unter Strafe stellt und die LBV einen ähnlichen Straftatbestand enthält, bestand ein gewisser Verdacht, dass sich der Beschwerdeführer strafbar gemacht haben könnte, weshalb es gesetzlich zulässig war, gegen ihn eine Strafverfolgung zu eröffnen und durchzuführen. Er stellt sich auf den Standpunkt, er hätte auf Grund der städtischen Verordnung nicht gerichtlich verfolgt werden dürfen, da die LBV nicht als Gesetz im Sinne des § 5 Abs. 2 KV angesprochen werden könne. Diese Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil die Strafverfolgung nicht bloss wegen Widerhandlung gegen die LBV durchgeführt wurde, sondern auch wegen Ruhestörung gemäss § 46 EGzStGB. Das Amtsgericht hat den Beschwerdeführer nach beiden Erlassen schuldig erklärt. Erst das Obergericht nahm an, der gesetzliche Tatbestand des § 46 EG sei nicht erfüllt. Dass er von der Appellationsinstanz in diesem Punkt freigesprochen wurde, besagt nicht, dass die Strafverfolgung gesetzwidrig gewesen wäre. Wäre es anders, so müsste in jedem Fall eine Verfassungsverletzung angenommen werden, wenn sich beim Abschluss des Strafverfahrens ergibt, dass das Verhalten, das einemBeschuldigten zur Last gelegt wurde, nicht die Merkmale eines gesetzlichen Straftatbestandes erfüllt. Dass das nicht dem Wortlaut und Sinn des § 5 Abs. 2 KV entspricht, bedarf keiner weiteren Erörterung. Wenn die Verfassungsregel im übrigen von den "vom Gesetze vorgesehenen Fällen" spricht, nimmt sie nicht Bezug auf das materielle Strafgesetz, sondern auf das Strafprozessgesetz. BGE 96 I 24 S. 28 Dem Bürger soll gewährleistet sein, dass er nicht ausserhalb des gesetzlichen Verfahrens verfolgt wird und die Verfolgung sich im Rahmen dieses Verfahrensrechts hält (sog. Garantie des richterlichen Verfahrens; vgl. GERMANN, Kommentar zu Art. 1 StGB , Allgem. Vorbem. N 2/6). Das materielle Strafrecht spielt dabei, wie ausgeführt, nur insoweit eine Rolle, als eine Strafverfolgung nach dem Prozessrecht nicht zulässig wäre, wenn von vorneherein ausser jedem Zweifel stünde, dass das Verhalten des Beschuldigten nicht die Merkmale eines Straftatbestandes aufwiese, weil es dann an einem die Durchführung des Verfahrens rechtfertigenden Verdacht mangeln würde. Das war hier nicht der Fall, weshalb die Rüge der Verletzung des § 5 Abs. 2 KV unbegründet ist. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass die Strafverfolgung nicht auf die vom Gesetz vorgeschriebene Weise durchgeführt worden wäre. Die Rüge der Verletzung des § 5 Abs. 2 KV würde im übrigen, was nicht weiter ausgeführt werden muss, offenbar mit der Willkürrüge zusammenfallen. 3. (Abweisung der Rüge willkürlicher Beweiswürdigung). 4. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei bestraft worden, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestehe, womit das Obergericht den Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" verletzt habe. Dieser Grundsatz ist ein Ausfluss des Art. 4 BV . Erist durch den Bundesgesetzgeber in den Art. 1 StGB übernommen worden. Würde es sich um die Anwendung eidgenössischen Strafrechts handeln, könnte nur noch die Verletzung der genannten Regel des StGB geltend gemacht werden; denn wenn der Bund ein in der BV garantiertes Freiheitsrecht durch eidgenössisches Privat- oder Strafrecht umschreibt, kann eine direkte Berufung auf die Verfassungsvorschrift nicht mehr in Frage kommen ( BGE 80 I 114 /5, BGE 75 I 215 ). Da das Obergericht nicht eidgenössisches Strafrecht angewendet hat, kann sich der Beschwerdeführer auf Art. 4 BV berufen mit der Behauptung, das angefochtene Urteil verletze den Satz "Keine Strafe ohne Gesetz". Daran ändert nichts, dass nach § 1 des luzernischen EGzStGB die allgemeinen Bestimmungen des StGB (unter hier nicht zutreffendem Vorbehalt) auch auf die nach dem kantonalen Strafrecht strafbaren Tatbestände Anwendung finden. Die Regel des Art. 1 StGB wird damit zu einer kantonalen Vorschrift, soweit sie auf die Anwendung kantonalen Strafrechts ausgedehnt wurde. BGE 96 I 24 S. 29 Der genannte Grundsatz besagt, dass nur strafbar ist, wer eine Tat begeht, die das Gesetz ausdrücklich mit Strafe bedroht. Die Vorschrift, auf Grund welcher der Beschwerdeführer mit einer Busse belegt wurde, findet sich nicht in einem Gesetz im formellen Sinn, sondern in einer Verordnung. Nach der ständiden Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt eine Verordnung, die sich im Rahmen von Verfassung und Gesetz hält, als Grundlage für eine Bestrafung ( BGE 64 I 375 , BGE 63 I 329 ). Das Bundesgericht hat darauf hingewiesen, dass der Erlass polizeistrafrechtlicher Bestimmungen in Verordnungsform in der Schweiz eine verbreitete Erscheinung sei ( BGE 64 I 330 ), und in § 7 des luzernischen EGzStGB wird denn auch auf die in den kantonalen Gesetzen, Verordnungen und Reglementen aufgestellten Strafbestimmungen hingewiesen. Der Beschwerdeführer behauptet seinerseits mit Recht nicht, dass es an sich dem Grundsatz "Keine Strafe ohne Gesetz" zuwiderlaufe, wenn jemand auf Grund einer in einer Verordnung enthaltenen Norm bestraft wird. Er macht indessen geltend, die Strafbestimmung der städtischen LBV habe nach dem kantonalen Recht keinen Bestand. Ob das zutrifft, ist nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen, da der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang keine Verletzung kantonalen Verfassungsrechts rügt ( BGE 80 I 115 ). b) Der Beschwerdeführer behauptet, der Kanton Luzern kenne kein Gemeindestrafrecht. Er schliesst das zunächst aus verschiedenen Vorschriften der StPO und des EGzStGB, in denen wohl von eidgenössischem und kantonalem, nicht aber von kommunalem Strafrecht die Rede ist ( § § 1, 8, 193 StPO , 1-3, 7, 60, 113 EGzStGB). Es lassen sich indes diese Vorschriften ohne Willkür dahin auslegen, dass das kantonale Recht gegenüber dem eidgenössischen abgegrenzt werden soll und in jenem auch das kommunale eingeschlossen ist. Vom Bundesrecht her gesehen gehört auch Gemeindestrafrecht zum kantonalen Recht. Art. 335 StGB überlässt in geringem Umfang "den Kantonen" die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Strafrechts, was ohne Zweifel nicht ausschliesst, dass die Gemeinden in diesem Bereich strafrechtliche Vorschriften erlassen, soweit sie nach kantonalem Recht dazu befugt sind. Dieses kommunale Strafrecht ist ebenfalls kantonales Strafrecht im Sinne des Art. 335 StGB . Wenn in der schweizerischen Rechtssprache der Ausdruck "Bundesrecht und kantonales Recht" verwendet wird, ist BGE 96 I 24 S. 30 unter dem kantonalen Recht regelmässig auch das kommunale verstanden. Soweit in den erwähnten Regeln der StPO und des EG von kantonalem Recht die Rede ist, ist es in gleichem Sinn zulässig, auf jeden Fall nicht willkürlich, darunter auch das kommunale Recht zu verstehen. Für diese Auslegung spricht überdies der Umstand, dass in § 7 EGzStGB von den "in den kantonalen Gesetzen, in Verordnungen und Reglementen aufgestellten" Strafbestimmungen die Rede ist. Kantonale Erlasse, welche Strafnormen enthalten, werden in der Regel nicht als Reglemente bezeichnet. Diese Bezeichnung ist im allgemeinen den entsprechenden Gemeindeerlassen vorbehalten. Können die genannten Vorschriften der StPO und des EG füglich in der Weise ausgelegt werden, wie es das Obergericht getan hat, so ist die auf Art. 4 BV gestützte Rüge unbegründet, sie schlössen den Bestand kommunalen Strafrechts klarerweise aus. c) Der Beschwerdeführer stellt sich weiterhin auf den Standpunkt, die Lärmbekämpfung gehöre in der heutigen Zeit nicht mehr dem autonomen Wirkungskreis der Gemeinde an; sie sei eine allgemein staatliche, ja nationale Aufgabe geworden. Eine Lärmbekämpfungsverordnung müsste sich deshalb auf eine gesetzliche Delegationsnorm stützen können, und diese fehle im Kanton Luzern. Nach § 87 der luzernischen KV hat jede Gemeinde das Recht, ihre Angelegenheiten innert den verfassungsmässigen und gesetzlichen Schranken selbständig zu besorgen. Die gesetzgeberische Umschreibung der Sachgebiete der Gemeindeautonomie kann eine ausdrückliche oder stillschweigende sein. Eine Gemeinde darf auch solche lokale Angelegenheiten besorgen, die der Kanton nicht oder nicht umfassend geordnet hat und deren Regelung durch die Gemeinden er zulässt (GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, S. 76; vgl. BGE 93 I 159 ). Es ist nicht unhaltbar, wenn das Obergericht annahm, die Lärmbekämpfung sei eine durch Herkommen und Sachzusammenhang als örtlich gekennzeichnete Aufgabe der lokalen Polizei (vgl. dazu DUSS, Die luzernische Gemeinde, Diss. 1951, S. 60). Der Umstand, dass die Lärmbekämpfung heutzutage ein nationales Anliegen geworden ist, lässt diese Betrachtungsweise nicht als verfehlt erscheinen. Der Beschwerdeführer tut nicht dar, dass der Kanton ein Lärmbekämpfungsgesetz erlassen oder sonstwie durch besondere Vorschriften die Rechtsetzung auf diesem Gebiet für sich in BGE 96 I 24 S. 31 Anspruch genommen hätte (auf § 46 EGzStGB ist zurückzukommen). Es lässt sich deshalb mit Grund die Ansicht vertreten, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Delegation stehe es den luzernischen Gemeinden zu, für ihr Gebiet Vorschriften gegen übermässigen Lärm zu erlassen. Steht ihnen diese Befugnis zu, so dürfen sie die Übertretung der Vorschriften auch mit Strafe bedrohen. Nach der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nämlich in der Befugnis zum Aufstellen polizeilicher Gebote und Verbote beim Fehlen einer abweichenden positiven Anordnung die Kompetenz eingeschlossen, auf die Übertretung dieser Vorschriften Strafe anzudrohen ( BGE 63 I 330 mit Hinweis auf frühere Entscheide). Hätte der zum Erlass von Verordnungen Berechtigte nicht die Möglichkeit, für den Fall der Übertretung Strafe anzudrohen, könnten sich die Verordnungen vielfach praktisch nicht auswirken (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, S. 490). Der Regierungsrat des Kantons Luzern hat sich freilich auf den Standpunkt gestellt, die Gemeinden seien nach luzernischem Recht nicht zum Erlass von Strafbestimmungen zuständig (vgl. ZBl 48/1947, S. 559 f.; im gleichen Sinn DUSS, a.a.O., S. 38 f.; vgl. auch das nicht veröffentlichte Urteil des Bundesgerichts vom 11. Juli 1951 i.S. Tschan und Kons. gegen Luzern). Die Gründe, welche das Obergericht gegen diese Ansicht vorbringt, sind nicht von vorneherein von der Hand zu weisen, vor allem dann nicht, wenn berücksichtigt wird, dass der Regierungsrat seinerzeit die LBV der Stadt Luzern genehmigt und damit die Stadtgemeinde als zum Erlass von Strafnormen befugt erachtet hat. Der Regierungsrat stützte sich bei seiner Argumentation vor allem auf den aufgehobenen § 194 des kantonalen Organisationsgesetzes von 1899, der nach der haltbaren Auffassung des Obergerichts nicht die Kompetenz zum Erlass von Strafnormen durch die Gemeinden regelte. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint das angefochtene Urteil jedenfalls nicht als schlechthin unhaltbar. d) Der Beschwerdeführer macht geltend, der Kanton habe mit § 46 EGzStGB über die Strafbarkeit der Ruhestörung abschliessend legiferiert, so dass für Gemeindestrafrecht in diesem Bereich kein Raum bleibe. Erfasst § 46 EG alle strafbaren Angriffe auf das Rechtsgut der öffentlichen Ruhe, so hat daneben in der Tat in diesem Bereich Gemeindestrafrecht keinen Bestand. Dass die LBV vor Inkrafttreten des EG erlassen wurde, ist dabei ohne Bedeutung. Soweit die LBV mit dem EG in BGE 96 I 24 S. 32 Widerspruch steht, ist sie aufgehoben (§§ 7 und 200 EG). Es fragt sich demnach, ob in § 46 EG die strafbaren Ruhestörungshandlungen abschliessend umschrieben sind oder ob der kantonale Gesetzgeber nur einen Teil dieser Handlungen unter Strafe stellen und es den Gemeinden überlassen wollte, je nach ihren besondern Bedürfnissen weitergehende Ruhestörungen mit Strafe zu bedrohen. Das Problem ist das gleiche, wie es sich in Anwendung des Art. 335 StGB bisweilen bei der Abgrenzung zwischen eidgenössischem und kantonalem Strafrecht stellt (vgl. BGE 68 IV 42 , BGE 74 IV 109 , BGE 81 IV 126 und 165, BGE 89 IV 96 ). Es ist mithin zu prüfen, ob der § 46 EG seinem Sinn nach alle gegen die öffentliche Ruhe gerichteten Straftaten erfasst. Wenn darin als strafbar erklärt wird, "wer durch Lärm, Geschrei oder sonstigen Unfug die Nachtruhe stört", so mag es zunächst durchaus scheinen, die Vorschrift sei als abschliessend gedacht, da der Ausdruck "Lärm" ganz allgemein jedes Erzeugen lauter Geräusche erfasst, ob es sich um Bau-, Motoren-, Wirtschafts-, Radio- oder andern Lärm handle. Da in der Vorschrift indessen von "sonstigem" Unfug die Rede ist, hat das Obergericht in restriktiver Auslegung der Regel geschlossen, dass mit ihr nur Lärm erfasst werde, der Äusserung des Mutwillens, des Übermuts oder der Frevellust sei (vgl. Maximen des Obergerichts und der Anwaltskammer XI/1967 Nr. 585 S. 603 f.). Wird in zulässiger Auslegung der Anwendungsbereich des § 46 EG derart stark eingeengt, erscheint es nicht als unhaltbar, darin keine abschliessende strafrechtliche Regelung der Ruhestörung durch den Kanton zu erblicken. Vielmehr liegt bei solcher Interpretation die Annahme nahe, der kantonale Gesetzgeber habe es den Gemeinden überlassen wollen, je nach ihren besondern Bedürfnissen gegen eine Lärmerzeugung, die in ihrer Intensität erheblich grösser sein kann als "Lärmunfug", mit strafrechtlichen Normen einzuschreiten. Diese Auffassung lässt sich umso eher vertreten, als die Lärmquellen, die zu einer Belästigung führen können, in Stadt und Land, in einer Industrie- und Bauerngemeinde durchaus verschiedenartige sein können. Steht den Gemeinden die genannte Befugnis zu, so können sie Ruhestörungen, die sich nicht als "Lärm, Geschrei oder sonstigen Unfug" qualifizieren, mit Strafe bedrohen, und zwar, wie wiederum mit Fug angenommen werden kann, auch andere als in § 46 genannte Ruhestörungen zur Nachtzeit, weshalb die Rechtsanwendung des Obergerichts entgegen der Meinung des BGE 96 I 24 S. 33 Beschwerdeführers nicht zu einem widersinnigen Resultat führen muss. Es lässt sich demnach ohne Willkür annehmen, § 46 EG schliesse die Geltung der LBV nicht aus. Würde man übrigens § 46 EG nicht so eng auslegen, wie es das Obergericht tat, sondern der Vorschrift eine umfassende Bedeutung beilegen in dem Sinn, dass sie jeden (vermeidbaren, übermässigen) Nachtlärm erfasst, würde jedenfalls auch der das zulässige Mass überschreitende Hundelärm darunter fallen, so dass bei solcher Betrachtung der Mangel des obergerichtlichen Urteils einzig darin läge, dass das Gericht den Beschwerdeführer nach der LBV statt nach der strengern Vorschrift des § 46 EG bestrafte. Dass in Art. 18 LBV auf § 42 des Polizeistrafgesetzes hingewiesen wird, ändert nichts daran, dass es sich bei der Regel der LBV um eine solche des Gemeindestrafrechts handelt, und wenn sie nicht durch § 46 EG aufgehoben wurde, steht sie nach §§ 7 und 200 EG weiterhin in Geltung. 5. (Abweisung der Rüge, die LBV sei nicht rechtsgültig zustandegekommen, weil sie vom Grossen Stadtrat nicht erlassen, sondern bloss genehmigt worden sei.) 6. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht schliesslich vor, es habe es unterlassen, die Verjährungsvorschrift des Art. 109 StGB in der ursprünglichen Fassung anzuwenden. Nach dem ursprünglichen Art. 109 StGB seien Übertretungen in sechs Monaten verjährt. Als das EGzStGB geschaffen worden sei, habe man die damals geltenden allgemeinen Vorschriften des StGB in das kantonale Strafrecht übernommen. Wenn durch § 1 EG die allgemeinen Bestimmungen des StGB für das kantonale Strafrecht übernommen wurden, hat der Gesetzgeber damit zum Ausdruck gebracht, dass im eidgenössischen und kantonalen Strafrecht eine einheitliche Ordnung bestehen soll, soweit die allgemeinen Regeln in Frage sind. Es lässt sich ohne Willkür die Auffassung vertreten, unter den "allgemeinen Bestimmungen des StGB" seien die jeweils geltenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu verstehen. Wäre dem nicht so, so würde bei jeder Änderung der allgemeinen Bestimmungen des StGB die angestrebte Einheit von eidgenössischer und kantonaler Ordnung durchbrochen, was Unzukömmlichkeiten mit sich brächte. Freilich zieht bei solcher Betrachtung jede Änderung der allgemeinen Bestimmungen des StGB eine entsprechende Änderung des materiellen Gehalts des kantonalen Rechts nach sich, ohne dass sich der luzernische Souverän darüber auszusprechen hat, BGE 96 I 24 S. 34 weshalb die Ansicht des Beschwerdeführers nicht von vorneherein als verfehlt erscheint. Es lässt sich indessen, wie ausgeführt, § 1 EG mit vertretbaren Gründen in dem Sinn auslegen, dass die jeweils geltenden allgemeinen Bestimmungen des StGB auch im Bereich des kantonalen Rechts anwendbar sind, da das ein nach dem Willen des Gesetzgebers unerwünschtes Auseinanderklaffen von eidgenössischem und kantonalem Recht verhindert.
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Urteilskopf 98 V 230 58. Auszug aus dem Urteil vom 19. Oktober 1972 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Luzern gegen Einwohnergemeinde Kriens und Versicherungsgericht des Kantons Luzern
Regeste Art. 5 Abs. 2 AHVG . - Die Ausübung einer Funktion der öffentlichen Verwaltung ist nicht an sich schon unselbständige Tätigkeit (Präzisierung der Rechtsprechung). - Die Entschädigung, welche eine Vormundschaftsbehörde gemäss Art. 416 ZGB einem nebenamtlichen Vormund zuspricht, ist massgebender Lohn. Art. 12 und 14 Abs. 1 AHVG . Das Gemeinwesen, welches Träger der Vormundschaftsbehörde ist, ist Arbeitgeber des Vormundes, und zwar auch dann, wenn dessen Entschädigung zu Lasten des Mündelvermögens ausgerichtet wird.
Sachverhalt ab Seite 231 BGE 98 V 230 S. 231 A.- Gestützt auf eine Arbeitgeber-Kontrolle verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Luzern mit Verfügung vom 4. Juni 1971 die Einwohnergemeinde Kriens zur Nachzahlung paritätischer Beiträge auf den Entschädigungen, welche die Gemeinde vier nebenamtlichen Vormündern in den Jahren 1966 bis 1970 zu Lasten der Mündelvermögen zugesprochen hatte. B.- Beschwerdeweise verlangte die Einwohnergemeinde Kriens die Aufhebung dieser Verfügung. Sie wendete ein, sie sei nicht Arbeitgeber der betreffenden Vormünder, weil keine Lohnzahlung durch sie vorliege... Hierauf hob das Versicherungsgericht des Kantons Luzern die angefochtene Nachzahlungsverfügung mit Entscheid vom 13. Januar 1972 auf. Das Gericht erwog, Arbeitgeber im Sinne des Art. 12 AHVG könne nur sein, wer Arbeitsentgelte gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG ausrichte. Das treffe hinsichtlich der fraglichen Entschädigungen auf die Gemeinde nicht zu, da diese die Vergütungen weder geschuldet noch ausgerichtet habe. Vielmehr hätten die Vormünder diese Betreffnisse direkt aus den von ihnen verwalteten Mündelvermögen bezogen. Die Ernennung der Vormünder durch den Gemeinderat als Vormundschaftsbehörde, die Aufsicht über sie sowie die Festsetzung der Entschädigungen durch den Gemeinderat ändere nichts an der fehlenden Arbeitgebereigenschaft der Gemeinde. Das für diese Eigenschaft unerlässliche Erfordernis der Ausrichtung der Arbeitsentgelte könne nicht durch die erwähnten Merkmale unselbständiger Tätigkeit ersetzt werden. C.- Die Ausgleichskasse des Kantons Luzern zieht diesen Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht weiter mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben, soweit er bundesrechtliche Beiträge betreffe, und es sei die Kassenverfügung in diesem Umfange wieder herzustellen. Zur Begründung der Beschwerde BGE 98 V 230 S. 232 beruft sich die Kasse auf ein in der amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil vom 24. November 1967 (EVGE 1967 S. 228 = ZAK 1968 S. 301), wonach ein nebenberuflich tätiger Fleischschauer als Arbeitnehmer des Gemeinwesens gelte, das ihm jene Aufgabe übertragen habe. Dies treffe analog auch für den nebenamtlichen Vormund zu. Jedenfalls könne die beitragsrechtliche Qualifikation der Entschädigung des Vormundes nicht davon abhängen, ob das Mündel die Kosten aus seinem Vermögen bezahlen könne oder ob die Einwohnergemeinde die Entschädigung mangels Mündelvermögens zu ihren Lasten ausrichte... Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. ... (Kognition). 2. Zu Recht ist unbestritten, dass die fraglichen Entschädigungen Einkommen darstellen, das der Beitragspflicht unterliegt. Streitig ist dagegen, ob es sich dabei um Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit handelt; je nachdem sind die Sozialversicherungsbeiträge von den Vormündern als Selbständigerwerbenden in der Form von persönlichen Beiträgen oder von ihrem Arbeitgeber als paritätische Beiträge zu entrichten. 3. Die Ausgleichskasse betrachtet die den Vormündern als Entschädigung für ihre Amtsführung zu Lasten der Mündelvermögen zugesprochenen Entgelte als massgebenden Lohn im Sinne des Bundesrechts, mithin als Emkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit. Sie macht damit geltend, der vorinstanzliche Entscheid verletze Bundesrecht. Als massgebender Lohn gilt gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG jedes Entgelt für in unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit. Zu dem für die Berechnung der paritätischen Beiträge massgebenden Lohn gehören laut Art. 7 AHVV insbesondere "Einkommen der Behördemitglieder von Bund, Kantonen und der Gemeinden" (Buchstabe i) sowie "Sporteln und Wartegelder an in einem öffentlichen Dienstverhältnis stehende Versicherte, unter Vorbehalt abweichender kantonaler Regelungen" (Buchstabe k). Merkmale unselbständiger Stellung im Sinne der wiedergegebenen Begriffsumschreibung sind insbesondere die arbeitsorganisatorische Unterordnung des Versicherten bzw. das Weisungsrecht BGE 98 V 230 S. 233 des Arbeitgebers und das Fehlen des Unternehmerrisikos; ob massgebender Lohn vorliege, beurteilt sich ferner nicht nach der Meinung oder Abrede der am Rechtsverhältnis Beteiligten, das der Entrichtung des Entgeltes zugrunde liegt; in diesem Sinne bilden das Bestehen eines Arbeitsvertrages oder eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses keine notwendige Voraussetzung der unselbständigen Erwerbstätigkeit ( BGE 97 V 137 , 218 Erw. 2 und dortige Hinweise, nicht veröffentlichte Urteile vom 12. Mai 1972 i.S. Raselli und vom 18. August 1970 i.S. Fischbacher). Die Rechtsprechung nimmt weiter an, wer kraft staatlicher Ernennung eine Funktion der öffentlichen Verwaltung ausübe, arbeite in unselbständiger Stellung und sei folglich mit Bezug auf diese Tätigkeit als Unselbständigerwerbender zu behandeln. Ob der staatliche Funktionär seine Verwaltungstätigkeit haupt- oder nebenamtlich betreibe und ob er im Hauptberuf Freierwerbender oder Lohnempfänger sei, beeinflusse diese ahv-rechtliche Qualifikation nicht. Zur Entrichtung des Arbeitgeberbeitrages und zur Abrechnung mit der Kasse sei in beiden Fällen das Gemeinwesen verpflichtet, das dem Versicherten die Verwaltungsfunktion übertragen habe und dem er für die ordnungsgemässe Amtsführung verantwortlich sei (EVGE 1967 S. 229 Erw. 2a = ZAK 1968 S. 301; im gleichen Sinne schon EVGE 1954 S. 97 ff. = ZAK 1954 S. 226 und EVGE 1953 S. 135 = ZAK 1953 S. 279). Demnach wurden hinsichtlich ihrer amtlichen Funktion als Unselbständigerwerbende behandelt: Fleischschauer (EVGE 1967 S. 228, ZAK 1958 S. 63 und OSWALD, AHV-Praxis, Nr. 95), ein Gemeindeförster (AHV-Praxis, Nr. 94), ein Pilzkontrolleur (AHV-Praxis, Nr. 97), Gebäude-Schatzungsexperten (EVGE 1950 S. 199), ein Waisenvogt (EVGE 1953 S. 135), die Hilfskraft eines nebenamtlichen Gerichtspräsidenten (EVGE 1954 S. 95) sowie ein nebenamtlicher Grundbuchführer (ZAK 1958 S. 63). 4. a) Ob diese Grundsätze auch für den nebenamtlichen Vormund gelten, hängt zunächst davon ab, ob dieser im Auftrage eines Gemeinwesens und gestützt auf öffentlichrechtliche Bestimmungen eine Aufgabe der staatlichen Verwaltung erfülle. Das Vormundschaftsrecht ist in der schweizerischen Privatrechtskodifikation, nämlich im 10., 11. und 12. Titel des ZGB, geregelt. Das bedeutet indessen nicht, dass das gesamte BGE 98 V 230 S. 234 Rechtsgebiet in seinem materiellen Gehalt zivilrechtlicher Natur ist. Es ist zwar als Ganzes Bundeszivilrecht im formellen Sinne (vgl. HUBER, Berner Kommentar, N. 107 und 109 zu Art. 6 ZGB ; DESCHENAUX, Schweizerisches Privatrecht, Band II, S. 21; KAUFMANN, Berner Kommentar, Band II, Familienrecht, 3. Abt.: Die Vormundschaft, Einleitung N. 12), aber sein Inhalt ist nicht ausschliesslich privatrechtlicher Natur (HUBER, N. 109 zu Art. 6; KAUFMANN, N. 13). Vielmehr hat der eidgenössische Zivilgesetzgeber - im Rahmen des ZGB und der diesem zugrunde liegenden Bundeskompetenz ( Art. 64 BV ) - zahlreiche öffentlich-rechtliche Bestimmungen zur Sicherung der zivilrechtlichen Einrichtungen aufgestellt (HUBER, N. 105, 106 zu Art. 6; DESCHENAUX, a.a.O.; EGGER, Zürcher Kommentar, Band II, Familienrecht, 3. Abt.: Die Vormundschaft, Einleitung N. 15; BURCKHARDT, Kommentar zur BV, 3. Auflage 1931, S. 588 f.). Dies trifft in besonderem Masse auf das Vormundschaftswesen zu, weshalb es TUOR als "ein merkwürdiges Zwischengebilde zwischen privatem und öffentlichem Recht" bezeichnet (TUOR/SCHNYDER, ZGB, 8. Auflage 1968, S. 262); ähnlich EGGER: "Das Vormundschaftsrecht ist zwiespältiger Natur" (a.a.O., N.11). So betrachtet der letztgenannte die Bestimmungen über die Organisation der vormundschaftlichen Behörden und des Entmündigungsverfahrens als solche öffentlich-rechtlicher Natur (a.a.O., ebenso KAUFMANN, N. 13). Das Gesetz spricht denn auch vom Vormund als "vormundschaftlichem Organ" ( Art. 360 ZGB ) und enthält im 11. Titel je einen Abschnitt "Das Amt des Vormundes" und "Das Amt des Beistandes". Nach EGGER steht der Vormund zum Staat in einem verwaltungsrechtlichen Verhältnis und ist ihm gegenüber öffentlichrechtlich zur Erfüllung seiner Pflicht verbunden; das Amt beruht auf öffentlicher Übertragung ( Art. 379, 385, 387 ZGB ; EGGER, N. 4 zu Art. 367 ZGB ). Der Vormund steht jedoch nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und ist nicht Beamter des Gemeinwesens. Auch die II. Zivilabteilung des Bundesgerichtes bemerkt, der Vormund handle - bei der Prozessführung - zwar nicht namens oder in unmittelbarem Interesse des Gemeinwesens, aber doch in Ausübung eines ihm von diesem verliehenen Amtes, also nicht in eigener Sache ( BGE 83 II 186 , 192). Die Tätigkeit des Vormundes im Rahmen seiner gesetzlichen Pflichten und Befugnisse dient, BGE 98 V 230 S. 235 wie die Einrichtung seines Amtes und die der gesamten vormundschaftsrechtlichen Behördenorganisation sowie deren öffentlich-rechtliche Ausgestaltung durch formelles Bundeszivilrecht und ergänzendes kantonales Recht (vgl. KAUFMANN, N. 11, 29, 30; EGGER, N. 15, 16), der Verwirklichung von Zivilrecht: denn das materielle Vormundschaftsrecht, insbesondere die Bestimmungen über die Handlungsfähigkeit des Mündels, das Verhältnis des Vormundes zum Mündel, die Vertretung des Mündels, die Fürsorgepflicht, die Vermögensverwaltung und die persönliche Verantwortlichkeit der vormundschaftlichen Organe, ist im wesentlichen Privatrecht (EGGER, N. 12). Gleicher rechtlicher Natur ist auch der Hauptzweck der Tätigkeit des Vormundes: gesetzliche Vertretung von und individuelle Fürsorge für Person und Vermögen des Mündels. Jedoch ist dieses Handeln zum Wohle des Mündels nicht nur Interessenwahrung für eine natürliche Person, sondern nach dem Gesagten auch Ausübung amtlicher Pflichten und Befugnisse kraft staatlicher Ernennung unter Aufsicht und Mitwirkung der vormundschaftlichen Behörden und nach Massgabe öffentlich-rechtlicher Bestimmungen. Der nebenamtliche Vormund (vom Amtsvormund ist hier nicht die Rede) hat demnach gegenüber der übergeordneten Behörde eine ähnliche Stellung wie der (nebenamtliche) Grundbuchführer (ZAK 1958 S. 63), der Handelsregisterführer, der Friedens- und der Zivilrichter; sie alle üben öffentliche Funktionen aus, die der Verwirklichung des materiellen Zivilrechts dienen. b) Allerdings kann nicht generell gesagt werden, die Ausübung einer öffentlichen Funktion sei an sich unselbständige Erwerbstätigkeit, wie aus EVGE 1967 S. 229 allenfalls herausgelesen werden könnte; das trifft nämlich beispielsweise auf die luzernischen Urkundspersonen nicht zu. Die Stellung des Vormundes muss darum auch unter diesem Gesichtspunkt aus der rechtlichen Ausgestaltung seines Amtes im ZGB erhellt werden. Naturgemäss steht dabei im Hinblick auf sein sozialversicherungsrechtliches Beitragsstatut nicht das rechtsgeschäftliche Handeln zum Wohle des Mündels im Vordergrund, sondern sein Verhältnis zur Vormundschaftsbehörde, die ihn bestellt hat. Schon die Berufung zum Vormund durch die Vormundschaftsbehörde kann nur unter eng umschriebenen gesetzlichen Voraussetzungen abgelehnt werden ( Art. 383 ZGB ); die Übernahme einer Vormundschaft ist also grundsätzlich BGE 98 V 230 S. 236 Bürgerpflicht ( Art. 382 ZGB ). Der Vormund untersteht für alle seine amtlichen Handlungen der Aufsicht der Vormundschaftsbehörde; er hat über seine Tätigkeit Bericht zu erstatten und über die Vermögensverwaltung Rechenschaft abzulegen; die Berichte und Rechnungen bedürfen der Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde ( Art. 423 ZGB ); die Behörde setzt auch die Entschädigung für die Tätigkeit des Vormundes fest ( Art. 416 ZGB ). Gegen alle seine Handlungen kann jedermann, der ein Interesse hat, bei der Vormundschaftsbehörde Beschwerde führen ( Art. 420 ZGB ). Entsprechend streng ist die persönliche Verantwortlichkeit des Vormundes (und der übrigen vormundschaftlichen Organe) geregelt ( Art. 426-430 ZGB ). Die Gültigkeit der wichtigeren Geschäfte hängt von der Mitwirkung der Vormundschafts- oder gar der Aufsichtsbehörde ab ( Art. 421, 422 ZGB ). Wiewohl in vielen Einzelhandlungen, die er für das Mündel vornimmt, weitgehend selbständig und selbstbestimmend, unterliegt er doch einem generellen Weisungsrecht der Vormundschaftsbehörde, die ihn bestellt hat (EGGER, N. 13 und 14 zu Art. 398 ZGB ). Die Vormundschaftsbehörde kann und muss nötigenfalls in die Amtsführung des Vormundes eingreifen und hat ihn allenfalls seines Amtes zu entheben ( Art. 445-450 ZGB ). Als Merkmal der selbständigen Erwerbstätigkeit hat die Rechtsprechung von jeher dem Unternehmerrisiko besondere Bedeutung beigemessen und - wo die Risikotragung nach der Art des freien Unternehmers fehlte - unselbständige Erwerbstätigkeit angenommen (vgl. anstelle vieler: BGE 97 V 137 Erw. 2). Diese Risikotragung fehlt nun aber beim Vormund vollständig; er trägt keinerlei selbständiges, frei übernommenes wirtschaftliches Risiko. Dabei ist dieses Unternehmerrisiko in keiner Weise mit der Verantwortlichkeit, auch mit einer erhöhten nicht, zu verwechseln. Denn diese liegt auf einer anderen Ebene; sie will den Vormund zu sorgfältiger Amtsführung zum Wohle des Mündels verhalten und schützt vor allem dieses, aber auch Dritte vor Schaden, den der Vormund verschuldet. Im übrigen handelt der Vormund für die Sache des Mündels, hat zu besorgen, was sein Amt mit sich bringt, und wird für seine Mühewalt gemäss Beschluss der Behörde entschädigt; das sind Merkmale, die dem eigenen wirtschaftlichen Risiko des Selbständigerwerbenden vollständig fremd sind. BGE 98 V 230 S. 237 c) Demnach haben die nebenamtlichen Vormünder hinsichtlich dieser Tätigkeit sozialversicherungsrechtlich als Unselbständigerwerbende zu gelten; ihre Bezüge sind also massgebender Lohn. Ihr Beitragsstatut kann daher auch nicht davon abhängen, ob Mündelvermögen vorhanden ist und ob dessen Ertrag allenfalls ausreicht, um die Entschädigung an den Vormund zu decken. Denn es braucht nicht bloss deswegen selbständige Erwerbstätigkeit angenommen zu werden, weil die Gemeinde bzw. die Vormundschaftsbehörde die Entschädigungen nicht selber ausrichtet. Die Vorinstanz argumentiert, aus diesem Grunde könne die Gemeinde nicht Arbeitgeber der Vormünder sein. Diese Auffassung ist bezüglich der Gebühren, die einem Funktionär im Dienste der öffentlichen Verwaltung von Gesetzes wegen zufliessen, schon in EVGE 1967 S. 229 abgelehnt worden, wie auch das Sportelnsystem in Art. 7 lit. k AHVV ausdrücklich genannt wird. Der Vormund hat gemäss Art. 416 ZGB Anspruch auf Entschädigung für seine Tätigkeit, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob Mündelvermögen vorhanden sei oder nicht (EGGER N. 3, 6, 7, 12 zu Art. 416). Besteht kein Mündelvermögen, so hat - nach Massgabe des zutreffenden kantonalen Rechts - in der Regel die Vormundschaftsbehörde bzw. das Gemeinwesen, dem sie zugeordnet ist, die festgesetzte Entschädigung zu bezahlen (EGGER, N. 14 zu Art. 416); dieses Gemeinwesen ist im Kanton Luzern die zuständige Einwohnergemeinde, deren Gemeinderat Vormundschaftsbehörde ist (§ 41 EG ZGB/LU). § 53 dieses Gesetzes bestimmt, die Kosten der Bevormundung habe die Einwohnergemeinde zu tragen, wenn der Bevormundete kein Vermögen besitze, welche Regelung auch für die Kosten der Vormundschaftsführung gilt (vgl. Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern in SJZ 33, 1936/37 141; ferner EGGER, N. 14 zu Art. 416). Daraus erhellt, dass es keinen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung in der sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht gibt, je nachdem, ob die Gemeinde den Vormund aus eigenen Mitteln oder aber zu Lasten des Mündelvermögens entschädigt. Denn auch in letzterem Falle ist die Vormundschaftsbehörde für die Entschädigung des Vormundes zuständig; sie ermächtigt den Vormund, die von ihr festgesetzte Entschädigung direkt dem Mündelvermögen zu entnehmen, das er ohnehin verwaltet. Das ist aber, im Grunde genommen, nur eine administrative Vereinfachung in der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Der BGE 98 V 230 S. 238 Entschädigung kommt deswegen - funktionell und jedenfalls auch beitragsrechtlich - kein anderer Charakter und auch kein anderer Rechtsgrund zu als der durch die Vormundschaftsbehörde aus ihrer Amts- oder der Gemeindekasse ausbezahlten Entschädigung an nebenamtliche Vormünder. Nach der Verwaltungs- und Gerichtspraxis kann denn auch Arbeitgeber im Sinne des Art. 12 AHVG sein, wer den ausgerichteten Lohn nicht aus eigenen Mitteln bestreitet (ZAK 1957 S. 254; Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über den Bezug der Beiträge, Rz. 3). Da der Direktbezug der zugesprochenen Entschädigung aus dem Mündelvermögen eine materiell-rechtlich unbeachtliche administrative Vereinfachung darstellt, hat die Gemeinde - entgegen der vorinstanzlichen Auffassung - als Arbeitgeber zu gelten und über die den Vormündern zugesprochenen Entschädigungen paritätisch abzurechnen. Weder das Mündel noch dessen Vermögen können also als Arbeitgeber in Frage kommen... Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der vorinstanzliche Entscheid aufgehoben.
null
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ea34876a-9c08-4395-8616-a5ab9e7d7ad1
Urteilskopf 134 III 417 68. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Z. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_617/2007 vom 8. April 2008
Regeste Art. 53 SchKG , Art. 932 Abs. 1 OR ; perpetuatio fori bei der Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung; massgeblicher Zeitpunkt. Bei der Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung führt die Sitzverlegung einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft nur dann zu einer Änderung der örtlichen Zuständigkeit des Konkursrichters, wenn der bisherige Sitz im Zeitpunkt der Zustellung der Vorladung zur Konkursverhandlung im Handelsregister gelöscht worden ist. Massgebend ist dabei das Datum des Tagebucheintrags der Löschung, nicht die Uhrzeit der Einschreibung (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 417 BGE 134 III 417 S. 417 A. Die X. AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) verlegte ihren Sitz von A. nach B., was im Handelsregister C. am 2. August 2007 BGE 134 III 417 S. 418 eingetragen wurde. Die Löschung im Handelsregister D. wurde am 8. August 2007 (Tagebuchdatum) vorgenommen. Die Publikation der Sitzverlegung erfolgte im Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 8. August 2007 (Eintragung im Handelsregister C.) bzw. 14. August 2007 (Löschung im Handelsregister D.). B. Mit Eingabe vom 2. August 2007 ersuchte die Z. AG (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) um Konkurseröffnung über die Beschwerdeführerin und Aufnahme eines Güterverzeichnisses. Am 23. August 2007 eröffnete der Gerichtspräsident des Gerichtskreises E. über die Beschwerdeführerin mit Wirkung ab Donnerstag, 23. August 2007, 10.50 Uhr, den Konkurs. C. Mit Eingabe vom 24. August 2007 appellierte die Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Bern gegen das Urteil des Gerichtspräsidenten und beantragte die Feststellung der Nichtigkeit der Konkurseröffnung, eventualiter die Aufhebung des Konkurses. Mit Entscheid vom 20. September 2007 bestätigte das Obergericht die Konkurseröffnung. D. Die Beschwerdeführerin hat beim Bundesgericht am 22. Oktober 2007 Beschwerde in Zivilsachen eingereicht. Die Beschwerdegegnerin schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 7. Dezember 2007 auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitze zu betreiben ( Art. 46 Abs. 2 SchKG ). Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Konkursandrohung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung gemäss Art. 53 SchKG am bisherigen Orte fortgesetzt (perpetuatio fori). Diese Bestimmung ist auch auf die Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung anwendbar. Der Richter, der im Zeitpunkt der Zustellung der Vorladung zur Konkursverhandlung an den Schuldner örtlich zuständig ist, bleibt es auch dann, wenn dieser in der Folge sein Domizil wechselt ( BGE 121 III 13 E. 1b S. 14). Eine Sitzverlegung einer im Handelsregister eingetragenen Gesellschaft führt in diesem Fall nur dann zu einer Änderung der örtlichen BGE 134 III 417 S. 419 Zuständigkeit des Konkursrichters, wenn der bisherige Sitz im Zeitpunkt der Zustellung der Vorladung zur Konkursverhandlung im Handelsregister gelöscht worden ist (vgl. BGE 123 III 137 E. 3a S. 138 mit Hinweis auf BGE 116 III 1 E. 2 S. 4). Für die Bestimmung des Zeitpunkts der Eintragung dieser Löschung ist deren Einschreibung in das Tagebuch massgebend ( Art. 932 Abs. 1 OR ). Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, wird die Uhrzeit einer Eintragung im Handelsregister nicht festgehalten (ECKERT, Basler Kommentar, N. 18 zu Art. 932 OR ; KÜNG, Berner Kommentar, N. 138 zu Art. 932 OR ). Mit der Genehmigung durch das Eidgenössische Amt für das Handelsregister werden die Eintragungen im Handelsregister rückwirkend auf den Tag der Eintragung in das Tagebuch rechtswirksam (ECKERT, a.a.O., N. 19 zu Art. 932 OR ; so ausdrücklich Art. 34 der Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 [HRegV; SR 221.411], welche auf das vorliegende Verfahren noch nicht anwendbar ist, vgl. Art. 173 Abs. 2 i.V.m. Art. 182 HRegV ). Im Interesse der Rechtssicherheit ist für die Wirksamkeit einer Eintragung daher auf das Datum des Tagebucheintrags abzustellen (ECKERT, a.a.O., N. 18 zu Art. 932 OR ). Die Uhrzeit der Einschreibung ist nicht massgeblich. Somit stösst die Argumentation der Beschwerdegegnerin ins Leere, die körperliche Eintragung im Handelsregister sei erst im Laufe des 8. August 2007 erfolgt und es könne nicht festgestellt werden, ob zuerst die Beschwerdeführerin im Handelsregister D. gelöscht oder ihr die Vorladung zur Konkursverhandlung zugestellt worden sei. Auch sprechen weder Gründe der Praktikabilität noch der Schutz der Gläubiger gegen einen Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des Konkursgerichts. Sofern die Beschwerdeführerin tatsächlich ihren Sitz von A. nach B. verlegt hat, hat die Vorinstanz somit Bundesrecht verletzt, indem sie die Zuständigkeit des Konkursgerichts bejaht hat.
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Urteilskopf 118 IV 291 51. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 29 juillet 1992 dans la cause Z. c. S. (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 36a Abs. 2 OG ; rechtsmissbräuchliche Prozessführung. Wer aus reiner Schikane auf einem Weg einen Pflock anbringt, um dem Berechtigten die Ausübung des Wegrechts zu erschweren, und in der Folge gegen den Berechtigten, der den Pflock entfernt, unter dem Vorwurf, nicht den Rechtsweg beschritten zu haben, angesichts eines Schadens von wenigen Franken ein Verfahren wegen Sachbeschädigung anstrengt, handelt durch die Einreichung einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen das den Berechtigten freisprechende Urteil rechtsmissbräuchlich.
Sachverhalt ab Seite 291 BGE 118 IV 291 S. 291 A.- S. et Z. sont voisins. Chacun étant propriétaire d'une villa, ils utilisent le même chemin d'accès, établi sur les deux fonds avec servitudes de passage réciproques. BGE 118 IV 291 S. 292 Z. a fait sceller un piquet métallique sur le chemin, entravant le passage. Après avoir sommé en vain son voisin de l'ôter, S. chargea un serrurier d'y procéder. Pour enlever le piquet, il fut nécessaire de scier un cadenas valant quelques francs. Par la suite, Z. plaça, à réitérées reprises, des piquets en bois au même endroit, qui furent enlevés au fur et à mesure par S. En raison de ces faits, chacun d'eux déposa plainte contre l'autre. B.- S. fut acquittée de l'accusation d'infraction aux art. 137, 145 et 303 CP . C.- Z. s'est pourvu en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Il soutient que S. aurait dû être condamnée pour dommages à la propriété. Son pourvoi a été rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) Le recourant soutient que la cour cantonale a violé l' art. 145 CP en confirmant l'acquittement de S. de ce chef. Selon les constatations de fait de l'autorité cantonale - qui lient la Cour de cassation ( art. 277bis al. 1 PPF ) -, l'enlèvement des piquets par S. a causé un seul dégât matériel, à savoir le bris d'un cadenas valant quelques francs. SCHUBARTH estime que des dégâts vraiment minimes ne doivent pas entraîner l'application de l' art. 145 CP (SCHUBARTH, Kommentar Strafrecht, Bes. Teil II, Art. 145 Nos 20 et 23). On peut se demander d'autre part si l'enlèvement du piquet n'était pas un acte permis par la loi au sens de l' art. 32 CP . Il a été constaté en fait que la présence du piquet gênait le passage sur le chemin, alors que S. était au bénéfice d'une servitude de passage. Sur la base de l' art. 737 al. 1 CC , le bénéficiaire d'une telle servitude peut en principe accomplir les actes nécessaires pour dégager le passage (LIVER, Zürcher Kommentar, Art. 737 No 13; ATF 115 IV 29 consid. 3a). L' art. 926 al. 1 CC lui permet même de repousser par la force tout acte qui le trouble dans la possession de son droit (LIVER, op.cit., Art. 737 Nos 127, 146 et 149). Il est vrai cependant que l'on admet en principe que l' art. 926 CC ne peut être invoqué qu'à l'encontre d'un tiers, et non pas lorsque l'existence ou l'étendue du droit de passage est lui-même litigieux entre le bénéficiaire et le propriétaire grevé (STARK, Berner Kommentar, vor Art. 926-929 No 57). Lorsqu'on songe que le piquet, entravant le passage, a été placé à cet endroit-là, selon les faits retenus, manifestement par pur esprit de BGE 118 IV 291 S. 293 chicane, on peut même se demander si S. ne se trouvait pas en situation de devoir légitimement défendre son droit, ce qui exclurait sa condamnation pénale, vu la proportionnalité du moyen, par application de l' art. 33 CP (TRECHSEL, Kurzkommentar StGB, Art. 33 Nos 4, 7-10; STRATENWERTH, Allg. Teil I p. 212 ss). Il n'est pas nécessaire de trancher ces questions. Selon les faits retenus, le recourant a fait placer le piquet litigieux, qui entrave l'exercice du droit de passage, dans le seul but de contrarier sa voisine; il a ainsi agi par pure chicane. Il est significatif d'observer sur ce point qu'il ne prétend pas avoir un droit de maintenir un piquet à cet endroit. Dans ces circonstances, il commet un abus de droit, lorsqu'il exige de sa partie adverse qu'elle procède par la voie judiciaire, avec les frais que cela implique, plutôt que d'enlever simplement le piquet, en causant ainsi au perturbateur un préjudice minime, aussi bien sur le plan objectif que subjectif, qu'il estime lui-même à 5 fr. 30. En agissant jusque devant la juridiction suprême du pays, dans de telles circonstances, pour que sa voisine soit condamnée à raison d'un préjudice de 5 fr. 30, il commet un abus manifeste de procédure, de sorte que son grief doit être écarté par application de l' art. 36a al. 2 OJ .
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Urteilskopf 97 V 167 41. Extrait de l'arrêt du 19 octobre 1971 dans la cause Vuilleumier contre Caisse cantonale neuchâteloise de compensation
Regeste Voraussetzungen des Anspruchs auf Leistungen gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. c IVG bei Sprachheilbehandlung.
Erwägungen ab Seite 167 BGE 97 V 167 S. 167 Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 19 al. 1er LAI, des subsides sont alloués pour la formation scolaire spéciale des mineurs éducables mais qui, par suite d'invalidité, ne peuvent suivre l'école publique ou dont on ne peut attendre qu'ils la suivent. La formation scolaire spéciale comprend la scolarisation proprement dite ainsi que, pour les mineurs incapables ou peu capables d'assimiler les disciplines scolaires élémentaires, des mesures destinées à développer soit leur habileté manuelle, soit leur aptitude à accomplir les actes ordinaires de la vie ou à établir des contacts avec leur entourage. Suivant l'art. 19 al. 2 LAI, ces subsides consistent notamment (lit. c) en des indemnités particulières pour des mesures de nature pédago-thérapeutique qui sont nécessaires en plus de l'enseignement de l'école spéciale, telles que des cours d'orthophonie pour mineurs atteints de graves difficultés d'élocution, l'enseignement de la lecture labiale et l'entraînement auditif pour mineurs durs d'oreille, la gymnastique spéciale destinée à développer la motricité des mineurs souffrant de troubles des organes sensoriels ou d'une grave débilité mentale. BGE 97 V 167 S. 168 Conformément à l'art. 19 al. 3 LAI, il incombe au Conseil fédéral d'édicter certaines règles complémentaires. Ainsi, l'art. 8 al. 1er lit. c RAI met au rang des mesures de formation scolaire spéciale, entre autres, les mesures de nature pédagothérapeutique que l'invalidité rend nécessaires pour compléter la formation scolaire spéciale ou pour permettre aux mineurs de fréquenter l'école publique, telles que l'orthophonie pour les mineurs qui ont de graves difficultés d'élocution, etc. Par école publique, on entend tout enseignement du cycle de la scolarité obligatoire, y compris l'enseignement dans des classes spéciales ou de développement (art. 8 al. 2 RAI). Les mesures de formation scolaire spéciale peuvent être accordées au-delà de l'âge scolaire habituel, lorsque cela est nécessaire (art. 8 al. 3 RAI). Les conditions d'octroi des prestations ainsi que l'étendue de ces dernières sont précisées aux art. 9 à 11 RAI. Certaines des dispositions sus-mentionnées sont entrées en vigueur le 1er janvier 1971; d'autres, le 1er janvier 1968. S'agissant des mesures de nature pédago-thérapeutique sous forme de traitement orthophonique, les règles valables jusqu'au 31 décembre 1967 prévoyaient l'octroi d'une contribution aux frais de cet "enseignement complémentaire", s'il était nécessaire pour permettre à l'assuré atteint de graves difficultés d'élocution de suivre l'école publique (art. 10 al. 2 ancien RAI). 2. L'application des règles légales relatives à l'octroi de traitements d'orthophonie soulève un certain nombre de difficultés qui n'ont pas échappé à l'Autorité fédérale de surveillance. Aussi cette dernière a-t-elle organisé en 1968 une conférence pour l'étude des troubles du langage. Dans un document du 8 avril 1969, l'Office fédéral des assurances sociales a fixé les conclusions auxquelles la conférence est parvenue. Devraient être, d'après ce document, "reconnus comme troubles graves de l'élocution (ou du langage parlé et écrit) ceux qui ont déjà provoqué ou risquent de provoquer incessamment et avec une grande vraisemblance: a) soit une modification de la personnalité de l'enfant, b) soit un retard scolaire tel qu'il créera une discordance grave entre le niveau intellectuel de l'enfant et l'acquisition du langage et des autres notions scolaires, c) soit une discordance grave entre les professions que l'enfant pourra exercer, si on laisse ces troubles évoluer sans traitement (mesures pédago-thérapeutiques), et celles qu'il pourrait BGE 97 V 167 S. 169 exercer, vu ses qualités intellectuelles, affectives, caractérielles, si ces troubles sont traités". A cet égard, des retards scolaires "se manifestant en partie et accessoirement seulement par une insuffisance dans l'acquisition du langage" ne sauraient être "soignés" aux frais de l'assurance-invalidité, "alors qu'il incombe aux autorités scolaires cantonales et communales de veiller au rattrapage de ces enfants". En revanche, devraient toujours être assumés par l'assur ance-invalidité les frais de traitement des troubles du langage qui résultent principalement d'une insuffisance de la vue, d'origine centrale ou périphérique; d'une insuffisance de l'audition, d'origine centrale ou périphérique; d'une atteinte anatomique des organes de la parole; d'une atteinte neurologique, centrale ou périphérique, des organes de la parole. Il devrait en aller de même du bégaiement sous toutes ses formes; de la dyslexie, lorsqu'elle est accompagnée d'une importante perturbation du schéma corporel et du sens de l'orientation spatiale. Devraient être exclus de la prise en charge par l'assurance-invalidité les frais de traitement des retards de langage dus principalement à une simple débilité mentale; à un simple retard scolaire; à la paresse, à l'inattention, au manque de concentration des enfants; au bilinguisme; au mauvais choix des méthodes d'enseignement; au mauvaix choix de la classe où les enfants sont placés. Quant à l'établissement du diagnostic et du plan de traitement des graves difficultés d'élocution, cela devrait être l'affaire d'une équipe de spécialistes dirigée si possible par un médecin; à titre transitoire, force serait bien de se contenter de solutions différentes, à condition néanmoins qu'elles donnent la garantie que les diagnostics et les plans de traitement émaneront de personnes compétentes. S'agissant de la formation exigée des logopédistes, elle devrait intervenir sur la base d'un programme minimum et être couronnée par un examen propédeutique; à titre transitoire, un régime d'autorisations devrait être institué. 3. Le rapport général du Prof. L., expert mis en oeuvre par le Tribunal fédéral des assurances, peut être résumé comme il suit: I. - En médico-pédagogie, on appelle dyslexie et dysorthographie l'incapacité congénitale ou tôt acquise d'apprendre à lire et à écrire selon la méthode usuelle lorsque cette incapacité BGE 97 V 167 S. 170 affecte un enfant dont l'intelligence moyenne est normale. Dyslexie et dysorthographie ne sont pas provoquées par quelque faiblesse de la vue ou de l'ouïe, mais par une lésion - souvent héréditaire - d'une zone du cerveau, qui empêche de distinguer et d'interpréter les signes et les sons perçus (agnosie optique et agnosie acoustique). L'affection s'accompagne d'une certaine confusion dans l'orientation, entre la droite et la gauche et parfois entre le haut et le bas. Les lettres sont donc souvent écrites à l'envers. La faculté de percevoir dans son ensemble le mot écrit manque. En général, le langage oral spontané n'est apparemment pas touché, mais un examen approfondi révèle fréquemment des fautes de conjugaison, une construction primitive de la phrase, une méconnaissance du rythme. Dans le cas de troubles du langage proprement dit, il s'agit le plus souvent, chez l'enfant, de bredouillement et de déplacement ou d'omission de sons, tantôt héréditaires, tantôt acquis. La cause des défauts de prononciation réside alors avant tout dans l'insuffisance de l'ouïe ou dans des affections du nez ou du palais. Selon l'expert, on peut admettre l'existence de rapports étroits entre la difficulté d'élocution et la dysorthographie ainsi que la dyscalculie. II. - La difficulté d'élocution peut entraver fortement l'enfant dans sa carrière scolaire. C'est le cas des troubles de langage proprement dit (dyslalie, bredouillement). Cela peut être aussi le cas de la dyslexie et de la dysorthographie. III. - L'orthophonie médico-pédagogique consiste à rééduquer dans l'art du langage l'enfant d'âge pré-scolaire ou d'âge scolaire, selon des méthodes enseignées par des médecins spécialistes (phoniatres), des oto-rhino-laryngologues, des neurologues et des psychiatres pour enfants. Dans les cas graves (lésions cérébrales), le traitement a lieu dans des homes, par exemple selon la méthode Bobath; de même, avec le concours du psychiatre, quand l'enfant est un handicapé mental. IV. - Les soins s'imposent dès que l'enfant est fortement entravé dans sa carrière scolaire. V. - Dans les cas banals (bredouillement, dyslexie, dysorthographie, nasillement), le traitement durera jusqu'au jour où l'enfant ne sera pratiquement plus entravé dans sa scolarité. Ce résultat sera atteint grâce à un nombre relativement modique de leçons, en cas de défaut de prononciation n'affectant que BGE 97 V 167 S. 171 deux ou trois sons. Le traitement du bredouillement général dure d'habitude de 6 à 12 mois et devrait avoir lieu dans un home spécialisé. Le bégaiement donne le plus de difficulté, à cause de la multiplicité des causes possibles. VI. - Il faudrait créer des centres médicaux équipés spécialement pour établir des diagnostics précis et décider du traitement des troubles du langage. Il faut distinguer de la logopédie les mesures médicales (au sens des art. 12 et 13 LAI) qui peuvent s'imposer, par exemple une opération lors de troubles de l'ouïe ou d'anomalies dentaires. En outre, la logopédie s'accompagnera maintes fois, surtout chez le petit enfant, de psychothérapie, de gymnastique de relaxation, de correction d'une mauvaise respiration, le tout sous contrôle médical permanent. 4. Aussi bien l'Office fédéral des assurances sociales que l'expert commis par la Cour de céans, ce dernier à l'instigation du Tribunal fédéral des assurances, ont cherché à fixer des critères pour la prise en charge par l'assurance-invalidité des traitements d'orthophonie. Cela paraît indispensable pour éviter des abus. Mais on ne saurait régler aujourd'huil'ensemble de la question, tâche qui incombe avant tout à l'Autorité fédérale de surveillance. Il est toutefois possible de formuler d'ores et déjà certaines exigences, qui découlent de la loi ou de son système, en cette matière. Préliminairement, il sied de relever que, selon l'expert judiciaire fédéral, d'autres facultés que celle de parler, de lire et d'écrire peuvent, chez certains élèves, être réduites par une infirmité analogue à la dyslexie et à la dysorthographie et sont susceptibles d'être améliorées par le moyen d'un traitement médico-pédagogique. Qu'on songe à la faculté de compter ou à celle de faire de la musique. Pourtant, le législateur a prévu expressément à l'art. 19 al. 2 lit. c LAI les troubles du langage et non ceux de la fonction mathématique ni ceux de la fonction musicale. Cela s'explique sans doute par l'importance capitale du langage en tant que véhicule de tous les enseignements et, probablement, par les progrès particulièrement grands réalisés par la pédagogie curative dans ce domaine-là. Dans ces conditions, seul le traitement des troubles du langage peut justifier le versement des prestations en cause, en l'état de la législation. Mais il faut entendre par là aussi bien les troubles du langage écrit que ceux du langage parlé, comme l'exposent et l'Office fédéral des assurances sociales et l'expert. BGE 97 V 167 S. 172 En premier lieu, pour juger si l'on est en présence d'un cas relevant de l'art. 9 al. 1er lit. f RAI, on prendra comme critère de base une intelligence et une application normales. Ainsi, p.ex., on ne saurait parler de graves difficultés d'élocution, au sens de la disposition sus-mentionnée, lorsque des retards de langage sont dus principalement à une débilité mentale ou à de la paresse. Les opinions de l'Office fédéral des assurances sociales et de l'expert fédéral semblent concorder sur ce point. En outre, quant à l'exigence de troubles graves, il y a lieu de poser avec l'expert le principe suivant: l'assurance-invalidité ne doit prendre en charge, règle générale, que les cas dans lesquels l'enfant serait fortement entravé dans son développement scolaire et sa future capacité de gain, à défaut de traitement logopédique spécifique. Il importe que toute décision administrative en la matière procède de cette règle élémentaire. Il sied d'autre part de déterminer les conditions qui doivent être remplies pour qu'on puisse fournir, aux frais de l'assurance, les traitements de logopédie. Sur ce point encore, l'Autorité de surveillance relève à juste titre que le diagnostic et le plan de traitement des graves difficultés d'élocution doivent être l'affaire d'une équipe de spécialistes dirigée si possible par un médecin. De même, une formation minimum sera-t-elle exigée des logopédistes habilités à donner des soins aux assurés; cela aussi dans le régime transitoire nécessaire jusqu'au moment où il aura été possible de mettre sur pied un système répondant à toutes les exigences ci-dessus, à mettre en parallèle avec les exigences relatives à la qualification des thérapeutes dans le cadre de l'art. 14 LAI. S'agissant de leur durée, les mesures en cause ne sauraient en tout cas être accordées plus longtemps que ne peuvent l'être, de manière générale, les prestations de l'art. 19 LAI. Ainsi que le Tribunal fédéral des assurances l'a rappelé à plusieurs reprises, la formation scolaire spéciale prend fin, en principe, à l'âge où les enfants non invalides quittent l'école publique. Ce qui n'exclut pas, pourtant, qu'elle puisse se prolonger au-delà de cette limite, dans certaines circonstances (v. p.ex. RCC 1970 p. 272). Sous cette réserve, le traitement doit être poursuivi aux frais de l'assurance jusqu'au moment où, l'infirmité n'étant plus frappante, l'enfant peut s'intégrer dans l'école, comme le relève l'expert judiciaire fédéral. On tiendra cependant compte, pour l'indication de la continuation des BGE 97 V 167 S. 173 traitements en particulier, de ce que, selon les données actuellement connues, un certain nombre de cas résistent à toute thérapie et d'autres ne sont passibles que d'une certaine amélioration. Ces principes ont été approuvés par la Cour plénière...
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Urteilskopf 114 IV 154 43. Urteil des Kassationshofes vom 16. November 1988 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 91 Abs. 3 SVG . Vereitelung einer Blutprobe. Der Fahrzeugführer, der seinen Wagen nach einem folgenlos gebliebenen Schleudermanöver parkiert und sich zu Fuss davonmacht, weil er wegen seines von der Polizei beobachteten Schleuderns eine Kontrolle befürchtet, erfüllt nicht den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe. Der Fahrzeugführer ist in dieser Situation mangels Eintritts eines Drittschadens nicht verpflichtet, die Polizei zu benachrichtigen bzw. sich ihr zur Verfügung zu halten und darf seine Flucht zu Fuss fortsetzen, auch wenn er merkt, dass er von einem Polizeibeamten verfolgt wird.
Sachverhalt ab Seite 155 BGE 114 IV 154 S. 155 A.- M. fuhr in der Nacht vom 19. auf den 20. März 1987, zwischen 02.00 und 02.30 Uhr, mit einem PW Opel Kadett in Begleitung des angetrunkenen Fahrzeughalters A. und dessen Freundin S. von Kreuzlingen, wo er zwischen 21.00 und 02.00 Uhr in zwei Lokalen Weisswein getrunken hatte, nach Frauenfeld. Als er vom Schlossplatz in Frauenfeld in Richtung Kreuzplatz fuhr, liess er den Motor hochdrehen. Durch den dadurch verursachten Lärm wurde eine Polizeipatrouille, die gerade einen Personenwagen kontrollierte, auf den daherkommenden PW Opel Kadett aufmerksam. Dieser geriet auf dem mit Schneematsch bedeckten Kreuzplatz ins Schleudern, fuhr auf das rechte Trottoir, überquerte schleudernd die Fahrbahn und das linke Trottoir und kam auf dem trockenen Vorplatz vor einem Ladengeschäft zum Stehen. M. fuhr weiter, bog nach links in die Kesselstrasse ein und stellte den Wagen auf seinem Parkfeld in einem Hinterhof ab. Er hatte auf der Fahrt zum Kreuzplatz die Polizeipatrouille, die dort einen andern PW kontrollierte, gesehen und wusste, dass die Polizeibeamten sein Schleudermanöver hatten mitverfolgen können. Er machte sich zu Fuss davon und liess den angetrunkenen Fahrzeughalter und dessen Freundin im parkierten Wagen zurück. Als der Polizeibeamte X. wenig später mit dem Polizeifahrzeug beim Parkplatz eintraf, war M. bereits verschwunden. Der darüber per Funk verständigte Polizeibeamte Z., der auf dem Kreuzplatz geblieben war, verfolgte zu Fuss einen davonrennenden Mann, konnte diesen aber nicht einholen. Die Fahrzeuginsassen A. und S. weigerten sich bis zum Vormittag des 20. März 1987, den Namen des Fahrzeuglenkers anzugeben. B.- Das Obergericht des Kantons Thurgau sprach M. am 9. Juni 1988 in Bestätigung des Entscheides des Bezirksgerichts Frauenfeld vom 8. Januar 1988 der Vereitelung einer Blutprobe ( Art. 91 Abs. 3 SVG ) sowie der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln ( Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und 32 Abs. 1 SVG sowie Art. 33 VRV ) schuldig und verurteilte BGE 114 IV 154 S. 156 ihn deswegen zu einer Gefängnisstrafe von 14 Tagen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 750.--. C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau sei aufzuheben und die Sache sei zu seiner Freisprechung vom Vorwurf der Vereitelung einer Blutprobe an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau beantragt in ihrer Vernehmlassung unter Hinweis auf die Akten, die Anklageschrift und die Urteile der ersten und der zweiten Instanz die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 91 Abs. 3 SVG ist strafbar, wer sich vorsätzlich einer amtlich angeordneten Blutprobe widersetzt oder entzieht oder den Zweck dieser Massnahme vereitelt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann der objektive Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe auch dann erfüllt sein, wenn diese noch gar nicht amtlich angeordnet worden ist, aber nach den gesamten Umständen des Falles mit hoher Wahrscheinlichkeit angeordnet worden wäre ( BGE 109 IV 137 , BGE 113 IV 88 ). Nach einer Bemerkung im angefochtenen Entscheid "hat zu gelten, dass wer in einer Ortschaft unvermittelt auf die linke Fahrbahnseite gerät, nicht nur den Verdacht erweckt, zu schnell gefahren, sondern auch angetrunken gewesen zu sein". Die Vorinstanz ist der Auffassung, nach den Umständen habe kein Zweifel daran bestanden, dass die Polizei eine Blutprobe angeordnet hätte, und sie hält für den Fall, dass dies als ernsthaft bestritten zu gelten hätte, fest, "dem Beschuldigten (sei) ausserdem eine eindeutige Äusserung nachgewiesen worden, wonach er selber an die Möglichkeit einer Blutprobe gedacht habe", womit der Nachweis eines eventualvorsätzlichen Handelns erbracht sei. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Polizeibeamten aufgrund der gesamten Umstände (Hochdrehen des Motors, Schleudermanöver, allfälliger Alkoholgeruch in der Atemluft des Beschwerdeführers etc.) mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätten und der Beschwerdeführer mit einer solchen Massnahme rechnete, erfüllte sein Verhalten, durch welches BGE 114 IV 154 S. 157 er diese Massnahme vereitelte, aus nachstehenden Gründen nicht den Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG . 2. a) Der Kassationshof hat seine Rechtsprechung betreffend die Vereitelung einer Blutprobe durch Unterlassen der Unfallmeldung in BGE 109 IV 137 unter anderem dahingehend präzisiert, dass der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG in diesen Fällen nur dann erfüllt sein kann, wenn der Fahrzeuglenker gesetzlich (vgl. Art. 51 SVG ) zur Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei verpflichtet war, wenn mit andern Worten die Unterlassung der Unfallmeldung, durch welche der tatbestandsmässige Erfolg der Vereitelung einer sehr wahrscheinlichen Blutprobe herbeigeführt wurde, als solche rechtswidrig ist. Ist bei einem Unfall niemand verletzt und keine Drittperson geschädigt worden, besteht jedoch keine gesetzliche Meldepflicht und erfüllt die Unterlassung der Unfallmeldung den objektiven Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG nicht, und zwar auch dann nicht, wenn die Polizei bei Kenntnis des Unfalls sehr wahrscheinlich eine Blutprobe angeordnet hätte. Die sich aus den Umständen ergebende hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe begründet als solche keine Meldepflicht des Fahrzeuglenkers. b) Wer nach einem Unfall mit Drittschaden ohne Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei wegfährt, nimmt eine Handlung vor, indem er wegfährt, und begeht eine Unterlassung, indem er den Geschädigten bzw. die Polizei nicht benachrichtigt. Der Kassationshof sah in seiner Rechtsprechung zu Art. 91 Abs. 3 SVG in diesen Fällen das rechtlich relevante Verhalten jeweils nicht im Wegfahren (das ja unter Umständen zum Zwecke der Erstattung einer Meldung erfolgen kann), sondern in der Unterlassung der Unfallmeldung, mit der Folge, dass gemäss BGE 109 IV 137 der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG nur dann erfüllt sein kann, wenn der Fahrzeuglenker zur Meldung des Unfalls an den Geschädigten bzw. an die Polizei gesetzlich verpflichtet war. Der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG ist in diesen Fällen also nicht deshalb erfüllt, weil durch das Wegfahren eine Blutprobe, die sehr wahrscheinlich angeordnet worden wäre, vereitelt wurde; nicht die Wegfahrt ist entscheidend, sondern die Tatsache, dass der Fahrzeuglenker nach seiner Wegfahrt der Polizei nicht für allfällige Abklärungen zur Verfügung stand, obschon er dazu gesetzlich verpflichtet war. Das Gesagte muss auch in Fällen gelten, in denen sich kein Unfall mit Drittschaden ereignete. Es besteht kein sachlicher BGE 114 IV 154 S. 158 Grund, in diesen Fällen - anders als beim Wegfahren nach einem Unfall mit Drittschaden ohne Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei - die Wegfahrt als die massgebende Tathandlung zu betrachten. Indem der Beschwerdeführer, nachdem der PW Opel Kadett nach dem Schleudermanöver auf dem trockenen Vorplatz vor einem Ladengeschäft zum Stehen gekommen war, die Fahrt fortsetzte, den Wagen auf seinem nahe gelegenen Parkfeld parkierte und sich zu Fuss davonmachte, hielt er sich, ähnlich einem Fahrzeuglenker, der nach einem Unfall ohne Benachrichtigung des Geschädigten bzw. der Polizei die Flucht ergreift und/ oder sich versteckt, der Polizei nicht für allfällige Abklärungen zur Verfügung. Der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG kann indessen nur erfüllt sein, wenn der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, sich der Polizei zur Verfügung zu halten, d.h. an der Stelle, an welcher der PW Opel Kadett zum Stehen gekommen war, oder jedenfalls auf dem nahe gelegenen Parkplatz, zu dem er den Wagen in der Folge gelenkt hatte, zu warten, bis die Polizeibeamten ihn der ihm wahrscheinlich erscheinenden Kontrolle unterzogen bzw. ihm die Entfernung vom Ort des Geschehens erlaubten, oder wenn er sonstwie zur Benachrichtigung der Polizei verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Pflicht oblag ihm jedoch nicht, da ihm die Polizeibeamten keine Weisungen irgendwelcher Art erteilt hatten, deren Missachtung rechtswidrig wäre. Die Tatsache, dass die Polizei zufälligerweise am Ort des Geschehens war und dieses, wie der Beschwerdeführer wusste, beobachtet hatte, begründete für sich allein keine Verhaltenspflichten. Dass die Polizeibeamten gerade wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers (Weiterfahrt und anschliessendes Davonrennen) keine Gelegenheit hatten, ihm Weisungen zu erteilen, ist unerheblich; entscheidend ist, dass er mangels eines Unfalls mit Drittschaden weder zum Warten noch zur Benachrichtigung der Polizei verpflichtet war und dass ihm tatsächlich keine Weisungen erteilt wurden. c) Allerdings verfolgte der Polizeibeamte Z. zu Fuss den davonrennenden Beschwerdeführer. In dieser Verfolgung mag allenfalls eine konkludente Aufforderung zum Stehenbleiben enthalten sein, die aber weder der Verkehrsregelung noch der Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit im Strassenverkehr diente (vgl. dazu BGE 102 IV 255 ) und somit keine polizeiliche Weisung im Sinne von Art. 27 Abs. 1 SVG darstellte, deren Missachtung rechtswidrig wäre. BGE 114 IV 154 S. 159 d) Da der Beschwerdeführer somit nicht verpflichtet war, am Ort des Geschehens zu bleiben oder die Polizei zu benachrichtigen bzw. seine Flucht zu Fuss abzubrechen, stellt sein Verhalten, durch das er sich der von ihm befürchteten Kontrolle entzog, keine unter Art. 91 Abs. 3 SVG fallende Tathandlung dar.
null
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ea3f2720-cf0c-4a65-97ca-db418b11e686
Urteilskopf 101 Ia 124 23. Extrait de l'arrêt du 19 février 1975 en la cause Chambre fribourgeoise des agents généraux d'assurances et Pierre Devaud contre Conseil d'Etat du canton de Fribourg.
Regeste Art. 31 BV ; obligatorische Schulversicherung; Monopol zugunsten einer öffentlichen Versicherungskasse. 1. Beschwerdelegitimation des Vereins der Versicherungsgeneralagenten (E. 2). 2. Errichtung eines Monopols zugunsten einer öffentlichen Versicherungskasse im Falle der obligatorischen Schulunfallversicherung (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 125 BGE 101 Ia 124 S. 125 La loi fribourgeoise du 18 novembre 1971 a créé une "assurance scolaire contre les accidents". Sont assurés les enfants et adolescents qui fréquentent diverses écoles publiques ou privées ou qui, pour des raisons de santé ou d'invalidité, ne peuvent suivre l'école. L'assurance scolaire contre les accidents garantit à titre complémentaire et subsidiaire les soins médicaux, hospitaliers et dentaires, ainsi que des indemnités d'invalidité et de décès. Selon l'art. 5 de la loi, la Mutualité scolaire, caisse publique d'assurances au sens de l'art. 2 al. 1 lit b LAMA, est chargée de l'institution de l'assurance. Elle confie à une compagnie d'assurances privée la couverture des indemnités d'invalidité et de décès. Les parents supportent le 50% des primes, le solde étant pris en charge à raison de 25% par l'Etat et de 25% par les communes. Le Conseil d'Etat adopta le 17 septembre 1973 le règlement d'exécution de la loi. Il autorisa les caisses-maladie et accidents et les compagnies d'assurances à pratiquer l'assurance scolaire obligatoire contre les accidents; toutefois, seul le 50% des primes dues à la Mutualité scolaire par des assurés dont les parents étaient domiciliés sur le territoire du canton était pris en charge par l'Etat. Agissant par la voie du recours de droit public, la Chambre fribourgeoise des agents généraux d'assurances et Pierre Devaud ont requis le Tribunal fédéral d'annuler le règlement du 17 septembre 1973. La Chambre fribourgeoise des agents généraux d'assurances soutient notamment qu'en mettant le 50% des primes à la charge de l'Etat dans le cas seulement où l'assuré est affilié à la Mutualité scolaire, le Conseil d'Etat a créé un monopole de fait en faveur de cette institution, sans tenir compte des caisses de secours existantes. Elle estime que ce monopole, de type purement fiscal, est contraire à l'art. 31 Cst. Pierre Devaud se plaint notamment de la violation du principe de la séparation des pouvoirs et se dit lésé dans ses droits politiques en ceci que le Conseil d'Etat a institué un monopole que seule une loi soumise au référendum aurait pu créer. Le Tribunal fédéral a rejeté les recours en tant qu'ils étaient recevables. BGE 101 Ia 124 S. 126 Erwägungen Considérant en droit: 2. a) D'après ses statuts, la Chambre fribourgeoise des agents généraux d'assurances est une association des art. 60 ss CC qui a pour but de sauvegarder les intérêts de ses membres, en particulier de participer activement à la législation fédérale et cantonale, avant tout dans le domaine des assurances et de l'imposition fiscale. Selon la jurisprudence, une association professionnelle qui a un tel but peut agir par la voie du recours de droit public sans être elle-même touchée par l'acte attaqué, à la condition que ses membres soient personnellement lésés par cet acte, du moins en majorité ou en grand nombre (RO 100 Ia 99, consid. b et les arrêts cités). Le Conseil d'Etat conteste en l'espèce que les agents généraux d'assurances affiliés à l'association recourante soient personnellement lésés par le règlement attaqué. Il soutient que l'intérêt des agents généraux est purement économique, le règlement litigieux ne les empêchant pas en droit de pratiquer l'assurance scolaire contre les accidents. Il considère en outre que ce sont tout au plus les compagnies d'assurances elles-mêmes qui pourraient juridiquement se prétendre lésées, et non pas leurs agents généraux. La première de ces deux objections est manifestement mal fondée. C'est en effet du fond que relève la question de savoir si le règlement attaqué crée un monopole en faveur de la Mutualité scolaire et, dans l'affirmative, si ce monopole est contraire à la constitution. Il suffit que les recourants le prétendent pour qu'ils puissent recourir. La seconde objection du Conseil d'Etat soulève une question que le Tribunal fédéral a laissée ouverte dans un cas semblable, où il s'agissait d'un recours formé notamment par la Chambre genevoise des agents généraux d'assurances contre un règlement conférant à une Caisse publique un prétendu monopole en matière d'assurance scolaire contre les accidents (RO 93 I 38 ss, 46). Cette question doit être tranchée en l'espèce. En effet, la Chambre fribourgeoise des agents généraux d'assurances est seule recourante pour le recours qu'elle a intenté et elle pouvait seule invoquer la violation de l'art. 31 Cst. Les agences générales des compagnies privées d'assurances sont de deux sortes: les agences autonomes, qui forment chacune une entreprise exploitée par l'agent, et les BGE 101 Ia 124 S. 127 agences en régie, qui sont des sortes de succursales. Dans le premier cas, l'agent a un intérêt juridique personnel, en tant qu'entrepreneur, à ce que certaines garanties constitutionnelles soient respectées, en particulier la liberté du commerce et de l'industrie. Dans le second cas, ce même intérêt est au premier chef celui de la compagnie d'assurances, mais on peut admettre que l'agent la représente dans son rayon d'activité et pour les questions dont la portée se limite à ce rayon, ce qui est le cas en l'espèce. La recourante affirme d'ailleurs, à vrai dire sans le prouver, que le présent recours a été formé avec l'accord exprès des compagnies d'assurances intéressées. La qualité pour recourir de la Chambre fribourgeoise des agents généraux d'assurances doit dès lors être admise. b) Selon le Conseil d'Etat, Pierre Devaud est agent général de la Compagnie privée d'assurances auprès de laquelle il a assuré ses enfants contre les accidents. Ce n'est cependant pas à ce titre qu'il agit. Ainsi qu'il le dit clairement dans son recours, c'est en qualité de citoyen actif du canton de Fribourg et de preneur d'assurance pour ses trois enfants. En vertu de la première de ces deux qualités, il pouvait sans autre condition se plaindre, ainsi qu'il le fait, de violation de la séparation des pouvoirs et d'atteinte au droit de référendum, sur la base de l'art. 85 lit. a OJ. En tant que preneur d'assurance, il était fondé à se plaindre d'une éventuelle inégalité de traitement, comme aussi d'une atteinte à sa liberté contractuelle préjudiciable à ses intérêts, tels qu'il les conçoit. Le point de savoir si ces griefs sont fondés ou non relève du fond. 8. a) En 1919, le législateur fribourgeois a institué pour les élèves des écoles primaires l'assurance obligatoire contre la maladie. Cette assurance a été par la suite étendue aux autres élèves. Dans son message du 22 octobre 1971 accompagnant le projet de loi créant une assurance scolaire contre les accidents, le Conseil d'Etat a mis en lumière les insuffisances du régime alors en vigueur, en particulier en ce qui concernait la couverture des risques d'accidents. Il a souligné que, dans tous les cantons, à l'exception de celui de Fribourg, les élèves de tous les degrés de scolarité étaient couverts, grâce à des mesures d'ensemble, contre ces risques. Il a également fait état de la responsabilité des collectivités publiques pour les accidents liés à la fréquentation des écoles (Bulletin officiel du Grand Conseil, 1971, IVe cahier, p. 1336/1337). En instituant l'assurance BGE 101 Ia 124 S. 128 scolaire obligatoire contre les accidents, le législateur a entendu combler les lacunes du système d'assurance sociale des élèves des écoles fribourgeoises. L'intérêt public justifiait certainement une telle décision. b) Pour atteindre le but visé, le législateur a créé un monopole de droit en faveur de la Mutualité scolaire, caisse publique d'assurances. Il a ainsi mis en balance les intérêts de l'Etat à la réalisation et à l'exécution de cette assurance, ceux des assurés ainsi que ceux des autres caisses-maladie et compagnies d'assurances qui pratiquent l'assurance scolaire obligatoire. Le Tribunal fédéral ne peut revoir qu'avec retenue le résultat de cette pesée des intérêts, car il ne lui appartient pas de substituer son appréciation à celle de l'autorité cantonale sur une question dont la solution dépend des conditions locales. Il n'interviendra en l'espèce que si l'institution d'un monopole apparaît comme un moyen disproportionné pour atteindre le but d'intérêt public que le législateur s'est fixé (RO 96 I 207/208). L'assurance scolaire obligatoire créée par la loi du 18 novembre 1971 couvre tous les risques d'accidents; elle s'étend donc aux accidents survenant en dehors des activités scolaires. Le législateur a en effet considéré que toutes les activités des élèves sont à ce point interdépendantes qu'il n'était guère possible de les dissocier ou d'en limiter la portée du risque. La création d'une assurance unique évitait ainsi toute discussion sur la question de savoir dans quelle mesure et par qui les risques d'accidents étaient couverts. Les assurés, comme leurs familles, ne pouvaient qu'en tirer avantage. Un monopole devait par ailleurs faciliter l'exécution de la loi et le contrôle de l'assujettissement de tous les élèves à l'assurance contre les accidents. Le fait que la responsabilité des collectivités publiques est engagée pour une part relativement importante des risques d'accidents courus par les enfants en âge de scolarité militait également en faveur de la création d'un monopole. Enfin, l'exécution de l'assurance scolaire contre les accidents par une seule caisse publique, qui assure ses membres selon le principe de la mutualité, devait permettre d'obtenir des conditions d'assurance plus avantageuses, ce qui est dans l'intérêt tant de l'Etat, qui prend à sa charge une partie des primes, que des assurés et de leurs parents. Le subventionnement de cette assurance par les collectivités publiques conduisait également BGE 101 Ia 124 S. 129 à l'adoption d'une solution qui évite toute complication. Ces motifs sont certainement suffisants pour que l'on puisse admettre la création d'un monopole de droit en faveur de la Mutualité scolaire. Si celle-ci n'est pas la seule solution possible pour atteindre le but d'intérêt public que le législateur s'est fixé, elle ne constitue pas un moyen disproportionné, compte tenu notamment du fait que l'assurance scolaire contre les accidents ne peut être considérée comme un complément de l'assurance-maladie obligatoire, au sens de la LAMA. c) Les motifs qui conduisent à l'admission d'un monopole de droit en faveur de la Mutualité scolaire permettent de conclure à l'admissibilité du monopole tel qu'il a été aménagé par le règlement d'exécution de la loi. La recourante soutient certes que celui-ci vise des fins purement fiscales. Mais cet argument ne peut être retenu au regard de la définition du monopole fiscal, telle que la jurisprudence l'a établie (RO 95 I 150/151). La Chambre des agents généraux d'assurances ne peut ainsi se plaindre d'une violation de l'art. 31 Cst. Elle ne saurait en particulier exiger des collectivités publiques qu'elles prennent à leur charge une partie des primes dues par les assurés, pas plus qu'elle ne peut demander une répartition en faveur de ses membres de la part des primes dont le paiement incombe aux pouvoirs publics.
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nan
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1,975
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Urteilskopf 80 II 5 2. Arrêt de la IIe Cour civile du 4 février 1954 dans la cause W. contre W.
Regeste Der Scheidungsrichter hat in einem und demselben Urteil zu entscheiden über die Scheidungsbegehren sowie über die Nebenfolgen der Scheidung betreffend Zuweisung der elterlichen Gewalt und Ansprüche auf Vermögensleistungen gemäss Art. 151 und 152 ZGB . Zugleich ist die güterrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen; sie darf höchstens dann in ein besonderes Verfahren verwiesen werden, wenn von ihr nicht die Ordnung der andern Nebenfolgen abhängt. Gegen ein diese notwendige Einheit missachtendes Scheidungsurteil ist Berufung an das Bundesgericht zulässig.
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 80 II 5 S. 6 A.- Par demande du 28 janvier 1952, dame W. a introduit action contre P. W., son mari, en concluant à ce qu'il plaise au Tribunal: I. principalement déclarer dissous par le divorce le mariage contracté entre elle et le défendeur le 5 janvier 1946; II. subsidiairement prononcer une séparation de corps pour une durée indéterminée; III. tant en cas de divorce qu'en cas de séparation de corps, condamner le défendeur à verser à la demanderesse une pension mensuelle viagère de 500 fr., payable d'avance le 20 de chaque mois; IV. tant en cas de divorce qu'en cas de séparation de corps, dissoudre le régime matrimonial des parties, chacun des époux étant reconnu propriétaire des meubles, objets ou valeurs en sa possession. Le défendeur a conclu au rejet des conclusions de la demanderesse et reconventionnellement au divorce, prononcé contre la demanderesse. En cours d'instance la demanderesse a retiré ses conclusions en divorce et persisté dans ses autres conclusions. Par jugement du 6 mai 1953, le Tribunal du district de BGE 80 II 5 S. 7 Lausanne a prononcé la séparation de corps pour une durée indéterminée, rejeté les conclusions du défendeur, prononcé la séparation de biens, fixé à 400 fr. par mois la pension que le défendeur aura à payer à la demanderesse pour son entretien durant la séparation et condamné le défendeur à payer les deux tiers des dépens de la demanderesse, le surplus restant à la charge de celle-ci. B.- Les deux parties ont recouru au Tribunal cantonal. Le défendeur a repris ses conclusions en divorce et conclu subsidiairement à ce que la pension allouée à la demanderesse fût réduite à 200 fr. La demanderesse a conclu à ce que la pension fût portée à 475 fr. par mois et tous les dépens mis à la charge du défendeur. Par arrêt du 12 octobre 1953, le Tribunal cantonal a statué dans les termes suivants: "Le recours de P. W. est admis partiellement. II. Le jugement est réformé en ce sens que: a) l'action en séparation de corps de la demanderesse est rejetée, l'action du défendeur est admise et, en conséquence, le divorce des époux W. est prononcé; b) le régime matrimonial est dissous; c) chaque partie supporte la moitié des frais et dépens. III. Il n'est pas pris de décision sur le recours de dame W., la disjonction étant ordonnée relativement à la conclusion de dame W. en paiement par le défenseur d'une pension alimentaire au sens de l'art. 152 CC et la cause étant renvoyée à cet effet au Tribunal civil du district de Lausanne pour complément d'instruction et jugement. IV. Les frais d'arrêt du recours de P. W., par 155 fr., sont mis à la charge de dame W., qui paiera en outre à P. W. des dépens de seconde instance par 200 fr. Les frais d'arrêt du recours A. W., par 155 fr., lui seront remboursés. V. Toutes autres ou plus amples conclusions sont rejetées." C.- Dame W. a recouru en réforme, en concluant comme suit: Plaise au Tribunal fédéral "réformer l'arrêt rendu le 12 octobre 1953 par la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois en tant qu'il admet partiellement le recours formé par P. W. contre le jugement du 6 mai 1952 du Tribunal civil du district de Lausanne et confirmer en BGE 80 II 5 S. 8 tous points ledit jugement, la séparation de corps et non le divorce étant prononcée entre les époux". P. W. a formé un recours joint que le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable par arrêt du 4 décembre 1953. Dans la réponse au recours de dame W., il a déclaré "ne pas s'opposer à l'annulation d'office de l'arrêt attaqué mais bien à l'allocation de frais et dépens à la recourante dans cette hypothèse. Pour le cas où le Tribunal fédéral statuerait sur le fond, il conclut avec suite de frais et dépens au rejet des conclusions du recours et à la confirmation de l'arrêt attaqué dans son dispositif, sauf dans son chiffre 3 qui doit être supprimé". Erwägungen Considérant en droit: Ainsi que le Tribunal fédéral l'a déjà relevé dans les arrêts Gartenmann (RO 77 II 18) et Leimgruber (du 6 juillet 1951), il ressort des dispositions du Code civil que le juge du divorce doit statuer par un seul et même jugement sur les conclusions en divorce, sur les effets accessoires du divorce relativement à l'attribution de la puissance paternelle et au droit aux prestations pécuniaires prévues par les art. 151 et 152 CC ainsi que sur la liquidation du régime matrimonial, une disjonction n'étant tout au plus admissible en ce qui concerne ce dernier point que dans le cas où le règlement des effets accessoires ne dépendrait pas du résultat de la liquidation dudit régime. Or il est clair qu'en se contentant de prononcer le divorce sans statuer en même temps sur le droit de la demanderesse à la pension à laquelle elle pourrait éventuellement prétendre à la suite de cette décision, le Tribunal cantonal a méconnu ce principe. C'est en vain qu'il entend justifier cette décision par l'art. 553bis al. 2 du Code de procédure civile vaudois. Cette disposition (qui ne se rapporte du reste, dans sa lettre, qu'à l'attribution des enfants et aux conséquences pécuniaires de celle-ci) ne saurait prévaloir sur une règle expressément ou implicitement consacrée par le droit fédéral. A supposer que le Code de procédure ne BGE 80 II 5 S. 9 lui reconnût pas la faculté de compléter lui-même l'instruction sur la situation financière du défendeur, ni de suspendre sa décision sur la question principale du maintien ou de la dissolution de l'union conjugale jusqu'au moment où le Tribunal de Ire instance aurait procédé à l'instruction voulue, à tout le moins devait-il alors trancher la question de la pension sur la base des éléments que lui fournissait le dossier, les parties étant censées avoir à ce moment-là déjà allégué et prouvé les faits d'où elles entendent déduire leurs droits. Quoi qu'il en soit'le Tribunal fédéral doit, comme il l'a fait dans les cas Gartenmann et Leimgruber, annuler l'arrêt attaqué, qui viole le droit fédéral, et renvoyer la cause à la Cour cantonale pour qu'elle complète son arrêt conformément aux considérants ci-dessus. Dans les arrêts précités, le Tribunal fédéral a tacitement admis la recevabilité d'un recours en réforme contre un arrêt cantonal prononçant le divorce sans statuer sur ses effets accessoires. Cette solution s'impose en effet. Sous réserve du cas où une disjonction des questions relatives à la liquidation du régime matrimonial est admissible, un jugement de divorce doit, comme on vient de le voir, trancher toutes les questions que soulève l'action en divorce. Il y a lieu en conséquence de considérer un jugement de divorce qui, en violation du droit fédéral, disjoint les décisions sur les effets accessoires, comme un jugement final incomplet, contre lequel la voie du recours en réforme doit être ouverte. S'il n'en était pas ainsi, les parties seraient empêchées de se pourvoir contre une telle disjonction. Elles pourraient même être privées de la possibilité de porter devant le Tribunal fédéral la question du maintien ou de la dissolution de l'union conjugale. Tel serait le cas si la décision sur les effets accessoires, ayant été renvoyée à l'autorité cantonale inférieure, n'était pas, ensuite, faute de recours cantonal, portée devant le Tribunal supérieur du canton. Dans cette hypothèse en effet, on se trouverait toujours, quant à l'arrêt émanant du Tribunal supérieur, BGE 80 II 5 S. 10 devant une décision partielle. Voulût-on d'ailleurs considérer cette décision comme complétée par le jugement de première instance resté sans recours qu'il en résulterait, en ce qui concerne le point de départ du délai de recours en réforme et le moment, par conséquent, où un prononcé éventuel de divorce est devenu définitif - comme aussi en ce qui concerne l'observation des art. 51, 54 et 56 OJ -, des incertitudes et des difficultés que le souci de la sécurité juridique commande d'éviter. Dispositiv Le Tribunal fédéral prononce: L'arrêt attaqué est annulé et la cause est renvoyée devant la juridiction cantonale pour nouveau jugement.
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Urteilskopf 102 Ib 365 60. Urteil vom 26. November 1976 in Sachen Z. gegen Eidgenössische Zollrekurskommission
Regeste Festsetzung umgangener Abgaben im Strafprotokoll; Verwaltungsverfahren: - Verhältnis zwischen Veranlagungsverfahren und Strafverfahren. - Rechtskraft der Veranlagung. - Formelle Anforderungen an die Verwaltungsbeschwerde und Verbesserungsverfahren ( Art. 52 VwVG ).
Sachverhalt ab Seite 365 BGE 102 Ib 365 S. 365 Z. wurde am 4. Februar 1973 auf dem Flughafen Zürich-Kloten verhaftet, weil er in den beiden Doppelböden seines Reisekoffers vier Kilogramm konzentriertes, flüssiges Cannabisharz aus dem nahen Osten mitführte und diese Ware nicht zur Zollbehandlung angemeldet hatte. Die Zollkreisdirektion II leitete gegen ihn eine Untersuchung ein, die am 26. Juni 1973 mit der Aufnahme eines Strafprotokolls endete, worin der Betrag des umgangenen Zolles und der umgangenen Warenumsatzsteuern festgehalten wurde. Z. unterzeichnete das Protokoll unter Vorbehalt einer Beschwerde an die Oberzolldirektion (OZD) betreffend Festsetzung der Warenumsatzsteuern. Am 17. Juli 1973 wandte sich Z. mit einem als "Beschwerde" BGE 102 Ib 365 S. 366 bezeichneten Schreiben an die OZD. Diese nahm dazu in einem am 23. Oktober 1973 an Z. adressierten Brief Stellung. Sie legte dar, weshalb die Steuerforderung berechtigt sei und forderte Z. auf, sofern es "sein Wille sein sollte, gegen die Steuerfestsetzung Beschwerde zu erheben und einen förmlichen Beschwerdeentscheid zu erhalten", ihr dies innert 10 Tagen mitzuteilen. Z. liess die Frist unbenützt ablaufen. Die OZD schloss aus seinem Schweigen, dass er auf eine Beschwerde gegen die Abgabenfestsetzungen verzichtet habe und diese rechtskräftig geworden sei. Das Eidg. Finanz- und Zolldepartement erliess daraufhin die Strafverfügung. Z. erhob dagegen Einsprache und verlangte gerichtliche Beurteilung. Bezirksgericht und Obergericht bestätigten in der Folge die Strafverfügung. Am 20. März 1975, d.h. am Tag, da das Obergericht sein Urteil in der Strafsache Z. fällte, erkundigte sich der Rechtsvertreter von Z. bei der OZD nach dem ausstehenden Entscheid über die von Z. bei ihr am 17. Oktober 1973 eingereichte Beschwerde. Die OZD erklärte mit Schreiben vom 4. April 1975, nachdem die Strafsache vor den ordentlichen Gerichten anhängig und damit der Kognition der Zollverwaltung entzogen sei, könne sie auf die Abgabenfestsetzung im Strafprotokoll nicht mehr zurückkommen. Die Eidg. Zollrekurskommission, an die Z. daraufhin gelangte, trat auf die Beschwerde nicht ein mit der Begründung, die Feststellung des Obergerichts, wonach eine rechtskräftige, den Richter bindende Steuerfestsetzung vorliege, sei endgültig und nicht mehr anfechtbar; mit dem Übergang des Strafverfahrens an den Richter sei die Frage nach der rechtskräftigen Abgabenfestsetzung vom Richter zu entscheiden. Gegen diesen Entscheid erhebt Z. Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die das Bundesgericht abweist, mit folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Z. hat im Verfahren vor der Zollrekurskommission verlangt, die OZD sei zu verhalten, die Beschwerde, die er am 17. Juli 1973 bei ihr eingereicht habe, zu behandeln. Die Zollrekurskommission ist auf die Beschwerde nicht eingetreten mit der Begründung, es sei gerichtlich festgestellt worden, dass die Abgabenfestsetzung durch die Zollkreisdirektion rechtskräftig sei. Mit einem derartigen Entscheid ist sie auf BGE 102 Ib 365 S. 367 das bei ihr eingelegte Rechtsmittel materiell eingetreten. Sie durfte die Beschwerde daher nicht durch einen Nichteintretensbeschluss erledigen. Zur Behandlung einer Rechtsverzögerungs- oder Rechtsverweigerungsbeschwerde gegen die OZD war die Zollrekurskommission zuständig und sie behauptet nicht, dass die Beschwerde an formellen Mängeln leide. Ob die OZD zu Recht oder Unrecht auf das Begehren des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist und ob der dafür vorgebrachte Grund rechtsgenüglich war, gehört zur materiellen Beurteilung der Sache und beschlägt nicht eine Eintretensvoraussetzung. Da die Zollrekurskommission in der Entscheidbegründung materiell tatsächlich auf die Beschwerde eingetreten ist, kann davon ausgegangen werden, sie habe die Beschwerde abgewiesen. Damit entfällt der Vorwurf der Rechtsverweigerung und der Verletzung des rechtlichen Gehörs. 2. Auf den 1. Juli 1975 ist das Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) in Kraft getreten. Es hob u.a. die Art. 90-100 des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 (ZG) auf, ebenso die Absätze 1 und 3 von Art. 101 ZG , welche die Zollzahlung betreffen. Art. 101 Abs. 3 ZG hatte bestimmt, dass vorgängig der administrativen Strafverfügung wegen Bannbruchs die Festsetzung des geschuldeten Betrages durch die Zollbehörde stattfinde. Hiegegen konnte Beschwerde geführt werden; der rechtskräftig gewordene Zollansatz hatte als Grundlage für die administrative und, im Weiterzugsfall, die richterliche Strafbemessung zu dienen. Das Strafverfahren wickelte sich nach den Regeln der Art. 293ff. BStP ab. Dabei bildete der umgangene Zollbetrag die Grundlage für die Strafzumessung und musste daher grundsätzlich vorweg, d.h. vor Erlass der Strafverfügung, ermittelt werden. Das gleiche galt hinsichtlich der Umgehung der Warenumsatzsteuer ( Art. 52 Abs. 1 WUStB ). Art. 101 Abs. 3 ZG ist ersetzt worden durch Art. 73 Abs. 1 und 77 Abs. 4 VStrR. Art. 106 VStrR schreibt aber vor, dass Strafverfahren, in denen die Strafverfügung der Verwaltung nach Art. 293 oder Art. 324 BStP vor dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften ergangen ist, nach bisherigem Recht fortgesetzt werden. Die administrative Strafverfügung gegen Z. ist am 28. November erlassen und am 11. Dezember 1973 eröffnet worden. Das Strafverfahren ist daher nach altem Verfahrensrecht fortzusetzen. Das bedingt, dass auch die Bestimmungen BGE 102 Ib 365 S. 368 des bisherigen Rechts in bezug auf die Zollfestsetzung bzw. Festsetzung der geschuldeten Warenumsatzsteuern und das gegenseitige Verhältnis zwischen dem Verfahren betreffend Festsetzung der Abgaben und dem Zollstrafverfahren beachtet werden müssen. 3. Im alten und hier an sich anwendbaren Recht unterscheidet Art. 101 ZG deutlich zwischen dem Verfahren zur Festsetzung des geschuldeten Abgabebetrages und der administrativen und richterlichen Strafbemessung ( BGE 88 IV 91 E. 2a). Die Abgabenfestsetzung durch die zuständige Zollbehörde geht der administrativen Strafverfügung und einem allfälligen gerichtlichen Verfahren zur Festsetzung der Strafe für den Bannbruch voraus, wobei der rechtskräftig gewordene Abgabebetrag als Grundlage für die administrative und die richterliche Strafbemessung zu dienen hat. Art. 305 Abs. 1 BStP bestimmte ferner, das Strafverfahren sei durch die Gerichte einzustellen, bis das Verwaltungsgericht - und dazu gehört auch die Zollrekurskommission ( BGE 88 IV 94 E. 3) - über die Leistungspflicht entschieden habe, wenn diese bei ihm angefochten worden sei. Art. 124 der Vollziehungsverordnung zum ZG vom 10. Juli 1926 gestattete nämlich, die Strafverfügung auch zu erlassen, wenn gegen die Zollfestsetzung Beschwerde erhoben worden war, so dass es vorkommen konnte, dass über die Abgabenfestsetzung noch nicht rechtskräftig entschieden und dennoch das Strafverfahren bei den Gerichten anhängig war (vgl. auch Art. 299 BStP ). Die Verordnungsvorschrift wurde im Zuge des Erlasses des VStrR aufgehoben und ersetzt. Auch nach neuem Recht ist die Zuständigkeit nicht wesentlich anders geordnet; das Verfahren zur Festsetzung des geschuldeten Abgabebetrages und das Strafverfahren sind voneinander getrennt. Ein Antrag, die Gerichte im Strafverfahren vorfrageweise auch über die Rechtsbeständigkeit der Abgabenforderung entscheiden zu lassen, blieb in den parlamentarischen Verhandlungen in der Minderheit (Amtl. Bull. 1973 N I 492). Eine Änderung trat nur in dem Sinne ein, dass den Gerichten bei offensichtlicher Unrichtigkeit der Abgabenfestsetzung die Möglichkeit eingeräumt wird, die Akten an die Verwaltungsbehörden zurückzuweisen, offenbar in der Meinung, diese hätten aufgrund des gerichtlichen Urteils in dessen Sinn neu zu verfügen. Hat jedoch ein Verwaltungsgericht die BGE 102 Ib 365 S. 369 geschuldete Abgabe festgesetzt, muss der Strafrichter die rechtskräftig festgesetzte Abgabe seiner Strafzumessung zugrundelegen. Aufgrund dieser Ordnung ergibt sich, dass die Zuständigkeit zur Festsetzung der Abgabe nicht einfach an die Gerichte übergeht, wenn diese im Strafverfahren die Strafe nach Massgabe des umgangenen Abgabebetrages festzusetzen haben. Nach wie vor bleiben die Verwaltungs- bzw. die Verwaltungsrechtspflegebehörden dafür zuständig. 4. Im hier zu beurteilenden Zusammenhang handelt es sich nicht um die Festsetzung des Abgabenbetrages, sondern um die Frage, ob dieser (hier durch das Strafprotokoll vom 26. Juni 1973) rechtskräftig ermittelt worden sei. Die Frage, ob die geschuldeten Abgaben rechtskräftig festgesetzt sind, ist für den Strafrichter verfahrensrechtlich von Bedeutung. Falls die Rechtskraft nicht eingetreten ist, hat er seinen Entscheid bis zur rechtskräftigen Erledigung durch die zuständigen Behörden auszusetzen. Der Strafrichter hat also vorweg darüber zu befinden, ob der Zoll (allenfalls die Warenumsatzsteuer) rechtskräftig festgesetzt worden ist oder nicht. Der Entscheid darüber betrifft jedoch für ihn nur eine Vorfrage; es handelt sich allenfalls um einen Zwischenentscheid, der für das Verfahren der Abgabenermittlung keine Bedeutung hat. Zur vorfrageweisen Beurteilung von Rechtsfragen, deren Beantwortung an sich in die Zuständigkeit einer andern Behörde fällt, ist nach schweizerischer Auffassung der Richter berechtigt, wenn ihm diese Befugnis nicht - wie gerade in bezug auf die Abgabenfestsetzung - ausdrücklich entzogen ist ( BGE 98 Ia 120 ; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 93; IMBODEN-RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Nr. 142 I). Die vorfrageweise Entscheidung schafft jedoch nicht Recht in der Hauptsache ( BGE 88 I 9 mit Hinweisen). Sie kommt denn auch im Dispositiv des richterlichen Urteils in der Regel nicht zum Ausdruck. Für die Administrativbehörden ist sie nicht verbindlich und entbindet diese auch nicht davon, die Frage der Rechtskraft selbständig zu beurteilen, sofern das erforderlich wird. Die mit der Festsetzung der Abgabe zuständigkeitshalber befassten Behörden können deshalb die Überprüfung, ob ihre Verfügung rechtskräftig geworden sei, nicht mit der Begründung ablehnen, der Strafrichter habe die Rechtskraft anerkannt. Behauptet der Pflichtige im BGE 102 Ib 365 S. 370 Beschwerdeverfahren, die Abgabe sei nicht rechtskräftig festgesetzt und es stehe ihm der Rechtsmittelweg noch offen, haben sich die mit der Veranlagung befassten Behörden mit dem Einwand auseinanderzusetzen und dürfen nicht auf das Urteil im Strafverfahren verweisen, mögen sie sich möglicherweise auch der im Strafurteil enthaltenen Begründung, weshalb die Rechtskraft eingetreten sei, anschliessen. Welche Folgen für das rechtskräftige gerichtliche Urteil eintreten, wenn der Strafrichter die Rechtskraft bejaht und die Administrativjustiz sie verneint, braucht hier nicht geprüft zu werden; aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt sich nämlich, dass die Veranlagungsverfügung im Strafprotokoll vom 26. Juni 1973 mangels formrichtiger Beschwerde an die OZD rechtskräftig geworden ist. 5. Auf das Beschwerdeverfahren vor den Zollbehörden finden seit dem 1. Juni 1973 gemäss dem revidierten Art. 109 ZG (in der Fassung vom 6. Oktober 1972) die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG) Anwendung (die Art. 110-116 ZG wurden damals aufgehoben). Über den Eintritt der formellen Rechtskraft von Verfügungen enthält das Gesetz selber keine Bestimmungen. Doch lassen sich dem Art. 39 VwVG gewisse Grundsätze entnehmen. Nach Lehre und Rechtsprechung wird eine Verfügung rechtskräftig u.a. mit dem unbenutzten Ablauf einer allfälligen Rechtsmittelfrist, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt (GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, 2. Aufl., S. 162f.). Die Rechtskraft fällt nachträglich dahin, wenn die Beschwerdefrist (wie nach Art. 24 VwVG ) wieder hergestellt wird. Im weitern kann die Rechtskraft in Abgabesachen eintreten mit der Anerkennung der Abgabepflicht und des Abgabebetrages. 6. Z. hat am 26. Juni 1973 ein Strafprotokoll unterzeichnet. In ihm war auf der ersten Seite der Betrag des umgangenen Zolles mit Fr. -.96, derjenige der umgangenen Warenumsatzsteuern mit Fr. 15'000.-- angegeben. Z. unterzeichnete dieses Protokoll auf der ersten Seite. Auf einem Einlageblatt wurden der Tatbestand, die Berechnung der umgangenen Abgaben sowie die Verfehlungen im einzelnen angeführt. Am Schluss steht der Vermerk: "Herr Z. hat dieses Protokoll selbst gelesen und anerkennt den darin festgehaltenen Tatbestand als richtig." Z. unterzeichnete auch dieses Einlageblatt. BGE 102 Ib 365 S. 371 Blatt 1 des Strafprotokolls enthält vorgedruckt die Rechtsmittelbelehrung, dass gegen die Festsetzung des umgangenen Zolles und der umgangenen Warenumsatzsteuern innert 30 Tagen bei der OZD Beschwerde erhoben werden kann. Am 17. Juli 1973 liess Z. der OZD ein Schreiben zugehen, das er mit "Beschwerde" überschrieb und das folgenden Wortlaut hat: "Betrifft: Beschwerde (Akten Nr. p 22.15.73 ZGR.) (Strafprotokoll Nr. 2891.) Folgende Beschuldigungen liegen vor: - ein Vergehen im Sinne des BG über das Zollwesen vom 1.10.1925; - eine Übertretung des Bundesbeschlusses vom 29.7.1941 betr. die WUST. Zu Absatz 1 ist folgendes zu sagen: Da zu befürchten war, dass das deklarierte Haschisch unverzüglich der Polizei gemeldet wird, musste ich von einer Deklaration absehen. Mein Demokratiebewusstsein toleriert keine staatlichen Eingriffe in die Intimsphäre des Bürgers, solange Drittpersonen unbehelligt bleiben vom Verhalten des Betreffenden. Zu Absatz 2: Warenumsatzsteuer wird meines Wissens nur beim Umsetzen der Ware erhoben. Da ich nie daran gedacht habe, die erwähnte Ware umzusetzen, sondern Konsument bin, erweist sich auch die zweite Anschuldigung als nichtig. Hochachtungsvoll grüsst Sie Z." Diese Eingabe genügte den Anforderungen, welche das Bundesverwaltungsverfahrensrecht an Inhalt und Form einer Beschwerdeschrift stellt, offensichtlich nicht. Nach Art. 52 VwVG hat nämlich die Beschwerdeschrift die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat. Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 17. Juli 1973 enthielt - trotz Betitelung als Beschwerde - kein Begehren; Z. nahm darin Stellung zu den ihm im Strafprotokoll zur Last gelegten Widerhandlungen gegen die Eidg. Zoll- und Steuergesetzgebung und rechtfertigte sein Verhalten. Aus seiner Eingabe konnte die OZD nicht unmissverständlich erkennen, in welcher Richtung die angefochtene Verfügung zu überprüfen war, BGE 102 Ib 365 S. 372 verlangte doch Z. weder ausdrücklich noch sinngemäss deren Aufhebung oder Änderung. Verfahrensrechtlich kann Z. daher vorgeworfen werden, dass er im Schreiben vom 17. Juli 1973 die beantragte Rechtsfolge und damit den Streitgegenstand nicht bestimmt hat, was nach Art. 52 VwVG Verfahrenspflicht des Beschwerdeführers ist. Unter diesen Umständen war die Frage, die sich die OZD gestellt hat, nämlich, ob im Schreiben vom 17. Juli 1973 überhaupt eine Beschwerde im Sinne der Art. 44ff. VwVG erblickt werden könne, durchaus gerechtfertigt. Wenn auch im Verwaltungsverfahren hinsichtlich Form und Inhalt einer Beschwerde keine hohen Anforderungen gestellt werden und die Einhaltung von Formvorschriften nicht nach strengen Massstäben beurteilt wird, muss vom Rechtsuchenden doch ein Mindestmass an Sorgfalt in der Beschwerdeführung verlangt werden. Soll einer Eingabe nämlich die Wirkung zukommen, dass sie den Eintritt der Rechtskraft hemmt und die Vollstreckung aufschiebt ( Art. 55 Abs. 1 VwVG ), hat der Beschwerdeführer erkenntlich seinen Willen um Änderung der ihn betreffenden Rechtslage zum Ausdruck zu bringen. Dies hat Z. unterlassen. Der OZD standen zwei Wege offen, um das Verfahren ordnungsgemäss weiterzuführen bzw. abzuschliessen: War sie der Ansicht, es liege keine Beschwerde vor, hatte sie dies in einem Nichteintretensentscheid förmlich festzustellen; bejahte sie aber das Vorliegen einer Beschwerde, die den formellen Anforderungen des Art. 52 VwVG nicht genügte, hatte sie das in den Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung vorgesehene Verbesserungsverfahren einzuleiten. Die OZD wählte einen dritten, im Gesetz nicht vorgesehenen Weg: Sie belehrte Z. in einem Brief über die konkrete Rechtslage und bat ihn, innert 10 Tagen mitzuteilen, ob es sein Wille sei, gegen die Steuerfestsetzung Beschwerde zu erheben und einen förmlichen Beschwerdeentscheid zu erhalten. Wenngleich das Gesetz ein solches Verfahren nicht vorsieht (aber auch nicht ausschliesst), so hat die OZD damit immerhin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Eingabe von Z., wenn sie überhaupt als Beschwerde betrachtet werden konnte, zumindest mangelhaft und daher verbesserungsbedürftig war, und dass sie innert 10 Tagen verbessert werden musste, sofern die Sache einer materiellen Beurteilung unterzogen werden sollte. Unzweckmässig war dagegen die Annahme der OZD, Stillschweigen des Beschwerdeführers BGE 102 Ib 365 S. 373 bedeute Verzicht auf das Rechtsmittel und es bedürfe dann keines förmlichen Entscheides mehr, der die Sache abschliesse. Wohl mag es nämlich in Fällen, in denen nicht klar ist, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Beschwerde führen oder sich bloss in einer ihn betreffenden Sache äussern will, zweckmässig sein, diesen zur Verdeutlichung seiner Absichten aufzufordern, um einen unnötigen Leerlauf zu vermeiden und ihm allenfalls Kosten zu ersparen. Es widerspricht aber einem ordnungsgemäss geführten Verwaltungsverfahren, im Falle, da der "Beschwerdeführer" auf eine entsprechende Aufforderung hin nicht reagiert, das Verfahren nicht durch einen Nichteintretensentscheid wegen fehlender Begehren und Begründung ( Art. 52 Abs. 3 VwVG ) abzuschliessen. Denn erst ein solcher Entscheid schafft klare Rechtsverhältnisse, namentlich im Hinblick auf die Rechtskraft des Erstentscheides. Der Beschwerdeführer erklärt, er sei während des 10tägigen Fristenlaufes im Ausland gewesen und das Schreiben sei ihm bei seiner Rückkehr von der Person, die es in Empfang genommen habe, nicht ausgehändigt worden. Er reagierte auf die Erklärungsaufforderung aber selbst dann nicht, als er nachträglich davon Kenntnis erhielt. In der beinahe 17 Monate später von seinem Anwalt eingereichten Aufforderung an die OZD, es sei die Beschwerde zu behandeln, unterliess er es erneut, konkrete materielle Rechtsbegehren zu stellen. Die OZD war unter diesen Umständen nicht mehr verpflichtet, dem Beschwerdeführer im Anschluss an das Schreiben seines Anwalts vom 20. März 1975 eine neue Frist zur Beschwerdeverbesserung einzuräumen. Sie durfte im Schreiben vom 4. April 1975 auf Nichteintreten erkennen. Dies tat sie - allerdings mit anderer Begründung. Nicht weil die Sache durch den Übergang auf die Gerichte der Kognition der Verwaltungs- bzw. Verwaltungsrechtspflegebehörden entzogen war, sondern weil die Verwaltungsbeschwerde die formellen Eintretensvoraussetzungen nach Massgabe des Art. 52 VwVG nicht erfüllte, konnte und durfte sich die OZD mit der Sache nicht mehr befassen. Demnach hätte sich auch die anschliessend angegangene Zollrekurskommission einzig mit der prozessualen Frage des Eintretens nach Art. 52 VwVG befassen und aus formellen Gründen die Beschwerde abweisen sollen. Die unrichtige Begründung der Vorinstanzen ändert aber BGE 102 Ib 365 S. 374 nichts daran, dass die OZD auf die bei ihr eingereichte Beschwerde mangels Verbesserung nicht mehr eintreten musste. Das Begehren um materielle Beurteilung von Rechtsbegehren, die formell nie rechtsgenüglich gestellt worden sind, stösst somit ins Leere. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als unbegründet; sie ist daher abzuweisen.
public_law
nan
de
1,976
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
ea50aab8-2228-4bf1-90a6-d09739db5be5
Urteilskopf 109 V 25 5. Auszug aus dem Urteil vom 28. März 1983 i.S. Lengacher gegen Ausgleichskasse des Kantons Obwalden und Kantonale Rekurskommission für Sozialversicherung, Sarnen
Regeste Art. 28 Abs. 2 IVG . Rentenanspruch einer für die "Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler in aller Welt" als Fussstickerin arbeitenden Schwerstinvaliden: - Das von der Versicherten erzielte Einkommen ist als Erwerbseinkommen i.S. von Art. 28 Abs. 2 IVG zu qualifizieren (Erw. 3b). - Zumutbarkeit der Tätigkeit als Fussstickerin i.c. bejaht (Erw. 3c). - Zum gesamten, für die Versicherte in Frage kommenden Arbeitsmarkt gehört auch die "Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler in aller Welt" (Erw. 3d).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 109 V 25 S. 26 A.- Die 1940 geborene Versicherte leidet seit Geburt an einer kongenitalen cerebralen Lähmung und an beidseitiger hochgradiger Schallperzeptionsstörung. Sie ist an den Fahrstuhl gebunden. Die Schulausbildung konnte sie an der Privatschule für Behinderte "Kronbühl" in St. Gallen absolvieren. Seither betätigt sie sich als Kunststickerin, indem sie mit Hilfe der Füsse Jutetücher zu selbstentworfenen Bildteppichen verarbeitet. Die Versicherte ist Mitglied der "Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler in aller Welt", eines nach liechtensteinischem Recht konstituierten Vereins mit Sitz in Vaduz. Von diesem bezieht sie ein festes Honorar von monatlich Fr. 2'500.-- und verpflichtet sich dafür, die Urheberrechte an sämtlichen von ihr geschaffenen Werken dem Verein zur kommerziellen Auswertung zu überlassen. Mit Verfügung vom 16. November 1981 lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Obwalden die Ausrichtung einer Rente ab, weil der Invaliditätsgrad weniger als einen Drittel betrage. B.- Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies die Kantonale Rekurskommission für Sozialversicherung Obwalden mit Entscheid vom 2. Juni 1982 ab. C.- Die Versicherte lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei ihr eine Invalidenrente auszurichten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Verwaltung und Vorinstanz gingen bei der Bemessung des Invaliditätsgrades von der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs aus. Sie stützten sich dabei auf die Angaben der Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler vom 5. Mai 1981, wonach die Beschwerdeführerin bis Ende Februar 1981 einen Jahresverdienst von Fr. 25'200.-- und ab 1. März 1981 einen solchen von Fr. 30'000.-- erzielt hat. Diesem als massgebendes Invalideneinkommen betrachteten Verdienst setzten sie das nach Art. 26 Abs. 1 IVV für die Beschwerdeführerin zu berechnende Einkommen ohne Invalidität von Fr. 32'000.-- gegenüber und BGE 109 V 25 S. 27 errechneten so ab 1. März 1981 einen Invaliditätsgrad von 6%. b) Die Beschwerdeführerin wendet ein, es dürfe nicht auf ihren Verdienst bei der Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler abgestellt werden, da das von ihr dort erzielte Einkommen nicht als Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 28 Abs. 2 IVG zu betrachten sei. Sie erhalte das ihr von der Vereinigung ausgerichtete Honorar nämlich in erster Linie wegen ihres Gesundheitsschadens und nicht wegen der erbrachten Arbeitsleistung, die eigentlich nur dem Bedürfnis nach einer Betätigung der noch vorhandenen Talente entspringe. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Aus den Statuten der Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler (in der seit 27. März 1981 geltenden Fassung) geht hervor, dass den Vereinsmitgliedern eine existenzsichernde Auswertung ihrer Werke durch Ausrichtung monatlicher Honorare oder durch Gewährung von Stipendien ermöglicht werden soll. Zu diesem Zwecke bemüht sich die Vereinigung, alle mund- und fussmalenden Künstler zum Beitritt zu bewegen und an geeignete Verleger heranzutreten, um die kommerzielle Auswertung ihrer Werke sicherzustellen. Die Mitglieder haben ihre Werke ausschliesslich der Vereinigung oder den mit ihr vertraglich verbundenen Verlegern einzureichen und die Urheberrechte an den Werken der Vereinigung zu überlassen. Bei diesen Gegebenheiten ist das der Beschwerdeführerin von der Vereinigung ausgerichtete Honorar als Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 28 Abs. 2 IVG zu qualifizieren. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass die Vereinigung die Invalidität der Mitglieder zu Reklamezwecken kommerziell auswertet, wie dies auch bei andern Institutionen für Benachteiligte der Fall ist. Unerheblich ist ferner, dass sich die eigentliche Leistung einzelner Mitglieder möglicherweise - d.h. bei Ablieferung von nur sehr wenigen Werken - zu einem grossen Teil in der Reklamewirkung erschöpft. Im übrigen sind die von den Vereinsmitgliedern bezogenen Entschädigungen insofern auch von der erbrachten Arbeitsleistung abhängig, als die Vereinigung nach Massgabe der künstlerischen Qualität sowie des Umfangs der abgelieferten Werke Sondervergütungen ausrichten und Zusatzprämien bewilligen kann. c) Die Beschwerdeführerin macht sodann sinngemäss geltend, die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Fussstickerin sei nicht zumutbar, weil sie nur auf eine unübliche, nicht den "gewohnten Verhaltensweisen" entsprechende Art und Weise verrichtet werden könne. BGE 109 V 25 S. 28 Dazu ist zu bemerken, dass das Mass dessen, was einem Versicherten an Erwerbstätigkeit noch zugemutet werden kann, sich nach den besonderen persönlichen Verhältnissen des Invaliden einerseits und nach den allgemein herrschenden Anschauungen anderseits richtet. Für die Beurteilung dessen, was als noch zumutbar zu gelten hat, ist letztlich aber insofern das objektive Mass des Zumutbaren massgebend, als es nicht auf eine bloss subjektiv ablehnende Bewertung der fraglichen Erwerbstätigkeit durch den Versicherten ankommt (vgl. ZAK 1982 S. 495 Erw. 3, 1976 S. 279 Erw. 3b mit Hinweisen; vgl. auch Rz. 64 ff. der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über Invalidität und Hilflosigkeit, gültig ab 1. Januar 1979). Aufgrund der persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin ist die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Fussstickerin zumutbar, weil sie dazu effektiv in der Lage ist und weil diese Beschäftigung für sie nicht nur in materieller Hinsicht, sondern anerkanntermassen auch in persönlicher Hinsicht einen hohen Wert darstellt. Die Zumutbarkeit ist aber auch aus objektiver Sicht zu bejahen, weil diese Art der Bewältigung eines schweren Gesundheitsschadens von der Allgemeinheit nicht als erniedrigend empfunden, sondern im Gegenteil als besonders wertvolle Leistung anerkannt wird. Aus diesem Grunde vermag der Hinweis der Beschwerdeführerin auf BGE 106 V 158 Erw. 2b zu keinem andern Ergebnis zu führen. In jenem Urteil hat das Eidg. Versicherungsgericht erkannt, dass ein Versicherter bei der Beurteilung der Frage schwerer Hilflosigkeit dann einer Lebensverrichtung nicht als fähig gelte, wenn er sie nur auf eine nichtübliche Weise - d.h. Essen mit den blossen Fingern - vorzunehmen vermöge. Indessen kann dieser Fall nicht mit dem vorliegenden verglichen werden, weil die Nahrungsaufnahme, die anstatt mit dem üblicherweise verwendeten Besteck mit den blossen Fingern erfolgt, allgemein als unästhetisch und menschenunwürdig empfunden wird, wogegen die invaliditätshalber mit dem Mund oder mit den Füssen ausgeübte handwerkliche oder künstlerische Betätigung von der Allgemeinheit positiv gewürdigt wird. Die Beschwerdeführerin vermag somit aus dem zitierten Urteil nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. d) Die Beschwerdeführerin vertritt weiter die Auffassung, sie vermöchte das von der Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler bezogene Einkommen anderweitig nicht zu erzielen, weshalb sie auf dem freien Arbeitsmarkt nicht vermittlungsfähig sei. Bei der Vereinigung handle es sich um eine Wohltätigkeitsgesellschaft, BGE 109 V 25 S. 29 die nur als "einzelnes Arbeitsangebot" und nicht als "ausgeglichener Arbeitsmarkt" betrachtet werden könne. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind diese Umstände nicht entscheidend. Auszugehen ist vom Begriff der Erwerbsunfähigkeit, der das Unvermögen darstellt, auf dem gesamten für den Versicherten in Frage kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt die verbliebene Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise wirtschaftlich zu verwerten (ZAK 1980 S. 159). Zum gesamten für die Beschwerdeführerin in Frage kommenden Arbeitsmarkt gehört aber auch die Vereinigung der mund- und fussmalenden Künstler. Wenn eine solche Institution geschaffen wurde, um invaliden Künstlern aus aller Welt eine Erwerbsmöglichkeit unter Anpassung an ihre Behinderung zu verschaffen, dann gehört auch diese Institution zum gesamten, für den Invaliden in Betracht fallenden Arbeitsmarkt. Das von der Vereinigung bezogene Einkommen stellt daher massgebliches Invalideneinkommen dar, das im vorliegenden Fall zu Recht mit dem nach Art. 26 Abs. 1 IVV ermittelten Einkommen ohne Invalidität verglichen worden ist. Dieser Vergleich ergibt bei der Beschwerdeführerin keine Invalidität von mindestens einem Drittel, weshalb ihr keine Rente der Invalidenversicherung zusteht. An diesem Ergebnis ändert auch der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin arbeitslosenversicherungsrechtlich kaum als vermittlungsfähig gelten könnte. Denn nach geltendem Recht sind die Invalidenversicherung und die Arbeitslosenversicherung nicht in dem Sinne komplementäre Versicherungszweige, dass der vom Erwerbsleben ausgeschlossene Versicherte sich in jedem Fall entweder auf Invalidität oder aber auf Arbeitslosigkeit berufen könnte. Wer trotz eines schweren Gesundheitsschadens invalidenversicherungsrechtlich nicht in rentenbegründendem Masse erwerbsunfähig (invalid) ist, kann gleichwohl arbeitslosenversicherungsrechtlich gesehen vermittlungsunfähig sein (vgl. Art. 24 Abs. 2 lit. c, Art. 26 Abs. 1 AlVG und Art. 16 AlVV ). Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ea527e1a-61b7-4e15-8051-d0141ae775e7
Urteilskopf 105 IV 64 16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. März 1979 i. S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 91 Abs. 3 SVG . Vereitelung der Blutprobe. Auch der völlig Nüchterne muss je nach den Umständen damit rechnen, dass ihm eine Blutprobe entnommen wird, sei es auch nur zur Ausschaltung eines Verdachts auf Trunkenheit.
Sachverhalt ab Seite 64 BGE 105 IV 64 S. 64 A.- Am 26. Juli 1977 ca. um 4 Uhr früh stiess B. in Zürich bei der Einmündung der Zürichbergstrasse/Kantonsschulstrasse in die Rämistrasse mit seinem Personenwagen gegen eine Verkehrsinsel, BGE 105 IV 64 S. 65 kam ins Schleudern und prallte gegen einen Pfosten mit einer Rotlichtkamera, der umstürzte. Nach kurzem Halt fuhr er zu seiner Freundin an die Murwiesenstrasse in Zürich, ohne die Polizei zu benachrichtigen. Von 21.00 Uhr bis 02.00 Uhr hatte er 4 kleine Fläschchen Bier getrunken. B.- Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte B. am 26. Oktober 1978 der Vereitelung einer Blutprobe, der Verletzung von Verkehrsregeln und des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall schuldig und büsste ihn mit Fr. 800.-. C.- B. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Rückweisung der Sache an das Obergericht zur Freisprechung von der Anklage der Vereitelung einer Blutprobe. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, wer bestimmt wisse, dass er nüchtern sei, könne nicht wegen Vereitelung der Blutprobe strafbar werden, da von vorneherein deren negatives Ergebnis feststehe. Er beruft sich hiefür auf SCHULTZ (Die strafrechtliche Rechtsprechung zum SVG 1968-1972, S. 175). Der Beschwerdeführer habe so wenig Alkohol so lange vor dem Unfall genossen, dass er mit Sicherheit nüchtern gewesen sei. Wie auch die Vorinstanz festhält, geht Schultz davon aus, der vollständig Nüchterne werde kaum je mit einer Blutprobe rechnen müssen und deshalb möglicherweise den Tatbestand nicht erfüllen können. Die Überlegung ist nicht schlüssig. Die Umstände des Falles können für sich allein schon so liegen, dass die Polizei zunächst Verdacht auf Angetrunkenheit des Fahrers schöpfen wird. Das trifft besonders in einem Fall wie dem hier zu beurteilenden zu, wo ohne irgend einen anderen erkennbaren Anlass ein Autofahrer nach Mitternacht in der Stadt gegen eine Verkehrsinsel stösst, ins Schleudern gerät und nachher noch einen Pfosten umfährt. Neben kurzfristigem Einnicken und einem Unwohlsein wird hier in erster Linie Alkoholisierung als mögliche Ursache des Fehlverhaltens zu vermuten sein. Auch der völlig Nüchterne muss in einem solchen Fall damit rechnen, dass ihm eine Blutprobe entnommen wird, sei es auch nur zur Ausschaltung eines Verdachts auf Trunkenheit. Selbst wenn im Sinne der von Schultz geäusserten Zweifel der subjektive Tatbestand bei völlig Nüchternen in der Regel verneint würde, könnte dies jedenfalls nicht für Verkehrsteilnehmer BGE 105 IV 64 S. 66 wie den Beschwerdeführer gelten. Wer wie er in der Zeit zwischen 21.00 und 02.00 Uhr mindestens 1,2 Liter Bier getrunken hat und ca. 04.00 Uhr in der Stadt einen derartigen Unfall verursacht, der hat keineswegs die absolute Gewissheit, nicht unter Alkoholeinfluss zu stehen. Dies auch dann, wenn er die in der Beschwerde vorgetragenen Kenntnisse über die Alkoholresorptions- und -abbauzeiten besitzt. Dabei kann es auch nicht darauf ankommen, ob das letzte Quantum Bier ca. um 02.00 Uhr oder etwas später getrunken wurde. Überdies musste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass man seine Angabe über die Menge genossenen Alkohols nicht einfach glauben, sondern sie durch Blutprobe überprüfen werde.
null
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de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ea52fc7d-3ca2-41c2-bddc-5471963873bd
Urteilskopf 123 V 35 7. Extrait de l'arrêt du 25 février 1997 dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre E. et C. F. et Tribunal cantonal des assurances, Sion
Regeste Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG : Ertrag aus Verzichtsvermögen. Mit einem Vermögen, auf das verzichtet worden ist (in casu durch die Gewährung eines Erbvorbezugs), hätte ein Ertrag erzielt werden können, der im Rahmen der Festsetzung des anrechenbaren Einkommens Berücksichtigung finden muss; daran ändert nichts, dass es sich um Vermögenswerte handelt, die wenig oder gar keinen Ertrag abwerfen, denn der Versicherte hätte diese auch zum Verkehrswert veräussern und mit dem Verkaufserlös einen Ertrag erwirtschaften können.
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 123 V 35 S. 35 A.- Les époux E. et C. F., nés respectivement en 1900 et 1905, sont tous deux entrés dans un home pour personnes âgées en novembre 1992. Le mari a été mis au bénéfice d'une prestation complémentaire à sa rente pour couple avec effet au 1er décembre 1992. BGE 123 V 35 S. 36 Par acte authentique du 22 octobre 1994, les époux ont fait don à leurs deux enfants, à titre d'avancement d'hoirie, de divers biens immobiliers (plusieurs parcelles de terrain et un appartement avec dépendance). La valeur vénale de ces biens était estimée à 260'323 francs. Ayant eu connaissance de ce fait, la Caisse cantonale valaisanne de compensation a procédé à un nouveau calcul de la prestation complémentaire à partir du 1er mai 1995. Au titre de revenus, elle a tenu compte des éléments suivants: a. Une rente pour couple de 23'820 francs par an; b. Un montant de 22'032 francs représentant le dixième de la fortune nette de 220'323 francs dont les époux s'étaient dessaisis (soit 260'323 francs moins le montant de la franchise légale de 40'000 francs); c. Un intérêt de 3,5 pour cent au titre de rendement hypothétique de la fortune dessaisie, soit 9'111 francs. Compte tenu des dépenses occasionnées par le séjour des assurés dans un home, il en résultait une prestation complémentaire mensuelle de 629 francs, au lieu de la somme de 1'284 francs allouée précédemment. La caisse a rendu une décision dans ce sens en date du 5 avril 1995. B.- E. F. a recouru contre cette décision en contestant la prise en compte d'un rendement de la fortune dessaisie. Par jugement du 14 décembre 1995, le Tribunal des assurances du canton du Valais a partiellement admis le recours. Il a annulé la décision litigieuse et renvoyé la cause à l'administration pour complément d'instruction et nouvelle décision au sens des motifs. Les premiers juges ont considéré qu'il n'était pas établi que les époux F. eussent vendu leurs biens s'ils ne les avaient pas donnés à leurs enfants à titre d'avancement d'hoirie. On ne saurait donc tenir compte d'un intérêt hypothétique sur le produit d'une vente fictive. Il convenait, bien plutôt, de se demander si un rendement pouvait, concrètement, être retiré des biens en question. La caisse était dès lors invitée à éclaircir ce point avant de statuer à nouveau. C.- L'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) interjette un recours de droit administratif en concluant à l'annulation de ce jugement et au renvoi de la cause à la caisse de compensation pour nouvelle décision. E. et C. F. concluent au rejet du recours. BGE 123 V 35 S. 37 Erwägungen Extrait des considérants: 1. Selon l' art. 3 al. 1 let . f LPC, le revenu déterminant comprend les ressources et parts de fortune dont un ayant droit s'est dessaisi. Pour les bénéficiaires de rentes de vieillesse, un dixième du montant de cette fortune est pris en compte lors du calcul du revenu déterminant, après déduction d'une franchise qui s'élève, pour les couples, à 40'000 francs ( art. 3 al. 1 let. b LPC ). On parle de dessaisissement au sens de l' art. 3 al. 1 let . f LPC, lorsque l'assuré renonce à une part de fortune sans obligation légale et sans contre-prestation adéquate, lorsqu'il a droit à certains éléments de revenu ou de fortune mais n'en fait pas usage ou s'abstient de faire valoir ses prétentions, ou encore lorsqu'il renonce à exercer une activité lucrative possible pour des raisons dont il est seul responsable (VSI 1994 p. 291, consid. 2b non publié aux ATF 120 V 182 ). En l'espèce, l'avancement d'hoirie consenti par les intimés en faveur de leurs enfants constitue indéniablement une cession à titre gratuit qui tombe sous le coup de cette disposition. Conformément à l' art. 17 al. 4 OPC-AVS/AI , la fortune immobilière doit être prise en compte à la valeur vénale lorsque l'immeuble ne sert pas d'habitation au requérant ou à une personne comprise dans le calcul de la prestation complémentaire. Dans le cas particulier, la valeur vénale des immeubles en question a été fixée par la Commission communale de taxation à 260'323 francs. C'est ce montant qui a été retenu comme valeur de la fortune dessaisie et porté en compte (après déduction du montant de 40'000 francs) à raison d'un dixième dans le calcul du revenu déterminant. Les premiers juges, avec raison, n'ont pas remis en cause ce point de la décision de la caisse, qui n'était au demeurant pas contesté par l'assuré. 2. Est litigieuse, en revanche, la prise en considération, dans le calcul du revenu déterminant, d'un rendement hypothétique de la fortune dessaisie. a) La part de fortune dont un assuré s'est dessaisi est censée produire un revenu qui doit aussi être porté en compte lors du calcul du revenu déterminant. Selon la jurisprudence, ce rendement hypothétique équivaut au taux d'intérêt moyen sur les dépôts d'épargne servi par l'ensemble des banques au cours de l'année précédant celle de l'octroi de la prestation complémentaire. Pour déterminer ce taux, l'on se fonde sur les données figurant dans l'Annuaire statistique de la Suisse, qui prend pour base le taux appliqué dans chaque banque ( ATF 120 V 186 consid. 4e; VSI 1994 p. 163 BGE 123 V 35 S. 38 consid. 4b; SPIRA, Transmission de patrimoine et dessaisissement au sens de la loi fédérale sur les prestations complémentaires à l'AVS/AI [LPC], RSAS 1996 p. 218). Contrairement à l'opinion des premiers juges, ces principes sont applicables en l'espèce. Le fait que les intimés n'auraient pas vendu leurs biens immobiliers, s'ils ne les avaient pas donnés à leurs enfants, n'est pas décisif. De même, il n'est pas déterminant que les immeubles en cause (notamment les parcelles de terrain) ne procurent que peu ou pas de rendement. Il importe bien plutôt de considérer que les intimés ont cédé gratuitement leurs biens, sans y être juridiquement tenus, alors qu'ils auraient tout aussi bien pu les aliéner à leur valeur vénale et retirer un certain rendement du produit de la vente. De ce point de vue, il n'y a pas de raison de traiter différemment l'avancement d'hoirie de la libéralité à un tiers non héritier (cf. également à propos d'un cas semblable, RCC 1988 p. 216 consid. 6). Il est certes compréhensible que des parents veuillent transmettre gratuitement leur patrimoine à leurs descendants. Mais un transfert de ce genre, s'il répond à un souci légitime, ne saurait avoir pour conséquence d'obliger la collectivité publique à accorder des prestations complémentaires qu'elle ne devrait point allouer en cas d'aliénation à titre onéreux (cf. dans ce sens: MICHEL MOOSER/AMÉDÉO WERMELINGER, Quelques aspects liés au dessaisissement volontaire d'éléments de fortune par des personnes âgées, Revue fribourgeoise de jurisprudence 1993 p. 19). On ne saurait donc suivre la juridiction cantonale dans la mesure où elle prescrit à la caisse de tenir compte du rendement effectif - et éventuel - des biens cédés. b) Cela ne conduit pas pour autant au rétablissement de la décision administrative du 5 avril 1995. S'agissant du taux d'intérêt à prendre en considération, l'OFAS soutient à juste titre que le taux de 3,5 pour cent retenu par cette décision est trop bas. En effet, selon l'Annuaire statistique de la Suisse pour 1996, le taux moyen des dépôts d'épargne s'élevait en 1994, à 3,7 pour cent (p. 270 ad T 12.5). c) En conséquence, le jugement entrepris sera confirmé dans la mesure où il renvoie la cause à la caisse de compensation pour nouvelle décision. Mais il doit être réformé dans le sens des considérants du présent arrêt, auxquels la caisse se conformera.
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Urteilskopf 100 IV 12 4. Urteil des Kassationshofes vom 19. April 1974 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Mayer
Regeste Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1, Ziff., 2 Abs. 2 StGB. Die ambulante psychotherapeutische Behandlung kann mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe verbunden werden.
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 100 IV 12 S. 13 A.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte Mayer am 6. Dezember 1973 wegen wiederholten Raubs, wiederholten Diebstahls, wiederholter Freiheitsberaubung sowie einer Anzahl weiterer Straftaten zu 6 1/2 Jahren Zuchthaus, Fr. 100.-- Busse und 10 Jahren Landesverweisung. Ferner verfügte es: "Der Angeklagte wird während des Strafverhaftes für solange, als es ärztlich geboten erscheint, gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 letzter Satz StGB psychotherapeutisch behandelt." B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils hinsichtlich der psychotherapeutischen Behandlung. Der Verurteilte beantragt Abweisung der Beschwerde und stellt das Begehren um unentgeltliche Verbeiständung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die ambulante psychotherapeutische Behandlung gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 2 StGB kann mit dem Vollzug der Freiheitsstrafe verbunden werden, wie sich aus Ziff. 2 von Art. 43 ergibt. Während der Richter nach Abs. 1 von Ziff. 2 den Vollzug einer Freiheitsstrafe aufschieben muss, wenn er den Täter in eine Heil- oder Pflegeanstalt einweist oder ihn verwahrt, bestimmt Abs. 2 Satz 1, dass der Richter zwecks ambulanter Behandlung den Vollzug der Strafe aufschieben kann, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Das Gesetz betrachtet den sofortigen Strafvollzug in Verbindung mit der ambulanten Behandlung als die Regel, wie der französische Text besonders deutlich zeigt: "En cas de traitement ambulatoire, le juge pourra suspendre l'exécution de la peine si celle-ci n'est pas compatible avec le traitement." Der Strafvollzug soll also nur aufgeschoben werden, wenn er den Erfolg der Behandlung in Frage stellen würde. Sonst hat er, verbunden mit ambulanter Behandlung, sofort zu beginnen. Mit dieser Lösung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass die ambulante Behandlung zur Umgehung der Strafe missbraucht wird. BGE 100 IV 12 S. 14 Dies würde geschehen, wenn der Richter nach Vollzug der ambulanten Behandlung gestützt auf ein zu wohlwollendes ärztliches Gutachten gemäss Art. 43 Ziff. 5 StGB vom Vollzug der Strafe absähe (vgl. Amtl.Bull. StR 1967 62, NR 1969 118/19, StR 1970 99/100). Die Behandlung in der Strafanstalt entspricht dem Geist des Gesetzes und den Grundsätzen des modernen Strafvollzugs (vgl. zum letztern die Resolution des Ersten UNO-Kongresses vom 30. August 1955 über die Verhütung von Verbrechen und die Behandlung der Straffälligen, Art. 22 und 62, und die Resolution des Ministerkomitees des Europarates vom 19. Januar 1973, Art. 82 f.). Zu den Massnahmen und Einrichtungen für das seelische, geistige und körperliche Wohl der in Anstalten Eingewiesenen ( Art. 46 Ziff. 2 StGB ) gehört auch psychiatrische Beobachtung und Behandlung. Psychotherapeutische Betreuung in der Strafanstalt kann die Erziehung unterstützen und die Resozialisierung fördern ( Art. 37 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ). Auch die Berichterstattung der Anstaltsleitung an die Entlassungsbehörde ( Art. 38 Ziff. 1 Abs. 3 StGB ) kann vielfach nervenärztlichen Rat nicht entbehren. Es wird den Anstalten, die lange Freiheitsstrafen zu vollziehen haben, nicht zuviel zugemutet mit der Forderung, dass sie in gewissem Masse psychiatrische Hilfe ermöglichen. Allenfalls kann der Beizug eines auswärtigen Psychiaters oder die Zuführung des Gefangenen zur auswärtigen Behandlung genügen. 2. Was die Beschwerdeführerin gegen die Verbindung des Strafvollzugs mit der ambulanten Behandlung vorbringt, dringt nicht durch. a) Gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann der Richter die ambulante Behandlung anordnen, sofern der Täter für Dritte nicht gefährlich ist. Damit wollte der Gesetzgeber lediglich verhindern, dass gefährliche Abnorme in Freiheit bleiben. Die ambulante Behandlung im Strafvollzug gemäss Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 wurde damit nicht verneint. Während des Strafvollzugs ist der Gefährdung Dritter in gleicher Weise vorgebeugt, wie wenn der Täter in eine der in Art. 43 StGB vorgesehenen Anstalten eingewiesen worden wäre. b) Erweist sich die ambulante Behandlung zum vornherein als ungenügend, muss der Richter den abnormen Täter schon durch Haupturteil in eine Heil- oder Pflegeanstalt einweisen. Die Möglichkeit, die ambulante Behandlung mit dem Vollzug BGE 100 IV 12 S. 15 der Freiheitsstrafe zu verbinden, darf nicht zur Umgehung der in Art. 43 Ziff. 1 StGB vorgesehenen Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt führen. Ob auf Strafvollzug mit ambulanter Behandlung oder auf Anstaltseinweisung zu erkennen ist, hängt vom Zustand des Täters ab. Stellt sich die ambulante Behandlung erst nachträglich als unzweckmässig oder für andere gefährlich heraus, erfordert jedoch der Geisteszustand des Täters ärztliche Behandlung oder besondere Pflege, so ordnet der Richter die Einweisung in eine Heil-oder Pflegeanstalt an ( Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB ). Befindet sich der Verurteilte im Strafvollzug und muss die ambulante Behandlung in Anstaltsbehandlung umgewandelt werden, so kann der Richter dies ebenfalls gemäss Ziff. 3 Abs. 2 des Art. 43 verfügen. Gleichzeitig hat er in Analogie zu Ziff. 2 Abs. 1 von Art. 43 den weiteren Vollzug der Freiheitsstrafe aufzuschieben. Die Verbindung der ambulanten Behandlung mit dem Strafvollzug hindert also den Richter nicht, die Massnahme nachträglich zu ändern und dem Verurteilten die nötige Psychotherapie zu verschaffen. c) Auch die Befürchtung, die ambulante Behandlung im Strafvollzug hindere deren Fortsetzung nach der Entlassung, ist unbegründet. Wie die andern Massnahmen wird die ambulante Behandlung auf unbestimmte Zeit angeordnet, ohne Rücksicht auf Art und Dauer der ausgesprochenen Strafe. Massgebend ist einzig der Zustand des Täters und die Möglichkeit seiner Auswirkung in der Begehung strafbarer Handlungen. Deshalb wird die Massnahme gemäss Art. 43 Ziff. 4 Abs. 1 StGB erst dann völlig auf gehoben, "wenn ihr Grund weggefallen ist" (SCHULTZ, Allg. Teil II S. 117). Die ambulante Behandlung ist daher, wenn der Zustand des Täters es erfordert, nach der Entlassung fortzusetzen. Gefährdet der Täter, in Freiheit gesetzt, Dritte, ist seine Verwahrung anzuordnen (Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 3 Abs. 2 des Art. 43 StGB ). Das Urteil der Vorinstanz schliesst diese Möglichkeit nicht aus. Ziff. 2 des Dispositivs verfügt lediglich, dass die Behandlung "während des Strafverhaftes" erfolgen solle, womit der Aufschub der Strafe ausgeschlossen wurde. Dass sie nach dem Vollzug nicht fortgesetzt werden könne, steht weder im Urteilsspruch noch in der Begründung. Im Zweifel ist aber ein Urteil gesetzeskonform auszulegen. 3. a) Der Beschwerdegegner hat nach Feststellung der BGE 100 IV 12 S. 16 Vorinstanz die Verbrechen und Vergehen, derentwegen er verurteilt wurde, im Zustande leicht verminderter Zurechnungsfähigkeit verübt. Er ist auch dringend behandlungsbedürftig; die Vorinstanz sieht in einer Behandlung die einzige Möglichkeit, eine gewisse Resozialisierung des Täters zu erreichen. Damit sind die Voraussetzungen für Massnahmen im Sinne des Art. 43 StGB erfüllt. b) Welche der in Art. 43 vorgesehenen Massnahmen anzuordnen ist und ob eine ambulante Behandlung im Strafvollzug durchgeführt werden soll, ist Ermessensfrage, die der Sachrichter entscheidet. Der Kassationshof kann nur eingreifen, wenn der kantonale Richter sein Ermessen überschreitet, von rechtlich unzulässigen Erwägungen ausgeht oder es unterlässt, sich gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 gutachtlich beraten zu lassen. Im vorliegenden Fall hat das gerichtliche Gutachten zur Frage der Behandlung Stellung genommen. Dass es ohne ausdrückliche Expertenfrage geschah, ist unerheblich, sofern das Gutachten die Behandlungsbedürftigkeit hinreichend erörtert und der Richter es in Erwägung zieht. Das Gutachten findet, in Regensdorf, wo der Beschwerdegegner die Strafe verbüsst, könne die Behandlung nur beschränkt durchgeführt werden. Zudem sei Mayers psychischer Zustand derart, dass er die Hafterstehungsfähigkeit immer wieder in Frage stelle. Von der Einweisung in eine psychiatrische Klinik sei vorerst abgesehen worden, weil der Beschwerdegegner sie eher ablehne. Der Strafanstalt könne die Betreuung des Beschwerdegegners auf die Dauer nicht zugemutet werden. Von einer Verwahrung im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB sei aber abzusehen. Zu diesen Bedenken äussert sich die Vorinstanz nicht. Zwar beurteilt sie den Geisteszustand des Beschwerdegegners weit günstiger als der Sachverständige. Sie sagt aber nicht, weshalb sie die ambulante Behandlung im Strafvollzug anderen Massnahmen vorzieht. Trotz dieses Mangels kann die Nichtigkeitsbeschwerde nicht geschützt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragt einzig, die Anordnung der ambulanten Behandlung aufzuheben. Der Kassationshof würde im Widerspruch zu Art. 277bis BStP über die Anträge der Beschwerdeführerin hinausgehen, wenn er die Vorinstanz prüfen hiesse, ob statt der ambulanten BGE 100 IV 12 S. 17 Behandlung im Vollzuge eine andere der in Art. 43 StGB vorgesehenen Massnahmen anzuordnen sei. Die Beschwerde könnte nur gutgeheissen werden, wenn die ambulante Behandlung in der Strafanstalt sich sachlich nicht rechtfertigen liesse. Davon kann nicht die Rede sein. Die Behandlungsbedürftigkeit steht fest, sodass es unverantwortlich wäre, den Strafvollzug ohne besondere Betreuung durchzuführen. Geht man mit der Vorinstanz davon aus, dass die Zurechnungsfähigkeit des Täters weit weniger herabgesetzt war, als der Experte angenommen hat, so vergrössert sich die Aussicht auf erfolgreiche Behandlung in der Anstalt umso mehr, als der Verurteilte selber diese Behandlungsweise vorzieht. Sollte sich aber die psychotherapeutische Behandlung in der Strafanstalt als undurchführbar erweisen, ermöglicht es dem Richter gerade die ursprünglich angeordnete ambulante Behandlung, die Massnahme gemäss Art. 43 Ziff. 3 StGB zu ändern. Das könnte er nicht, wenn die ambulante Behandlung ohne Ersatzmassnahme aufgehoben würde. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
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Urteilskopf 139 V 375 49. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. N. gegen Progrès Versicherungen AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_278/2012 vom 19. Juni 2013
Regeste Art. 32 und 52 Abs. 1 lit. b KVG ; Art. 34 und 64 ff. KVV ; Art. 9 Abs. 1 und 4 sowie Art. 14 Abs. 1 lit. f HMG ; Orphan Drug (Soliris bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie); Kostenübernahme von Arzneimitteln ausserhalb der Spezialitätenliste. Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten von nicht in der Spezialitätenliste aufgeführten Arzneimitteln gemäss Rechtsprechung (E. 4.4). Die arzneimittelrechtliche Zulassung ist nicht ausschlaggebend für die Kassenpflichtigkeit (E. 6.3).
Sachverhalt ab Seite 376 BGE 139 V 375 S. 376 A. Im Jahre 2003 wurde bei der 1942 geborenen N. paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) diagnostiziert. Seit 2005 erhält sie das Medikament Soliris, welches in der Schweiz seit dem 4. Januar 2010 heilmittelrechtlich zugelassen ist. Von September 2005 bis April 2008 erfolgte die Therapie im Rahmen einer internationalen Studie und anschliessend im Status "Compassionate Use" mit Sonderbewilligung des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Finanzierung durch den Entwickler und Hersteller des Medikaments). Am 8. Mai 2009 erteilte die Progrès Versicherungen AG (nachfolgend: Progrès), bei welcher N. grundversichert ist, erstmals Gutsprache für die Kosten der Behandlung mit Soliris für die Dauer von drei Monaten. Auf Begehren der Versicherten erliess die Progrès am 16. April 2010 eine Verfügung, in welcher sie einen (weiteren) Leistungsanspruch zu Lasten der Grundversicherung verneinte. Die von N. dagegen erhobene Einsprache hiess die Progrès in dem Sinne teilweise gut, als sie die Kosten für die Behandlung bis zum Zeitpunkt der Zulassung von Soliris am 4. Januar 2010 übernahm. Im weitergehenden Umfang lehnte sie die Einsprache ab (Entscheid vom 24. Juni 2010). B. Beschwerdeweise liess die Versicherte beantragen, der Einspracheentscheid sei insoweit aufzuheben, als die Einsprache abgewiesen worden sei, und es seien alle Kosten der Behandlung mit dem Medikament Soliris ab 4. Januar 2010 durch die Progrès zu übernehmen. Mit Entscheid vom 14. Februar 2012 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab. C. N. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Progrès zu verpflichten, die Kosten der Behandlung mit dem Arzneimittel Soliris für die Zeit vom 4. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2011 zu übernehmen. Mit Vernehmlassung vom 28. Januar 2013 beantragt die Progrès die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) enthält sich in seiner Vernehmlassung vom 19. März 2013 eines formellen Antrages. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. BGE 139 V 375 S. 377 Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Die soziale Krankenversicherung gewährt Leistungen unter anderem bei Krankheit ( Art. 3 ATSG [SR 830.1]; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG ). Im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfen die Versicherer keine anderen Kosten als diejenigen für die Leistungen nach den Art. 25-33 KVG übernehmen ( Art. 34 Abs. 1 KVG ). Dazu zählen auch die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen ( Art. 25 Abs. 1 KVG ). Diese Leistungen umfassen unter anderem die ärztlich verordneten Arzneimittel ( Art. 25 Abs. 2 lit. b KVG ). Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung, wobei die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein muss ( Art. 32 Abs. 1 KVG ). Die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen werden periodisch überprüft ( Art. 32 Abs. 2 KVG ). 4.2 Die Vergütungspflicht erstreckt sich nach Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG grundsätzlich nur auf Arzneimittel, die in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt sind. Die SL zählt die pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel im Sinne einer Positivliste abschliessend auf ( BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398 f.; BGE 134 V 83 E. 4.1 S. 85 ff.; BGE 131 V 349 E. 2.2 S. 351; GEBHARD EUGSTER, Die obligatorische Krankenversicherung [nachfolgend: Krankenversicherung], in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 513 Rz. 346). Aufgenommen werden nur Spezialitäten, für welche die Pharmahersteller oder Importeure einen Antrag stellen (EUGSTER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG [nachfolgend: Rechtsprechung], 2010, N. 3 zu Art. 52 KVG ). 4.3 Kassenpflichtig sind pharmazeutische Spezialitäten des Weitern nur im Rahmen von Indikationen und Anwendungsvorschriften, die bei Swissmedic registriert sind ( BGE 130 V 532 E. 5.2 S. 541 f.). Die Anwendung eines Arzneimittels ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften macht dieses zu einem solchen "ausserhalb der Liste" bzw. zu einem "Off-Label-Use" und damit grundsätzlich zur Nichtpflichtleistung ( BGE 136 V 395 E. 5.1 S. 398 f.; BGE 130 V 532 E. 3.2.2 S. 538 und E. 3.4 S. 540; EUGSTER, Rechtsprechung, N. 35 zu Art. 25 KVG ; zum Ganzen: LORIS MAGISTRINI, L'utilisation hors étiquette de médicaments et son remboursement par l'assurance-maladie, Jusletter vom 31. Januar 2011). BGE 139 V 375 S. 378 4.4 Nach der Rechtsprechung sind ausnahmsweise auch die Kosten von nicht in der SL aufgeführten Arzneimitteln und von Arzneimitteln der SL ausserhalb der registrierten Indikationen und Anwendungsvorschriften zu übernehmen. Voraussetzung ist, dass ein sogenannter Behandlungskomplex vorliegt oder dass für eine Krankheit, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode verfügbar ist; diesfalls muss das Arzneimittel einen hohen therapeutischen (kurativen oder palliativen) Nutzen haben ( BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399; BGE 131 V 349 E. 2.3 S. 351; BGE 130 V 532 E. 6.1 S. 544 f.; MAGISTRINI, a.a.O., Rz. 112 ff.). Ein wichtiger Anwendungsbereich für Ausnahmen von der Listenpflicht sind Medikamente gegen Krankheiten, die so selten sind, dass sich für die Hersteller das Zulassungsverfahren nicht lohnt (sog. Orphan Use bzw. Orphan Diseases; BGE 136 V 395 E. 5.2 S. 399; EUGSTER, Krankenversicherung, S. 515 Rz. 354). Als Orphan Drugs gelten Arzneimittel, die in der Schweiz (noch) nicht zugelassen sind und gegen seltene Krankheiten eingesetzt werden, die zur Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt sind, das lebensbedrohlich ist oder bei Nichtbehandlung eine chronische Invalidität oder ein schweres chronisches Leiden hervorruft und nicht mehr als 5 von 10'000 Personen betrifft (vgl. Handbuch des BAG betreffend die Spezialitätenliste in der ab 1. Februar 2008 gültig gewesenen Fassung, Rz. 811 [vgl. auch Rz. I.4.1 in der ab 1. September 2011 geltenden Fassung]; vgl. auch die Verordnung [EG] Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden; PETER BRAUNHOFER, Arzneimittel im Spannungsfeld zwischen HMG und KVG aus der Sicht des Krankenversicherers, in: Das neue Heilmittelgesetz, Eichenberger/Poledna [Hrsg.], 2004, S. 103 ff., 106 f.; VALÉRIE JUNOD, Accès aux médicaments, Les conditions du remboursement dans l'assurance-maladie obligatoire, in: Le droit de la santé: aspects nouveaux, Guillod/Wessner [Hrsg.], 2010, S. 83 ff., 117 ff.). Die Frage, ob ein für die Kostenübernahme vorausgesetzter hoher therapeutischer Nutzen vorliegt, ist sowohl in allgemeiner Weise als auch bezogen auf den konkreten Einzelfall zu beurteilen ( BGE 136 V 395 E. 6.4 und 6.5 S. 401 f.). 5. 5.1 Die Vorinstanz erwog, da das Medikament Soliris bei der Beschwerdeführerin entsprechend der Zulassung zur Behandlung von BGE 139 V 375 S. 379 PNH eingesetzt werde, liege kein Off-Label-Use vor. Demnach falle eine Ausnahme vom Grundsatz der Listenpflicht unter diesem Aspekt ausser Betracht. Weiter prüfte sie, ob das Medikament als Orphan Drug zu übernehmen sei. Sie verneinte die Frage mit der Begründung, die Anerkennung als Orphan Drug sei ein Instrument zur Förderung der Entwicklung eines Arzneimittels gegen seltene Krankheiten, für die sich ein Zulassungsverfahren ansonsten nicht lohne. Aus diesem Grunde fielen ausschliesslich Arzneimittel in Betracht, die über keine Zulassung verfügten. Auf diesen Umstand beziehe sich die von der Rechtsprechung zugelassene Ausnahme von der Listenpflicht. Eine andere Frage sei, ob das Arzneimittel zu Lasten der Grundversicherung abgerechnet werden könne. Dafür sei unter anderem die Frage massgebend, ob eine Behandlung mit dem betreffenden Arzneimittel dem Wirtschaftlichkeitsgebot des Art. 32 Abs. 1 KVG standhalte. Sei neben den übrigen Voraussetzungen auch die Wirtschaftlichkeit gegeben, erfolge die Aufnahme in die SL. Praxisgemäss seien Ausnahmen von der Listenpflicht nur restriktiv zulässig, da zu verhindern sei, dass durch eine extensive Praxis der ordentliche Weg der Listenaufnahme durch Einzelfallbeurteilungen ersetzt und dadurch die mit der SL verbundene Wirtschaftlichkeitskontrolle umgangen werde. Dies bedeute vorliegend, dass seit der Marktzulassung von Soliris und bis zur Klärung der Frage, ob das Präparat in die SL aufzunehmen sei, die Grundversicherung nicht mehr für die Behandlung aufzukommen habe. Mit der Marktzulassung von Soliris sei das mit der Orphan-Drug-Regelung angestrebte Ziel erreicht; denn gefördert werden solle die Entwicklung und Marktzulassung von Medikamenten gegen seltene Krankheiten, nicht die Aufnahme solcher Arzneien in die SL. In der Phase seit der Marktzulassung bis zur Aufnahme in die SL bestehe keine Rechtfertigung mehr für eine Privilegierung gegenüber anderen Patienten, deren Medikament auch noch nicht in die SL aufgenommen worden sei. Im Übrigen könne die Versicherte die Behandlung mit Soliris zu 90 % über ihre Zusatzversicherung abrechnen. 5.2 Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für die Ausnahmen von der Listenpflicht im Einzelfall sowohl beim Off-Label-Use als auch in denjenigen Fällen, in denen das Medikament als solches noch nicht in die SL aufgenommen worden sei, auf die fehlende Nennung in der SL, verbunden mit den übrigen Voraussetzungen abgestellt werde. Die Frage der Zulassung durch Swissmedic sei nie zum Thema BGE 139 V 375 S. 380 gemacht worden. Ihrer Auffassung nach würde eine andere Argumentation zu absurden Zuständen führen: Vor der Zulassung von Soliris würde eine Kostenübernahme aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) als Orphan Drug gewährt, die nach der Zulassung und während des daran anschliessenden Prüfungsverfahrens beim BAG wieder wegfallen würde, um dann im Falle der Aufnahme des Arzneimittels in die SL wieder aufzuleben. 5.3 Die Beschwerdegegnerin gibt zu bedenken, dass Ausnahmen von der Listenpflicht nur sehr restriktiv zulässig seien, da verhindert werden müsse, dass durch eine extensive Auslegung der ordentliche Weg der Listenaufnahme und der damit verbundenen Wirtschaftlichkeitskontrolle umgangen werde. Dies könne nur bedeuten, dass der Grundversicherer die Therapie ab Zulassung durch die Swissmedic bis zur SL-Aufnahme nicht zu vergüten habe. 5.4 Das BAG stellt sich auf den Standpunkt, im Zeitraum vor der Swissmedic-Zulassung bis zur Aufnahme in die SL habe eine Vergütung über die OKP nur erfolgen können, wenn die mit Wirkung auf den 1. März 2011 in Art. 71a Abs. 1 KVV (SR 832.102) verankerten bundesgerichtlichen Kriterien erfüllt waren (Behandlungskomplex; tödlicher oder schwerer und chronischer Verlauf; keine Behandlungsalternative; hoher therapeutischer Nutzen). In casu sei Art. 71b KVV massgebend, da Soliris in dieser Zeit nicht in der SL aufgeführt gewesen, jedoch innerhalb der Fachinformation von Swissmedic angewendet worden sei. Bei der Vergütung von nicht in die SL aufgenommenen Arzneimitteln erfolge immer eine Einzelfallbeurteilung. Eine solche vorzunehmen sei nicht Aufgabe des BAG. Vielmehr sei es die Aufgabe der Krankenversicherer, nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes zu prüfen, ob die vorstehend dargelegten Voraussetzungen zur Kostenübernahme durch die OKP erfüllt sind. Könne die Wirksamkeit, mithin der grosse therapeutische Nutzen von Arzneimitteln, die nicht in der SL aufgelistet seien, bejaht werden, seien auch die Kriterien der Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Dabei sei vor allem in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit dem Verhältnismässigkeitsprinzip und dem Prinzip der Rechtsgleichheit Rechnung zu tragen. Wenn ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Heilerfolg bestehe, könne eine Leistungsverweigerung durch den Versicherer erfolgen. Seien jedoch die in Art. 71b KVV erwähnten Voraussetzungen erfüllt, wäre die Krankenversicherung im vorliegenden Einzelfall leistungspflichtig. BGE 139 V 375 S. 381 6. 6.1 Verwendungsfertige Arzneimittel dürfen (unter Vorbehalt hier nicht weiter interessierender internationaler Abkommen über die Anerkennung von Zulassungen) nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie vom schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic zugelassen sind (Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2010 über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]). Die Zulassungspflicht dient als Instrument der präventiven Produktekontrolle der Verwirklichung des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und von Treu und Glauben auf dem Arzneimittelmarkt (EICHENBERGER/JAISLI/RICHLI, Das Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte, 2006, N. 3 zu Art. 9 HMG ; vgl. auch UELI KIESER, Die Zulassung von Arzneimitteln im Gesundheits- und Sozialversicherungsrecht, AJP 2007 S. 1042 ff., 1043 f.). In diesem Sinne sollen nach der Zweckumschreibung in Art. 1 Abs. 1 HMG nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Arzneimittel in Verkehr gebracht werden. 6.2 In die SL aufgenommen werden kann ein Arzneimittel, wenn es über eine gültige Zulassung des Instituts verfügt ( Art. 65 Abs. 1 KVV ). In diesem Sinne ist die Zulassung durch das Heilmittelinstitut die primär zu erfüllende Voraussetzung für die Aufnahme in die SL (vgl. Art. 65 Abs. 1 KVV ; Art. 30a Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 29. September 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung [Krankenpflege-Leistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31] ; BRAUNHOFER, a.a.O., S. 104). Das vorangehende, mit einem positiven Entscheid abgeschlossene heilmittelrechtliche Zulassungsverfahren ist für den Bereich der Krankenversicherung insofern bedeutsam, als es jedenfalls für die Prüfung der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit eines Arzneimittels den Prüfungsrahmen absteckt (vgl. BGE 131 V 349 E. 3.1 S. 351 f.; KIESER, a.a.O., S. 1048). Die beiden Kriterien werden bei der Aufnahme in die SL gestützt auf die Unterlagen beurteilt, welche für die Registrierung durch das Heilmittelinstitut massgebend waren ( Art. 32 und Art. 33 Abs. 2 KLV ). Die Aufnahme in die SL erfolgt mithin nach einer doppelstufigen Zulassungsprüfung: Vorausgesetzt wird vorab die heilmittelrechtliche Zulassung. Hinzu kommt die krankenversicherungsrechtliche Zulassung, wobei die Kriterien der Wirksamkeit und Zweckmässigkeit erneut überprüft werden und als weiteres Kriterium die Wirtschaftlichkeit herangezogen wird (KIESER, a.a.O., S. 1049). BGE 139 V 375 S. 382 6.3 Dass nun aber eine Kostenübernahme auf den Zeitpunkt der heilmittelrechtlichen Zulassung zu verweigern wäre, wie die Vorinstanz dafürhält, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen. Vielmehr wurde in BGE 136 V 395 , in welchem Fall es ebenso um ein - im vereinfachten Verfahren als wichtiges Arzneimittel für seltene Krankheiten im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. f HMG - zugelassenes Arzneimittel ging, ausdrücklich festgehalten, dass die arzneimittelrechtliche Zulassung für die Kassenpflichtigkeit nicht ausschlaggebend ist (vgl. BGE 136 V 395 E. 4.2 S. 398 mit Hinweis auf PASCAL LACHENMEIER, Die Anwendung "nicht zugelassener" Arzneimittel in der Krebstherapie nach schweizerischem Recht ["off-label-use"], Jusletter vom 11. Mai 2009, Rz. 56; vgl. die für zugelassene und nicht zugelassene nicht in die SL aufgenommene Arzneimittel gleichermassen mögliche Kostenübernahme gemäss Art. 71b Abs. 1 und 2 KVV [in Kraft ab 1. März 2011]). 7. 7.1 Die Versicherte hat im Einspracheverfahren dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten des Medikamentes Soliris aus der Grundversicherung (vgl. E. 4.4 hiervor) bei ihr erfüllt sind, da die Krankheit PNH bei ihr schwere und chronische gesundheitliche Probleme nach sich ziehen kann, zudem wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirksame Behandlungsmethode als Soliris verfügbar ist, und dass ein hoher therapeutischer Nutzen vorliegt. 7.2 Die Progrès hat aufgrund der von der Versicherten im Einspracheverfahren eingereichten Unterlagen (unter anderem Informationsbroschüren Alexion; Auszug aus der Zeitschrift Blood vom 1. Dezember 2007 Volume 110 Number 12 S. 4123 ff. [Effect of the complement inhibitor eculizumab on thromboembolism in patients with paroxysmal nocturnal hemoglobinuria]) die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme des Medikaments Soliris bejaht, dies vorab bis zum (wie gesehen allerdings irrelevanten [vgl. E. 6.3]) Datum der heilmittelrechtlichen Zulassung. Weiter hat sie die Kosten des Arzneimittels mit Wirkung ab 1. März 2011 (rückwirkend) gestützt auf Art. 71b KVV übernommen. 7.3 Kann die Kostenübernahme - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht mit der Begründung, das Medikament sei nun heilmittelrechtlich zugelassen, verweigert werden (E. 6.3), ist die Progrès über den 4. Januar 2010 hinaus verpflichtet, die streitigen Kosten zu übernehmen, weil sämtliche von ihr bejahten Voraussetzungen BGE 139 V 375 S. 383 dafür unverändert erfüllt sind. Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen: Der vorausgesetzte hohe therapeutische Nutzen ( BGE 136 V 395 E. 6.4 und 6.5 S. 401 f.) ist in Bezug auf das den Wirkstoff "Eculizumabum" enthaltende Medikament Soliris nicht nur im konkreten Fall, sondern aufgrund der im von der Beschwerdeführerin eingereichten Zeitschriftenauszug beschriebenen Studie (vgl. E. 7.2 hievor) auch in allgemeiner Weise zu bejahen. Die Voraussetzung eines angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnisses schliesslich ist hier im Einzelfall zu prüfen und nicht mit der generellen Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäss Art. 34 ff. KLV im Rahmen der Aufnahme in die SL gleichzusetzen (vgl. BGE 136 V 395 E. 7.1 S. 406 f.). Soweit die Beschwerdegegnerin die Unwirtschaftlichkeit dennoch daraus ableitet, dass das Medikament Soliris vor der Aufnahme in die SL am 1. Februar 2012 zu einem um 30 % höheren Preis verrechnet wurde, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn allgemeinen übergangsrechtlichen Regeln zufolge (vgl. BGE 122 V 405 E. 3b/aa S. 408 f.) kann der Aufnahme in die SL keine rückwirkende Bedeutung zukommen. Andere Anhaltspunkte, aus welchen auf Unwirtschaftlichkeit geschlossen werden könnte, werden nicht vorgebracht und ergeben sich auch nicht aus den Akten. Bei dieser Sachlage erübrigen sich Weiterungen. Wie die Preisgestaltung nach Inkrafttreten von Art. 71b KVV zu beurteilen wäre, ist vorliegend nicht zu entscheiden. 7.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass in der streitigen Zeit sämtliche Voraussetzungen für eine Kostenübernahme zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erfüllt sind. Demnach hat die Progrès, wie von der Versicherten beantragt, die Kosten der Behandlung mit Soliris auch in der Zeit vom 4. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2011 zu übernehmen.
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Urteilskopf 116 III 23 6. Arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 13 mars 1990 dans la cause Hamilton, Somerset & Co et consorts (recours LP)
Regeste Art. 126 und 127 SchKG ; Verkauf auf dem Wege der öffentlichen Steigerung. Pfändung pfandbelasteter Vermögenswerte. Der Bestand eines Pfandrechts vermag für sich alleine die Verarrestierung oder Pfändung nicht auszuschliessen. Ein Arrest (oder eine Pfändung) wird im Rahmen der Art. 106 ff. SchKG erst dann hinfällig, wenn ein Dritter das Eigentum oder ein anderes Recht auf den Besitz, das demjenigen des Schuldners oder des Arrestgläubigers entgegensteht, mit Erfolg geltend gemacht hat (E. 1). Gepfändete Gegenstände sind vom Betreibungsamt zu verwerten, selbst wenn ein Dritter ein Pfandrecht daran innehat und zwischen dem Schuldner und dem Pfandgläubiger die private Verwertung vereinbart worden ist (E. 2). Dürfen die Pfandgläubiger gemäss Art. 127 SchKG vorgehen, falls der betreibende Gläubiger davon absieht? Sollte die Verwertung gemäss Art. 126 SchKG scheitern, gehen die Kosten der Versteigerung zulasten des pfändenden Gläubigers (E. 3). Es liegt am pfändenden Gläubiger, ein Absehen von der Verwertung zu beantragen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 24 BGE 116 III 23 S. 24 A.- Glenrock Holding Inc., à Panama (ci-après: Glenrock), est créancière de L., propriétaire d'une importante collection de tapis estimée à plusieurs millions. Diverses banques ont consenti des prêts à ce débiteur, moyennant la constitution de gages sur les tapis en question. Glenrock, ainsi que INTCA, International Credit-Anstalt, à Vaduz, ont engagé des poursuites à l'encontre de L. Ces sociétés ont obtenu une saisie complémentaire, exécutée le 1er octobre 1987. Les biens saisis sont constitués par des lots de tapis, entreposés à la Société des Entrepôts de Vevey S.A. et non encore dédouanés. En garantie de leur créance, plusieurs créanciers, dont Hamilton, Somerset & Co, à Londres, la Banque Populaire Suisse, à Genève, Standard Chartered Bank A.G., à Zurich, Grindlays Bank, à Genève, et Kredietbank S.A., à Genève, ont revendiqué des droits de gage sur les différents biens saisis. La Société des Entrepôts de Vevey S.A., quant à elle, a fait valoir un droit de rétention sur tous les biens saisis. Glenrock, ainsi que INTCA, International Credit-Anstalt, ont contesté ces revendications. Toutefois, s'abstenant de valider les procédures de conciliation dans les délais, elles ont ainsi renoncé à leurs contestations. Par décision du 19 mai 1989, l'Office des poursuites et faillites de Vevey a refusé de maintenir la saisie sur les biens revendiqués, motif pris que celle-ci représentait un important dommage pour les tiers revendiquants et qu'il serait illusoire de penser que dans le cadre d'une vente fondée sur l' art. 126 al. 1 LP , des offres supérieures à la somme des créances garanties par gages préférables à celle des poursuivants seraient enregistrées. Par conséquent, l'Office a refusé de procéder à la vente aux enchères que lui demandait Glenrock en vertu de l' art. 145 LP ; la saisie était tombée à défaut d'ouverture d'action en application de l' art. 109 LP et, subsidiairement, il n'existait aucun actif disponible, vu la valeur des tapis et les droits de gage des tiers. B.- Par plainte du 30 mai 1989, Glenrock a conclu à l'annulation de la décision de l'Office des poursuites et faillites de Vevey BGE 116 III 23 S. 25 et à ce que les biens non soumis à une procédure en contestation de revendication fussent mis en vente. Elle faisait valoir que les droits du créancier saisissant sont maintenus, lors même que les droits du créancier gagiste revendiquant ne sont pas contestés. Dans ses déterminations, l'Office a relevé notamment que les tapis saisis, estimés par expert à 8'056'600 francs, étaient grevés de gages en faveur des banques créancières pour un montant de 28'094'764 fr. 95. Le 6 septembre 1989, statuant en sa qualité d'autorité inférieure de surveillance, le président du Tribunal du district de Vevey a admis partiellement la plainte de Glenrock. Il a considéré qu'un droit de gage ou un droit analogue, même assorti du droit consensuel de vendre l'objet de gré à gré, n'excluait pas les droits du débiteur ou du créancier sur l'objet saisi. Bien qu'il y eût une disproportion évidente entre les créances des banques et la valeur des tapis, il a néanmoins admis qu'il n'était pas abusif de requérir la vente aux enchères, compte tenu du marché fluctuant des biens en cause. Tant Hamilton, Somerset & Co que la Banque Populaire Suisse, Standard Chartered Bank A.G., Grindlays Bank et Kredietbank S.A. ont recouru contre cette décision auprès de la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Par arrêt du 29 décembre 1989, celle-ci a rejeté les recours. Elle a estimé qu'un créancier ne saurait être contraint, pour des motifs d'opportunité, à renoncer à la vente. La seule sanction serait en l'occurrence la charge des frais par lui avancés et non récupérés, à défaut d'adjudication. C.- Hamilton, Somerset & Co, la Banque Populaire Suisse, Standard Chartered Bank A.G., Grindlays Bank et Kredietbank S.A. ont chacune déposé un recours auprès de la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Elles concluent toutes à l'annulation de l'arrêt attaqué, à ce que la plainte formée par Glenrock soit rejetée et à ce que l'Office des poursuites et des faillites de Vevey rende une nouvelle décision. Glenrock Holding Inc. conclut au rejet des recours. Le Tribunal fédéral rejette les recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Se référant à l' ATF 108 III 91 ss, les autorités cantonales de surveillance ont considéré, à juste titre, que l'existence BGE 116 III 23 S. 26 d'un droit de gage en tant que tel ne s'oppose pas à lui seul à un séquestre ou à une saisie. Dans le cadre des art. 106 ss LP , un séquestre (ou une saisie) ne devient caduc que dès l'instant où un tiers a fait valoir avec succès un droit de propriété ou un autre droit à la possession excluant celui du débiteur ou du créancier séquestrant. En l'espèce, les droits de gage des recourantes ne sont pas contestés. Peu importe qu'une procédure de revendication concernant d'autres créancières séquestrantes soit encore pendante, puisque les droits de gage frappent différents lots de tapis. Du reste, le séquestre ne saurait devenir caduc tant que demeure controversée l'existence de droits de gage. S'agissant de la vente de gré à gré proposée par les recourantes, il faut réserver le droit de rétention de la Société des Entrepôts de Vevey S.A. Celle-ci devra faire valoir son droit par une poursuite en réalisation de gage ( ATF 89 III 75 ). Selon l' art. 156 LP , la vente du gage a lieu en conformité des art. 122 à 143, sous réserve de la particularité de l'art. 135. De même que pour les créanciers séquestrants se pose la question de l'application de l' art. 127 LP à celui qui est au bénéfice d'un droit de rétention. Il s'agit de déterminer si la loi confère un droit au créancier, rétentionnaire ou séquestrant, ou si, au contraire, elle établit un principe applicable indépendamment de sa volonté ou de sa requête. 2. Une jurisprudence déjà ancienne avait établi que, selon les art. 198, 232 ch. 4, 256 et 262 LP , les biens frappés d'un droit de gage rentraient dans la masse en faillite du débiteur, sous réserve des droits de préférence des créanciers gagistes. Ces biens devaient être mis à la disposition de l'office et réalisés par lui, lors même que le débiteur avait octroyé au créancier nanti le droit de vendre lui-même le gage ( ATF 44 III 49 ). A l'appui de cette interdiction de réalisation privée, le Tribunal fédéral a considéré que les articles précités étaient des dispositions de procédure instituées dans l'intérêt de tous les créanciers du failli. Dans un arrêt du 18 avril 1955, le Tribunal fédéral n'a pas appliqué différemment les art. 98 al. 4, 122 et 126 LP ( ATF 81 III 58 s., confirmé dans ATF 108 III 94 ). Ainsi, les objets saisis doivent être réalisés officiellement, même si un tiers possède un droit de gage et qu'une convention de vente privée ait été passée entre le débiteur et le créancier gagiste. D'après cette jurisprudence, la vente publique peut, à elle seule, protéger suffisamment les intérêts de tous les créanciers gagistes. On évite BGE 116 III 23 S. 27 ainsi que les créanciers n'assistent impuissants à la liquidation à vil prix, par le créancier gagiste, des biens saisis ( ATF 108 III 94 ). Un semblable danger existe plus particulièrement, selon le Tribunal fédéral, si les biens mis en gage ne sont pas cotés au marché ou à la bourse ( ATF 81 III 59 s.). Un tel risque de vente à vil prix existe autant que, par la réalisation, on obtient un produit suffisant pour couvrir la somme des créances garanties par gages préférables à celle du poursuivant. S'il n'en est pas ainsi, l'intérêt des créanciers gagistes exige évidemment une réalisation aussi bonne que possible, le cas échéant par le biais d'une vente de gré à gré. Mais si la réalisation officielle ne suscite aucune offre qui couvre la valeur du gage garantissant la créance, l'adjudication ne peut avoir lieu et la poursuite cesse quant à l'objet mis en vente ( art. 126 LP ). 3. Pour éviter les frais d'une procédure de réalisation publique vouée apparemment à l'échec, l' art. 127 LP - en vigueur depuis le 1er février 1950 - prévoit que le préposé peut, à la demande du poursuivant, renoncer à la vente et établir un acte de défaut de biens, s'il apparaît d'emblée que l'adjudication ne sera pas possible selon l'art. 126. L'on peut toutefois se demander si les créanciers gagistes peuvent invoquer cette disposition lorsqu'une telle requête de la part du créancier poursuivant fait défaut. a) La doctrine ne s'est pas prononcée à ce sujet. Les auteurs se sont généralement bornés à reproduire le texte de la loi sans le commenter (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach Schweizerischem Recht, Band I, p. 420; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4e éd., Zurich 1988, p. 226, No 24 et la référence à ATF 97 III 71 eu égard aux frais afférents à la réalisation - ce qui ne saurait être ici d'une quelconque signification -; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Lausanne 1988, p. 220). La Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal s'en tient, elle aussi, strictement à la lettre de la loi. A son avis, il n'est question, à l' art. 127 LP , que d'un droit du créancier poursuivant, qui peut y renoncer. L'autorité cantonale inférieure de surveillance avait en outre relevé que le marché du tapis était soumis à de fortes fluctuations. b) Il est exact que les estimations des tapis en question peuvent très rapidement présenter de grandes différences. Cela ressort d'ailleurs de l'évaluation subséquente des biens sur lesquels les BGE 116 III 23 S. 28 recourantes font valoir leurs droits. Manifestement, elles se sont fondées, pour octroyer des crédits, sur une tout autre estimation des gages. Une interprétation de l' art. 127 LP s'appuyant sur la lettre de la loi paraît dès lors indiquée. C'est d'autant plus justifié que la vente aux enchères publiques ne cause aucun dommage aux recourantes. En effet, si une adjudication ne peut être obtenue en raison du principe de couverture instauré par l' art. 126 LP , les frais y afférents sont supportés par le créancier saisissant. Ces frais ne sauraient être mis à la charge du débiteur (et ainsi indirectement à celle des créanciers gagistes) ni en vertu de l' art. 68 LP , qui traite d'une manière générale des frais de la poursuite, ni en vertu de l' art. 144 al. 3 LP , lequel mentionne en particulier les frais de réalisation en rapport avec la vente des biens saisis. Ils demeurent bien plutôt à la charge du créancier saisissant lorsque la réalisation s'est révélée caduque au regard de l' art. 126 LP . Ce dernier doit ainsi supporter le risque qu'il n'y ait pas de réalisation, comme en cas de retrait de poursuite ou d'extinction de la poursuite sans réalisation ni distribution (FRITZSCHE/WALDER, op.cit., § 15, p. 184, No 11). 4. Il faut donc que le créancier saisissant demande que l'on renonce à une réalisation publique. S'il s'abstient, il ne commet pas un abus de droit. L'interdiction de l'abus de droit ne saurait servir à donner à une prescription légale une autre portée que celle qui doit lui revenir d'après les règles de l'interprétation.
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Urteilskopf 120 IV 176 29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Mai 1994 i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB . Vollzug aufgeschobener Strafen; Anrechnung der ambulanten Behandlung. Beim nachträglichen Vollzug einer ursprünglich aufgeschobenen Freiheitsstrafe ist die ambulante Behandlung, soweit sich der Betroffene ihr bereits unterzogen hat, in dem Ausmass anzurechnen, als der Betroffene in seiner persönlichen Freiheit tatsächlich eingeschränkt war.
Sachverhalt ab Seite 176 BGE 120 IV 176 S. 176 A.- Mit Entscheid vom 22. November 1993 hob das Obergericht des Kantons Luzern die in seinem Urteil vom 28. Februar 1986 und im Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 29. August 1990 gegenüber R. angeordneten ambulanten Massnahmen im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB auf. Es ordnete den Vollzug der BGE 120 IV 176 S. 177 aufgeschobenen Gefängnisstrafen von drei Jahren, abzüglich 483 Tage Untersuchungshaft, und von sechs Monaten an. B.- R. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache insofern zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen, als dieses die ambulante Behandlung ermessensweise auf die aufgeschobene Strafe anzurechnen habe. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen, und dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. C.- Obergericht und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die von den Obergerichten der Kantone Luzern und Solothurn unter Aufschub der Strafe angeordneten ambulanten Massnahmen haben sich, wie nicht in Frage gestellt wird, als unzweckmässig erwiesen. Nicht angefochten ist auch, dass sowohl die Fortführung der gescheiterten ambulanten Behandlung als auch die Anordnung einer stationären Massnahme ohne relevanten Erfolg bleiben müsste. Zur Diskussion steht indessen, ob und wieweit gemäss Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB die Dauer der ambulanten Behandlung auf die Vollstreckung der aufgeschobenen Strafe anzurechnen sei. 2. a) Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung zu Art. 44 Ziff. 3 und Art. 69 StGB ist die Dauer freiheitsentziehender Massnahmen grundsätzlich auf die aufgeschobene Freiheitsstrafe anzurechnen ( BGE 117 IV 404 E. 2; vgl. auch BGE 113 IV 118 E. 2, BGE 109 IV 78 E. 3g). Dabei braucht die anrechenbare Dauer nicht mit der Massnahmedauer übereinzustimmen: Ist der Vollzug der Massnahme unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Beschränkung der persönlichen Freiheit dem Strafvollzug ungefähr gleichzusetzen, so ist grundsätzlich die ganze Dauer der Massnahme anrechenbar; wird indessen die persönliche Freiheit durch die Massnahme weniger beschränkt, so kann nur eine entsprechend gekürzte Dauer zur Anrechnung gelangen ( BGE 117 IV 225 E. 2c); dies gilt auch für die Anrechnung einer freiheitsentziehenden Ersatzmassnahme, die anstelle der Untersuchungshaft angeordnet wurde ( BGE 117 IV 225 E. 2a; BGE 113 IV 118 E. 2c mit Hinweisen). Zu berücksichtigen ist dabei, wie weit durch die Massnahme die persönliche Freiheit des Betroffenen bzw. sein Recht, sich frei zu bewegen, sich aufzuhalten und zu BGE 120 IV 176 S. 178 wohnen, wo er will, beeinträchtigt wird (vgl. BGE 113 IV 118 E. 2d). b) Wie bei der Anrechnung des Massnahmevollzuges ist aufgrund der analogen Anwendbarkeit von Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 im Rahmen von Art. 44 Ziff. 3 Abs. 1 StGB (vgl. BGE 117 IV 398 E. 2) auch bei der ambulanten Behandlung zu prüfen, inwiefern der Verurteilte durch diese in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt wurde. Diese Auffassung wird auch in der kantonalen Rechtsprechung und in der Literatur, soweit letztere dazu überhaupt Stellung nimmt, vertreten. Danach soll bei der Frage, in welchem Mass die gescheiterte ambulante Behandlung auf die aufgeschobene Strafe anzurechnen sei, vor allem in Rechnung gezogen werden, mit welchem Zeit- und Kostenaufwand sie für den Betroffenen verbunden war (Urteile des Obergerichts des Kantons Bern vom 25. Mai und 4. November 1975, ZBJV 113 [1977] 278; HAUSER/REHBERG, Textausgabe StGB, 12. Aufl., 1992, S. 76; TRECHSEL, Kurzkommentar StGB, Art. 43 N. 21; anders wohl noch REHBERG, Strafrecht II, 1989, S. 96, der offensichtlich eine Anrechnung der Massnahmedauer nur bei erheblichen Freiheitsbeschränkungen - wie Unterbringung in einer therapeutischen Gemeinschaft - zulassen wollte). Nach STRATENWERTH (Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, § 11 N. 118, S. 409/410) und SCHULTZ (Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 2. Band, 4. Aufl., S. 39) ist auch eine abgebrochene ambulante Behandlung auf die Strafe anzurechnen. Einzig URSULA FRAUENFELDER sieht bei einem Abbruch der ambulanten Behandlung grundsätzlich den Vollzug der Strafe vor (Die ambulante Behandlung geistig Abnormer und Süchtiger aus strafrechtlicher Massnahme nach Art. 43 und 44 StGB , Zürcher Diss. 1978, S. 173). 3. Dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob die Vorinstanz bei der Anordnung des (vollumfänglichen) Vollzuges der beiden aufgeschobenen Strafen die oben erwähnten Grundsätze beachtet hat. Unerheblich ist, ob der Beschwerdeführer diese Anrechnung je verlangt hat, da der Richter diese Frage von Amtes wegen zu prüfen hat. Die Beschwerde ist deshalb gemäss Art. 277 BStP gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Urteilskopf 113 Ia 309 48. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. März 1987 i.S. Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) und Mitbeteiligter gegen Kanton Aargau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 2 ÜbBest. BV; Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit ( Art. 55 BV ), Informationsfreiheit, Art. 10 EMRK ; Gerichtsorganisationsgesetz des Kantons Aargau. 1. Die in § 15 des aargauischen Gerichtsorganisationsgesetzes enthaltenen Bestimmungen über die Gerichtsberichterstattung greifen nicht in die Kompetenz des Bundes zur Regelung des privaten Persönlichkeitsschutzes ein und verletzen daher Art. 2 ÜbBest. BV nicht (E. 3). 2. Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit, Informationsfreiheit und Art. 10 EMRK (E. 4). Diese Garantien werden nicht verletzt - durch die Verpflichtung zu sachlicher Gerichtsberichterstattung und das Verbot unnötiger Blossstellung (E. 5a), - durch die Verpflichtung, eine durch das Gericht formulierte Berichtigung zu veröffentlichen (E. 5b), - durch die Möglichkeit, einen Gerichtsberichterstatter von den Gerichtsverhandlungen auszuschliessen (E. 5c).
Sachverhalt ab Seite 310 BGE 113 Ia 309 S. 310 In der Volksabstimmung vom 1. Dezember 1985 nahmen die Stimmberechtigten des Kantons Aargau das Gesetz über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden (GOG) vom 11. Dezember 1984 an. Dessen § 15 enthält unter der Marginalie "Presse, Radio, Fernsehen" die folgende Bestimmung: "1 Berichterstattungen über Gerichtsverhandlungen durch Presse, Radio und Fernsehen müssen sachlich sein und dürfen niemanden unnötig blossstellen. 2 Presse, Radio und Fernsehen sind verpflichtet, eine vom zuständigen Gericht angeordnete und formulierte Berichtigung ihrer Berichterstattung zu veröffentlichen. 3 Gerichtsberichterstatter, die gegen die für Berichterstattung aufgestellten Regeln verstossen, können durch Entscheid des Obergerichts von den öffentlichen Verhandlungen der Gerichte des Kantons ausgeschlossen werden. 4 Der Regierungsrat regelt die Gerichtsberichterstattung in einer Verordnung." Der Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) und ein Redaktor führen gegen die Bestimmung von § 15 GOG im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts einerseits und wegen Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit, der Pressefreiheit, der Informationsfreiheit, der Rechtsgleichheit und des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen andererseits. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab. BGE 113 Ia 309 S. 311 Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführer rügen vorerst eine Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes und machen damit eine Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV geltend. Zur Begründung führen sie aus, § 15 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen richterlichen Behörden (GOG) diene ausschliesslich dem Persönlichkeitsschutz der Prozessbeteiligten. Der Persönlichkeitsschutz werde indessen durch das Bundeszivilrecht in abschliessender Weise garantiert. Mit § 15 GOG werde daher in unzulässiger Weise in die Bundeskompetenz über das Privatrecht eingegriffen. a) Der angerufene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest. BV) bedeutet, dass die Kantone in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtssetzung befugt sind ( BGE 109 Ia 47 E. 3c/aa). Auf entsprechende Rüge hin prüft das Bundesgericht frei, ob die beanstandeten kantonalen Normen mit dem Bundesrecht vereinbar sind ( BGE 111 Ia 179 , BGE 109 Ia 67 E. 2a, BGE 109 Ia 74 E. 3, BGE 109 II 197 E. 1, mit Hinweisen). b) Nach Art. 64 BV steht dem Bund die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Zivilrechts zu. Es handelt sich hiebei um eine ausschliessliche Zuständigkeit umfassender Art. Die Kantone dürfen nur soweit zivilrechtliche Bestimmungen erlassen, als das Bundesrecht ausdrücklich oder dem Sinne nach die Geltung kantonalen Rechts vorbehält ( BGE 85 I 20 , mit Hinweisen). Gemäss Art. 6 ZGB werden die öffentlichrechtlichen Befugnisse der Kantone durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. Die Kantone können im öffentlichen Interesse Vorschriften aufstellen, welche die zivilrechtliche Ordnung ergänzen. Wo die Schranken der expansiven Kraft des öffentlichen Rechts liegen und welche zivilrechtlichen Vorschriften eine abschliessende Ordnung darstellen und Modifikationen durch Bestimmungen des kantonalen öffentlichen Rechts ausschliessen, lässt sich nicht in allgemeiner Form umschreiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Erlass öffentlichrechtlicher kantonaler Vorschriften jedenfalls in einem vom Bundeszivilrecht geregelten Bereich gestützt auf Art. 6 ZGB zulässig, sofern der Bundesgesetzgeber nicht eine abschliessende Ordnung geschaffen hat, die kantonalen Bestimmungen einem schutzwürdigen öffentlichen Interesse entsprechen und nicht gegen Sinn und Geist des BGE 113 Ia 309 S. 312 Bundeszivilrechts verstossen ( BGE 110 Ia 113 E. 3b, mit Hinweisen). Die Kompetenz der Kantone, ihre Gerichtsorganisation und das Prozessrecht zu ordnen, ergibt sich indessen nicht aus Art. 6 Abs. 1 ZGB , sondern für das Zivilprozessrecht aus Art. 64 Abs. 3 BV und für das Strafprozessrecht aus Art. 64bis Abs. 2 BV (HANS HUBER, Berner Kommentar, Einleitungsband, N. 45 ff. zu Art. 6 ZGB ). Auch diese Vorschriften unterstehen jedoch dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (HUBER, a.a.O., N. 47). Dabei ist insbesondere die dienende Funktion dieser Vorschriften zu beachten. Das kantonale Recht der Gerichtsorganisation und der Prozessordnung ist darauf ausgerichtet, dem materiellen Recht zum Durchbruch zu verhelfen. Die Kantone sind verpflichtet, eine Ordnung zu schaffen, welche die Anwendung des materiellen Bundesrechts gewährleistet. Namentlich ist ihnen untersagt, die Freiheit des kantonalen Richters in der Anwendung des Bundesrechts durch das kantonale Prozessrecht einzuschränken (vgl. BGE 107 II 122 E. 2a). Unter Beachtung dieser Einschränkungen sind die Kantone in der Ausgestaltung ihres Organisations- und Prozessrechts frei. Sie können insbesondere Normen zur Sicherung eines geordneten Verfahrens erlassen. Dazu gehören auch Bestimmungen über den Ablauf von öffentlichen Gerichtsverhandlungen und über die Gerichtsberichterstattung. Soweit von der Gerichtsberichterstattung negative Auswirkungen auf den geordneten Verfahrensablauf ausgehen können, sind sie befugt, hierüber Bestimmungen zu erlassen und eine allfällige Berichtigung der Berichterstattung vorzusehen. Der angefochtene § 15 GOG hält sich somit im Rahmen des den Kantonen zur Regelung überlassenen Verfahrens ( Art. 64 Abs. 1 und Art. 64bis Abs. 3 BV ) und ist unter diesem Gesichtswinkel nicht zu beanstanden. c) Das aargauische Zivil- und Strafprozessrecht wird - mit Ausnahme der Beratungen - vom Grundsatz der Verhandlungsöffentlichkeit beherrscht (§ 14 GOG). Ausnahmen sind möglich, wenn das öffentliche Interesse oder ein schutzwürdiges Interesse der Prozessbeteiligten dies erfordert (vgl. § 79 Abs. 2 ZPO , § 47 StPO ). Diese Beschränkungen der Öffentlichkeit dienen letztlich dem ordnungsgemässen Gang des Verfahrens und damit der unvoreingenommenen und unbeeinflussten Rechtsfindung. Solche Beschränkungen, wie sie sich allgemein aus der Verfahrensordnung ergeben können oder auf Antrag oder aus sitzungspolizeilichen Gründen angeordnet werden können, haben, soweit sie ihrerseits BGE 113 Ia 309 S. 313 verfassungs- und konventionskonform sind, Vorrang vor dem Öffentlichkeitsgrundsatz und der damit verbundenen Kontrollmöglichkeit der Allgemeinheit. An ihrer Zulässigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass diese Beschränkungen neben dem Zweck, eine objektive Rechtsfindung und einen ordnungsgemässen Verfahrensablauf zu garantieren, auch dem Schutz der am Prozess Beteiligten dienen. Die Beschwerdeführer erheben denn in diesem Zusammenhang zu Recht auch keine Rüge. Gleich verhält es sich mit Einschränkungen der Gerichtsberichterstattung. Die Gerichtsberichterstattung ist ein Teil der Verfahrensöffentlichkeit und stellt gewissermassen deren mittelbare Form dar (HANS SCHULTZ, Der Grundsatz der Öffentlichkeit im Strafprozess, in: SJZ 69/1973 S. 131). Die mit der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen verbundenen Funktionen werden tatsächlich nicht so sehr durch den einzelnen, im Gerichtssaal anwesenden Bürger, sondern vielmehr durch die Berichterstattung über die Gerichtsverhandlungen insbesondere in der Presse wahrgenommen. Der Journalist wird zum Medium der Transparenz der richterlichen Staatstätigkeit für den Bürger einerseits und deren Kontrolle durch den Bürger anderseits (CARL HANS BRUNSCHWILER, Die dritte Gewalt, Aarau 1971, S. 29). Die Berichterstattung trägt nebst ihrer Publizitätswirkung dazu bei, das Vertrauen des Volkes in die Gesetzlichkeit und Unparteilichkeit der Justiz aufrechtzuerhalten (CARL LUDWIG, Die Verantwortlichkeit des Gerichtsberichterstatters, in: Festgabe zum 70. Geburtstag von Erwin Ruck, 1952, S. 18). Diese Zielsetzungen lassen sich indessen nur verwirklichen, wenn die Gerichtsberichterstattung sich ihrer Verantwortung bewusst ist und objektiv über die Gerichtsverhandlungen orientiert. Dabei ist nicht zu übersehen, dass die Wirkungen der mittelbaren Öffentlichkeit viel weiter reichen als die der unmittelbaren, welche nur wenige Teilnehmer an den Verhandlungen erfasst (SCHULTZ, a.a.O., S. 132). Der Empfänger des Medienberichtes orientiert sich allein an dessen Inhalt über den Gang des Verfahrens; unmittelbare Wahrnehmungen gehen ihm ab. Das Gebot der sachlichen Berichterstattung liegt damit durchaus im Interesse der ordnungsgemässen Rechtspflege. Auch ist augenfällig, dass deren Funktion ohne weiteres beeinträchtigt werden kann, wenn die Prozessbeteiligten (Parteien, zum Beweis angehörte Personen und Gerichtsbehörden) blossgestellt, lächerlich gemacht oder in unwürdiger Art und Weise kritisiert werden. Die Vorschrift in § 15 Abs. 1 GOG, welche zu sachlicher Berichterstattung BGE 113 Ia 309 S. 314 verpflichtet und unnötige Blossstellungen verbietet, liegt damit unmittelbar im Interesse der ordnungsgemässen Rechtspflege. Dem ordnungsgemässen Gang der Rechtspflege dienen auch die Abs. 2 und 3 der angefochtenen Bestimmung. Anlässlich der zweiten Lesung zum Organisationsgesetz wurde die Meinung vertreten, § 15 GOG bezwecke nichts anderes als den verhältnismässigen Persönlichkeitsschutz. Dieser Umstand ändert an der Zielrichtung der angefochtenen Bestimmung nichts. Eine Gesetzesbestimmung ist in erster Linie aus sich selbst, d.h. nach ihrem Wortlaut, Sinn und Zweck sowie nach den ihr zugrundeliegenden Wertungen auszulegen. Die Vorarbeiten sind weder verbindlich noch für die Auslegung unmittelbar entscheidend; denn ein Gesetz entfaltet ein eigenständiges, vom Willen des Gesetzgebers unabhängiges Dasein, sobald es in Kraft getreten ist. Das heisst nicht, die Gesetzesmaterialien seien methodisch unbeachtlich; sie können namentlich dann, wenn eine Bestimmung unklar ist oder verschiedene, sich widersprechende Auslegungen zulässt, ein wertvolles Hilfsmittel sein, den Sinn der Norm zu erkennen ( BGE 112 II 170 E. 2b, 109 Ia 303, mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist jedoch offensichtlich, dass die der Gerichtsberichterstattung gesetzten Grenzen unmittelbar dem ordnungsgemässen Prozessverlauf dienen, welcher u.a. nur damit erreicht werden kann, dass die Beteiligten nicht unnötig blossgestellt werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass die angefochtenen Bestimmungen auch dem Persönlichkeitsschutz der am Prozess Beteiligten zu dienen vermögen. Daraus ergibt sich somit, dass § 15 GOG eine Vorschrift des öffentlichen Rechts zur Sicherung eines geordneten Verfahrens darstellt. Dies trifft sowohl auf die Richtlinien nach § 15 Abs. 1 GOG als auch auf die Sanktionen nach § 15 Abs. 2 und 3 GOG zu. Sie verletzen demnach den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesprivatrechts nicht. d) Im übrigen verkennen die Beschwerdeführer die Tragweite des Bundesprivatrechts, wenn sie diesem einen abschliessenden Persönlichkeitsschutz zuzuordnen suchen. Der Schutz der Persönlichkeit ist universelles Anliegen der Rechtsordnung überhaupt. Die Menschenwürde ist nicht nur Schutzobjekt des Privatrechts, sondern der Rechtsordnung schlechthin, und sie manifestiert sich auch in den Grundrechtsverbürgungen der Bundesverfassung (vgl. HANS HUBER, Diskussionsvotum zum Schweizerischen Juristentag 1960, ZSR 79/1960 II S. 667a ff.). Der Persönlichkeitsschutz ist Anliegen des privaten wie des öffentlichen Rechts (vgl. KARL BGE 113 Ia 309 S. 315 OFTINGER, Diskussionsvotum zum Schweizerischen Juristentag 1960, ZSR 79/1960 II S. 658a f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der Verfassung und der Persönlichkeitsschutz des Privatrechts, Bern 1964, S. 74 ff.). Dies gilt namentlich auch für den Bereich des Prozessrechts. Die Prozessbeteiligten haben bereits aus dem Gebot der Fairness (vgl. PETER SALADIN, Das Verfassungsprinzip der Fairness, in: Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, Basel 1975, S. 41 ff.) Anspruch darauf, im Verfahren ihre Würde garantiert zu erhalten. Dazu dienen nicht bloss die den kantonalen Prozessordnungen und Art. 4 BV entfliessenden Verfahrensgarantien, sondern auch der allgemeine Anspruch darauf, im Verfahren mit der gebotenen Achtung der Persönlichkeit behandelt zu werden. In besonderem Masse gilt dies für den strafrechtlich Beschuldigten. Dient das moderne Strafrecht vorab dem humanen Bestreben nach Wiedergewinnung des Delinquenten für das Leben in der freien Gesellschaft (O.A. GERMANN, Massnahmenrecht des Schweizerischen Strafgesetzbuchs, ZStrR 73/1958 S. 74), ist auch das Prozessrecht mit einer würdigen Behandlung des Beschuldigten diesem Ziel verpflichtet. Die Gefahr einer Verletzung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte aber liegt nicht nur in einer unkorrekten Verfahrensabwicklung, sondern ebensosehr in einer unnötig verletzenden oder blossstellenden Gerichtsberichterstattung. Die Berichte über die Gerichtsverhandlungen haben somit die Persönlichkeit der Prozessbeteiligten zu beachten (SCHULTZ, a.a.O., S. 134). Dies sicherzustellen sind auch die kantonalen Prozessrechte berufen. Öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Persönlichkeitsschutz haben in diesem Sinne nebeneinander Bestand. Dass die Ansprüche eines Prozessbeteiligten wegen seine Persönlichkeit verletzenden Gerichtsberichterstattungen sich nach Massgabe des Privatrechts beurteilen und nach Art. 28 ff. ZGB geltend gemacht werden können, schliesst die Befugnis der Kantone nicht aus, den Anliegen der Prozessbeteiligten auch im Rahmen der gerichtspolizeilichen Vorschriften Rechnung zu tragen. Die richtig verstandenen Anliegen einer ordnungsgemässen Rechtspflege, welche auch den Persönlichkeitsschutz der Prozessbeteiligten umfassen, rechtfertigen zusätzliche Einschränkungen des Öffentlichkeitsprinzipes; der Persönlichkeitsschutz des Privatrechts reicht hiezu nicht aus. Zum umfassenden Schutz der Persönlichkeit der Prozessbeteiligten bedarf es daher eines Zusammenwirkens von Privatrecht und Prozessrecht. BGE 113 Ia 309 S. 316 Die unnötige Verletzung oder Blossstellung vom Prozessbeteiligten ist unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen. Es reicht nicht aus, den Verletzten auf seine zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Täter zu verweisen. Der Staat selbst hat an einer Verletzung teil, wenn er diese während oder im Anschluss an die Verhandlung duldet. So wenig er zulassen darf, dass an der Verhandlung gegen die Prozessbeteiligten von Privaten Gewalttätigkeiten verübt werden, darf er es hinnehmen, dass ihr Persönlichkeitsrecht verletzt wird (MAX GULDENER, Bundesprivatrecht und kantonales Zivilprozessrecht, ZSR 80/1961 II S. 6 und 54 f.). e) Aus all diesen Gründen erweist sich die Rüge, der kantonale Gesetzgeber habe mit der Bestimmung von § 15 GOG in die Kompetenz des Bundes zur Regelung des privaten Persönlichkeitsschutzes eingegriffen und damit Art. 2 ÜbBest. BV verletzt, als unbegründet. Die Beschwerde ist daher in diesem Punkte abzuweisen. f) Die Beschwerdeführer machen unter dem Gesichtswinkel der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht geltend, die angefochtenen Bestimmungen stünden, soweit sie sich auf Radio und Fernsehen beziehen, mit dem Bundesrecht in Widerspruch. Diese Frage braucht daher im vorliegenden Fall nicht geprüft zu werden (vgl. BGE 112 Ia 407 E. 5). 4. a) Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, § 15 GOG verletze in verschiedener Hinsicht geschriebene und ungeschriebene Verfassungsrechte sowie Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie berufen sich insbesondere auf Art. 55 BV , die Meinungsäusserungsfreiheit und Art. 10 EMRK sowie auf die Informationsfreiheit und den Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen. b) Die Bundesverfassung garantiert in Art. 55 BV ausdrücklich die Pressefreiheit und gewährt dem Bürger damit das Recht, seine Meinung mit den Mitteln der Druckerpresse in der Öffentlichkeit zu verbreiten ( BGE 107 Ia 49 E. 3, 279 f.; vgl. BGE 96 I 588 E. 3). Die Meinungsäusserungsfreiheit wird als ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes anerkannt. Es gewährleistet das Recht des Bürgers, seine Meinung frei zu bilden und zu äussern und sie andern bekanntzugeben ( BGE 108 Ia 175 ; BGE 107 Ia 65 , 229 E. b, 236, 279; BGE 105 Ia 182 ). In der umfassend verstandenen Meinungsäusserungsfreiheit ist die ausdrücklich garantierte Pressefreiheit als Teilgehalt enthalten und stellt insofern einen besondern Anwendungsfall derselben dar ( BGE 107 Ia 49 E. 3, 280; BGE 98 Ia 421 E. 2a; BGE 96 I 592 E. 6; ZBl 85/1984 S. 310). BGE 113 Ia 309 S. 317 Aus der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit ergibt sich die Informationsfreiheit, d.h. das Recht, Nachrichten und Meinungen ohne Eingriffe der Behörden frei zu empfangen und sich aus allgemein zugänglichen Quellen aktiv zu unterrichten ( BGE 107 Ia 305 f., 236 E. 2; BGE 105 Ia 182 ; BGE 104 Ia 91 E. 4 und 5, 378 E. 2; ZBl 83/1982 S. 222 E. d). Die Informationsfreiheit enthält nach der Rechtsprechung keine generelle Pflicht der Behörden zur Unterrichtung über Angelegenheiten der Verwaltung und räumt dem Bürger keinen positiven Anspruch auf Information ein; das Bundesgericht hat die Informationsfreiheit nicht als ungeschriebenes eigenständiges Verfassungsrecht anerkannt ( BGE 107 Ia 305 f.; BGE 104 Ia 91 E. 4 und 5). Soweit die Behörden aber informieren und Auskunft erteilen, sind sie an das Rechtsgleichheitsgebot und an das Willkürverbot gebunden ( BGE 104 Ia 97 , 378; ZBl 83/1982 S. 39 E. 3a und S. 222). Ferner garantiert Art. 10 Ziff. 1 EMRK u.a. die Freiheit der Meinungsäusserung ( BGE 108 Ia 277 , 318 E. 2). Diese Konventionsgarantie entspricht in bezug auf die Äusserung und Weitergabe von Meinungen und in bezug auf die Möglichkeit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen aktiv zu informieren, dem geschriebenen und ungeschriebenen Bundesverfassungsrecht ( BGE 108 Ia 175 , 277 E. b, 318 E. 2a; ZBl 83/1982 S. 222 E. d; vgl. aber JOCHEN ABR. FROWEIN/ WOLFGANG PEUKERT, EMRK-Kommentar, Kehl/Strassburg/Arlington 1985, N. 13 zu Art. 10; JOCHEN ABR. FROWEIN, Artikel 10 EMRK in der Praxis von Kommission und Gerichtshof, in: Archiv für Presserecht 17/1986 S. 198); besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Schranken nach Art. 10 Ziff. 2 EMRK zu. Die erhobenen Rügen sind demnach unter den Gesichtspunkten der Pressefreiheit, der Meinungsäusserungsfreiheit und von Art. 10 EMRK sowie der daraus fliessenden Informationsfreiheit gemeinsam zu behandeln (vgl. BGE 104 Ia 91 f.). Die Meinungsäusserungsfreiheit und die Pressefreiheit gelten wie andere Freiheitsrechte nicht unbegrenzt. Einschränkungen sind zulässig, sofern sie auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind ( BGE 107 Ia 49 f.; BGE 104 Ia 103 ; BGE 98 Ia 63 E. 7; BGE 96 I 589 E. 4); Einschränkungen von Art. 10 Ziff. 1 EMRK sind nach Massgabe von Ziff. 2 zulässig (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. Juli 1986 i.S. Lingens, Ziff. 39 ff., Publications de la Cour européenne des droits de l'homme, Série A Nr. 103, in deutscher Übersetzung in: EuGRZ 1986 S. 424 ff.). Bei BGE 113 Ia 309 S. 318 der Beurteilung der Äusserungsmöglichkeiten und der Informationsfreiheit ist der Bedeutung dieser Grundrechte für die Entfaltung des Einzelnen sowie für die Meinungsbildung und -äusserung in einem demokratischen Rechtsstaat Rechnung zu tragen, soweit die Meinungsäusserungsfreiheit im Vordergrund steht ( BGE 107 Ia 279 , BGE 96 I 592 E. 6; ZBl 85/1984 S. 310 E. 2a). In bezug auf die Pressefreiheit ist die spezielle Funktion der Presse zu beachten, die als Vermittlerin von Informationen über das Gemeinwesen zur öffentlichen Meinungsbildung und damit zur öffentlichen Kontrolle beiträgt ( BGE 104 Ia 379 E. a; ZBl 85/1984 S. 311 E. a; erwähntes Urteil des Europäischen Gerichtshofes i.S. Lingens, Ziff. 41; JÖRG PAUL MÜLLER/STEFAN MÜLLER, Grundrechte - Besonderer Teil, Bern 1984, S. 108 und S. 112 f.); dies trifft für die Berichterstattung über Regierungs- und Verwaltungstätigkeit ebenso wie über das Gerichtswesen zu (vgl. JÖRG PAUL MÜLLER, Gibt es eine Medienfreiheit?, in: recht 1983 S. 12 f.). c) Die Beschwerdeführer berufen sich ferner auf den Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen. Die Öffentlichkeit der Verhandlungen der Gerichte ist nach § 72 KV sowie nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK garantiert. Dieser Grundsatz bedeutet eine Absage an jede Form geheimer Kabinettsjustiz. Er soll durch die Kontrolle der Öffentlichkeit dem Angeschuldigten und allen übrigen am Prozess Beteiligten eine korrekte und gesetzmässige Behandlung gewährleisten. Der Öffentlichkeit soll darüber hinaus ermöglicht werden, Kenntnis davon zu erhalten, wie das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeführt wird. Durch die Öffentlichkeit wird es der Allgemeinheit ermöglicht, die Prozesse unmittelbar zu verfolgen. Die rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit verbietet einen Ausschluss dort, wo nicht überwiegende Gründe der staatlichen Sicherheit, öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit oder schützenswerte Interessen Privater das vordringlich gebieten (vgl. BGE 111 Ia 245 , BGE 108 Ia 92 , mit Hinweisen; SCHULTZ, a.a.O., S. 129 ff.). In diesem Sinne sehen auch § 72 KV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit vor. Solche generelle Ausnahmen stehen im vorliegenden Fall nicht zur Diskussion. Es fragt sich, ob die Beschwerdeführer, welche die Interessen der Journalisten vertreten, befugt sind, sich auf den Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen zu berufen. Diese Frage braucht indessen nicht näher geprüft zu werden. Entscheidend ist, dass im Grundsatz die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen BGE 113 Ia 309 S. 319 gewährleistet ist und dass demnach diese Verhandlungen eine allgemein zugängliche Informationsquelle darstellen, aus der sich der Einzelne sowie der Journalist aufgrund der Informationsfreiheit grundsätzlich ohne Eingriffe der Behörden unterrichten kann (vgl. MARCEL GUIGNARD, Die Gerichtsberichterstattung, in: Festschrift für den Aargauischen Juristenverein, Aarau 1986, S. 53 f.). Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen kommt daher im vorliegenden Fall keine selbständige Bedeutung zu; sie ist vielmehr im Zusammenhang mit der Rüge der Verletzung der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit und von Art. 10 EMRK und der daraus abgeleiteten Informationsfreiheit zu behandeln (vgl. BGE 105 Ia 182 f.). d) Die Beschwerdeführer machen in materieller Hinsicht keine Verletzung von Art. 55bis BV geltend. Es braucht daher nicht untersucht zu werden, inwiefern die in § 15 GOG enthaltenen Berichterstattungsrichtlinien und Sanktionen für Radio und Fernsehen vor der Verfassung standhalten (vgl. Urteil vom 17. Oktober 1980, in: ZBl 83/1982 S. 219 ff.). e) Im folgenden sind die erhobenen Rügen in bezug auf die in § 15 GOG enthaltenen Absätze und Bestimmungen einzeln zu prüfen. 5. a) Die angefochtene Bestimmung von § 15 Abs. 1 GOG verlangt, dass die Gerichtsberichterstattung sachlich sein müsse und niemanden unnötig blossstellen dürfe. Sie enthält damit eine Anweisung, wie die Berichterstattung auszugestalten ist; Verstösse dagegen können die Folgen nach § 15 Abs. 2 und Abs. 3 GOG nach sich ziehen. Insofern stellt die Bestimmung einen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit dar. Es ist daher zu prüfen, ob dieser Eingriff im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist und somit vor den Verfassungs- und Konventionsgarantien standhält. Für die Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass zwischen Information und Meinungsäusserung unterschieden werden kann (vgl. BGE 107 Ia 315 f.; erwähntes Urteil des Europäischen Gerichtshofes i.S. Lingens, Ziff. 45 f.). Die Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen ist zum einen Information, d.h. Wiedergabe von Tatsachen, wie sie im Gerichtssaal stattgefunden haben. Wie oben dargelegt, kann der Bürger aufgrund der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen unmittelbar und mittels der Gerichtsberichterstattung in den Massenmedien mittelbar davon Kenntnis erhalten, wie das Recht verwaltet und die Rechtspflege BGE 113 Ia 309 S. 320 ausgeführt wird (vgl. BGE 111 Ia 245 , BGE 108 Ia 92 ). Der Bürger nimmt insbesondere aufgrund von Presseberichten teil an der Rechtsprechung und kann eine gewisse Kontrolle ausüben. Diese Funktion kann indessen nur erfüllt werden, soweit die Berichterstattung wahrheitsgetreu und sachlich erfolgt. Die richtige Orientierung der Öffentlichkeit ist allgemein eine wesentliche Grundlage des Funktionierens des demokratischen Staatswesens und steht mit der Pressefreiheit nicht in Widerspruch ( BGE 107 Ia 316 ; vgl. JÖRG PAUL MÜLLER, Zur Bedeutung der Pressefreiheit beim privat- und strafrechtlichen Ehrenschutz, in: ZSR 86/1967 I S. 140 ff.). Das gilt auch für die Berichterstattung über das Gerichtswesen. Eine unsachliche und wahrheitswidrige Berichterstattung beeinträchtigt sodann das Vertrauen in die Justiz und kann den ordnungsgemässen Gang der Rechtspflege beeinträchtigen. Im Rahmen der abstrakten Normkontrolle braucht nicht umschrieben zu werden, was genau als sachliche bzw. als objektive Berichterstattung zu verstehen ist; als Richtlinie ist sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ( BGE 107 Ia 316 ; ZBl 83/1982 S. 225 und 226). Die Verpflichtung zu sachlicher Berichterstattung im Sinne einer objektiven Information über Gerichtsverhandlungen steht damit in einem überwiegenden öffentlichen Interesse und erweist sich wegen der geringen Tragweite des Eingriffs in die Verfassungs- und Konventionsgarantien als verhältnismässig. Das gleiche gilt für das Verbot, mit der Gerichtsberichterstattung niemanden unnötig blosszustellen. Die Meinungsäusserungs- und die Pressefreiheit sind unter Respektierung der Freiheitsrechte von Drittpersonen auszuüben ( BGE 107 Ia 229 E. b, mit Hinweisen). Diese Freiheitsrechte geben keinen Anspruch darauf, Prozessbeteiligte unnötig blosszustellen und damit deren Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Wie alle Freiheitsrechte finden auch sie ihre Grenze an der schützenswerten Rechtssphäre der andern. Das Anwachsen des Medienangebotes hat daher dem Gedanken des Schutzes der Individualität und der Würde des Einzelnen im Rahmen des auch öffentlichrechtlich gebotenen Persönlichkeitsschutzes erhöhte Aktualität verliehen (JÖRG PAUL MÜLLER, Zur Bedeutung der Pressefreiheit beim privat- und strafrechtlichen Ehrenschutz, a.a.O., S. 115 ff.; JÖRG PAUL MÜLLER/STEFAN MÜLLER, a.a.O., S. 92). Darüber hinaus vermag die unnötige Blossstellung von den an einem Gerichtsverfahren beteiligten Personen den ordentlichen Gang der Rechtspflege zu beeinträchtigen. Die Bestimmung von § 15 Abs. 1 GOG liegt damit auch in dieser Hinsicht BGE 113 Ia 309 S. 321 im überwiegenden öffentlichen Interesse und kann nicht als unverhältnismässig bezeichnet werden. Soweit die Gerichtsberichterstattung aber Meinungsäusserungen über das Gerichtsverfahren und die Rechtspflege enthält, schliesst die Bestimmung von § 15 Abs. 1 GOG bei verfassungskonformer Auslegung Kritik an der Rechtspflege nicht aus. Es gehört vielmehr zu den Grundanliegen der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit in einem demokratischen Rechtsstaat, dass solche Kritik publik gemacht werden kann, auch wenn sie in der Sache selbst scharf ausfällt. Auch solche Kritik soll aber im Ton sachlich bleiben, denn das öffentliche Interesse an der Information verlangt nicht, dass sie sich im Ton vergreift. Objektivität und Sachlichkeit in der Ausdrucksweise sind die Voraussetzung dafür, dass die Rechtspflege ihren ordnungsgemässen Gang, frei von sachfremden Einflüssen, nehmen kann. Werden die Justizorgane öffentlich mit masslosen und unqualifizierten Vorwürfen angegriffen, besteht insbesondere die Gefahr, dass die in der Streitsache mitwirkenden Organe einerseits die notwendige innere Distanz zum Streitgegenstand verlieren und dass sie anderseits nicht mehr unbefangen zu urteilen vermögen. Mit den Erfordernissen einer unabhängigen Rechtspflege ist eine solche Situation klarerweise unvereinbar, und es wird die Gefahr geschaffen, das Ansehen der gesamten Rechtsprechung herabzusetzen ( BGE 108 Ia 320 f., 106 Ia 108 f.). § 15 Abs. 1 GOG ist mithin auch unter dem Blickwinkel der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit einer verfassungskonformen Auslegung durchaus zugänglich. Sollte sich aus der konkreten Rechtsanwendung eine Verletzung dieser Grundrechte ergeben, steht den Betroffenen hiegegen die staatsrechtliche Beschwerde mit inzidenter Normenkontrolle und einem Schutz vor verfassungs- und konventionswidriger Rechtsanwendung zur Verfügung. b) Die Beschwerdeführer erachten ferner die Bestimmung von § 15 Abs. 2 GOG, wonach die Massenmedien eine vom zuständigen Gericht angeordnete und formulierte Berichtigung ihrer Berichterstattung zu veröffentlichen haben, als verfassungs- und konventionswidrig. Eine solche Pflicht, Berichtigungen zu veröffentlichen, greift grundsätzlich in den Freiheitsbereich der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit ein. Zu prüfen ist demnach, inwieweit hierfür ein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben sei und ob eine solche Pflicht verhältnismässig sei. BGE 113 Ia 309 S. 322 Wendet man die vorstehend dargelegten Grundsätze über die Bedeutung einer im objektivierbaren Bereich sachlichen Gerichtsberichterstattung sinngemäss auch auf diesen Punkt an, so lässt sich nicht beanstanden, dass das Gesetz insoweit eine Berichtigungspflicht statuiert. Soweit sich eine unsachliche oder blossstellende Gerichtsberichterstattung oder eine unsachlich gehaltene Kritik negativ auf die in einem demokratischen Rechtsstaat notwendige Information des Bürgers auswirkt und zudem den ordnungsgemässen Gang der Justiz beeinträchtigt, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Presse zu einer Berichtigungsveröffentlichung angehalten wird. Hierfür besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse, und die Pflicht zur Aufnahme einer Berichtigung erweist sich als angemessenes Mittel. Ein Organ der Presse, welches sich weigern würde, eine offensichtlich falsche Tatsachendarstellung oder eine unsachliche und unnötig verletzende Gerichtsberichterstattung zu berichtigen, verstiesse zugleich gegen ein sittliches Gebot und gegen seine Pflicht als Mittler zwischen Behörde und Öffentlichkeit. Indessen ist eine einschränkende Auslegung der Bestimmung am Platze. Ist eine Darstellung nicht offensichtlich unsachlich, sondern ist der fragliche Vorgang auch einer differenzierten Betrachtungsweise zugänglich, so kann keine Berichtigung im strengen Sinne des Wortes, sondern allenfalls höchstens eine Gegendarstellung gefordert werden. Mit einer solchen nimmt die Gerichtsverwaltung nicht für sich in Anspruch, allein die Wahrheit zu vertreten, sondern sie überlässt die Meinungsbildung der Öffentlichkeit ( BGE 107 Ia 317 ). Nach der im vorliegenden Verfahren abgegebenen Vernehmlassung des Regierungsrates ist nicht beabsichtigt, § 15 Abs. 2 GOG in Missachtung dieser Beschränkungen auszulegen und anzuwenden. Wie oben dargelegt, stünde bei zu extensiver Auslegung von § 15 Abs. 2 GOG im Einzelfall immer noch die staatsrechtliche Beschwerde offen. Die angefochtene Bestimmung kann daher im abstrakten Normkontrollverfahren nicht als verfassungs- oder konventionswidrig bezeichnet werden. c) Nach § 15 Abs. 3 GOG können Gerichtsberichterstatter, die gegen die für die Berichterstattung aufgestellten Regeln verstossen, durch Entscheid des Obergerichts von den öffentlichen Verhandlungen der Gerichte des Kantons ausgeschlossen werden. Auch darin erblicken die Beschwerdeführer eine Verletzung der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit sowie der Informationsfreiheit. BGE 113 Ia 309 S. 323 Für die Beurteilung dieser Rüge ist zum einen davon auszugehen, dass die regelmässigen Gerichtsberichterstatter aufgrund eines Akkreditierungssystems oder einer faktischen Akkreditierung eine Sonderstellung einnehmen. Sie verfügen oftmals über Sonderrechte und erhalten zusätzliche Informationen über Gerichtstermine und einzelne Verfahren sowie für das Verständnis einzelner Prozessverfahren notwendige Unterlagen (vgl. GUIGNARD, a.a.O., S. 58 f.). Diese medienfreundliche Behandlung der Gerichtsberichterstatter ist nicht nur nach der Praxis der meisten Kantone verbreitet, sondern ausdrücklich auch in Art. 25 des Reglementes für das Schweizerische Bundesgericht (SR 173.111.1) normiert. Das Korrelat zur Gewährung einer derartigen Sonderstellung besteht dabei regelmässig in der Möglichkeit von deren Entzug, sofern von der Akkreditierung im geschilderten Sinne missbräuchlich Gebrauch gemacht wird (vgl. SCHULTZ, a.a.O., S. 134 f.). Berichterstatter, welche in grober Weise die ihnen auferlegten sittlichen und rechtlichen Pflichten verletzen, dürfen ohne Beeinträchtigung der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit im Interesse der Anliegen einer sachgerechten Rechtspflege dieser Privilegien verlustig erklärt werden. Darin kann keine Verletzung der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit sowie der Informationsfreiheit erblickt werden (vgl. GUIGNARD, a.a.O., S. 72 f.). Die angefochtene Bestimmung ist in dieser Hinsicht auch unter dem Gesichtswinkel der nach Art. 4 BV garantierten Rechtsgleichheit nicht zu beanstanden. Der Wortlaut von § 15 Abs. 3 GOG lässt es zu, dass ein Gerichtsberichterstatter unbedingt von allen Verhandlungen der Gerichte ausgeschlossen werden könnte. Damit würde er alle Rechte verlieren, die sich einerseits aus der Informationsfreiheit und andererseits aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen ergeben. Eine solche Auslegung hielte vor der Verfassung und der Konvention nicht stand. Die angefochtene Bestimmung lässt sich indessen auch verfassungs- und konventionsmässig auslegen. Als schwerwiegende Sanktion wird sich der Ausschluss eines Gerichtsberichterstatters von den öffentlichen Verhandlungen nur in echten Ausnahmefällen und bei wiederholten und schweren Verstössen gegen die Berufspflichten rechtfertigen lassen. Ein Ausschluss kann weiter nur insofern verfügt werden, als er die Stellung eines Berichterstatters betrifft. Es wäre indessen unzulässig, einen Gerichtsberichterstatter auch als Teil des zum Verfahren zugelassenen Publikums, d.h. bei einem Verzicht BGE 113 Ia 309 S. 324 auf eine Berichterstattung, von den Verhandlungen auszuschliessen. Ein solcher Ausschluss müsste zudem dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügen. Vorbehalten bleiben die Fälle, in denen die Öffentlichkeit in einem Verfahren gänzlich ausgeschlossen wird. Nach der Vernehmlassung des Kantons ist nicht damit zu rechnen, dass § 15 Abs. 3 GOG unter Missachtung der erwähnten Schranken angewendet wird. Es darf auch beachtet werden, dass ein Ausschluss nicht von jedem Gericht, sondern lediglich vom Obergericht verfügt werden darf. Das Obergericht bietet Gewähr dafür, dass ein Ausschluss eines Gerichtsberichterstatters unter Abwägung der zugrundeliegenden Interessen und insbesondere unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und des Gleichheitsgebotes erfolgt (vgl. BGE 109 Ia 303 ; Urteil vom 10. Juli 1986 i.S. B. E. 3b, in: EuGRZ 1986 S. 650). Zudem steht dem Betroffenen im Einzelfall die staatsrechtliche Beschwerde offen. Bei dieser Sachlage zeigt sich, dass die Bestimmung von § 15 Abs. 3 GOG einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung zugänglich und die Wahrscheinlichkeit einer solchen zulässigen Auslegung im Einzelfall gegeben ist. Demnach rechtfertigt sich die Aufhebung der angefochtenen Bestimmung im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nicht. 6. Aus all diesen Gründen hält die angefochtene Bestimmung von § 15 GOG im Rahmen der vorgetragenen Rügen der abstrakten Normenkontrolle stand.
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Urteilskopf 99 II 104 16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. April 1973 i.S. American Brands Inc. gegen Silva-Verlag.
Regeste Art. 6 Abs. 1 und 3, 7 bis Abs. 1, 3 und 5, 9 Abs. 1 und 2 MSchG. 1. Ein Verband kann dasselbe Zeichen als Kollektivmarke für die Waren seiner Mitglieder und als Individualmarke für eigene Waren eintragen lassen. Gesetzlicher Zweck und Gebrauch der Kollektivmarke (Erw. 1-4). 2. Auf die Nichtigkeit einer Marke kann sich jedermann berufen, der ein schutzwürdiges Interesse hat. Das gilt auch für den Inhaber einer jüngeren Marke, wenn er vom Inhaber der nichtigen wegen Markenverletzung verfolgt wird; Rechtsfolgen (Erw. 5). 3. Verwechselbarkeit zwischen der Individualmarke SILVA THINS und der Kollektivmarke SILVA; gänzliche Warenverschiedenheit, Verstoss der Kollektivmarke gegen ältere Rechte Dritter (Erw. 6-9)?
Sachverhalt ab Seite 105 BGE 99 II 104 S. 105 A.- Die Genossenschaft Silva-Verlag bezweckt, in Verbindung mit dem Verkauf der von ihren Mitgliedern erzeugten Waren künstlerisch und erzieherisch wertvolle Bildwerke herauszugeben und zu propagieren. Diese Werke bestehen aus den von ihr herausgegebenen und verkauften Büchern und den in diese einzuklebenden Bildern, die sie in Tausch gegen Gutscheine abgibt. Die Gutscheine, die sog. Silva-Bilderchecks, sind den Erzeugnissen der Genossenschafter beigegeben. Die Genossenschaft gibt unter dem Titel Silva-Revue oder Silva periodisch eine Druckschrift heraus, in der für die Bildwerke und für die mit Silva-Bilderchecks abgesetzten Waren geworben wird. Am 26. April 1948 hinterlegte die Genossenschaft beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum als Kollektivmarke das Wort SILVA. Dieses Zeichen ist für Nahrungs- und Genussmittel sowie Seifenprodukte, d.h. für Waren der internationalen Klassen 3 und 29 - 34 bestimmt und wurde unter Nr. 131 970 registriert und am 20. März 1968 unter Nr. 230 479 erneuert. Die Genossenschaft hinterlegte ferner am 5. Januar 1949, 18. Februar 1959 und 5. August 1966 für den Gebrauch auf Büchern, Bildern und Gutscheinen zum Bezug von Bildern, d.h. Waren der internationalen Klasse 16, verschiedene Individualmarken, die alle unter anderem das Wort SILVA enthalten. Dieses Wort kommt auch in verschiedenen vom internationalen Büro oder vom eidgenössischen Amt registrierten Marken anderer Hinterleger vor, besonders in der schweizerischen Wortmarke Nr. 227 189 SILVA THINS, die am 7. Juli 1967 von der Firma The American Tobacco Company zum Gebrauch für Tabak und Tabakfabrikate, einschliesslich Zigaretten und Zigarren, d.h. für Waren der internationalen Klasse 34 angemeldet wurde. B. - Die Genossenschaft Silva-Verlag klagte im Herbst 1968 gegen die American Tobacco Company, die heute American Brands Inc. heisst, auf Ungültigerklärung der Marke Nr. 227 189 und auf Erlass eines gerichtlichen Verbotes, die Bezeichnung Silva Thins im Zusammenhang mit Tabak und Tabakfabrikaten einschliesslich Zigaretten und Zigarren, im BGE 99 II 104 S. 106 geschäftlichen Verkehr, inbegriffen Korrespondenz und Werbung, in der Schweiz zu benützen. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf Feststellung der Nichtigkeit der Kollektivmarke Nr. 230 479 der Klägerin. Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess am 25. Mai 1972 die Klage gut und wies die Widerklage mit der Begründung ab, die Kollektivmarke der Klägerin könnte nur für nichtig erklärt werden, wenn die Beklagte selber Inhaberin einer älteren Marke wäre; das treffe nicht zu. Die Widerklage müsste übrigens selbst bei Berücksichtigung von Rechten Dritter abgewiesen werden, da die Gültigkeit der Marke von keinem der angerufenen Drittrechte berührt werde. Die Beklagte führte gegen dieses Urteil kantonale Nichtigkeitsbeschwerde. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess sie am 15. November 1972 in dem Sinne gut, dass es einen Teil der Eventualbegründung des angefochtenen Urteils (Erwägungen IV lit. d und f) strich. C.- Die Beklagte hat gegen das Urteil des Handelsgerichtes auch Berufung eingereicht. Sie beantragt, die Klage abzuweisen und in Gutheissung der Widerklage festzustellen, dass die Kollektivmarke der Klägerin nichtig sei. Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beklagte beruft sich auf MATTER, Kommentar zum MSchG Art. 7bis Bem. IV 2 (S. 135/136), wonach eine Marke selbst dann, wenn die Vereinigung selber einen Geschäftsbetrieb führt, nicht gleichzeitig als Individual- und als Kollektivmarke eingetragen werden könne. Diese Auffassung, die in bezug auf das Warenzeichenrecht des Deutschen Reiches z.B. auch von FINGER, Reichsgesetz zum Schutze der Warenbezeichnungen, 3. Aufage, § 24 a Anm. 6 lit. d und PINZGER, Warenzeichenrecht, 2. Auflage, § 17 Anm. 5 vertreten wurde, ist bestritten. DAVID, Kommentar zum MSchG, 2. Auflage, Art. 7bis N. 8 Abs. 2 führt aus, der Verband könne einen eigenen Geschäftsbetrieb haben und die Marke selber führen; wenn sie nur für den Verbandsbetrieb bestimmt sei, liege keine Kollektivmarke vor; wenn sie dagegen vom Verband neben den Mitgliedern geführt werde, handle BGE 99 II 104 S. 107 es sich um eine Kollektivmarke, für deren Schutzumfang der Gebrauch durch die Mitglieder mit zu berücksichtigen sei. Im deutschen Schrifttum sind z.B. HAGENS, Warenzeichenrecht § 24 a Anm. 2 a.E. und TETZNER, Kommentar zum Warenzeichengesetz § 17 N. 13 und 14, der Meinung, der Verband könne die Kollektivmarke (Verbandszeichen genannt) auch selber benutzen, wenn er einen eigenen Geschäftsbetrieb besitze. REIMER/RICHTER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 4. Auflage, Bd. 1 S. 593, stehen offenbar auf dem gleichen Boden, wenn sie ausführen, der Verband allein dürfe das Zeichen nicht benutzen, weil sonst kein eigentliches Verbandszeichen, sondern ein Einzelzeichen vorliege. Bejaht man das Recht des Verbandes, die Kollektivmarke neben den Mitgliedern mitzubenutzen, so ist damit allerdings noch nicht gesagt, dass er sie ausser als Kollektivmarke auch als Individualzeichen für seinen eigenen Geschäftsbetrieb eintragen lassen könne. BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 10. Auflage, § 17 WZG N. 3 nehmen auch das an. Sie sind der Auffassung, wenn der Verband dasselbe Zeichen als Verbandsmarke für die Waren der Mitglieder und als Individualmarke für eigene Waren eintragen lasse, entständen zwei selbständige Zeichenrechte. Dieses Vorgehen muss zulässig sein. Inhaber beider Zeichen, der Kollektivmarke und der Individualmarke, ist der Verband. Dieser fügt sich selber kein Unrecht zu, wenn er ein und dasselbe Zeichen sowohl für die Waren der Mitglieder als auch für jene des eigenen Geschäftes eintragen lässt. Auch Interessen der Öffentlichkeit werden dadurch nicht verletzt, denn die Veröffentlichung beider Eintragungen macht die Rechtslage erkennbar, und das Publikum erwartet nicht, dass die mit einer Kollektivmarke versehene Ware aus einem ganz bestimmten Betriebe stamme; es ist ihm also auch gleichgültig, wenn der Verband selber statt eines seiner Mitglieder sie herstellt oder verbreitet. Das Argument Matters, die grundsätzliche Unübertragbarkeit der Kollektivmarke könnte zu unüberwindbaren Schwierigkeiten und Widersprüchen führen, überzeugt nicht. Wird die Individualmarke - mit dem Geschäft des Verbandes ( Art. 11 Abs. 1 MSchG ) - übertragen, so kann der Bundesrat auch die Übertragung der Kollektivmarke auf den Erwerber bewilligen ( Art. 7bis Abs. 3 MSchG ). Unterbleibt die Übertragung der Kollektivmarke oder ist sie mangels BGE 99 II 104 S. 108 Bewilligung nichtig, so befindet sich der neue Inhaber der Individualmarke in ähnlicher Rechtslage wie wenn er mit Bewilligung des Verbandes selber ein sich mit der Kollektivmarke deckendes Zeichen hätte eintragen lassen. Ob die Individualmarke dann neben der Kollektivmarke fortbestehen könne oder wegen der "Übertragung" nichtig geworden sei, mag offen bleiben; so oder anders besteht kein Grund, dem Inhaber der Kollektivmarke zu verwehren, eine gleichlautende Individualmarke eintragen zu lassen und ihren Schutz für Waren aus dem eigenen Geschäftsbetrieb solange zu beanspruchen, als er Inhaber des Geschäftes und der Individualmarke bleibt. Uebrigens geht die Widerklage nicht auf die Nichtigerklärung der Individualzeichen der Klägerin aus, sondern nur auf Nichtigerklärung ihrer Kollektivmarke. Diese aber kann nicht dadurch nichtig geworden sein, dass die Klägerin, nachdem sie am 26. April 1948 erstmals die Kollektivmarke hinterlegt hatte, am 5. Januar 1949 und später auch noch Individualzeichen eintragen liess, die das Wort SILVA enthalten. Die Kollektivmarke verträgt sich mit diesen Zeichen um so mehr, als sie für Waren der Klassen 3 und 29-34 Schutz beansprucht, die Individualzeichen dagegen für Waren der Klasse 16 dienen. Nahrungs- und Genussmittel sowie Seifenprodukte weichen ihrer Natur nach im Sinne des Art. 6 Abs. 3 MSchG gänzlich von Büchern, Bildern und Gutscheinen zum Bezug von Büchern ab. 2. Die Beklagte ist der Meinung, die Kollektivmarken sicherten dem Publikum zu, dass die mit ihnen bezeichneten Waren der Verbandsangehörigen gewisse Eigenschaften besässen und der Verband sie fortlaufend kontrolliere. Diese angeblichen Gültigkeitsvoraussetzungen spricht sie der Kollektivmarke der Klägerin ab. Sie macht geltend, die Klägerin habe hinsichtlich der von ihren Mitgliedern vertriebenen Waren keinerlei Kontroll- und Weisungsrecht; ihre Statuten entsprächen den gesetzlichen Anforderungen nicht. Gemäss Art. 7bis Abs. 1 MSchG soll die Kollektivmarke zur Kennzeichnung der von den Mitgliedern der Vereinigung erzeugten oder in den Handel gebrachten Waren dienen. Sie ist wie die Individualmarke ( Art. 1 Ziff. 2 MSchG ) ein Mittel, um die Herkunft der Ware festzustellen oder sie von anderen Waren zu unterscheiden. Während die Individualmarke die BGE 99 II 104 S. 109 Herkunft des Erzeugnisses aus dem Geschäft des Markeninhabers oder aus dem Geschäft eines mit ihm eng verbundenen Erzeugers oder Händlers ( Art. 6bis MSchG ) andeutet, weist jedoch die Kollektivmarke darauf hin, dass die Ware aus einer bestimmten Gruppe von Geschäften stamme, nämlich aus einem der von den Mitgliedern der Vereinigung geführten. Ist die Vereinigung Inhaberin mehrerer Kollektivmarken - was z.B. HAGENS, Warenzeichenrecht § 24 a Anm. 2 und REIMER/RICHTER § 17 ff. WZG N. 6 als zulässig erachten -, so können sie der Unterscheidung der Gattungen der von den Mitgliedern erzeugten oder vertriebenen Waren dienen, womit sie zugleich auch wieder auf die Herkunft aus dem Kreise dieser Mitglieder hinweisen. In diesen Funktionen erschöpft sich der vom Gesetz vorgeschriebene Zweck der Kollektivmarken. Art. 7bis verlangt nicht, diese müssten im Publikum weitere Vorstellungen erwecken. In der Regel sucht zwar die Markeninhaberin solche zu fördern. Ob ihr an einer Nebenvorstellung gelegen ist und welchen Inhalt diese haben solle, kann sie aber frei bestimmen. Sie darf mit der Kollektivmarke Aussagen über die Güte der Ware, über Fabrikationsvorgänge, über den geographischen Herstellungsort oder über irgendwelche andere Sachverhalte anstreben, die dem Absatz der Erzeugnisse ihrer Mitglieder förderlich sein können (KUBLI, Der Schutz von Kollektivmarken, Mitteilungen der Schweizergruppe der internationalen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz III S. 199; MATTER Art. 7bis Bem. II [S. 132]; MATTER, SJK 1022 S. 1; PAHUD, La marque collective en Suisse et à l'étranger, Thèse Lausanne 1940 S. 25 ff.; KRNETA, Wesen, Inhaber und Übertragung der Kollektivmarke, Diss. Bern 1961 S. 24; BAUMANN, Das schweizerische Ursprungszeichen, Diss. Bern 1953 S. 70 f.; BENKENDORFF, in Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht [GRUR] 1952 S. 3; REIMER/RICHTER § 17 ff. WZG N. 1 und 3 Abs. 4; VON GAMM, Warenzeichengesetz § 1 N. 4, § 17 N. 5, 6 und 17; TETZNER § 17 N. 9). Die erwähnten Nebenzwecke sind aber nicht Voraussetzung der Gültigkeit der Kollektivmarke (TROLLER, Immaterialgüterrecht, 2. Auflage, Bd. II S. 755 f.; ELFRIEDE GROGG, Begriff und Wesen der Kollektivmarke, Diss. Bern 1955 S. 95). Die Auffassung, wonach das Kollektivzeichen auf Eigenschaften der Ware hinweisen müsse und das Recht an ihm nur entstehen könne, BGE 99 II 104 S. 110 wenn das Publikum über seinen Sinn aufgeklärt werde (DAVID Art. 7bis N. 8-10; vgl. auch MATTER, Komm. S.133 und SJK 1022 S. 1 Ziff. 2; BAUMANN a.a.O.; EGGER, Schweiz. Mitteilungen über gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 1962 S. 101; ROSE SCHNAUFER, Die Wahrung öffentlicher Interessen bei der gesetzlichen Regelung der Fabrik- und Handelsmarken, Thèse Neuchâtel 1957 S. 111 ff.), hält nicht stand. Art. 7bis Abs. 5 MSchG gibt zwar jedem Interessenten das Recht, auf Löschung der Kollektivmarke zu klagen, wenn deren Inhaberin duldet, dass sie in einer ihrer Zweckbestimmung zuwiderlaufenden oder zur Irreführung des Publikums geeigneten Weise benutzt wird. Das heisst aber nur, die Inhaberin dürfe eine solche Benutzung nicht dulden. Damit ist nicht gesagt, das Zeichen sei schon nichtig, wenn die Vereinigung es nicht einem besonderen ausserhalb der gesetzlichen Erfordernisse liegenden Zwecke (Hinweis auf die Güte der Waren, deren geographischen Herkunft usw.) gewidmet hat, oder wenn die Statuten verschweigen, welchen Zweck sie mit dem Zeichen verfolgt und mit welchen Mitteln sie missbräuchliche Verwendungen der Marke verhindern will. Art. 6 Ziff. 5 lit. c MSchV verlangt denn auch nicht, dass sie sich bei der Hinterlegung der Kollektivmarke hierüber ausweise, besonders durch Einreichung der Statuten. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe hinsichtlich der von ihren Mitgliedern vertriebenen Waren keinerlei Kontroll- und Weisungsrecht, ihre Statuten entsprächen den gesetzlichen Anforderungen nicht, kann daher nicht zur Gutheissung der Widerklage führen. Die Beklagte hätte vielmehr nachweisen müssen, dass die Klägerin eine dem Zweck der Kollektivmarke SILVA widersprechende oder die Irreführung des Publikums ermöglichende Verwendung des Zeichens dulde. Sie behauptet indessen nicht, das treffe zu. 3. Der Kassationshof hat dem hinterlegten Kollektivzeichen einer Genossenschaft, das auf gewissen Waren angebracht wurde, um kenntlich zu machen, dass sie den von der Genossenschaft vorgeschriebenen Verkaufsbedingungen unterständen, die Natur einer Marke abgesprochen. Er hat die Auffassung vertreten, eine Marke habe nicht dazu zu dienen, reglementierte Erzeugnisse von nicht reglementierten zu unterscheiden, sondern solle die Waren der Verbandsmitglieder von denen anderer Gewerbetreibenden abgrenzen ( BGE 52 I 192 ff.). BGE 99 II 104 S. 111 Dieses Urteil stammt aus der Zeit, als das Markenschutzgesetz den Art. 7bis noch nicht enthielt und die Zulässigkeit von Kollektivmarken sich nur aus alt Art. 7 Ziff. 3 ergab. Es wurde kritisiert (La Propriété industrielle 1934 S. 64). Es braucht dazu nicht Stellung genommen zu werden. Die Beklagte behauptet nicht, das Zeichen Nr. 230 479 diene einer Kontrolle über die Einhaltung von Verbandsvorschriften. Die Klägerin will mit ihm kundgeben, dass die Ware von einem ihrer Genossenschafter stammt und derselben folglich Gutscheine für Silva-Bilder beigegeben sind. Der Hinweis auf die Herkunft von einem Mitglied der Vereinigung entspricht dem gesetzlichen Zweck der Kollektivmarken, und die Anspielung auf die Beigabe von Gutscheinen für Silva-Bilder als Teil der Leistung des Genossenschafters ist ein Nebenzweck, der mit einer solchen Marke verfolgt werden darf. Die Beklagte bringt hiegegen nichts vor. 4. Wenn die Kollektivmarke von den Mitgliedern der Vereinigung während drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht gebraucht wird, ohne dass die Unterlassung hinreichend gerechtfertigt werden könnte, kann der Richter das Zeichen auf Klage einer interessierten Partei löschen lassen ( Art. 9 Abs. 1 und 2 MSchG ). Unter dem Gebrauch ist der markenmässige zu verstehen, d.h. das Anbringen des Zeichens auf Erzeugnissen, für die es bestimmt ist, oder auf der Verpackung solcher Erzeugnisse ( Art. 1 Ziff. 2 MSchG ). Wie das Gesetz nicht verlangt, dass der Gebrauch ununterbrochen und auf allen vom Berechtigten in Verkehr gebrachten Waren stattfinde, ist auch nicht nötig, dass alle der Vereinigung angehörenden Hersteller oder Händler die Marke - ohne dreijährigen Unterbruch - gebrauchen. Es genügt, wenn einzelne sie verwenden und nicht während drei aufeinanderfolgenden Jahren jeglicher Gebrauch durch Mitglieder der Vereinigung aufhört. Die Beklagte vertritt nicht eine abweichende Auffassung. Sie bringt nur vor, die Genossenschafter hätten die Kollektivmarke nie zur Kennzeichnung ihrer Waren gebraucht; das Zeichen SILVA diene bloss der Kennzeichnung und dem Vertrieb der Bilder der Klägerin. Das trifft nicht zu. Das Handelsgericht stellt nicht nur fest, dass verschiedene Genossenschafter die Bildergutscheine auf Verpackungen von Erzeugnissen, die auf der Warenliste der Kollektivmarke stehen, aufdrucken, sondern auch, dass in den BGE 99 II 104 S. 112 meisten Fällen, in denen das nicht geschieht, die Bildergutscheine der Ware vielmehr beigelegt werden und von aussen nicht sichtbar sind, die Verpackungen doch das Zeichen SILVA, gewöhnlich in der Form des sogenannten Silva-Signets, tragen. An diese Feststellung, die das Handelsgericht durch Anführung mehrerer aktenmässig belegter Beispiele stützt, ist das Bundesgericht gebunden ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Sie wird nicht dadurch erschüttert, dass die der Klägerin als Genossenschafterin angehörende Chocoladefabrik Lindt & Sprüngli AG am 12. Februar 1954 eine Wort/Bild-Marke SILVA hinterlegte und sie auf gewissen Erzeugnissen gebraucht haben soll. Das Handelsgericht sieht den Gebrauch der Kollektivmarke der Klägerin ausschliesslich in anderen Sachverhalten. Aus seiner Feststellung ergibt sich, dass dieses Zeichen im Kreise der Genossenschafter in der vom Gesetz gewollten Weise gebraucht wird. Ob, wie das Handelsgericht annimmt, auch im Aufdrucken der Bildergutscheine auf die Verpackungen ein Gebrauch der Kollektivmarke liegt, weil die Gutscheine das Wort Silva mitenthalten, kann dahingestellt bleiben. 5. Das Handelsgericht widerspricht der vom Bundesgericht seit langem vertretenen Auffassung, wonach jedermann, der ein schutzwürdiges Interesse hat, sich klage- oder einredeweise auf die Nichtigkeit einer gegen Art. 6 MSchG verstossenden Marke berufen kann, besonders auch der Inhaber einer jüngeren, wenn er vom Inhaber der nichtigen wegen Markenrechtsverletzung verfolgt wird ( BGE 90 II 47 und dort erwähnte Urteile, ferner BGE 91 II 5 , BGE 95 II 360 , BGE 96 II 407 ). Die Überprüfung dieser Rechtsprechung ergibt was folgt: a) Es kommt nichts darauf an, ob man nur die von Amtes wegen zu löschenden Marken ( Art. 16bis Abs. 1 MSchG ) als nichtig, die bloss auf Klage hin zu löschenden dagegen nur als ungültig bezeichnet, denn diese Unterscheidung sagt nichts darüber aus, wer berechtigt sei, sich durch Klage oder Einrede auf die Ungültigkeit zu berufen. b) Art. 27 Ziff. 1 MSchG , wonach der getäuschte Käufer und der Inhaber der Marke Zivil- oder Strafklage anstrengen können, regelt die Klagerechte nicht abschliessend. Diese Bestimmung betrifft nur den Fall der Markenrechtsverletzung. Das Recht, sich klage- oder einredeweise auf Mängel einer Marke zu berufen, wird von ihr nicht erfasst. So ist z.B. die Befugnis, dem Inhaber einer Marke vorzuhalten, sie sei während drei BGE 99 II 104 S. 113 aufeinanderfolgenden Jahren ohne zureichenden Grund nicht gebraucht worden und daher zu löschen, in Art. 9 Abs. 1 MSchG geregelt, und zwar in dem Sinne, dass jede "interessierte Partei" die Löschungsklage erheben kann. Interessiert ist z.B. der Inhaber einer jüngeren Marke, der wegen angeblicher Verletzung einer nichtgebrauchten älteren verfolgt wird. Man kann zwar argumentieren,dieser Sonderfall werde von Art. 27 Ziff. 1 ebenfalls erfasst, denn der Inhaber einer jüngeren Marke sei auch Markeninhaber im Sinne dieser Bestimmung. Dann ist dasselbe aber auch vom Inhaber einer jüngeren Marke zu sagen, welcher der älteren einen anderen Mangel als den blossen Nichtgebrauch vorwirft, insbesondere vorbringt, sie sei mit einem noch älteren Zeichen verwechselbar. Zudem geht Art. 9 Abs. 1 auch so noch über Art. 27 Ziff. 1 hinaus, indem er das Klagerecht nicht nur dem Inhaber einer Marke, sondern jedermann zuspricht, der ein Interesse hat. Ein von Art. 27 Ziff. 1 nicht erfasstes Klagerecht für jeden Interessierten ist auch im bereits erwähnten Art. 7bis Abs. 5 vergesehen. c) Die Auffassung, nur der prioritätsberechtigte Inhaber einer Marke sei legitimiert, einer anderen Ungültigkeit wegen Verwechselbarkeit vorzuwerfen, wäre vertretbar, wenn Markeninhaber sich in gleicher Stellung befänden wie Inhaber einer Sache und daher allein zu entscheiden hätten, ob sie Eingriffe in ihr Recht dulden oder verbieten wollen. Das Recht an einer Marke kommt indes nicht dem Eigentum an einer Sache gleich. Marken dürfen nur insoweit geschaffen werden, als das Interesse anderer, ihrerseits Marken zu führen, und das Interesse des Publikums, nicht getäuscht zu werden, es erlauben. Wer die Schranken überschreitet, muss durch jeden, dessen Interesse dadurch verletzt wird, durch Klage oder Einrede zur Ordnung gewiesen werden können. Es enstpricht einem allgemeinen Grundsatz der Rechtsordnung, dass jedes schutzwürdige Interesse durch Klage oder Einrede durchgesetzt werden darf. Im Markenrecht ist er in Art. 9 Abs. 1 und 7bis Abs. 5 anerkannt. Diese Bestimmungen sind als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips sinngemäss auf alle Fälle anzuwenden, in denen jemand durch eine ungültige Marke in seinen berechtigten Interessen verletzt wird. Auf ihren Grundgedanken kann sich insbesondere berufen, wer als Inhaber einer jüngsten Marke, die sich mit der ältesten verträgt, vom BGE 99 II 104 S. 114 Inhaber einer mittleren, von der das gleiche nicht gesagt werden kann, wegen Markenrechtsverletzung angegriffen wird. Er befindet sich in ähnlicher Lage wie jemand, der vom Inhaber eines nichtigen Patentes wegen Patentverletzung belangt wird. Nicht nur der Inhaber eines prioritätsberechtigten Patentes kann sich auf die Nichtigkeit des jüngeren berufen, sondern jedermann, der ein Interesse nachweist ( Art. 28 PatG ), besonders wer angeblich das jüngere verletzt hat. d) Dürfte der durch die mittlere Marke behinderte jüngere Hinterleger sich nicht auf ihre Ungültigkeit berufen, so bliebe das Verbot der Führung gleicher oder verwechselbarer Marken immer dann toter Buchstabe, wenn der Inhaber der ältesten Marke sich gegen die mittlere nicht wehrt. Denn das Klagerecht des getäuschten Käufers braucht praktisch nicht gefürchtet zu werden. Es geht nur auf Schadenersatz, weil der Käufer an der Löschung der Marke nicht mehr interessiert ist, nachdem er die Täuschung entdeckt hat ( BGE 73 II 190 ). Selbst auf Ersatz des Schadens klagt der Käufer meistens nicht; ein solcher ist gewöhnlich nicht nachweisbar oder zu geringfügig. Ohne das Klage- und Einrederecht anderer Interessierter könnten die Hinterleger gleicher oder verwechselbarer Marken ungestört die gegenseitige Duldung ihrer Zeichen vereinbaren. Solche Vereinbarungen vertragen sich mit dem Interesse des kaufenden Publikums nicht. Sie widersprechen dem Sinn, den die Marken als Zeichen zum Nachweis der Herkunft oder zur Unterscheidung von Waren haben. Ihre Unzulässigkeit ergibt sich nicht nur aus Art. 6, sondern klar auch aus Art. 6bis MSchG , der nur wirtschaftlich eng miteinander verbundenen Produzenten oder Händlern die Führung gleicher oder verwechselbarer Marken erlaubt. Ohne das Klagerecht interessierter Dritter könnten diese Bestimmungen nicht durchgesetzt werden, denn das Amt für geistiges Eigentum darf keine Marke wegen Verwechselbarkeit zurückweisen ( Art. 13 Abs. 2 MSchG , Art. 11 MSchV ), noch hat es sie darauf hin zu prüfen, ob der Anmelder mit dem Hinterleger gleicher oder ähnlicher älterer Zeichen wirtschaftlich eng verbunden sei (vgl. Art. 6 Ziff. 5 MSchV ). Auch der Sperrfrist des Art. 10 MSchG kann nur Nachachtung verschafft werden, wenn jeder an ihrer Einhaltung Interessierte klageberechtigt ist. Sie steht der Eintragung der Marke nicht im Wege. Ein Klagerecht des früheren Hinterlegers BGE 99 II 104 S. 115 wäre zu verneinen, wenn man beim Wortlaut des Art. 27 Ziff. 1 MSchG stehen bliebe, denn der Hinterleger der gelöschten Marke ist nicht mehr deren Inhaber. Zudem ist der frühere Inhaber in der Regel nicht geneigt zu klagen, denn er hat sein Geschäft aufgegeben oder führt die Waren, auf denen er früher die Marke gebrauchte, nicht mehr. e) Gemäss Botschaft vom 20. September 1937 hielt der Bundesrat Art. 6bis MSchG für nötig, damit Dritte die verwechselbaren Marken wirtschaftlich eng verbundener Produzenten oder Händler nicht anfechten könnten (BBl 1937 III 109 f.). Er ging also wie die bundesgerichtliche Praxis davon aus, Dritte seien klageberechtigt. Die Bundesversammlung muss gleicher Meinung gewesen sein, sonst hätte sie dieses Klagerecht ausdrücklich ausgeschlossen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, sie habe damals nur dem Gebot des Art. 5 lit. C Abs. 3 PVUe , Konzernmarken zu schützen, nachkommen wollen. Sie war frei, weiter zu gehen. Sie hätte z.B. Vereinbarungen unter Produzenten oder Händlern über die Führung gleicher oder verwechselbarer Marken schlechthin zulassen können, womit sie zugleich auch das erwähnte Gebot beachtet hätte. Indem sie nicht so weit ging, bekundete sie, dass das Recht zur Führung gleicher oder verwechselbarer Marken auf gleichartigen Waren nicht von Vereinbarungen oder auch bloss vom passiven Verhalten des Prioritätsberechtigten abhängt, sondern wirtschaftlich enge Verbundenheit der Hinterleger voraussetzt. f) Es wäre unhaltbar, dem Inhaber der jüngsten Marke die Berufung auf die Ungültigkeit der mittleren selbst dann zu verwehren, wenn die jüngste sich mit der ältesten eines Dritten verträgt, die mittlere dagegen nicht. In einem solchen Falle ist nicht der gültigen jüngsten, sondern der ungültigen mittleren der Rechtsschutz zu verweigern. Nur wenn auch die jüngste mit der ältesten verwechselt werden kann und folglich auch die jüngste ungültig ist, kann ihr Inhaber nicht legitimiert sein, sich auf die Ungültigkeit der mittleren zu berufen. InBGE 52 II 407f. wurde denn auch ein Widerklagebegehren auf Löschung mit der Begründung abgewiesen, dem Widerkläger fehle ein schutzwürdiges Interesse an der Löschung der Marke des Widerbeklagten, da auch bei Gutheissung der Widerklage immer noch die identischen Zeichen des Dritten beständen. Auch MERZ, Art. 2 ZGB N. 360, BGE 99 II 104 S. 116 hält unter solchen Umständen das Löschungsbegehren des Widerklägers für rechtsmissbräuchlich. In der Tat folgt aus Art. 2 ZGB , dass die Ungültigkeit der eigenen Marke das Interesse, einer andern Ungültigkeit vorzuwerfen, schutzunwürdig macht. Das muss sich aber nicht nur der Inhaber der jüngsten Marke, der in der Rolle des Widerklägers steht, sondern auch der klagende Inhaber der mittleren Marke sagen lassen. Da beide Zeichen ungültig sind, ist in einem solchen Falle sowohl die Klage als auch die Widerklage abzuweisen. Dass damit zwei verwechselbare Marken eingetragen bleiben, ist entgegen der Auffassung von KUMMER, ZBJV 1967 S. 156 ff. und 1972 S. 140 ff., kein genügender Grund, die eine trotz ihrer Ungültigkeit zu schützen nur damit die Löschung der anderen angeordnet werden kann. Da das Gesetz das Amt für geistiges Eigentum weder verpflichtet noch berechtigt, die Eintragung verwechselbarer Marken zu verweigern, findet es sich damit ab, dass solche eingetragen werden und eingetragen bleiben, solange kein durch ein schutzwürdiges Interesse Legitimierter auf Löschung klagt. Diesem Zustand ist nicht dadurch abzuhelfen, dass dem Inhaber eines ungültigen Zeichens ein Klagerecht eingeräumt wird. Es ist vorzuziehen, den Inhabern beider ungültigen Zeichen den Rechtsschutz zu verweigern. Wenn sie nicht argilistig auf Täuschung des Publikums ausgehen, werden dadurch beide veranlasst, von der weiteren Führung ihrer Zeichen abzusehen. Würde die mittlere Marke geschützt, so könnte und würde ihr Inhaber sie ungeachtet ihrer Verwechselbarkeit weiter gebrauchen, und sie müsste auch in Zukunft geschützt werden, solange nicht der Hinterleger der älteren dritten Marke klagt. Die Verweigerung des Rechtsschutzes kann auch vorbeugend wirken, indem sie davon abhält, verwechselbare Marken in der Hoffnung oder mit der Gewissheit eintragen zu lassen, der Hinterleger des älteren Zeichens werde sie nicht anfechten. g) Wenn der Inhaber der jüngsten Marke ein schützenswertes Interesse hat, die mittlere wegen Verwechselbarkeit mit der ältern eines Dritten anzufechten, kann ihm entgegen der Auffassung der Klägerin und des Handelsgerichtes auch nicht entgegengehalten werden, der Dritte habe durch lange Untätigkeit auf die Wahrung seiner Rechte endgültig verzichtet oder diese gemäss Art. 2 ZGB verwirkt. Ein Berechtigter kann nur auf das eigene Klagerecht verzichten und nur dieses verwirken, BGE 99 II 104 S. 117 nicht auch die Klagerechte anderer Interessierter. Durch sein Verhalten wird die Marke nicht für jedermann gültig. Will der Inhaber der ältesten Marke die Konvaleszenz des mittleren Zeichens ermöglichen, so hat er jene löschen zu lassen. Solange die älteste registriert ist und so gebraucht wird, wie Art. 9 MSchG es verlangt, kann die mit ihr nicht zu vereinbarende mittlere nicht gültig werden. Art. 2 ZBG ändert nichts. Dadurch, dass die Klage eines während langer Zeit untätig gebliebenen Dritten allenfalls rechtsmissbräuchlich wäre, steht noch nicht fest, dass auch die Klage des Inhabers der jüngsten Marke gegen Treu und Glauben verstosse. Die Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchs beurteilen sich für jeden Interessierten nach den besonderen Umständen, unter denen er seine Klage oder Einrede erhebt, unabhängig davon, wie Dritte sich verhalten haben. 6. Die Beklagte bestreitet, dass ihre Marke die Rechte der Klägerin aus der Kollektivmarke verletze. Sie macht geltend, Tabak und Tabakfabrikate, einschliesslich Zigaretten und Zigarren, für welche die Marke SILVA THINS bestimmt ist, wichen ihrer Natur nach von den mit der Kollektivmarke versehenen Waren gänzlich ab. Die Kollektivmarke wurde unter anderem auch zum Gebrauch auf Waren der internationalen Klasse 34, d.h. auf Rohtabak, Tabakfabrikaten, Raucherartikeln und Streichhölzern hinterlegt. Wie das Handelsgericht feststellt und unbestritten ist, hat aber noch kein Mitglied der Klägerin sie auf solchen Erzeugnissen verwendet. Die Hinterlegung für Waren der Klasse 34 hat also reinen Defensivcharakter und muss daher bei Beurteilung der Frage der gänzlichen Warenverschiedenheit ausser Betracht bleiben ( BGE 53 II 362 , BGE 56 II 464 , BGE 62 II 61 f., BGE 80 I 383 , 98 I b 185 Erw. 3). Auf die Zugehörigkeit zur gleichen Warenklasse kommt es indessen nicht entscheidend an ( BGE 96 II 260 ). Wenn das vorgehende Zeichen eine Kollektivmarke ist, kann die gänzliche Warenverschiedenheit nicht wie bei Individualmarken ( BGE 87 II 108 f., BGE 96 II 259 ) davon abhangen, ob die verwechselbaren Zeichen auf Herkunft aus ein und demselben Betriebe schliessen lassen, denn die Kollektivmarke sagt über die Herkunft aus einem bestimmten Betriebe nichts aus; sie weist auf die Herkunft aus einer ganzen Gruppe von Geschäften hin. Entscheidend ist, ob ihre Nachmachung oder Nachahmung den BGE 99 II 104 S. 118 Käufer auf den Gedanken bringen kann, die Ware stamme aus dieser Gruppe und habe folglich die gleiche Eigenschaft wie die mit der Kollektivmarke versehenen Erzeugnisse. Nur wenn die Natur der Ware eine solche Irreführung mit Sicherheit ausschliesst, weicht die mit der Individualmarke versehene Ware im Sinne des Art. 6 Abs. 3 gänzlich von den mit der Kollektivmarke versehenen Erzeugnissen ab. Die Beklagte geht daher fehl, wenn sie ihre Marke mit dem Einwand verteidigt, niemand komme auf den Gedanken, die Hersteller von Kaffee, Bonbons, Mineralwassern und dgl. erzeugten auch Tabakwaren. Entscheidend ist, ob die Marke SILVA THINS auf Tabakwaren den Eindruck erwecken kann, die Hersteller oder Händler dieser Waren seien Genossenschafter der Klägerin und legten ihren Erzeugnissen Silva-Bilderchecks bei. Dieser Eindruck wird durch die Natur der Ware nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, da Tabakwaren wie Schokolade, Bonbons, Kaffee und andere von den Mitgliedern der Klägerin vertriebene Dinge Genussmittel sind und oft an den gleichen Verkaufsstellen angeboten werden. Dass der Zweig der Tabakindustrie angeblich straff organisiert ist und die Herstellung von Tabakwaren besonderer Voraussetzungen bedarf, ändert nichts, ebensowenig der Umstand, dass die Genossenschafter der Klägerin ihre Waren ausser mit der Kollektivmarke auch noch mit Individualmarken versehen. 7. Die Marke SILVA THINS unterscheidet sich nicht genügend von der Kollektivmarke SILVA. Das Wort SILVA ist der einzige Bestandteil der Kollektivmarke und gibt auch der Marke der Beklagten das Gepräge, denn es steht an erster Stelle und ist das charakteristische Wort, während THINS in der englischen Sprache, die auch in der Schweiz von vielen verstanden wird, reine Beschaffenheitsangabe für eine Mehrzahl dünner Gegenstände ist. Wer das Wort THINS überhaupt beachtet und in Erinnerung behält, läuft zum mindesten Gefahr, die Marke der Beklagten als eine für gewisse aus den Kreisen der Genossenschaft Silva-Verlag stammende Waren bestimmte Abwandlung der Kollektivmarke aufzufassen. Die Beklagte macht denn auch nicht geltend - und hat es auch im kantonalen Verfahren nicht getan -, der Zusatz THINS verleihe ihrer Marke genügend Unterscheidungskraft. Sie bringt nur vor, die beiden Marken seien nicht in der eingetragenen Form zu vergleichen, sondern in derjenigen ihrer BGE 99 II 104 S. 119 tatsächlichen Verwendung; die Kollektivmarke SILVA als reine Wortmarke werde überhaupt nie verwendet; wenn die Mitglieder der Klägerin auf ihren Erzeugnissen auf die Zugabe von Bilderchecks hinweisen, machten sie es immer nur in der Form der alten und neuen Ausführung der Wort/Bild-Individualmarken der Klägerin, mit denen das Zeichen der Beklagten nicht verwechselt werden könne. Indem die Mitglieder der Klägerin auf den Verpackungen ihrer Waren die Bildergutscheine anbringen oder die Individualmarken der Klägerin aufdrucken, verwenden sie notwendigerweise markenmässig auch das Wort SILVA, denn alle Gutscheine und Individualmarken enthalten es. Besonders häufig wird festgestelltermassen die Individualmarke Nr. 219 327, die aus dem umrahmten Wort SILVA auf rechteckigem Schild besteht, auf den Verpackungen angebracht. Weder die das Wort umrandenden Linien dieses Signets noch das andere Beiwerk der abgedruckten Gutscheine oder Individualmarken vermögen zu schaden, sowenig wie die Beklagte dem Vorwurf der Nachahmung der Marke SILVA entginge, wenn die Klägerin sie beim Gebrauch mit irgendwelchen anderen, markenrechtlich nicht geschützten Ausschmückungen versähe. Rechtsschutz geniesst eine Marke so, wie sie eingetragen ist, nicht in der Form, in der ihr Inhaber sie verwendet ( BGE 93 II 55 ; vgl. Art. 5 lit. C Abs. 2 PVUe ). Die tatsächliche Art der Verwendung kann nur dann eine Rolle spielen, wenn das Zeichen während mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren ausschliesslich in so verstümmelter Form verwendet wird, dass im Sinne des Art. 9 MSchG in Wirklichkeit von einem Nichtgebrauch der hinterlegten Marke zu sprechen ist. Das trifft im vorliegenden Falle nicht zu, da die Mitglieder der Klägerin das Wort SILVA nie verstümmelt, sondern es nur mit Zutaten versehen haben, die unter dem Gesichtspunkt des Gebrauchs dieser Kollektivmarke zwar überflüssig, aber auch unschädlich sind ( BGE 35 II 668 ). 8. Die Firma F. M. Lino Da Silva Lda. liess am 16. Mai 1947 die aus ihrem Namen und weiteren Bestandteilen zusammengesetzte Wort/Bild-Marke Nr. 130 986 in das internationale Register eintragen. Dieses Zeichen war in der Schweiz für "sardines à l'huile d'olive préparées au Portugal" geschützt und erlosch am 16. Mai 1967 mangels Erneuerung. Die Kollektivmarke der Klägerin kann wegen dieser Marke BGE 99 II 104 S. 120 nur allenfalls insoweit ungültig sein, als sie Schutz für Nahrungsmittel beansprucht, da solche von portugiesischen Ölsardinen nicht im Sinne des Art. 6 Abs. 3 MSchG gänzlich abweichen. Gültig ist sie dagegen jedenfalls für den Gebrauch auf den anderen Waren, für die sie eingetragen wurde. Insbesondere ist sie gültig für den Gebrauch auf Genussmitteln. Die Legitimation zur Anfechtung der Marke der Beklagten kann der Klägerin daher nicht wegen der erwähnten Drittmarke fehlen. Zur Auffassung des Handelsgerichts, die Beklagte könnte sich auf den Verstoss der Kollektivmarke der Klägerin gegen dieses Zeichen nicht berufen, weil sie es erstmals in der Klageantwort vom 21. Januar 1969 getan habe, als die Marke der F. M. Lino Da Silva Lda. schon erloschen war, braucht daher nicht Stellung genommen zu werden. 9. Zum angeblichen Verstoss der Kollektivmarke der Klägerin gegen die von der Firma Antonio José Da Silva & Ca. Lda. am 16. Oktober 1957 für Portwein international hinterlegten Marken Nr. 204 101 DA SILVA'S PORT und Nr. 204 102 PORTO DA SILVA, die nach der Behauptung der Beklagten in der Schweiz schon von einem vor dem zweiten Weltkrieg liegenden Zeitpunkt an gebraucht worden sein sollen, ist nicht Stellung zu nehmen. Das Kassationsgericht hat die diese Marken betreffenden Erwägungen IV lit. d und f des handelsgerichtlichen Urteils gestrichen. Insoweit enthält dieses somit keine Erwägungen mehr. Die Sache ist deshalb gemäss Art. 52 OG zu neuer Beurteilung zurückzuweisien. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 25. Mai 1972 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an das Handelsgericht zurückgewiesen.
public_law
nan
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1,973
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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Urteilskopf 141 IV 396 51. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (Beschwerde in Strafsachen) 6B_1021/2014 vom 3. September 2015
Regeste Zulässiges Rechtsmittel gegen selbstständige nachträgliche gerichtliche Entscheide. Selbstständige nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO ergehen in Form eines Beschlusses oder einer Verfügung und sind mit Beschwerde anzufechten (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 397 BGE 141 IV 396 S. 397 A. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte X. am 11. März 2008 wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher sexueller Belästigung sowie Pornographie zu einer Freiheitsstrafe von 35 Monaten und zu einer Busse von Fr. 500.-. Es ordnete eine stationäre therapeutische Behandlung an. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es zugunsten der Massnahme auf. Das Regionalgericht Bern-Mittelland verlängerte die stationäre therapeutische Massnahme jeweils um drei Jahre, letztmals am 25. Juni 2014. Der Entscheid wurde X. anlässlich der Hauptverhandlung vom selben Tag mündlich eröffnet. X. reichte dagegen am 2. Juli 2014 beim Obergericht des Kantons Bern Beschwerde ein mit dem Hinweis, er behalte sich eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Entscheid bei Vorliegen der schriftlichen Begründung vor. Das Obergericht eröffnete am 4. Juli 2014 ein Beschwerdeverfahren. Das Verfahren wurde bis zum Eintreffen der schriftlichen Begründung des Entscheids vom 25. Juni 2014 sistiert. Die schriftliche Begründung des Entscheids vom 25. Juni 2014 datiert vom 8. Juli 2014. Sie wurde den Parteien zugestellt und ging bei X. bzw. dessen Rechtsvertreter am 10. Juli 2014 ein. Das Obergericht nahm das sistierte Verfahren am 11. Juli 2014 wieder auf. Es gab der Generalstaatsanwaltschaft Gelegenheit, innert 20 Tagen eine Stellungnahme zur Beschwerde einzureichen. Die von X. eingereichte Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 erkannte es mit Verfügung vom 15. Juli 2014 nicht zu den Akten. Auf die dagegen geführte Beschwerde von X. trat das Bundesgericht am 29. August 2014 nicht ein (Verfahren 6B_780/2014). Es verwies auf die Möglichkeit der Anfechtung des Endentscheids. Das Obergericht wies die von X. erhobene Beschwerde gegen die Verlängerung der Massnahme am 30. September 2014 in der Sache ab. B. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt im Wesentlichen, es sei das obergerichtliche Urteil vom 30. September 2014 aufzuheben. Die Sache sei an das Obergericht zurückzuweisen, welches seine Beschwerdeergänzung vom 14. Juli 2014 zu den Akten zu nehmen und den Fall neu materiell zu beurteilen habe. Eventualiter sei die Angelegenheit mit der Anweisung an die kantonalen BGE 141 IV 396 S. 398 Instanzen zurückzuweisen, anstelle des Beschwerdeverfahrens ein Berufungsverfahren durchzuführen. Subeventualiter sei eine ambulante Massnahme anzuordnen und er aus der stationären therapeutischen Massnahme bedingt zu entlassen. Subsubeventualiter sei die stationäre therapeutische Massnahme um maximal ein Jahr zu verlängern. C. Das Obergericht stellt in der Vernehmlassung zur Beschwerde keinen Antrag. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern verzichtet auf Stellungnahme. D. Das Bundesgericht hat den Entscheid öffentlich beraten ( Art. 58 Abs. 1 BGG ). Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Als Entscheide im Nachverfahren gemäss Art. 363 ff. StPO gelten solche, in denen sich ein Gericht im Nachgang an ein in Rechtskraft erwachsenes Strafurteil hauptsächlich in Bezug auf die Massnahme oder den Vollzug der Strafe nochmals mit der Sache zu befassen hat. Das ursprüngliche Verfahren wird fortgesetzt. Solche nachträgliche Entscheide in Nachverfahren sind subsidiär. Kommt es wegen neuer Straftaten zu einer Anklage, übernimmt das dafür zuständige Gericht auch die Abänderungen und Ergänzungen des vorherigen Urteils ( Art. 81 Abs. 4 lit. d, Art. 326 Abs. 1 lit. g StPO ). In den Verfahren gemäss Art. 363 ff. StPO geht es mithin um die nachträgliche Abänderung oder Ergänzung der Sanktionsfolgen von rechtskräftigen Strafurteilen. Es soll damit einer späteren Entwicklung Rechnung getragen werden. Die Grundlage dafür findet sich im materiellen Recht. Beispiele für solche Nachverfahren sind die Festlegung einer Ersatzfreiheitsstrafe bei Nichtbezahlung der Geldstrafe bzw. Busse nach Art. 36 und Art. 106 Abs. 5 StGB , die Umwandlung der gemeinnützigen Arbeit in Geld- oder Freiheitsstrafe bei mangelnder Kooperation des Betroffenen nach Art. 39 StGB , die Verlängerung oder nachträgliche Anordnung einer stationären Massnahme nach Art. 59 Abs. 4 StGB bzw. Art. 62c Abs. 3 StGB oder gar die nachträgliche Anordnung der Verwahrung nach Art. 62c Abs. 4 StGB (MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 363 StPO ; s.a. CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Lieber/Hansjakob [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 363 StPO ). Die inhaltliche Bandbreite der Entscheide, welche im Nachverfahren im Sinne von Art. 363 ff. StPO BGE 141 IV 396 S. 399 ergehen, ist somit weit. Es geht einerseits um Bagatellen im strafvollzugsrechtlichen Massengeschäft bzw. um Fälle minderen Gewichts, andererseits um Entscheidungen, die für den Betroffenen mit ganz massiven Konsequenzen verbunden sind. 3.2 Das Nachverfahren im Sinne von Art. 363 ff. StPO ist im Gesetz nur rudimentär geregelt. Die zuständige Behörde - in aller Regel die Straf- oder Vollzugsbehörde - leitet das Verfahren auf Erlass eines nachträglichen richterlichen Entscheids von Amtes wegen ein, sofern das Bundesrecht nichts anderes bestimmt, und reicht dem Gericht die entsprechenden Akten und ihren Antrag ein ( Art. 364 Abs. 1 StPO ). In den übrigen Fällen können die verurteilte Person oder andere dazu berechtigte Personen mit einem schriftlichen und begründeten Gesuch die Einleitung des Verfahrens beantragen ( Art. 364 Abs. 2 StPO ). Das zuständige Gericht - grundsätzlich das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat ( Art. 363 Abs. 1 StPO ) - prüft in der Folge, ob die Voraussetzungen für den nachträglichen richterlichen Entscheid erfüllt sind, und ergänzt, wenn nötig, die Akten oder lässt weitere Erhebungen durchführen ( Art. 364 Abs. 3 StPO ). Es gibt den betroffenen Personen und Behörden Gelegenheit, sich zum vorgesehenen Entscheid zu äussern und Anträge zu stellen ( Art. 364 Abs. 4 StPO ). Das Gericht entscheidet grundsätzlich gestützt auf die Akten. Es kann aber auch eine Verhandlung anordnen ( Art. 365 Abs. 1 StPO ). Es erlässt seinen Entscheid schriftlich und begründet ihn kurz. Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, so eröffnet es seinen Entscheid sofort mündlich ( Art. 365 Abs. 2 StPO ). 3.3 Das Gesetz regelt damit nicht ausdrücklich, in welcher Rechtsform nachträgliche selbstständige Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO zu ergehen haben. Art. 365 Abs. 2 StPO spricht (ebenso wie die Marginale zur Gesetzesbestimmung) insofern neutral von "Entscheiden". Es stellt sich daher die Frage, ob solche Entscheide in Urteilsform oder aber in Beschluss- bzw. Verfügungsform zu ergehen haben, mit der Folge, dass im einen Fall die Berufung ( Art. 398 Abs. 1 StPO ), im andern Fall die Beschwerde ( Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO ) das zulässige Rechtsmittel bildet. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang mitunter von der "Urteil/Berufung"-Lösung oder aber der "Beschluss/Beschwerde"-Lösung gesprochen (NIKLAUS SCHMID, Nochmals zum Rechtsmittel gegen selbstständig gefällte Entscheide nach Art. 365 StPO , forumpoenale 4/2011 S. 222 ff.). 3.4 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde BGE 141 IV 396 S. 400 liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen ( BGE 141 III 195 E. 2.4; BGE 140 III 206 E. 3.5.4; BGE 140 IV 1 E. 3.1; je mit Hinweisen). 3.5 Art. 80 ff. StPO enthalten Vorschriften zu Form und Inhalt von Entscheiden. Sie knüpfen an die allgemein gebräuchliche Begriffsbildung an. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 1 StPO ergehen Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird, in Form eines Urteils. Die anderen Entscheide ergehen gemäss Art. 80 Abs. 1 Satz 2 StPO in Beschlussform, wenn sie von einer Kollektivbehörde (recte wohl Kollegialbehörde), in Verfügungsform, wenn sie von einer Einzelperson gefällt werden. Nach Art. 81 Abs. 3 lit. a StPO spricht sich ein Urteil inhaltlich zur tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des der beschuldigten Person zur Last gelegten Verhaltens aus und enthält die Begründung der Sanktionen und der Nebenfolgen sowie der Kosten- und Entschädigungsfolgen. Das Urteilsdispositiv gemäss Art. 81 Abs. 4 lit. b StPO umfasst im Sinne einer Zusammenfassung der zentralen Punkte den Entscheid über Schuld und Sanktion, Kosten- und Entschädigungsfolgen sowie allfällige Zivilklagen. 3.6 Nach den Gesetzesmaterialien sollen die nachträglichen richterlichen Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO , ungeachtet ihrer jeweiligen inhaltlichen Tragweite für den Betroffenen, nicht in Urteilsform ergehen, sondern als Beschluss bzw. Verfügung, weil kein neues Sachurteil anstehe. Die Materialien sind unmissverständlich. Sie sprechen deutlich dafür, dass sich der Gesetzgeber bewusst und in voller Kenntnis der Sachlage für die sogenannte "Beschluss/Beschwerde"-Lösung entschieden hat. So listen der Begleitbericht des Bundesamts für Justiz zum Vorentwurf für eine Schweizerische Strafprozessordnung unter Einschluss des Vorentwurfs 2001 sowie namentlich die Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts die Entscheide, die als nachträgliche richterliche Anordnungen zu gelten haben, im Einzelnen auf und BGE 141 IV 396 S. 401 halten ausdrücklich fest, diese Entscheide müssten - weil kein neues Sachurteil anstehe - in Form eines Beschlusses oder einer Verfügung ergehen und unterlägen deshalb der Beschwerde (vgl. Bundesamt für Justiz, Begleitbericht zum Vorentwurf für eine Schweizerische Strafprozessordnung, 2001, S. 236; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., 1298 f. zu Art. 371-372). 3.7 Die Lehre folgt überwiegend der in der Botschaft vertretenen "Beschluss/Beschwerde"-Lösung. Ausgeführt wird namentlich, der StPO liege ein enger Urteilsbegriff zugrunde. Darunter fielen nur Entscheide, in denen im Sinne eines umfassenden Sachurteils über Schuld und Unschuld, bei Schuldspruch über die Sanktion sowie die Nebenfolgen befunden werde. Auch wo selbstständige nachträgliche Entscheide Sachentscheide beträfen, mit denen eine Frage des materiellen Strafrechts beurteilt werde, liege deshalb kein (neues) Sachurteil vor. Es bestehe bereits ein rechtskräftiges Strafurteil, das bloss abgeändert oder ergänzt werde. Der nachträgliche gerichtliche Entscheid ergehe daher in Form eines Beschlusses bzw. einer Verfügung. Zulässiges Rechtsmittel sei die Beschwerde (so NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar [nachfolgend: Praxiskommentar], 2. Aufl. 2013, N. 3 und 4 zu Art. 365 StPO ; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 1 und 3 zu Art. 365 StPO ; DANIEL JOSITSCH, Grundriss des Schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N. 558 f.; ANDREAS KELLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Lieber/Hansjakob [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 21 zu Art. 393 StPO ; RUCKSTUHL/DITTMANN/ARNOLD, Strafprozessrecht, 2011, S. 352 N. 1141; MARIE-LOUISE STAMM, Rechtsmittel bei selbstständigen nachträglichen Entscheiden nach Art. 363 ff. StPO , forumpoenale 5/2012 S. 30 f.; MICHEL PERRIN, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 10 zu Art. 365 StPO ; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2013, S. 453 f. N. 17120; vgl. auch MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2013, N. 7 und 8 zu Art. 365 StPO ). 3.8 Das Bundesgericht hat sich unter Hinweis auf die Botschaft und einzelne Autoren in seiner bisherigen Rechtsprechung dafür ausgesprochen, dass die Beschwerde zulässiges Rechtsmittel gegen nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO sein soll (Entscheide 6B_293/2012 vom 21. Februar 2012 E. 2 betreffend Verlängerung einer ambulanten Massnahme; 6B_425/2013 BGE 141 IV 396 S. 402 vom 31. Juli 2013 E. 1.2 betreffend Widerruf einer bedingten Strafe; sowie namentlich 6B_688/2013 vom 28. Oktober 2013 E. 2.1. und 2.2 betreffend Verlängerung einer stationären Massnahme; vgl. auch Entscheid 6B_538/2013 vom 14. Oktober 2013 E. 5.2, worin es ausdrücklich heisst, nachträgliche gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO seien "par la voie du recours à l'exclusion de l'appel" anzufechten). 3.9 Die in der Botschaft und von der herrschenden Lehre vertretene Auffassung, dass Entscheide im Verfahren nach Art. 363 ff. StPO als Beschluss bzw. Verfügung ergehen und mit Beschwerde anzufechten sind, ist bei einem nicht unerheblichen Teil des Schrifttums auf Kritik gestossen. Eingewendet wird namentlich, mit der nachträglichen Modifikation eines rechtskräftigen Strafurteils auf der Grundlage von Art. 363 ff. StPO werde eine neue materiellrechtliche Entscheidung über eine Straffrage getroffen, indem die ursprüngliche Sanktionsfolge ergänzt oder abgeändert werde. Diese Entscheidung müsse zwingend in Urteilsform gemäss Art. 80 Abs. 1 Satz 1 StPO ergehen. Dass jedenfalls einschneidende Entscheide im Bereich des Massnahmenrechts nur als Urteil ausgefällt werden könnten, werde auch an anderer Stelle des Gesetzes deutlich. So ergehe die Anordnung der Massnahme bei einer schuldunfähigen Person nach Art. 375 Abs. 2 StPO ausdrücklich in Form eines Urteils; dies aufgrund der "Tragweite der möglichen Sanktionen" (Botschaft, a.a.O., S. 1305 zu Art. 383 Fn. 419). Das Gesetz sehe die Urteilsform auch für die nachträgliche Verwahrung im Fall eines fehlerhaften Urteils im Sinne von Art. 65 Abs. 2 StGB vor, deren Verfahren sich nach den Regeln über die Wiederaufnahme richte ( Art. 65 Abs. 2 StGB i.V.m. 410 StPO). Weshalb bei nachträglichen Entscheiden andere Regeln gelten sollen, sei nicht einsehbar, zumal es in der Sache um das Gleiche gehe. Das Rechtsmittel der Beschwerde und die gesetzliche Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens würden dem inhaltlichen Gewicht dieser Entscheide nicht gerecht. Daher sei im Verfahren nach Art. 363 ff. StPO die Berufung als zulässiges Rechtsmittel zuzulassen (HEER, a.a.O., N. 4 ff. zu Art. 365 StPO ; RIEDO/FIOLKA/NIGGLI, Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen, 2011, Rz. 2695 und Rz. 2697 f.; NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, S. 529 f. N. 1508 und 1509; CHRISTOPHER GETH, Rechtsmittel gegen selbstständige nachträgliche Entscheidungen des Gerichts nach Art. 363 ff. StPO , AJP 3/2011 S. 313 ff.; RENATE SCHNELL, Entscheide nach Art. 365 StPO - BGE 141 IV 396 S. 403 berufungsfähig oder nur der Beschwerde zugänglich, forumpoenale 4/2011 S. 111 f.). 3.10 In Anlehnung an die Minderheitsmeinung haben mehrere Kantone explizit die Berufung als zulässiges Rechtsmittel gegen nachträgliche gerichtliche Entscheide im Verfahren nach Art. 363 ff. StPO bezeichnet (vgl. dazu PATRICK GUIDON, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 12 zu Art. 393 StPO mit Hinweisen; so namentlich St. Gallen [GVP 2011 Nr. 79], Aargau [AGVE 2012 Nr. 82] und Luzern [LGVE 2012 I Nr. 68]). Andere Kantone erachten dagegen die Beschwerde als das zulässige Rechtsmittel (beispielsweise Basel-Stadt [BJM 4/2013 S. 209 ff.], Zürich [ZR 110 (2011) Nr. 53], Schwyz [EGV 2012 A 5.5 S. 36]). 3.11 Unter diesen Umständen besteht Anlass, die kontroverse Frage zum zulässigen Rechtsmittel gegen selbstständige gerichtliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO einer näheren Überprüfung zu unterziehen, zumal sich das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung damit nicht vertieft befasste. 4. 4.1 Die Argumente der Minderheitsmeinung für die "Urteil/Berufung"-Lösung haben einiges für sich, namentlich soweit es sich um nachträgliche gerichtliche Entscheide handelt, die materielle Sachentscheide betreffen, welche mit weitreichenden Konsequenzen für den Betroffenen verbunden sind. So wird im Nachverfahren nach Art. 363 ff. StPO im Zusammenhang mit Art. 65 Abs. 1 StGB überhaupt erstmals der eingriffsintensive Freiheitsentzug einer Massnahme angeordnet. Eine nachträgliche Anordnung oder Verlängerung einer stationären Massnahme - etwa im Sinne von Art. 59 Abs. 4 StGB oder Art. 62c Abs. 3 StGB - ist für den Betroffenen sodann nicht von geringerer Tragweite als die ursprüngliche Anordnung der Sanktion. Ebenso wenig kann es aus Sicht der betroffenen Person einen Unterschied machen, ob die nachträgliche Anordnung einer Verwahrung aufgrund eines fehlerhaften Urteils gemäss Art. 65 Abs. 2 StGB (dann Urteilsform) oder als Folge der Aussichtslosigkeit oder Undurchführbarkeit einer Massnahme gemäss Art. 62c Abs. 4 StGB i.V.m. Art. 363 ff. StPO (dann Beschlussform) erfolgt. Vor diesem Hintergrund kann man sich fragen, ob in diesen Fällen der nachträgliche Entscheid, mit welchem das ursprüngliche Urteil in Anwendung des materiellen Rechts abgeändert wird, aufgrund der BGE 141 IV 396 S. 404 damit verbundenen Eingriffsintensität nicht als Urteil ergehen müsste, welches mit Berufung anzufechten wäre (ähnlich nicht publizierter Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 26. März 2013 E. 2.1/b S. 8). 4.2 Allerdings ist zu beachten, dass im Bereich von Rechtsmitteln das Gebot der Rechtssicherheit in hohem Masse gilt. Angesichts der inhaltlichen Bandbreite von möglichen nachträglichen Entscheiden ist mithin unabdingbar, dass bezüglich des zu ergreifenden Rechtsmittels Klarheit herrscht (STAMM, a.a.O., S. 31). Der Gesetzgeber hat sich im Zusammenhang mit den nachträglichen gerichtlichen Entscheiden gemäss Art. 363 ff. StPO - ungeachtet ihrer inhaltlichen Tragweite - bewusst und unmissverständlich für die "Beschluss/Beschwerde"-Lösung entschieden (vorstehend E. 3.6). Ausgangspunkt dieser Entscheidung bildet ein formaler Urteilsbegriff, wie er schon früher in der vorherrschenden Prozesslehre der Schweiz vertreten wurde und auch der geltenden StPO zugrunde liegt, wenn man Art. 80 ff. StPO nicht isoliert, sondern im strafprozessualen Kontext liest (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b StPO; siehe vorstehend E. 3.5). Als Urteile gelten danach nur solche Sachentscheide, in denen umfassend über Schuld oder Unschuld, bei einem Schuldspruch über die Sanktion und die Nebenfolgen entschieden wird (SCHMID, a.a.O., forumpoenale S. 223; wohl auch DONATSCH/SCHWARZENEGGER/WOHLERS, Strafprozessrecht, 2. Aufl. 2014, S. 264; HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2006, § 45 N. 1 ff.; GÉRARD PIQUEREZ, Traité de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2006, N. 582; SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2004, N. 581). Nachträgliche richterliche Anordnungen haben nicht diesen umfassenden Inhalt. Sie sind (bloss) urteilsähnlich (HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, a.a.O.). Auch wo nachträgliche richterliche Entscheide unstreitig Sachentscheide betreffen, mit welchen über eine materielle Straffrage befunden wird (zum Beispiel im Rahmen der nachträglichen Anordnung einer stationären Massnahme), ergeht kein neues umfassendes Sachurteil im Sinne von Art. 80 ff. StPO . Es besteht vielmehr bereits ein rechtskräftiges Strafurteil, das durch die nachträgliche richterliche Entscheidung (lediglich) modifiziert wird (DONATSCH/SCHWARZENEGGER/WOHLERS, a.a.O., S. 324 f.; STAMM, a.a.O., S. 30 f.). 4.3 Dass der "Beschwerde/Beschluss"-Lösung für nachträgliche richterliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung zugrunde liegt, zeigt auch ein Blick BGE 141 IV 396 S. 405 in die Jugendstrafprozessordnung (JStPO; SR 312.1). So hat der Gesetzgeber in Art. 43 lit. a JStPO ausdrücklich vorgesehen, dass Entscheide, mit welchen Massnahmen im Sinne von Art. 18 JStG (SR 311.1) nachträglich abgeändert werden, mit Beschwerde anzufechten sind (DIETER HEBEISEN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 43 JStPO ; HEER, a.a.O., N. 9 zu Art. 365 StPO ; siehe auch RENATE SCHNELL, Ausgewählte Aspekte zu den Rechtsmitteln im Anwendungsbereich der JStPO, in: Schweizerische Strafprozessordnung und Schweizerische Jugendstrafprozessordnung, Marianne Heer [Hrsg.], 2010, S. 247 ff., 265). 4.4 Den Bedenken der Minderheitsmeinung, dass die Beschwerde bzw. das Beschwerdeverfahren der inhaltlichen Tragweite (eines grossen Teils) der nachträglichen richterlichen Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO nicht gerecht wird (SCHNELL, a.a.O., S. 211; HEER, a.a.O., N. 10 zu Art. 365 StPO ; siehe auch LUZIUS EUGSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 14b zu Art. 399 StPO ), ist entgegenzuhalten, dass auch die Beschwerde eine umfassende Prüfung der im Streite liegenden Angelegenheit zulässt. Die Beschwerde ist ein ordentliches, vollkommenes und devolutives Rechtsmittel, welches die Überprüfung des angefochtenen Entscheids mit freier Kognition erlaubt. Noven sind zulässig. Verfahrensmässig sind keine Nachteile auszumachen: Ein zweiter Schriftenwechsel darf durchgeführt werden ( Art. 390 Abs. 3 StPO ). Zusätzliche Erhebungen oder Beweisabnahmen können, wenn nötig, erfolgen ( Art. 390 Abs. 4 StPO i.V.m. Art. 364 Abs. 3 StPO ) und je nach Tragweite des Falles kann mündlich verhandelt werden ( Art. 390 Abs. 5 StPO i.V.m. Art. 365 Abs. 1 StPO ). Damit erlaubt die Beschwerde, falls notwendig, ein der Berufung angenähertes Verfahren. Einzig die Beschwerdefrist von 10 Tagen ist gegenüber der Berufungserklärungsfrist von 20 Tagen verkürzt. Angesichts der Tatsache, dass bei den nachträglichen gerichtlichen Entscheiden nur ein klar umgrenzter Ausschnitt, d.h. die Sanktionsfolge, eines bereits vorliegenden früheren Strafurteils neu geregelt wird, scheint die Frist von 10 Tagen zur Beschwerdeerhebung jedoch ausreichend (dazu eingehend STAMM, a.a.O., S. 30). 4.5 Die Meinung, die vornehmlich mit Verfahrensfragen befasste Beschwerdeinstanz könnte nicht ausreichend in der Lage sein, die sich in den Nachverfahren stellenden materiellrechtlichen Fragen zu beurteilen, entbehrt der Grundlage. Im Übrigen steht es den BGE 141 IV 396 S. 406 Kantonen frei, die Befugnisse der Beschwerdeinstanz dem Berufungsgericht zu überweisen ( Art. 20 Abs. 2 StPO ). Damit entfiele auch die (vermeintliche) Problematik, dass zwei unterschiedliche Rechtsmittelinstanzen über identische Sachfragen zu entscheiden haben. Hinzu kommt das Folgende: Für nachträgliche Entscheide ist gemäss Art. 363 Abs. 1 StPO grundsätzlich das Gericht zuständig, welches das erstinstanzliche Sachurteil gefällt hat. Diese Regelung ist indes nicht zwingend. Das Gesetz lässt vielmehr eine abweichende Regelung zu. Die Kantone können folglich andere erstinstanzliche Instanzen für zuständig erklären und beispielsweise betreffend die Nachverfahren nach Art. 363 ff. StPO separate Sanktionengerichte einrichten (SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 5 zu Art. 363 StPO ; vgl. die Regelung in den Kantonen Genf und Waadt). Der Umstand, dass bereits das Gericht, welches das erstinstanzliche Sachurteil gefällt hat, nicht zwingend zuständig zu sein braucht, kann letztlich nur heissen, dass es auch nicht notwendigerweise das Berufungsgericht sein muss, welches in den Nachverfahren zweitinstanzlich entscheidet. 4.6 Ein weiterer Einwand der Minderheitsmeinung betrifft die angebliche Inkonsistenz in Bezug auf die nachträglichen Entscheide im Strafbefehlsverfahren (GETH, a.a.O., S. 30). Fallen nachträgliche Entscheide im Nachgang zu einem Strafbefehl an, ist die Staatsanwaltschaft zuständig ( Art. 363 Abs. 2 StPO ). Der nachträgliche Entscheid ergeht in der Form eines Strafbefehls, gegen welchen Einsprache erhoben werden kann ( Art. 354 StPO ; Botschaft, a.a.O., S. 1298 f. zu Art. 370; siehe auch SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 363 StPO ). Das Einspracheverfahren folgt anschliessend den Regeln von Art. 355 und 356 StPO . Diese Bestimmungen nehmen nicht vorweg, in welcher Form der Entscheid des erstinstanzlichen Gerichts ergeht. Da im Nachverfahren kein umfassendes neues Strafurteil ergeht, sondern (lediglich) die Sanktionsfolge im Sinne eines blossen Teilaspekts angepasst, ergänzt oder geändert wird, hat der nachträgliche richterliche Entscheid nach den allgemeinen Regeln als Beschluss bzw. Verfügung zu ergehen, welcher mit Beschwerde angefochten werden kann (vgl. STAMM, a.a.O., S. 31; SCHMID, Praxiskommentar, a.a.O., N. 4 zu Art. 363 StPO ). 4.7 Unter all diesen Umständen hält das Bundesgericht namentlich mit Rücksicht auf den klaren gesetzgeberischen Willen in Übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass die Beschwerde das zulässige Rechtsmittel gegen selbstständige nachträgliche Entscheide im Sinne von Art. 363 ff. StPO BGE 141 IV 396 S. 407 ist. Es läge am Gesetzgeber - wenn er es für notwendig ansieht - Abhilfe zu schaffen. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die Vorinstanz zu Recht ein Beschwerdeverfahren eingeleitet hat. (...)
null
nan
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2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ea905a62-799b-423e-9d6a-0338698e6d6b
Urteilskopf 139 V 250 34. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre A. (recours en matière de droit public) 9C_893/2012 du 30 avril 2013
Regeste Art. 16d EOG ; Art. 25 EOV ; Ende des Anspruchs auf Mutterschaftsentschädigung bei Wiederaufnahme der Arbeit; Teilerwerbstätigkeit. Auch die vorzeitig aufgenommene Teilzeitarbeit ist eine Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 16d zweiter Satz EOG, welche den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung beendet. Mit Bundesrecht vereinbar ist, dass Art. 25 EOV diese Rechtsfolge "unabhängig vom Beschäftigungsgrad" eintreten lässt (E. 4.5). Der Höchstbetrag für geringfügigen Lohn nach Art. 34d Abs. 1 AHVV (bis 31. Dezember 2010: Fr. 2'200.- im Kalenderjahr) kann als objektives Kriterium zur Bestimmung der Lohngrenze herangezogen werden, oberhalb welcher der vorzeitig aufgenommene geringfügige Nebenerwerb der Mutter eine Teilerwerbstätigkeit im Sinne von Art. 16d zweiter Satz EOG darstellt (E. 4.6).
Sachverhalt ab Seite 251 BGE 139 V 250 S. 251 A. A. est employée auprès de X. en qualité d'enseignante avec un taux d'occupation supérieur à 96 %. A titre accessoire, elle travaille dans le commerce exploité par son partenaire, qui est le père de l'enfant auquel elle a donné naissance en septembre 2009. Le 4 février 2010, A. a présenté une demande d'allocation de maternité. Sous la rubrique relative à l'employeur, le Service du personnel et d'organisation de X. a indiqué que le dernier salaire brut était de 6'839 fr. 90 par mois (y compris le 13 e salaire) et que le 100 % du salaire avait été versé pendant le congé-maternité du 27 septembre 2009 au 2 janvier 2010. Le commerce a produit les décomptes de salaire, dont il résultait que pendant les huit derniers mois avant l'accouchement le temps d'occupation consacré à l'activité accessoire s'était élevé en moyenne à 6 heures et 36 minutes par mois et que le dernier salaire horaire était de 26 fr. de l'heure. Dans une feuille complémentaire, il indiquait que A. avait continué à faire quelques heures de travail pendant le congé-maternité, étant donné qu'il était impossible de la remplacer. Sur requête de la Caisse de compensation du canton de Fribourg (ci-après: la caisse), le commerce a fourni le détail des heures effectuées durant le congé-maternité, en indiquant que A. avait travaillé dès le 30 octobre 2009, soit cinq heures en octobre 2009 et douze heures en décembre 2009. La caisse a versé des allocations de maternité pour la période du 27 septembre au 29 octobre 2009, en fixant le montant de l'allocation à 183 fr. 20 (taux journalier) pour un revenu journalier de 228 fr. 80 en ce qui concerne l'activité d'enseignante (avis de calcul du 9 juillet 2010 adressé auprès de X.) et à 5 fr. 60 (taux journalier) pour un revenu journalier de 6 fr. 20 en ce qui concerne l'activité exercée dans le commerce (avis de calcul du 9 juillet 2010 adressé à A.). Par décision du 28 juin 2010, confirmée sur opposition le 28 septembre BGE 139 V 250 S. 252 2010, elle a nié tout droit de A. à l'allocation de maternité depuis le 30 octobre 2009, au motif que le droit à la prestation avait pris fin vu que l'assurée avait repris à partir de cette date-ci son activité lucrative dans le commerce. B. Le 20 octobre 2010, A. a formé recours contre cette décision devant le Tribunal cantonal du canton de Fribourg, Cour des assurances sociales, en concluant à son annulation et à l'octroi d'allocations de maternité du 27 septembre 2009 au 2 janvier 2010. Elle proposait que soit requis un préavis de l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS). Dans sa réponse du 23 novembre 2010, la caisse, tout en soutenant la proposition faite par A. de demander le préavis de l'OFAS, a conclu au rejet du recours. Par arrêt du 20 septembre 2012, la juridiction cantonale, admettant partiellement le recours, a constaté que pour son activité principale d'enseignante A. avait droit aux allocations de maternité jusqu'au 2 janvier 2010 y compris et annulé la décision sur opposition du 28 septembre 2010 dans la mesure où lui était refusé l'octroi des allocations de maternité en rapport avec le travail d'enseignante dès le 30 octobre 2009. Pour le surplus, la décision sur opposition était confirmée. C. L'OFAS interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement, dont il conclut à l'annulation, la décision sur opposition du 28 septembre 2010 étant confirmée dans son intégralité. A. n'a pas répondu au recours. Le 9 janvier 2013, la juridiction cantonale a déposé ses observations. Par lettre du 11 janvier 2013, la caisse a proposé que le recours soit admis. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. La juridiction cantonale a considéré que le droit à l'allocation de maternité s'éteignait de manière anticipée lorsque la mère reprenait son activité lucrative avant la fin de la 14 e semaine du congé-maternité, la reprise anticipée de l'activité lucrative après l'accouchement mettant fin au droit à la prestation, même si elle n'est que partielle. Elle a retenu que l'intimée avait repris son travail accessoire le 30 octobre 2009, de sorte que son droit aux allocations de maternité pour ce travail accessoire avait pris fin à ce moment-là. En revanche, BGE 139 V 250 S. 253 l'intimée n'avait pas repris du tout son travail principal avant la fin du congé-maternité. Ainsi, faute d'accord des deux parties au contrat d'enseignement sur une reprise anticipée de l'enseignement, le droit aux allocations de maternité pour cette activité lucrative principale n'avait pu prendre fin avant le terme légal. A titre subsidiaire, les premiers juges ont admis que l'intimée remplissait l'exigence légale d'absence au travail pour s'occuper intensément de son nouveau-né, vu qu'elle n'avait pas repris son travail principal d'enseignante (taux d'occupation supérieur à 96 %). Le fait qu'elle avait travaillé, dans son activité accessoire, de manière ponctuelle (deux heures le 30 et trois heures le 31 octobre 2009; deux heures le 19, une heure le 20, trois heures le 22, deux heures le 26, une heure le 27 et trois heures le 30 décembre 2009), à un taux inférieur à 4 % et à vingt mètres de son domicile, n'avait manifestement pas pu l'empêcher de s'occuper principalement et pour la plupart du temps de son bébé. Le revenu réalisé à ce titre était inférieur à 2'200 fr. par année et devait ainsi être qualifié de salaire de minime importance au sens de la législation sur l'AVS. La reprise ponctuelle du travail accessoire ne justifiait donc pas la suppression du droit aux allocations de maternité découlant de l'activité principale non reprise durant le congé-maternité. 3. Selon le recourant, le but de l'allocation de maternité est de permettre à la mère venant d'accoucher non seulement de se reposer des fatigues de la grossesse et de l'accouchement, mais également de lui donner le temps de s'occuper intensément de son enfant durant les premiers mois, sans devoir se soucier ni de son travail ni des conséquences financières dues à l'arrêt de l'activité lucrative. Afin d'atteindre ce but, le législateur a voulu, pour encourager les mères à épuiser totalement leur droit aux allocations de maternité, que le droit à l'allocation prenne fin en cas de reprise de toute activité lucrative, même si la reprise du travail n'est que partielle. Ainsi, le législateur n'entendait pas distinguer selon qu'il s'agit d'une reprise de l'activité principale ou d'une reprise de l'activité accessoire. Si une telle distinction devait être faite et qu'une reprise à un pourcentage même minime de l'activité accessoire devait être admise, cela entraînerait une inégalité de traitement entre les femmes n'exerçant qu'une activité et celles qui en cumulent plusieurs. D'autre part, l'OFAS fait valoir que le jugement entrepris a pour résultat le fractionnement de l'allocation de maternité, dont seule la BGE 139 V 250 S. 254 partie calculée sur le salaire de l'activité reprise doit être supprimée. Il allègue que la loi ne prévoit pas que l'allocation puisse être fractionnée. Le texte légal parle du droit qui s'éteint, mais ne fait nullement référence à une partie du droit, respectivement à une fraction de celui-ci. 4. Le litige porte sur le point de savoir si l'intimée a droit aux allocations de maternité pour son activité principale d'enseignante jusqu'au 2 janvier 2010, singulièrement si le droit à toute allocation de maternité a pris fin le 30 octobre 2009 avec la reprise de l'activité lucrative de l'intimée dans le commerce de son partenaire. 4.1 D'après la jurisprudence, la loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre. Il n'y a lieu de déroger au sens littéral d'un texte clair par voie d'interprétation que lorsque des raisons objectives permettent de penser que ce texte ne restitue pas le sens véritable de la disposition en cause. Si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, il convient de rechercher quelle est la véritable portée de la norme, en la dégageant de tous les éléments à considérer, soit notamment des travaux préparatoires, du but de la règle, de son esprit, ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose ou encore de sa relation avec d'autres dispositions légales. Le Tribunal fédéral ne privilégie aucune méthode d'interprétation, mais s'inspire d'un pluralisme pragmatique pour rechercher le sens véritable de la norme; en particulier, il ne se fonde sur la compréhension littérale du texte que s'il en découle sans ambiguïté une solution matériellement juste ( ATF 138 II 217 consid. 4.1 p. 224; ATF 138 V 17 consid. 4.2 p. 20; ATF 137 V 20 consid. 5.1 p. 26; ATF 136 V 216 consid. 5.1 p. 217; ATF 135 II 78 consid. 2.2 p. 81; ATF 135 V 153 consid. 4.1 p. 157, ATF 135 V 249 consid. 4.1 p. 252; ATF 134 I 184 consid. 5.1 p. 193). 4.2 Selon le texte français de l' art. 16d LAPG (RS 834.1), le droit s'éteint le 98 e jour à partir du jour où il a été octroyé. Il prend fin avant ce terme si la mère reprend une activité lucrative ou si elle décède. Selon le texte allemand de l' art. 16d LAPG , "Der Anspruch endet am 98. Tag nach seinem Beginn. Er endet vorzeitig, wenn die Mutter ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnimmt oder wenn sie stirbt." Selon le texte italien de l' art. 16d LAPG , "Il diritto all'indennità si estingue 98 giorni dopo il suo inizio. Si estingue prima se la madre riprende la sua attività lucrativa o muore." Aux termes de l' art. 25 RAPG (RS 834.11), le droit à l'allocation s'éteint le jour où la mère reprend une activité lucrative, quel que BGE 139 V 250 S. 255 soit son taux d'occupation. Par rapport au texte mentionné ci-dessus de l'art. 16d seconde phrase LAPG, l' art. 25 RAPG , en prévoyant l'extinction du droit quel que soit le taux d'occupation de l'activité lucrative reprise par la mère, est formulé de façon nettement plus restrictive que le texte de la loi. JEAN-LOUIS DUC (Assurance-maternité, questions choisies in L'arbre de la méthode et ses fruits civils, Recueil de travaux en l'honneur du Professeur Suzette Sandoz, Piotet/Tappy [éd.], 2006, p. 219) se demande si l' art. 25 RAPG est conforme à la loi et si celle-ci n'exige pas d'être interprétée. 4.3 Selon le ch. 1033 de la circulaire de l'OFAS sur l'allocation de maternité (CAMat http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/index/category:97/lang:fre ), dans sa teneur valable à partir du 1 er juillet 2005, le droit à l'allocation prend fin le 98 e jour après son début. Il s'éteint avant cette échéance si la mère reprend une activité lucrative, ceci indépendamment du taux d'emploi et de la durée de l'activité. Tel que formulé, le ch. 1033 CAMat reprend pour l'essentiel la formulation restrictive du texte de l' art. 25 RAPG . Le ch. 1033 CAMat a été complété par le ch. 1033.1 CAMat (état au 21 janvier 2010), non déterminant en l'espèce du point de vue temporel, qui prévoit que la fréquentation uniquement des cours de formation théorique (pour les apprenties par ex.) ou la poursuite des mesures du marché du travail de l'assurance-chômage n'est pas considérée comme une reprise de l'activité lucrative et ne provoque pas la fin du droit aux allocations. 4.4 Des travaux préparatoires, il ressort qu'à la suite de l'initiative parlementaire "Révision de la loi sur les allocations pour perte de gain. Extension du champ d'application aux mères exerçant une activité lucrative" (Triponez Pierre) du 20 juin 2001, la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil national, dans un rapport du 3 octobre 2002 (FF 2002 6998), a présenté un projet de loi modifiant la loi sur les allocations pour perte de gain (LAPG) du 25 septembre 1952. L'art. 16d (nouveau) première version du projet de loi était proposé par l'administration et soutenu par une majorité de la Commission; il existait également deux autres versions de l'art. 16d, selon les propositions de minorité I et de minorité II. L'art. 16d (nouveau) première version du projet de loi était ainsi formulé: "Le droit prend fin le 98 e jour de son octroi. Il prend fin avant ce terme si la mère reprend son activité lucrative ou si elle décède" BGE 139 V 250 S. 256 (FF 2002 7040; selon le texte allemand: "Der Anspruch endet am 98. Tag nach seinem Beginn. Er endet vorzeitig, wenn die Mutter ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnimmt oder wenn sie stirbt" [BBl 2002 7564]; selon le texte italien: "Il diritto all'indennità si estingue 98 giorni dopo il suo inizio. Si estingue prima di tale termine se la madre riprende la sua attività lucrativa o muore" [FF 2002 6756]). Lors de sa séance du 3 octobre 2002, la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil national avait relevé qu'avec l'art. 16d (nouveau) première version, tel que proposé par l'administration, on se trouvait devant un conflit de buts: d'un côté, il était inéquitable que l'allocation de maternité continue d'être versée si la mère avait déjà repris l'activité lucrative, d'un autre côté, il était difficile de contrôler la reprise de l'activité lucrative, voire pratiquement impossible dans le cas où la mère exerçait une activité indépendante. Il en résultait une zone grise, où des mères travailleraient déjà à nouveau tout en continuant de percevoir l'allocation de maternité, zone qu'il était difficile de délimiter, raison pour laquelle la Commission a proposé l'adhésion à la proposition de l'administration. Dans son rapport du 3 octobre 2002, la Commission indiquait à propos de l'art. 16d (nouveau) première version du projet de loi qu'une reprise de l'activité lucrative mettait toujours fin au droit, même si la reprise du travail n'était que partielle. Une telle solution entendait notamment encourager la mère à épuiser totalement son droit aux allocations de maternité (FF 2002 7022 ch. 3.1). Le Conseil fédéral, dans un avis du 6 novembre 2002 (FF 2003 1032), n'a présenté aucune observation au plan matériel en ce qui concerne l'art. 16d du projet de loi. Le 3 décembre 2002, le Conseil national a adopté selon la proposition de la majorité de sa Commission l'art. 16d première version du projet de loi (BO 2002 CN 1940). Le 12 juin 2003, le Conseil des Etats, suivant la proposition de la majorité de sa Commission, a adhéré à la décision du Conseil national en ce qui concerne les textes allemand et italien de l'art. 16d première version du projet de loi et modifié le texte français de l'art. 16d première version du projet de loi en le formulant de la façon suivante: "Le droit s'éteint 98 jours après sa naissance. Il prend fin préalablement si la mère reprend une activité lucrative ou si elle décède" (BO 2003 CE 542). Le 17 septembre 2003, le Conseil national a adhéré sur ce point à la décision du Conseil des Etats (BO 2003 CN 1341). 4.5 L'analyse des travaux préparatoires montre ainsi que le législateur a voulu que la reprise partielle d'une activité lucrative, BGE 139 V 250 S. 257 singulièrement qu'une activité lucrative partielle reprise prématurément par la mère soit considérée comme une activité lucrative au sens de l'art. 16d seconde phrase LAPG, dont la reprise prématurée entraîne l'extinction du droit à l'allocation de maternité. Aussi bien le Conseil des Etats que le Conseil national ont adopté l'art. 16d du projet de loi selon la proposition de la majorité de leur Commission. Or, la Commission du Conseil des Etats n'a à aucun moment remis en cause le commentaire de l'art. 16d (nouveau) première version du projet de loi par la Commission du Conseil national dans son rapport du 3 octobre 2002. La modification du texte français de l'art. 16d (nouveau) première version du projet de loi par le Conseil des Etats a pour origine une proposition de l'administration. Il ressort du procès-verbal de la séance de la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil des Etats du 19 mai 2003 que cette modification est d'ordre purement rédactionnel: la proposition de l'administration adaptait l'art. 16b du projet de loi suite à la proposition Frick du 7 avril 2003 et modifiait la formulation de l'art. 16d du projet de loi tout en instituant un al. 2 qui, en définitive, a été biffé par le Conseil national lors de sa séance du 17 septembre 2003 (BO 2003 CN 1341), décision à laquelle a adhéré le Conseil des Etats lors de sa séance du 18 septembre 2003 (BO 2003 CE 836). Il résulte de ce qui précède que l' art. 25 RAPG , en indiquant "quel que soit son taux d'occupation" à propos de la reprise par la mère d'une activité lucrative, concrétise la volonté exprimée ci-dessus par le législateur et est ainsi conforme au droit fédéral. 4.6 Reste dès lors à examiner si une activité lucrative accessoire reprise prématurément par la mère peut être qualifiée d'activité lucrative partielle au sens de l'art. 16d seconde phrase LAPG. Dans sa majorité, la doctrine considère qu'il n'y a plus arrêt complet de travail si la mère reprend même à temps partiel une activité lucrative et que le droit à l'allocation de maternité s'éteint ainsi prématurément (JÖRG REINMANN, Congé de maternité payé: analyse détaillée du projet, Sécurité sociale CHSS 4/2004 p. 205; CHRISTIAN BRUCHEZ, La nouvelle assurance-maternité et ses effets sur le droit du contrat de travail, SJ 2005 II p. 257; OLIVIER SUBILIA, La nouvelle loi sur les allocations pour perte de gain et maternité, PJA 2005 p. 1474; Centre patronal vaudois, L'allocation de maternité selon la loi sur les allocations pour perte de gain [LAPG], in Questionsde droit, publication n° 33 [mai 2005], p. 6; PHILIPPE CARRUZZO, BGE 139 V 250 S. 258 Allocations et congé de maternité: Quels changements à compter du1 er juillet 2005?, CGSS 38/2005 p. 62; RÉMY WYLER, LAPG révisée:allocation-maternité et coordination avec le droit du travail, in Le droit social dans la pratique de l'entreprise: Questions choisies, Institut de recherches sur le droit de la responsabilité civile et des assurances [IRAL; éd.], 2006, p. 51; MERET BAUMANN, Rechtsfragen imZusammenhang mit der Mutterschaft, in Aktuelle Fragen des Sozialversicherungs- und Migrationsrechts aus der Sicht des KMU, Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft [LBR], 2009, p. 51). De soncôté, JEAN-LOUIS DUC (op. cit., p. 219) est d'avis que le but de protection de l'enfant en donnant la possibilité à la mère de s'occuper de lui après la naissance pourrait aussi être atteint en donnant à celle-ci la possibilité de jouir d'un congé de maternité à mi-temps étalé sur 196 jours et que le principe du "tout ou rien" ne devrait pas avoir de place dans la discussion. Il convient de relever que l'art. 16d seconde phrase LAPG est formulé de manière très générale. Cette disposition légale prévoit que le droit à l'allocation de maternité prend fin avant le 98 e jour - à partir du jour où il a été octroyé (art. 16d première phrase LAPG) - si la mère reprend une activité lucrative (son activité lucrative, selon les textes légaux allemand et italien). Une activité lucrative partielle reprise prématurément par la mère est une activité lucrative au sens de l'art. 16d seconde phrase LAPG dont la reprise prématurée entraîne l'extinction du droit à l'allocation de maternité (supra, consid. 4.5). Telle qu'elle est formulée, cette disposition légale n'exclut pas que le droit à l'allocation de maternité persiste dans le cas où une activité lucrative principale n'a pas été reprise et où une activité accessoire marginale a été reprise prématurément sans qu'elle puisse être qualifiée d'activité lucrative partielle au sens de l'art. 16d seconde phrase LAPG. A cet égard, le salaire de minime importance de l' art. 34d al. 1 RAVS (RS 831.101) - sur lequel des cotisations AVS ne sont perçues qu'à la demande de l'assuré -, auquel se sont référés les premiers juges, peut être considéré comme un critère objectif permettant de fixer la limite (2'200 fr. par année civile jusqu'au 31 décembre 2010) au-delà de laquelle une activité accessoire marginale reprise prématurément par la mère constitue une activité lucrative partielle au sens de l'art. 16d seconde phrase LAPG. Ce critère est adéquat, car il permet de délimiter la zone grise évoquée par la Commission de la sécurité sociale et de la santé publique du Conseil national lors de sa séance du 3 octobre 2002 (supra, BGE 139 V 250 S. 259 consid. 4.4). Il résulte du jugement entrepris que la limite fixée ci-dessus n'était pas atteinte dans le cas de l'intimée. Le recours est mal fondé de ce chef. 4.7 Le dispositif du jugement entrepris, objet du recours devant la Cour de céans, ne prévoit pas l'octroi d'une allocation partielle de maternité, question que l'OFAS évoque dans son mémoire et qu'il n'y a donc pas lieu d'examiner. Le recours est mal fondé.
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Urteilskopf 116 Ib 113 14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. Oktober 1990 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Umwandlung der Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung. Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, Abkommen vom 10. August 1964 zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz (Italienerabkommen). 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen die Umwandlung der Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung verweigernden Entscheid, der in Anwendung von Art. 12 des Italienerabkommens ergeht, ist zulässig (E. 1 und 2). 2. Voraussetzung der Bewilligungserteilung nach Art. 12 des Italienerabkommens ist, dass sich der Ausländer in der Schweiz wohl verhalten hat; namentlich darf er nicht zu schweren Klagen Anlass gegeben oder einen Ausweisungsgrund gesetzt haben (E. 3a und b). 3. Die Verweigerung einer Jahresbewilligung setzt die Vornahme einer Interessenabwägung sowie die Wahrung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes voraus (E. 3c). 4. Es ist widersprüchlich, die Umwandlung der Saisonbewilligung mit der Anrufung eines Fernhaltegrundes zu verweigern, dem Ausländer jedoch erneut eine Saisonbewilligung zu erteilen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 114 BGE 116 Ib 113 S. 114 X., geboren 1955, italienischer Staatsangehöriger, arbeitete seit 1985 alljährlich als Saisonnier im Kanton Zürich. Für das Jahr 1990 erteilte ihm die Fremdenpolizei des Kantons Zürich erneut eine Aufenthaltsbewilligung als Saisonnier. Mit Strafbefehl vom 11. September 1989 verurteilte die Bezirksanwaltschaft Bülach X. in Anwendung von Art. 91 Abs. 1 SVG wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, begangen am 9. April 1989, zu einer Busse von Fr. 500.--. Am 23. Juni 1989 reichte X. bei der Fremdenpolizei des Kantons Zürich ein Gesuch um Umwandlung seiner Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung ein. Am 15. August 1989 bestätigte das Bundesamt für Ausländerfragen, dass X. die zeitlichen Voraussetzungen für eine Umwandlung seiner Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung erfülle. Die kantonale Fremdenpolizei wies das Gesuch jedoch mit Verfügung vom 26. Oktober 1989 aufgrund der Vorstrafe des Gesuchstellers ab. Gegen diese Verfügung rekurrierte X. am 21. November 1989 an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Mit Beschluss vom 24. Januar 1990 wies der Regierungsrat diesen Rekurs ab. Am 8. März 1990 erhob X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, der Beschluss des Regierungsrats sei BGE 116 Ib 113 S. 115 unter Kostenfolge aufzuheben und es sei ihm, X., die Jahresbewilligung zu erteilen. Eventualiter sei die Sache der Fremdenpolizei des Kantons Zürich zur Erteilung der Jahresbewilligung zu überweisen. In seiner Vernehmlassung vom 18. April 1990 schliesst der Regierungsrat des Kantons Zürich auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Ausländerfragen beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus den folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21) erfüllt und er nach Art. 13 lit. h BVO von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer ausgenommen ist. Die Unterstellungsfrage stellt sich damit nicht. Angefochten ist vielmehr die Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung. 2. a) Gemäss Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG ist auf dem Gebiete der Fremdenpolizei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Die zuständigen Behörden entscheiden über die Bewilligung des Aufenthalts im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland nach freiem Ermessen (Art. 4 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931, ANAG; SR 142.20). Damit steht dem Ausländer grundsätzlich kein Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zu; die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist darum ausgeschlossen, soweit der Ausländer sich nicht auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen kann, die ihm einen Anspruch auf eine solche Bewilligung einräumt. b) Nach Art. 12 des Abkommens vom 10. August 1964 zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz (Italienerabkommen; SR 0.142.114.548) wird Saisonarbeitskräften, die sich im Verlaufe von fünf (beziehungsweise neu vier) aufeinanderfolgenden Jahren ordnungsgemäss während mindestens 45 (respektive jetzt 36) Monaten zur Arbeit in der Schweiz aufgehalten haben, auf Gesuch hin eine Jahresbewilligung erteilt, vorausgesetzt, dass sie in ihrem Beruf eine Ganzjahresbeschäftigung finden. BGE 116 Ib 113 S. 116 Bereits der Wortlaut dieser Bestimmung ("wird ... erteilt") lässt auf einen Rechtsanspruch auf eine Jahresbewilligung schliessen. Auch in der Botschaft des Bundesrates vom 19. November 1964 war klar die Rede von einem derartigen Anspruch (BBl 1964 II 1008f. sowie 1014). Art. 12 des Italienerabkommens vermittelt demnach einen Anspruch auf die Bewilligungserteilung ( BGE 111 Ib 163 f. E. 1a; unveröffentlichter Entscheid vom 1. Dezember 1989 in Sachen C.; PETER KOTTUSCH, Das Ermessen der kantonalen Fremdenpolizei und seine Schranken, in: ZBl 91/1990, S. 158; TONI PFANNER, Die Jahresaufenthaltsbewilligung des erwerbstätigen Ausländers, Diss. St. Gallen 1984, S. 122), weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist. Ob die Voraussetzungen zur Umwandlung erfüllt sind, ist im Rahmen der materiellen Prüfung zu entscheiden (vgl. BGE 111 Ib 164 E. 1a). 3. Umstritten ist im vorliegenden Fall nur, ob der Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Schweiz ordnungsgemäss war. Die Vorinstanz verneint dies, weil der Beschwerdeführer in der Schweiz straffällig geworden ist. a) Der Beschwerdeführer beruft sich auf ein unveröffentlichtes Urteil vom 7. August 1986 in Sachen B. Das Bundesgericht hat sich darin zur Auslegung von Art. 28 BVO geäussert und entschieden, dass in diesem Falle, wo es nur um die Frage der Unterstellung unter die Begrenzungsverordnung - und noch nicht um die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung - ging, sich der Entscheid über die Ordnungsmässigkeit darauf beschränke, ob der Aufenthalt des Ausländers als Saisonnier in der Schweiz fremdenpolizeilich bewilligt war (vgl. das genannte Urteil in Sachen B., insbesondere E. 2 als Präzisierung von BGE 97 I 534 f. E. 2a). Im vorliegenden Fall ist dieses Urteil nicht von Bedeutung, denn beim Entscheid über die Bewilligungserteilung nach Art. 12 des Italienerabkommens bildet das fremdenpolizeilich relevante Wohlverhalten des Gesuchstellers immer einen Bestandteil der zu prüfenden Voraussetzungen (Art. 12 in Verbindung mit Art. 10 des Italienerabkommens). b) Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann bei der Anwendung von Art. 11 des Italienerabkommens - wo es um die Vorzugsbehandlung nach einem ununterbrochenen Aufenthalt von fünf Jahren geht - eine Aufenthaltsbewilligung dann verweigert werden, wenn der Ausländer ein Verhalten offenbart hat, das den Entzug oder den Widerruf einer schon erteilten Aufenthaltsbewilligung rechtfertigen würde; namentlich darf der Ausländer BGE 116 Ib 113 S. 117 nicht im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG Anlass zu schweren Klagen gegeben oder einen Ausweisungsgrund gemäss Art. 10 Abs. 1 ANAG gesetzt haben ( BGE 97 I 534 f. E. 2a und 3a mit Hinweisen; unveröffentlichtes Urteil vom 5. Mai 1976 i.S. M. E. 3). Nichts steht dagegen, diese Regeln auch auf Art. 12 des Italienerabkommens (Umwandlung der Saison- in eine Jahresaufenthaltsbewilligung) anzuwenden. c) Für die Fälle des Widerrufs und der Nichterneuerung von Aufenthaltsbewilligungen gilt, dass in Analogie zu Art. 11 Abs. 3 ANAG sowie Art. 16 Abs. 3 ANAV - wie bei der Ausweisung - eine Interessenabwägung vorzunehmen beziehungsweise das Verhältnismässigkeitsprinzip zu wahren ist (vgl. BGE 98 Ib 90 E. 3; BGE 93 I 10 E. 4; KOTTUSCH, a.a.O., S. 172). Dabei kommt es wesentlich auf die Bedeutung des verletzten Rechtsgutes, die Tatumstände sowie die persönlichen Verhältnisse des Ausländers an ( BGE 98 Ib 89 f. E. 2c; unveröffentlichtes Urteil vom 20. Januar 1983 i.S. A. E. 4). Die Verweigerung einer Jahresbewilligung in Anwendung von Art. 12 des Italienerabkommens bewirkt in ähnlicher Weise einen Eingriff in eine bundesrechtlich gewährte Rechtsposition. Aus diesem Grunde haben die Behörden ebenfalls in Analogie zu Art. 16 Abs. 3 ANAV eine Interessenabwägung vorzunehmen und den Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten. Anderseits handelt es sich nicht um eine Beschränkung einer gültigen Anwesenheitsbewilligung. Ein Fehlverhalten des Ausländers kann in der Interessenabwägung daher strenger beurteilt werden, als wenn - wie etwa bei einer Ausweisung - in bestehende Bewilligungen eingegriffen wird. 4. a) Der Regierungsrat stützt sich bei seinem Entscheid auf den Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG , wonach ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden kann, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Dass der Beschwerdeführer einen formellen Ausweisungsgrund gesetzt hat, ist nicht bestritten und offensichtlich. Er beruft sich jedoch darauf, der angefochtene Entscheid sei unverhältnismässig. b) Aus den Akten ergibt sich, dass das Vergehen des Beschwerdeführers nicht allzu schwer wiegt. Dies geht - ohne dadurch das Delikt der Trunkenheit am Steuer zu bagatellisieren - aus den konkreten Umständen der vom Beschwerdeführer verübten Straftat (nur kurze Fahrstrecke) und seines Verhaltens im Strafverfahren (sofortiges Geständnis und gezeigte Einsicht) hervor. Auch der BGE 116 Ib 113 S. 118 Strafrichter hat die Tat aus diesen Gründen als nicht schwerwiegend beurteilt. Es handelt sich ferner um ein einmaliges Vorkommnis und es deutet nichts darauf hin, dass der Beschwerdeführer, der über einen unbescholtenen Leumund verfügt und sonst in der Schweiz nie zu Klagen Anlass gegeben hat, erneut straffällig werden könnte. Nach und in Kenntnis der strafrechtlichen Verurteilung hat die kantonale Fremdenpolizei dem Beschwerdeführer erneut eine Saisonnierbewilligung ausgestellt. Dies war zwar dem Regierungsrat bei seinem Entscheid noch nicht bekannt, doch ist es bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Die kantonalen Fremdenpolizeibehörden haben sich für die Frage der Umwandlung der Saisonbewilligung auf den Standpunkt gestellt, das Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit - namentlich dasjenige an der Zulassung von Ausländern, welche zu keinen Klagen Anlass geben - überwiege die Interessen des vorbestraften Beschwerdeführers. Die Fremdenpolizeibehörden haben sich nun jedoch zu ihrer eigenen Argumentation in Widerspruch gesetzt, denn aus der erneuten Zulassung des Beschwerdeführers als Saisonnier ergibt sich, dass dem angefochtenen Entscheid gerade kein überwiegendes Fernhalteinteresse zugrunde liegt. c) Eine Abwägung der in Frage stehenden Interessen führt zum Schluss, dass die fremdenpolizeilichen Interessen, die für eine Nichtumwandlung sprechen, gering sind und keineswegs die entgegenstehenden des Beschwerdeführers überwiegen. Die kantonalen Fremdenpolizeibehörden haben sich zudem widersprüchlich verhalten.
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Urteilskopf 94 I 82 15. Urteil vom 15. März 1968 i.S. Tuor gegen Eidg. Oberzolldirektion
Regeste Fiskalische Belastung des Tabaks, Preisschutz, Ordnungsbusse ( Art. 127 Abs. 1 lit. d, Art. 146 AHVG ; Art. 94 der Verordnung des Bundesrates betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks vom 30. Dezember 1947/4. Juni 1962/6. Oktober 1967). 1. Art. 94 Abs. 1 der Tabaksteuerverordnung, welcher die auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Kleinhandelspreise grundsätzlich als verbindlich erklärt, ist durch Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG gedeckt und daher gültig (Erw. 2). 2. Ordnungsbusse ( Art. 146 AHVG ) wegen Überschreitung der in Art. 94 Abs. 4 lit. a der Tabaksteuerverordnung festgelegten Höchstgrenze des Rabatts. Hat der Täter die Ordnung an mehreren aufeinander folgenden Tagen verletzt, so darf ihm für jeden Tag eine Busse auferlegt werden. Bemessung der Bussen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 83 BGE 94 I 82 S. 83 A.- Der Bundesbeschluss vom 13. Oktober 1933 über die ausserordentlichen und vorübergehenden Massnahmen zur Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichts im Bundeshaushalt (Finanzprogramm 1933) sah in Art. 26 die Besteuerung des Tabaks nach bestimmten Richtlinien vor. Dieser Artikel wurde im Bundesbeschluss vom 28. Oktober 1937 über die Verlängerung und Anpassung des Fiskalnotrechtes für das Jahr 1938 (Finanzprogramm 1938) neu gefasst; insbesondere wurde ein Abs. 3 beigefügt, der den Bundesrat ermächtigte, Massnahmen zu treffen a) "zur Sicherung einer inländischen Tabakkultur und zur Erhaltung einer leistungsfähigen Tabakindustrie", b) "zur Erhaltung der Handarbeit in der Tabakindustrie" und c) "zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren". Auf Grund dieser neuen Ordnung erliess der Bundesrat am 24. Dezember 1937 einen Beschluss über die Besteuerung des Tabaks, dessen Art. 23 in Abs. 1 bestimmte: "Der Handel mit Tabakfabrikaten untersteht der Aufsicht der Oberzolldirektion, soweit dies zur Sicherung des Zollbezuges und der Fabrikationsabgabe notwendig ist." Der durch das Finanzprogramm 1938 neu gefasste Text des Art. 26 des Finanzprogramms 1933 wurde in Art. 42 des (als Finanzordnung 1939-1941 bezeichneten) Bundesbeschlusses vom 22. Dezember 1938 über die Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushalts aufgenommen. Darauf änderte und ergänzte der Bundesrat am 23. Dezember 1938 seinen Beschluss vom 24. Dezember 1937 über die Besteuerung des Tabaks. So fügte er dem Art. 23 neue Absätze bei, insbesondere Abs. 3 und 4, worin er die Unterbietung des auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Kleinhandelspreises verbot, ferner Abs. 5 und 6, welche einerseits die Gewährung der ortsüblichen Rabatte oder Rückvergütungen in Form von Marken und Kassabons und anderseits die Zugabe von Zündhölzern in Heftchen oder Schächtelchen vorbehielten. Die Geltungsdauer der Finanzordnung 1939-1941 und des BRB vom 24. Dezember 1937 (mit den seitherigen Abänderungen und Ergänzungen) wurde zunächst bis Ende 1945 und sodann bis Ende 1949 verlängert. B.- Art. 42 der Finanzordnung 1939-1941 wurde durch den BGE 94 I 82 S. 84 vierten Abschnitt des zweiten Teils des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (AHVG) ersetzt. An die Stelle des Abs. 3 dieses Artikels trat Art. 127 des neuen Gesetzes, mit folgendem Wortlaut: "e) Schutzmassnahmen Der Bundesrat kann Massnahmen treffen: a) zur Sicherung einer bäuerlichen Tabakkultur; b) zur Erhaltung einer leistungsfähigen Tabakindustrie; c) zur Erhaltung der Handarbeit in der Tabakindustrie, insbesondere durch Festsetzung niedrigerer Ansätze für Tabakerzeugnisse, deren Herstellung oder Verpackung in Handarbeit erfolgt; d) zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren und Zigarettenpapier." Gestützt auf das Gesetz vom 20. Dezember 1946 erliess der Bundesrat am 30. Dezember 1947 eine Verordnung betreffend die fiskalische Belastung des Tabaks (Tabaksteuerverordnung, TStV), deren Art. 94 u.a. bestimmt: "4. Preisschutz" Abs. 1: "Der gemäss Art. 87 auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebene Kleinhandelspreis ist für die Abgabe an den Verbraucher im Kleinhandel verbindlich. Dieser Preis darf nicht durch Verabfolgung von Zugaben irgendwelcher Art unterboten werden ... " (Nach Abs. 2 gilt diese Ordnung auch für die eingeführten Tabakfabrikate.) Abs. 4: "Keine Verletzung der in Abs. 1 und 2 hiervor genannten Vorschriften stellt dar: a) Die Gewährung der ortsüblichen Rabatte oder Rückvergütungen durch Selbsthilfeorganisationen und Rabattsparvereine sowie durch Kleinhändler, sofern der Rabatt nicht unmittelbar vom Verkaufspreis in Abzug gebracht wird, sondern die ausgehändigten Marken und Kassabons erst eingelöst werden, wenn der rabattberechtigte Betrag mindestens Fr. 50 beträgt. Als ortsübliche Rabatte gelten die Vergütungen auf abgegebenen Rabattmarken und Eigenbons, deren Höhe die von den bedeutenden örtlichen Selbsthilfeorganisationen (Konsumvereine und Genossenschaften) gewährten Rückvergütungen nicht übersteigt." Durch Bundesgesetz vom 1. Februar 1952 wurden verschiedene die fiskalische Belastung des Tabaks betreffende Bestimmungen des Gesetzes vom 20. Dezember 1946 abgeändert. Der alte Art. 127 AHVG wurde ersetzt durch Abs. 1 des neuen Art. 127, lautend: BGE 94 I 82 S. 85 "Der Bundesrat trifft Massnahmen: a) zur Sicherung einer bäuerlichen Tabakkultur; b) zur Erhaltung der kleinen und mittleren Betriebe der Tabakindustrie, insbesondere durch Gewährung von Ermässigungen auf der Fabrikationsabgabe; c) zur Erhaltung der Handarbeit in der Tabakindustrie, insbesondere durch Festsetzung niedrigerer Ansätze für Tabakerzeugnisse, deren Herstellung oder Verpackung in Handarbeit erfolgt; d) zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren und Zigarettenpapier." Die Abs. 2-6 des neuen Art. 127 betreffen die Kontingentierung des Rohmaterials für die Herstellung von Zigarren. Am 4. Juni 1962 änderte der Bundesrat mehrere Absätze des Art. 94 TStV . Abs. 4 lit. a wurde wie folgt neu gefasst: "Keine Verletzung der in Absatz 1 und 2 hiervor genannten Vorschriften stellt dar: a) die Gewährung von Rabatten (einschliesslich Rückvergütungen und Gewinnanteile) bis auf 8 Prozent ausschliesslich in Form von Kassabons, Rabattmarken oder Eintragungen auf Rabattkarten und dergleichen, die erst eingelöst werden, wenn ihr rabattberechtigter Betrag mindestens 50 Franken ausmacht. Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen, die in erster Linie und vorwiegend andere Waren als Tabakfabrikate verkaufen, dürfen ihren Mitgliedern für jene Waren auf die vorgenannte Weise geleistete höhere Rabatte auch für Tabakfabrikate gewähren. An Orten, wo eine Konsumenten-Selbsthilfeorganisation auch auf Tabakwaren mehr als 8 Prozent Rabatt leistet, dürfen die übrigen Kleinhändler den Rabatt bis zur gleichen Höhe bemessen." Nach Art. 146 AHVG können Widerhandlungen gegen die Tabaksteuerverordnung mit einer Ordnungsbusse von 5 bis 1000 Franken geahndet werden. C. - Die Firma Denner Vereinigte Filialunternehmungen AG, Zürich, gewährte in den Jahren 1965 und 1966 Käufern von Zigaretten Rabatte von 16% an Orten, wo die Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen ihren Kunden die gleiche Vergünstigung nicht einräumten. Bruno Tuor, Chef des Rechtsdienstes der Firma, wurde deshalb von der Oberzolldirektion zu Ordnungsbussen verurteilt. Durch Urteil vom 28. November 1966 hob das Bundesgericht diese Bussen auf, in Erwägung, dass Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV (Fassung vom 4. Juni 1962) insoweit gegen Art. 4 BV verstosse, als dort nur die Konsumenten-Selbsthilfeorganisationen und nicht auch die übrigen Kleinhändler BGE 94 I 82 S. 86 ermächtigt werden, von sich aus Rabatte von mehr als 8% zu gewähren ( BGE 92 I 427 ff.). D.- Am 5. Oktober 1967 nahm die Bundesversammlung ein Gesetz über die Tabakbesteuerung an, dessen Art. 48 lautet: "IV. Fortführung des Preisschutzes Artikel 127, Absatz 1, Buchstabe d, 146 und 148 bis 150 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung bleiben als Grundlage für eine Beibehaltung des Preisschutzes noch während fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung." Mit Beschluss vom 6. Oktober 1967, der am 16. Oktober 1967 in Kraft trat, fasste der Bundesrat Art. 94 Abs. 4 lit. a TStV wie folgt neu: "Keine Verletzung der in Absatz 1 und 2 hiervor genannten Vorschriften stellt dar: a) die Gewährung von Rabatten einschliesslich Rückvergütungen und ähnlichen Leistungen bis auf 10 Prozent." Das Gesetz vom 5. Oktober 1967 ist Gegenstand eines von Bürgern gestellten Referendumsbegehrens. E.- Ungeachtet der im BRB vom 6. Oktober 1967 festgelegten Höchstgrenze von 10% wies Bruno Tuor die 130 Filialgeschäfte der Firma Denner an, beim Verkauf von Zigarettenpaketen in Stangen und anderer Tabakwaren einen Rabatt von 16% zu gewähren. Die Weisung wurde befolgt. An einer Pressekonferenz legte Tuor dar, dass er die vom Bundesrat zum Schutz der Preise der Tabakwaren getroffene Ordnung als verfassungs- und gesetzwidrig betrachte. Die Firma Denner liess durch Radio und Fernsehen eine Mitteilung über diese Stellungnahme verbreiten. Sie wies in Zeitungsinseraten und Anschlägen auf den von ihr gewährten Rabatt hin. Durch Verfügung vom 13. November 1967 verurteilte die Oberzolldirektion Tuor wegen Widerhandlung gegen Art. 94 TStV (in der durch BRB vom 6. Oktober 1967 geänderten Fassung) zu 15 Ordnungsbussen von je 1000 Franken. Für jeden Werktag in der Zeit vom 16. Oktober bis zum 2. November 1967 wurde eine Busse ausgesprochen. Die Verfügung wurde dem Gebüssten von der Direktion des II. Zollkreises eröffnet. F.- Tuor erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Bussenverfügung vom 13. November 1967 sei aufzuheben, BGE 94 I 82 S. 87 und er sei von Schuld und Ordnungsbusse freizusprechen; eventuell seien die Bussen herabzusetzen. Es wird geltend gemacht, der in Art. 94 Abs. 1 TStV aufgestellte Grundsatz sei unverbindlich, da er weder mit der Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ) vereinbar noch durch Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG in der Fassung vom 1. Februar 1952 gedeckt sei. Diese Gesetzesvorschrift sei "verfassungskonform" auszulegen. Sie ermächtige den Bundesrat nicht, Preisschutzmassnahmen zu treffen und damit vom Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen. Sie erteile dem Bundesrat lediglich die Kompetenz, die "Modalitäten für die Veranlagung und Einbringung der Tabaksteuer" zu ordnen. Zur Erhebung und zum Einzug dieser Steuer sei aber der Schutz der Preise der besteuerten Waren nicht notwendig. Diese Auffassung werde durch Meinungsäusserungen verschiedener Juristen - auch solcher des Bundeshauses - gestützt. Aus den Gesetzesmaterialen ergebe sich nicht, dass der Bundesrat habe ermächtigt werden sollen, die Preise der Tabakwaren zu schützen. Auf jeden Fall sei der Gesamtbetrag der ausgesprochenen Bussen übersetzt. Die Zollverwaltung habe in einer einzigen Verfügung, die dem Verurteilten nicht von der Oberzolldirektion, sondern von der Direktion des II. Zollkreises eröffnet worden sei, eine "Totalbusse" von Fr. 15 000.-- ausgefällt. Dieser Betrag übersteige das nach Art. 146 AHVG zulässige Maximum von Fr. 1000.--. Zudem stellten die dem Verurteilten vorgeworfenen Handlungen - wenn sie überhaupt strafbar seien - ein fortgesetztes Delikt dar, für welches nur eine "Gesamtstrafe" hätte ausgesprochen werden dürfen. Die Oberzolldirektion hätte in analoger Anwendung von Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB nur eine Busse von höchstens Fr. 1500.-- ausfällen dürfen. Sollte der Beschwerdeführer doch mehrere Bussen verwirkt haben, so wäre er nach Art. 68 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu einer Busse zu verurteilen gewesen, die seinem Verschulden angemessen sei. Auch unter diesem Gesichtspunkt seien die ausgesprochenen Bussen übertrieben. Dem Beschwerdeführer könne nur ein leichtes Verschulden zur Last gelegt werden. Sein Vorgehen sei verständlich, da die Rechtslage "höchst unsicher" sei und er dem Bundesgericht habe Gelegenheit geben wollen, zu der Frage, die es in BGE 92 I 434 oben selbst aufgeworfen, aber offen gelassen habe, Stellung zu nehmen. Wären jene Bestimmungen BGE 94 I 82 S. 88 des StGB nicht anwendbar, so müssten die Bussen doch nach dem allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit herabgesetzt werden. G.- Die Oberzolldirektion beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 BV ist das Bundesgericht an die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemein verbindlichen Beschlüsse sowie an die von ihr genehmigten Staatsverträge gebunden. Dagegen kann das Gericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen. Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere die auf eine gesetzliche Delegation gestützten (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates. Es prüft, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, prüft das Gericht auch die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen ( BGE 92 I 432 ff.). 2. Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG in der Fassung vom 1. Februar 1952 verpflichtet den Bundesrat, Massnahmen "zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren und Zigarettenpapier" zu treffen. Auf diese Delegation stützt sich Art. 94 TStV . Er erklärt - entsprechend dem Randtitel "Preisschutz" - die auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Kleinhandelspreise als verbindlich (Abs. 1), unter Vorbehalt einiger Ausnahmen, zu denen nach dem nun geltenden Text (Abs. 4 lit. a in der Fassung gemäss BRB vom 6. Oktober 1967) insbesondere die Gewährung von Rabatten bis zu 10% gehört. Der Beschwerdeführer bestreitet die Gesetz- wie auch die Verfassungsmässigkeit des in Art. 94 Abs. 1 TStV aufgestellten Grundsatzes. Indessen stellt sich die Frage der Verfassungsmässigkeit hier nicht. Entweder beauftragt Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG den Bundesrat, die Preise zu schützen, wie dies die Oberzolldirektion geltend macht; oder die Bestimmung weist den Bundesrat an, fiskalische Massnahmen zu treffen, wie dies der Beschwerdeführer behauptet. Erweist sich der Standpunkt der Oberzolldirektion als richtig, so hat das Bundesgericht lediglich festzustellen, dass der vom Bundesrat angeordnete Preisschutz durch BGE 94 I 82 S. 89 die gesetzliche Delegation gedeckt ist; es kann dann die vom Bundesrat getroffene Ordnung so wenig wie die ihr zugrunde liegende Gesetzesvorschrift auf Verfassungsmässigkeit überprüfen. Ist dagegen Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG im Sinne der Auffassung des Beschwerdeführers zu verstehen, so ist bloss festzustellen, dass die vom Bundesrat beschlossene Ordnung über den Rahmen der gesetzlichen Delegation hinausgeht und aus diesem Grunde nicht anwendbar ist; auch in diesem Falle hat das Gericht die Frage der Verfassungsmässigkeit des Verordnungsrechts nicht zu erörtern. Zu prüfen ist somit einfach, ob jene Gesetzesvorschrift den Bundesrat verpflichte, die Preise zu schützen, oder ob sie ihn beauftrage, fiskalische Massnahmen zu treffen. a) Mit dem Wortlaut von Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG verträgt sich die von der Oberzolldirektion vertretene Auslegung besser als die abweichende Auffassung des Beschwerdeführers. Nach der deutschen Fasssung der Bestimmung hat der Bundesrat Massnahmen "zur Regelung des Kleinhandels mit Tabakwaren und Zigarettenpapier" zu treffen. Der Ausdruck "Regelung" hat allerdings eine so allgemeine Bedeutung, dass angenommen werden könnte, er decke sowohl Massnahmen steuerrechtlichen Charakters als auch solche zum Schutz der Preise. Immerhin hätte der Gesetzgeber wohl einen Ausdruck mit engerem Sinn gewählt, wenn er Massnahmen zur Erleichterung der Veranlagung und des Bezuges der Tabaksteuer im Auge gehabt hätte. Dasselbe gilt für die italienische Fassung: "disciplinare il commercio al minuto dei tabacchi e della carta da sigarette". "Disciplinare" hat kaum eine engere Bedeutung als "regeln". Zweifellos lässt sich "disciplinare" auf den Preisschutz beziehen, doch ist weniger sicher, ob der Ausdruck auch für Massnahmen steuerrechtlicher Art zutreffe. Die französische Fassung - "assainir le commerce de détail des tabacs manufacturés et du papier à cigarettes" - ist eindeutig; mit ihr ist nur die Auffassung der Oberzolldirektion vereinbar. In der Tat kann mit dem Auftrag, einen Wirtschaftszweig zu "sanieren", nur gemeint sein, dass die Schwierigkeiten, in denen er sich befindet, zu beheben sind. Diesem Zweck dient offensichtlich der Schutz der Preise der vom Wirtschaftszweig vertriebenen Waren, da er die Gewerbegenossen vor den verderblichen Auswirkungen von Preisunterbietungen bewahren soll. BGE 94 I 82 S. 90 Dagegen wird dem Wirtschaftszweig durch Massnahmen, welche die Besteuerung der von ihm abgesetzten Waren sichern sollen, keineswegs geholfen. b) Die Lösung, für die schon der Wortlaut von Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG spricht, wird bestätigt, wenn dieser Artikel als Ganzes in seinen inneren Zusammenhängen ins Auge gefasst wird. Die lit. a, b und c des Art. 127 Abs. 1 sehen durchweg Massnahmen zum Schutze von Zweigen der Tabakbranche vor. In lit. a ist die Rede von der Sicherung einer bäuerlichen Tabakkultur, in lit. b von der Erhaltung der kleinen und mittleren Betriebe der Tabakindustrie und in lit. c von der Erhaltung der Handarbeit in dieser Industrie. Die durch die Novelle vom 1. Februar 1952 eingeführten Abs. 2-6 des Art. 127, welche die Kontingentierung der Zigarrenproduktion betreffen, stehen im Zusammenhang mit Abs. 1 lit. b; sie bezwecken ebenfalls die Erhaltung kleiner und mittlerer Betriebe der Tabakindustrie, wie sich aus ihrem Wortlaut ergibt und durch die Botschaft zur Novelle (BBl 1951 III S. 501 ff.) bestätigt wird. Die Annahme liegt deshalb nahe, dass auch in lit. d des Abs. 1 Schutzmassnahmen gemeint sind, nämlich eben Massnahmen zum Schutze des Kleinhandels mit Tabakwaren und Zigarettenpapier. Diese Auffassung ist umsomehr gerechtfertigt, als Art. 127 AHVG ursprünglich mit dem Randtitel "Schutzmassnahmen" versehen worden war. Dieser Titel ist zwar in der Novelle vom 1. Februar 1952 weggelassen, aber auch nicht durch einen anderen ersetzt worden. Die Meinung war wohl, dass es beim bisherigen Titel bleibe; sind doch sonst allen Artikeln des AHVG Randtitel beigefügt. Wie es sich damit verhalte, kann indessen offen gelassen werden. Auf jeden Fall ist der Zweck von Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG durch die Novelle offensichtlich nicht geändert worden. c) Die Auffassung der Oberzolldirektion steht auch im Einklang mit der Meinung, welche die eidgenössischen Räte wiederholt kundgetan haben. Schon das Finanzprogramm 1938 und die Finanzordnung 1939-1941 ermächtigten den Bundesrat, den Kleinhandel mit Tabakwaren zu "regeln" ("assainir", disciplinare"). Freilich machte der Bundesrat von der ihm im Finanzprogramm 1938 erteilten Ermächtigung nur in der Weise Gebrauch, dass er den Handel mit Tabakfabrikaten der Aufsicht der Oberzolldirektion BGE 94 I 82 S. 91 unterstellte, "soweit dies zur Sicherung des Zollbezuges und der Fabrikationsabgabe notwendig ist". Auf Grund der gleichlautenden Ermächtigung in der Finanzordnung 1939-1941 ergänzte er aber seinen früheren Beschluss, indem er die Unterbietung der auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Kleinhandelspreise - unter Vorbehalt einiger Ausnahmen - verbot. Als der Gesetzgeber im Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 jene früher erteilte Ermächtigung wiederholte, musste er gewärtigen, dass der Bundesrat davon weiterhin in gleicher Weise wie zuvor Gebrauch machen werde. Das war umsomehr zu erwarten, als der Bundesrat in seiner Botschaft vom 29. Mai 1946 über die Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung erklärt hatte, er wolle "zum Schutze der Konsumenten und des Detailhandels" Vorschriften erlassen, "wonach die Tabakwaren zu den vom Fabrikanten im Einverständnis mit der eidgenössischen Preiskontrolle festgesetzten, auf den Packungen aufgedruckten Preisen abgegeben werden müssen" (BBl 1946 II S. 639). Wären die eidgenössischen Räte der Auffassung gewesen, dass der Bundesrat die ihm in der Finanzordnung 1939-1941 delegierte Befugnis zu weit ausgelegt habe, so hätten sie wohl bei der Beratung der ihnen mit jener Botschaft unterbreiteten Vorlage klargestellt, in welchem Sinne nach ihrer Meinung die darin wieder gleich gefasste Delegation (nachmals Art. 127 lit. d AHVG ) verstanden werden müsse. Das ist indessen nicht geschehen. Im Gegenteil erklärte im Ständerat der Berichterstatter der Kommission, dass der Schutz der vom Fabrikanten festgesetzten Kleinhandelspreise mit Art. 34ter BV (in der damals geltenden Fassung) vereinbar sei. Darauf äusserte zwar ein Abgeordneter Bedenken, doch bestätigte anschliessend der Vorsteher des Finanz- und Zolldepartements die Absicht des Bundesrates, in der neuen Verordnung im Interesse des Kleinhandels wie auch der Konsumenten die Preise nach unten und oben zu schützen, worauf die vorgeschlagene Delegationsnorm ohne weiteres genehmigt wurde (StenBull StR 1946 S. 454-457). Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass die eidgenössischen Räte der Meinung waren, der Bundesrat werde durch die neue Delegation ( Art. 127 lit. d AHVG ) ermächtigt, Vorschriften zum Schutz der Kleinhandelspreise zu erlassen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei nur die Festlegung von Höchstpreisen beabsichtigt gewesen, trifft nicht zu. Es war ausdrücklich BGE 94 I 82 S. 92 vom Preisschutz nach oben und nach unten die Rede. Unter ähnlichen Umständen wurde die Gesetzesnovelle vom 1. Februar 1952 angenommen. Der Bundesrat hatte gestützt auf Art. 127 lit. d des Gesetzes vom 20. Dezember 1946 in die Tabaksteuerverordnung vom 30. Dezember 1947 den Art. 94 aufgenommen, welcher die auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Kleinhandelspreise - mit gewissen Ausnahmen - als verbindlich erklärte. Der Gesetzgeber von 1952, der die lit. d des bisherigen Art. 127 AHVG im ersten Absatz des neuen Art. 127 beibehielt, musste sich bewusst sein, dass er damit den Bundesrat ermächtigte, die Preisschutzordnung weiterzuführen. Die vom Beschwerdeführer erwähnte Tatsache, dass im Jahre 1949 im Nationalrat einige Redner die Verfassungs- und Gesetzmässigkeit der vom Bundesrat auf Grund des Art. 127 AHVG erlassenen Vorschriften in Zweifel gezogen hatten, ändert daran nichts. Übrigens hatten sich die damals geäusserten Bedenken mehr auf die Kontingentierung der Zigarrenfabrikation als auf den Schutz der Kleinhandelspreise bezogen. Schliesslich ist auf Art. 48 des von der Bundesversammlung am 5. Oktober 1967 angenommenen (noch der Volksabstimmung zu unterbreitenden) Gesetzes über die Tabakbesteuerung hinzuweisen, welcher bestimmt, dass Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG "als Grundlage für eine Beibehaltung des Preisschutzes noch während fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung bleibt". Damit hat nun das Parlament sogar ausdrücklich anerkannt, dass der Bundesrat in Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG zum Erlass von Preisschutzvorschriften ermächtigt worden war. d) Der Zweck der Delegationsnorm spricht ebenfalls für die ihr von der Oberzolldirektion gegebene Auslegung. Gemäss Art. 113 AHVG wird der Tabak fiskalisch belastet durch a) "Erhebung eines Eingangszolles auf dem eingeführten Rohtabak und dessen Abfällen sowie auf den eingeführten Tabakfabrikaten", b) "Erhebung einer Fabrikationsabgabe auf allen im Inland gewerbsmässig hergestellten Tabakfabrikaten" und c) "Erhebung einer Abgabe auf den im Inland nicht gewerbsmässig hergestellten Zigaretten auf Grundlage des hierzu dienenden, aus dem Ausland eingeführten oder im Inland erzeugten Zigarettenpapieres". Danach unterliegen der Abgabepflicht nur die Importeure und die Fabrikanten, nicht auch die Kleinhändler. Es bestand daher kein Anlass, dass der Gesetzgeber dem Bundesrat die Befugnis erteilte, den Kleinhandel mit Tabakwaren fiskalischen Vorschriften zu unterwerfen. BGE 94 I 82 S. 93 Dagegen hatte der Gesetzgeber triftige Gründe für eine Ermächtigung des Bundesrates, Massnahmen zum Schutz der Kleinhandelspreise für Tabakwaren zu treffen. Dies rechtfertigte sich namentlich im Hinblick darauf, dass die Tabakbranche seit dem Erlass des Finanzprogramms 1933 besonders hohe Fiskallasten zu tragen hat (Botschaft vom 29. Mai 1946, BBl 1946 II S. 639). Der Schutz der Kleinhandelspreise konnte auch mit der Überlegung begründet werden, dass er einen gewissen Einfluss auf den Ertrag der vorgesehenen Abgaben hat. Es war angezeigt, dass der Bundesrat ermächtigt wurde, nicht nur die Tabakkultur und die Tabakindustrie, sondern auch den Kleinhandel mit Tabakwaren zu schützen. Wiewohl die Kleinhändler den auf dem Tabak erhobenen Abgaben nicht unterworfen sind, beeinflussen die wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen sie sich befinden, doch auch den Umsatz der abgabepflichtigen Importeure und Fabrikanten. Eine Ordnung, welche den Kleinhandel zur Einhaltung der auf den Packungen der Tabakfabrikate angegebenen Preise verpflichtet, um ihn vor verderblichen Unterbietungen zu bewahren, begünstigt daher mittelbar auch die ihn beliefernden Abgabepflichtigen und den Staat, der die Abgaben erhebt. e) Die grammatikalische, die systematische, die historische und die teleologische Auslegung führen somit zum gleichen Ergebnis: Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG delegiert dem Bundesrat die Befugnis, die Kleinhandelspreise für Tabakwaren zu schützen. Dass dies der Sinn der Bestimmung ist, unterliegt keinem Zweifel, weshalb sich die Frage, ob die eine oder die andere Auslegung "verfassungskonform" sei, nicht stellt (GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts I, S. 223; HAAK, Normenkontrolle und verfassungskonforme Gesetzesauslegung des Richters, S. 10 und passim). Art. 94 Abs. 1 TStV hält sich demnach im Rahmen der dem Bundesrat in Art. 127 Abs. 1 lit. d AHVG eingeräumten Befugnis. Das Bundesgericht ist daher an diese Verordnungsvorschrift in gleicher Weise gebunden wie an die Delegationsnorm, die ihr zugrunde liegt. Es hat die Verfassungsmässigkeit der Verordnungsvorschrift so wenig wie diejenige der Delegationsnorm zu überprüfen. Es ist denn auch schon in früheren Urteilen von der Auffassung ausgegangen, dass Art. 94 Abs. 1 TStV verbindlich ist ( BGE 80 I 55 ff.; Urteil vom 12. Juli 1957 i.S. Mathis, nicht veröffentlicht). Das Hauptbegehren des Beschwerdeführers, das auf der BGE 94 I 82 S. 94 gegenteiligen Auffassung beruht, erweist sich somit als unbegründet. 3. Eventuell beantragt der Beschwerdeführer, die Bussen seien herabzusetzen. a) In diesem Zusammenhang beanstandet er, dass ihm die Bussenverfügung nicht durch die Oberzolldirektion selbst, sondern durch eine Zollkreisdirektion eröffnet wurde. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Nach Art. 148 Abs. 4 AHVG "wird der getroffene Entscheid dem Angeschuldigten ... unter Angabe einer vorhandenen Beschwerdemöglichkeit und der Beschwerdefrist durch eingeschriebenen Brief eröffnet". Diese Ordnung wurde hier eingehalten. Eine Bestimmung, welche der Oberzolldirektion vorschriebe, selber die Verfügung zu eröffnen, besteht nicht. b) Der Beschwerdeführer wirft der Oberzolldirektion vor, sie habe eine "Totalbusse" von Fr. 15 000.-- ausgesprochen, obwohl Art. 146 AHVG nur eine Busse von Fr. 5.- bis Fr. 1000.-- zulasse. Ausserdem macht er geltend, die ihm zur Last gelegten Handlungen stellten ein fortgesetztes Delikt dar und könnten daher nur durch eine einzige Busse geahndet werden, die in analoger Anwendung von Art. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB höchstens auf Fr. 1500.-- festgesetzt werden dürfe. Hätte er doch mehrere Bussen verwirkt, so wäre nach Art. 68 Ziff. 1 Abs. 2 StGB eine seinem Verschulden angemessene Busse zu verhängen. Diese Einwände halten nicht stand. Die Oberzolldirektion hat in der angefochtenen Verfügung dem Beschwerdeführer 15 Bussen von je Fr. 1000.-- auferlegt, nämlich eine Busse für jeden Werktag in der Zeit vom 16. Oktober bis zum 2. November 1967. Der in Art. 146 AHVG festgelegte Höchstbetrag ist also nicht überschritten worden. Zudem sind die allgemeinen Bestimmungen des StGB auf Ordnungsbussen, wie sie in Art. 146 AHVG angedroht sind, nicht anwendbar ( BGE 82 I 308 ; BGE 93 I 467 ; nicht veröffentlichte Urteile i.S. Cadoppi vom 2. Oktober 1956, Lexington vom 15. Mai 1959, Locher vom 3. April 1963, Lambert vom 10. November 1967). Art. 68 StGB kann hier somit nicht, auch nicht analog, angewandt werden. c) Gewiss kann die Verwaltung den Betrag der Busse innerhalb des in Art. 146 AHVG aufgestellten Rahmens nicht nach Belieben festsetzen. Sie verfügt zwar über einen gewissen Ermessensspielraum, muss aber die allgemeinen verwaltungsrechtlichen BGE 94 I 82 S. 95 Grundsätze beachten, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismässigkeit (zit. Urteil Lexington); andernfalls überschreitet oder missbraucht sie das ihr eingeräumte Ermessen und verletzt damit Bundesrecht. Die Busse muss der Schwere der Ordnungsverletzung angemessen sein. Anderseits ist eine gewisse Strenge schon deshalb angezeigt, weil die Busse den Täter von weiteren Widerhandlungen abhalten soll ( BGE 80 I 57 Erw. 4). Offen bleiben kann im vorliegenden Fall, ob bei der Bemessung der Busse auch dem Grade des Verschuldens Rechnung zu tragen sei, selbst wenn ein Verschulden nicht Voraussetzung der Strafbarkeit ist (vgl. BGE 93 I 468 ). Der Beschwerdeführer bestreitet grundsätzlich nicht, schuldhaft gehandelt zu haben, und sein Verschulden ist auch nichts weniger als leicht. Die angefochtene Verfügung steht mit den genannten Grundsätzen im Einklang. Auf Weisung des Beschwerdeführers haben die 130 Filialgeschäfte der Firma Denner während vieler Tage die beanstandeten Rabatte in Missachtung der Vorschriften des Bundesrates gewährt. Der Beschwerdeführer hat seine Absicht, die Preisschutzordnung zu verletzen, öffentlich - in einer Pressekonferenz, durch Radio und Fernsehen, Zeitungsinserate und Anschläge - bekanntgegeben. Durch sein Verhalten hat er in verschiedenen Landesgegenden den Kleinhandel mit Tabakwaren ernstlich gestört; gewissen Konkurrenten der Firma Denner hat er einen Teil ihrer Kundschaft entzogen, und andere hat er veranlasst, ihrerseits die Preisschutzordnung zu verletzen. Er hat sich durch die ausgesprochenen Bussen auch nicht abhalten lassen, seine vorschriftswidrige Tätigkeit weiterzuführen; niedrigere Bussen wären demnach noch weniger wirksam gewesen. Der Beschwerdeführer versucht vergeblich, sein Vorgehen zu beschönigen. Wäre es ihm nur darum zu tun gewesen, die Gültigkeit des Art. 94 Abs. 1 TStV überprüfen zu lassen, so hätte eine einzige Widerhandlung genügt. Er hat aber an der Gewährung des zu hohen Rabatts während längerer Zeit beharrlich festgehalten und dafür eine lautstarke Propaganda entfaltet, woraus geschlossen werden muss, dass es ihm vor allem darum ging, Käufer von Tabakwaren anzuziehen und auf diese Weise den Umsatz der Firma Denner überhaupt zu vergrössern. Unter diesen Umständen erscheinen die ausgesprochenen Bussen nicht als übersetzt, dies umsoweniger, als der auf einen Tag und eine Filiale entfallende Bussenbetrag nicht einmal Fr. 8.- erreicht. Von Überschreitung oder Missbrauch des der Verwaltung bei BGE 94 I 82 S. 96 der Bussenbemessung zustehenden Ermessens kann keine Rede sein. Das Eventualbegehren des Beschwerdeführers ist daher eben falls unbegründet. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
ea955a5d-1e3c-4b82-a286-b195d318badf
Urteilskopf 118 III 43 14. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 3. Juni 1992 i.S. Schärer (Rekurs)
Regeste Art. 197 SchKG ; Umfang des Konkursbeschlags. Wechselt ein Schuldner nach Konkurseröffnung von einer unselbständigen zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit und verlangt die Barauszahlung seines Pensionskassenguthabens, so fällt dieses in die Konkursmasse.
Sachverhalt ab Seite 43 BGE 118 III 43 S. 43 A.- Am 22. August 1991 wurde über Enrico Schärer gestützt auf Art. 191 SchKG der Konkurs eröffnet. Per Ende September 1991 wurde sein Arbeitsverhältnis aufgelöst. In der Folge beschloss er, eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Zu diesem Zwecke verlangte er am 6. März 1992 bei der "Neuenburger Lebensversicherungs-Gesellschaft" die Barauszahlung seines Pensionskassenguthabens in der Höhe von Fr. 62'061.85. Dieser Betrag wurde Enrico Schärer am 19. März 1992 avisiert und am 25. März 1992 seinem BGE 118 III 43 S. 44 Konto Nr. ... bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank Sissach gutgeschrieben. Mit Verfügung vom 15. April 1992 blockierte das Konkursamt Fraubrunnen den Saldo dieses Kontos, lautend auf Fr. 1'080.90 per 22. August 1991, sowie den Betrag von Fr. 62'061.85 plus Zins ab 26. März 1992. Diesen Betrag nahm es in das Konkursinventar auf. B.- Die Verfügung des Konkursamtes vom 15. April 1992 focht Enrico Schärer mit einer Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern an und beantragte, der Saldo des Kontos bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank Sissach sei aus dem Konkursbeschlag zu entlassen, da er Kompetenzgut darstelle. Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde mit Entscheid vom 13. Mai 1992 ab. C.- Enrico Schärer führt Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts mit dem Begehren, der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass der Betrag von Fr. 62'061.85 plus Zins ab 26. März 1992 auf dem Konto Nr. ... der Basellandschaftlichen Kantonalbank Sissach nicht in die Konkursmasse falle und ihm - gegebenenfalls unter bestimmten Bedingungen - freizugeben sei. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Unter Hinweis auf BGE 109 III 80 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Auffassung vertreten, dass das dem Rekurrenten ausbezahlte Pensionskassenguthaben nicht eine blosse Anwartschaft darstelle, die im Konkurs nicht zu berücksichtigen wäre. Nach Art. 197 Abs. 2 SchKG gehöre alles Vermögen, das dem Schuldner vor Schluss des Konkursverfahrens anfalle, zur Konkursmasse. Der Betrag von Fr. 62'061.85 sei daher dem Konkursbeschlag nicht entzogen. Dagegen wird in der Rekursschrift eingewendet, die Vorinstanz habe sich zu Unrecht auf BGE 109 III 80 gestützt, weil bei Erlass dieses Urteils weder die gesetzliche Regelung des BVG noch diejenige von Art. 92 Ziff. 13 SchKG in Kraft gewesen seien. Zudem sei zu beachten, dass in dem zitierten Entscheid des Bundesgerichts die Abgangsentschädigung gegen den Willen des Gemeinschuldners festgesetzt worden sei, d.h. ihm "angefallen" sei, während vorliegend der Rekurrent selber die Auszahlung seines BVG-Guthabens verlangt habe. BGE 118 III 43 S. 45 2. Unlängst hat das Bundesgericht in zwei Urteilen erkannt, dass die Barauszahlung des Pensionskassenguthabens an einen Arbeitnehmer, der eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt, weder unpfändbar noch nur relativ pfändbar sei. Es wurde dabei festgehalten, dass der Gesetzgeber in Art. 331c Abs. 2 OR und Art. 92 Ziff. 13 SchKG lediglich Anwartschaften als nicht abtretbar oder unpfändbar bezeichne, dass aber dieser Schutz gegenüber einer Barauszahlung entfalle und dass insbesondere Art. 92 Ziff. 13 SchKG demzufolge nicht mehr anwendbar sei ( BGE 117 III 23 E. 3; BGE 118 III 20 E. 3). Aber auch Art. 93 SchKG , welcher die beschränkte Pfändbarkeit von Einkommensersatzansprüchen, die dem Unterhalt des Schuldners und seiner Familie dienen, vorsieht, kommt bei Barauszahlungen gestützt auf Art. 331c Abs. 4 lit. b Ziff. 2 OR nicht zur Anwendung ( BGE 117 III 23 ff. E. 4; BGE 118 III 20 E. 3). Damit hat das Bundesgericht an der von der kantonalen Aufsichtsbehörde angeführten Rechtsprechung festgehalten, so dass der Einwand des Rekurrenten, bei Erlass des Entscheides in BGE 109 III 80 hätten die gesetzlichen Regelungen des BVG und des Art. 92 Ziff. 13 SchKG noch nicht bestanden, hinfällig wird. Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich eindeutig, dass auch das dem Rekurrenten ausbezahlte Guthaben bei der Pensionskasse seines früheren Arbeitgebers nicht vom Konkursbeschlag ausgenommen werden kann. Zutreffen mag, dass die Barauszahlung sinnvollerweise wieder dem Aufbau einer privaten Altersvorsorge oder als Betriebskapital für eine selbständige berufliche Existenz dienen sollte. Doch ist diese Zweckbestimmung weder ausdrücklich im Gesetz vorgesehen, noch wird die Barauszahlung im Falle der Zwangsvollstreckung in irgendeiner Weise vom Gesetzgeber geschützt. Die vom Rekurrenten vorgeschlagene Lösung, dass Art. 197 Abs. 2 SchKG in solchen Fällen nicht mehr angewendet werde, kommt zum vornherein nicht in Betracht. Der Berechtigte ist in der Verwendung der ausbezahlten Beträge vollkommen frei. Solange er sie nicht erneut der Altersvorsorge widmet, können auch die Gläubiger oder die Konkursmasse frei darauf greifen. Daran ändert auch nichts, dass in Art. 197 Abs. 2 SchKG von Vermögen, das dem Gemeinschuldner "anfällt", die Rede ist. Dieser Ausdruck ist entgegen der Meinung des Rekurrenten nicht in dem Sinne zu verstehen, dass dazu nur derartige Vermögenswerte gehören würden, welche während des laufenden Konkursverfahrens ohne Willenserklärung des Betroffenen zur Auszahlung gelangen. Im übrigen würde viel eher derjenige Arbeitnehmer, dessen Vorsorgeguthaben ohne sein Zutun ausbezahlt wird, BGE 118 III 43 S. 46 Schutz verdienen als jener, der die Auszahlung ausdrücklich verlangt. Schliesslich regt der Rekurrent noch an, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt werde, seine irrtümlich abgegebene Erklärung zu widerrufen und den ausbezahlten Betrag wieder an die "Neuenburger Lebensversicherungs-Gesellschaft" zum Zwecke der BVG-gemässen Verwendung zurückfliessen zu lassen. Für ein derartiges Vorgehen fehlt indessen jegliche gesetzliche Grundlage. Der Rekurrent übersieht, dass er nun als Selbständigerwerbender ohnehin frei ist, sich einer Vorsorgeeinrichtung anzuschliessen oder nicht ( Art. 44 BVG , SR 831.40). Ein Zwangsanschluss fällt für ihn ausser Betracht. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,992
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CH_BGE_005
CH
Federation
ea95f11b-6eaa-4a56-8e4c-3a3488d63785
Urteilskopf 115 IV 90 20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Juni 1989 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 13 Abs. 1, 44 Ziff. 1 und 6, 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB. Bei anerkanntem Zusammenhang zwischen den Straftaten und der Drogensucht darf der Richter ohne Beizug eines Gutachtens nicht schon aufgrund fehlender körperlicher Abhängigkeitssymptome die Notwendigkeit einer ambulanten Massnahme und eines damit verbundenen Aufschubs des Strafvollzuges verneinen (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 115 IV 90 S. 90 A.- Die Kriminalkammer des Kantons Thurgau verurteilte K. am 16. Januar 1989 wegen verschiedener Delikte (wiederholte BGE 115 IV 90 S. 91 Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Hehlerei, Nichtbezahlung des Militärpflichtersatzes), begangen im Rückfall und im Zustand leicht verminderter Zurechnungsfähigkeit, zu einer Gefängnisstrafe von 12 Monaten, unter Verweigerung des bedingten Strafvollzuges. B.- Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt der Verurteilte Aufhebung des Urteils und Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. C.- Die Kriminalkammer und die Staatsanwaltschaft beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, der Richter habe gemäss Art. 13 Abs. 1 StGB i.V. m. Art. 44 Ziff. 1 Abs. 2 StGB eine psychiatrische Untersuchung des Angeklagten anzuordnen, wenn zum Entscheid über die Anordnung einer sichernden Massnahme Erhebungen über dessen körperlichen oder geistigen Zustand nötig seien. Die hier in Frage stehende Massnahme, eine ambulante Behandlung unter Aufschub des Vollzuges der Strafe im Sinne von Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 6 und Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB , setze die Abklärung der Drogensüchtigkeit, den Zusammenhang der Drogensucht mit den begangenen Delikten, die Eignung der Massnahme, eine Rückfallgefahr zu vermindern oder zu verhindern, und ihre Verträglichkeit mit einem allfälligen Strafvollzug voraus. Gemäss BGE 102 IV 76 könne die psychiatrische Abklärung nur unterbleiben, wenn die Anordnung einer solchen Massnahme von vornherein ausgeschlossen sei. b) Die Vorinstanz hat den entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Sie räumt zwar einen Zusammenhang zwischen den Straftaten und seiner Drogenabhängigkeit ein, schliesst jedoch aus den Akten, dass er nunmehr drogenfrei sei. Aus dem Bericht des sozialpsychiatrischen Dienstes ergebe sich im übrigen, dass die im November 1988 begonnene psychotherapeutische Behandlung nicht im Zusammenhang mit der vergangenen Drogenproblematik des Beschwerdeführers stehe, sondern rein prophylaktischer Natur sei. Mangels Hinweis auf eine noch bestehende Drogensucht sei deshalb die Anordnung einer Massnahme gemäss Art. 44 StGB abzulehnen. Sie fügt hinzu, selbst bei Anordnung einer ambulanten Behandlung komme ein Aufschub BGE 115 IV 90 S. 92 des Strafvollzuges nicht in Betracht, insbesondere im Hinblick auf die beim Beschwerdeführer gegebene Rückfallgefahr. c) Art. 13 Abs. 1 StGB schreibt eine Untersuchung des Beschuldigten vor, wenn zum Entscheid über die Anordnung einer sichernden Massnahme Erhebungen über dessen körperlichen oder geistigen Zustand nötig sind (siehe auch Art. 44 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ). Die hier zur Diskussion stehende Massnahme setzt unter anderem voraus, dass der Täter drogensüchtig ist und die von ihm begangene Tat damit im Zusammenhang steht. Ferner muss die Massnahme notwendig und geeignet sein, die Gefahr künftiger Verbrechen oder Vergehen zu verhüten (Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 6 StGB). Die Vorinstanz anerkennt den Zusammenhang zwischen den Straftaten des Beschwerdeführers und seiner Drogenabhängigkeit. Offenbar will sie aus ihrer Annahme, dass er heute drogenfrei sei, schliessen, eine Massnahmebedürftigkeit sei heute nicht mehr gegeben. Zu Recht macht der Beschwerdeführer geltend, diese Argumentation greife zu kurz. Wie bereits in BGE 102 IV 76 festgestellt wurde, darf aus dem Fehlen einer körperlichen Drogenabhängigkeit nichts gegen die Notwendigkeit einer Massnahme geschlossen werden. Es ist in der Tat häufig so, dass zum Zeitpunkt der Urteilsfällung ein Beschuldigter "sauber" ist, ohne dass im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der Drogenabhängigkeit häufig auftretenden schwerwiegenden Persönlichkeitsveränderungen (vgl. BGE 102 IV 76 oben) die Gefahr des Rückfalls als gebannt betrachtet werden kann. Dazu wird sich in der Regel nur ein Gutachter aussprechen können, da sich die Frage der psychischen Abhängigkeit und der Therapiebedürftigkeit vom Richter ohne Beizug eines Sachverständigen meist nicht beantworten lässt. Der Hinweis auf das Schreiben des sozialpsychiatrischen Dienstes der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich vom 10. Januar 1989 genügt den Anforderungen an eine gutachtliche Äusserung, wie sie sich aus Art. 13 StGB ergeben, nicht. Dieses Schreiben, adressiert an den damaligen Verteidiger des Beschwerdeführers und offenbar auf dessen Verlangen erstattet, informiert nur darüber, dass die psychotherapeutische Behandlung auf Wunsch des Beschwerdeführers, offenbar im November 1988 begonnen wurde; das Motiv für die Behandlung nicht in seiner vergangenen Drogenproblematik und in der kommenden Gerichtsverhandlung liege; die Therapie indiziert und erfolgversprechend sein dürfte; für einen psychotherapeutischen BGE 115 IV 90 S. 93 Prozess allerdings ein längerer Zeitraum vorgesehen werden müsse; der Beschwerdeführer um die Gefahr wisse, bei schweren Problemen in den Drogenkonsum abzugleiten, und dass er zum Schutz vor einem Rückfall in den Opiatkonsum um regelmässige Urinprobenkontrolle bezüglich Heroinkonsum gebeten habe. Eine einlässliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Voraussetzungen von Art. 44 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 6 StGB gegeben sind, findet in diesem Schreiben offensichtlich nicht statt. Immerhin ergibt sich, dass die Gefahr eines Rückfalls in den Opiatkonsum beim Beschwerdeführer nach wie vor besteht, andernfalls die erwähnten Urinprobenkontrollen nicht notwendig wären. Die Vorinstanz konnte deshalb nicht unter Rückgriff auf dieses Schreiben die Voraussetzungen von Massnahmen gemäss Art. 44 StGB von vornherein verneinen, sondern hätte im Gegenteil gestützt darauf Veranlassung gehabt, die Frage der Massnahmebedürftigkeit vertieft durch einen Gutachter abklären zu lassen. Dies drängt sich um so mehr auf, als ohnehin ein Gutachten zur Frage des Ausmasses der Verminderung der Zurechnungsfähigkeit einzuholen ist (hier nicht publizierte E. 2). d) Das angefochtene Urteil ist auch in sich widersprüchlich, wenn einerseits die Voraussetzungen einer Massnahme gemäss Art. 44 StGB abgelehnt werden, andererseits unter Hinweis auf eine Rückfallgefahr des Beschwerdeführers die Möglichkeit einer ambulanten Massnahme verneint wird. Da sich eine Rückfallgefahr vorliegend nur aus einer allfälligen Drogenabhängigkeit des Beschwerdeführers erklären liesse, ist der Widerspruch im angefochtenen Entscheid offensichtlich. Zu Unrecht beruft sich die Vorinstanz im übrigen auf BGE 100 IV 12 , da jener Entscheidung ein anderes Problem zugrunde lag. Die kantonale Instanz hatte angeordnet, dass im Strafvollzug einer Zuchthausstrafe von 6 1/2 Jahren so lange, als ärztlich geboten, eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt werde; eine von der Staatsanwaltschaft gegen diese Massnahme erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wurde abgewiesen. Massgebend ist vielmehr BGE 105 IV 87 , wonach der Strafaufschub gemäss Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB angezeigt ist, wenn die wirklich vorhandene Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung durch den sofortigen Vollzug der Freiheitsstrafe erheblich beeinträchtigt würde. Wo eine Behandlung bereits im Gang ist, kommt es auf die Aussicht erfolgreicher Weiterführung derselben an ( BGE 115 IV 88 ). Unzutreffend ist im übrigen die pauschale Bezugnahme auf die Dissertation von BGE 115 IV 90 S. 94 URSULA FRAUENFELDER, Die ambulante Behandlung geistig Abnormer und Süchtiger als strafrechtliche Massnahme nach Art. 43 und 44 StGB (Zürich 1978). Diese Autorin gibt (S. 50 und S. 134) eine wesentlich differenziertere Aussage zur Frage der Gefährlichkeit und im Zusammenhang damit, ob im Hinblick auf Rückfallgefahr eine ambulante Massnahme anstelle eines Straf- oder Massnahmevollzuges verweigert werden darf. Im übrigen dürfte die konkrete Gefahr, die vom Beschwerdeführer ausgehen könnte, schon deshalb nicht ins Gewicht fallen, weil er nach 17 Tagen Untersuchungshaft auf freien Fuss gesetzt wurde, sich offenbar seit längerer Zeit auf freiem Fuss befindet und seither anscheinend nicht straffällig geworden ist. Der pauschale Vorwurf der Uneinsichtigkeit, den die Vorinstanz erhebt, ist ebenfalls schwer verständlich im Lichte des von ihr selbst attestierten ernsthaften Bemühens, einen Rückfall in den Drogenkonsum abzuwenden. In BGE 100 IV 14 E. 2a wurde klargestellt, dass der Gesetzgeber mit Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB lediglich verhindern wollte, dass der gefährliche Abnorme in Freiheit bleibt. Nach dem Gesagten kann der Beschwerdeführer kaum als gefährlich bezeichnet werden, um so weniger als er in einer Behandlung steht, die eine allenfalls noch bestehende Gefahr zusätzlich reduziert, welcher Gesichtspunkt bei der Gefährlichkeitsbeurteilung zu berücksichtigen ist (STRATENWERTH, Das Schweizerische Strafrecht, Allg. Teil II, Bern 1989, S. 396). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Vorinstanz eingehend, insbesondere durch Einholung eines Gutachtens, mit der Frage der Massnahmebedürftigkeit des Beschwerdeführers wird auseinandersetzen müssen; insbesondere wird sie sorgfältig zu prüfen haben, ob eine ambulante Massnahme den Aufschub des Strafvollzuges rechtfertigt. 4. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine günstige Prognose und damit den bedingten Strafvollzug verweigert. Bei der Überprüfung der günstigen Prognose im Sinne von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB hat der Richter sämtliche Umstände zu berücksichtigen ( BGE 101 IV 329 ) und insbesondere in die Abklärung auch die Wirkung allfällig stützender Massnahmen wie Schutzaufsicht oder Therapie einzubeziehen ( BGE 99 IV 69 ). Hat die Vorinstanz ohnehin die Situation des Beschwerdeführers noch gutachtlich abzuklären, wird sie im Rahmen ihrer neuen Entscheidung auch auf die Frage eingehen müssen, ob ihm unter Berücksichtigung BGE 115 IV 90 S. 95 aller, auch der für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges sprechenden Umstände, im Hinblick auf die laufende Therapie der bedingte Strafvollzug gewährt werden kann. Die Vorinstanz wird sich überdies nicht mit dem pauschalen Hinweis begnügen können, der Beschwerdeführer werde immer wieder straffällig, was auf seine Labilität schliessen lasse; vielmehr wird sie sich damit auseinandersetzen müssen, ob aus dem offenbar nun seit längerer Zeit bestehenden Wohlverhalten und der auf seine Veranlassung begonnenen Therapie (deren Erfolgsaussichten nach dem Schreiben des sozialpsychiatrischen Dienstes allerdings einen längeren Zeitraum erfordern) nicht umgekehrt auf eine Stabilität geschlossen werden kann, die eine günstige Prognose rechtfertigt.
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ea9d413d-e480-4b01-a20e-671042abe9d6
Urteilskopf 124 V 239 39. Urteil vom 16. März 1998 i.S. H. & Co. gegen Kantonale Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung, Basel, und Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt
Regeste Art. 43a lit. a AVIG : Nicht anrechenbarer Arbeitsausfall im Bereich der Schlechtwetterentschädigung. Auslegung des in dieser Bestimmung verwendeten Begriffs des "nur mittelbar auf das Wetter zurückzuführenden Arbeitsausfalls (Kundenausfälle, Terminverzögerungen)".
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 124 V 239 S. 240 A.- Das Baugeschäft H. & Co. meldete der Kantonalen Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt am 1. März und 3. April 1996 hinsichtlich zweier Baustellen wetterbedingten Arbeitsausfall für den ganzen Monat Februar sowie für die Tage vom 1., 6.-8. und 11.-15. März 1996. In diesen Zeiten habe der mineralische Fassadenabrieb wegen zu tiefer Temperaturen nicht aufgezogen werden können. Mit Verfügungen vom 15. April und 7. Mai 1996 erhob die kantonale Amtsstelle Einspruch gegen die Auszahlung von Schlechtwetterentschädigung, weil der gemeldete Arbeitsausfall nicht ausschliesslich wetterbedingt und somit nicht anrechenbar sei. B.- Die Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt wies die gegen beide Verwaltungsverfügungen eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 19. September 1996 ab. C.- Die Firma H. & Co. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der vorinstanzlich bestätigten Einspruchsverfügungen. Während die kantonale Amtsstelle auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, lässt sich das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (ab 1. Januar 1998: Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, nachfolgend: BWA) ohne Antragstellung vernehmen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Arbeitnehmer in Erwerbszweigen, welche der Bundesrat in die Liste gemäss Art. 65 Abs. 1 AVIV aufgenommen hat, haben Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung, wenn u.a. ein anrechenbarer Arbeitsausfall entstanden ist ( Art. 42 Abs. 1 lit. b AVIG ). Der Arbeitsausfall ist nach Art. 43 Abs. 1 AVIG dann anrechenbar, wenn er - nebst einer weiteren Anspruchsvoraussetzung - ausschliesslich durch das Wetter verursacht wird (lit. a) und die Fortführung der Arbeiten trotz genügender Schutzvorkehrungen technisch unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar ist oder den Arbeitnehmern nicht zugemutet werden kann (lit. b der genannten Gesetzesbestimmung in der vorliegend anwendbaren, seit 1. Januar 1996 gültigen Fassung). Der Arbeitsausfall ist u.a. insbesondere dann nicht anrechenbar, wenn er nur mittelbar auf das Wetter zurückzuführen ist (Kundenausfälle, Terminverzögerungen; Art. 43a lit. a AVIG ). BGE 124 V 239 S. 241 Laut Art. 65 Abs. 1 lit. a AVIV gehören der Hoch- und Tiefbau zu den Erwerbszweigen, in denen grundsätzlich Schlechtwetterentschädigung ausgerichtet werden kann. 2. Die kantonale Amtsstelle und die Schiedskommission stellen sich auf den Standpunkt, dass der geltend gemachte Arbeitsausfall bloss mittelbar auf das Wetter zurückzuführen sei: Die beschwerdeführende Baufirma habe ihren eigenen Angaben zufolge ursprünglich geplant gehabt, die in Frage stehenden Fassadensanierungen rechtzeitig vor der zu erwartenden Kälteperiode zu beendigen. Dass das Aufziehen des mineralischen Abriebs wegen dringender Zusatzarbeiten auf beiden Baustellen nicht wie vorgesehen noch vor Dezember 1995 zum Abschluss gebracht worden sei, sondern sich auch auf die hier streitigen Monate Februar und März 1996 erstreckt habe, stelle eine die Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalls ausschliessende Terminverzögerung im Sinne des angeführten Art. 43a lit. a AVIG dar. Überdies vertreten Verwaltung und Vorinstanz die Auffassung, die Arbeitgeberfirma hätte mittels geeigneter Organisation vermeiden müssen, dass die Ausführung der fraglichen Fassadenarbeiten in die Wintermonate Februar und März fiel, weil die Temperaturen in dieser Periode erfahrungsgemäss unter den Gefrierpunkt sänken. Im streitigen Zeitraum seien denn auch für die entsprechende Saison keineswegs aussergewöhnliche Temperaturwerte gemessen worden. Das von der Beschwerdeführerin eingegangene Risiko, ihre Fassadenarbeiten vorübergehend einstellen zu müssen, sei vorhersehbar gewesen und könne nicht auf die Arbeitslosenversicherung abgewälzt werden. 3. Vorab stellt sich die Frage nach der Auslegung des in Art. 43a lit. a AVIG verwendeten Begriffs des "nur mittelbar auf das Wetter zurückzuführenden Arbeitsausfalls (Kundenausfälle, Terminverzögerungen)" ("perte de travail imputable qu'indirectement aux conditions météorologiques [perte de clientèle, retard dans l'exécution des travaux]"; "perdita di lavoro riconducibile soltanto indirettamente alle condizioni meteorologiche [perdita di clienti, ritardo nei termini]"). a) In der bundesrätlichen Botschaft zu einer Teilrevision des AVIG vom 23. August 1989 wurde im Hinblick auf den vorgeschlagenen neuen Art. 43a ausgeführt, im Kapitel über die Kurzarbeitsentschädigung würden die hauptsächlichen Fälle, in denen die Anrechenbarkeit eines Arbeitsausfalls ausgeschlossen sei, in einem separaten Artikel aufgezählt. Der Entwurf befolge nun diese BGE 124 V 239 S. 242 Gesetzestechnik auch bei der Schlechtwetterentschädigung, womit die Anschaulichkeit des Gesetzes erhöht und sein Vollzug erleichtert werden könne. Was die hier in Frage stehende lit. a von Art. 43a AVIG betrifft, wonach die lediglich mittelbar wetterbedingten Arbeitsausfälle von der Schlechtwetterentschädigung ausgeschlossen bleiben, ist der genannten Botschaft weiter zu entnehmen, dass Arbeitsausfälle, bei denen nicht der Arbeitsvorgang als solcher, sondern die Nachfrage beeinträchtigt werde, systematisch in den Bereich der Kurzarbeitsentschädigung gehörten und dort entschädigt werden könnten, sofern kein diesbezüglicher Ausschlusstatbestand (z.B. saisontypische Ausfälle) vorliege (zum Ganzen BBl 1989 III 398). Daraus ergibt sich, dass die auszulegende Nichtanrechenbarkeitsregelung, welche in der Fassung des bundesrätlichen Entwurfs von den eidgenössischen Räten (wie bereits zuvor in deren vorberatenden Kommissionen) diskussionslos angenommen (Amtl.Bull. 1990 S 77 und N 1450) und im Rahmen der Gesetzesnovelle vom 5. Oktober 1990 auf den 1. Januar 1992 in Kraft gesetzt wurde, der Abgrenzung zwischen Schlechtwetterentschädigung und Kurzarbeitsentschädigung dient. GERHARDS (Kommentar zum AVIG, Bd. III, N 23 zu Art. 43a) erblickt in der Nichtanrechenbarkeit des Arbeitsausfalls für den Bereich der Schlechtwetterentschädigung gemäss Art. 43a lit. a AVIG "gewissermassen die logische Folge" der Schaffung der Möglichkeit, bloss mittelbar auf das Wetter zurückzuführende Arbeitsausfälle - wenigstens in Härtefällen - nach der neuen Regelung der Kurzarbeitsentschädigung ( Art. 32 Abs. 3 AVIG , Art. 51a AVIV ) anzurechnen und unter diesem Titel zu entschädigen. b) Unter dem Blickwinkel dieser grundsätzlichen systematischen Abgrenzungsfunktion von Art. 43a lit. a AVIG stehen zwei verschiedene Arten von nur mittelbar wetterbedingten Arbeitsausfällen im Vordergrund: Zum einen geht es hier um diejenigen Fälle, bei denen wegen ungünstiger Wetterverhältnisse die Nachfrage nach einer angebotenen Dienstleistung oder einem zum Verkauf stehenden Produkt beeinträchtigt wird, was der Gesetzgeber mit dem Begriff "Kundenausfälle" ("perte de clientèle", "perdita di clienti") umschrieben hat. Als Beispiele anzuführen sind etwa ein schneearmer Winter, welcher in Wintersportgebieten mannigfache Arbeitsausfälle verursacht, oder verregnete Frühlings- und Sommermonate, die den Vertreibern von Gartenmöbeln entsprechende Ausfälle bescheren. BGE 124 V 239 S. 243 Zum andern umfasst die streitige Nichtanrechenbarkeitsregelung auch Arbeitsausfälle, welche auf eine durch Wettereinflüsse bewirkte zeitliche Verzögerung ins Auge gefasster Arbeitsvorgänge zurückgehen. Der diesbezüglich in der deutschen Fassung von Art. 43a lit. a AVIG verwendete Begriff der "Terminverzögerungen" erweist sich - ebenso wie derjenige der italienischen Version ("ritardo nei termini") - insofern als missverständlich, als er zunächst an einen Termin im technischen Sinne denken lässt. Der in der französischen Fassung verwendete Begriff "retard dans l'exécution des travaux" bringt demgegenüber weit besser zum Ausdruck, dass es in diesem Zusammenhang um bei der Ausführung einer geplanten Arbeit eingetretene Verzögerungen geht, die ihrerseits unmittelbar auf meteorologische Einflüsse zurückzuführen sind, während der Arbeitsvorgang als solcher keiner Beeinträchtigung durch das Wetter unterliegt. Als Beispiel bietet sich hier der Fall eines Konfitüreherstellers an, in dessen Fabrikationsbetrieb es zu Arbeitsausfällen kommt, weil die Lieferung der zu verarbeitenden Früchte zufolge eines wetterbedingten Rückstandes bei deren Ernte auf sich warten lässt. Ferner ist etwa an die Ausfälle zu denken, welche einem Malerbetrieb dadurch entstehen, dass der geplante Anstrich von Zwischenwänden im Innern eines Neubaus noch nicht in Angriff genommen werden kann, weil diese Wände wegen wetterbedingter Bauverzögerungen noch gar nicht erstellt wurden. 4. Unter sämtlichen Verfahrensbeteiligten ist unbestritten, dass die beschwerdeführende Baufirma im ganzen Monat Februar sowie am 1., 6.-8. und 11.-15. März 1996 auf beiden in Frage stehenden Baustellen den mineralischen Fassadenabrieb wegen zu grosser Kälte nicht aufziehen konnte. An den genannten Daten herrschten überwiegend Tagestemperaturen von 0o Celsius oder tiefer, womit bereits die Verarbeitung des verwendeten Abriebmaterials verunmöglicht wurde. Obwohl an einigen der fraglichen Tage das Thermometer deutlich über die Nullgradmarke stieg, hätte zufolge darunterliegender Nachttemperaturen weiterhin das Risiko bestanden, dass der nur langsam trocknende Werkstoff nach dem Auftragen gefror. Ebenfalls nicht streitig ist, dass diese Fassadenarbeiten nach ursprünglicher Planung bereits im November 1995 hätten beendigt sein sollen. Verschiedene Zusatzarbeiten führten zu einer Verzögerung beider Bauvorhaben, welche schliesslich erst im März 1996 ihren Abschluss fanden. 5. Entgegen der Auffassung der kantonalen Amtsstelle und der Schiedskommission liegt kein Anwendungsfall der Nichtanrechenbarkeitsregelung gemäss Art. 43a lit. a AVIG vor. Die Bauverzögerungen, BGE 124 V 239 S. 244 welche die geplante Beendigung der Fassadenarbeiten noch vor Eintritt der Kälteperiode verhinderten, wurden nicht durch ungünstige Wettereinflüsse bewirkt, sondern beruhten einzig auf seitens der jeweiligen Bauherrschaft verlangten zusätzlichen Sanierungs- und Umbauarbeiten. Darin ist jedoch nach dem Gesagten (Erw. 3b hievor) kein die Anrechenbarkeit der späteren Arbeitsausfälle ausschliessender Tatbestand im Sinne der genannten Bestimmung zu erblicken. Die im vorinstanzlichen Entscheid zum Ausdruck gebrachte gegenteilige Ansicht führte - wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht geltend gemacht wird - letztlich zur Konsequenz, dass bei einem durch Schneefall im August verursachten Arbeitsausfall eines Bauunternehmens zu prüfen wäre, ob es zuvor in der Abwicklung des fraglichen Bauvorhabens zu Terminverzögerungen gekommen ist, bei deren Ausbleiben die Arbeiten noch vor dem sommerlichen Schneefall hätten zum Abschluss gebracht werden können. Eine solche Betrachtungsweise widerspricht indessen offenkundig dem dargelegten Sinn und Zweck von Art. 43a lit. a AVIG . Wie das BWA in seiner Vernehmlassung zutreffend ausführt, lässt sich die vorinstanzlich bestätigte Leistungsverweigerung jedenfalls nicht auf diese Norm stützen. 6. a) Soweit Verwaltung und Vorinstanz unter dem Gesichtspunkt von Art. 43 Abs. 1 lit. a AVIG von einer Obliegenheit der Arbeitgeberfirma ausgehen, die streitigen Fassadensanierungsarbeiten generell nur ausserhalb der erfahrungsgemäss kalten Wintermonate durchzuführen, kann ihnen ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine derartige Einschränkung der entschädigungsfähigen Arbeiten im Baugewerbe besteht praxisgemäss nicht (unveröffentlichte Urteile B. vom 2. Juli 1997 und B. vom 11. August 1987). Anders als im Falle verschiedener landwirtschaftlicher Monokulturen ( Art. 65 Abs. 3 AVIV ) werden in den übrigen Branchen keine aussergewöhnlichen Witterungsverhältnisse vorausgesetzt. Vielmehr genügt es, dass der Arbeitsausfall witterungsbedingt eingetreten ist (ARV 1990 Nr. 7 S. 49 Erw. 4b). Folglich ist vorliegend ohne Belang, ob die Temperaturen an den in Frage stehenden Daten einer Durchschnittstemperatur entsprachen oder nicht. Entscheidend ist, dass das Ausführen der Fassadenarbeiten (Aufziehen des mineralischen Abriebs) witterungsbedingt aus technischen Gründen verunmöglicht war (vgl. ARV 1986 Nr. 29 S. 112 Erw. 3). Damit liegt ein anrechenbarer Arbeitsausfall im Sinne von Art. 43 Abs. 1 lit. a AVIG vor. BGE 124 V 239 S. 245 b) Die weitere Anspruchsvoraussetzung, wonach die Fortführung der Arbeiten trotz genügender Schutzvorkehrungen u.a. technisch unmöglich oder wirtschaftlich unvertretbar sein muss ( Art. 43 Abs. 1 lit. b AVIG in der Fassung vom 23. Juni 1995, in Kraft seit 1. Januar 1996), ist aufgrund der vorliegenden Akten ebenfalls als erfüllt zu betrachten. Angesichts der zu bearbeitenden Fassadenfläche (insgesamt über 570 m2, verteilt auf zwei Baustellen) muss eine der Arbeitgeberfirma offenstehende Möglichkeit verneint werden, mittels geeigneter und vertretbarer technischer Massnahmen die Fortführung der Fassadensanierungsarbeiten während der Kälteperiode sicherzustellen (das Abriebmaterial hätte insbesondere auch nach dessen Aufziehen vor dem Gefrieren geschützt werden müssen). Eine gegenteilige Auffassung wird denn auch von keiner Seite geäussert. c) Schliesslich bleibt die Frage nach der Erfüllung der Schadenminderungspflicht zu prüfen. Diese verhält den Arbeitgeber dazu, den Arbeitsausfall durch zweckdienliche betriebsinterne Dispositionen möglichst aufzufangen. Dabei ist an die Umteilung der betroffenen Arbeitnehmer auf andere Arbeitsstellen oder an die Ausführung anfallender Unterhalts- und ähnlicher Arbeiten in Lager oder Werkstatt zu denken (nicht publizierte Urteile B. vom 2. Juli 1997 und B. vom 11. August 1987). In dieser Hinsicht erweisen sich die Akten als unvollständig. Der Beschwerdeschrift an die Vorinstanz ist lediglich die Behauptung zu entnehmen, dass die Arbeitgeberfirma als "Kleinbetrieb" im fraglichen Zeitraum keine Möglichkeit besass, ihre vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer auf einer anderen Baustelle einzusetzen. Die kantonale Amtsstelle wird diesbezüglich die Akten zu ergänzen und hernach neu zu verfügen haben.
null
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
eaa24e06-b518-46dd-8318-ad809cf794ff
Urteilskopf 118 IV 102 20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Januar 1992 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde).
Regeste Art. 41 StGB ; bedingte Landesverweisung; Beginn der Probezeit. Die Probezeit für eine bedingte Landesverweisung beginnt mit der Eröffnung des Urteils zu laufen, das vollstreckbar wird. Das gilt auch dann, wenn der Vollzug der gleichzeitig ausgesprochenen Freiheitsstrafe nicht aufgeschoben worden ist.
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 118 IV 102 S. 103 A.- Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte S. am 12. Februar 1991 wegen fortgesetzten vollendeten und versuchten Raubes zu zwölf Monaten Gefängnis und zu drei Jahren Landesverweisung. B.- Auf Appellation des S. bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 5. Juli 1991 die Verurteilung zu zwölf Monaten Gefängnis. Die vom Strafgericht ausgesprochene Landesverweisung hob es auf, erklärte jedoch eine früher bedingt ausgesprochene Landesverweisung von fünf Jahren im Umfang von drei Jahren als vollziehbar. C.- S. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichts aufzuheben. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Das Appellationsgericht führt aus, die vom Strafgericht ausgesprochene Landesverweisung von drei Jahren sei unverhältnismässig und nicht mehr sinnvoll, weshalb von ihr abzusehen sei. Hingegen sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer am 13. Oktober 1988 vom Strafgericht Basel-Stadt zu zwei Jahren Gefängnis sowie zu fünf Jahren Landesverweisung verurteilt und ihm für letztere der bedingte Vollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren gewährt worden sei. Die Wirksamkeit dieser Landesverweisung und dementsprechend auch ihre Probezeit habe erst nach der Verbüssung der Freiheitsstrafe begonnen, also zum Zeitpunkt der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Strafvollzug am 15. Juli 1989. Dessen erneute Straftat vom 8. Dezember 1990 sei damit in die Probezeit gefallen. Folglich sei über den Vollzug dieser Landesverweisung zu entscheiden; das Urteil des Strafgerichts sei insoweit lückenhaft. Die Landesverweisung sei zwingend als vollziehbar zu erklären, aufgrund des Verbots der reformatio in peius allerdings nur im herabgesetzten Umfang von drei Jahren. Der Beschwerdeführer sei damit im Ergebnis nicht schlechtergestellt, als wenn die vom Strafgericht ausgesprochene Landesverweisung bestätigt worden wäre. BGE 118 IV 102 S. 104 b) Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei erst nach Ablauf der Probezeit wieder straffällig geworden. aa) Gemäss Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann der Richter sowohl den Vollzug einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 18 Monaten als auch jenen einer Landesverweisung aufschieben. Die Voraussetzungen dafür sind bei beiden Sanktionen dieselben. Nach Art. 41 Ziff. 1 Abs. 3 StGB bestimmt der Richter dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. Er lässt die Sanktion unter anderem dann vollziehen, wenn der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht ( Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB ). bb) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beginnt die Probezeit mit der Eröffnung des Urteils zu laufen, das vollstreckbar wird. Denn mit der Eröffnung spricht der Richter gegenüber dem Verurteilten die Erwartung aus, dass er sich schon durch eine bedingt aufgeschobene Strafe werde bessern lassen ( BGE 109 IV 89 E. b; 104 IV 59 E. 2; 90 IV 241 ff.). Art. 41 StGB sieht keinen unterschiedlichen Beginn der Probezeit für die bedingte Freiheitsstrafe und die bedingte Landesverweisung vor. Auch in Art. 55 StGB findet sich keine abweichende Regelung. Das Gesetz geht somit von einem einheitlichen Beginn der Probezeit für die Freiheitsstrafe und die Landesverweisung aus. Die Auffassung der Vorinstanz, für den Fall, dass die Hauptstrafe unbedingt ausgesprochen werde, beginne die Wirksamkeit der Landesverweisung und dementsprechend auch ihre Probezeit erst nach der Verbüssung der Freiheitsstrafe, findet im Gesetz keine Grundlage. Zu Unrecht beruft sich die Vorinstanz auf eine Äusserung STRATENWERTHS (Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil II, S. 211). Dieser spricht sich an der angegebenen Stelle nicht zur Frage des Beginns der Probezeit für eine bedingt ausgesprochene Landesverweisung bei gleichzeitigem Vollzug der Hauptstrafe aus, sondern zur Frage der Wirksamkeit der unbedingt ausgesprochenen Landesverweisung (N 49). c) Die Verurteilung zu fünf Jahren Landesverweisung unter Einräumung einer Probezeit von zwei Jahren stützt sich auf ein Urteil des Strafgerichts, das am 13. Oktober 1988 eröffnet und in der Folge vollstreckbar wurde. Die Probezeit von zwei Jahren war demnach zum Zeitpunkt der erneuten Deliktsbegehung am 8. Dezember 1990 abgelaufen. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit begründet und gutzuheissen.
null
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
eaa2c356-a0f5-4f06-b5ad-40e0a51c0a38
Urteilskopf 137 III 337 50. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. contre dame A. (recours en matière civile) 5A_598/2009 du 25 août 2010
Regeste Art. 214 Abs. 1 ZGB ; Art. 4 Abs. 3 BVV 3 ; individuelle gebundene Vorsorge. Berücksichtigung der individuellen gebundenen Vorsorge bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Anwendbare Regeln, Bewertung und Ausführung (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 338 BGE 137 III 337 S. 338 A. A., né en 1958, et dame A., née en 1960, se sont mariés le 16 février 1981, sans conclure de contrat de mariage. Trois enfants, aujourd'hui majeurs, sont issus de leur union. Les parties se sont séparées en juillet 2002. A cette occasion, elles ont convenu, le 5 juillet 2002, d'adopter le régime de la séparation de biens. Elles ont toutefois exclu du contrat liquidant le régime de la participation aux acquêts les avoirs de prévoyance individuelle liée (pilier 3a) de l'époux, en reportant à plus tard la liquidation de ce patrimoine. Le 27 janvier 2006, l'époux a ouvert action en divorce. B. Statuant le 12 décembre 2007, le juge du district de Monthey a prononcé le divorce et, entre autres points, refusé de procéder au partage en faveur de l'épouse de la prévoyance individuelle liée (3 e pilier A) accumulée par le mari pendant le mariage. Sur appel de l'épouse, le Tribunal cantonal valaisan a réformé ce jugement. Statuant sur le partage de la prévoyance individuelle liée, il a ordonné le transfert sur le compte de prévoyance professionnelle de l'épouse, par le débit des comptes d'épargne ouverts par le mari à la Banque cantonale du Valais (ci-après: BCV), d'une part, et de l'assurance-vie conclue auprès de l'Allianz Suisse d'autre part, des montants respectifs de 107'891 fr. 60 et de 21'636 fr. 90. C. Le Tribunal fédéral a admis le recours formé par l'époux, annulé le jugement attaqué et renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le recourant ne conteste pas le principe d'un partage de la prévoyance individuelle liée acquise pendant la période durant laquelle les parties étaient soumises au régime ordinaire de la participation aux acquêts. En revanche, il prétend que ce partage doit s'opérer selon les règles de la liquidation du régime matrimonial ( art. 181 ss CC ) et non selon les dispositions applicables au partage de la prévoyance professionnelle ( art. 122 CC ). Il en déduit que la valeur des avoirs de prévoyance doit être estimée au moment où les parties ont passé au régime de la séparation de biens, soit au 5 juillet 2002. 2.1 2.1.1 La prévoyance individuelle liée - qu'il s'agisse d'un contrat d'assurance spécial de capital et de rente sur la vie ou en cas BGE 137 III 337 S. 339 d'invalidité ou de décès, ou encore d'un contrat spécial d'épargne auprès d'une fondation bancaire ( art. 1 al. 2 et 3 de l'ordonnance du 13 novembre 1985 sur les déductions admises fiscalement pour les cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance [OPP 3; RS 831.461.3] ) - doit être partagée selon les règles du régime matrimonial auquel sont soumis les époux ( ATF 129 III 257 consid. 3.2 et les réf. citées). Dans le régime ordinaire de la participation aux acquêts, la prévoyance liée constitue un élément du patrimoine de l'époux et, à ce titre, elle doit être attribuée à l'une ou à l'autre des masses (cf. ATF 125 III 1 consid. 3; ATF 121 III 152 consid. 3a; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2 e éd. 2009, n° 1025). Les acquêts et les biens propres de chaque époux sont disjoints dans leur composition au jour de la dissolution du régime ( art. 207 al. 1 CC ), à savoir, en cas de changement de régime matrimonial, au jour du contrat adoptant l'autre régime (cf. art. 204 al. 1 CC ). Lorsque l'époux contractant n'a pas encore reçu de prestations à la dissolution du régime, la prévoyance liée, qu'il s'agisse d'un capital d'épargne bancaire ou de l'épargne sous forme d'assurance, doit être comptabilisée dans les biens propres et/ou les acquêts selon les règles sur le remploi ( art. 197 al. 2 ch. 5 CC ; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, op. cit., n os 1025c et 1025f; URSULA WIEDMER, Scheidung und private Vorsorge, FamPra.ch 2008 p. 142 ss, 144; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Commentaire bernois, 1992, n° 17 ad art. 237 CC ). 2.1.2 Dans la phase suivante de liquidation, il faut estimer le compte d'acquêts de chaque époux afin de déterminer s'il se solde par un bénéfice ou un déficit. Si la date de la dissolution du régime est déterminante pour l'attribution des avoirs de prévoyance à l'une ou l'autre masse (consid. 2.1.1), l'estimation des actifs du compte d'acquêts aura lieu, en règle générale, à l'époque de la liquidation ( art. 214 al. 1 CC ). En cas de procédure judiciaire, il s'agit du jour où le jugement est rendu ( ATF 121 III 152 consid. 3a). Il convient de distinguer clairement le moment déterminant pour la composition des masses et le moment déterminant pour l'estimation de la valeur de ces masses. En effet, il faudra tenir compte de l'augmentation ou de la diminution de la valeur des biens qui composent le compte d'acquêts entre la dissolution et la liquidation. En revanche, sont exclues les modifications dans la composition du compte d'acquêts. Après la dissolution, il ne peut plus y avoir de formation de nouveaux acquêts ou accroissement de ceux-ci, ni de modification du passif du compte d'acquêts ( ATF 136 III 209 consid. 5.2). BGE 137 III 337 S. 340 Appliqués aux avoirs de prévoyance liée, ces principes signifient que les revenus d'avoirs qui sont postérieurs à la dissolution du régime matrimonial ne modifient pas la valeur des actifs ou des passifs du compte d'acquêts (REGINA AEBI-MÜLLER, Säulen 3a und 3b in der Scheidung, Jusletter du 22 février 2010, n. 38; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n° 17 ad art. 207 CC ; cf. arrêt 5C.229/2002 du 7 février 2003 consid. 3.1.3, in FamPra.ch 2003 p. 653). En d'autres termes, les intérêts d'un compte bancaire ou d'une assurance-vie postérieurs à la dissolution n'augmentent pas la valeur d'estimation de ces biens; ils ne peuvent être pris en considération en raison de l'interdiction de modifier la composition des acquêts (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n° 17 ad art. 207 CC ; REGINA AEBI-MÜLLER, op. cit., n. 43). En outre, si des primes sont versées pour l'assurance-vie - au moyen d'acquêts - entre la dissolution et la liquidation, la valeur de rachat va augmenter. Il ne sera donc pas tenu compte de ces primes et de la nouvelle valeur de rachat dans l'estimation des masses déterminantes (REGINA AEBI-MÜLLER, op. cit., n. 41; URSULA WIEDMER, op. cit., p. 145). En revanche, les fluctuations de valeur des avoirs de prévoyance liée intervenues entre la dissolution et la liquidation doivent être prises en considération pour l'estimation du compte d'acquêts (cf. ATF 136 III 209 consid. 5.2). 2.2 2.2.1 En l'espèce, l'époux a constitué pendant le mariage une prévoyance liée. Au moment de la dissolution du régime de la participation aux acquêts, soit le 5 juillet 2002, ses avoirs de prévoyance liée comportaient deux comptes bancaires ainsi qu'une assurance-vie. Selon les constatations du jugement attaqué, cette prévoyance a été constituée par des prélèvements sur le salaire du mari. Il en résulte qu'elle fait partie de ses acquêts ( art. 197 al. 2 ch. 5 CC ). 2.2.2 Il convient ainsi de déterminer le bénéfice du compte d'acquêts, dont la moitié doit revenir à l'épouse ( art. 215 al. 1 CC ). L'estimation de la valeur des avoirs de prévoyance liée doit être opérée au jour de la liquidation, soit au 29 juillet 2009, date du prononcé du jugement cantonal. S'agissant de l'assurance-vie, il ne faut toutefois pas tenir compte des modifications de la valeur de rachat dues au paiement de nouvelles primes entre la dissolution et la liquidation. La cour cantonale n'a donc pas violé le droit fédéral en incluant dans le bénéfice du compte d'acquêts du mari le montant de la valeur de rachat à la date de la dissolution, soit 43'273 fr. 80. En ce qui concerne les deux comptes bancaires, les juges précédents ont BGE 137 III 337 S. 341 éstimé les montants à partager au 31 décembre 2008. Or, il aurait convenu de tenir compte des montants déposés au 5 juillet 2002, auxquels il fallait ajouter ou déduire les éventuelles fluctuations de valeur jusqu'à la liquidation, l'un des comptes étant constitué de titres (BCV Epargne ...); en revanche, les intérêts courus entre la dissolution et la liquidation devaient être exclus; enfin, il fallait encore examiner dans quelle mesure la charge fiscale latente devait être prise en considération dans l'estimation de ces avoirs (arrêt 5A_673/2007 du 24 avril 2008 consid. 3.6.3). L'état de fait ne permettant pas de discerner si la cour cantonale a correctement appliqué ces principes, il y a lieu d'annuler le jugement attaqué et de lui renvoyer la cause pour complètement des faits sur ce point et nouvelle décision. 3. Le recourant reproche encore aux juges cantonaux d'avoir ordonné à l'Allianz et à la BCV, en application de l' art. 4 al. 3 1 re phrase OPP 3, de transférer sur le compte de prévoyance professionnelle de l'épouse les montants dus au titre du partage du pilier 3a. Le recourant est d'avis qu'il doit pouvoir décider librement de la manière dont il réglera cette dette. Il explique que le mode de paiement prévu par l'arrêt cantonal l'expose à de nombreux inconvénients (difficulté de reconstituer la couverture d'assurance, conclusion d'un nouveau contrat d'assurance et constitution de nouveaux comptes d'épargne à des conditions moins favorables). 3.1 S'il résulte de la liquidation qu'un époux a une créance de participation au bénéfice de son conjoint, la totalité ou une partie des droits aux prestations de vieillesse peut être cédée par le preneur de prévoyance à son conjoint ou être attribuée à ce dernier par le juge ( art. 4 al. 3 1 re phrase OPP 3). Sous réserve de l' art. 3 OPP 3 qui vise des hypothèses non réalisées en l'espèce, l'institution du preneur de prévoyance doit verser le montant à transférer à l'institution au sens de l' art. 1 al. 1 OPP 3 , indiquée par le conjoint ou à une autre institution de prévoyance (art. 4 al. 3 OPP 3 2 e phrase). Selon la jurisprudence constante, la loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre (interprétation littérale). Si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, le juge recherchera la véritable portée de la norme, en la dégageant de sa relation avec d'autres dispositions légales et de son contexte (interprétation systématique), du but poursuivi, singulièrement de l'intérêt protégé (interprétation téléologique), ainsi que de la volonté du législateur telle qu'elle ressort notamment des travaux préparatoires BGE 137 III 337 S. 342 (interprétation historique; ATF 135 II 416 consid. 2.2; ATF 134 I 184 consid. 5.1 et les arrêts cités). Lorsqu'il est appelé à interpréter une loi, le Tribunal fédéral adopte une position pragmatique en suivant une pluralité de méthodes, sans soumettre les différents éléments d'interprétation à un ordre de priorité ( ATF 133 III 257 consid. 2.4; ATF 131 III 623 consid. 2.4.4 et les arrêts cités). Au besoin, une norme dont le texte est à première vue clair peut être étendue par analogie à une situation qu'elle ne vise pas (extension téléologique) ou, au contraire, si sa teneur paraît trop large au regard de sa finalité, elle ne sera pas appliquée à une situation par interprétation téléologique restrictive (réduction téléologique). 3.2 3.2.1 Pris à la lettre, le libellé de l' art. 4 al. 3 OPP 3 confère au juge le pouvoir de décider de la modalité d'exécution de la créance de participation, en optant pour l'attribution des droits du preneur de prévoyance contre les institutions. C'est le sens que lui a donné l'autorité cantonale. Selon l'interprétation défendue par le recourant, également compatible avec la lettre de la disposition, l' art. 4 al. 3 OPP 3 ne fait qu'introduire une modalité de paiement supplémentaire mais ne permet pas au juge de l'imposer à un débiteur qui souhaite exécuter sa créance par un autre mode de paiement. Afin de départager ces deux opinions, il convient d'examiner la disposition litigieuse à la lumière des autres méthodes d'interprétation. 3.2.2 Il ressort de la systématique de la loi que l' art. 4 OPP 3 , intitulé "cession, mise en gage et compensation" doit être mis en relation avec l'art. 39 de la loi fédérale du 25 juin 1982 sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité (LPP; RS 831.40). L'al. 1 de l' art. 4 OPP 3 renvoie en effet expressément à l' art. 39 LPP qui pose le principe de l'interdiction de cession, de mise en gage et de compensation des droits aux prestations. Les deux alinéas suivants contiennent chacun une exception à ce principe de l'interdiction. L'al. 2 admet une première exception en cas d'acquisition d'un logement au moyen de la prévoyance professionnelle. Quant à l'al. 3, entré en vigueur le 1 er janvier 1997, il permet une seconde exception en cas de dissolution du régime matrimonial pour une cause autre que le décès. 3.2.3 Au moment de la révision du droit du divorce, le Conseil fédéral avait signalé l'absence de possibilité de céder entre conjoints les droits aux prestations de vieillesse du pilier 3a. En cas de BGE 137 III 337 S. 343 partage de la prévoyance liée à la suite de la dissolution du régime matrimonial, cette situation était peu satisfaisante puisqu'elle impliquait que le conjoint débiteur qui ne disposait pas d'autres éléments de fortune sollicite des délais de paiement ( art. 218 CC ) ou demande un prêt pour s'acquitter de sa dette. Le Conseil fédéral avait manifesté son intention de résoudre le problème par le biais d'une modification de l'OPP 3 qui introduirait une nouvelle modalité de paiement (FF 1996 I 105 ch. 233.43). L'al. 3 de l' art. 4 OPP 3 a ainsi été ajouté afin d'assouplir l'interdiction de céder les droits aux prestations de vieillesse de type pilier 3a (OFAS, Bulletin de la prévoyance professionnelle n° 37 du 11 décembre 1996 p. 6 ch. 2). Le but de cette modification était ainsi d'élargir l'éventail des moyens financiers de l'époux débiteur (MARTA TRIGO TRINDADE, Prévoyance professionnelle, divorce et succession, SJ 2000 II p. 467 ss, n. 44 p. 475; THOMAS GEISER, Die Säule 3a kann im Scheidungsverfahren aufgeteilt werden, RJB 1997 p. 141 ss, 144 in initio, 146), mais non de créer de nouvelles prérogatives afférentes au droit du mariage (OFAS, op. cit., p. 6) qui sont réglées, en cas de dissolution du régime matrimonial, aux art. 181 ss CC . Il ne ressort en effet pas des travaux préparatoires que le législateur ait voulu déroger au principe qui veut que le droit de chaque époux à une part du bénéfice de son conjoint consiste en une créance pécuniaire dont le règlement doit intervenir en espèces ( art. 215 al. 1 CC ; ATF 100 II 71 consid. 2b; arrêt 5C.271/2005 du 23 mars 2006 consid. 8.2; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, op. cit., n os 1367-1367a; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n° 22 ad art. 215 CC ; DANIEL STECK, in Scheidung, FamKomm, vol. I, 2 e éd. 2011, n° 2 ad art. 215 CC ). 3.2.4 En résumé, il s'avère que l'art. 4 al. 3 de l'OPP 3 ne fait qu'introduire une modalité supplémentaire d'exécution de la créance de participation au bénéfice lorsque celui-ci est constitué par de l'épargne ou une assurance liées. Comme le principe demeure le versement d'espèces, le juge ne peut imposer le transfert des droits à un débiteur qui souhaite s'acquitter de son obligation au moyen de liquidités dont il dispose en suffisance. 3.3 Dans le cas particulier, selon l'état de fait de l'arrêt attaqué, le recourant dispose de ressources mensuelles de 16'255 fr. et d'une fortune immobilière estimée en 2002 à 960'000 fr. (parcelle n° 4890 de la commune de B.: 500'000 fr.; parcelles n os 602 et 2762 de la commune de C.: 400'000 fr.; quote-part d'un tiers des immeubles n os 2047 et 2052 de la commune de B.: 60'000 fr.). Il ressort du dossier qu'en cours de procédure, il avait offert le paiement d'un montant en BGE 137 III 337 S. 344 espèces pour liquider la créance de participation au bénéfice constitué par sa prévoyance liée. S'agissant d'une créance pécuniaire, les juges cantonaux ne pouvaient dès lors lui imposer le transfert de ses droits contre les institutions de prévoyance. Le recours doit par conséquent être admis et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision. L'admission du recours sur ce point rend superflu l'examen du grief pris de l'application arbitraire de la maxime de disposition.
null
nan
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2,010
CH_BGE
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Federation
eaa410bf-c8b7-4381-b06b-7241804a0b1d
Urteilskopf 118 V 139 17. Auszug aus dem Urteil vom 27. April 1992 i.S. R. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG . Eine kantonale Regelung, die für die Zusprechung einer Parteientschädigung an eine vertretene Partei einen Antrag verlangt, verletzt Bundesrecht (Änderung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 139 BGE 118 V 139 S. 139 Aus den Erwägungen: 1. In Art. 85 Abs. 2 AHVG wird die Regelung des Rekursverfahrens im AHV-Bereich grundsätzlich - unter Vorbehalt gewisser vereinheitlichender Richtlinien - den Kantonen anheimgestellt (vgl. bundesrätliche Botschaft vom 24. Oktober 1958 zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Änderung des AHVG, BBl 1958 II 1285). Lit. f der zitierten Bestimmung enthält die Vorschrift, dass der obsiegende Beschwerdeführer "Anspruch auf Ersatz der Kosten der Prozessführung und Vertretung nach gerichtlicher Festsetzung" hat. 2. a) In der Praxis zu Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG ist dem obsiegenden Beschwerdeführer für das kantonale Verfahren in der Regel eine Parteientschädigung von Amtes wegen, d.h. ohne entsprechendes Begehren der obsiegenden Partei, zuzugestehen, wenn eine anwaltsmässige oder allenfalls eine andere, für das in Frage stehende Rechtsgebiet besonders qualifizierte Vertretung vorliegt BGE 118 V 139 S. 140 und wenn nicht anzunehmen ist, dass sie kostenlos erfolgt ( BGE 108 V 271 Erw. 2; ZAK 1991 S. 420 Erw. 3). Das Eidg. Versicherungsgericht hat auch entschieden, dass ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für den Fall des Unterliegens das Begehren um Übernahme der Vertretungskosten durch den Staat beinhaltet, für den Fall des Obsiegens aber zugleich - ohne dass es eines besonderen Antrages bedarf - den Antrag auf Ausrichtung einer Parteientschädigung zu Lasten der Gegenpartei (ZAK 1990 S. 139). b) Nach der Praxis der zürcherischen AHV-Rekurskommission wird die Frage der Ausrichtung einer Parteientschädigung nur geprüft, wenn eine solche vom Beschwerdeführer verlangt wird (MEYER HEINZ, Verfahrensfragen bei AHV- und IV-Beschwerden, SZS 1981 S. 205). Das Eidg. Versicherungsgericht hat diese kantonale Praxis bisher als bundesrechtskonform erachtet mit der Begründung, Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG enthalte den Grundsatz des Entschädigungsanspruches als solchen. Die nähere Regelung, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch geltend gemacht werden müsse, sei den Kantonen überlassen ( BGE 110 V 137 Erw. 1 und 2). In der Lehre ist diese Rechtsprechung auf Kritik gestossen. Bernet legt dar, ein kantonales Antragserfordernis beeinträchtige die Wirksamkeit des bundesrechtlichen Anspruchs auf Parteientschädigung (BERNET MARTIN, Die Parteientschädigung in der schweizerischen Verwaltungsrechtspflege, Diss. Zürich 1986, S. 166, N. 4). 3. Im Verwaltungsgerichtsverfahren setzt das Bundesgericht die Parteientschädigung gemäss Art. 159 OG von Amtes wegen fest. Das Gericht führt aus, diese Regel entspreche einem allgemeinen Rechtsgrundsatz. Art. 159 OG verlange als Voraussetzung für die Zusprechung einer Parteientschädigung keinen besonderen Antrag durch die obsiegende Partei. Der Wortlaut weise eher darauf hin, dass der Anspruch auf Parteientschädigung die gesetzliche Folge des Obsiegens sei. Das Bundesgericht spricht daher eine Parteientschädigung zu, ohne dass eine Partei sie formell verlangt ( BGE 111 Ia 156 Erw. 4). Wie Art. 159 OG räumt auch Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG der obsiegenden Partei einen bundesrechtlichen Entschädigungsanspruch ein, ohne dass es eines besonderen Antrages bedarf. Es rechtfertigt sich nicht, im Rahmen von Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG für das kantonale Beschwerdeverfahren von den vom Bundesgericht in Auslegung von BGE 118 V 139 S. 141 Art. 159 OG entwickelten Grundsätzen abzuweichen. An der bisherigen Rechtsprechung kann somit nicht mehr festgehalten werden. Eine kantonale Regelung, die bei Fehlen eines entsprechenden Antrages eine Parteientschädigung verweigert, stellt eine Bundesrechtsverletzung dar.
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Urteilskopf 98 Ia 467 74. Arrêt du 4 octobre 1972 dans la cause X. contre Commission scolaire de Z. et Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel.
Regeste Willkür. Amtsenthebung eines Lehrers. 1. Darf der Regierungsrat selber materiell entscheiden, wenn er, auf Beschwerde hin, den Entscheid einer vorschriftswidrig besetzten Gemeindebehörde aufhebt? (Erw. 3). 2. Darf ein Lehrer, der auf Ende der Kündigungsfrist (und unter Weiterbezahlung des Gehalts während dieser Frist) seines Amtes enthoben wird, angewiesen werden, den Unterricht in der Gemeinde wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses sofort abzubrechen? (Erw. 4). 3. Der Grundsatz der Nichtrückwirkung wird nicht verletzt, wenn der Regierungsrat die Kündigungsfrist mit dem vorausgegangenen Entscheid der Gemeinde beginnen lässt, obwohl er diesen Entscheid aufgehoben und in der Sache selber entschieden hat (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 468 BGE 98 Ia 467 S. 468 A.- Instituteur dans la commune neuchâteloise de Z. depuis 1948, X. dirigeait la seule et unique classe du village. Membre du Conseil communal depuis 1961, il a présidé cette autorité de 1961 à 1968 et en a été le vice-président dès 1968; il a été mêlé de près aux luttes politiques, notamment lors des élections communales de 1964 et 1968, ce qui l'a entraîné dans des conflits personnels avec un certain nombre de citoyens de la commune, notamment avec son successeur à la présidence. En automne 1971, il a rédigé deux pamphlets adressés, l'un à la Société de jeunesse du village, l'autre au Conseil général, à qui il a été envoyé le 20 novembre 1971; dans ce dernier texte en particulier, comprenant plus de quatre-vingts pages, X. prend à partie les autorités communales et de nombreuses personnes de la commune, dans des termes souvent injurieux et diffamatoires. B.- Ayant pris connaissance de ces documents, la Commission scolaire de Z. a informé X., par lettre du 1er décembre 1971 remise personnellement en main de l'intéressé, qu'il n'était plus possible de compter sur sa collaboration et qu'elle résiliait, avec effet immédiat, sa fonction de maître primaire à Z, en l'invitant à prendre possession de ses effets dans la salle de classe et à évacuer l'appartement dans les plus brefs délais. Par lettre du 1er décembre également, signée des présidents et secrétaires de la Commission scolaire, du Conseil général et du Conseil communal, la commune de Z. a fait part de cette décision au chef du Département de l'instruction publique, en précisant qu'elle avait été prise d'entente avec le bureau du Conseil général et les membres du Conseil communal et que X. n'avait jamais pris au sérieux les avertissements donnés par l'inspecteur scolaire et les autorités; elle priait le chef du Département de noter qu'en cas de recours, la position des autorités resterait inchangée. C.- Le 10 décembre 1972, X. a, d'une part adressé au BGE 98 Ia 467 S. 469 chef du Département de l'instruction publique un recours tendant à l'annulation de la décision attaquée, d'autre part demandé à la Commission scolaire de revenir sur sa décision ou, à défaut, d'indiquer les motifs du licenciement, d'observer le délai légal de six mois prévu par l'art. 88 de la loi cantonale sur l'enseignement primaire du 18 novembre 1908 (en abrégé: LEP) et de mentionner le délai de recours auprès du Conseil d'Etat. Par lettre du 14 décembre 1971, la Commission scolaire a confirmé sa précédente décision et en a donné les motifs, en disant notamment: "Le fait de s'en prendre à une partie importante de la population, sur le plan politique comme sur celui de la vie privée, en termes injurieux et diffamatoires, empoisonne la vie générale de la collectivité, rompt d'une manière irréparable les rapports de confiance qui doivent exister entre l'instituteur, les autorités scolaires et politiques, les parents et la population en général d'un petit village." L'autorité cantonale chargée de l'instruction du recours a donné à X. un délai pour compléter son mémoire à la suite de la réponse de la Commission scolaire du 14 décembre, en lui communiquant également le dossier de l'affaire avec possibilité de se déterminer à son sujet. Dans un mémoire complémentaire du 28 janvier 1972, le recourant a relevé la violation de diverses règles de procédure (notamment composition irrégulière de la Commission scolaire et violation du droit d'être entendu), taxé de mal fondée la décision de la Commission scolaire et allégué la violation du principe de la proportionnalité. D.- Statuant le 21 mars 1972, le Conseil d'Etat a annulé la décision de la Commission scolaire, en raison de la composition irrégulière de cette dernière; puis, statuant lui-même sur le fond, il a résilié, pour justes motifs, les fonctions d'instituteur de X. au 1er décembre 1971, avec effet au 1er juin 1972, précisant que le recourant n'était plus autorisé à exercer son activité scolaire dans la commune de Z. dès le 1er décembre 1971. Se fondant sur cette décision, le Département de l'instruction publique a informé X., par lettre du 24 mars 1972, que son traitement lui serait versé par la commune jusqu'à fin mai 1972, que son droit de faire valoir ses titres d'enseignement dans toutes les localités du canton, à l'exception de la commune de Z., n'était pas mis en cause et qu'il avait la possibilité de faire acte de candidature lors des prochaines mises au concours. BGE 98 Ia 467 S. 470 E.- Agissant par la voie du recours de droit public, X. demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision du Conseil d'Etat du 21 mars 1972 et de renvoyer la cause à ce dernier pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Il allègue à titre préjudiciel la violation de l'autonomie communale et soutient que la décision attaquée est arbitraire, qu'elle viole le texte clair de la loi subordonnant la résiliation pour justes motifs à un avertissement de six mois au moins ( art. 88 LEP ), qu'elle viole les principes de la proportionnalité et de la nonrétroactivité des décisions administratives, ainsi que le droit du recourant d'être entendu. Ses arguments seront repris ci-dessous dans la mesure utile. Le Conseil d'Etat conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Procédure). 2. Le recourant allègue, à titre préjudiciel, la violation de l'autonomie communale, en soutenant que le Conseil d'Etat s'est arrogé un pouvoir - le droit de résilier les fonctions d'un instituteur - réservé exclusivement à l'autorité scolaire par l' art. 88 LEP . En principe, le recourant a qualité pour soulever un tel grief (RO 94 I 131, 91 I 412). Cependant, comme le Tribunal fédéral ne peut examiner que sous l'angle restreint de l'arbitraire l'interprétation et l'application des dispositions sur l'autonomie contenues dans une loi ou un règlement (RO 97 I 513 consid. 2, 521 s. et les arrêts cités), le grief de violation de l'autonomie communale se confond avec celui d'application arbitraire de l' art. 88 LEP . 3. Le recourant conteste que le Conseil d'Etat ait été compétent pour prononcer lui-même, en statuant sur un recours, la résiliation prévue par l' art. 88 LEP . a) Il est vrai que le texte de l' art. 88 LEP met dans la compétence de l'autorité scolaire la résiliation, pour justes motifs, des fonctions d'un instituteur. Mais cette même disposition réserve le recours au Conseil d'Etat. Or, le recourant n'a pas cité de disposition légale qui ne donnerait au Conseil d'Etat, saisi d'un recours contre la décision d'une autorité communale, qu'un simple pouvoir de cassation et qui l'empêcherait de statuer luimême sur le fond lorsqu'il annule la décision communale. En l'absence d'une disposition légale expresse sur ce point, il n'est pas arbitraire d'admettre que le Conseil d'Etat peut rendre lui- BGE 98 Ia 467 S. 471 même une nouvelle décision, en tout cas lorsque l'affaire s'y prête et qu'elle est en état d'être jugée au fond. Il est d'autant moins arbitraire de le faire que l'art. 6 de la loi sur les communes (LC), du 21 décembre 1964, place les communes "sous la surveillance directe du Conseil d'Etat" et que l'art. 9 LC, s'il prévoit que le Conseil d'Etat peut inviter une autorité communale à retirer une décision illégale ou manifestement contraire à l'intérêt général ou même à l'annuler lui-même en cas de refus, réserve expressément les cas de recours prévus par la législation cantonale: bien que cette disposition ne soit ni très explicite, ni très claire, on peut admettre qu'en cas de recours, elle permet a contrario au Conseil d'Etat d'aller plus loin que la simple annulation d'une décision. D'autre part, la décision attaquée a, en quelque sorte, substitué de nouveaux motifs de droit à la décision précédente; or la substitution de motifs par une autorité de recours n'est pas exclue en principe sous l'angle de l' art. 4 Cst. (cf. RO 96 I 549 consid. 3). Par ailleurs, l' art. 90 LEP donne au Conseil d'Etat le droit de prononcer lui-même directement la suspension, la destitution et le retrait du droit d'enseigner dans les écoles publiques. Il n'est pas arbitraire d'en déduire, en vertu du principe in majore minus, qu'il peut également prononcer lui-même la résiliation lorsqu'il est saisi par voie de recours. b) Quoi qu'il en soit, les circonstances de l'espèce justifient la façon de procéder du Conseil d'Etat, ou tout au moins la mettent à l'abri du reproche de violation de l' art. 4 Cst. Le Conseil d'Etat a reconnu que la Commission scolaire de Z., composée de trois membres alors que l'art. 31 de la loi sur les communes du 21 décembre 1964 a porté le nombre minimum de membres à cinq, n'était pas régulièrement composée pour rendre sa décision; il a dès lors annulé cette décision. S'il avait renvoyé l'affaire à la Commission scolaire pour qu'elle statue à nouveau dans sa composition régulière, il aurait fallu que l'autorité de nomination (savoir le Conseil général, art. 25 ch. 1 lettre b LC) procède d'abord à la nomination de deux nouveaux membres de ladite commission. Intervenant en vue de la nouvelle décision à prendre au sujet de l'instituteur - alors qu'elle doit se faire normalement au début de chaque période administrative, pour quatre ans (art. 25 ch. 1 lettre b LC) -, une telle nomination n'aurait pas manqué d'éveiller le soupçon BGE 98 Ia 467 S. 472 de partialité. Il était dès lors particulièrement opportun que le Conseil d'Etat, qui avait relevé "le climat troublé de la commune de Z. et la double fonction de conseiller communal et d'instituteur assumée par le recourant", statue lui-même sur le fond; le recourant a d'autant moins de raisons de s'en plaindre que cette décision lui est plus favorable que la précédente. D'autre part, les autorités communales avaient clairement fait savoir, dans leur lettre au Département du 10 décembre 1971, que leur position resterait inchangée, en dépit d'un recours. Il apparaissait donc que la seule façon de faire adopter la solution jugée convenable par le Conseil d'Etat était qu'il statue luimême sur le fond. 4. Le recourant relève que, si le Conseil d'Etat s'est appuyé sur l' art. 88 LEP pour résilier son contrat d'engagement, on ne sait en revanche pas sur quelle disposition légale il s'est fondé pour lui interdire d'exercer son activité scolaire à Z. dès le 1er décembre 1971, alors que l' art. 88 LEP subordonne la résiliation pour justes motifs à un avertissement de six mois au molns. Il faut noter à ce propos que la résiliation pour justes motifs prenait effet au 1er juin 1972, ce qui veut dire que le recourant avait droit à son traitement jusqu'à cette date. D'autre part, il conservait le droit de faire valoir ses titres d'enseignement dans toutes les autres localités du canton; il pouvait notamment faire acte de candidature lors des prochaines mises au concours d'avril et de mai 1972. Ainsi ses intérêts pécuniaires et professionnels étaient sauvegardés au maximum. En raison de l'état de tension créé dans la commune par les pamphlets du recourant, qui "a mis en péril le déroulement de son activité pédagogique en soulevant contre lui toute une partie de la population communale", comme le relève le Conseil d'Etat dans la décision attaquée, on conçoit facilement que la reprise de l'activité pédagogique du recourant à l'école de Z. devait être évitée, pour le bien même des élèves. En évoquant une autre affaire de résiliation des fonctions d'un instituteur, où l'autorité de recours avait relevé l'analogie entre le droit cantonal et les dispositions du CO sur le congé dans le cadre du contrat de travail, le Conseil d'Etat a peut-être entendu s'inspirer également de la pratique courante en droit privé où l'employeur congédie un employé avec effet immédiat, mais lui paie le salaire complet dû pendant le délai de résiliation. BGE 98 Ia 467 S. 473 Si l'application des règles de droit privé à la résiliation d'un contrat régi par le droit public est discutable, elle n'est cependant pas insoutenable et échappe en tout cas au reproche d'arbitraire. Du moins le recourant n'a-t-il pas cité de disposition légale neuchâteloise qui interdise une telle manière de faire ou garantisse expressément à un fonctionnaire, outre son droit au traitement - non contesté en l'espèce -, le droit d'exercer effectivement, pendant la durée du délai de résiliation, la fonction pour laquelle il avait été engagé. La mesure décidée en l'espèce représente en quelque sorte un moyen terme entre la solution de l'art. 88 et celle de l' art. 90 LEP . Si elle n'est pas prévue expressément par la loi, elle n'est pas non plus prohibée. Se révélant au surplus la mesure la plus opportune, elle résiste au grief de violation de l' art. 4 Cst. 5. Le recourant soutient également que la décision attaquée viole le principe de la proportionnalité des mesures administratives. Il invoque expressément à cet effet l'arrêt publié au RO 81 I 239, où le Tribunal fédéral a annulé la révocation prononcée contre un fonctionnaire par la Direction générale des CFF et transformé cette révocation en une mise au provisoire avec déplacement dans une autre fonction. Il faut relever tout d'abord que le Tribunal fédéral était alors saisi d'un recours de droit administratif contre une décision frappant un fonctionnaire fédéral, qu'il disposait donc d'un pouvoir de libre examen et qu'il devait assurer la juste application du droit fédéral, tandis qu'en l'espèce, il lui incombe simplement d'examiner si une décision cantonale appliquant le droit cantonal est compatible avec l' art. 4 Cst. Or on constate qu'en l'espèce le Conseil d'Etat a également remplacé une décision de révocation par une décision de résiliation pour justes motifs, avec droit au traitement pendant six mois et possibilité de faire acte de candidature dans d'autres communes, ce qui se rapproche d'une mesure de déplacement dans une autre fonction. La référence à l'arrêt cité ne fournit donc pas d'argument déterminant en faveur de la thèse du recourant. Quant à l'avertissement qui devrait précéder la mesure prise pour qu'elle respecte le principe de la proportionnalité, la décision attaquée relève qu'il n'y a pas eu d'avertissement formel de la part de la Commission scolaire; mais, dans leur lettre commune du 1er décembre 1971 au Département de l'instruction BGE 98 Ia 467 S. 474 publique, les autorités communales (savoir: la Commission scolaire, le Conseil communal et le Conseil général) font état de divers avertissements donnés sans succès à l'instituteur X., aussi bien par l'inspecteur scolaire que par elles-mêmes. Il y a tout lieu de croire que X. a reçu des avertissements; du moins n'est-il pas arbitraire de l'admettre. Quoi qu'il en soit, la décision attaquée ménage au maximum - on l'a vu ci-dessus - les intérêts tant pécuniaires que professionnels du recourant. Comme, après l'envoi des pamphlets, il était exclu d'envisager que le recourant poursuive son activité à l'école de Z., cette décision apparaît comme la mesure la moins sévère qui pouvait être prise pour la sauvegarde des intérêts généraux de la commune et des élèves, d'une part, et de ceux du recourant, d'autre part. Le grief de violation du principe de la proportionnalité doit ainsi être rejeté. 6. Le recourant allègue encore que la décision attaquée viole le principe de la non-rétroactivité des décisions administratives. Sans doute la décision attaquée date-t-elle du 21 mars 1972. Mais elle a été prise à la suite du recours formé contre la décision du 1er décembre 1971. Il ne pourrait éventuellement s'agir de rétroactivité que si la première décision avait été nulle de plein droit. Or, selon la doctrine et la jurisprudence, même la décision prise par une autorité composée irrégulièrement n'est en principe pas nulle de plein droit, mais seulement annulable (cf. IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3e éd., no 326 II; GRISEL, Droit administratif suisse, p. 199 ss., 205). Le recourant n'a pas prétendu que seraient réalisées en l'espèce les conditions posées par la doctrine pour qu'une telle décision puisse être déclarée, exceptionnellement, nulle de plein droit. Il a d'ailleurs lui-même implicitement admis qu'elle était simplement annulable, puisque son recours au Conseil d'Etat tendait expressément à l'annulation de la décision de la Commission scolaire du 1er décembre 1971. Comme c'est cette dernière date, et non pas une date antérieure, qui a été prise par le Conseil d'Etat comme point de départ du délai de résiliation, le grief de violation du principe de la non-rétroactivité des décisions administratives se révèle mal fondé. 7. Avant de rendre la décision attaquée, le Conseil d'Etat BGE 98 Ia 467 S. 475 a donné au recourant la possibilité de compléter son recours et lui a remis le dossier de l'affaire pour lui permettre de faire part de ses observations. Il a ainsi réparé les éventuelles violations de règles de procédure dont le recourant aurait pâti. D'autre part, comme il annulait la décision de la Commission scolaire et statuait lui-même sur le fond, il n'avait pas besoin d'examiner les autres moyens de preuve invoqués par le recourant en vue de l'annulation de ladite décision. Le grief de violation du droit d'être entendu est également mal fondé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,972
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
eaa733f4-39e4-4543-ad82-84563ad9e653
Urteilskopf 87 II 364 49. Urteil der H. Zivilabteilung vom 12. Dezember 1961 i.S. X. gegen P.
Regeste Haftung des (Armen-)Anwalts ( Art. 398 OR ) für die Folgen der Versäumung der Frist für die Vaterschaftsklage ( Art. 308 ZGB ). Pflichten des Anwalts im Falle, dass Zweifel darüber bestehen können, ob die Frist durch ein vor seiner Beauftragung gestelltes Gesuch um Ladung zu einem Aussöhnungsversuch gewahrt sei. Schaden infolge Verletzung dieser Pflichten. Nachweis, dass die Vaterschaftsklage bei Einhaltung der Frist geschützt worden wäre. Ist die Ersatzpflicht wegen nur leichter Fahrlässigkeit des Anwalts ( Art. 43 Abs. 1 OR ) oder wegen Mitverschuldens seiner Klienten ( Art. 44 Abs. 1 OR ) zu ermässigen?
Sachverhalt ab Seite 364 BGE 87 II 364 S. 364 A.- Frl. P., geb. 13. November 1937, gebar am 15. November 1956 einen Knaben. Als Vater bezeichnete sie den BGE 87 II 364 S. 365 ledigen G., geb. 1930. Am 23. Januar 1957 stellten ihr Vater und der zum Beistand des Kindes ernannte Amtsvormund beim zuständigen bernischen Richteramt das Gesuch um Abhaltung eines Aussöhnungsversuchs und um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. Am 26. Februar 1957 fanden der Aussöhnungsversuch und (nachdem Vater P. und der Beistand des Kindes die Verhandlungen verlassen hatten) das Parteiverhör im Armenrechtsverfahren statt. G. gab zu, die Mutter zweimal abends in seiner Wohnung empfangen zu haben, bestritt aber den von der Mutter behaupteten Geschlechtsverkehr. Am Schluss des Protokolls dieser Verhandlung steht der Vermerk: "Verfügung Der Sühnversuch wird fruchtlos erklärt, und den Klägern wird die Klagebewilligung erteilt. Eröffnet." Der Gerichtspräsident ordnete hierauf im Armenrechtsverfahren eine Blutuntersuchung an. Der Experte kam in seinem Gutachten vom 9. Juli 1957 zum Schluss, G. könne auf Grund der Bestimmung der klassischen Blutgruppen, der Blutfaktoren M und N, der Rhesusfaktoren C, D, E, c, e und der Faktoren Kell und Duffya unter der Voraussetzung einer sicher erwiesenen Mutterschaft von Frl. P. als Vater des Kindes nicht ausgeschlossen werden; seine Vaterschaft sei nach den Erbgesetzen der erwähnten fünf Blutgruppensysteme möglich. Nachdem der Gerichtspräsident noch einen Lohnausweis der Mutter eingefordert hatte, gewährte er den Klägern mit Verfügung vom 26. September 1957 die unentgeltliche Prozessführung in dem Sinne, dass er ihnen in der Person von Fürsprecher Dr. X einen Armenanwalt beiordnete. Diese Verfügung wurde Dr. X (sowie den gesetzlichen Vertretern der Kläger und dem Anwalt G.s) am 3. Oktober 1957 eröffnet. Tags darauf wurden ihm die Armenrechtsakten "zur Einsichtnahme und Einleitung des Prozesses" zugestellt. B.- Am 28./29. November 1957 reichte Dr. X beim BGE 87 II 364 S. 366 Amtsgericht im Namen von Mutter und Kind gegen G. Vaterschaftsklage ein mit dem Begehren, G. sei zur Schadloshaltung der Mutter und zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen für das Kind zu verurteilen. In Art. 10 der Klageschrift bemerkte er unter Hinweis auf die Armenrechtsakten, er sei durch Entscheid vom 26. September 1957, zugestellt 3. Oktober 1957, zum Armenanwalt der Kläger ernannt worden; die Klagebewilligung sei den Klägern erteilt worden. Vom Gerichtspräsidenten darauf hingewiesen, dass nach dessen Auffassung die Wirkung der Klagebewilligung vor Einleitung der Klage dahingefallen und die Klagefrist von Art. 308 ZGB verpasst sei, machte Dr. X im wesentlichen geltend, er sei nach Einsichtnahme in die Armenrechtsakten davon ausgegangen, "dass das Armenrechtsverfahren und damit der Aussöhnungsversuch soeben erst zum Abschluss gekommen seien, bzw. vor dem Abschluss standen" und dass die sechsmonatige Klagefrist im Sinne von Art. 153 der bernischen ZPO daher erst von seiner Ernennung zum Armenanwalt an laufe; die Klagebewilligung, von der in den Armenrechtsakten die Rede sei, sei nicht datiert, so dass er bestreiten müsse, dass diese Bewilligung schon am 26. Februar 1957 erteilt worden sei; übrigens hätten die Kläger mit einer vor Ernennung des Armenanwalts erteilten Klagebewilligung nichts anfangen können; um so mehr sei er davon ausgegangen, dass die sechsmonatige Klagefrist "noch lange nicht abgelaufen sei." Das Amtsgericht erklärte die Klage am 25. März 1958 entsprechend dem Antrag G.s für verspätet, weil Dr. X die Klageschrift erst nach Ablauf der Frist von Art. 308 ZGB eingereicht habe, ohne vor deren Ablauf ein neues Gesuch um Ladung zum Aussöhnungsversuch gestellt zu haben, obwohl die Frist von sechs Monaten seit der am 26. Februar 1957 ordnungsgemäss erteilten und eröffneten Klagebewilligung längst abgelaufen gewesen sei. Dr. X erklärte namens der Kläger die Appellation, zog diese aber am 26. Juli 1958 zurück, nachdem der Appellationshof BGE 87 II 364 S. 367 des Kantons Bern (II. Zivilkammer) den Klägern mit Entscheid vom 21. Juni 1958 wegen Aussichtslosigkeit ihres Begehrens das Armenrecht entzogen hatte. C.- Am 4. April 1960 leiteten Mutter und Kind gegen Dr. X Klage ein mit dem Begehren, er sei zu verurteilen, der Erstklägerin Fr. 1189.95 nebst 5% Zins seit 10. Juni 1959 und dem Zweitkläger Fr. 23'100.--, eventuell einen Fr. 8000.-- übersteigenden, richterlich zu bestimmenden Betrag zu bezahlen. Sie machten geltend, der Beklagte habe die Verspätung der Vaterschaftsklage verschuldet. Zu welchem Ergebnis der Vaterschaftsprozess geführt hätte, könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, doch sei anzunehmen, dass das Gericht die Vaterschaft G.s bejaht hätte. Der Beklagte sei verpflichtet, ihnen den Kapitalbetrag der Vermögensleistungen zu ersetzen, zu denen G. verurteilt worden wäre. Der Beklagte bestritt, eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt zu haben, da er in guten Treuen habe annehmen dürfen, die Klagefrist sei noch nicht abgelaufen. Er machte ausserdem geltend, ein Schaden könnte nur angenommen werden, wenn mit Sicherheit nachgewiesen wäre, dass die Kläger den Vaterschaftsprozess gewonnen hätten, was von den Klägern nicht einmal behauptet werde. Überdies würde die Kläger ein Selbstverschulden treffen. Die Klage sei daher unbegründet. Der als einzige kantonale Instanz urteilende Appellationshof des Kantons Bern (II. Zivilkammer) nahm an, der Beklagte hafte den Klägern als Beauftragter gemäss Art. 398 OR für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäfts. Indem er vor Ablauf der Klagefrist von Art. 308 ZGB weder die Klage eingereicht noch ein neues Gesuch um Abhaltung eines Aussöhnungsversuchs gestellt habe, habe er die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt. Er könne die Verantwortung für die Versäumung der Klagefrist nicht auf die Erstklägerin (die ihm gewisse Belege nicht rechtzeitig übergab) oder auf den Beistand des Zweitklägers (der ihn nicht auf den drohenden BGE 87 II 364 S. 368 Fristablauf hinwies) abschieben. Ohne seine Säumnis hätten die Kläger begründete Aussicht gehabt, den Vaterschaftsprozess zu gewinnen. Obwohl G. auch als Zeuge im vorliegenden Prozess jeden intimen Verkehr mit der Erstklägerin bestritten habe, müsse auf Grund der glaubhaften, durch Indizien gestützten Aussagen der Erstklägerin in dem im vorliegenden Prozess durchgeführten Parteiverhör "die hohe Wahrscheinlichkeit der sexuellen Beziehungen der Erstklägerin mit G. in der kritischen Zeit als genügend dargetan gewertet werden", womit (da Mehrverkehr in der kritischen Zeit nicht nachgewiesen sei) "auch die Vaterschaft als nachgewiesen zu gelten" habe. Unzüchtiger Lebenswandel um die Zeit der Empfängnis ( Art. 315 ZGB ) könne der Erstklägerin nicht vorgeworfen werden. Der Beklagte sei daher grundsätzlich verpflichtet, die Kläger für den Verlust der Ansprüche aus Art. 317 und 319 ZGB zu entschädigen. Die Erstklägerin hätte im Vaterschaftsprozess Fr. 710.95 fordern können, und es dürfe angenommen werden,dass für den Zweitkläger monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 100.-- festgesetzt worden wären, deren Kapitalwert Fr. 17'940.-- ausmache. Dieser Schaden sei den Klägern voll zu ersetzen, da ein Selbstverschulden nicht nachgewiesen sei. Demgemäss hat der Appellationshof den Beklagten am 14. Juni 1961 verurteilt, der Erstklägerin Fr. 710.95 nebst 5% Zins seit 10. Juni 1959 und dem Zweitkläger Fr. 17'940.-- zu bezahlen. D.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Die staatsrechtliche Beschwerde, mit der er das Urteil des Appellationshofes wegen Verletzung von Art. 4 BV (nämlich wegen willkürlicher Beweiswürdigung) anfocht, ist heute abgewiesen worden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beklagte bestreitet mit Recht nicht mehr, dass er den Klägern als ihr Armenanwalt nach den Vorschriften BGE 87 II 364 S. 369 über den Auftrag ( Art. 398 OR ) haftet (vgl. GAUTSCHI N. 30 b a.E. zu Art. 394 OR ). Als er den Auftrag erhielt, die Kläger im Vaterschaftsprozess gegen G. zu vertreten, war die Klage noch nicht beim Gericht hängig. Er hatte also in erster Linie für die Wahrung der Klagefrist von Art. 308 ZGB zu sorgen, die bis zum 15. November 1957 lief. Eine bundesrechtliche Klagefrist ist auf jeden Fall gewahrt, wenn die Klage vor Ablauf der Frist unter Beobachtung der dafür geltenden prozessualen Vorschriften bei dem für ihre Beurteilung zuständigen Gericht eingereicht wird. Es genügt dafür aber auch die innert Frist erfolgte, vom kantonalen Prozessrecht als erste Prozesshandlung obligatorisch oder fakultativ vorgesehene Anrufung des Sühnbeamten, wenn dieser die Streitsache mangels Aussöhnung der Parteien von Amtes wegen an das erkennende Gericht weiterzuleiten hat oder wenn die klagende Partei dies zur Vermeidung von Rechtsnachteilen binnen einer bestimmten Frist nach der erfolglosen Beendigung des Sühnverfahrens selber tun muss, wie es nach Art. 153/155 der bernischen ZPO zutrifft, und wenn die klagende Partei diese kantonale Frist dann auch wirklich einhält ( BGE 74 II 16 ff., BGE 85 II 536 Erw. 3 mit Hinweisen). Der Beklagte hatte also bis zum 15. November 1957 die Vaterschaftsklage beim Amtsgericht einzureichen oder wenigstens beim Gerichtspräsidenten ein Gesuch um Ladung zu einem Aussöhnungsversuch zu stellen (und dann binnen sechs Monaten von der Klagebewilligung an die gerichtliche Klage zu erheben), es sei denn, dass die den Klägern nach dem Misslingen des Aussöhnungsversuchs vom 26. Februar 1957 erteilte Klagebewilligung über den 15. November 1957 hinaus wirksam war, m.a.W. dass die durch diese Bewilligung in Gang gesetzte Frist von sechs Monaten zur Einreichung der Klage beim Gericht erst nach diesem Zeitpunkt ablief. Der Beklagte macht geltend, er habe dies in guten Treuen annehmen dürfen. Die Gründe, die er dafür anführt, BGE 87 II 364 S. 370 mögen zum Teil erwägenswert sein. Die Armenrechtsakten, insbesondere der Umstand, dass die Erteilung der Klagebewilligung erst am Schluss des Protokolls der Verhandlung vom 26. Februar 1957 beurkundet worden war, konnten jemanden, der jener Verhandlung nicht beigewohnt hatte, auf den (nach den Feststellungen im Amtsgerichtsurteil vom 25. März 1958 freilich irrigen) Gedanken bringen, die Klagebewilligung sei damals erst nach dem Weggang der gesetzlichen Vertreter der Kläger und daher nicht gültig eröffnet worden; diesen Mangel habe erst die Zustellung der - die Klagebewilligung erwähnenden - Verfügung vom 26. September 1957 über die Ernennung des Beklagten zum Armenanwalt behoben. Auch hat die Ansicht etwas für sich, es dürfe, ganz abgesehen vom Zeitpunkt der Eröffnung, nicht angenommen werden, dass die einer armen Partei erteilte Klagebewilligung schon vor der Gewährung des im Gesuch um Ladung zum Aussöhnungsversuch verlangten Armenrechts in Kraft trete, d.h. dass die Klagefrist des Art. 153 ZPO zu laufen beginne und sogar ablaufen könne, bevor die arme Partei in der Lage ist, von ihr Gebrauch zu machen; denn man kann mit beachtlichen Gründen die Meinung vertreten, dass die arme Partei hiedurch in einer gegen die Rechtsgleichheit verstossenden und daher unzulässigen Weise benachteiligt würde. Durch solche Überlegungen durfte sich jedoch der Beklagte (wenn er sie überhaupt schon zu jener Zeit anstellte, was die Vorinstanz bezweifelt) nicht davon abhalten lassen, bis zum 15. November 1957 die Klage einzureichen oder ein neues Sühnbegehren zu stellen. Bei sorgfältiger Prüfung der Lage, wie sie ihm zuzumuten war, durfte er nämlich keineswegs für sicher halten, dass die Gerichte seine Auffassung teilen würden. Angesichts des Datums des die Klagebewilligung beurkundenden Protokolls und des Wortlauts von Art. 153 ZPO musste er vielmehr ernstlich mit einer gegenteiligen Entscheidung rechnen, wie sie dann wirklich erfolgt ist. Unter diesen Umständen BGE 87 II 364 S. 371 war es seine klare Pflicht, so zu handeln, dass über die Rechtzeitigkeit der Klage keine Diskussion entstehen konnte, d.h. innert der bis zum 15. November 1957 laufenden Frist von Art. 308 ZGB eine der beiden erwähnten Massnahmen zu ergreifen (vgl. STAUDINGER, 11. Aufl., N. 201 der Vorbemerkungen vor § 611 BGB, S. 1152, wo unter Hinweis auf die deutsche Rechtsprechung gesagt wird, der Anwalt müsse in zweifelhaften Fällen "die sichere und zweifelsfreiere Massnahme wählen"). So vorzugehen, war ihm um so eher zuzumuten, als er sich nicht etwa in Zeitnot befand. Von der Eröffnung des Armenrechtsentscheides (3. Oktober 1957) bis zum Ablauf der bundesrechtlichen Klagefrist (15. November 1957) standen ihm volle sechs Wochen zur Verfügung. Dass die Erstklägerin ihm gewisse Belege (Quittungen) nicht rechtzeitig zur Verfügung stellte, konnte ihn, wie die Vorinstanz in Auslegung des in diesem Punkte massgebenden kantonalen Prozessrechts verbindlich festgestellt hat, nicht hindern, die Klage innert Frist einzureichen. Im übrigen hatte er, wenn er die Klageschrift aus irgendeinem Grunde bis zum 15. November 1957 nicht fertigstellen konnte, auf jeden Fall die Möglichkeit, innert der Frist ein neues Sühnbegehren zu stellen, was nur eine geringfügige Mühewaltung erforderte. Indem er weder das eine noch das andere tat, verletzte er ein elementares Gebot der Vorsicht. Hieran kann nichts ändern, dass das Richteramt und der Beistand des Kindes es unterliessen, ihn bei bzw. gleich nach seiner Ernennung zum Armenanwalt darauf aufmerksam zu machen, dass nach ihrer Auffassung die Frist von Art. 153 ZPO , auf die er sich verliess, schon am 26. Februar 1957 begonnen habe und folglich bereits abgelaufen sei; denn er konnte sich auf Grund der Akten ohne weiteres selber davon Rechenschaft geben, dass das Gericht zu dieser Ansicht kommen und deshalb die Klage als verspätet erklären könnte, wenn er über den 15. November 1957 hinaus untätig blieb. - Den Versuch, seiner abweichenden BGE 87 II 364 S. 372 Auffassung über den Beginn der Klagefrist von Art. 153 ZPO durch eine staatsrechtliche Beschwerde gegen die Entziehung des Armenrechts zum Durchbruch zu verhelfen, hat er nicht unternommen. Nach alledem muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, die Abweisung der Vaterschaftsklage wegen Verspätung durch ein grob fahrlässiges Verhalten verschuldet zu haben. Seine Haftung für den durch diesen Prozessausgang verursachten Schaden ist deshalb auch dann begründet, wenn man mit ihm annimmt, der Anwalt haffte nicht für leichtes Verschulden, sondern nur für grobe und offenkundige Fehler, wie das Bundesgericht dies in dem von ihm angerufenen EntscheideBGE 79 II 438unter Hinweis auf Entscheidungen über die Arzthaftpflicht beiläufig erklärt hatte. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob dies wirklich als allgemeine Regel gelten könne oder ob unter Umständen eine weitergehende Haftung Platz greifen müsse (vgl. hiezu GAUTSCHI, der in N. 34 c zu Art. 398 OR u.a. sagt, es bestehe eine "strenge Haftung" des Anwalts für prozessrechtliche Fehler wie z.B. Fristversäumnis). 2. Die Kläger fordern als Schadenersatz den Kapitalbetrag der Vermögensleistungen, zu denen G. im Falle der Gutheissung ihrer Vaterschaftsklage verurteilt worden wäre. Für diesen Betrag haftet ihnen der Beklagte nur, wenn angenommen werden darf, die Kläger hätten den Vaterschaftsprozess gewonnen, falls er die Klage rechtzeitig eingereicht hätte. Wie ein wegen Versäumung der Klagefrist nicht durchgeführter Prozess bei Einhaltung dieser Frist ausgegangen wäre, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit feststellen. Es sind darüber vielmehr nur Vermutungen möglich. Das gilt sowohl hinsichtlich der Tatsachen, die im fraglichen Prozess festgestellt worden wären, als auch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung, welche diese Tatsachen erfahren hätten. Dies schliesst jedoch die Leistung des Beweises, dass die klagende Partei den Prozess bei Einhaltung der BGE 87 II 364 S. 373 Klagefrist gewonnen hätte und dass der ihr durch die Versäumung der Frist zugefügte Schaden folglich dem Betrag entspreche, der ihr im Falle ihres Obsiegens als Prozessgewinn zugekommen wäre, nicht von vornherein aus. Auf Grund der im Schadenersatzprozess nachgeholten Abklärung der Verhältnisse, die für die materielle Beurteilung der verwirkten Klage erheblich gewesen wären, kann sich die Annahme, dass diese Klage geschützt worden wäre, so stark aufdrängen, dass der Beweis hiefür als erbracht angesehen werden darf. Im Schadenersatzprozess in dieser Weise die Aussichten des nicht durchgeführten Vorprozesses zu prüfen, ist der französischen wie der deutschen Rechtsprechung geläufig (vgl. MAZEAUD & TUNC, Traité théorique et pratique de la responsabilité civile délictuelle et contractuelle, 1. Band, 5. Aufl. 1957, no 219 S. 280: "... les juges examinent ce que valait au fond ce procès ...", und STAUDINGER a.a.O. S. 1153 vor N. 202, wo unter Anführung von Präjudizien ausgeführt wird, bei Beurteilung der Frage, ob der Kläger in einem Rechtsstreit infolge Pflichtverletzung des Anwalts einen Schaden erlitten habe, sei "davon auszugehen, dass bei Erfüllung der Pflicht die richtige, d.h. die Entscheidung von dem Vorgericht gefällt worden wäre, die das jetzt über den Ersatzanspruch entscheidende Gericht für richtig hält"). Dass das Urteil im Vorprozess so ausgefallen wäre, wie dies der Richter im Schadenersatzprozess annimmt, kann namentlich in solchen Fällen als praktisch sicher erscheinen, wo über die Schadenersatzklage das Gericht befindet, das den Vorprozess zu beurteilen gehabt hätte. Das Bundesgericht kann im Schadenersatzprozess die Auffassung des als letzte (oder einzige) kantonale Instanz urteilenden Gerichts über die vermutlichen Aussichten des nicht durchgeführten Vorprozesses jedenfalls insoweit überprüfen, als sie sich auf Erwägungen über vom Bundesrecht beherrschte Fragen stützt. Ob seiner Überprüfung auch die Vermutungen der Vorinstanz darüber unterliegen, welche Tatsachen im Vorprozess festgestellt worden BGE 87 II 364 S. 374 wären, oder ob diese Vermutungen wie gemäss Art. 63 Abs. 2 OG die eigentlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz für es verbindlich seien, braucht heute nicht grundsätzlich abgeklärt zu werden (vgl. zur Frage der Überprüfbarkeit von Hypothesen darüber, was in einem nicht eingetretenen Falle geschehen wäre, einerseitsBGE 76 II 15und 279, BGE 80 III 57 , anderseits BGE 80 II 333 , BGE 85 II 39 und BGE 86 II 187 , wo infolge eines Druckfehlers BGE 83 II 39 statt BGE 85 II 39 zitiert ist). Solche Vermutungen dürfen nämlich, wenn überhaupt, nur mit Zurückhaltung überprüft werden, da sie naturgemäss weitgehend durch die der Vorinstanz zustehende Würdigung der im Schadenersatzprozess erhobenen Beweise präjudiziert sind. Das Bundesgericht darf also von derartigen Vermutungen höchstens dann abweichen, wenn schwerwiegende Gründe gegen sie sprechen, insbesondere wenn sie mit einer Erfahrungsregel unvereinbar sind, und dies trifft hier nicht zu. Der bernische Appellationshof hat auf Grund eines einlässlichen Beweisverfahrens gründlich geprüft, wie der Vaterschaftsprozess der Kläger gegen G. vermutlich ausgegangen wäre, wenn der Beklagte die Klage rechtzeitig eingereicht hätte. Er hat dabei mit Recht die Beweisvorschriften berücksichtigt, die für Vaterschaftssachen gelten. Die Ansicht des Beklagten, im Haftpflichtprozess seien an den Beweis des Geschlechtsverkehrs strengere Anforderungen zu stellen als im Vaterschaftsprozess, geht fehl; denn im Haftpflichtprozess kommt es u.a. eben gerade darauf an, ob die Beiwohnung in der kritischen Zeit im Vaterschaftsprozess als bewiesen betrachtet worden wäre. Dass die Kläger im Haftpflichtprozess (zutreffend) erklärt haben, das Ergebnis des abgebrochenen Vaterschaftsprozesses lasse sich nicht mit Sicherheit feststellen, kann ihnen entgegen der Meinung des Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, da für den Schadensbeweis im Haftpflichtprozess nach dem Gesagten genügen muss, dass angenommen werden darf, die Kläger hätten den Vaterschaftsprozess höchst wahrscheinlich gewonnen. Die Annahme, BGE 87 II 364 S. 375 dass in diesem Prozess die Beiwohnung in der kritischen Zeit als hinlänglich bewiesen erachtet worden wäre, die dem angefochtenen Urteil zugrundeliegt, lässt sich angesichts des vom Appellationshof festgestellten Ergebnisses des im Haftpflichtprozess durchgeführten Beweisverfahrens nicht beanstanden. Sie entspricht durchaus der Art, wie die bernischen Gerichte in Vaterschaftssachen auf Grund der kantonalen ZPO erfahrungsgemäss solche Beweisfragen zu beurteilen pflegen, und hat eine um so grössere Wahrscheinlichkeit für sich, als der Vaterschaftsprozess im Falle seiner materiellen Beurteilung aller Voraussicht nach an den Appellationshof weitergezogen worden wäre, so dass die vom Appellationshof im vorliegenden Prozess geäusserte Ansicht über das mutmassliche Ergebnis des Vaterschaftsprozesses als die Ansicht der Instanz gelten kann, die in diesem Prozess die tatsächlichen Verhältnisse abschliessend festzustellen gehabt hätte. Der Versuch des Beklagten, die Beweiswürdigung des Appellationshofs mit staatsrechtlicher Beschwerde als willkürlich anzufechten, ist misslungen. Gegen die Annahme der Vorinstanz, dass G. mit den Einreden aus Art. 314 Abs. 2 und Art. 315 ZGB nicht durchgedrungen wäre, wendet der Beklagte mit Recht nichts ein. Bei der Schlussfolgerung des Appellationshofes, es dürfe mit hinlänglicher Sicherheit angenommen werden, dass die Kläger den Vaterschaftsprozess gewonnen hätten, muss es daher sein Bewenden haben, was zur Folge hat, dass die Schadenersatzansprüche der Kläger gegen den Beklagten grundsätzlich zu schützen sind. 3. Die Bemessung der Leistungen, die den Klägern bei Gutheissung der Vaterschaftsklage zugesprochen worden wären, die Zusprechung eines Kapitalbetrags als Ersatz der dem Zweitkläger entgangenen Unterhaltsbeiträge und die Berechnung dieses Kapitalbetrags sind nicht angefochten. Die Würdigung der Grösse des Verschuldens des Beklagten ( Art. 43 Abs. 1 OR ; BGE 82 II 31 ) kann nicht zu einer BGE 87 II 364 S. 376 Ermässigung der Ersatzpflicht führen, da dem Beklagten entgegen seiner Ansicht nicht bloss ein leichtes Verschulden vorzuwerfen ist (vgl. Erw. 1 hievor). Ebensowenig kommt eine Ermässigung gemäss Art. 44 Abs. 1 OR in Frage. Darin, dass die Erstklägerin dem Beklagten gewisse Belege mit Verspätung zustellte, kann nicht ein für den Schaden kausales Mitverschulden erblickt werden, weil der Beklagte diese Belege für die rechtzeitige Einleitung der Klage nicht benötigte (Erw. 1 hievor) und weil er zudem selber nicht behauptet, dass er die Erstklägerin bei Einforderung dieser Belege auf den drohenden Fristablauf hingewiesen habe. Dem Beklagten kann aber auch nicht gefolgt werden, wenn er geltend macht, es bedeute ein für den Schaden mitursächliches, dem Zweitkläger anzurechnendes Verschulden, dass dessen Beistand ihn nicht auf den Fristenlauf aufmerksam machte; denn der Beistand durfte sich darauf verlassen, dass der Kläger selber in der Lage sei, die Fristberechnung vorzunehmen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, II. Zivilkammer, vom 14. Juni 1961 bestätigt.
public_law
nan
de
1,961
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
eaa73cd8-11ab-4b74-b9d1-4080e9b131bc
Urteilskopf 83 III 58 16. Entscheid vom 5. September 1957 i.S. Kamber.
Regeste Rekurs an das Bundesgericht. Anforde rungen an die Rekursschrift ( Art. 79 OG ). Eine diesen Anforderungen nicht genügende Rekursschrift ist unwirksam.
Sachverhalt ab Seite 58 BGE 83 III 58 S. 58 Mit Entscheid vom 5. August 1957 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde des Ernst Kamber gegen die vom Betreibungsamt Unterägeri am 5./8. Juli 1957 vollzogene Retention einer Bodenputzmaschine und eines BGE 83 III 58 S. 59 Staubsaugers abgewiesen. Gegen diesen ihm am 22. August 1957 zugestellten Entscheid hat Kamber an das Bundesgericht rekurriert. Die Rekursschrift lautet: "Betrifft Beschwerde gegen den Entscheid der Justizkommission des Kantons Zug: Zurückkommend auf den Entscheid der Justizkommission des Kantons Zug sehe ich mich gezwungen erneut Beschwerde zu erheben. Beiliegend erhalten Sie die nötigen Unterlagen und bitte Sie um wohlwollende Prüfung dieser Angelegenheit." Das Bundesgericht tritt auf den Rekurs nicht ein. Erwägungen Erwägungen: Nach Art. 79 Abs. 1 OG ist in der Rekursschrift anzugeben, welche Abänderung des angefochtenen Entscheides beantragt wird, und kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Dieser Vorschrift entspricht die vorliegende Rekursschrift auch bei weitherzigster Auslegung des Gesetzes in keiner Weise. Es wird darin nicht einmal andeutungsweise gesagt, wie das Bundesgericht nach der Auffassung des Rekurrenten entscheiden sollte und inwiefern der angefochtene Entscheid gegen Bundesrecht verstosse. Eine Rekursschrift, die den Anforderungen von Art. 79 OG nicht genügt, ist unwirksam. Dem Rekurrenten Gelegenheit zur Verbesserung seiner Eingabe zu geben, war nach Eingang der Akten beim Bundesgericht nicht mehr möglich, weil damals die Rekursfrist bereits abgelaufen war.
null
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
eab0f0f1-390c-4f83-aa69-b56655eb352b
Urteilskopf 93 II 167 24. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. April 1967 i.S. Born und Bohnenblust-Born gegen Burkhalter.
Regeste Notwegrecht ( Art. 694 ZGB ). Zur Benützung eines Wohnhauses genügt eine Wegverbindung nur, wenn sie von Fahrzeugen, d.h. nach heutiger Anschauung von Motorfahrzeugen, benützt werden kann. Die Wegenot gilt vom Berechtigten nicht als verschuldet, wenn die Verhältnisse sich änderten und dies auf objektiven Gründen beruht.
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 93 II 167 S. 167 Aus dem Tatbestand: Burkhalter ist Eigentümer eines Grundstücks in der Landhauszone im Brüschholz, Gemeinde Aarburg, das an keine öffentliche Strasse grenzt. Zugunsten seiner Parzelle und zulasten der westlich davon gelegenen bebauten Nachbarparzellen des Bohnenblust-Born und des Born besteht ein im Grundbuch als Dienstbarkeit eingetragenes Fahrwegrecht über einen circa BGE 93 II 167 S. 168 drei Meter breiten Feldweg, der ungefähr 130 m längs der südlichen Grenze der belasteten Parzellen führt und in die Brüschholzstrasse mündet. Das Fahrwegrecht diente aber nur landwirtschaftlichen Zwecken, da es zur Bewirtschaftung unüberbauten, landwirtschaftlich genutzten Landes begründet worden war. Im Jahre 1962 ersuchte Burkhalter um Bewilligung zum Bau eines Einfamilienhauses auf seiner Parzelle. Born und Bohnenblust-Born erhoben dagegen Einsprache, zur Hauptsache mit der Begründung, der Fahrweg diene nur landwirtschaftlichen Zwecken. Die Baubewilligung wurde jedoch am 20. April 1964 erteilt. Um das Bauvorhaben unverzüglich ausführen zu können, wurde Burkhalter von der Eigentümerin der nördlich an sein Grundstück anstossenden Parzelle, Frau von Arx, gestattet, ihre Parzelle für die Dauer von zwei Jahren als Zugang zu benützen und dort auch Baumaterial abzulagern. Ferner räumten sich die beiden Eigentümer gegenseitig ein Fusswegrecht über ihre Parzellen ein. Am 21. Juni 1965 reichte Burkhalter gegen Born und Bohnenblust-Born Klage ein und verlangte unter anderem, dass das im Grundbuch eingetragene, drei Meter breite Fahrwegrecht im Sinne eines Notwegrechts zu einem unbeschränkten, auch für das Befahren mit Motorfahrzeugen geltenden Fahrwegrecht auszudehnen sei. Die kantonalen Gerichte beider Instanzen schützten die Klage in diesem Punkt. Gegen das obergerichtliche Urteil haben die Beklagten Berufung eingereicht mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Berufung der Beklagten ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB kann ein Grundeigentümer, der keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse hat, beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. Im vorliegenden Fall stehen dem Berufungsbeklagten zwei Fusswege zur Verfügung, um von seiner Parzelle aus die öffentliche Strasse zu erreichen. Für die Benützung eines Wohnhauses, auch nur eines Einfamilienhauses sind jedoch Fusswege keine genügende Wegverbindung im Sinne der angeführten Bestimmung. BGE 93 II 167 S. 169 Als genügend kann nur ein Weg bezeichnet werden, der von Fahrzeugen benützt werden darf. Dabei steht nicht die Frage im Vordergrund, ob dem Grundeigentümer durch die Gewährung des Notweges die Möglichkeit zu verschaffen sei, mit einem bloss zur Bequemlichkeit oder zum Vergnügen gehaltenen Auto auf sein Grundstück zu fahren, obschon dieser Umstand dann schon zur Einräumung eines Notwegs Anlass geben könnte, wenn dem Ansprecher sonst überhaupt keine Zufahrt zur Verfügung steht ( BGE 84 II 620 ). Es geht vielmehr darum, dass nach heutigen Anschauungen die Verbindung von einem bebauten Grundstück zur öffentlichen Strasse ungenügend ist, wenn nicht ein Weg zur Verfügung steht, der mit Fahrzeugen befahren werden kann, sei es auch nur für den Zubringerdienst (Lieferanten, Taxis, Besucher, Krankenautos, öffentliche Dienste usw.). Dabei gilt heute als selbstverständlich, dass es sich bei den Verkehrsmitteln, mit denen ein Fahrwegrecht ausgeübt werden darf, um Motorfahrzeuge handelt (vgl. LIVER, N. 33 zu Art. 737 ZGB ). Dementsprechend hat das Bundesgericht in seinem nicht veröffentlichten Urteil vom 17. Dezember 1965 i.S. Kürsteiner c. Beglinger und Grass ausgeführt, es sei heutzutage - zumindest im Bereich von Ortschaften (die dem Motorfahrzeugverkehr offen stehen) - eine Selbstverständlichkeit, dass ein Grundstück, auf dem Wohn- oder Ferienhäuser stehen, mit Motorfahrzeugen erreicht werden könne. Der Einwand der Berufungskläger, es sei dem Berufungsbeklagten zuzumuten, entweder sein Auto auf dazu geeigneten Stellen an der Brüschholzstrasse abzustellen und sein Haus zu Fuss zu erreichen oder überhaupt auf die Benützung eines Autos zu verzichten, da er bis zum Arbeitsplatz in Aarburg nur zehn bis fünfzehn Minuten benötige, geht deshalb am Kern der Sache vorbei. Auch die Berufung auf Hanglagen, wo die Häuser oft über längere Treppen erreicht werden müssen, schlägt in erster Linie deswegen nicht durch, weil in solchen Fällen die topographischen Verhältnisse die Schaffung genügender Wegverbindungen verhindern, obschon die weiteren Voraussetzungen zur Gewährung eines Notwegs gegeben wären. Es ist übrigens sogar in Hanglagen meistens möglich, die Fahrstrasse wenigstens bis an die Parzellengrenze am Rand des Hanges zu führen. Dass unmittelbar vor die Haustüre gefahren werden kann, ist nicht erforderlich. BGE 93 II 167 S. 170 3. Es kann im weitern keine Rede davon sein, dass der Berufungsbeklagte die Wegenot selbst verschuldet habe, weil er auf dem früher landwirtschaftlich genutzten Land ein Einfamilienhaus gebaut habe. Die betreffende Gegend gehört seit einiger Zeit unbestrittenermassen zur Landhauszone der Stadtgemeinde Aarburg. Der Berufungsbeklagte durfte deshalb 1961 in guten Treuen eine Bauparzelle erwerben und darauf ein Einfamilienhaus erstellen, sobald ihm die baupolizeiliche Bewilligung dazu erteilt worden war. Die Änderung der Verhältnisse, d.h. die Entwicklung der Gegend von Brüschholz aus einer landwirtschaftlichen Region zum Baugebiet erfolgte ohne Zutun des Berufungsbeklagten und beruht auf objektiven Gründen. Es ist ihr somit Rechnung zu tragen ( BGE 85 II 397 Erw. 1 lit. a und dortige Hinweise). Dem Berufungsbeklagten steht ein Notweganspruch zu, weil er sein Grundstück überbauen durfte. Die Berufungskläger stellen die Dinge auf den Kopf, wenn sie erklären, weil keine genügende Wegverbindung bestehe, hätte nicht gebaut werden dürfen (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 27. Oktober 1964 i.S. Kopp c. Wermelinger). Die Frage des Selbstverschuldens, resp. willkürlicher Schaffung der Wegnot, stellt sich vorliegend überhaupt nicht (vgl. dazu HAAB, N. 19 zu Art. 694-696). 4. Der Gewährung des Notwegs steht auch nicht entgegen, dass das bestehende Fahrwegrecht nur landwirtschaftlichen Zwecken dient und dass demzufolge den Berufungsklägern gemäss Art. 739 ZGB eine Mehrbelastung mit dem Motorfahrzeugverkehr, der durch ein Einfamilienhaus bedingt wird, nicht zugemutet werden darf. Wenn die Voraussetzungen eines Notweganspruchs gegeben sind, kann der Wegberechtigte die Erweiterung des beschränkten Fahrwegrechts durch Einräumung einer Legalservitut im Sinne von Art. 694 ZGB verlangen und auf diese Weise einer Unterlassungs- oder Beseitigungsklage der Belasteten zuvorkommen (LIVER, N. 39 und 48 zu Art. 739 ZGB ).
public_law
nan
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1,967
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation