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Urteilskopf 123 I 1 1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Februar 1997 i.S. X. gegen Erziehungsdirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 1 BV , Art. 27 Abs. 2 BV ; Lehrerbesoldung; Gesetzmässigkeitsprinzip; Rechtsgleichheit; Verhältnismässigkeitsprinzip. Bedeutung und Geltendmachung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (E. 2). Bestimmtheitsgebot für Besoldungsregelungen im öffentlichen Dienstrecht (E. 4). Ein mit der unterschiedlichen Vorbildung von Logopädinnen (Matura bzw. Lehrerpatent) begründeter Besoldungsunterschied von 8-9% verstösst nicht gegen Art. 4 Abs. 1 BV (E. 6). Auf Art. 27 Abs. 2 BV können sich die Schüler bzw. ihre Eltern berufen, aber nicht die Lehrer (E. 9). Das Verhältnismässigkeitsprinzip ist kein selbständiges verfassungsmässiges Recht (E. 10).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 123 I 1 S. 2 X. ist diplomierte Logopädin mit Vorbildung Matura. Sie wurde per 1. April 1978 definitiv an die Primarschule W. gewählt, wo sie seither Sprachheilunterricht erteilt. Ihre Besoldung setzt sich zusammen aus 90% der Grundbesoldung für Primarlehrer und einer Zulage für Spezialunterricht. Logopäden, welche vor ihrer logopädischen Ausbildung eine Primarlehrerausbildung absolviert haben, erhalten demgegenüber die volle Grundbesoldung für Primarlehrer und die Zulage für Spezialunterricht. Mit Eingabe vom 26. August 1993 gelangte X. an das Personalamt des Kantons Bern; sie führte aus, die zehnprozentige Kürzung des Grundlohnes lasse sich nicht auf die geltende Gesetzgebung abstützen. Sie ersuchte um entsprechende Erhöhung der Grundbesoldung und rückwirkende Nachzahlung des unrechtmässig abgezogenen Differenzbetrages für die letzten fünf Jahre. Das Amt für Finanzen und Administration der Erziehungsdirektion und auf Rekurs hin die Erziehungsdirektion des Kantons Bern wiesen das Begehren ab. X. erhob dagegen Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, welches diese mit Urteil vom 13. November 1995, zugestellt am 24. November 1995, abwies. X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Erziehungsdirektion anzuweisen, den zehnprozentigen Abzug vom Grundlohn ab sofort zu streichen und den Differenzbetrag für die letzten fünf Jahre nachzubezahlen. Sie rügt eine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung, der Rechtsgleichheit, des Willkürverbots, des rechtlichen Gehörs, von Art. 27 Abs. 2 BV sowie des Verhältnismässigkeitsprinzips. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf einzutreten ist. BGE 123 I 1 S. 3 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundsatzes der Gesetzmässigkeit der Verwaltung, indem für die Kürzung der Grundbesoldung weder eine formellgesetzliche Grundlage noch eine hinreichend bestimmte materiellgesetzliche Grundlage bestehe. a) Es ist unbestritten, dass die zehnprozentige Kürzung der Grundbesoldung der Logopäden ohne Lehrerpatent nicht auf einem ausdrücklichen Rechtssatz des bernischen Rechts, sondern auf einer jeweils im Einzelfall getroffenen Anordnung beruht. Die kantonalen Behörden stützen diese Kürzung auf Art. 15 Abs. 3 des kantonalen Dekrets vom 21. September 1971 über die besonderen Klassen und den Spezialunterricht der Volksschule (DbK). Dieser Artikel lautet wie folgt: "Art. 15 Besoldungen 1 Lehrer, welche an Kleinklassen A B oder C unterrichten, erhalten eine Zulage zur Primarlehrergrundbesoldung gemäss Lehrerbesoldungsgesetz. 2 Der Spezialunterricht wird in der Regel ebenfalls nach den Besoldungsbestimmungen für die Primarlehrerschaft im Verhältnis zur Stundenzahl besoldet. 3 Für Ausnahmefälle nach Absatz 2 und Artikel 9 Absatz 2 werden die Besoldung und eine allfällige Zulage von der Erziehungsdirektion festgesetzt. Im Streitfall trifft das Personalamt eine Verfügung." Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts findet dieses Dekret eine formellgesetzliche Grundlage in Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Juli 1973 über die Lehrerbesoldungen (LBG). Diese Bestimmung lautet wie folgt: "Art. 5 Nähere Regelungen der Besoldungen, der Zulagen und der Entschädigungen 1 Der Grosse Rat legt die Besoldungen und Zulagen gemäss Art. 4 Absätze 1 und 2 sowie die Dienstaltersgeschenke durch Dekret fest. Den Besoldungszuschlägen soll die Funktion zukommen, der Lehrerschaft einen angemessenen finanziellen Aufstieg zu ermöglichen." b) Das Legalitätsprinzip besagt, dass ein staatlicher Akt sich auf eine materiellgesetzliche Grundlage stützen muss, die hinreichend bestimmt und vom staatsrechtlich hiefür zuständigen Organ erlassen worden ist. Es dient damit einerseits dem demokratischen Anliegen der Sicherung der staatsrechtlichen Zuständigkeitsordnung, andererseits dem rechtsstaatlichen Anliegen der Rechtsgleichheit, Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit des staatlichen BGE 123 I 1 S. 4 Handelns (HANS DUBS, Die Forderung der optimalen Bestimmtheit belastender Rechtsnormen, ZSR 93/1974 II S. 223-247, 224 f.; FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 78; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl. Zürich 1993, S. 72 ff.; PIERRE MOOR, Droit administratif, Vol. 1, 2. Aufl. Bern 1994, S. 330 f.; HANSJÖRG SEILER, Gewaltenteilung - Allgemeine Grundlagen und schweizerische Ausgestaltung, Bern 1994, S. 329). Das Legalitätsprinzip gilt für das ganze Verwaltungshandeln mit Einschluss der Leistungsverwaltung ( BGE 103 Ia 369 E. 5 S. 380 f.; BGE 118 Ia 46 E. 5b S. 61 f., mit Hinweisen). Es ist ein verfassungsmässiges Prinzip, aber kein verfassungsmässiges Individualrecht, dessen Verletzung selbständig mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann ( BGE 121 I 22 E. 3a S. 25, mit Hinweisen). Die Verletzung des Legalitätsprinzips kann im Zusammenhang mit der Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung ( BGE 121 I 22 E. 3a S. 25) oder eines speziellen Grundrechts geltend gemacht werden, wobei sich die Verfassungswidrigkeit daraus ergeben kann, dass die verfassungsmässige Zuständigkeitsordnung verletzt oder ohne hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage in ein Grundrecht eingegriffen wird (vgl. BGE 118 Ia 305 E. 2a S. 309 f.; BGE 115 Ia 277 E. 7a S. 288; BGE 111 Ia 31 E. 4 S. 32 f.; BGE 109 Ia 273 E. 4d S. 282 ff.; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. Bern 1994, S. 178 f.; WERNER RITTER, Schutz der Freiheitsrechte durch genügend bestimmte Normen, Diss. St. Gallen 1994, S. 309 f.). Als selbständiges verfassungsmässiges Recht gilt das Legalitätsprinzip zudem im Abgaberecht (BGE BGE 122 I 61 E. 2a S. 63; BGE 120 Ia 265 E. 2a S. 266) sowie - soweit es nicht schon durch Art. 1 StGB gewährleistet ist - im Strafrecht ( BGE 118 Ia 137 E. 1c S. 139 f.; BGE 112 Ia 107 E. 3a S. 112). Im übrigen kann mit staatsrechtlicher Beschwerde eine Verletzung des Legalitätsprinzips nur im Rahmen der Verletzung des Willkürverbots und der Rechtsgleichheit gerügt werden ( BGE 119 Ia 445 E. 2a S. 449; BGE 117 Ia 27 E. 7a S. 32; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 187). c) Die Rüge, die gesetzliche Grundlage für die zehnprozentige Kürzung der Grundbesoldung fehle bzw. sei zu wenig bestimmt, ist somit vorliegend insoweit mit freier Kognition zu prüfen, als eine Verletzung verfassungsmässiger Zuständigkeitsregeln gerügt wird, im übrigen aber nur auf ihre Vereinbarkeit mit dem Willkürverbot und der Rechtsgleichheit, da keine Verletzung eines speziellen Grundrechts geltend gemacht wird ( BGE 121 I 22 E. 3a S. 25). BGE 123 I 1 S. 5 3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 26 Ziff. 14 und Art. 27 der bis Ende 1994 in Kraft gewesenen bernischen Staatsverfassung vom 4. Juni 1893 (aKV/BE). Art. 15 DbK entbehre einer formellgesetzlichen Grundlage und enthalte zudem, wenn er als Grundlage für die Besoldungskürzung herangezogen werden soll, eine unzulässige Delegation an die Erziehungsdirektion. a) Am 1. Januar 1995 ist die neue bernische Kantonsverfassung vom 6. Juni 1993 in Kraft getreten. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist am 13. November 1995 ergangen, also bereits unter der Herrschaft der neuen Verfassung. Schafft eine Verfassungsreform eine neue, bisher fehlende Verfassungsgrundlage für eine Delegation, so kann ein bisher allenfalls verfassungswidriger delegierter Rechtsetzungsakt verfassungsmässig werden ( BGE 107 Ia 29 E. 2a S. 31 f.; ZBl 90/1989 S. 491, E. 4c). Dies gilt jedoch nur ex nunc; soweit die Beschwerdeführerin ein Besoldungsbegehren für die Zeit bis zum 31. Dezember 1994 gestellt hat, richtet sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der beanstandeten Regelung nach der alten Kantonsverfassung. (E. 3b-e: Die Kürzung der Besoldung verstösst nicht gegen Art. 26 Ziff. 14 oder Art. 27 aKV/BE ). 4. Soweit nicht eine Verletzung der verfassungsmässigen Zuständigkeitsordnung, sondern des rechtsstaatlich begründeten Bestimmtheitsgebots gerügt wird, beschränkt sich die Überpüfungsbefugnis des Bundesgerichts auf eine Willkürprüfung (E. 2b/c). a) Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst dann, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist ( BGE 122 I 61 E. 3a S. 66 f.; BGE 121 I 113 E. 3a, S. 114; BGE 120 Ia 369 E. 3a S. 373). b) Das Legalitätsprinzip verlangt, dass die angewendeten Rechtssätze eine angemessene Bestimmtheit aufweisen müssen ( BGE 113 Ib 60 E. 3b S. 63 f.; DUBS, a.a.O., S. 225; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, S. 192). Das Gebot der Bestimmtheit kann nicht in absoluter Weise verstanden werden. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verzichten, allgemeine Begriffe zu verwenden. Es ist unvermeidlich, dass viele Rechtssätze mehr oder minder vage Begriffe enthalten, deren Auslegung und Anwendung der Praxis überlassen werden muss ( BGE 117 Ia 472 E. 3e S. 479 f.). Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abstrakt festlegen. Eine besondere Bedeutung hat die BGE 123 I 1 S. 6 Forderung der Bestimmtheit bei Verhaltensnormen, die durch Androhung von Sanktionen unmittelbar ein bestimmtes Verhalten des Bürgers bewirken sollen (vgl. BGE 117 Ia 472 E. 3e S. 480; BGE 113 Ib 60 E. 3b S. 63), oder wenn eine Vielzahl von ähnlich gelagerten Entscheiden zu treffen sind. Umgekehrt sind die Anforderungen weniger streng, wenn unterschiedlich gelagerte Sachverhalte zu regeln sind, bei denen im Interesse einer sachgerechten Flexibilität oder der Einzelfallgerechtigkeit Differenzierungen im Anwendungsfall angebracht sind (DUBS, a.a.O., S. 244 f.; MOOR, a.a.O., S. 338 ff.; GEORG MÜLLER, Inhalt und Formen der Rechtssetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, Basel 1979, S. 83 ff.; SEILER, a.a.O., S. 333 f.). Unbestimmte Regelungen können insbesondere dann genügen, wenn ein Rechtsverhältnis zur Diskussion steht, welches die Betroffenen freiwillig eingegangen sind ( BGE 121 I 230 E. 3g/dd S. 239) oder bei dem die Rechte und Pflichten zwischen Staat und Privaten frei ausgehandelt werden können (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts i.S. B. vom 21. November 1994, E. 3a). Schliesslich kann dem Bedürfnis nach Rechtsgleichheit auch durch eine gleichmässige und den besonderen Umständen Rechnung tragende Behördenpraxis entsprochen werden ( BGE 111 Ia 31 E. 4 S. 32). c) Die Rechte und Pflichten der öffentlichen Bediensteten, insbesondere deren Besoldung, sollen sich im Grundsatz ebenfalls aus einem (zumindest materiellen) Gesetz ergeben ( BGE 98 Ia 179 ). Doch ist nicht erforderlich, dass alle Einzelheiten durch Rechtssatz geregelt werden (Urteil des Bundesgerichts i.S. P. vom 23. März 1995, publiziert in SJ 1995 681, E. 3; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 90 Rz. 391). Eine gewisse Flexibilität ist im öffentlichen Dienstrecht unvermeidlich und zulässig. d) Vorliegend wird die Differenzierung der Besoldung nicht auf einzelfallrelevante Kriterien wie die individuellen Leistungen oder Fähigkeiten abgestützt. Vielmehr werden sämtliche Logopäden mit Matura als Vorbildung schlechter entlöhnt als diejenigen mit einem Lehrerpatent, was offenbar eine grössere Zahl von Personen betrifft. Eine rechtssatzmässige Regelung wäre somit ohne weiteres möglich und im Interesse der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit auch erwünscht. Umgekehrt wird aber durch die Besoldungsregelung BGE 123 I 1 S. 7 nicht unmittelbar und hoheitlich ein sanktionierbares Verhalten vorgeschrieben. Vielmehr handelt es sich bei der Anstellung eines öffentlichen Bediensteten um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. Der Lehrer hat - wie ein Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft - die Wahl, die Stelle zu den gebotenen Bedingungen anzunehmen oder aber darauf zu verzichten und allenfalls eine Stelle in einem anderen Kanton oder in einer privaten Institution zu suchen, wo eine bessere Entlöhnung angeboten wird. Hinzu kommt, dass es der Erziehungsdirektion trotz der sehr weiten und unbestimmten Formulierung von Art. 15 Abs. 3 DbK nicht frei steht, jede beliebige Ausnahmeregelung zu treffen; vielmehr ist sie dabei an verfassungsmässige Rechte und Grundsätze, wie namentlich Art. 4 BV , gebunden. Es steht dem betroffenen Lehrer offen, mit einem individuellen Begehren die Verfassungsmässigkeit der konkreten Besoldung in Frage zu stellen, wie das die Beschwerdeführerin mit ihrem vorliegend zu beurteilenden Begehren auch getan hat. Art. 15 Abs. 3 DbK erlaubt somit eine gerichtlich überprüfbare verfassungskonforme Konkretisierung und verstösst daher trotz seiner erheblichen Unbestimmtheit jedenfalls nicht offensichtlich gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. 6. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Rechtsgleichheit, da Logopäden mit Matura die gleiche Tätigkeit ausübten wie solche mit Primarlehrerpatent, so dass sich eine unterschiedliche Besoldung nicht rechtfertige. a) Eine Regelung verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 4 Abs. 1 BV , wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich der unbegründete Unterschied oder die unbegründete Gleichstellung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet werden je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit ( BGE 121 I 102 E. 4a S. 104, mit Hinweisen). Das Bundesgericht übt eine gewisse Zurückhaltung und greift von Verfassungs wegen bloss ein, BGE 123 I 1 S. 8 wenn der Kanton mit den Unterscheidungen, die er trifft, eine Grenze zieht, die sich nicht vernünftig begründen lässt, die unhaltbar und damit in den meisten Fällen auch geradezu willkürlich ist ( BGE 114 Ia 221 E. 2b S. 224, mit Hinweisen; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl. Zürich 1993, S. 494). b) Ein grosser Ermessensspielraum der kantonalen Behörden besteht in besonderem Masse in Organisations- und Besoldungsfragen ( BGE 121 I 49 E. 3b S. 51, 102 E. 4a S. 104). Eine besondere Zurückhaltung des Verfassungsrichters drängt sich hier um so mehr auf, als es nicht nur um einen Vergleich zwischen zwei Kategorien von Berechtigten, sondern um das ganze Besoldungssystem geht; der Gesetzgeber oder Verfassungsrichter läuft daher stets Gefahr, neue Ungleichheiten zu schaffen, wenn er im Hinblick auf zwei Kategorien von Bediensteten Gleichheit erzielen will (vgl. BGE 120 Ia 329 E. 3 S. 333). Anders verhält es sich nur im Falle einer geschlechterbedingten Ungleichheit der Besoldung, wo gemäss Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV der Richter eine unbegründete Ungleichbehandlung ungeachtet der Auswirkungen auf das Besoldungssystem aufhebt ( BGE 117 Ia 262 E. 3c S. 267). Vorliegend wird jedoch nicht eine Verletzung von Art. 4 Abs. 2, sondern nur von Art. 4 Abs. 1 BV gerügt. c) Art. 4 Abs. 1 BV ist verletzt, wenn im öffentlichen Dienstverhältnis gleichwertige Arbeit ungleich entlöhnt wird ( BGE 121 I 49 E. 4c S. 53; 118 Ia 35 E. 2b S. 37; BGE 117 Ia 270 E. 2b S. 273). Ob verschiedene Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind, hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich ausfallen können. Innerhalb der Grenzen des Willkürverbots und des Rechtsgleichheitsgebots sind die Behörden befugt, aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend sein sollen ( BGE 121 I 49 E. 4c S. 53 f., 102 E. 4c S. 105). Verfassungsrechtlich ist nicht verlangt, dass die Besoldung allein nach der Qualität der geleisteten Arbeit bzw. den tatsächlich gestellten Anforderungen bestimmt werden dürfe ( BGE 121 I 102 E. 4d/aa S. 106 f.). So hat das Bundesgericht erkannt, dass Art. 4 BV nicht verletzt ist, wenn Besoldungsunterschiede auf objektive Motive wie Alter, Dienstalter, Familienlasten, Qualifikation, Art und Dauer der Ausbildung, Arbeitszeit oder übernommene Verantwortlichkeiten zurückzuführen sind. Im Bereich der Lehrerbesoldungen sind auch Kriterien wie die notwendige Ausbildung, die Art der Schule, die Zahl der Unterrichtsstunden oder die Klassengrösse zulässig ( BGE 121 I 49 E. 4c S. 53). BGE 123 I 1 S. 9 d) In seiner bisherigen Praxis hat das Bundesgericht einen Besoldungsunterschied zwischen Primar- und Orientierungsschullehrern von fast 22% als mit Art. 4 BV vereinbar erklärt, weil letztere auf einer höheren Schulstufe unterrichten, eine längere Ausbildung absolvieren müssen, einen komplexeren Stoff und grössere disziplinarische Schwierigkeiten zu meistern haben ( BGE 121 I 49 E. 4c S. 53). Ebenso vermochte der Status-Unterschied zwischen Hauptlehrern und Lehrbeauftragten eine Besoldungsdifferenz von rund 6,6% bzw. rund 12% zu rechtfertigen ( BGE 121 I 102 E. 4d S. 106 f.; nicht veröffentlichtes Urteil i.S. B. vom 10. Dezember 1993, E. 5a/bb). Lediglich bei besonders lange dauernden Lehrauftragsverhältnissen hat das Bundesgericht in Aussicht gestellt, dass sich diese Ungleichbehandlung als verfassungswidrig erweisen könnte, sofern sich der Lehrbeauftragte hinsichtlich Ausbildung, Berufserfahrung, Verantwortung und Aufgabenbereich nicht von den Hauptlehrern unterscheidet (zit. Urteil i.S. B., E. 5a/dd). In einem nicht veröffentlichten Urteil vom 27. September 1996 hat das Bundesgericht eine Besoldungsdifferenz von 20-26% als noch vertretbar bezeichnet, die mit der unterschiedlichen Ausbildung (dreijährige Lehrerausbildung gegenüber Matura und anschliessendes Lizentiat) begründet wurde, wobei in bezug auf die Differenz ausschlaggebend war, dass sich die Funktionsbereiche von zwei Lehrerkategorien, die an sich für verschiedene Schultypen ausgebildet waren, nur punktuell für eine bestimmte Klasse überschnitten (nicht veröffentlichtes Urteil i.S. W. vom 27. September 1996, E. 2). Ferner wurde eine Besoldungsdifferenz von monatlich Fr. 250.-- bis Fr. 350.-- zwischen Primarlehrern und Arbeitslehrerinnen mit Unterschieden in der Länge und Breite der Ausbildung und der Höhe der gestellten Anforderungen gerechtfertigt ( BGE 117 Ia 270 E. 3/4, S. 274 ff.). e) Vorliegend beträgt der Besoldungsunterschied zwischen der Beschwerdeführerin und einer Logopädin mit Lehrerpatent 10% der Grundbesoldung. Wird die ganze Besoldung berücksichtigt, so beträgt die Differenz ca. 8-9%, da die Zulage für Sonderunterricht unterschiedslos ausgerichtet wird. Es ist nicht bestritten, dass die Beschwerdeführerin die gleiche Logopädieausbildung genossen hat und die gleiche Aufgabe versieht wie eine Logopädin mit Primarlehrerpatent. Als Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung wird seitens des Kantons einzig die unterschiedliche Vorbildung (Lehrerpatent bzw. Matura) geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht führt dazu aus, eine logopädische Lehrkraft mit Vorbildung BGE 123 I 1 S. 10 Primarlehrerpatent verfüge über ein breiteres Wissen und Verständnis für die übrigen schulischen Belange und Lerninhalte. Ihre auf die ganze Schulbildung bezogenen methodischen, didaktischen und pädagogischen Kenntnisse liessen einen besseren Erfolg auch im Spezialgebiet und eine optimale Zusammenarbeit innerhalb des Lehrkörpers erwarten. Zudem dauere die Vorbildung Primarlehrerpatent länger als die Vorbildung Matura. Diese Überlegungen sind objektiv und sachlich haltbar. f) Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, Logopädie sei nicht der Erteilung von Schulunterricht gleichzustellen, sondern sei therapeutisch ausgerichtet, weshalb der sachliche Vorsprung von Primarlehrern gegenüber Maturanden für die Berufsausübung nicht von Bedeutung sei. Hinsichtlich der logopädisch relevanten Kenntnisse bestehe kein Unterschied zwischen Logopäden mit Matura und solchen mit einem Lehrerpatent. Das ergebe sich auch daraus, dass die bundessozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über Logopäden keine diesbezügliche Differenzierung treffen. g) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist für die Beurteilung der Besoldungsdifferenzierung durch den Kanton nicht erheblich, dass nach der Auffassung von logopädischen Ausbildungsstätten oder Berufsverbänden die Logopädie eine medizinische oder therapeutische Massnahme ist. Im Kanton Bern ist die Logopädie als Spezialunterricht zum ordentlichen Schulunterricht in das Schulsystem integriert und wird nicht als medizinische, sondern als schulische Tätigkeit betrachtet. Der Kanton ist zu dieser Regelung kraft seiner Hoheit im Schul- wie im Gesundheitswesen befugt. Demgemäss wäre es auch verfassungsrechtlich zulässig, für den logopädischen Unterricht nur Personen zuzulassen, die über eine Lehrerausbildung verfügen. Wenn der Kanton auch Logopäden anerkennt, die als Vorbildung eine Matura haben, so ist er deshalb nicht verpflichtet, sie besoldungsmässig gleich zu behandeln. Das Bundesgericht hat erkannt, dass Unterschiede in der Ausbildung besoldungsmässig berücksichtigt werden können, wenn eine bessere Ausbildung für die Ausübung einer Funktion von Nutzen ist ( BGE 117 Ia 270 E. 4a S. 276). Wird die Logopädie zulässigerweise als Teil der Schule betrachtet, so ist es haltbar, eine Lehrerausbildung als für die Ausübung des Logopädenberufs nützlich zu betrachten und dementsprechend besoldungsmässig zu berücksichtigen. Der Umstand, dass französischsprachige Logopäden offenbar gar nicht anders als über die Matura das Logopädiestudium absolvieren können, ändert daran nichts, da die Kantone nicht verfassungsrechtlich BGE 123 I 1 S. 11 verpflichtet sind, ihre Besoldungsregelungen an die Gestaltung ausserkantonaler Ausbildungslehrgänge anzupassen. h) Die Zulässigkeit von Besoldungsunterschieden ist auch eine Frage des Masses ( BGE 121 I 102 E. 4d/aa S. 107). Angesichts der quantitativen und qualitativen Unterschiede in der Vorbildung ist die Besoldungsdifferenz von fast 10% im Lichte der bisherigen Praxis des Bundesgerichts (vorne E. 6d) und aufgrund des den Kantonen zustehenden grossen Gestaltungsspielraumes noch als verfassungsrechtlich haltbar zu betrachten. i) Unerheblich ist schliesslich, dass die bundessozialversicherungsrechtlichen Regelungen keine Differenzierung zwischen Logopäden mit Matura und solchen mit Lehrerpatent kennen. Wenn der Bund im Rahmen seiner Zuständigkeiten eine bestimmte Regelung trifft, so heisst das nicht, dass der Kanton im Rahmen seiner Befugnisse daran gebunden wäre. k) Der Besoldungsunterschied zwischen der Beschwerdeführerin und einer Logopädin mit Lehrerpatent verstösst nach dem Gesagten nicht gegen das Rechtsgleichheitsgebot. 9. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 27 Abs. 2 BV . Auf diese Bestimmung können sich jedoch nur die Schüler bzw. ihre Eltern berufen, nicht hingegen die Lehrer (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts i.S. B. vom 13. Januar 1982, E. 1). Zudem ist ein Primarschulunterricht nicht schon allein deshalb ungenügend im Sinne dieser Bestimmung, weil er von Lehrkräften erteilt wird, deren Gehalt niedriger ist als dasjenige anderer Lehrkräfte. Die Rüge ist offensichtlich unbegründet. 10. Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips. Das Verhältnismässigkeitsprinzip ist zwar ein verfassungsmässiges Prinzip, aber kein verfassungsmässiges Recht, dessen Verletzung der einzelne selbständig, ohne Zusammenhang mit der Anrufung eines besonderen Grundrechts, geltend machen kann (ZBl 95/1994 S. 264, E. 2b; ZBl 89/1988 S. 461, E. 2; KÄLIN, a.a.O., S. 69). Die Rüge der Verletzung der Verhältnismässigkeit hat deshalb nebst den bereits behandelten Rügen der Willkür und der Rechtsungleichheit keine selbständige Bedeutung ( BGE 102 Ia 69 E. 2 S. 71).
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Urteilskopf 98 Ib 375 55. Auszug aus dem Urteil vom 13. Oktober 1972 i.S. Econ Bank AG gegen Eidg. Bankenkommission.
Regeste Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG ; Anforderungen an die Firmenbezeichnung einer ausländisch beherrschten Bank. Die Lautverbindung "Econ" stellt eine reine Phantasiebezeichnung dar und bildet deshalb eine zulässige Firma für eine ausländisch beherrschte Bank.
Sachverhalt ab Seite 375 BGE 98 Ib 375 S. 375 A.- Am 5. Juni 1970 wurde in Zürich die "Econ Finanz AG" mit einem Aktienkapital von Fr. 2 000 000.-- BGE 98 Ib 375 S. 376 gegründet (SHAB Nr. 140 vom 19. Juni 1970, S. 1411). Dabei wurde das Aktienkapital in 20 000 Inhaberaktien zu Fr. 100.-- eingeteilt, welche sich zu 55% in schweizerischen und zu 45% in deutschen Händen befanden. Im Zusammenhang mit einer Statutenänderung vom 20. November 1970 wählte die Gesellschaft die Firma "Econ Bank AG". Hierauf teilte ihr die Eidg. Bankenkommission (EBK) am 7. Dezember 1970 mit, dass die Gesellschaft die gesetzlichen Anforderungen erfülle, "um als Bank im Handelsregister eingetragen zu werden". In der Folge wurde die erwähnte Statutenänderung veröffentlicht (SHAB Nr. 33 von 10. Februar 1971, S. 327). Gestützt auf eine weitere Statutenänderung vom 24. Februar 1971 (SHAB Nr. 73 vom 17. März 1971, S. 731) wurde das Aktienkapital neu aufgeteilt in 700 Inhaberaktien zu Fr. 1000.-- und 13 000 Namenaktien zu Fr. 100.--. Am 8. Juni 1971 wurden die Statuten ein drittes Mal abgeändert (SHAB Nr. 141 vom 21. Juni 1971, S. 1524), wobei - das Aktienkapital auf Fr. 3 000 000.-- erhöht, - zusätzliche 1000 Inhaberaktien zu Fr. 1000.-- ausgegeben und - den 13 000 Namenaktien zu Fr. 100.-- die gleiche Stimmkraft gegeben wurde wie den Inhaberaktien zu Fr. 1000.--. Damit sank die Stimmkraft der 1700 Inhaberaktien zu Fr. 1000.-- (im Besitz deutscher Staatsangehöriger) auf 11,6%, während jene der 13 000 Namenaktien zu Fr. 100.-- (in schweizerischen Händen) auf 88,4% stieg. Am 24. Juni 1971 machte die EBK die Econ Bank AG gestützt auf den Bundesbeschluss vom 21. März 1969 über die Bewilligungspflicht für ausländisch beherrschte Banken (BB 1969, AS 1969, S. 442) darauf aufmerksam, dass eine Bewilligung im Sinne von Art. 3 dieses Erlasses einzuholen sei, weil die Bank kapitalmässig von Ausländern beherrscht werde (Art. 1 Abs. 2 BB 1969). B.- Am 1. Juli 1971 trat das Bundesgesetz betreffend die Abänderung des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 11. März 1971 in Kraft. Mit diesem Erlass wurde der erwähnte BB 1969 aufgehoben (III, Ziff. 4, AS 1971, S. 823), wobei dessen Inhalt jedoch im wesentlichen in Art. 3bis des revidierten Bankengesetzes (BankG) verankert wurde. Diese Bestimmung lautet wie folgt: BGE 98 Ib 375 S. 377 "1 Die Bewilligung zur Errichtung einer Bank, die nach schweizerischem Recht organisiert werden soll, auf die jedoch ein beherrschender ausländischer Einfluss besteht, wie auch die Bewilligung zur Errichtung eines Sitzes, einer Zweigniederlassung oder einer Agentur einer ausländischen oder ausländisch beherrschten Bank und die Bewilligung zur Bestellung eines ständigen Vertreters einer ausländischen Bank ist zusätzlich von folgenden Bedingungen abhängig zu machen: a) von der Gewährleistung des Gegenrechts durch die Staaten, in denen die ausländischen Gründer oder die sie beherrschenden natürlichen oder juristischen Personen ihren Wohnsitz oder Sitz haben; b) von der Verwendung einer Firma, die nicht auf einen schweizerischen Charakter der Bank hinweist oder darauf schliessen lässt; c) von der Bestätigung der Nationalbank, dass ihr die Bank die zum Schutze der schweizerischen Kredit- und Währungspolitik erforderlichen Zusicherungen abgegeben hat. 2 Die Bank hat der Nationalbank über ihren Geschäftskreis und ihre Beziehungen zum Ausland Auskunft zu erteilen. 3 Eine nach schweizerischem Recht organisierte Bank fällt unter Absatz 1, wenn Ausländer direkt oder indirekt mit mehr als der Hälfte des Gesellschaftskapitals oder der Stimmen an ihr beteiligt sind oder auf sie in anderer Weise einen beherrschenden Einfluss ausüben. ..." C.- Mit Schreiben vom 21. Dezember 1971 führte die EBK aus, die Firmenbezeichnung "Econ Bank" entspreche den Anforderungen von Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG nicht, weil sie als "neutrale" Bezeichnung "auf einen schweizerischen Charakter schliessen lasse". Da sich die Econ Bank AG in der Folge unter Berufung auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte der fraglichen Gesetzesbestimmung weigerte, ihre Firma abzuändern, traf die EBK am 13. März 1972 folgende Verfügung: "1. Die ECON BANK AG, Zürich, ist als ausländisch beherrschte Bank im Sinne von Art. 3bis Abs. 3 Bankengesetz zu betrachten. 2. Die in Art. 3ter Bankengesetz erwähnte zusätzliche Bewilligung wird nicht erteilt, es sei denn, die ECON BANK AG melde bis zum 30. Juni 1972 dem zuständigen Handelsregisteramt zwecks Eintragung eine neue, der Eidg. Bankenkommission im voraus genehme Firmabezeichnung, die Art. 3bis, Abs. 1, lit. b entspricht. 3. Wenn die ECON BANK AG Zürich, bis 30. Juni 1972 ihre Firmabezeichnung nicht ändert, wird die Bewilligung für die Geschäftstätigkeit unverzüglich entzogen werden." BGE 98 Ib 375 S. 378 D.- Die Econ Bank AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den folgenden Anträgen: "1. Es sei die Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 13. März 1972 in Sachen Econ Bank AG aufzuheben. 2. Es sei der Beschwerdeführerin die zusätzliche Bewilligung zum Geschäftsbetrieb gemäss Art. 3bis und Art. 3ter Abs. 1 des BG über die Banken und Sparkassen zu erteilen. 3. Es sei der Beschwerdeführerin die Führung der Firmenbezeichnung "Econ Bank AG" weiterhin zu gestatten." Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen. E.- Die EBK beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.) 2. Nach Art. 3bis BankG bedarf eine nach schweizerischem Recht organisierte, ausländisch beherrschte Bank einer Spezialbewilligung der EBK, die nur erteilt wird, wenn die in Abs. 1 lit. a bis c umschriebenen Bedingungen erfüllt sind. Ein "beherrschender ausländischer Einfluss" besteht, - wenn Ausländer mit mehr als der Hälfte des Gesellschaftskapitals beteiligt sind, - oder wenn Ausländer über mehr als die Hälfte der Stimmen verfügen, - oder wenn Ausländer "in anderer Weise einen beherrschenden Einfluss ausüben" ( Art. 3bis Abs. 3 BankG ). Insoweit stimmt die Regelung des BankG mit Art. 1 des am 1. Juli 1971 aufgehobenen BB 1969 inhaltlich überein, wo von einem "massgebenden" ausländischen Einfluss die Rede war. Wie die Beschwerdeführerin anerkennt, befindet sich ein Anteil von 56 2/3% ihres Aktienkapitals in deutschem Besitz. Sie hat deshalb im Sinne von Art. 3bis Abs. 3 BankG als "ausländisch beherrscht" zu gelten und bedarf der erwähnten Bewilligung, die ihr u.a. nur dann erteilt werden kann, wenn sie eine Firma führt, "die nicht auf einen schweizerischen Charakter der Bank hinweist oder darauf schliessen lässt" (Art. 1 Abs. 1 lit. b BB 1969; Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG ). Dass die Firma "Econ Bank" nicht auf einen schweizerischen Charakter "hinweist", ist unbestritten. Streitig ist indessen, BGE 98 Ib 375 S. 379 ob sie auf einen solchen "schliessen lässt", wie die EBK annimmt. 3. Die Vorschrift von Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG soll bewirken, dass sich der Bankkunde nach Möglichkeit bereits aufgrund der Firmenbezeichnung Klarheit darüber zu verschaffen vermag, ob er seine Mittel einem schweizerischen oder einem ausländischen Institut anvertraut (vgl. die bundesrätliche Botschaft zur Revision des BankG vom 13. Mai 1970, BBl 1970 I S. 1153). Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber die Anforderungen an die Firmenbezeichnung ausländisch beherrschter Banken negativ umschrieben: die Firma darf weder auf einen schweizerischen Charakter "hinweisen" noch auf einen solchen "schliessen lassen". Nach dem Wortlaut soll damit offenbar sowohl eine direkte als auch eine indirekte Täuschung der Öffentlichkeit verhindert werden. Unzulässig ist demnach die Bildung einer Firma mit nationalen oder territorialen Bezeichnungen (vgl. Art. 944 Abs. 2 OR ; Art. 45 HRV) oder mit Hinweisen auf typisch schweizerische Industrien und Erzeugnisse. Vorbehalten bleiben freilich Firmen bereits bestehender, ausländisch beherrschter Banken (wie z.B. Banca del Gottardo, Banca Val Lugano), weil diesen unter Umständen ein wohlerworbenes Recht auf Beibehaltung ihrer bisherigen Firma zustehen kann (vgl. BBl 1970 I, S. 1185). Aus dem Wortlaut von Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG folgt anderseits ohne weiteres, dass eine Firmenbezeichnung den gesetzlichen Anforderungen genügt, wenn sie nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht geeignet ist, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass es sich bei der fraglichen Bank um eine schweizerische Unternehmung handle. So verhält es sich namentlich bei reinen Phantasiebezeichnungen, die keinerlei Rückschlüsse auf schweizerische Eigenart zulassen und lediglich dazu dienen, den Firmenträger von andern, allenfalls gleichartigen Unternehmungen zu unterscheiden. Keinesfalls kann aus dem Wortlaut von Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG abgeleitet werden, jede Firmenbezeichnung, die nicht auf eine ausländische Beherrschung hindeute, lasse ohne weiteres auf eine Schweizerbank schliessen. Nachforschungen beim Eidg. Amt für das Handelsregister haben ergeben, dass die Lautverbindung "Econ" auch in anderen eingetragenen Firmenbezeichnungen vorkommt, freilich nur in zusammengesetzten Wörtern, wie beispielsweise BGE 98 Ib 375 S. 380 "Economia", "Economics", "Econometrics" u.a.m. In der Erweiterung zu "economic" oder "économique" kommt ihr indessen ein Sinngehalt zu, der dem Bestandteil "econ" für sich allein nicht zugeschrieben werden kann. "Econ" bedeutet für sich allein nichts, sondern stellt eine reine Phantasiebezeichnung dar. Als Firma für eine Bank ist sie deshalb neutral; sie lässt nach dem Gesagten keinerlei Rückschlüsse auf einen schweizerischen Charakter zu und entspricht mithin den Anforderungen von Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG bzw. Art. 1 Abs. 1 lit. b BB 1969. Die Firmenbezeichnung der Beschwerdeführerin steht demnach einer Bewilligung im Sinne von Art. 3ter BankG nicht entgegen. 4. Die EBK hat unter Hinweis auf die Materialien zu Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG und Art. 1 Abs. 1 lit. b BB 1969 anders entschieden. Wie die Beschwerdeführerin mit Recht geltend macht, kann die angefochtene Auslegung indessen nicht auf die Entstehungsgeschichte der erwähnten, wörtlich übereinstimmenden Vorschriften gestützt werden. a) Nach ständiger Rechtsprechung ( BGE 97 I 148 , 823 Erw. 3; BGE 96 I 181 ; BGE 95 I 510 /11 mit Verweisungen) darf auf den Willen des historischen Gesetzgebers nur dann abgestellt werden, wenn er im Wortlaut des Gesetzes selbst Ausdruck gefunden hat, dem Sinn der Bestimmung entspricht und der Systematik des Erlasses Rechnung trägt. Ist das Gestetz unklar und können mehrere Auslegungen auf den Wortlaut gestützt werden, so bildet die Entstehungsgeschichte freilich ein Auslegungselement, und sie darf bei der Ermittlung des Sinngehalts einer auslegungsbedürftigen Vorschrift mitberücksichtigt werden, sofern sie über die Absichten des Gesetzgebers zuverlässig Aufschluss zu geben vermag (vgl. BGE 97 I 823 /4, BGE 92 I 309 mit Verweisungen). b) In seiner Botschaft zum BB 1969 (BBl 1968, II, S. 769) beantragte der Bundesrat folgende Formulierung: "Diese Bewilligung ist von besonderen Bedingungen abhängig zu machen, so namentlich... von der Verwendung einer Firma, die auf den ausländischen Charakter der Bank hinweist" (Art. 1 Abs. 1 lit. b). Zur Erläuterung führte er aus (BBl 1968, II, S. 763): "In der Firma der Bank, auf die ein massgebender ausländischer Einfluss besteht, soll der ausländische Charakter der Bank zum Ausdruck kommen. Das wird in vielen Fällen durch die Übernahme der ausländischen Firma des Mutterhauses (z.B. Banque de Paris et BGE 98 Ib 375 S. 381 des Pays-Bas SA) oder eine unzweifelhaft ausländische Bezeichnung (z.B. Wozchod Bank) geschehen. Wenn aber der Hauptteil der gewählten Firma nicht klar auf den ausländischen Charakter der Bank hinweist, indem er z.B. schweizerische Familiennamen verwendet oder lediglich auf den internationalen Geschäftskreis der Bank hinweist, dann wird es nötig sein, in einem Zusatz die ausländische Beherrschung zum Ausdruck zu bringen (z.B. "Ausländische Bank", "Bank mit massgebendem ausländischen Einfluss")." Die beantragte Fassung stiess im Ständerat auf Widerstand, da Vergeltungsmassnahmen des Auslandes befürchtet wurden (Votum Bolla, StenB Ständerat, 1968, S. 334). In der Folge überwand der Ständerat indessen diese Bedenken und stimmte dem Bundesrat zu (StenB a.a.O., S. 338). Die nationalrätliche Kommission änderte jedoch die bundesrätliche Fassung ab und umschrieb die Bedingung negativ: "..., die nicht auf einen schweizerischen Charakter der Bank hinweist." Der deutschsprachige Berichterstatter (Nationalrat Welter) bezeichnete diese Formulierung als "mildere Fassung", der französichsprachige (Nationalrat Copt) als "assouplissement" und "adoucissement" (StenB Nationalrat 1969, S. 17). Als Beispiel nannte Nationalrat Copt in diesem Zusammenhang die Firma "Dupont & Cie", die nach Auffassung der Kommission zulässig sei, während sie es nach dem Vorschlag des Bundesrats nicht gewesen wäre (StenB a.a.O., S. 18). In der Folge stimmte der Rat dem Kommissionsentwurf zu. Im Differenzbereinigungsverfahren empfahl die ständerätliche Kommission Zustimmung zur Fassung des Nationalrats (StenB Ständerat 1969, S. 49). Ständerat Borel widersetzte sich diesem Antrag und regte an, auch solche Firmenbezeichnungen für unzulässig zu erklären, die auf einen schweizerischen Charakter der Bank "schliessen lassen" (StenB a.a.O., S. 50). Diesem Vorschlag stimmte der Ständerat sogleich ohne weitere Diskussion mit 24 gegen 11 Stimmen zu, obwohl Bundesrat Celio die Auffassung vertrat, die vom Nationalrat beschlossene negative Formulierung bedeute mit oder ohne den von Ständerat Borel vorgeschlagenem Zusatz das gleiche (StenB a.a.O., S. 50). In der Folge schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates (Fassung nach Antrag Borel) an (StenB Nationalrat 1969, S. 159). Bei der Revision des BankG wurde die Frage der Firmenbezeichnung ausländisch beherrschter Banken nochmals erörtert. Der Bundesrat verwies in seiner Botschaft vom 13. Mai 1970 BGE 98 Ib 375 S. 382 auf seine im Jahre 1968 gestellten Anträge und hob hervor, dass die nunmehr vorgeschlagene Formulierung mit jener von Art. 1 Abs. 1 lit. b BB 1969 übereinstimme, weil die Bundesversammlung bei der Beratung dieses Erlasses vor Jahresfrist bekanntlich eine "mildere Formulierung bevorzugt" habe (BBl 1970 I, S. 1153/4). Die ständerätliche Kommission trat jedoch für eine strengere Ordnung ein. Ihr Berichterstatter (Ständerat Clerc) beanstandete, dass eine ausländisch beherrschte Bank nach dem bundesrätlichen Entwurf ohne weiteres die Firmenbezeichnung "Banque de dépôt et de crédit" wählen könnte und führt aus: "La commission... préfère que la raison sociale fasse clairement apparaître le caractère étranger de la banque" (StenB Ständerat 1970, S. 297 und 307). Der Ständerat und die Mehrheit der nationalrätlichen Kommission stimmten in der Folge einem entsprechenden Abänderungsantrag zu (StenB Ständerat 1970, S. 308 oben; StenB Nationalrat 1970, S. 764/5). Der Nationalrat beschloss jedoch mit 56 gegen 46 Stimmen Festhalten am Antrag des Bundesrats (StenB Nationalrat 1970, S. 766). Hierauf erklärte sich der Ständerat im Differenzbereinigungsverfahren ebenfalls damit einverstanden (StenB 1970 Ständerat, S. 465), so dass Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG die gleiche "milde" Fassung erhielt wie Art. 1 Abs. 1 lit. b BB 1969. c) Wie aufgrund der Beratungen in den eidgenössischen Räten festgestellt werden kann, bestand beim Gesetzgeber keine Klarheit über Bedeutung und Tragweite der gleichlautenden Bestimmungen in Art. 3bis Abs. 1 lit. b BankG und Art. 1 Abs. 1 lit. b BB 1969. Fest steht lediglich, dass im BB 1969 eine "mildere Fassung" gewählt wurde, als der Bundesrat ursprünglich beantragt hatte und dass es auch bei der Revision des BankG dabei blieb, obwohl einzelne Ratsmitglieder eine Verschärfung der Regelung gefordert hatten. Unter diesen Umständen besteht zum vornherein kein Anlass, den Vorschriften über die Firmenbezeichnung ausländisch beherrschter Banken eine andere Auslegung zu geben, als ihnen nach dem Wortlaut zukommt (vgl. oben Erw. 3). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Eidg. Bankenkommission zurückgewiesen.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e317f586-4a1b-4738-b774-61221c4e1fbe
Urteilskopf 141 III 257 36. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. und B. gegen C. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_2/2015 vom 25. Juni 2015
Regeste Umfang der Rechtskraft des Entscheides über die Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung im Rahmen eines Werkvertrages. Umfang der Rechtskraftwirkung des Vorschussprozesses. Das Kostenvorschussurteil schliesst im Abrechnungsprozess weder die Rückforderung eines zu hohen Kostenvorschusses noch die Nachforderung der noch nicht gedeckten Kosten aus (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 141 III 257 S. 258 A. und B. (Kläger, Beschwerdeführer) schlossen mit der C2. AG, der Rechtsvorgängerin der C. AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin), einen Werkvertrag zur Erstellung eines Mehrfamilien-Wohnhauses. Nach dem Bezug des Wohnhauses rügten die Kläger diverse Mängel. Mit Urteil vom 15. März 2011 (nachfolgend: Kostenvorschussurteil) verpflichtete des Handelsgerichts des Kantons Zürich die Beklagte, den Klägern einen Vorschuss von Fr. 242'740.- an die mutmasslichen Kosten der Sanierung der Mängel zu leisten. Nach erfolgter Sanierung verlangten die Kläger vor Handelsgericht zusätzlich Fr. 40'344.35 nebst Zins, da die tatsächlichen Kosten der durchgeführten Ersatzvornahme zur Beseitigung der Mängel den Kostenvorschuss um diesen Betrag überschritten hätten. Das Handelsgericht wies die Klage am 12. November 2014 ab. Das Bundesgericht weist die von den Beschwerdeführern gegen das Urteil des Handelsgerichts vom 12. November 2014 erhobene Beschwerde mit Blick auf die Substanziierungsanforderungen bezüglich des geltend gemachten Mehraufwandes ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die Vorinstanz erwog, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 128 III 416 E. 4.2.2 S. 418) habe der Besteller nach durchgeführter Ersatznachbesserung über die Kosten abzurechnen und dem Unternehmer einen allfälligen Überschuss zurückzuerstatten. Eine allfällige Nachforderung sei ausgeschlossen, wenn über den Umfang der Nachbesserungsarbeiten "im Detail bereits entschieden" worden sei und insofern eine "res iudicata" vorliege. Entsprechend prüfte sie, ob im Kostenvorschussurteil im Sinn dieser Rechtsprechung über den Umfang der Nachbesserungsarbeiten im Detail bereits entschieden wurde. Sie bejahte dies, denn aus den Erwägungen ergebe sich, dass sie sich mit den einzelnen Positionen im Detail (Hervorhebung durch die Vorinstanz) befasste, gar ein Beweisverfahren durchgeführt und mehrere Gutachten - darunter ein ökonomisches - eingeholt wurden, die Klage im Mehrbetrag abgewiesen wurde, die Parteien sich dazu äussern konnten, beim Vorschuss eine Reserve (20 %) eingerechnet wurde und eine Rückzahlungspflicht für den nicht beanspruchten Teil der Bevorschussung, jedoch umgekehrt keine Nachzahlungspflicht bei allfälliger Überschreitung des bevorschussten Betrages festgehalten wurde. BGE 141 III 257 S. 259 3.2 Eine abgeurteilte Sache liegt vor, wenn der streitige Anspruch mit einem schon rechtskräftig beurteilten inhaltlich identisch ist. Die Identität von prozessualen Ansprüchen wird nach den Klageanträgen und dem behaupteten Lebenssachverhalt, d.h. dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen, beurteilt ( BGE 139 III 126 E. 3.2.3 S. 131 mit Hinweisen). Die Rechtskraftwirkung tritt nur soweit ein, als über den geltend gemachten Anspruch entschieden worden ist. Inwieweit dies der Fall ist, ergibt die Auslegung des Urteils, zu welcher dessen ganzer Inhalt heranzuziehen ist. Zwar erwächst der Entscheid nur in jener Form in Rechtskraft, wie er im Urteilsdispositiv zum Ausdruck kommt ( BGE 123 III 16 E. 2a S. 18; Urteil des Bundesgerichts 4C.233/2000 vom 15. November 2000 E. 3a; MAX KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, 1954, S. 113), doch ergibt sich dessen Tragweite vielfach erst aus einem Beizug der Urteilserwägungen. Insoweit können dieselben präjudizielle Bedeutung erlangen. Lediglich im Übrigen haben die tatsächlichen Feststellungen und die rechtlichen Erwägungen eines Entscheids in einer anderen Streitsache keine bindende Wirkung (so BGE 123 III 16 E. 2a S. 18 f.). 3.3 Der Anspruch auf Ersatzvornahme ( Art. 366 Abs. 2 OR ; vgl. auch Art. 98 Abs. 3 OR ) ist eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs auf Leistung, beziehungsweise Nachbesserung durch den Unternehmer selber. Der daraus fliessende Anspruch des Bestellers auf Kostenersatz ist daher ein Aufwendungs- und kein Schadenersatz ( BGE 126 III 230 E. 7a/aa S. 233; Urteil des Bundesgerichts 4A_556/2011 vom 20. Januar 2012 E. 2.4; PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 5. Aufl. 2011, S. 649 f. Rz. 1714 und S. 685 Rz. 1825; a.A. [Schadenersatz] THEODOR BÜHLER, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 150 zu Art. 368 OR ; FRANÇOIS CHAIX, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 53 zu Art. 368 OR ). Der Kostenvorschuss ist daher ein vorweggenommener Aufwendungsersatz für die Kosten der Ersatzvornahme und somit eine weitere Änderung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs (ALFRED KOLLER, Mängelbeseitigung durch Ersatzvornahme, in: Haftung für Werkmängel, 1998, S. 1 ff., 19; MARTHA NIQUILLE-EBERLE, Probleme rund um die Ersatzvornahme, insbesondere die Bevorschussung der Kosten, in: Neue und alte Fragen zum privaten Baurecht, 2004, S. 63 ff., 77 Rz. 22; GAUCH, a.a.O., S. 682 Rz. 1818). Schreitet der Besteller zur Ersatzvornahme ohne Vorschuss, wozu er auch ohne richterliche Ermächtigung befugt ist BGE 141 III 257 S. 260 ( BGE 107 II 50 E. 3 S. 55 f.; BGE 136 III 273 E. 2.4 S. 276 mit Hinweis; a.A. GAUCH, a.a.O., S. 683 Rz. 1819 ff.) muss er nach getätigter Mängelbeseitigung im Rückerstattungsprozess gegen den Unternehmer sowohl den grundsätzlichen Anspruch auf Ersatzvornahme wie die Berechtigung des konkret getätigten Aufwands nachweisen. Klagt er aber zuerst auf Leistung eines Vorschusses und kommt es nach der Mängelbeseitigung zum Streit über die Kostenabrechnung, umfassen Vorschussprozess und Abrechnungsprozess in zwei Schritten denselben Inhalt, der im Rückerstattungsprozess in einem Schritt erfolgt. Daraus folgt, dass die Hauptfrage des Vorschussprozesses, das Bestehen des Anspruchs auf Ersatzvornahme und damit des Vorschussanspruchs, im Abrechnungsprozess nicht mehr in Frage gestellt werden kann (NIQUILLE-EBERLE, a.a.O., S. 95 f. Rz. 57). Die Höhe der Kosten ist dagegen nur insoweit Gegenstand des Vorschussprozesses, als darin in Bezug auf den Lebenssachverhalt, auf den sich das Vorschussbegehren stützt, definitiv über die Höhe des Vorschusses entschieden wird. Bezüglich der Höhe der tatsächlichen Kosten, die in diesem Zeitpunkt noch gar nicht aufgelaufen sind und für die am Ende Ersatz geschuldet ist, entfaltet das Urteil keine Rechtskraft (vgl. das analoge Problem bei der Ersatzvornahme nach Art. 343 Abs. 1 lit. e ZPO ). Daran ändert sich nichts, wenn die Abschätzung der mutmasslichen Kosten nicht auf blossen Offerten etc., sondern wie vorliegend auf Gutachten beruhte. Vorschüsse sind Akonto-Zahlungen, die definitionsgemäss unter dem Vorbehalt definitiver Kostenliquidierung geleistet werden. Das Kostenvorschussurteil schliesst demzufolge im Abrechnungsprozess weder die Rückforderung eines zu hohen Kostenvorschusses durch den Unternehmer noch die Nachforderung der noch nicht gedeckten Kosten durch den Besteller aus (ebenso: NIQUILLE-EBERLE, a.a.O., S. 98 Rz. 62; ROGER BRÄNDLI, Die Nachbesserung im Werkvertrag, 2007, S. 302 Rz. 936; JÜRG NIKLAUS, Das Recht auf Ersatzvornahme gemäss Art. 366 Abs. 2 OR , 1999, S. 133 Rz. 3.47. Vgl. aber ALFRED KOLLER, Berner Kommentar, 1998, N. 581 zu Art. 366 OR und GAUCH, a.a.O., S. 682 Rz. 1818, die beide nur die Rückerstattung des Überschusses erwähnen). Entgegen der Vorinstanz ist daher kein massgebliches Kriterium, dass im Kostenvorschussurteil lediglich eine Rückzahlungspflicht der Besteller für den nicht beanspruchten Teil der Bevorschussung festgehalten wurde, jedoch nicht umgekehrt eine Nachzahlungspflicht der Unternehmerin. Ebensowenig ist von Bedeutung, dass beim Vorschuss eine Reserve einberechnet wurde. Dass es zulässig ist, eine Reserve im Rahmen der Schätzung zu berücksichtigen, hängt vielmehr damit BGE 141 III 257 S. 261 zusammen, dass mit dem Kostenvorschussurteil rechtskräftig über den Anspruch auf Vorschuss entschieden und daher gestützt auf den bereits beurteilten Lebenssachverhalt eine erneute Einforderung eines weiteren Kostenvorschusses ausgeschlossen ist (NIQUILLE-EBERLE, a.a.O., S. 98 f. Rz. 63 f.; BRÄNDLI, a.a.O., S. 300 f. Rz. 933; a.A.: KOLLER, Berner Kommentar, a.a.O., N. 580 zu Art. 366 OR mit Hinweis auf deutsche Lehre und Rechtsprechung; NIKLAUS, a.a.O., S. 132 f. Rz. 3.44). Die Vorinstanz begründete die von ihr angenommene Bindungswirkung des Kostenvorschussurteils vor allem damit, dass sie sich mit den einzelnen Positionen "im Detail befasst" habe. Sie stützt sich dabei auf die Formulierung in BGE 128 III 416 E. 4.2.2, dass "eine Nachforderung ausgeschlossen" sei, "wenn wie im vorliegenden Fall über den Umfang der Nachbesserungsarbeiten im Detail bereits entschieden wurde und insofern eine 'res iudicata' vorliegt". Diese Formulierung ist in der Tat missverständlich. Im Sachverhalt von BGE 128 III 416 war die Unternehmerin gemäss Werkvertrag verpflichtet, das Dach einer Industriehalle auf eine bestimmte Art zu beschichten, nämlich mit dem Produkt "F.". Das Dach erwies sich in der Folge als nicht dicht; eine Nachbesserung mit dem vertraglichen Produkt "F." war aber nicht mehr möglich. Umstritten war vor allem, ob die Bestellerin berechtigt war, die Reparaturen durch einen Dritten mit dem Produkt "G." durchführen zu lassen und dafür einen Kostenvorschuss zu verlangen. Das Bundesgericht stellte fest, dass die Bestellerin einen Nachbesserungsanspruch auf eine Neubeschichtung mit dem (erheblich teureren) Produkt "G." habe. Der rechtskräftig beurteilte Anspruch auf Ersatzvornahme beinhaltete also bereits die (umstrittene) Art der Sanierung. Mit der zitierten Formulierung wurde klargestellt, dass die Methode der Sanierung bei der Abrechnung der Kosten nicht mehr in Frage gestellt werden kann (ebenso: NIQUILLE-EBERLE, a.a.O., S. 96 ff. Rz. 60 ff. mit Hinweis auf entsprechende deutsche Lehre; BRÄNDLI, a.a.O., S. 301 Rz. 934). Beruht die Schätzung des Kostenvorschusses sodann auf detaillierten Abklärungen, z.B. einem entsprechenden Gutachten, begründet dies wie erwähnt zwar keine Bindungswirkung, jedoch können sich daraus erhöhte Substanziierungsanforderungen ergeben hinsichtlich der Begründung der Abweichung vom vorgeschossenen Betrag. Die Vorinstanz ging somit zu Unrecht davon aus, eine Nachforderung sei zufolge Rechtskraft des Vorschussurteils grundsätzlich ausgeschlossen.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e31c4dc4-714a-4bb0-9665-c4b4bf19c528
Urteilskopf 109 V 176 34. Estratto della sentenza del 15 settembre 1983 nella causa Di Matteo contro Cassa svizzera di compensazione e Commissione federale di ricorso in materia d'AVS/AI per le persone residenti all'estero
Regeste Art. 8 lit. b des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit, Ziff. 2 des Schlussprotokolls zur Zusatzvereinbarung zum Abkommen (in Kraft getreten am 1. Juli 1973). Italienische Staatsangehörige gelten als Angehörige der italienischen Versicherung im Sinne von Art. 8 lit. b des Abkommens, wenn sie vor dem Eintritt des Versicherungsfalls nach schweizerischem Recht freiwillige Beiträge entrichtet haben (Ziff. 2 lit. a des Protokolls) oder wenn Ersatzzeiten - immer im Zeitpunkt des Versicherungsfalls - gutgeschrieben sind (Ziff. 2 lit. b des Protokolls), welche aber vor Erlass der Verwaltungsverfügung bestätigt werden müssen (Präzisierung der Rechtsprechung; Erw. 2a). Art. 9 der Zweiten Zusatzvereinbarung zum Abkommen (in Kraft getreten am 1. Februar 1982). Die in dieser Bestimmung vorgesehene Gleichstellung des italienischen Grenzgängers mit dem im Sinne der schweizerischen Gesetzgebung Versicherten ist nur in jenen Fällen möglich, in denen sich das versicherte Invaliditätsrisiko gemäss schweizerischem Recht nach dem 31. Januar 1982 verwirklicht. Keine unechte Rückwirkung dieser Bestimmung. (Erw. 2b.)
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 109 V 176 S. 177 A.- La cittadina italiana Angela Di Matteo ha lavorato in Svizzera come frontaliere nel 1965 e dal 1968 al 1977, versando i contributi impostile dall'assicurazione sociale svizzera, da ultimo durante 6 mesi e mezzo nel 1977, 11 mesi nel 1976 e 9 mesi nel 1975. Ha cessato di lavorare nell'industria alberghiera come ausiliaria per ragioni di salute il 15 luglio 1977 ed ha presentato nel dicembre di quello stesso anno una domanda intesa ad ottenere una rendita dell'assicurazione svizzera per l'invalidità. Con decisione del 9 gennaio 1980 la Cassa svizzera di compensazione ha respinto la richiesta, considerando che, all'epoca in cui l'istante aveva realizzato il rischio d'invalidità assicurabile giusta il diritto svizzero (10 luglio 1978), non era più assicurata in Svizzera, né riempiva il requisito assicurativo richiesto dalla Convenzione italo-svizzera relativa alla sicurezza sociale (detta appresso Convenzione). B.- Angela Di Matteo ha fatto deferire la decisione di rifiuto alla competente Commissione di ricorso. In sostanza essa ha documentato di aver prestato lavoro in Svizzera sino al 15 luglio 1977, di avere ottenuto l'autorizzazione alla prosecuzione volontaria dei contributi nella patria assicurazione sociale e di avere operato tre versamenti dal 14 maggio al 1o dicembre 1979. Con giudizio del 3 novembre 1982 la Commissione di ricorso, statuente con giudice unico, ha disatteso il gravame. Connotate le affezioni dell'insorgente quale malattia di lunga durata il primo giudice ha, nell'ipotesi più favorevole a Angela Di Matteo, fissato al 10 luglio 1978 l'insorgere dell'evento assicurabile giusta la legislazione svizzera. A quella data, sempre per il primo giudice, non era comunque dato il requisito assicurativo. Infatti il ritardato versamento di contributi volontari non surrogava il rapporto assicurativo, il quale doveva esistere al momento in cui si realizzava l'evento. A nulla poteva giovare all'insorgente il fatto di essere stata in data successiva a tale evento posta al beneficio di pensione italiana d'invalidità. Nemmeno erano dati i presupposti dell'art. 3 cpv. 3 dell'Accordo aggiuntivo alla BGE 109 V 176 S. 178 Convenzione perché nei tre anni precedenti l'evento Angela Di Matteo documentava solo 21 mesi di contribuzione in luogo dei 24 previsti. Inoltre, il Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione, in vigore dal 1o febbraio 1982, non prevedeva effetto retroattivo delle modificazioni concernenti la clausola assicurativa. C.- Rappresentata dall'Istituto nazionale di assistenza sociale, con il ricorso di diritto amministrativo Angela Di Matteo chiede l'assegnazione della rendita d'invalidità, l'annullamento del querelato giudizio e che i periodi di contribuzione volontaria all'assicurazione italiana vengano riconosciuti validi a tutti gli effetti. Si prevale dell'art. 5 dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione, dell'art. 39 dell'Accordo amministrativo concernente le modalità di applicazione della Convenzione, dell'Accordo amministrativo concluso il 25 febbraio 1974, nonché del Protocollo finale dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione (cifra 2 lett. b) per pretendere la qualità di assicurata. Contrasta alcuni accertamenti medici per affermare la ricorrenza di invalidità di grado pensionabile giusta il diritto svizzero. Ricorda di essere stata ammessa al versamento di contributi volontari per il periodo dal 13 maggio 1978 al 30 giugno 1979 e di avere presentato la relativa domanda almeno un anno prima. Asserisce che comunque i pagamenti ebbero luogo prima della resa della decisione impugnata e si prevale delle disposizioni sul periodo neutro previsto dal Protocollo finale dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione entrato in vigore il 1o luglio 1973. Concludendo ricorda che in un caso analogo pendente presso il Tribunale federale delle assicurazioni l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali aveva espresso parere favorevole ammettendo che i contributi volontari vanno presi in considerazione se sono stati versati prima della sopravvenuta invalidità o prima della decisione dell'organo amministrativo competente. La Cassa svizzera di compensazione propone la disattenzione del gravame. L'Ufficio federale delle assicurazioni sociali asserisce che verosimilmente il periodo di contribuzione volontaria include l'epoca in cui l'evento assicurato si è verificato e che tali contributi sono stati versati prima della resa della decisione in lite. Concludendo chiede che venga confermata la legalità della pratica amministrativa intesa ad ammettere una retroattività impropria delle disposizioni del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione. All'Ufficio federale la prassi appare BGE 109 V 176 S. 179 conforme allo spirito degli accordi italo-svizzeri in materia di sicurezza sociale se vien fatto riferimento all'art. 23 p. 1 della Convenzione medesima. Il Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione, inteso a completarla, giustificherebbe un'applicazione per analogia delle disposizioni transitorie dell'accordo principale. Erwägungen Estratto dai considerandi: 1. Nel querelato giudizio sono già state rettamente esposte le premesse del diritto alla rendita d'invalidità giusta la legislazione svizzera cui si rinvia. Da esso emerge che, nell'attuale procedura, la chiesta rendita potrebbe venir assegnata alla ricorrente soltanto se, successivamente al 15 dicembre 1976 ( art. 48 cpv. 2 LAI ) e fino alla data in cui è stata resa la controversa decisione del 9 gennaio 1980 ( DTF 107 V 5 , DTF 105 V 141 e 154), essa avesse realizzato il rischio d'invalidità assicurabile secondo la legislazione svizzera e nel contempo fosse stata iscritta all'assicurazione sociale italiana ai sensi dell'art. 8 lett. b Convenzione (disposizione applicabile anche al frontaliere per la cifra 1 del Protocollo finale all'Accordo aggiuntivo alla Convenzione, entrato in vigore il 1o luglio 1973, detto appresso Protocollo finale) o assimilata ad un assicurato secondo la legislazione svizzera in virtù di disposizioni convenzionali aggiuntive. Secondo queste disposizioni (art. 3 cpv. 3 dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione, vigente dal 1o luglio 1973) i cittadini italiani che esercitano o che hanno esercitato un'attività lucrativa in Svizzera quali frontalieri e hanno versato contributi all'assicurazione sociale di questo Stato per almeno due anni nei tre anni immediatamente precedenti il verificarsi dell'evento assicurato sono assimilati agli assicurati secondo la legislazione svizzera per quanto concerne le rendite ordinarie d'invalidità. Questa disposizione è stata modificata ( art. 9 del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione, entrato in vigore il 1o febbraio 1982) nel senso che l'assimilazione, per quanto concerne le rendite ordinarie d'invalidità, è data quando i frontalieri italiani hanno versato i contributi all'assicurazione sociale svizzera per almeno un anno nei tre anni immediatamente precedenti la realizzazione del rischio assicurato. Riguardo al Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali, in un supplemento alle direttive sullo statuto degli stranieri e degli apolidi, ha disposto quanto segue (traduzione del testo tedesco): BGE 109 V 176 S. 180 "Le disposizioni del Secondo Accordo aggiuntivo, entrato in vigore il 1o febbraio 1982, hanno degli effetti anche sui casi assicurativi dell'AVS/AI che si sono realizzati prima dell'entrata in vigore del suddetto Accordo (per ciò che concerne le rendite di orfani di madre si farà riferimento a ...). Le prestazioni la cui erogazione avviene esclusivamente in applicazione dell'Accordo aggiuntivo sono tuttavia assegnate dal 1o febbraio 1982 al più presto." Inoltre, nel Protocollo finale si è convenuto espressamente quanto segue: "2. I cittadini italiani sono considerati iscritti alle assicurazioni italiane ai sensi dell'art. 8 lett. b della Convenzione: a) se sono versati dei contributi nell'assicurazione obbligatoria, nella prosecuzione volontaria dell'assicurazione obbligatoria o nell'assicurazione facoltativa italiane; b) durante i ... periodi assimilati secondo le disposizioni della legislazione italiana ..." Il Protocollo esige dunque contributi che "sono versati" - quando si verifica l'evento assicurato come lo richiede la legislazione svizzera dalle persone secondo essa assicurate ( art. 6 cpv. 1 LAI ) - e non parla di contributi che saranno versati in un qualsiasi altro momento. Nello stesso ordine di idee il Protocollo medesimo dichiara operanti i periodi assimilati pure soltanto durante la loro decorrenza, astrazione fatta da taluni tempi neutri che la precedono. 2. Nell'evenienza concreta non è controverso che la ricorrente abbia realizzato il rischio d'invalidità assicurabile secondo la legislazione svizzera nel luglio del 1978. Litigiosa è la questione di sapere se a tale epoca essa fosse stata iscritta all'assicurazione sociale italiana ai sensi dell'art. 8 lett. b Convenzione o, in applicazione delle disposizioni convenzionali aggiuntive, fosse da assimilare ad un'assicurato secondo la legislazione svizzera. a) Nella risposta al gravame l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali osserva che i versamenti dei contributi volontari all'assicurazione sociale italiana sono stati eseguiti dalla ricorrente prima della resa della decisione amministrativa in lite e ne deduce, con riferimento alla sentenza 24 marzo 1981 di questa Corte in re Borgatta, che da riconoscere sia l'adempimento del requisito assicurativo richiesto in regime convenzionale. Questa tesi non può essere condivisa. Infatti, se la giurisprudenza ( DTF 108 V 69 ) intende evitare la costituzione con effetto BGE 109 V 176 S. 181 retroattivo di una condizione assicurativa preesistente all'evento assicurabile giusta il diritto svizzero, ne deve essere dedotto che determinante è, secondo le norme convenzionali, la data del versamento dei contributi, il quale può e deve precedere la realizzazione dell'evento. Altra soluzione significherebbe far dipendere da elementi casuali l'adempimento o meno del requisito assicurativo. Sia ancora precisato che una differenza deve essere fatta tra il versamento di contributi nella prosecuzione volontaria dell'assicurazione sociale italiana (cifra 2 lett. a del Protocollo finale) e l'accredito di periodi assimilati (cifra 2 lett. b del Protocollo finale). Nel primo caso determinante è l'avvenuto pagamento prima del verificarsi dell'evento assicurabile giusta il diritto svizzero, nel secondo determinante - anche se eccezioni possono essere ammesse al fine di non rendere inoperante la norma nell'ipotesi di ritardi della competente amministrazione - è che l'accredito abbia luogo e sia comprovato - sempre per il momento della verifica del rischio - prima della resa della decisione amministrativa. Come rettamente costatato dal primo giudice alla ricorrente non possono nemmeno giovare le disposizioni dell' art. 1 del Protocollo aggiuntivo all'Accordo aggiuntivo, in vigore dal 25 febbraio 1974, il diritto a pensione italiana d'invalidità a decorrere dal 1o giugno 1980 essendole stato riconosciuto dopo il verificarsi dell'evento assicurabile giusta la legislazione svizzera. b) Dato che per le considerazioni che precedono la ricorrente non può essere considerata appartenente al novero degli iscritti ai sensi dell'art. 8 lett. b Convenzione, rimane da esaminare se essa, in qualità di frontaliere, possa essere assimilata ad un assicurato secondo la legislazione svizzera in virtù dell' art. 9 del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione, entrato in vigore il 1o febbraio 1982, come lo propone l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali. È pacifico che un'assimilazione ai sensi dell'art. 3 cpv. 3 dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione, entrato in vigore il 1o luglio 1973 ed applicabile quando è stata resa la controversa decisione del 9 gennaio 1980, dev'essere esclusa, la ricorrente non avendo contribuito all'assicurazione sociale svizzera per almeno due anni nei tre anni immediatamente precedenti la realizzazione dell'evento assicurabile. Secondo l'Ufficio federale alle disposizioni del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione bisognerebbe riconoscere BGE 109 V 176 S. 182 una retroattività in senso improprio. Orbene, giusta l'art. 13 di tale accordo l'entrata in vigore era prevista per "il primo giorno del secondo mese successivo a quello in cui gli strumenti di ratifica erano stati scambiati". L'accordo, essendo stato ratificato con strumenti scambiati il 21 dicembre 1981, è entrato in vigore il 1o febbraio 1982. Tuttavia, per quanto riguarda l'art. 11 dell'accordo medesimo, sono ugualmente da prendere in considerazione, per l'apertura del diritto alla rendita, gli eventi assicurati che si sono realizzati successivamente al 31 dicembre 1976. Tali rendite saranno dovute solamente a partire dall'entrata in vigore dell'accordo stesso. La norma transitoria è quindi riferita esclusivamente all' art. 11 del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione, il quale concerne la concessione di rendite per orfani di madre secondo la legislazione svizzera e non già all'art. 9 attinente ai frontalieri. Se dal testo dell'accordo vuol essere dedotta una retroattività impropria, essa può essere riferita quindi solo agli orfani di madre. Inoltre, la disposizione transitoria accenna ad eventi assicurati intervenuti dopo il 31 dicembre 1976, il che non è del caso per quanto voluto in materia di frontalieri. Nemmeno l'art. 23 cpv. 1 Convenzione (in vigore dal 1o settembre 1964), su cui l'Ufficio federale fonda tra l'altro le sue argomentazioni, può conferire retroattività impropria alle disposizioni del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione. Questa norma regola l'assegnazione di prestazioni nei casi in cui l'evento assicurato si sia realizzato prima dell'entrata in vigore della Convenzione e dispone alla lett. b che le rendite ordinarie e straordinarie dell'assicurazione svizzera per l'invalidità, il cui diritto esiste per il mese durante il quale la Convenzione è entrata in vigore, sono da concedere al più presto con decorrenza dal 1o gennaio 1962. Questa disposizione era manifestamente intesa a regolare il diritto transitorio nella forma di una retroattività impropria. Da essa non può essere dedotto che ogni ulteriore modificazione del diritto convenzionale debba rispondere agli stessi criteri. In una sentenza del 19 luglio 1974 in re Da Ros il Tribunale federale delle assicurazioni si era pronunciato sul tema della retroattività affermando tra l'altro quanto segue: "Il 1o luglio 1973 sono entrati in vigore l'accordo aggiuntivo alla ... convenzione e il relativo protocollo finale, entrambi conclusi il 4 luglio 1969. Quest'ultimo protocollo definisce, tra l'altro, i periodi di contribuzione effettiva e i periodi assimilati, detti anche - questi ultimi - di contribuzione figurativa. BGE 109 V 176 S. 183 Per quanto concerne segnatamente i periodi assimilati, il protocollo finale dispone alla cifra 2, che i cittadini italiani sono considerati iscritti alle assicurazioni sociali patrie. 'b) Durante i ... periodi assimilati secondo le disposizioni della legislazione italiana ...' Ora, sebbene questa norma sia parte integrante di un accordo internazionale concluso il 4 luglio 1969 e valido dal 1o luglio 1973, la Cassa svizzera di compensazione e l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali la considerano applicabile al presente caso, in cui l'evento assicurabile secondo il diritto svizzero sembra essersi verificato nel 1967. Questa Corte non può far propria tale opinione, in difetto non solo di una esplicita norma, ma altresì di qualsiasi punto di riferimento che giustifichi una retroattività impropria così estesa nell'ambito dei rapporti giuridici fra la Svizzera e l'Italia attinenti al diritto sociale. Nondimeno occorre ora stabilire con esattezza il regime transitorio della norma in questione. A tale scopo s'impone, per ovvie ragioni di coerenza, una norma analoga a quella contenuta nella più recente novella alla convenzione di base italo-svizzera in materia di sicurezza sociale. Infatti, il 'protocollo aggiuntivo' del 25 febbraio 1974 all'accordo aggiuntivo italo-svizzero del 4 luglio 1969, introducendo come nuova categoria di periodi assimilati nel senso suesposto quelli durante i quali i cittadini italiani hanno diritto a una pensione d'invalidità a carico della patria assicurazione sociale, dichiara tali periodi operanti 'nei casi in cui l'evento assicurato secondo il diritto svizzero si sia verificato dopo il 30 giugno 1969'. Appare giusto di estendere questo ordinamento transitorio per analogia a tutti gli altri periodi assimilati contemplati dall'accordo aggiuntivo del 4 luglio 1969, applicando la cifra 2b del protocollo finale di questo accordo a tutte le pratiche non ancora decise mediante atto cresciuto in giudicato in cui l'evento assicurabile secondo la legislazione svizzera si è verificato dopo il 30 giugno 1969." In sostanza questa Corte aveva considerato le norme dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione e del relativo Protocollo finale, entrati in vigore il 1o luglio 1973, in cui non figuravano (almeno per quanto riferito a rendite ordinarie dell'assicurazione svizzera dell'invalidità) disposizioni particolari di diritto transitorio ed ammesso una retroattività impropria (comunque diversa e più ristretta di quella voluta dall'amministrazione) alla luce di una nuova pattuizione contenuta nel Protocollo finale. Ora, il Protocollo aggiuntivo, entrato in vigore il 25 febbraio 1974, era un atto di attuazione all'Accordo aggiuntivo alla Convenzione e all'art. 4 prevedeva disposizioni retroattive che avrebbero avvantaggiato coloro che fossero stati riconosciuti al beneficio del requisito assicurativo in quanto titolari di una pensione d'invalidità italiana rispetto a quelli che lo erano per altro titolo. Si giustificava allora il richiamo per analogia di una norma riferita all'attuazione BGE 109 V 176 S. 184 di una stessa disciplina per evitare altrimenti disparità ingiustificata di trattamento. In concreto l'art. 23 cpv. 1 Convenzione, invocato dall'Ufficio federale delle assicurazioni sociali, non soccorre quindi a conferire in regime convenzionale retroattività alle disposizioni del Secondo Accordo aggiuntivo. La sentenza in re Da Ros, cui l'Ufficio federale fa riferimento, costituisce un'esempio particolare di effetto retroattivo ammesso carente una particolare disposizione convenzionale, non richiamabile se non nella misura in cui risultasse una violazione del principio di parità di trattamento. Orbene, per costante giurisprudenza, l'interpretazione di un'accordo internazionale deve procedere anzitutto dal testo convenzionale. Se il testo è chiaro e se il significato, come risulta dal generale uso della lingua come pure dall'oggetto e dallo scopo della disposizione, non appare privo di senso, non è data interpretazione estensiva o limitativa, a meno che dal contesto o dai materiali si possa con sicurezza dedurre che il testo non corrisponde alla volontà delle parti contraenti ( DTF 108 V 68 ). Per quanto concerne la normativa di cui all' art. 9 del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione, essa è stata adottata chiaramente dalle parti per uniformare la disciplina del riconoscimento del requisito assicurativo ai frontalieri, secondo gli schemi adottati in altre convenzioni internazionali sino allora non previsti per l'Italia (v. Messaggio concernente il Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione di sicurezza sociale con l'Italia del 29 ottobre 1980 del Consiglio federale svizzero alle Camere federali). Se questa è stata l'intenzione delle parti, essa si è estrinsecata in una forma particolare, in virtù della quale l'effetto retroattivo è stato riconosciuto soltanto in una determinata ipotesi - quella degli orfani di madre - e non nelle altre. La carenza di una norma transitoria nelle disposizioni del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione appare quindi voluta, nel senso che le parti hanno esplicitamente dichiarato di non ammettere retroattività che in un solo e determinato caso. Ne consegue che l' art. 9 del Secondo Accordo aggiuntivo alla Convenzione trova applicazione soltanto se l'evento assicurato si è verificato dopo il 31 gennaio 1982. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale delle assicurazioni pronuncia: Il ricorso di diritto amministrativo è respinto.
null
nan
it
1,983
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e3265af6-70a1-442a-ae8c-f54d65b60948
Urteilskopf 136 IV 127 19. Extrait de l'arrêt de la Cour de droit pénal dans la cause X. contre Procureur général du canton de Genève et consorts (recours en matière pénale) 6B_726/2009 du 28 mai 2010
Regeste Art. 305 ter Abs. 1 StGB ; mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften. Die Verpflichtung zur Dokumentation konkretisiert die Identifikationspflicht, und ihre Missachtung erfüllt den Tatbestand von Art. 305 ter Abs. 1 StGB . Die Modalitäten der Dokumentation fallen hingegen in die Zuständigkeit der Bankinstitute und werden von der genannten Strafbestimmung nicht erfasst (E. 3).
Erwägungen ab Seite 127 BGE 136 IV 127 S. 127 Extrait des considérants: 3. Invoquant une violation de l'art. 305 ter al. 1 CP, le recourant conteste sa condamnation pour défaut de vigilance en matière d'opérations financières. 3.1 Aux termes de cette disposition, celui qui, dans l'exercice de sa profession, aura accepté, gardé en dépôt ou aidé à placer ou à BGE 136 IV 127 S. 128 transférer des valeurs patrimoniales appartenant à un tiers et qui aura omis de vérifier l'identité de l'ayant droit économique avec la vigilance que requièrent les circonstances, sera puni d'une peine privative de liberté d'un an au plus. 3.1.1 Cette norme sanctionne un délit de mise en danger abstraite. Le comportement incriminé consiste à effectuer des opérations financières sans identifier l'ayant droit économique. La violation du devoir d'identification est à elle seule suffisante. La question de savoir si les valeurs patrimoniales ont été acquises par l'ayant droit économique de manière répréhensible est sans pertinence ( ATF 125 IV 139 consid. 3b p. 142). L'objet du devoir de diligence visé par l'art. 305 ter al. 1 CP est la constatation ou l'identification de l'ayant droit économique, qui est la personne physique ou morale qui a la possibilité de fait de disposer des valeurs patrimoniales et donc celui à qui ces valeurs appartiennent sous l'angle économique ( ATF 125 IV 139 consid. 3c p. 143). Cette disposition définit un délit continu. Le financier doit procéder à de nouvelles vérifications si, au cours des relations d'affaires, il se rend compte - par la découverte ou la survenance de faits nouveaux - que l'identification est incorrecte, soit par exemple parce que le client l'a trompé ou que l'ayant droit économique a changé (cf. ATF 134 IV 307 consid. 2.4 p. 311). 3.1.2 Cette norme pénale tend à assurer la transparence dans le secteur financier afin d'éviter que les blanchisseurs de capitaux ne tirent profit de l'anonymat des relations pour se livrer à leurs activités criminelles. La connaissance du réel propriétaire économique des valeurs doit faciliter les enquêtes pénales. Le but ultime de la norme réside dans la protection de l'administration de la justice pénale. On peut ainsi en déduire que l'objectif visé par la norme pénale est atteint lorsque l'ayant droit économique est identifié. Cette identification implique certes de procéder à des mesures de vérification avec toute la vigilance requise. Reste que si en fin de compte une identification correcte a lieu, il ne paraît guère approprié, dès lors que le but recherché est atteint, d'appliquer l'art. 305 ter CP à celui qui a accompli des vérifications insuffisantes. En ce sens, le résultat importe plus que la manière. En conséquence, cette norme ne saurait être appliquée en cas d'identification correcte de l'ayant droit économique, même si l'intermédiaire financier est parvenu à cette identification sans procéder avec toute la vigilance requise par les circonstances concrètes ( ATF 129 IV 329 consid. 2.5 p. 335 s.). BGE 136 IV 127 S. 129 3.1.3 La notion de "vigilance requise par les circonstances" impose au financier un devoir d'identification dont les limites résident dans le principe de la proportionnalité. Le degré de diligence requis n'est pas défini par la loi pénale. Le message du Conseil fédéral de 1989 renvoie à cet égard aux règles internes gouvernant les professions concernées, à savoir, en matière bancaire, à la Convention relative à l'obligation de diligence des banques (cf. Message du 12 juin 1989 concernant la modification du code pénal suisse [Législation sur leblanchissage d'argent et le défaut de vigilance en matière d'opérations financières], FF 1989 II 989). Aujourd'hui, les devoirs de diligence des intermédiaires financiers sont ancrés dans la loi fédéraledu 10 octobre 1997 concernant la lutte contre le blanchiment d'argent et le financement du terrorisme dans le secteur financier (LBA; RS 955.0), loi qui est entrée en vigueur le 1 er avril 1998. 3.1.3.1 Selon le message du Conseil fédéral, le processus d'identification exige un minimum de règles écrites (FF 1989 II 989). Selon l' art. 7 LBA , l'intermédiaire financier doit établir des documents relatifs aux transactions effectuées ainsi qu'aux clarifications requises en vertu de la présente loi de manière à ce que des tiers experts en la matière puissent se faire une idée objective sur les transactions et les relations d'affaires ainsi que sur le respect des dispositions de la présente loi (al. 1). Il conserve les documents de manière à pouvoir satisfaire, dans un délai raisonnable, aux éventuelles demandes d'informations ou de séquestre présentées par les autorités de poursuite pénale (al. 2). Il conserve les documents dix ans après la cessation de la relation d'affaires ou après la fin de la transaction (al. 3). L' art. 23 de l'ordonnance de l'Autorité fédérale de surveillance des marchés financiers du 18 décembre 2002 sur la prévention du blanchiment d'argent et du financement du terrorisme dans le domaine des banques, des négociants en valeurs mobilières et des placements collectifs (OBA-FINMA 1; RS 955.022) , entrée en vigueur le 1 er juillet 2003, prévoit que l'intermédiaire financier organise sa documentation de façon à être en mesure d'indiquer dans un délai raisonnable, documents à l'appui, aux autorités de poursuite pénale ou à d'autres autorités habilitées qui est le donneur d'ordre d'un virement sortant et si une entreprise ou une personne: est un cocontractant ou un ayant droit économique (let. a); a effectué une opération de caisse exigeant la vérification de l'identité des personnes concernées (let. b); BGE 136 IV 127 S. 130 dispose d'une procuration durable sur un compte ou un dépôt, dans la mesure où celle-ci ne ressort pas déjà d'un registre officiel (let. c). D'après le ch. 22 de la Convention du 7 avril 2008 relative à l'obligation de diligence des banques (CDG 08), qui concerne l'obligation de documentation, et qui reprend le ch. 22 de la Convention du 2 décembre 2002 relative à l'obligation de diligence des banques (CDB 03), il y a lieu de conserver de manière appropriée le nom, le prénom, la date de naissance, la nationalité et l'adresse du domicile (la raison sociale et le siège, s'il s'agit d'une personne morale ou d'une société) du cocontractant, ainsi que les moyens utilisés pour vérifier son identité. Lorsque le cocontractant provient d'un pays dans lequel les dates de naissance ou les adresses de siège ou de domicile ne sont pas utilisées, l'exigence relative à ces données ne s'applique pas. La photocopie de la pièce de légitimation officielle et les autres documents ayant servi à vérifier l'identité doivent être conservés. Le ch. 23 de la CDG 08 précise que la banque doit prendre des dispositions pour s'assurer que la procédure de vérification de l'identité du cocontractant a été correctement et suffisamment documentée (al. 1). Ces dispositions impliquent notamment que l'arrivée des documents relatifs à la vérification de l'identité du contractant auprès de la banque, ou leur disponibilité dans le système de la banque, puisse être retracée (al. 2). Dans le domaine bancaire, la déclaration du client sur l'identité de l'ayant droit économique est effectuée moyennant le formulaire A de l'Association suisse des banquiers, qui est annexé à la CDB (cf. art. 3 et ch. 30 CDB 08 et CDB 03). Les banques sont toutefois libres d'utiliser un autre formulaire dont le contenu doit toutefois être équivalent à celui du formulaire modèle (cf. ch. 31 CDB 08 et CDB 03). 3.1.3.2 L'art. 305 ter CP a pour objet la réunion d'informations susceptibles de faciliter les enquêtes pénales sur l'origine des valeurs. Il doit permettre aux autorités, notamment de poursuite pénale, de reconstituer le puzzle des transactions financières et de remonter plus facilement jusqu'aux cerveaux des organisations financières (cf. FF 1989 II 1989; MARLÈNE KISTLER, La vigilance requise en matière d'opérations financières, 1994, p. 208). Pour ce faire, l'intermédiaire financier doit conserver une trace écrite de l'identité de ses clients et des ayants droit économiques des comptes, de manière à pouvoir communiquer ces renseignements aux autorités compétentes en cas de demande. En effet, même un homme diligent ne saurait se BGE 136 IV 127 S. 131 souvenir du nom, du prénom, de l'adresse, de la date de naissance et de la nationalité de tous ses clients et encore moins de ceux des ayants droit économiques, de sorte qu'une trace écrite de ces données doit être conservée. Cette obligation de documentation constitue la concrétisation du devoir de vérification et son manquement constitue par conséquent une violation de l'art. 305 ter CP (cf. NIKLAUS SCHMID, in Kommentar, Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, vol. II, 2002, p. 72 s.; KISTLER, op. cit., p. 206; contra notamment: PHILIPPE GRÜNINGER, Die Strafbarkeit der Verletzung von Sorgfaltspflichten bei Finanzgeschäften, Diss. Zürich 2005, p. 149 s.; MARK PIETH, in Basler Kommentar, Strafrecht, vol. II, 2 e éd. 2007, n° 22 ad art. 305 ter CP et les auteurs cités). Cette interprétation est conforme au but de la loi tel que décrit ci-dessus de même qu'aux textes légaux et à la CDB 08 mentionnés au considérant précédent. Reste que la loi pénale et la LBA ne précisent pas la manière dont les actes doivent être documentés, ni n'obligent les banques à tenir un fichier précis ou informatisé. Selon la CDB, les banques restent d'ailleurs libres d'utiliser leurs propres formulaires, même si le contenu de ceux-ci doit être équivalent au formulaire A (cf. ch. 31 CDB 08 et CDB 03). Les modalités de la documentation restent donc de la compétence des établissements bancaires et ne sauraient par conséquent constituer une violation de l'art. 305 ter CP. De plus, conformément à la jurisprudence exposée à l' ATF 129 IV 329 , l'objectif visé par l'art. 305 ter CP est atteint lorsque l'ayant droit économique est identifié, le résultat important plus que la manière. 3.2 Le recourant soutient que B.Z. était bien l'ayant droit économique du compte Y. SA, puisqu'il avait le contrôle des valeurs en cause, de sorte qu'aucune omission d'identification ne saurait lui être reprochée. Ce faisant, l'intéressé se contente de nier le fait contesté, à savoir qu'il savait que B.Z. n'était pas l'ayant droit économique du compte Y. SA, ce qui ne suffit manifestement pas à faire admettre l'arbitraire, qui n'est d'ailleurs même pas allégué. Le recours sur ce point ne satisfait pas aux exigences de motivation de l' art. 106 al. 2 LTF , de sorte qu'il n'y a pas lieu d'entrer en matière. 3.3 Le recourant conteste avoir violé son devoir de diligence, dès lors qu'il connaissait l'identité de tous les investisseurs italiens, soit des ayants droit du compte Y. SA. Certes, selon les faits retenus, le recourant a laissé subsister, en relation avec le compte Y. SA, un formulaire A qui ne correspondait BGE 136 IV 127 S. 132 plus à la réalité. Reste que, d'après l'arrêt entrepris, le recourant connaissait l'identité des ayants droit de ce compte. Il avait en effet reçu personnellement ces investisseurs à la Banque R., où il leur avait ouvert des comptes sur lesquels ils avaient déposé leurs avoirs, qui avaient ensuite été transférés sur le compte Y. SA (cf. let. A des faits non publiés). Ces constatations cantonales sont toutefois insuffisantes pour savoir si le recourant, agissant comme intermédiaire financier au sens de l' art. 2 al. 2 let. a LBA , a organisé une documentation en relation avec ces investisseurs italiens et s'il lui était par conséquent possible de les identifier, dans un délai raisonnable et pièces à l'appui, comme étant les véritables ayants droit économiques du compte susmentionné en cas de demande effectuée par une autorité de poursuite pénale ou une autre autorité habilitée. Dans ces conditions, les éléments sont insuffisants pour conclure que le recourant a violé son devoir de diligence en matière d'identification. En conséquence, le recours doit être admis sur ce point et la cause doit être retournée en instance cantonale pour compléter l'état de fait.
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Urteilskopf 86 II 165 28. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Mai 1960 i.S. Produits Perfectone SA gegen Tchamkerten.
Regeste Art. 2 Abs. 2 ZGB . Es ist offenbar rechtsmissbräuchlich, wenn der Aktionär an der Klage auf Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses der Generalversammlung festhält, obschon diese den Beschluss unter Zustimmung der Mitglieder der Verwaltung aufgehoben hat. Art. 72 BZP , Art. 40 OG . Wenn der Richter eine Klage gutheisst, obschon das rechtliche Interesse des Klägers dahingefallen ist, wird der Prozess auf Berufung hin, weil gegenstandslos geworden, als erledigt erklärt.
Sachverhalt ab Seite 165 BGE 86 II 165 S. 165 A.- Die Generalversammlung der Produits Perfectone SA in Biel beschloss am 31. Oktober 1958, dem Verwaltungsrate für das Geschäftsjahr 1957/58 Entlastung zu erteilen. Die vier Mitglieder des Verwaltungsrates stimmten im Sinne des Beschlusses. Der Aktionär Nerces Tchamkerten stimmte für sich und mit Vollmacht des Mitaktionärs Ara Tchamkerten gegen die Entlastung. Auf Gesuch des Nerces Tchamkerten fand am 15. Dezember 1958 mit der Produits Perfectone SA ein gerichtlicher Aussöhnungsversuch statt über das Begehren, der Entlastungsbeschluss sei ungültig zu erklären. Am 23. Dezember 1958 schrieb Fürsprecher Dr. Kunz dem den Kläger vertretenden Fürsprecher Lifschitz, die Verwaltung anerkenne, dass der Beschluss mit Art. 695 OR nicht vereinbar BGE 86 II 165 S. 166 und daher ungültig sei, und sie sei bereit, entweder dem Kläger in aller Form zu erklären, dass ihn der Beschluss nicht binde, oder eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen, um diesen rückgängig zu machen. Da Fürsprecher Lifschitz antwortete, der Beschluss könne nur durch ein Urteil aus der Welt geschafft werden, vertrat Dr. Kunz mit Schreiben vom 7. Januar 1959 nochmals die Auffassung, eine Klage sei überflüssig. Er schrieb, "alle übrigen Aktionäre" seien bereit, den Beschluss durch eine ausserordentliche Generalversammlung widerrufen zu lassen. Trotzdem reichte Nerces Tchamkerten beim Appellationshof des Kantons Bern am 26. Januar 1959 die Klage ein. Am 12. Februar 1959 fand eine ausserordentliche Generalversammlung statt, an der die vier Mitglieder der Verwaltung und als weiterer Aktionär Georges Bessire teilnahmen. Sie beschloss mit 617 von 620 Stimmen, den Entlastungsbeschluss vom 31. Oktober 1958 aufzuheben. Georges Bessire stimmte nicht zu. Die Beklagte beantragte dem Appellationshof in der Folge, die Klage als gegenstandslos und wegen Fehlens eines rechtlichen Interesses erledigt zu erklären. Der Kläger focht den Beschluss vom 12. Februar 1959 beim Appellationshof des Kantons Bern als ungültig an, weil die Generalversammlung nicht in der richtigen Form einberufen worden sei. Dieser Prozess wurde vom Appellationshof bis zur rechtskräftigen Beurteilung der gegen den Entlastungsbeschluss gerichteten Klage eingestellt. B.- Der Appellationshof des Kantons Bern hiess am 13. Oktober 1959 die Klage vom 26. Januar 1959 gut und erklärte den Entlastungsbeschluss vom 31. Oktober 1958 als ungültig. C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, die Klage als erledigt zu erklären, eventuell sie abzuweisen. Der Kläger stellt den Antrag, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell die Berufungsbegehren abzuweisen. BGE 86 II 165 S. 167 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 3. Bei Beschlüssen über die Entlastung der Verwaltung einer Aktiengesellschaft haben Personen, die an der Geschäftsführung teilgenommen haben, kein Stimmrecht ( Art. 695 Abs. 1 OR ). Der Kläger wäre daher grundsätzlich berechtigt, den Entlastungsbeschluss vom 31. Oktober 1958, der mit den Stimmen der Mitglieder der Verwaltung zustandekam, beim Richter mit Klage gegen die Gesellschaft anzufechten ( Art. 706 Abs. 1 OR ). Dieses Recht steht ihm jedoch nur in der Schranke zu, die Art. 2 Abs. 2 ZGB allgemein der Ausübung von Rechten setzt. Die Klage ist nicht zu schützen, wenn sie offenbar missbräuchlich ist, weil der Kläger wegen der Stellungnahme der Beklagten in den Briefen des Dr. Kunz vom 23. Dezember 1958 und 7. Januar 1959 oder wegen des neuen Beschlusses der Generalversammlung vom 12. Februar 1959, wie die Beklagte geltend macht, jedes schutzwürdige Interesse an der Anfechtung des Entlastungsbeschlusses verloren hätte. Dem kann nicht, wie der Appellationshof ausführt, entgegengehalten werden, jeder Aktionär habe "ein allgemeines rechtliches Interesse daran, dass Beschlüsse in gesetz- und statutenmässiger Weise zustandekommen"; das Anfechtungsrecht sei ein wohlerworbenes, unentziehbares Recht und könne nicht dadurch zunichte gemacht werden, dass dem Kläger ein Interesse an seiner Geltendmachung abgesprochen werde; der Anspruch auf Gesetz- und Statutenmässigkeit sei an sich schutzwürdig. Gewiss zählt Art. 646 Abs. 3 OR das Recht zur Anfechtung ausdrücklich zu den "wohlerworbenen Rechten", d.h. zu denen, die gemäss Art. 646 Abs. 1 den Aktionären nicht ohne ihre Zustimmung entzogen werden können. Das bedeutet aber nur, dass es "von den Beschlüssen der Generalversammlung und der Verwaltung unabhängig ist" (Art. 646 Abs. 2), also den Aktionären nicht durch die Generalversammlung oder die Verwaltung entzogen werden kann. Dass der Richter ihm den Rechtsschutz BGE 86 II 165 S. 168 nicht versagen dürfe, ja müsse, wenn der Aktionär kein schützenswertes Interesse an seiner Ausübung hat, sondern es offenbar missbraucht, ist damit nicht gesagt. 4. Da der Kläger dem Entlastungsbeschluss vom 31. Oktober 1958 nicht zustimmte, wurde sein Recht, gegen die Mitglieder der Verwaltung Verantwortlichkeitsklagen einzureichen, durch diesen Beschluss nicht beseitigt ( Art. 757 OR ). Der Kläger hat ein Interesse an dessen Anfechtung auch nicht deshalb, weil Art. 757 OR das Recht des nicht zustimmenden Aktionärs, die Verantwortlichkeitsklage einzureichen, auf die der Schlussnahme folgenden sechs Monate befristet, während beim Fehlen eines Entlastungsbeschlusses oder nach dessen gerichtlichen Aufhebung gegen die verantwortlichen Mitglieder der Verwaltung solange auf Schadenersatz geklagt werden kann, als die Forderung nicht verjährt, d.h. die in Art. 760 OR vorgesehene Frist von fünf bzw. zehn Jahren nicht abgelaufen ist. Denn die am 23. Dezember 1958 mitgeteilte Bereitschaft der Verwaltung, dem Kläger in aller Form zu erklären, dass ihn der Beschluss nicht binde, hatte den Sinn, dass die Mitglieder der Verwaltung sich nicht auf die Entlastung berufen würden, wenn der Kläger sie zur Verantwortung ziehen sollte. Dem Kläger könnte somit in einem von ihm eingeleiteten Verantwortlichkeitsprozess schon kraft dieser Erklärung nicht entgegengehalten werden, er habe die sechsmonatige Klagefrist des Art. 757 OR versäumt. Dennoch beseitigte das Schreiben vom 23. Dezember 1958 das Interesse des Klägers an der Anfechtung des Entlastungsbeschlusses nicht vollständig. Der Verzicht, diesen anzurufen, wurde nur gegenüber dem Kläger ausgesprochen. Im Verhältnis zur Gesellschaft, die allenfalls gemäss Art. 754 OR eine Verantwortlichkeitsklage könnte anheben wollen, bleiben die Mitglieder der Verwaltung entlastet. Dass der Gesellschaft die Verantwortlichkeitsklage erhalten bleibe, lag auch im Interesse des Klägers, mag dieses auch BGE 86 II 165 S. 169 nur klein gewesen sein. Es wurde auch nicht durch die Erklärung des Dr. Kunz vom 7. Januar 1959 beseitigt, wonach alle Mitaktionäre des Klägers bereit seien, den Entlastungsbeschluss in einer ausserordentlichen Generalversammlung rückgängig zu machen. Solange diese nicht stattgefunden hatte, blieb die Möglichkeit offen, dass das nicht geschehe. 5. Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen im allgemeinen Beschlüsse der Generalversammlung widerrufen werden können, und es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob durch den Beschluss der Generalversammlung der Beklagten vom 12. Februar 1959 der Entlastungsbeschluss vom 31. Oktober 1958 gültig aufgehoben wurde. Für die Auffassung des Appellationshofes, ein Entlastungsbeschluss werde nach Ablauf der zweimonatigen Anfechtungsfrist des Art. 706 OR dauernd gültig, weil er eine negative Schuldanerkennung gegenüber der Verwaltung enthalte, ist unter den Umständen des vorliegenden Falles kein Platz. Die vier Mitglieder der Verwaltung nahmen an der Generalversammlung vom 12. Februar 1959 teil und stimmten für die Aufhebung des Entlastungsbeschlusses. Damit stellten sie sich auf den Standpunkt, die Gesellschaft und die Aktionäre könnten sie zur Verantwortung ziehen, als ob die Entlastung nicht beschlossen worden wäre. Sie können die Haltung, die sie damit als Aktionäre einnahmen, als Mitglieder der Verwaltung nicht verleugnen. Ihre Zustimmung zur Aufhebung des Entlastungsbeschlusses bedeutete, dass sie bereit seien, der Gesellschaft und den Mitaktionären in allfälligen Verantwortlichkeitsprozessen Rechenschaft abzulegen, ohne sich auf den Entlastungsbeschluss zu berufen, und zwar auch dann, wenn ein solcher Prozess erst nach Ablauf der in Art. 757 OR vorgesehenen sechsmonatigen Frist angehoben werden sollte. Diese Erklärung wirkte nicht nur zugunsten des Klägers, sondern auch zugunsten der Gesellschaft, die durch die Generalversammlung vertreten war. BGE 86 II 165 S. 170 Die Gesellschaft kann - wie der Kläger - Verantwortlichkeitsprozesse gegen die Mitglieder der Verwaltung anheben, ohne die Einwendung hören zu müssen, sie seien entlastet worden. Damit ist jedes Interesse des Klägers, den Prozess um die Ungültigerklärung des Entlastungsbeschlusses weiterzuführen, dahingefallen. Das Festhalten an der vorliegenden Klage kann nur noch den Zweck haben, den Prozess um des Prozessierens willen fortzuführen. Das ist offenbarer Missbrauch eines Rechtes und verdient keinen Schutz ( Art. 2 Abs. 2 ZGB ). Es kommt nichts darauf an, ob die Generalversammlung vom 12. Februar 1959 in der vorgeschriebenen Form einberufen wurde. Die Haltung, welche die Mitglieder der Verwaltung an dieser Versammlung gegenüber der Gesellschaft und den Mitaktionären einnahmen, bleibt auf jeden Fall bestehen. Übrigens missbraucht der Kläger auch durch die Anfechtung des Beschlusses vom 12. Februar 1959 klar das Recht. Da der Kläger den Entlastungsbeschluss vom 31. Oktober 1958 als ungültig ausgibt und darum einen Prozess führt, widerspricht es Treu und Glauben, den Aufhebungsbeschluss, durch den die Mitglieder der Verwaltung und die Beklagte sich ihm in allen Teilen unterzogen, ebenfalls als ungültig anzufechten. Der Einwand, Georges Bessire habe dem Beschluss vom 12. Februar 1959 nicht zugestimmt, taugt nicht. Es steht nicht dem Kläger zu, die Interessen dieses Aktionärs zu wahren, abgesehen davon, dass man sich fragen kann, ob Georges Bessire an der Entlastung der Verwaltung überhaupt interessiert sei. 6. Da das Interesse des Klägers am Prozess erst nach der Einreichung der Klage vollständig dahinfiel, ist diese nicht abzuweisen, sondern der Prozess, weil gegenstandslos geworden, als erledigt zu erklären. Entscheide dieses Inhalts sind in Art. 72 BZP vorgesehen und rechtfertigen sich in Anwendung des Grundgedankens dieser Bestimmung auch im Berufungsverfahren, mag der Rechtsstreit schon vor der kantonalen Instanz oder mag er erst vor dem Bundesgericht gegenstandslos geworden sein (vgl. Art. 40 OG ). BGE 86 II 165 S. 171 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: In Gutheissung der Berufung wird das Urteil der III. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 13. Oktober 1959 aufgehoben und der Prozess, weil gegenstandslos geworden, als erledigt erklärt.
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Urteilskopf 136 III 534 78. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bank X. und Y. AG gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_421/2010 vom 22. Oktober 2010
Regeste Abtretung von Rechtsansprüchen nach Art. 260 Abs. 1 SchKG . Über den von mehreren Abtretungsgläubigern eingeklagten Anspruch der Masse kann nur einheitlich entschieden werden (E. 2). Der Vorschlag der Konkursverwaltung an die Gläubiger, auf die Geltendmachung eines Anspruchs durch die Masse zu verzichten, und die Aufforderung, für den Fall des Verzichts die Abtretung zu verlangen, können im gleichen Rundschreiben Platz finden (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 534 BGE 136 III 534 S. 534 A. Am 13. Mai 2008 erhob die Bank X. beim Bezirksgericht Visp Klage gegen Z. und verlangte die Bezahlung von Fr. 241'297.80 nebst Zinsen. Am 19. Mai 2008 reichte die Y. AG beim Bezirksgericht ebenfalls Klage gegen Z. ein und verlangte die Bezahlung von Fr. 19'234.- nebst Zinsen. Beide Klägerinnen machen eine Forderung aus einem Beratungsverhältnis geltend, welche ihnen im Konkurs über A. nach Art. 260 SchKG abgetreten wurde. B. Nach Vereinigung der Klagen und Beweisaufnahme durch das Bezirksgericht wurden die Akten am 21. Oktober 2009 zwecks Schlussverhandlung und Urteil an das Kantonsgericht des Kantons Wallis gesandt. Vor dem Kantonsgericht stellten die Bank X. und die Y. AG das Rechtsbegehren, dass Z. ihnen Fr. 241'297.80 zu bezahlen habe; weiter habe Z. ihnen einen (näher bezeichneten) Verzugszins zu bezahlen. Mit Urteil vom 16. April 2010 trat das Kantonsgericht infolge fehlender Prozessführungsbefugnis auf die Klagen nicht ein. BGE 136 III 534 S. 535 C. Mit Eingabe vom 2. Juni 2010 führen die Bank X. und die Y. AG Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerinnen (1 und 2) beantragen dem Bundesgericht, das Urteil des Walliser Kantonsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Sodann ("sekundär") verlangen sie, dass Z. zur Bezahlung der im kantonalen Verfahren bezeichneten Forderungen verpflichtet werde. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Kantonsgericht ist auf die Klagen der Beschwerdeführerinnen zufolge fehlenden Prozessführungsrechts nicht eingetreten. Mit Bezug auf die Klage der Beschwerdeführerin 2 hat es festgehalten, dass diese selbst im Falle des Eintretens abzuweisen wäre, da sie keine Tatsachenbehauptungen vorgebracht habe und sich nicht auf diejenigen der Beschwerdeführerin 1 berufen könne. Zu prüfen ist, ob der angefochtene Entscheid auf mehreren selbständigen Begründungen beruht, die anzufechten sind ( BGE 133 IV 119 E. 6.3 S. 120). 2.1 Die Beschwerdeführerinnen haben die gleiche, nach Art. 260 SchKG abgetretene Forderung (Inventaranspruch Nr. 116) eingeklagt. Die beiden Abtretungsgläubigerinnen stellen - wie die Vorinstanz festgehalten hat - eine (uneigentliche) notwendige Streitgenossenschaft dar ( BGE 121 III 488 E. 2c S. 492). Wohl verlangt die Rechtsprechung von den Abtretungsgläubigern keine einheitliche Prozessführung ( BGE 121 III 488 E. 2e S. 494). Über den eingeklagten Anspruch der Masse kann jedoch nur einheitlich entschieden werden ( BGE 121 III 488 E. 2b S. 492). Daher ist nicht denkbar, dass für einen Teil der Abtretungsgläubiger aufgrund ihrer Behauptungen, Bestreitungen und Beweisanträge die Klage geschützt, gegenüber einem anderen Teil aber aufgrund fehlender Behauptungen die Klage abgewiesen würde (LEUENBERGER, Die Streitgenossenschaft der Abtretungsgläubiger nach Art. 260 SchKG , in: Festschrift Karl Spühler, 2005, S. 202). 2.2 Vorliegend hat das Kantonsgericht in der Eventualbegründung die Klage der Beschwerdeführerin 2 (mangels Tatsachenbehauptungen) abgewiesen; die Klage der Beschwerdeführerin 1 hat sie jedoch in der Sache nicht weiter beurteilt. Vor dem Hintergrund, dass nur ein einheitliches Urteil ergehen kann, weist das angefochtene Urteil BGE 136 III 534 S. 536 demnach keine selbständig tragende Begründung über den eingeklagten Anspruch auf. Es genügt, wenn die Beschwerdeführerinnen sich gegen die Verweigerung der Prozessführung wenden. Auf ihre Kritik gegen die angeblich unzureichend begründete Klage der Beschwerdeführerin 2 ist nicht einzugehen. 3. Das Kantonsgericht hat das Prozessführungsrecht der Beschwerdeführerinnen als Abtretungsgläubigerinnen verneint mit der Begründung, dass die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG nichtig sei. Die Konkursverwaltung habe den Konkursgläubigern im Gläubigerzirkular vom 26. März 2008 Frist angesetzt, um zur Frage des Verzichts auf Geltendmachung des Inventaranspruchs Nr. 116 durch die Konkursverwaltung Stellung zu nehmen, und ihnen gleichzeitig Frist angesetzt, um die Abtretung des betreffenden Anspruchs zu verlangen. Damit habe sie die Abtretung vor Vorliegen eines Verzichtsbeschlusses offeriert, was die Nichtigkeit der Abtretung zur Folge habe, so dass auf die Klagen nicht eingetreten werden könne. Die Beschwerdeführerinnen halten demgegenüber fest, es sei nicht gesetzwidrig, wenn die Konkursverwaltung den Gläubigern im gleichen Zirkular den Verzicht der Geltendmachung eines Anspruchs durch die Masse vorschlage und die Abtretungsofferte unterbreite. Gestützt auf die gültige Abtretung müsse das Kantonsgericht auf die Klagen eintreten. 4. Anlass zur vorliegenden Beschwerde geben die Abtretungsverfügungen gemäss Art. 260 SchKG , auf welche die Beschwerdeführerinnen als Klägerinnen ihre Prozessbefugnis stützen. Es ist unbestritten, dass das Konkursamt des Bezirks Visp als Konkursverwaltung in dem im summarischen Verfahren durchgeführten Konkurs über A. den Beschwerdeführerinnen am 15. April 2008 die Forderung Inventar-Nr. 116 nach Art. 260 SchKG abgetreten hat. Nach dem Sachverhalt hatte das Konkursamt den Konkursgläubigern mit Schreiben vom 26. März 2008 das Folgende mitgeteilt: "Wir beantragen den Konkursgläubigern, auf die Durchsetzung der sub Nr. 116 im Inventar aufgeführten Forderung gegen Dr. Z., Visp, durch die Masse zu verzichten und auch diesen Anspruch den Gläubigern im Sinne von Art. 260 SchKG zur Abtretung zu offerieren. Einsprachen und Abtretungsbegehren sind innert 10 Tagen ab Zustellung des vorliegenden Zirkularschreibens schriftlich an das Konkursamt Visp zu richten." Umstritten ist, ob das Kantonsgericht die Abtretungen an die Beschwerdeführerinnen als unwirksam betrachten durfte. BGE 136 III 534 S. 537 4.1 Die Abtretung an einzelne Konkursgläubiger setzt den Verzicht der Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung der abzutretenden Rechtsansprüche voraus ( Art. 260 Abs. 1 SchKG ). Wird der Konkurs - wie hier - im summarischen Verfahren durchgeführt und daher in der Regel keine Gläubigerversammlung einberufen ( Art. 231 Abs. 3 Ziff. 1 SchKG ), wird der Beschluss über den Verzicht grundsätzlich auf dem Zirkularweg oder durch Publikation herbeigeführt ( BGE 134 III 75 E. 2.3 S. 78). Der Verzicht ist zwingende Voraussetzung für eine gültige Abtretung: Eine Abtretung oder Abtretungsofferte, die vor einem gültigen Verzichtsbeschluss an einzelne Gläubiger erfolgt, ist nichtig ( BGE 79 III 6 E. 2 S. 12; zuletzt: BGE 134 III 75 E. 2.3 S. 78). Die Nichtigkeit ist auch im Abtretungsprozess von Amtes wegen zu beachten (BERTI, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. III, 1998, N. 22 zu Art. 260 SchKG ). 4.2 Im konkreten Fall ist das Kantonsgericht zum Ergebnis gelangt, das Konkursamt habe die Abtretung des Anspruchs Nr. 116 offeriert, bevor ein gültiger Verzichtsbeschluss vorgelegen habe. Diese Auffassung ist nicht haltbar. Das Konkursamt hat im Gläubigerzirkular vom 26. März 2008 ausdrücklich den Antrag an die Gläubiger gestellt, auf die Geltendmachung des Anspruchs Nr. 116 durch die Masse zu verzichten. Wohl trifft zu, dass das Konkursamt die Abtretung des Anspruchs nicht ausdrücklich für den Fall vorbehalten hat, dass die Gläubigergesamtheit auf die Geltendmachung verzichtet. Im gleichen Gläubigerzirkular hat sich das Konkursamt für andere Forderungen (mit dem Hinweis "Sofern nicht die Mehrheit ...") präziser geäussert. Aus dem Hinweis auf die Möglichkeit zur "Einsprache" gegen das Vorgehen der Konkursverwaltung (Verzicht auf Geltendmachung) geht jedoch hinreichend hervor, dass die Abtretung nur für den Fall offeriert wurde, dass die Gläubiger sich für den Verzicht der Geltendmachung durch die Masse aussprechen. Aus dem Gläubigerzirkular vom 26. März 2008 kann nicht abgeleitet werden, die Abtretung des Anspruchs Nr. 116 werde ohne Verzichtsbeschluss vorgenommen. Sodann steht nach dem angefochtenen Entscheid nicht in Frage, dass die Abtretungsverfügungen vom 15. April 2008 - wie diese bescheinigen (Formular 7K) - erlassen wurden, nachdem die Mehrheit der Gläubiger auf die Geltendmachung tatsächlich verzichtet hat. Insoweit kann von Nichtigkeit der Abtretung nicht gesprochen werden. BGE 136 III 534 S. 538 4.3 Das Kantonsgericht hat sich weiter gefragt, ob überhaupt als Zustimmung zum Verzicht gelten könne, wenn das Konkursamt von den Gläubigern verlangt, gegen den beantragten Verzicht Einsprache zu erheben. Diese Bedenken sind unbegründet. Entscheidend ist, dass den Gläubigern vor der Abtretung streitiger Ansprüche die Gelegenheit geboten wird, sich darüber zu äussern, ob auf deren Realisierung durch die Masse selbst verzichtet werden soll ( BGE 102 III 78 E. 3b S. 82). Für den Verzicht ist die Stimmenmehrheit der Gläubiger massgebend, wobei Stillschweigen als Zustimmung zum Vorschlag der Konkursverwaltung gilt ( BGE 75 III 14 E. 2 S. 17; JEANNERET/CARRON, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 13 zu Art. 260 SchKG ). Wie das Kantonsgericht durchaus richtig ausgeführt hat und dargelegt wurde, erfolgt die Abtretung in zwei Schritten: Zunächst erfolgt der Vorschlag auf Verzicht der Geltendmachung eines Anspruchs durch die Masse, und im Fall, dass der Verzicht erfolgt, wird der Anspruch den Gläubigern zur Abtretung offeriert. Entgegen der Meinung des Kantonsgerichts schliesst dies jedoch nicht aus, dass die Aufforderung an die Gläubiger, eventuell Abtretungsbegehren zu stellen, im gleichen Rundschreiben Platz finden kann. Dies hat das Bundesgericht bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1951 erklärt ( BGE 77 III 79 E. 3 S. 85) und wird in der Lehre bestätigt (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 47 a.E. zu Art. 260 SchKG ; SCHLAEPFER, Abtretung streitiger Rechtsansprüche im Konkurs, 1990, S. 83 und 86). Nach dem Dargelegten ist mit Art. 22 bzw. Art. 260 Abs. 1 SchKG nicht vereinbar, wenn das Kantonsgericht die Nichtigkeit der Abtretungen festgestellt und die Prozessführungsbefugnis der Beschwerdeführerinnen verneint hat. Ihre Rüge ist begründet. 4.4 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Prüfung der weiteren Rügen, wie die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ( Art. 5 Abs. 3 BV ) und des Willkürverbotes ( Art. 9 BV ), soweit den Vorbringen überhaupt eine eigenständige Bedeutung zukommt.
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Urteilskopf 140 III 310 46. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A.A. et B.A. contre B. SA (recours en matière civile) 4A_611/2013 du 14 juillet 2014
Regeste Verfahren der Ablehnung eines Urteilsvorschlags ( Art. 210 und 211 ZPO ). Die Partei, welche sich einem Urteilsvorschlag nicht unterziehen will, verfügt dagegen einzig über das Mittel der Ablehnung; dies gilt auch dann, wenn die Schlichtungsbehörde sich weigert, eine Säumnis an der Schlichtungsverhandlung festzustellen und die Sache als gegenstandslos abzuschreiben. Eine Beschwerde an das obere kantonale Gericht ist unzulässig (E. 1.2-1.4).
Erwägungen ab Seite 310 BGE 140 III 310 S. 310 Extrait des considérants: 1. 1.2 Dans le cadre d'une procédure en prolongation de bail ( art. 273 al. 2 CO ), les bailleurs ont requis la commission de conciliation de constater le défaut de comparution de la locataire et de rayer l'affaire du rôle, la procédure étant privée d'objet. La commission a implicitement rejeté cette requête en même temps qu'elle émettait une proposition de jugement. Les bailleurs ont alors déposé recours auprès du Tribunal cantonal pour contester le refus de rayer la cause. BGE 140 III 310 S. 311 Ledit tribunal a jugé un tel recours recevable. Il convient de s'interroger sur le bien-fondé de cette analyse. 1.3 1.3.1 Dans un litige relatif à la prolongation d'un bail commercial, l'autorité de conciliation peut soumettre aux parties une proposition de jugement ( art. 210 al. 1 let. b CPC ). Il s'agit d'une proposition de règlement à l'amiable, qui devient une décision définitive et exécutoire si aucune des parties ne forme opposition dans le délai de 20 jours prévu à l' art. 211 al. 1 CPC (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse [CPC], FF 2006 6941 ad art. 207 et 208). En cas d'opposition, l'autorité de conciliation délivre une autorisation de procéder à son auteur ( art. 211 al. 2 let. a CPC ), et celui-ci dispose de 30 jours pour déposer une demande devant le tribunal ( art. 209 al. 4 CPC ). S'il n'agit pas en temps utile, la proposition de jugement est considérée comme reconnue et déploie les effets d'une décision entrée en force ( art. 211 al. 3 CPC ). La doctrine s'accorde à dire que la proposition de jugement ne peut être attaquée que par la voie de l'opposition. Elle admet par ailleurs la possibilité de former une requête en restitution du délai d'opposition fondée sur l' art. 148 CPC , ou une demande de révision contre une proposition de jugement entrée en force. D'aucuns reconnaissent la faculté de recourir au sens de l' art. 319 CPC dans le cas particulier où l'autorité de conciliation constaterait à tort qu'aucune opposition n'a été formée dans le délai légal; une autre solution consisterait à déposer une demande devant le tribunal et à faire valoir ses droits dans ce cadre (cf. les avis exprimés par JÖRG HONEGGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm et al. [éd.], 2 e éd. 2013, n° 11 ad art. 211 CPC ; STAEHELIN ET AL., Zivilprozessrecht, 2 e éd. 2013, p. 373 s. n. 40; DOMINIK INFANGER, in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2 e éd. 2013, n os 5 et 7 ad art. 210 et n° 7 ad art. 211 CPC ; FRANÇOIS BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n os 2 et 6 ad art. 211 CPC ; BASTIEN SANDOZ, La conciliation, in Procédure civile suisse, 2010, p. 86 n. 85 i.f.; ALEXANDER WYSS, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [éd.], 2010, n° 3 ad art. 211 CPC ; CHRISTINE MÖHLER, in ZPO Kommentar, Gehri/Kramer [éd.], 2010, n° 2 ad art. 211 CPC ). Un auteur précise que la voie de l'opposition doit être empruntée même lorsqu'il s'agit de contester des vices formels tels que l'incompétence de l'autorité de conciliation saisie (cf. BRIGITTE RICKLI, in BGE 140 III 310 S. 312 Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner et al. [éd.], 2011, n° 22 ad art. 211 CPC ). 1.3.2 Le Tribunal fédéral a été amené à préciser que l'autorisation de procéder n'est pas une décision, de sorte qu'elle ne peut faire l'objet ni d'un recours, ni d'un appel; la validité de cet acte doit être examinée d'office par le tribunal devant lequel l'action doit être portée ( ATF 139 III 273 consid. 2.1 et 2.3). Ce tribunal pourra par exemple être amené à constater qu'une partie n'a pas comparu personnellement à l'audience de conciliation, que l'autorité de conciliation a méconnu cette situation et délivré une autorisation de procéder non valable, et qu'en conséquence, une des conditions de recevabilité de la demande fait défaut ( ATF 140 III 70 consid. 5). 1.4 Il faut admettre que lorsque le justiciable refuse de se soumettre à une proposition de jugement, quel que soit son motif, il dispose uniquement de la voie de l'opposition; il lui suffit d'exprimer son refus, sans avoir à le justifier (art. 211 al. 1 in fine CPC). En l'occurrence, l'autorité de conciliation a certes aussi refusé (implicitement) de constater le défaut de comparution et de rayer la cause. Toutefois, du moment qu'elle émettait une proposition de jugement, les bailleurs pouvaient soit accepter son projet de règlement à l'amiable et renoncer à invoquer le défaut, soit rejeter cette proposition et obtenir une autorisation de procéder devant le tribunal, auquel ils pouvaient soumettre une nouvelle demande de rayer la cause du rôle (cf. au surplus consid. 1.6 non publié). Les bailleurs ne pouvaient pas recourir au Tribunal cantonal pour lui faire trancher la seule question du défaut de comparution et préserver la proposition de jugement, dans l'hypothèse où leur recours serait rejeté. Le Tribunal cantonal aurait donc dû déclarer le recours irrecevable.
null
nan
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Federation
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Urteilskopf 117 Ib 270 35. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. September 1991 i.S. WWF Schweiz und Schweiz. Bund für Naturschutz gegen X., Gemeinde Steinen und Regierungsrat des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Raumplanerische Ausnahmebewilligung, Natur- und Heimatschutz. 1. Art. 12 NHG , Art. 55 USG , Art. 24 RPG ; Beschwerderecht der gesamtschweizerischen Umweltschutzorganisationen. Pflicht der gesamtschweizerischen ideellen Vereinigungen zur Beteiligung am kantonalen Verfahren (E. 1a-c). 2. Art. 16, 22, 24 RPG ; Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone, Ausnahmebewilligung für eine Geflügelmasthalle. Bauten für die bodenunabhängige Geflügelmast sind in einer Landwirtschaftszone grundsätzlich nicht zonenkonform (E. 3). Sie können jedoch zur Aufstockung eines Landwirtschaftsbetriebs standortgebunden sein ( Art. 24 Abs. 1 RPG ). Standortgebundenheit im vorliegenden Fall bejaht (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 271 BGE 117 Ib 270 S. 271 X. ist Eigentümer eines Landwirtschaftsbetriebs in der Gemeinde Steinen. Er bewirtschaftet etwa 10,2 ha Land; davon sind rund 0,4 ha Pachtland. Zur Liegenschaft gehören zwei ältere Stallgebäude, in welchen zur Zeit 13 Kühe gehalten werden. Haupterwerbszweig des Betriebs ist die Milchwirtschaft mit einem zugeteilten Milchkontingent von 50 000 kg pro Jahr. Am 4. April 1989 erteilte das Bundesamt für Landwirtschaft die nach der Landwirtschaftsgesetzgebung erforderliche Bewilligung BGE 117 Ib 270 S. 272 für den Neubau einer Geflügelmasthalle für 5000 Mastpoulets (Bewilligung gemäss Art. 13 der Stallbauverordnung vom 13. April 1988, SR 916.016). Diese Verfügung wurde vom Bundesamt für Landwirtschaft am 19. Dezember 1989 in eine Bewilligung für 1400 Masttruten geändert. In beiden Verfügungen werden die notwendigen weiteren Bewilligungen vorbehalten. Am 29. Mai 1989 reichte X. das Baugesuch für die Errichtung eines SEG-Geflügelmaststalls Typ 87 ein. Dieser auch der Stallbaubewilligung des Bundesamtes für Landwirtschaft zugrunde liegende Hallentyp mit einer Länge von rund 26 m, einer Breite von 12,5 m und einer Firsthöhe von 6 m sieht ausserdem zwei Futtersilos mit einer Höhe von 5,7 bzw. 6,8 m vor. X. legte dar, dass er die Geflügelmasthalle zur Aufstockung seines Betriebs benötige, damit dieser weiterhin eine landwirtschaftliche Existenz bieten könne. Die Baute liegt in der Landwirtschaftszone der Gemeinde Steinen in einem Gebiet, das im kantonalen Richtplan als "Streu- und Hofsiedlungsgebiet" bezeichnet ist. In einer Entfernung von rund 350 m befindet sich der Weiler Ecce Homo; ein vom Bund geschütztes Ortsbild (Verordnung vom 9. September 1981 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz, VISOS, SR 451.12, S. 6). Das Baugesuch wurde im Amtsblatt des Kantons Schwyz publiziert, wobei gemäss der vom Kanton Schwyz befolgten Praxis ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass es sich um ein Projekt ausserhalb der Bauzone handle. Gegen das Bauvorhaben gingen innert der Auflagefrist keine Einsprachen ein. Am 25. August 1989 lehnte das kantonale Amt für Raumplanung eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) für das Vorhaben ab. X. führte gegen diese Verfügung beim Regierungsrat des Kantons Schwyz Beschwerde und beantragte, es sei ihm die Erstellung der Geflügelmasthalle zu bewilligen. Der Gemeinderat Steinen unterstützte diesen Antrag. Mit Entscheid vom 14. November 1989 hiess der Regierungsrat des Kantons Schwyz die Beschwerde gut, hob die Verfügung des Amts für Raumplanung vom 25. August 1989 auf und erteilte die Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG für den Bau der Geflügelmasthalle. Weitere notwendige Bewilligungen, namentlich die Baubewilligung des Gemeinderats Steinen, wurden vorbehalten. Die Ausnahmebewilligung wurde nicht publiziert. BGE 117 Ib 270 S. 273 Mit Schreiben vom 22. Dezember 1989 an den Regierungsrat verlangte die Sektion Mythen des World Wildlife Fund (WWF) Schweiz, eine allenfalls erteilte Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG sei gemäss Art. 25 Abs. 2 der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 (RPV) im kantonalen Amtsblatt zu veröffentlichen. Das Justizdepartement berief sich in seinem Antwortschreiben vom 29. Dezember 1989 auf die Publikationspraxis des Kantons Schwyz, wonach lediglich das Bauvorhaben publiziert werde. Der WWF, der sich mit dieser Antwort nicht zufriedengab, verlangte die Eröffnung des Entscheids des Regierungsrats über die Gewährung der Ausnahmebewilligung. Nach einem wiederholten Schriftenwechsel stellte das Justizdepartement am 6. März 1990 den umstrittenen Regierungsratsentscheid dem Vertreter der Sektion Mythen des WWF zu. Am 7. April 1990 haben der WWF Schweiz und der Schweizerische Bund für Naturschutz (SBN) beim Bundesgericht eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrats vom 14. November 1989 eingereicht. Die Beschwerdeführer rügen in formeller Hinsicht eine Verletzung von Art. 25 Abs. 2 RPV , wonach die Kantone die Ausnahmebewilligungen im kantonalen Publikationsorgan gesondert anzuzeigen haben. In materieller Hinsicht machen sie eine Verletzung von Art. 24 RPG geltend. X. teilt in seiner Eingabe vom 25. Mai 1990 mit, er habe einen Monat nach Vorliegen des Regierungsratsentscheids vom 14. November 1989 mit den Bauarbeiten begonnen. Am 12. April 1990 habe er vom Justizdepartement des Kantons Schwyz zufolge der von den Beschwerdeführern eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufforderung erhalten, die Bauarbeiten einzustellen. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch der Bau bereits erstellt gewesen. Das zur Stellungnahme aufgeforderte Bundesamt für Raumplanung beantragt in seiner Vernehmlassung vom 2. Oktober 1990, auf die Beschwerde sei einzutreten. Die Veröffentlichung bloss des Baugesuches sei ungenügend und widerspreche Art. 25 Abs. 2 RPV . Es wäre für die nach Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG) zur Beschwerde berechtigten Organisationen ein unzumutbarer Aufwand, wenn sie sich am kantonalen Verfahren beteiligen müssten. Ausserdem widerspräche eine solche Forderung der Regel von Art. 103 lit. c OG . BGE 117 Ib 270 S. 274 In materieller Hinsicht ist das Bundesamt der Meinung, es gehe um eine vollständig bodenunabhängige Geflügelmasthalle. Ein solches Vorhaben sei weder positiv noch negativ auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen. Die Beschwerde sei daher gutzuheissen. Eine Delegation des Bundesgerichts führte am 7. März 1991 einen Augenschein mit Instruktionsverhandlung an Ort und Stelle durch. Die Parteien sowie die Vertreter des Kantons, der Gemeinde und der zuständigen Bundesämter erhielten Gelegenheit, ihren Standpunkt eingehend darzulegen. Der Augenschein bestätigte, dass die Geflügelmasthalle erstellt und die Trutenmast in Betrieb ist. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Mit dem angefochtenen Entscheid hat der Regierungsrat des Kantons Schwyz als letzte kantonale Instanz ( Art. 98 lit. g OG ) eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG erteilt. Dieser Entscheid ist gemäss Art. 34 Abs. 1 RPG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechtbar ( BGE 117 Ib 10 f. E. 2a mit Hinweisen). a) Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG für ein Vorhaben ausserhalb der Bauzone ist eine Bundesaufgabe im Sinne von Art. 24sexies Abs. 2 BV und Art. 2 NHG ( BGE 117 Ib 100 , BGE 116 Ib 122 ). Die Beschwerdeführer sind gemäss Art. 12 Abs. 1 NHG i.V.m. Art. 103 lit. c OG grundsätzlich zur Beschwerdeführung berechtigt ( BGE 116 Ib 121 , BGE 114 Ib 84 E. 1b, BGE 110 Ib 161 f. E. 2). Das Bundesgericht verlangt in seiner neueren Rechtsprechung, dass sich die nach Art. 12 Abs. 1 NHG oder Art. 55 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) beschwerdeberechtigten Organisationen bereits am kantonalen Verfahren als Partei beteiligen ( BGE 116 Ib 122 f.). Ein Verzicht auf das Ergreifen desjenigen Rechtsmittels, das zum letztinstanzlichen kantonalen Entscheid führt, schliesst die grundsätzlich beschwerdeberechtigten Organisationen in der Regel von der Beschwerdeführung im Bund aus ( BGE 116 Ib 122 , 418 ff., 466 E. 2a). Bisher konnte die Frage offengelassen werden, ob eine entsprechende Beteiligungspflicht der ideellen Vereinigungen überdies in bezug auf die Einspracheerhebung oder Beschwerdeführung vor den unteren kantonalen Instanzen bestehe. Eine solche BGE 117 Ib 270 S. 275 Pflicht kann sich jedenfalls insoweit, als sie den Ausschluss von den in Art. 12 NHG und Art. 55 USG enthaltenen Beschwerdemöglichkeiten vor den Rechtsmittelinstanzen des Bundes bewirken soll und damit dieses Beschwerderecht der ideellen Organisationen näher umschreibt, nur aus dem Bundesrecht ergeben. Das kantonale Recht kann zwar trotzdem Beteiligungspflichten vorsehen; diese können jedoch nicht zum Ausschluss von Rechtsmittelmöglichkeiten führen, welche gestützt auf die Art. 12 NHG und Art. 55 USG bestehen. Gegen eine freiwillige Beteiligung der gesamtschweizerischen Organisationen an kantonalen Rechtsmittelverfahren ist hingegen nichts einzuwenden. Sie sind dazu gemäss Art. 55 Abs. 3 USG sogar ausdrücklich berechtigt; dies gilt wegen des engen Zusammenhangs zwischen Art. 55 USG und Art. 12 NHG für den Anwendungsbereich beider Vorschriften ( BGE 116 Ib 431 f. E. 3e = ZBl 92/1991, S. 378). Dabei ist zu beachten, dass das kantonale Recht den beschwerdeberechtigten Organisationen dieselben Parteirechte zu gewähren hat wie das Bundesrecht ( BGE 116 Ib 122 , 112 Ib 71 mit zahlreichen Hinweisen), was der Einheit des Verfahrens entspricht und sich für den Anwendungsbereich des Raumplanungsgesetzes des Bundes auch ausdrücklich aus Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG ergibt ( BGE 112 Ib 173 E. 5a mit Hinweisen). b) Zur teilweisen Neuregelung des Beschwerderechts der ideellen Verbände schlägt der Bundesrat in seiner Botschaft vom 26. Juni 1991 über die Änderung des NHG (BBl 1991 III 1121 ff.) einen neuen Art. 12a NHG mit folgendem Wortlaut vor: "Publikation und Verfahrenseintritt 1 Besteht in einem Verfahren ein Beschwerderecht nach Art. 12 Abs. 1 NHG , so zeigt die Behörde das Gesuch oder die beabsichtigte Verfügung den Gemeinden und Organisationen durch schriftliche Mitteilung oder durch Veröffentlichung im Bundesblatt oder im kantonalen Publikationsorgan an. Ausgenommen sind die in Art. 30 Abs. 2 aufgeführten Fälle. 2 Die Behörde setzt eine angemessene Frist für Einwendungen. Gemeinden und Organisationen, die innert dieser Frist keine Einwendungen erheben, können sich am weiteren Verfahren zum gleichen Gegenstand nicht mehr als Partei beteiligen." Mit dieser neuen Bestimmung sollen die Gemeinden und Organisationen verpflichtet werden, bereits im erstinstanzlichen Verfahren aktiv zu werden. Nach Auffassung des Bundesrats liegt es im Interesse aller Parteien, dass sämtliche für ein Vorhaben relevanten Aspekte möglichst frühzeitig eingebracht werden. Deshalb BGE 117 Ib 270 S. 276 sei die Mitwirkungspflicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren anderen Lösungen vorzuziehen (BBl 1991 III 1140). Es wird Sache des Bundesgesetzgebers sein zu entscheiden, ob die Bestimmungen über das Beschwerderecht der gesamtschweizerischen Organisationen im Sinne der bundesrätlichen Botschaft geändert werden sollen oder nicht. Das Bundesgericht hat sich auf die Anwendung des heute geltenden Rechts zu beschränken ( Art. 114bis Abs. 3 BV ). Beachtung verdient allerdings die Tatsache, dass der Bundesrat eine Gesetzesrevision vorschlägt. Er bringt damit zum Ausdruck, dass die Einspracheerhebung durch die beschwerdeberechtigten Organisationen ( Art. 12 NHG , Art. 55 USG ) als Voraussetzung für die Ergreifung weiterer Rechtsmittel nur verlangt werden kann, wenn das geltende Bundesrecht entsprechend geändert wird. Dieses sieht eine solche Pflicht nicht vor, und es ist bei der gegebenen Rechtslage sowohl dem Bundesgericht als auch den Kantonen verwehrt, die Einspracheerhebung als Voraussetzung für die Ergreifung der bundesrechtlichen Rechtsmittel gemäss Art. 12 Abs. 1 NHG anzuordnen. c) In bezug auf das mehrstufige Ausnahmebewilligungsverfahren für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone gemäss Art. 24 RPG hat das Bundesgericht erklärt, ein Ausschluss der nach Art. 12 NHG beschwerdeberechtigten Vereinigungen vom kantonalen Beschwerdeverfahren dürfe nicht angedroht werden oder Platz greifen, bevor die Verfügung gemäss Art. 25 Abs. 2 RPV im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht worden sei ( BGE 116 Ib 433 E. 3g, 467 E. 2b). Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG erst im Beschwerdeverfahren durch die letzte kantonale Instanz, den Regierungsrat, erteilt, nachdem das kantonale Amt für Raumplanung eine solche Bewilligung zuvor abgelehnt hatte. Der angefochtene Entscheid wurde dem WWF erst auf ausdrücklichen Wunsch hin eröffnet und entgegen Art. 25 Abs. 2 RPV nicht publiziert. Bei dieser Sachlage waren weder der WWF Schweiz noch der SBN veranlasst, sich am kantonalen Verfahren zu beteiligen. Die vorstehenden Erwägungen zeigen überdies, dass im vorliegenden Fall für diese Organisationen weder nach dem kantonalen noch dem geltenden Bundesrecht eine Pflicht zur Beteiligung am kantonalen Verfahren bestand. d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gemäss Art. 106 OG innert 30 Tagen seit Eröffnung der Verfügung einzureichen. BGE 117 Ib 270 S. 277 Aus mangelhafter Eröffnung darf den Parteien kein Nachteil erwachsen ( Art. 38 VwVG ). Nach der Meinung des Regierungsrats ist die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde - trotz unterlassener Publikation der Ausnahmebewilligung - verspätet ergriffen worden, da die Beschwerdeführer bereits im Dezember 1989 von der Ausnahmebewilligung Kenntnis gehabt hätten. Die erst am 7. April 1990 eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei daher ohnehin verspätet. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Der Entscheid vom 14. November 1989, mit welchem der Regierungsrat die ablehnende Verfügung des kantonalen Raumplanungsamts aufhob und die Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG erteilte, wurde weder publiziert noch den Beschwerdeführern individuell eröffnet. Es kann ihnen nicht vorgehalten werden, sie hätten sich verspätet um klare Information bemüht, als sie sich am 22. Dezember 1990 an das Justizdepartement um Auskunft wandten. Dass ihnen der Entscheid nicht sofort zugestellt wurde, sondern erst nach wiederholtem Schriftenwechsel am 6. März 1990, haben nicht die beschwerdeführenden Organisationen zu verantworten. Ihre innert 30 Tagen nach Erhalt des angefochtenen Entscheids eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit rechtzeitig erhoben worden. e) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die Beschwerdeführer eine Verletzung von Bundesrecht sowie eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend machen ( Art. 104 lit. a und b OG ). Das Bundesgericht kann die Feststellung des Sachverhalts von Amtes wegen überprüfen. An die vorinstanzlichen Feststellungen ist es nicht gebunden, da keine Rekurskommission und kein kantonales Gericht als Vorinstanz entschieden hat ( Art. 105 OG ). Die Beschwerdeführer machen in erster Linie die Verletzung von Bundesrecht geltend. Sie sind der Meinung, der unbestrittenermassen bodenunabhängige Geflügelmastbetrieb des Beschwerdegegners gehöre in eine Gewerbezone und könne nicht in der Landwirtschaftszone aufgrund einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG zugelassen werden. Sie bestreiten die Standortgebundenheit des Betriebs und berufen sich auf entgegenstehende überwiegende Interessen. Das Vorhaben beeinträchtigt nach ihrer Auffassung das empfindliche Landschaftsbild und den geschützten Weiler Ecce Homo. Insoweit werfen sie der Regierung eine BGE 117 Ib 270 S. 278 unzutreffende Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts vor. Das Bundesgericht prüft diese Einwendungen umfassend ohne Beschränkung seiner Kognition. Im vorliegenden Fall hat es auch keinen Anlass, in bezug auf die Würdigung der örtlichen Verhältnisse Zurückhaltung walten zu lassen, nachdem eine bundesgerichtliche Delegation eine eingehende Ortsbesichtigung durchgeführt hat ( BGE 115 Ib 316 , BGE 109 Ib 300 E. 3). f) Es ergibt sich, dass im vorliegenden Verfahren sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten. 2. Mit dem angefochtenen Entscheid erteilte der Regierungsrat eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG für eine Geflügelmasthalle in der Landwirtschaftszone ( Art. 16 RPG ). Die Beschwerdeführer bestreiten die Zulässigkeit des Vorhabens sowohl unter dem Gesichtspunkt der Zonenkonformität nach Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG als auch demjenigen der Standortgebundenheit nach Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG . Sie sind der Meinung, eine solche Masthalle gehöre in eine Gewerbezone. Es ist zunächst zu prüfen, ob die umstrittene Baute der in der Landwirtschaftszone geltenden Nutzungsordnung tatsächlich nicht entspricht und somit eine ordentliche Baubewilligung für zonenkonforme Bauten und Anlagen im Sinne von Art. 22 RPG nicht in Frage kommt, wie dies der Regierungsrat und die Beschwerdeführer annehmen. Wenn sich diese Auffassung als zutreffend erweist, stellt sich weiter die Frage, ob die Masthalle wegen ihres Ausmasses und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden kann und deshalb der bundesrechtlichen Planungspflicht unterliegt (vgl. BGE 116 Ib 53 f. E. 3a, 139 E. 4, BGE 115 Ib 513 E. 6a, BGE 114 Ib 315 ff., je mit Hinweisen). Ist dies nicht der Fall, bleibt zu untersuchen, ob die Halle als Ausnahme nach Art. 24 RPG bewilligt werden darf ( BGE 116 Ib 229 f. E. 2, BGE 115 Ib 297 E. 2, je mit weiteren Hinweisen). Dabei muss abgeklärt werden, ob gestützt auf kantonales Recht, das nach Art. 24 Abs. 2 RPG zur Anwendung gelangt, eine Ausnahmebewilligung in Frage kommt. Trifft dies nicht zu, so ist zu prüfen, ob das Vorhaben nach der abschliessenden bundesrechtlichen Regelung von Art. 24 Abs. 1 RPG zulässig ist ( BGE 108 Ib 132 E. 1a mit Hinweisen). 3. a) Die Landwirtschaftszone umfasst gemäss Art. 16 RPG Land, das sich für die landwirtschaftliche Nutzung bzw. den Gartenbau eignet oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt BGE 117 Ib 270 S. 279 werden soll. Dem Zweck der Landwirtschaftszone entsprechen Bauten und Anlagen dann, wenn für die Nutzung, der sie dienen, der Boden als Produktionsfaktor unentbehrlich ist; wo landwirtschaftliche Erzeugnisse bodenunabhängig gewonnen werden, liegt keine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von Art. 16 RPG vor ( BGE 116 Ib 134 E. 3a, BGE 115 Ib 297 E. 3a, je mit Hinweisen). Bauten und Anlagen für die Tierhaltung in der Landwirtschaftszone können somit nur dann als zonenkonform im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG bewilligt werden, wenn der Landwirtschaftsbetrieb über eine ausreichende eigene Futterbasis verfügt und die Tiere nicht überwiegend mit zugekauften Futtermitteln ernährt werden. Je nach Art der Nutzung muss ein angemessener, jedenfalls überwiegender Anteil betriebseigener Futtermittel verfügbar sein (LEO SCHÜRMANN, Zulässigkeit von Aufstockungsbetrieben in der Landwirtschaftszone, Rechtsgutachten, Bundesamt für Raumplanung, Bern 1990, S. 4). Nur von untergeordneter Bedeutung für die Anerkennung der Tierhaltung als landwirtschaftliche Nutzung im Sinne der Raumplanung ist das Merkmal der Jaucheverwertung. Aus dem Umstand, dass die Jauche als Dünger auf landwirtschaftlichem Boden ausgebracht werden kann, ergibt sich noch keine landwirtschaftliche Nutzung ( BGE 115 Ib 298 E. 2c). Ein überwiegend bodenabhängiger Betrieb kann zudem über Bauten verfügen, denen eine direkte betriebliche Hilfsfunktion zukommt (z.B. Einstell- bzw. Lagerräume für Bewirtschaftungsgeräte oder landwirtschaftliche Hilfsstoffe etc.). Bei der Beurteilung der Zonenkonformität ist nach der Praxis entscheidend, ob der Betrieb bei einer gesamthaften Betrachtung seines langfristigen Bewirtschaftungskonzepts und der zu dessen Realisierung eingesetzten Mittel grundsätzlich als bodenabhängiger Betrieb bezeichnet werden kann (vgl. BGE 116 Ib 137 E. 3d mit Hinweisen). b) Nach Auffassung einer Arbeitsgruppe der Bundesämter für Raumplanung und für Landwirtschaft sollte im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter gewissen Umständen auch eine Masthalle ohne eigene Futterbasis in der Landwirtschaftszone als zonenkonform betrachtet werden, wenn das mit ihr erzielte zusätzliche Einkommen die Existenz des Landwirtschaftsbetriebs sichere (so auch M. HUSER, Die Bodenabhängigkeit der Tierhaltung nach Landwirtschafts- und Raumplanungsrecht, in Blätter für Agrarrecht 1991, S. 41 ff.). In einem Zwischenbericht vom 29. Mai 1991 vertritt die genannte Arbeitsgruppe die Meinung, dass die Zonenkonformität BGE 117 Ib 270 S. 280 bejaht werden solle, wenn ein bestimmter Anteil des Gesamteinkommens des Betriebsinhabers durch eine bodenunabhängige Produktion erzielt werde, etwa ein Anteil von 30, evtl. bis 40%, während der hauptsächliche Einkommensanteil von 60 bis 70% aus bodenabhängiger Produktion erwirtschaftet werden müsse. c) Am bundesgerichtlichen Augenschein hat sich gezeigt, dass X. auf seinem Hof vorwiegend bodenabhängige Milchwirtschaft betreibt und dass er kein eigenes Futter für die Trutenmast produziert. Sämtliche Nahrung für die Truten wird zugekauft. Es liegt somit, wie der Regierungsrat richtig gefolgert hat, eine innere Aufstockung durch einen bodenunabhängigen Mastbetrieb von erheblichem Ausmass vor, welche nach der bundesgerichtlichen Praxis in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform ist, weil es sich bei diesem neuen Betriebsteil nicht um eine konventionelle bodenabhängige landwirtschaftliche Nutzung handelt (vgl. Urteil vom 14. März 1990 in ZBl 92/1991, S. 174 ff.). In raumplanerischer Hinsicht ist massgebend, dass die Masthalle keine direkte Hilfsfunktion für die bisherige zonenkonforme landwirtschaftliche Nutzung erfüllt und auch keinen funktionellen Zusammenhang mit den über 100 m entfernten landwirtschaftlichen Gebäuden des Beschwerdegegners aufweist. Es handelt sich bei der Trutenmast vielmehr um einen zusätzlichen, eigenständigen Produktionsteil, der die landwirtschaftliche Tätigkeit ergänzt. Somit kann auch im Hinblick auf die raumplanerische Gesamtbetrachtung (vgl. BGE 116 Ib 137 E. 3d mit Hinweisen) nicht gesagt werden, eine derart eigenständige, bodenunabhängig bewirtschaftete Trutenmasthalle sei allein deshalb zonenkonform, weil sie die Existenzsicherung des herkömmlichen Landwirtschaftsbetriebs des Beschwerdegegners ermögliche. Entgegen der oben (E. 3b) wiedergegebenen Meinung einer Arbeitsgruppe der Bundesämter für Raumplanung und für Landwirtschaft kann es für die Beantwortung der Frage der Zonenkonformität im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG nicht darauf ankommen, ob ein Landwirt aus wirtschaftlichen Gründen auf einen zonenfremden Erwerbszweig angewiesen ist. Ebensowenig geht es an, zur Ermittlung der Zonenkonformität auf blosse Prozentzahlen für den Anteil der bodenabhängigen bzw. bodenunabhängigen Bewirtschaftung abzustellen (vgl. BGE 116 Ib 136 ). Entscheidend ist vielmehr, ob die umstrittene Baute unter Berücksichtigung des auf dem Landwirtschaftsbetrieb verfolgten Bewirtschaftungskonzepts BGE 117 Ib 270 S. 281 dem Zweck der Landwirtschaftszone entspricht. Dies ist bei einer völlig bodenunabhängig bewirtschafteten Masthalle - auch wenn sie der Existenzerhaltung des gesamten Landwirtschaftsbetriebs dient - zweifelsfrei nicht der Fall. d) Somit ergibt sich, dass für die umstrittene Masthalle mangels Zonenkonformität keine Baubewilligung nach Art. 22 RPG erteilt werden kann. Es handelt sich im übrigen auch nicht um ein Vorhaben, das nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden könnte, da dessen räumliche Auswirkungen verhältnismässig eng begrenzt sind (vgl. BGE 116 Ib 53 f. E. 3a, 139 E. 4, BGE 115 Ib 513 E. 6a, je mit Hinweisen), so dass im Rahmen der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde weiter zu untersuchen ist, ob die Baute als Ausnahme im Sinne von Art. 24 RPG bewilligt werden kann. 4. Unbestritten ist, dass auf die Masthalle Art. 24 Abs. 2 RPG nicht anwendbar ist, da es sich um einen Neubau handelt. Eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG kann erteilt werden, wenn der Zweck der Baute einen Standort ausserhalb der Bauzone erfordert (lit. a) und wenn dem Vorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein ( BGE 116 Ib 230 E. 3, BGE 115 Ib 298 f. E. 3 mit Hinweisen). a) Die Standortgebundenheit wird nach der bundesgerichtlichen Praxis nur dann bejaht, wenn eine Baute aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist. Dabei beurteilen sich die Voraussetzungen nach objektiven Massstäben, und es kann weder auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Einzelnen noch auf die persönliche Zweckmässigkeit oder Bequemlichkeit ankommen. Zudem sind an die Erfordernisse der Standortgebundenheit strenge Anforderungen zu stellen ( BGE 116 Ib 230 E. 3a, BGE 115 Ib 299 E. 3a, BGE 113 Ib 141 E. 5a, je mit Hinweisen). In diesem Sinne können, wie aus den nachfolgenden Erwägungen hervorgeht, nicht zonenkonforme Bauten, die einem Landwirtschaftsbetrieb dienen und zu dessen Sicherung notwendig sind, unter gewissen Voraussetzungen ausserhalb der Bauzonen als standortgebunden anerkannt werden. b) Wie in E. 3 hiervor dargelegt wurde, kann die bodenunabhängig bewirtschaftete Masthalle in der Landwirtschaftszone nicht als zonenkonform betrachtet werden. Nach Ansicht des Beschwerdegegners und des Regierungsrats ist jedoch die Standortgebundenheit BGE 117 Ib 270 S. 282 aus betriebswirtschaftlichen Gründen zu bejahen, weil nur mit der Aufstockung die Existenz des gesamten Landwirtschaftsbetriebs gesichert sei. Diese Frage kann nicht generell beantwortet werden. Die Standortgebundenheit ist vielmehr im Einzelfall, je nach Art und Grösse des herkömmlichen Landwirtschaftsbetriebs und des in Frage stehenden bodenunabhängigen Betriebszweigs sowie nach Massgabe der jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu beurteilen. aa) Im vorliegenden Fall steht ein kleinerer Landwirtschaftsbetrieb mit einer Fläche von 10,2 ha zur Diskussion, der, mit Ausnahme der Trutenmast, in der Landwirtschaftszone zonenkonform bewirtschaftet wird. Das zusätzliche Einkommen aus der bodenunabhängigen Trutenmast beträgt nach der Aufstockung etwa 30 bis höchstens 35% des gesamten Betriebseinkommens von ca. Fr. 50'000.--. Dieses Einkommen ist zur Existenzsicherung des gesamten, im übrigen zonenkonformen Landwirtschaftsbetriebs erforderlich. bb) An der Erhaltung solcher Betriebe, die im Kanton Schwyz weit verbreitet sind, besteht ein erhebliches öffentliches Interesse. Dies lässt sich u.a. schon daran erkennen, dass gemäss Art. 31bis Abs. 3 lit. b BV zur Erhaltung eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen Landwirtschaft sowie zur Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes sogar Abweichungen von der Handels- und Gewerbefreiheit ausdrücklich zulässig sind. Die genannte Zielsetzung entspricht auch dem Gebot von Art. 22quater BV , mit Massnahmen der Raumplanung die zweckmässige Nutzung des Bodens und eine geordnete Besiedlung des Landes zu fördern. Mit raumplanerischen Massnahmen sollen u.a. die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt, das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben in den einzelnen Landesteilen gefördert und die ausreichende Versorgungsbasis des Landes gesichert werden (Art. 1 Abs. 2 lit. a, c und d RPG). Dabei ist darauf zu achten, dass die Landschaft geschont wird, die Landwirtschaft über genügende Flächen geeigneten Kulturlandes verfügt und naturnahe Landschaften und Erholungsräume erhalten bleiben ( Art. 3 Abs. 2 RPG ). Die Sicherung der Existenzfähigkeit kleinerer Landwirtschaftsbetriebe dient diesen Zielen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass auch Teile des vom Beschwerdegegner genutzten Ackerlandes zu den geschützten Fruchtfolgeflächen gemäss Art. 16 ff. RPV gehören. Auch kommt der Pflege der in Frage stehenden Kulturlandschaft, in welcher sich der geschützte Weiler Ecce BGE 117 Ib 270 S. 283 Homo befindet, erhebliche Bedeutung zu, geht es dabei doch um Flächen, die im Sinne von Art. 16 Abs. 1 lit. b RPG ebenfalls im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden sollen. cc) Zudem ist zu beachten, dass Art. 13 der Stallbauverordnung des Bundes die Bewilligung von Aufstockungen grundsätzlich nur zulässt, wenn nach der Aufstockung eine bestimmte Einkommensgrenze (z.Zt. Fr. 85'000.--) nicht überschritten wird (lit. a), der Landwirtschaftsbetrieb einen wesentlichen Anteil offener Ackerfläche aufweist (lit. b) und mindestens 50% des Betriebseinkommens aus rein landwirtschaftlichen Produktionszweigen erzielt werden kann (lit. c). Diese Bestimmungen, die im Rahmen der Prüfung der Standortgebundenheit des Aufstockungsteils mitzuberücksichtigen sind, sprechen ebenfalls dafür, dass massvolle Aufstockungen dann bewilligt werden sollten, wenn sie sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen zur Erhaltung einer landwirtschaftlichen Existenzgrundlage aufdrängen. dd) Die zur Existenzsicherung notwendige Trutenmast könnte nicht in grösserer Entfernung vom Landwirtschaftsbetrieb durchgeführt werden, weil die Betreuung der Truten die Anwesenheit von Betreuungspersonen rund um die Uhr, also auch nachts, erfordert. Es kann dem Beschwerdegegner somit nicht zugemutet werden, einen weiter entfernten Standort zu wählen. ee) Es ergibt sich somit dass die im vorliegenden Fall zu beurteilende Trutenmasthalle im Sinne von Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG standortgebunden ist. c) Weiter ist abzuklären, ob dem Vorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Die Beschwerdeführer weisen zu Recht auf die besondere Sorgfalt hin, welche aufgewendet werden muss, um Bauten und Anlagen gut in die empfindliche Landschaft einzufügen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 3 Abs. 2 lit. b und d RPG ). In einer Entfernung von rund 350 m befindet sich der Weiler Ecce Homo, welcher, wie vorne erwähnt, ein vom Bund geschütztes Ortsbild darstellt. Bauten und Anlagen müssen in der empfindlichen Kulturlandschaft überdies gemäss der Anordnung des kantonalen Richtplans vom 22. Januar 1986 auf ihre Landschaftsverträglichkeit hin geprüft werden. Der bundesgerichtliche Augenschein hat gezeigt, dass der Beschwerdegegner auf seinem Land einen günstigen Standort gewählt hat, da sich die Geflügelmasthalle in einer leichten Geländemulde befindet und nicht besonders exponiert ist. Auch ist der Normbau mit Holz verkleidet und das Dach mit dunklem BGE 117 Ib 270 S. 284 Eternit bedeckt. Der Regierungsrat durfte bei dieser Sachlage das Vorhaben bewilligen, ohne dass ihm eine Verletzung des ihm zustehenden Ermessens vorgeworfen werden könnte. Problematisch sind freilich die beiden Silos, die ausserhalb des Gebäudes bewilligt wurden. Hier hat der Regierungsrat indessen eine geeignete Bepflanzung angeordnet, welche die Silos in angemessener Zeit jedenfalls teilweise verdecken wird. Die Silos ragen im übrigen kaum über den First der Masthalle hinaus. Von einer Beeinträchtigung des rund 350 m entfernten Weilers Ecce Homo kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden. Andere Interessen, die der Masthalle entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Die vom Regierungsrat erteilte Ausnahmebewilligung ist somit auch im Lichte von Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG nicht zu beanstanden. 5. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des WWF und des SBN unbegründet und somit abzuweisen ist. ...
public_law
nan
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1,991
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CH_BGE_003
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Federation
e33515da-c119-4489-8ff5-7760c6ecead8
Urteilskopf 139 IV 199 27. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen X. und Y. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_611/2012 / 6B_693/2012 vom 19. April 2013
Regeste Entschädigung für die amtliche Verteidigung; Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft; Rechtsmittelweg; Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG; Art. 81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b, Art. 135 Abs. 2 und 3, Art. 351 Abs. 1, Art. 381 f., Art. 394 lit. a, Art. 398 Abs. 1, Art. 422 Abs. 1 und 2 lit. a StPO . Die Staatsanwaltschaft kann die Höhe der Entschädigung für die amtliche Verteidigung mit Beschwerde in Strafsachen anfechten (E. 2). Entsprechend steht ihr auch der Rechtsmittelweg im Kanton offen (E. 4). Das Gericht hat über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers im Sachurteil zu befinden. Die Staatsanwaltschaft und die anderen Parteien, die für die Kosten der amtlichen Verteidigung aufzukommen haben, müssen die Reduktion der Entschädigung im Berufungsverfahren verlangen, während sich der amtliche Verteidiger gegen die Höhe der Entschädigung mit Beschwerde zur Wehr setzen muss (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 199 BGE 139 IV 199 S. 199 A. Das Kreisgericht St. Gallen verurteilte X. am 15. September 2011 wegen Sachbeschädigung, Landfriedensbruchs (Sachverhalt St. Gallen) sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer bedingten Geldstrafe von 210 Tagessätzen zu Fr. 30.-. Vom Vorwurf BGE 139 IV 199 S. 200 des Landfriedensbruchs im Sachverhalt Wil und der Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz sprach es ihn frei. Die Verfahrenskosten (ausgenommen die Kosten der amtlichen Verteidigung) auferlegte es je zur Hälfte X. bzw. dem Staat (Dispositiv-Ziff. 7). Es entschädigte die amtliche Verteidigerin, Rechtsanwältin Y., mit Fr. 13'090.- und verpflichtete X., die Entschädigung im Betrag von Fr. 6'090.- an den Staat zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Dispositiv-Ziff. 8). B. B.a Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen legte gegen die Höhe der Entschädigung der amtlichen Verteidigerin beim Kantonsgericht St. Gallen Berufung ein. Gleichzeitig erhob sie vorsorglich Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen. Sie beantragte in beiden Verfahren, Ziff. 8 des Entscheids des Kreisgerichts aufzuheben, die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin auf max. Fr. 6'000.- zuzüglich Barauslagen festzulegen und X. zu verpflichten, max. Fr. 2'670.- an den Staat zurückzuzahlen, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Im Berufungsverfahren verlangte sie zudem, Ziff. 7 des angefochtenen Entscheids sei in der Position amtliche Verteidigung entsprechend anzupassen. B.b Das Kantonsgericht trat am 13. September 2012 auf die Berufung nicht ein. Die Anklagekammer erliess am 26. September 2012 ebenfalls einen Nichteintretensentscheid. C. Die Staatsanwaltschaft führt gegen beide Entscheide Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Kantonsgericht bzw. die Anklagekammer anzuweisen, in der Sache materiell zu entscheiden. D. Das Kantonsgericht und die Anklagekammer verzichteten auf eine Stellungnahme. Rechtsanwältin Y. liess sich nicht vernehmen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Die Staatsanwaltschaft hat ein rechtlich geschütztes Interesse (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG). Ihr steht das Beschwerderecht in Strafsachen ohne Einschränkung zu ( BGE 134 IV 36 E. 1.4). Die Staatsanwaltschaft kann namentlich auch die Höhe der Entschädigung für die private Verteidigung im BGE 139 IV 199 S. 201 Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO anfechten (Urteil 6B_168/2012 vom 27. August 2012 E. 2 und 3). Gleich zu entscheiden ist, wenn es um die Entschädigung des amtlichen Verteidigers geht. Die Beschwerdeführerin weist zutreffend darauf hin, dass die Interessen des amtlichen Verteidigers bei der Festsetzung des Honorars denjenigen des Verurteilten widersprechen. Der Verurteilte, der die Verteidigerentschädigung bei günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen zurückzahlen muss, ist an einer tiefen Entschädigung interessiert, während der Verteidiger einen hohen Betrag will. Dies rechtfertigt die Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft. (...) 4. Gegen die Höhe der Entschädigung für die amtliche Verteidigung ist die Staatsanwaltschaft zur Beschwerde in Strafsachen legitimiert (oben E. 2). Entsprechend muss ihr auch der Rechtsmittelweg im Kanton offenstehen (vgl. Art. 80 Abs. 2 Satz 1 BGG ). Die Rechtsmittellegitimation der Staatsanwaltschaft gemäss Art. 381 Abs. 1 StPO bezieht sich auf alle Punkte des fraglichen Entscheids, mit Ausnahme des Zivilpunkts (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2009, N. 2 zu Art. 381 StPO ; ähnlich MARTIN ZIEGLER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 3 zu Art. 381 StPO ; RICHARD CALAME, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 5 zu Art. 381 StPO ). Die Staatsanwaltschaft kann ein Rechtsmittel zugunsten oder zuungunsten der beschuldigten oder verurteilten Person ergreifen ( Art. 381 Abs. 1 StPO ). Zu prüfen bleibt damit lediglich, ob sie gegen die Höhe der Entschädigung für die amtliche Verteidigung Berufung ( Art. 398 ff. StPO ) oder Beschwerde ( Art. 393 ff. StPO ) erheben muss. 5. 5.1 Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird, ergehen in Form eines Urteils ( Art. 80 Abs. 1 Satz 1 StPO ). Im Urteil ist auch über die Kosten- und Entschädigungsfolgen zu entscheiden (Art. 81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b, Art. 351 Abs. 1 StPO ). Zu den Verfahrenskosten gehören u.a. die Auslagen für die amtliche Verteidigung und die unentgeltliche Verbeiständung ( Art. 422 Abs. 1 und 2 lit. a StPO ). Art. 135 Abs. 2 StPO sieht vor, dass das urteilende Gericht die Entschädigung des amtlichen Verteidigers am Ende des Verfahrens festsetzt. Gleiches gilt für das Honorar des unentgeltlichen Rechtsbeistands der Privatklägerschaft (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 2 StPO ). Da die Auslagen für BGE 139 IV 199 S. 202 die amtliche Verbeiständung und die unentgeltliche Rechtspflege Bestandteil der Verfahrenskosten bilden, hat das Gericht darüber im Sachurteil zu befinden. 5.2 Gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen wurde, können die Staatsanwaltschaft und die übrigen Parteien gemäss Art. 398 Abs. 1 i.V.m. Art. 381 f. StPO Berufung erklären. Dies gilt auch, wenn ausschliesslich Nebenfolgen des Urteils oder die Kosten-, Entschädigungs- und Genugtuungsfolgen streitig sind ( Art. 399 Abs. 4 lit. e und f StPO ; vgl. auch Art. 406 Abs. 1 lit. d StPO ). Die Beschwerde ist im Vergleich zur Berufung subsidiär ( Art. 20 Abs. 1 und Art. 394 lit. a StPO ; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1312 zu Art. 402 Abs. 1 E-StPO). Die Staatsanwaltschaft und die anderen Parteien, die für die Verfahrenskosten aufzukommen haben, müssen die Reduktion der Entschädigung für die amtliche Verteidigung daher im Berufungsverfahren verlangen. Der amtliche Verteidiger und der unentgeltliche Rechtsbeistand der Privatklägerschaft sind nicht Verfahrensparteien ( Art. 104 Abs. 1 StPO ). Ihre Rechtsmittellegitimation hinsichtlich der Festsetzung des Honorars ergibt sich nicht aus Art. 382 StPO , sondern aus der besonderen Regelung in Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO bzw. Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO . Danach steht dem amtlichen Verteidiger und dem unentgeltlichen Rechtsbeistand der Privatklägerschaft gegen den Entschädigungsentscheid des erstinstanzlichen Gerichts im Sinne von Art. 135 Abs. 2 StPO lediglich die Beschwerde offen. 5.3 In der Lehre wird die Auffassung vertreten, das Honorar des amtlichen Verteidigers sei nicht im Urteil selbst, sondern nachträglich in einem separaten Entscheid festzusetzen. Dies ergebe sich indirekt aus Art. 135 Abs. 3 StPO . Da gegen den Entscheid über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers die Beschwerde gegeben sei, müsse die Entschädigung Gegenstand einer Verfügung oder eines Beschlusses bilden. Dieses Vorgehen empfehle sich nicht zuletzt deshalb, weil bei Erlass des Endentscheids die vollständigen Kosten der amtlichen Verteidigung noch nicht feststünden, da beispielsweise noch eine Beratung betreffend Weiterzug des Entscheids anstehen könne (SCHMID, a.a.O., N. 4 zu Art. 135 StPO ; NICKLAUS RUCKSTUHL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 12 zu Art. 135 StPO ). Dessen ungeachtet sei die Tragung der Verteidigungskosten im Kostendispositiv des Urteils aufzuführen (SCHMID, BGE 139 IV 199 S. 203 a.a.O., N. 2 zu Art. 426 StPO ). Damit geht eine Spaltung des Rechtsmittelwegs einher, da die Honorarfestsetzung mit Beschwerde, die Tragung der Verteidigerkosten jedoch mit der Hauptsache, d.h. in der Regel mit Berufung angefochten werden muss (SCHMID, a.a.O., N. 5 zu Art. 135 StPO ; vgl. auch RUCKSTUHL, a.a.O., N. 15 zu Art. 135 StPO ). 5.4 Gegen die erwähnte Lehrmeinung spricht, dass der Gesetzgeber den Entscheid über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers ausdrücklich dem "urteilenden Gericht" zuwies. Die im bundesrätlichen Entwurf (Art. 133 Abs. 2 und Art. 136 Abs. 1 E-StPO) noch vorgesehene Regelung, wonach immer die Verfahrensleitung über die Entschädigung des amtlichen Verteidigers und des unentgeltlichen Rechtsbeistands der Privatklägerschaft zu befinden hat, fand im Parlament keine Zustimmung bzw. wurde vom Bundesrat anlässlich der parlamentarischen Beratungen gar als falsch bezeichnet (AB 2006 S 1014). Die Festsetzung des Honorars für die amtliche Verteidigung im Urteil entspricht der Praxis verschiedener Gerichte und namentlich auch des Bundesstrafgerichts, auf dessen Vorschlag hin das Parlament das urteilende Gericht für zuständig erklärte (AB 2006 S 1014). Dies ist auch insofern sinnvoll, als über die Kostentragung, welche Bestandteil des Urteils ist (vgl. Urteil 6B_112/2012 vom 5. Juli 2012 E. 1.3 betreffend die Kosten der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtspflege der Privatklägerschaft), nur entschieden werden kann, wenn feststeht, welche Kosten überhaupt entstanden sind. Eine Festsetzung der Kostenauflage in Unkenntnis von Höhe und Ursache der betroffenen Kosten könnte im Einzelfall zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen. Das Gericht wäre zudem gezwungen, die Tragung der Verteidigungskosten anteilsmässig oder in Prozenten zu regeln. Die Festlegung eines fixen Betrags (wie vorliegend Fr. 6'090.- von Fr. 13'090.-, was sich bei Teilfreisprüchen aufdrängen kann) wäre ausgeschlossen. Auch die Entschädigung für die private Verteidigung ist zwingend im Urteil festzusetzen (Urteil 6B_472/2012 vom 13. November 2012 E. 2.4). Nicht einzusehen ist, weshalb die Auslagen für die private Rechtsverbeiständung vor Ergehen des Urteils beziffert werden müssen ( Art. 429 Abs. 2 und Art. 433 Abs. 2 StPO ), dem amtlichen Verteidiger Gleiches aber nicht zumutbar sein soll. Nicht praktikabel erscheint zudem die mit der vorgeschlagenen Lösung einhergehende Spaltung des Rechtsmittelwegs. Das Gesetz sieht zugunsten der Parteien für sämtliche Entscheide im BGE 139 IV 199 S. 204 Zusammenhang mit dem Strafurteil das einheitliche Rechtsmittel der Berufung vor. Das Gericht kann auf den Rechtsmittelweg nicht Einfluss nehmen, indem es über zwingende Nebenfolgen des Strafurteils in einem separaten Entscheid befindet. 5.5 Die Sichtweise, wonach die Staatsanwaltschaft und die übrigen Parteien gegen das Honorar für die amtliche Verteidigung Berufung erheben können, steht zudem im Einklang mit den Materialien. Der bundesrätliche Entwurf sah in Art. 436 E-StPO noch vor, dass der Entscheid über die Verfahrenskosten bei der Beschwerdeinstanz anzufechten ist, "wenn er nicht im Rahmen eines anderen Rechtsmittels geprüft werden kann". Gemäss der bundesrätlichen Botschaft bezog sich die in diesem Artikel vorgesehene Anfechtung der Verfahrenskosten auch auf den Betrag der Honorare der amtlichen Verteidigung (BBl 2006 1328 zu Art. 436 E-StPO). Art. 436 E-StPO wurde vom Parlament gestrichen. Dies wurde damit begründet, dass die im Entwurf vorgesehene beschränkte Rechtsmittellegitimation der Privatklägerschaft auf den Schuld- und Zivilpunkt (Art. 390 E-StPO) vom Parlament erweitert und der Privatklägerschaft - ausser hinsichtlich der ausgesprochenen Sanktion - die Rechtsmittellegitimation grundsätzlich zuerkannt wurde ( Art. 382 Abs. 2 StPO ), womit sich Art. 436 E-StPO als überflüssig erwies (AB 2006 S 1055 und 1059). Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass die Höhe des Honorars des amtlichen Verteidigers mit dem Entscheid über die Verfahrenskosten angefochten werden kann und hierfür die allgemeinen Regeln von Art. 381 f. StPO betreffend die Rechtsmittellegitimation der Parteien gelten, wobei die Beschwerde subsidiär zur Berufung ist. 5.6 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber bewusst das urteilende Gericht für die Festsetzung der Entschädigung des amtlichen Verteidigers für zuständig erklärt. Dieser Entscheid - wie auch derjenige über die Entschädigung für die private Verteidigung und die weiteren Verfahrenskosten - ist Gegenstand des Urteils und kann von den Parteien mit Berufung angefochten werden, während sich der amtliche Verteidiger gegen die Höhe der Entschädigung mit Beschwerde zur Wehr setzen muss ( Art. 135 Abs. 3 StPO ). Die Zuständigkeiten der beiden Rechtsmittelinstanzen können sich folglich überschneiden, wenn eine Partei Berufung erhebt und der amtliche Verteidiger die seines Erachtens zu tiefe Entschädigung mit Beschwerde anficht. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Berufung ein reformatorisches Rechtsmittel ist. Die Beschwerde ist im BGE 139 IV 199 S. 205 Vergleich zur Berufung subsidiär. Tritt das Berufungsgericht auf die Berufung ein, so fällt es ein neues Urteil, welches das erstinstanzliche Urteil ersetzt ( Art. 408 StPO ). Damit entfällt das Anfechtungsobjekt des parallelen Beschwerdeverfahrens. Ist dies der Fall, sind die Einwände des amtlichen Verteidigers gegen die Höhe seiner Entschädigung jedoch mit der Berufung zu behandeln.
null
nan
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2,013
CH_BGE
CH_BGE_006
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Federation
e33570e8-c66d-487f-880e-5082ec028d61
Urteilskopf 135 II 123 13. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause X. contre Commission foncière rurale (recours en matière de droit public) 2C_747/2008 du 5 mars 2009
Regeste Art. 64 Abs. 1 lit. f BGBB ; Bewilligung zum Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke; Ausnahme vom Prinzip der Selbstbewirtschaftung. Die öffentliche Ausschreibung darf sich nur auf die dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht unterstellten landwirtschaftlichen Grundstücke oder Gewerbe beziehen. Ausserdem muss, soweit landwirtschaftliche Grundstücke betroffen sind, der Verkaufspreis für jedes einzelne Grundstück separat angegeben werden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 123 BGE 135 II 123 S. 123 Est paru, notamment dans la Feuille des avis officiels du canton de Vaud du 31 août 2007, un "appel d'offres public destiné exclusivement à des exploitants agricoles à titre personnel" portant sur treize parcelles sises sur la commune de Y. qui étaient classées dans différentes zones, soit en zones intermédiaire, agricole-viticole, de forêt et dans le périmètre d'un plan de quartier. Cet appel d'offres mentionnait que les parcelles en cause: BGE 135 II 123 S. 124 "... ont trouvé un acquéreur qui n'est pas exploitant agricole, pour le prix de vente global de Fr. 17'500'000.-. Conformément à l'art. 64, alinéa 1, lettre f LDFR, tout exploitant agricole à titre personnel au sens de l'article 9 LDFR peut présenter, dans le délai imparti de 15 jours dès la présente publication une offre égale ou supérieure au prix de Fr. 17'500'000.- ..." X., par courrier du 31 août 2007, a formulé une offre en précisant qu'il était un exploitant à titre personnel et qu'il désirait acquérir ces parcelles à leur valeur de rendement augmentée de 35 %. Par décision du 28 septembre 2007, la Commission foncière rurale, section I, du canton de Vaud (ci-après: la Commission foncière) a autorisé l'acquisition des trois parcelles classées en zones intermédiaire et agricole-viticole, à Z. SA qui, selon la requête d'autorisation, n'avait pas l'intention d'exploiter personnellement ces parcelles. Par arrêt du 8 septembre 2008, le Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal) a rejeté le recours de X. et confirmé la décision d'autorisation de vente, estimant que celui-ci n'était pas exploitant à titre personnel. Le Tribunal fédéral a admis le recours de X., annulé l'arrêt attaqué et interdit la vente des parcelles en cause. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Dans un second grief, le recourant se plaint d'une mauvaise application de l' art. 64 al. 1 let . f de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le droit foncier rural (LDFR; RS 211.412.11). Selon lui, l'appel d'offres publié dans la Feuille des avis officiels du canton de Vaud du 31 août 2007 n'était pas conforme aux conditions posées par la jurisprudence du Tribunal de céans. Cet appel ne formulerait en effet que le prix de 17'500'000 fr. pour la vente en bloc de la totalité des parcelles. Or, dès lors qu'elle portait sur des immeubles agricoles, l'appel d'offres aurait dû préciser le prix pour chacun des immeubles séparément afin de permettre la vérification du prix, lequel ne doit pas être surfait. Au regard des conditions légales et jurisprudentielles non remplies, l'autorisation d'acquisition selon l' art. 64 al. 1 let . f LDFR n'aurait pas dû être délivrée. 4.1 Le recourant n'avait pas invoqué ce grief de façon aussi précise devant le Tribunal cantonal. Il s'y plaignait uniquement du prix d'acquisition proposé de 17'500'000 fr. qu'il qualifiait de surfait au sens de la loi sur le droit foncier rural, grief auquel le Tribunal cantonal n'a pas répondu dans son arrêt. BGE 135 II 123 S. 125 L'argumentation juridique du recourant, en partie nouvelle, reposant sur des constatations de fait de la décision attaquée et l'examen de ce moyen pouvant se faire sur la base de ces constatations, il convient d'entrer en matière (cf. supra consid. 2 non publié). 4.2 Comme déjà mentionné (consid. 3.1 non publié), celui qui entend acquérir une entreprise ou un immeuble agricole doit obtenir une autorisation ( art. 61 al. 1 LDFR ). Le but de l'assujettissement à autorisation est de garantir que le transfert de propriété corresponde aux objectifs du droit foncier rural, au premier rang desquels figure la concrétisation du principe de l'exploitation à titre personnel fondé sur la politique de la propriété ( ATF 133 III 562 consid. 4.3 p. 564). L'autorisation doit ainsi, en principe, être refusée lorsque l'acquéreur n'est pas exploitant à titre personnel ( art. 63 al. 1 let. a LDFR ). Elle est néanmoins accordée si ce dernier prouve l'existence d'un juste motif au sens de l' art. 64 al. 1 LDFR . Tel est en particulier le cas lorsque, malgré une offre publique à un prix qui ne soit pas surfait (cf. art. 66 LDFR ), aucune demande n'a été faite par un exploitant à titre personnel ( art. 64 al. 1 let . f LDFR). L'exception de l' art. 64 al. 1 let . f LDFR a pour but de sauvegarder, sous l'angle de la garantie de la propriété ( art. 26 Cst. ), les intérêts de l'agriculteur désireux de vendre, dont l'offre n'est suivie d'aucune demande de la part d'un exploitant à titre personnel (BANDLI/STALDER, in Le droit foncier rural, Commentaire de la loi fédérale sur le droit foncier rural du 4 octobre 1991 [ci-après: Commentaire LDFR], 1998, n° 36 ad art. 64 LDFR ). Si, dans le cadre de la procédure d'autorisation, le propriétaire qui veut vendre fournit la preuve qu'à la suite de la publication de l'appel d'offres aucune offre ou seulement des offres insuffisantes ont été présentées par des exploitants à titre personnel, l'acquéreur qui n'est pas exploitant à titre personnel obtiendra l'autorisation d'acquérir, pour autant que le prix convenu ne soit pas surfait ( art. 63 al. 1 let. b et art. 66 LDFR ; cf. BANDLI/STALDER, in Commentaire LDFR, n° 38 ad art. 64 LDFR ). Dans le cas contraire, l'autorisation devra être refusée. 4.3 La loi ne règle pas le contenu de l'appel d'offres public. Le Tribunal fédéral a toutefois jugé, dans l' ATF 132 III 658 (consid. 3.3.2), que, dans le cadre de l'autorisation délivrée à un acquéreur qui n'est pas exploitant à titre personnel ( art. 64 al. 1 let . f LDFR), l'appel d'offres public doit préciser si l'aliénation porte sur des immeubles agricoles isolés ( art. 6 LDFR ) ou sur des immeubles qui font partie BGE 135 II 123 S. 126 d'une entreprise agricole ( art. 7 et 8 LDFR ). Cette distinction constitue en effet le fondement même du champ d'application du droit foncier rural ( art. 2 LDFR ) et est déterminante pour la fixation du prix. Ce n'est en effet que dans l'hypothèse où est en jeu une entreprise agricole que l'on peut envisager une vente en bloc des parcelles à un prix global, qui ne devra, de surcroît, pas être surfait ( art. 66 LDFR ). Il faut ajouter que l'appel d'offres public ne peut porter que sur des immeubles ou des entreprises agricoles et non pas, en plus, sur des terrains ou des immeubles non agricoles et, par conséquent, non soumis au champ d'application de la loi sur le droit foncier rural. En effet, un appel d'offres qui englobe des biens-fonds agricoles et non agricoles a clairement pour conséquence de fermer le marché aux agriculteurs recherchant du terrain pour y exercer une activité paysanne. Or, un tel mode de faire contrevient à l'un des objectifs essentiels de la loi sur le droit foncier rural, à savoir renforcer la position de l'exploitant à titre personnel lors d'acquisition d'entreprises et d'immeubles agricoles ( art. 1 al. 1 let. b LDFR ). Ladite loi cherche, dans cette mesure, à exclure du marché foncier tous ceux qui cherchent à acquérir les entreprises et les immeubles agricoles principalement à titre de placement de capitaux ou dans un but de spéculation (FF 1988 III 906; REINHOLD HOTZ, in Commentaire LDFR, n° 8 ad art. 1 LDFR ). En outre, une offre globale pour des immeubles agricoles et non agricoles n'encourage nullement la propriété foncière rurale et constitue un obstacle à l'amélioration des structures des agriculteurs déjà installés, qui est un autre objectif visé par la loi ( art. 1 al. 1 let. a LDFR ). Le même résultat, illicite, serait créé par une offre distinguant les prix du patrimoine agricole et des autres immeubles non agricoles, tout en conditionnant la vente du premier à l'achat des seconds. Enfin, l'indication du prix pour chacun des immeubles agricoles concernés - en tant qu'ils ne constituent pas une entreprise agricole - est nécessaire pour permettre à l'autorité de le contrôler, celui-ci ne devant pas être surfait ( art. 1 al. 1 let . c, art. 63 al. 1 let. b et art. 66 LDFR ). 4.4 En l'espèce, l'appel d'offres public paru dans la Feuille des avis officiels du 31 août 2007 se contentait de mentionner que treize parcelles agricoles et non agricoles "ont trouvé un acquéreur qui n'est pas exploitant agricole, pour le prix de vente global de Fr. 17'500'000.-". BGE 135 II 123 S. 127 Le mécanisme choisi par le vendeur, consistant à articuler une offre globale de 17'500'000 fr. pour des immeubles incorporés à un plan de quartier, donc situé en zone de construction et de ce fait non soumis à la loi sur le droit foncier rural ( art. 2 al. 1 let. a LDFR ), et d'autres immeubles sis en zone agricole ou y étant assimilée, contrevient au but de la loi sur le droit foncier rural (cf. consid. 4.3). En outre, l'appel d'offres en cause n'indiquait pas le prix de chaque immeuble agricole individuellement et ne permettait donc pas de vérifier, comme le requiert la loi sur le droit foncier rural (cf. consid. 4.3), que le prix de vente n'était pas surfait. Dès lors, une autorisation exceptionnelle au sens de l' art. 64 al. 1 let . f LDFR ne pouvait pas être délivrée à la société requérante.
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2,009
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Federation
e33884c5-7478-4f04-938c-0a0c7f05b782
Urteilskopf 98 Ib 226 33. Auszug aus dem Urteil vom 9. Juni 1972 i.S. Stadtbernischer Apothekerverein und Konsorten gegen Generaldirektion SBB und Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement.
Regeste Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (EBG); Einrichtung eines Nebenbetriebes in einem Bahnhofgebäude; Öffnungszeiten ( Art. 39 EBG ). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1). 2. Beschwerdelegitimation (Erw. 2). 3. Ob die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs die Einrichtung eines Nebenbetriebes rechtfertigen, ist eine Rechtsfrage; ob bei Bedürfnis nach Einrichtung eines Nebenbetriebes, ein solcher tatsächlich eingerichtet werden soll, ist hingegen eine Ermessensfrage (Erw. 3). 4. Rechtfertigen die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs im Sinne von Art. 39 Abs. 1 EBG die Einrichtung einer Apotheke im Neubau des Berner Hauptbahnhofs? (Erw. 5-7). 5. Erfordern die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs im Sinne von Art. 39 Abs. 3 EBG für die Apotheke im Neubau des Berner Hauptbahnhofs Öffnungszeiten, die von der in Bern sonst geltenden Ordnung abweichen? (Erw. 8).
Sachverhalt ab Seite 227 BGE 98 Ib 226 S. 227 A.- Die SBB beabsichtigen, im Neubau des Hauptbahnhofes Bern eine Apotheke einzurichten und zu verpachten. In Abweichung von den Öffnungszeiten, die für die anderen Apotheken in Bern gelten, soll diese Apotheke werktags und sonntags durchgehend von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr geöffnet sein. Der stadtbernische Apothekerverein und eine Reihe stadtbernischer Apotheker erhoben gegen die Absicht der SBB Einsprache beim Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) und machten geltend, für die Errichtung einer Apotheke im Bahnhof und für die vorgesehene von der allgemeinen Ordnung abweichende Regelung über die Öffnungszeiten bestehe kein Bedürfnis. Mit Entscheid vom 11. März 1971 trat das EVED auf die Einsprache mangels Legitimation der Einsprecher nicht ein. Das Bundesgericht hiess am 1. Oktober 1971 eine gegen den Nichteintretensentscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an das EVED zurück ( BGE 97 I 591 ). Dieses wies daraufhin am 2. Februar 1972 die Einsprache bzw. Beschwerde ab. Es nahm an, für die Einrichtung einer Apotheke im Berner Hauptbahnhof, wie auch für die vorgesehenen längeren Öffnungszeiten (6-20 Uhr) bestehe ein Bedürfnis im Sinne von Art. 39 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG). B.- Der stadtbernische Apothekerverein und eine Reihe von Apothekern beantragen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, das Bedürfnis zur Errichtung einer Bahnhofapotheke als Nebenbetrieb im Bahnhof Bern sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu verneinen und es sei der SBB zu verbieten, einen solchen Betrieb einzurichten und betreiben zu lassen, eventuell sei für eine solche Apotheke das Bedürfnis für eine BGE 98 Ib 226 S. 228 Abweichung von den kantonal und lokal gültigen Öffnungs- und Schliessungszeiten zu verneinen und die Apotheke somit auch zur Einhaltung dieser Öffnungs- und Schliessungszeiten zu verpflichten. C.- Das EVED beantragt Abweisung der Beschwerde. Die SBB schliessen in erster Linie auf Nichteintreten, weil die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht nach Art. 99 lit. e OG ausgeschlossen sei, eventuell ebenfalls auf Abweisung der Beschwerde. Der Gemeinderat der Stadt Bern, der zur Vernehmlassung aufgefordert wurde, schliesst sich dem Eventualbegehren der Beschwerdeführer an. D.- Das Gesuch, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen, ist im Sinne der Erwägungen abgewiesen worden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 98 lit. b OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig gegen Verfügungen der Departemente des Bundesrates und der Bundeskanzlei. Sie ist aber u.a. ausgeschlossen, wenn die Verfügung die Erteilung oder Verweigerung von Bau- oder Betriebsbewilligungen für technische Anlagen oder für Fahrzeuge betrifft ( Art. 99 lit. e OG ). Zu Unrecht leiten die SBB aus dieser Bestimmung ab, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Art. 99 lit. e OG will das Bundesgericht von der Beurteilung von Beschwerden entbinden, bei denen der Entscheid im wesentlichen von technischem Fachwissen und technischer Verantwortung abhängen würde, und die sich deshalb nicht für eine gerichtliche Überprüfung eignen (BBl 1965, S. 1313). Technische Anlagen stehen im vorliegenden Fall nicht in Frage. Höchstens der Raum, in dem eine Apotheke geführt wird, ist eine technische Anlage, nicht aber die Apotheke als solche. Die Beschwerde richtet sich aber nicht gegen die Bewilligung der Anlage der Räumlichkeiten für die vorgesehene Apotheke in technischer Hinsicht, sondern erstrebt die Beantwortung der Rechtsfrage, ob für eine Apotheke im Bahnhofareal ein nach Art. 39 EBG zu befriedigendes Bedürfnis bestehe, das unter anderem einen Eingriff in den Bereich der kantonalen Verwaltungshoheit (z.B. Ladenschlussgesetzgebung) rechtfertigt. Die Frage, ob eine Apotheke im Bahnhof einem Bedürfnis entspreche, ist auch nicht eine solche nach einem technischen Bedürfnis. Ein Ausschlussgrund nach Art. 99 lit. e OG ist somit nicht gegeben. Ebenso fehlen weitere, gesetzlich vorgesehene BGE 98 Ib 226 S. 229 Gründe, die die Beschwerdemöglichkeit ausschlössen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den angefochtenen Entscheid ist somit zulässig. 2. Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung oder Änderung hat ( Art. 103 lit. a OG ). Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtene Verfügung, mit der den SBB die Einrichtung einer Apotheke im Bahnhof Bern gestattet wurde, nicht unmittelbar betroffen. Es werden ihnen weder Pflichten auferlegt, noch Rechte entzogen. Die Vorschriften des OG über die Beschwerdelegitimation sind aber weit gefasst und gestatten, auch bloss tatsächliche Interessen geltend zu machen (GRISEL, Droit administratif suisse, 504, GYGI, Verwaltungsrechtspflege, 108). Solche halten die Beschwerdeführer für verletzt. Durch die Eröffnung einer Apotheke im Bahnhofgebäude werden ihre Erwerbsaussichten beeinträchtigt, besonders da vorgesehen ist, die neue Apotheke auch in Zeiten offen zu halten, in denen die Beschwerdeführer ihre Apotheken in der Regel geschlossen halten müssen. Sie haben deshalb ein Interesse, zu verhindern, dass die geplante Apotheke eröffnet wird. Dieses Interesse ist schutzwürdig. Es ist den Beschwerdeführern nicht zuzumuten, einen Konkurrenzbetrieb zu dulden, der allenfalls in Verletzung gesetzlicher Bestimmungen eröffnet wird. Nicht entscheidend ist dabei, ob Art. 39 EBG unter anderem bestimmt ist, die wirtschaftlichen Interessen konkurrierender Gewerbegenossen zu schützen. Es genügt, wenn die Beschwerdeführer ein sie selbst betreffendes schutzwürdiges Interesse an der richtigen Anwendung des objektiven Rechtes haben (GYGI, a.a.O. 106 f.). Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten, und zwar auch soweit sie vom stadtbernischen Apothekerverein eingereicht wurde, wie das Bundesgericht schon in BGE 97 I 593 E. 2 festgestellt hat. 3. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann, abgesehen von der Sachverhaltsfeststellung, die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens angefochten werden. Die Überprüfung der Angemessenheit des angefochtenen Entscheides ist jedoch dem Bundesgericht entzogen ( Art. 104 lit. c OG ). Indessen ist die Frage, ob die Bedürfnisse des Bahnverkehrs es rechtfertigen, einen Nebenbetrieb einzuführen, eine Rechtsfrage und nicht, wie auch das EVED annimmt, eine Ermessensfrage. BGE 98 Ib 226 S. 230 Ermessensfrage ist es, ob bei Bedürfnis nach einem Nebenbetrieb die Bahn von der Befugnis, einen solchen einzurichten, Gebrauch machen will. Selbst wenn das Bedürfnis zu bejahen ist, kann es angezeigt sein, den Nebenbetrieb nicht aufzunehmen, weil er z.B. wirtschaftlich zu wenig einträgt, weil die räumlichen Verhältnisse den Verzicht zugunsten anderer Einrichtungen nahelegen usw. Die Vorinstanz vertritt freilich die Meinung, die SBB seien zur Errichtung eines Nebenbetriebes nicht nur befugt, sondern sogar verpflichtet. Soweit insbesondere die SBB verpflichtet sind, den Betrieb nach gesunden Grundsätzen zu führen (Art. 3 des BG über die Schweizerischen Bundesbahnen vom 23. Juni 1944), mag es ihre Pflicht sein, gewinnbringende Nebenbetriebe einzuführen. Der Entscheid darüber bleibt aber trotzdem ein Ermessensentscheid. Auch ein gewinnbringender Nebenbetrieb ist im übrigen nicht zulässig, sofern er den durch Art. 39 EBG gezogenen Rahmen überschreitet. Der Begriff des Bedürfnisses ist allerdings ein unbestimmter Rechtsbegriff, der für die Auslegung und vor allem bei der Subsumtion im Einzelfall der rechtsanwendenden Behörde einen gewissen Beurteilungsspielraum lässt. Bei der Überprüfung der Auslegung und Anwendung eines solchen Begriffs auf den Einzelfall legt sich das Bundesgericht Zurückhaltung auf ( BGE 96 I 683 E. 2). Soweit die Beschwerdeführer unrichtige Anwendung des Ermessens rügen, üben sie im wesentlichen Kritik an der Anwendung des Bedürfnisbegriffes im Einzelfall. 4. (Keine Verletzung von Verfahrensvorschriften.) 5. Art. 39 EBG ermächtigt die Bahnunternehmungen zur Führung von Nebenbetrieben auf Bahngebiet und in Zügen. Damit wird ihnen über ihre eigentliche Aufgabe hinaus eine weitere Tätigkeit ermöglicht. Bahnbetriebe als öffentliche Unternehmen haben in erster Linie Personen und Waren zu befördern. Eine anderweitige Tätigkeit ist ihnen nur gestattet, wenn dafür ein Bedürfnis besteht. Ob ein solches gegeben ist, haben die Bahnen im Rahmen des Gesetzes zu entscheiden. Nötigenfalls müssen die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen dafür sorgen, dass dieser Rahmen nicht überschritten wird. Ist ein Bedürfnis im Sinne von Art. 39 EBG gegeben, so ist die Bahnunternehmung befugt, den Nebenbetrieb aufzunehmen. Unter Umständen greift sie damit in die kantonale Verwaltungshoheit ein. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Eröffnung des Nebenbetriebes nach dem anwendbaren kantonalen BGE 98 Ib 226 S. 231 Recht vom Nachweis eines Bedürfnisses abhängig ist und das Bedürfnis nach diesem nicht gegeben ist. In diesem Falle geht der Anspruch der Bahn auf Einrichtung des Betriebes dem kantonalen Recht vor. Der Begriff des Bedürfnisses nach Art. 39 EBG ist, mit andern Worten, unabhängig von einem allfälligen kantonalen Bedürfnisbegriff auszulegen. Sodann greift das Bahnunternehmen immer dann in die kantonale Verwaltungshoheit ein, wenn es von der in Abs. 3 vorgesehenen Möglichkeit, bei Ladengeschäften von den im massgebenden kantonalen Recht geltenden Öffnungs- und Schliessungszeiten abzuweichen, Gebrauch machen will. Zweifellos mit Rücksicht auf die Anstände, die zwischen Bahnunternehmen und Kantonen entstehen können, ist die Einrichtung des Nebenbetriebes und die Abweichung von Art. 39 Abs. 3 EBG an den Nachweis eines Bedürfnisses gebunden. Im Hinblick auf den Eingriff in die kantonale Verwaltungshoheit räumt das EBG den kantonalen Behörden das Recht ein, Anstände über Nebenbetriebe vor dem EVED auszutragen. Der aus der Einrichtung von Nebenbetrieben möglicherweise folgende Eingriff in die kantonale Verwaltungshoheit mag Anlass bieten, ein Bedürfnis für die Einrichtung eines Nebenbetriebes nicht leichthin zu bejahen (vgl. TINNER, Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Kantonen im Eisenbahnwesen, Diss. 1941, 140 f.; vgl. auch Art. 50 Nationalstrassengesetz). Ob Art. 39 EBG daneben auch Private vor unerwünschter Konkurrenzierung schützen will, ist zweifelhaft. Doch mag die Frage offen bleiben, denn auch dieser Zweck könnte nur durch eine unrichtige Anwendung von Art. 39 EBG beeinträchtigt werden, d.h. dadurch, dass ein nicht bestehendes Bedürfnis zu Unrecht als gegeben angenommen wird. 6. Art. 39 EBG ermächtigt die Bahnunternehmungen zur Errichtung von Nebenbetrieben, wenn die Bedürfnisse des Reiseverkehrs es erfordern. Zu den Bedürfnissen des Verkehrs gehören in erster Linie die Bedürfnisse der Bahnbenützer, denen während der Reise Erleichterungen und Annehmlichkeiten geboten werden sollen. Die Benutzung der Bahn soll damit gefördert werden. Diesem Umstand kommt gegenwärtig, da aus verkehrstechnischen Gründen ein Anreiz zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel geschaffen werden soll, erhöhte Bedeutung zu. In zweiter Linie vermögen auch die Bedürfnisse der beim Unternehmen beschäftigten Personen die Einführung von BGE 98 Ib 226 S. 232 Nebenbetrieben zu rechtfertigen, wenn die zweckmässige Erfüllung ihrer Aufgaben dies erforderlich scheinen lässt (vgl. BBl 1956, 251). Der Umfang dieser von den Bahnunternehmungen zu befriedigenden Bedürfnisse ist nicht ein für allemal gegeben, sondern ist von den Zeitverhältnissen abhängig. Die Bedürfnisse wachsen erfahrungsgemäss mit dem steigenden Lebensstandard der Bahnbenützer. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand Rechnung getragen, indem er als Rechtfertigungsgrund für die Errichtung der Nebenbetriebe einen unbestimmten Rechtsbegriff wählte. Die Anpassung einer Rechtsvorschrift an gewandelte Verhältnisse ist besonders dann möglich, wenn der Gesetzgeber selber durch die Weite und Unbestimmtheit der von ihm verwendeten Begriffe aufzukünftige Entwicklungen Rücksicht nehmen wollte ( BGE 95 I 199 ), selbst wenn er selber in erster Linie bestimmte, ihm als ordnungsbedürftig bekannte Verhältnisse zu regeln beabsichtigte. Den anlässlich der Gesetzesberatung erwähnten Fällen, die er regeln wollte, kommt in einem solchen Falle nur die Bedeutung von Beispielen zu. Es ist daher unerheblich, welche Einzelbeispiele man anlässlich der Beratung des EBG als Bedürfnisse im Sinne von Art. 39 EBG aufzählte. Zur Eröffnung des Nebenbetriebes ist es auch nicht erforderlich, dass es sich bei den Bedürfnissen um bereits üblich gewordene Bedürfnisse handelt. Der Verweis auf übliche Reisebedürfnisse, der in den Vorarbeiten zum EBG enthalten war, ist nicht Gesetz geworden. Ebenso ist ein während der parlamentarischen Beratungen vorgeschlagener Zusatz, wonach nur überwiegende Bedürfnisse des Bahnverkehrs Nebenbetriebe bzw. ein Abweichen von den allgemeinen Öffnungszeiten rechtfertigen könnten, bei der Festlegung des endgültigen Wortlautes gestrichen worden. Kann die Art der Bedürfnisse im Sinne von Art. 39 EBG somit ändern, vor allem eine Ausweitung erfahren, so müssen diese doch eine gewisse Stärke aufweisen. Die Befriedigung vereinzelter oder ausgefallener Wünsche, die gelegentlich von Reisenden geäussert werden mögen, gehört nicht dazu und rechtfertigt zumindest nicht eine Ausnahme auf Kosten sonst anwendbarer Regelungen im Sinne von Art. 39 Abs. 3 EBG . Ebenso gehören nicht dazu Bedürfnisse, die von den Reisenden ebenso gut und ohne Behinderung vor oder nach der Reise befriedigt werden können oder die sie ohne Beeinträchtigung ihres Anspruches auf bequemes Reisen ausserhalb des Bahnbetriebes decken können. BGE 98 Ib 226 S. 233 7. a) Es ist eine Erfahrungstatsache, dass in den letzten Jahren das Bedürfnis nach dem Gebrauch von Medikamenten allgemein, aber besonders auch während längerer Reisen, gestiegen ist. Der Mensch greift heute eher als früher zu Medikamenten, um ein Leiden zu behandeln oder um sich vorübergehend Linderung zu verschaffen. Häufig, vielleicht sogar in der Regel, wird der Reisende seinen Bedarf an Medikamenten decken können und decken, bevor er eine Reise antritt. Es wird aber immer wieder Fälle geben, besonders bei längeren Reisen, in denen das Bedürfnis, z.B. nach schmerzstillenden Mitteln, unvermittelt auftritt. Es ist ferner damit zu rechnen, dass Reisende die nötige Vorsorge vor der Reise vergessen oder voraussetzen, dass sie ihren Bedarf nötigenfalls auch während der Reise noch decken können. Der Wunsch, sich auf einer Reise Arzneimittel zu beschaffen, ist aber mindestens in gleichem Masse schützenswert, wie das Bedürfnis nach Rauchwaren oder Reiseandenken. Es kann kaum ein Zweifel bestehen, dass insbesondere auf grossen Bahnhöfen mit sehr regem Verkehr ein Bedürfnis von Seiten der Reisenden besteht, nötigenfalls auf bequeme Art die erforderlichen Medikamente einkaufen zu können. In ausländischen Grossbahnhöfen, wie auch in Flughäfen mit starken Frequenzen, sind daher jetzt schon häufig Apotheken eingerichtet. Dies trägt dazu bei, das Reisen angenehmer zu gestalten. Dass ein solches Bedürfnis bei den heutigen Lebensverhältnissen besteht, bedarf keiner weitern Beweisführung. Es ist deshalb nicht nötig, die von den Parteien, besonders den SBB, beantragten Beweise, wie Befragung des Bahnpersonals u.sw. zu erheben. Der rege Verkehr auf dem neuen Bahnhof Bern lässt ohne weiteres den Schluss zu, dass täglich eine verhältnismässig grosse Anzahl von Reisenden das Bedürfnis nach Bezug von Medikamenten verspürt und hofft, es im Bahnhof selbst befriedigen zu können. b) Das Bedürfnis nach Einrichtung einer Apotheke wäre dennoch zu verneinen, wenn die Reisenden sich ihre Medikamente ausserhalb des Bahnhofs ebenso bequem beschaffen könnten wie in einer Bahnhofapotheke. Die Beschwerdeführer weisen darauf hin, dass sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs mehrere Apotheken befinden, von denen die eine oder die andere abwechslungsweise auch nachts oder am Sonntag geöffnet ist. Das trifft zu. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass ein gerechtfertigtes Bedürfnis besteht, die erforderlichen Arzneien BGE 98 Ib 226 S. 234 innerhalb des Bahnhofareals selbst kaufen zu können. Der neue Bahnhof Bern ist weitläufig und nicht ohne weiteres überblickbar. Vor allem für den Ortsunkundigen ist es nicht einfach, sich darin zurecht zu finden. Die Distanzen von den Bahnsteigen bis zu den Aus- und Eingängen sind recht erheblich. Es ist vor allem den zahlreichen Reisenden, für die der Bahnhof Bern bloss Umsteigeplatz ist, auf dem sie sich nur während verhältnismässig kurzer Zeit aufhalten, nicht zuzumuten, das Bahnhofareal zu verlassen und eine Dienstapotheke zu suchen. Dies trifft vor allem auf ausländische Reisende zu, die sich erfahrungsgemäss oft scheuen, während eines kürzeren Aufenthaltes das sichere Bahnhofgebiet zu verlassen. Da im Bahnhof auch keine Einrichtungen vorhanden sind, die einen annähernden Ersatz für eine Apotheke darstellen, ist das Bedürfnis nach Errichtung einer Bahnhofapotheke zu bejahen. Der Hinweis, dass im Bahnhof eine Station für erste Hilfe eingerichtet sei, bei der nötigenfalls auch Medikamente bezogen werden können, vermag daran nichts zu ändern. Erfahrungsgemäss scheuen die Reisenden davor zurück, solche Einrichtungen ohne dringende Notwendigkeit in Anspruch zu nehmen. Die Vorinstanz hat deshalb Art. 39 EBG nicht unrichtig ausgelegt und ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten, als sie annahm, es sei ein Bedürfnis im Sinne des Gesetzes vorhanden. 8. Was hinsichtlich der Bedürfnisfrage im allgemeinen gilt, ist auch für die Frage entscheidend, ob die Öffnungs- und Schliessungszeiten abweichend von der auf dem Platze Bern sonst geltenden Ordnung zu regeln seien. Es leuchtet ein, wie die Vorinstanz erwägt, dass das Bedürfnis, eine Apotheke offen zu halten, besonders gross ist zur Zeit der Verkehrsspitzen. Dass diese am Morgen nach 6 Uhr und abends zwischen 17 und 20 Uhr liegen, ist nicht zu beweifeln. Es wäre sinnwidrig, die Apotheke, die den Bedürfnissen des Reisendenverkehrs zu dienen hat, gerade in jenen Zeiten geschlossen zu halten. Auch die abweichenden Schliessungszeiten sind deshalb im vorgesehenen Umfang durch die Verkehrsbedürfnisse gedeckt. Sie sind es auch, wenn man diese Bedürfnisse gegen das Interesse des Gemeinwesens an undurchbrochener Geltung seiner Ladenschlussgesetzgebung abwägt. Die Stadt Bern beruft sich demgegenüber auf gesundheitspolizeiliche Erwägungen, die gegen die abweichenden Öffnungszeiten sprechen und bei einer Interessenabwägung schwerer ins Gewicht fallen würden als das Interesse BGE 98 Ib 226 S. 235 an abweichenden Öffnungszeiten. Gesundheitspolizeiliche Gründe im eigentlichen Sinne vermag sie aber nicht anzuführen. Es ist auch nicht einzusehen, welches diese Gründe sein könnten, da die Bahnhofapotheke, abgesehen von den abweichenden Öffnungszeiten, nach den Grundsätzen der Medizinalgesetzgebung geführt werden muss. Die behauptete gesundheitspolizeiliche Gefahr liegt einzig im Umstand, dass die ganze, die Öffnungszeiten betreffende Ordnung erschüttert werden könnte, wenn der Bahnhofapotheke abweichende Öffnungszeiten zugebilligt werden. Diese Gefahr ist aber eine so entfernte Möglichkeit, dass sie nicht ernsthaft ins Gewicht fallen kann. Es dürfte auch möglich sein, die Bahnhofapotheke, sofern die Apotheker auf dem Platze es wünschen, irgendwie in die Dienstbereitschaftsregelung einzubeziehen, wie das die kantonale Behörde andeutet. Das Interesse an abweichenden Öffnungszeiten, das mit Rücksicht auf die Verkehrsspitzen begründet ist, überwiegt auch das Interesse, das die Beschwerdeführer daran haben, die ihnen durch die angefochtene Abweichung in einem gewissen Mass erwachsende Konkurrenz zu verhindern. Das trifft selbst dann zu, wenn man annimmt, dass die kantonalen und kommunalen Ladenschlussgesetzgebungen durch eine gleichförmige Regelung der Ladenöffnungszeiten unter anderem auch gleichförmige Konkurrenzbedingungen unter den Gewerbegenossen gewährleisten wollen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 108 II 65 11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Februar 1982 i.S. Rosengarten gegen Pinguin-Neuheiten-Vertrieb (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Vorsorgliche Massnahmen wegen unlauteren Wettbewerbs. Zuständigkeit. Art. 11 Abs. 3 UWG verbietet den Kantonen nicht, die Zuständigkeit für vorsorgliche Massnahmen, die bereits vor Einleitung des Hauptprozesses anzuordnen sind, selber zu regeln und die getroffenen Massnahmen durch eine obere Instanz überprüfen zu lassen; das gilt auch dann, wenn inzwischen die Klage anhängig gemacht worden ist.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 108 II 65 S. 65 A.- Israel M. Rosengarten importiert als Generalvertreter für die Schweiz einen sechsfarbigen Spielwürfel, der seit 1975 unter dem Namen seines ungarischen Erfinders Rubik bekannt geworden ist. Am 23. März 1981 ersuchte er den Präsidenten des Bezirksgerichts Rheinfelden, der Firma Pinguin-Neuheiten-Vertrieb den Handel mit einem "Zauberwürfel", der dem Rubik-Würfel sklavisch nachgebildet sei, vorsorglich bei Strafe zu verbieten. Der Gerichtspräsident hiess das Gesuch am 27. März 1981 durch eine superprovisorische Verfügung gut. Auf Einwendungen der Gegenpartei änderte er die Verfügung am 28. April 1981 dahin ab, dass er der Firma Pinguin im Befehlsverfahren jede Ankündigung, den Verkauf, Vertrieb und Versand des "Zauberwürfels" unter Androhung von Strafen gemäss § 252 ZPO mit sofortiger BGE 108 II 65 S. 66 Wirkung untersagte, den Gesuchsteller zu einer Sicherheitsleistung von Fr. 100'000.-- verpflichtete und ihm gestützt auf Art. 12 Abs. 1 UWG eine 30tätige Frist zu einer Zivilklage ansetzte; Rosengarten hat diese Klage am 9. Juni 1981 eingereicht. Auf Beschwerde der Firma Pinguin wies das Obergericht des Kantons Aargau am 27. August 1981 das Massnahmenbegehren Rosengartens ab und erklärte dessen Antrag auf Herabsetzung der Sicherheit für gegenstandslos. B.- Rosengarten hat gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt mit den Anträgen, es aufzuheben und die Sache zum Entscheid an das nunmehr zuständige Bezirksgericht Rheinfelden zurückzuweisen. Er macht eine Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG geltend. Die Firma Pinguin und das Obergericht haben auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Gemäss Art. 68 Abs. 1 OG können letztinstanzliche Entscheide kantonaler Behörden in Zivilsachen, die nicht berufungsfähig sind, mit der Nichtigkeitsbeschwerde unter anderem angefochten werden, wenn Vorschriften des eidgenössischen Rechts über die sachliche oder örtliche Zuständigkeit der Behörden verletzt worden sind (lit. b). Der Beschwerdeführer sieht eine solche Verletzung darin, dass das Obergericht nach dem 9. Juni 1981, als der Hauptprozess hängig war, den Entscheid über das Massnahmenbegehren entgegen der Vorschrift des Art. 11 Abs. 3 UWG nicht dem Bezirksgericht überlassen hat; denn gemäss dieser Bestimmung sei nach Anhebung der Klage ausschliesslich der Richter des Hauptprozesses zuständig, vorsorgliche Massnahmen zu verfügen oder aufzuheben. a) Art. 11 Abs. 3 UWG regelt diese Zuständigkeit bloss für die Dauer des Hauptprozesses, sagt aber nicht, ob das Gesamtgericht, dessen Präsident oder allenfalls der Instruktionsrichter über Massnahmenbegehren zu entscheiden habe. Wie in BGE 104 II 57 anhand der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ausgeführt wird, bestimmt dies vielmehr das kantonale Recht, das schon aus praktischen Gründen eine interne Delegation vorsehen kann. Das Bundesrecht befasst sich auch nicht mit der Frage, in welchem Verfahren Massnahmenbegehren, die vor Eröffnung des Hauptprozesses gestellt werden, zu behandeln sind. Es bestimmt in Art. 11 Abs. 2 BGE 108 II 65 S. 67 UWG nur, dass die Kantone die Behörden bezeichnen, die für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen zuständig sind, und dass sie nötigenfalls ihre Vorschriften über das Verfahren ergänzen. Dass dieses Verfahren auch ein summarisches sein kann, ergibt sich schon aus dem Sinn und Zweck solcher Massnahmen sowie aus den Mindestvoraussetzungen, die gemäss Art. 9 UWG für ihre Anordnung erfüllt sein müssen (vgl. BGE 56 II 325 E. 5). Da die Kantone in Streitigkeiten wegen unlauteren Wettbewerbs die Zuständigkeit zu regeln haben, wenn bereits vor Einleitung des Hauptprozesses vorsorgliche Massnahmen zu treffen sind, ist ihnen auch nicht verwehrt, für solche Fälle eine Rechtsmittelinstanz vorzusehen; denn das Recht, den zuständigen Richter zu bestimmen, schliesst die Befugnis in sich, die von ihm getroffenen Massnahmen durch eine obere Instanz überprüfen zu lassen ( BGE 104 II 122 E. 2). Fragen kann sich daher im vorliegenden Fall bloss, ob im Kanton Aargau Massnahmenbegehren entsprechend der Vorschrift des Art. 11 Abs. 3 UWG jedenfalls im Rahmen des Hauptprozesses weiterzubehandeln sind oder ob die obere Instanz nach Anhebung der Klage noch über ein hängiges Rechtsmittel entscheiden darf. b) Der Beschwerdeführer hat sich schon im kantonalen Rechtsmittelverfahren auf VON BÜREN (N. 18 zu Art. 8-12 UWG ) berufen. Nach Auffassung dieses Autors sind bis zur Einleitung des Hauptprozesses unerledigt gebliebene Massnahmenbegehren, und zwar auch solche, gegen die ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, dem erkennenden Gericht zu überweisen, das den Fall ganz behandeln und nicht genötigt sein solle, Akten einzufordern oder abzugeben. Der Beschwerdeführer hält daran auch vor Bundesgericht fest. Er macht geltend, bei richtiger Anwendung von Art. 11 Abs. 3 UWG sei die Zuständigkeit des Obergerichts am 9. Juni 1981, als er die Firma Pinguin wegen unlauteren Wettbewerbs eingeklagt habe, entfallen und nur noch das Bezirksgericht Rheinfelden zuständig gewesen, die bereits vorprozessual anhängig gemachten Massnahmenbegehren weiterzubehandeln. Gemäss §§ 245 ff. der aargauischen ZPO hat der Präsident des Bezirksgerichts im Befehlsverfahren über vorsorgliche Massnahmen zu entscheiden, gleichviel ob sie von einer Partei schon vor oder erst nach Hängigkeit der Klage verlangt werden (EICHENBERGER, Beiträge zum Aargauischen Zivilprozessrecht, S. 209 ff.). Solche Entscheide sind zudem auch nach Anhebung der Klage im Befehlsverfahren, also nicht als Teil des Hauptprozesses BGE 108 II 65 S. 68 weiterzubehandeln, wenn darauf zurückzukommen ist ( § 254 ZPO ) oder dagegen Beschwerde geführt wird ( § 255 ZPO ). Der Präsident des Bezirksgerichts kann sie in diesem Verfahren nötigenfalls selber aufheben oder abändern, wenn neue Tatsachen das eine oder andere rechtfertigen. Für die Beschwerde gilt dagegen, wie das Obergericht hervorhebt, das Novenverbot; zu überprüfen bleibt diesfalls insbesondere, ob die getroffenen Massnahmen zur Zeit ihrer Anordnung begründet gewesen oder ob sie allenfalls ex tunc aufzuheben seien (EICHENBERGER, a.a.O., S. 229/30). Wollte man VON BÜREN folgend selbst unerledigte Beschwerden gegen vorsorgliche Verfügungen dem erkennenden Richter zur weiteren Behandlung überweisen, so würde die Befugnis der Kantone illusorisch, solche Verfügungen auch dann durch eine obere Instanz überprüfen zu lassen, wenn sie vom Präsidenten des Bezirksgerichts bereits vor Einleitung des Hauptprozesses getroffen werden. Die Lösung wäre in Fällen, wie hier, wo der im Befehlsverfahren zuständige Gerichtspräsident offensichtlich identisch ist mit dem Vorsitzenden im ordentlichen Verfahren, auch sachlich nicht gerechtfertigt, liefe sie doch darauf hinaus, dass die gleiche Amtsperson nach Anhängigmachung des Hauptprozesses die Beschwerde als neue Einwendung behandeln, sich also ein drittes Mal mit dem Massnahmenbegehren befassen müsste, bevor die Verfügung an die obere Instanz weitergezogen werden kann. Einem Kanton eine solche Lösung auferlegen zu wollen, die das Befehlsverfahren erschwert und verzögert, Richter und Parteien zudem über das weitere Vorgehen verunsichert, kann nicht der Sinn und Zweck des Art. 11 Abs. 3 UWG sein. Solche Folgen lassen sich vermeiden, wenn die obere kantonale Instanz Beschwerden gegen vorsorgliche Massnahmen, die vom Präsidenten des Bezirksgerichts schon vor Anhebung der Klage angeordnet worden sind, auch nachher noch selber überprüfen darf. Der Wortlaut des Art. 11 Abs. 3 UWG steht dem nicht entgegen. Er beruht auf der Überlegung, dass während des Hauptprozesses der Richter des ordentlichen Verfahrens auch über vorsorgliche Massnahmen zu befinden hat, wenn solche anzuordnen, abzuändern oder aufzuheben sind ( BGE 104 II 56 ; BBl 1942 S. 708). In den romanischen Gesetzestexten ist insbesondere von Zuständigkeit "pour révoquer" bzw. "a revocare" die Rede, was für eine Aufhebung ex nunc spricht. Die Frage der Zuständigkeit, die der Gesetzgeber damit einheitlich geregelt wissen wollte, stellt sich aber gar nicht, wenn vorsorgliche Anordnungen, wie hier, schon BGE 108 II 65 S. 69 vor Anhebung der Klage getroffen worden sind. Nicht übersehen werden darf schliesslich, dass Art. 11 Abs. 2 und 3 UWG das den Kantonen vorbehaltene Prozessrecht berühren ( Art. 64 Abs. 3 BV ); sie sind daher eng, d.h. verfassungskonform, nicht verfassungswidrig auszulegen ( BGE 104 II 121 /22). c) Das Obergericht hat somit dadurch, dass es die Beschwerden der Parteien gegen die vorsorgliche Verfügung vom 28. April 1981 auch nach Einleitung des Hauptprozesses weiterbehandelte, statt sie dem Bezirksgericht Rheinfelden zu überweisen, keine bundesrechtlichen Vorschriften über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG verletzt. Ob es dabei das materielle Recht richtig angewandt habe, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Der Beschwerdeführer verlangt dies auch nicht, sondern anerkennt, dass "nur eine einzige Rechtsfrage zu klären ist", nämlich die Zuständigkeit der Behörden (vgl. BGE 104 II 122 E. 3, BGE 95 II 305 /6, BGE 91 II 399 , BGE 82 II 124 ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 113 Ib 155 27. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 23 juin 1987 dans la cause N. contre canton de Vaud (action directe)
Regeste Haftung des Staates für ungerechtfertigte Untersuchungshaft. Höhe der Genugtuungssumme (E. 3b). Kosten- und Entschädigungsfolgen bei übersetzter Forderung (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 155 BGE 113 Ib 155 S. 155 A.- N., résidant en France, a été arrêté le 6 juin 1985 à la douane, alors qu'il quittait régulièrement la Suisse, parce qu'il avait été mis en cause pour avoir participé à des vols au "rendez-moi", par deux personnes précédemment arrêtées. Il a protesté de son innocence dès son arrestation. Il a présenté trois demandes de mise en liberté provisoire qui ont été rejetées en juillet, octobre et décembre 1985. Le 20 novembre 1985, le juge informateur a rendu contre N. une ordonnance de renvoi retenant contre lui 22 cas de vols au "rendez-moi". Par jugement du 27 février 1986, le Tribunal correctionnel du district de Lausanne a libéré N. de l'accusation de vol en bande et par métier, constaté qu'il avait été détenu préventivement durant 267 jours et ordonné sa relaxation immédiate. B.- Le 10 mars 1986, le conseil de N. a présenté à l'Etat de Vaud une demande d'indemnité pour détention préventive injustifiée, en faisant valoir que l'incarcération subie par son client avait "porté très gravement atteinte à ses droits fondamentaux et compromis de manière peut-être irréparable sa considération, notamment vis-à-vis de ses proches et de sa famille". Il réclamait notamment le paiement de 267'000 francs de tort moral. L'Etat de Vaud a offert à ce titre 15'000 francs. C.- N. a ouvert action contre l'Etat de Vaud devant le Tribunal fédéral en paiement de 268'659 francs, soit 159 francs de BGE 113 Ib 155 S. 156 dommages-intérêts, 267'000 francs pour tort moral et 1'500 francs à titre d'honoraires d'avocat jusqu'au dépôt de la demande. Le Tribunal fédéral admet partiellement la demande et condamne le défendeur à payer au demandeur 20'159 francs, avec intérêt à 5% dès le 10 mars 1986, sous déduction de 10'159 francs, avec intérêt à 5% dès le 18 juillet 1986. Erwägungen Extrait des considérants: 3. b) Dans la présente espèce le demandeur a subi 267 jours de détention préventive. On ne dispose d'aucun élément sur les répercussions que sa détention a pu avoir sur sa réputation dans la région de Lyon, où il vivait, et dans son entourage familial... En définitive, le seul élément d'appréciation du tort moral subi par le demandeur qui soit établi est la détention elle-même, avec tout ce que cela implique de contrainte psychique et physique, et sa durée. L'effet de ces éléments, équitablement apprécié sur la base de l'expérience générale de la vie, n'est que faiblement atténué par le fait que le demandeur a été condamné à trois reprises en France entre 1979 et 1982, avec un mois d'emprisonnement ferme en 1979. Si la durée de la détention en cause aujourd'hui doit être prise en considération, elle n'entraîne pas pour autant une adaptation automatique et proportionnelle aux indemnités accordées dans des cas de détentions plus courtes, car l'élément de la détention en soi pèse d'un poids en tout cas aussi important que l'élément de la durée, sur l'atteinte que subit la personne incarcérée. Compte tenu des précédents les plus récents ainsi que de l'arrêt non publié B. c. canton de Vaud, du 9 novembre 1979, réadapté à la jurisprudence actuelle en matière de quotité des indemnités pour tort moral, il y a lieu d'arrêter à 20'000 francs la réparation morale à laquelle le demandeur peut prétendre du fait de sa détention... 4. Quant aux frais et dépens, il faut considérer que le défendeur ne contestait pas le principe de la réparation du tort moral et que le demandeur n'obtient qu'un complément relativement modeste par rapport à l'indemnité qui lui était offerte. Au regard des conclusions très élevées de la demande, et même en tenant compte d'une certaine marge admissible dans ce domaine, le demandeur succombe dans une plus large mesure que le défendeur. Il y a dès lors lieu de mettre à sa charge 3/4 des frais, ainsi qu'une indemnité réduite à payer au défendeur à titre de dépens.
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Urteilskopf 95 II 568 76. Arrêt de la Ire cour civile du 15 septembre 1969 dans la cause Interim Service SA contre Adia interim S.à r.l.
Regeste Gesellschaftsfirmen. Verwechslungsgefahr. Art. 951 Abs. 2 und 956 Abs. 2 OR. Bedeutung des Umstandes, dass der gemeinsame Bestandteil von zwei Firmen ein Gattungsbegriff ist (Erw. 2). Anwendung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (Erw 3).
Sachverhalt ab Seite 568 BGE 95 II 568 S. 568 A.- Adia interim (anct. Adia-Bop) S.à r.l. (ci-après: Adia interim S.à r.l.) est une société à responsabilité limitée dont le siège est à Lausanne. Inscrite sous cette raison sur le registre du commerce depuis 1961, elle a pour but la mise à disposition de personnel administratif provisoire ou à temps partiel. Elle emploie les mots "Adia-Interim" comme marque, enregistrée en Suisse et par les bureaux internationaux réunis pour la protection de la propriété industrielle, littéraire et artistique. Le 6 juillet 1966 a été inscrite au registre du commerce de Lausanne la société anonyme Interim Service SA, de siège à Lausanne. Son but est notamment de mettre à la disposition du commerce, de l'industrie et des administrations du personnel commercial et toutes autres catégories de personnel. Elle a pour administrateur Jacques Arber, à Villeneuve, ancien directeur régional d'Adia interim S.à r.l. B.- Par demande du 28 août 1967, Adia interim S.à r.l. a ouvert action contre Interim Service SA devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, concluant principalement à ce qu'il fût interdit à la défenderesse d'utiliser le mot "Interim" dans sa raison sociale, à la radiation, sur le registre du commerce, de la raison actuelle et au paiement d'une indemnité de 50 000 francs, subsidiairement à ce qu'il fût ordonné à la défenderesse de modifier sa raison sociale, ses papiers d'affaires et sa publicité, notamment par l'adjonction au terme "interim" d'une désignation aux caractères distinctifs nettement accusés, BGE 95 II 568 S. 569 à la fixation d'un délai de vingt jours pour procéder à l'inscription correspondante au registre du commerce et au paiement d'une indemnité de 50 000 francs. Statuant le 22 avril 1969, la Cour civile a enjoint à la défenderesse de modifier sa raison sociale dans le sens requis par la demanderesse dans ses conclusions subsidiaires et l'a condamnée à verser à ladite demanderesse une indemnité de 5000 francs. C. - La défenderesse recourt en réforme. Elle conclut à l'annulation du jugement cantonal et au rejet de la demande. L'intimée conclut au rejet du recours et à la confirmation du jugement déféré. Erwägungen Considérant en droit: 1. La raison de commerce d'une société anonyme qui ne contient pas de nom doit se distinguer nettement de toute autre raison déjà inscrite en Suisse (art. 951 al. 2 CO); si cette disposition n'est pas respectée, le titulaire de la raison la plus ancienne peut demander au juge de mettre fin à l'usage indû de la raison la plus récente et, s'il y a faute, réclamer des dommages-intérêts (art. 956 al. 2 CO). Les sociétés anonymes peuvent former librement leur raison, sous réserve des dispositions générales sur la formation des raisons de commerce (art. 950 al. 1 CO); rien ne les empêche donc de choisir une raison qui se distingue nettement de toutes celles qui existent déjà. Aussi le Tribunal fédéral pose-t-il des exigences rigoureuses quant au caractère distinctif de la raison d'une société anonyme. Il se fonde en principe sur l'impression que laissent les deux raisons envisagées dans leur entier. Toutefois, certains éléments que leur signification ou leur sonorité mettent particulièrement en évidence peuvent prendre une importance accrue pour l'appréciation du risque de confusion, car ils restent mieux en mémoire et sont souvent utilisés seuls dans la vie des affaires, soit par la société elle-même, soit par des tiers. Le risque de confusion s'apprécie en fonction du degré d'attention qu'on peut attendre des personnes avec lesquelles les titulaires des deux raisons sont en relation d'affaires. Lorsque ceux-ci ont la même clientèle, le caractère distinctif de la raison nouvelle devra s'apprécier plus rigoureusement (RO 95 II 459; 94 II 129 ; 93 II 44 a; 92 II 97 et les citations). 2. En l'espèce, les deux raisons ont en commun le mot "interim". A juste titre, les premiers juges y ont vu une désignation BGE 95 II 568 S. 570 générique, qui doit en principe rester dans le domaine public. La demanderesse ne peut prétendre s'en réserver l'usage. Elle n'a du reste pas recouru contre le jugement cantonal qui l'a déboutée sur ce point et en a reconnu expressément le bien-fondé. En revanche, elle a le droit de s'opposer à ce que l'usage de la même désignation par un tiers crée une confusion avec sa propre raison. L'art. 951 al. 2 CO s'applique en effet même lorsque la raison inscrite en premier lieu est composée d'éléments appartenant au domaine public (RO 88 II 297; arrêt non publié du 4 octobre 1966 en la cause Agraria AG c. Agrar-Produkte AG). Dans ce cas, l'élément commun pourra notamment être complété, dans la raison la plus récente, par un élément accessoire frappant, doué d'une certaine force distinctive (RO 94 II 130 consid. 2; 82 II 158 , 341; 63 II 25 /26; 59 II 159 ; 54 II 128 ). Selon la recourante, la présence du mot "interim" dans les deux raisons ne serait pas décisive, du moment que ce mot n'est qu'un élément accessoire de la raison de la demanderesse, dont l'élément caractéristique, "Adia", n'a pas été imité. C'est ce dernier mot que la demanderesse met elle-même constamment en évidence. En réalité, comme la jurisprudence précitée l'a précisé de façon constante, le juge doit se fonder au premier chef sur l'impression d'ensemble. Contrairement à ce que prétend la recourante, qui déforme le texte qu'elle déclare citer, le Tribunal fédéral n'a pas jugé, dans l'arrêt Schweizer Ski-Schule Zermatt c. Zermatter Ski-Schule (RO 82 II 154), que "ce sont seulement les éléments frappants ou considérés comme spécialement caractéristiques qui peuvent être décisifs". Il a simplement précisé que le risque de confusion pouvait aussi provenir de l'identité - ou de la similitude - des seuls éléments particulièrement frappants et caractéristiques. En l'espèce, envisagées dans leur ensemble et selon l'impression qu'elles peuvent laisser dans la mémoire du public, les deux raisons en cause ne se distinguent pas nettement l'une de l'autre. Le mot "interim" n'apparaît pas, dans la raison de la demanderesse, comme un élément accessoire, auquel dans l'usage courant les intéressés ne prêteraient aucune attention et qu'ils laisseraient tomber. Le risque de confusion n'est nullement illusoire. Il s'est réa11sé. La demanderesse, en instance cantonale, a rapporté la preuve de nombreuses méprises commises par les BGE 95 II 568 S. 571 services postaux et le public, en un court laps de temps. Les critiques de la recourante sur ce point visent l'appréciation des preuves et sont irrecevables (art. 55 al. 1 OJ). La recourante, pour les besoins de sa cause, prête au mot "Adia" une force distinctive qu'il n'a manifestement pas. Certes, selon les constatations souveraines de la cour cantonale, la demanderesse l'emploie souvent seul pour se désigner elle-même et sa clientèle par le beaucoup plus d'Adia que d'Adia interim. Mais ce nom de fantaisie, si sonore qu'il soit, ne laisse pas dans l'esprit du public une impression aussi forte qu'un nom de famille (cf. RO 74 II 235 ss.). Il n'a aucun sens propre et aucun pouvoir évocateur. Les deux entreprises ont leur siège à Lausanne et offrent les mêmes services dans la même région. Leur clientèle commune se recrute dans un très large public et non pas parmi des spécialistes d'une branche déterminée. On ne peut attendre d'elle qu'elle voue une attention profonde à l'identité des organisations de personnel temporaire avec lesquelles elle traite. Le risque de confusion apparaît dès lors très grand et la présence du mot "Adia" dans la raison de la demanderesse ne suffit pas à l'écarter. Le terme "service", qui accompagne "interim" dans la raison de la recourante, est lui aussi, comme le relève justement la cour cantonale, un terme générique appartenant au domaine public. Dans son acception commerciale, il désigne soit une activité humaine, soit un organisme ou un département d'une entreprise. Accolé à "interim", il ne lui ajoute rien et ne possède aucune force distinctive propre. Il ne contribue ainsi que fort peu à individualiser la raison, très faible, de la défenderesse. Au contraire, il éveille l'impression que cette dernière n'est qu'une agence ou un département de l'entreprise de la demanderesse. Le risque d'une pareille méprise est hautement vraisemblable, en raison de la mémoire généralement peu fidèle du public et s'est du reste réalisé une fois au moins. Selon la jurisprudence, la demanderesse n'est pas tenue de le souffrir (RO 94 II 131; 93 II 44 ; 92 II 99 ). L'expression "anct. Adia-Bop" que contient entre parenthèses la raison de l'intimée ne joue pas de rôle non plus. Aussi bien est-elle presque toujours omise dans les relations d'affaires. Enfin, la recourante elle-même ne soutient pas que l'indication abrégée de la forme juridique des deux sociétés - "S.à r.l." d'une part et "SA" d'autre part - ait à elle seule ou jointe BGE 95 II 568 S. 572 aux autres éléments de la raison une force distinctive suffisante. Manifestement, le public en général n'y attache aucune importance. L'action en cessation de trouble est ainsi bien fondée au regard de l'art. 956 al. 2 CO. 3. Se prévalant des précédents publiés au RO 84 II 223 et 87 II 350, la recourante estime que la loi sur la concurrence déloyale est inapplicable en l'espèce, du moment que le risque de confusion résulte de l'emploi d'une désignation générique. a) La cour cantonale ne fait qu'une brève allusion à la loi précitée, sans citer une disposition précise, en statuant sur la prétention en dommages-intérêts de la demanderesse. Elle a considéré que cette réclamation pouvait "être fondée tant sur l'art. 956 al. 2 CO que sur la loi sur la concurrence déloyale". Mais elle constate que la défenderesse a "cherché à provoquer une confusion entre son entreprise et celle de la demanderesse". Elle fixe ainsi la volonté interne d'une partie, de manière à lier le Tribunal fédéral. La faute exigée par l'art. 956 al. 2 CO est dès lors indéniable et la demande en dommages-intérêts bien fondée dans son principe au regard de ce texte. b) Cela étant, il importe peu qu'elle puisse ou non se fonder sur la loi sur la concurrence déloyale. On peut relever toutefois que l'argumentation de la recourante est erronée. Les deux raisons sociales en cause prêtent à confusion et, partant, induisent le public en erreur. Or le Tribunal fédéral a jugé que l'emploi d'une désignation fallacieuse est objectivement contraire aux règles de la bonne foi, dans le cas d'une raison sociale prioritaire opposée à une simple enseigne (RO 91 II 24). Dans son arrêt Helena Rubinstein AG c. Rubinia AG, il a admis qu'une société dont la raison jouit de la priorité peut s'opposer, en vertu de l'art. 1er al. 2 litt. d LCD, à l'utilisation par une société concurrente d'une raison qui suscite des confusions avec la sienne (RO 93 II 46 consid. 3). Comme la défenderesse est en faute, les conclusions subsidiaires de la demande sont aussi bien fondées en vertu de l'art. 2 al. 1 litt. b et d LCD. La jurisprudence citée par la recourante n'est pas pertinente. Dans l'arrêt Provins c. Société vinicole de Perroy, qui concernait une question de marque, le Tribunal fédéral a jugé que l'on ne pouvait pas obtenir, par le biais de l'art. 1er al. 2 litt. d LCD, la protection d'un signe descriptif du domaine public non susceptible d'être protégé en vertu de la LMF (RO 84 II 221 ss.). BGE 95 II 568 S. 573 Il ne s'agit pas ici de marque et la raison de la défenderesse est déjà inadmissible du point de vue du droit commercial. Quant à l'arrêt "Einfach"-Reinigung AG c. Wetex AG (RO 87 II 349 ss.), où le Tribunal fédéral a reconnu licite la publicité qui utilisait une désignation générique figurant dans la raison sociale d'une maison concurrente, il traite d'une question étrangère à la présente espèce. 4. Le Tribunal cantonal vaudois a condamné la défenderesse à payer à la demanderesse des dommages-intérêts qu'il a arrêtés à 5000 fr., selon l'art. 42 al. 2 CO. Cette appréciation du montant du préjudice ne prête pas à discussion. La recourante, au reste, ne la conteste pas. L'arrêt déféré doit être confirmé aussi sur ce point. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours et confirme le jugement attaqué.
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Urteilskopf 116 III 8 3. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 27 mars 1990 dans la cause Finalsit S.A. (recours LP)
Regeste Zustellung des Zahlungsbefehls ( Art. 64 und 65 SchKG ). Eine Abholungseinladung betreffend Zahlungsbefehl darf, im Gegensatz zu solchen betreffend Mitteilungen des Betreibungsamtes im Sinne von Art. 34 SchKG , nicht in das Postfach des Schuldners gelegt werden (E. 1a). Bei juristischen Personen muss der Zahlungsbefehl dem verantwortlichen Organ zugestellt werden, damit dieses darüber entscheiden kann, ob Rechtsvorschlag erhoben werden soll (E. 1b).
Sachverhalt ab Seite 8 BGE 116 III 8 S. 8 A.- Société Financière Finalsit S.A., à Lugano (ci-après: Finalsit S.A.) proposa à Ermewa S.A. à Genève de lui vendre la BGE 116 III 8 S. 9 totalité des parts qu'elle possédait dans la société italienne Centrochimica Srl. Le 20 juillet 1988, la vente fut conclue pour un montant de 100'000 francs. Le 8 mai 1989, Finalsit S.A. voulut remettre en cause cette vente, prétextant qu'Ermewa S.A. n'en respectait pas les conditions. Après divers échanges épistolaires, Ermewa S.A. apprit, le 8 août 1989, qu'un commandement de payer pour un montant de 12'000'000 francs lui avait été notifié le 7 juillet 1989 et n'avait pas été frappé d'opposition. Un avis de retrait d'acte de poursuite avait été déposé directement dans la case postale de la société, sans que le facteur tentât une notification. B.- Ermewa S.A. forma une plainte contre cette communication. Elle faisait valoir que, contrairement aux indications portées sur le commandement de payer, son employée n'en avait pas pris possession au guichet postal le 7 juillet 1989 et ne l'avait pas apporté dans les locaux de la société. Le 28 février 1990, l'Autorité de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Genève a annulé la communication intervenue le 7 juillet 1989 et les actes de poursuite subséquents. C.- Finalsit S.A. a déposé un recours auprès de la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation de la décision attaquée, vu la validité du commandement de payer et de sa notification. Le recours a été rejeté. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'autorité cantonale a admis, à juste titre, que le commandement de payer doit être notifié personnellement au débiteur dans sa demeure ou à l'endroit où il exerce habituellement sa profession ( art. 64 LP ). Il ne doit pas être déposé dans sa case postale. a) La notification des actes de poursuite, spécialement des commandements de payer, revêt une signification particulière, contrairement à de simples communications de l'Office au sens de l' art. 34 LP . Le commandement de payer est en effet établi sur la simple allégation d'une créance en faveur du poursuivant. La possibilité de former opposition, immédiatement et sans motivation, donne dès lors aux modalités de la notification une BGE 116 III 8 S. 10 importance toute particulière. La formule 3b (Commandement de payer) prévoit d'ailleurs expressément la notification personnelle, laquelle doit être attestée par le fonctionnaire ou le facteur. Il y est en outre rappelé que la notification ne peut être opérée ni par lettre ordinaire ni par lettre recommandée. A cet égard, RUEDIN (FJS 978a, p. 4, n. 24) s'appuie sur une fausse situation initiale (notification d'une décision de l'autorité de surveillance: ATF 110 III 3 ss). b) S'agissant des personnes morales, l' art. 65 LP prévoit, toujours dans la même optique, que le commandement de payer doit être notifié en premier lieu à l'organe responsable, habilité à décider de l'opportunité de faire opposition. La notification doit ainsi être faite à un membre de l'administration ou à un fondé de procuration. C'est pourquoi, comme l'autorité cantonale l'a justement relevé, lorsque la poursuite est dirigée contre une personne morale, il faut également indiquer dans le commandement de payer, respectivement dans la réquisition de poursuite, le nom d'un représentant autorisé ( art. 65 al. 1 ch. 2 et 67 LP ; ATF 109 III 4 ss). Si ces indications font défaut, l'Office des poursuites doit immédiatement en aviser le créancier et lui donner la possibilité de compléter la réquisition. Le commandement de payer ne sera annulé sur plainte du poursuivi que si le créancier ne renseigne pas l'Office dans le délai qui lui aura été imparti ( ATF 114 III 62 ss).
null
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Urteilskopf 98 Ib 21 4. Urteil vom 28. Januar 1972 i.S. A. gegen Eidg. Steuerverwaltung.
Regeste Warenumsatzsteuer: Steuerpflicht eines Bildhauers. Rechtsungleiche Behandlung?
Sachverhalt ab Seite 21 BGE 98 Ib 21 S. 21 A.- A. betreibt ein Bildhaueratelier. Er ist im Handelsregister eingetragen. Er hat der Eidg. Steuerverwaltung (EStV) für die Jahre 1968 und 1969 folgende Umsätze gemeldet: 1968: 1969 Fr.: Fr. Grabmale: 25'610.--: 26'971.50 Plastiken für öffentliche Plätze: 48'631.--: 64'992.40 "freie" Plastiken und Bilder: -: 10'350.-- 74'241.--: 102'313.90 Gestützt auf diese Angaben hat die EStV entschieden, dass A. seit dem 1. Januar 1969 als Grossist (Hersteller) im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. b WUStB steuerpflichtig sei. Sie hat ihren Befund durch Einspracheentscheid vom 6. Juli 1971 bestätigt. B.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt A., dieser Entscheid sei aufzuheben. Er bestreitet, dass er der Warenumsatzsteuerpflicht unterliege. Zur Begründung macht BGE 98 Ib 21 S. 22 er geltend, er stelle nicht Waren, sondern Kunstwerke her, und er übe seine Tätigkeit auch nicht gewerbsmässig aus. Seines Wissens sei bis heute kein anderer Bildhauer der Warenumsatzsteuerpflicht unterstellt worden. Die EStV schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 8 Abs. 1 lit. a WUStB ist steuerpflichtig, wer als Grossist im Inland Waren liefert. Als Grossist gilt u.a. der Hersteller, der jährlich für mehr als 35'000 Franken solche Lieferungen ausführt (Art. 9 Abs. 1 lit. b). Massgebend ist der Umsatz im letzten der Steuerperiode vorangegangenen Kalenderjahr (Art. 9 Abs. 2). Als Hersteller gilt, wer gewerbsmässig Waren oder Bauwerke herstellt (Art. 10 Abs. 2). Als Ware gilt u.a., was Gegenstand eines Fahrniskaufes sein kann (Art. 17). Wer eine von ihm hergestellte Ware einem Käufer oder Besteller abgibt, führt damit eine Lieferung aus (Art. 15). Der Warenlieferung ist die Ausführung baugewerblicher Arbeiten für fremde Rechnung gleichgestellt (Art. 15 Abs. 2 in der Fassung, die bis Ende 1971 in Kraft war; s. nun Art. 15bis und Art. 18bis). 2. Der Beschwerdeführer macht in erster Linie geltend, er stelle nicht Waren, sondern Kunstwerke her. Der Wert des vom bildenden Künstler geschaffenen Werkes liege nicht "im Grundelement oder im Stoff", sondern "in der künstlerischen, geistigen Gestaltung", durch die etwas Einmaliges erzeugt werde. Es ist jedoch klar, dass auch solche Erzeugnisse Gegenstand eines Fahrniskaufes und damit Waren im Sinne des Art. 17 WUStB sein können. Das Werk, das der Bildhauer oder der Kunstmaler aus Rohmaterial (Steinen usw.) schafft, ist das Produkt einer Herstellung ( Art. 10 Abs. 2 Satz 2 WUStB ). Die Herstellung besteht eben in der "künstlerischen, geistigen Gestaltung", von welcher der Beschwerdeführer spricht. Ist das so hergestellte Kunstwerk eine bewegliche Sache und kann es daher Objekt eines Fahrniskaufes sein, so gilt es nach der Regel des Art. 17 WUStB als Ware. Die in dieser Bestimmung aufgezählten Ausnahmen (bestimmungsgemäss verwendete Wertpapiere, Banknoten usw.) kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Die Werke der bildenden Kunst sind auch nicht in der Freiliste aufgeführt, die in Art. 14 Abs. 1 lit. b WUStB aufgestellt ist. Eine Ordnung, welche die Lieferung BGE 98 Ib 21 S. 23 solcher Werke allgemein von der Umsatzsteuer ausnähme, wäre übrigens praktisch kaum durchführbar, da die Unterscheidung zwischen Kunstwerken und anderen Erzeugnissen unsicher ist und die ständige Mitwirkung von Sachverständigen erfordern würde. Wenn der Beschwerdeführer von ihm hergestellte bewegliche oder unbewegliche Erzeugnisse (Grabsteine, Plastiken für öffentliche Gebäude oder Plätze usw.) einem Käufer oder Besteller abgibt, führt er somit "Warenlieferungen" im Sinne des WUStB aus. Alle seine Werke können Gegenstand solcher Lieferungen sein. Wenn sie samt und sonders als Kunstwerke zu betrachten sind, so ist dies nach dem Warenumsatzsteuerbeschluss gleichgültig. 3. Steuerpflichtiger Grossist kann der Hersteller nur werden, wenn er sich "gewerbsmässig" betätigt, einen "Geschäftsbetrieb" führt ( Art. 10 Abs. 2 WUStB ). Als gewerbsmässig ist eine selbständige und nachhaltige, auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit anzusehen (WELLAUER, Warenumsatzsteuer, 1959, N. 86 ff.; vgl. Art. 52 Abs. 3 HRegV ). Der Beschwerdeführer bestreitet, dass er eine solche Tätigkeit ausübe. Er führt aus, bei seiner Arbeit stehe nicht die Erzielung eines kalkulierbaren Ertrages im Mittelpunkt. Der Preis eines Kunstwerkes richte sich nach der Qualität des künstlerischen Ausdrucks. Der Staat gewähre den Künstlern, vor allem den Anfängern, finanzielle Beihilfe, womit er nicht die Wirtschaft, sondern die Kultur fördere. Wenn ein Künstler schliesslich Erfolg habe, werde er dadurch nicht zum "gewerbsmässigen Kunstproduzenten". Ob er auf Bestellung oder aus freiem Willen arbeite, sei nicht massgebend. "So wie sich jeder Bürger ein Kunstwerk schaffen lassen kann - die grossen Werke früherer Meister sind meistens auch auf Bestellung entstanden -, drängt es oft den Kunstschaffenden zu einem Werk, mit dem er seine geistige Ansicht, seine Überzeugung oder sein Gegenwarts- oder Zukunftsverständnis zum Ausdruck bringen will." Dieses Schaffen habe mit gewerbsmässiger Warenherstellung nichts zu tun. Offenkundig ist, dass der Beschwerdeführer selbständig und dauernd als Bildhauer arbeitet. Es lässt sich aber auch nicht mit Grund bestreiten, dass seine Tätigkeit auf Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Zwar wird zutreffen, dass ein Bildhauer oder Kunstmaler bei seiner Arbeit in der Regel nicht in BGE 98 Ib 21 S. 24 erster Linie an den finanziellen Erfolg denkt. Übt er seine Kunst selbständig und dauernd aus und will er damit den Lebensunterhalt bestreiten oder wesentlich dazu beitragen, so muss aber doch auch ihm daran gelegen sein, für seine Werke zahlende Abnehmer - Besteller oder Käufer - zu finden. Gelingt ihm das, so nimmt er als Lieferer von ihm hergestellter Waren oder Bauwerke am Wirtschaftsleben teil. So verhält es sich hier. Der Beschwerdeführer räumt denn auch ein, dass er sich mit seinem Schaffen eine Existenz aufgebaut hat. Unter den gegebenen Umständen muss angenommen werden, dass er im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses gewerbsmässig tätig ist (vgl. den einen Kirchenmaler betreffenden Entscheid der EStV vom 3. März 1950, ASA Bd. 19 S. 41 f.). Nach den Berechnungen der EStV, die sich auf Angaben des Beschwerdeführers stützen und von ihm nicht bestritten werden, steht fest, dass seine für die Bestimmung der subjektiven Steuerpflicht massgebenden Umsätze in jedem der beiden Jahre 1968 und 1969 den Betrag von 35'000 Franken überstiegen haben. Daher ist nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdeführer nach Art. 9 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 WUStB mit Wirkung ab 1. Januar 1969 steuerpflichtig erklärt worden ist. Er bleibt steuerpflichtig, solange die massgebenden Umsätze über den genannten Betrag hinausgehen. 4. Der Beschwerdeführer wendet schliesslich ein, ausser ihm sei kein anderer Bildhauer der Warenumsatzsteuerpflicht unterstellt worden; der angefochtene Entscheid verletze daher das Gebot der Rechtsgleichheit. Demgegenüber stellt die EStV in der Vernehmlassung zur Beschwerde fest, dass Mitte 1971 bei ihr 231 "Inhaber von Grabstein- und Bildhauerbetrieben" als Grossisten eingetragen waren. "Von diesen" - sagt sie - "bezeichnen sich 105 als Grabsteingeschäfte, Grabmalkunst u.ä., 90 als Bildhauer oder Bildhauereien und bei 36 ist die Geschäftsbezeichnung eine Kombination beider Begriffe; reine Steinhauer-, Steinmetz- oder Kunststeingeschäfte sind in diesen Zahlen nicht enthalten... Zwar ist einzuräumen, dass es eine Reihe von Bildhauern geben wird, welche sich, obwohl eintragungspflichtig, noch nicht als Grossisten angemeldet haben ( Art. 30 Abs. 1 WUStB ) und von der EStV auch noch nicht als solche ermittelt worden sind. Eine Dunkelziffer nicht eingetragener Grossisten kommt in den meisten Branchen vor." BGE 98 Ib 21 S. 25 - 25 - Mit diesen Feststellungen ist aber die Rüge der Verletzung des Art. 4 BV nicht erledigt. Es fragt sich noch, ob sie deshalb begründet sei, weil die EStV in ihrer bisherigen Praxis angenommen hat, dass der "frei schaffende" bildende Künstler, "welcher Kunstwerke ausschliesslich um ihrer selbst willen herstellt", nicht als Grossist steuerpflichtig werden könne. Die EStV meint, der Beschwerdeführer könne sich nicht auf diese Praxis berufen, da er sich nicht "ausschliesslich" dem "freien Schaffen" widme, sondern ausserdem Grabsteine produziere. Sein Grabsteingeschäft sei ein Gewerbebetrieb, in welchem er Grabsteine gewerbsmässig herstelle. Die bildhauerischen Werke, die er im übrigen als "freier" Künstler "um ihrer selbst willen" schaffe, seien aber Waren gleicher Gattung wie Grabsteine; könnten doch Erzeugnisse der Bildhauerkunst, mit oder ohne Figuren, in vielen Fällen ebensogut eine Grabstätte wie einen öffentlichen Platz, eine Parkanlage oder ein Bauwerk schmücken. Daher seien alle vom Beschwerdeführer geschaffenen Erzeugnisse als gewerbsmässig hergestellt zu betrachten; denn Zweck seines Geschäftsbetriebs sei die Herstellung für fremde Rechnung und die Veräusserung "solcher" Produkte (Art. 10 Abs. 2, letzter Satz WUStB). Die EStV nimmt deshalb an, der Beschwerdeführer müsse sich seinen gesamten Umsatz anrechnen lassen, nicht nur den auf das Grabsteingeschäft entfallenden Teil - der in den Jahren 1968 und 1969 den Betrag von Fr. 35'000 nicht erreicht hat. Die erwähnte Praxis der EStV beruht auf der Überlegung, dass als gewerbsmässiger Hersteller im Sinne des Art. 10 Abs. 2 WUStB nach dem Zweck der Warenumsatzsteuer, die als Wirtschaftsverkehrssteuer ausgestaltet sei, nur "der im eigentlichen Wirtschaftsleben tätige gewerbliche oder industrielle Hersteller" angesehen werden könne. Der Meinung der EStV, ein sich auf das "freie Schaffen" beschränkender bildender Künstler könne nicht ein solcher Hersteller sein, kann jedoch nicht zugestimmt werden. Ist er selbständig und nachhaltig tätig und will er mit seinem Schaffen Einnahmen erzielen, so nimmt eben auch er, als gewerbsmässig Handelnder, am "eigentlichen Wirtschaftsleben" teil. Es kann nicht darauf ankommen, ob ein Bildhauer nur Werke herstellt und absetzt, welche die EStV als Erzeugnisse "freien Schaffens" betrachtet, oder ob er - ausserdem oder ausschliesslich - das Grabsteingeschäft betreibt, das die EStV nicht zum "freien Schaffen" rechnet. BGE 98 Ib 21 S. 26 Wie die EStV selbst sagt, gehören ja alle vom Bildhauer hergestellten Werke - Grabsteine und andere - zur gleichen Gattung. Nach der einleuchtenden Darstellung des Beschwerdeführers kommt es vielfach vor, dass ein Bildhauer am Anfang seines selbständigen Wirkens, zur Sicherung seiner Existenz, regelmässig Grabsteine herstellt, dagegen später, nachdem er sich durchgesetzt hat, nicht mehr oder nur noch gelegentlich. Gerade der Beschwerdeführer hat nach seinen Angaben eine solche Entwicklung durchgemacht. Die bisherige Praxis der EStV könnte dazu führen, dass ein Bildhauer in seinen Anfängen, als Hersteller von Grabsteinen, der Warenumsatzsteuerpflicht unterstellt wäre, später aber, als erfolgreicher "Freischaffender" mit nicht geringerem oder sogar höherem Umsatz, nicht mehr. Das kann nicht der Sinn der gesetzlichen Ordnung sein. Die Bildhauer, welche sich mit dem Grabsteingeschäft befassen, und diejenigen, welche im Sinne der Ausführungen der EStV "ausschliesslich frei schaffen", müssen bezüglich der Warenumsatzsteuerpflicht gleich behandelt werden. Würde die EStV an ihrer bisherigen Praxis festhalten, also die "ausschliesslich frei schaffenden" selbständigen Bildhauer weiterhin nicht als gewerbsmässig tätige Hersteller betrachten, so wäre daher die Unterstellung des Beschwerdeführers unter die Steuerpflicht mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit nicht vereinbar (vgl. BGE 90 I 167 , 226/7). Die EStV äussert indessen selber Zweifel an der Gesetzmässigkeit jener Praxis. Sie erklärt denn auch nicht, dass sie daran festhalten wolle. Sie wird die Praxis ändern müssen. Die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge der rechtsungleichen Behandlung dringt deshalb nicht durch. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e3464555-bfc2-482f-8a33-23c1f4b2d15a
Urteilskopf 99 Ib 321 40. Urteil vom 2. Februar 1973 i.S. Brunnengenossenschaft Wilen und ihrer Mitglieder gegen Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen und Regierungsrat des Kantons Obwalden.
Regeste Bodenverbesserungen; Art. 703 ZGB . 1. st a) Art. 703 Abs. 1 ZGB ist eine öffentlichrechtliche Vorschrift des Bundes. Ihre Auslegung und Anwendung ist Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1 a). b) Rügen im Zusammenhang mit der Durchführung einer Bodenverbesserung sind mit der staatsrechtlichen Beschwerde geltend zu machen (Erw. 1 b, c). 2. Begriff der Bodenverbesserung i.S. von Art. 703 Abs. 1 ZGB . - Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts; Bedeutung des Entscheids des Bundesrates über die Gewährung von Bundesbeiträgen (Erw. 5). - Wasserversorgungen sind Bodenverbesserungswerke (Erw. 6). - Begriff und Umfang des landwirtschaftlichen Interesses (Erw. 7). 3. Erfordernis des öffentlichen Interesses (Erw. 8). 4. Rügen im Zusammenhang mit der Gründungsversammlung werden nach den für die Stimmrechtsbeschwerde geltenden Grundsätzen beurteilt (Erw. 2). - Verwirkung des Rechts auf Beanstandung des Verfahrens. - Anforderungen an die Einladung zur Gründungsversammlung.
Sachverhalt ab Seite 322 BGE 99 Ib 321 S. 322 A.- Art. 703 ZGB lautet:>"Können Bodenverbesserungen, wie Gewässerkorrektionen, Entwässerungen, Aufforstungen, Weganlagen, Güterzusammenlegungen und dergleichen nur durch ein gemeinschaftliches Unternehmen ausgeführt werden, und hat die Mehrheit der beteiligten Grundeigentümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört, dem Unternehmen zugestimmt, so sind die übrigen Grundeigentümer zum Beitritt verpflichtet. Die an der Beschlussfassung nicht mitwirkenden Grundeigentümer gelten als zustimmend. Der Beitritt ist im Grundbuch anzumerken. Die Kantone ordnen das Verfahren. Sie haben insbesondere für Güterzusammenlegungen eine einlässliche Ordnung zu treffen. Die kantonale Gesetzgebung kann die Durchführung solcher Bodenverbesserungen noch weiter erleichtern und die entsprechenden Vorschriften auf Baugebiet anwendbar erklären." Im Kanton Obwalden sind die Bodenverbesserungen in den Art. 114 bis 127 des Gesetzes betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 30. April 1911 (EGZGB) geregelt. Art. 114 EGZGB lautet: BGE 99 Ib 321 S. 323 "Zum Zwecke von Bodenverbesserungen, wie Entwässerungen, Aufforstungen, Weganlagen, Zusammenlegungen von Wald und landwirtschaftlichen Gütern können sich die beteiligten Grundeigentümer zu einer Flurgenossenschaft vereinigen. Wenn die Mehrheit der beteiligten Grundeigentümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört, der Bildung einer solchen Flurgenossenschaft zustimmt, so sind die übrigen Beteiligten zum Beitritt verpflichtet. Gebäude, Gärten, sowie Grundstücke, in denen Steinbrüche, Kies- oder Lehmgruben betrieben werden, können, soweit solche Betriebe gestört würden, nicht zwangsweise zu einem solchen Unternehmen herbeigezogen werden, es sei denn, dass das Unternehmen sonst nicht ausführbar ist." Von der Möglichkeit, die Vorschriften über die Bodenverbesserungen auf Baugebiet anzuwenden, hat das kantonale Recht keinen Gebrauch gemacht. B.- Am 16. März 1969 wurde in der Turnhalle Schwendi bei Sarnen die Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen gegründet, durch welche im Raume Schwendi-Wilen eine zeitgemässe Wasserversorgung geschaffen werden soll. 66 Anwesende hatten mit Ja, 15 Anwesende mit Nein gestimmt, und 83 Abwesende waren als zustimmend im Sinne von Art. 703 ZGB betrachtet worden. In die neue Genossenschaft wurden auch die Mitglieder der Brunnengenossenschaft Wilen miteinbezogen. Diese ist Eigentümerin einer Quelle auf der Parzelle 1927 mit dem darauf befindlichen Wasserreservoir und des dazugehörenden Leitungsnetzes. Durch Bundesratsbeschluss vom 9. Juli 1969 wurde dem Unternehmen grundsätzlich zugestimmt, und es wurden nach den in der eidg. Landwirtschaftsgesetzgebung enthaltenen Grundsätzen Bundesbeiträge zugesichert, nämlich für den Raum Schwendi in der Höhe von 50%, für den Raum Wilen in der Höhe von 42%. Am 29. April 1970 erfolgte die Auflage der Kostenverteilung und des Projektes der Wasserversorgung Schwendi-Wilen durch die Perimeterkommission. Hiergegen erhoben die Brunnengenossenschaft Wilen und ihre Mitglieder am 19. Mai 1970 Einsprache, mit welcher sie sich der Eingliederung in die neue Wasserversorgungsgenossenschaft widersetzten. Die Brunnengenossenschaft Wilen machte geltend, sie wolle selbständig bleiben, und seitens ihrer Mitglieder wurde vorgebracht, dass sie genügend mit Wasser versorgt seien. Am 28. Juli 1970 genehmigte jedoch der Regierungsrat des Kantons Obwalden BGE 99 Ib 321 S. 324 die Statuten der Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen sowie die Pläne und den Kostenvoranschlag des Unternehmens. In der Folge wies die Perimeterkommission die Einsprachen mit Entscheid vom 29. Dezember 1970 ab. C.- Der von der Brunnengenossenschaft Wilen und 27 ihrer Mitglieder beim Regierungsrat des Kantons Obwalden dagegen erhobene Rekurs wurde am 20. Juli 1971 abgewiesen. Das Dispositiv des Entscheides lautet: "1. Die Perimeterkommission Wasserversorgung Schwendi-Wilen wird angewiesen, mit der Brunnengenossenschaft Wilen über eine freiwillige Abgabe der Parzelle 1927 mit dem Reservoir und dem gesamten Leitungsnetz zu verhandeln, wofür ein Übernahmepreis von Fr. 40'000.-- angemessen erscheint. Für die Übernahme der Quelle erscheint ebenfalls ein Betrag von Fr. 40'000.-- als Verhandlungsgrundlage gerechtfertigt zu sein. 2. Die Mitglieder der Brunnengenossenschaft Wilen werden zu den von der Perimeterkommission festgesetzten Anschlussgebühren in die neue Wasserversorgungsgenossenschaft einbezogen und die Rekurse 2-28 im Sinne der Ausführungen abgewiesen. 3. ... (Mitteilung)" Wie der Begründung des Entscheides im wesentlichen zu entnehmen ist, bejaht der Regierungsrat ein den Beitrittszwang rechtfertigendes öffentliches Interesse an der Eingliederung der Brunnengenossenschaft Wilen und ihrer Mitglieder in das neue Unternehmen. Die Brunnengenossenschaft Wilen habe keine Möglichkeit mehr, sich zu vergrössern. Sie habe denn auch in den letzten Jahren verschiedene Wasseranschlussgesuche nicht mehr bewilligen können. Zudem müsse sie mit einem vermehrten Wasserbedarf rechnen. Hinsichtlich der Feuerlöschmöglichkeiten müsse die bisherige Wasserversorgung als ungenügend bezeichnet werden. Bei der neuen Wasserversorgung könne dagegen mit einer genügenden Feuerlöschreserve gerechnet werden. Was die Qualität des Wassers betreffe, so sei aufgrund von Probeentnahmen der Beweis erbracht, dass sie nicht immer einwandfrei sei. Im übrigen müsse das Bestehen von zwei Wasserversorgungen und damit auch von Parallelleitungen im gleichen Gebiet unbedingt vermieden werden. Ein Rekurs des Walter von Ah-Koller, ebenfalls Mitglied der Brunnengenossenschaft Wilen, wurde gleichentags durch separaten Entscheid abgewiesen. Der Regierungsrat führt darin aus, dass die Wasserversorgung Stalden/Obstalden, die nicht miteinbezogen wurde, im Gegensatz zur Brunnengenossenschaft Wilen allen Wasserbezügern Wasser abgeben könne. BGE 99 Ib 321 S. 325 D.- Mit Eingabe vom 11. September 1971 haben die Brunnengenossenschaft Wilen und 26 ihrer Mitglieder, worunter auch Walter von Ah-Koller, staatsrechtliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Es wird die Aufhebung der Entscheide des Regierungsrats des Kantons Obwalden vom 20. Juli 1971 beantragt. Die Begründung der Beschwerden wird, soweit nötig, in den nachstehenden Erwägungen wiedergegeben. E.- Der Regierungsrat des Kantons Obwalden beantragt, die Beschwerde abzuweisen und die angefochtenen Entscheide zu bestätigen. Die Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen stellt keinen Antrag. F.- Das EVD, Abteilung für Landwirtschaft, schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die beschwerdeführenden Mitglieder der Brunnengenossenschaft Wilen (Beschwerdeführer) beanstanden, dass sie zwangsweise in die neue Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen einbezogen werden. Nach ihrer Auffassung sind die Voraussetzungen für einen Beitrittszwang nach Art. 703 ZGB nicht gegeben. Denn eine Wasserversorgung sei kein Bodenverbesserungsunternehmen im Sinne dieser Gesetzesbestimmung, und zudem fehle es an dem erforderlichen landwirtschaftlichen Interesse. Die neue Wasserversorgung Schwendi-Wilen werde nämlich nur wegen der baulichen Entwicklung in Wilen errichtet. Ihr Anschluss sei zudem nicht notwendig, weil sie durch die bestehende Wasserversorgung der Brunnengenossenschaft Wilen hinreichend versorgt würden. a) Dem angefochtenen Entscheid liegt die Auffassung zugrunde, dass die Wasserversorgung Schwendi-Wilen ein Bodenverbesserungsunternehmen im Sinne von Art. 703 ZGB ist. Art. 703 Abs. 1 ZGB ist eine öffentlichrechtliche Vorschrift des Bundes. Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen, unterliegen nach Massgabe von Art. 97 OG und Art. 5 VwG der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der angefochtene Regierungsratsentscheid geht von einer letzten kantonalen Instanz aus ( Art. 98 lit. g OG ) und stellt als Rekursentscheid eine Verfügung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 und Art. 5 VwG dar. Von den in Art. 99 bis 102 OG aufgeführten Gründen, welche die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausschliessen, trifft hier keiner zu. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher gegeben, BGE 99 Ib 321 S. 326 soweit die Auslegung und Anwendung von Art. 703 Abs.1 ZGB , d.h. der grundsätzliche Zwang zum Beitritt in das neue Wasserversorgungsunternehmen, in Frage steht. b) Indem die Beschwerdeführer die Notwendigkeit ihres Anschlusses an die neue Wasserversorgung bestreiten, beanstanden sie die Ausführung des Werkes. Die Durchführung von Bodenverbesserungen ist nach Art. 703 ZGB nicht vom Bundesrecht geregelt und bleibt somit den Kantonen überlassen. Die Anwendung von kantonalem Recht ist an sich nicht Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ( Art. 97 OG und 5 VwG), sondern, sofern wie hier in der behaupteten Rechtsverletzung gleichzeitig die Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts gesehen wird, der staatsrechtlichen Beschwerde. Die Rüge steht hier jedoch in einem engen Zusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfenden Frage, ob die Voraussetzungen für ein landwirtschaftliches Bodenverbesserungsunternehmen und damit einen Beitrittszwang nach Art. 703 Abs. 1 ZGB gegeben sind. Es rechtfertigt sich deshalb, sie gleichfalls im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu überprüfen. 2. Die Beschwerdeführer machen sodann eine Verletzung von Art. 4 BV geltend, weil sie zur Gründungsversammlung nicht in gehöriger Form vorgeladen worden seien. Diese Rüge betrifft das Verfahren und damit ebenfalls kantonales Recht ( Art. 703 Abs. 2 ZGB ). Angesichts des sachlichen Zusammenhangs mit der in erster Linie zu prüfenden Streitfrage ist es auch hier angezeigt, sie im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln. Nach Auffassung der Beschwerdeführer war die Einladung zur Gründungsversammlung nicht klar genug, sodass es den einzelnen Betroffenen nicht möglich gewesen sei, ihre Rechte zu wahren. Damit beanstanden sie die Durchführung der Abstimmung der Grundeigentümer über die Gründung der Bodenverbesserungskorporation. Sie machen eine Verletzung des ihnen zustehenden Stimmrechts geltend. Die Gesetzgebung des Kantons Obwalden enthält keine besonderen Vorschriften für das Verfahren bei der Gründung einer Bodenverbesserungsgenossenschaft nach Art. 703 ZGB . Die Rüge ist deshalb im Lichte der für Abstimmungen allgemein geltenden Grundsätze zu prüfen, soweit die Besonderheit des Verfahrens nach Art. 703 ZGB ihre Anwendung nicht ausschliesst. Da aber nicht eine BGE 99 Ib 321 S. 327 Verletzung der politischen Stimmberechtigung und damit eine Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG in Frage steht, ist das Bundesgericht auf eine Kognition unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV beschränkt ( BGE 80 I 227 , nicht publ. Urteil i.S. B. vom 7. Oktober 1970). a) Wenn hier die verwaltungsrechtliche Kammer des Bundesgerichts die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV überprüft, welche an sich Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde ist, so sind dennoch die für diese geltenden Anforderungen zu beachten. Nach Art. 87 OG setzt die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraus. Der letzten kantonalen Instanz kann zudem nicht Willkür vorgeworfen werden im Zusammenhang mit einer Frage, die ihr zur Entscheidung gar nicht unterbreitet wurde. Die Beschwerdeführer machen die behaupteten Verfahrensmängel jedoch erstmals mit der staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht geltend. Auf die Rüge kann daher nicht eingetreten werden. Der Umstand, dass die Durchführung der Gründungsversammlung nicht schon im kantonalen Verfahren beanstandet wurde, ist jedoch nicht der einzige Grund, weshalb sich das Bundesgericht nicht mehr damit befasst. Das Einspracherecht ist auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwirkt. Bei Stimmrechtsbeschwerden erkennt das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung, dass es stossend wäre, wenn mit der Anfechtung von Anordnungen, welche der Abstimmung vorausgehen, bis nach deren Durchführung zugewartet würde ( BGE 89 I 400 , BGE 81 I 208 ). In gleicher Weise muss es hier als unzulässig betrachtet werden, wenn Verfahrensmängel bei der Gründungsversammlung nicht im Anschluss an diese gerügt werden. Das kantonale Recht räumt im Zusammenhang mit der Gründungsversammlung allerdings keine Einsprachefrist ein. Nachdem die Beschwerdeführer es aber auch unterlassen haben, ihre Rügen zumindest noch im Einspracheverfahren im Anschluss an die Projektauflage vorzubringen, haben sie ihre Anfechtungsmöglichkeit jedenfalls verwirkt. b) Es ist jedoch festzuhalten, dass die Art, in welcher die Grundeigentümer zur Teilnahme an der Gründungsversammlung aufgefordert wurden, vor Art. 4 BV nicht standhält. Eine persönliche Einladung an jeden Beteiligten böte sicher die beste Gewähr dafür, dass von der Versammlung Kenntnis genommen BGE 99 Ib 321 S. 328 wird. Werden jedoch, wie im vorliegenden Fall, keine Einladungen zugestellt, sondern erfolgt die Aufforderung zur Teilnahme an der Versammlung durch Publikation im Amtsblatt, so muss der Kreis der Beteiligten deutlich festgehalten sein. Das trifft hier nicht zu. In der Publikation vom 9. Mai 1969 wird nicht eine Einladung an alle Grundeigentümer von Schwendi-Wilen gerichtet, welche im Bereich des Leitungsnetzes gemäss dem Projekt des Ingenieurbureaus Holinger ein Grundstück besitzen, was unter der Annahme, diese Pläne könnten eingesehen werden, noch als genügend klare Einladung angesehen werden könnte. Es werden vielmehr nur diejenigen Grundeigentümer im geplanten Perimeter aufgeboten, die nicht mit einer einwandfreien Rohrleitung und gutem Trinkwasser versorgt sind. Unter diesen Umständen können sich aber verschiedene Grundeigentümer in guten Treuen nicht zu den Beteiligten zählen, weil sie annehmen, ihre Wasserversorgung sei in Ordnung. Sie haben es deshalb nicht zu vertreten, wenn sie der Versammlung fernbleiben. Diese Beeinträchtigung ihres Stimmrechts wiegt umso schwerer, als nach Art. 703 ZGB die bei der Abstimmung über die Gründung der Bodenverbesserungsgenossenschaft nicht Mitwirkenden als zustimmend gelten. Im Interesse der Wahrung der Mitwirkungsrechte der Grundeigentümer ist auch ein Hinweis auf diese gesetzliche Folge in jedem Falle unerlässlich. Die Einladung zur Gründungsversammlung der Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen enthält keine solche Androhung für den Fall des Fernbleibens, weshalb sie auch aus diesem Grunde gegen Art. 4 BV verstösst. 3. (Nichteintreten auf die von der Brunnengenossenschaft Wilen erhobene Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie, da noch kein Entscheid über eine Enteignung vorliegt.) 4. (Legitimation) 5. Die Beschwerdeführer widersetzen sich einem zwangsweisen Beitritt zur Wasserversorgungsgenossenschaft Schwendi-Wilen mit der Begründung, dass dieses neue Wasserversorgungsunternehmen kein Bodenverbesserungsunternehmen im Sinne von Art. 703 ZGB sei. Die Einrichtung einer Wasserversorgung falle nicht unter den Begriff der Bodenverbesserung. Zudem fehle es an dem erforderlichen landwirtschaftlichen Interesse. Der Bundesrat hat mit Beschluss vom 9. Juli 1969 dem neuen Wasserversorgungsunternehmen grundsätzlich zugestimmt und BGE 99 Ib 321 S. 329 gestützt auf das Bundesgesetz über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauernstandes (Landwirtschaftsgesetz) vom 3. Oktober 1951 (LWG) und die Verordnung über die Unterstützung von Bodenverbesserungen und landwirtschaftlichen Hochbauten (Bodenverbesserungs-Verordnung) vom 29. Dezember 1954/21. Dezember 1959 Bundesbeiträge zugesichert. Damit hat er anerkannt, dass es sich um ein landwirtschaftliches Bodenverbesserungsunternehmen handelt. Der Umstand, dass bereits der Bundesrat sich über diese Frage ausgesprochen hat, bedeutet jedoch nicht, dass das Bundesgericht dazu keine Stellung mehr nehmen kann. Der Bundesrat bzw. das EVD, welches diesem Bericht und Antrag zur Genehmigung stellt, überprüft im nichtstreitigen Verwaltungsverfahren unter dem Gesichtspunkt der Erteilung von Bundesbeiträgen das von einem Kanton vorgelegte Projekt daraufhin, ob es den Charakter eines landwirtschaftlichen Bodenverbesserungsunternehmens hat. In diesem Zusammenhang ist die Vorschrift des Art. 77 Abs. 3 LWG zu sehen, wonach im Zweifelsfalle auf Antrag der Kantonsregierung der Bundesrat entscheidet, ob ein Unternehmen zu den Bodenverbesserungen gehört. Wenn im vorliegenden Fall kein solcher Entscheid ergangen ist, so eben deshalb, weil beim Kanton Obwalden keine Zweifel über den Charakter des Unternehmens bestanden, die ihn zu einem solchen Antrag hätten veranlassen können. Das Bundesgericht dagegen prüft die Frage, ob ein landwirtschaftliches Bodenverbesserungsunternehmen vorliegt, im Rechtsschutzverfahren im Hinblick darauf, ob die Grundeigentümer zum Beitritt gezwungen werden dürfen. Die Kriterien, von denen sich das Bundesgericht bei der Auslegung und Anwendung der massgebenden Gesetzesvorschriften leiten lässt, ergeben sich aus dem Rechtsschutzverfahren und der Natur des Streites, der um eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung geht. Sie brauchen sich mit den Kriterien, nach denen die Verwaltung das Gesetz für die Entrichtung von Subventionen handhabt, nicht zu decken. Nach Art. 104 OG steht dem Bundesgericht die freie Überprüfungsbefugnis zu, und es kann die Feststellung des Sachverhaltes durch den Regierungsrat von Amtes wegen überprüfen ( Art. 105 OG ). Deshalb kommt der Rüge der Willkür, soweit sie in diesem Zusammenhang erhoben wird, keine selbständige Bedeutung zu ( BGE 97 I 462 , nicht publ. E. 1, BGE 91 I 147 ). BGE 99 Ib 321 S. 330 6. Der in Art. 114 EGZGB vorgesehene Beitrittszwang geht nicht weiter als derjenige nach Art. 703 ZGB . Die kantonale Vorschrift, auf welche sich die Beschwerdeführer berufen, hat daher keine selbständige rechtliche Bedeutung und kann ausser Acht gelassen werden. Unter den in Art. 703 ZGB aufgeführten Beispielen von Bodenverbesserungen sind die Wasserversorgungen nicht genannt. Aus der Art der Werke und Massnahmen, die in der nicht abschliessenden Aufzählung im Gesetz erwähnt werden, lässt sich jedoch schliessen, dass auch Wasserversorgungen darunter fallen können. Werden doch nicht nur Vorkehren genannt, die der Verbesserung des Bodens im eigentlichen Sinne dienen, sondern auch Werke, wie z.B. Weganlagen, die auf irgendeine Weise dazu bestimmt und geeignet sind, die Bewirtschaftung zu erleichtern und die Produktionskosten zu senken (HAAB, Komm. zu Art. 703 ZGB N 1). Dieser Auslegung von Art. 703 ZGB entspricht die in Art. 77 Abs. 1 LWG gegebene Legaldefinition der Bodenverbesserungen. Art. 77 Abs. 1 LWG lautet: "Bodenverbesserungen im Sinne dieses Gesetzes sind Massnahmen oder Werke, die den Zweck haben, die Ertragsfähigkeit des Bodens zu erhalten oder zu steigern, seine Bewirtschaftung zu erleichtern oder ihn vor Verwüstungen oder Zerstörungen durch Naturereignisse zu schützen." Güterzusammenlegungen, Bewässerungen, Entwässerungen und Weganlagen genügen nicht immer, um die Bewirtschaftung des Bodens in dem gewünschten Masse zu erleichtern. Zu den Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft gehört auch, dass die Höfe und Häuser arbeitstechnisch und hygienisch gut eingerichtet sind, wozu eine einwandfreie Wasserversorgung und die Zuführung elektrischer Energie gehören. In der Bodenverbesserungs-Verordnung, welche das LWG näher ausführt, werden die Wasserversorgungen denn auch ausdrücklich als Bodenverbesserungswerke aufgeführt (Art. 40 lit. a der VO vom 29. Dezember 1954, Art. 37 lit. a der neuen VO vom 14. Juni 1971, welche nach Art. 70 Abs. 2 der Übergangsbestimmungen auf den vorliegenden Fall allerdings noch nicht anwendbar ist), nämlich als solche, deren Unterstützung durch den Bund auf Berggebiete beschränkt ist. Diese dem LWG zugrundeliegende Vorstellung vom Begriff der Bodenverbesserung geht nicht über die Bedeutung von Art. 703 ZGB hinaus, sondern es wird im BGE 99 Ib 321 S. 331 LWG nur ausdrücklich festgehalten, was schon vor dessen Inkrafttreten angenommen wurde (vgl. die Botschaft des Bundesrates zum LWG in BBl. 1951 I S. 233). Dafür spricht auch, dass Art. 703 ZGB in seiner heutigen Form mit Art. 121 LWG geschaffen worden ist. 7. Die Einrichtung einer Wasserversorgung ist freilich nur dann eine Bodenverbesserung im Sinne von Art. 703 ZGB bzw. Art. 77 LWG , wenn sie der Landwirtschaft dient. Die Beschwerdeführer behaupten, dass die Wasserversorgung Schwendi-Wilen nur im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung des Bezirkes Wilen und die damit verbundene Erstellung zusätzlicher Wohnbauten gegründet worden sei. Für die bestehenden landwirtschaftlichen Heimwesen genüge die bisherige Wasserversorgung. a) Die Bodenverbesserungs-Verordnung nennt die Voraussetzungen für die Erteilung von Bundesbeiträgen und bestimmt damit, was unter dem erforderlichen landwirtschaftlichen Interesse zu verstehen ist. Nach Art. 40 lit. a der Bodenverbesserungs-Verordnung vom 29. Dezember 1954 sind beitragsberechtigt "Wasserversorgungen für Einzelhöfe, für Alp- und Weidegebiete oder Ortswasserversorgungen finanzschwacher Gemeinden mit vorwiegend in der Landwirtschaft tätiger Bevölkerung". Die neue Verordnung vom 14. Juni 1971 verlangt bereits einen geringeren Anteil an in der Landwirtschaft Tätigen: Art. 37 setzt voraus, dass "ein angemessener Teil der Erwerbstätigen auf die Landwirtschaft entfällt; nach Massgabe des landwirtschaftlichen Interesses können auch Unternehmen für Weiler und Ortschaften unterstützt werden, die eine kleinere Quote landwirtschaftlicher Erwerbstätiger aufweisen". Die neue Bodenverbesserungs-Verordnung ist zwar, wie dargelegt, im Falle der Wassergenossenschaft Schwendi-Wilen nicht anwendbar. Doch ist dies nur mit Bezug auf die Entrichtung von Subventionen von Bedeutung. Im vorliegenden Verfahren aber geht es darum, ohne Rücksicht auf die Frage der Beitragsberechtigung den Sinn von Art. 77 LWG bzw. Art. 703 ZGB zu ermitteln. Es steht deshalb nichts entgegen, auch diese Verordnung, die sich ja nur im Rahmen des Gesetzes bewegen kann, heranzuziehen. Allerdings sind das LWG und die dieses ausführende Bodenverbesserungs-Verordnung auf die Ausrichtung von Bundesbeiträgen zugeschnitten, und insoweit kann eine Bejahung des landwirtschaftlichen Interesses aufgrund BGE 99 Ib 321 S. 332 einer weiten Auslegung dieses Begriffes durch die zuständige Verwaltungsbehörde einem projektierten Unternehmen nur zum Vorteil gereichen, indem es in den Genuss von Subventionen kommt. Im vorliegenden Verfahren ist jedoch mit Rücksicht darauf, dass ein allfälliger verfassungswidriger Eingriff in das Eigentum des Einzelnen in Frage steht, ein strengerer Massstab anzulegen. b) In den Listen der an der neuen Wasserversorgung beteiligten Grundeigentümer sind aus dem Gebiet der Wasserversorgung Schwendi 47 Landwirte, 5 Nichtlandwirte sowie 10 Eigentümer ohne Berufsangabe (von denen allerdings einige Landwirte zu sein scheinen, was abzuklären jedoch unterbleiben kann, da eine Bestätigung sich nur zuungunsten der Beschwerdeführer auswirken würde) aufgeführt, von der Wasserversorgung Wilen 58 Landwirte und 41 Nichtlandwirte sowie 3 Eigentümer ohne Angabe. Im Versorgungsgebiet Schwendi ist das landwirtschaftliche Interesse offensichtlich gegeben und wird auch nicht bestritten; nach dem Antrag des EVD an den Bundesrat vom 30. Juni 1969 betreffend die Gewährung des Bundesbeitrages beträgt es 72%. Für den Raum Wilen stellt das EVD jedoch ein landwirtschaftliches Interesse von nur 49% fest. Nach dem technischen Bericht des mit der Ausarbeitung des Projektes beauftragten Ingenieurbureaus vom 22. November 1968 sind im Versorgungsgebiet Wilen zum Anschluss gemeldet: Tagesverbrauch "600 Einwohner à 300 l/Kopf und Tag: 180 m3 480 Stk Grossvieh à 50 l: 24 m3 470 Stk Kleinvieh à 50 l (Schweinemast): 24 m3 310 Hotelbetten à 150 l: 47 m3 70 Betten Pflegerinnenschule à 100 l: 7 m3 1 Schwimmbad und Therapie: 10 m3" Was die Grundeigentümer betrifft, so überwiegen die Landwirte auch in diesem Gebiet noch deutlich. Wenn nach den Feststellungen des EVD trotzdem nur ein landwirtschaftliches Interesse von 49% gegeben ist, so offensichtlich wegen der Hotels, der Pflegerinnenschule und des Schwimmbads sowie deshalb, weil ein beträchtlicher Teil der erwerbstätigen Einwohner nicht in der Landwirtschaft beschäftigt ist. Vom Anschluss eines Neubaus der Pflegerinnenschule, dessen Wasserverbrauch sich übrigens in kleinem Rahmen halten wird, kann nicht gesagt werden, er sei zweckfremd, trägt der Spitalneubau doch zur BGE 99 Ib 321 S. 333 Verbesserung der Lebensbedingungen auch der landwirtschaftlichen Bevölkerung bei. Gewisse Bedenken mag dagegen erwecken, dass die neue Wasserversorgung auch für den Anschluss dreier Hotels und eines Schwimmbads eingerichtet wird, deren Wasserverbrauch denjenigen des gesamten Viehbestandes übersteigt. Doch besteht deswegen noch kein Anlass, dem streitigen Wasserversorgungsunternehmen ein hinreichendes landwirtschaftliches Interesse abzusprechen. Mit Rücksicht auf die technisch sinnvolle Ausführung eines Wasserversorgungsnetzes ist an sich nicht zu beanstanden, wenn auch nicht landwirtschaftliche Betriebe angeschlossen werden. Im Rahmen des vorliegenden Gesamtprojektes kommt diesen jedenfalls kein überwiegendes Gewicht zu. Das Gebiet Wilen, in welchem sich die Hotels und eine erhebliche Zahl nicht in der Landwirtschaft Erwerbstätiger befinden, kann nämlich nicht für sich allein beurteilt werden. Das Wasserversorgungsnetz Schwendi-Wilen bildet nach dem Projekt ein einheitliches Ganzes, zumal der Überschuss der Quellen in Schwendi zur Versorgung der Gebiete Wilen und Oberwilen herangezogen wird. Im Ganzen gesehen ist nach den erwähnten Zahlen aber ein landwirtschaftliches Interesse von gut 60% vorhanden, was gemäss den dargelegten Grundsätzen als genügend erscheint. Die Voraussetzungen von Art. 703 ZGB und mithin die gesetzliche Grundlage für den Beitrittszwang zum Wasserversorgungsunternehmen Schwendi-Wilen sind somit erfüllt. 8. Aus der Eigentumsgarantie folgt, dass für die zwangsweise Durchführung von Bodenverbesserungsmassnahmen nicht nur die gesetzliche Grundlage, sondern auch das öffentliche Interesse gegeben sein muss ( BGE 98 Ia 199 ). Es muss ein hinreichendes Bedürfnis nach den Verbesserungsmassnahmen vorhanden sein, und der Eingriff in das Eigentum des Einzelnen muss unter dem Gesichtspunkt einer zweckmässigen Ausführung des Werkes gerechtfertigt sein. Dabei geht es um die Würdigung der örtlichen Verhältnisse und um technische Fragen der Projektausführung, die den zuständigen kantonalen Behörden einen weiten Spielraum des Ermessens belassen. Wie weit die in diesem Zusammenhang sich stellenden Fragen im einzelnen unter dem Gesichtspunkt von Art. 703 Abs. 1 ZGB oder des kantonalen Rechts und damit je nachdem gemäss den für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde oder die staatsrechtliche Beschwerde geltenden Grundsätzen zu beurteilen sind, kann offen BGE 99 Ib 321 S. 334 bleiben. Denn die Kognition des Bundesgerichts ist im einen wie im andern Fall die gleiche. Bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde prüft das Bundesgericht die Ermessensbetätigung der kantonalen Behörde nur auf Missbrauch und Überschreitung des Ermessens hin ( Art. 104 OG ). Im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde bleibt es, da kein besonders schwerer Eingriff in das Eigentum in Frage steht, auf eine Überprüfung unter dem Gesichtswinkel der Willkür beschränkt ( BGE 98 Ia 38 mit Verweisungen). Der Regierungsrat bejaht das öffentliche Interesse an der neuen Wasserversorgung Schwendi-Wilen mit der Begründung, dass es um die Sanierung der Trinkwasserversorgung eines ganzen Gebietes gehe, und zwar in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht. Der Beweis sei erbracht, dass die Wasserqualität, wie sie vom Schweiz. Lebensmittelbuch gefordert werde, nicht immer einwandfrei sei. Zudem müsse im Raume der Wassergenossenschaft Wilen mit einem vermehrten Wasserbedarf gerechnet werden, da eine beträchtliche Anzahl älterer Gebäude angeschlossen sei, die bei einer Verbesserung der sanitären Einrichtungen einen grösseren Verbrauch haben werden. Die Brunnengenossenschaft Wilen habe sogar landwirtschaftliche Abonnenten, deren Ställe nicht von ihr mit Wasser versorgt würden. Die bisherige Wasserversorgung sei auch inbezug auf die Feuerlöschmöglichkeiten ungenügend. Schliesslich würde das Bestehen von zwei Wasserversorgungen und damit von Parallelleitungen im gleichen Gebiet, was die Nichteinbeziehung der Brunnengenossenschaft Wilen zur Folge hätte, zu unerwünschten Schwierigkeiten beim Bau von Kanalisationen, der Durchführung von Kabelleitungen usw. führen, was unbedingt zu vermeiden sei. Die Beschwerdeführer stellen sich vor allem auf den Standpunkt, dass die Wasserversorgung der Brunnengenossenschaft Wilen für den Bedarf ihrer Mitglieder noch auf lange Zeit genügen werde. Dabei verkennen sie jedoch, dass im Raume der Brunnengenossenschaft Wilen mit einem vermehrten Wasserverbrauch infolge einer Verbesserung der sanitären Einrichtungen in den landwirtschaftlichen Heimwesen gerechnet wird. Eine Anpassung der sanitären Anlagen in den Bauernhäusern an die heutigen Anforderungen ist mit Rücksicht auf verbesserte Lebensbedingungen der Landwirte und zur Verhinderung der besonders in Berggebieten drohenden Abwanderung sicher notwendig. BGE 99 Ib 321 S. 335 Wenn dabei nach den Ausführungen des Regierungsrates in der Vernehmlassung auch die Einrichtung von Ferienwohnungen in den Bauernhäusern berücksichtigt wird, so werden damit nicht zweckfremde Interessen verfolgt. Ist doch der Fremdenverkehr ein wichtiger Nebenerwerbszweig für die Landwirtschaft. Die Behauptungen der Beschwerdeführer, die neue Wasserversorgung werde nur wegen der nichtlandwirtschaftlichen Entwicklung und damit in einem im Rahmen von Bodenverbesserungen nicht zu beachtenden Interesse erstellt, hat sich bereits als unbegründet erwiesen (vgl. Erw. 7). Dass die Schaffung hinreichender Feuerlöschmöglichkeiten im öffentlichen Interesse steht und dass diese zum grossen Teil ungenügend sind, wird von den Beschwerdeführern nicht ernstlich bestritten; nach ihrer Auffassung darf dieser Zweck bloss nicht auf dem Wege über eine landwirschaftliche Bodenverbesserung verfolgt werden. Es ist jedoch klar, dass die Feuerlöschmöglichkeiten für die Qualität eines bäuerlichen Heimwesens eine wesentliche Rolle spielen und somit nach dem in Erw. 7 Gesagten auch Gegenstand von Bodenverbesserungsmassnahmen sein können. Was die Qualität des Wassers der Brunnengenossenschaft Wilen anbelangt, so steht fest, dass von vier Wasserproben eine ein Ergebnis zeitigte, das den Anforderungen des Schweiz. Lebensmittelbuches nicht entsprach. Ferner musste im Reservoir Summerweid eine Chlorierungsanlage eingebaut werden. Ist aber das Wasser schon heute nicht immer einwandfrei und zum Teil mit auf die Dauer unbefriedigenden Massnahmen zu behandeln, so ist es nicht unhaltbar, das öffentliche Interesse an einem neuen Versorgungsnetz, mit welchem die Verhältnisse gesamthaft und auf lange Sicht verbessert werden, zu bejahen. Der Einwand der Beschwerdeführer, die Einverleibung der Quelle ihrer Genossenschaft in die neue Wasserversorgung beweise gerade, dass ihre Wasserqualität gut sei, geht fehl. Wird doch nach den Ausführungen des Regierungsrats die ungenügende Wasserprobe nicht auf eine schlechtere Qualität des Quellwassers zurückgeführt, sondern auf einen Mangel an der Fassung, der eben im Zuge der Einrichtung des neuen Leitungsnetzes behoben werden kann. Wenn die Beschwerdeführer sodann behaupten, Art. 261 Ziff. 2 und 3 der bundesrätlichen Verordnung über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 26. Mai 1936, worauf im Entscheid der Perimeterkommission verwiesen wird, sehe als Sanktion für BGE 99 Ib 321 S. 336 ungenügendes Wasser einzig das Verbot der Benützung der Anlage vor und könne somit keine gesetzliche Grundlage für den Zwangsbeitritt zu einer Wasserversorgung sein, so verkennen sie den Sinn dieses Hinweises, mit dem bloss dargetan wird, welchen Anforderungen eine Trinkwasseranlage zu genügen hat. Auch der vom Regierungsrat weiter angeführte Grund, dass zwei parallel verlaufende Wasserleitungen nicht zu verantworten wären, ist unter dem Gesichtspunkt einer technisch vernünftigen und auf die Dauer weniger aufwendigen Ausführung des Wasserversorgungsnetzes sachlich vertretbar. Von einer Ermessensüberschreitung oder Willkür der kantonalen Behörden, welche das öffentliche Interesse an der Wasserversorgung Schwendi-Wilen und den Einbezug der Beschwerdeführer bejahen, kann nicht gesprochen werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e3489e87-96b7-4e59-8b07-0643e4a4b448
Urteilskopf 110 V 71 12. Extrait de l'arrêt du 23 mars 1984 dans la cause Baillie contre Caisse cantonale vaudoise de compensation et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 6 AHVG , Art. 22 ff. AHVV . Für die Festsetzung der Beiträge der Arbeitnehmer nicht beitragspflichtiger Arbeitgeber muss grundsätzlich das durch die Art. 22 ff. AHVV festgelegte Verfahren angewendet werden (Präzisierung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 71 BGE 110 V 71 S. 71 Extrait des considérants: 1. Comme le relèvent avec raison les juges cantonaux, le recourant, ressortissant britannique, domicilié en Suisse et n'exerçant son activité professionnelle ni en Suisse ni dans son pays d'origine, est soumis au droit suisse des assurances sociales (art. 5 al. 2 de la convention de sécurité sociale entre la Suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d'Irlande du Nord, du 21 février 1968). 2. a) Il est constant que l'employeur du recourant n'a pas d'établissement stable en Suisse. Il n'est donc pas tenu de payer des cotisations (art. 12 LAVS). En conséquence, les cotisations du recourant se calculent selon l'art. 6 LAVS, qui fixe les cotisations des assurés dont l'employeur n'est pas tenu d'en payer. Ces salariés sont traités par la loi comme des assurés de condition indépendante: le taux de leurs cotisations est identique (cf. art. 6 et 8 LAVS), de même que le sont les conditions de réduction et de remise de celles-ci (art. 11 LAVS); ils peuvent également déduire tous les frais généraux nécessaires à l'acquisition du revenu (ATFA 1958 p. 184). On peut donc affirmer que la loi les assimile aux assurés exerçant une activité lucrative indépendante (MAURER, Sozialversicherungsrecht, vol. II pp. 139 et 142 s.). b) Partant de cette similitude de situations, le Tribunal fédéral des assurances a jugé que la procédure de fixation des cotisations selon les art. 22 ss RAVS, prévue pour les personnes exerçant une activité indépendante, pouvait également s'appliquer aux salariés BGE 110 V 71 S. 72 d'employeurs non tenus au paiement de cotisations (RCC 1970 p. 378). Dans cet arrêt, il a toutefois admis - implicitement du moins - que les caisses de compensation demeuraient libres, conformément à la pratique administrative, de choisir, pour cette catégorie d'assurés, le mode de fixation des cotisations et qu'elles pouvaient en conséquence se fonder sur une attestation de salaire de l'employeur ou sur les déclarations de l'assuré, ou encore sur une communication du fisc (cf. ch. 51 des directives de l'Office fédéral des assurances sociales sur la perception des cotisations, valables dès le 1er janvier 1982). Les erreurs successives de la caisse intimée dans la présente cause démontrent toutefois qu'il est préférable que les caisses de compensation se fondent, en pareil cas, sur la taxation fiscale des intéressés plutôt que de procéder elles-mêmes à de nouveaux calculs. Des exigences d'ordre pratique commandent également une telle solution. En effet, comme le relève à juste titre le recourant, il est inutilement compliqué et peu logique que les bases de taxation soient arrêtées différemment par le fisc et par les organes de l'AVS. Au surplus, il ne se justifie pas de faire des distinctions, selon le pouvoir discrétionnaire de l'administration, au sein de la même catégorie d'assurés. C'est pourquoi, contrairement à ce qui est dit dans l'arrêt publié dans la RCC 1970 p. 378, il y a lieu d'appliquer de façon générale, dans le cas des salariés au service d'employeurs non astreints à payer des cotisations, la procédure de fixation des cotisations instituée par les art. 22 ss RAVS. Demeurent cependant réservées les situations particulières - dont il n'a pas à être jugé ici - où les circonstances exceptionnelles justifieraient une autre méthode, par exemple un prélèvement des cotisations à la source.
null
nan
fr
1,984
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e35655fd-afba-4d1b-b695-725c22e1ca09
Urteilskopf 113 IV 13 5. Urteil des Kassationshofes vom 24. April 1987 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen c. H. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 65 StGB . Strafmilderung bei auf Gefängnis und Busse lautender Strafdrohung. In Fällen, in denen in einem Straftatbestand kumulativ Gefängnis und Busse angedroht werden, darf bei Vorliegen eines gemäss Art. 65 StGB zu berücksichtigenden Strafmilderungsgrundes auf die Ausfällung einer Busse nicht verzichtet werden.
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 113 IV 13 S. 14 A.- Das Obergericht des Kantons Schaffhausen verurteilte H. am 19. September 1986 im Berufungsverfahren wegen fortgesetzter Gehilfenschaft zu ungetreuer Geschäftsführung und fortgesetzter Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung in Anwendung von Art. 159 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 25 StGB , Art. 87 Abs. 2 AHVG , Art. 68 Ziff. 1, 69 und 41 Ziff. 1 StGB zu einer Gefängnisstrafe von zehn Monaten, abzüglich neun Tage Untersuchungshaft, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen sei aufzuheben und die Sache sei zur Ausfällung einer angemessenen Busse an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Verurteilte beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 159 Abs. 2 StGB ist der ungetreue Geschäftsführer, der aus Gewinnsucht handelt, mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und mit Busse zu bestrafen. Die Vorinstanz verurteilte den Beschwerdegegner unter anderem wegen gewinnsüchtiger Gehilfenschaft zu ungetreuer Geschäftsführung, milderte die Strafe in Anwendung von Art. 25 (in Verbindung mit Art. 65) StGB und verzichtete daher auf die Ausfällung einer Busse. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft darf in Fällen, in denen das Gesetz kumulativ Gefängnis (ohne Mindestdauer) und Busse (ohne Angabe eines Mindestbetrages) androht, bei einer Strafmilderung gemäss Art. 65 StGB , auf den Art. 25 StGB verweist, auf die Ausfällung einer Busse nicht verzichtet werden. BGE 113 IV 13 S. 15 2. Art. 65 StGB ("Strafsätze") ist in verschiedener Hinsicht unvollständig. Er regelt nicht das Vorgehen in Fällen, in denen das Gesetz alternativ Zuchthaus oder Gefängnis androht. Eine in verschiedenen Vorentwürfen enthaltene diesbezügliche Vorschrift ist im Verlauf der weiteren Vorarbeiten aus nicht mehr erkennbaren Gründen fallengelassen worden (s. dazu GUSTAV MAURER, Die Strafzumessung im schweizerischen Strafgesetzbuch, Diss. ZH 1945, S. 98 ff. mit Hinweisen; vgl. auch BGE 71 IV 79 , SJZ 39/1942/3 S. 97). Art. 65 StGB regelt auch nicht die Strafmilderung in Fällen, in denen das Gesetz eine Busse in einem bestimmten Mindestbetrag androht. Der Grund hiefür liegt darin, dass die Tatbestände des StGB im Unterschied zu verschiedenen Tatbeständen in Nebenstrafgesetzen keine solche Strafdrohung enthalten (s. dazu BGE 90 IV 3 , BJM 1963 S. 28). Art. 65 StGB regelt sodann nicht den vorliegend zur Diskussion stehenden Fall, in dem in einem Straftatbestand kumulativ Freiheitsstrafe und Busse angedroht sind. 3. Der Kassationshof hatte sich noch nie ausdrücklich mit der Frage zu befassen, ob es im Falle der kumulativen Androhung von Freiheitsstrafe und Busse bei Vorliegen eines nach Art. 65 StGB zu berücksichtigenden Strafmilderungsgrundes zulässig sei, gänzlich auf die Busse oder auf die Freiheitsstrafe zu verzichten. In BGE 90 IV 1 , welcher den Tatbestand des Führens eines Motorfahrzeuges ohne die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung ( Art. 96 Ziff. 2 SVG ) und den Strafmilderungsgrund des jugendlichen Alters gemäss Art. 100 aStGB betraf, musste die Frage nicht entschieden werden, da die damalige Beschwerdeführerin (Staatsanwaltschaft) den Verzicht auf die Ausfällung einer Freiheitsstrafe nicht beanstandet, sondern lediglich gerügt hatte, dass die in Art. 96 Ziff. 2 SVG vorgeschriebene Mindesthöhe der Busse unterschritten worden war. Zur Frage der Strafmilderung bei kumulativer Androhung von Freiheitsstrafe und Busse in einem Straftatbestand gibt es, soweit überblickbar, weder kantonale Gerichtsentscheide noch Stellungnahmen in der Literatur. Die verschiedenen Vorentwürfe zu einem Strafgesetzbuch enthielten keine Regel betreffend den Strafsatz im Falle einer Strafmilderung bei kumulativer Androhung von Freiheitsstrafe und Busse. Den Materialien kann nicht entnommen werden, weshalb der Gesetzgeber auf eine diesbezügliche Bestimmung verzichtet hat. BGE 113 IV 13 S. 16 4. Freiheitsstrafe und Busse sind Hauptstrafen. Sie sind auch dann eigenständige Strafen, wenn sie in einem bestimmten Straftatbestand kumulativ angedroht werden. Das Vorgehen bei der Milderung einer Busse kann daher nicht davon abhängen, ob diese in einem bestimmten Straftatbestand als einzige Strafe oder kumulativ neben einer Freiheitsstrafe angedroht wird. In beiden Fällen kann eine Busse lediglich auf 1 Franken gemildert werden. Der Verzicht auf die in einem bestimmten Tatbestand kumulativ neben Gefängnis angedrohte Busse geht über eine blosse Strafmilderung hinaus. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass gemäss Art. 65 in fine StGB statt auf Gefängnis auf Busse erkannt werden kann. Dadurch wird nicht auf die Ausfällung einer selbständigen Hauptstrafe verzichtet, sondern diese Strafe gemäss einer klaren gesetzlichen Bestimmung durch Umwandlung der Strafart gemildert. Das Argument des Beschwerdegegners, dass der Richter statt auf die Ausfällung der Gefängnisstrafe (durch Umwandlung derselben in eine Busse) "in maiore minus" auf die Ausfällung der in einem bestimmten Straftatbestand kumulativ neben Gefängnis angedrohten Busse müsse verzichten können, ist daher unbehelflich. Der Richter könnte auf die Ausfällung einer Busse selbst dann nicht verzichten, wenn er statt dessen die ohnehin auszusprechende Gefängnisstrafe erhöhte, was der Betroffene unter Umständen als eine Milderung empfinden mag; ein solches Vorgehen bei der Strafmilderung ist, anders als die Umwandlung der Gefängnisstrafe in Busse, im Gesetz nicht vorgesehen und daher unzulässig. Der Verzicht auf die Ausfällung einer Busse widerspricht im vorliegenden Fall zudem der ratio legis. Die Busse wird beim Tatbestand der ungetreuen Geschäftsführung gerade wegen der Gewinnsucht des Täters oder Teilnehmers kumulativ neben der Gefängnisstrafe angedroht. Es kann daher vernünftigerweise auf die Busse nicht wegen eines Strafmilderungsgrundes (blosse Gehilfenschaft, Art. 25 StGB ) verzichtet werden, der die Gewinnsucht nicht berührt. 5. Die Sache ist demnach in Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese den Beschwerdegegner, der sich unbestrittenermassen unter anderem der gewinnsüchtigen Gehilfenschaft zu ungetreuer Geschäftsführung schuldig gemacht hat, auch mit einer Busse bestrafe. Der Vorinstanz ist es von Bundesrechts wegen unbenommen, in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens dem Strafmilderungsgrund BGE 113 IV 13 S. 17 der blossen Gehilfenschaft in dem Masse, in welchem sie ihn durch Verzicht auf die Ausfällung einer Busse berücksichtigt hatte, im Rückweisungsverfahren durch entsprechende Herabsetzung der Gefängnisstrafe Rechnung zu tragen. Da der Beschwerdegegner unterliegt, hat er die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen ( Art. 278 BStP ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, und die Sache wird im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie den Beschwerdegegner auch mit einer Busse bestrafe.
null
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e35d8136-678c-4bf2-8bab-bdaa9f1edbbd
Urteilskopf 119 V 255 36. Urteil vom 30. Dezember 1993 i.S. E. gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau
Regeste Art. 21 Abs. 1 IVG , Art. 2 Abs. 2 HVI , Ziff. 10.05* HVI-Anhang. Invaliditätsbedingte Abänderung von Motorfahrzeugen - Übernahme von Abänderungskosten; Änderung und Präzisierung der bisherigen Rechtsprechung ( BGE 106 V 217 E. 4), wonach ein vorzeitiger Wagenwechsel - objektive Notwendigkeit vorausgesetzt - höchstens ein Jahr vor Ablauf der sechsjährigen Frist Anspruch auf eine (Pro-rata-)Vergütung vermittelt (E. 4): - Neu wird diese zeitliche Einschränkung (Fünfjahresfrist) fallengelassen mit der Folge, dass ein Anspruch auf (Pro-rata-)Kostenvergütung (irgendwann) vor Ablauf von sechs Jahren seit dem letzten Umbau entstehen kann. - Die Sechsjahresfrist ihrerseits wird für Neuwagen beibehalten, doch ist sie mit Bezug auf Gebrauchtwagen differenziert zu handhaben. Danach kommt die Invalidenversicherung, falls sie für einen vom Versicherten angeschafften Gebrauchtwagen bereits Umbaukosten übernommen hat, für solche Kosten erneut auf, sofern der Fahrzeugwechsel frühestens nach drei Jahren (nach dem letzten Umbau) erfolgt und sofern das bisherige Fahrzeug in diesem Zeitpunkt mindestens sechs Jahre alt ist (ab erster Inverkehrsetzung). Fehlt es an diesen Voraussetzungen, so ist ein objektiver Nachweis für die Notwendigkeit des Wechsels zu erbringen, und es hat ein Pro-rata-Abzug zu erfolgen.
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 119 V 255 S. 257 A.- Der 1944 geborene, an Paraplegie leidende Heinz E. war als Sozialarbeiter seit 1986 halbzeitlich für die Stadt Frauenfeld tätig gewesen, welche Stelle er wegen Überlastung auf Ende Februar 1991 verliess. In der Folge arbeitslos, gelang es ihm, auf Herbst desselben Jahres im Spital Olten eine neue Beschäftigung - wiederum im Sozialbereich - zu finden. Nachdem Heinz E., der weiterhin in Frauenfeld wohnhaft bleiben wollte, den täglichen Arbeitsweg von mehr als 200 km anfänglich mit seinem eigenen Kleinbus (Marke Bedford, Jahrgang 1979) zurückgelegt hatte, sah er sich mit der Zeit aus finanziellen Gründen gezwungen, fortan die Bahn zu benutzen. Da sich dies unter anderem in zeitlicher Hinsicht ebenfalls als zu aufwendig erwies, ersetzte er seinen Kleinbus, dessen behinderungsgerechte Ausstattung seinerzeit von der Invalidenversicherung (nach vorausgegangener Zusprechung von jährlichen Amortisations- und Reparaturkostenbeiträgen) übernommen worden war (Mitteilungen der Invalidenversicherungs-Kommission des Kantons Thurgau vom 6. April und 8. Juni 1988), im Frühjahr 1992 durch einen im Betrieb günstigeren, schnelleren Mercedes 300 Diesel (Jahrgang 1983). Am 20. Februar 1992 ersuchte Heinz E. die Invalidenversicherung um teilweise Übernahme der gebrechensbedingten Umbaukosten. Die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau wies dieses Begehren mit Verfügung vom 10. September 1992 ab. B.- Die dagegen erhobene Beschwerde, mit der Heinz E. die Übernahme der invaliditätsbedingten Anpassungskosten im Betrag von Fr. 2'650.-- durch die Invalidenversicherung beantragen liess, wies die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 21. Dezember 1992 ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Heinz E. sein im vorinstanzlichen Verfahren gestelltes Leistungsbegehren erneuern. Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen je auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; jene unter Hinweis darauf, gemäss bundesamtlicher Anweisung verfügt zu haben. D.- Auf die Begründung des angefochtenen Gerichtsentscheides und der Anträge wird, falls erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen. BGE 119 V 255 S. 258 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 Satz 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung bedarf. Die Befugnis zur Aufstellung der Hilfsmittelliste und zum Erlass ergänzender Vorschriften im Sinne von Art. 21 Abs. 4 IVG hat der Bundesrat in Art. 14 IVV dem Eidg. Departement des Innern übertragen, welches die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) mit anhangsweise aufgeführter Hilfsmittelliste erlassen hat. Laut Art. 2 Abs. 2 HVI besteht Anspruch auf die in dieser Liste mit * bezeichneten Hilfsmittel, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung, die funktionelle Angewöhnung oder für die bei einzelnen Hilfsmitteln ausdrücklich genannte Tätigkeit notwendig sind. b) Die Ziffern 10.04* und 10.05* der Rubrik "Motorfahrzeuge und Invalidenfahrzeuge" in der hier anwendbaren, bis Ende 1992 gültig gewesenen Fassung des HVI-Anhanges betreffen Automobile und die invaliditätsbedingten Abänderungen von Motorfahrzeugen. Diese Hilfsmittel sind für jene Versicherten bestimmt, die voraussichtlich dauernd eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ausüben, dabei zur Überwindung des Arbeitsweges auf ein persönliches Motorfahrzeug angewiesen sind und dieses gefahrlos bedienen können (Ziff. 10 HVI Anhang; zu den ab 1. Januar 1993 gültigen Änderungen dieser Ziffer vgl. AS 1992 S. 2407 und CHSS 1993 H. 2 S. 23). c) In seiner ab 1. Januar 1989 gültigen Wegleitung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (WHMI) hat das BSV Verwaltungsweisungen über die invaliditätsbedingte Abänderung von Motorfahrzeugen erlassen. Danach übernimmt die Invalidenversicherung sowohl bei leihweiser Abgabe wie auch bei Gewährung von Amortisationsbeiträgen zusätzlich die Kosten für die infolge des Gebrechens erforderlichen invaliditätsbedingten Abänderungen, soweit das Fahrzeug nicht bereits fabrikmässig entsprechend ausgerüstet ist (Rz. 10.05.1* WHMI). Bei Gewährung von Amortisationsbeiträgen können Abänderungskosten gemäss Rz. 10.05.3* höchstens alle sechs Jahre einmal übernommen werden, ohne dass die Notwendigkeit eines Fahrzeugwechsels nachgewiesen werden muss (Satz 1). Bei einem Fahrzeugwechsel vor Ablauf dieser BGE 119 V 255 S. 259 Sechsjahresfrist, frühestens jedoch nach fünf Jahren, ist ein objektiver Nachweis zu erbringen (Satz 2). Dabei hat ein Pro-rata-Abzug jeweils auf dem ursprünglichen Rechnungsbetrag zu erfolgen (Satz 3). 2. Die Vorinstanz hat das gestellte Leistungsbegehren, in Anlehnung an die seitens der Verwaltung erstattete Vernehmlassung, gestützt auf die soeben dargelegte Rz. 10.05.3* WHMI verworfen. Insofern hat sie als entscheidend erachtet, dass dem Beschwerdeführer entsprechende Leistungen für seinen früher besessenen Wagen bereits 1988 erbracht worden waren und er diesen vor Ablauf nicht nur von sechs, sondern von fünf Jahren ersetzt habe, womit selbst eine Pro-rata-Vergütung ausser Betracht falle. Nachfolgend ist zu prüfen, ob diese Auffassung standhält. Ausser Frage steht dabei, dass der Beschwerdeführer den täglichen Arbeitsweg von Frauenfeld nach Olten und zurück nur mit dem eigenen Auto zu bewältigen vermag (vgl. BGE 113 V 25 E. 2c). Gegenteiliges ist denn auch seitens der Verwaltung nie behauptet worden. Die Kasse hat indes im Rahmen ihrer Verfügung dafürgehalten, es sei dem Beschwerdeführer aufgrund der ihm obliegenden Schadenminderungspflicht zuzumuten, sich in der Umgebung seines neuen Arbeitsortes niederzulassen. Dieser im Sinne einer Zusatzbegründung vertretenen Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Denn nachdem der vorliegende Rechtsstreit weder die Auslösung von Rentenleistungen noch eine grundlegend neue Eingliederung beschlägt, hat die Schadenminderungspflicht des Leistungsansprechers rechtsprechungsgemäss ( BGE 113 V 31 E. 4d) hinter die grundrechtlich geschützten Betätigungsmöglichkeiten in seiner Lebensgestaltung (Art. 31 Abs. 1 und 45 Abs. 1 BV) zurückzutreten. 3. a) Bei den unter E. 1c hievor wiedergegebenen Wegleitungsbestimmungen handelt es sich nicht um objektives Recht, sondern um einfache Weisungen oder Verwaltungsverordnungen. Diese von der Verwaltung im Dienste rechtsgleicher Gesetzesanwendung erlassenen Bestimmungen sind für den Richter wesensgemäss nicht verbindlich und von ihm dann nicht anzuwenden, wenn sie eine gesetzeskonforme Handhabung nicht zulassen, sich mithin als rechtswidrig erweisen ( BGE 118 V 131 E. 3a, 210 E. 4c, BGE 117 V 284 E. 4c; AHI 1993 S. 102 E. 5a; MAURER, Bundessozialversicherungsrecht, 1993, § 3 III 2 und VII 4, S. 19/23, § 8 V 2, S. 82; MEYER-BLASER, Die Bedeutung von Art. 4 BV für das Sozialversicherungsrecht, ZSR 111/1992 II/3, S. 331). b) Die hier dergestalt zu überprüfende Rz. 10.05.3* WHMI geht zurück auf die mit BGE 104 V 186 und BGE 106 V 213 begründete BGE 119 V 255 S. 260 Rechtsprechung. In jenem Urteil hat das Eidg. Versicherungsgericht zur Übernahme von Umbaukosten festgehalten, dass die Zeitdauer von sechs Jahren der "heute zu erwartenden Lebensdauer" eines Fahrzeuges entspreche. Bei einem - ausnahmsweisen und begründeten - früher erfolgenden Wechsel Fahrzeuges falle die Gewährung von Leistungen aber nicht ausser Betracht, doch müsse ein entsprechender Abzug vorgenommen werden, wobei dann die neue sechsjährige Periode ab sofort zu laufen beginne. Anderseits stehe die Übernahme der Umbaukosten ebenfalls unter dem Vorbehalt der Notwendigkeit ( Art. 8 Abs. 1 IVG ), woraus folge, dass mit dem Ablauf der sechsjährigen Frist nicht automatisch ein Anspruch auf Vergütung der Kosten eines neuen Umbaus erwachse, wenn das bisherige Fahrzeug noch seinen Zweck erfülle; dementsprechend bestehe auch kein absoluter Anspruch auf Übernahme dieser Kosten pro rata temporis (gerechnet auf sechs Jahre). Abschliessend hat das Eidg. Versicherungsgericht klargestellt, dass die Sechsjahresfrist im Zeitpunkt des Umbaus zu laufen beginne ( BGE 104 V 189 E. 2c). Im zweiten Urteil ( BGE 106 V 213 ) ist diese Rechtsprechung dahingehend präzisiert worden, dass nach Ablauf der sechsjährigen Frist ein Anspruch auf Kostenvergütung besteht, ohne dass die Notwendigkeit des (die neuerlichen Umbaukosten verursachenden) Wagenwechsels nachgewiesen werden muss. Demgegenüber hat bei einem Wagenwechsel und bei Anspruchserhebung vor Ablauf der Sechsjahresfrist ein solcher objektiver Nachweis zu erfolgen. Die Pro-rata-Vergütung ist zudem nicht bei jedem vorzeitigen Wagenwechsel zuzulassen, sondern nur, wenn er höchstens ein Jahr vor Ablauf der sechsjährigen Frist stattfindet. Sodann ist der Pro-rata-Abzug jeweils auf dem ursprünglichen Rechnungsbetrag zu berechnen ( BGE 106 V 217 E. 4). 4. a) Die Gutheissung des mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bekräftigten Leistungsbegehrens würde nach dem Gesagten nicht bloss eine Änderung der Verwaltungspraxis, sondern gleichermassen eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung erfordern. Eine derartige Änderung lässt sich gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 110 V 124 E. 2e, BGE 108 V 17 E. 3b, BGE 107 V 3 E. 2 und 82 E. 5a mit Hinweisen; ZAK 1992 S. 131 E. 2c; RKUV 1990 Nr. U 106 S. 277 E. 2c). Nach der Rechtsprechung ist eine bisherige Praxis zu ändern, wenn sie als unrichtig erkannt oder wenn deren BGE 119 V 255 S. 261 Verschärfung wegen veränderter Verhältnisse oder zufolge zunehmender Missbräuche für zweckmässig gehalten wird ( BGE 111 V 170 E. 5b mit Hinweisen). b) Ausgehend von der dargelegten Rechtslage (E. 3b hievor) und den Gegebenheiten des vorliegenden Falles läge es nahe, zunächst die Fünfjahresfrist - nach deren Ablauf (bei Nachweis objektiver Notwendigkeit und Berücksichtigung eines Pro-rata-Abzuges) frühestens eine neue Anpassung zu Lasten der Invalidenversicherung erwogen werden könnte - einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Weil sich jedoch diese kürzere, in ihrer Dauer erstmals in BGE 106 V 217 E. 4 fest umrissene Frist nur vor dem Hintergrund der bereits mit den bundesamtlichen Weisungen vom 23. April 1974 (in Kraft seit 1. Januar 1974; vgl. BGE 104 V 188 E. 1) eingeführten und noch immer geltenden Sechsjahresfrist verstehen lässt, ist das Augenmerk vorerst auf diese zu richten. aa) Wie erwähnt, entspricht die in der bisherigen Rechtsprechung und den bundesamtlichen Weisungen (Rz. 10.05.3* WHMI) verwendete Zeitspanne von sechs Jahren der "heute zu erwartenden Lebensdauer" eines Fahrzeuges ( BGE 104 V 189 E. 2b). Es kann davon ausgegangen werden, dass diese aus den 70er Jahren stammende Einschätzung - trotz der seitherigen technischen Entwicklung - ihre Richtigkeit behalten hat (vgl. ZAK 1974 S. 369 oben, betreffend die alte Verwaltungspraxis, wonach sieben Jahre massgebend waren), womit kein Anlass besteht, sie kurzerhand durch einen anderen zeitlichen Rahmen zu ersetzen. Hingegen zeigt der vorliegende Fall, der dem Eidg. Versicherungsgericht Gelegenheit bietet, sich im Zusammenhang mit der Übernahme invaliditätsbedingter Abänderungskosten erstmals mit einem Gebrauchtwagen zu befassen (vgl. BGE 106 V 213 , BGE 104 V 186 ), dass sich die von Rz. 10.05.3* WHMI (implizit) verlangte unbesehene Anwendung der in der Lebensdauer gründenden Frist auf neue wie alte Fahrzeuge nicht halten lässt. Denn damit werden - dem Rechtsgleichheitsgebot zuwider - tatsächliche Verhältnisse gleich behandelt, die voneinander erheblich abweichen und demzufolge einer unterschiedlichen Behandlung bedürften ( BGE 118 Ia 3 E. 3a, BGE 117 Ia 259 E. 3b mit weiteren Hinweisen). Dieser gebotenen Differenzierung vermag die heutige Praxis selbst insofern nicht zu genügen, als sie - bei nachgewiesener Notwendigkeit - eine erneute Anpassung zu Lasten der Invalidenversicherung mit einem entsprechenden Abzug nach fünf Jahren zulässt. Mit einer solchen Regelung wird der Zugang der Invaliden zum - für sie interessanten - Gebrauchtwagenmarkt BGE 119 V 255 S. 262 faktisch über Gebühr erschwert, was nicht der Sinn der gesetzlichen Ordnung sein kann. bb) Was die Fünfjahresfrist anbetrifft, hängt sie - wie eingangs angedeutet (E. 4b) - gleichsam im Sinne einer Ausnahmeregelung engstens mit der soeben erörterten Sechsjahresfrist zusammen. Bezüglich ihrer Entstehung fällt auf, dass sich das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 104 V 189 E. 2 noch stark am Einzelfall orientierte und, was die Dauer der Frist anbelangte, jedenfalls keine konkrete quantitative Umschreibung vorgenommen hatte. Dies geschah erst mit BGE 106 V 217 E. 4, indem klargestellt wurde, dass die Pro-rata-Vergütung nicht bei jedem vorzeitigen Wechsel, sondern nur dann zu gewähren sei, wenn dieser höchstens ein Jahr vor Ablauf der sechsjährigen Frist stattfinde. Gerade wegen des engen Bezugs zur soeben erörterten Sechsjahresfrist lassen sich hier wiederum dieselben Einwände erheben wie dort, dass nämlich die Gleichbehandlung von Neu- und Gebrauchtwagen auch hinsichtlich der Ausnahmeregelung nicht angeht. Hinzu kommt, dass die zeitliche Limitierung der - in welcher Form auch immer - notwendigen Ausnahmeregelung, wie sie Rz. 10.05.3* WHMI gegenwärtig vornimmt, dem Umstand nicht gerecht wird, dass der Entwicklung der anspruchserheblichen Tatsachen nicht nur im Bereich der Rentenleistungen ( Art. 41 IVG , Art. 87 IVV ), sondern ebenso in demjenigen der Hilfsmittelversorgung Rechnung zu tragen ist ( BGE 113 V 21 E. 1c und 27, je mit Hinweisen). Dies wird verkannt mit einer Ordnung, die einen Anspruch auf Übernahme der Abänderungskosten ohne Rücksicht auf eintretende Veränderungen von vornherein auf eine feste Dauer von mindestens fünf Jahren endgültig festgelegt haben will. c) Nach alledem ergibt sich, dass an der bisherigen Rechtsprechung nicht oder nicht uneingeschränkt festgehalten werden kann. Bessere Erkenntnis der ratio legis (Ziff. 10.05* HVI Anhang) sowie der - in Konkretisierung der rechtlichen Grundlagen auf dem Wege der Verwaltungspraxis und Rechtsprechung - zu regelnden Materie ruft vielmehr nach einer ausgewogeneren Lösung, die Neu- und Gebrauchtwagen gleichermassen gerecht zu werden vermag. aa) In dieser Hinsicht empfiehlt es sich, die Fünfjahresfrist überhaupt aufzugeben mit der Folge, dass ein Anspruch auf Kostenvergütung gegenüber der Invalidenversicherung irgendwann vor Ablauf von sechs Jahren seit dem auf den letzten Wagenwechsel folgenden Umbau entstehen kann. Unabdingbare Voraussetzung bleibt jedoch, dass die objektive Notwendigkeit des vorzeitigen Wagenwechsels BGE 119 V 255 S. 263 ausgewiesen ist. Desgleichen kann ein vor Ablauf der Sechsjahresfrist erfolgender Wechsel - entsprechend bisheriger Ordnung - nicht zur vollständigen Übernahme der neuerlichen Umbaukosten führen, sondern lediglich zu einer Pro-rata-Vergütung. Damit bestehen hinreichende Schranken gegen die Belastung der Invalidenversicherung durch ungerechtfertigte frühzeitige Wagenwechsel. bb) In bezug auf die Sechsjahresfrist gilt es sodann festzuhalten, dass sie für Neuwagen zwar grundsätzlich weiterhin anwendbar bleiben soll, bei Gebrauchtwagen jedoch nach einer differenzierten Handhabung verlangt. Diese besteht darin, dass für Fahrzeuge, die der Versicherte seinerzeit als Gebrauchtwagen erworben hat, eine auf drei Jahre verkürzte Frist in Verbindung mit dem tatsächlichen Alter des Fahrzeuges eingeführt wird. Konkret heisst dies, dass die Invalidenversicherung, falls sie für einen vom Versicherten angeschafften Gebrauchtwagen bereits Umbaukosten übernommen hat, für solche Kosten erneut aufkommt, sofern der Fahrzeugwechsel frühestens nach drei Jahren (nach dem letzten Umbau) erfolgt und sofern das bisherige Fahrzeug in diesem Zeitpunkt mindestens sechs Jahre alt ist (ab erster Inverkehrsetzung). Kommt es vor Ablauf der drei Jahre oder bevor das Fahrzeug sechsjährig ist zu einem Fahrzeugwechsel, so ist ein Nachweis für die objektive Notwendigkeit des Wechsels zu erbringen, und es hat ein Pro-rata-Abzug zu erfolgen. Diese Lösung hat somit beim Kauf eines zwei Jahre alten Gebrauchtwagens zur Folge, dass bis zum nächsten Wechsel vier Jahre gewartet werden muss. Ist das Auto im Zeitpunkt des Kaufs bereits fünf Jahre alt, so muss es drei Jahre behalten werden. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, geht die Änderung des nächsten Fahrzeugs ohne weiteres zu Lasten der Invalidenversicherung, während andernfalls die objektive Notwendigkeit des vorzeitigen Wechsels nachzuweisen und ein entsprechender Abzug hinzunehmen wäre. 5. Im vorliegenden Fall steht nach Lage der Akten fest, dass der Beschwerdeführer seinen früheren Kleinbus (Marke Bedford, Jahrgang 1979) im Herbst 1987 erworben hatte. Der Umbau dieses Wagens ging Mitte Mai 1988 vonstatten. Im Zeitpunkt des hier in Frage stehenden Wechsels, der im Februar 1992 erfolgte, hatte der Beschwerdeführer den - mittlerweile bereits 13 Jahre alten - Kleinbus seit jenem Umbau mehr als drei Jahre besessen. Bei dieser Sachlage ist seinem - auch im Umfang ausgewiesenen - Leistungsbegehren zu entsprechen, ohne dass es eines Nachweises für BGE 119 V 255 S. 264 die objektive Notwendigkeit des Fahrzeugwechsels bedürfte. Wann letzteres im einzelnen zu bejahren wäre (vgl. BGE 104 V 190 E. 2d; Rz. 10.01.36*-10.04.36* WHMI), kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau vom 21. Dezember 1992 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau vom 10. September 1992 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer gegenüber der Invalidenversicherung Anspruch auf Übernahme der durch die invaliditätsbedingte Anpassung seines Mercedes 300 Diesel verursachten Kosten im Betrag von Fr. 2'650.-- hat.
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Urteilskopf 85 I 88 15. Extrait de l'arrêt du 10 juin 1959 dans la cause Porchet contre Commission centrale des améliorations foncières du canton de Vaud.
Regeste Art. 4 BV . Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes bei staatsrechtlichen Beschwerden gegen die Neuzuteilung im Güterzusammenlegungsverfahren.
Sachverhalt ab Seite 89 BGE 85 I 88 S. 89 A.- Un syndicat de réunion parcellaire a été constitué sur le territoire de la commune de Corcelles-le-Jorat. L'hoirie Porchet était propriétaire de diverses parcelles sises dans le périmètre du syndicat. Au cours de la procédure de réunion parcellaire, les biens de l'hoirie ont été partagés. Ulysse Porchet, qui demeure à Gryon, a reçu une parcelle, portant le numéro 519 et sur laquelle il a l'intention de construire une villa. Marius Porchet, qui habite sur place et est agriculteur, a reçu les autres fonds, en particulier une parcelle no 505. D'autre part, en cours de procédure également, ce dernier a acquis à proximité de son domaine, un terrain portant le no 511bis. A la suite de la réunion parcellaire, les propriétés d'Ulysse et de Marius Porchet ont subi diverses modifications. Finalement, en vertu d'une décision de la Commission centrale des améliorations foncières du canton de Vaud, du 12 décembre 1958, Ulysse Porchet a dû abandonner la parcelle 519 et Marius Porchet une partie de la parcelle 505. Ces terrains ont été remplacés par d'autres. B.- Agissant par la voie du recours de droit public, Ulysse et Marius Porchet requièrent le Tribunal fédéral d'annuler la décision de la commission centrale. Ils se plaignent d'une violation des art. 4 Cst.féd. et 6 Cst.vaud. (garantie de la propriété). Leurs moyens seront repris ci-après dans la mesure nécessaire. La commission centrale conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. ..... 2. Les recourants invoquent la garantie de la propriété. Toutefois ils ne prétendent pas que la législation vaudoise sur les réunions parcellaires soit en elle-même contraire au droit constitutionnel contenu dans cette garantie. Ils allèguent simplement que ladite législation leur a été mal appliquée. Cette affirmation ne pouvant être examinée que sous l'angle de l'arbitraire, le moyen fondé sur la garantie de la propriété se confond avec celui tiré BGE 85 I 88 S. 90 de l'art. 4 Cst. Il suffit dès lors de rechercher si, comme le soutiennent les recourants, l'autorité cantonale a commis un déni de justice matériel. Une autorité ne commet un déni de justice matériel que lorsqu'elle rend une décision manifestement insoutenable. Quand il est saisi d'un recours pour arbitraire dirigé contre une décision émanant d'une autorité cantonale supérieure en matière de remaniement ou de réunion parcellaire, le Tribunal fédéral ne joue donc nullement le rôle d'une cour d'appel, mais uniquement celui d'une juridiction constitutionnelle jouissant d'un pouvoir d'examen beaucoup plus restreint. A cela s'ajoute que, dans ce domaine, la Chambre de droit public n'intervient qu'avec retenue, et cela pour deux raisons. Tout d'abord la solution apportée au problème de la nouvelle répartition des parcelles dépend au premier chef des circonstances locales que les autorités cantonales connaissent et, partant, peuvent apprécier mieux que le Tribunal fédéral. Ensuite, le recours étant interjeté à un moment où la nouvelle répartition des terres est définitivement adoptée pour l'ensemble de l'entreprise d'améliorations foncières, l'annulation des décisions prises à l'égard d'un propriétaire particulier pourrait avoir des effets très étendus et obliger les autorités compétentes à revoir, sinon la totalité, du moins une grande partie de la nouvelle distribution des fonds, ce qui entraînerait des frais et des pertes de temps considérables. C'est pourquoi, en principe et à moins d'erreurs manifestes, le Tribunal fédéral se borne à examiner le domaine en cause dans son ensemble et à rechercher si, entre l'ancien et le nouvel état, il a subi, quant à sa composition, sa surface et sa valeur, des modifications telles que les règles les plus élémentaires régissant les remaniements ou réunions parcellaires sont violées et que le recourant se trouve sans conteste dans une situation complètement contraire à la loi et dépourvue de toute justification raisonnable (arrêts non publiés du 21 mai 1958 dans la cause Neyroud et consorts et du 4 juin 1958 dans les causes Marti et Hofmann). BGE 85 I 88 S. 91 Examiné sous cet angle et quelque compréhensibles que soient les regrets qu'éprouvent les recourants à l'idée d'abandonner des parcelles faisant depuis longtemps partie du domaine familial, le recours ne peut être que rejeté. En effet, à la suite des opérations de réunion, les propriétés des recourants ont légèrement augmenté de surface et de valeur. D'autre part, les différents fonds, autrefois passablement dispersés, ont été réunis en un seul mas, à l'exception d'une parcelle de forêts. Enfin la nature des différents terrains n'a pas sensiblement varié. Sans doute, le regroupement aurait-il pu être fait autrement, de façon par exemple à conserver dans le domaine des recourants les parcelles 519 et 505 et à ne pas lui attribuer des terrains d'accès moins commode et plus éloignés. Toutefois, la perte de ces parcelles et leur remplacement par d'autres champs ne mettent pas les recourants dans une situation qu'on pourrait taxer de contraire aux règles les plus élémentaires de la législation concernant les améliorations foncières. Dans ces conditions, le Tribunal fédéral n'a pas de raison d'intervenir. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 113 II 501 87. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. November 1987 i.S. H. gegen Grundbuchamt Affoltern a.A. und Obergericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Beurkundung eines Liegenschaftsverkaufs aufgrund eines Ehevertrags ( Art. 657 ZGB und Art. 55 SchlT ZGB ). § 237 Abs. 2 des EG zum ZGB des Kantons Zürich, der für die Beurkundung von Rechtsgeschäften über im Kanton Zürich gelegene Grundstücke die lex rei sitae vorsieht, verstösst nicht gegen Bundesrecht, auch wenn bei Geschäften unter Ehegatten mit mehreren Grundstücken in verschiedenen Kantonen unter Umständen mehrere Eheverträge abgeschlossen werden müssen (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 501 BGE 113 II 501 S. 501 A.- Am 11. August 1986 schlossen die Ehegatten H. mit Wohnsitz in Zürich vor einem Notar in Sarnen OW einen öffentlich beurkundeten Ehe- und Erbvertrag ab. Mit diesem Vertrag hoben sie die bisherige Güterverbindung auf und ersetzten sie durch eine beschränkte Gütergemeinschaft verbunden mit Gütertrennung. Für eine bisher im Alleineigentum des Ehemannes stehende BGE 113 II 501 S. 502 Liegenschaft in Affoltern a.A. wurde hälftiges Miteigentum beider Ehegatten vereinbart, wobei die Miteigentumsanteile dem Recht der Gütertrennung unterstehen sollten. Der Ehevertrag wurde von der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich genehmigt und am 9. Oktober 1986 im kantonalen Güterrechtsregister eingetragen. B.- Mit Verfügung vom 27. Oktober 1986 wies das Grundbuchamt Affoltern a.A. die Anmeldung zur Eintragung des Miteigentums des Ehepaares H. an der fraglichen Liegenschaft ab. Zur Begründung wurde angeführt, entgegen § 237 Abs. 2 des EG zum ZGB des Kantons Zürich (EGzZGB) sei der das Miteigentum begründende Ehevertrag nicht vom zuständigen zürcherischen Notar öffentlich beurkundet worden. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bezirksgericht Affoltern a.A. als Aufsichtsbehörde über die Grundbuchämter am 27. November 1986 abgewiesen. Hiegegen reichten die Eheleute H. beim Obergericht des Kantons Zürich Rekurs ein, der mit Beschluss vom 10. Juni 1987 ebenfalls abgewiesen wurde. C.- Gegen diesen Entscheid wenden sich die Ehegatten H. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragen, dass die Verfügung des Grundbuchamtes Affoltern a.A. vom 27. Oktober 1986 aufzuheben und dieses Amt anzuweisen sei, das Miteigentum an der Liegenschaft in Affoltern a.A. gestützt auf den Ehevertrag vom 11. August 1986 im Grundbuch einzutragen. Das Grundbuchamt Affoltern a.A. und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement stellen Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Obergericht des Kantons Zürich auf Gegenbemerkungen verzichtet hat. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Obergericht ist davon ausgegangen, die Beschwerdeführer könnten sich nicht auf Art. 665 Abs. 3 ZGB berufen, wonach Änderungen am Grundeigentum, die nach ehelichem Güterrecht eintreten, nach der Veröffentlichung der Eintragung im Güterrechtsregister von Amtes wegen im Grundbuch einzutragen sind. Die im Ehevertrag vereinbarte Begründung von Miteigentum erfolge nämlich nicht durch den Güterstandswechsel und somit nicht aussergrundbuchlich. Der Eintrag im Grundbuch sei für das BGE 113 II 501 S. 503 Miteigentum vielmehr konstitutiv. Fraglich bleibe somit einzig, ob der Ehevertrag vom 11. August 1986 im Sinne von Art. 657 und 965 Abs. 3 ZGB die für die Gültigkeit des Rechtsgrundes erforderliche Form erfülle. Diese Frage hat das Obergericht mit dem Hinweis auf § 237 Abs. 2 EGzZGB verneint. Diese Bestimmung verlange die öffentliche Beurkundung am Ort der gelegenen Sache. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 55 SchlT ZGB sei eine solche kantonalrechtliche Vorschrift mit dem Bundesprivatrecht vereinbar. Trotz der in der Lehre an dieser Rechtsprechung teilweise geäusserten Kritik bestehe kein Grund, von der bisherigen Betrachtungsweise abzuweichen. Entscheidend bleibe nach wie vor, dass eine Beurkundung am Ort des Grundstücks bessere Gewähr dafür biete, dass der Vertragsinhalt den gegebenen örtlichen Verhältnissen entspreche. Für die Freizügigkeit der Beurkundung müsste der Preis der minderen Qualität bezahlt werden. 2. Die Beschwerdeführer erheben die einzige Rüge, dass das Obergericht nicht in Übereinstimmung mit gewichtigen Stimmen in der Lehre den § 237 Abs. 2 EGzZGB als bundesrechtswidrig bezeichnet und den in einem andern Kanton öffentlich beurkundeten Ehevertrag nicht als hinreichenden Rechtsgrundausweis für die Eigentumsübertragung anerkannt habe. Insbesondere habe die Vorinstanz den begründeten Überlegungen von Meier-Hayoz, N. 101 ff. zu Art. 657 ZGB , nicht Rechnung getragen. Nach dessen Auffassung betreffe die öffentliche Beurkundung nur eine Formfrage. Der Vertragsabschluss werde durch das Bundesprivatrecht in räumlicher Hinsicht in keiner Weise beschränkt. Das Erfordernis der Beurkundung am Ort der gelegenen Sache beeinträchtige den Grundstückverkehr, und zwar vor allem dort, wo Liegenschaften nicht im Gebiet eines einzigen Kantons liegen, d.h. bei Kauf- und Tauschgeschäften von Grundstücken in verschiedenen Kantonen. Besitze ein Ehepaar Grundstücke in mehreren Kantonen, könnte dies bewirken, dass auch mehrere Eheverträge abgeschlossen werden müssten. 3. Der Vertrag auf Übertragung von Grundeigentum bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung ( Art. 657 Abs. 1 ZGB ). Soweit der Ehevertrag nach gesetzlicher Vorschrift als Grundlage der Eigentumsübertragung ausreicht, sind nach Absatz 2 dieser Gesetzesbestimmung die im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen zu beachten. Im übrigen bestimmen gemäss Art. 55 SchlT ZGB die Kantone, in welcher Weise auf BGE 113 II 501 S. 504 ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung zu erfolgen hat. Nach § 237 Abs. 2 EGzZGB ist für die Beurkundung von Rechtsgeschäften über dingliche und vormerkbare persönliche Rechte an Grundstücken im Kanton Zürich nur der Notar des Kreises zuständig, in welchem das betroffene Grundstück oder ein Teil davon liegt. a) Im Rahmen dieser bundesprivat- und kantonalrechtlichen Regelung stellt sich einerseits die Frage nach der Tragweite der öffentlichen Beurkundung im Zusammenhang mit dem Ehevertrag und anderseits nach der Bedeutung von Art. 55 SchlT ZGB . Zum Gehalt dieser Vorschrift hat sich das Bundesgericht in BGE 47 II 383 ff. eingehender geäussert. Es ist dabei zur Auffassung gelangt, dass der Wortlaut von Art. 55 SchlT ZGB einer kantonalen Regelung mit einer Beschränkung der örtlichen Zuständigkeit zur öffentlichen Beurkundung nicht entgegenstehe und somit nicht ausschliesslich die sachliche Zuständigkeit der Beurkundungsnormen betreffe. Sodann ist das Bundesgericht der Auffassung entgegengetreten, die mit dem Zivilgesetzbuch angestrebte Rechtsvereinheitlichung bedinge zum vornherein eine einschränkende Auslegung des Vorbehaltes zugunsten des kantonalen Rechts. Es sei nicht zu übersehen, dass es sich bei der öffentlichen Beurkundung um einen Gegenstand der nicht streitigen Gerichtsbarkeit und damit um die Anwendung von öffentlichem Recht handle, das grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Kantone falle. In diese Zuständigkeit habe das Bundesprivatrecht nicht ohne Not einzugreifen. Als wichtigstes Argument gegen die lex rei sitae bezeichnete das Bundesgericht die im Vertragsrecht verankerte Freiheit in der Wahl des Abschlussortes. Indessen stehe beim Abschluss von Verträgen über dingliche Rechte an Liegenschaften der Erleichterung des Geschäftsverkehrs durch die lex loci contractus das Bedürfnis nach Verkehrssicherheit und nach Schutz der Parteien gegen Übereilung und gegen die Abfassung von ungenauen, unklaren und den örtlichen Verhältnissen zuwiderlaufenden Verträgen gegenüber. Dieses Bedürfnis sei stärker zu gewichten. Im Liegenschaftsverkehr weise der Vertragsinhalt eine besonders enge Beziehung zur Beschaffenheit des Grundstücks, zu den Gebräuchen der Gegend, den Besonderheiten ihres Liegenschaftsverkehrs und der Organisation ihres Grundbuchwesens auf. Im Beurkundungsverfahren komme der Aufklärung und Beratung der Parteien besondere Bedeutung zu. Zweifelsohne könne diese Aufgabe am Ort der gelegenen Sache besser erfüllt werden als anderswo in der Schweiz. Die Verfechter der lex loci contractus würden denn auch zugeben, BGE 113 II 501 S. 505 dass bei Ungenügen der ortsfremden Beurkundung diese beim örtlich zuständigen Grundbuchamt ergänzt werden müsse. Ein solches Vorgehen sei indessen nicht nur umständlich und kostspielig, sondern auch dem System des Zivilgesetzbuches fremd. b) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichts hat - wie bereits die Vorinstanz bemerkt hat - nicht verhindert, dass in der Lehre weiterhin für die Freizügigkeit bei der Beurkundung von Liegenschaftsverträgen von Bundesrechts wegen eingetreten wird (BECK, N. 21 ff. zu Art. 55 SchlT ZGB ; GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, S. 24; MEIER-HAYOZ, N. 100 ff. zu Art. 657 ZGB ). Dabei sind allerdings keine wesentlich neuen Gesichtspunkte vorgebracht worden, die vom Bundesgericht nicht auch schon in Erwägung gezogen worden wären. Auch haben sich bezüglich der Realien keine gewichtigen Veränderungen vollzogen, die eine Änderung der Rechtsprechung als angezeigt erscheinen liessen. Zuzugeben ist, dass bei Geschäften mit mehreren Grundstücken in verschiedenen Kantonen die öffentliche Beurkundung in einem einzigen Ehevertrag vorerst als Erleichterung erscheinen könnte. Indessen wird nicht in Abrede gestellt, dass der Ehevertrag nur zur obligatorischen Verpflichtung führt, das Nötige vorzukehren, um in den verschiedenen Kantonen die für die Eintragung erforderliche Form zu erfüllen (BECK, N. 28 f. zu Art. 55 SchlT ZGB ). Unter diesen Umständen lässt es sich aber gleichwohl nicht vermeiden, dass an den verschiedenen Orten der gelegenen Sache gesonderte rechtliche Schritte zu unternehmen sind, um die Eintragung im Grundbuch zu ermöglichen. Von der Anwendung der lex loci contractus ist daher keine wesentliche Erleichterung des Rechtsverkehrs zu erwarten beim Kauf bzw. Tausch von Grundstücken in mehreren Kantonen oder beim Kauf eines Grundstückes, das sich über mehrere Kantone erstreckt, bei Rechtsgeschäften also, bei denen die lex rei sitae angeblich zu unüberwindbaren Schwierigkeiten führen soll. Diese Schwierigkeiten sind nicht grundsätzlich anderer Natur als bei Anwendung der lex loci contractus, wenn die beteiligten Kantone - was unbestritten ist - darauf bestehen können, dass der Grundbucheintrag nur erfolgen darf, sofern den Besonderheiten des kantonalen Beurkundungsverfahrens Rechnung getragen wird. Ein Verzicht auf eine einheitliche öffentliche Beurkundung fällt unter diesen Umständen kaum mehr ins Gewicht. Dem Interesse an einer einheitlichen obligatorischen Verpflichtung auf Mithilfe bei der Beschaffung der unterschiedlichen BGE 113 II 501 S. 506 kantonalen Unterlagen für die Eintragungen ist nämlich der nach wie vor unbestreitbare Vorteil einer sachgerechteren Beratung durch die örtlich zuständige öffentliche Urkundsperson gegenüberzustellen, wie die Vorinstanz mit Recht festgehalten hat. Vor allem das kantonale öffentliche Recht, aber auch ortsgebundenes Privatrecht nehmen in vielfältiger Weise auf den Liegenschaftsverkehr und auf die Grundstücke selber Einfluss, ohne dass dies aus dem Grundbuch ersichtlich wäre. Diese Besonderheiten gilt es den an einem Rechtsgeschäft über eine Liegenschaft beteiligten Parteien zu vermitteln. An sich sind diese Kenntnisse auch einer aussenstehenden Urkundsperson zugänglich, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge allerdings kaum ohne Mithilfe eines ortskundigen Fachmannes, so dass die öffentliche Beurkundung durch eine kantonsfremde Urkundsperson nur zu zusätzlichen Umtrieben und Kosten und möglicherweise auch zu einer Verwischung von Verantwortlichkeiten führt. Aufgrund dieser Überlegungen drängt sich eine Änderung der Rechtsprechung nicht auf, weshalb daran festzuhalten ist, dass § 237 Abs. 2 EGzZGB dem Bundesrecht nicht widerspricht.
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Urteilskopf 105 Ib 238 38. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Mai 1979 i.S. P. gegen Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Überführung von Grundstücken vom Geschäfts- in das Privatvermögen infolge Erbganges; Zeitpunkt der Realisierung des Kapitalgewinns; Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB. Bei der Überführung von Grundstücken aus dem Geschäftsvermögen des Erblassers in das Privatvermögen der Erben (Privatentnahme) gilt der Abschluss eines Erbteilungsvertrages, in dem die Grundstücke unter den Erben aufgeteilt werden, als Zeitpunkt der Realisierung des Kapitalgewinns. Der Todestag des Erblassers und das Datum des Grundbucheintrages kommen dafür nicht in Frage (E. 3, 4).
Sachverhalt ab Seite 238 BGE 105 Ib 238 S. 238 J.P. war Inhaber eines bedeutenden Baugeschäftes. Er starb am 15. März 1970 und hinterliess als Erben seine Ehefrau K.P., die Söhne R.P. und P.P. sowie die Tochter S.L. Am 27. September 1972 BGE 105 Ib 238 S. 239 schlossen die Erben einen Erbteilungsvertrag, in welchem sie bestimmte Liegenschaften den einzelnen Erben zu Eigentum zuteilten und sich gegenseitig verpflichteten, die notwendigen Übertragungsformalitäten vorzunehmen. Als Abrechnungszeitpunkt wurde der 31. Dezember 1971 bestimmt. Im übrigen vereinbarten die Erben (ausser die Tochter S.L., welche auf eine Beteiligung verzichtet hatte) das bisherige Baugeschäft in eine Kollektivgesellschaft unzuwandeln und zu gleichen Teilen à conto Erbteil zu übernehmen. Die grundbuchliche Übertragung der den einzelnen Erben zugeteilten Liegenschaften erfolgte am 23. Januar 1973 und wurde abmachungsgemäss mit der Anmerkung "Antrittsdatum 15. März 1970" versehen. Die zürcherischen Veranlagungsbehörden für die Wehrsteuer nahmen in der Folge an, die Liegenschaften des Erblassers seien an dessen Todestag in das Privatvermögen der Erben übergegangen, wobei diese Kapitalgewinne realisiert hätten. Sie erfassten darum die ermittelten Kapitalgewinne bei Frau K.P. und den beiden Söhnen als steuerpflichtiges Einkommen der 15. Wehrsteuerperiode. In der 18. Wehrsteuerperiode wurde Frau K.P. mit einem Einkommen von Fr. 1'891'900.- veranlagt. R.P. wurde in der gleichen Periode mit Fr. 1'768'700.- und P.P. mit Fr. 1'617'800.- Einkommen eingeschätzt. Gegen diese drei Einschätzungen erhob die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) Beschwerde mit den Begehren, das steuerbare Einkommen sei auf Fr. 12'285'300.- für Frau K.P., auf Fr. 7'454'250.- für R.P. und auf Fr. 7'303'350.- für P.P. festzusetzen. Nach Auffassung der EStV waren die Gewinne, die bei der Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen entstanden waren, in der 18. und nicht in der 15. Wehrsteuerperiode zu veranlagen. Sie betrachtete die Eintragung der neuen Eigentümer im Grundbuch (23. Januar 1973) als massgebend für den Realisationsvorgang und nicht den Todestag des Erblassers (15. März 1970). Mit drei separaten Entscheiden vom 4. Juli 1978 hiess die Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Zürich die drei Beschwerden gut. Frau K.P. wurde mit einem Einkommen von Fr. 12'685'200.- veranlagt, R.P. mit Fr. 7'945'500.- und P.P. mit Fr. 7'794'600.-. In ihren im Grundsatz gleichlautenden Erwägungen ging die Rekurskommission davon aus, dass durch die Übernahme der zwölf Liegenschaften durch die BGE 105 Ib 238 S. 240 Erben ein steuerpflichtiger Gewinn in der Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert der übernommenen Liegenschaften und dem von der Einzelfirma P. verzeichneten Buchwert erzielt worden sei. Für den Zeitpunkt des Überganges der Liegenschaften aus dem Geschäfts- in das Privatvermögen sei auf den 23. Januar 1973 abzustellen, d.h. den Tag der Grundbucheintragung, so dass die Besteuerung in der 18. Wehrsteuerperiode zu erfolgen habe. Mit gemeinsamer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen Frau K.P., R.P. und P.P., es seien die Entscheide der Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Zürich vom 4. Juli 1978 aufzuheben. Sie machen geltend, als Zeitpunkt der Erzielung des Kapitalgewinnes sei nicht der Tag der Grundbucheintragung, sondern der Todestag des Erblassers (15. März 1970), eventuell der Tag der Unterzeichnung des Erbteilungsvertrages (27. September 1972) zu betrachten. Dementsprechend sei dieser Kapitalgewinn in der 16. Wehrsteuerperiode (Bemessungsjahre 1969/70), eventuell in der 17. Wehrsteuerperiode (Bemessungsjahre 1971/72) zu besteuern. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen drei separate, am 4. Juli 1978 ausgefällte Entscheide der zürcherischen Wehrsteuerrekurskommission. Da die Rechtsfragen, die sich stellen, in allen drei Fällen gleichartig sind, ist es angezeigt, sie in einem einzigen Entscheid zu beurteilen. Das Steuergeheimnis wird nicht verletzt. 2. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB fallen in die Berechnung der Wehrsteuer vom Einkommen auch Kapitalgewinne die im Betriebe eines zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens bei der Veräusserung oder Verwertung von Vermögensstücken erzielt werden. Voraussetzung ist, dass das veräusserte oder verwertete Gut zum Geschätsvermögen des Unternehmens gehört hat. Gewinne, die bei de Veräusserung von Gegenständen des Privatvermögens erlangt werden, sind der Wehrsteuer für Einkommen nicht unterworfen ( BGE 94 I 466 , ASA 46, 114 E. 1). Wird ein Gegenstand, der stille Reserven enthält, vom Geschäftsvermögen in das Privatvermögen eines Unternehmers überführt, also in einen Bereich, in dem die Besteuerung des BGE 105 Ib 238 S. 241 Kapitalgewinns nicht mehr möglich ist (sog. Privatentnahme), so ergibt sich eine Realisation der stillen Reserven und damit ein steuerbarer Kapitalgewinn ( BGE 102 Ib 53 ). Dies gilt auch für den Fall, dass Liegenschaften, die zum Geschäftsvermögen eines Erblassers gehören, durch Erbteilung in das Privatvermögen der einzelnen Erben überführt werden. Das ist im zu beurteilenden Fall geschehen. Durch den Erbteilungsvertrag vom 27. September 1972 und die Grundbucheintragungen vom 23. Januar 1973 ist der Grossteil der Liegenschaften, die zum Baugeschäft P. gehörten, in das Privatvermögen der vier Erben überführt worden. Die Beschwerdeführer bestreiten dies im vorliegenden Verfahren nicht mehr. 3. a) Strittig ist, wann die Realisation des Gewinnes erfolgt ist. Von diesem Zeitpunkt hängt es ab, in welcher Wehrsteuerperiode der Kapitalgewinn zu erfassen ist. Die ersten Veranlagungen für die Wehrsteuer gingen davon aus, der Gewinn sei in der 15. Periode erzielt worden, und zwar in der Annahme, der Übergang der Geschäftsliegenschaften in das Privatvermögen der Erben sei am Todestag des Erblassers erfolgt. b) Die Rekurskommission hat zu Recht angenommen, der Todestag des Erblassers falle als Realisationszeitpunkt ausser Betracht. Mit diesem Tag gingen zwar die Geschäftsliegenschaften des Erblassers von Gesetzes wegen in das Gesamteigentum der Erben über. Diese führten vorerst das Baugeschäft des Erblassers weiter. Irgend eine Änderung, ein weiterer Eigentumswechsel oder eine Höherbewertung der Geschäftsliegenschaften fand damals nicht statt. Deshalb wurde durch den Tod des Erblassers keine Überführung seiner Liegenschaften in das Privatvermögen der Erben bewirkt. Der Übergang der Liegenschaften in das Gesamteigentum der Erben ist insofern erfolgsneutral ( BGE 104 Ib 398 f. E. 11b mit Hinweisen). Aus diesem Grund kommt der 15. März 1970 als Realisationszeitpunkt nicht in Frage. Daran ändert auch nichts, dass die Erben vereinbarten, der Liegenschaftenerwerb sei als am 15. März 1970 eingetreten zu behandeln. Es steht den Erben frei, ihre gegenseitigen erbrechtlichen Ansprüche von einem bereits zurückliegenden Termin aus zu berechnen und so zu fingieren, der Übergang der Liegenschaften sei bereits am Todestag des Erblassers wirksam geworden. Für die steuerliche Behandlung unter dem hier wesentlichen Gesichtspunkt ist das aber nicht entscheidend (BLÖCHLINGER, Steuerliche Probleme bei ererbten Unternehmungen, Diss. St. Gallen 1974, S. 351; GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum Basler Steuergesetz, S. 238). BGE 105 Ib 238 S. 242 Aus dem gleichen Grund kommt auch der 31. Dezember 1971 als Realisationstermin nicht in Frage, obwohl die Erben diesen Tag als Abrechnungszeitpunkt festgelegt haben. (...) 4. a) Ein Einkommen ist nach steuerrechtlichen Grundsätzen dann als erzielt zu betrachten, wenn der Steuerpflichtige Leistungen vereinnahmt oder einen festen Rechtsanspruch darauf erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann ( BGE 94 I 382 E. 3, BGE 73 I 140 ). Wenn der Steuerpflichtige zunächst eine Forderung auf Übertragung einer Sache erwirbt und erst später das Eigentum an der Sache selber, fliessen ihm in beiden Zeitpunkten Rechte zu. Er wird durch diese beiden Vorgänge aber nur einmal bereichert. Es kann daher nur einer dieser Vorgänge als Zufluss von steuerbarem Einkommen betrachtet werden. Vorherrschend ist nach der Rechtsprechung in solchen Fällen, namentlich bei buchführenden Steuerpflichtigen, die Besteuerung im Zeitpunkt der Begründung eines festen Anspruchs. Ein solcher entsteht z.B., wenn der Steuerpflichtige für die von ihm erbrachten Leistungen Rechnung stellt und sie bucht ( BGE 92 I 291 ). Von diesem Grundsatz wird nach der Praxis abgewichen, wenn ein freierwerbender Steuerpflichtiger in seinen Büchern nur die Kasseneingänge aufzeichnet. In diesen Fällen kann auf diese Buchungen abgestellt werden anstatt auf die Entstehung der entsprechenden Forderungen ( BGE 92 I 291 ). Der Forderungserwerb ist im weiteren nicht massgebend, wenn die Erfüllung der Forderung als unsicher betrachtet werden muss; hier wird mit der Besteuerung ebenfalls bis zur Erfüllung des Anspruchs zugewartet (KÄNZIG, Wehrsteuer, Ergänzungsband, 2. Aufl. N. 2 zu Art. 41 Abs. 2; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Vorbemerkungen zu §§ 19-32, N. 13). b) Die Regel, dass der steuerrechtlich relevante Einkommenszufluss im Zeitpunkt der Begründung eines festen Anspruchs erfolgt, findet grundsätzlich auch Anwendung bei der Realisation von Kapitalgewinnen, die aus der Veräusserung von Geschäftsvermögen entstehen. Wenn ein solcher Veräusserungsvertrag rechtsgültig abgeschlossen worden ist und seine Erfüllung nicht unsicher erscheint, wird der daraus resultierende BGE 105 Ib 238 S. 243 Kapitalgewinn im Zeitpunkt der Begründung des Anspruchs besteuert. Dies gilt auch für Kapitalgewinne, die sich bei der Veräusserung von Geschäftsgrundstücken ergeben. In diesen Fällen entsteht mit dem Vertragsabschluss in der Regel ein fester Anspruch, der einen steuerbaren Einkommenszugang darstellt. Es ist deshalb mit der Besteuerung nicht bis zur Vertragserfüllung, d.h. bis zur Eintragung der Handänderung im Grundbuch zuzuwarten (KÄNZIG, Wehrsteuer, N. 96 zu Art. 21 Abs. 1 lit. d; MASSHARDT, Kommentar zur eidg. Wehrsteuer 1971-1982, N. 62 zu Art. 21 Abs. 1 lit. d; a.M., allerdings in bezug auf das kantonale Steuerrecht: GRÜNINGER/STUDER, a.a.O., S. 237). Wie in Erwägungen 2 festgehalten wurde, wird auch die Überführung von Aktiven vom Geschäfts- in das Privatvermögen (Privatentnahme) steuerrechtlich als Kapitalgewinn behandelt. Sofern eine Privatentnahme durch einen alleinigen Geschäftsinhaber erfolgt, handelt es sich allerdings nicht um einen realen Einkommenszugang, da der Geschäftsinhaber Eigentümer sowohl des Geschäfts- wie auch des Privatvermögens ist. Die Besteuerung der Privatentnahme als Kapitalgewinn ist vielmehr ein Mittel, das verhindern soll, dass Geschäftsvermögen, das nicht zum Verkehrswert bilanziert worden war, ohne Besteuerung eines Aufwertungsgewinnes in das Privatvermögen übergeführt wird, wo der Kapitalgewinn nicht mehr steuerbar ist. Bei einer Privatentnahme durch den Geschäftsinhaber kann der Zeitpunkt der Realisation des Kapitalgewinnes aus naheliegenden Gründen nicht nach dem Kriterium der Begründung eines festen Anspruchs festgelegt werden. Es wird daher auf den Zeitpunkt abgestellt, in dem der Unternehmer den eindeutigen Willen äussert, einen Gegenstand dem Geschäftsvermögen zu entziehen. Sind jedoch Geschäftsteilhaber oder Erben gesamthänderisch an einem Geschäftsvermögen berechtigt, wird dieses Geschäftsvermögen in ein Privatvermögen übergeführt, wenn die berechtigten Personen diesbezüglich einen übereinstimmenden Willen geäussert haben ( BGE 104 Ib 400 E. 11c, 405 f. E. 13). Dies geschieht vor allem durch einen Erbteilungsvertrag, wie er auch im vorliegenden Falle abgeschlossen wurde. Freilich können die Erben ausnahmsweise schon vor Abschluss des Erbteilungsvertrages konkludent gegenüber den Steuerbehörden einen übereinstimmenden Willen auf Überführung des Geschäftsvermögens in ihr Privatvermögen manifestieren, BGE 105 Ib 238 S. 244 insbesondere durch eine auf Dauer angelegte Verpachtung des Gewerbes, jedenfalls wenn eine zukünftige Übernahme des Gewerbes durch einen oder mehrere Miterben im Rahmen der noch durchzuführenden Erbteilung als ausgeschlossen gelten kann (vgl. ASA 41, S. 452 E. 3a und, 507 E. 2 mit Hinweisen). Dann wird der Kapitalgewinn schon im Zeitpunkt der Verpachtung realisiert; ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor. c) Die Erben P. haben im vorliegend zu beurteilenden Fall im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbteilungsvertrages einen festen Anspruch auf Überführung der betreffenden Grundstücke vom Geschäfts- in ihr Privatvermögen erhalten. Anhaltspunkte, dass die Erfüllung des Erbteilungsvertrages als unsicher betrachtet werden musste, fehlen. Die Erben haben sich sogar ausdrücklich verpflichtet, alle nötigen grundbuchlichen Handlungen zu unternehmen, um den Eigentumsübergang gemäss den vertraglichen Bestimmungen herbeizuführen. Der durch die Privatentnahme erzielte Kapitalgewinn der Erben P. muss daher im Zeitpunkt des Abschlusses des Erbteilungsvertrages, d.h. am 27. September 1972 als realisiert betrachtet werden. Die Besteuerung dieses Kapitalgewinnes hat dementsprechend in der 17. Wehrsteuerperiode zu erfolgen. Die Vorinstanz, die eine Besteuerung in der 18. Periode vornahm, verletzte damit Bundesrecht. 5. Die Veranlagung der Beschwerdeführer für die 17. Wehrsteuerperiode ist bereits rechtskräftig geworden. Dieser Umstand kann jedoch nicht verhindern, dass die Kapitalgewinne, die von den Steuerbehörden zu Unrecht zunächst in der 15. und nachher in der 18. Wehrsteuerperiode erfasst worden sind, schliesslich in der 17. Wehrsteuerperiode besteuert werden. Eine solche Verschiebung ist zulässig, selbst wenn die sonstigen Steuerfaktoren für die 17. Wehrsteuerperiode bereits rechtskräftig festgelegt worden sind. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass die von den Behörden rechtzeitig eingeleitete Besteuerung eines Kapitalgewinnes unterbleiben müsste, weil eine Rechtsfrage, die nicht von vornherein als klar erschien, von den unteren Steuerbehörden zunächst unrichtig beurteilt worden war. Dies kann nicht der Sinn der gesetzlichen Ordnung sein (vgl. BGE 97 I 284 , 437). Die Beschwerdeführer beantragen im übrigen selber, eventuell sei der fragliche Kapitalgewinn in der 17. Wehrsteuerperiode zu erfassen. BGE 105 Ib 238 S. 245 Die Beschwerde erweist sich somit als begründet und die Sache ist zur Besteuerung des Kapitalgewinnes in der 17. Wehrsteuerperiode an das Kantonale Steueramt Zürich zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und die Sache zur Besteuerung des Gewinns in der 17. Wehrsteuerperiode an das Kantonale Steueramt Zürich zurückgewiesen.
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Urteilskopf 116 II 238 43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. August 1990 i.S. Jakob H. gegen Departement des Innern des Kantons Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 316 ZGB : Pflegekinderaufsicht. Gegen die in Ausübung der Pflegekinderaufsicht ergehenden Verfügungen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich zulässig (E. 1a und b). Tragweite der den Kantonen in der bundesrätlichen Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (SR 211.222.338) eingeräumten Rechtsetzungsbefugnis (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 238 BGE 116 II 238 S. 238 Seit dem 23. April 1987 lebt Tina, geboren am 7. März 1974, als Pflegekind bei Jakob und Dora H. In einer Verfügung des Oberamtmannes von Dorneck-Thierstein vom 20. Oktober 1988 wird festgestellt, die Pflegeeltern hätten den Nachweis einer genügenden Versicherung für das Kind nicht erbracht, weshalb sie das Pflegekind der Kollektivunfallversicherung anzuschliessen und für die Unfallversicherung die Prämie von Fr. 62.-- zu begleichen hätten. Gegen diese Verfügung beschwerte sich Jakob H. mit Eingabe vom 29. Oktober 1988 beim kantonalen Departement des Innern. Dieses wies die Beschwerde mit Verfügung vom 4. Dezember 1989 ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht verlangt Jakob H. die Aufhebung dieser Verfügung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 97 Abs. 1 OG beurteilt das Bundesgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG). Als Verfügung BGE 116 II 238 S. 239 gelten nach dieser Bestimmung Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und unter anderem die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten zum Gegenstand haben ( Art. 5 Abs. 1 lit. a VwVG ) oder aber das Bestehen, Nichtbestehen oder den Umfang von Rechten oder Pflichten feststellen ( Art. 5 Abs. 1 lit. b VwVG ). Gemäss Art. 98 lit. g OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen solche Verfügungen letzter kantonaler Instanzen zulässig, soweit das Bundesrecht nicht zunächst eine andere Beschwerdeinstanz vorsieht. a) Die vorliegende Streitsache beschlägt den Bereich der Pflegekinderaufsicht gemäss Art. 316 ZGB . Nach dieser Bestimmung bedarf, wer Pflegekinder aufnimmt, einer Bewilligung der Vormundschaftsbehörde oder einer anderen vom kantonalen Recht bezeichneten Stelle seines Wohnsitzes; dieselbe Behörde übt zugleich die Aufsicht über das Pflegekindschaftswesen aus. Nach Art. 316 Abs. 2 ZGB hat der Bundesrat Ausführungsvorschriften zu erlassen. Dieser Aufgabe ist er mit der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (PAVO) vom 19. Oktober 1977, revidiert am 21. Dezember 1988, nachgekommen (vgl. SR 211.222.338). Darin wird den Kantonen die Befugnis erteilt, zum Schutze von Unmündigen, die ausserhalb des Elternhauses aufwachsen, Bestimmungen zu erlassen, die über die bundesrätliche Verordnung hinausgehen ( Art. 3 PAVO ); im Rahmen der allgemeinen Voraussetzungen einer Pflegekinderbewilligung schreibt sodann Art. 8 Abs. 3 PAVO selber vor, dass das Kind gegen die Folgen von Krankheit, Unfall und Haftpflicht angemessen versichert werden müsse. Der Kanton Solothurn hat von seiner Verordnungsbefugnis mit dem Erlass der Pflegekinderverordnung (PKV) vom 2. Juni 1987 Gebrauch gemacht (BGS 212.239). Darin wird in § 10 Abs. 1 die in Art. 8 Abs. 3 der bundesrätlichen Verordnung begründete Versicherungspflicht wortgetreu wiederholt; § 10 Abs. 2 PKV sieht daneben vor, dass der Staat eine Kollektivversicherung abschliesse, an die sich diejenigen Pflegeeltern anzuschliessen hätten, die den Nachweis einer genügenden Versicherung nicht erbrächten. b) Obwohl die Pflegekinderaufsicht ihre grundsätzliche Regelung im Rahmen des Bundeszivilrechts erfahren hat, handelt es sich bei den einschlägigen Bestimmungen und den gestützt darauf ergangenen Ausführungsvorschriften in materieller Hinsicht um öffentliches Recht. Die Rechtsprechung hat überdies erkannt, dass BGE 116 II 238 S. 240 Verfügungen betreffend die Bewilligung zur Aufnahme von Pflegekindern von der Ausschlussbestimmung gemäss Art. 100 lit. g OG nicht erfasst werden und somit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegen ( BGE 107 Ib 285 ). Trotz der im Schrifttum vereinzelt geäusserten Kritik besteht keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzuweichen (vgl. HANS BÄTTIG, Die Pflegekinderaufsicht im Bund und in den Kantonen, Freiburger Diss., Verlag Pro Juventute, Zürich 1984, S. 52 ff., insbesondere S. 54; billigend jedoch GYGI, ZBJV 119/1983, S. 290). Wie in der Vernehmlassung der letzten kantonalen Instanz zutreffend ausgeführt wird, betrifft auch die vorliegend streitige Frage zumindest mittelbar die Voraussetzungen der Erteilung oder des Entzugs der behördlichen Bewilligung gemäss Art. 316 Abs. 1 ZGB . Es rechtfertigt sich daher, die bestehende Rechtsprechung insofern zu erweitern, als auch gegen solche in Ausübung der Pflegekinderaufsicht ergehenden Verfügungen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich zuzulassen ist. c) Die angefochtene Verfügung stützt sich jedoch zumindest teilweise auch auf kantonales Recht, namentlich auf § 10 der erwähnten solothurnischen Pflegekinderverordnung. Trotz dieses Umstandes steht indessen einem Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts entgegen, da diese kantonale Bestimmung mit Bezug auf die Pflicht zur angemessenen Versicherung keinen eigenständigen Gehalt aufweist, sondern lediglich wiederholt, was bereits Art. 8 Abs. 3 der bundesrätlichen Ausführungsbestimmung enthält ( BGE 112 Ib 44 E. 1d, 166 E. 1). Ob hingegen die ausschliesslich im kantonalen Recht verankerte (§ 10 Abs. 2 PKV) und im angefochtenen Entscheid verfügte Anschlusspflicht zum Tragen kommen kann und darf, hängt davon ab, ob der Nachweis angemessener Versicherung erbracht worden ist. Dabei geht es indessen in erster Linie um die richtige Anwendung von Art. 8 Abs. 3 PAVO , mithin um eine Frage des Bundesrechts (vgl. BGE 105 Ib 108 E. 1c). Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach einzutreten. 2. Es ist unbestritten und überdies aus den Akten ersehbar, dass das Pflegekind des Beschwerdeführers bei der Solothurner-Kantonalen-Krankenkasse versichert worden ist. Die abgeschlossene Versicherung gewährt im Falle von Krankheit, Haftpflicht sowie Invalidität nach Unfall Leistungen bis zu Fr. 150'000.--. Daneben besteht auch Versicherungsschutz für den unfallbedingten BGE 116 II 238 S. 241 Tod des Kindes; die höchstmögliche Versicherungssumme beläuft sich dabei auf Fr. 5'000.--. Die kantonalen Instanzen vertreten die Auffassung, dass dieser Versicherungsschutz mit Bezug auf die Todesfallsumme ungenügend sei; der Beschwerdeführer habe sich daher der vom Staat in Ausführung von § 10 Abs. 2 PKV abgeschlossenen Kollektivversicherung anzuschliessen, die als angemessene Versicherung für den Todesfall des Kindes ab dem 1. Januar 1988 eine Mindestsumme von Fr. 10'000.-- vorsehe. Der Beschwerdeführer erachtet diese Auffassung als bundesrechtswidrig. Wie bereits erwähnt, erteilt Art. 3 Abs. 1 PAVO den Kantonen die Befugnis, Bestimmungen zu erlassen, die über die bundesrätliche Verordnung hinausgehen. Nach dem klaren Wortlaut der Verordnung beschränkt sich indessen diese Ermächtigung auf den Erlass solcher Bestimmungen, die dem Schutze des Unmündigen dienen. Im Hinblick auf den Versicherungsschutz schreibt Art. 8 Abs. 3 PAVO vor, dass das Kind gegen die Folgen von Krankheit, Unfall und Haftpflicht angemessen versichert werden müsse. Diese Bestimmung, die in unveränderter Form bereits vor der Revision in der bundesrätlichen Verordnung enthalten war (vgl. Art. 5 Abs. 2 altPAVO), darf nicht als eine der Konkretisierung bedürftige Rahmenbestimmung verstanden werden; vielmehr regelt sie den für das Pflegekind erforderlichen Versicherungsschutz umfassend (vgl. BÄTTIG, a.a.O., S. 49, sowie ROBERT M. ZUEGG, Die Vermittlung ausländischer Adoptivkinder als Problem des präventiven Kindesschutzes, Freiburger Diss. 1986, S. 49). Den Kantonen obliegt es dagegen bloss, den Umfang dieser Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung zu konkretisieren, wobei sie sich von den besonderen lokalen Verhältnissen leiten lassen dürfen. Die Verpflichtung zum Abschluss von Zusatzversicherungen, die über diesen Rahmen hinausgehen und insbesondere nicht dem Schutze des Kindes selbst, sondern dem Interesse der Pflegeeltern dienen, findet ihre Grundlage weder in Art. 8 Abs. 3 PAVO , noch dürfte sie von den Kantonen mit der Ausübung der Rechtsetzungsbefugnis gemäss Art. 3 Abs. 1 PAVO begründet werden. Dem Beschwerdeführer ist somit beizupflichten, dass die von den kantonalen Behörden verlangte Todesfallversicherung vor Bundesrecht nicht standhält. Diese Versicherungspflicht steht - wie die Vorinstanz selber einräumt - in keinerlei Beziehung zu den Interessen des Kindes, sondern einzig zu denjenigen der Pflegeeltern. Diesen hat das von den Kantonen nach Art. 3 Abs. 1 PAVO BGE 116 II 238 S. 242 gesetzte Recht jedoch nicht Rechnung zu tragen. Dem vermögen sich die kantonalen Behörden auch nicht mit dem Hinweis auf das ihnen zustehende Ermessen zu entziehen. Entgegen der im angefochtenen Entscheid angedeuteten Auffassung geht es vorliegend nicht ausschliesslich um die Frage der Angemessenheit des Versicherungsschutzes, sondern vielmehr um die Einführung einer zusätzlichen Verpflichtung zulasten der Pflegeeltern, für die sich weder im Gesetz noch in den Verordnungen des Bundesrates und des Kantons eine Grundlage finden lässt. Soweit daher die angefochtene Verfügung den Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf Art. 3 und 8 Abs. 3 PAVO und § 10 PKV - allenfalls gar unter Androhung des Bewilligungsentzuges - verpflichten will, im Rahmen der Versicherungspflicht auch eine Todesfallversicherung abzuschliessen oder die bereits bestehende Versicherung bezüglich der Todesfallsumme zu verdoppeln, verstösst sie gegen Bundesrecht und ist daher aufzuheben.
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Urteilskopf 137 I 327 31. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons St. Gallen gegen K. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_272/2011 vom 11. November 2011
Regeste Art. 13 Abs. 1 und Art. 36 BV ; Art. 179 quater StGB ; Art. 43 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 ATSG ; Art. 59 Abs. 5 IVG . Art. 59 Abs. 5 IVG bildet eine genügende gesetzliche Grundlage für die privatdetektivliche Observation in einem von jedermann ohne weiteres frei einsehbaren Privatbereich (in casu: Balkon; E. 5.2). Die Observation muss objektiv geboten sein (E. 5.4.2). Videoaufnahmen der versicherten Person, die sie bei alltäglichen Verrichtungen (Haushaltsarbeiten) auf dem frei einsehbaren Balkon zeigen, verletzen den dabei durch Art. 179 quater StGB vorgegebenen Rahmen nicht (E. 6.1 und 6.2).
Sachverhalt ab Seite 328 BGE 137 I 327 S. 328 A. Die 1967 geborene K. meldete sich am 14. Mai 2008 unter Hinweis auf seit 1997 bestehende Rückenschmerzen und psychische Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Nach Abklärungen medizinischer und erwerblicher Art, insbesondere nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS; vom 20. Februar 2009), gemäss welchem eine mittelgradige depressive Episode, eine generalisierte Angststörung mit Panikattacken, der Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und ein generalisiertes, chronisches Schmerzsyndrom mit Hyperalgesie rechts und Hypästesie rechts, einhergehend mit vielen vegetativen Begleitbeschwerden, bestehen, stellte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen (nachfolgend: IV-Stelle) die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 70 % in Aussicht (Vorbescheid vom 8. Oktober 2009). Gestützt auf eine vorgängig bei ihrem Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) eingeholte Stellungnahme des Dr. med. N. vom 13. Mai 2009, der die Beschaffung von zusätzlichen Informationen zum alltäglichen Verhalten und zur Belastbarkeit der Versicherten wegen der bei ihr gutachterlich festgestellten erheblichen Verdeutlichungstendenz, Selbstlimitierung und Inkonsistenzen als sinnvoll erachtete, liess die IV-Stelle K. vom 29. September bis 1. Oktober 2009 von der S. GmbH, überwachen. Zu den am 9. Oktober 2009 erstatteten Ergebnissen der Observation hielt die RAD-Ärztin Dr. med. H., Fachärztin FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, am 26. Januar 2010 u.a. fest, die beobachteten Fähigkeiten seien durchaus mit leichten bis mittelschweren Reinigungstätigkeiten zu vereinbaren. Mit einer relevanten bzw. völligen Arbeitsunfähigkeit sei das Observationsmaterial hingegen nicht in Einklang zu bringen. Aufgrund dieser Ergebnisse verneinte die IV-Stelle nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens verfügungsweise am 22. April 2010 einen Anspruch auf Invalidenrente. Mit Verfügung vom 8. Juni 2010 wies die IV-Stelle zudem ein Gesuch der Versicherten um unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren ab. BGE 137 I 327 S. 329 B. K. liess gegen beide Verfügungen Beschwerde erheben. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen vereinigte die Verfahren. In teilweiser Gutheissung der gegen die Verfügung vom 22. April 2010 geführten Beschwerde hob es diese auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen und anschliessender Neuverfügung an die Verwaltung zurück. Es bejahte zudem den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren, was zur Gutheissung der entsprechenden Beschwerde führte (Entscheid vom 3. März 2011). C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids vom 3. März 2011. Eventualiter sei die Sache - unter Berücksichtigung des Observationsmaterials - zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. K. lässt das Rechtsbegehren stellen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen schliesst auf Nichteintreten, eventualiter Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen beantragt die Gutheissung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Wer Versicherungsleistungen beansprucht, muss unentgeltlich alle Auskünfte erteilen, die zur Abklärung des Anspruchs und zur Festsetzung der Versicherungsleistungen erforderlich sind ( Art. 28 Abs. 2 ATSG [SR 830.1]). Die Versicherten und ihre Arbeitgeber haben beim Vollzug der Sozialversicherungsgesetze unentgeltlich mitzuwirken ( Art. 28 Abs. 1 ATSG ). Personen, die Versicherungsleistungen beanspruchen, haben alle Personen und Stellen, namentlich Arbeitgeber, Ärztinnen und Ärzte, Versicherungen sowie Amtsstellen im Einzelfall zu ermächtigen, die Auskünfte zu erteilen, die für die Abklärung von Leistungsansprüchen erforderlich sind. Diese Personen und Stellen sind zur Auskunft verpflichtet ( Art. 28 Abs. 3 ATSG ). Gemäss Art. 43 Abs. 1 ATSG prüft der Versicherungsträger die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Die IV-Stellen haben sodann die versicherungsmässigen Voraussetzungen zu prüfen ( Art. 57 Abs. 1 lit. c IVG ). Zur Bekämpfung des ungerechtfertigten BGE 137 I 327 S. 330 Leistungsbezugs können die IV-Stellen Spezialisten beiziehen ( Art. 59 Abs. 5 IVG ). 4. 4.1 Streitig ist der Anspruch der Beschwerdegegnerin auf eine Rente der Invalidenversicherung. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Überwachung durch einen Privatdetektiv rechtlich zulässig und somit die Observationsergebnisse als rechtmässig erlangtes Beweismittel verwertbar sind, was die Vorinstanz verneint. 4.2 Das kantonale Gericht sieht die durch Art. 43 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 ATSG abgedeckte Beobachtung im öffentlichen Raum ( BGE 135 I 169 ) überschritten: Ein Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre ( Art. 13 BV ) setze einen begründeten (Anfangs-)Verdacht für die Anordnung der Observation voraus, welcher hier nicht vorliege. Die Observation sei auch nicht erforderlich gewesen, weshalb sie als unverhältnismässig anzusehen sei. Sodann gehöre der Balkon einer Wohnung zum Hausfriedensbereich gemäss Art. 186 StGB . Indem der Privatdetektiv Tatsachen aufgenommen habe, die sich in diesem geschützten Privatbereich abspielten, sei Art. 179 quater StGB verletzt worden. 4.3 Wie die Vorinstanz feststellte, entstand der überwiegende Teil der Aufnahmen des Privatdetektivs aus der Beobachtung der Balkone der von der Versicherten gemieteten Wohnungen an der Strasse X., und (nach dem Umzug) an der Strasse Y. Die meisten gefilmten Tätigkeiten haben nicht an öffentlich zugänglichen Orten stattgefunden, aber an einem ohne weiteres öffentlich einsehbaren Privatbereich in dem Sinne, dass beide Balkone nicht gegen Einblicke besonders geschützt waren und das ungehinderte, freie Beobachten der Beschwerdegegnerin ohne spezielle Vorkehrungen von der Strasse aus möglich war. 4.4 Nach der Rechtsprechung berührt die Erhebung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Daten, worunter auch Videoaufnahmen fallen, im öffentlich-rechtlichen Verhältnis den Schutzbereich der persönlichen Freiheit oder den Schutz der Privatsphäre ( Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 BV ; BGE 136 I 87 E. 8.1; BGE 135 I 169 E. 4.4; BGE 133 I 77 E. 3.2 mit Hinweisen). In der privatdetektivlichen Beobachtung der Beschwerdegegnerin im frei einsehbaren privaten Raum ist eine Verletzung der Privatsphäre zu sehen. Eine Einschränkung des verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes bedarf einer gesetzlichen Grundlage, muss im öffentlichen Interesse liegen, BGE 137 I 327 S. 331 verhältnismässig sein und den Kerngehalt des Grundrechts wahren ( Art. 36 BV ; BGE 135 I 169 E. 4.4 S. 171 f.). Diese Voraussetzungen sind nachfolgend zu prüfen. 5. 5.1 In BGE 135 I 169 E. 5.4.2 S. 173 hat das Bundesgericht erwogen, eine regelmässige Observation versicherter Personen durch Privatdetektive stelle jedenfalls dann einen durch Art. 43 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 ATSG abgedeckten, relativ geringfügigen Eingriff in die grundrechtlichen Positionen der überwachten Personen dar, wenn sie sich auf den öffentlichen Raum beschränken. Durch eine solche Überwachung werde der Kerngehalt von Art. 13 BV nicht angetastet (vgl. auch: BGE 132 V 241 E. 2.5.1 S. 242). Da die genannten Bestimmungen des ATSG im Bereich der Invalidenversicherung ebenfalls anwendbar sind ( Art. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 IVG ), ist die Voraussetzung einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage einer Observation im öffentlichen Raum grundsätzlich erfüllt. 5.2 Für das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren besteht überdies in Art. 59 Abs. 5 IVG eine spezialgesetzliche Grundlage, welche zur Bekämpfung des ungerechtfertigten Leistungsbezugs den Beizug von Spezialisten ermöglicht. Dass damit der Einsatz von Privatdetektiven gemeint ist, steht nicht in Frage (AEBI-MÜLLER/EICKER/VERDE, Grenzen bei der Verfolgung von Versicherungsmissbrauch mittels Observation, in: Versicherungsmissbrauch, Riemer-Kafka [Hrsg.], 2010, S. 39 mit Verweis in Fn. 117 auf AB 2006 N 396; 2006 S 609). Hinsichtlich der notwendigen Bestimmtheit der gesetzlichen Grundlage lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Botschaft vom 22. Juni 2005 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (5. Revision; BBl 2005 4459 Ziff. 2.1 zu Art. 59 Abs. 5 IVG ) etwas entnehmen. Jedenfalls sind die Voraussetzungen einer zulässigen privatdetektivlichen Observation durch die Spezialgesetzgebung nicht weiter eingeschränkt. In Beachtung des Umstands, dass bei der hier zu beurteilenden Sachlage der Eingriff in die Privatsphäre nach Art. 13 BV nicht als schwer einzustufen ist, wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, kann - auch wenn sich die Observation nicht auf den öffentlichen Raum beschränkte, sondern den von jedermann ohne weiteres einsehbaren Privatbereich miteinbezog - in Art. 59 Abs. 5 IVG von seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck her eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die hier zu beurteilende Observation gesehen werden. BGE 137 I 327 S. 332 5.3 Das öffentliche Interesse an der Einschränkung des Schutzes der Privatsphäre liegt darin, nur geschuldete Leistungen zu erbringen, um die Gemeinschaft der Versicherten nicht zu schädigen ( BGE 129 V 323 E. 3.3.3 S. 325). Dieses Interesse an einer wirksamen Missbrauchsbekämpfung und der Aufdeckung bzw. Verhinderung von Versicherungsbetrug, welches im Privatversicherungsbereich als Rechtfertigungsgrund der mit einer Observation verbundenen Persönlichkeitsverletzung (vgl. Art. 28 ZGB ) anerkannt ist (SJ 1998 S. 301, 5C.187/1997 E. 2), gilt gleichermassen auch im Sozialversicherungsrecht ( BGE 135 I 169 E. 5.5 S. 174). 5.4 In Bezug auf die Verhältnismässigkeit der Observation hat eine Interessenabwägung unter den Gesichtspunkten der Eignung, Erforderlichkeit und Zumutbarkeit (Verhältnismässigkeit im engeren Sinn) zu erfolgen: 5.4.1 Die Anordnung einer Observation durch einen Privatdetektiv ist grundsätzlich ein geeignetes Mittel, um die versicherte Person bei der Ausübung alltäglicher Verrichtungen zu sehen. Die unmittelbare Wahrnehmung kann bezüglich der Arbeitsfähigkeit einen anderen Erkenntnisgewinn bringen als eine weitere Begutachtung (nicht publ. E. 1.4), was dem Ziel einer wirksamen Missbrauchsbekämpfung dienen kann (zur Alternative einer ärztlichen Untersuchung anstelle einer Observation: BGE 135 I 169 E. 5.6 S. 174 f.). 5.4.2 5.4.2.1 Zur vom kantonalen Gericht vertretenen Ansicht, die Observation sei unverhältnismässig, da nicht auf einem begründeten Anfangsverdacht beruhend, führte das Bundesgericht in BGE 136 III 410 E. 4.2. S. 416 ff. mit Hinweis auf BGE 117 IV 67 E. 2c S. 74 aus, dass der Begriff "Anfangsverdacht" die Strafverfolgung betreffe, die bei Vorliegen eines hinreichenden Anfangsverdachts zu eröffnen sei und im Zusammenhang mit dem privatrechtlichen Persönlichkeitsschutz regelmässig nicht verwendet werde. Vielmehr wurde die objektive Gebotenheit der Observation als wichtiges Element der Interessenabwägung im Persönlichkeitsschutz bezeichnet. Dies hat gleichfalls für den verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutz zu gelten. Die Observation muss demnach objektiv geboten sein, womit gemeint ist, dass konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, die Zweifel an den geäusserten gesundheitlichen Beschwerden oder der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit aufkommen lassen. Solche Anhaltspunkte können beispielsweise gegeben sein bei BGE 137 I 327 S. 333 widersprüchlichem Verhalten der versicherten Person, oder wenn Zweifel an der Redlichkeit derselben bestehen (eventuell durch Angaben und Beobachtungen Dritter), bei Inkonsistenzen anlässlich der medizinischen Untersuchung, Aggravation, Simulation oder Selbstschädigung u.Ä. (vgl. BGE 136 III 410 E. 4.2.1 S. 417 f. mit Verweis auf DETTWILER/HARDEGGER, Zulässige Video-Überwachung von Suva-Versicherten, HAVE 2003 S. 246 ff., S. 247 Ziff. III/3/a). Diese Elemente können einzeln oder in Kombination zureichende Hinweise liefern, die zur objektiven Gebotenheit der Observation führen. 5.4.2.2 Der RAD-Arzt Dr. med. N. hielt am 5. Juni 2008 fest, dass hinsichtlich der vegetativen Begleitsymptomatik eine Tendenz zur Symptomausweitung bestehe. Im Gutachten der MEDAS konnte das ausgedehnte, generalisierte Schmerzsyndrom mit der vegetativen Begleitsymptomatik somatisch nur teilweise erklärt werden. Es lagen gutachterliche Hinweise auf eine erhebliche Verdeutlichung und eine Selbstlimitierung mit zum Teil nicht nachvollziehbarer Schmerzangabe vor. Die Gutachter massen sodann den psychischen Faktoren entscheidende Bedeutung zu, wobei sich der begutachtende Psychiater Dr. med. I., wesentlich auf die subjektiven Angaben der Versicherten abstützte, jedoch ebenfalls festhielt, eine demonstrative Tendenz sei nicht zu übersehen gewesen. Die Versicherte umschrieb Leistungseinschränkungen, die nicht mehr plausibel erschienen und ärztlicherseits nur teilweise objektiviert werden konnten, was bereits im Austrittsbericht der Klinik Z. (vom 15. Mai 2008) anlässlich eines vom 15. April bis 8. Mai 2008 erfolgten stationären Aufenthaltes erwähnt wurde. 5.4.2.3 Bei dieser Sachlage bestanden genügend Anhaltspunkte, die trotz umfassender Begutachtung Zweifel an den behaupteten Beeinträchtigungen aufkommen liessen. Das bei der Versicherten diagnostizierte generalisierte chronische Schmerzsyndrom führte gemäss ihren Angaben zu Rückenschmerzen "von unten bis zum Nacken ausstrahlend mit Blockierungen und Bewegungseinschränkungen". Da ärztlicherseits jedoch nicht nur organische Ursachen hiefür gefunden werden konnten, sondern, nebst einer mittelgradigen depressiven Episode mit einer generalisierten Angststörung mit Panikattacken, auch somatoforme Beeinträchtigungen diagnostiziert wurden, ist die unmittelbare Wahrnehmung mittels Überwachung als geeignet und erforderlich anzusehen, um das Ausmass der tatsächlichen Einschränkungen zu erfassen, da sich die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit aufgrund des Zusammenspiels somatischer und BGE 137 I 327 S. 334 somatoformer Leiden mit einer Verdeutlichungstendenz und Selbstlimitierung sowie psychischer Beeinträchtigungen ausserordentlich schwierig erwies (nicht publ. E. 1.4). 5.5 Hinsichtlich der Zumutbarkeit hat eine Interessenabwägung zu erfolgen. Die von der Observation betroffene Person erhebt gegenüber der Versicherung einen Anspruch und ist deshalb verpflichtet, an Abklärungen ihres Gesundheitszustands, ihrer Arbeitsfähigkeit usw. mitzuwirken, und sie hat zu dulden, dass allenfalls auch ohne ihr Wissen von der Versicherung die objektiv gebotenen Untersuchungen durchgeführt werden ( BGE 136 III 410 E. 2.2.3 S. 413 f.; BGE 129 V 323 E. 3.3.3 S. 324 f.; BGE 135 I 169 E. 5.1 S. 172). Zu berücksichtigen ist auch die Höhe des geltend gemachten Anspruchs, welche mit Blick auf die geforderte Rente als erheblich zu bezeichnen ist. Nicht überschritten wurde sodann das Ausmass der Observation in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht, wurden doch einzig für die Anspruchsbeurteilung relevante Alltagsverrichtungen gefilmt. Dies betrifft auch die Aufnahmen im häuslichen Bereich der frei einsehbaren Balkone, die keinerlei Vorgänge mit engem Bezug zur Privatsphäre festhielten, sondern vorwiegend Reinigungsarbeiten dokumentierten. Damit bestand ein vernünftiges Verhältnis zwischen dem Ziel der Verhinderung des ungerechtfertigten Leistungsbezugs und dem durch die Observation erfolgten Eingriff in die Privatsphäre der Versicherten. 5.6 Zusammenfassend ergibt sich daher Folgendes: Wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, die Zweifel an der behaupteten Arbeitsunfähigkeit wecken (objektive Gebotenheit der Observation), die Observation nur während einer verhältnismässig kurzen, begrenzten Zeit stattfindet (hier: während drei Tagen), und einzig Verrichtungen des Alltags ohne engen Bezug zur Privatsphäre (hier: vorwiegend Putzen des Balkons, Einkaufstüten tragen) gefilmt werden, ist der Persönlichkeitsbereich auch bei einer Observation im öffentlich einsehbaren, privaten Raum nur geringfügig tangiert und wiegt der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte nicht schwer (vgl. auch BGE 136 III 410 E. 4.4 S. 418 f.; BGE 135 I 169 E. 5.4.2 S. 173 f.; BGE 133 I 77 E. 5.3 S. 85). Umgekehrt hat die Versicherung und die dahinter stehende Versichertengemeinschaft ein erhebliches schutzwürdiges Interesse daran, dass nicht zu Unrecht Leistungen erbracht werden. Mit anderen Worten wird bei der erfolgten Observation kein Rechtsgut verletzt, welches Vorrang vor dem öffentlichen Interesse der BGE 137 I 327 S. 335 Missbrauchsbekämpfung hat, und unter Einbezug sämtlicher Umstände sind die Interessen der Beschwerdeführerin gegenüber den privaten Interessen der Beschwerdegegnerin als höherwertig einzustufen. Die durchgeführte Observation ist als zumutbar und damit verhältnismässig im engeren Sinn zu bezeichnen. Der Kerngehalt von Art. 13 BV wird durch die Anordnung einer solchen Überwachung ebenfalls nicht angetastet. 6. 6.1 Mit Blick auf die vorinstanzliche Auffassung, vorliegend habe die mit der Observation beauftragte Person Art. 179 quater StGB verletzt, ist festzuhalten, dass gegen Art. 179 quater StGB ("Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte") verstösst, wer eine Tatsache aus dem Geheimbereich eines andern oder eine nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich eines andern ohne dessen Einwilligung mit einem Aufnahmegerät beobachtet oder auf einen Bildträger aufnimmt (Abs. 1). Die in Art. 179 quater StGB benutzte Wendung "nicht jedermann ohne weiteres zugängliche Tatsache aus dem Privatbereich" erfasst die auf die Lebensverhältnisse einer Person bezogenen Tatsachen, deren Wahrnehmung nur einem begrenzten Personenkreis möglich ist (STRATENWERTH/WOHLERS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 2. Aufl. 2009, N. 9 zu Art. 179 quater StGB ). Nicht zum geschützten Bereich gehört, was sich in der Öffentlichkeit abspielt und von jedermann wahrgenommen werden kann. Zur geschützten Privatsphäre gehören demnach grundsätzlich dagegen alle Vorgänge in geschlossenen, gegen den Einblick Aussenstehender abgeschirmten Räumen und Örtlichkeiten (STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 7. Aufl. 2010, § 12 Rz. 55; FRANZ RIKLIN, Der strafrechtliche Schutz des Rechts am eigenen Bild, in: Festschrift für Leo Schürmann, 1987, S. 550 f.; BGE 118 IV 41 E. 4 S. 46 ff., BGE 118 IV 319 E. 3b S. 324), wie Vorgänge in einem Haus, in einer Wohnung oder in einem abgeschlossenen, privaten Garten (VON INS/WYDER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 2. Aufl. 2007, N. 9 zu Art. 179 quater StGB ). In Literatur und Rechtsprechung unbestritten ist, dass Vorgänge in einem solchen nach Art. 186 StGB geschützten Raum nicht mit technischen Hilfsmitteln beobachtet oder aufgenommen werden dürfen. Mit Blick auf den häuslichen Bereich wird in der Literatur auch die Ansicht vertreten, dass nicht jede beliebige Aufnahme aus dem geschützten Privatbereich BGE 137 I 327 S. 336 strafbar sein soll, sondern nur die Abbildung eines Objekts erfasst sein kann, das einen engen Bezug zur Privatsphäre hat. Genannt werden das Eigenleben betreffende Tatsachen aus dem Privatbereich im engeren Sinn, die faktisch also nicht jedermann ohne weiteres zugänglich sind (TRECHSEL/LIEBER, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 4 zu Art. 179 quater StGB mit weiteren Hinweisen; BGE 118 IV 41 E. 4b bis 4e S. 46 ff.); es geht um das Festhalten privater Lebensvorgänge (vgl. RIKLIN, a.a.O., S. 551 und MARTIN SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Bd. III: Delikte gegen die Ehre, den Geheim- oder Privatbereich und gegen die Freiheit, Art. 173-186 StGB , 1984, N. 12 zu Art. 179 quater StGB ). Müssen körperliche oder rechtlich-moralische Schranken überwunden werden, um damit in die Privatsphäre im engeren Sinn fallende Tatsachen aufzunehmen, sind die Tatsachen nicht mehr "ohne weiteres" jedermann zugänglich. Als rechtlich-moralisches Hindernis gilt eine Grenze, die nach den hierzulande allgemein anerkannten Sitten und Gebräuchen ohne die Zustimmung der Betroffenen nicht überschritten wird ( BGE 118 IV 41 E. 4e S. 49 f.). Bei einer Person, die bei freiwillig ausgeübten, von blossem Auge beobachtbaren Alltagsverrichtungen in einem von jedermann öffentlich einsehbaren Bereich gefilmt wird, darf angenommen werden, sie habe insoweit auf einen Schutz der Privatheit verzichtet und in diesem Umfang ihre Privatsphäre der Öffentlichkeit ausgesetzt. 6.2 Die Beobachtung der Beschwerdegegnerin auf den Balkonen tangierte demnach zwar ihren Privatbereich, beide Balkone der beobachteten Wohnungen waren aber von der Strasse aus frei einsehbar. Soweit und solange sie sich auf den nicht abgeschirmten Balkonen aufhielt, waren sämtliche Handlungen daher faktisch nicht mehr nur von nahe verbundenen Personen, sondern von jedermann ohne weiteres wahrnehmbar. Es handelt sich dabei um Tatsachen, die ohne Überwindung einer physischen oder psychologischen Schranke zugänglich waren. Ausserdem liegen keine besonders persönlichkeitsträchtige Szenen, sondern freiwillig ausgeübte Alltagsverrichtungen vor; die Aufnahmen weisen keinen engen Bezug zur Privatsphäre auf, weshalb bei der Observation nicht gegen Art. 179 quater StGB verstossen wurde. Es kann daher offengelassen werden, ob allenfalls ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vermeidung eines ungerechtfertigten Leistungsbezugs besteht, welches auch ein einen Straftatbestand (von Art. 179 quater StGB ) erfüllendes Verhalten rechtfertigen würde. BGE 137 I 327 S. 337 6.3 Die Vorinstanz hat demzufolge den Untersuchungsgrundsatz ( Art. 61 lit. c ATSG ) und das Recht der Beschwerdeführerin auf Beweis ( Art. 29 Abs. 2 BV ) verletzt, indem sie die Observationsergebnisse als unzulässiges Beweismittel aus den Akten entfernen liess. Die Beweiserhebung mittels der vorgenommenen Observation war dementgegen rechtmässig. 7. 7.1 Die Ergebnisse einer zulässigen Überwachung können zusammen mit einer ärztlichen Aktenbeurteilung grundsätzlich geeignet sein, eine genügende Basis für Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit zu bilden (SVR 2010 UV Nr. 17 S. 63, 8C_239/2008 E. 7; Urteil 9C_891/2010 vom 31. Dezember 2010 E. 5.2). 7.2 Auf den Videoaufnahmen ist ersichtlich, dass sich die Beschwerdegegnerin auf den Balkonen und ausser Haus ohne offenkundige Beeinträchtigung physischer oder psychischer Natur bewegt. Sie zeigt ein flüssiges, zügiges Gangbild, pflegt Kontakt zu Bekannten und Verwandten und ist imstande, Reinigungsarbeiten (z.B. Staubsaugen und Boden wischen in der Hocke sowie Teppich ausschütteln) auszuführen und Einkaufstaschen zu tragen. Es bereitete ihr offenbar ebenso wenig Mühe, in einem gut besetzten Zugabteil eine halbe Stunde sitzend, Zug zu fahren (Ermittlungsbericht vom 9. Oktober 2010). Die Angabe der Beschwerdegegnerin, sie hätte an diesen Tagen einfach mehr Schmerzmittel eingenommen, um sich flüssiger und freier bewegen zu können, erscheint in Anbetracht des Umstands, dass im anlässlich der MEDAS-Begutachtung untersuchten Medikamentenspiegel weder die behauptete Einnahme von Trazodon, Tramadol noch Parazetamol nachweisbar waren, wenig glaubhaft. Unabhängig davon, ob sie zudem einen Stützgurt trug, wie geltend gemacht wird, lassen sich die Observationsergebnisse nur schwer mit dem diagnostizierten, seit Jahren bestehenden generalisierten Schmerzsyndrom mit von unten bis in den Nacken ausstrahlenden, permanenten Rückenschmerzen mit Bewegungseinschränkungen und Blockierungen in Einklang bringen. Auch wenn die RAD-Ärztin Dr. med. H. die Ansicht vertrat, das beobachtete Verhalten der Versicherten ohne jede Schonhaltung lasse eine leichte bis mittelschwere Reinigungstätigkeit zu, und ausführte "diese angebliche dauerhafte schwere psychische Beeinträchtigung ist durch das Observationsmaterial nachhaltig in ihrer Glaubhaftigkeit erschüttert", ist jedoch mit Blick auf die diagnostizierten Leiden BGE 137 I 327 S. 338 gestützt hierauf noch nicht auf das Fehlen einer rentenrelevanten, gesundheitlichen Beeinträchtigung zu schliessen. Angesichts der zu den Observationsergebnissen stark divergierenden Untersuchungsresultate im MEDAS-Gutachten vom 20. Februar 2009, wobei die Gutachter nicht zuletzt wegen den psychischen Faktoren von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit ausgingen, sind die durch die Aufnahmen aufgeworfenen Fragen nicht vollständig aus dem Weg geräumt. Mit der Vorinstanz ist zudem festzustellen, dass in der Expertise der MEDAS eine Auseinandersetzung namentlich mit dem Austrittsbericht der Klinik Z. vom 15. Mai 2008 fehlt, worin, im Gegensatz zu den MEDAS-Gutachtern, keine eigenständige depressive Störung und Angststörung diagnostiziert, sondern eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion gemischt aufgeführt wurde, die aus Sicht der Ärzte der Klinik Z. lediglich zu einer Arbeitsunfähigkeit von 20 % führte. Die Experten der MEDAS legten nicht dar, weshalb sie zum Schluss gelangten, der psychische Gesundheitszustand der Versicherten habe sich seit dem stationären Aufenthalt in der Klinik Z. (vom 15. April bis 8. Mai 2008) - mithin innerhalb eines Jahres - derart verschlechtert, dass aus psychischer Sicht die Arbeitsfähigkeit um 70 % eingeschränkt war und warum überdies neu der Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bestand. Schliesslich finden sich in der Expertise keine Hinweise darauf, inwiefern die festgestellte Verdeutlichungstendenz und Selbstlimitierung in die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit eingeflossen sind. 7.3 Trotz der vorliegenden Schwierigkeiten, aus medizinischer Sicht die tatsächlich bestehenden gesundheitlichen Beschwerden festzustellen und gestützt hierauf eine Arbeitsfähigkeitsschätzung abzugeben, können die bestehenden Divergenzen hinsichtlich des erwerblichen Zumutbarkeitsprofils nicht im Rahmen einer Beweiswürdigung aufgelöst werden. Es besteht daher aufgrund der diametral entgegengesetzten Schlüsse aus Begutachtung und Observation Anlass zu weiteren medizinischen Abklärungen. Diese sind interdisziplinär auszurichten, um den somatischen wie psychischen Leiden Rechnung zu tragen. Entgegen der vorinstanzlichen Ansicht wird das Observationsmaterial von den Medizinern dabei nach dem Gesagten zu berücksichtigen sein. Die Sache ist daher an die Beschwerdeführerin zurückzuweisen.
public_law
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e37dab63-5a3b-4f4c-b5cc-92645f9a590c
Urteilskopf 118 V 56 7. Auszug aus dem Urteil vom 30. Januar 1992 i.S. J. AG gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern
Regeste Art. 35 Abs. 1 VwVG , Art. 13 und 16 Vo VIII: Verfügung des Bundesamtes für Sozialversicherung betreffend Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste. - Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) ist in der Begründung seiner Verfügungen frei und nicht an die Stellungnahmen der Eidg. Arzneimittelkommission (EAK) gebunden (Erw. 5a). - Eine Verfügung des BSV, welche sich auf gutachtliche Stellungnahmen der Experten der EAK stützt, enthält eine ausreichende Begründung, wenn sie auch für Nichtfachleute nachvollziehbar ist (Erw. 5a). - Das summarische Protokoll über die Sitzungen der EAK und ihrer Ausschüsse hat die wesentlichen Gründe der Experten für ihre Schlussfolgerungen aufzuzeigen. Liegen reine Beschlussesprotokolle vor, so sind die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen in einem Beschwerdeverfahren nachzuliefern (Erw. 5b).
Erwägungen ab Seite 57 BGE 118 V 56 S. 57 Aus den Erwägungen: 5. a) Das BSV, welches auch im Bereich der Spezialitätenliste die Verantwortung für seine Verfügungen selber trägt, ist nicht an die Stellungnahmen der EAK gebunden. Insoweit es sich an deren Empfehlungen hält, ist es gleichwohl in der Art der Begründung seiner Verfügungen frei; es kann sich an die Begründung der EAK halten bzw. diese im Wortlaut übernehmen oder sie abändern und ergänzen. In jedem Fall aber muss der in die Form einer beschwerdefähigen Verfügung zu kleidende Entscheid des Bundesamtes eine ausreichende, d.h. auch für Nichtfachleute nachvollziehbare Begründung enthalten ( Art. 35 Abs. 1 VwVG ; Art. 16 Vo VIII). Der blosse Hinweis auf die von der EAK vertretene Auffassung kann genügen, wenn diese ihrerseits hinreichend begründet ist und der von der Verfügung betroffenen Firma bekanntgemacht wird (vgl. BGE 108 V 139 Erw. 4c/cc). b) Die Streitpunkte im vorliegenden Fall betreffen vor allem medizinische und pharmazeutische Fragen, deren Beantwortung besondere Fachkenntnis und Erfahrung voraussetzt. Bei der richterlichen Überprüfung von Entscheiden, welche auf solchen Fachkenntnissen beruhen, ist praxisgemäss eine gewisse Zurückhaltung am Platze, dies jedenfalls so lange, als nicht ernsthafte Gründe allenfalls ein Abweichen von der Expertenmeinung rechtfertigen (vgl. BGE 108 V 140 Erw. 4c/dd). Ob begründeter Anlass besteht, an der Richtigkeit eines Entscheides zu zweifeln, kann aber nur beurteilt werden, wenn die Experten ihre fachtechnischen Überlegungen und Schlussfolgerungen auch für Nichtfachleute nachvollziehbar darlegen. Aus rechtsstaatlichen Gründen sind die summarischen Protokolle über die Sitzungen der EAK und ihrer wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Experten (Art. 13 Vo VIII) so abzufassen, dass sie die massgeblichen Entscheidungsgrundlagen aufzeigen. Liegen reine Beschlussesprotokolle vor, so sind die BGE 118 V 56 S. 58 wesentlichen Argumente in einem Beschwerdeverfahren nachzuliefern. Diese Pflicht zur nachträglichen Offenlegung leitet sich aus den Mindestanforderungen ab, welche an die Begründung von Verfügungen zu stellen sind: Die betroffene Firma soll wissen, weshalb die Behörde ihr Gesuch abgelehnt hat. Sie muss sich über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache weiterziehen können. Die sachgerechte Überprüfung eines Entscheides setzt voraus, dass sich auch die Rechtsmittelinstanz über die Begründetheit des Entscheides ein Bild machen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Verwaltung leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Dabei kann sich die Begründung einer Verfügung auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränken. Zudem kann durch die Verpflichtung zur Offenlegung der Entscheidgründe verhindert werden, dass sich die Verwaltung von unsachlichen Motiven leiten lässt. Die Begründungspflicht erscheint in diesem Lichte nicht nur als bedeutsames Element transparenter Entscheidfindung, sondern dient zugleich auch der wirksamen Selbstkontrolle der verfügenden Behörde ( BGE 112 Ia 109 Erw. 2b mit Hinweisen, BGE 114 Ia 242 Erw. 2d; vgl. auch BGE 113 II 205 Erw. 2, BGE 110 V 114 Erw. 4b). Aus dem Gesagten folgt, dass sich das Eidg. Departement des Innern in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einfach darauf beschränken kann, die Beschlussesprotokolle der EAK und ihrer Ausschüsse wiederzugeben und sich auf deren Fachkompetenz zu berufen, ansonst die im letztinstanzlichen Verfahren erhobenen Rügen gar nicht auf ihre Stichhaltigkeit überprüfbar sind.
null
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e37e0fed-e756-41cc-951a-2dbd530c8a71
Urteilskopf 120 IV 63 12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Mai 1994 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen K (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 31 Abs. 1 und 3 SVG , Art. 3 Abs. 1 VRV ; Telefonieren während der Fahrt. Der Fahrzeugführer, der während der Fahrt telefoniert und dazu länger als einen kurzen Augenblick das Telefongerät mit der einen Hand hält oder es zwischen Kopf und Schulter einklemmt, nimmt eine Verrichtung vor, welche die Fahrzeugbedienung in unzulässiger Weise erschwert (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 63 BGE 120 IV 63 S. 63 K. wurde durch die Polizei am 18. Februar 1993 um 14.20 Uhr in Baden am Steuer seines Personenwagens angehalten, weil er während der Fahrt telefonierte und keine Sicherheitsgurten trug. Mit Strafbefehl des Bezirksamtes Baden vom 1. März 1993 wurde K. daraufhin der ungenügenden Aufmerksamkeit im Strassenverkehr und des Nichttragens der Sicherheitsgurten schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 60.-- bestraft. BGE 120 IV 63 S. 64 Das Bezirksgericht Baden sprach K. mit Urteil vom 29. April 1993 vom Vorwurf der ungenügenden Aufmerksamkeit gemäss Art. 26 Abs. 1 SVG (SR 741.01) und Art. 3 Abs. 1 VRV (SR 741.11) frei und büsste ihn mit Fr. 20.-- wegen Nichttragens der Sicherheitsgurten gemäss Art. 3a Abs. 1 VRV in Verbindung mit Art. 96 VRV . Das Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, wies mit Urteil vom 23. November 1993 eine dagegen erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft ab. Dagegen erhebt die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Beschwerdegegners wegen ungenügender Aufmerksamkeit gemäss Art. 31 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 VRV und wegen Nichttragens der Sicherheitsgurten gemäss Art. 3a Abs. 1 VRV sowie Art. 90 Ziff. 1 SVG und Art. 96 VRV an die Vorinstanz zurückzuweisen. K. und das Obergericht des Kantons Aargau beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Vorinstanz führte aus, der Beschwerdegegner habe einen Telefonanruf erhalten, nachdem er die Kontrollstelle der Stadtpolizei bereits passiert hatte, und sei anschliessend angehalten worden. Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit hätten nicht bestanden; der Beschwerdegegner verfüge über eine langjährige Fahrpraxis und sein Personenwagen sei mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Auf dem kontrollierten Strassenabschnitt sei um 14.20 Uhr nicht mit überdurchschnittlichem Verkehr zu rechnen, und es handle sich nicht um eine Strecke, die nebst der innerorts üblicherweise notwendigen eine besonders erhöhte Konzentration des Lenkers erfordere. Unter den genannten Umständen könne dem Beschwerdegegner kein Verstoss gegen Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV vorgeworfen werden. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV stellten abstrakte Gefährdungsdelikte dar. Das Bedienen eines Autotelefons zur Entgegennahme eines Anrufs und das Halten des Telefonhörers zum Führen eines Gesprächs seien Verrichtungen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwerten und damit gemäss Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV verboten seien. Beim einhändigen Lenken könne in Extremsituationen BGE 120 IV 63 S. 65 nicht mehr richtig reagiert werden, und auch die übrigen notwendigen Manipulationen, wie etwa das Stellen des Blinkers, könnten nicht mehr korrekt ausgeführt werden. Zudem nehme das Telefonieren einen mehr oder weniger grossen Teil der Konzentration für sich in Anspruch, was einen Verstoss gegen Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV darstelle. 2. a) Gemäss Art. 31 Abs. 1 SVG hat der Führer sein Fahrzeug ständig so zu beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Er muss also jederzeit in der Lage sein, auf die jeweils erforderliche Weise auf das Fahrzeug einzuwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust zweckmässig zu reagieren ( BGE 76 IV 53 E. 1). Er hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung oder Mitfahrende noch auf andere Weise behindert wird ( Art. 31 Abs. 3 SVG ). Art. 3 Abs. 1 VRV konkretisiert dies wie folgt: "Der Fahrzeugführer muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden. Er darf beim Fahren keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert. Er hat ferner dafür zu sorgen, dass seine Aufmerksamkeit weder durch Radio noch andere Tonwiedergabegeräte beeinträchtigt wird." Während das allgemeine Mass der Aufmerksamkeit, die der Fahrzeugführer nach Art. 31 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 VRV der Strasse und dem Verkehr zuzuwenden hat, sich nach den gesamten Umständen richtet, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen ( BGE 116 IV 230 E. 2, BGE 103 IV 101 E. 2b), untersagt Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV explizit jede die Fahrzeugbedienung erschwerende Verrichtung, ebenso wie gemäss Art. 3 Abs. 3 VRV jedes Loslassen der Lenkvorrichtung verboten ist (in diesem Sinne auch GIGER, Strassenverkehrsgesetz, 4. Aufl., S. 76). Gesetz und Verordnung gehen mithin davon aus, dass bestimmte Verrichtungen an sich die notwendige Beherrschung des Fahrzeugs beeinträchtigen und dadurch - im Sinne eines Gefährdungsdelikts - stets zumindest eine abstrakte Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer schaffen. b) Die Vorinstanz stellte verbindlich fest, dass der Beschwerdegegner während der Fahrt telefonierte. Sie liess jedoch offen, ob er während des Telefongesprächs den Hörer mit der Hand oder zwischen Kopf und Schulter eingeklemmt hielt. Auf jeden Fall hätten keine Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit bestanden. BGE 120 IV 63 S. 66 c) Art. 3 Abs. 1 Satz 1 VRV , welcher die Zuwendung der Aufmerksamkeit dem Verkehr und der Strasse verlangt, ist nicht bereits dadurch verletzt, dass der Fahrzeuglenker während der Fahrt ein Telefongespräch führt; ein solches braucht die Konzentration nicht stärker zu beanspruchen als ein Gespräch mit den Fahrzeuginsassen. Da Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich sind, hält der Freispruch vom Vorwurf der fehlenden Aufmerksamkeit vor dem Bundesrecht stand. d) Hingegen ist näher zu prüfen, ob der Beschwerdegegner durch das Halten des Telefonhörers eine Verrichtung vorgenommen hat, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwerte ( Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV ). Der Fahrzeuglenker muss das Lenkrad mindestens mit der einen Hand halten ( Art. 3 Abs. 3 VRV ) und hat so die andere, wenn sie nicht zum Lenken gebraucht wird, für Handgriffe wie die Betätigung der Warnsignale, der Richtungsanzeiger, gegebenenfalls des Schalthebels, der Scheibenwischer, des Lichtschalters und dergleichen zur Verfügung. Ob nun eine Verrichtung das Lenken oder einen dieser Handgriffe erschwert oder verunmöglicht, hängt grundsätzlich von der Art der Verrichtung, dem Fahrzeug und der Verkehrssituation ab. Dauert eine solche Verrichtung nur sehr kurz und muss dabei weder der Blick vom Verkehr abgewandt noch die Körperhaltung geändert werden, so kann eine Erschwerung der Fahrzeugbedienung in der Regel verneint werden. Ist die Verrichtung jedoch von längerer Dauer oder erschwert sie in anderer Weise die nötigenfalls sofortige Verfügbarkeit der sich nicht am Lenkrad befindlichen Hand, so ist die Fahrzeugbedienung in unzulässiger Weise behindert. Da das Führen eines Telefongesprächs stets länger als einen kurzen Augenblick dauert, erschwert ein solches - wenn es das Halten des Telefonhörers oder -geräts mit der einen Hand erfordert - die Ausführung der für die Erfüllung der Vorsichtspflichten unter entsprechenden Umständen unerlässlichen Verrichtungen. Je nachdem mit welcher Hand das Gerät gehalten werden muss, kann dann beispielsweise beim Abbiegen zumindest der Richtungsanzeiger nicht gestellt und insbesondere bei einem überraschend notwendig werdenden Ausweichmanöver das Lenkrad nicht rasch genug in der erforderlichen Weise betätigt werden; am Strassenrand auftauchende Kinder können nicht rechtzeitig mit einem Hupsignal gewarnt werden usw. Das Halten eines Telefonhörers oder -geräts mit der einen Hand während der Fahrt, wie BGE 120 IV 63 S. 67 dies dem Beschwerdegegner zur Last gelegt wird, ist aus diesem Grund gemäss Art. 31 Abs. 1 und 3 SVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VRV untersagt (vgl. auch den Entscheid des Verwaltungsgerichts Aargau vom 15. Februar 1990, AGVE 1990 S. 159, wo die Frage allerdings noch offengelassen wurde). e) Nicht anders verhält es sich, wenn der Beschwerdegegner sein Gerät, wie er vor der ersten Instanz vorbrachte, zwischen der linken Schulter und der linken Wange eingeklemmt hielt. Auch dadurch war er in der Ausführung der erwähnten, für die Erfüllung der Vorsichtspflichten unter entsprechenden Umständen unerlässlichen Verrichtungen beeinträchtigt. Die linke Hand büsst durch das Einklemmen des Telefonhörers oder -geräts zwischen Kopf und Schulter erheblich an Beweglichkeit ein; zudem ist das Gesichtsfeld eingeschränkt. Insbesondere ist die freie Bewegung des Kopfes für notwendige Seitenblicke oder die Beobachtung des Rückspiegels in mit Art. 31 SVG nicht vereinbarer Weise behindert oder verunmöglicht. Ferner besteht die Gefahr von Fehlreaktionen in der Bedienung des Fahrzeugs, wenn der eingeklemmte Telefonhörer ungewollt abrutscht (vgl. auch das Urteil des Obergerichts Zürich vom 26. April 1993, SJZ 89/1993, S. 251). Die Vorinstanz verletzte somit Bundesrecht, wenn sie eine Widerhandlung gegen die angeführten Bestimmungen verneinte. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
null
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e3822927-4702-46c2-b735-9b942890d1b6
Urteilskopf 122 II 252 36. Estratto della sentenza 22 maggio 1996 della II Corte di diritto pubblico nella causa Hydro Electra AG c. Consiglio di Stato del Cantone Ticino e Società Elettrica Sopracenerina SA (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 99 lit. b OG ; Art. 7 Abs. 3 ENB ; Art. 1 lit. k ENV ; Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiet der Vergütung für von Selbstversorgern angebotene elektrische Energie; Anschlussbedingungen, Berechnung der Vergütung. Die Verfügung über die Höhe der Vergütung für die Lieferung elektrischer Energie ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar; es handelt sich nicht um eine Verfügung über Tarife im Sinne von Art. 99 lit. b OG (E. 1). Begriff des Selbstversorgers (E. 3). Anwendbarkeit des Art. 7 Abs. 3 ENB auch auf Lieferungsverträge, die vor Inkrafttreten des Energienutzungsbeschlusses abgeschlossen worden sind und sich auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses bereits bestehende Anlagen beziehen (E. 5) Berechnung der Vergütung: Art. 7 Abs. 3 ENB ist auch anwendbar auf kleine Wasserkraftwerke von Selbstversorgern; die diesbezügliche Lieferung von Energie ist zu einem Einheitspreis zu vergüten, unabhängig vom Typ der Anlage, deren Zustand (E. 6a) oder davon, ob elektrische Energie regelmässig angeboten wird (E. 6b). Der vom Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement festgesetzte mittlere jährliche Preis von 16 Rp./kWh entspricht der von Art. 7 Abs. 3 ENB vorgesehenen Vergütung (E. 6d).
Sachverhalt ab Seite 254 BGE 122 II 252 S. 254 A.- Il 16 maggio 1989, la Hydro Electra AG, con sede a Heerbrugg, ha ottenuto dal Cantone Ticino una concessione per lo sfruttamento di una piccola centrale idroelettrica nel Comune di Vergeletto. Quest'ultima, di una potenza di 210 kW, è stata posta in esercizio nel giugno del 1990. Il 15 novembre 1989 la Hydro Electra AG ha concluso un contratto con la Società Elettrica Sopracenerina SA concernente l'allacciamento della centrale alla rete elettrica di quest'ultima. L'accordo, la cui durata iniziale era limitata al 31 dicembre 1994, in assenza di disdette, prevedeva il suo rinnovo automatico di anno in anno. La convenzione, tuttora in vigore, all'art. 3 stabilisce una retribuzione per l'energia elettrica fornita alla Società Elettrica Sopracenerina SA di 8,5 cts/kWh l'inverno e di 6,5 cts/kWh l'estate. B.- Il 1o maggio 1991 è entrato in vigore il decreto federale sull'impiego parsimonioso e razionale dell'energia (Decreto sull'energia), del 14 dicembre 1990 (DEn; RS 730.0), il quale, all'art. 7, regola le condizioni di raccordo di produttori in proprio. Appellandosi a tale normativa, la Hydro Electra AG ha chiesto una revisione dei prezzi di fornitura dell'energia elettrica concordati con la Società Elettrica Sopracenerina SA, la quale ha rifiutato la richiesta il 19 settembre 1994. La Hydro Electra AG si è pertanto rivolta al Consiglio di Stato del Cantone Ticino, instando affinché il prezzo dell'energia elettrica fornita alla menzionata società fosse stabilito in 16 cts/kWh con effetto dal 1o maggio 1994. Il 29 marzo 1995, il Governo ticinese, quale autorità cantonale competente giusta l' art. 7 cpv. 5 DEn , ha fissato la prestazione a carico della Società Elettrica Sopracenerina SA, con effetto dal 1o maggio 1994, nel seguente modo: inverno: 13 cts/kWh tariffa alta 10 cts/kWh tariffa bassa estate: 11 cts/kWh tariffa alta 08 cts/kWh tariffa bassa La decisione indicava la possibilità di interporre ricorso presso il Consiglio federale. C.- Il 17 aprile 1995, la Hydro Electra AG ha adito il Consiglio federale, chiedendo di annullare la citata risoluzione governativa e di concederle, a far tempo dal 1o maggio 1994, un'indennità conforme al decreto federale sull'impiego parsimonioso dell'energia. D.- Al termine di uno scambio di opinioni con il Consiglio federale, il Tribunale federale si è dichiarato disposto a trattare il gravame quale ricorso di diritto amministrativo. E.- Chiamati a esprimersi, la Società Elettrica Sopracenerina SA ha postulato di respingere il gravame mentre il Consiglio di Stato ticinese si BGE 122 II 252 S. 255 è rimesso al giudizio del Tribunale federale; il Dipartimento federale dei trasporti, delle comunicazioni e delle energie ha proposto di annullare l'atto impugnato e di fissare la rimunerazione per l'energia elettrica in un prezzo annuale medio di 16 cts/kWh. Il Tribunale federale ha accolto il ricorso di diritto amministrativo e ha annullato la sentenza impugnata. Erwägungen Considerando in diritto: 1. La decisione del Consiglio di Stato ticinese poggia sul decreto federale sull'energia, del 14 dicembre 1990, ovvero su diritto pubblico federale. Ne deriva che il ricorso di diritto amministrativo è ammissibile giusta i combinati art. 97 cpv. 1 OG e 5 della procedura federale amministrativa, del 20 dicembre 1968 (PA; RS 172.021): la decisione litigiosa è infatti stata emanata da un'autorità cantonale di ultima istanza (art. 98 lett. g OG) e non sussiste alcuna delle eccezioni indicate agli art. 99 a 102 OG. In particolare, non è realizzata l'eccezione prevista all' art. 99 lett. b OG , in quanto non si tratta di stabilire o di approvare una tariffa (generale e astratta), bensì di applicare al caso concreto i principi concernenti l'indennità per energia elettrica sanciti dall' art. 7 DEn (cfr. DTF 116 V 130 consid. 2a pag. 133, DTF 109 Ib 308 consid. 1 pag. 309/310). Per simili controversie, come per altre concernenti le condizioni di raccordo di produttori in proprio, è aperta la via del ricorso di diritto amministrativo. Né muta tale considerazione, il fatto che il Dipartimento federale dei trasporti, delle comunicazioni e delle energie abbia emanato delle raccomandazioni (non vincolanti) per il calcolo e la determinazione del pagamento dell'elettricità fornita da produttori in proprio, delle quali il giudice deve tenere conto nell'ambito dell'applicazione dell' art. 7 DEn . Da quanto esposto discende che il gravame è ammissibile quale ricorso di diritto amministrativo. 2. Il decreto federale sull'energia, nella sua terza sezione ("Produttori in proprio"), contiene la seguente regolamentazione: "Art. 7. Condizioni di raccordo. 1. Gli enti pubblici di erogazione di energia hanno l'obbligo di accettare in una forma appropriata per la rete l'energia offerta regolarmente da produttori in proprio. 2. Il pagamento viene effettuato in funzione del prezzo applicabile alla fornitura di energia equivalente da parte delle reti regionali di trasporto. BGE 122 II 252 S. 256 3. Trattandosi di fornitura di energia elettrica, ottenuta con energie rinnovabili, bisogna accettare anche l'energia non prodotta regolarmente. In tal caso, il pagamento è effettuato in funzione del prezzo d'acquisto di energia equivalente in provenienza da nuovi impianti nazionali di produzione. 4. Le imprese forniscono l'energia al prezzo che richiedono dai consumatori che non sono produttori in proprio. 5. I Cantoni designano l'autorità incaricata di fissare le condizioni di raccordo per i produttori in proprio, in caso di litigio." Il decreto in questione è entrato in vigore il 1o maggio 1991 ed esplica effetti sino all'entrata in vigore di una legge federale sull'energia, ma al più tardi sino al 31 dicembre 1998 ( art. 26 DEn ). Con l'ordinanza del 22 gennaio 1992 (ordinanza sull'energia, OEn; RS 730.01), il Consiglio federale ha specificato le disposizioni del decreto. 3. a) La resistente fornisce energia elettrica al pubblico, ai sensi dell' art. 7 cpv. 1 DEn essa è quindi un ente pubblico di erogazione di energia (cfr. testi francese e tedesco, più precisi: "entreprise assurant l'approvisionnement public en energie", "Unternehmung der öffentlichen Energieversorgung"): la norma citata le impone pertanto di accettare l'energia fornita da produttori in proprio. b) La decisione impugnata qualifica come tale la ricorrente, per l'energia prodotta nella centrale di Vergeletto. Una simile qualificazione è conforme all'art. 1 lett. k OEn, secondo il quale sono produttori in proprio "i proprietari di impianti per la produzione di energia ai quali gli enti pubblici di erogazione di energia partecipano per il 50% al massimo e che producono energia di rete: 1. principalmente per i propri bisogni o 2. principalmente o esclusivamente per l'alimentazione della rete, senza essere portatori di un mandato pubblico". c) La resistente contesta tale qualifica. A suo avviso, un'impresa privata, che - come la ricorrente - convoglia la sua intera produzione nella rete pubblica, non può essere ritenuta un produttore in proprio ("producteur pour ses propres besoins", "Selbstversorger"). Senonché, la definizione di produttore in proprio contenuta nell'ordinanza eccede il significato comune dell'espressione. Un'analisi dei materiali legislativi rivela che la stessa era già impiegata nel messaggio del Consiglio federale, del 21 dicembre 1988 (FF 1989 I pag. 405 segg., segnatamente pag. 421; nel testo tedesco "Eigenerzeuger", BBl 1989 I pag. 512). Le relative spiegazioni indicano che BGE 122 II 252 S. 257 si intendeva dare a tale nozione un significato ampio. In effetti, il messaggio governativo dichiarava le condizioni di raccordo applicabili "a produttori di energia di rete che non svolgono una funzione di approvvigionamento pubblico regolare, nonché ai proprietari di piccoli impianti che producono energia per conto di terzi senza disporre di un mandato di diritto pubblico a tale scopo". In particolare, esse dovevano essere vincolanti pure per "produttori in proprio che producono energia unicamente per terzi" (messaggio citato pag. 422). Certo, a quest'ultimo proposito il messaggio fa riferimento, a titolo di esempio, ad un impianto di incenerimento, che non utilizza l'elettricità prodotta. Nondimeno, il testo della disposizione non limita la sua applicazione ai casi in cui l'energia trasmessa in rete è un prodotto secondario e il relativo messaggio sottolinea come il campo di applicazione della norma debba essere il più vasto possibile, entro i limiti delle disposizioni di esecuzione e della prassi in materia, evitando in tal modo che scogli di natura amministrativa impediscano il ricorso giudizioso alla produzione di energia in proprio (messaggio pag. 422). Ne discende che se, da un lato, la disposizione in questione verteva, in modo primario, a disciplinare la fornitura di eccedenze di energia da parte di produttori in proprio, dall'altro, il Consiglio federale non ha ecceduto il proprio margine di apprezzamento adottando l'art. 1 lett. k OEn. In effetti, tanto nel messaggio (pag. 421) quanto nei dibattiti parlamentari, è stata ripetutamente sottolineata l'importanza di incentivare l'impiego di piccoli impianti, atti a garantire e diversificare l'approvvigionamento del paese. Orbene, ampliando l'applicazione dell' art. 7 cpv. 3 DEn alle imprese che producono energia esclusivamente per l'alimentazione della rete, il Consiglio federale favorisce il perseguimento di tale fine: un'interpretazione più restrittiva comprometterebbe infatti in modo notevole il raggiungimento dell'obbiettivo, ripetutamente proclamato, di promuovere l'impiego di energie alternative. Ne discende che il testo dell'art. 1 lett. k OEn è conforme alla legge e vincola il Tribunale federale: il fatto di fornire esclusivamente energia per l'alimentazione della rete non osta quindi alla qualifica della ricorrente quale produttore in proprio. 4. Come testé indicato, l' art. 7 DEn intende incentivare l'impiego di piccoli impianti, onde contribuire a garantire e a diversificare l'approvvigionamento energetico del paese (FF 1989 I pag. 421). Esso impone agli enti pubblici di erogazione di energia di accettare l'energia offerta da produttori in proprio. Le condizioni di raccordo dipendono, tra altro, dal fatto che l'energia sia offerta, ovvero prodotta (cfr. testi tedesco e BGE 122 II 252 S. 258 francese "produziert", "produite"), regolarmente e dalla circostanza che essa sia ottenuta mediante energie rinnovabili. a) Giusta l' art. 7 cpv. 1 e 2 DEn , gli enti pubblici di erogazione di energia devono accettare l'energia di rete prodotta regolarmente da produttori in proprio; per la stessa, essi devono versare il prezzo applicabile alla fornitura di energia equivalente da parte delle reti regionali di trasporto. b) Per quanto concerne l'energia elettrica prodotta mediante energie rinnovabili, il cpv. 3 del medesimo articolo pone poi degli obblighi accresciuti, sia in merito al dovere di accettare l'energia che alla relativa retribuzione: l'energia va infatti accettata anche se offerta in modo irregolare e la controprestazione dipende dal prezzo di acquisto di energia equivalente in provenienza da nuovi impianti nazionali di produzione. c) Nello specificare l' art. 7 DEn , l'art. 1 lett. g OEn menziona quali energie rinnovabili l'energia solare, quella idrica, geotermica, l'energia eolica e la biomassa. L'ordinanza precisa tuttavia che le condizioni di raccordo non si applicano all'energia prodotta irregolarmente, salvo quella ricavata da energie rinnovabili ( art. 14 cpv. 2 lett. a OEn ), all'elettricità prodotta da impianti termici fossili senza sfruttamento del calore ( art. 14 cpv. 2 lett. b OEn ) e all'elettricità prodotta da centrali idroelettriche la cui potenza supera 1 MW (megawatt-art. 14 cpv. 2 lett. c OEn). L' art. 15 cpv. 3 OEn stabilisce inoltre che piccoli enti pubblici comunali e regionali di erogazione di energia possono trasmettere all'ente superiore l'energia immessa in quantità sproporzionata (è tale l'energia che eccede il 5% della fornitura annua dell'ente di erogazione). A norma dell' art. 16 cpv. 1 OEn , le concrete condizioni di raccordo sono fissate mediante contratto tra le parti interessate (produttore in proprio e ente pubblico di erogazione di energia). In caso di lite, i Cantoni designano l'autorità competente a dirimere la controversia ( art. 7 cpv. 5 DEn e art. 16 cpv. 2 OEn ). Spetta poi al Dipartimento federale delle comunicazioni, dei trasporti e delle energie emanare raccomandazioni per il calcolo e la determinazione della rimunerazione dell'energia fornita dai produttori in proprio ( art. 17 cpv. 1 OEn ). 5. a) Come esposto in precedenza, la ricorrente è un produttore in proprio giusta l' art. 7 DEn in combinazione con l'art. 1 lett. k OEn, l'energia da BGE 122 II 252 S. 259 essa prodotta è ottenuta mediante energie rinnovabili (art. 1 lett. g OEn) e, infine, la potenza dell'impianto non supera 1 MW (cfr. art. 7 cpv. 3 DEn e art. 14 OEn ). La resistente è tuttavia dell'avviso che l' art. 7 DEn non sia applicabile alla vertenza, in quanto la norma citata concerne unicamente l'energia prodotta da impianti nuovi, mentre quello della ricorrente è stato costruito prima dell'adozione del decreto in questione, nell'intento di cederle la totalità dell'energia prodotta: i calcoli di redditività dell'opera non sono quindi stati effettuati sulla base della retribuzione sancita dal decreto federale sull'energia, bensì sugli accordi conclusi tra le parti dell'attuale procedura. Sempre secondo la resistente, sarebbe contrario al principio della buona fede modificare tali precedenti pattuizioni. b) L'interpretazione proposta dalla resistente non trova alcun sostegno nel testo di legge, che non limita l'applicazione dell' art. 7 DEn a impianti nuovi, realizzati dopo l'adozione del decreto. Inoltre, l' art. 25 cpv. 3 DEn , secondo il quale le condizioni di ripresa dell'energia già valide per produttori in proprio devono corrispondere alle esigenze dell'articolo 7 entro 3 anni dall'entrata in vigore del decreto, conduce alla conclusione inversa: evidenzia infatti l'intenzione di applicare la normativa anche a impianti già esistenti al momento della sua entrata in vigore. Certo, la regolamentazione in questione mira, in primo luogo, a incoraggiare la realizzazione di nuovi impianti. Nondimeno, i materiali legislativi mostrano che il legislatore era cosciente che il testo dell' art. 7 cpv. 3 DEn poneva anche gli impianti già esistenti a beneficio della nuova regolamentazione (Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 970/71, voti Rüesch; CN del 13 dicembre 1990 pag. 2389, voto Caccia). Ne discende che l' art. 7 cpv. 3 DEn trova applicazione anche a contratti di fornitura conclusi prima dell'entrata in vigore del decreto sull'energia, concernenti centrali pianificate e realizzate prima di tale termine. Un ente pubblico di distribuzione di energia non può quindi opporre a una richiesta di adattamento dei prezzi di fornitura dell'energia la violazione del principio della buona fede, salvo se in presenza di un vero e proprio abuso di diritto. In effetti, la regolamentazione in esame, che riposa su considerazioni di politica energetica e che vincola il Tribunale federale ( art. 114bis cpv. 3 Cost. ), è prioritaria rispetto ai principi della libertà contrattuale, della buona fede e del rispetto degli impegni assunti ("pacta sunt servanda"): l'eccezione sollevata dalla resistente si appalesa pertanto infondata e, come tale, va respinta. 6. Resta da vagliare se la ricorrente abbia diritto al trattamento privilegiato previsto al terzo capoverso di tale disposto, secondo il quale BGE 122 II 252 S. 260 la retribuzione che le spetta non va calcolata in base al cpv. 2 della medesima norma (prezzo applicabile alla fornitura di energia equivalente da parte delle reti regionali di trasporto), bensì "in funzione del prezzo di acquisto di energia equivalente in provenienza da nuovi impianti nazionali di produzione". a) Il testo dell' art. 7 cpv. 2 del messaggio del Consiglio federale (FF 1989 I 445) stabiliva che tutta l'energia offerta da produttori in proprio andava rimunerata applicando il metodo più favorevole (costi per l'acquisto di energia equivalente proveniente da nuovi impianti nazionali di produzione); esso conteneva tuttavia alcune limitazioni nel concetto di produttore in proprio (FF 1989 I 421 segg.). Il Consiglio nazionale ha accettato tale versione dell'art. 7 cpv. 2, rifiutando una proposta volta a determinare la rimunerazione per l'energia di produttori in proprio (senza distinzioni) nel prezzo di energia equivalente da parte delle reti regionali di trasporto (Boll. uff. CN dell'8 febbraio 1990 pag. 155 segg.). Senonché, il Consiglio degli Stati si è rifiutato di avallare tale testo, pronunciandosi altresì in favore dell'adozione dell'attuale art. 7 cpv. 3 DEn , proposto dal Consigliere agli Stati Jagmetti (Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 968 segg.) e sul quale, in seguito, si è allineato pure il Consiglio nazionale (Boll. uff. CN del 13 dicembre 1990 pag. 2386 segg.). Il Consigliere Jagmetti ha motivato la propria proposta con riferimento all'opportunità di incentivare la produzione di impianti fotovoltaici e a energia eolica; egli ha tuttavia relativizzato tale considerazione, indicando che l'espressione "energie rinnovabili" è stata ripresa dall' art. 24octies Cost. e che, nei due casi, essa ha il medesimo significato. Senonché, perlomeno in quest'ultimo contesto, lo stesso proponente ammette che l'espressione comprende pure le centrali idroelettriche (Jagmetti, Kommentar BV, n. 38 all' art. 24octies Cost. ). Con l'adozione dell' art. 7 cpv. 3 DEn si intendeva essenzialmente incoraggiare lo sfruttamento di energie alternative, rinnovabili. Garantendo ai proprietari di impianti il diritto di fornire l'energia prodotta (eventualmente irregolarmente) ad un prezzo tale da coprire i costi marginali, il legislatore intendeva favorire, ad esempio, la realizzazione di impianti fotovoltaici o a energia eolica, (Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 969/980, voto Jagmetti). Nondimeno, nel corso dei dibattiti parlamentari, numerosi votanti hanno evidenziato taluni problemi, insiti nel testo di legge proposto, segnatamente quello di concedere al titolare di una vecchia centrale elettrica il diritto a un'indennità corrispondente al costo dell'energia fotovoltaica (in tal senso Rüesch, Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 469 e 471) o quello di far profittare di simili BGE 122 II 252 S. 261 incentivi centrali idroelettriche già esistenti da decenni (Boll. uff. CN del 13 dicembre 1990 pag. 2389, voto Caccia). La minoranza della Commissione del Consiglio nazionale, contraria all'adozione dell'attuale art. 7 cpv. 3 DEn , ha parimenti esplicitamente rilevato che il testo della normativa trovava applicazione a tutti gli impianti idroelettrici già esistenti, e ciò malgrado fosse stato asserito che una simile regolamentazione non corrispondeva alle intenzioni del Consiglio degli Stati. Tale asserzione non è stata smentita dal Consigliere agli Stati Caccia, relatore del rapporto di maggioranza (Boll. uff. CN del 13 dicembre 1990 pag. 2389, voto Caccia). Il Consigliere federale Ogi ha replicato a simili considerazioni asserendo che i produttori in proprio, in futuro, potrebbero contribuire in modo importante ad assicurare e diversificare l'approvvigionamento nazionale: conviene quindi incoraggiarli mediante una retribuzione sufficiente. A suo avviso, la Confederazione ha un interesse a che simili impianti forse un po' arrugginiti continuino a produrre e a fornire energia ("... wir haben alles Interesse, dass solche, wenn auch kleine, vielleicht etwas rostige Kraftwerke weiterhin Energie produzieren und Energie abgeben können" - Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 970 e 971). Orbene, la lettera dell' art. 7 cpv. 3 DEn non differenzia la rimunerazione per la fornitura dell'energia a dipendenza dell'età dell'impianto, dei relativi costi o della fonte energetica (energia eolica, fotovoltaica, piccola centrale idroelettrica). Per converso, essa prevede un prezzo unitario, applicabile a tutti i produttori in proprio che impiegano energie rinnovabili. Certo, nelle discussioni al Consiglio degli Stati è stato sollevato l'interrogativo concernente il significato dell'espressione "nuovi impianti nazionali di produzione", in merito alla quale un votante ha chiesto se si trattasse dei costi di produzione delle centrali nucleari più recenti, degli impianti idroelettrici di Ilanz I e II o, invece, dei costi dell'energia prodotta da un determinato impianto fotovoltaico o a energia eolica. L'interessato concludeva poi rilevando la mancanza di chiarezza della norma (Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 969-971, voto Rüesch). Senonché, simili obiezioni sono state sollevate in merito alla precedente versione dell'art. 7 cpv. 2, che prevedeva di indennizzare tutta l'energia fornita da produttori in proprio in funzione del prezzo di acquisto di energia equivalente proveniente da nuovi impianti nazionali di produzione. In merito alla nuova versione dell' art. 7 cpv. 3 DEn , proposta dal Consigliere Jagmetti e concernente esclusivamente le forniture di BGE 122 II 252 S. 262 elettricità proveniente da energie rinnovabili, con ogni evidenza, anche il votante citato ha ammesso l'impiego di un unico metodo di retribuzione (in funzione del prezzo di acquisto di energia equivalente in provenienza da nuovi impianti nazionali di produzione). Ne deriva che, sebbene nel giustificare la regola alla base dell' art. 7 cpv. 3 DEn sia stato fatto riferimento esclusivamente alla volontà di incentivare le energie "alternative", come quella fotovoltaica e quella eolica - le quali dipendono da specifiche condizioni di produzione - (Boll. uff. CS del 4 dicembre 1990 pag. 969/70, voto Jagmetti), la disposizione effettivamente adottata è più ampia. Le considerazioni testé illustrate mostrano che il legislatore era cosciente di tale fatto, segnatamente, esso sapeva che il testo dell' art. 7 cpv. 3 DEn , concernente le "energie rinnovabili", comprendeva pure le piccole centrali idroelettriche (cfr. voto Jagmetti, op.cit., pag. 971). Ne discende che la norma in questione omette deliberatamente di differenziare la rimunerazione del produttore in proprio a dipendenza del tipo d'impianto o dell'età di quest'ultimo. Per converso, essa fa dipendere l'indennità dovuta unicamente dalla quantità di energia fornita e dal fatto che la stessa sia equivalente a quella di nuovi impianti nazionali di produzione. b) Secondo l' art. 7 cpv. 3 DEn , gli enti pubblici di distribuzione di energia devono accettare anche l'elettricità prodotta non regolarmente, se essa è ottenuta mediante energie rinnovabili. L'articolo stabilisce poi che in tal caso il prezzo di acquisto è più elevato di quello previsto all' art. 7 cpv. 2 DEn . Ci si deve pertanto chiedere se, con tale formulazione, il legislatore abbia inteso legare il beneficio di una retribuzione superiore all'esistenza di un'offerta irregolare, ovvero se l'espressione "in tal caso" sia riferita all'irregolarità della produzione e non, esclusivamente, al fatto che essa derivi da energie rinnovabili. La versione tedesca del testo di legge corrisponde a quella italiana e non permette di chiarire la questione; quella francese, invece, tende a scartare un'interpretazione restrittiva della norma ("L'offre d'électricité produite à partir d'énergies renouvelables doit être acceptée, même si la production n'est pas régulière. Les prix payés se fondent sur les tarifs applicables à l'énergie équivalente qui provient des nouvelles installations de production en Suisse"). Quest'ultima versione corrisponde meglio al senso del disposto. In effetti, difficilmente il legislatore avrebbe scelto una formulazione tanto indiretta quale quella dei testi italiano e tedesco per riservare la rimunerazione giusta il cpv. 3 alle energie rinnovabili che non sono prodotte regolarmente. Va poi rilevato che, come esposto al BGE 122 II 252 S. 263 considerando precedente (consid. 6a), il cpv. 3 dell' art. 7 DEn è applicabile anche alle centrali idroelettriche. Ora, sarebbe perlomeno molto discutibile, se non assolutamente illogico, prevedere che la corrente elettrica (derivante da energie rinnovabili) va rimunerata maggiormente se è prodotta, rispettivamente offerta, irregolarmente. Una simile interpretazione avrebbe come conseguenza di motivare i titolari di centrali idroelettriche a favorire un'offerta irregolare di energia (ad esempio mediante impiego di bacini di accumulazione). Ne consegue che l'energia offerta da produttori in proprio mediante impiego di energie rinnovabili va rimunerata nello stesso modo, indipendentemente dalla regolarità dell'offerta. c) Il Dipartimento federale dei trasporti, delle comunicazioni e delle energie per il periodo 1993-1995 raccomanda in media un pagamento annuo minimo di 16 cts/kWh per impianti di produzione in proprio di una potenza fino a 1 MW che operano con energie rinnovabili (Raccomandazioni per il calcolo e la determinazione del pagamento dell'elettricità fornita da produttori in proprio, del 21 dicembre 1992, pag. 1). La raccomandazione assume come parametro di riferimento dati concernenti nuovi impianti nazionali di produzione, che adempiono determinati criteri di scelta e che sono stati ponderati in funzione del tipo e della quantità di produzione. Il pagamento minimo raccomandato tiene conto, in modo approssimativo, delle perdite di rete, evitabili attraverso l'immissione decentralizzata, nonché delle diverse condizioni d'acquisto, dovute alla diversità strutturale dell'economia energetica. Il criterio dell'equivalenza (posto dalla legge), è stato considerato differenziando la retribuzione in funzione delle diverse fasce temporali (p. es. estate/inverno, tariffa piena/ridotta - Raccomandazioni citate, pag. 2 e allegato 2 grafico 3). Secondo uno studio del 7 settembre 1995, eseguito su mandato dell'Ufficio federale dell'energia ("Valutazione delle condizioni di raccordo per produttori in proprio"), i costi di produzione per le piccole centrali elettriche progettate sono dell'ordine di 16 cts/kWh o più (studio citato pag. 88/89); ciò che conferma la correttezza delle indicazioni dipartimentali. d) Le menzionate raccomandazioni non vincolano il giudice. Esse vanno tuttavia considerate se il metodo di calcolo indicato rispetta le premesse stabilite dalla legge e se il risultato poggia su rilevamenti di fatto affidabili, effettuati in modo professionale. In concreto, il Tribunale federale non vede alcuna ragione per dubitare della concludenza delle constatazioni del Dipartimento e della commissione consultativa. Il prezzo BGE 122 II 252 S. 264 di 16 cts/kWh appare invece una concretizzazione adeguata della rimunerazione stabilita all' art. 7 cpv. 3 DEn . Le obiezioni sollevate dal Consiglio di Stato e dalla resistente sono inconferenti. Certo, il prezzo di 16 cts/kWh è stato determinato in base ai costi di produzione di nuovi impianti. Senonché, come indicato in precedenza (consid. 5b), il legislatore intendeva applicare tale rimunerazione anche agli impianti già esistenti. L' art. 7 cpv. 3 DEn non offre alcun appiglio per ridurre la rimunerazione di simili impianti in base ai loro costi di produzione effettivi. In altre parole, la ricorrente non ha diritto solo a una rimunerazione tale da garantire o da rimunerare correttamente la continuazione dell'esercizio: la disposizione legale applicabile non tiene in considerazione i costi effettivi di ogni produttore, ammette pertanto che taluni fornitori possano, eventualmente, realizzare utili importanti (cfr. studio citato pag. 85). Si può comunque aggiungere che l'impianto della ricorrente è stato realizzato poco tempo prima dell'entrata in vigore del decreto sull'energia: i suoi costi di produzione non dovrebbero pertanto scostarsi in misura notevole da quelli attuali. Secondo le allegazioni della ricorrente, nel periodo 1990-1993, essi ammontavano, in media, a 19,2 cts/kWh: eccedevano quindi la rimunerazione prevista dalle raccomandazioni del Dipartimento federale dei trasporti, delle comunicazioni e delle energie (cfr. ricorso pag. 5). Nella fattispecie non occorre vagliare in modo più approfondito tali allegazioni di parte, in quanto, per le ragioni sopraesposte, esse sono irrilevanti ai fini del giudizio. Va poi osservato che, diversamente da quanto previsto all' art. 7 cpv. 2 DEn , il terzo capoverso di tale normativa non consente di tenere conto di particolarità regionali o di considerazioni di politica regionale di distribuzione dell'energia elettrica (cfr. studio citato pag. 26 segg.). Per quanto concerne le conseguenze macroeconomiche, va comunque rilevato che la regolamentazione litigiosa si riferisce unicamente a forniture di energia derivante da fonti rinnovabili da parte di produttori in proprio, i cui impianti hanno una capacità massima di 1 MW: per enti pubblici di distribuzione e consumatori gli oneri risultanti da una simile normativa rimarranno quindi limitati. Inoltre, i piccoli enti di distribuzione di energia potranno profittare dell' art. 15 cpv. 3 OEn , secondo il quale essi possono trasmettere all'ente di distribuzione superiore le forniture di energia che superano il 5% della loro fornitura annua. In questa sede non occorre invece vagliare in che misura l'applicazione dell' art. 7 cpv. 3 DEn soggiaccia a riserve implicite, volte a impedire abusi nonché agevolazioni o oneri sproporzionati o BGE 122 II 252 S. 265 ingiustificati: in concreto non sussiste infatti una simile fattispecie eccezionale. e) Da quanto esposto scaturisce che la decisione governativa impugnata, che concede alla ricorrente una rimunerazione pari a 8-13 cts/kWh, poggia su di un'interpretazione errata dell' art. 7 cpv. 3 DEn . Essa viola pertanto il diritto federale e va annullata. Va invece constatato che l'energia elettrica fornita dalla ricorrente alla resistente va rimunerata, a partire dal 1o maggio 1994, al prezzo annuale medio di 16 cts/kWh. Giusta l' art. 25 cpv. 3 DEn , le condizioni di ripresa dell'energia concordate tra produttore e ente di distribuzione devono infatti venire adattate entro tre anni dall'entrata in vigore del decreto, avvenuta il 1o maggio 1991. I dettagli dell'accordo saranno regolati contrattualmente tra le parti o, se del caso, mediante nuova decisione del Consiglio di Stato ticinese.
public_law
nan
it
1,996
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e395b1f3-cb6e-4100-a718-27e0c805b0a3
Urteilskopf 124 I 85 11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. April 1998 i.S. Polizeibeamtenverband Basel-Stadt gegen Kanton Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Persönliche Freiheit, Verpflichtung der Polizeibeamten zum Tragen von Namensschildern. Die im Polizeigesetz festgelegte Verpflichtung der Polizeibeamten, mit der Uniform ein Namensschild zu tragen, berührt die persönliche Freiheit (E. 2). Sie erweist sich als verfassungsmässig (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 85 BGE 124 I 85 S. 85 Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt verabschiedete am 13. November 1996 das Gesetz betreffend die Kantonspolizei (Polizeigesetz). Die Referendumsfrist ist unbenützt abgelaufen. In § 33 enthält das neue Polizeigesetz Vorschriften über die Legitimation der Polizeibeamten. Diese haben folgenden Wortlaut: Legitimation § 33 - Wird die Uniform getragen, so gilt diese grundsätzlich als Legitimation. Uniformierte tragen ein Namensschild; der Regierungsrat bestimmt auf dem Verordnungsweg, wann anstelle des Namensschilds eine andere individualisierende Kennzeichnung oder in besonderen Fällen keine solche Kennzeichnung getragen wird. Korpsangehörige in Zivil haben sich, sofern es die Umstände zulassen, vor Amtshandlungen unaufgefordert auszuweisen. Der Polizeibeamtenverband Basel-Stadt ficht die Bestimmung von § 33 mit staatsrechtlicher Beschwerde an und verlangt die Aufhebung von Satz 2 betreffend die Pflicht zum Tragen von Namensschildern. Er rügt eine Verletzung der persönlichen Freiheit und von Art. 8 EMRK . Der Regierungsrat setzte das Polizeigesetz mit Ausnahme von § 33 und die neue Verordnung betreffend Kantonspolizei des Kantons Basel-Stadt vom 3. Juni 1997 auf den 1. Juli 1997 in Kraft. Diese Verordnung enthält u.a. folgende Bestimmung: BGE 124 I 85 S. 86 Kennzeichnung § 9 - Auf dem Namensschild wird lediglich der Nachname aufgeführt. 2 Im geführten Einsatz des unfriedlichen Ordnungsdienstes wird eine individualisierende Kennzeichnung getragen. 3 Der geführte Einsatz von Sondereinheiten erfolgt ohne Namensschild und ohne individualisierende Kennzeichnung. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Polizeibeamtenverband beruft sich in seiner staatsrechtlichen Beschwerde auf die persönliche Freiheit und auf Art. 8 EMRK . Er macht im wesentlichen geltend, die Polizeibeamten würden durch die Verpflichtung zum Tragen eines Namensschildes in diesen verfassungsmässigen Rechten verletzt. Demgegenüber wenden der Grosse Rat und der Regierungsrat ein, der Schutzbereich der persönlichen Freiheit und des Art. 8 EMRK beziehe sich nicht auf den Gebrauch des Namens und räume grundsätzlich keinen Anspruch darauf ein, den Namen geheim zu halten. Der Schutz des Namens existiere nur im Rahmen von Art. 29 und 30 ZGB . Angesichts dieser unterschiedlichen Positionen ist vorerst zu klären, ob sich der Beschwerdeführer bzw. die Polizeibeamten auf die persönliche Freiheit und auf Art. 8 EMRK berufen können. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schützt das ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit als zentrales Freiheitsrecht und verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz nicht nur die Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen; es umfasst "toutes les libertés élémentaires dont l'exercice est indispensable à l'épanouissement de la personne humaine". Die persönliche Freiheit schützt den Bürger in seiner persönlichen Entfaltungsmöglichkeit und der ihm eigenen Fähigkeit, eine gewisse tatsächliche Begebenheit zu würdigen und danach zu handeln. Hierzu gehört auch der Anspruch auf eine persönliche Geheimsphäre ( BGE 123 I 112 E. 4a S. 118; BGE 122 I 360 E. 5a S. 362; BGE 120 Ia 147 E. 2a S. 149; BGE 119 Ia 460 E. 5a S. 474, mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass nicht jeder beliebige Eingriff in den persönlichen Bereich des Bürgers die Berufung auf das ungeschriebene Grundrecht rechtfertige; namentlich habe die persönliche Freiheit nicht die Funktion BGE 124 I 85 S. 87 einer allgemeinen Handlungsfreiheit, auf die sich der einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine Lebensgestaltung auswirkt, berufen kann, und schützt daher nicht vor jeglichem physischen oder psychischen Missbehagen. Daher ist eine Grenzziehung des Schutzbereichs der persönlichen Freiheit notwendig und im Einzelfall angesichts von Art und Intensität der Beeinträchtigung zu suchen ( BGE 120 Ia 147 E. 2a S. 149; BGE 119 Ia 460 E. 5a S. 474, mit Hinweisen). b) Zur persönlichen Freiheit gehört ein Anspruch auf Geheim- und Intimsphäre ( BGE 122 I 360 S. 362; BGE 106 Ia 277 S. 280). Die Erhebung erkennungsdienstlicher Daten und deren Aufbewahrung und Bearbeitung greifen in den Schutzbereich der persönlichen Freiheit ein ( BGE 122 I 360 S. 362; BGE 120 Ia 147 E. 2b S. 150). Der Name und dessen Verwendung haben Teil an dieser Privatsphäre (vgl. Urteil des Bundesgerichts in: EuGRZ 1996 S. 329 E. 5c). Es ist jedem einzelnen anheimgestellt, ob und unter welchen Umständen er seinen Namen gegenüber einem beliebigen Dritten bekanntgeben oder vorenthalten will. Eine staatliche Verpflichtung zur öffentlichen Bekanntgabe des Namens greift daher in den Schutzbereich der persönlichen Freiheit ein. Das ist der Grund, weshalb etwa Polizeiorgane zur Vornahme von Identitätskontrollen über eine spezielle gesetzliche Grundlage verfügen müssen (vgl. § 34 Polizeigesetz, BGE 109 Ia 146 E. 3b S. 149). Im gleichen Sinne ist der einzelne nicht gehalten, einen Identitätsausweis mit sich zu tragen ( BGE 109 Ia 146 S. 150). Daraus geht hervor, dass eine allgemeine Verpflichtung zum Tragen eines Namensschildes und zur jederzeitigen Offenbarung seiner Identität in die persönliche Freiheit eingreift. Der Umstand, dass Polizeibeamte in einem besondern Rechtsverhältnis zum Staat stehen, schränkt den Schutzbereich der persönlichen Freiheit nicht ein, sondern ist lediglich bei der Frage der Rechtfertigung unter dem Gesichtswinkel der gesetzlichen Grundlage, des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung von Regierungsrat und Grossem Rat vermag daran das Namensrecht des Zivilgesetzbuches nichts zu ändern. Art. 29 und 30 ZGB umschreiben lediglich das Recht auf den eigenen Namen und den Namensschutz und haben daher keinen Bezug zur Frage, ob und unter welchen Umständen der Name vom Namensträger selber bekanntzugeben sei. c) Der Beschwerdeführer beruft sich ferner auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK . Danach hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privatlebens. BGE 124 I 85 S. 88 Diese Garantie deckt sich im hier zu beurteilenden Bereich mit derjenigen der persönlichen Freiheit und geht nicht darüber hinaus ( BGE 122 I 360 E. 5a S. 362). 3. Die allgemeine Verpflichtung zum Tragen von Namensschildern stellt demnach einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar und betrifft die Garantie von Art. 8 EMRK . Einschränkungen der persönlichen Freiheit bzw. von Art. 8 EMRK sind zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen, verhältnismässig sind und den Kerngehalt des Grundrechts nicht verletzen bzw. wenn sie den Kriterien von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entsprechen ( BGE 122 I 360 E. 5b S. 363; BGE 119 Ia 460 E. 5d S. 478, mit Hinweisen). Es ist im folgenden zu prüfen, ob die Verpflichtung der Polizeibeamten zum Tragen eines Namensschildes diesen verfassungs- und konventionsmässigen Anforderungen genügt. Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass mit der angefochtenen Bestimmung des Polizeigesetzes eine hinreichende gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll. Hingegen macht er geltend, die Verpflichtung liege nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse und sei unverhältnismässig. a) Die Pflicht zum Tragen von Namensschildern wird im wesentlichen mit einem gewandelten Verständnis der Staatsgewalt in einem demokratischen Rechtsstaat begründet. An die Stelle der anonymen Polizeigewalt soll im Verkehr mit dem Publikum ein Beamter treten, dessen Name dem Bürger bekannt gemacht wird. Im Sinne der Bürgernähe soll mit der Namenskundgabe eine offene Kommunikation zwischen dem Bürger und dem Polizeibeamten ermöglicht werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Menschen miteinander anders umgehen, wenn sie voneinander den Namen kennen, und dass darin die Chance zu einem Neuanfang im Verhältnis von Polizei und Bürgern liege. Aus der Vernehmlassung des Regierungsrates geht weiter hervor, dass mit dem Tragen von Namensschildern bewusst ein Schritt über die heutigen Dienstvorschriften hinausgegangen werden soll. Nach diesen erfolgt die Kontaktaufnahme mit dem Bürger durch Gruss bzw. durch Handanlegen sowie gegebenenfalls durch Vorstellen mit dem Namen; wird der Polizeibeamte nach seinem Namen gefragt, so ist dem Ersuchen Folge zu leisten und ist die Visitenkarte unaufgefordert abzugeben. Diese Gründe belegen das Bemühen des Gesetzgebers, die Polizei in einem zeitgemässen Bild erscheinen zu lassen. Die angestrebte Bürgernähe erscheint dabei nicht nur als Selbstzweck. Sie soll vielmehr zu vermehrtem Respekt gegenüber der Polizei und damit BGE 124 I 85 S. 89 letztlich zu einem ungezwungeneren Verhältnis zwischen den Bürgern und den Polizeibeamten beitragen. Damit verfolgt der Gesetzgeber öffentliche Interessen, welche einen Grundrechtseingriff wie das Tragen von Namensschildern grundsätzlich zu rechtfertigen vermögen. Demgegenüber macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, das Tragen von Namensschildern stelle die Polizeibeamten gegenüber der Allgemeinheit permanent aus. Diese sähen sich ganz allgemein zunehmender Respektlosigkeit und Intoleranz von seiten der Bürger ausgesetzt und hätten daher ein gewichtiges Interesse daran, ihren Namen nicht gegenüber jedermann kenntlich machen zu müssen. Es sei auch zu befürchten, dass die Polizeibeamten und ihre Familien vermehrt durch private Telefonanrufe belästigt oder gar terrorisiert würden. Solche Befürchtungen sind durchaus ernst zu nehmen. Sie können indessen kaum auf das Tragen von Namensschildern zurückgeführt werden. Mit dieser Argumentation wird übersehen, dass gerade die unaufgeforderte Namensbekanntgabe mittels Namensschild dazu beitragen soll, Anstand und Respekt der Bürger gegenüber den Polizeibeamten zu fördern. Es ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen, dass die Kommunikation zwischen Polizeibeamten und Bürgern verbessert und der Respekt gefördert wird, wenn sich der Bürger nicht einem anonymen Beamten, sondern einer Person mit Namen gegenübersieht. Überdies sind Belästigungen im Privatbereich, wie der Beschwerdeführer darlegt, bereits bisher vorgekommen, weil die betroffenen Polizeibeamten schon bekannt waren, ihren Namen entsprechend der Dienstvorschrift bekanntgegeben haben oder aufgrund von Nachfragen und der Eintragungen im polizeilichen Tourenbuch ausfindig gemacht worden sind. Dass die Namensanschrift solche Angriffe auf Polizeibeamten fördern könnten, ist nicht anzunehmen; die positiven Erfahrungen der Polizei in andern Kantonen mit Namensschildern sprechen eher dagegen (vgl. den Bericht zu den Erfahrungen in Luzern in: NZZ vom 23. Juli 1997 S. 26). Mit dem Tragen des Namensschildes werden die Polizeibeamten einer gewissen Kontrolle durch die Öffentlichkeit ausgesetzt. Das mag - über das bereits Erwähnte hinaus - gewisse Befürchtungen wecken. In der Vernehmlassung des Regierungsrates wird denn auch festgehalten, dass die Wahrnehmung der Amtspflichten der Polizei häufig unter den Augen einer breiteren Öffentlichkeit stattfindet, diese insofern eine gewisse Kontrolle ausübt und demnach allfälligen BGE 124 I 85 S. 90 Pflichtverletzungen leichter nachgegangen werden kann. Die damit verbundene Transparenz bezieht sich allein auf die Amtsausübung und betrifft die Beamten nicht in ihrer persönlichen Freiheit. In ähnlicher Weise eröffnet der Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK einem breiten Publikum die Möglichkeit der Kontrolle der Gerichte (vgl. BGE 119 Ia 99 S. 104). Angesichts der mit der Namensanschrift verbundenen Transparenz ist es in erster Linie Sache der Polizei selbst, für eine korrekte Amtsausübung besorgt zu sein (vgl. BGE 109 Ia 273 S. 299). Der Beschwerdeführer erachtet es ferner aus zwei weiteren Gründen für unzulässig, dass die Polizeibeamten namensmässig ständig der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Zum einen hätten diese entsprechend der genannten Dienstvorschrift ihren Namen gegenüber einer bestimmten Person ohnehin bekanntzugeben. Dem kann entgegengehalten werden, dass der Polizeibeamte nach der Dienstvorschrift nicht ohne weiteres seinen Namen bekanntgibt und dass der betroffene Bürger allenfalls nach dem Namen zu fragen hat und die Visitenkarte lesen muss. Allein schon dieser Umstand kann Spannungen hervorrufen, welchen mit der Namensanschrift zum vornherein begegnet wird. Zum andern möchte der Beschwerdeführer die eigentlichen Amtshandlungen gegenüber bestimmten Bürgern von der allgemeinen Tätigkeit des Patrouillierens, Kontrollierens und Beobachtens unterscheiden. Beide Bereiche gehören indessen zu den dienstlichen Obliegenheiten und vermögen Unterscheidungen kaum zu rechtfertigen. Der Übergang kann denn auch durchaus fliessend sein, wenn der "nur" patrouillierende, kontrollierende und beobachtende Beamte wegen eines speziellen Vorkommnisses eingreift oder wenn er von einem Bürger angesprochen wird. Gerade in letzterem Falle vermag die Namensanschrift die Kommunikation zwischen Bürger und Polizei zu erleichtern. Bei dieser Sachlage können öffentliche Interessen an der Verpflichtung zum Tragen von Namensschildern nicht verneint werden. b) Die Verpflichtung erweist sich ebenso als verhältnismässig. Der Eingriff in den Schutzbereich der persönlichen Freiheit ist nicht schwer. Wie dargetan, sind die Polizeibeamten den Umständen entsprechend schon bisher verpflichtet, ihren Namen bekanntzugeben, und ist es aufgrund von Nachfragen möglich, die Identität eines Polizeibeamten in Erfahrung zu bringen. Beschuldigungen und Belästigungen sollen daher schon bisher vorgekommen sein. Bereits BGE 124 I 85 S. 91 besteht für die Kader der Polizei die Pflicht zum Tragen von Namensschildern. Auch wenn deren Situation mit derjenigen von Polizeibeamten im Ordnungsdiensteinsatz nicht ohne weiteres verglichen werden kann, hatte diese Massnahme anscheinend keine negativen Auswirkungen. Im übrigen tragen heute auch die (mit der Uniform von 1990 ausgerüsteten) Angehörigen der Armee den Namen, und zwar nicht nur im Truppenverband, sondern mit dem Dienstanzug auch beim Einrücken und bei der Rückkehr sowie im Ausgang. Es darf auch berücksichtigt werden, dass die Erfahrungen mit Namensschildern in den Kantonen Basel-Landschaft, Luzern und Solothurn positive Ergebnisse gezeitigt haben (vgl. den Hinweis in E. 3a). Schliesslich ist auf die neue Polizeiverordnung hinzuweisen, die im Rahmen der abstrakten Normkontrolle mitberücksichtigt werden darf ( BGE 119 Ia 460 S. 473). Nach § 9 wird auf dem Namensschild lediglich der Nachname aufgeführt, wird im geführten Einsatz des unfriedlichen Ordnungsdienstes lediglich eine individualisierende Kennzeichnung getragen und erfolgt der geführte Einsatz von Sondereinheiten ohne jede Kennzeichnung. Diese Regelung zeigt, dass die Verpflichtung zum Tragen von Namensschildern den Umständen entsprechend zum einen verhältnismässig gehandhabt werden soll und dass der Namensbekanntgabe zum andern für diejenigen Situationen Gewicht beigemessen wird, in denen der Polizeibeamte in eigentlichen Kontakt mit dem Bürger tritt bzw. treten kann. Der Beschwerdeführer bezeichnet das Bemühen des Gesetzgebers um Bürgernähe als Schlagwort und Wunschdenken und die Verpflichtung zum Tragen von Namensschildern als ungeeignetes Mittel. Eine abschliessende Beurteilung von solchen Massnahmen unter dem Gesichtswinkel der Geeignetheit und Zielerreichung fällt im Rahmen der abstrakten Normkontrolle nicht leicht. Es ist zu berücksichtigen, dass die Umschreibung der Aufgaben der Polizei im Rahmen des Verfassungsrechts in erster Linie dem Gesetzgeber obliegt. Es ist eine weitgehend politische Frage, welches Bild die Polizei abgeben und wie sie dem Bürger begegnen soll. Dem Gesetzgeber kommt dabei ein grosser Gestaltungsspielraum zu, hinsichtlich der vorliegenden Streitfrage um so mehr, als der Grundrechtseingriff nicht als schwer bezeichnet werden kann. In Anbetracht dieses weiten Spielraums des Gesetzgebers, aber auch dessen Bemühens, das Verhältnis von Bürgern und Polizei im Sinne der Bürgernähe zu verbessern, dürfen an die Kriterien der Geeignetheit und Erforderlichkeit keine strengen Massstäbe angelegt werden. BGE 124 I 85 S. 92 Gesamthaft gesehen erscheint die angefochtene Massnahme nicht als ungeeignet, zu einem offenen Verhältnis zwischen den Polizeibeamten und der Bevölkerung und zu einem Abbau von Spannungen beizutragen. Damit kann die Bildung grösseren Vertrauens in die Polizei verbunden sein. Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich daher, dass die Verpflichtung der uniformierten Polizeibeamten zum Tragen von Namensschildern im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist. Die Rüge der Verletzung der persönlichen Freiheit und von Art. 8 EMRK erweist sich daher als unbegründet.
public_law
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e3972184-ecd1-489e-bb7c-8702ac8e9aaf
Urteilskopf 97 III 121 28. Entscheid vom 13. Juli 1971 i.S. Finanz und Bau AG und Wohnbau Süd Aktiengesellschaft.
Regeste Konkurs; erste Gläubigerversammlung; Bestellung des Gläubigerausschusses ( Art. 235 ff. SchKG ). 1. Art. 235 Abs. 3 SchKG . Die Vertretung einer grossen Zahl von Gläubigern durch die gleiche Person an der Gläubigerversammlung ist zulässig, sofern kein Stimmenkauf vorliegt und die Interessen der Gläubiger nicht mit denjenigen des Gemeinschuldners vermengt werden. Die Vollmacht zur Vertretung darf auch mit Weisungen für die Stimmabgabe an der Gläubigerversammlung verbunden werden (Erw. 4). 2. Bei der Entscheidung über eine Beschwerde betreffend Bestellung und Zusammensetzung des Gläubigerausschusses hat die Aufsichtsbehörde ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Gläubigerversammlung zu setzen. Das Bundesgericht kann in diesem Zusammenhang nur prüfen, ob die Aufsichtsbehörde ihr Ermessen überschritten oder missbraucht habe (Erw. 5). 3. Aus Art. 237 Abs. 3 Ziff. 1 SchKG folgt, dass in den Gläubigerausschuss möglichst nur solche Gläubiger aufzunehmen sind, die zum Gemeinschuldner personell keine Verbindungen haben, damit die Gefahr von Interessenkollisionen ausgeschaltet werden kann (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 122 BGE 97 III 121 S. 122 Gekürzter Tatbestand: A.- Am 2. März 1971 wurde über die Firma Modul AG in Basel der Konkurs eröffnet. Zu den zahlreichen Gläubigern gehören auch die Schweizerische Kreditanstalt sowie die Firmen Finanz und Bau AG und die Wohnbau Süd Aktiengesellschaft. Diese beiden Firmen sind die Gläubiger mit den grössten Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin. Die erste Gläubigerversammlung fand am 5. Mai 1971 statt. Dabei wurde ein Gläubigerausschuss bestellt, dem Emil Elliker, Max Scherrer und Rolf Weber angehören. Elliker und Weber stehen der Schweizerischen Kreditanstalt nahe, während Scherrer die Gläubiger mit kleineren Forderungen vertritt. Drei weitere Kandidaten für eine Wahl in den Gläubigerausschuss, nämlich Rolf Lutz, Angestellter der Finanz und Bau AG, Gabriel Tomek, Verwaltungsrat der Wohnbau Süd Aktiengesellschaft, und W. von Rohr, wurden nicht gewählt. Ein Antrag von Rolf Lutz auf Bestellung eines fünfköpfigen Gläubigerausschusses wurde verworfen. BGE 97 III 121 S. 123 B.- Die beiden Firmen Finanz und Bau AG und Wohnbau Süd Aktiengesellschaft erhoben je eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt. In diesen Beschwerden stellten sie die Anträge, der Beschluss der ersten Gläubigerversammlung vom 5. Mai 1971 sei aufzuheben, soweit er die personelle Zusammensetzung des Gläubigerausschusses auf drei Personen beschränke; die Anzahl der Gläubigervertreter im Gläubigerausschuss sei auf fünf Personen zu erhöhen; der Gläubigerausschuss sei mit Gabriel Tomek und Rolf Lutz zu ergänzen. Die Aufsichtsbehörde wies die Beschwerden mit gleichlautenden Entscheiden vom 9. Juni 1971 ab. Sie hielt eine Erhöhung der Mitgliederzahl des Gläubigerausschusses für sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere erachtete sie aber eine Ergänzung des Ausschusses mit Vertretern der beschwerdeführenden Firmen als nicht opportun oder angemessen, da diese Firmen mit der Gemeinschuldnerin eng verbunden seien. C.- Gegen diese Entscheide führen die beiden Firmen Finanz und Bau AG und Wohnbau Süd Aktiengesellschaft Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie verlangen, die Beschlussfassung und die Wahlen der ersten Gläubigerversammlung seien als gesetzesverletzend, unter Beeinträchtigung der freien Willensbildung zustandegekommen und unangemessen aufzuheben; die Anzahl der Mitglieder des Gläubigerausschusses sei auf fünf Personen zu erhöhen; in den Gläubigerausschuss von fünf Personen seien ergänzend Gabriel Tomek, Präsident des Verwaltungsrates der Firma Wohnbau Süd Aktiengesellschaft, und Rolf Lutz, Delegierter des Verwaltungsrates der Firma Finanz und Bau AG, als Vertreter dieser beiden wichtigen Gläubiger oder andere Personen zu wählen. Zur Begründung bringen sie u.a. vor, die Vertretung an der Gläubigerversammlung sei nicht ordnungsgemäss ausgeübt worden. Einzelne Gläubiger hätten einen weitergehenden Einfluss auf die Bildung des Gesamtwillens nehmen können, als ihnen das Gesetz zubilligen wollte. Dadurch seien vorab die Interessen der Bank und der kleinen Gläubiger befriedigt worden, während die Interessen der Gläubiger mit den grossen Forderungen vernachlässigt worden seien. Im Gläubigerausschuss sollten aber alle Gläubigergruppen angemessen vertreten sein. Da auch die BGE 97 III 121 S. 124 Aufsichtsbehörde für diese Vertretung nicht besorgt gewesen sei, könne ihr der Vorwurf der Willkür und damit der Rechtsverletzung nicht erspart werden. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist die Rekurse ab, soweit darauf einzutreten ist. Erwägungen Erwägungen: 1., 2., 3. - ... 4. Die Rekurrentinnen machen geltend, eine freie Willensbildung sei an der ersten Gläubigerversammlung nicht möglich gewesen, weil eine grosse Zahlvon Gläubigern durch die gleichen Personen vertreten worden sei und diese Vertreter einen unverhältnismässig grossen Einfluss auf die Entscheidungen hätten nehmen können. Der Wortlaut der Vollmachten habe zufolge bindender Weisungen über die Stimmabgabe eine freie Entscheidung verunmöglicht, und die Vertreter hätten sich teilweise nicht an die ihnen erteilten Weisungen gehalten. a) Das Gesetz beschränkt die Vertretung von Gläubigern an der Gläubigerversammlung in keiner Weise, sondern sieht eine solche Vertretung vielmehr ausdrücklich vor ( Art. 235 Abs. 3 SchKG ). Die Bevollmächtigung ist allerdings nur gültig, wenn kein Stimmenkauf vorliegt und die Interessen der Gläubiger nicht mit jenen des Gemeinschuldners vermengt werden ( BGE 96 III 104 ff. Erw. 2 b). Ein Stimmenkauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gegeben, wenn ein Gläubiger von einem andern die Bevollmächtigung zur Vertretung im Konkursverfahren durch die Zusicherung "besonderer Vorteile" erwirkt ( BGE 86 III 100 Erw. 5). Von den Rekurrentinnen wird nichts Derartiges geltend gemacht. Unter Vorbehalt dieser Ausnahmen erscheint es jedoch als zulässig, dass sich eine grosse Zahl von Gläubigern durch die gleiche Person an der Gläubigerversammlung vertreten lässt. Auch wenn ein solcher Vertreter dank der Vielzahl seiner Stimmen einen grossen Einfluss auf die Entscheidungen nehmen kann, ist darin gleichwohl nicht eine unzulässige Behinderung der freien Willensbildung der Gläubigerversammlung zu erblicken. Es entspricht vielmehr dem Willen der Vollmachtgeber, dass ihr Stimmrecht durch den gleichen Vertreter ausgeübt und dadurch entsprechend wirkungsvoll zur Geltung gebracht werde. b) Entgegen der Auffassung der Rekurrentinnen muss es auch BGE 97 III 121 S. 125 als zulässig betrachtet werden, eine Vollmacht zur Vertretung eines Gläubigers an der Gläubigerversammlung dahin einzuschränken, dass dem Vertreter Weisungen für seine Stimmabgabe erteilt werden. Dadurch kann ein Gläubiger, der an der Versammlung nicht persönlich teilnehmen kann oder will, seinen Willen gezielter zur Geltung bringen, als wenn er die zu treffenden Entscheidungen vollumfänglich seinem Vertreter überlässt. Es kann sich allerdings in der Versammlung eine Situation ergeben, die eine von den Weisungen abweichende Stimmabgabe nahelegt. Ob der Vertreter unter solchen Umständen berechtigt sein soll, von den ihm erteilten Weisungen abzuweichen, ist eine Frage des internen Verhältnisses zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem. Im Text der im vorliegenden Fall erteilten Vollmachten wird der Vertreter ermächtigt, den fraglichen Gläubiger an der ersten Gläubigerversammlung zu vertreten und insbesondere der Wahl einer aus einem Vertreter des Konkursamtes Basel-Stadt und Emil Elliker bestehenden Konkursverwaltung sowie der Wahl eines aus Max Scherrer, Rolf Weber und W. von Rohr bestehenden Gläubigerausschusses zuzustimmen. Aus den Worten "... und insbesondere der Wahl... zuzustimmen" ist nicht auf eine starre Bindung an die genannten Nominationen zu schliessen und die eher geringfügige Differenz zwischen der Vollmacht und dem Ergebnis der Gläubigerversammlung - dem Gläubigerausschuss gehören Elliker, Scherrer und Weber an - als durch den Vollmachtstext noch gedeckt zu erachten. Indessen braucht diese Frage nicht abschliessend geprüft zu werden, da in der Unterlassung einer Anfechtung der Beschlüsse und Wahlen durch die Vollmachtgeber eine stillschweigende Genehmigung einer über die Schranken der Vollmacht eventuell hinausgehenden Stimmabgabe der Vertreter erblickt werden kann. Jedenfalls können die Rekurrentinnen, die an diesem Vertretungsverhältnis nicht beteiligt sind, die Gültigkeit der von der Gläubigerversammlung getroffenen Entscheide nicht einfach unter Berufung auf die Diskrepanz zwischen der Stimmabgabe der Vertreter und dem Wortlaut der Vollmacht anfechten. Sie müssten vielmehr dartun können, dass die Ausübung des Stimmrechts durch die Vertreter dem Willen der Vollmachtgeber tatsächlich nicht entsprach und von diesen auch nachträglich nicht etwa genehmigt wurde. Einen solchen Nachweis zu führen, BGE 97 III 121 S. 126 haben die Rekurrentinnen aber nicht einmal versucht. Die Vorinstanz hat die Stimmabgabe durch die Gläubigervertreter daher mit Recht als in allen Teilen gültig betrachtet. 5. Die Rekurrentinnen verlangen die Erhöhung der Zahl der Mitglieder des Gläubigerausschusses von drei auf fünf und rügen die Abweisung dieses Antrages durch die Vorinstanz als Rechtsverletzung. Richtig ist, dass die kantonale Aufsichtsbehörde die Bestellung und die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses auch auf deren Angemessenheit hin zu prüfen, d.h. ihr eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Gläubigerversammlung zu setzen hatte ( BGE 86 III 123 Erw. 2 mit Verweisungen). Die Vorinstanz hat die Erweiterung des Gläubigerausschusses aus zwei Gründen als unangemessen betrachtet: Einmal war sie der Auffassung, dass die damit verbundenen Mehrkosten sich im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger nicht rechtfertigen würden, und sodann machte sie die Überlegung, dass höchstens eine Ergänzung des Gläubigerausschusses durch Vertreter der Rekurrentinnen in Betracht fallen könnte, eine solche jedoch aus andern Gründen nicht in Frage komme. Mit diesen Erwägungen hat die Vorinstanz ihr Ermessen weder überschritten noch missbraucht, was vom Bundesgericht, das gemäss Art. 19 Abs. 1 SchKG nur im Falle von Rechtsverletzung einschreiten kann, allein zu prüfen ist. Es ist tatsächlich nicht einzusehen, welche gewichtigen Interessen für eine Erweiterung des Gläubigerausschusses auf fünf Mitglieder sprechen könnten, wenn die Aufnahme von Vertretern der Rekurrentinnen nicht in Betracht fallen sollte. Was diesbezüglich in den Rekursschriften ausgeführt wird, lässt die Ermessensausübung durch die Vorinstanz in keiner Weise als willkürlich erscheinen. 6. Das Hauptinteresse der Rekurrentinnen ist offensichtlich darauf gerichtet, im Gläubigerausschuss selber vertreten zu sein, wie sie dies in ihrem Rechtsbegehren unter Bezeichnung ihrer Vertreter verlangen. Sie machen geltend, die Ablehnung dieses Begehrens durch die Vorinstanz beruhe auf willkürlichen Annahmen. Die Vorinstanz führte in diesem Zusammenhang aus, dass als Vertreter der Gemeinschuldnerin Herbert Krall, Verwaltungsratspräsident, und Rudolf Tissot, Verwaltungsrat und Direktor, einvernommen wurden. Tissot habe aber beide Beschwerden an die Vorinstanz unterzeichnet, woraus geschlossen werden müsse, dass dieser auch bei den Rekurrentinnen eine BGE 97 III 121 S. 127 massgebende Stellung einnehme. Krall sei seinerseits Verwaltungsrat der Wohnbau Süd Aktiengesellschaft. Das letzte Domizil der Gemeinschuldnerin habe sich an demjenigen der beiden Rekurrentinnen befunden. Unter diesen Umständen sei keinerlei Gewähr gegeben, dass Tissot und Krall nicht über alle Beschlüsse und alle im Gläubigerausschuss besprochenen Details orientiert würden, wenn Lutz und Tomek diesem angehören würden. Ferner bestehe die Gefahr, dass Tissot und Krall durch ihre Mittelsmänner im Ausschuss ihren Einfluss auf die zu treffenden Entscheidungen ausüben könnten. Diese Überlegungen der Vorinstanz sind durchaus vertretbar und somit nicht willkürlich. So durfte die Vorinstanz vor allem auf die personellen Verflechtungen zwischen den Organen der Rekurrentinnen und der Gemeinschuldnerin massgebend abstellen. Diese Verflechtungen werden in den Rekursen nicht etwa bestritten, sondern unter Hinweis auf die Verschiedenheit der Rechtssubjekte und die Unbefangenheit der als Vertreter vorgeschlagenen Personen als unmassgeblich bezeichnet. Gemäss Art. 237 Abs. 3 Ziff. 1 SchKG hat der Gläubigerausschuss die Konkursverwaltung zu beaufsichtigen. Daraus ergibt sich, dass in den Gläubigerausschuss nur Vertreter solcher Gläubiger aufgenommen werden sollten, die zum Gemeinschuldner personell möglichst keine Verbindungen haben, damit die Gefahr von Interessenkollisionen ausgeschaltet werden kann. Im vorliegenden Fall durfte die Aufsichtsbehörde ohne Willkür annehmen, dass diese Gewähr bei der Aufnahme von Vertretern der Rekurrentinnen in den Gläubigerausschuss nicht bestehe. Für eine solche Annahme spricht unter anderem die in den Beschwerden an die Vorinstanz enthaltene Zugabe, Herbert Krall übe auf die Generalversammlung und damit auch auf den Verwaltungsrat der beiden Rekurrentinnen einen erheblichen Einfluss aus. Herbert Krall war aber gleichzeitig Verwaltungsratspräsident der Gemeinschuldnerin und musste als solcher dem Konkursamt gegenüber Rede und Antwort stehen. Damit ist die Gefahr von Interessenkollisionen recht anschaulich gemacht. Die Vorinstanz hatte also gute Gründe, von einer Aufnahme von Vertretern der Rekurrentinnen in den Gläubigerausschuss abzusehen.
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nan
de
1,971
CH_BGE
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e3992f2a-1c16-46f3-836e-400719c60ca6
Urteilskopf 114 IV 81 25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1988 i.S. T. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 2 Abs. 2 StGB , Art. 39 Abs. 2, 58 Abs. 1 JVG, Art. 17 Abs. 1 lit. a, 20 Abs. 1 BG über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni 1986; lex mitior beim Zusammentreffen von Haupt- und Nebenstrafen. Bei der Bestimmung des milderen Rechts ist in erster Linie auf die angedrohten Hauptstrafen abzustellen; allfällige Nebenstrafen sind nur bei Gleichheit der Hauptstrafen zu berücksichtigen.
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 114 IV 81 S. 81 Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden verurteilte T. am 17. August 1988 wegen wiederholten vorsätzlichen Erlegens geschützten Gems- und Rehwilds zu einer Busse von Fr. 600.-- und schloss ihn für die Dauer von fünf Jahren von der Jagdberechtigung aus. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Der Beschwerdeführer bringt vor, auf den 1. April 1988 sei das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender BGE 114 IV 81 S. 82 Säugetiere und Vögel (nJVG) vom 20. Juni 1986 in Kraft getreten, dessen Art. 20 im Vergleich zu Art. 58 Abs. 2 (recte: Abs. 1) aJVG milder sei. Die Vorinstanz habe Art. 2 Abs. 2 StGB verletzt, indem sie hinsichtlich des Ausschlusses von der Jagdberechtigung nicht Art. 20 nJVG angewandt habe. b) Nach dem Grundsatz der lex mitior ist auf die Tat sowohl das alte als auch das neue Recht anzuwenden und durch Vergleich der Ergebnisse festzustellen, nach welchem Recht der Täter besser wegkommt ( BGE 68 IV 130 f. E. 1 mit Hinweis). Im vorliegenden Fall drohte das alte Recht mit einer Busse von 300 bis 800 Franken (Art. 39 Abs. 2 aJVG), während das neue Busse bis zu 40'000 Franken oder Gefängnis bis zu einem Jahr vorsieht (Art. 17 Abs. 1 lit. a nJVG i.V.m. Art. 48 Abs. 1 StGB ). Demgegenüber wurde der Strafrahmen hinsichtlich des Ausschlusses von der Jagdberechtigung von 3 bis 10 Jahren (Art. 58 Abs. 1 aJVG) auf 1 bis 10 Jahre gemildert (Art. 20 Abs. 1 nJVG). Bei der Bestimmung des milderen Rechts ist in erster Linie auf die Hauptstrafen abzustellen, und allfällige Nebenstrafen sind nur bei Gleichheit der Hauptstrafen zu berücksichtigen (h.M. in Deutschland, vgl. RUDOLPHI, Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Bd. 1, Allg. T., § 2 N 12 ; SCHÖNKE/SCHRÖDER/ESER, 22. Aufl., § 2 N 30 ). Diese klare und einfache Lösung verträgt sich auch mit dem Sanktionensystem des Strafgesetzbuches, wonach zunächst eine Hauptstrafe oder eine Massnahme auszusprechen ist und nur in Ausnahmefällen zusätzlich eine Nebenstrafe mit besonderer Zielsetzung (z.B. Schutz der Gemeinschaft (Landesverweisung), des einzelnen (Entziehung der elterlichen Gewalt und der Vormundschaft) oder des Täters vor sich selbst (Wirtshausverbot)) verhängt wird. c) Gemäss Art. 39 Abs. 2 aJVG wird mit Busse von 300 bis 800 Franken bestraft, wer geschütztes Reh- oder Gemswild widerrechtlich erlegt. Art. 17 Abs. 1 lit. a des neuen Jagdgesetzes bedroht das vorsätzliche Töten geschützter Tiere mit Busse oder Gefängnis bis zu einem Jahr. Da das aJVG hinsichtlich der Hauptstrafe für den Beschwerdeführer das mildere Recht darstellt, ist es vorliegend zu Recht angewandt worden. Damit folgt auch die Nebenstrafe dem alten Recht (siehe E. b hievor). Dem Antrag des Beschwerdeführers, die Hauptstrafe nach altem und die Nebenstrafe nach neuem Recht festzulegen, kann nicht stattgegeben werden, weil die kombinierte Anwendung beider Gesetze dem Sinn des Art. 2 StGB widerspricht ( BGE 68 IV 130 f. E. 1 mit Hinweis).
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1,988
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CH_BGE_006
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e3995bfa-d64d-469b-b77d-8bf12b543197
Urteilskopf 123 V 189 35. Auszug aus dem Urteil vom 22. Oktober 1997 i.S. WH. gegen Kantonale Pensionskasse Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Art. 4 Abs. 2 BV , Art. 49 BVG : Witwerrente. Kennen die Statuten einer öffentlichrechtlichen Vorsorgeeinrichtung das Institut der Witwerrente überhaupt nicht, kann eine solche nicht gestützt auf Art. 4 Abs. 2 BV zugesprochen werden.
Sachverhalt ab Seite 189 BGE 123 V 189 S. 189 A.- AH., geb. 1928, war seit 1972 Lehrerin an der Schule X und als solche seit dem 16. Oktober 1981 bei der Kantonalen Pensionskasse Solothurn (PKS) (früher: Staatliche Pensionskasse Solothurn) vorsorgeversichert. Mit Schreiben vom 9. Januar 1989 kündigte sie ihre Stelle krankheitshalber auf Anfang des Schuljahres 1989. Das Erziehungsdepartement ersuchte in der Folge die PKS, die Versicherte vorzeitig auf den 1. August 1989 zu pensionieren. Die PKS eröffnete AH. mit Verfügung vom 1. September 1989, dass ihr - vorbehältlich der Zustimmung der Verwaltungskommission - ab 1. August 1989 eine Invalidenrente von monatlich Fr. 1'477.-- zustehe. Das mitversandte Anmeldeformular zum Leistungsbezug gelangte am 26. September 1989 unterzeichnet an die PKS zurück, nachdem die Renten für August und September 1989 bereits überwiesen worden waren. Am 30. September 1989 verschied AH. in BGE 123 V 189 S. 190 der Klinik, wo sie sich im Anschluss an ihren am 21. Juli 1989 erfolgten Eintritt in das Spital A. aufgehalten hatte. Am 12. November 1992 ersuchte WH., der überlebende Ehegatte der Versicherten, die PKS um Prüfung seines Anspruchs auf eine Witwerrente. Mit Schreiben vom 1. Februar 1993 verneinte die PKS ihre Leistungspflicht mit dem Hinweis, die anwendbare statutarische Ordnung kenne das Institut der Witwerrente nicht. B.- Am 11. April 1994 reichte WH. beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Klage ein mit dem Begehren, die PKS habe ihm einen Betrag in Höhe der seiner verstorbenen Ehegattin zustehenden Freizügigkeitsleistung (samt Zins) oder - eventualiter - eine Witwerrente zuzuerkennen. Das Gericht wies die Klage mit Entscheid vom 8. März 1995 ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert WH. seine im kantonalen Verfahren gestellten Rechtsbegehren. Die PKS schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragt Abweisung des Haupt-, jedoch Gutheissung des Eventualbegehrens. D.- Am 22. Oktober 1997 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Witwerrente hat. Zur Begründung dieses Begehrens wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde lediglich vorgebracht, die entsprechenden Erwägungen im angefochtenen Gerichtsentscheid liefen der Rechtsprechung zuwider. b) Die PKS, eine Vorsorgeeinrichtung des kantonalen öffentlichen Rechts, kennt in ihren Statuten vom 2. Dezember 1968 wohl eine Witwenpension für die überlebende Ehegattin eines pensionsversicherten Mitgliedes oder des Bezügers einer Alters- und Invalidenpension (§§ 8 Abs. 1 lit. a und 35), hingegen keinen vergleichbaren Anspruch für den überlebenden Ehegatten einer weiblichen Versicherten oder Leistungsbezügerin. Diese Ungleichbehandlung entspricht der vom Bundesgesetzgeber für den Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge getroffenen Regelung ( Art. 19 Abs. 1 BVG ). Sie ist im Rahmen einer auf den 1. Januar 1993 in Kraft gesetzten Revision der PKS-Statuten behoben worden; eingeführt wurde eine geschlechtsunabhängig ausgestaltete BGE 123 V 189 S. 191 "Rente des überlebenden Ehegatten" (§ 28). Die rückwirkende Anwendung dieser Bestimmung auf die vor dem 31. Dezember 1992 eingetretenen Versicherungsfälle fällt gemäss Übergangsordnung (§ 64) unbestrittenermassen ausser Betracht. c) Das kantonale Gericht hat die Ausgestaltung des Hinterlassenenrentenanspruchs in der hier anwendbaren Fassung der PKS-Statuten im Lichte von Art. 4 Abs. 2 BV als verfassungswidrig bezeichnet. Des weiteren hat es erwogen, der kantonale Gesetzgeber habe die ihm einzuräumende Übergangsfrist zur Anpassung an die verfassungsmässige Ordnung nicht genutzt, womit die von der Rechtsprechung ( BGE 116 V 215 Erw. 3b; vgl. ferner BGE 117 V 323 Erw. 4c) umrissenen Voraussetzungen für ein richterliches Eingreifen in zeitlicher Hinsicht gegeben wären. Von einem Eingriff hat die Vorinstanz jedoch unter Hinweis auf BGE 117 V 326 Erw. 6b abgesehen, weil mit der Anerkennung eines Witwerrentenanspruchs eine neue Leistungsart eingeführt würde, was für die PKS mit weitgehenden finanziellen Folgen verbunden wäre, die sich im Rahmen fallbezogener gerichtlicher Beurteilung nicht abschätzen liessen. d) Das BSV geht in seiner Vernehmlassung ebenfalls von der Verfassungswidrigkeit der hier in Frage stehenden Ordnung aus. Im Unterschied zum kantonalen Gericht erachtet es hingegen die Folgen, die mit der Anerkennung einer in den Statuten nicht vorgesehenen Witwerrente einhergingen, als überschaubar. Dies werde gerade durch die auf den 1. Januar 1993 erfolgte Einführung eines geschlechtsunabhängig ausgestalteten Hinterlassenenrentenanspruchs bestätigt. e) Das Eidg. Versicherungsgericht hatte sich schon wiederholt mit Leistungsansprüchen zu befassen, die unter Berufung auf das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot von Mann und Frau ( Art. 4 Abs. 2 BV ) erhoben wurden. Dabei ging es verschiedentlich auch um die Frage des Witwerrentenanspruchs. In BGE 116 V 198 war der Fall einer öffentlichrechtlichen Vorsorgeeinrichtung zu beurteilen, deren Statuten zwar eine Witwerrente vorsahen, diesen Anspruch indes im Vergleich zur Witwenrente von erschwerten Voraussetzungen abhängig machten. Da sich diese Ungleichbehandlung weder durch biologische noch durch funktionale Verschiedenheiten rechtfertigen liess, schloss das Eidg. Versicherungsgericht auf eine Verletzung von Art. 4 Abs. 2 BV und sprach dem Versicherten in Nichtanwendung der verfassungswidrigen Anspruchsvoraussetzung eine Witwerrente zu ( BGE 116 V 211 f., 216 Erw. 3b). BGE 123 V 189 S. 192 Laut BGE 117 V 318 verletzt ein unterschiedliches Pensionierungsalter für weibliche und männliche Beamte im Rahmen einer kantonalen Pensionskasse Art. 4 Abs. 2 BV . Das Eidg. Versicherungsgericht beschränkte sich indes auf die Feststellung der Verfassungswidrigkeit unter Verzicht auf die Herstellung des verfassungsmässigen Zustandes; es verwies insbesondere auf die limitierte funktionelle Eignung des Richters, einen Regelungsbereich grundlegend neu zu normieren ( BGE 117 V 323 ff.; vgl. ferner BGE 119 V 282 Erw. 4b und SZS 1995 S. 141). In BGE 120 V 312 ging es um eine privatrechtliche Vorsorgeeinrichtung, die laut Reglement und Vorsorgevertrag keinen Anspruch auf Witwerrente kannte. Das Eidg. Versicherungsgericht liess die Frage nach der Verfassungsmässigkeit dieser Regelung ausdrücklich offen. Es anerkannte zwar die Geltung von Art. 4 Abs. 2 BV gegenüber privatrechtlich organisierten Vorsorgeträgern im Sinne indirekter Drittwirkung; entscheidend war aber, dass hinsichtlich der streitigen Rechtsfrage weder Reglement noch Vorsorgevertrag eine Lücke aufwiesen oder eine Bestimmung enthielten, die nach Massgabe des Verfassungsrechts zu füllen oder entsprechender Auslegung zugänglich gewesen wäre ( BGE 120 V 316 f.). f) Selbst wenn die Verfassungswidrigkeit der hier in Frage stehenden Beschränkung des Hinterlassenenrentenanspruchs auf die überlebenden Ehegatten männlicher Versicherter oder Leistungsbezüger angesichts der bisherigen Rechtsprechung kaum zweifelhaft zu sein scheint (vgl. BGE 120 V 314 Erw. 2b; ferner FEHLMANN, Neues Eherecht und Gleichheit in der Personalvorsorge, SPV 1988 S. 322 f., und SCHULZ, Effets et manque d'effets de l'art. 4 al. 2 Cst., AJP 1993 Nr. 11 S. 1316), kann eine abschliessende Beurteilung unterbleiben. Dem gestellten Begehren ist dabei nicht unter Berufung auf die unabsehbaren finanziellen Folgen und die sachlichen Grenzen richterlichen Eingreifens entgegenzutreten. Denn die hier allein interessierende Einführung des als Risikoleistung vergleichsweise eher selten aktuell werdenden Witwerrentenanspruchs erwiese sich in verschiedener Hinsicht als weit weniger folgenschwer als die für eine Vielzahl der Versicherten bedeutsame Neuordnung des Pensionierungsalters. Deshalb dürften seine Anerkennung auf dem Wege der Rechtsprechung und die damit verwirklichte Durchsetzung der verfassungsmässigen Ordnung jedenfalls nicht an der beschränkten funktionellen Eignung gerichtlicher Verfahren scheitern. Entscheidend kann auch nicht sein, dass es sich bei der hier beteiligten Vorsorgeeinrichtung um eine solche des kantonalen öffentlichen BGE 123 V 189 S. 193 Rechts handelt, gegenüber welcher der grundrechtliche Gehalt von Art. 4 Abs. 2 BV - im Unterschied zum privatrechtlichen Regelungsbereich ( BGE 120 V 316 Erw. 3b) - nicht nur im Sinne indirekter Drittwirkung (horizontal), sondern wesensgemäss in seiner ganzen Tragweite (vertikal) durchschlägt ( BGE 114 Ia 331 Erw. 2b, vgl. ferner BGE 117 Ia 112 Erw. 5b). Vielmehr ist ausschlaggebend, dass Art. 4 Abs. 2 BV nicht dazu dienen kann, Leistungsansprüche einzuführen, welche die anwendbare statutarische Ordnung - in Übereinstimmung mit der bundesgesetzlichen Regelung im Bereich der obligatorischen Vorsorge - nicht kennt (vgl. WALSER, Aktuelle rechtliche Probleme im Hinblick auf den Vollzug des BVG, SZS 1988 S. 311; derselbe, Gleichstellung von Mann und Frau, Akzente und Konsequenzen der Rechtsprechung, Schweizerische Arbeitgeber-Zeitung 1992 Nr. 15/16 S. 386). In diesem Sinne und entsprechend der vom Gesetz grundsätzlich verfolgten Gleichstellung der verschiedenen Trägerformen (vgl. Art. 49 BVG ) hat für die öffentlichrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen dasselbe zu gelten wie für die privatrechtlichen (vgl. BGE 120 V 317 Erw. 3b). g) Nach dem Gesagten ist die vorinstanzliche Verneinung des geltend gemachten Anspruchs auf eine Witwerrente im Ergebnis nicht zu beanstanden, da die hier anwendbaren PKS-Statuten in der Fassung vom 2. Dezember 1968 diese Leistung überhaupt nicht vorsehen und die mit der Statutenrevision geschaffene neue Ordnung unbestrittenermassen nicht zur Anwendung gelangt.
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de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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e3a2a2ff-1954-4208-b638-f0685732e384
Urteilskopf 94 I 193 29. Urteil vom 27. März 1968 i.S. X gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Art. 88 OG ; Art. 11 f. des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz vom 10. 8. 1964; Legitimation des vom Widerruf einer Aufenthaltsbewilligung Betroffenen zur staatsrechtlichen Beschwerde, wenn dieser ohne den Widerruf auf die Verlängerung der Bewilligung Anspruch gehabt hätte. Art. 9 Abs. 2 lit. a und b ANAG : Befugnis des Gesuchstellers zur Verschweigung objektiv unrichtiger Verdächtigungen, selbst wenn die Fremdenpolizei eines andern Kantons darauf abgestellt hat; Anforderungen an den Beweis dafür, dass der Gesuchsteller zu Klagen Anlass gegeben habe.
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 94 I 193 S. 193 A.- Der Beschwerdeführer hielt sich seit dem Jahre 1956 als Saisonarbeiter in der Schweiz auf, zunächst in Basel, im BGE 94 I 193 S. 194 Jahre 1960 in Binningen und in den Jahren 1961-1964 wieder in Basel. Am 30. November 1964 wurde die Saison- in eine Ganzjahresbewilligung umgewandelt. Am 7. April 1967 verfügte die kantonale Fremdenpolizei von Basel die Wegweisung, weil das Verhalten des Beschwerdeführers zu Klagen Anlass gegeben, d.h. dieser eine ausdrückliche fremdenpolizeiliche Weisung missachtet habe; sie setzte ihm eine Abreisefrist bis zum 21. April 1967. Am 27. Juni 1967 meldete sich der Beschwerdeführer von Basel herkommend in Allschwil an. Er erhielt von der Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft eine Aufenthaltsbewilligung. Am 6. Juli 1967 gab die Fremdenpolizei von Basel-Stadt derjenigen des Kantons Basel-Landschaft davon Kenntnis, dass der Beschwerdeführer wegen Ehestörung aus dem Kanton Basel-Stadt weggewiesen wurde. Sie ersuchte, ihn ebenfalls wegzuweisen oder zum mindesten zu verwarnen, da er die ehewidrigen Beziehungen zu Frau Z., deren Weiterführung zur Wegweisung Anlass gegeben hätten, auch inzwischen nicht aufgegeben habe. Mit Verfügung vom 2. August 1967 widerrief die basellandschaftliche Fremdenpolizei die von ihr am 4. Juli 1967 erteilte Aufenthaltsbewilligung und setzte dem Beschwerdeführer Frist zur Wegreise bis zum 19. August 1967. Begründet wird diese Verfügung damit, seit Erteilung der Bewilligung sei festgestellt worden, das Verhalten des Beschwerdeführers habe im früheren Wohnkanton zu schweren Klagen Anlass gegeben. Die neue Aufenthaltsbewilligung sei unter wissentlichem Verschweigen dieser wesentlichen Tatsache erschlichen worden. Der Betroffene rekurrierte an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Da er vor Erlass der Wegweisungsverfügung nicht angehört worden war, ersuchte er um Einsichtgabe in die Akten und bestritt, zu Klagen Anlass gegeben zu haben. Der Regierungsrat wies den Rekurs mit Entscheid vom 26. September 1967 ab und ersuchte die Eidgen. Fremdenpolizei, die kantonale Wegweisungsverfügung auf das Gebiet der ganzen Schweiz auszudehnen. Dieser Entscheid stützt sich auf Art. 9 Abs. 2 lit. a ANAG . Der Beschwerdeführer habe die Behörden des Kantons Basel-Landschaft über die in Basel angeordneten Massnahmen und deren Gründe nicht orientiert; diese seien nicht bereit, einen Ausländer aufzunehmen, der im bisherigen Wohnsitzkanton zu so schweren Klagen Anlass gegeben habe, dass er habe weggewiesen werden müssen. Ausserdem seien die Voraussetzungen von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG erfüllt. BGE 94 I 193 S. 195 Der Rekurrent sei wegen Ehestörung aus dem Kanton Basel-Stadt weggewiesen worden und habe die unerlaubten Beziehungen nachher aufrechterhalten. Darin liege ein Verstoss gegen die öffentliche Ordnung. Der Ehebruch sei ein Verhalten, das unter Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG falle. Es komme nicht darauf an, ob die Strafbarkeitsbedingung des Art. 214 StGB erfüllt sei oder ob der Sicherheitspolizei ein Einschreiten verwehrt wäre. Auch das Verhalten des Beschwerdeführers zu seiner früheren Verlobten könne nur negativ bewertet werden. B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wird beantragt, den Beschluss des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 26. September 1967 und damit die Verfügung der kantonalen Fremdenpolizei vom 2. August 1967 aufzuheben. Die Beschwerdebegründung ergibt sich soweit notwendig aus den nachfolgenden Erwägungen. C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Zur Begründung des Nichteintretensantrages macht der Regierungsrat geltend, die Aufenthaltsbewilligung, deren Widerruf der Beschwerdeführer anficht, sei am 20. Oktober 1967 abgelaufen, so dass dem Beschwerdeführer das gemäss Art. 88 OG erforderliche aktuelle Interesse an der Erhebung der Beschwerde fehle. Der Beschwerdeführer ist italienischer Staatsangehöriger. Gemäss Art. 11 des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz vom 10. August 1964 (AS 1965 S. 399) haben italienische Arbeitskräfte nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von wenigstens 5 Jahren Anspruch auf eine Vorzugsbehandlung, d.h. auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für ihre Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz. Nach der Beschwerdeantwort des Regierungsrates hielt sich der Beschwerdeführer in der Zeit von 1956 bis 1964 insgesamt etwa 89 Monate, oder mehr als 7 Jahre als Saisonarbeiter in der Schweiz auf, bis ihm mit Wirkung seit dem 30. November 1964 eine Jahresbewilligung erteilt wurde. Nach Art. 12 Ziff. 2 des Abkommens werden die Monate, während welcher der Arbeitnehmer als Saisonarbeiter in der Schweiz gearbeitet hat, von den Fristen abgezogen, die für die BGE 94 I 193 S. 196 Vorzugsbehandlung für Aufenthalter gelten. Die nach den Art. 11 und 12 anrechenbare Aufenthaltsdauer beträgt danach mehr als 10 Jahre, übersteigt also die Mindestdauer von 5 Jahren, die nach Art. 11 Anspruch auf die Vorzugsbehandlung gibt. Der Regierungsrat macht zwar geltend, die Umwandlung in eine Jahresbewilligung sei am 30. November 1964, d.h. vor dem Inkrafttreten des Abkommens und nach den allgemeinen Weisungen des BIGA vom 25. Mai 1960 erfolgt, sodass die Vorzugsbehandlung des Abkommens ausser Betracht falle. Indes spricht Art. 12 Ziff. 2 des Abkommens schlechthin von den Monaten, während welcher der Arbeitnehmer als Saisonarbeiter in der Schweiz gearbeitet hat. Er unterscheidet nicht, ob der Arbeitnehmer noch heute als Saisonarbeiter tätig ist, und ob seine Bewilligung inzwischen in eine Ganzjahresbewilligung umgewandelt wurde. Die Unterscheidung, die der Regierungsrat machen will, hat deshalb nicht bloss den Wortlaut, sondern auch den Sinn und Zweck des Abkommens gegen sich, das den stabileren Elementen unter den ausländischen Arbeitskräften eine Vorzugsbehandlung gewähren will. Die Umwandlung der Saison- in eine Ganzjahresbewilligung weist aber auf eine grössere Stabilität des Arbeits- und Aufenthaltsverhältnisses hin. Der Beschwerdeführer hätte ohne den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung auf deren Verlängerung Anspruch gehabt. Er kann die Vorzugsbehandlung nur verlangen, wenn es nicht beim Widerruf bleibt. Er besitzt deshalb ein aktuelles Interesse daran, dass die Verfassungsmässigkeit des Entscheides des Regierungsrates überprüft wird. 2. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung sowohl des Beschlusses des Regierungsrates als diejenige der kantonalen Fremdenpolizei. Da Entscheide der kantonalen Fremdenpolizei von der kantonalen Rekursinstanz in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht frei zu überprüfen sind, tritt der kantonale Rekursentscheid an die Stelle desjenigen der Fremdenpolizei und ersetzt ihn. Die staatsrechtliche Beschwerde kann sich deshalb nur gegen den Beschluss des Regierungsrates, nicht auch noch gegen die fremdenpolizeiliche Verfügung richten. 3. Art. 9 Abs. 2 lit. a ANAG ermächtigt die Fremdenpolizei, die Aufenthaltsbewilligung zu widerrufen, wenn der Ausländer sie durch falsche Angaben oder durch wissentliches Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat. Der Beschwerdeführer stellt in Abrede, dass er der Fremdenpolizei BGE 94 I 193 S. 197 des Kantons Basel-Landschaft falsche Angaben über die in Basel über ihn angeordnete Wegweisung und deren Ursachen gemacht habe. Da man ihn nicht nach dem Grund des Wohnungswechsels gefragt habe, habe er keinen Anlass gehabt, darüber unrichtige Angaben zu machen. Da auch das wissentliche Verschweigen wesentlicher Tatsachen einen Widerrufsgrund bildet, kann ein Gesuchsteller allenfalls eine Pflicht haben, zu sprechen, falls die Tatsachen, die er verschweigt, den Entscheid beeinflussen würden. Indes bestehen für eine Verpflichtung, von sich aus der Behörde über bestimmte Tatsachen Angaben zu machen Grenzen. Insbesondere ist niemand verpflichtet, der Behörde unrichtige Verdächtigungen mitzuteilen. Das gilt selbst dann, wenn diese von einer andern Behörde übernommen wurden. Waren die Verdächtigungen selber unrichtig, so lässt sich auch das Verschweigen eines darauf gestützten Entscheides rechtfertigen. Der Beschwerdeführer durfte zudem annehmen, die Behörde lege wenig Wert darauf, zu erfahren, warum er den früheren Aufenthalt im Kanton Basel-Stadt aufgegeben habe. Denn er wurde hierüber anlässlich der Anmeldung in Allschwil nicht befragt. Ob die Aufenthaltsbewilligung habe widerrufen werden können, weil der Beschwerdeführer sie erschlichen habe, hängt daher mit der Frage zusammen, ob er im Sinn von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG in Basel-Stadt zu berechtigten Klagen Anlass gegeben hat. 4. Der Beschwerdeführer hat nach dem angefochtenen Entscheid dadurch zu Klagen Anlass gegeben, dass er zu seiner Logisgeberin Frau Z. ehebrecherische oder zumindest ehewidrige Beziehungen unterhalten und trotz Verwarnung fortgesetzt habe. Dass der Entscheid des Regierungsrates sich hiefür nicht auf eigene Feststellungen seiner Organe stützt, sondern auf von den Behörden des früheren Aufenthaltsortes gemachte, ist an sich nicht zu beanstanden. Der Entscheid muss sich damit aber auch die Mängel entgegenhalten lassen, welche den übernommenen Feststellungen anhaften. Es fehlen jedoch genügende Anhaltspunkte für die behaupteten ehewidrigen Beziehungen des Beschwerdeführers. Die Behauptung stützt sich auf die Angaben eines dem Beschwerdeführer nicht bekanntgegebenen Dritten an einen Beamten des Kantons Basel-Stadt. Diese waren ziemlich allgemein gehalten und gestatten keinen zuverlässigen Schluss auf BGE 94 I 193 S. 198 ehewidrige Beziehungen. Sie könnten als Grundlage für eine so einschneidende Massnahme, wie der Widerruf einer Aufenthaltsbewilligung sie darstellt, nur berücksichtigt werden, wenn sie sich bestätigen würden, nachdem der Beschuldigte selbst Gelegenheit erhalten hätte, sich dazu zu äussern. Der Anspruch auf solche Anhörung besteht auch im Verwaltungsverfahren, wenn der Bürger zur Wahrung seiner Rechte angehört werden muss, und wenn kein öffentliches Interesse dagegen spricht. Ein derartiges entgegenstehendes Interesse ist nicht namhaft gemacht. Der Ausländer hat auf Anhörung und Gewährung rechtlichen Gehörs nicht weniger Anspruch als der Schweizerbürger. Der Beschwerdeführer hatte aber keine Gelegenheit, sich zu den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfen zu äussern. Freilich wurde die Vermutung, der Beschwerdeführer habe zu Frau Z. ein Verhältnis auch durch seine frühere Geliebte geäussert. Doch vermag diese sich dafür auf keine andern konkreten Tatsachen zu berufen als darauf, dass der Beschwerdeführer ihre Frage, ob er sie heiraten wolle, verneint, und dass Frau Z. sie darauf wegen ihres Benehmens aus der Wohnung weggeschickt habe. Auch hiezu konnte sich übrigens der Beschwerdeführer nicht äussern. Durch die Aussagen der Frau Z. ist sodann festgestellt, dass die öfters in der Wohnung verkehrende Frl. A. der Frau Z. Eifersuchtsszenen machte und deshalb aus der Wohnung gewiesen wurde. Das ist für ehewidrige Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Logisgeberin jedoch nicht schlüssig. Die häufige Anwesenheit desselben in der Wohnung erklärte Frau Z. mit der Tatsache, dass er Untermieter war und wegen Arbeiten, die er in der Wohnung ausführte, anders als die übrigen Untermieter gehalten wurde. Der Ehemann Z. bezeichnet die an die Adresse seiner Frau gemachten Vorhalte als nicht begründet, und der Beschwerdeführer selbst hat sie stets bestritten. Unter solchen Umständen durfte die Behauptung, der Beschwerdeführer habe durch seine Beziehungen zu Frau Z. zu Klagen Anlass gegeben, nicht ohne Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als erwiesen angesehen werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 26. September 1967 aufgehoben.
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1,968
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Urteilskopf 85 II 233 37. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Oktober 1959 i.S. C. gegen Vormundschaftsbehörde O.
Regeste Die Beistandschaft gemäss Art. 393 Ziff. 2 ZGB kann nicht dazu dienen, einer Person Fürsorge in persönlichen Angelegenheiten angedeihen zu lassen und sie an einer unvernünftigen Verwendung ihrer Mittel zu hindern.
Sachverhalt ab Seite 234 BGE 85 II 233 S. 234 Der früher in der Landwirtschaft, dann als Bau-, Wald- und Gelegenheitsarbeiter und Angestellter einer Sesselbahn tätig gewesene, im Frühjahr 1954 an schwerer Lungentuberkulose erkrankte C. wurde Ende 1956 klinisch geheilt aus der Sanatoriumsbehandlung entlassen. Da er in der Folge, obwohl nach ärztlichem Urteil zu leichter Arbeit fähig, "nicht viel arbeitete" und deshalb mit seiner Familie öffentlich unterstützt werden musste, liess ihn die Vormundschaftsbehörde im Herbst 1958 psychiatrisch begutachten. Das Gutachten stellte bei ihm eine hysterische Neurose fest und befürwortete seine Entmündigung wegen Geistesschwäche im Sinne von Art. 369 ZGB . Darauf bestellte ihm die Vormundschaftsbehörde gestützt auf Art. 393 ZGB einen Beistand mit dem Auftrag, ihn zur Annahme einer ihm zumutbaren Arbeit zu veranlassen. Für den Fall, dass er sich weigern sollte, eine solche anzunehmen, stellte sie ihm die Umwandlung der Beistandschaft in eine Vormundschaft und die Einweisung in eine Heilanstalt zur psychotherapeutischen Behandlung in Aussicht. Die obern kantonalen Behörden haben die Anordnung der Beistandschaft bestätigt. Das Bundesgericht hebt diese Massnahme auf. Erwägungen Begründung: Die Vorinstanz will wie schon die Vormundschaftsbehörde Art. 393 ZGB , insbesondere Ziff. 2 dieser Bestimmung, zur Anwendung bringen. Darnach ist ein Beistand zu ernennen, wenn einem Vermögen die nötige Verwaltung fehlt, namentlich wenn eine Person unfähig ist, die Verwaltung ihres Vermögens selbst zu besorgen oder einen Vertreter zu bestellen. Die Beistandschaft im Sinne von Art. 393 Ziff. 2 ZGB bezieht sich also, wie auch schon der Randtitel besagt, nur auf die Vermögensverwaltung. Sie kann zudem nur gegenüber Personen angeordnet werden, die faktisch nicht in der Lage sind, die in Art. 393 Ziff. 2 ZGB genannten Handlungen vorzunehmen (BGE 80 II BGE 85 II 233 S. 235 198). Auf jeden Fall kann sie nicht zum Schutze von Personen dienen, die nicht nur die tatsächliche Möglichkeit, sondern auch den Willen haben, ihr Vermögen selber zu verwalten oder durch einen selbstgewählten Vertreter verwalten zu lassen, dies aber nicht in vernünftiger Weise zu tun vermögen; denn eine blosse Beistandschaft hat gemäss Art. 417 ZGB auf die Handlungsfähigkeit der verbeiständeten Person keinen Einfluss, so dass ein Verbeiständeter, der imstande und gewillt ist, selber zu handeln, die Handlungen des Beistandes durchkreuzen oder ihnen zuvorkommen kann ( BGE 71 II 20 ). Im vorliegenden Falle geht es den kantonalen Behörden mindestens in erster Linie nicht um die Sorge für die gehörige Verwaltung vorhandener Vermögenswerte, sondern darum, für C. einen Betreuer zu bestellen, der ihn zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit veranlassen soll. Sie wollen ihm also persönliche Fürsorge angedeihen lassen. Hiezu ist die Anordnung einer Beistandschaft schlechterdings untauglich. Solche Fürsorge zu gewähren, ist unter den vormundschaftlichen Organen einzig der Vormund berufen ( Art. 406 ZGB ). Als Angelegenheit der "Vermögensverwaltung", der sich die kantonalen Behörden möglicherweise neben der Person C. annehmen möchten, kommt höchstens die Verwendung der Einkünfte in Betracht, die der Familie C. aus der Erwerbstätigkeit der Ehefrau (und später vielleicht des Ehemannes) sowie aus Armenunterstützung zufliessen. Nach den Akten der Vormundschaftsbehörde haben die Eheleute C. den im Jahre 1943 geborenen Sohn auswärts in einer Privatschule untergebracht, was pro Quartal Fr. 530.-- kostet, während dieser Knabe nach der Auffassung der Behörden ebensogut die öffentliche Schule am Wohnort der Eltern besuchen könnte. Eine Beistandschaft bietet jedoch, wie bereits festgestellt, keine Handhabe, um jemanden an einer unvernünftigen Verwendung seiner Mittel zu hindern. Auch zu diesem Zweck darf daher eine Beistandschaft nicht angeordnet werden. BGE 85 II 233 S. 236 Aus diesen Gründen ist die von den kantonalen Behörden getroffene Massnahme aufzuheben. Es bleibt diesen Behörden vorbehalten, die Frage zu prüfen, ob eine Entmündigung geboten sei oder ob sich eine solche erübrige, nachdem C. gemäss seiner Darstellung eine Tätigkeit ergriffen hat, welche die Vormundschaftsbehörde, nach ihren Vernehmlassungen zu schliessen, anscheinend als für ihn geeignet gelten lassen will (Besorgung des Haushalts einschliesslich der Zubereitung sämtlicher Mahlzeiten für die Familie und einige Pensionäre).
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1,959
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Urteilskopf 112 Ib 119 18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juni 1986 i.S. Gemischte Gemeinde Wahlern gegen X. und Regierungsrat sowie Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ; Interessenabwägung. Die Interessenabwägung nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG muss umfassend sein und von der nämlichen Behörde vorgenommen werden. Anwendungsfall der Beurteilung einer Kiesabbaubewilligung, wobei für die Interessenabwägung nicht entscheidende Fragen ausser acht gelassen werden durften (E. 4a), entscheidende Fragen jedoch zu Unrecht nicht einbezogen wurden (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 119 BGE 112 Ib 119 S. 119 Die Firma X. beabsichtigt, im übrigen Gemeindegebiet der Gemeinde Wahlern eine Kiesgrube zu eröffnen. Sie beschwerte BGE 112 Ib 119 S. 120 sich über die Verweigerung der Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG beim Regierungsrat des Kantons Bern, der die Akten am 13. Juni 1984 zur Erteilung der Ausnahmebewilligung an die Baudirektion zurückwies. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies am 19. November 1984 eine dagegen gerichtete Beschwerde der Gemeinde ab, soweit es darauf eintrat. Die Gemischte Gemeinde Wahlern führt mit Eingabe von 21. Dezember 1984 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht, das die Beschwerde gutheisst. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Das Verwaltungsgericht kam zum Ergebnis, dass der Eröffnung der streitigen Kiesgrube am vorgesehenen Standort keine überwiegenden Interessen gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG entgegenstehen. Die Beschwerdeführerin bestreitet das mit der Begründung, das Gericht habe den Sachverhalt im Hinblick auf die Interessenabwägung teils offensichtlich unrichtig, im wesentlichen aber unvollständig sowie in Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes festgestellt und zudem bei der Auslegung von Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG Bundesrecht verletzt. Sie erhebt diese Rüge unter dem Gesichtspunkt der Interessen der Landwirtschaft, der Landschaftserhaltung, des Immissionsschutzes, des Gewässerschutzes, der - bereits überprüften - planerischen Ordnung sowie in bezug auf zwei Anmerkungen im Grundbuch. Wie erwähnt, ist hier auch auf die Rüge der offensichtlich unvollständigen Feststellung des Sachverhalts einzugehen, welche die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Frage der Standortgebundenheit der streitigen Anlage erhoben hatte (E. 3a). Es betrifft dies die Gesichtspunkte des zweckmässigen geographischen Standortes, des Gewässerschutzes und der Erschliessung. Wie jede Interessenabwägung muss auch jene nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG umfassend sein und von der nämlichen Behörde vorgenommen werden (vgl. BGE 104 Ia 181 ff.). Die richtige Anwendung von Art. 24 RPG verlangt die Beurteilung eines Projekts als Ganzes; sie schliesst es aus, dass für die Interessenabwägung massgebende Einzelfragen separaten Verfahren vorbehalten werden (Urteil vom 18. Dezember 1985 i.S. X. gegen Bootshafen Vitznau AG und Regierungsrat des Kantons Luzern, E. 3, in: ZBl 87/1986, S. 397 ff.). Wird bei der Beurteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG in Missachtung des Grundsatzes BGE 112 Ib 119 S. 121 der umfassenden Interessenabwägung durch die nämliche Behörde ein wesentlicher Gesichtspunkt ausser acht gelassen, so liegt darin in der Regel nicht nur eine unvollständige Feststellung des Sachverhalts, sondern auch eine Verletzung von Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG . Die Anwendung dieses Grundsatzes auf den vorliegenden Fall führt zu folgendem Ergebnis: a) In bezug auf den geographischen Standort ist vorweg festzuhalten, dass der Beweis für allenfalls besser geeignete Abbaustandorte entgegen der Auffassung des Regierungsrates nicht der Beschwerdeführerin obliegt. Die Abklärung der Standortfrage ist vielmehr Sache der Gesuchstellerin und der Bewilligungsbehörden, die den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln haben. Dem Verwaltungsgericht kann jedoch in dieser Frage jedenfalls keine offensichtlich unvollständige Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG vorgeworfen werden. Auf Grund der drei bei den Akten liegenden Berichte der Gutachterfirma Colombi/Schmutz/Dorthe AG gelangte das Gericht zum Schluss, dass sich die Parzelle GB Nr. 1785 unter dem Gesichtspunkt abbauwürdiger und abbaufähiger Kiesvorkommen als bestgeeigneter Standort in der Umgebung von Schwarzenburg erweise. Diese Annahmen sind nicht zu beanstanden; sie werden denn auch von der Beschwerdeführerin nicht in einer Weise in Frage gestellt, die das Bundesgericht in diesem Punkt von der Bindung an die verwaltungsgerichtliche Sachverhaltsfeststellung befreien würde ( Art. 105 Abs. 2 OG ). Fehl geht namentlich die Rüge, das abbaubare Kiesvolumen sei für die Parzelle GB Nr. 1785 nicht hinreichend abgeklärt worden, da die Höhe des Grundwasserspiegels nicht erhoben worden sei. Laut Bericht BE 1527 vom 22. Juli 1982 der Gutachterfirma Colombi/Schmutz/Dorthe AG ist in den Sondierschächten und in der Sondierbohrung SB 1 bis 16 m Tiefe kein Grundwasser festgestellt worden; erst bei der Sondierbohrung SB 2 gegen den Dorfbach hin habe sich ungefähr auf der Kote des Bachs Grundwasser gezeigt. Der Bericht schliesst mit der Feststellung, dass das Gebiet "im Buech" wohl die letzte zusammenhängende Kiesabbaumöglichkeit im Raum Schwarzenburg darstelle. Unter diesen Umständen durfte die genaue Bestimmung des Grundwasserspiegels dem späteren gewässerschutzrechtlichen Bewilligungsverfahren überlassen werden. Für die Interessenabwägung nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG genügt die von der Beschwerdeführerin nicht widerlegte Feststellung, dass auch bei der späteren Begrenzung einer gewässerschutzrechtlich BGE 112 Ib 119 S. 122 bedingten Abbaukote der streitige Abbaustandort als bestgeeigneter der Region Schwarzenburg erscheint. Wie der Augenschein ergeben hat, ist die Grundwasserfassung beim Schützenhaus genügend vom Grundstück GB Nr. 1785 entfernt, so dass auch insoweit keine Bedenken des Gewässerschutzes bestehen. Da die beiden Grundbucheintragungen der Eröffnung der streitigen Kiesgrube nicht entgegenstehen, brauchten sie nicht in die Interessenabwägung einbezogen zu werden. b) Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts haben Fragen der rechtlichen und technischen Erschliessung eines Bauvorhabens "mit der Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG grundsätzlich nichts zu tun". Entsprechend hat das Gericht die Beurteilung dieser Fragen ausgeklammert. Es hat sich darauf beschränkt, sich beiläufig der positiven Würdigung der weiträumigen Transportwege durch den Regierungsrat anzuschliessen. Die konkrete Erschliessung der projektierten Kiesgrube hat es bei der Interessenabwägung nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG jedoch ausser acht gelassen. Dieses Vorgehen ist mit dem Grundsatz der umfassenden Interessenabwägung unvereinbar. Der Betrieb einer Kiesgrube in der Grösse der projektierten stellt wegen der Besonderheit der Transporte von Kies und Auffüllmaterial erhöhte Anforderungen an die verkehrsmässige Erschliessung. Das zeigt etwa die Stellungnahme der Kantonspolizei des Kantons Bern vom 23. September 1981, worin ein Ausbau der Stiersacherstrasse zwischen projektierter Grubenausfahrt und dem Zivilschutzausbildungszentrum auf eine Breite von 6 m als erforderlich bezeichnet wird. Der bundesgerichtliche Augenschein hat im weitern ergeben, dass die als Kiesgrubenzufahrt vorgesehene Stiersacherstrasse der Gemeinde gehört und vorwiegend dem landwirtschaftlichen Verkehr sowie dem Zivilschutzausbildungszentrum als Zufahrt dient. Auch nach Ansicht der Gemeinde wäre ein Ausbau der Stiersacherstrasse nicht zu umgehen. An Landreserven verfügt die Gemeinde Wahlern nur zwischen der Walkenbrücke und dem Zivilschutzausbildungszentrum über ein 3 m breites Leitungstrasse. Im übrigen gehört ihr kein für eine Strassenverbreiterung geeignetes Land. Zu diesen technischen und rechtlichen Erschliessungsfragen, deren Lösung für die Interessenabwägung nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG erheblich ist, haben sich die kantonalen Bewilligungsbehörden noch nicht geäussert. Indem aber das Verwaltungsgericht die Interessenabwägung BGE 112 Ib 119 S. 123 ohne Einbezug dieser Erschliessungsfragen vorgenommen hat, hat es sowohl den Sachverhalt offensichtlich unvollständig festgestellt als auch Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG verletzt. Ebenso verhält es sich mit der Regelung des Abbauvorgangs, der Wiederauffüllung und der Rekultivierung. Abklärung und Beurteilung der damit zusammenhängenden Fragen wurden ebenfalls dem späteren Baubewilligungsverfahren vorbehalten. Jedenfalls sind sie bisher nicht und vor allem nicht im Ausnahmebewilligungsverfahren behandelt worden. Die Art des Abbaus, der Wiederauffüllung und der Rekultivierung sind für die Interessenabwägung von grosser Bedeutung, wirken sie sich doch unmittelbar auf die Landschaft und die Nutzung des Kulturlandes aus. Zu diesen Fragen liegen ebenfalls weder Abklärungen noch Stellungnahmen der zuständigen Baubewilligungsbehörden vor. Auch insoweit ist der Sachverhalt offensichtlich unvollständig festgestellt und damit Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG verletzt worden. Hieran vermag nichts zu ändern, dass die Beschwerdegegnerin korrekterweise einen Abbau- und Rekultivierungsplan ausgearbeitet und sich am bundesgerichtlichen Augenschein zur Rekultivierung und zu deren Sicherung mittels Bankgarantie verpflichtet hat. Entscheidend ist einzig, dass bei der Interessenabwägung die damit zusammenhängenden Fragen unberücksichtigt geblieben sind. Schliesslich sind die Probleme von Lärm und Staub unzureichend abgeklärt und berücksichtigt worden. Das Verwaltungsgericht begnügte sich mit dem blossen Hinweis, die Beschwerdeführerin bringe nichts vor, was die Annahme entkräften könnte, wonach sich diese Immissionen durch bauliche und betriebliche Vorkehren auf ein tragbares Mass herabsetzen lassen. Damit kann es indessen nicht getan sein. Die konkret verbleibenden Immissionen lassen sich erst zuverlässig beurteilen, wenn konkrete Schutzmassnahmen bekannt und durch entsprechende Nebenbestimmungen der Ausnahmebewilligung oder der Baubewilligung durchsetzbar geworden sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) am 1. Januar 1985 in Kraft getreten ist (BRB vom 12. September 1984, AS 1984 1143). Es ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf all jene Fälle anzuwenden, in denen das den Umweltschutz betreffende Verfahren beim Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht abgeschlossen ist ( BGE 112 Ib 42 E. 1c). Die mit dem Betrieb der projektierten Kiesgrube verbundenen Emissionsfragen BGE 112 Ib 119 S. 124 werden nunmehr nach Art. 11 und 12 USG zu behandeln sein, damit die Anlage nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG beurteilt werden kann.
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Urteilskopf 124 II 241 27. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Februar 1998 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X., Kreiskommando Schwyz und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG und Art. 1 Abs. 1 WPEV ; Militärpflichtersatz; Ersatzbefreiung wegen erheblicher körperlicher oder geistiger Behinderung. Kognition des Bundesgerichts bei der Überprüfung einer unselbständigen Verordnung des Bundesrates (E. 3). Auslegung von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG : Der Begriff der erheblichen körperlichen oder geistigen Behinderung ist im medizinischen und nicht im invalidenversicherungsrechtlichen Sinn zu verstehen. Art. 1 Abs. 1 WPEV , wonach eine Behinderung dann als erheblich im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG gilt, wenn sie den für die Ausrichtung einer Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung massgebenden Mindestgrad an Invalidität erreicht, ist gesetzwidrig (E. 4). Der teilweise Verlust eines Beines stellt für einen Forstarbeiter eine erhebliche Behinderung dar (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 242 BGE 124 II 241 S. 242 X., Jahrgang 1961, von Beruf Forstwart, erlitt im Jahre 1979 bei Forstarbeiten einen Unfall. Es musste ihm der rechte Unterschenkel amputiert werden. Seither ist er auf eine Prothese angewiesen. Heute arbeitet er bei der Firma Y. in Z. Er erlitt gegenüber seinem erlernten Beruf in der Forstwirtschaft eine Einbusse beim Einkommen von 18 Prozent und erreichte damit den für eine IV-Rente (Viertelsrente) erforderlichen Invaliditätsgrad von 40 Prozent nicht (vgl. Art. 4 Abs. 1, 28 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959, IVG, SR 831.20). Eine Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) wurde deshalb nicht zugesprochen. Seit 1981 bezahlte X. den Militärpflichtersatz (heute: Wehrpflichtersatz). Gegen die Veranlagungsverfügung für das Ersatzjahr 1995 erhob er Einsprache und verlangte, von der Ersatzpflicht künftig befreit zu werden. Er berief sich auf den am 17. Juni 1994 revidierten Art. 4 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1959 über den Wehrpflichtersatz (WPEG, SR 661) , in Kraft seit 1. Januar 1995, und machte geltend, er erfülle die Voraussetzungen für die Befreiung von der Ersatzpflicht. Mit Entscheid vom 15. Mai 1996 wies die kantonale Wehrpflichtersatzverwaltung (Kreiskommando Schwyz) die Einsprache ab. Zur Begründung wird ausgeführt, Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG setze für die Befreiung vom Wehrpflichtersatz unter anderem voraus, dass der Gesuchsteller erheblich körperlich oder geistig behindert sei. Gemäss Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über den Wehrpflichtersatz vom 30. August 1995 (WPEV, SR 661.1) gelte eine Behinderung dann als "erheblich", wenn sie den für die Ausrichtung einer Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung massgebenden Invaliditätsgrad BGE 124 II 241 S. 243 von 40 Prozent aufweise. Dieser Mindestgrad an Invalidität werde hier nicht erreicht. Eine Beschwerde von X. hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz am 27. September 1996 gut und wies die Sache zu neuem Entscheid an die Wehrpflichtersatzverwaltung zurück. Es erwog, Art. 1 Abs. 1 WPEV widerspreche dem Gesetz und sei nicht anwendbar. Bereits Art. 4 Abs. 1 lit. abis WPEG knüpfe für die Ersatzbefreiung an die Zusprechung einer Invalidenrente oder Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung an. Dieser Ersatzbefreiungstatbestand sei (wie auch derjenige nach lit. ater) im Rahmen der Revision 1994 in das Gesetz eingefügt worden und ergänze die Ersatzbefreiung nach lit. a. Die "erhebliche körperliche oder geistige Behinderung" im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG könne daher durch den Verordnungsgeber nicht in dem Sinne konkretisiert werden, dass sie den für die Zusprechung einer IV-Rente erforderlichen Mindestgrad an Invalidität erfordere. Die Behinderung von X. sei erheblich. Er habe deshalb Anspruch auf Befreiung vom Wehrpflichtersatz, sofern sein Einkommen den Grenzbetrag nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG nicht übersteige, was von der Wehrpflichtersatzverwaltung noch zu prüfen sei. Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz führt die Eidgenössische Steuerverwaltung Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass X. für das Ersatzjahr 1995 den Wehrpflichtersatz schulde. Das Kreiskommando Schwyz beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. X. reichte seine Vernehmlassung verspätet ein. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Mit Gesetz vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995, hat der Gesetzgeber Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG neu gefasst und gleichzeitig in Abs. 1 zwei neue Ersatzbefreiungstatbestände als lit. abis und ater eingefügt. Art. 4 Abs. 1, lit. a-ater, WPEG lautet nun wie folgt: 1 Von der Ersatzpflicht ist befreit, wer im Ersatzjahr: a. wegen erheblicher körperlicher oder geistiger Behinderung ein taxpflichtiges Einkommen erzielt, das nach nochmaligem Abzug von BGE 124 II 241 S. 244 Versicherungsleistungen gemäss Art. 12 Absatz 1 Buchstabe c sowie von behinderungsbedingten Lebenshaltungskosten sein betreibungsrechtliches Existenzminimum um nicht mehr als 100 Prozent übersteigt; abis. wegen einer erheblichen Behinderung als dienstuntauglich gilt sowie eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung bezieht; ater. wegen einer erheblichen Behinderung als dienstuntauglich gilt und keine Hilflosenentschädigung bezieht, aber dennoch eine der zwei mindestens erforderlichen Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung erfüllt; In Art. 1 Abs. 1 WPEV hat der Bundesrat Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG wie folgt konkretisiert: 1 Als erheblich im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Gesetzes gilt eine Behinderung, wenn sie den für die Ausrichtung einer Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung massgebenden Mindestgrad an Invalidität aufweist. Diese Vorschrift ist erstmals für das Ersatzjahr 1995 anwendbar ( Art. 59 WPEV ). b) Im vorliegenden Fall umstritten und zu entscheiden ist einzig, ob sich die Verordnungsbestimmung als gesetzmässig erweist. Die Vorinstanz ist der Ansicht, der Bundesrat habe sich bei der Konkretisierung des Begriffs der "erheblichen" Behinderung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG nicht an den vom Gesetz vorgezeichneten Rahmen gehalten. Sie beruft sich unter anderem auf das Ergebnis der parlamentarischen Beratungen sowie auf die ratio legis der Gesetzesnorm. Diese Auffassung wird durch die Beschwerdeführerin bestritten. Sie macht geltend, Voraussetzung für die Ersatzbefreiung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG sei eine "erhebliche" Behinderung. Der Begriff der Behinderung werde auch im Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG) definiert. Als Invalidität im Sinne dieses Gesetzes gelte die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit ( Art. 4 IVG ). Massgebend für die Anspruchsberechtigung sei der Grad der Behinderung. Anspruch auf eine Viertelsrente bestehe ab einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent ( Art. 4 Abs. 1, 28 IVG ). Indem Art. 1 Abs. 1 WPEV für den Begriff der "erheblichen" Behinderung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a BGE 124 II 241 S. 245 WPEG auf diesen Invaliditätsgrad verweise, verwende er ein einheitliches Kriterium. Auch Art. 4 Abs. 1 lit. abis und ater WPEG würden an dieses Merkmal anknüpfen. 3. Das Bundesgericht kann im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorfrageweise Verordnungen des Bundesrates auf ihre Gesetz- und Verfassungsmässigkeit prüfen. Bei unselbständigen Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft es, ob sich der Bundesrat an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnis gehalten hat. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit von unselbständigen Verordnungen. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Bereich des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsstufe eingeräumt, so ist dieser Spielraum nach Art. 114bis Abs. 3 BV für das Bundesgericht verbindlich. Es darf in diesem Fall bei der Überprüfung der Verordnung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen, sondern hat seine Prüfung darauf zu beschränken, ob die Verordnung den Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenz offensichtlich sprengt oder aus anderen Gründen gesetz- oder verfassungswidrig ist ( BGE 122 II 193 E. 2c/bb; BGE 120 Ib 97 E. 3a; BGE 118 Ib 81 E. 3b, je mit Hinweisen). Art. 47 Abs. 1 Satz 1 WPEG ermächtigt den Bundesrat, die Ausführungsbestimmungen zu erlassen, doch regelt das Gesetz in Art. 4 Abs. 1 lit. a-d die Ersatzbefreiungstatbestände abschliessend und relativ eingehend. Dem Bundesrat ist damit zum vornherein kein grosser Ermessensspielraum eingeräumt. Er kann im wesentlichen im Interesse einer einheitlichen Verwaltungspraxis die auslegungsbedürftigen Begriffe konkretisieren, hat sich dabei aber an die Vorgaben des Gesetzes und der Verfassung zu halten. Ob der Bundesrat bei der Konkretisierung von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG diese Schranken beachtet hat, ist durch Auslegung der Gesetzesnorm zu ermitteln. Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut, doch kann der Wortlaut einer Norm nicht allein massgebend sein, namentlich wenn der Text unklar ist oder verschiedene Deutungen zulässt. Vielmehr muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung weiterer Auslegungselemente, wie namentlich der Entstehungsgeschichte der Norm und ihres Zwecks. Wichtig ist auch die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt ( BGE 122 V 362 E. 4a; BGE 121 V 17 E. 4a; BGE 119 Ia 241 E. 7a). Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets BGE 124 II 241 S. 246 von einem Methodenpluralismus leiten lassen ( BGE 123 III 24 E. 2a; BGE 121 III 219 E. 1d/aa) und nur dann allein auf das grammatikalische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifellos eine sachlich richtige Lösung ergab ( BGE 114 V 219 E. 3a). 4. a) Dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG lässt sich nicht entnehmen, welchen Grad die Behinderung aufweisen muss, damit eine Ersatzbefreiung in Betracht fallen kann. Das Gesetz spricht von einer "erheblichen" Behinderung (handicap "majeur", "notevole menomazione"), ohne den Begriff näher zu definieren. Der Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG schliesst damit die bundesrätliche Lösung in Art. 1 Abs. 1 WPEV weder aus noch gebietet er sie. b) Teleologisch zielt Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG darauf ab, den Wehrpflichtigen, dessen Einkommen wegen der Behinderung einen bestimmten Mindestbetrag nicht übersteigt, von der Ersatzpflicht zu befreien. Die Vorschrift stellt drei Voraussetzungen auf: Erstens die erhebliche körperliche oder geistige Behinderung, sodann ein bestimmtes taxpflichtiges Einkommen, gekürzt um bestimmte Abzüge, das einen bestimmten Betrag nicht überschreiten darf, sowie, drittens, einen Kausalzusammenhang zwischen beiden. Es ist klar, dass der Behinderung eine gewisse Schwere zukommen oder sie mit anderen Worten ernsthaft ins Gewicht fallen muss, damit sie als ursächlich für die Bedürftigkeit bezeichnet werden kann. Das Gesetz spricht denn auch von einer "erheblichen" körperlichen oder geistigen Behinderung. Fraglich ist jedoch, ob der für die Zusprechung einer Invalidenrente erforderliche Mindestgrad an Invalidität ein taugliches Kriterium bildet, um die Schwere der Behinderung zu bestimmen. Beim Invaliditätsgrad im Sinne der Invalidenversicherung handelt es sich um einen wirtschaftlichen Begriff: Weil im Bereich der Invalidenversicherung zur Bestimmung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Personen ein Einkommensvergleich durchgeführt, das heisst das Einkommen ohne Gesundheitsschaden mit dem Einkommen nach eingetretener Invalidität verglichen wird, kann der Invaliditätsgrad zur Bestimmung der Einkommenseinbusse, welche die betreffende Person wegen ihrer Invalidität erleidet, herangezogen werden (vgl. THOMAS LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl. 1997, § 40 Rz. 13 ff., S. 263 ff.). Der Invaliditätsgrad für sich allein sagt jedoch nichts über die Bedürftigkeit und wenig über die Schwere der Behinderung aus. Eine Person ohne Behinderung kann viel und nach Eintritt der Behinderung gleich viel, weniger BGE 124 II 241 S. 247 oder viel weniger verdienen. Einkommensvergleiche können sowohl auf hohem wie auf tiefem Niveau durchgeführt werden. Unter teleologischem Gesichtspunkt bildet daher der Invaliditätsgrad der Invalidenversicherung kein taugliches Kriterium zur Konkretisierung der Vorschrift. c) Die historische Interpretation führt zu keinem anderen Ergebnis. Art. 4 Abs. 1 WPEG wurde im Rahmen der Revision 1994 teilweise geändert. Der Entwurf des Bundesrates zum neuen Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG wollte an der bisherigen Regelung festhalten und den Behinderten lediglich durch eine grosszügigere Berechnung des massgebenden Einkommens entgegenkommen. Wurde die Befreiung nach bisherigem Recht gewährt, wenn die Einkünfte nach Abzug der gebrechlichkeitsbedingten Kosten den Betrag des betreibungsrechtlichen Existenzminimums um nicht mehr als 50 Prozent überschritten, so sollte dieser Grenzbetrag neu auf 100 Prozent angehoben werden (Botschaft vom 12. März 1993, BBl 1993 II 733, 739). Zudem war vorgesehen, für Behinderte, die nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG nicht von der Ersatzpflicht befreit sind, die Ersatzabgabe um die Hälfte herabzusetzen (jetzt Art. 13 Abs. 2 WPEG ). Das Parlament wollte den Behinderten noch mehr entgegenkommen. Dies verlangte auch die Standesinitiative des Kantons Jura. Mit Art. 4 Abs. 1 lit. abis und ater WPEG wurden deshalb zwei weitere Ersatzbefreiungstatbestände geschaffen: Mit lit. abis wollte die Kommission des Ständerates, auch jene Personen von der Ersatzpflicht befreien, die infolge erheblicher Behinderung dienstuntauglich sind und gleichzeitig eine Rente oder Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung beziehen (AB 1993 S 778). Mit lit. ater, der auf einen Antrag von Nationalrat Suter zurückgeht (AB 1994 N 131, 132), sollte der Kreis der ersatzbefreiten Personen nochmals ausgedehnt werden, und zwar auf jene Personen, die wegen einer erheblichen Behinderung dienstuntauglich sind und "eine der zwei mindestens erforderlichen Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung" erfüllen. Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung besteht, wenn der Versicherte "in mindestens zwei alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist" (Art. 36 Abs. 3 lit. a, Art. 37 der Verordnung über die Invalidenversicherung, IVV, SR 831.201). Als alltägliche Lebensverrichtungen gelten nach der Gerichtspraxis im Sinne einer BGE 124 II 241 S. 248 abschliessenden Aufzählung (vgl. LOCHER, a.a.O., § 13 Rz. 6, S. 87, mit Hinweisen): 1. Ankleiden, Ausziehen; 2. Aufstehen, Absitzen, Abliegen; 3. Essen; 4. Körperpflege; 5. Verrichtung der Notdurft; 6. Fortbewegung, Kontaktaufnahme. Demgegenüber gewährt Art. 4 Abs. 1 lit. ater WPEG die Ersatzbefreiung bereits dann, wenn der Behinderte in einem Bereich alltäglicher Lebensverrichtung hilflos ist. Der Gesetzgeber hat zwar mit den Buchstaben abis und ater zwei weitere Ersatzbefreiungstatbestände geschaffen, dabei aber am Grundgehalt von lit. a nichts geändert. Im Parlament wurde insbesondere betont, dass der neue Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG die bisherige Praxis bestätige und nur der Wortlaut klarer gefasst werden solle. Die neue Formulierung - "wegen erheblicher körperlicher oder geistiger Behinderung" - bezweckte keine materielle Änderung gegenüber dem alten Text (vgl. Loretan, Berichterstatter, AB 1993 S 778; Botschaft, BBl 1993 II 733, 739). Bei der parlamentarischen Beratung war unbestritten, dass Buchstabe a - im Gegensatz zu den Buchstaben abis und ater - auf die schlechte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betreffenden Person abstellt (AB 1993 S 778 [Loretan], 779 [Plattner], 1994 N 131, 132 [Goll], 134 [Seiler, Brunner]). Im Lichte der parlamentarischen Debatte kann Buchstabe a daher schwerlich in dem Sinne ausgelegt werden, dass für die Annahme einer erheblichen körperlichen oder geistigen Behinderung der für die Zusprechung einer Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung erforderliche Invaliditätsgrad gegeben sein müsse. Das entspricht der Auffassung jedenfalls der Parlamentsmehrheit, wie aus den Voten klar hervorgeht. Dieser Wille des Gesetzgebers hat auch im Gesetzeswortlaut - Art. 4 Abs. 1 lit. a und abis - seinen Niederschlag gefunden. Die Beschwerdeführerin wendet ein, dass schon in der bisherigen Praxis die kantonalen Militärpflichtersatzverwaltungen gestützt auf den alten Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG jeweils geprüft hätten, ob der Ersatzpflichtige eine Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt bezogen habe. Diese - übrigens nicht belegte und vom Beschwerdegegner BGE 124 II 241 S. 249 bestrittene - Praxis liesse die heutige indessen nicht als richtiger erscheinen. d) Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG kann auch systematisch im Lichte von lit. abis und ater ausgelegt werden. Der Buchstabe abis knüpft an die Rente oder die Hilflosenentschädigung der Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung an. Der Buchstabe ater gewährt die Ersatzbefreiung, wenn der Behinderte - ohne Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung - in mindestens einem Bereich der alltäglichen Lebensverrichtungen hilflos ist. Eine wirtschaftliche Bedürftigkeit, wie sie lit. a voraussetzt, ist weder für die Ersatzbefreiung nach lit. abis noch für diejenige nach lit. ater gefordert. Diese beiden Tatbestände gehen weit, weil auch sehr vermögende oder gutverdienende Invalide in den Genuss der Ersatzbefreiung gelangen. Es ist unbestritten und steht aufgrund der Materialien fest, dass der Gesetzgeber keine generelle Befreiung der Behinderten wollte. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass der Kreis der ersatzbefreiten Personen nicht über Gebühr ausgedehnt wird. Der Begriff der erheblichen Behinderung ist folglich im Sinne des Gesetzes, das heisst restriktiv auszulegen. Anderseits darf jedoch der Kreis der wirklich Bedürftigen, die Hilfe nötig haben und auf die Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG abzielt, nicht zu sehr eingeengt werden. Es darf nicht vorkommen, dass körperlich oder geistig erheblich Behinderte, die sich tatsächlich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befinden, nicht in den Genuss der Ersatzbefreiung gelangen, weil die Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit - ausgedrückt durch den Invaliditätsgrad - nicht derart ist, dass sie Anspruch auf eine IV-Rente haben. Diese gegenläufigen Forderungen lassen sich nur verwirklichen, wenn der Begriff der erheblichen Behinderung grundsätzlich in einem medizinischen und nicht im invalidenversicherungsrechtlichen Sinn ausgelegt wird. Damit kann auch dem Anliegen der Beschwerdeführerin, den Kreis der ersatzbefreiten Personen nicht über Gebühr auszudehnen, Rechnung getragen werden. e) Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG verweist für die Berechnung des massgebenden Einkommens, das nicht überschritten werden darf, auf Art. 12 Abs. 1 lit. c WPEG . Diese Vorschrift erwähnt die steuerbaren Leistungen, die der Ersatzpflichtige von der Militärversicherung, der Invalidenversicherung, der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt oder von einer anderen öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Unfall-, Kranken- oder Invalidenversicherung BGE 124 II 241 S. 250 erhält. Dabei geht es jedoch nur um die Abzüge, die bei der Berechnung des taxpflichtigen Einkommens und des Grenzbetrages nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG zu berücksichtigen sind. Daraus zu schliessen, dass der Betroffene im Rahmen einer solchen Versicherung als invalid erklärt worden sein muss, um in den Genuss der Ersatzbefreiung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG zu gelangen, geht nicht an. Hierfür steht vielmehr Art. 4 Abs. 1 lit. abis WPEG offen. f) Die Beschwerdeführerin beruft sich für die vom Bundesrat in Art. 1 Abs. 1 WPEV getroffene Lösung auf Gründe der Praktikabilität. Es ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass die Abgrenzung zwischen einer leichten und einer erheblichen Behinderung Fragen aufwerfen kann. Ob das Ausmass der Beeinträchtigung durch Spezialärzte abgeklärt oder anhand von Tabellen oder auf andere Weise bemessen wird, muss der Verwaltungspraxis überlassen werden. Es ist hier auch nicht darüber zu befinden, ob der Begriff der "erheblichen körperlichen oder geistigen Behinderung" bereits auf Verordnungsstufe konkretisiert werden muss oder ob hierfür eine Anordnung (Weisung, Kreisschreiben) der Verwaltung genügt. Diese Fragen sind vielmehr durch den Bundesrat und die Verwaltung zu entscheiden. Hier ist lediglich festzuhalten, dass der Invaliditätsgrad im Sinne der Eidgenössischen Invalidenversicherung kein taugliches Kriterium zur Konkretisierung des Begriffes bildet. g) Die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG ergibt somit, dass der Begriff der erheblichen körperlichen oder geistigen Behinderung nicht im invalidenversicherungsrechtlichen Sinn ausgelegt werden darf. Art. 1 Abs. 1 WPEV , der auf den Invaliditätsgrad der Eidgenössischen Invalidenversicherung abstellt, erweist sich daher als gesetzwidrig und ist nicht anwendbar. Dies hat die Vorinstanz zu Recht erkannt. 5. Zu prüfen bleibt, ob die körperliche Beeinträchtigung des Beschwerdegegners als erheblich im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG eingestuft werden kann und die übrigen Voraussetzungen für die Ersatzbefreiung nach dieser Bestimmung erfüllt sind. Der Beschwerdegegner erlitt bei Waldarbeiten einen Unfall. In der Folge musste ihm der rechte Unterschenkel amputiert werden. Die Vorinstanz hat diese Behinderung als erheblich im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. a WPEG qualifiziert. Es steht zwar nicht fest, nach welchen Kriterien die Verwaltungspraxis den Begriff der erheblichen Behinderung künftig konkretisieren will. Unabhängig davon kann aber gesagt werden, dass für einen Forstarbeiter der teilweise BGE 124 II 241 S. 251 Verlust des Beines, wie er hier in Frage steht, eine erhebliche körperliche Behinderung im Sinne des Gesetzes darstellt. Es ist auch erwiesen, dass der Beschwerdegegner infolge dieser Behinderung eine Einkommenseinbusse erlitten hat. Das folgt bereits daraus, dass nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Entscheid von einem Invaliditätsgrad, das heisst von einer behinderungsbedingten Einkommenseinbusse von 18 Prozent auszugehen wäre. Ein Kausalzusammenhang zwischen der Behinderung und der gegenwärtigen Einkommenssituation des Beschwerdegegners ist damit zu bejahen. Zu prüfen bleibt, ob das vom Beschwerdegegner erzielte taxpflichtige Einkommen unter Berücksichtigung der Abzüge nach Art. 4 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 lit. c WPEG das betreibungsrechtliche Existenzminimum um nicht mehr als 100 Prozent übersteigt. Geht das massgebende Einkommen über diesen Grenzbetrag nicht hinaus, so ist der Beschwerdegegner von der Ersatzpflicht zu befreien. Art. 1 Abs. 1 WPEV ist nicht anwendbar. Überschreitet das massgebende Einkommen diesen Betrag, so ist die Ersatzabgabe um die Hälfte herabzusetzen ( Art. 13 Abs. 2 WPEG ). Die Vorinstanz hat die Sache zu Recht an die kantonale Wehrpflichtersatzverwaltung zurückgewiesen, damit diese die notwendigen Abklärungen vornimmt und neu entscheidet. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
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1,998
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Federation
e3adb935-f994-413e-a6e2-1f5e962064b9
Urteilskopf 126 IV 95 15. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 28 janvier 2000 dans la cause X. c. Président du Tribunal du district de Morges (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 268 Ziff. 1 BStP . Die Nichtigkeitsbeschwerde ans Bundesgericht ist zulässig gegen ein Urteil eines Waadtländer Bezirksgerichtspräsidenten, der im Berufungsverfahren einen Bussenbescheid einer kommunalen Polizeikommission zu beurteilen hatte (E. 1). Art. 1, 6 Abs. 2 und Art. 7 OBG ; Zahlungsart einer Ordnungsbusse. Das Zahlen einer Ordnungsbusse von Fr. 120.- mittels 107 Einzahlungsscheinen widerspricht dem gesetzlichen Ziel, weil es unverhältnismässig hohe Kosten verursacht, und ist demnach unzulässig (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 96 BGE 126 IV 95 S. 96 A.- X. a stationné son véhicule fautivement sur une case réservée aux handicapés, dans une ville vaudoise. Une amende d'ordre de 120 fr. lui a été infligée, avec l'avis qu'il pouvait verser ce montant immédiatement ou dans le délai de 30 jours au moyen du bulletin de versement postal joint (bulletin d'amende d'ordre avec délai de réflexion). Dans ce délai, le contrevenant a versé 120 fr. au moyen de 107 bulletins de versement postaux, la plupart d'un franc. Chaque versement postal a occasionné la perception d'un émolument de 1,20 fr. à la charge de la commune concernée, soit un total de 128,40 fr. Les numéros de référence indiqués ne correspondaient pas. B.- La commune a infligé au dénoncé une amende de 150 fr. plus 30 fr. de frais, auxquels furent ajoutés les frais postaux. Par une sentence municipale du 8 juin 1999, résultant de l'opposition du contrevenant, la Commission de police de la commune l'a condamné pour contravention à l'art. 79 al. 4 de l'Ordonnance du 5 septembre 1979 sur la signalisation routière (OSR; RS 741.21) à une amende de 150 fr. et aux frais par 30 fr. auxquels s'ajoutent les frais postaux par 128,40 fr. et 100 fr. au titre de frais de comptabilisation; le montant de 120 fr. déjà payé a été déduit des frais postaux. C.- Conformément à la Loi vaudoise sur les sentences municipales (abrégée LSM, cote 3.8.A du Recueil systématique de la législation vaudoise), le contrevenant a saisi le Tribunal de police du district d'un appel. Cette autorité a condamné l'appelant à une amende de 150 fr. et aux frais par 30 fr., auxquels s'ajoutent 128,40 fr. de frais postaux, sous déduction de la somme de 120 fr. déjà payée et couvrant une partie des frais postaux. BGE 126 IV 95 S. 97 D.- Le condamné se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il fait valoir une violation de la Loi fédérale sur les amendes d'ordre du 24 juin 1979 (LAO; RS 741.03) et demande l'annulation du jugement du Tribunal de police. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Aux termes de l' art. 268 ch. 1 PPF (RS 312.0), le pourvoi en nullité est recevable contre les jugements qui ne peuvent pas donner lieu à un recours de droit cantonal pour violation du droit fédéral. Font exception les jugements des tribunaux inférieurs statuant en instance cantonale unique. Selon la jurisprudence, il peut y avoir une instance cantonale unique même lorsque l'affaire a déjà fait l'objet, dans un premier temps, d'un prononcé émanant d'une autorité inférieure. Le caractère provisoire de certains de ces prononcés, réduits à néant ou transformés en simple acte d'accusation par l'opposition du justiciable, a conduit le Tribunal fédéral à la conclusion qu'il ne s'agissait pas d'une décision de première instance; ainsi, le jugement du tribunal inférieur statuant dans un second temps a été considéré comme un jugement émanant d'une instance cantonale unique au sens de l' art. 268 ch. 1 PPF ( ATF 117 IV 84 consid. 1b et la jurisprudence citée). Au contraire, en présence d'un prononcé d'amende émanant d'une autorité administrative susceptible d'appel devant un juge, le Tribunal fédéral a considéré que l'instance d'appel ne statuait pas en instance cantonale unique au sens de l' art. 268 ch. 1 PPF . Dès lors, il a été admis que le pourvoi en nullité au Tribunal fédéral est recevable contre le jugement rendu par un juge instructeur valaisan statuant sur un recours contre la condamnation à une amende prononcée en première instance par une autorité administrative; celle-ci était le Chef du Service cantonal des automobiles ( ATF 117 IV 84 consid. 1c et d). b) En l'espèce, le recourant a été condamné dans un premier temps par la commune, sans citation (art. 24 LSM). Il a fait opposition puis il a été entendu par la Commission de police (art. 25 ss LSM). Cette autorité l'a condamné. Ensuite, il a saisi le Tribunal de police d'un appel (art. 41 LSM). Ce tribunal a entendu l'appelant et l'a condamné; son jugement sur appel est définitif et exécutoire (art. 54 LSM). Il n'y a pas de recours cantonal contre ce jugement. BGE 126 IV 95 S. 98 Dans ces circonstances, on doit considérer que la sentence municipale, rendue après une audience où le condamné était présent, n'a pas un caractère provisoire au sens de la jurisprudence précitée; elle constitue un jugement de première instance bien qu'elle émane d'une autorité administrative ou exécutive communale. Dès lors, le Tribunal de police - tribunal inférieur - a statué sur l'appel en seconde instance cantonale, non pas en instance cantonale unique.> Ainsi, le pourvoi en nullité au Tribunal fédéral est à cet égard recevable. 2. a) Sous le titre "principe", l' art. 1er al. 1 LAO dispose que les contraventions aux prescriptions fédérales sur la circulation routière peuvent être réprimées par une amende d'ordre infligée selon la procédure simplifiée prévue par la LAO. La volonté du législateur est clairement de simplifier la procédure dans ce domaine. La simplification est apportée notamment par la faculté laissée au contrevenant de payer l'amende immédiatement ou dans les 30 jours ( art. 6 al. 1 LAO ) et par le fait de ne pas percevoir de frais - art. 7 LAO . Sur ce dernier point, RUSCONI précise que la Commission permanente de la circulation routière avait recommandé de fixer les amendes de telle manière que les dépenses de la police soient comprises dans leur montant (RUSCONI, Code de la circulation routière, 3e éd. Lausanne 1996, art. 7 LAO n. 2.5 p. 1272). D'après la jurisprudence, si c'est la procédure ordinaire qui est suivie, le sort des frais est réglé par le droit cantonal applicable ( ATF 121 IV 375 consid. 1c). b) Le recourant a choisi de verser 120 fr. au moyen de 107 bulletins de versement postaux; chacun d'eux a entraîné une taxe postale de 1,20 fr. à la charge de la commune titulaire du compte. Cette manière de faire n'est pas expressément interdite par la LAO mais cette loi ne l'autorise pas non plus. Il faut donc l'interpréter à la lumière des principes généraux. Le but de la loi, on l'a vu, est de simplifier la procédure de perception des amendes d'ordre et d'éviter les frais. Or, en choisissant délibérément, par esprit de revanche ou de chicane, de multiplier les bulletins de versement afin de causer des frais, le recourant s'est opposé frontalement au but de la loi. Il a compliqué la procédure qui doit rester simple et il a occasionné des frais alors que ceux-ci doivent être réduits au minimum. Dès lors, on ne saurait admettre que l'amende ait été payée conformément à la loi. Ainsi, le jugement attaqué ne viole pas le droit fédéral. BGE 126 IV 95 S. 99 Quant aux frais ajoutés à l'amende, ils relèvent du droit cantonal; des griefs à leur sujet seraient irrecevables dans le cadre du pourvoi en nullité (art. 269 al. 1 et 273 al. 1 let. b PPF). 3. (Suite de frais).
null
nan
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CH_BGE_006
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Federation
e3b669bc-3f23-4c24-b4a3-624898546af2
Urteilskopf 123 IV 97 15. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. April 1997 i.S. Verein gegen Tierfabriken gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 32 StGB , 173 StGB. Rechtfertigung einer unwahren ehrverletzenden Äusserung durch Amtspflicht. Voraussetzungen; Verhältnis zum Gutglaubensbeweis (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 97 BGE 123 IV 97 S. 97 A.- X. verfasste am 10. März 1995 folgende Pressemitteilung: "Am Freitag mittag sind durch unbekannte Täter in zwei Migros-Filialen in der Berner Innenstadt 'Stinkanschläge' gegen die Bankmetzgereien verübt worden... Durch den Anschlag wurden die betroffenen Fleischwaren ungeniessbar gemacht. Der genaue Sachschaden kann noch nicht beziffert werden. Gemäss einem Fax an verschiedene Geschäfte bekennt sich der Verein gegen Tierfabriken Schweiz zu den Anschlägen..." Der letzte Satz dieser Pressemitteilung ist inhaltlich unrichtig; in Tat und Wahrheit hatte sich nicht der Verein gegen Tierfabriken (VgT), sondern die Tierbefreiungsfront (TBF) zu den Anschlägen bekannt. Gestützt auf die Pressemitteilung der Polizei wurde in zahlreichen schweizerischen Zeitungen, meist durch Wiedergabe einer sda-Meldung, über die Anschläge berichtet und festgehalten, nach Angaben der Stadtpolizei habe sich der Verein gegen Tierfabriken in einem Fax an verschiedene Geschäfte zur Tat bekannt. BGE 123 IV 97 S. 98 B.- Am 20. März 1995 reichte der VgT beim Untersuchungsrichteramt Bern gegen Unbekannte der Stadtpolizei Bern Strafklage wegen Amtsmissbrauchs und Verleumdung, eventuell übler Nachrede ein. Mit Beschluss vom 8./13. August 1996 wurde die Strafverfolgung gegen X. aufgehoben, da er weder bezüglich des Amtsmissbrauchs noch hinsichtlich einer Ehrverletzung vorsätzlich gehandelt habe. Der VgT erhob Rekurs mit dem sinngemässen Antrag, das Strafverfahren gegen X. sei wegen übler Nachrede fortzuführen. Dieser habe sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale von Art. 173 StGB vorsätzlich erfüllt; der Vorsatz setze nicht das Wissen um die inhaltliche Unrichtigkeit der Pressemitteilung voraus. Der Entlastungsbeweis sei nicht erbracht. Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern wies den Rekurs am 9. Oktober 1996 ab. C.- Der VgT erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss der Anklagekammer aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgender Erwägung: 2. c) aa) Nach Rechtsprechung und Lehre haben die Rechtfertigungsgründe des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, unter anderem der Rechtfertigungsgrund der Amts- und Berufspflicht gemäss Art. 32 StGB , Vorrang vor dem Entlastungsbeweis im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB , der nur zum Zuge kommt, wenn die Straflosigkeit sich nicht bereits aus einem Rechtfertigungsgrund ergibt ( BGE 106 IV 179 E. 3b S. 181; BGE 108 IV 94 E. 2 S. 96; BGE 116 IV 153 E. 4b S. 161, 211 E. 4a/bb S. 213 f.; BGE 118 IV 248 E. 2c S. 252; STRATENWERTH, Schweiz. Strafrecht Bes. Teil I, 5. Aufl. 1995, § 11 N. 51; REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 6. Aufl. 1994, S. 299 f.). Die ehrverletzende Äusserung eines Beamten ist, wie sich aus der zitierten Rechtsprechung, insbesondere BGE 106 IV 179 und BGE 108 IV 94 , ergibt, dann durch die Amtspflicht gemäss Art. 32 StGB gerechtfertigt, wenn der Beamte sich in Erfüllung seiner Amtspflicht geäussert hat, die Äusserung sachbezogen ist, nicht eindeutig über das Notwendige hinausgeht, nicht unnötig verletzend ist und nicht wider besseres Wissen erfolgt. Dass die ehrverletzende Äusserung unwahr ist und der Beamte dies bei der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können, schliesst - gleich wie bei ehrverletzenden Äusserungen von Zeugen (siehe dazu schon BGE 80 IV BGE 123 IV 97 S. 99 56 E. 2 S. 60) - die Anwendung von Art. 32 StGB nicht aus. Wer verpflichtet ist, zu äussern, was er für wahr hält, unterscheidet sich wesentlich von demjenigen, welchem es freisteht, ob er sich äussern will oder nicht (Corboz, La diffamation, SJ 1992 p. 629 ss, 648). Daher rechtfertigt es sich, auf den zur Äusserung Verpflichteten unter den genannten Voraussetzungen Art. 32 StGB anzuwenden und ihn von der Last des Gutglaubensbeweises im Sinne von Art. 173 Ziff. 2 StGB zu befreien. bb) In bezug auf die inkriminierte Äusserung - "Gemäss einem Fax an verschiedene Geschäfte bekennt sich der Verein gegen Tierfabriken Schweiz zu den Anschlägen" - sind die genannten Voraussetzungen der Anwendung von Art. 32 StGB erfüllt. Der Beschwerdegegner verfasste die Pressemitteilung in Erfüllung seiner Aufgaben als beamteter Pressesprecher der Stadtpolizei, der unter anderem die Öffentlichkeit über Straftaten und den Stand der Ermittlungen zu informieren hat. Die inkriminierte Äusserung ist sachbezogen, geht nicht eindeutig über das Notwendige hinaus und ist in der Formulierung nicht unnötig verletzend; tatsächlich waren kurz zuvor verschiedene Anschläge verübt worden und hatte sich eine Organisation zu den Anschlägen bekannt. Allerdings ist die inkriminierte Äusserung insoweit inhaltlich unrichtig, als sich in Tat und Wahrheit nicht der Verein gegen Tierfabriken (VgT), sondern die Tierbefreiungsfront (TBF) zu den Anschlägen bekannt hatte. Der Beschwerdegegner handelte nach den für den Kassationshof im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aber, was insoweit massgebend ist, nicht wider besseres Wissen; vielmehr nahm er unter anderem angesichts des Inhalts der Faxe, die den Briefkopf "Verein gegen Tierfabriken" bzw. "Dr. Erwin Kessler" trugen, irrtümlich an, dass sich der VgT zu den Anschlägen bekannt habe. Ob diese Verwechslung bei Anwendung der nach den gesamten Umständen gebotenen Sorgfalt hätte vermieden werden können, ist insoweit nicht entscheidend und muss daher nicht geprüft werden. cc) Da die inkriminierte Äusserung somit nach der im Ergebnis zutreffenden Ansicht der Vorinstanz durch Art. 32 StGB gedeckt ist, der Vorrang vor Art. 173 Ziff. 2 StGB hat, musste die Vorinstanz nicht darüber befinden, ob der Beschwerdegegner im Sinne der letztgenannten Bestimmung ernsthafte Gründe hatte, seine Äusserung in guten Treuen für wahr zu halten.
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de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e3b6ec3a-1e2d-463c-b4e1-2fad0897bf98
Urteilskopf 111 V 21 5. Auszug aus dem Urteil vom 25. Februar 1985 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Meier und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 4 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 IVG , Art. 29 IVV . Begriff der bleibenden Erwerbsunfähigkeit (Zusammenfassung und Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 3). Art. 29 IVV ist gesetzmässig (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 21 BGE 111 V 21 S. 21 A.- Der 1932 geborene Versicherte ist wegen eines Krebsleidens seit 7. Februar 1983 vollständig arbeitsunfähig. Mit Verfügung vom 12. Juli 1983 wies die Ausgleichskasse des Kantons Zürich sein Begehren um Ausrichtung einer Invalidenrente zur Zeit ab, da nach der Variante 2 des Art. 29 Abs. 1 IVG noch kein Rentenanspruch bestehe. B.- Auf Beschwerde hin hob die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. April 1984 die Verfügung vom 12. Juli 1983 auf und verpflichtete die Ausgleichskasse, dem Versicherten in Anwendung der Variante 1 des Art. 29 Abs. 1 IVG ab 1. Februar 1983 eine ganze Invalidenrente auszurichten. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Kassenverfügung wiederherzustellen; im weitern seien die Akten an die Verwaltung zurückzuweisen, damit diese prüfe, ob der Rentenanspruch inzwischen entstanden sei. Der Versicherte hat sich nicht vernehmen lassen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Invalidität umfasst nach Art. 4 Abs. 1 IVG einerseits Gesundheitsschäden, die eine "voraussichtlich bleibende" BGE 111 V 21 S. 22 Erwerbsunfähigkeit verursachen, und anderseits Schäden, die eine "längere Zeit dauernde" Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben. Dementsprechend ist die Entstehung des Rentenanspruchs nach Art. 29 Abs. 1 IVG verschieden geregelt. Im ersten Fall entsteht der Rentenanspruch im Zeitpunkt, in welchem die rentenbegründende Erwerbsunfähigkeit als bleibend vorausgesehen werden kann (Variante 1), im zweiten Fall erst nach Ablauf der "längeren Zeit", d.h. sobald der Versicherte während 360 Tagen ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich zur Hälfte arbeitsunfähig war und weiterhin mindestens zur Hälfte erwerbsunfähig ist (Variante 2). b) Bleibende Erwerbsunfähigkeit (Variante 1) ist dann anzunehmen, wenn ein weitgehend stabilisierter, im wesentlichen irreversibler Gesundheitsschaden vorliegt, welcher die Erwerbsfähigkeit des Versicherten voraussichtlich dauernd in rentenbegründendem Masse beeinträchtigen wird. Als relativ stabilisiert kann ein ausgesprochen labil gewesenes Leiden nur dann betrachtet werden, wenn sich sein Charakter deutlich in der Weise geändert hat, dass vorausgesehen werden kann, in absehbarer Zeit werde keine praktisch erhebliche Wandlung mehr erfolgen ( BGE 99 V 98 ; ZAK 1979 S. 358 Erw. 1 mit Hinweisen). c) Gemäss Art. 29 IVV liegt bleibende Erwerbsunfähigkeit vor, wenn aller Wahrscheinlichkeit nach feststeht, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten künftig weder verbessern noch verschlechtern wird. 3. Im vorliegenden Fall ist unbestritten und steht aufgrund der medizinischen Akten fest, dass das Krebsleiden des Beschwerdegegners die von Verordnung und Praxis verlangte Stabilität nicht hat. Nach Auffassung der Vorinstanz erweist sich indessen die gestützt auf die Rechtsprechung (vgl. Erw. 2b hievor) erfolgte Umschreibung des Begriffs "bleibende Erwerbsunfähigkeit" in Art. 29 IVV als gesetzwidrig: Das Gesetz setze die Stabilisierung des Gesundheitszustandes des Versicherten nicht voraus. Bereits Art. 4 Abs. 1 IVG stelle in seiner Definition des Invaliditätsbegriffs lediglich das Erfordernis voraussichtlich bleibender Erwerbsunfähigkeit auf, und Art. 29 Abs. 1 IVG spreche vom Versicherten, welcher bleibend erwerbsunfähig geworden ist, womit für die Anwendung der Variante 1 eindeutig die Irreversibilität des ungünstigen Krankheitsverlaufs als einzige Voraussetzung statuiert sei. Dass bleibende Erwerbsunfähigkeit nur dann angenommen werden dürfe, wenn sich der Gesundheitszustand weder verbessern BGE 111 V 21 S. 23 noch verschlechtern werde, könne daher dem Gesetzestext nicht entnommen werden. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. a) Art. 29 Abs. 1 IVG dient - wie Art. 12 Abs. 1 IVG - der Abgrenzung der Invalidenversicherung von der sozialen Krankenversicherung. Der Gesetzgeber wollte mit der Invalidenversicherung "grundsätzlich nur das Risiko der dauernden Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit decken" und dadurch eine Abgrenzung gegenüber der Krankenversicherung erreichen, indem vorausgesetzt wurde, dass "die Invalidität voraussichtlich bleibenden oder längere Zeit dauernden Charakter" habe (vgl. die bundesrätliche Botschaft vom 24. Oktober 1958 zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung, BBl 1958 II 1161). Dementsprechend wurde die Entstehung des Rentenanspruchs auf zwei verschiedene Arten geregelt. Einerseits soll der Versicherte sofort in den Genuss der Rente gelangen, wenn seine Erwerbsunfähigkeit Dauercharakter angenommen hat und weder Heil- noch Eingliederungsmassnahmen eine Besserung erwarten lassen. Anderseits soll ein Rentenanspruch auch bei einem seit mindestens einem Jahr ohne Unterbruch dauernden Leiden möglich sein, selbst wenn ein Ende des Leidens abzusehen ist. Damit wurde ein weitgehender Anschluss an die Leistungen der Krankengeldversicherung bezweckt (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 1199). b) Diesem Zweck entsprechend ging das Eidg. Versicherungsgericht in EVGE 1962 S. 248 bei der Unterscheidung der beiden Varianten des Art. 29 Abs. 1 IVG zunächst (vgl. die ausführliche Zusammenfassung der Rechtsprechung in BGE 97 V 245 Erw. 2) davon aus, eine voraussichtlich bleibende Erwerbsunfähigkeit liege vor, wenn wegen der Stabilität des Zustandes zu erwarten sei, dass sie während der nach der Lebenserwartung normalen Aktivitätsperiode des Versicherten bestehe und auch durch Eingliederungsmassnahmen nicht mehr verbessert werden könne; bei labilem pathologischem Geschehen, wie es bei akuten Krankheiten zutreffe, könne in der Regel nicht von einer voraussichtlich bleibenden Erwerbsunfähigkeit im Sinne der Variante 1 gesprochen werden (vgl. EVGE 1962 S. 351, 355, 359, 1963 S. 284, 293, 301; ZAK 1963 S. 391, 1964 S. 429). Diese Umschreibung wurde später durch das Merkmal der Irreversibilität ergänzt (EVGE 1964 S. 110 Erw. 1) und somit ein weitgehend stabilisierter (und daher nicht unabwendbar letaler), im wesentlichen irreversibler Gesundheitsschaden vorausgesetzt (EVGE 1964 S. 174 Erw. 1). In EVGE 1965 S. 133 Erw. 2 BGE 111 V 21 S. 24 hob das Gericht unter Hinweis auf die bundesrätliche Botschaft nochmals hervor, dass der Gesetzgeber die Variante 2 für längere Zeit dauernde Krankheiten (evolutive Leiden) und die Variante 1 für jene Fälle vorgesehen habe, in denen - nach wesentlichem Abklingen des labilen pathologischen Geschehens - eine voraussichtlich bleibende Gesundheitsschädigung und eine dadurch verursachte dauernde Erwerbsunfähigkeit gegeben seien; das (zusätzliche) Merkmal der Irreversibilität sei notwendig, um eine objektive Abgrenzung der beiden Varianten zu ermöglichen. Dabei wurde dem Merkmal der Irreversibilität lediglich akzessorischer Charakter beigemessen und verlangt, dass der Gesundheitsschaden weitgehend stabilisiert sei (EVGE 1965 S. 135, 1966 S. 126 Erw. 4b; ZAK 1968 S. 479). Anlässlich der Revision des Art. 29 Abs. 1 IVG vom 5. Oktober 1967 hielt der Gesetzgeber am bisherigen Begriff der bleibenden Erwerbsunfähigkeit durch Übernahme der Lösung der Expertenkommission fest (vgl. die bundesrätliche Botschaft vom 27. Februar 1967 zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend Änderung des IVG, BBl 1967 I 681). Insbesondere widersetzte sich die Expertenkommission einem Vorschlag, "der eine Änderung des Begriffes der bleibenden Invalidität in dem Sinne bezweckte, als darunter auch unheilbare, nicht stabilisierte Krankheiten (wie beispielsweise Krebs) zu subsumieren wären" (Bericht der Eidgenössischen Expertenkommission für die Revision der Invalidenversicherung vom 1. Juli 1966, S. 76 f.). Das Eidg. Versicherungsgericht bestätigte in der Folge seine bisherige Rechtsprechung mehrmals und hielt fest, dass das Kriterium der Stabilität, allenfalls ergänzt durch dasjenige der Irreversibilität, für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der 1. von dem der 2. Variante des Art. 29 Abs. 1 IVG vorbehaltlos massgebend sei; bei Fehlen dieser vorausgesetzten Merkmale sei der Beginn eines allfälligen Rentenanspruchs stets nach Massgabe der Variante 2 zu prüfen ( BGE 97 V 245 Erw. 2 mit Hinweisen, BGE 99 V 100 ; ZAK 1971 S. 467 Erw. 2, 1977 S. 119, 1979 S. 358 Erw. 1; vgl. auch BGE 96 V 44 ). c) Das Eidg. Versicherungsgericht hat keine Veranlassung, seine seit Bestehen der Invalidenversicherung während mehr als 20 Jahren gehandhabte, dem Zweck des Art. 29 Abs. 1 IVG entsprechende Praxis zu ändern. Es hat die Anwendung der Variante 1 auf fortschreitende Krebsleiden stets abgelehnt (EVGE 1965 S. 136, 1962 S. 248 und 356; ZAK 1971 S. 388, 1965 S. 462; nicht BGE 111 V 21 S. 25 veröffentlichtes Urteil Vicente vom 13. September 1977). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz geht es nach dem Gesagten nicht an, die Voraussehbarkeit der bleibenden Erwerbsunfähigkeit bei Gesundheitsschäden anzunehmen, "die nach erhärteten medizinischen Erfahrungen keine Tendenz zur Besserung aufweisen" und bereits zu einer mindestens hälftigen, voraussichtlich durch keine Eingliederungsmassnahmen verminderbaren Erwerbsunfähigkeit geführt haben. Die kantonale Rekurskommission stellt mit dieser Argumentation zu sehr auf den Wortlaut ab und verkennt dabei den Zweck der Ordnung des Art. 29 Abs. 1 IVG (EVGE 1965 S. 133 Erw. 2; ZAK 1971 S. 388 Erw. 1 in fine). Sie übersieht, dass als Hauptkriterium die Stabilität gilt und sich dieses Erfordernis nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen, sondern auf den Gesundheitsschaden selbst bezieht ( BGE 97 V 247 ). Im übrigen darf die bleibende Erwerbsunfähigkeit nur prognostisch, nicht aber aufgrund retrospektiver Feststellungen beurteilt werden (EVGE 1964 S. 110 Erw. 1 in fine; vgl. auch BGE 96 V 135 ). d) Die Betrachtungsweise der Vorinstanz verunmöglicht letztlich eine praktikable und rechtsgleiche Abgrenzung der Anwendungsfälle der Varianten 1 und 2 (ZAK 1971 S. 468). Sie hätte - wie die Ausgleichskasse zutreffend ausführt - auch zur Folge, dass der an einem unheilbaren, voraussichtlich in absehbarer Zeit zum Tode führenden Leiden erkrankte Versicherte in der Invalidenversicherung bessergestellt würde als der Versicherte mit einer langdauernden, voraussichtlich heilbaren Krankheit oder mit langwierigen Unfallfolgen. Ein solches Ergebnis widerspräche dem Zweck des Art. 29 Abs. 1 IVG . 4. Mit Art. 29 IVV wurde "in Einklang mit der Rechtsprechung die bleibende Erwerbsunfähigkeit" umschrieben, "weil in der Praxis die gesetzliche Regelung unterschiedlich und oft zu grosszügig angewendet wurde" (ZAK 1977 S. 17). Art. 29 IVV fasst - in verkürzter Weise - die konstante Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts im Hinblick auf eine einheitliche Rechtsanwendung zusammen. Die Verordnungsbestimmung bringt indessen weder inhaltlich etwas Neues, noch steht sie im Widerspruch zur Rechtsprechung. Es kann daher keine Rede davon sein, dass Art. 29 IVV gesetzwidrig wäre. 5. Aus dem Gesagten folgt, dass die Vorinstanz zu Unrecht den Rentenanspruch des Beschwerdegegners nach der Variante 1 beurteilt hat und mithin ihr Entscheid aufzuheben ist. Die Akten sind der Ausgleichskasse des Kantons Zürich zuzustellen, damit sie BGE 111 V 21 S. 26 prüfe, ob in der Zwischenzeit der Rentenanspruch gemäss Variante 2 entstanden sei. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 27. April 1984 aufgehoben. Die Akten werden der Ausgleichskasse des Kantons Zürich zugestellt, damit sie im Sinne der Erwägung 5 verfahre.
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de
1,985
CH_BGE
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Urteilskopf 98 Ib 203 30. Arrêt du 2 février 1972 dans la cause X. contre Etat de Vaud.
Regeste Teilenteignung, Wertverminderung des verbleibenden Grundstückteils. Folgezusammenhang zwischen Enteignung und Schaden (Erw. 2). Verlust der direkten Zufahrtsmöglichkeit zur öffentlichen Strasse (Erw. 2 b). Verkleinerung des möglichen Bauvolumens als Folge der Teilenteignung (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 204 BGE 98 Ib 203 S. 204 A.- En vue d'aménager un tronçon de route cantonale en voie d'accès à l'autoroute no 9 dite du Léman, l'Etat de Vaud a décidé de l'élargir en y créant deux pistes de circulation, séparées en certains endroits par une ligne médiane continue (ligne de sécurité). Les plans ont été mis à l'enquête publique du 18 décembre 1968 au 20 janvier 1969, approuvés par le Conseil d'Etat du canton de Vaud le 7 mars 1969 et par le Département fédéral de l'intérieur le 17 avril 1969. Le Président de la Commission fédérale d'estimation du premier arrondissement a ouvert la procédure d'expropriation par ordonnance du 26 avril 1969. La Commission a ordonné l'envoi en possession anticipé, pour le 15 août 1969, des terrains au sujet desquels un règlement amiable n'avait pas pu intervenir avec les propriétaires. Les travaux sont aujourd'hui achevés. B.- X. est propriétaire d'une parcelle de 2744 m 2, dont une partie devait être expropriée en vue de la réalisation des travaux projetés. Dominant et bordant la route cantonale, cette parcelle comprend, dans sa partie supérieure, une surface rectangulaire d'environ 1550 m 2 et, dans sa partie inférieure, deux quadrilatères (l'un de 870 m 2 à l'ouest et l'autre de 330 m2 à l'est) séparés par la propriété bâtie d'un tiers. X. avait acquis ces terrains en 1960, de trois propriétaires différents, pour le prix total de 62 855 fr. Il y a construit, dans la partie supérieure (angle nord-ouest), une villa dont l'accès était assuré, à pied, par un sentier longeant le bien-fonds sur son côté ouest et, en voiture, par un chemin menant de la route cantonale à travers le quadrilatère sud-est. X. exploite une entreprise de l'autre côté de la route cantonale, à environ 80 m plus à l'ouest. BGE 98 Ib 203 S. 205 Le plan d'expropriation portait à l'origine sur le quadrilatère sud-est de 330 m2 et sur une bande de 3 m de large dans le quadrilatère sud-ouest, le long de la route cantonale, ainsi que sur une bande supplémentaire de 2 m de large à titre provisoire pendant l'exécution des travaux. L'expropriation définitive du quadrilatère de 330 m2 devait permettre de remplacer les chemins d'accès aux propriétés de X. et de son voisin et d'en améliorer le débouché sur la route cantonale, pour des raisons de sécurité de la circulation. Cette transformation a été exécutée. Quant à la bande de 3 m de large, elle n'a finalement pas été nécessaire, sauf quelques mètres carrés, le talus prévu à l'origine ayant été remplacé par un mur de soutènement construit aux frais de l'Etat. La surface à exproprier définitivement a donc été ramenée à 350 m2 au total, tandis que l'emprise provisoire était réduite à 45 m2, pour le même motif. C.- Devant la Commission fédérale d'estimation, X. a réclamé 70 fr. par m2 pour l'expropriation définitive, 1 fr. par m2 et par mois pour l'emprise temporaire et une indemnité de 65 958 fr. pour dépréciation de la partie restante de son immeuble. Se fondant sur une étude établie à sa demande par le géomètre Y., le 27 mai 1969, il faisait valoir la possibilité de morceler sa parcelle en trois lots: un lot A, de 994 m2, comprenant la partie nord-ouest de la parcelle avec la villa; un lot B, formé du quadrilatère sud-ouest de 870 m 2 et un lot C, de 880 m2 au total, comprenant à la fois le quadrilatère sud-est de 330 m2 et, pour 550 m2, l'extrémité est du rectangle supérieur de la parcelle. Se prévalant du fait que l'Etat avait refusé de prévoir dans son projet un accès direct à la route cantonale pour le lot B, X. estimait que celui-ci devenait inconstructible, qu'il n'avait dès lors plus de valeur que comme verger, et qu'il en résultait une dépréciation de 50 fr. par m2, c'est-à-dire de 39 750 fr. (pour une surface comptée à 795 m2). Pour le lot A, il alléguait une dépréciation de 10% - soit 6958 fr. - en raison de la création, sur la nouvelle route cantonale, de deux pistes séparées par une ligne médiane, ce qui l'obligeait à un détour de 1,25 km pour accéder à la villa dans l'un des sens de circulation. Pour le lot C, il alléguait que la réduction de la surface à 550 m2 diminuait les possibilités de construire au point d'entraîner une dépréciation de 35 fr. par m2, c'est-à-dire de 19 250 fr. au total. BGE 98 Ib 203 S. 206 La Commission fédérale d'estimation a demandé à l'architecte Z. un rapport d'expertise, auquel était jointe une étude relative au coût approximatif d'un chemin d'accès conduisant au lot B à travers les lots A et C, ce coût étant estimé à 48 000 fr. D.- Statuant le 23 septembre 1971, la Commission fédérale d'estimation a alloué à X: a) pour la valeur vénale de la surface de 350 m2 expropriée à titre définitif: 60 fr. par m2 soit 21 000 fr., sous réserve de rectification après abornement; b) pour dépréciation de la partie restante, 3300 fr.; c) pour occupation temporaire d'environ 45 m2, 1 fr. par an et par m2. E.- Agissant par la voie du recours de droit administratif, X. requiert le Tribunal fédéral de réformer la décision de la Commission fédérale d'estimation, en ce sens que l'indemnité pour la dépréciation de la partie restante devrait être portée aux montants suivants: - pour le lot A, 10 fr. par m2 en raison du détour nécessaire pour accéder à la villa: fr. 9 940.-- - pour le lot B, devenu inconstructible faute d'accès direct fr. 40 000.-- - pour le lot C, 24 fr. par m2 (13 200 fr.) en raison de la diminution des possibilités de construc- tion et 10 fr. par m2 (5500 fr.) en raison du détour nécessaire pour y accéder: fr. 18 700.-- soit au total: fr. 68 640.-- montant qu'il ramène à 65 958 fr. pour s'en tenir à ses conclusions de première instance. Pour le cas où ses prétentions ne seraient pas admises en ce qui concerne la limitation des possibilités de construire sur les lots B et C et l'absence d'accès direct pour le lot B, il demande subsidiairement que lui soit allouée une indemnité de 10 fr. par m2 pour l'ensemble de son immeuble, c'est-à-dire 23 390 fr., en raison du détour désormais nécessaire pour y accéder par la route cantonale. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Question de pocédure) 2. Le litige ne porte plus que sur l'indemnité réclamée pour la dépréciation de la partie restante de l'immeuble exproprié, selon l'art. 19 lettre b et 22 LEx. BGE 98 Ib 203 S. 207 Sur les trois points qui font l'objet de prétentions du recourant dans le présent recours, deux d'entre eux (détour de 1,25 km et défaut d'accès direct au lot B) soulèvent la question juridique de la causalité: les préjudices allégués doivent-ils être considérés comme une conséquence de l'expropriation, en d'autres termes, sont-ils avec celle-ci dans une relation suffisante de causalité? La Commission d'estimation a jugé que tel n'était pas le cas. Le recourant soutient le contraire, en disant que ces inconvénients sont la cause directe de l'élargissement de la route cantonale, élargissement qui est lui-même la cause de l'expropriation. a) Selon l'art. 22 al. 2 LEx., on doit tenir compte, en cas d'expropriation partielle, de la perte ou de la diminution d'avantages qui influent sur la valeur vénale et que la partie restante aurait, selon toute vraisemblance, conservés s'il n'y avait pas eu d'expropriation. En accord avec la jurisprudence antérieure, l'arrêt Bonoli (RO 95 I 303 ss.) a précisé que le dommage visé par cette disposition n'est pas nécessairement la conséquence de la suppression d'un droit, mais qu'il peut résulter de la privation totale ou partielle d'avantages de fait liés au droit exproprié, ce qui est notamment le cas lorsque l'exproprié se trouve privé de l'accès à la voie publique dont il jouissait auparavant, même sans droit (cf. dans le même sens: HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, no 10 ad art. 22). Encore faut-il que l'avantage de fait dont la privation entraîne un dommage soit lié au droit exproprié de façon telle qu'en gardant ce droit, l'exproprié pût espérer conserver l'avantage et éviter par conséquent le dommage. C'était déjà l'idée de BURCKHARDT (Die Entschädigungspflicht nach schweiz. Expropriationsrecht, RDS vol. 32/1913 p. 145 ss.), qui a certainement influencé la loi de 1930. C'est aussi l'idée de la doctrine plus récente (DERRON, L'indemnité d'expropriation, thèse Lausanne 1945, p. 99 ss. et 186 s.; WIEDERKEHR, Die Expropriationsentschädigung, thèse Zurich 1966, p. 85 ss., 94). Il faut, selon la théorie dite de la condition, parfois appliquée par le Tribunal fédéral (arrêt non publié Käser c. Zurich, du 4 octobre 1967, consid. 7 b), que la suppression d'un droit apparaisse comme la condition sans laquelle la privation de l'avantage de fait et le dommage qui en résulte ne se seraient pas produits. A ce défaut, le lien de causalité n'est pas suffisant pour que le propriétaire puisse prétendre à une indemnité. BGE 98 Ib 203 S. 208 b) En l'espèce, le recourant se plaint en particulier de ce que la ligne médiane, qui sépare la route cantonale en deux voies de circulation distinctes, l'oblige désormais à faire un détour pour accéder en voiture à sa propriété dans l'un des sens de circulation. Indiscutablement, ce préjudice n'est pas une conséquence de l'expropriation d'après les principes rappelés ci-dessus. En effet, l'avantage de fait que représentait la possibilité de bifurquer à gauche vers l'immeuble en cause n'était en aucune manière lié au droit exproprié. Même si X. n'avait pas dû céder du terrain pour permettre l'élargissement de la route, il aurait été exposé à ce dommage de la même façon et pour les mêmes raisons que les propriétaires non expropriés. On ne peut même pas dire qu'en s'opposant avec succès à l'expropriation et par conséquent à l'élargissement de la route du côté de sa propriété, il aurait échappé à ce préjudice, car une ligne de sécurité aurait pu être établie même sans élargissement, ou lors d'un élargissement qui n'aurait pas touché sa propriété. Il y a simple coïncidence, et non pas relation de cause à effet, entre l'expropriation et le préjudice résultant de la création d'une ligne de sécurité. Ainsi, l'expropriation n'apparaît pas comme la condition sans laquelle le dommage allégué ne se serait pas produit. Au demeurant, ce dommage trouve une certaine compensation dans le fait que, grâce à l'élargissement de la route et à l'amélioration - supportée par l'Etat - de l'entrée dans sa propriété, le recourant jouit désormais d'une voie plus rapide et plus sûre pour y accéder et en sortir. Dès lors, même si en principe le dommage allégué pouvait donner droit à réparation, ce qui n'est pas le cas, il faudrait appliquer l'art. 22 al. 1 LEx., ce qui conduirait à la réduction de l'indemnité, voire à sa suppression. Ainsi les conclusions principales du recourant doivent être rejetées en tant qu'elles tendent au paiement d'une indemnité de 9940 fr. pour le lot A et de 5500 fr. pour le lot C; pour les mêmes raisons, la conclusion subsidiaire doit être écartée. c) Le recourant se plaint en outre de ce que le lot B de sa propriété se trouve privé de tout accès carrossable direct à la voie publique. Un tel accès n'existait pas avant l'expropriation. Cela n'empêche cependant pas qu'il puisse y avoir suppression d'un avantage de fait lié au droit exproprié. Il pourrait en effet se trouver que l'aménagement d'un accès eût été aisément possible BGE 98 Ib 203 S. 209 auparavant, mais qu'il soit devenu impossible ou difficile à l'excès du fait de l'expropriation. L'exproprié se trouverait alors privé de la possibilité de mieux utiliser l'immeuble en construisant sur le lot B une villa avec issue directe sur la voie publique, ou en vendant ce lot en vue d'une telle construction. Il faudrait en tenir compte en vertu de l'art. 20 al. 1 LEx. Il s'agit donc de déterminer si, du fait de l'expropriation, l'aménagement d'un accès au lot B est devenu impossible ou difficile à l'excès. Le terrain que le recourant doit finalement céder au bas du lot B ne mesure que 20 m2 environ (et non pas 75 m2 comme allégué dans le recours), soit la différence entre l'emprise définitive totale de 350 m 2, non contestée par lui, et la surface de 330 m2 du quadrilatère sud-est. Cette amputation minime ne pouvait avoir aucune influence appréciable sur la possibilité d'aménager un accès carrossable direct à la route. Quant au mur de soutènement qui a remplacé le talus primitivement prévu, sa hauteur exacte ne ressort pas du dossier, mais elle ne doit pas être très importante: celle d'un mur semblable construit sur le fonds immédiatement voisin est de 1 m 40. De toute façon, le recourant ne prétend pas que, techniquement, ce mur empêcherait ou rendrait difficile à l'excès la création d'un chemin d'accès ou la construction d'un garage, avec la percée nécessaire. En première instance, le recourant avait fait état d'une placette de 30 m2 environ qui, faisant partie du domaine public et servant de dépôt pour la voirie, se trouvait auparavant au niveau de la route, à l'angle sud-est de la propriété qui jouxte le lot B à l'ouest. Le recourant prétendait que, moyennant un droit de passage limité sur ce fonds, il aurait pu utiliser cette placette pour aménager un accès direct au lot B. Or cela n'est plus possible; en effet, ladite placette, utilisée jusqu'alors comme dépôt de matériaux, a été affectée à la construction d'une chambre collectrice pour les eaux usées; elle a été remblayée et flanquée d'un mur de soutènement de 1 m 40 pour être mise au même niveau que le terrain du propriétaire voisin, à qui elle a été cédée en compensation partielle du terrain qui lui était enlevé. La Commission d'estimation a écarté cet argument; elle a considéré, d'une part, que l'Etat avait agi dans l'exercice de ses droits et de bonne foi en traitant avec ce propriétaire voisin et, d'autre part, que X. n'avait au préalable aucun droit BGE 98 Ib 203 S. 210 ni sur la placette en cause, ni sur l'immeuble voisin, qu'en outre il ne remplissait pas les conditions requises pour exiger de celui-ci un passage nécessaire au sens de l'art. 694 CC. Les motifs de la Commission d'estimation sont convaincants; le recourant n'a au surplus pas repris ce point dans son recours au Tribunal fédéral; on peut dès lors admettre sans autre examen qu'il n'y a là aucun préjudice résultant de l'expropriation. D'ailleurs la création d'un accès par le fonds voisin se serait certainement heurtée aux mêmes objections - tenant à la sécurité de la circulation - que l'aménagement d'un chemin latéral débouchant sur la route cantonale au bas du lot B. Ainsi l'impossibilité d'aménager un accès direct à cette partie de la parcelle et la nécessité de passer désormais par les lots A et C, moyennant un aménagement relativement coûteux, ne sont pas une conséquence de l'expropriation. Elles sont le résultat des mesures prises par l'Etat, en sa qualité d'administrateur du domaine public et en vertu de son pouvoir de police, pour améliorer la sécurité de la circulation. Sans doute l'ouverture d'un accès latéral n'avait-elle pas été expressément interdite jusqu'alors, et il y avait dans cette circonstance un avantage de fait. Mais cet avantage n'était pas lié au droit exproprié, car on ne saurait dire que, selon toute vraisemblance (art. 22 al. 2 LEx.), X. l'aurait conservé si on ne lui avait pas enlevé quelques mètres carrés de terrain au bas du lot B. Même sans élargissement de la route cantonale à cet endroit, le propriétaire pouvait s'attendre à ce qu'un jour ou l'autre, en raison de l'intensification du trafic, on lui interdise d'ouvrir sur la route un second accès latéral à sa propriété. Il est vrai qu'au vu de l'art. 45 de la loi vaudoise sur les routes du 25 mai 1964, la question eût peut-être été discutable. Selon cette disposition, le Conseil d'Etat peut, dans l'intérêt de la sécurité routière, interdire l'accès latéral ou le limiter à certains points de jonction. Le recourant interprète cette disposition - quelque peu ambiguë - en ce sens que si l'Etat peut restreindre l'accès latéral à certaines routes, il doit créer en contre-partie des accès à des points de jonction. Quoi qu'il en soit, il eût appartenu au recourant de faire prendre sur ce point, par le Conseil d'Etat, une décision qui eût été susceptible d'un recours de droit public au Tribunal fédéral. De toute façon, la cause du dommage réside, non pas dans l'expropriation, ni même dans l'élargissement considéré en lui-même, mais dans une mesure BGE 98 Ib 203 S. 211 de police provoquée par l'intensification du trafic à proximité d'un point de jonction à l'autoroute. Ainsi le préjudice résultant de l'absence d'accès carrossable direct au lot B ne donne pas droit à indemnité, et la prétention que le recourant fait valoir de ce chef pour 40 000 fr. doit être écartée. 3. Le recourant fait valoir, comme autre cause de dépréciation consécutive à l'expropriation, la diminution du volume des constructions possibles selon le règlement communal (rapport entre le volume bâti et la surface de chaque parcelle). Tant l'expert Z. que l'expert Y. admettent que l'immeuble en cause pourrait être morcelé en trois parcelles, et que les lots B et C, actuellement non bâtis, sont propres à recevoir chacun une villa, compte tenu du règlement et du fait que le quartier comprend de petites habitations construites chacune sur un terrain de petites dimensions (650 à 861 m2). Bien que l'expropriant ait mis en doute la possibilité de réaliser le plan de lotissement établi par le géomètre Y., il y a lieu d'examiner cette éventuelle possibilité de mieux utiliser l'immeuble, possibilité dont la réduction entraînerait une dépréciation de la partie restante. a) Pour le lot B, on a vu que l'emprise n'a été finalement que d'une vingtaine de mètres carrés, et non de 75 m2 comme prévu primitivement et comme le retient le recourant dans le calcul de la dépréciation. La réduction de cette surface est si minime que l'incidence sur le volume possible d'une construction est pratiquement sans influence sur la valeur vénale du terrain, ainsi que l'expert Z. l'a dit dans ses deux rapports sans être contredit sur ce point. Il n'y a donc là aucun dommage justifiant une indemnité. b) Pour le lot C, l'expert Y. constate qu'on pouvait y construire auparavant une villa de 126 m2 sur un niveau ou de 110 m2 sur deux niveaux, tandis que l'emprise de 330 m2 réduit la surface de la parcelle à 550 m2, si bien qu'on ne peut plus y construire que sur 79 m2 avec un niveau et sur 69 m 2 avec deux niveaux. La diminution de volume entraînerait, selon le recourant, une diminution de 40% de la valeur vénale du lot C, d'où une prétention à indemnité de 13 200 fr. Le recourant exagère lorsqu'il affirme qu'avec une construction possible de si petites dimensions, la parcelle n'attirera plus aucun acquéreur. En effet, l'expert Z. a relevé dans ses deux BGE 98 Ib 203 S. 212 rapports, sans être contredit, qu'une maison de 79 m2 sur un niveau correspondrait à peu près, en surface et en volume, à celle qui est construite sur la parcelle de 650 m2 située entre le lot B et le quadrilatère exproprié de 330 m2. D'autre part, une autre variante (no 2) indiquée par le géomètre Y. aurait donné à la partie restante du lot C une surface de 617 m2, qui permettrait une construction de 88 m2 sur un niveau et de 77 m2 sur deux niveaux. Quoi qu'il en soit, il est certain que la construction encore possible sur la partie restante du lot C sera de très petites dimensions. Mais les experts Y. et Z. divergent d'opinion sur l'influence que ce fait aura sur la valeur vénale du terrain. Pour le premier, il y a une dépréciation proportionnelle à la diminution de la surface du bâtiment (38% selon la variante no 1 retenue par lui; ce serait 30% seulement si l'on partait de la variante no 2). Il n'y aurait en revanche pas de dépréciation du tout, selon le second, qui affirme que plus est petite la surface à acquérir pour construire un bâtiment donné, plus le prix du m2 augmente; une personne modeste, dit l'expert Z., achètera plus facilement 500 m2 à 60 fr. le m 2 que 1000 m2 à 50 fr. le m2, la dépense totale étant de 30 000 fr. au lieu de 50 000 fr. Dans une lettre du 1er septembre 1971, où il déclare maintenir sa manière de voir, l'expert Y. considère que l'argumentation de l'expert Z. n'est applicable qu'à des lotissements de petites, voire de très petites parcelles, destinées à la construction de villas modestes. Mais c'est précisément de cela qu'il s'agit en l'espèce, si l'on tient compte du caractère du quartier, tel qu'il ressort du dossier. S'il s'agissait d'un quartier dit résidentiel, avec de luxueuses villas pourvues de larges dégagements, on ne concevrait pas le morcellement de la propriété X. en lots inférieurs à 1000 m2, et toute l'argumentation relative à la dépréciation de la partie restante s'écroulerait. D'autre part, il faut tenir compte du fait que le chemin d'accès au lot C a été amélioré aux frais de l'Etat et que l'entretien en incombera désormais à la collectivité publique. C'est d'ailleurs en partie pour cela que la surface de 330 m2 a été expropriée. Il y a là un avantage appréciable, de nature à compenser, en partie tout au moins, une éventuelle dépréciation de la partie restante, conformément à l'art. 22 al. 1 LEx. Il faut relever en outre qu'en allouant, pour cette parcelle de 330 m2, 60 fr. par m2, c'est-à-dire le prix reconnu exact pour du terrain à BGE 98 Ib 203 S. 213 bâtir, la Commission d'estimation s'est montrée généreuse: s'agissant d'un quadrilatère topographiquement décalé du reste du lot C, et d'une utilisation très problématique en raison du chemin d'accès qui le traversait déjà, la Commission aurait pu en réduire quelque peu le prix, d'autant plus qu'en cas de passage d'un chemin privé au domaine public, les communes exigent habituellement la cession gratuite du terrain. Si elle s'est arrêtée au prix de 60 fr. le m2, c'est apparemment parce que l'expropriant ne l'avait pas contesté. Ces diverses considérations permettent de dire, sans inspection locale et sans le concours d'un nouvel expert, que la Commission d'estimation n'a pas mal jugé en fixant ex aequo et bono à 10%, c'est-à-dire à 3300 fr., la dépréciation de la partie restante du lot C. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours et confirme la décision attaquée.
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1,972
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e3bbd11e-6b32-4fb7-9b97-cb111781f9c6
Urteilskopf 126 I 1 1. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Februar 2000 i.S. B. gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 2 aBV ; Art. 30 Abs. 2 und Art. 160 Abs. 1 ZGB ; Art. 178 Abs. 2 und Art. 179 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZStV ; § 1 lit. d der Aargauer Verordnung über die Gebühren im Personenstandswesen. Tragweite von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 aBV (E. 2a-c). Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts betreffend die Verfassungsmässigkeit von kantonalem Recht, das mit einer - gemäss Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 aBV verbindlichen - bundesgesetzlichen Regelung in Zusammenhang steht (E. 2e, f). Kantonale Gebühren für die Bewilligung, von der Trauung an den Namen der Ehefrau als Familiennamen zu führen, verstossen gegen Art. 4 Abs. 2 aBV (E. 2d, g-h).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 126 I 1 S. 2 Das Departement des Innern des Kantons Aargau erteilte den Brautleuten F. und B. am 20. Juni 1997 auf deren Gesuch gemäss Art. 30 Abs. 2 ZGB hin die Bewilligung, von der Trauung an den Namen der Ehefrau "B." als Familiennamen zu führen. Zugleich setzte es gestützt auf § 1 lit. d der Verordnung des Regierungsrates vom 6. Dezember 1995 über die Gebühren im Personenstandswesen (PGebV) eine Staatsgebühr von Fr. 150.-, eine Kanzleigebühr von Fr. 20.- und Auslagenersatz von Fr. 14.90, zusammen Fr. 184.90, fest. Gegen diese Gebühr erhob B. erfolglos Beschwerde an den Regierungsrat und anschliessend an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. B. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Juni 1999 aufzuheben, akzessorisch die Verfassungs- und EMRK-Konformität von § 1 lit. d der Verordnung über die Gebühren im Personenstandswesen zu prüfen und die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung festzustellen. Sie rügt eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2 aBV sowie von Art. 8 und 14 EMRK (SR 0.101). Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Aargau beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin beanstandet ausdrücklich nicht das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für die erhobene Gebühr. Sie macht jedoch geltend, die Gebühr verletze Art. 4 Abs. 1 und 2 aBV sowie Art. 8 und 14 EMRK : Während Männer gemäss Art. 160 Abs. 1 ZGB bei der Heirat ihren Namen behalten könnten und demzufolge dafür auch keine Gebühr zu entrichten hätten, müssten Frauen, die ihren Namen beibehalten wollten, gemäss Art. 30 Abs. 2 ZGB um eine Bewilligung nachsuchen. Wenn für die Erteilung dieser Bewilligung eine Gebühr erhoben werde, so würden Frauen, die ihren Namen beibehalten wollen, anders behandelt als Männer, was geschlechtsdiskriminierend sei. a) Nach Art. 4 Abs. 2 der hier noch massgebenden alten Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (entspricht Art. 8 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999) sind Mann und Frau gleichberechtigt. BGE 126 I 1 S. 3 Die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Verfassungsbestimmung besagt, dass Mann und Frau ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhältnisse und Vorstellungen grundsätzlich in allen Bereichen gleich zu behandeln sind. Die Verfassung schliesst die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für rechtliche Differenzierungen aus. Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur noch zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung absolut ausschliessen ( BGE 125 I 21 E. 3a S. 24 ; 123 I 56 E. 2b S. 58; 117 Ia 270 E. 2a S. 272; 116 Ia 359 E. 6b S. 369 f.; 116 V 198 E. II.2a/bb S. 208 f.; 108 Ia 22 E. 5a S. 29). b) Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin werden von der vorliegend streitigen Gebührenregelung nicht nur Frauen betroffen, die bei der Eheschliessung ihren Namen beibehalten, sondern ebenso Männer, die ihren Namen ändern wollen. Das Gesuch nach Art. 30 Abs. 2 ZGB kann nicht von der Frau allein, sondern muss zwingend von den Brautleuten gemeinsam gestellt werden (ROLF HÄFLIGER, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB , Diss. Zürich, 1996, S. 149, mit weiteren Hinweisen). Dementsprechend schulden - wie auch die Beschwerdeführerin anerkennt - beide Brautleute gemeinsam die Gebühr und haften dafür solidarisch (§ 10 PGebV). Da ein Brautpaar definitionsgemäss aus je einer Frau und einem Mann besteht ( Art. 96 ZGB ), werden durch die Gebührenregelung zwangsläufig genau gleich viele Männer wie Frauen betroffen. c) Das führt aber entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts noch nicht dazu, dass Art. 4 Abs. 2 Satz 1 aBV unanwendbar wäre. Diese Bestimmung verbietet nicht nur die Benachteiligung von Frauen, sondern - unter Vorbehalt angemessener, verhältnismässiger Gleichstellungsmassnahmen gemäss Art. 4 Abs. 2 Satz 2 aBV (vgl. dazu BGE 125 I 21 E. 3a S. 25 und E. 3d/bb-cc, S. 31 f.) - jede nicht durch zwingende biologische oder funktionale Unterschiede gerechtfertigte geschlechtsbezogene Regelung, unabhängig davon, ob dadurch Frauen oder Männer benachteiligt werden; das Recht muss geschlechtsneutral sein ( BGE 123 I 56 E. 2; BGE 120 V 312 E. 2a S. 314; BGE 117 V 318 E. 2a S. 321; BGE 116 Ib 270 E. 7a/b S. 283; BGE 116 V 198 E. II.2a/bb S. 209; BGE 109 Ib 81 E. 4d S. 88; ZBl 95/1994 S. 375, E. 1; ZBl 88/1987 S. 306, E. 4b; ZBl 87/1986 S. 482, E. 2; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 86; GEORG MÜLLER, Kommentar BV, Rz. 133 zu Art. 4; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Aktuelle Aspekte der Gleichberechtigung von Mann und Frau, ZBJV 1992, S. 357 ff., S. 358). BGE 126 I 1 S. 4 d) Die streitige Gebühr wird im Ergebnis erhoben, wenn ein Brautpaar bei der Eheschliessung den Namen der Frau als Familiennamen wählen will. Hingegen ist keine Gebühr geschuldet, wenn das Paar beschliesst, die gesetzliche Regelung (Name des Mannes als Familienname) beizubehalten. Brautpaare, die den Frauennamen als Familiennamen wünschen, sind damit anders gestellt als Paare, die den Namen des Mannes wählen. Damit werden zwei Sachverhalte gestützt auf ein geschlechtsbezogenes Kriterium unterschiedlich behandelt, ohne dass sich diese Ungleichbehandlung mit biologischen oder funktionalen Gründen rechtfertigen liesse. e) Der Grund für die Ungleichbehandlung ist im Bundesrecht angelegt: Dieses erklärt von Gesetzes wegen den Namen des Mannes zum Familiennamen ( Art. 160 Abs. 1 ZGB ), ohne dass dafür ein behördliches Verfahren erforderlich wäre. Demgegenüber ist für die Zulassung des Frauennamens als Familienname eine behördliche Bewilligung vorgeschrieben ( Art. 30 Abs. 2 ZGB ). In der Lehre besteht Einigkeit, dass diese bundesrechtliche Regelung dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichstellung der Geschlechter nicht entspricht (ANDREAS BUCHER, Personnes physiques et protection de la personnalité, 4. Aufl., Basel 1999, S. 192 Rz. 779; ROLAND BÜHLER, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Basel 1996, N. 3 zu Art. 160; HÄFLIGER, a.a.O., S. 180; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar zum ZGB, Bern 1999, N. 27 zu Art. 160; CYRIL HEGNAUER/PETER BREITSCHMID, Grundriss des Eherechts, 3. Aufl., Bern 1993, S. 137; MARYSE JORNOD, La femme et le nom en droits suisse et français, Thèse Lausanne 1991, S. 65; CLAUDIA KAUFMANN, Die Gleichstellung von Frau und Mann in der Familie gemäss Art. 4 Abs. 2 Bundesverfassung, Diss. Basel 1984, S. 204 f.; MARLIES UND HEINZ NÄF-HOFMANN, Schweizerisches Ehe- und Erbrecht, Zürich 1998, S. 5 und 10; WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 379). Auch das Bundesgericht hat festgestellt, dass die Regelung des Familiennamens im ZGB Art. 4 Abs. 2 aBV widerspricht ( BGE 116 II 657 E. 5 S. 665; BGE 115 II 193 E. 3b S. 197; vgl. auch BGE 122 III 414 E. 3c/aa S. 418). Der Nationalrat hat deshalb einer parlamentarischen Initiative Folge gegeben, mit welcher diese Ungleichbehandlung beseitigt werden soll, nachdem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entgegen BGE 115 II 193 E. 6 in seinem Urteil vom 22. Februar 1994 i.S. Burghartz (A 280-B, Ziff. 27 ff.) entschieden hatte, die Regelung von Art. 160 Abs. 2 ZGB , wonach nur die Ehefrau, nicht aber der Ehemann die Möglichkeit hat, dem Familiennamen seinen Namen voranzustellen, stehe im Widerspruch BGE 126 I 1 S. 5 zu Art. 8 und 14 EMRK (p.I. Sandoz 94.434 vom 14. Dezember 1994, vgl. Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 31. August 1998, BBl 1999 4940). f) Das Verwaltungsgericht wie auch der Regierungsrat räumen ein, dass die eherechtliche Namensregelung des ZGB nicht verfassungskonform sei. Der Regierungsrat macht jedoch geltend, die fragliche Gebühr entspreche der trotz Verfassungswidrigkeit massgebenden Bestimmung von Art. 30 Abs. 2 ZGB . Das Bundesgericht ist aufgrund von Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis Abs. 3 aBV (bzw. Art. 191 BV ) an die Regelung des Zivilgesetzbuches gebunden, auch wenn dieses der Verfassung widerspricht (vgl. auch BGE 125 III 209 E. 5 S. 216; BGE 116 II 657 E. 5 S. 665; BGE 115 II 193 E. 3b S. 197). Dies gilt jedoch nicht für kantonales Recht; dieses ist von den Gerichten uneingeschränkt auf seine Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen. Zwar hat das Bundesgericht dem Verbot der Geschlechtsdiskriminierung widersprechende kantonale Regelungen geschützt, wenn sie in einem besonders engen Konnex mit einer bundesgesetzlichen, für die Gerichte verbindlichen Regelung stehen ( BGE 106 Ib 182 E. 5 S. 190 f.; 109 Ib 81 E. 4a S. 86 und E. 5 S. 89; vgl. auch BGE 113 V 120 E. 2d S. 124) oder eine finanzielle Mehrbelastung des einen Ehegatten abgelten, die sich aus einer im Zivilgesetzbuch enthaltenen geschlechtsspezifischen Regelung ergab (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 2. November 1994 i.S. O., E. 3). Wo jedoch kein zwingender Konnex mit einer für das Bundesgericht massgebenden bundesgesetzlichen Regelung vorliegt, besteht kein Grund, in der Sanktionierung kantonaler Verfassungswidrigkeiten Zurückhaltung zu üben ( BGE 116 V 198 E. II.3c S. 217; ZBl 87/1986 S. 482, E. 2b; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Grenzen des Rechtsschutzes bei der Gleichberechtigung, in Festschrift Margrith Bigler-Eggenberger, Basel 1993, S. 344). g) Vorliegend besteht zwar ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der bundesgesetzlichen Regelung und der kantonalen Gebühr, indem diese für die Durchführung des in Art. 30 Abs. 2 ZGB vorgeschriebenen Bewilligungsverfahrens erhoben wird. Dieser Konnex ist jedoch nicht derart eng und zwingend, dass dem Bundesgericht eine Überprüfung der kantonalen Gebührenordnung verwehrt wäre. Das Bundesrecht schreibt für die Zulassung des Frauennamens als Familiennamen eine Bewilligung vor, nicht aber die Erhebung einer Gebühr. Es erlaubt zwar grundsätzlich den Kantonen, Gebühren zu erheben (vgl. auch für die Tätigkeit der BGE 126 I 1 S. 6 Zivilstandsämter Art. 178 Abs. 2 und Art. 179 der Zivilstandsverordnung vom 1. Juni 1953 [ZStV; SR 211.112.1]). Bei der Ausgestaltung der entsprechenden Regelungen haben die Kantone aber die Verfassung zu beachten. Nachdem für die blosse Registrierung des gesetzlichen Familiennamens (Name des Ehemannes, Art. 160 Abs. 1 ZGB ) bei der Eheschliessung keine Gebühr verlangt werden darf ( Art. 179 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZStV ), muss demzufolge auch auf eine Gebühr verzichtet werden, wenn das Ehepaar den Namen der Frau als Familiennamen wählt, selbst wenn das Bundesrecht (bisher) dafür ein Bewilligungsverfahren vorschreibt. Andernfalls würde aufgrund eines geschlechtsspezifischen Tatbestandsmerkmals eine Abgabe erhoben, was unzulässig ist. h) Verstösst somit die fragliche Gebühr bereits gegen Art. 4 Abs. 2 aBV , so kann offen bleiben, ob sie auch Art. 8 und 14 EMRK verletzt und ob auch die der Gebühr materiell zu Grunde liegende Bestimmung von Art. 30 Abs. 2 und Art. 160 Abs. 1 ZGB vom Bundesgericht auf seine EMRK-Konformität zu überprüfen wäre (vgl. dazu BGE 125 III 209 E. 5e S. 218; BGE 122 III 414 E. 3a S. 416).
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e3bd791e-c84a-46a4-a223-0c82c65a9c4b
Urteilskopf 136 V 331 38. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. S. gegen Kantonale Pensionskasse Graubünden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_448/2010 vom 16. August 2010
Regeste Art. 86b Abs. 1 lit. a und Art. 49 Abs. 2 Ziff. 26 BVG ; Information der Versicherten über die Leistungsansprüche. Eine kantonale öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtung kommt ihrer Pflicht zur Information der Versicherten in geeigneter Form über ihre Leistungsansprüche - i.c. neu eingeführte Lebenspartnerrente - mit der blossen amtlichen Publikation des Gesetzestextes und auch mit dessen Aufschaltung auf ihrer Internetseite mit Hinweis auf die neue Leistungsart nicht in genügender Weise nach (E. 4.2.3). Frage offengelassen, ob "in geeigneter Form informieren" heisst, dass auch die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen zu erwähnen sind, jedenfalls wenn diese, wie vorliegend in Bezug auf die Lebenspartnerrente, nicht ohne weiteres als gegeben zu erwarten sind (E. 4.2.2).
Sachverhalt ab Seite 332 BGE 136 V 331 S. 332 A. B. war als Lehrer tätig und in dieser Eigenschaft bei der Kantonalen Pensionskasse Graubünden berufsvorsorgeversichert. Am (...) erlag er den Folgen eines Verkehrsunfalles. Mit Schreiben vom 16. Juni 2009 ersuchte S. um Ausrichtung einer Lebenspartnerrente, was die Verwaltungskommission der Pensionskasse jedoch ablehnte. B. Am 17. September 2009 liess S. beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Klage einreichen mit dem Rechtsbegehren, die Kantonale Pensionskasse Graubünden sei zu verpflichten, ihre Ansprüche zu errechnen und ihr zufolge des Hinschieds ihres Lebenspartners, B. sel., eine Lebenspartnerrente auszurichten. Die Pensionskasse beantragte in ihrer Antwort die Abweisung der Klage. In Replik und Duplik hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest. Mit Entscheid vom 16. Februar 2010 wies die 2. Kammer als Versicherungsgericht die Klage ab. C. S. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid vom 16. Februar 2010 sei aufzuheben und die Kantonale Pensionskasse Graubünden zu verpflichten, ihr eine Lebenspartnerrente auszurichten. Die Kantonale Pensionskasse Graubünden und das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Gemäss Art. 14 Abs. 1 des Gesetzes vom 16. Juni 2005 über die Kantonale Pensionskasse Graubünden (PKG; BR 170.450) in der vom 1. Januar 2006 bis 31. August 2009 gültig gewesenen, hier anwendbaren und nachfolgend gemeinten Fassung ist der überlebende Lebenspartner dem verwitweten Ehegatten gleichgestellt, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: a) Beide Partner sind unverheiratet und zwischen ihnen besteht keine Verwandtschaft; b) die Lebensgemeinschaft in gemeinsamem Haushalt muss nachweisbar in den letzten fünf Jahren vor dem Tod ununterbrochen bestanden haben; c) die verstorbene versicherte Person muss den Lebenspartner in erheblichem Masse unterstützt haben; d) die Erklärung BGE 136 V 331 S. 333 betreffend gegenseitige Unterstützung wurde schriftlich und nachweislich zu Lebzeiten beider Partner eingereicht. Laut Art. 14 Abs. 3 Satz 1 PKG beträgt die Partnerrente 75 Prozent der Ehegattenrente. 3.2 Es ist unbestritten, dass es vorliegend am Anspruchserfordernis einer schriftlichen Unterstützungserklärung zu Lebzeiten im Sinne von Art. 14 Abs. 1 lit. d PKG fehlt. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen unter Hinweis auf den ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Vorsorgeeinrichtung betreffenden BGE 133 V 314 erkannt, dass es sich dabei nicht um eine blosse Beweisvorschrift mit Ordnungscharakter, sondern um eine Anspruchsvoraussetzung mit konstitutiver Wirkung handle (vgl. auch SVR 2009 BVG Nr. 18 S. 65, 9C_710/2007 E. 5.3; BGE 136 V 127 ). Was hiegegen in der Beschwerde vorgebracht wird, gibt zu keiner anderen Betrachtungsweise Anlass. Für die vorinstanzliche Rechtsauffassung des zwingenden Charakters einer schriftlichen Unterstützungserklärung zu Lebzeiten spricht auch, dass die Lebenspartnerrente keine bundesgesetzlich vorgeschriebene Leistungsart darstellt, wie die am Recht stehende Vorsorgeeinrichtung in ihrer Vernehmlassung festhält. Auf Art. 14 PKG lässt sich somit der streitige Anspruch auf eine Lebenspartnerrente nicht abstützen. 4. Die Beschwerdeführerin rügt wie schon in der Klage und vorinstanzlichen Replik eine Verletzung von Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG (SR 831.40). Nach dieser kraft Art. 49 Abs. 2 Ziff. 26 BVG auch im Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge geltenden Vorschrift muss die Vorsorgeeinrichtung ihre Versicherten jährlich in geeigneter Form u.a. über die Leistungsansprüche informieren. Sie und ihr verstorbener Lebenspartner seien von der Kantonalen Pensionskasse Graubünden ungenügend über die ab 2006 eingeführte Lebenspartnerrente informiert worden. Insbesondere sei auf den jährlich verschickten Pensionskassenausweisen lediglich auf die Ehegattenrente, nicht aber auf die Lebenspartnerrente hingewiesen worden. Sie hätten daher keine Veranlassung gehabt, sich um die Abgabe der Erklärung gemäss Art. 14 lit. d PKG zu kümmern. Das Fehlen dieses Anspruchserfordernisses habe somit die Vorsorgeeinrichtung selber zu vertreten und könne ihr nicht entgegengehalten werden. Die vorinstanzlichen Feststellungen betreffend die Information des verstorbenen Versicherten über diese auf den 1. Januar 2006 neu eingeführte Leistung seien teilweise offensichtlich unrichtig. 4.1 Die Vorinstanz hat erwogen, die beklagte Vorsorgeeinrichtung sei mit der Veröffentlichung des Gesetzes vom 16. Juni 2005 über BGE 136 V 331 S. 334 die Kantonale Pensionskasse Graubünden (womit auch die Lebenspartnerrente zum 1. Januar 2006 eingeführt worden sei) in der Sonderbeilage zum Amtsblatt des Kantons Graubünden Nr. 25 vom 23. Juni 2005 ihren Informationspflichten genügend nachgekommen. Dazu kämen der Hinweis in den zusammen mit den persönlichen Versicherungsausweisen des verstorbenen Lebenspartners vom 2. Mai 2006 und 31. Mai 2007 zugestellten Kurzberichten 2005 und 2006 sowie der Hinweis auf die Änderungen im Pensionskassengesetz im Geschäftsbericht 2005, welcher den Arbeitgebern alljährlich zugestellt werde und im Internet abrufbar sei, worauf im kantonalen Amtsblatt hingewiesen worden sei. Weiter gelte es zu berücksichtigen, dass bereits mehrere Versicherte, darunter auch einige Mitarbeiter des Verstorbenen und seiner an derselben Schule in einem kleinen Pensum tätigen Lebenspartnerin, seit der Einführung der Lebenspartnerrente gegenseitige Unterstützungserklärungen eingereicht hätten. Die Neuerungen bezüglich Lebenspartnerrente seien an ihrer Arbeitsstelle offensichtlich bekannt gewesen. Dieses Wissen müsse sich die Klägerin als langjährige Konkubinatspartnerin des verstorbenen Versicherten anrechnen lassen. Aufgrund der Bereitstellung der Informationen auf schriftlichem und elektronischem Wege könne in einer Gesamtbetrachtung nicht von einer ungenügenden Information oder Aufklärung seitens der Vorsorgeeinrichtung ausgegangen werden. Ein Verstoss gegen Art. 86b BVG liege nicht vor. Die Beschwerdegegnerin weist in ihrer Vernehmlassung überdies darauf hin, die Zustellung des Jahresberichtes 2005 an die angeschlossenen Arbeitgeber sei mit der Aufforderung erfolgt, diesen den Mitarbeitenden zur Verfügung zu halten. Zudem sei im kantonalen Amtsblatt vom 11. Mai 2006 eine Annonce geschaltet gewesen, die darauf hingewiesen habe, dass der Jahresbericht 2005 bei den Arbeitgebern vorliege und im Internet zur Verfügung gestellt werde. Auf ihrer Internetseite seien auch das Pensionskassengesetz, welches das Vorsorgereglement darstelle, und seit Einführung der Lebenspartnerrente ein vorformulierter Unterstützungsvertrag aufgeschaltet gewesen, der bloss habe ausgedruckt, ausgefüllt und an sie zurückgeschickt werden müssen. Sie sei somit ihrer Informationspflicht hinreichend nachgekommen, weshalb nicht relevant sei, wie der Versicherungsausweis in den Jahren 2006-2008 ausgestaltet gewesen sei. Abgesehen davon bestehe auch seitens der Versicherten eine minimale Pflicht, sich über ihre persönlichen BGE 136 V 331 S. 335 berufsvorsorgerechtlichen Belange zu informieren, und im Besonderen könne von nicht verheirateten Personen ein Minimum an Interesse für die wirtschaftlichen Folgen des Zusammenlebens in einer anderen Form als jener der Ehe erwartet werden, zumal diese in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit ein Dauerthema gewesen seien. Schliesslich gelte der Grundsatz, dass niemand Vorteile aus seiner eigenen Rechtsunkenntnis ableiten könne ( BGE 124 V 215 E. 2b/aa S. 220). 4.2 Zu den Leistungsansprüchen, über die die Vorsorgeeinrichtung nach Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG jährlich zu informieren hat, gehören alle gesetzlichen und reglementarischen Leistungen bei einem Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung (vgl. auch Art. 24 Abs. 1 FZG ; SR 831.42) sowie beim Eintritt eines Versicherungsfalles (Alter, Invalidität oder Tod). Sieht das Vorsorgereglement resp. bei öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen das einschlägige Gesetzes- oder Verordnungsrecht eine Lebenspartnerrente vor, ist auch über diese Leistungsart zu informieren. Welches die geeignete Form der Information ist, sagt das Gesetz nicht. 4.2.1 Sinn und Zweck der Pflicht der Vorsorgeeinrichtungen zur "Information der Versicherten" nach Art. 86b BVG ist u.a., dass diese in die Lage versetzt werden, den Stand und die Entwicklung ihrer individuellen Vorsorgesituation jederzeit nachvollziehen zu können (Botschaft vom 1. März 2000 zur Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [1. BVG-Revision], BBl 2000 2637 ff., 2679 und 2701). Die Information muss unaufgefordert und nach dem Gesetzeswortlaut in geeigneter Form erfolgen (BBl 2000 2679; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Berufliche Vorsorge, BVG-Kommentar, 2009, N. 2 zu Art. 86b BVG ). Ziel der gesetzlichen Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtungen, hier aber nicht im Vordergrund stehend, ist auch, das Vertrauen der Versicherten in und deren Interesse an der beruflichen Vorsorge allgemein zu wecken oder zu stärken und zu erhalten (vgl. ROBERT WIRZ, Transparenz in der beruflichen Vorsorge: noch ein langer Weg?, Soziale Sicherheit CHSS 2009 S. 242 ff.). Vor Inkrafttreten von Art. 86b BVG am 1. Januar 2005 bestand eine Informationspflicht von (privaten) Vorsorgeeinrichtungen gegenüber ihren Versicherten von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen lediglich soweit eine entsprechende reglementarische Vorschrift bestand und im Rahmen der aus dem Vertrauensgrundsatz ( Art. 2 Abs. 1 ZGB ) abgeleiteten allgemeinen vertraglichen BGE 136 V 331 S. 336 Loyalitätspflicht. Dabei setzte ein Tätigwerden der Vorsorgeeinrichtung die Erkennbarkeit des Informationsbedarfs der versicherten Person voraus und dass die erforderliche Information ohne weiteres gegeben werden konnte (SVR 2008 BVG Nr. 30 S. 121, B 160/06 E. 4.3.1 mit Hinweisen). 4.2.2 Ein auch im Bereich der beruflichen Vorsorge zu verlangendes Minimum an Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Wahrung eines allenfalls später entstehenden Leistungsanspruchs (vgl. Urteil 9C_1005/2008 vom 5. März 2009 E. 3.2.2) schränkt grundsätzlich die Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtungen nach Art. 86b Abs. 1 BVG nicht ein. Diese ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen den Versicherten gibt im Umgang mit der Materie der beruflichen Vorsorge und ihren oft komplexen Fragestellungen. Ob über die Leistungsansprüche "in geeigneter Form informieren" auch heisst, dass die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen zu erwähnen sind, jedenfalls wenn diese wie vorliegend in Bezug auf die Lebenspartnerrente nicht ohne weiteres als gegeben zu erwarten sind, ist fraglich. Es liesse sich auch der Standpunkt vertreten, dass eine allgemeine Verweisung auf das Vorsorgereglement oder das einschlägige Gesetzes- und Verordnungsrecht für die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen genügt und es dann Sache der Versicherten ist, dort nachzuschauen oder allenfalls bei der über den Wortlaut von Art. 86b Abs. 2 BVG hinaus auch insoweit auskunftspflichtigen Vorsorgeeinrichtung (in diesem Sinne wohl auch JÜRG BRÜHWILER, Obligatorische berufliche Vorsorge, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2030 Rz. 74) nachzufragen. Die Frage kann jedoch offenbleiben. 4.2.3 4.2.3.1 Gesetze gelten mit der amtlichen Publikation des Textes grundsätzlich als bekannt, oder anders ausgedrückt, kann niemand aus seiner eigenen Rechtsunkenntnis Vorteile ableiten ( BGE 131 V 196 E. 5.1 S. 201; BGE 124 V 215 E. 2b/aa S. 220; BGE 103 IV 131 E. 2 S. 133; Urteil 5P.241/2004 vom 23. September 2004 E. 4.2). Dieser Regel gehen indessen in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand positiv-rechtlich normierte Informationspflichten juristischer Personen (Körperschaft oder Anstalt) des öffentlichen (und, wo mit dem Vollzug von Bundesrecht betraut, gegebenenfalls auch des privaten) Rechts vor. Die amtliche Publikation hat insoweit lediglich die Bedeutung einer allgemeinen Informationsquelle. Daraus folgt, dass mit der BGE 136 V 331 S. 337 Publikation des am 16. Juni 2005 vom Bündner Grossen Rat verabschiedeten kantonalen Pensionskassengesetzes (welches die geltende Pensionskassenverordnung ablöste) im kantonalen Amtsblatt Nr. 25 vom 23. Juni 2005 die Informationspflicht nach Art. 86b Abs. 1 BVG in Bezug auf die neu eingeführte Hinterlassenenleistung "Lebenspartnerrente" nicht erfüllt war. Anders verhielte es sich, wenn den Versicherten der Gesetzestext samt Hinweis auf wesentliche Neuerungen bei den Leistungsansprüchen abgegeben worden wäre, was indessen nicht der Fall war. Ein solcher Hinweis fehlte offenbar in den den Versicherungsausweisen vom 2. Mai 2006 und 31. Mai 2007 beigelegten Kurzberichten 2005 und 2006, in welchen lediglich auf das Inkrafttreten des neuen Pensionskassengesetzes am 1. Januar 2006 aufmerksam gemacht worden war. Mit der Abgabe dieser Berichte zusammen mit dem Vorsorgeausweis kam daher die Beschwerdegegnerin ihrer Informationspflicht nach Art. 86b Abs. 1 BVG betreffend die neue Lebenspartnerrente ebenfalls nicht in genügender Weise nach. Dasselbe gilt auch in Bezug auf die von der beklagten Vorsorgeeinrichtung angeführte Aufschaltung des Gesetzestextes und von Hinweisen auf die neue Leistungsart auf ihrer Internetseite mit der Möglichkeit, einen vorformulierten Unterstützungsvertrag herunterzuladen und ausgefüllt an sie zurückzusenden. 4.2.3.2 Ebenfalls stellte die Abgabe des Jahresberichts 2005 an die angeschlossenen Arbeitgeber, in welchem auf die neue Lebenspartnerrente in allgemeiner Form hingewiesen wurde, keine die versicherten Arbeitnehmer bindende Information im Sinne von Art. 86b Abs. 1 BVG dar. Vorab enthält das Pensionskassengesetz keine Regelung, wonach die einzelnen Arbeitgeber für die Weitergabe vorsorgerechtlich relevanter Informationen an die Versicherten zu sorgen hätten (anders Urteil B 85/06 vom 6. Juni 2007 E. 5.1, nicht publiziert in: BGE 133 V 314 , aber in: SVR 2008 BVG Nr. 4 S. 13). Die Beschwerdegegnerin hält in ihrer Vernehmlassung denn auch fest, der Jahresbericht 2005 sei den angeschlossenen Arbeitgebern mit der Aufforderung abgegeben worden, diesen den Mitarbeitenden zur Verfügung zu halten (vorne E. 4.1). Abgesehen davon ist fraglich, ob eine im massgebenden Vorsorgerecht (Statuten, Reglement, Gesetz oder Verordnung) ausdrücklich vorgesehene Information des Arbeitgebers genügt. Art. 86b Abs. 1 BVG spricht ausdrücklich von der Information der Versicherten . Selbst wenn im Übrigen die Schule, wo der verstorbene Versicherte und auch die Beschwerdeführerin unterrichtet hatten, Kenntnis von deren lebenspartnerschaftlichen BGE 136 V 331 S. 338 Beziehung gehabt und dies nicht mitgeteilt haben sollte, ergibt sich daraus nichts, was für die am Vorsorgeverhältnis Beteiligten erheblich wäre (Art. 10 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1] und Art. 331 Abs. 4 OR ; SVR 2009 BVG Nr. 18 S. 65, 9C_710/2007 E. 5.1; vgl. auch Urteil 4C_413/2004 vom 10. März 2005 E. 3). Dass einige Mitarbeiter offenbar die nach Art. 14 Abs. 1 lit. d PKG erforderliche Unterstützungserklärung abgegeben hatten, lässt keine Rückschlüsse in Bezug auf die Frage zu, ob die Pensionskasse die Versicherten in geeigneter Form über die neue Lebenspartnerrente informiert hatte, wie die Beschwerdeführerin richtig festhält. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz führt nach dem Gesagten auch eine Gesamtbetrachtung nicht zum Ergebnis, dass die Beschwerdegegnerin ihrer Informationspflicht nach Art. 86b Abs. 1 BVG in Bezug auf die zum 1. Januar 2006 neu eingeführte Lebenspartnerrente in genügender Weise nachgekommen war. 4.3 Hinsichtlich der Folgen der Verletzung von Art. 86b Abs. 1 BVG ist vorliegend zu beachten, dass in den Versicherungsausweisen 2006-2008 die Lebenspartnerrente nicht aufgeführt war, was unbestritten ist. Hingegen waren alle übrigen Renten, insbesondere die Ehegattenrente, deren Höhe und auf der Rückseite die Anspruchsvoraussetzungen genannt. In Anbetracht, dass die Information betreffend die neue Lebenspartnerrente, wie dargelegt, ungenügend war und somit als nicht erfolgt zu gelten hat, ist der fehlende Hinweis auf diese Leistung in den Versicherungsausweisen 2006-2008 gleich wie eine zu Unrecht unterlassene behördliche Auskunft im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes (vgl. dazu BGE 121 V 65 E. 2a und 2b S. 66 f. sowie Urteil 9C_507/2009 vom 29. Januar 2010 E. 2 mit Hinweisen) zu betrachten. Es stellt sich somit die Frage, ob der verstorbene Versicherte die nach Art. 14 Abs. 1 lit. d PKG erforderliche gegenseitige Unterstützungserklärung gegenüber der Beschwerdegegnerin abgegeben hätte, wenn auf den Versicherungsausweisen 2006-2008 auch die Lebenspartnerrente samt Anspruchsvoraussetzungen erwähnt worden wäre. Das ist zu vermuten, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nach Art. 14 Abs. 1 lit. b und c PKG erfüllt wären, insbesondere der verstorbene Versicherte die Beschwerdeführerin in den letzten fünf Jahren vor dem Tod in erheblichem Masse unterstützt hätte, was gemäss Vorbringen in der Klage der Fall gewesen sein soll. Das BGE 136 V 331 S. 339 kantonale Gericht hat hiezu indessen keine Feststellungen getroffen, und die Akten sind insoweit auch nicht liquid. Die Vorinstanz wird somit diesbezügliche Abklärungen vorzunehmen haben und danach über den streitigen Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Lebenspartnerrente neu entscheiden. In diesem Sinne ist die Beschwerde begründet.
null
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e3bff023-ff6b-490a-8779-7085d6a117af
Urteilskopf 86 I 23 5. Arrêt du 10 février 1960 dans la cause République Arabe Unie contre dame X.
Regeste 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Arrestbefehl (Erw. 1). 2. Gerichtliche Immunität fremder Staaten. Tragweite. Merkmal für die Unterscheidung zwischen Hoheitsakt und Rechtsgeschäft (Erw. 2). 3. Vollstreckungsrechtliche Immunität fremder Staaten. Tragweite. Zulässigkeit der Arrestnahme für eine noch nicht gerichtlich festgestellte Forderung (Erw. 4). 4. Arrestierung von Vermögenswerten, die einem fremden Staate gehören und nicht einem bestimmten Zwecke gewidmet sind (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 24 BGE 86 I 23 S. 24 A.- Les 22 et 23 janvier 1951, dame X., domiciliée à Zurich, loua au Ministre d'Egypte en Autriche, agissant au nom de la représentation étrangère du Royaume d'Egypte en Autriche, une villa qu'elle possède à Vienne. L'immeuble devait être utilisé pour les services de la mission diplomatique égyptienne et pour la résidence du ministre. Il fut convenu notamment que le loyer serait payable à la Banque cantonale de Schwyz (art. IV) et que le for compétent serait au tribunal ordinaire de Zurich-Ville (art. XIII). B.- En automne 1957, dame X., se plaignant que le locataire ne respectait pas ses obligations, dénonça le bail et réclama 187 671.62 shillings autrichiens. En garantie de cette prétention, elle obtint, le 10 octobre 1957, du Tribunal de première instance de Genève une ordonnance de séquestre contre "la République égyptienne ou Etat égyptien, pris en la personne du chef de son gouvernement, au Caire". Les objets à séquestrer, à concurrence d'un BGE 86 I 23 S. 25 montant de 31 682.16 francs suisses plus intérêts et frais, se trouvaient à l'agence de Genève du Crédit suisse; ils étaient désignés comme suit: "Tous fonds, espèces, sommes d'argent, créances, appartenant ou revenant au débiteur à quel titre que ce soit au nom et pour le compte ou en faveur de la République égyptienne ou Etat égyptien, de ses ministères et tous autres services, notamment la Banque nationale égyptienne ainsi que tous comptes ouverts ou accréditifs et tout particulièrement un accréditif de 8 millions de francs suisses ouvert par les autorités égyptiennes ou par une banque égyptienne en faveur de la maison Rexim SA actuellement en concordat par abandon d'actif." Un double de l'ordonnance de séquestre ainsi que le commandement de payer destiné à la valider furent remis au Département politique fédéral pour être notifiés à la République égyptienne par voie diplomatique. Le 12 novembre 1957, l'Ambassade de Suisse au Caire fit une démarche à cette fin auprès du Ministère égyptien des affaires étrangères. Ce dernier refusa cependant de transmettre les documents à l'autorité compétente et d'en accuser réception. Il allégua que le séquestre et la poursuite n'étaient pas compatibles avec l'immunité de juridiction et d'exécution de l'Etat égyptien. Le 13 mai 1959, l'Ambassade de Suisse au Caire établit une attestation certifiant qu'elle avait tenté de remettre les pièces en cause au Ministère égyptien des affaires étrangères. Cette attestation fut transmise à l'Office des poursuites de Genève. Le 18 juin 1959, ce dernier, constatant que le commandement de payer n'avait pas été frappé d'opposition, convertit le séquestre du 10 octobre 1957 en une saisie définitive. C.- Au printemps 1959, le ministre de la République Arabe Unie (RAU) à Vienne - la RAU, crée le 1er février 1958 et qui comprend notamment l'ancienne Egypte, a repris les obligations de cette dernière - évacua les locaux. Dame X. fit alors expertiser l'immeuble et le mobilier loués. Elle fut ainsi amenée à augmenter sa réclamation et obtint du Tribunal de première instance de Genève, le 11 septembre 1959, un séquestre en main du Crédit BGE 86 I 23 S. 26 suisse pour un montant supplémentaire de 91 500 fr. Ce séquestre fut exécuté le 12 septembre 1959. Une copie de l'ordonnance de séquestre ainsi que le commandement de payer destiné à la valider furent également transmis par voie diplomatique au gouvernement de la RAU, au Caire. Toutefois, par une note du 15 octobre 1959, le Ministère des affaires étrangères de la RAU refusa de recevoir ces documents, ces "formalités étant", selon lui, "diamétralement opposées aux principes du droit international". D.- La présence en Suisse de fonds appartenant à l'Egypte s'explique par des contrats d'achat de matériel de guerre que cette dernière a passés en 1953 avec la société Rexim SA à Genève. Pour garantir le paiement du prix d'achat, l'Egypte avait ouvert, par l'intermédiaire de sa banque nationale, des accréditifs sur le Crédit suisse au bénéfice de la société Rexim pour un montant d'environ 8 millions. Ces contrats ne furent toutefois exécutés que dans une très faible mesure. En effet, le 22 décembre 1956, Rexim SA obtint un sursis concordataire et, le 24 mai 1957, l'homologation d'un concordat par abandon d'actif. Le 31 janvier 1957, elle avait fait opérer sur les provisions versées par la Banque nationale d'Egypte au Crédit suisse un séquestre de 8 611 437 francs suisses. Le 1er décembre 1959, la RAU et Rexim SA passèrent une transaction pour "mettre fin à l'amiable à tous les litiges les séparant". La RAU s'engagea à payer à Rexim SA une somme de 500 000 fr. et à lui restituer la valeur d'une lettre de garantie de 12 502.80 $. De son côté, Rexim SA s'obligea à renoncer au séquestre qu'elle avait fait opérer le 31 janvier 1957. Le Crédit suisse devait mettre les sommes séquestrées à la disposition du gouvernement de la RAU, sous réserve des deux montants à payer à Rexim SA C'est ce qu'il fit, en conservant toutefois 150 000 fr. en couverture des deux séquestres opérés pas dame X. BGE 86 I 23 S. 27 E.- Agissant par la voie du recours de droit public, la RAU requiert le Tribunal fédéral d'annuler ces deux séquestres ainsi que les actes de poursuite qui les ont suivis. Elle soutient essentiellement que ces actes ne lui ont pas été régulièrement notifiés et qu'ils violent le principe de l'immunité de juridiction des Etats étrangers. Dame X. conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Si les ordonnances de séquestre étaient annulées, les poursuites qui ont été intentées pour les valider devraient nécessairement l'être aussi, puisque les conditions dont dépend le for spécial auquel elles ont été intentées ne seraient plus réunies. Le recours est dès lors recevable non seulement contre les ordonnances de séquestre, mais aussi contre les commandements de payer qui les ont suivies (RO 82 I 79/80 consid. 1). Le recours est recevable également du point de vue de la subsidiarité du recours de droit public (art. 84 al. 2 OJ). En effet, les ordonnances de séquestre ne sont susceptibles ni des recours ordinaires énumérés à l'art. 36 LP ni d'une autre voie de droit auprès d'une autorité fédérale (RO 82 I 80 consid. 2). Enfin, les conditions posées par la loi quant à l'épuisement des moyens de droit cantonal sont remplies, du moment que la recourante se plaint d'une violation du principe de l'immunité de juridiction des Etats étrangers et qu'elle peut dès lors saisir directement la Cour de céans (RO 82 I 82). 2. Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, le principe de l'immunité de juridiction des Etats étrangers n'est pas une règle absolue et d'une portée toute générale. Il faut au contraire faire une distinction suivant que l'Etat étranger agit en vertu de sa souveraineté (jure imperii) ou comme titulaire d'un droit privé (jure gestionis). C'est dans le premier cas seulement qu'il a le droit d'invoquer le principe de l'immunité de juridiction. Dans le second, en BGE 86 I 23 S. 28 revanche, il peut être recherché devant les tribunaux suisses et faire, en Suisse, l'objet de mesures d'exécution forcée, à la condition toutefois que le rapport de droit auquel il est ainsi partie soit rattaché au territoire de ce pays, c'est-à-dire qu'il y soit né, ou doive y être exécuté ou tout au moins que le débiteur ait accompli certains actes de nature à y créer un lieu d'exécution (RO 82 I 85/86, consid. 7 et la jurisprudence citée). Les principes qui guident le Tribunal fédéral inspirent du reste également la jurisprudence de nombreux tribunaux étrangers. Ainsi en va-t-il en Autriche (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, vol. 52, 1950, p. 531, arrêt Dralle de la Cour suprême, à Vienne, du 10 mai 1950), en Allemagne (Juristenzeitung, 1954, p. 117, arrêt du Landsgericht de Kiel, du 19 mars 1953, suivi d'une note critique du professeur AUBIN), en Italie et en Belgique (cf. DE VISSCHER, Les gouvernements étrangers en justice, Revue de droit international et de législation comparée, 1922, p. 303/304; LALIVE, L'immunité de juridiction des Etats et des organisations internationales, dans Recueil des cours de l'Académie de droit international, 1953, p. 247), dans une certaine mesure aussi en France (cf. LÉMONON, L'immunité de juridiction et d'exécution forcée des Etats étrangers, dans Annuaire de l'Institut de droit international, 44, p. 13; LALIVE, op.cit., p. 238, ainsi qu'un arrêt du Tribunal civil de Casablanca du 10 mars 1955, Revue critique de droit international privé, 1955, p. 536). Il semble même que les autorités britanniques et américaines ne soient plus aussi fermement attachées que par le passé à la règle de l'immunité absolue (cf. LALIVE, op.cit., p. 223/224, 234 ss.). Quant à l'Egypte, même depuis la suppression des tribunaux mixtes, elle limite également l'immunité de juridiction aux actes de puissance publique (LALIVE, op.cit., p. 247 et 278; LAUTERPACHT, The problem of jurisdictional immunities of foreign States, dans The British Year Book of international law, 1951, p. 255/6; LÉMONON, op.cit., p. 15; Journal du droit international, BGE 86 I 23 S. 29 1946-1949, p. 113; voir surtout l'arrêt particulièrement net publié dans le Bulletin de législation et de jurisprudence égyptiennes, 1951, p. 192-194). Pour distinguer les actes de gestion des actes de gouvernement, le juge doit se fonder non sur leur but, mais sur leur nature, et examiner si, à cet égard, l'acte relève de la puissance publique ou s'il est semblable à celui que tout particulier pourrait accomplir (cf. DE VISSCHER, dans Annuaire de l'Institut de droit international, 44, p. 136; LAUTERPACHT, op.cit., p. 225; WEISS, cité par LAUTERPACHT, loc.cit., et par LALIVE, op.cit., p. 258; arrêt cité par LAUTERPACHT, op.cit., p. 256/257, note 7; cette distinction selon la nature et non d'après le but de l'acte paraît être à la base de l'arrêt reproduit dans la Revue critique, 1955, p. 534 ss.). En appliquant la distinction suivant la nature de l'acte, le juge peut du reste s'aider de critères extérieurs à cet acte lui-même. De ce point de vue, le lieu où l'Etat étranger a agi peut fournir parfois certaines indications. Ainsi, lorsqu'un Etat entre en relation avec un particulier en dehors de ses frontières et sur le territoire d'un autre Etat sans que ses relations (diplomatiques) avec ce dernier soient en cause, il y a là un indice sérieux qu'il accomplit un acte jure gestionis. 3. En l'espèce, les rapports de droit en litige ont leur source dans un contrat de bail. Ce contrat a été passé entre dame X., propriétaire et bailleresse de l'immeuble, et le Ministre d'Egypte en Autriche, locataire au nom de la représentation étrangère du Royaume d'Egypte en Autriche, c'est-à-dire au nom de l'Etat égyptien. Bien que conclue entre un Etat et un particulier, cette convention présente toutes les caractéristiques d'un accord entre deux personnes privées. En effet, aucune des dispositions du contrat ne permet de penser que dame X. se serait trouvée, vis-à-vis de l'Etat égyptien, dans la situation du simple citoyen en face de l'Etat souverain. L'ensemble de la convention démontre au contraire que les deux parties étaient sur un pied de parfaite égalité. Dame X. a assumé BGE 86 I 23 S. 30 certaines obligations et l'Etat égyptien en a fait autant pour ce qui le concerne. Ces obligations ressortissent du reste au droit privé et les parties l'ont si bien compris qu'elles sont convenues de soumettre leur litige à un tribunal civil ordinaire. Qui plus est, l'Etat égyptien a accepté que ce tribunal ne fût pas celui qui eût été naturellement compétent. Dès lors, en signant le contrat, il a agi de la même manière que n'importe quel particulier louant un immeuble pour s'y loger. Il a donc accompli un acte de gestion. Le contrat de bail litigieux étant, par sa nature, un acte de gestion, il reste à savoir s'il est rattaché au territoire suisse, comme l'exige la jurisprudence du Tribunal fédéral. Tel est certainement le cas, puisque le loyer était payable en main de la Banque cantonale de Schwyz et que les conflits relatifs au contrat devaient être jugés par les tribunaux zurichois. La recourante ne saurait dès lors se prévaloir de l'immunité de juridiction des Etats étrangers. 4. La recourante invoque aussi l'immunité d'exécution. Elle se heurte cependant à la jurisprudence du Tribunal fédéral, selon laquelle le pouvoir d'exécution découle du pouvoir de juridiction (RO 82 I 88/89). Certes, la doctrine et la jurisprudence hésitent à admettre le pouvoir d'exécution dans la même mesure que le pouvoir de juridiction des autorités d'un Etat à l'égard d'un Etat étranger. Ces hésitations ne sont cependant pas justifiées en Suisse, où la jurisprudence ne reconnaît le pouvoir de juridiction des autorités locales que dans des limites précises, c'est-à-dire uniquement à l'égard des actes de gestion rattachés au territoire suisse. Du reste, certains auteurs considèrent aussi que le pouvoir d'exécution est la conséquence du pouvoir de juridiction (SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, 4e éd., 1958, vol. II, p. 836/837; RIEZLER, Internationales Zivilprozessrecht, Berlin 1949, p. 401/402; SIEBERT, Traité de droit international public, tome I, p. 272/273). La recourante croit, il est vrai, discerner une raison BGE 86 I 23 S. 31 d'opposer au séquestre l'immunité d'exécution dans le fait que la mesure frappant ses biens est intervenue sans que l'existence de sa dette fût établie. Elle omet cependant que, dans le système du droit suisse, le séquestre est une mesure conservatoire qui précède souvent l'introduction de l'action. D'autres pays du reste admettent la légitimité de telles mesures (Italie, loi du 15 juillet 1926, citée dans British Year Book 1951, p. 242; Belgique, arrêt Socobel c. Etat hellénique, Revue critique, 1952, p. 113/114). Il en va de même de l'article 5 des résolutions adoptées par l'Institut de droit international à sa session d'Aixen-Provence, en tant du moins qu'il ne s'agit pas des biens affectés à l'exercice de l'activité "gouvernementale qui ne se rapporte pas à une exploitation économique quelconque" (Annuaire vol. 45, 2e partie, p. 295). 5. La recourante excipe enfin de la destination des biens séquestrés. Elle rappelle que l'Etat égyptien avait déposé ces fonds en Suisse afin de financer des achats d'armes qu'il se proposait de faire auprès de la société Rexim SA Les sommes en cause étaient donc affectées aux besoins de la défense nationale et, partant, ne pouvaient être séquestrées. Cette argumentation ne tient cependant pas compte de la réalité des faits. En septembre 1959, à l'époque du second séquestre opéré par dame X., il n'était en effet plus question que Rexim SA livrât les armes commandées. La société était en liquidation concordataire depuis presque trois ans. Bien plus, les liquidateurs, loin de chercher à exécuter les contrats de fourniture de matériel de guerre, avaient au contraire entamé des négociations avec les fournisseurs de la société et la RAU pour obtenir l'extinction de toutes les obligations résultant des conventions. Certes, bien que les armes ne dussent plus être livrées, la somme de quelque 8 000 000 de francs suisses, séquestrée au profit de Rexim SA, devait être affectée en premier lieu au règlement de comptes avec cette société. Cependant, le solde, qui - la transaction du 1er décembre BGE 86 I 23 S. 32 1959 le confirme - comprenait la plus grande partie de la somme, devenait disponible. Au moment du second séquestre, les biens saisis n'étaient donc plus affectés à un but précis touchant à la défense nationale. Dans la mesure où ils n'étaient pas séquestrés, la RAU pouvait en user librement. La question est dès lors de savoir si l'intimée pouvait faire séquestrer ces biens, qui appartenaient à un Etat étranger et qui, n'étant affectés à aucun but précis, pouvaient être utilisés pour n'importe quelle tâche de l'Etat. Lorsqu'un Etat possède des fonds dans un autre Etat et qu'il les affecte à son service diplomatique ou à une autre mission lui incombant en sa qualité propre de puissance publique, il peut s'opposer à ce qu'ils fassent l'objet d'un séquestre. En effet, les fonds sont alors destinés à l'accomplissement d'actes de souveraineté. Comme ces derniers, ils sont protégés par l'immunité de juridiction et, partant, par l'immunité d'exécution. La situation est différente quand les biens ne sont, comme en l'espèce, destinés à aucun but déterminé. L'absence d'une affectation précise permet d'admettre la validité d'un séquestre opéré en Suisse sur les avoirs d'un Etat étranger. C'est ainsi que, dans son arrêt RO 44 I 49, le Tribunal fédéral a confirmé la validité d'un séquestre portant sur un avoir de l'Etat autrichien, qui n'avait pas de destination déterminée. Dans les arrêts RO 56 I 237 et 82 I 75, le séquestre avait aussi pour objet des biens dont l'utilisation n'avait pas été fixée, et, s'il a été annulé, ce n'est pas pour cette raison, mais uniquement parce que les créances en poursuite n'étaient pas rattachées au territoire suisse. La Chambre de droit public n'a pas de raison d'adopter une solution différente en l'espèce. Le second séquestre est donc valable à tous points de vue. Quant au premier séquestre, du 10 octobre 1957, converti en saisie définitive le 18 juin 1959, la RAU ne l'a attaqué par la voie du recours de droit public que le 14 novembre 1959, c'est-à-dire manifestement après l'échéance du délai BGE 86 I 23 S. 33 prévu par l'art. 89 al. 1 OJ. Sur ce point, son recours est donc irrecevable. Il est vrai que, si le séquestre violait l'ordre public international, il pourrait être attaqué après l'expiration du délai de l'art. 89 OJ, à l'occasion d'une mesure d'exécution (arrêt non publié du 7 octobre 1938 dans la cause Etat yougoslave contre SA Sogerfin, consid. 3, reproduit dans SJ 1939, p. 61). Toutefois, il n'y a pas eu en l'espèce de mesures d'exécution du premier séquestre dans les trente jours précédant le 14 novembre 1959. Pour le premier séquestre, le recours est donc de toutes manières tardif. Il serait du reste mal fondé. En effet, la recourante ne démontre pas que le 10 octobre 1957, date du premier séquestre, Rexim SA était encore tenue de livrer les armes commandées et que, par conséquent, les fonds égyptiens déposés en Suisse étaient spécialement affectés, comme à l'origine, au paiement des fournitures de matériel de guerre. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours en tant qu'il est recevable.
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Urteilskopf 137 IV 280 40. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause Ministère public central du canton de Vaud contre A. et consorts (recours en matière pénale) 1B_238/2011 du 13 septembre 2011
Regeste Art. 101 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 StPO ; Verweigerung, Auskunftspersonen Akteneinsicht zu gewähren. Als Verfahrensbeteiligte geniessen Auskunftspersonen insofern die Verfahrensrechte einer Partei, als sie in ihren Rechten i.S. von Art. 105 Abs. 2 StPO unmittelbar betroffen sind (E. 2.1). Dies setzt eine direkte, unmittelbare und persönliche Betroffenheit voraus (E. 2.2.1). Die blosse Vorladung zu einer Einvernahme bedeutet keine derartige Betroffenheit (E. 2.2.2). Die offene Formulierung von Art. 101 Abs. 1 StPO räumt der Verfahrensleitung einen gewissen Ermessensspielraum ein. Die Behörde missbraucht ihr Ermessen nicht, wenn sie Auskunftspersonen die Akteneinsicht zu einem Zeitpunkt verweigert, in dem die Auskunftspersonen noch nicht erstmals einvernommen worden sind und in dem die Untersuchung noch nicht weit fortgeschritten ist (E. 2.3).
Sachverhalt ab Seite 281 BGE 137 IV 280 S. 281 Entre le 23 et le 24 avril 2010, X. et Y., élèves de l'école Z., ont fait une chute mortelle alors qu'ils participaient à une fête organisée par un groupe d'élèves. Par mandat du 8 février 2011, le Ministère public de l'arrondissement de l'Est vaudois (ci-après: le Ministère public) a cité A. (directeur de l'école Z.), B. (responsable du campus) et C. (responsable de la faculté) à comparaître en qualité de personnes appelées à donner des renseignements au sens de l'art. 178 du code de procédure pénale suisse (CPP; RS 312.0). Les intéressés ont demandé à pouvoir consulter l'intégralité du dossier de la cause avant leur audition. Le Ministère public a rejeté cette requête par décision du 1 er mars 2011. Statuant sur recours de A., B. et C., la Chambre des recours pénale du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal) a réformé cette décision en ce sens que les prénommés étaient autorisés à consulter le dossier avant leur audition. Cette autorité a considéré en substance que leur audition en qualité de personnes appelées à donner des renseignements selon l' art. 178 let . d CPP les touchait directement dans leurs droits, de sorte que la qualité de partie devait leur être reconnue en application de l' art. 105 al. 2 CPP . A l'instar d'un prévenu, ils avaient donc le droit de consulter le dossier avant leur première audition en vertu de l' art. 101 al. 1 CPP , car ce droit avait déjà été reconnu à la partie plaignante. Agissant par la voie du recours en matière pénale, le Ministère public central du canton de Vaud demande au Tribunal fédéral d'annuler cet arrêt et de confirmer l'ordonnance du 1 er mars 2011. Le Tribunal fédéral a admis le recours et confirmé la décision rendue le 1 er mars 2011 par le Ministère public. (résumé) BGE 137 IV 280 S. 282 Erwägungen Extrait des considérants: 2. Invoquant une violation des art. 101 al. 1, 105 al. 2 et 180 al. 1 CPP, le Ministère public recourant soutient que les intimés ne peuvent pas avoir accès au dossier avant leur première audition, qu'ils soient ou non assimilés à des prévenus. 2.1 Les personnes appelées à donner des renseignements sont considérées comme des participants à la procédure ( art. 105 al. 1 let . d CPP). Lorsqu'elles sont directement touchées dans leurs droits, la qualité de partie doit leur être reconnue dans la mesure nécessaire à la sauvegarde de leurs intérêts ( art. 105 al. 2 CPP ). Si ces conditions sont réalisées, elles peuvent notamment se voir reconnaître le droit de consulter le dossier sur la base de l' art. 101 al. 1 CPP , dans la mesure nécessaire à la sauvegarde de leurs intérêts (cf. NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, n° 7 ad art. 101 CPP ; MARKUS SCHMUTZ, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, n os 5 et 8 ad art. 101 CPP ). Aux termes de l' art. 101 al. 1 CPP , les parties peuvent en effet consulter le dossier d'une procédure pendante au plus tard après la première audition du prévenu et l'administration des preuves principales par le ministère public, l' art. 108 CPP étant réservé. Sauf si elles se sont constituées parties plaignantes, les personnes appelées à donner des renseignements ne sont pas tenues de déposer, les dispositions concernant l'audition du prévenu leur étant au surplus applicables par analogie ( art. 180 al. 1 CPP ). Au début de l'audition, les autorités pénales attirent leur attention sur leur droit de refuser de déposer ou de témoigner ( art. 181 al. 1 CPP ). 2.2 Le recourant critique l'application de l' art. 105 al. 2 CPP , en affirmant en substance que les personnes appelées à donner des renseignements disposent de suffisamment d'informations pour décider de faire ou non usage de leur droit de se taire, de sorte que la consultation du dossier n'est pas nécessaire à la sauvegarde de leurs intérêts. Le Tribunal cantonal aurait donc considéré à tort que l'audition des intimés en qualité de personnes appelées à donner des renseignements les touchait directement dans leurs droits au sens de l' art. 105 al. 2 CPP . 2.2.1 Alors que les parties peuvent se prévaloir sans condition des droits procéduraux conférés par le code, les autres participants à la procédure doivent établir qu'ils sont directement touchés dans leurs droits au sens de l' art. 105 al. 2 CPP (NIKLAUS SCHMID, op. cit., n° 10 BGE 137 IV 280 S. 283 ad art. 105 CPP ; VIKTOR LIEBER, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [éd.], 2010, n° 1 ad art. 105 CPP ). Ils ne peuvent donc bénéficier des droits de parties que si cette condition est réalisée. Une exception semblable existait déjà avant l'entrée en vigueur du CPP; les tiers touchés par une mesure de contrainte avaient en effet les mêmes droits que le prévenu (Département fédéral de justice et police [DFJP], Rapport explicatif relatif à l'avant-projet d'un code de procédure pénale suisse,2001, p. 85; GÉRARD PIQUEREZ, Traité de procédure pénale suisse, 2 e éd. 2006, n. 538 p. 349). Pour que le participant à la procédure se voie reconnaître la qualité de partie en application de l' art. 105 al. 2 CPP , il faut que l'atteinte à ses droits soit directe, immédiate et personnelle, une atteinte de fait ou indirecte étant insuffisante (cf. STEPHAN STUCKI, in Kommentierte Textausgabe zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Goldschmid/Maurer/Sollberger [éd.], 2008, p. 83;NIKLAUS SCHMID, op. cit., n° 10 ad art. 105 CPP ; HENRIETTE KÜFFER, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, n° 31 ad art. 105 CPP ). Comme exemples d'atteintes directes aux droits des autres participants à la procédure, la doctrine mentionne les atteintes aux droits et libertés fondamentales, l'obligation de se soumettre à une expertise, la contestation du droit de se taire, le rejet d'une demande d'indemnité, la condamnation aux frais ou encore le refus d'une mesure de protection (cf. VIKTOR LIEBER, op. cit., n os 12 ss ad art. 105 CPP ; YASMINA BENDANI, in Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, n os 6, 10 et 14 ad art. 105 CPP ; cf. également GÉRARD PIQUEREZ, op. cit., n. 538 p. 349). 2.2.2 Il découle de ce qui précède que les participants à la procédure ne jouissent en principe pas des droits reconnus aux parties, sauf si l'exception de l' art. 105 al. 2 CPP est réalisée, c'est-à-dire en cas d'atteinte directe, immédiate et personnelle aux droits de la personne concernée. Or, la simple convocation à une audition n'apparaît pas constitutive d'une telle atteinte. Le fait d'être entendu est en effet inhérent au statut de personne appelée à donner des renseignements et il ne justifie pas à lui seul de faire une exception à la règle précitée. Un auteur évoque certes la possibilité de reconnaître le droit de consulter le dossier à la personne appelée à donner des renseignements pour qu'elle puisse s'informer dans le but de faire valoir ses droits dans la procédure, par exemple le droit de se taire (JOËLLE BGE 137 IV 280 S. 284 CHAPUIS, in Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, n° 2 ad art. 101 CPP ). On ne saurait cependant suivre cet avis, la reconnaissance automatique de ce droit de consulter le dossier revenant en définitive dans ce cas à ériger en règle l'exception de l' art. 105 al. 2 CPP . Cela serait contraire à la systématique du code et à la volonté du législateur, qui a prévu de ne reconnaître un tel droit aux autres participants à la procédure qu'à titre exceptionnel. Ces derniers ne sont au demeurant pas dépourvus de droits, puisque l' art. 180 al. 1 CPP donne aux personnes appelées à donner des renseignements le droit de refuser de déposer, les dispositions concernant l'audition du prévenu leur étant au surplus applicables par analogie. En définitive, la simple convocation des intimés à une audition ne leur cause pas d'atteinte au sens de l' art. 105 al. 2 CPP et elle ne justifie pas de leur reconnaître la qualité de partie, ni de leur donner le droit de consulter le dossier avant même leur première audition. C'est dès lors à juste titre que le ministère public recourant se plaint d'une violation de l' art. 105 al. 2 CPP . 2.3 Au demeurant, même si la qualité de partie devait leur être reconnue en application de l' art. 105 al. 2 CPP , les intimés n'auraient pas pour autant le droit de consulter le dossier à ce stade de la procédure. L' art. 101 al. 1 CPP prévoit en effet que les parties peuvent consulter le dossier "au plus tard après la première audition du prévenu et l'administration des preuves essentielles". Or, en l'occurrence aucun prévenu n'a encore été entendu et il n'est pas établi que les preuves essentielles aient été administrées. De plus, aucun des intimés n'a été auditionné formellement. Il est vrai que la formulation de l' art. 101 al. 1 CPP est ouverte et qu'elle permet en théorie une consultation du dossier avant la première audition du prévenu et l'administration des preuves essentielles. Elle confère ainsi à la direction de la procédure un certain pouvoir d'appréciation, qu'il convient de respecter. En l'espèce, on ne saurait faire grief au Ministère public d'avoir abusé de ce pouvoir, dès lors que l'instruction n'apparaît pas particulièrement avancée au regard des auditions importantes qui restent à mener, en particulier celles des intimés. Quoi qu'il en soit, les intéressés n'ont en tout cas pas un droit de consulter le dossier avant même leur première audition ( ATF 137 IV 172 consid. 2.3 p. 174 s. et les références citées). Quant au principe de l'égalité des armes sur lequel se fonde l'arrêt attaqué, il ne conduit pas à une appréciation différente. En effet, quand BGE 137 IV 280 S. 285 bien même la partie plaignante aurait eu accès au dossier, cela ne saurait conférer un droit de consultation à toutes les autres parties, voire aux tiers qui devraient être assimilés à des parties, quel que soit le stade de l'instruction. Une telle solution serait contraire à la volonté du législateur, qui a clairement refusé de reconnaître de manière générale au prévenu un droit de consulter le dossier dès le début de la procédure ( ATF 137 IV 172 consid. 2.3 p. 174 et les références citées). Or, même si la présente instruction a débuté le 24 avril 2010, il apparaît que des auditions qui pourraient être décisives n'ont pas encore été menées, de sorte qu'une consultation généralisée du dossier à ce stade ne s'imposait pas. La décision du Ministère public respectait donc l' art. 101 al. 1 CPP sans mettre en péril l'égalité des armes entre les plaignants et les intimés, qui auront tout loisir de consulter le dossier lorsqu'ils pourront se prévaloir de la disposition précitée.
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Urteilskopf 141 V 650 71. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. und Pensionskasse C. in Liq. gegen Sicherheitsfonds BVG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_119/2015 / 9C_138/2015 vom 13. November 2015
Regeste Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG ; Sicherstellung gesetzlicher Leistungen von Vorsorgeeinrichtungen. Der Sicherheitsfonds hat eine Freizügigkeitsleistung, die ohne Bestehen eines Vorsorgeverhältnisses in eine Vorsorgeeinrichtung eingebracht wurde, nicht sicherzustellen, und zwar unabhängig vom Hintergrund der Überweisung (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 650 BGE 141 V 650 S. 650 A. A.a Die Pensionskasse C. bezweckte die Durchführung der obligatorischen und weitergehenden beruflichen Vorsorge für die Arbeitnehmer der Mitgliedfirmen des Verbandes D. Mit Verfügung vom 15. Dezember 2009 suspendierte das Amt für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons Zürich (BVS) als zuständige Aufsichtsbehörde die bisherigen Stiftungsräte und setzte einen neuen (interimistischen) Stiftungsrat ein. Mit Verfügung vom 12. November 2010 hob das BVS die Vorsorgeeinrichtung aufgrund ihres "desolaten Zustandes" und fehlender Sanierungsfähigkeit auf und ordnete deren Totalliquidation an. BGE 141 V 650 S. 651 A.b Ende Dezember 2010 ersuchte die Pensionskasse C. in Liquidation (nachfolgend: PK-C) den Sicherheitsfonds BVG (nachfolgend: Sicherheitsfonds) um Sicherstellung der Altersguthaben, resp. um Ausrichtung eines Vorschusses auf die Sicherstellung, im Umfang von Fr. 2'319'092.90. Der Sicherheitsfonds sprach ihr mit Verfügung vom 23. Februar 2011 einen Vorschuss von Fr. 1'500'000.- zu. In Bezug auf das Altersguthaben von 30 Personen, unter ihnen A., wies er das Gesuch um Sicherstellung nach Abklärungen mit Verfügung vom 30. Oktober 2012 ab mit der Begründung, die Betroffenen seien nicht (aktive) Versicherte der PK-C gewesen. B. Dagegen führte die PK-C Beschwerde, welche das Bundesverwaltungsgericht - nach Beiladung von 29 der 30 Betroffenen (eine ebenfalls betroffene Person konnte nicht ausfindig gemacht werden) - mit Entscheid vom 9. Januar 2015 abwies. C. A. (9C_119/2015) lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der Entscheid vom 9. Januar 2015 sei aufzuheben und der Sicherheitsfonds sei zu verpflichten, seinen Anspruch gegenüber der PK-C über Fr. 399'574.40 nebst Zins zu 5 % seit 31. August 2009 sicherzustellen. Die PK-C (9C_138/2015) gelangt ebenfalls an das Bundesgericht mit dem Rechtsbegehren, unter Aufhebung des Entscheids vom 9. Januar 2015 sei der Sicherheitsfonds zu verpflichten, die Sicherstellung der Guthaben der im vorinstanzlichen Verfahren beigeladenen Betroffenen anzuerkennen. Die Beschwerdeführenden schliessen sich wechselseitig dem jeweiligen Antrag (des anderen Beschwerdeführenden) an. Die weiteren Betroffenen, soweit sie sich vernehmen lassen, beantragen (zumindest sinngemäss) die Gutheissung der Beschwerden. Der Sicherheitsfonds schliesst zur Hauptsache auf Abweisung der beiden Rechtsmittel. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht vereinigt die beiden Verfahren, tritt auf die Beschwerde des A. nicht ein und weist die Beschwerde der PK-C ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Sicherheitsfonds stellt die gesetzlichen Leistungen von zahlungsunfähig gewordenen oder im Falle von vergessenen Guthaben liquidierter Vorsorgeeinrichtungen sicher ( Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG ). BGE 141 V 650 S. 652 Zudem stellt er die über die gesetzlichen Leistungen hinausgehenden reglementarischen Leistungen von zahlungsunfähig gewordenen Vorsorgeeinrichtungen sicher, soweit diese Leistungen auf Vorsorgeverhältnissen beruhen, auf die das FZG (SR 831.42) anwendbar ist ( Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG ). Die Sicherstellung nach Abs. 1 lit. c umfasst höchstens die Leistungen, die sich aufgrund eines massgebenden Lohnes nach dem AHVG in der anderthalbfachen Höhe des oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 dieses Gesetzes ergeben ( Art. 56 Abs. 2 BVG ). 2.2 Gestützt auf Art. 56 Abs. 4 BVG regelte der Bundesrat weitere Leistungsvoraussetzungen in der Verordnung vom 22. Juni 1998 über den Sicherheitsfonds BVG (SFV; SR 831.432.1): Antragstellerin für die Leistungen des Sicherheitsfonds ist die zahlungsunfähig gewordene Vorsorgeeinrichtung oder die Rechtsträgerin des insolvent gewordenen Versichertenkollektivs ( Art. 24 Abs. 1 SFV ). Zahlungsunfähig ist eine Vorsorgeeinrichtung, wenn sie fällige gesetzliche oder reglementarische Leistungen nicht erbringen kann und eine Sanierung nicht mehr möglich ist. Nicht mehr möglich ist die Sanierung u.a., wenn über eine Vorsorgeeinrichtung ein Liquidations- oder Konkursverfahren eröffnet worden ist ( Art. 25 Abs. 1 u. 2 SFV ). Der Sicherheitsfonds stellt den Betrag sicher, welcher der Vorsorgeeinrichtung zur Erfüllung ihrer gesetzlichen oder reglementarischen Verpflichtungen fehlt. Er kann bis zum Abschluss des Liquidations- oder Konkursverfahrens Vorschüsse leisten ( Art. 26 Abs. 1 SFV ). 3. 3.1 Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist berechtigt, wer u.a. durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat ( Art. 89 Abs. 1 lit. b u. c BGG ). Die Rechtsprechung hat die Legitimation Dritter zur Anfechtung "pro Adressat" unter bestimmten Umständen dann zugelassen, wenn der Dritte als Folge des Entscheids unmittelbar in seinen vermögensrechtlichen Interessen berührt ist ( BGE 135 V 382 E. 3.3.1 S. 387 mit Hinweisen). 3.2 In Bezug auf die - gleich lautende - Bestimmung zur Beschwerdelegitimation von Art. 48 Abs. 1 lit. b und c VwVG (SR 172.021) und insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 24 Abs. 1 SFV (E. 2.2) entschied das Bundesgericht, dass die Destinatäre einer Vorsorgeeinrichtung aus der die Sicherstellung ablehnenden Verfügung des Sicherheitsfonds keinen unmittelbaren Nachteil erleiden, weshalb es ihnen selbst dann an der Beschwerdelegitimation fehlt, wenn sie BGE 141 V 650 S. 653 formelle Verfügungsadressaten sind (SVR 2010 BVG Nr. 22 S. 86, 9C_918/2009 E. 4.3.1; bestätigt in: SVR 2012 BVG Nr. 41 S. 152, 9C_616/2011 E. 3.6 und 3.7). 3.3 Da die Legitimation im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, die sich nach Art. 48 Abs. 1 lit. b und c VwVG richtet ( Art. 37 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [VGG; SR 173.32] ), nicht enger umschrieben sein kann als im Verfahren vor der oberen Instanz (Einheit des Verfahrens; vgl. BGE 135 V 382 E. 3.3.2 S. 388), ist auf die Beschwerde des A. (9C_119/2015) nicht einzutreten. Das Rechtsmittel der PK-C (9C_138/2015) als Adressatin der angefochtenen Verfügung hingegen ist zulässig; im Rahmen der entsprechenden Beurteilung bleibt die Vernehmlassung des A. vom 27. April 2015, die er in seiner Stellung als Beigeladener eingereicht hat, beachtlich. 4. 4.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist der Auffassung, dass irrtümlich resp. zu Unrecht an eine Vorsorgeeinrichtung übertragene Freizügigkeitsguthaben nicht unter den Begriff der "gesetzlichen Leistungen" gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG fielen. Beim Transfer der Freizügigkeitsleistung in die Vorsorgeeinrichtung müsse eine Anstellung an einen angeschlossenen Arbeitgeber und ein versicherter Verdienst vorliegen. Mangels eines solchen Anschlusses und versicherten Verdienstes im Zeitpunkt der Überweisung hat es folglich die Leistungspflicht des Sicherheitsfonds verneint. 4.2 Die Beschwerdeführerin und einzelne Betroffene bringen im Wesentlichen vor, eine fehlerhaft übermittelte Freizügigkeits- oder Austrittsleistung sei, da sie zurückzuerstatten sei, eine "gesetzliche Leistung" im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG . Sie lasse sich auf Art. 27 BVG resp. das FZG oder auf eine andere Gesetzesbestimmung wie Art. 20 oder 62 OR stützen. Jedenfalls sei in Bezug auf die Sicherstellung der Anspruch auf Rückerstattung jenem bei Austritt eines Versicherten gleichgestellt. 5. 5.1 Es steht fest, dass die PK-C eine zahlungsunfähige Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 56 Abs. 1 lit. b und c BVG (i.V.m. Art. 25 Abs. 1 u. 2 SFV ) ist. Unbestritten ist auch, dass - mit einer Ausnahme - für die hier Beteiligten eine Freizügigkeitsleistung, d.h. Vermögen, das im Rahmen der beruflichen Vorsorge geäufnet worden BGE 141 V 650 S. 654 ist, in die PK-C eingebracht wurde. Weiter wird nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich, dass die vorinstanzliche Feststellung, wonach - abgesehen von einem Fall - keine dieser Personen in einem Arbeitsverhältnis zu einem der PK-C angeschlossenen Arbeitgeber gestanden habe, offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen soll (vgl. Art. 105 Abs. 1 u. 2 BGG ). Was die eine Person betrifft, die einen Lohn bei einem angeschlossenen Arbeitgeber nachweisen konnte, so ist unbestritten, dass deren Austrittsleistung bereits an die Auffangeinrichtung überwiesen wurde und keine Hinweise auf eine unrichtige Versicherung bestehen. Sodann macht weder die PK-C noch eine der betroffenen Personen geltend, dass reglementarische Leistungen sicherzustellen sind. 5.2 5.2.1 Der Wortlaut von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG und die Systematik des BVG sind unmissverständlich: Die Sicherstellung durch den Sicherheitsfonds umfasst ausschliesslich Leistungsversprechen von Vorsorgeeinrichtungen (vgl. E. 2 vorne). Es sind denn auch nur (dem FZG unterstellte) Vorsorgeeinrichtungen dem Sicherheitsfonds angeschlossen ( Art. 57 BVG ). Freizügigkeitseinrichtungen fallen, da sie keine Vorsorgeeinrichtungen sind (vgl. dazu statt vieler Urteil 9C_131/2014 vom 10. September 2014 E. 3 mit Hinweis auf BGE 122 V 320 ), nicht unter den Schutzbereich resp. in den Aufgabenbereich des Sicherheitsfonds. 5.2.2 Die Anschlusspflicht an eine Vorsorgeeinrichtung trifft den Arbeitgeber, soweit er obligatorisch zu versichernde Arbeitnehmer beschäftigt ( Art. 11 Abs. 1 BVG ). Obligatorisch zu versichern hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer ab einer bestimmten Lohnhöhe (vgl. Art. 8 BVG ). Die gesetzlichen Leistungsversprechen der Vorsorgeeinrichtungen beruhen somit auf einem Vorsorgeverhältnis . Dies ergibt sich auch aus Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG . Mit dieser Bestimmung wurde der Insolvenzschutz ab 1. Januar 1997 auf "reglementarische Leistungen" ausgedehnt. Diese werden in der genannten Bestimmung als "über die gesetzlichen Leistungen hinausgehend" definiert ("prestations réglementaires qui vont au-delà des prestations légales"; "prestazioni regolamentari più estese"). Gleichzeitig wird klargestellt, dass nur Leistungen, die "auf Vorsorgeverhältnissen beruhen" ("reposent sur des rapports de prévoyance"; "si fondino su relazioni previdenziali"), auf die das FZG anwendbar ist, sichergestellt werden. Daraus ist zweierlei zu schliessen. Einerseits, dass mit "gesetzlichen Leistungen" gemäss dem unmittelbar voranstehenden Art. 56 Abs. 1 BGE 141 V 650 S. 655 lit. b BVG ausschliesslich solche, die sich aus dem BVG-Obligatorium ergeben, gemeint sind. Anderseits, dass im Sinne des Schlusses vom "Grösseren" (lit. c) auf das "Kleinere" (lit. b) auch diesem ein entsprechendes Vorsorgeverhältnis immanent sein muss. Beide Parameter lassen sich auch den Ausführungen im Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 24. August 1995 zur "Parlamentarischen Initiative Verbesserung der Insolvenzdeckung in der beruflichen Vorsorge (Initiative Rechsteiner)" und in der entsprechenden Stellungnahme des Bundesrates vom 15. November 1995 zur Ausgangslage vor Einführung von Art. 56 Abs. 1 lit. c BVG entnehmen (BBl 1995 570 Ziff. 31, 573 Ziff. 35 und 581 Ziff. 1). 5.2.3 Das Bundesgericht hat seit jeher unter "gesetzlichen Leistungen von (...) Vorsorgeeinrichtungen" ("prestations légales dues par des institutions de prévoyance"; "prestazioni legali degli istituti di previdenza") sämtliche gesetzlichen obligatorischen Leistungsansprüche der versicherten Personen verstanden, die bei Fälligkeit erfüllt werden müssen, "also neben den Ansprüchen bei Erreichen des Schlussalters auch diejenigen im Invaliditäts-, Todes- und Freizügigkeitsfall". Gemeint sind damit die Versicherungsleistungen gemäss dem (heutigen) zweiten Teil, ersten Titel, Kapitel 3 und 4 des BVG (wozu seit 1. Januar 1995 auch die Wohneigentumsförderung gehört). Mit anderen Worten sichert der Sicherheitsfonds nach dem Grundgedanken des BVG die gesetzlichen Ansprüche der obligatorisch versicherten Personen bei Zahlungsunfähigkeit der Vorsorgeeinrichtung und ist nicht dazu bestimmt, die Vorsorgeeinrichtung schadlos zu halten (SZS 1990 S. 311, 2A.158/1988 E. 6d, wobei sich die heute geltende und die ursprüngliche, bis 31. Dezember 1996 gültige Fassung von Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG im hier interessierenden Punkt entsprechen). In SZS 2001 S. 357, 2A.408/2000 lit. B bestätigte das Bundesgericht indirekt die in Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG auf das BVG-Obligatorium beschränkte Sicherstellungspflicht des Sicherheitsfonds, indem es festhielt: "Mit einer am 21. Juni 1996 verabschiedeten und am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Revision von Art. 56 BVG wurden sodann die Insolvenzleistungen des Sicherheitsfonds auf Teile des ausserobligatorischen Bereichs ausgedehnt. Nach Art. 56 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 BVG waren nunmehr auch überobligatorische Leistungen auf der Basis eines massgebenden AHV-Lohnes bis zum anderthalbfachen oberen Grenzbetrag nach Art. 8 Abs. 1 BVG , d.h. bis Fr. 107'460.-, sichergestellt." BGE 141 V 650 S. 656 5.3 5.3.1 In concreto fehlt es an Vorsorgeverhältnissen. Die fraglichen Beteiligten waren (bis auf eine Person) nie bei der PK-C für die berufliche Vorsorge versichert; ihr jeweiliger Arbeitgeber war nicht der PK-C angeschlossen (vgl. E. 5.1 vorne). Mangels eines Vorsorgeverhältnisses liegt auch kein Anwendungsfall von Art. 13 FZG vor, wonach der überschüssige Teil einer Eintrittsleistung bei der Vorsorgeeinrichtung verbleiben kann. Es ist auch keine Situation im Sinne von Art. 4 Abs. 2 FZG gegeben, in welcher die Austrittsleistungen infolge Ausbleibens einer Mitteilung (zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes) bei der "alten" Vorsorgeeinrichtung verharrten. Die PK-C fungierte somit hinsichtlich der streitigen Gelder als reine Freizügigkeitseinrichtung. Ob und inwieweit dies - zumindest temporär - zulässig war, braucht an dieser Stelle nicht erörtert zu werden (vgl. dazu jedoch [Bereinigte Fassung der] BSV-Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 32 vom 21. April 1995 Rz. 186 Ziff. 1 S. 2 sowie Nr. 34 vom 8. Dezember 1995 Rz. 198 S. 3 und Rz. 199 S. 4). Dieser Frage ist im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Rückerstattung oder - bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - auf Schadenersatz nachzugehen (vgl. E. 5.3.2 nachfolgend). So oder anders: Freizügigkeitsgelder, die ohne bestehendes Vorsorgeverhältnis in eine Vorsorgeeinrichtung einbezahlt werden, mutieren deswegen nicht zurück in ihre ursprüngliche "Leistungsform" resp. zu einem obligatorischen Leistungsversprechen einer Vorsorgeeinrichtung im Sinne einer Austrittsleistung gemäss Art. 27 BVG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 FZG . Sie können einer solchen auch nicht gleichgestellt werden. Andernfalls ständen Tür und Tor offen, den fehlenden resp. verminderten Insolvenzschutz bei Freizügigkeitseinrichtungen mittels (Fehl-)Überweisungen an Vorsorgeeinrichtungen zu umgehen. Dies hat - bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation - absolut zu gelten, zumal der Gesetzgeber nicht gewillt ist, hinsichtlich Freizügigkeitseinrichtungen über den bestehenden Schutz hinauszugehen resp. den Aufgabenbereich des Sicherheitsfonds auf solche zu erweitern (Motion Amherd Viola [10.3446] betreffend die Sicherung von Geldern in Freizügigkeitsstiftungen, die der Nationalrat am 1. Oktober 2010 ablehnte). 5.3.2 Der Hintergrund der (Fehl-)Überweisung spielt demnach keine Rolle. Er ist allenfalls massgebend für die Begründung der Rückforderung oder von allfälligem Schadenersatz; Letzterer je nach Sachlage gegenüber dem (damaligen) Arbeitgeber und/oder der vormaligen BGE 141 V 650 S. 657 (überweisenden) Vorsorgeeinrichtung. Ebenso wenig braucht hier danach gefragt zu werden, ob die (Fehl-)Überweisung missbräuchlich ausgeführt wurde (vgl. Art. 56 Abs. 5 BVG ). Diese Bestimmung ermöglicht es dem Sicherheitsfonds, die Sicherstellung von (u.a.) obligatorischen Leistungsversprechen auszusetzen. Zu denken ist an die Verweigerung einer Sicherstellung bezüglich (obligatorischer) Leistungsansprüche von Organen der Arbeitgeberfirma auf Grund von selbstverschuldeten Beitragsausständen (vgl. BSV-Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 101 vom 27. September 2007 Rz. 600 S. 9). Um eine solche Konstellation geht es hier aber von vornherein nicht, da die Freizügigkeitsgelder, die losgelöst von einem Vorsorgeverhältnis bei einer Vorsorgeeinrichtung deponiert werden, nach dem Gesagten nicht zu den Leistungsversprechen nach Art. 56 Abs. 1 lit. b BVG gehören. 5.4 Zusammengefasst steht fest, dass der Sicherheitsfonds BVG eine Freizügigkeitsleistung, die ohne Bestehen eines Vorsorgeverhältnisses in eine Vorsorgeeinrichtung eingebracht wurde, nicht sicherzustellen hat, und zwar unabhängig vom Hintergrund der Überweisung.
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Urteilskopf 139 IV 257 38. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause A. contre Ministère public de la République et canton de Genève (recours en matière pénale) 1B_222/2013 du 19 juillet 2013
Regeste Art. 91 Abs. 3 StPO ; elektronische Übermittlung der Beschwerde; Einhaltung der Frist. Bei elektronischer Übermittlung der Beschwerde ist die Frist gewahrt, wenn das Informatiksystem der Strafbehörde dem Absender vor Ablauf der Frist eine Bestätigung zustellt, dass die Eingabe auf ihrer elektronischen Plattform eingegangen ist. Der Zeitpunkt, in dem die Strafbehörde das Dokument anschliessend öffnet, speichert und den Empfang bestätigt, ist unerheblich (E. 3.2).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 139 IV 257 S. 258 Par ordonnance du 21 mai 2013, le Tribunal des mesures de contraintes a refusé la mise en liberté de A., placé en détention préventive. Agissant par l'intermédiaire de son avocat, A. a recouru contre cette ordonnance par acte expédié sous la forme d'un envoi électronique sécurisé effectué le vendredi 31 mai 2013 à 21h02. La quittance de réception du système IncaMail indique que l'envoi a été accepté par le greffe de la Chambre pénale de recours de la Cour de justice le lundi 3 juin 2013 à 8h05. Par arrêt du 12 juin 2013, la Chambre pénale de recours de la Cour de justice de la République et canton de Genève a déclaré le recours irrecevable, considérant l'envoi comme étant tardif. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Conformément à l' art. 105 al. 1 LTF , le Tribunal fédéral statue en principe sur la base des faits établis par l'autorité précédente. L' art. 105 al. 2 LTF lui permet cependant de rectifier ou compléter d'office les constatations de l'autorité précédente si les faits ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l' art. 95 LTF . L'arrêt attaqué, qui indique simplement que l'acte de recours a été "expédié [...] à 21h02", omet de faire référence à l'existence de la quittance d'expédition émise par le système Incamail, pourtant au dossier, qui comporte l'indication suivante: "Statut: arrivé sur IncaMail/Date: 31 mai 2013, 21:09:29 GMT +02.00". Dans la mesure où le recourant s'y réfère et, ainsi qu'on le verra ci-dessous, comme cette indication est déterminante pour l'issue du litige, il y a lieu de la prendre en considération dans l'état de fait de la cause. 3. Le recourant se plaint d'une violation de l' art. 91 al. 3 CPP . Selon lui, l'arrêt cantonal retient à tort que le délai de recours cantonal n'a pas été respecté. Son recours aurait au contraire été déposé en temps utile dès lors que le système d'envoi électronique lui a adressé une quittance d'expédition confirmant le dépôt de l'acte sur la plateforme électronique le dernier jour du délai. BGE 139 IV 257 S. 259 3.1 Selon l' art. 91 al. 3 CPP , en cas de transmission par la voie électronique, le délai est réputé observé lorsque le système informatique de l'autorité pénale en a confirmé la réception par voie électronique au plus tard le dernier jour du délai. Au contraire des autres cas, ne sont donc pas déterminantes la date et l'heure de l'envoi, mais la date et l'heure de confirmation de la réception de l'envoi par le système informatique de l'autorité pénale (arrêt 6B_691/2012 du 21 février 2013 consid. 1.4 et les références citées). En dépit d'une formulation quelque peu différente, l' art. 91 al. 3 CPP reprend la teneur de l' art. 48 al. 2 LTF (Message du 21 décembre 2005 relatif à l'unification du droit de la procédure pénale, FF 2006 1136 ch. 2.2.8.7) et équivaut ainsi également à l' art. 143 al. 2 CPC (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse, FF 2006 6868 ch. 4.2 et 6916 ch. 5.9.2). Tel est aussi le cas de l' art. 21a al. 3 PA (RS 172.021) (Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4203 ch. 4.3.6/4). Le législateur a ainsi prévu que le système soit accessible 24 heures sur 24 (ibidem, FF 2001 4096 ch. 4.1.2.5). Le système informatique doit envoyer la confirmation d'une réception correcte dès qu'il reçoit une communication qui lui est lisible. Le moment déterminant est l'expédition de cette confirmation. Il s'agit pour l'expéditeur du mémoire de recours de savoir rapidement si le document communiqué électroniquement a permis d'observer le délai (ibidem). Dans les échanges d'actes avec le Tribunal fédéral, cette quittance est délivrée automatiquement (AMSTUTZ/ARNOLD, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2 e éd. 2011, n° 18 ad art. 48 LTF ; ANDREAS GÜNGERICH, in Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, n° 3 ad art. 48 LTF ; cf. art. 2 let. b du règlement du Tribunal fédéral du 5 décembre 2006 sur la communication électronique avec les parties et les autorités précédentes [RCETF; RS 173.110.29]). Elle sert de preuve àl'expéditeur s'agissant de la date d'arrivée de l'acte sur la plateforme (CHRISTOF RIEDO, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, n° 37 ad art. 91 CPP ; cf. également DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 17 ad art. 143 CPC ). L'ordonnance du 18 juin 2010 sur la communication électronique dans le cadre de procédures civiles et pénales et de procédures en matière de poursuite pour dettes et de faillite (OCEl-PCPP; RS 272.1), qui règle les modalités de la communication par voie électronique entre les parties et les autorités, prévoit ainsi que la plateforme de messagerie, pour être reconnue, doit entre autres BGE 139 IV 257 S. 260 conditions délivrer sans délai une quittance lorsque des écrits y sont déposés ( art. 2 let. b OCEl-PCPP ). Tant auprès du Tribunal fédéral qu'auprès des autres autorités de recours appliquant les normes précitées, le justiciable doit prendre les précautions nécessaires dans l'éventualité d'une panne informatique, technique ou électrique. Si la partie ne reçoit pas confirmation de la réception, elle doit mettre son pli à la poste encore dans le délai. Cela signifie que la partie qui utilise la voie électronique ne pourra guère prendre le risque d'envoyer l'écrit à minuit, voire quelques minutes avant, n'ayant pas la garantie que le système informatique répondra dans la minute ou la seconde qui suit (arrêt 6B_691/2012 précité consid. 1.4). 3.2 En l'espèce, l'acte de recours a été envoyé sur la plateforme IncaMail le dernier jour du délai de recours, soit le 31 mai 2013, ce qui n'est pas contesté. Est en revanche litigieuse la question de savoir si la confirmation de réception au sens de l' art. 91 al. 3 CPP a été donnée avant l'expiration du délai ou non. D'après les constatations de la cour cantonale, l'écriture a été expédiée à 21h02. Le système IncaMail en a confirmé réception à 21h09 selon quittance de la même heure. La cour cantonale, qui n'en a quant à elle accusé réception que le jour ouvrable suivant, tient cette dernière date pour déterminante, dès lors que l' art. 91 al. 3 CPP fait référence à la réception de l'acte. Or, il est question dans cette disposition - à l'instar des art. 48 al. 2 LTF , 21a al. 3 PA et 143 al. 2 CPC - de confirmation de réception par "le système informatique de l'autorité". La plateforme IncaMail choisie par les autorités genevoises vaut "système informatique de l'autorité pénale" au sens de l' art. 91 al. 3 CPP . Les explications du législateur sur le système de l' art. 48 al. 2 LTF démontrent que le but de celui-ci est de permettre une transmission des recours à toute heure, indépendamment de l'ouverture des bureaux de l'autorité concernée (en ce sens TAPPY, op. cit., n° 17 ad art. 143 CPC ). Pour cette raison, les dispositions d'exécution prévoient que c'est la plateforme électronique qui doit délivrer sans délai la quittance attestant du dépôt de documents. Il s'agit au demeurant de l'information que donne la directive émise par le Pouvoir judiciaire genevois (Communications électroniques dans le cadre des procédures pénales et civiles, version 1.02 du 1 er janvier 2013, http://www.ge.ch/justice/communication-electronique [consulté le 16 juillet 2013], p. 4), à laquelle le recourant se réfère: "La quittance d'expédition fait foi pour l'observation des délais. BGE 139 IV 257 S. 261 Ainsi, les délais sont réputés respectés si la date d'expédition figurant sur cette quittance est antérieure au dernier jour du délai, minuit". Contrairement à ce qu'affirme la cour cantonale, cela ne se trouve pas en contradiction avec le droit fédéral, qui se réfère à une confirmation émanant du système informatique et non de l'autorité elle-même. Le moment auquel l'autorité pénale ouvre ensuite le document, en l'espèce le lundi suivant, est indifférent. Il ne serait en effet pas conforme au système de faire dépendre le respect du délai du moment où l'autorité enregistre le dossier, élément que le justiciable ne peut maîtriser. Les précautions que celui-ci doit prendre pour s'assurer que son recours est parvenu à l'autorité se limitent à s'assurer de l'obtention d'une confirmation que les documents sont correctement déposés sur la plateforme - et sont dès lors accessibles dès ce moment à l'autorité, qui n'a toutefois pas à en prendre connaissance immédiatement. Il doit ainsi pouvoir encore, en cas de problème technique, acheminer son acte par les autres voies possibles (remise de l'acte papier conformément à l' art. 91 al. 2 CPP ). En l'espèce, aucun problème technique n'est survenu et la plateforme électronique de l'autorité a adressé au recourant confirmation de son expédition. L'acte avait donc été déposé à temps auprès de la cour cantonale. 3.3 Il s'ensuit que l'arrêt attaqué viole l' art. 91 al. 3 CPP . Le recours doit par conséquent être admis, l'arrêt cantonal annulé et la cause renvoyée à la Cour de justice pour examen du fond.
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Urteilskopf 80 I 225 36. Auszug aus dem Urteil vom 7. Juli 1954 i.S. Häni und Konsorten gegen Kanal- und Entwässerungskorporation Bichelsee und Regierungsrat des Kantons Thurgau.
Regeste 1. Art. 85 lit. a OG : Die Umfrage bei den beteiligten Grundeigentümern darüber, ob sie dem Plane einer gemeinschaftlichen Bodenverbesserung durch eine zu bildende Korporation des kantonalen öffentlichen Rechts zustimmen, ist keine Abstimmung im Sinne dieser Vorschrift. 2. Art. 4 BV : Ist es willkürlich, bei der Feststellung des Ergebnisses der Umfrage Zustimmungserklärungen von Beteiligten, die zunächst die Ablehnung ausgesprochen hatten, zu berücksichtigen?
Sachverhalt ab Seite 225 BGE 80 I 225 S. 225 A.- Im Gebiet der thurgauischen Gemeinden Balterswil und Bichelsee ist eine Bodenverbesserung geplant. Vorgesehen BGE 80 I 225 S. 226 sind eine Korrektion des Itaslerkanals, Entwässerungen und Güterzusammenlegungen. In der Zeit vom 19. Dezember 1953 bis zum 4. Januar 1954 wurden die Statuten der zu bildenden "Kanal- und Entwässerungskorporation Bichelsee" sowie Pläne und Kostenvoranschläge mit Kostenverteiler öffentlich zur Einsicht aufgelegt, was den beteiligten Grundeigentümern durch Rundschreiben der Ortsverwaltung Bichelsee vom 19. Dezember 1953 angezeigt wurde. Die Mitteilung erwähnte, dass Einsprachen gegen die Projekte, den Voranschlag oder den Kostenverteiler bis am 4. Januar 1954 einzureichen seien, und fügte bei: "Wir legen einen grünen Stimmzettel bei, auf welchem Sie Ihre Stellungnahme zu den aufgelegten Projekten bekanntgeben wollen. Er wird nach Ablauf der Einsprachefrist von einem Mitglied der Ortsverwaltung abgeholt." Nach Einsammlung der Stimmzettel stellte die Ortsverwaltung Bichelsee fest, dass sich eine ablehnende Mehrheit gebildet hatte. Der Ortsvorsteher begab sich daher in der zweiten Hälfte des Januar 1954 nochmals auf die Werbung und vermochte einige Neinsager zu bewegen, auf neu abgegebenem Stimmzettel die Zustimmung zu erklären. Mit Rundschreiben vom 5. Februar 1954 lud die Ortsverwaltung die beteiligten Grundeigentümer zur konstituierenden Versammlung der Korporation ein. Es wurde darin mitgeteilt, "dass gemäss Feststellungen des kantonalen Meliorationsamtes mehr als die Hälfte der beteiligten Grundeigentümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört, gemäss Art. 97 EG/ZGB den in der Zeit vom 19. Dezember 1953 bis 4. Januar 1954 zur Auflage gebrachten Projekten zugestimmt haben". Mehrere Beteiligte, Viktor Häni und Konsorten, beschwerten sich beim Regierungsrat des Kantons Thurgau mit dem Begehren, die infolge der nachträglichen Werbung neu abgegebenen Stimmzettel seien als ungültig und das Unternehmen als nicht zustandegekommen zu erklären. Die Beschwerde wurde abgewiesen (Entscheid vom 6. April 1954). BGE 80 I 225 S. 227 B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen Viktor Häni und Mitunterzeichner die Aufhebung dieses Entscheides. Sie berufen sich in erster Linie auf Art. 85 lit. a OG und machen geltend, unter diese Bestimmung falle auch die Abstimmung über die Bildung der in Frage stehenden öffentlich-rechtlichen Korporation. Das Ergebnis der Abstimmung, die nach dem Rundschreiben der Ortsverwaltung vom 19. Dezember 1953 am 4. Januar 1954 habe abgeschlossen werden müssen, habe nicht nachträglich geändert werden dürfen. Es sei unstatthaft gewesen, hinterher mehrere Grundeigentümer zum Zurückkommen auf ihre ablehnende Stellungnahme zu bewegen und die so gewonnenen Jastimmen zu berücksichtigen. Die abweichende Auffassung des Regierungsrates verstosse gegen klare, wenn auch ungeschriebene Grundsätze des Verfassungsrechtes. Jedenfalls verletze der angefochtene Entscheid Art. 4 BV , indem er diese Grundsätze willkürlich missachte. C.- Die Ortsverwaltung und die Kanal- und Entwässerungskorporation Bichelsee beantragen Abweisung der Beschwerde, ebenso der Regierungsrat. - Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 85 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend kantonale Wahlen und Abstimmungen. "Kantonal" im Sinne dieser Vorschrift sind auch Wahlen und Abstimmungen in den Gemeinden und in anderen Unterabteilungen des Kantons ( BGE 76 I 51 , BGE 40 I 363 ). Die Bestimmung bezieht sich aber nur auf solche Wahlen und Abstimmungen, an denen teilzunehmen einzig die Eigenschaft als stimmberechtigter Bürger gestattet (Volkswahlen und -abstimmungen). Sie soll "die politische Stimmberechtigung der Bürger" ("le droit de vote des citoyens") schützen ( BGE 76 I 51 ). BGE 80 I 225 S. 228 Nach § 34 Abs. 1 Ziff. 4 und § 98 Abs. 1 des thurgauischen EG/ZGB bildet die Gesamtheit der an einer Bodenverbesserung beteiligten Grundeigentümer eine Korporation des kantonalen öffentlichen Rechts, also in gewissem Sinne eine Unterabteilung (Selbstverwaltungskörper) des Kantons. Im vorliegenden Fall steht indessen nicht eine Abstimmung der Mitglieder einer (schon bestehenden) Bodenverbesserungskorporation in Frage, sondern das Verfahren, in dem solche Korporationen erst gebildet werden, Verfahren, in dem abzuklären ist, ob die in § 34 Abs. 2 und § 97 EG/ZGB geforderte Voraussetzung des Zustandekommens des Unternehmens - die Zustimmung mindestens der Hälfte der beteiligten Grundeigentümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört - erfüllt sei. Daher kann offen gelassen werden, ob, wie im nicht veröffentlichten Urteil vom 28. September 1949 i.S. Auf der Maur gegen Oberallmeindkorporation Schwyz und Regierungsrat Schwyz gesagt wurde, allgemein die in Körperschaften des kantonalen Rechts abgehaltenen Wahlen und Abstimmungen, auf die öffentliches Recht anwendbar ist, unter Art. 85 lit. a OG fallen. Man wird freilich annehmen können, dass das Verfahren, in dem im Kanton Thurgau Bodenverbesserungskorporationen gebildet werden, ebenfalls dem öffentlichen Rechte untersteht; wird es doch nach § 98 Abs. 2 EG/ZGB von der Gemeindebehörde geleitet, wenn die Beteiligten sich nicht anders verständigen. Aber die Durchführung der Umfrage bei den Beteiligten ist jedenfalls nicht eine Abstimmung im Sinne von Art. 85 lit. a OG ; denn Voraussetzung des Rechts zur Teilnahme am Zustimmungsverfahren ist einzig der Besitz von Grundstücken im Perimeter des geplanten Unternehmens, nicht auch die politische Stimmberechtigung für das betreffende Gebiet, so dass unter Umständen auch Frauen, Ausländer und, im Falle der Handlungsunfähigkeit eines Eigentümers, dessen gesetzlicher Vertreter zu befragen sind. Die Beschwerdeführer rufen das Bundesgericht denn auch in ihrer Eigenschaft als Eigentümer solcher BGE 80 I 225 S. 229 Grundstücke an. Sie mögen stimmberechtigte Bürger sein, doch werden sie, auch wenn dies zutrifft, durch den angefochtenen Entscheid nicht in ihrer durch die politische Stimmberechtigung begründeten Stellung berührt, sondern eben in jener anderen Eigenschaft. Daraus folgt, dass sie sich zu Unrecht auf Art. 85 lit. a OG berufen. 2. Anderseits ist klar, dass die Beschwerdeführer als Eigentümer von Grundstücken im Perimeter der projektierten Bodenverbesserung zur Rüge der Verletzung des Art. 4 BV legitimiert sind. Die Ordnung des bei der "Abstimmung" über die Durchführung einer Bodenverbesserung einzuschlagenden Verfahrens ist den Kantonen überlassen ( Art. 703 Abs. 2 ZGB ). Die thurgauische Gesetzgebung enthält hierüber keine Bestimmungen; insbesondere schreibt sie nicht vor, dass die Erklärungen über Zustimmung oder Ablehnung innerhalb bestimmter Frist abgegeben werden müssen. Eine solche Befristung wurde im Kanton Thurgau auch nicht im Wege der Praxis eingeführt. Im vorliegenden Fall wurde im Rundschreiben der Ortsverwaltung vom 19. Dezember 1953 allerdings eine - von diesem Tage bis zum 4. Januar 1954 laufende - Frist festgesetzt, aber nur für die Einsicht in das Projekt und für Einsprachen dagegen. Was die Abgabe der Stimmzettel anbelangt, wurde dort lediglich vorgesehen, dass die Zettel "nach Ablauf der Einsprachefrist" von einem Mitglied der Ortsverwaltung abgeholt würden. Es liegt auf der Hand, dass diese Anordnung dem beanstandeten Standpunkte des Regierungsrates nicht entgegensteht. Die Beschwerdeführer machen geltend, es verstosse gegen einen ungeschriebenen allgemeinen Rechtsgrundsatz, eine im Rahmen einer behördlich organisierten Abstimmung über einen öffentlichrechtlichen Gegenstand abgegebene Stimme nach Abschluss des Verfahrens durch eine andere, die gegenteilige Stellungnahme bekundende Stimme zu ersetzen. Richtig ist, dass bei einer politischen Abstimmung im Sinne von Art. 85 lit. a OG ein einmal abgegebener BGE 80 I 225 S. 230 Stimmzettel nicht zurückgenommen werden darf; das ist normalerweise, wenn das Abstimmungsgeheimnis gewahrt wird, auch gar nicht möglich. Eine Abstimmung, wie sie im vorliegenden Fall vorzunehmen war, unterscheidet sich aber wesentlich von einer solchen Verhandlung, nicht nur in den Voraussetzungen der Berechtigung zur Teilnahme, sondern auch in anderer Beziehung. Die beteiligten Grundeigentümer waren zu befragen, ob sie der geplanten Bodenverbesserung "zustimmen"; es galt, die für das Zustandekommen des Unternehmens erforderliche Zahl von Zustimmungserklärungen beizubringen ( Art. 703 ZGB ; § 34 Abs. 2, § 97 EG/ZGB). Dass für die Abgabe der Erklärungen die Form des Stimmzettels gewählt wurde, ist unerheblich. Eine Geheimhaltung der abgegebenen "Stimmen" (besser gesagt: Erklärungen) kam nicht in Frage; denn die Identität der Zustimmenden musste bekannt sein, da es nicht nur auf deren Zahl ankam, sondern auch auf die Grösse der ihnen gehörenden Bodenfläche. Sodann ist zu beachten, dass es erfahrungsgemäss oft schwer hält, die an einer Bodenverbesserung beteiligten Grundeigentümer zur Zustimmung zu bewegen. Daraus erklärt sich, dass Art. 703 ZGB - nach dessen Abs. 1 bei Zustimmung von zwei Dritteilen der beteiligten Grundeigentümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört, die übrigen Eigentümer zum Beitritt verpflichtet sind - in Abs. 3 den kantonalen Gesetzgeber ermächtigt, die Durchführung von Bodenverbesserungen noch weiter zu erleichtern, von welcher Befugnis der Kanton Thurgau durch Herabsetzung des Quorums Gebrauch gemacht hat. Es entspricht dem Grundgedanken dieser Regelung, wenn solange wie möglich versucht wird, die notwendige Zahl von Zustimmungserklärungen zu vereinigen, wozu gegebenenfalls auch gehört, dass gewisse Grundeigentümer, die bereits die Ablehnung erklärt haben, zum Zurückkommen auf ihre Stellungnahme bewogen werden. Es verhält sich ähnlich wie im Verfahren nach Art. 302 ff. SchKG , in dem die für das Zustandekommen eines Nachlassvertrages erforderliche BGE 80 I 225 S. 231 Mindestzahl von "Zustimmungserklärungen" der Gläubiger beizubringen ist; das Bundesgericht hat denn auch entschieden, dass dann, wenn binnen der ordentlichen Frist ( Art. 302 Abs. 4 SchKG ) diese Zahl nicht erreicht wird, die fehlenden Erklärungen noch vor den Nachlassbehörden eingelegt werden können ( BGE 35 I 268 Erw. 3). Im vorliegenden Fall, wo für die Abgabe der "Stimmzettel" nicht einmal eine Frist vorgesehen war, kann daher zum mindesten ohne Willkür angenommen werden, dass Zustimmungserklärungen jedenfalls solange eingeholt werden durften, als das Ergebnis der "Abstimmung" noch nicht endgültig amtlich festgestellt war. Als solche Feststellung fällt nur diejenige des kantonalen Meliorationsamtes in Betracht, auf die in der Einladung vom 5. Februar 1954 zur konstituierenden Versammlung der Korporation Bezug genommen wird. Das Meliorationsamt konnte aber zu dem dort festgehaltenen Befund nur gelangen, wenn es die "nachträglichen" Zustimmungserklärungen von Beteiligten, die zunächst Nein "gestimmt" hatten, mitberücksichtigte; es kann also jene Feststellung nicht schon vor der Einholung dieser Erklärungen, sondern muss sie nachher getroffen haben. Mithin kann keine Rede davon sein, dass der Regierungsrat willkürlich klare, wenn auch ungeschriebene allgemeine Grundsätze betreffend die Durchführung von Abstimmungen über öffentlichrechtliche Gegenstände missachtet habe.
public_law
nan
de
1,954
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
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e3d328c2-f1a5-4a8c-9ac2-9175d8473c08
Urteilskopf 100 Ib 297 50. Auszug aus dem Urteil vom 25. Oktober 1974 i.S. Bovard gegen Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Gewässerschutz; behördliche Zusage; neues Recht: Der Bürger kann sich auf behördliche Zusagen dann nicht berufen, wenn zwischen der Zusage und dem Zeitpunkt, da diese erfüllt werden muss, eine Gesetzesänderung eintritt, die die Erfüllung der Zusage durch die Behörde ausschliesst.
Erwägungen ab Seite 297 BGE 100 Ib 297 S. 297 4. Die Erteilung der Baubewilligung an die Beschwerdeführerin hing im wesentlichen davon ab, ob sie eine Erlaubnis erhielt, die aus dem geplanten Neubau anfallenden Abwässer wenigstens vorläufig in den Vierwaldstättersee einleiten zu dürfen. Der Beschwerdeführerin wurde eine entsprechende Bewilligung durch das Gewässerschutzamt und das Militär- und Polizeidepartement des Kantons Luzern in Aussicht gestellt, die Zusicherung aber schliesslich nicht eingehalten. Darin liegt ein Abrücken von einer behördlich erteilten Auskunft. Dies BGE 100 Ib 297 S. 298 kann unter Umständen einen Verstoss gegen Treu und Glauben begründen, der vom betroffenen Bürger nicht hingenommen zu werden braucht. Allein der Bürger kann sich auf behördliche Zusagen dann nicht berufen, wenn zwischen der Zusage und dem Zeitpunkt, da diese erfüllt werden muss, eine Gesetzesänderung eintritt, die die Erfüllung der Zusage durch die Behörde ausschliesst ( BGE 99 Ib 94 Erw. 4). Aufgrund der Revision des Gewässerschutzgesetzes, mit der die Baufreiheit aus gewässerschutzpolizeilichen Gründen erheblich eingeschränkt wurde, war eine Erfüllung der Zusage nach dem 1. Juli 1972 ohne Gesetzesverletzung nicht mehr möglich. Es liegt deshalb im Umstand, dass das Gewässerschutzamt sich nachträglich weigerte, die Bewilligung zur Einleitung der Abwässer in den See auszustellen, keine Verletzung von Bundesrecht. Zwar hat sie die Verweigerung der Bewilligung nicht mit dem Hinweis auf die neuen Vorschriften des GSchG begründet, sondern mit dem bevorstehenden Erlass der Schutzbestimmungen (Bundesbeschluss vom 17. März 1972 über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung, welcher eine Uferschutzzone für den Vierwaldtstättersee schafft). Doch ändert das an der Sachlage nichts. Der Regierungsrat, der über die Beschwerde zu entscheiden hatte, hatte nämlich seinerseits die neue Gewässerschutzgesetzgebung anzuwenden und durfte dies tun. Selbst wenn die Ableitungsbewilligung und anschliessend die Baubewilligung erteilt worden wären und die Bewilligung von einer dazu legitimierten Partei angefochten worden wäre, hätte er die erteilte Bewilligung aufheben müssen.
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1,974
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CH_BGE_003
CH
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Urteilskopf 125 IV 225 35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. November 1999 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen T. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 StGB , Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ; ambulante Behandlung bei Trunk- und Rauschgiftsüchtigen, Geltungsbereich der Verweisung auf die Bestimmung für Massnahmen an geistig Abnormen. Die Verweisung in Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 3 StGB gilt nicht nur für die Anordnung von ambulanten Massnahmen ( Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ), sondern auch für deren Beendigung ( Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 StGB ; E. 2a). Hat die Vollzugsbehörde die Erfolglosigkeit beziehungsweise Unzweckmässigkeit der ambulanten Behandlung festgestellt, so muss der Richter entscheiden, ob an Stelle der erfolglosen ambulanten Massnahme entweder eine gleichartige oder eine andere ambulante Massnahme oder eine stationäre Massnahme oder eine Verwahrung oder allenfalls keine neue Massnahme anzuordnen ist (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 226 BGE 125 IV 225 S. 226 Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte T. am 28. November 1996 wegen Mordes und Widerhandlung gegen die Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch jugoslawische Staatsangehörige zu einer Zuchthausstrafe von 18 Jahren. Gleichzeitig ordnete es eine ambulante Massnahme gemäss Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB während des Strafvollzugs an und verwies den Verurteilten für 15 Jahre des Landes. Nachdem die zweijährige Höchstdauer der Massnahme Ende 1998 abgelaufen war, stellte das Amt für Straf- und Massnahmenvollzug des Kantons Zürich (ASMV) den Vollzug der ambulanten Massnahme am 21. Januar 1999 ein und beantragte dem Obergericht, es solle die ambulante Massnahme aufheben und, sofern das Gericht die Voraussetzungen für die Anordnung einer andern sichernden Massnahme als nicht gegeben beurteile, von der erneuten Anordnung einer Massnahme absehen. Auf diesen Antrag trat das Obergericht mit Beschluss vom 17. Mai 1999 nicht ein. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid im Wesentlichen damit, dass nur in Fällen, in welchen zwecks ambulanter Behandlung der Vollzug von Freiheitsstrafen aufgeschoben worden sei (Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ), der Richter nach Aufhebung der Behandlung in analoger Anwendung von Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 StGB ( BGE 117 IV 398 ff.) darüber zu entscheiden habe, ob und inwieweit aufgeschobene Strafen noch vollzogen werden sollen oder ob an Stelle des Strafvollzugs eine andere sichernde Massnahme anzuordnen sei. BGE 125 IV 225 S. 227 Sei aber nicht über den Vollzug aufgeschobener Strafen beziehungsweise über die Anordnung einer andern sichernden Massnahme unter erneutem Aufschub des Strafvollzugs zu befinden, so fehle einem richterlichen Handeln die gesetzliche Grundlage. Im vorliegenden Fall gehe es darum, ob eine nach Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB während des Strafvollzugs durchgeführte ambulante Massnahme aufzuheben beziehungsweise ob allenfalls eine andere Massnahme anzuordnen sei. Es stelle sich somit auch hier nicht die Frage, ob eine Strafe vollzogen werden soll oder ob eine andere sichernde Massnahme unter Aufschiebung des Strafvollzugs anzuordnen sei. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz begründe ihr Nichteintreten zunächst damit, es sei nicht "sinnvoll", den Richter zu bemühen, wenn die Vollzugsbehörde von sich aus die Möglichkeit habe, die Frage der Zweckmässigkeit einer Massnahme zu prüfen und über eine allfällige Weiterführung formell zu entscheiden. Dabei verkenne sie, dass das ASMV gar nicht die Weiterführung der Massnahme bezwecke; diese sei vom ASMV nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren am 21. Januar 1999 rechtskräftig eingestellt worden. Das ASMV wolle mit seinem Antrag die Aufhebung der Massnahme, weil die Anordnung derselben oder einer anderen Massnahme nicht geeignet gewesen sei, die Gefahr künftiger Verbrechen oder Vergehen zu verhüten. Mit der Begründung, Art. 44 Ziff. 3 Abs. 1 und 2 StGB könnten vorliegend nicht zur Anwendung gelangen, da sie nur die erfolglose Behandlung in der Heilanstalt regelten und sich nicht die Frage stelle, ob eine Strafe zu vollziehen oder ob eine allenfalls andere Massnahme unter Aufschub des Strafvollzugs anzuordnen sei, übersehe die Vorinstanz, dass die Vollzugsbehörde die Massnahme ausdrücklich und nur dann aufheben könne, wenn der Grund weggefallen sei (Art. 43 Ziff. 4 beziehungsweise Art. 44 Ziff. 4 StGB ), d.h. dass die Vollzugsbehörde die Aufhebung nur dann selbst verfügen könne, wenn die in Art. 43 beziehungsweise 44 StGB zur Anordnung vorausgesetzte "geistige Abnormität" (vorliegend Alkoholproblematik), welche zur Anordnung geführt habe, nicht mehr bestehe. Nach der Rechtsprechung sei der Entscheid, ob sich die Behandlung nach Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 StGB als unzweckmässig erweise, nicht vom Richter, sondern von der zuständigen Vollzugsbehörde zu treffen. Das ASMV habe die ambulante Massnahme im Sinne von Art. 44 Ziff. 3 StGB im vorliegenden Fall als erfolglos eingestellt. Im Gegensatz zu Ziff. 3 von Art. 43 StGB habe BGE 125 IV 225 S. 228 die Vollzugsbehörde diesen Entscheid nach erfolglosem Massnahmevollzug von zwei Jahren fällen müssen, weil die Voraussetzungen der bedingten Entlassung noch nicht gegeben waren beziehungsweise weil der Vollzug nicht zum Erfolg geführt hatte. Diesen Entscheid habe das ASMV gefällt, und nun sei es am Richter, den Folgeentscheid zu fällen. Dies habe die Vorinstanz unterlassen. Wenn die Vollzugsbehörde die Massnahme gestützt auf Art. 44 Ziff. 3 StGB einstelle (Unzweckmässigkeit, Undurchführbarkeit), dann habe das Gericht in der Folge darüber zu entscheiden, ob die eingestellte Massnahme erneut anzuordnen und von der Vollzugsbehörde durchzuführen sei. Das Gericht habe aber auch die Möglichkeit, eine andere Massnahme anzuordnen. Dies könne sogar dazu führen, dass das Gericht eine ambulante Massnahme in eine Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB umwandle. Im jetzigen Zeitpunkt sei die Massnahme lediglich eingestellt und nicht aufgehoben. Das ASMV habe die Einstellung der Massnahme rechtskräftig erledigt. Das ASMV könne jedoch die Massnahme nicht weiterführen und der Verurteilte habe Anrecht darauf, dass über die Neuanordnung oder Fortführung oder Aufhebung dieser Massnahme definitiv entschieden werde. Indem die Vorinstanz darauf nicht eingetreten sei, habe sie dem Verurteilten ein ihm zustehendes Recht verweigert. Zudem sei der Entscheid in sich widersprüchlich: Einerseits verlange die Vorinstanz von der Vollzugsbehörde eine formelle Einstellungsverfügung bezüglich Aufhebung der Massnahme, verweigere dann aber, wenn diese vorliege, die Ausfällung der damit verbundenen Folgeentscheide. 2. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob es mit dem Entscheid der Vollzugsbehörde über die Einstellung des Vollzugs der ambulanten Massnahme wegen Erfolglosigkeit und Unzweckmässigkeit sowie mit einem allfälligen dazugehörigen Rechtsmittelverfahren sein Bewenden hat (E. 1a) oder ob der Richter im Anschluss an den Einstellungsentscheid der Vollzugsbehörde von Gesetzes wegen einen Folgeentscheid zu fällen hat (E. 1b). a) Art. 44 StGB regelt die Behandlung von Trunk- und Rauschgiftsüchtigen, Art. 43 StGB die möglichen Massnahmen an geistig Abnormen. Beide Bestimmungen sehen die Möglichkeit einer ambulanten Behandlung vor, wobei in Art. 44 Ziff. 1 auf Art. 43 Ziff. 2 StGB verwiesen wird. Während letztere Bestimmung in Ziff. 3 den Richter anweist, wie er bei Erfolglosigkeit oder Unzweckmässigkeit der Behandlung vorzugehen hat, fehlt in Art. 44 StGB eine derartige Regelung. BGE 125 IV 225 S. 229 Unter Hinweis auf die herrschende Lehre kam das Bundesgericht in BGE 117 IV 398 zum Schluss, die Verweisung in Art. 44 Ziff. 1 StGB bezüglich Anordnung der ambulanten Massnahme genüge, um damit grundsätzlich auch die Bestimmungen für deren Beendigung und die damit zusammenhängende Regelung in Art. 43 Ziff. 3 StGB zur Anwendung zu bringen (E. 2b/bb mit Hinweisen). Offen gelassen wurde in jenem Urteil, ob durch die sinngemässe Anwendung von Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 StGB auf Trunk- und Rauschgiftsüchtige auch eine genügende gesetzliche Grundlage dafür gegeben sei, beim Scheitern einer ambulanten Behandlung eines Trunk- oder Rauschgiftsüchtigen die nachträgliche Einweisung in eine Anstalt oder eine andere sichernde Massnahme anzuordnen (E. 2b/cc). Diese Frage ist zu bejahen. Zunächst kann auf die Begründung in BGE 117 IV 398 E. 2b/bb verwiesen werden. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit der Revision des Massnahmenrechts ausdrücklich die Möglichkeit vorsah, im Interesse des Täters und/oder der öffentlichen Sicherheit auch sichernde Massnahmen allenfalls über den Zeitraum der schuldangemessenen Strafe hinaus anzuordnen ( Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 StGB ). Dass eine angeordnete Mass- nahme unter bestimmten Umständen (z.B. bei Erfolglosigkeit oder Unzweckmässigkeit) wieder muss beendet werden können, versteht sich von selbst. Spricht der Gesetzgeber in Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 von entsprechender Anwendung des Art. 43 Ziff. 2 StGB , kann das nur heissen, dass dem Begriff des Geisteszustandes in Art. 43 die Trunk- beziehungsweise Rauschgiftsucht in Art. 44 StGB entspricht. Nachdem Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 2 StGB bloss von der möglichen Anordnung einer ambulanten Massnahme, nicht jedoch von deren Beendigung spricht, erklärt sich auch, weshalb Satz 3 lediglich auf die Ziff. 2 des Art. 43 verweist, welche mögliche Folgen der Anordnung einer ambulanten Massnahme regelt, nicht jedoch auf die Ziff. 3, welche mögliche Folgen bei der Beendigung der ambulanten Massnahme zum Gegenstand hat. Einerseits hat der Gesetzgeber im sachlich nahe liegenden Art. 43 StGB bewusst Massnahmen vorgesehen, die zeitlich über das schuldangemessene Strafmass hinausgehen können; anderseits würde das Anordnen von Massnahmen ohne die Möglichkeit, sie beenden zu können, zu absurden und vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnissen führen. Deshalb kann die Verweisung in Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 3 StGB nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber sowohl die Anordnung als auch die Beendigung von BGE 125 IV 225 S. 230 ambulanten Massnahmen an geistig Abnormen entsprechend auf Trunk- und Rauschgiftsüchtige angewandt haben wollte. Kann aber nur diese Lösung vom Gesetzgeber gewollt sein, genügt Art. 44 StGB trotz der fehlenden Verweisung auf Ziff. 3 des Art. 43 StGB dem Bestimmtheitsgebot und damit dem Legalitätsprinzip (a.M. STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, S. 436 f. N. 49). In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass zum Schutz der Betroffenen sichernde Massnahmen nur bei Vorliegen der gesetzlichen Bedingungen angeordnet werden dürfen; auch insoweit relativieren sich die geäusserten Bedenken hinsichtlich des Legalitätsprinzips. b) Wie bereits angeführt (E. 1a), begründet die Vorinstanz ihren Entscheid im Wesentlichen damit, dass nur in Fällen, in welchen zwecks ambulanter Behandlung der Vollzug von Freiheitsstrafen aufgeschoben worden sei (Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ), der Richter nach Aufhebung der Behandlung in analoger Anwendung von Art. 43 Ziff. 3 Abs. 2 und 3 StGB ( BGE 117 IV 398 ff.) darüber zu entscheiden habe, ob und inwieweit aufgeschobene Strafen noch vollzogen werden sollen oder ob an Stelle des Strafvollzugs eine andere sichernde Massnahme anzuordnen sei. Sei aber nicht über den Vollzug aufgeschobener Strafen beziehungsweise über die Anordnung einer andern sichernden Massnahme unter erneutem Aufschub des Strafvollzugs zu befinden, so fehle einem richterlichen Handeln die gesetzliche Grundlage. Im vorliegenden Fall gehe es darum, ob eine nach Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB während des Strafvollzugs durchgeführte ambulante Massnahme aufzuheben beziehungsweise ob allenfalls eine andere Massnahme anzuordnen sei. Es stelle sich somit auch hier nicht die Frage, ob eine Strafe vollzogen werden soll oder ob eine andere sichernde Massnahme unter Aufschiebung des Strafvollzugs anzuordnen sei. Dem Umstand, dass vorliegend nicht über einen erneuten Aufschub des Strafvollzugs zu befinden ist, kommt keine Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, dass die entsprechende Anwendung der Ziff. 2 und 3 des Art. 43 auf die ambulante Behandlung von Trunk- und Rauschgiftsüchtigen - nachdem die Vollzugsbehörde die Erfolglosigkeit beziehungsweise Unzweckmässigkeit der Massnahme festgestellt hat - dem Richter die Aufgabe überträgt zu entscheiden, ob an Stelle der erfolglosen ambulanten Massnahme entweder eine gleichartige oder eine andere ambulante Massnahme oder eine stationäre Massnahme oder eine Verwahrung oder allenfalls BGE 125 IV 225 S. 231 keine neue Massnahme anzuordnen ist ( BGE 123 IV 100 E. 3b). Indem die Vorinstanz diesen Entscheid durch ihren Nichteintretensbeschluss verweigert hat, verletzte sie Bundesrecht, weshalb der angefochtene Entscheid aufgehoben wird. 3. (Kostenfolgen)
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e3d818f8-111d-4845-b5bc-45e0e5344925
Urteilskopf 105 V 136 33. Auszug aus dem Urteil vom 4. Juli 1979 i.S. Masca gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG , Art. 6 Abs. 1 IVG und Art. 3bis FlüB . - Zur Versicherteneigenschaft einer gemäss Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) in der Schweiz internierten, nicht erwerbstätigen Person. - Frage des Wohnsitzes.
Erwägungen ab Seite 136 BGE 105 V 136 S. 136 Aus den Erwägungen: Am 5. November 1973 wurde dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft durch die Eidgenössische Polizeiabteilung entzogen. Aus einem Schreiben der Rumänischen Botschaft in der Schweiz an den Beschwerdeführer ist ferner ersichtlich, dass dieser auf die rumänische Staatsangehörigkeit verzichtet hat und dass dieser Verzicht durch Präsidialdekret vom 8. August 1977 genehmigt worden ist. Der Beschwerdeführer ist daher jedenfalls bis zum 8. August 1977 als rumänischer Staatsangehöriger ohne Flüchtlingsstatut zu behandeln. Es kann offen bleiben, ob er nach diesem Zeitpunkt für die Belange der Sozialversicherung als Staatenloser gelten muss, nachdem er freiwillig auf die rumänische Staatsangehörigkeit BGE 105 V 136 S. 137 verzichtet hat. Denn sowohl als rumänischer Staatsangehöriger wie auch als Staatenloser kann er Leistungen der Invalidenversicherung nur beanspruchen, wenn er bei Eintritt der Invalidität versichert war ( Art. 6 Abs. 1 IVG und Art. 3bis FlüB ). Gemäss Art. 4 Abs. 2 IVG gilt die Invalidität als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat. Unter der - hypothetischen - Annahme, zwischen dem 26. April 1974 und dem massgebenden Zeitpunkt (Erlass der streitigen Kassenverfügung am 24. November 1977) sei ein Versicherungsfall eingetreten, ist zunächst zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum im Sinne von Art. 6 Abs. 1 IVG versichert war. a) Nicht das Schweizerbürgerrecht besitzende natürliche Personen sind versichert, wenn sie in der Schweiz ihren zivilrechtlichen Wohnsitz haben oder hier eine Erwerbstätigkeit ausüben ( Art. 1 Abs. 1 lit. a und b AHVG in Verbindung mit Art. 1 IVG ). Da der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig ist, wäre er also nur versichert, wenn er seinen Wohnsitz in der Schweiz hätte ( Art. 23 Abs. 1 ZGB ). Am 26. April 1974 kehrte der Beschwerdeführer aus Grossbritannien in die Schweiz zurück. Mit Wirkung ab 9. Mai 1974 verhängte aber die Polizeiabteilung über ihn für unbestimmte Zeit die Einreisesperre im Sinne von Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG). Der Pflicht zur Ausreise kam der Beschwerdeführer nicht nach. Vielmehr hielt er sich von Anfang Mai 1974 hinweg bis Dezember 1975 in Genf auf, wo er eine Wohnung hatte. In ihrer Verfügung vom 28. November 1975 stellte die Polizeiabteilung fest, dass er zur Zeit keine Möglichkeit habe, die Schweiz legal zu verlassen, weshalb sie ihn und seine Tochter internierte. Eine solche Massnahme wird gemäss Art. 14 Abs. 2 ANAG dann angeordnet, wenn der Ausländer der Pflicht zur Ausreise nicht nachkommt und er auch nicht ausgeschafft werden kann. Trotz der Einreisesperre und trotz der Internierung händigte die Polizeiabteilung dem Beschwerdeführer am 19. Dezember 1975 einen zunächst auf ein Jahr befristeten, später bis Ende 1977 verlängerten Identitätsausweis für schriftenlose Ausländer aus. Damit erhielt der Beschwerdeführer die Möglichkeit, die Schweiz zu verlassen und wieder in die Schweiz zurückzukehren. Auch wenn er schon im Mai 1974 die BGE 105 V 136 S. 138 Absicht gehabt haben sollte, dauernd in der Schweiz zu verbleiben, so stand doch die öffentlich-rechtliche Massnahme der Einreisesperre der Verwirklichung dieser Absicht auf unbestimmte Zeit direkt entgegen. Dieses Hindernis, einen Wohnsitz zu begründen, fiel erst dahin, als der Beschwerdeführer am 28. November 1975 mit dem Argument interniert wurde, er habe keine Möglichkeit, die Schweiz legal zu verlassen. Solange das öffentliche Recht die Verwirklichung der Absicht dauernden Verbleibens in der Schweiz langfristig verbietet, ist diese Absicht jedenfalls für die Belange der Sozialversicherung unbeachtlich ( BGE 99 V 209 und dort zitierte Urteile). Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer mindestens bis zum 27. November 1975 in der Schweiz keinen Wohnsitz begründet hat. b) Am 28. November 1975 wurde die Internierung ohne genaue Befristung angeordnet. Die Massnahme stützte sich unter anderem auf Art. 27 ANAG , wonach die Internierung unter gewissen Voraussetzungen länger als zwei Jahre dauern darf. Mit der Aushändigung des Identitätsausweises am 19. Dezember 1975 erhielt der Beschwerdeführer die Möglichkeit, die Schweiz wieder zu verlassen bzw. dahin zurückzukehren. Ein öffentlich-rechtliches Hindernis, welches die Verwirklichung der Absicht dauernden Verbleibs verunmöglicht hätte, bestand seither somit nicht mehr. Nach den glaubwürdigen Erklärungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hielt sich der Beschwerdeführer von Ende 1975 bis Ende 1977 während insgesamt 201 Tagen in London auf, wobei die jeweilige Aufenthaltsdauer im Ausland zwischen einem Tag und 29 Tagen schwankte. Im Jahre 1978 begab er sich erstmals im Mai nach London; bis Ende August 1978 hatte er dort insgesamt 62 Tage verbracht. Im übrigen wohnte er in Genf, wo seine Tochter die Schule besucht. Einem Schreiben des Einbürgerungsbüros des Kantons Genf an den Beschwerdeführer vom 3. Februar 1977 ist zu entnehmen, dass dieser sich damals nach der Einbürgerungsmöglichkeit erkundigt hatte. Unter diesen Umständen muss angenommen werden, dass der Beschwerdeführer vom 28. November 1975 hinweg die Voraussetzungen zur Begründung eines Wohnsitzes in der Schweiz und insbesondere in Genf erfüllte, und zwar ungeachtet seines fremdenpolizeilichen Statuts (vgl. Berner Kommentar Rz 38 zu Art. 23 ZGB ). BGE 105 V 136 S. 139 c) Aus dem soeben Gesagten folgt, dass der Beschwerdeführer erst seit dem 28. November 1975 wieder versichert ist und damit die versicherungsmässige Voraussetzung des Art. 6 Abs. 1 IVG erfüllt.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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e3db70f0-c6d8-4e49-a09a-1afa4a5de4d2
Urteilskopf 104 III 4 2. Entscheid vom 18. Januar 1978 i.S. X.
Regeste Betreibungsfähigkeit. Die Betreibung gegen einen urteilsunfähigen Schuldner ist nichtig, wenn nicht dessen gesetzlicher Vertreter bzw. die Vormundschaftsbehörde mitwirkt. Die Frage der Urteilsfähigkeit des Betriebenen ist von Amtes wegen zu prüfen, wenn berechtigte Zweifel an deren Vorhandensein bestehen.
Sachverhalt ab Seite 4 BGE 104 III 4 S. 4 A.- In der Betreibung Nr. 4775 gegen X. verwertete das Betreibungsamt Berikon am 30. Juni 1977 die beiden Grundstücke IR Berikon Nr. 407 und Nr. 408. Mit Beschwerde vom 20. Juli 1977 an den Präsidenten des Bezirksgerichts Bremgarten als untere Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter des Bezirkes Bremgarten verlangte der Schuldner die Aufhebung der Zwangsverwertung. Er machte geltend, der Zuschlag sei weit unter den bestehenden Grundpfandschulden zu einem "Schundpreis" erfolgt. Ferner sei er zur Vorbereitung der Steigerung, zur Aufnahme des Lastenverzeichnisses, zu dessen Bereinigung und zur Aufstellung des Kollokationsplans nie begrüsst worden. Er habe auch keine Gelegenheit gehabt, die Schätzung anzufechten. Mit Entscheid vom 30. August 1977 wies der Gerichtspräsident die Beschwerde ab, soweit er darauf eintrat. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid wurde von der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Aargau als oberer Aufsichtsbehörde am 3. November 1977 abgewiesen. Das Obergericht hielt die Beschwerde an den Gerichtspräsidenten für verspätet, so dass dieser überhaupt nicht darauf hätte eintreten sollen. B.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt BGE 104 III 4 S. 5 der Schuldner, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Zwangsverwertung seiner beiden Grundstücke sei als nichtig zu erklären; ferner sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zuzubilligen und eine angemessene Entschädigung für seinen Anwalt zuzusprechen. Der Gläubiger J. beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung des Rekurses, während sich die Ersteigerer der beiden Grundstücke nicht vernehmen liessen, obschon ihnen hiezu Gelegenheit geboten worden war. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Zur Begründung seines Begehrens auf Aufhebung der Zwangsversteigerung seiner beiden Grundstücke IR Nr. 407 und Nr. 408 beruft sich der Rekurrent anders als im kantonalen Verfahren nicht mehr auf Mängel bei der Anordnung und der Vornahme der einzelnen der Verwertung vorausgegangenen Vollstreckungshandlungen. Er anerkennt nun auch - und das mit Recht -, dass er sämtliche Beschwerdefristen verpasst hat. Er behauptet vielmehr, der Grund für diese verpassten Fristen liege darin, dass er sich während des ganzen Zwangsverwertungsverfahrens in einem Zustand völliger geistiger Umnachtung befunden habe. Er, der sonst alles angefochten habe, was ihm unrecht erschienen sei, habe aus Gründen seiner völligen geistigen Unfähigkeit die Tragweite des Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht einsehen können. Er verlangt zum Beweis dafür die Einholung verschiedener Amtsberichte sowie eines psychiatrischen Gutachtens, das sich über seinen Geisteszustand während der Dauer des Zwangsverwertungsverfahrens auszusprechen hätte. 2. Mit diesem Vorbringen versucht der Rekurrent erstmals vor Bundesgericht, die Nichtigkeit des Zwangsvollstreckungsverfahrens, das mit der Versteigerung der beiden Grundstücke vorläufig sein Ende gefunden hat, zu erreichen. Wäre er zur fraglichen Zeit tatsächlich nicht urteilsfähig gewesen, so hätte die Betreibung gegen ihn ohne Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters (Beistand, Vormund) bzw. der Vormundschaftsbehörde ( Art. 47 Abs. 2 SchKG in Verbindung mit Art. 386 ZGB ) nicht durchgeführt werden können, da im Betreibungsverfahren nur derjenige als Schuldner seine Rechte selbst wahrnehmen kann, der nach Massgabe des Zivilrechts BGE 104 III 4 S. 6 handlungsfähig ist. Sie müsste in der Tat wegen Fehlens der Betreibungsfähigkeit des betriebenen Schuldners von Amtes wegen als nichtig erklärt werden ( BGE 99 III 6 , BGE 66 III 27 , BGE 65 III 47 ; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. 1, S. 55), ungeachtet dessen, ob der Steigerungszuschlag rechtzeitig angefochten wurde oder nicht. Ausgeschlossen ist die Aufhebung einer nichtigen Betreibung nur dann, wenn Tatsachen eingetreten sind, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können ( BGE 98 III 61 , 66, BGE 97 III 96 , BGE 96 III 105 , BGE 94 III 71 ). Aus den Akten und aus den eingeholten Amtsberichten ergibt sich nun, dass ernsthafte Zweifel an der Betreibungsfähigkeit des Rekurrenten am Platze sind. So schreibt das Bezirksamt Bremgarten in seinem Bericht vom 9. Dezember 1977, es sei richtig, dass der Rekurrent "in einem gewissen Grad als unzurechnungsfähig" angesehen werden müsse; es sei jedoch Sache des Arztes, dies zu untersuchen. Der Gerichtspräsident von Bremgarten führt anderseits in seinem Schreiben vom 16. Dezember 1977 aus, die Eingaben des Rekurrenten - in einer Art "Michael-Kohlhaas-Psychose" verfasst - machten zeitweise einen ungeordneten, unklaren und verwirrten Eindruck; diese Verwirrtheit habe sich in den letzten Jahren zusehends verstärkt. In ihrem Entscheid vom 23. Oktober 1974 erklärt die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau sogar ausdrücklich, vom Rekurrenten könne "wegen seiner psychischen Krankheit nicht erwartet werden, dass er die Sach- und Rechtslage sachgemäss beurteilen" könne. Zweifel am Geisteszustand des Rekurrenten erwecken schliesslich auch verschiedene, von ihm eigenhändig geschriebene Schriftstücke, die bei den Akten liegen, so etwa der Brief an den Gemeinderat Berikon vom 5. Juli 1977. Unter diesen Umständen besteht hinreichender Anlass, die Frage der Urteilsfähigkeit und damit der Betreibungsfähigkeit des Rekurrenten näher abzuklären. Freilich hat sich der Rechtsvertreter des Rekurrenten, der diesen offensichtlich bereits im kantonalen Verfahren zumindest beraten, wenn nicht vertreten hat, weder vor der unteren noch der oberen Instanz auf die Urteilsunfähigkeit seines Mandanten berufen. Doch ist die Frage der Urteilsfähigkeit jedenfalls dann, wenn wie hier berechtigte Zweifel an deren Vorhandensein bestehen, von Amtes wegen zu prüfen, BGE 104 III 4 S. 7 so dass der erstmals vor Bundesgericht erhobenen Einrede das Novenverbot ( Art. 79 Abs. 1 OG ) nicht entgegensteht ( BGE 91 III 45 ). Es ist allerdings nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die zur Prüfung der Urteilsfähigkeit des Rekurrenten erforderlichen Abklärungen selbst vorzunehmen. Die Sache ist daher an die kantonale Aufsichtsbehörde zurückzuweisen, damit diese die entsprechenden Feststellungen treffen und daraus die sich aufdrängenden rechtlichen Konsequenzen ziehen kann (vgl. BGE 65 III 47 ). Nicht mehr rückgängig zu machende Tatsachen stehen einer allfälligen Aufhebung des Steigerungszuschlags nicht entgegen. Aus dem Bericht des Grundbuchamtes Bremgarten vom 12. Dezember 1977 ergibt sich nämlich, dass der Eigentumsübergang nach der Versteigerung vom 30. Juni 1977 im Grundbuch weder eingetragen noch angemeldet worden ist. Gemäss der Vernehmlassung des Betreibungsamtes Berikon vom 16. Dezember 1977 wurde sodann auch der Verwertungserlös noch nicht verteilt. 3. Dem Antrag auf Erteilung des Armenrechts kann nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht entsprochen werden. Im grundsätzlich gebühren- und entschädigungsfreien Rekursverfahren gemäss Art. 78 ff. OG besteht weder für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege noch für die Beiordnung eines Armenanwalts eine gesetzliche Grundlage ( BGE 102 III 13 ). Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird teilweise gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben; die Sache wird zur Feststellung der Betreibungsfähigkeit des Rekurrenten und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e3db7b0a-8c0f-4e5b-aefe-8f51a135e231
Urteilskopf 80 III 141 33. Urteil der II. Zivilabteilung vom 25. November 1954 i. S. Rungger gegen Schläpfer.
Regeste Verbot der Betreibung unter Ehegatten, Art. 173 ZGB . Betreibung unter Ehegatten zum Zwecke der Durchführung einer ehevertraglich vereinbarten Gütertrennung fällt nicht unter die Ausnahme gemäss Art. 176 Abs. 1 ZGB . Die trotz dem Verbot geführte Betreibung ist nichtig, ebenso der in ihr ausgestellte Verlustschein. Dieser ist daher als Legitimationstitel zur Anfechtungsklage nach Art. 285 Ziff. 1 SchKG untauglich.
Sachverhalt ab Seite 142 BGE 80 III 141 S. 142 A.- Die Eheleute Derungs-Rungger kauften im Jahre 1944 die Bäckereiablage mit Tea-Room "Quader" in Chur zum Preise von Fr. 145 000.-- und bauten sie in den folgenden Jahren mit einem Kostenaufwand von rund Fr. 60 000.-- zu einer Bäckerei aus. Wegen ehelicher Differenzen beauftragte Frau Derungs im Januar 1950 ihren Anwalt, zwecks Sicherstellung ihres Frauengutes die notwendigen Schritte zur Durchführung der Gütertrennung einzuleiten. Angesichts dieses Begehrens verkaufte der Ehemann am 3. Mai 1950 die Liegenschaft ohne Wissen der Ehefrau an seinen Schwager Schläpfer-Derungs zum Preise von Fr. 158 000.--, nachdem er sie ihm noch kurz vorher für Fr. 200 000.-- angeboten hatte. Am 17. Oktober 1950 kam zwischen den Eheleuten Derungs-Rungger ein Ehevertrag auf Gütertrennung zustande, mit dem der Ehemann eine Frauengutsforderung von Fr. 40 881.-- anerkannte. An diese verrechnete er eine Gegenforderung von Fr. 4 000.-- und zedierte an das Restguthaben der Ehefrau eine Forderung an den Liegenschaftskäufer Schläpfer von Fr. 9 000.--. Für ihren Forderungssaldo von Fr. 27 881.-- leitete Frau Derungs am 10. Januar 1951 gegen den Ehemann die Betreibung ein. Das Betreibungsamt Disentis stellte ihr am 18. Juli 1951 für den ganzen Betrag zuzüglich Zins und Kosten, zusammen Fr. 28 743.70, einen Verlustschein aus. B.- Gestützt darauf reichte Frau Derungs zwei Tage später (20. Juli 1951) gegen den Liegenschaftskäufer Schläpfer die vorliegende Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG ein mit dem Begehren auf Ungültigerklärung des Kaufvertrages vom 3. Mai 1950 und grundpfändliche Sicherstellung ihrer Forderung auf der Liegenschaft "Quader" oder betreibungsamtliche Pfändung und Verwertung derselben. Sie begründete die Klage damit, der BGE 80 III 141 S. 143 Ehemann habe die Liegenschaft dem Beklagten in der diesem erkennbaren Absicht verkauft, sie, die Ehefrau, als Frauengutsgläubigerin zu benachteiligen. Während des Anfechtungsprozesses wurden die Eheleute geschieden. C.- Das Kantonsgericht Zug bejahte die Benachteiligungsabsicht und deren Erkennbarkeit gemäss Art. 288 SchKG und hiess die Klage gut. Auf Appellation des Beklagten hat jedoch das Obergericht mit Urteil vom 29. Juni 1954 diesen Entscheid aufgehoben und die Anfechtungsklage abgewiesen, weil der dieser zu Grunde liegende Verlustschein, da aus einer gemäss Art. 173 ZGB verbotenen Betreibung zwischen Eheleuten hervorgegangen, nichtig sei und daher keine gültige Legitimation zur Anfechtungsklage gemäss Art. 285 Ziff. 1 SchKG bilden könne. D.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Klägerin mit dem Antrag, es sei der Kaufvertrag vom 3. Mai 1950 ungültig zu erklären und der Beklagte zu verpflichten, die betreibungsamtliche Pfändung und Verwertung der Kaufliegenschaft seitens der Klägerin im Umfang ihrer Forderung von Fr. 28 743.70 zu dulden, wobei a) der Beklagte berechtigt sei, sich im Umfange seiner ausgewiesenen wertvermehrenden Investitionen bis zum 20. Juli 1951, dem Tage der Klageeinleitung, vorgängig der Klägerin am Pfändungserlös zu beteiligen, b) ein eventueller Verwertungsüberschuss dem Beklagten zufalle; event. sei die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zur Begründung wird ausgeführt, nach Art. 173 ZGB hätte allerdings die Betreibung der Klägerin gegen ihren Ehemann nicht durchgeführt werden dürfen. Dies sei nun aber trotzdem geschehen, und das mit dem Verlustschein vom 18. Juli 1951 abgeschlossene Betreibungsverfahren sei bis heute nie angefochten worden; da die Betreibung erledigt sei, sei eine Beschwerde auf Rückgängigmachung BGE 80 III 141 S. 144 bezw. Aufhebung der Betreibung oder eines einzelnen Betreibungsaktes, so des Verlustscheins, nach der Rechtsprechung nicht mehr zulässig. Somit dürfe auch in einem Anfechtungsprozess der die Aktivlegitimation begründende Verlustschein nicht mehr in Frage gestellt werden ( BGE 70 IV 76 ). Wenn sich der Beklagte aber formell noch auf die Ungültigkeit des Verlustscheins berufen könnte, wäre diese Einrede rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte habe offensichtlich eine Benachteiligungshandlung im Sinne von Art. 288 SchKG vorgenommen, aber bis zum Urteil der 1. Instanz geglaubt, man könne ihm dies nicht nachweisen; erst als er sich überführt gesehen habe, sei er auf den Ausweg der Anfechtung des Verlustscheins verfallen. Auch der betriebene Ehemann habe die Betreibung ohne Widerspruch geduldet. Der Anfechtungsbeklagte sei, als an der Betreibung nicht beteiligt, zur Geltendmachung der Ungültigkeit des Verlustscheins überhaupt nicht legitimiert. Wollte man dies aber noch bejahen, so wäre die Einrede unbegründet. Das Gesetz - Art. 176 Abs. 1 ZGB - weise eine Lücke auf, indem der hier vorliegende Fall, wo die Sicherstellung des Frauengutes vom Ehemann zwar verweigert, jedoch eine vertragliche Gütertrennung durchgeführt worden sei, bezüglich der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung nicht geregelt sei. Wollte man diese der Frau nach dem Wortlaut von Art. 176 Abs. 1 versagen, so stände sie schutzlos da. Es müsse daher kraft Art. 1 ZGB eine Ausnahme vom Verbot der Zwangsvollstreckung gemacht werden. E.- Der Berufungsbeklagte beantragt Abweisung der Berufung, event. Nichteintreten auf den Berufungsantrag 2 betr. Gutheissung der Klage. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Durch die Vorweisung eines Verlustscheins wird grundsätzlich die Legitimation des Titulars desselben zur Anfechtungsklage gemäss Art. 285 SchKG ohne weiteres erstellt, und es können dagegen vor dem Zivilrichter BGE 80 III 141 S. 145 keine Einwendungen hinsichtlich der betreibungsrechtlichen Rechtmässigkeit des Titels vorgebracht werden, ausser wenn es sich geradezu um Nichtigkeit des Verlustscheins handelt (JAEGER, zu Art. 285 N. 3 A). Über diese Frage kann der Zivilrichter, als über einen Präjudizialpunkt im Anfechtungsprozess, selbständig befinden. Er kann die Nichtigkeit des Verlustscheins bejahen, ohne dass dieser oder die ganze ihm zu Grunde liegende Betreibung durch die Aufsichtsbehörden, sei es auf Beschwerde oder von Amtes wegen, nichtig erklärt oder aufgehoben worden ist. Anderseits kann der Zivilrichter einen Verlustschein nicht formell nichtig erklären oder kassieren, sondern lediglich als nichtig, also rechtlich gar nicht existierend und wirkungslos, behandeln, und zwar auch dann, wenn die Aufsichtsbehörden selbst - nach der Praxis - weder die nichtige Betreibung als Ganzes noch den mit demselben Mangel behafteten Verlustschein mehr aufheben könnten, weil jene abgeschlossen ist ( BGE 44 III 196 , BGE 70 IV 76 ). Der Anfechtungsbeklagte, obwohl an der Betreibung nicht beteiligt, ist legitimiert, die Nichtigkeit des Verlustscheins geltend zu machen, da es sich hiebei um eine absolute, gegenüber jedermann geltende und von Amtes wegen zu berücksichtigende Einredetatsache handelt. 2. Im vorliegenden Falle ist unbestritten, dass die Betreibung der Klägerin gegen ihren Ehemann während bestehender Ehe stattgefunden hat. Sie war also gemäss Art. 173 ZGB nur zulässig, wenn es sich um einen der vom Gesetze bezeichneten Ausnahmefälle handelt. In Betracht kommt einzig Art. 176 Abs. 1, wonach "zur Durchführung der durch Gesetz oder Urteil angeordneten Gütertrennung" die Zwangsvollstreckung ohne Beschränkung zulässig ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung fällt die Betreibung der Klägerin gegen ihren Ehemann, die in Durchführung der durch Ehevertrag vereinbarten Gütertrennung erfolgte, nicht darunter. Betreibung zu diesem Zwecke ist nur unter den besonderen Voraussetzungen BGE 80 III 141 S. 146 von Art. 174/75 ZGB zulässig. Das Bundesgericht hat Art. 176 Abs. 1 immer dahin ausgelegt, dass die Beschränkung der Ausnahme vom Betreibungsverbot auf die Durchführung der gesetzlichen oder richterlichen Gütertrennung bewusst gewollt ist, also die Betreibung zufolge ehevertraglicher Gütertrennung unter das Verbot des Art. 173 fällt ( BGE 42 III 382 f. [II. Zivilabteilung]; BGE 42 III 351 [SchKK]). Es hat die Frage neuerdings, mit Bezug auf Art. 176 Abs. 1 und 2, auch unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeit eines Versehens der Gesetzesredaktion geprüft, diese Annahme jedoch mit aller Entschiedenheit und einlässlicher Begründung abgelehnt ( BGE 77 III 51 ). Ist mithin die Unterscheidung vom Gesetze gewollt, so kann, entgegen der Behauptung der Klägerin, von einer Gesetzeslücke keine Rede sein. Zu Unrecht beruft sich jene hiefür auf BGE 40 III 9 , wo das Bundesgericht die Einbeziehung der Betreibung auf Sicherstellung des Frauengutes in die Ausnahmefälle der Art. 174-176 ZGB allenfalls dann zulässig erklärte, "wenn das Gesetz an die Verweigerung der Sicherheitsleistung durch den Mann überhaupt keine Rechtsfolgen knüpfte, die Frau also ohne Betreibung auf Sicherstellung überhaupt kein Mittel hätte, um sich Schutz für ihre Ansprüche zu verschaffen", was aber nicht der Fall sei. Im vorliegenden Falle hätte die Klägerin, nachdem der Ehemann ihrem Verlangen nach Sicherheitsleistung für das Frauengut nicht nachkam, das vom Gesetze für diese Situation vorgesehene Mittel ergreifen, nämlich gemäss Art. 183 Ziff. 2 die richterliche Gütertrennung verlangen sollen, für deren Durchführung ihr dann gemäss Art. 176 Abs. 1 die Betreibung zu Gebote stand. Dieses Zwangsmittels begab sie sich allerdings, indem sie sich mit vertraglicher Gütertrennung begnügte. Der Umstand, dass die Ehefrau in dieser Situation auf die Handhaben gemäss Art. 174/75 beschränkt ist, rechtfertigt es nicht, sie im Sinne des zit. Entscheides als schutzlos zu bezeichnen und Art. 176 Abs. 1 abweichend von seinem Wortlaut auszulegen. BGE 80 III 141 S. 147 3. Das Verbot der Betreibung unter Ehegatten gemäss Art. 173 ZGB ist im öffentlichen Interesse erlassen worden (vergl. ZbJV 90, S. 458; LEMP, Komm., N. 1 und 17 zu Art. 173), eine in Verletzung desselben erfolgte Betreibung daher schlechthin nichtig ( BGE 40 III 8 , BGE 42 III 352 , BGE 44 III 114 Erw. 1), ebenso jeder einzelne in derselben ergangene Betreibungsakt, auch der ausgestellte Verlustschein. Wenn in dem von der Berufungsklägerin angerufenen Entscheide ( BGE 70 IV 76 ) der Kassationshof den in einer nichtigen, also rechtlich gar nicht existierenden Betreibung ausgestellten Verlustschein als trotzdem "heute zu Recht bestehend" bezeichnete, so geschah dies unter Hinweis auf BGE 44 III 196 , wo die Aufsichtsbehörde die Aufhebung eines Verlustscheins aus nichtiger Betreibung ablehnte, weil diese erledigt sei, und mit der Bemerkung, dass der weiterbestehende Verlustschein an der Nichtigkeit der Betreibung nichts ändere. Es kann daraus keineswegs abgeleitet werden, dass einem solchen Verlustschein noch irgendwelche Rechtswirkungen zukommen könnten. Zudem handelte es sich bei den beiden Präjudizien um Nichtigkeit der Betreibung wegen Verletzung von Art. 47 bezw. 40 Abs. 2 SchKG, nicht von Art. 173 ZGB . In einem Falle von Nichtigkeit der Betreibung aus letzterem Grunde hat jedenfalls die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer den Entscheid einer kantonalen Aufsichtsbehörde bestätigt, welche die abgeschlossene Betreibung als Ganzes (dans son ensemble) einschliesslich des in ihrem Verlaufe erfolgten Freihandverkaufs des Pfändungsgutes annullierte (Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 28. Juni 1935 i.S. Hari, n. p.). Hinderte der Umstand, dass die Betreibung abgeschlossen war, die Aufsichtsbehörde nicht, diese Konsequenz aus deren Nichtigkeit zu ziehen, so erscheint übrigens fraglich, ob es gemäss der vom Kassationshof zit. Praxis richtig ist, mit Bezug auf einen Verlustschein die Annullierung abzulehnen, da doch nicht zweifelhaft ist, dass ihm keinerlei rechtliche Wirkungen mehr zukommen dürfen; und BGE 80 III 141 S. 148 wäre es auch nur, um seiner Benutzung als untauglichen Legitimationstitels zur Anfechtungsklage vorzubeugen. Jedenfalls könnten die Aufsichtsbehörden trotz abgeschlossenem Betreibungsverfahren eine nachträgliche Korrektur in dem Sinne nicht ablehnen, dass der Eintrag im Betreibungsbuch über die Erledigung der Betreibung durch Verlustschein beseitigt werden muss; denn der Betriebene darf dort nicht als erfolglos betrieben figurieren, wenn die Betreibung nichtig war. Der Umstand, dass die Eheleute Derungs schon vor dem Urteil der 1. Instanz geschieden worden sind und daher nunmehr Art. 173 ZGB einer Betreibung nicht mehr entgegenstand, mag diesen Ausgang des Anfechtungsprozesses unbefriedigend erscheinen lassen, ändert aber nichts daran, dass der der Klage zu Grunde gelegte Verlustschein vom 18. Juli 1951 nichtig und daher als Legitimationstitel nach Art. 285 SchKG untauglich ist ( BGE 77 III 55 i. f.). Die Klägerin kann jetzt die Betreibung wiederholen und, falls sie wieder mit einem Verlustschein endet, gestützt auf diesen eine neue Anfechtungsklage anheben. Darin endlich, dass der Beklagte die Einwendung der Nichtigkeit des Verlustscheins erst vor 2. Instanz erhoben habe, kann entgegen der Behauptung der Berufung keinesfalls ein Rechtsmissbrauch erblickt werden. Der Beklagte ist berechtigt, im Prozess alle seiner Sache dienlichen Rechtsstandpunkte zu vertreten. Die Aktivlegitimation ist eine Klagevoraussetzung; die Klägerin muss sie nachweisen und der Beklagte kann sie bestreiten. Bis zu welchem Prozessstadium letzteres noch gültig geschehen kann, bestimmt das kantonale Prozessrecht. Die Nichtigkeit des Verlustscheins ist übrigens eine vom Richter von Amtes wegen zu beachtende, rein rechtliche Tatsache, die auch das Bundesgericht noch zu berücksichtigen hätte, wenn sie der Anfechtungsbeklagte und die Vorinstanzen übersehen hätten. BGE 80 III 141 S. 149 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 29. Juni 1954 bestätigt.
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e3dd6aac-7a0e-48c8-b2f9-58b850282834
Urteilskopf 86 IV 170 42. Urteil des Kassationshofes vom 9. September 1960 i.S. Heierle gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 169 StGB . Der Arbeitgeber, der im Falle einer gegen seinen Arbeitnehmer gerichteten Lohnpfändung auf betreibungsamtliche Anzeige hin die gepfändete Lohnquote in Abzug bringt, den abgezogenen Geldbetrag aber nicht an das Betreibungsamt abliefert, sondern anderweitig verwendet, verfügt damit nicht über eine amtlich gepfändete Sache; Pfändungsobjekt bildet bis zu ihrer Tilgung ausschliesslich die Lohnforderung.
Sachverhalt ab Seite 171 BGE 86 IV 170 S. 171 A.- In der Betreibung des X. gegen Frau Y. nahm das Betreibungsamt Zürich 11 am 21. November 1956 eine Lohnpfändung vor. Vom Verdienst der damals in der Firma "Ultra 07 E. H. Heierle" tätigen Schuldnerin wurden 62 Rappen pro Arbeitsstunde gepfändet. Am 21. November 1956 zeigte das Betreibungsamt der Arbeitgeberfirma die Lohnpfändung an und erteilte ihr die Weisung, ihrer Hilfsarbeiterin Y. den gepfändeten Lohnanteil abzuziehen und die abgezogenen Beträge je am Monatsende dem Betreibungsamt abzuliefern. In der Folge nahm die Firma "Ultra 07" die verlangten Lohnabzüge vor, die für die Zeit vom 26. November 1956 bis 28. Mai 1957 insgesamt Fr. 280.-- erreichten. Hievon wurden an das Betreibungsamt lediglich Fr. 79.40 abgeliefert, während die restlichen Fr. 200.60 von der Arbeitgeberin anderweitig verwendet wurden. Am 1. Oktober 1957 geriet diese in Konkurs, wobei die Gläubiger der fünften Klasse in vollem Umfang zu Verlust kamen. B.- Am 22. Dezember 1959 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich Heierle, der in der Firma "Ultra 07" eine leitende Stellung eingenommen hatte, wegen Verfügung über gepfändete Sachen ( Art. 169 StGB ) zu 14 Tagen Gefängnis, als Zusatzstrafe zu den vom Obergericht des Kantons Bern am 24. September 1958 wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten ausgefällten drei Monaten Gefängnis. C.- Heierle führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei, soweit es ihn betreffe, aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung, eventuell zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. BGE 86 IV 170 S. 172 Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Wer über eine amtlich gepfändete Sache zum Nachteil der Gläubiger verfügt, wird nach Art. 169 StGB mit Gefängnis bestraft. Nach dem angefochtenen Urteil besass die Firma "Ultra 07" bei Konkursausbruch kein bares Geld mehr. Daraus folgert die Vorinstanz, dass die vom Lohn der Frau Y. abgezogenen Beträge zum Gegenstand von Handlungen gemacht worden seien, die den Endzweck der Lohnpfändung vereitelten, und dass demnach eine Verfügung über gepfändete Sachen im Sinne von Art. 169 StGB vorliege. Ohne Belang sei dabei, ob die zurückbehaltenen Lohnquoten intern nur rechnerisch oder auch tatsächlich ausgeschieden worden seien. Der Begriff der Sache nach Art. 169 StGB sei ein weiterer als derjenige des Zivilrechtes. So habe die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes entschieden, dass der an die Stelle der gepfändeten Lohnforderung oder Anwartschaft tretende Geldbetrag unter die Pfändung falle ( BGE 71 III 62 ), bzw. vom Schuldner dem Betreibungsamt abzuliefern sei ( BGE 78 III 129 , BGE 79 III 158 ), was nach Gesetz einen Pfändungsbeschlag voraussetze; der Kassationshof habe sich dieser Auffassung angeschlossen und in BGE 82 IV 189 darauf hingewiesen, dass bei der Pfändung von Trinkgeldern der Pfändungsbeschlag zunächst die Anwartschaft und hernach das an deren Stelle tretende Geld betreffe, weswegen die als Trinkgeld eingenommenen Noten oder Münzen ohne weiteres als Sachen im Sinne von Art. 169 StGB anzusprechen seien. Gestützt darauf legte das Obergericht dem Beschwerdeführer zur Last, er habe durch die Nichtablieferung der abgezogenen Lohnbeträge an das Betreibungsamt und deren anderweitige Verwendung sich der Verfügung über gepfändete Sachen schuldig gemacht. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach Art. 99 SchKG wird zwar bei der Pfändung von BGE 86 IV 170 S. 173 Forderungen oder Ansprüchen, für welche nicht eine auf den Inhaber oder an Order lautende Urkunde besteht, dem Schuldner des Betriebenen angezeigt, dass er rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne. Diese Anzeige ist jedoch kein Element der Lohnpfändung selbst, sondern bloss eine zu dieser hinzutretende Massnahme zur wirksamen Geltendmachung des Pfändungsvollzuges ( BGE 74 III 3 , BGE 78 III 128 , BGE 83 III 5 b). Als solche kann sie weder allgemein die bisherige Stellung des Drittschuldners verschlechtern, noch insbesondere die Einbeziehung ihm gehörender Vermögensstücke in den Pfändungsnexus bewirken. Denn Betriebener ist nicht er (der Drittschuldner), sondern sein Gläubiger, weswegen durch die Lohnpfändung auch nur dessen bereits vorhandene oder innerhalb eines Jahres auf Grund eines Arbeitsverhältnisses eingehende Aktiven vom Pfändungsbeschlag erfasst werden. Der Drittschuldner wird davon lediglich insofern berührt, als er auf entsprechende Anzeige hin in Zukunft mit befreiender Wirkung bloss noch an das Betreibungsamt zahlen kann. Darüber hinaus aber erfährt seine Stellung als Schuldner durch die Lohnpfändung keinerlei Veränderung, und namentlich erwächst seinem Gläubiger (bzw. dem Betreibungsamt) infolge der genannten Anzeige kein zusätzlicher Anspruch auf Herausgabe eines der gepfändeten Lohnquote entsprechenden, im Besitze des Lohnschuldners befindlichen Geldbetrages. Es geht daher nicht an, den Beschwerdeführer wegen Verfügung über gepfändete Sachen zu bestrafen, weil er Gelder der Firma "Ultra 07" statt zur Bezahlung der gepfändeten Lohnforderung anderweitig verwendet hat. Gegenstand der Pfändung bildete ausschliesslich die Lohnforderung, und über diese hat die "Ultra 07" nicht verfügt und konnte sie als Schuldnerin auch gar nicht verfügen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Vorinstanz angeführten Rechtsprechung. Wenn entschieden wurde, dass der an Stelle der gepfändeten Lohnforderung BGE 86 IV 170 S. 174 oder Anwartschaft tretende Geldbetrag unter die Pfändung falle, bzw. vom Schuldner dem Betreibungsamt abzuliefern sei, so hatte das selbstverständlich nur den Sinn, dass bei Tilgung der gepfändeten Forderung durch Bezahlung der eingehende Geldbetrag die untergegangene Forderung als Pfändungsobjekt ersetzt und dass der Betreibungsschuldner das Geld an das Betreibungsamt abzugeben hat, wenn er in dessen Besitz gelangt, was bei der Pfändung von Trinkgeldern der Fall ist ( BGE 79 III 158 ), oder wenn der über die Pfändung nicht unterrichtete Arbeitgeber dem betriebenen Arbeitnehmer den ganzen Lohn ausbezahlt ( BGE 78 III 129 ). Die Vorinstanz verkennt daher den Sinn dieser Praxis, wenn sie glaubt, es habe danach ein der gepfändeten Lohnforderung entsprechender, aber noch im Besitze des Drittschuldners befindlicher Geldbetrag als in den Pfändungsbeschlag einbezogen zu gelten. Die Forderung bleibt vielmehr solange als (alleiniges) Pfändungsobjekt bestehen, als sie nicht getilgt ist, das Geld dazu sich noch in Händen des Drittschuldners befindet. Das gilt auch für den Fall, dass der Lohngläubiger seinem Schuldner nach der Pfändung für die ganze Forderung Quittung erteilt hat; dadurch wird dieser im Umfang der gepfändeten Lohnquote von seiner Zahlungspflicht nicht befreit (vgl. Art. 96 Abs. 2 SchKG ). Der Drittschuldner ist demnach ungeachtet der betreibungsamtlichen Anzeige frei, über sein Geld so zu verfügen, wie es ihm beliebt. Insbesondere ist er nicht gehalten, bei Tilgung seiner Schulden der gepfändeten Lohnforderung seines Arbeitnehmers vor anderen Verbindlichkeiten (z.B. nicht gepfändete Lohnguthaben anderer Arbeitnehmer) den Vorrang zu geben. Die anderen Gläubiger haben nicht weniger Anrecht auf Befriedigung ihrer Forderungen als der von dritter Seite betriebene Lohngläubiger. Auf eine Bevorzugung dieses Gläubigers liefe es jedoch hinaus, würde man Fälle wie den vorliegenden Art. 169 StGB unterstellen. Was aber den Pfändungsgläubiger anbelangt, so ist dieser durch die Anzeige nach BGE 86 IV 170 S. 175 Art. 99 SchKG sowie durch die Möglichkeit, sich die gepfändete Forderung bei Nichtbezahlung durch den Drittschuldner zur Eintreibung oder an Zahlungs Statt anweisen zu lassen ( Art. 131 SchKG ), in seinen Interessen zureichend geschützt. Fällt demnach eine strafbare Verfügung über gepfändete Sachen schon aus den angeführten Gründen ausser Betracht, dann kann die Frage, ob eine Forderung überhaupt als Sache im Sinne von Art. 169 anzusprechen sei, offen bleiben. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. Dezember 1959 aufgehoben, soweit es den Beschwerdeführer betrifft, und die Sache zu dessen Freisprechung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
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Urteilskopf 95 IV 144 36. Urteil des Kassationshofes vom 31. Oktober 1969 i.S. Hammel gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.
Regeste Art. 91 Abs. 3 SVG ; Vereitelung der Blutprobe. Entscheidend ist, ob der Täter mit einer Blutprobe oder anderen Massnahmen rechnete oder rechnen musste.
Sachverhalt ab Seite 144 BGE 95 IV 144 S. 144 A.- Der Holzhändler Josef Hammel fuhr am Morgen des 3. Oktober 1968 von seinem Wohnort Kleinlützel ins Elsass, wo er den ganzen Tag an einer Holzsteigerung teilnahm. Etwa um Mitternacht machte er sich in Moosch auf den Heimweg. Kurz nach 01.00 Uhr wurde er am Zollamt Basel-Burgfelderstrasse abgefertigt. Bei der Passkontrolle bemerkte Gefreiter Estoppey starken Alkoholgeruch. Er forderte Hammel auf, den Autokoffer zu öffnen. Hammel ging unsicheren Schrittes vom Führersitz zum Kofferraum, wobei er sich am Wagen festhalten musste. Trotzdem er den richtigen Schlüssel in der Hand hielt und Estoppey ihm mit der Taschenlampe leuchtete, fand er zunächst das Schlüsselloch nicht. Estoppey eröffnete Hammel, er sei betrunken und dürfe so nicht weiterfahren. Entweder lasse er den Wagen freiwillig beim Zollamt und hole ihn ab, wenn er wieder nüchtern sei, oder dann lasse Estoppey die Polizei kommen, damit diese über die Zulässigkeit einer Weiterfahrt entscheide. Hammel steckte den Vorwurf ohne Widerrede ein und liess es auch nicht auf eine Polizeikontrolle ankommen. BGE 95 IV 144 S. 145 Er stellte den Wagen weisungsgemäss auf den Parkplatz. Als Estoppey wenige Minuten später durch die Abfertigung eines andern Personenwagens abgelenkt wurde, fuhr Hammel mit seinem Wagen davon. Er liess dabei seinen Pass in der Hand des Zollbeamten zurück. Estoppey avisierte unverzüglich die Polizei. Da bekannt war, dass Hammel in Kleinlützel SO und in Laufen BE je eine Gastwirtschaft besitzt, passte die Polizei an beiden Orten auf, ohne jedoch Hammel oder seinen Wagen zu entdecken. Hammel war bereits vor der Polizei in Laufen eingetroffen, hatte das Auto entgegen seiner Gewohnheit nicht bei seinem Gasthof Rathausstübli, sondern ausser Sicht einige Häuserblocks entfernt parkiert. Er hatte seine Gerantin herausgeläutet und sich von ihr hinter verschlossenen Läden eine Mahlzeit servieren lassen. Möglichkerweise trank er dazu Wein. Am 4. Oktober 1968 um ca. 6.00 Uhr wurde Hammel beim Verlassen des Rathausstübli von der Polizei gestellt und zur Blutentnahme geführt. Auf den Zeitpunkt der kritischen Fahrt zurückgerechnet, ergab sich bei Annahme eines mittleren Abbaukoeffizienten ein Blutalkoholgehalt von 1,15 Promille, bei Annahme eines extremen niedrigen Abbaukoeffizienten ein solcher von 0,8 Promille, wobei der angeblich im Rathausstübli konsumierte Zweier nicht berücksichtigt ist. Nimmt man an, Hammels Aussage darüber sei richtig, so würden sich die Alkoholwerte für den kritischen Zeitpunkt um ca. 0,25 Promille reduzieren. B.- Der Polizeigerichtspräsident von Basel verurteilte Hammel am 10. März 1969 wegen Trunkenheit am Steuer und Vereitelung der Blutprobe zu 20 Tagen Gefängnis mit bedingtem Vollzug sowie zu einer Busse von Fr. 2000.--. Das Appellationsgericht wies mit Urteil vom 11. Juli 1969 die Berufung des Verurteilten ab. Mit Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof verlangt der Verurteilte die Aufhebung des Urteils des Appellationsgerichts und die Rückweisung der Sache zur Freisprechung. Er rügt eine Verletzung von Art. 91 Abs. 3 SVG ; in seinem Verhalten liege keine Vereitelung der Blutprobe. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Rechtsbegehren und Schlusssatz der Beschwerdebegründung verlangen die Rückweisung zur Freisprechung des BGE 95 IV 144 S. 146 Beschwerdeführers. Nach Ziffer I der Beschwerdebegründung und deren übrigem Inhalt bezieht sich die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch ausschliesslich auf die Verurteilung wegen Vereitelung der Blutprobe. 2. Nach Art. 91 Abs. 3 SVG wird bestraft, wer sich vorsätzlich einer amtlich angeordneten Blutprobe oder einer zusätzlichen ärztlichen Untersuchung widersetzt oder entzieht oder den Zweck dieser Massnahme vereitelt. In BGE 90 IV 96 f. wurde entschieden, dass entgegen dem Wortlaut der Bestimmung die bereits erfolgte amtliche Anordnung der Blutprobe nicht Tatbestandserfordernis ist. Auch der Fahrer, der sich einer drohenden Blutprobe entzieht, z.B. indem er nach einem Unfall vor Eintreffen der Polizei die Flucht ergreift, ist nach Art. 91 Abs. 3 SVG zu bestrafen. Es genügt, dass sein Verhalten darauf angelegt ist, den Nachweis seiner Trunkenheit am Steuer zu vereiteln. Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer gestützt auf diese Praxis verurteilt. a) Der Beschwerdeführer beruft sich auf die in der Literatur erschienene Kritik am zitierten Urteil. SCHULTZ (ZBJV 1966 S. 93 f., Die strafrechtliche Rechtsprechung zum neuen Strassenverkehrsrecht S. 241 f.) macht geltend, Art. 91 Abs. 3 SVG betreffe ein Erfolgsdelikt, die Vereitelung der bereits angeordneten Blutprobe. BGE 90 IV 94 mache daraus ein Absichtsdelikt; es sei aber nicht dasselbe, ob nur eine möglicherweise in Aussicht stehende oder eine bereits beschlossene Amtshandlung durchkreuzt werde. Die Bestrafung wegen vollendeter Vereitelung der Blutprobe im ersten Fall widerspreche möglicherweise dem Grundsatz nulla poena sine lege ( Art. 1 StGB ). TRECHSEL (ZStR 1968 S. 174 f.) schliesst aus den Materialien, mit Art. 91 Abs. 3 SVG habe der Bundesgesetzgeber lediglich die Kantone verpflichten wollen, die Blutprobe als Beweismittel anzuwenden. Auch der Wortlaut spreche nicht eindeutig für die Auffassung des Bundesgerichts. Ordne man Art. 91 Abs. 3 systematisch der Hinderung einer Amtshandlung ( Art. 286 StGB ) und dem Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen ( Art. 292 StGB ) zu, betrachte man ihn als Selbstbegünstigung oder als subsidiären Tatbestand zu Art. 91 Abs. 1 und 2 SVG , so ergebe sich, dass nicht jeder angetrunkene Fahrer, der sich einer eventuell möglichen Blutprobe entziehe, bestraft werden könne. b) Art. 91 Abs. 3 SVG spricht von der amtlich angeordneten Blutprobe. Daraus könnte in der Tat der Schluss gezogen BGE 95 IV 144 S. 147 werden, der Tatbestand sei nicht verwirklicht, solange die Blutprobe noch nicht angeordnet sei. In solchen Fällen wäre nur eine Bestrafung wegen Versuchs möglich. Allein, auch diese Auslegung löst die Probleme nicht, sondern schafft neue: Ist die Anordnung der Blutprobe eine vom Vorsatz nicht erfasste objektive Strafbarkeitsbedingung oder ein Tatbestandsmerkmal? Im ersten Fall ist auch die Bestrafung wegen Versuchs ausgeschlossen. Im zweiten Fall müsste umgekehrt strafbarer Versuch immer angenommen werden, wenn ein Fahrzeugführer damit rechnet, nicht mehr nüchtern zu sein, und möglichst unauffällig nach Hause fährt, um nicht der Polizei Anlass zur Blutprobe zu geben. In Wirklichkeit lässt der Wortlaut beide Auslegungen zu. Er bedroht neben demjenigen, der sich einer amtlich angeordneten Blutprobe oder anderen Massnahme widersetzt oder entzieht, auch den Täter, der den Zweck dieser Massnahme vereitelt. Da hier allgemein vom Zweck der Massnahme gesprochen wird, nicht nur von einer angeordneten Massnahme, lässt sich grammatikalisch der Text auch so auslegen, dass jede Vereitelung des Zweckes strafbar sein soll, selbst wenn die Blutprobe noch nicht angeordnet wurde. Die historische Auslegung widerlegt den zitierten Entscheid ebensowenig. In der Botschaft des Bundesrates zum SVG wird ausdrücklich auf den Fall verwiesen, wo jemand "den Zweck der Blutprobe vereitelt, indem er z.B. nach einem Unfall weiteren Alkohol zu sich nimmt, bevor Polizei und Arzt eintreffen" (BBl 1955 II 63, BGE 90 IV 96 ). Das ist ein erheblicher Hinweis darauf, dass die effektive Anordnung der Blutprobe nicht Voraussetzung einer Bestrafung nach Art. 91 Abs. 3 sein sollte. Was die systematischen Argumente betrifft, besteht zwar eine Verwandtschaft zwischen Art. 91 Abs. 3 und den Delikten der Hinderung einer Amtshandlung, des Ungehorsams und des Handelns gegen die Rechtspflege. Doch geht Art. 91 Abs. 3 in keinem dieser Tatbestände auf, sondern bildet eine Sondernorm für das Gebiet des Strassenverkehrsrechts. Die richtige Interpretation ist daher auch nicht aus der Abstimmung auf verwandte Tatbestände zu gewinnen. Bleibt die vom Bundesgericht stets als zutreffend anerkannte (neuerdings in BGE 95 IV 73 ), in der Anwendung freilich mitunter nicht leichte Auslegung der Bestimmung nach ihrem wirklichen Sinn und Zweck. Es ist unzweifelhaft, dass nicht nur BGE 95 IV 144 S. 148 die Fälle erfasst werden sollen, in denen die Blutprobe oder eine weitere Massnahme bereits amtlich angeordnet waren. Art. 91 Abs. 3 will auch denjenigen bestrafen, der sich nach einem Unfall durch Flucht der drohenden Blutprobe entzieht oder ihren Zweck durch das sog. "Kognak-Alibi" zu vereiteln trachtet. Anderseits bedroht Art. 91 Abs. 3 nicht jeden angetrunkenen Fahrzeugführer, der in Kenntnis seines Zustandes weitergefahren ist, wobei theoretisch immer die Möglichkeit bestand, dass er in eine Polizeikontrolle geraten und einer Blutprobe unterzogen werde. Entscheidend ist, ob der Täter im konkreten Fall mit einer Blutprobe oder anderen Massnahmen als reale Wahrscheinlichkeit rechnete oder rechnen musste. Trifft dies zu, so darf er nichts unternehmen, was die Vornahme einer unverfälschten Untersuchung stören könnte. Entzieht sich der Täter dieser Pflicht mit der Absicht, die als wahrscheinlich erkannte Massnahme zu durchkreuzen, oder billigt er diesen Erfolg für den Fall des Eintrittes, so ist er nach Art. 91 Abs. 3 SVG zu bestrafen. 3. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein; im vorliegenden Beschwerdefall ist sie es nicht. Hammel macht freilich geltend, er habe mit einer Blutprobe weder gerechnet noch rechnen müssen. Er habe keinen Unfall herbeigeführt und die Äusserung des Grenzwächters bedeute eine ausdrückliche Nichtanordnung einer Blutprobe. Er habe ein gutes Gewissen gehabt, was sich schon daraus ergebe, dass er seinen Pass im Besitz des Grenzwächters zurückliess. Es sei auch nichts Ungewöhnliches, dass er sich nicht an seinen Wohnort, sondern nach Laufen begab. Seinen Wagen habe er nicht bei der Wirtschaft parkiert, um sich und seine Pächterin nicht ins Gerede zu bringen. Alle diese Einwände sind haltlos. Gefreiter Estoppey war als Grenzwächter weder zur Anordnung der Blutprobe befugt noch konnte er darauf verzichten. Er stellte Hammel vor die Wahl, entweder den Wagen stehen zu lassen oder sich dem Entscheid der Polizei über seine Fahrtüchtigkeit zu unterziehen. Hammel wusste genauestens, dass im letztern Fall eine Prüfung durch das Atemgerät und bei positivem Ergebnis die Blutprobe drohte. Hätte er ein gutes Gewissen gehabt, so würde er sich für diese Alternative entschieden haben. Stattdessen gab er vor, den Wagen zurückzulassen, weil er es ganz offensichtlich nicht auf eine Blutprobe ankommen lassen durfte. Dadurch, dass er BGE 95 IV 144 S. 149 dann hinter dem Rücken des Grenzwächters davon fuhr, versuchte er, diesem ein Schnippchen zu schlagen: Weder wollte er den Wagen zurücklassen, noch sich vor der Weiterfahrt einer polizeilichen Kontrolle samt Blutprobe unterwerfen. Um seinen Zweck zu erreichen, liess er sogar seinen Pass zurück, wohl wissend, dass er die Aufmerksamkeit des Grenzwächters auf sich und sein Verhalten gezogen hätte, wenn er den Pass zurückverlangt hätte. Auch über die Reaktion des Grenzwächters bei seiner fluchtartigen Abfahrt konnte Hammel nicht im Zweifel sein. Angesichts der vorausgehenden kategorischen Erklärung war mit Sicherheit voraussehbar, dass Estoppey sofort die Polizei avisieren und diese versuchen werde, den Beschwerdeführer bei der Ankunft zu Hause abzufangen und die Blutprobe zu erheben. Die Vorinstanz hat durchaus zutreffend aus dem verbindlich festgestellten weiteren Verhalten des Beschwerdeführers (Fahrt nach Laufen statt nach Kleinlützel, Abstellen des Autos bei der Kirche statt vor dem Hotel, Abdichten der Fenster des Nebenzimmers während der nächtlichen Mahlzeit) den Schluss gezogen, der Beschwerdeführer sei vorsätzlich darauf ausgegangen, sich der Blutprobe zu entziehen. Art. 91 Abs. 3 SVG ist hier entgegen der Annahme des Beschwerdeführers noch viel eindeutiger erfüllt als bei der Flucht des Täters nach einem Unfall. Unfallflucht kann die Folge eines Schockes oder auf Angst vor Bestrafung oder Schadenersatzansprüchen zurückzuführen sein, ohne dass der Täter sich - zu Recht oder zu Unrecht - für angetrunken hält oder überhaupt an eine Blutprobe denkt. Hammel dagegen hatte keinen Unfall herbeigeführt und auch sonst keine Vorschriften verletzt. Bei ihm ging es ausschliesslich darum, ob er in seinem alkoholisierten Zustand noch fahrtüchtig sei oder nicht. Er hatte im Gegensatz zu einem früher beurteilten Fall auch nicht wegen einer Begleiterin Anlass, eine amtliche Kontrolle zu vermeiden. Sein Verhalten lässt überhaupt keine andere Deutung zu, als dass er sich mit voller Absicht der drohenden Blutprobe zu entziehen suchte. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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1,969
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Urteilskopf 98 Ia 666 97. Arrêt du 27 septembre 1972 dans la cause Cilag-Chemie AG contre Martin.
Regeste Garantie des Wohnsitzrichters. Art. 59 BV . Das Begehren um Anordnung einer Expertise vor dem Prozess ist keine persönliche Ansprache im Sinne von Art. 59 BV ; es kann bei einem andern Richter gestellt werden als demjenigen am Wohnsitz der Person, die in einem allfälligen Prozess Beklagte wäre (Erw. 2). Die im vorliegenden Falle dem Experten ausser Prozess gestellte Aufgabe (Feststellung, ob die gesundheitlichen Störungen, an denen eine Person leidet, auf die Einnahme von Medikamenten zurückzuführen sei, und Stellung einer Prognose) greifen nicht in die Kompetenzen des Richters ein (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 666 BGE 98 Ia 666 S. 666 A.- Sur prescription de son médecin, dame Martin, à Lausanne, a suivi pendant quinze mois environ une cure du produit "Menocil", que fabriquait Cilag-Chemie AG (ci-après: Cilag), à Schaffhouse BGE 98 Ia 666 S. 667 Le médecin a remplacé ce produit par un autre, en juillet 1968. Par la suite, le "Menocil" a été retiré du marché. Depuis le printemps 1969, dame Martin souffre de graves troubles dans sa santé, troubles qu'elle impute à l'action du "Menocil". Cilag conteste l'existence d'un tel lien de causalité. Par exploit du 18 juin 1971, dame Martin a requis le juge de paix du cercle de Lausanne d'ordonner une expertise hors procès de sa propre personne par un médecin, l'expert ayant pour mission "d'examiner l'instante, d'entendre les personnes qui l'ont soignée depuis 1967 et de dire si l'état actuel de santé de l'instante est la conséquence de la cure qu'elle a faite du produit Menocil, de formuler une appréciation sur les chances de guérison ou les risques d'évolution de ses maux actuels". Le juge de paix a fait droit à cette requête par décision du 4 octobre 1971, en vertu des art. 220, 234 et 248 ss. du Code de procédure civile vaudois du 14 décembre 1966, nonobstant l'exception soulevée par l'intimée, qui soutenait que la requête était contraire à l'art. 59 Cst., dans la mesure où la mission confiée à l'expert faisait de celui-ci un juge ou un arbitre. Cilag a recouru contre cette décision. Par arrêt du 30 novembre 1971, la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois a déclaré le recours irrecevable dans la mesure où il se fondait sur une prétendue violation des dispositions du Code de procédure civile et l'a rejeté en tant qu'il se fondait sur une prétendue violation de l'art. 59 Cst. Sur ce dernier point, elle a jugé que la requête de preuve à futur en vue d'un procès éventuel n'était pas une réclamation personnelle et que le juge du domicile de la personne devant se soumettre à l'expertise était compétent pour ordonner celle-ci. B.- Cilag forme un recours de droit public et requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt de la Chambre des recours. Elle persiste à soutenir que la mission dévolue à l'expert fait de celui-ci un juge ou un arbitre et que, partant, l'arrêt viole l'art. 59 Cst. C.- La Chambre des recours se réfère à son arrêt. Dame Martin conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Il n'est pas contesté que la recourante soit solvable et qu'elle ait son siège à Schaffhouse. Elle ne pourra donc être recherchée à Lausanne que s'il ne s'agit pas d'une réclamation BGE 98 Ia 666 S. 668 personnelle au sens de l'art. 59 Cst. Saisi d'un recours fondé sur cette disposition, le Tribunal fédéral examine librement le fait et le droit (RO 93 I 327 consid. 5). 2. Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, les mesures prévues par les lois cantonales de procédure pour sauvegarder des preuves menacées, et notamment les décisions ordonnant une expertise avant procès sont de simples actes probatoires, et non des réclamations personnelles au sens de l'art. 59 Cst., lors même qu'elles sont prises en vue d'un procès à intenter (RO 87 I 59 ; 41 I 447 ). La recourante, avec raison, ne remet pas cette jurisprudence en question. Elle soutient qu'elle ne s'applique pas en l'espèce, parce que l'expert désigné par le juge vaudois jouerait, en vertu de la mission qui lui a été dévolue, le rôle d'un juge ou d'un arbitre. 3. L'objet de la preuve peut être un fait - pertinent au litige - ou une donnée d'expérience, tirée de l'observation de faits isolés et permettant de déduire de faits constatés d'autres faits pertinents. C'est à l'aide de telles données d'expérience que l'on décidera si deux faits ont entre eux un rapport de cause à effet, ou que l'on tranchera les questions de fait qui ne peuvent, en raison de la nature des choses, faire l'objet de constatations directes. La preuve peut être administrée par divers moyens, énumérés dans toutes les lois de procédure. On recourra à la preuve par expertise lorsque le juge ne dispose pas des connaissances spéciales - notamment scientifiques ou techniques - nécessaires pour constater l'exactitude de certains faits ou pour les apprécier (cf. GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2e éd. § 42, p. 365 ss.; du même auteur, Beweiswürdigung und Beweislast nach schweiz. Zivilprozessrecht, pp. 1-15). En l'espèce, l'expert doit d'une part constater si les troubles dont souffre l'intimée ont été causés par l'usage du "Menocil" et d'autre part apprécier les chances de guérison de la malade ou les risques d'aggravation de son mal. La première question est celle du lien de causalité naturelle entre deux faits; c'est une question de fait (RO 96 II 395) à laquelle ne peut répondre que celui qui dispose de connaissances médicales. Quant à la seconde, c'est essentiellement un pronostic, soit une hypothèse sur l'évolution de l'état de santé de la malade; cette hypothèse ne peut être formulée qu'à l'aide de données d'expérience d'ordre médical. Pour les résoudre l'une et l'autre, il faut donc des connaissances scientifiques que, règle BGE 98 Ia 666 S. 669 générale, le juge ne possède pas. La mission dévolue à l'expert n'empiète donc pas sur les prérogatives du juge qui sera saisi d'une éventuelle action et qui pourra du reste apprécier librement les conclusions de l'expertise. Le fait que l'expert devra entendre comme témoins les personnes qui ont soigné l'intimée depuis 1967 ne modifie pas le caractère de sa mission. Ces personnes devront déposer sur des faits passés dont l'expert aura besoin pour répondre à la première question qui lui est posée. Sur ce point non plus, les conclusions de l'expert ne lieront pas le juge saisi d'un éventuel procès, juge qui pourra toujours rééentendre les témoins et commettre un nouvel expert. La forme de l'audition des personnes susceptibles de renseigner l'expert est réglée par le droit cantonal, sous réserve de l'art. 4 Cst. Elle ne joue aucun rôle en ce qui concerne l'application de l'art. 59 Cst. Au reste, la recourante n'a pas abordé ce point, que la Cour n'a pas à examiner d'office. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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nan
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1,972
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e3e9e4e9-dd5a-4b3c-bad6-9e7dbb84a6a3
Urteilskopf 102 Ib 26 6. Urteil vom 26. März 1976 i.S. Eidg. Justizabteilung gegen Texier und Regierungsrat des Kantons Glarus
Regeste Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. BB vom 23. März 1961/21. März 1973 (BewB); Verordnung vom 21. Dezember 1973 (BewV); BRB vom 21. Dezember 1973 über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch Personen im Ausland (BRB 1973). Berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB verneint, weil das Grundstuck nicht an einem der im Anhang 1 zum BRB 1973 aufgezählten Fremdenverkehrsorte liegt. Gesetzmässigkeit des Art. 2 BRB 1973 und des Anhangs 1 (Erw. 3). Rückweisung an die Vorinstanz zur Prüfung, ob die Bewilligung auf Grund von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 BewB (aussergewöhnlich enge Beziehungen des Erwerbers zum Ort des Grundstücks) erteilt werden könne, sofern nicht Art. 6 Abs. 3 (Erwerb zum Zwecke der Vermögensanlage) oder Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB (Lage des Grundstücks ausserhalb einer Bauzone) entgegensteht (Erw. 2, 5 und 6).
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 102 Ib 26 S. 27 Die Eheleute Texier, die in Frankreich wohnen und französische Staatsangehörige sind, wollen eine 649 m2 messende Landparzelle auf dem Gebiete der Gemeinde Schwändi (Glarus) kaufen. Nach ihren Angaben beabsichtigen sie, dort für sich und ihre beiden Kinder ein Ferienhaus bauen zu lassen. Die Polizeidirektion des Kantons Glarus verweigerte die von ihnen nachgesuchte Bewilligung für den Erwerb des Grundstücks. Der Regierungsrat hiess den Rekurs der Gesuchsteller gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB gut. Die Eidg. Justizabteilung erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, die Bewilligung sei zu verweigern. Sie macht geltend, Schwändi gehöre nicht zu den im Anhang 1 zum BRB 1973 aufgezählten Fremdenverkehrsorten, so dass ein berechtigtes Interesse am Erwerb des Grundstücks im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB nicht angenommen werden könne. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Eintreten.) 2. Nach Art. 6 Abs. 1 BewB können Personen mit Wohnsitz im Ausland die Bewilligung für den Erwerb inländischer BGE 102 Ib 26 S. 28 Grundstücke nur erhalten, wenn sie ein berechtigtes Interesse hieran nachweisen. In Art. 6 Abs. 2 lit. a-e BewB wird näher bestimmt, wann ein solches Interesse anzunehmen ist. Im vorliegenden Fall kommt nur lit. a in Betracht, wonach ein berechtigtes Interesse dann besteht, wenn "das zu erwerbende Grundstück in erster Linie dem Aufenthalt des Erwerbers oder seiner Familie dient, der Erwerber es auf seinen persönlichen Namen erwirbt und er, sein Ehegatte oder seine minderjährigen Kinder kein anderes diesem Zwecke dienendes Grundstück in der Schweiz erworben haben" und ausserdem eine der in den nachfolgenden Ziff. 1-3 erwähnten besonderen Voraussetzungen erfüllt ist. Die Vorinstanz hält dafür, dass die in Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB vorab genannten allgemeinen Voraussetzungen hier gegeben sind. Die Justizabteilung bestreitet es nicht. In der Tat ist auf Grund der Akten anzunehmen, dass die Eheleute Texier das in Frage stehende Grundstück auf ihren persönlichen Namen erwerben wollen, und dass weder sie noch ihre Kinder bereits ein anderes Grundstück in der Schweiz besitzen. Ferner steht fest, dass die Familie Texier seit Jahren regelmässig Ferien im Glarnerland verbringt. Daraus darf geschlossen werden, dass die Eheleute tatsächlich beabsichtigen, auf dem zu erwerbenden Grundstück ein Wohnhaus für den Aufenthalt der Familie zu bauen. Indes verlangt Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB , dass das Grundstück "in erster Linie" dem Aufenthalt des Erwerbers oder seiner Familie zu dienen bestimmt ist. Nach Art. 6 Abs. 3 BewB gelten Zwecke der Vermögensanlage in Fällen, in denen nur die Anwendung von Abs. 2 lit. a in Frage kommt, nicht als berechtigtes Interesse. In diesen Fällen ist daher die Annahme eines solchen Interesses ausgeschlossen, wenn mit dem Erwerb hauptsächlich eine Vermögensanlage erstrebt wird. Für den Ausschluss aus diesem Grunde ist nicht erforderlich, dass der Erwerber auf Gewinn spekuliert oder sich eine sichere Einkommensquelle verschaffen will; es genügt, dass er mit dem Kauf vornehmlich beabsichtigt, den Wert seines Vermögens zu erhalten (Urteil Hansen vom 28. November 1975). Die Eheleute Texier haben im kantonalen Rekursverfahren bei ihrer Einvernahme auf der Regierungskanzlei erklärt, das zu bauende Haus solle einzig und allein dem Aufenthalt der Familie dienen. Nach dieser Darstellung, welcher niemand BGE 102 Ib 26 S. 29 widersprochen hat, scheint es allerdings nicht, dass mit dem Erwerb des Grundstücks hauptsächlich eine Vermögensanlage bezweckt wird. Wie es sich damit in Wirklichkeit verhält, ist jedoch ungewiss. Die kantonalen Behörden haben die Vermögensverhältnisse der Gesuchsteller nicht geprüft. Aus den Akten ist auch nicht ersichtlich, welcher Kaufpreis vereinbart worden ist und wieviel der vorgesehene Bau ungefähr kosten würde. Die Vorinstanz hätte vor Erteilung der Bewilligung den Sachverhalt in diesen Punkten von Amtes wegen abklären sollen ( Art. 23 BewV ), um sich darüber zu vergewissern, ob die Eheleute Texier das Grundstück nicht doch in erster Linie zum Zwecke der Vermögensanlage erwerben wollen. 3. Nach der Auffassung des Regierungsrates ist im vorliegenden Fall auch die besondere Voraussetzung erfüllt, die in Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 wie folgt umschrieben ist: "Lage des Grundstücks an einem Orte, dessen Wirtschaft vom Fremdenverkehr abhängt und der Ansiedlung von Gästen bedarf, um den Fremdenverkehr zu fördern, insbesondere in Berggegenden". Indes gehört Schwändi nicht zu den Fremdenverkehrsorten, die der Anhang 1 zum BRB 1973 aufzählt. Der Regierungsrat nimmt an, diese Gemeinde könne gleichwohl ausnahmsweise als Fremdenverkehrsort im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB betrachtet werden; er beruft sich hiefür auf Art. 4 Abs. 2 lit. b BRB 1973 in der Fassung vom 11. Juli 1975. Die Justizabteilung hält diesen Standpunkt für unbegründet. a) Art. 6 BewB wurde durch BB vom 24. Juni 1970 neu gefasst, und dabei wurde in Abs. 2 lit. a auch die heute geltende Ziff. 3 aufgenommen. Vor dem Nationalrat erklärte der Berichterstatter der Mehrheit der Kommission: "Il faut tout d'abord préciser que 'le lieu dont l'économie dépend du tourisme' est une notion que la jurisprudence devra préciser. Il ne s'agit pas d'une référence implicite à la loi fédérale sur l'encouragement du crédit à l'hôtellerie et aux stations de villégiature. Il ne s'agit pas nécessairement de toutes les localités qui ont besoin du tourisme dit résidentiel, mais il peut s'agir aussi de localités qui ne sont pas classées en vertu de cette loi et qui commencent à se développer." (Amtl. Bull. N 1970 S. 92.) Der Berichterstatter der Minderheit der Kommission bemerkte bei der Begründung des Antrags, die Worte "insbesondere in Berggegenden" beizufügen: "Selbstverständlich ist es BGE 102 Ib 26 S. 30 mir klar, dass wir nicht ohne weiteres den landwirtschaftlichen Produktionskataster benützen können. Es wird Sache des Bundes und der Rekursinstanzen sein, den Begriff klarzustellen." (Amtl.Bull. N 1970 S. 93.) Diesen beiden Erklärungen widersprach in den damaligen Verhandlungen des Parlaments niemand; insbesondere liess der Bundesrat nicht verlauten, dass er sich vorbehalte, selber in einer Ausführungsverordnung die Begriffe "Ort, dessen Wirtschaft vom Fremdenverkehr abhängt" und "Berggegenden" näher zu umschreiben. Es scheint also, dass der Gesetzgeber von 1970 diese Aufgabe der Rechtsprechung überlassen wollte. b) Bei der Revision vom 21. März 1973 wurde in den BewB die Bestimmung aufgenommen, dass die Bewilligung ohne Rücksicht auf ein berechtigtes Interesse zu verweigern ist, wenn das zu erwerbende Grundstück an einem Fremdenverkehrsort (im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB) liegt, an dem das ausländische Grundeigentum einen erheblichen Umfang erreicht ( Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB ). Dazu wird in der Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1972 ausgeführt (BBl 1972 II 1260 oben): "Orte in Bergtälern mit einem Nachholbedarf an in- und ausländischem Eigenheimtourismus brauchen diesen auf die Orte mit Bewilligungsinflation zugeschnittenen Bewilligungsstopp nicht zu fürchten." Weder in dieser Botschaft noch in den Verhandlungen der eidgenössischen Räte deutete der Bundesrat an, dass er beabsichtige, im Einvernehmen mit den Kantonsregierungen einerseits alle unter Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB fallenden Fremdenverkehrsorte und andererseits die der Bewilligungssperre gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB unterstellten solchen Orte in offiziellen Listen aufzuzählen. Art. 7 Abs. 2 BewB , welcher den Bundesrat beauftragt, alljährlich die Orte im Sinne von Abs. 1 lit. b zu bestimmen, wurde auf Antrag der Kommission des Nationalrates eingefügt. Die BewV sieht in Art. 15 bloss vor, dass ein besonderer Bundesratsbeschluss die Bewilligungssperre für Fremdenverkehrsorte regelt. Einzig in diesem besonderen Beschluss, dem BRB 1973, hat der Bundesrat nähere Vorschriften über die Bewilligungssperre aufgestellt, aber auch - übrigens unter Hinweis auf die Gesetzgebung über den Hotel- und Kurortkredit - den Begriff der Fremdenverkehrsorte präzisiert (Art. 2 BRB 1973). Im gleichen Beschluss hat er bestimmt, dass die Orte, die unter den so umschriebenen Begriff BGE 102 Ib 26 S. 31 fallen, im Anhang 1 und die der Bewilligungssperre unterliegenden Orte im Anhang 2 aufgeführt werden; er hat das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement ermächtigt, die beiden Verzeichnisse nötigenfalls zu ergänzen (Art. 2 Abs. 3, Art. 3 Abs. 5 BRB 1973). Die Bestimmungen des BRB 1973 über die Bewilligungssperre sind durch den dem Bundesrat in Art. 7 Abs. 2 BewB ausdrücklich erteilten besonderen Auftrag gedeckt. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Bundesrat in Art. 3 Abs. 5 BRB 1973 die Befugnis zur Ergänzung des Anhangs 2 auf das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement übertragen hat; denn diese Aufgabe hat technischen Charakter und ist daher der Subdelegation zugänglich (nicht veröffentlichtes Urteil Eidg. Justizabteilung c. Hartmann vom 2. Mai 1975, E. 4). Hingegen hat der Gesetzgeber den Bundesrat nicht durch besondere Delegation ermächtigt, selber den Begriff des Fremdenverkehrsortes zu definieren und ein Verzeichnis aufzustellen, welches die unter diese Umschreibung fallenden Orte erschöpfend aufzählt. Es fragt sich daher, ob die Befugnis des Bundesrates hiezu aus Art. 34 Abs. 1 BewB , wonach er die erforderlichen Ausführungsbestimmungen zu erlassen hat, abgeleitet werden könne. c) Art. 34 Abs. 1 BewB , der sich in den Schlussbestimmungen findet und weit gefasst ist, ermächtigt den Bundesrat nicht nur zur Aufstellung eigentlicher Vollzugsvorschriften, sondern auch zum Erlass von Bestimmungen, die den Sinn gesetzlicher Regeln präzisieren. Dagegen erlaubt diese Delegationsnorm dem Bundesrat nicht, von der gesetzlichen Ordnung abzuweichen, insbesondere der Bewilligungspflicht auch Fälle zu unterstellen, für die sie der BewB nicht vorsieht ( BGE 101 Ib 390 E. 2). Art. 2 BRB 1973 und der Anhang 1 gehen aber nicht über den in Art. 34 Abs. 1 BewB gesteckten Rahmen hinaus. Wie erwähnt, wollte die Bundesversammlung allerdings der Rechtsprechung überlassen, den Begriff des Fremdenverkehrsortes im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB näher zu umschreiben und von Fall zu Fall zu prüfen, ob der Ort, wo sich das zu erwerbende Grundstück befindet, unter diese Definition falle. Art. 2 BRB 1973 und der Anhang 1 entsprechen also dem Willen des historischen Gesetzgebers nicht. Sie stehen aber nicht im Widerspruch zu irgendeiner Bestimmung des BewB. Jener Wille des Gesetzgebers hat im Text des BewB BGE 102 Ib 26 S. 32 nicht Ausdruck gefunden und ist daher für dessen Auslegung nicht massgeblich. Der Bundesrat hatte gute Gründe, den Entscheid darüber, ob eine bestimmte Ortschaft zu den Fremdenverkehrsorten im Sinne des Gesetzes zu zählen sei, nicht den unteren kantonalen Instanzen anheimzustellen, sondern selber, im Einvernehmen mit den Kantonsregierungen, eine Liste dieser Orte (Anhang 1) - zusammen mit der Liste der unter die Bewilligungssperre fallenden solchen Orte (Anhang 2) - aufzustellen. Der Anhang 1 ist somit als verbindlich zu betrachten, mit Einschluss der Ergänzungen, zu denen der Bundesrat das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement in Art. 2 Abs. 3 BRB 1973 ermächtigt hat. Diese Subdelegation ist ebensowenig wie die in Art. 3 Abs. 5 BRB 1973 enthaltene zu beanstanden. Deshalb ist hier nicht zu prüfen, ob die Gemeinde Schwändi als Fremdenverkehrsort im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB angesehen werden könnte. Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Fall der Eheleute Texier ist schon deshalb ausgeschlossen, weil Schwändi im massgebenden Anhang 1 nicht aufgeführt ist. d) Vergeblich beruft sich der Regierungsrat auf Art. 4 Abs. 2 lit. b BRB 1973 in der Fassung vom 11. Juli 1975, wonach die kantonalen Bewilligungsbehörden gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB abweichend von der Bewilligungssperre den Erwerb von Rechten an Zweitwohnungen zulassen können, wenn ein Interesse der lokalen und regionalen Volkswirtschaft an einer ausgewogenen Entwicklung der Parahotellerie besteht. Zu Unrecht leitet die Vorinstanz hieraus ab, dass Schwändi als Fremdenverkehrsort, welcher der in Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB vorgesehenen Bewilligungssperre nicht unterworfen sei, betrachtet werden könne und dass daher die Bewilligung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB erteilt werden dürfe. Der Regierungsrat räumt in der Vernehmlassung denn auch ein, dass sein Entscheid vor einer "engen" Auslegung des BewB nicht bestehen könne. Er macht jedoch geltend, dieser Erlass bezwecke, "der Überfremdung an Grund und Boden einen Riegel zu schieben"; nun sei aber "der Umfang des ausländischen Grundeigentums im Kanton Glarus ganz allgemein und in der abgelegenen Berggemeinde Schwändi ganz besonders sehr gering". Diese Überlegungen können nicht zur Abweisung der Beschwerde führen. Die BGE 102 Ib 26 S. 33 Argumentation des Regierungsrates scheitert daran, dass Schwändi zur Zeit weder im Anhang 1 noch im Anhang 2 aufgeführt ist. Da die Gemeinde nicht als Fremdenverkehrsort im Sinne des BewB anerkannt ist, kann sie auch nicht der Bewilligungssperre gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB unterliegen, so dass eine Ausnahme von dieser Sperre hier gar nicht in Betracht kommt. Der angefochtene Entscheid lässt sich nicht auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 3 BewB stützen. Wenn der Regierungsrat im Einvernehmen mit der Ortsbehörde findet, dass Schwändi im Anhang 1 aufgeführt werden sollte, kann er ein dahingehendes Begehren an das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement richten. 4. Die besondere Voraussetzung nach Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 2 BewB - "dauernder Aufenthalt des Erwerbers am Ort des zu erwerbenden Grundstücks mit Bewilligung der Fremdenpolizei oder kraft einer anderen Berechtigung" - ist hier nicht erfüllt, wie der Regierungsrat zutreffend bemerkt. In der Tat kommt ein dauernder Aufenthalt der Familie Texier in Schwändi zur Zeit nicht in Frage; denn es ist nicht anzunehmen und wird auch nicht behauptet, dass der im Jahre 1927 geborene Ehemann, der einen leitenden Posten in der Industrie der Pariser Region bekleidet, demnächst schon in den Ruhestand treten wird. 5. Andererseits kann man sich fragen, ob im vorliegenden Fall die besondere Voraussetzung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 BewB - "aussergewöhnlich enge geschäftliche oder andere schutzwürdige Beziehungen des Erwerbers zu dem Ort des zu erwerbenden Grundstücks" - gegeben sei. Obwohl diese Frage, die der Regierungsrat - wenn auch ohne nähere Begründung - verneint hat, in der Vernehmlassung der Gesuchsteller zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht erörtert wird, kann sie vom Bundesgericht geprüft werden ( Art. 114 Abs. 1 OG ). Als Beziehungen des Erwerbers zum Ort des zu erwerbenden Grundstücks gelten nach Art. 10 Abs. 1 lit. a BewV auch solche, die sich ergeben aus Verwandtschaft (oder Schwägerschaft, gemäss Novelle vom 11. Februar 1976) zu niedergelassenen Personen. Art. 12 BewV bestimmt, dass als Ort des zu erwerbenden Grundstücks auch ein Ort gilt, der ausserhalb des Ortes der schutzwürdigen Beziehungen "in einer unmittelbaren Nachbargemeinde" (ursprüngliche Fassung) bzw. "in BGE 102 Ib 26 S. 34 einer Nachbargemeinde" (Fassung gemäss Novelle vom 11. Februar 1976) liegt. Die Eheleute Texier haben bei ihrer Einvernahme auf der Regierungskanzlei erklärt, sie fühlten sich mit dem Glarnerland verbunden, weil Katharina Vögeli, Grossmutter der Frau Texier, aus der dortigen Gemeinde Rüti stamme. Sie haben sich jedoch nicht darüber geäussert, ob sie anlässlich ihrer Aufenthalte in der Gegend regelmässig verwandte bzw. verschwägerte, in Schwändi oder einer Nachbargemeinde niedergelassene Personen besuchen und so mit ihnen aussergewöhnlich enge Beziehungen unterhalten. Wäre dies der Fall, so könnte ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 1 BewB angenommen werden. Wie es sich damit verhält, ist noch zu prüfen, es wäre denn, dass eine Bewilligung ohnehin nicht in Betracht kommt (s. E. 6 hiernach). Es ist zunächst Sache der Vorinstanz, die noch erforderlichen Abklärungen vorzunehmen, weshalb die Angelegenheit an sie zurückzuweisen ist. Der Regierungsrat wird gegebenenfalls den Eheleuten Texier Gelegenheit zum Nachweis einräumen, dass die besondere Voraussetzung, die Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB in Ziff. 1 erwähnt, erfüllt ist. 6. Selbst wenn dieser Nachweis erbracht würde, müssten aber noch weitere Punkte abgeklärt werden, bevor die Bewilligung wiederum erteilt werden dürfte. a) Die Vorinstanz müsste sich auch noch darüber vergewissern, dass es den Eheleuten Texier nicht doch in erster Linie darum zu tun ist, Vermögen in schweizerischem Grundbesitz anzulegen (s. E. 2 hiervor). Falls eine Bewilligung überhaupt in Frage käme, hätte die Behörde zu prüfen, ob es nicht angezeigt wäre, die Verwendung des Grundstücks zu dem von den Gesuchstellern geltend gemachten Zweck durch Bedingungen oder Auflagen sicherzustellen ( Art. 8 BewB , Art. 17 BewV ). b) Ferner hätte der Regierungsrat noch näher zu untersuchen, ob das zu erwerbende Grundstück innerhalb einer Bauzone im Sinne des Bundesrechts liege. Träfe dies nicht zu, so müsste die Bewilligung nach Art. 7 Abs. 1 lit. a BewB verweigert werden. Art. 14 BewV bestimmt, dass als Bauzone das generelle Kanalisationsprojekt im Sinne des Art. 19 GSchG gilt, wenn eine rechtsverbindliche Ortsplanung fehlt. Die kantonale Gewässerschutzstelle hat bestätigt, dass das in Frage stehende Grundstück innerhalb des Perimeters des genehmigten BGE 102 Ib 26 S. 35 generellen Kanalisationsprojektes der Gemeinde Schwändi liege und daher überbaut werden könne. Damit ist jedoch nicht jeder Zweifel behoben. Den Akten lässt sich nicht entnehmen, ob Schwändi über einen genehmigten Zonenplan verfügt oder nicht. Bestände ein solcher Plan, so könnte die Bewilligung nur erteilt werden, wenn das Grundstück in einer darin ausgeschiedenen Bauzone läge und ausserdem der Anschluss an eine Kanalisation gesichert wäre. Nur beim Fehlen einer verbindlichen Ortsplanung könnte darauf abgestellt werden, dass die Parzelle sich in dem durch das generelle Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebiet befindet; aber auch in diesem Fall müsste der Anschluss an eine Kanalisation gewährleistet sein ( BGE 101 Ib 26 ff.). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird insofern gutgeheissen, als der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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1,976
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Federation
e3eb42a7-e859-494e-8832-defb8686779e
Urteilskopf 98 Ib 385 56. Extrait de l'arrêt du 13 octobre 1972 dans la cause Banque de Crédit international contre Conseil d'Etat du canton de Genève.
Regeste Fremdenpolizei. Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). 1. Art. 16 des Übereinkommens kann einen Anspruch auf eine Bewilligung der Fremdenpolizei begründen. Gegen eine Verfügung, die dieser Regel widerspräche, ist daher die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ( Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG ; Art. 73 Abs. 2 lit. c VwG) (Erw. 2). 2. Die genannte Regel gilt nur für Unternehmungen, welche Waren herstellen oder damit Handel treiben. Eine Bank kann sich nicht darauf berufen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 385 BGE 98 Ib 385 S. 385 A.- Gordon Brian Hausmann, né le 9 juin 1945, sujet britannique, séjourne à Genève depuis le 20 février 1970, en qualité de stagiaire de la Banque de Crédit international. Il a été mis au bénéfice d'une autorisation de séjour, venant à échéance le 20 août 1970. Le 12 août 1970, la Banque de Crédit BGE 98 Ib 385 S. 386 international a demandé l'autorisation d'occuper désormais Hausmann comme collaborateur de son service étranger, autorisation qui lui a été refusée. Elle est revenue à la charge le 12 octobre 1970, en alléguant que sa précédente demande était le fruit d'une erreur et qu'elle entendait demander que son stagiaire fût autorisé à prolonger son séjour de douze mois. Elle précisait que Hausmann était destiné à reprendre le poste qu'il occupait précédemment dans sa succursale de Londres. Satisfaction lui a été donnée. Le 3 novembre 1971, la Banque de Crédit international a demandé l'autorisation d'engager Hausmann comme "Branch-Supervisor", aux appointements mensuels de 3500 fr. Elle décrivait l'emploi comme il suit: "Supervision des opérations financières et administratives des diverses succursales et représentations à l'étranger de notre Etablissement et ce ... depuis notre siège central à Genève." L'Office cantonal de placement ayant refusé de donner un préavis favorable, la banque a recouru au Conseil d'Etat. Elle a été déboutée par arrêté du 19 janvier 1972, motivé, en substance, comme il suit: Hausmann n'est pas appelé à remplacer un travailleur étranger retournant dans son pays et il ne s'agit pas d'un cas où du personnel hautement qualifié ne peut que difficilement être trouvé en Suisse. Certaines entreprises ne pouvant subsister qu'avec l'apport d'une forte main-d'oeuvre étrangère, il convient que d'autres secteurs de l'économie se contentent d'une proportion de travailleurs étrangers inférieure à la moyenne. La Convention instituant l'Association européenne de libreéchange (AELE), dont la banque se prévaut, ne s'applique pas, son but étant de faciliter le trafic des marchandises. B.- Le 24 février 1972, la Banque de Crédit international a recouru au Conseil fédéral. Elle concluait à l'annulation de l'arrêté du Conseil d'Etat et demandait qu'il fût ordonné à l'Office cantonal de placement de lui délivrer l'autorisation sollicitée. Le recours a été transmis au Tribunal fédéral. C.- Le Conseil d'Etat du canton de Genève et le Département fédéral de justice et police concluent au rejet du recours. BGE 98 Ib 385 S. 387 Erwägungen Considérant en droit: 1. ... 2. Le recours de droit administratif au Tribunal fédéral est exclu, en matière de police des étrangers, lorsqu'il s'agit de l'octroi ou du refus d'autorisations auxquelles le droit fédéral ne confère pas un droit (art. 100 lit. b ch. 3 OJ, cf. art. 73 al. 2 lit. c LPA). La législation interne ne confère à l'étranger aucun droit à l'octroi de telles autorisations. En revanche, ce droit peut être déduit de certains traités internationaux. La question de la recevabilité du recours de droit administratif ne peut donc être tranchée définitivement qu'après l'examen d'une question de droit matériel, celle de la portée juridique du traité invoqué (cf. RO 97 I 533/534 consid. 1 lit. b et c). La recourante invoque tout d'abord l'art. 16 § 1 de la Convention du 4 janvier 1960 instituant l'Association européenne de libre-échange (AELE), qui est ainsi conçu: "Les Etats membres reconnaissent que des restrictions à l'établissement et à la gestion par des ressortissants d'autres Etats membres d'entreprises économiques sur leur territoire ne devraient pas être appliquées, par l'octroi auxdits ressortissants d'un traitement moins favorable que celui dont bénéficient leurs propres ressortissants, de façon à compromettre les bénéfices attendus de l'élimination ou de l'absence des droits de douane et des restrictions quantitatives dans les échanges entre Etats membres." a) Les traités internationaux approuvés par l'Assemblée fédérale s'incorporent au droit fédéral et, lorsqu'ils créent des règles de droit, sont obligatoires pour les autorités (cf., en ce qui concerne le Tribunal fédéral, les art. 113 al. 3 et 114 bis al. 3 Cst.) et les citoyens, pourvu qu'ils soient directement applicables (RO 88 I 90/91, 94 I 672). Ainsi, un particulier pourra invoquer un traité devant l'administration et les tribunaux, si celui-ci pose des règles de droit suffisamment précises pour s'appliquer comme telles à un cas d'espèce et constituer le fondement d'une décision concrète, la majeure du syllogisme juridique dont la décision sera la conclusion. Tel n'est pas le cas d'une disposition conventionnelle qui énonce un programme ou fixe les lignes directrices dont devra s'inspirer la législation des Etats contractants et qui s'adresse ainsi non aux autorités administratives et judiciaires, mais bien au législateur national (cf. ARNOLD KOLLER, Die unmittelbare Anwendbarkeit völkerrechtlicher BGE 98 Ib 385 S. 388 Verträge, Etudes suisses de droit européen, vol. 8, notamment p. 71/72). b) Malgré la forme insolite que lui donne l'emploi du mode conditionnel, l'art. 16 § 1 de la Convention instituant l'AELE (ci-après: la Convention) ne se borne pas à fixer de telles lignes directrices. Il impose à chaque Etat membre une obligation, celle d'accorder dans certaines conditions aux ressortissants des autres Etats membres, en matière d'établissement, un traitement qui ne soit pas discriminatoire par rapport à celui dont bénéficient ses propres ressortissants. Les doutes qui ont pu naître à ce sujet ont été levés par le communiqué publié à l'issue de la réunion ministérielle de Bergen, en 1966 (FOSC 1966, p. 1646 s.; cf. AUGUSTIN MACHERET, L'immigration étrangère en Suisse à l'heure de l'intégration européenne, Etudes suisses de droit européen, vol. 2, p. 244, § 2). En outre, le principe de nondiscrimination que pose cet art. 16 § 1 apparaît suffisamment précis pour être directement applicable comme tel par les autorités administratives et judiciaires, sans nouvelle intervention du législateur national ou international. Le paragraphe 4 du même article 16 prévoit, il est vrai, la possibilité d'arrêter des dispositions additionnelles pour donner effet aux principes énoncés au paragraphe 1, mais il n'exclut pas que ce procédé se révèle superflu; quant au communiqué de Bergen, il n'impose aux Etats de prendre des mesures législatives ou réglementaires pour assurer l'application de l'art. 16 que si cela se révèle nécessaire. L'application directe du principe de non-discrimination par les autorités nationales n'apparaît donc nullement contraire à l'esprit de la Convention. Elle s'impose avec d'autant plus de force que la Convention n'institue pas de juridiction commune accessible aux particuliers et que ceux-ci ne peuvent pas non plus saisir directement le Conseil (art. 31 de la Convention). On doit donc tenir pour dépassée l'opinion de MORI (Rechtssetzung und Vollzug in der Europäischen Freihandelassoziation - EFTA, thèse Berne 1965, p. 20, § 18 et p. 129 s., § 113), qui range la convention AELE au nombre des "non self-executing treaties", en affirmant que son contenu n'est pas directement applicable en droit interne. Les autorités administratives de la Confédération se sont aussi prononcées clairement dans le sens de l'application directe de la Convention. Dans son arrêté du 23 avril 1969, rendu sur recours de la société Neamar Shipping SA, le Conseil fédéral BGE 98 Ib 385 S. 389 - alors compétent en vertu de l'art. 125 lit. c ancien OJ - a admis sans hésiter l'application en droit interne du principe conventionnel de non-discrimination. Les circulaires de l'administration fédérale aux autorités cantonales de police des étrangers invitent celles-ci à appliquer ce principe. Lorsque toutes les conditions sont remplies, la garantie conventionnelle du traitement non discriminatoire peut avoir pour effet de conférer à l'étranger un véritable droit à l'octroi d'une autorisation prévue par la législation nationale sur la police des étrangers. Le présent recours est ainsi recevable comme recours de droit administratif au regard de l'art. 100 lit. b ch. 3 OJ et de l'art. 73 al. 2 lit. c LPA, en tant qu'il se fonde sur l'art. 16 de la Convention. Il n'y a pas lieu de s'arrêter à la remarque de MACHERET (loc. cit.), qui dénie aux particuliers un droit subjectif à l'établissement du chef de la Convention. Cet auteur entend par là que les particuliers ne peuvent se prévaloir de l'art. 16 devant une juridiction supranationale. Il relève du reste qu'en Suisse les voies de recours internes sont ouvertes (p. 245, n. 267) et que cet article peut avoir pour effet de contraindre un canton à admettre un étranger (p. 335). 3. a) La recourante est une société suisse, de siège à Genève. La question de son établissement en Suisse ne se pose pas. Mais elle prétend déduire de la Convention un droit d'employer à la gestion de son entreprise un ressortissant d'un des pays de l'AELE. 11 n'est pas évident qu'une société suisse puisse déduire un tel droit de la Convention. Il faudrait de plus que la personne en cause soit appelée à occuper un poste clé, c'est-à-dire une fonction dirigeante ou une fonction de spécialiste indispensable à la bonne marche de l'entreprise (cf. rapport du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale sur l'évolution de l'intégration européenne et la position de la Suisse, du 11 août 1971, FF 1971 II 730, lit. d; cf. également "L'accord de Bergen sur le droit d'établissement" dans EFTA Bulletin, vol. VII no 8, décembre 1966, p. 13 lit. d). Il n'y a cependant pas lieu d'examiner davantage ces deux points, car un troisième motifapparaît décisif. b) L'art. 16 de la Convention AELE n'a pas pour but d'assurer le libre établissement des personnes dans les pays membres. Son objet est plus restreint: il s'agit d'empêcher que des restrictions d'établissement compromettent les bénéfices attendus de l'élimination des obstacles aux échanges (Message du Conseil fédéral, FF 1971 II 730 lit. d, précité; cf. FRÖHLICH, BGE 98 Ib 385 S. 390 Niederlassungsrecht und Freizügigkeit in der EWG und EFTA, thèse Zurich 1964, p. 65 ss.). Aussi le principe de la non-discrimination n'est-il posé qu'en faveur des individus ou sociétés exploitant des entreprises qui produisent des marchandises ou qui en font le commerce (art. 16 § 6 b de la Convention; communiqué de Bergen, § 2). Les banques n'en bénéficient pas (Message du Conseil fédéral, FF 1971 II 730 lit. d, précité; EFTA Bulletin, vol. VII no 8, décembre 1966, p. 13 lit. d, précité; MACHERET, op.cit., p. 232). La recourante, qui exerce une activité bancaire, ne peut rien déduire en sa faveur de l'art. 16 de la Convention. Sur ce point, son recours doit être rejeté.
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Urteilskopf 111 V 58 16. Extrait de l'arrêt du 7 janvier 1985 dans la cause Société vaudoise et romande de secours mutuels contre X et Cour de justice du canton de Genève
Regeste Art. 106 OG . - Der Rückzug der Verwaltungsgerichtsbeschwerde darf grundsätzlich nicht an Bedingungen geknüpft werden (Erw. 1). - Ist eine Verwaltungsverfügung durch die kantonale Rekursbehörde aufgehoben worden, kann sie nicht durch blosse übereinstimmende Willensäusserung der Parteien vor dem Eidg. Versicherungsgericht wiederhergestellt werden; das Gericht muss vielmehr, falls die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht uneingeschränkt zurückgezogen wird, über die ihm unterbreiteten Anträge befinden (Erw. 1). Art. 16 und 18 ZGB , Art. 105 Abs. 2 OG . - Urteilsfähigkeit: ihre wesentlichen Elemente (Erw. 3a). - Der Zustand, in dem sich eine Person befand, als sie die streitige Handlung ausführte, gehört zur Tatbestandsfeststellung, während die Urteilsfähigkeit bezüglich der fraglichen Handlung eine Rechtsfrage ist (Erw. 3c). - Überprüfung der Gültigkeit einer Austrittserklärung, die ein Versicherter, der sich auf seine Urteilsunfähigkeit beruft, der Krankenkasse abgegeben hat (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 111 V 58 S. 59 A.- Par arrêt du 17 septembre 1982 ( ATF 108 V 121 ), le Tribunal fédéral des assurances a admis partiellement le recours de droit administratif formé par la Société vaudoise et romande de secours mutuels (SVRSM) contre le jugement de la Cour de justice du canton de Genève du 26 mars 1981. Il a annulé le jugement attaqué et a renvoyé la cause aux premiers juges pour instruction complémentaire et nouvelle décision au sens des considérants. La juridiction cantonale était invitée, aux termes de cet arrêt, à ordonner une expertise afin de déterminer, sur le plan médical, de quelle maladie mentale était atteinte Jocelyne X au BGE 111 V 58 S. 60 moment décisif (7 juillet 1980) et quels étaient les effets de cette maladie sur sa faculté d'agir raisonnablement par rapport à l'acte considéré (lettre de démission adressée à sa caisse-maladie). B.- A la suite de cet arrêt, la Cour de justice genevoise a désigné un expert en la personne du docteur F., médecin-psychiatre FMH, lequel est parvenu à la conclusion que, le 7 juillet 1980, Jocelyne X "était atteinte d'un délire de persécution, psychose aiguë type délire sensitif de relation sur terrain paranoïaque" et qu'elle n'avait pas, à ce moment, "la capacité d'apprécier raisonnablement la signification, l'opportunité et la portée de sa démission". Se fondant sur cette expertise, les premiers juges ont derechef considéré que Jocelyne X était incapable de discernement au moment où elle avait envoyé sa démission à la caisse et ils ont annulé en conséquence la décision du 14 novembre 1980, par laquelle cette dernière avait refusé de réintégrer l'intéressée dans la catégorie d'assurance "patient privé" (jugement du 16 juin 1983). C.- La SVRSM a interjeté recours de droit administratif contre ce jugement, dont elle a demandé l'annulation. Dans sa réponse au recours, Jocelyne X a conclu au rejet du recours. Ultérieurement, par lettre du 19 juillet 1984, elle a déclaré confirmer sa "résiliation du 7 juillet 1980" et accepter "de considérer (qu'elle a) perdu la qualité de sociétaire auprès de la SVRSM depuis cette date". Ayant pris connaissance de cette communication, la caisse s'est déclarée prête, par lettre du 20 septembre 1984, à retirer son recours "à condition cependant que la décision de radiation du rôle mentionne que ce retrait intervient en raison de la renonciation de l'intéressée à une affiliation à la SVRSM". Erwägungen Extrait des considérants: 1. Le retrait du recours de droit administratif est assimilé à un désistement d'instance qui entraîne l'entrée en force de chose jugée de la décision contre laquelle le recours était dirigé ( ATF 107 V 248 ). En principe, un tel retrait ne saurait cependant être conditionnel (cf. ATF 74 I 282 -283), de sorte que la lettre que la caisse a adressée au Tribunal fédéral des assurances en date du 20 septembre 1984 n'est pas de nature à mettre fin au procès sans jugement. D'autre part, on ne peut pas non plus considérer que BGE 111 V 58 S. 61 l'écriture de l'intimée du 19 juillet 1984 rend le recours sans objet: cette communication équivaut à une proposition au juge, qui ne lie pas ce dernier et qui ne peut avoir l'effet d'un acquiescement, tel qu'on le connaît en procédure civile (ATFA 1969 p. 21; RJAM 1983 No 520 p. 41). On rappellera au surplus que le recours de première instance avait un effet dévolutif complet et que, par conséquent, l'objet de la contestation n'est plus la décision prise par la caisse, mais le jugement entrepris. Dès lors, même la volonté concordante des parties ne peut entraîner le rétablissement de la décision annulée par les premiers juges. Ainsi donc, le Tribunal fédéral des assurances doit statuer sur les conclusions dont il est saisi. 2. ... 3. a) Aux termes de l' art. 18 CC , les actes de celui qui est incapable de discernement n'ont pas d'effet juridique. Le discernement est défini à l' art. 16 CC comme la faculté d'agir raisonnablement. Il comporte deux éléments: un élément intellectuel, la capacité d'apprécier le sens et les effets d'un acte déterminé, et un élément caractériel, la faculté d'agir en fonction de cette compréhension raisonnable, selon sa libre volonté (GROSSEN, Traité de droit civil suisse, tome II 2, Les personnes physiques, p. 36). En outre, d'après un principe unanimement admis, le droit suisse ne connaît pas, en ce qui concerne la capacité de faire des actes juridiques (Geschäftsfähigkeit), la notion de capacité (ou d'incapacité) restreinte: ou bien un contrat est valable ou bien il ne l'est pas (système dit du "Alles-oder-nichts-Prinzip"; cf. WESSNER, Le discernement: contre la notion de capacité restreinte en droit de la responsabilité civile, RSJ 79 1983, p. 336 et les références). D'autre part, comme l'a relevé le Tribunal fédéral des assurances dans son arrêt du 17 septembre 1982, la faculté d'agir raisonnablement doit s'apprécier concrètement par rapport à l'acte considéré, au moment de l'acte (relativité du discernement; ATF 108 V 128 et les références). b) Dans son arrêt précité, le Tribunal fédéral des assurances a également rappelé que la capacité civile des étrangers en Suisse est régie par leur loi nationale. Ce principe souffre cependant une restriction en ce sens qu'un étranger qui ne possède pas l'exercice des droits civils et qui fait des actes juridiques en Suisse ne peut (sous réserve de l' art. 7b al. 2 LRDC ) y exciper de son incapacité s'il était, selon la loi suisse, capable à l'époque où il s'est obligé. S'il conteste sa capacité, c'est d'abord sous l'angle du droit suisse BGE 111 V 58 S. 62 que le problème doit être tranché; c'est seulement si ce droit le reconnaît incapable qu'il faut examiner la question d'après la loi nationale. Ces principes s'appliquent aussi aux relations entre une caisse-maladie reconnue et un étranger qui réside en Suisse ( ATF 108 V 124 consid. 3 et les références). c) Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral statuant comme juge de réforme ( art. 43 ss OJ ) ou dans le cadre du recours en matière de poursuite pour dettes et de la faillite ( art. 19 LP et 75 ss OJ), l'état dans lequel se trouvait une personne lorsqu'elle a accompli l'acte litigieux relève des constatations de fait au sens de l' art. 63 al. 2 OJ , alors que la capacité de discernement par rapport à l'acte en cause est une question de droit ( ATF 102 II 367 consid. 4, ATF 99 III 7 et les arrêts cités). Il n'y a pas lieu de choisir un autre critère de distinction lorsque le Tribunal fédéral des assurances statue sur un recours de droit administratif en matière d'assurances sociales et qu'il applique l' art. 105 al. 2 OJ . 4. a) Il ressort du rapport d'expertise du docteur F. que, depuis l'été 1979, l'intimée a eu le sentiment d'être "surveillée constamment" et qu'elle a progressivement développé "un délire de persécution à mécanisme interprétatif (du type paranoïa sensitive) avec de fortes composantes de culpabilité"; après un traitement chimiothérapeutique administré entre le 20 mars et le 1er mai 1980, elle a passé un baccalauréat par correspondance, en juillet 1980, et elle a ensuite fait un voyage de deux mois aux Etats-Unis et au Canada, avant de revenir à Genève, puis de se rendre pour un bref séjour en Israël; en octobre 1980, son médecin traitant a diagnostiqué "un délire floride de persécution, sans aucune critique, induisant des troubles du comportement et enrichi d'hallucinations auditives", ce qui a nécessité son hospitalisation dans un établissement psychiatrique, du 8 au 22 octobre 1980, où la chimiothérapie et, surtout, la "mise à l'abri" en clinique ont entraîné une amélioration passagère, suivie d'une aggravation qui a provoqué une nouvelle hospitalisation. Quant aux circonstances qui ont entouré la démission litigieuse et qui ont abouti à celle-ci, elles ont fait l'objet d'investigations détaillées de la part de l'expert... b) La juridiction cantonale a fait siennes les constatations et conclusions de l'expert et a ainsi admis que l'intimée n'était pas dotée de la faculté d'agir raisonnablement, suivant le droit suisse, au moment où elle a envoyé sa lettre de démission. Elle s'est au surplus fondée sur l'opinion de BUCHER, selon lequel un rapport BGE 111 V 58 S. 63 raisonnable et suffisant avec la réalité n'existe généralement pas chez les personnes qui sont dominées par une appréciation erronée et délirante du monde extérieur, en particulier chez celles qui se croient poursuivies ou menacées; le point de départ de leur action étant faussé, les actes par lesquels elles tentent de résister à une telle menace n'ont pas d'effet juridique (Berner Kommentar, n. 49 ad art. 16 CC ; cf. également GROSSEN, op.cit., p. 36-37). Examinant par ailleurs le cas sous l'angle de la loi nationale de l'intimée, comme le lui avait prescrit le Tribunal fédéral des assurances, la cour cantonale a considéré, eu égard à l'art. 489 du code civil français, qui subordonne la validité d'un acte à la condition que son auteur soit "sain d'esprit", que la démission de la caisse par l'intéressée n'était pas non plus valable selon le droit français. La recourante ne prétend pas, à juste titre, que les premiers juges seraient partis de notions juridiques erronées concernant l'incapacité au sens des législations suisse et française. Il n'apparaît pas non plus que ceux-ci aient violé le droit fédéral, y compris par l'excès ou l'abus de leur pouvoir d'appréciation ( art. 104 let. a OJ ), en tirant du rapport de l'expert la conclusion que, au moment déterminant, l'intimée était incapable de discernement et qu'elle n'était pas "saine d'esprit". La caisse soutient, il est vrai, que l'état de santé de l'intéressée se trouvait en "rémission" au mois de juillet 1980, et que sa décision de démissionner procédait ainsi d'un acte réfléchi. Elle ne démontre toutefois pas en quoi les faits retenus par l'instance inférieure seraient manifestement inexacts ou incomplets ou auraient été établis au mépris de règles essentielles de procédure. Ses griefs sont donc irrecevables au regard de l' art. 105 al. 2 OJ . C'est également en vain que la caisse invoque "le bon sens", en insistant sur le fait que l'intimée a été capable, à l'époque où elle a donné sa démission, de passer un baccalauréat et de préparer un voyage à l'étranger, de sorte qu'elle devait être en mesure de se rendre compte de la portée de l'acte en question: il s'agit là de circonstances qui étaient connues de l'expert judiciaire et qui, ainsi qu'on l'a vu, ont été prises en considération par ce dernier dans son appréciation du cas. On relèvera au surplus que le service médical de l'Office fédéral des assurances sociales, dont l'opinion est rapportée par ledit office dans son préavis, partage cette appréciation, après avoir pris connaissance de l'ensemble du dossier médical. Le recours de droit administratif n'est dès lors pas fondé.
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1,985
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Federation
e3fc8fa4-4ca9-42fa-8167-832d580ba138
Urteilskopf 116 II 719 125. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. November 1990 i.S. Eheleute A. E. und B. E. gegen Z. (Berufung)
Regeste Art. 28 Abs. 3 BMM ; Rückzug der Anfechtung durch den Mieter. Der Rückzug des Begehrens auf Anfechtung der Mietzinserhöhung durch den Mieter ist keine Einigung im Sinne von Art. 28 Abs. 3 BMM . Eine Kündigungssperre wird wohl durch die Anerkennung des Anfechtungsbegehrens seitens des Vermieters, nicht aber durch den Rückzug desselben seitens des Mieters ausgelöst.
Erwägungen ab Seite 719 BGE 116 II 719 S. 719 Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 28 Abs. 3 BMM ist, wenn vor der Schlichtungsstelle eine Einigung zu Stande kommt, der Vermieter auf die Anrufung der richterlichen Behörde verzichtet oder im richterlichen Verfahren vollständig oder zu einem erheblichen Teil unterliegt, die Kündigung in den folgenden zwei Jahren nichtig, es sei denn, dass die Schlichtungsstelle missbräuchlich angerufen worden ist. Vorbehalten bleiben verschiedene Beendigungsgründe, u.a. jener von Art. 267c lit. c OR . Der Wortlaut von Art. 28 Abs. 3 BMM gibt keinen klaren Aufschluss darüber, wie es sich verhält, wenn der Mieter vor der Schlichtungsstelle sein Begehren auf Anfechtung der Mietzinserhöhung zurückzieht. Eine Einigung liegt in diesen Fällen nicht vor. Darunter wäre vielmehr ein Vergleich BGE 116 II 719 S. 720 zu verstehen, bei welchem beide Parteien Zugeständnisse gemacht haben. Zieht hingegen der Mieter sein Begehren auf Anfechtung vorbehaltlos zurück oder lässt der Vermieter die Mietzinserhöhung vorbehaltlos fallen, so erledigt sich der Streit nicht durch Einigung sondern durch Rückzug bzw. Anerkennung des Anfechtungsbegehrens. Ob auch in solchen Fällen eine Kündigungssperre Platz greift, ist nach dem Sinn des Gesetzes zu beantworten. Dieser liegt darin, den Mieter nicht um die Früchte einer erfolgreichen Anfechtung zu bringen und den Vermieter daran zu hindern, dass er einen ganzen oder teilweisen Misserfolg der von ihm angestrebten Mietzinserhöhung durch eine Kündigung des Mietvertrages unterläuft (Botschaft zum BMM, BBl 1972 I 1'245). Daraus folgt, dass eine Anerkennung des Anfechtungsbegehrens durch den Vermieter selbstverständlich eine Kündigungssperre auslösen muss. Anders verhält es sich dagegen bei einem Rückzug der Anfechtung durch den Mieter. Dieser gibt mit dem Rückzug zu erkennen, dass die Anfechtung unbegründet war. Für eine Kündigungssperre besteht in einem solchen Fall kein vernünftiger Grund. Dem angefochtenen Urteil ist daher in diesem Punkt zuzustimmen. Andernfalls hätte es der Mieter in der Hand, bei jeder gerechtfertigten Mietzinserhöhung durch eine Anfechtung, die er nachträglich vor der Schlichtungsstelle wieder zurückzieht, eine Kündigungssperre auszulösen. In der Literatur wird allerdings die gegenteilige Meinung vertreten (BARBEY, L'arrêté fédéral instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif, S. 136; GMÜR/CAVIEZEL, Mietrecht-Mieterschutz, 2. A. 1979, S. 87; RAISSIG/SCHWANDER, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, 3. A., S. 176/77); doch gibt keiner dieser Autoren für seine Auffassung eine plausible Begründung. GMÜR/CAVIEZEL betrachten einen vollumfänglichen Rückzug der Anfechtung nur dann als Einigung im Sinne von Art. 28 Abs. 3 BMM , wenn der Vermieter den Aufschlag an der Schlichtungsverhandlung erstmals ausreichend begründet und belegt hat. Ob dem zuzustimmen sei, kann offen bleiben, weil dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen ist, dass es sich im vorliegenden Fall so verhalten habe und in den Berufungen keine zulässige Sachverhaltsrüge erhoben wird.
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1,990
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Federation
e3fdf38f-1779-417c-b279-a4c6ef4c1731
Urteilskopf 108 Ia 48 11. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Februar 1982 i.S. K. gegen Jugendanwaltschaft des Bezirkes Zürich und Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 88 OG , Legitimation; Art. 58 Abs. 1 BV , Ablehnung eines Richters. Eine Prozesspartei ist legitimiert, den Entscheid, mit dem das von einem andern Prozessbeteiligten eingereichte Ablehnungsbegehren gegen einen Richter gutgeheissen wurde, mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV anzufechten (E. 1). Es bedeutet keine willkürliche Auslegung des § 96 Ziff. 4 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes (Ablehnung wegen Befangenheit) und verstösst auch nicht gegen Art. 58 Abs. 1 BV , wenn angeordnet wird, dass eine Zürcher Jugendrichterin, die im Zusammenhang mit den Zürcher Jugendunruhen einen öffentlichen Aufruf zu "Milde und Amnestie" mitunterzeichnet hat, in einem mit diesen Unruhen zusammenhängenden Straffall in den Ausstand zu treten habe (E. 2, 3).
Sachverhalt ab Seite 49 BGE 108 Ia 48 S. 49 Die Jugendanwaltschaft des Bezirkes Zürich führte gegen K. im Zusammenhang mit Ausschreitungen, zu denen es am 30. August 1980 in Zürich im Verlaufe einer nicht bewilligten Demonstration gekommen war, eine Untersuchung wegen Verdachts der Teilnahme an einer öffentlichen Zusammenrottung im Sinne von Art. 260 StGB . Am 2. März 1981 überwies sie die Untersuchungsakten dem Jugendgericht des Bezirkes Zürich mit dem Antrag, K. sei des Landfriedensbruchs schuldig zu erklären und mit einer Busse zu bestrafen. Mit Eingabe vom 2. März 1981 reichte die Jugendanwaltschaft ein Ablehnungsbegehren gegen die Bezirksrichterin lic. iur. Marianne Herzog, Mitglied des Jugendgerichts, ein. Sie machte geltend, die Jugendrichterin Herzog erscheine in der Strafsache K. als befangen, weil sie zu den Mitunterzeichnern eines im "Tages-Anzeiger" vom 18. September 1980 unter dem Titel "Unsere Jugend - unsere Zukunft" erschienenen Inserates gehöre, in welchem für die im Zusammenhang mit den "Zürcher Jugendunruhen" in Strafuntersuchung gezogenen Personen "Milde und Amnestie" gefordert werde. Frau Herzog gab in ihrer Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch die "gewissenhafte Erklärung" ab, dass gegen sie kein Ausstandsgrund vorliege. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich hiess das Ablehnungsbegehren der Jugendanwaltschaft in der Strafsache K. mit Beschluss vom 28. Oktober 1981 gut. K. führt gegen den Entscheid der Verwaltungskommission des Obergerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 58 Abs. 1 BV . Erwägungen Erwägungen: 1. Das Bundesgericht hatte sich kürzlich mit einer staatsrechtlichen Beschwerde zu befassen, welche die Bezirksrichterin lic. iur. Marianne Herzog gegen Entscheide erhoben hatte, mit denen die gegen sie in drei Straffällen eingereichten Ablehnungsbegehren gutgeheissen worden waren. Das Bundesgericht trat nicht auf diese Beschwerde ein mit der Begründung, Frau Herzog werde durch die Ausstandsentscheide ausschliesslich in ihrer öffentlichrechtlichen BGE 108 Ia 48 S. 50 Stellung als Justizbeamtin und nicht in ihrer privaten Rechtssphäre betroffen, zu deren Schutze gegen staatliche Eingriffe die staatsrechtliche Beschwerde allein zur Verfügung stehe (BGE 107 Ia Nr. 54). Im vorliegenden Falle ist nicht ein Richter Beschwerdeführer, sondern ein Angeschuldigter, gegen den die Zürcher Behörden ein Strafverfahren führen. Er ist befugt, den Entscheid, mit welchem das Ablehnungsbegehren der Jugendanwaltschaft gutgeheissen wurde, mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten (vgl. BGE 105 Ia 157 und 172). Art. 58 Abs. 1 BV , wonach niemand seinem verfassungsmässigen Richter entzogen werden darf, verleiht dem Einzelnen einen Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts ( BGE 91 I 399 ; BGE 92 I 271 ). In diesem Anspruch ist eine Prozesspartei nicht nur dann beeinträchtigt, wenn ein von ihr selbst eingereichtes Ablehnungsbegehren zu Unrecht abgewiesen wurde, sondern ebenso dann, wenn die kantonale Behörde das Begehren eines andern Prozessbeteiligten ohne stichhaltigen Grund gutgeheissen hat. Auch im letztgenannten Falle ist das Gericht - ohne Mitwirkung des zu Unrecht ausgeschlossenen Richters - unrichtig besetzt und die Prozesspartei damit in dem Anspruch, den ihr Art. 58 Abs. 1 BV einräumt, verletzt. Der Beschwerdeführer ist somit durch den Beschluss der Verwaltungskommission des Zürcher Obergerichts vom 28. Oktober 1981 in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und daher legitimiert, gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde zu führen ( Art. 88 OG ). 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid beruhe auf einer willkürlichen Auslegung der Ausstandsvorschriften des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes und verstosse zudem gegen die Garantie des verfassungsmässigen Richters im Sinne von Art. 58 Abs. 1 BV . Die Auslegung und Anwendung des kantonalen Gesetzesrechts kann das Bundesgericht, auch soweit eine Verletzung von Art. 58 Abs. 1 BV gerügt wird, nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür überprüfen. Frei untersucht es dagegen, ob die als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen Rechts mit dem Anspruch auf den verfassungsmässigen Richter vereinbar ist ( BGE 105 Ia 159 f. E. 3, 174 E. 2b). a) Gemäss § 96 Ziffer 4 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 (GVG) kann ein Richter abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen. Der Ablehnungsgrund der Befangenheit setzt nach der zürcherischen Rechtsprechung nicht voraus, dass der betreffende BGE 108 Ia 48 S. 51 Richter in einer Angelegenheit tatsächlich befangen und nicht zu einem unparteiischen Urteil fähig ist. Es genügt, wenn aufgrund gewisser Umstände bei objektiver Betrachtung der Anschein einer - wenn auch tatsächlich nicht vorhandenen - Voreingenommenheit des Richters erweckt wird (ZR 45/1946 Nr. 161 S. 297; HAUSER/HAUSER, Erläuterungen zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz vom 29. Januar 1911 - aGVG -, N. 7 zu § 113 Ziff. 5 aGVG, welche Vorschrift dem heutigen § 96 Ziff. 4 GVG entsprach). Die Verwaltungskommission des Obergerichts hielt das Ablehnungsgesuch, welches die Jugendanwaltschaft gegen Bezirksrichterin Marianne Herzog gestützt auf § 96 Ziff. 4 GVG eingereicht hatte, für begründet. Sie führte aus, Frau Herzog habe unter Angabe des Richterberufes ein Inserat mitunterzeichnet, mit dem eine öffentliche Erklärung zu den "Zürcher Unruhen" abgegeben worden sei. In dem Inserat werde neben dem Aufruf zum Gespräch und zur Verständigung mit der rebellierenden Jugend unter anderem die Behauptung aufgestellt, die Jugend habe sich anders als durch Zerschlagen von Glas kein Gehör verschaffen können, und ausserdem werde für die in Strafuntersuchung gezogenen Personen "Milde und Amnestie" gefordert. Diese von der abgelehnten Jugendrichterin mitunterzeichneten Äusserungen erweckten den Eindruck einer Sanktionierung der Gewaltanwendung und liessen darauf schliessen, die Unterzeichner verträten die Meinung, die im Zusammenhang mit den Zürcher Unruhen angehobenen Strafverfahren seien nicht nach den Grundsätzen des geltenden Strafprozessrechts durchzuführen, vielmehr habe der Staat von vornherein auf einen allfälligen Strafanspruch zu verzichten. Frau Herzog habe sich damit öffentlich als Richterin in bezug auf die Behandlung und Beurteilung dieser Verfahren, zu denen auch die Strafsache K. gehöre, in einer Weise einseitig festgelegt, die das bei der Anklagebehörde erweckte Misstrauen in die Unvoreingenommenheit objektiv als gerechtfertigt erscheinen lasse. b) Der Beschwerdeführer wirft der Verwaltungskommission des Obergerichts vor, sie habe aus dem Text des Inserates, das von Bezirksrichterin Herzog mitunterzeichnet worden sei, willkürliche Schlüsse gezogen. Frau Herzog habe weder zu einem hängigen noch zu einem künftigen Strafverfahren Stellung genommen, sondern in einem politischen Konflikt ihre politische Meinung geäussert. Eine solche Äusserung könne keinen Ablehnungsgrund im Sinne des § 96 Ziff. 4 GVG bilden. BGE 108 Ia 48 S. 52 Bezirksrichterin Herzog hat zusammen mit rund 270 andern Personen ein Inserat unterzeichnet, in welchem zu den Jugendproblemen und insbesondere zu den Zürcher Jugendunruhen Stellung genommen wurde. Ob es sich dabei um eine politische Meinungsäusserung handelte und in welchem Sinne die Unterzeichner selber ihre Äusserungen verstanden, ist unter dem Gesichtspunkt des § 96 Ziff. 4 GVG unerheblich. Es kommt nach dieser Vorschrift einzig darauf an, ob die im Inserat enthaltenen Äusserungen bei objektiver Betrachtung geeignet waren, den Anschein zu erwecken, Bezirksrichterin Herzog könne die Strafsache des Beschwerdeführers nicht unvoreingenommen beurteilen. Das fragliche Inserat bezieht sich auf die Zürcher Jugendunruhen und betrifft somit konkret Handlungen, wie sie dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werden. Es ist bekannt, dass Jugendliche bei diesen Unruhen zahlreiche Gewaltakte (Sachbeschädigungen, Plünderungen, Brandanschläge, etc.) verübt und in schwerwiegender Weise gegen die Rechtsordnung verstossen haben. Im Inserat wird nun neben dem Aufruf zum Gespräch und zur Verständigung mit den Jugendlichen unter anderem die Behauptung aufgestellt, die Jugend habe sich anders als durch Zerschlagen von Glas kein Gehör verschaffen können, und es wird für sie Milde und Amnestie verlangt. Wenn die Verwaltungskommission des Obergerichts annahm, diese Äusserungen erweckten den Eindruck, die Unterzeichner billigten die Gewaltanwendung und verträten die Meinung, die Jugendlichen sollten für die bei den Zürcher Unruhen begangenen Delikte nicht bestraft werden, ist das nicht unhaltbar. Es ist zu berücksichtigen, dass an keiner Stelle des Inserates eine Verurteilung der Gewaltakte oder auch nur eine Distanzierung von der Handlungsweise der Jugendlichen zu finden ist. Die Unterzeichner führen im Gegenteil aus, sie seien der Jugend dankbar dafür, dass sie nicht Ja und Amen sage, und erheben die Forderung nach "Milde und Amnestie". Wohl ist es denkbar, dass die Unterzeichner mit dem Begriff "Amnestie" nicht den Verzicht des Staates auf die Strafverfolgung oder den Strafvollzug gegenüber einer bestimmten Gruppe von Delinquenten gemeint, sondern den Ausdruck lediglich im Sinne einer verzeihenden und vergebenden gesellschaftlichen Haltung gegenüber den rebellierenden Jugendlichen verstanden haben. Das ist indes, wie erwähnt, ohne Belang. Entscheidend ist, dass objektiv gesehen aus der Forderung nach Amnestie in Verbindung mit dem gesamten Text des Inserates ohne Willkür der Eindruck entstehen konnte, die BGE 108 Ia 48 S. 53 Unterzeichner seien der Auffassung, die Jugendlichen, gegen welche im Zusammenhang mit den Zürcher Unruhen ein Strafverfahren geführt wird, sollten straffrei ausgehen. Die Verwaltungskommission des Obergerichts durfte unter diesen Umständen mit sachlichen Gründen annehmen, die von der Jugendrichterin Herzog mitunterzeichneten Äusserungen erweckten den Anschein, Frau Herzog könne die Strafsache des Jugendlichen K., die im Zusammenhang mit den Zürcher Unruhen steht, nicht mit der erforderlichen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit beurteilen. Eine willkürliche Auslegung des § 96 Ziff. 4 GVG liegt somit nicht vor. Die Bezirksrichterin Herzog hatte in ihrer Stellungnahme vom 9. März 1981 zum Ausstandsbegehren der Jugendanwaltschaft erklärt, sie habe sich bis anhin immer strikte im Rahmen des Gesetzes bewegt und gedenke, dies auch weiterhin zu tun. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Erklärung zu zweifeln. Beim Entscheid über das Ablehnungsgesuch ging es jedoch für die Verwaltungskommission des Obergerichts nicht um die Frage, ob Frau Herzog in der Strafsache des Beschwerdeführers tatsächlich befangen sei, sondern lediglich darum, ob aufgrund des Inserates bei objektiver Betrachtung der Anschein einer Voreingenommenheit entstanden sei. Diese Frage konnte die Verwaltungskommission, wie dargelegt wurde, ohne Willkür bejahen. 3. Es bleibt zu prüfen, ob die in vertretbarer Auslegung des kantonalen Rechts erfolgte Gutheissung des Ablehnungsbegehrens der Jugendanwaltschaft mit Art. 58 Abs. 1 BV vereinbar ist. Aufgrund der Garantie des verfassungsmässigen Richters hat der Einzelne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts einen Anspruch darauf, dass in einem Verfahren, das ihn betrifft, unvoreingenommene Richter mitwirken, d.h. Richter, welche die nötige Gewähr für eine unabhängige und unparteiische Beurteilung der Streitsache bieten ( BGE 104 Ia 273 E. 3 mit Hinweisen). Erscheint ein Richter als befangen, so kann unmittelbar auf Grund des Art. 58 Abs. 1 BV der Ausstand verlangt werden. Aus der Verfassungsvorschrift ergibt sich aber auch allgemein der Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts, und dieser kann auch dadurch beeinträchtigt werden, dass ein Richter in den Ausstand versetzt wird, obschon hiezu kein hinreichender Grund besteht. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Ablehnungsbegehren der Jugendanwaltschaft sei gutgeheissen worden, weil Frau Herzog in einem politischen Konflikt eine politische Meinung geäussert habe. BGE 108 Ia 48 S. 54 Darin könne aber kein Ausstandsgrund erblickt werden, denn auch ein Richter dürfe sich in der Öffentlichkeit politisch betätigen. Dass der Anschein der Befangenheit im vorliegenden Fall durch eine politische Meinungsäusserung der Richterin hervorgerufen wurde, bedeutet nicht, dass es einem Richter unter dem Gesichtspunkt des Art. 58 Abs. 1 BV verwehrt wäre, eine pointierte politische Meinung zu haben und diese öffentlich zu vertreten. Seine politische Haltung macht ihn auch bezüglich der Behandlung von Fällen, in welchen diese zum Tragen kommen kann, nicht befangen (ROLF GEISER, Über den Ausstand des Richters im schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1957, S. 74 f.; RAINER HAMM, Der gesetzliche Richter und die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, Diss. Freie Universität Berlin, 1973, S. 207 ff.). Nach § 39 des Richtergesetzes der Bundesrepublik Deutschland hat sich der Richter "innerhalb und ausserhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird" (HAMM, a.a.O., S. 207). Ähnliches wird hinsichtlich der politischen Tätigkeit eines Richters auch in der Schweiz zu gelten haben. Es ist einem Richter von Rechts wegen nicht verwehrt, in der Öffentlichkeit seine politische Meinung zu vertreten und sie allenfalls engagiert zum Ausdruck zu bringen. Äussert er sich jedoch - wie das hier bei Bezirksrichterin Herzog der Fall war - in einer Weise, dass bei einer Prozesspartei ein berechtigtes Misstrauen in seine Unvoreingenommenheit erweckt wird, kann es auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 58 Abs. 1 BV nicht beanstandet werden, wenn ein Ablehnungsbegehren gutgeheissen wird. Es mag abschliessend beigefügt werden, dass sich Frau Herzog und die Mitunterzeichner in dem fraglichen Inserat zu konkreten Vorfällen aussprachen, die sich in Zürich ereignet hatten; das kann klarerweise nicht dem Fall gleichgesetzt werden, in dem sich ein Richter in allgemeiner Weise über die Wünschbarkeit der Änderung strafrechtlicher Normen ausspricht. Es versteht sich im übrigen, dass das Vorgehen der Frau Herzog nicht zur Folge haben kann, dass sie wegen der Unterzeichnung des Inserattextes jahrelang in Straffällen, die im Zusammenhang mit Jugendunruhen stehen, nicht mitwirken könnte. Der angefochtene Entscheid ist nach dem Gesagten nicht verfassungswidrig, und die Beschwerde ist daher abzuweisen.
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Urteilskopf 121 I 1 1. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. März 1995 i.S. Schweizerische Volkspartei des Kantons Luzern gegen Regierungsrat des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Frist für kantonale Stimmrechtsbeschwerde; Gestaltung der Abstimmungsfrage. Zur dreitägigen Beschwerdefrist gemäss § 160 Abs. 2 des Stimmrechtsgesetzes des Kantons Luzern vom 25. Oktober 1988: Zulässigkeit (E. 3) und Handhabung (E. 4). Relevanz einer subsidiären materiell-rechtlichen Begründung in der Vernehmlassung der Beschwerdeinstanz (E. 5a). Zur drucktechnischen Gestaltung der Abstimmungsfrage (E. 5b).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 121 I 1 S. 2 Mit Dekret vom 21. März 1994 bewilligte der Grosse Rat einen Sonderkredit für die Einführung der delegierten Herzchirurgie am Kantonsspital Luzern. Damit entschied er sich für ein Modell der Zusammenarbeit mit bestehenden Herzkliniken und gegen die Errichtung einer eigenständigen Herzklinik in Luzern oder die vollständige Auswärtsvergabe an ein bestehendes Spital. Nachdem gegen dieses Dekret ein Referendum zustande gekommen war, setzte der Regierungsrat des Kantons Luzern die Abstimmung auf den 25. September 1994 an. Am 5. Juli 1994 beschloss der Regierungsrat einen Bericht zur Abstimmungsvorlage, der den Stimmberechtigten drei Wochen vor dem Abstimmungstag, am 2. bzw. 3. September 1994, zugestellt wurde. Darin war ein Muster des Stimmzettels für die kantonale Volksabstimmung vom 25. September 1994 abgedruckt. Am 16. September 1994 erhob die Schweizerische Volkspartei des Kantons Luzern Stimmrechtsbeschwerde an den Regierungsrat. Sie beantragte, die kantonale Volksabstimmung vom 25. September 1994 über die Einführung der delegierten Herzchirurgie sei abzusagen; eventualiter sei das Abstimmungsergebnis aufzuheben. Der Regierungsrat erachtete die Einsprache als verspätet und trat darauf mit Entscheid vom 20. September 1994 (Protokoll-Nr. 2559) nicht ein. Am 25. September 1994 fand die Abstimmung über die Einführung der delegierten Herzchirurgie statt. Die Vorlage wurde bei einer Stimmbeteiligung von 49,3% mit 53'970 Ja zu 51'819 Neinstimmen angenommen. Gegen den ihr am 22. September 1994 zugestellten regierungsrätlichen Entscheid erhob die Schweizerische Volkspartei des Kantons Luzern am 7. Oktober 1994 staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Ergebnis der Volksabstimmung vom 25. September 1994 sei für ungültig zu erklären; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an den Regierungsrat zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus folgenden Erwägungen: 2. Bei Stimmrechtsbeschwerden überprüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang BGE 121 I 1 S. 3 stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an, sofern es sich bei dieser Behörde um das Parlament oder das Volk handelt ( BGE 119 Ia 154 E. 2c S. 157; BGE 118 Ia 422 E. 1e S. 424 mit Hinweis). Die Auslegung und Anwendung anderer kantonaler Normen sowie die Feststellung des Sachverhalts durch die kantonalen Behörden sind dagegen nur auf Willkür hin zu prüfen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Überprüfung der Anwendung von kantonalem Verfahrensrecht (Bundesgerichtsentscheide vom 8. November 1993 i.S. S., ZBl 95/1994 S. 222 ff. E. 3b; vom 5. Oktober 1979, ZBl 81/1980 243 ff. E. 3 S. 246 [insoweit in BGE 105 Ia 368 nicht abgedruckt]; vom 13. Dezember 1967, ZBl. 69/1968 286 f. E. 3 S. 288 [insoweit in BGE 93 I 620 nicht abgedruckt]; vom 24. Juni 1965, ZBl 67/1966 E. 2 S. 36 mit Hinweisen), es sei denn, die Verfahrensvorschriften stünden in einem engen Zusammenhang mit Normen, die den Inhalt des Stimmrechts regeln ( BGE 92 I 350 E. 3 S. 355; BGE 91 I 316 E. 3 S. 319). Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob die Beschwerdeführerin die Frist von § 160 Abs. 2 Stimmrechtsgesetz eingehalten hat. Diese Bestimmung ist systematisch Teil des Stimmrechtsgesetzes, das Inhalt und Umfang des Stimmrechts im Kanton Luzern regelt. Die Frist beträgt nur drei Tage und ist damit deutlich kürzer als die im Kanton Luzern üblichen Rechtsmittelfristen (vgl. §§ 119 Abs. 1, 130 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 [VRG]). Wie der Regierungsrat dargelegt hat, bezweckt diese kurze Frist, Unregelmässigkeiten schon vor der Abstimmung soweit möglich zu erkennen und zu beheben, um das Volk in der gleichen Angelegenheit nicht zweimal an die Urne bemühen zu müssen. Sie beruht damit auf den besonderen Verhältnissen der Stimmrechtsbeschwerde und deckt sich ihrem Sinn und Zweck nach mit den Vorschriften anderer Kantone, die eine Verwirkung des Beschwerderechts annehmen, wenn ein Mangel nicht unverzüglich gerügt wird. Solche Verwirkungsvorschriften hat das Bundesgericht im Rahmen der Beschwerde nach Art. 85 lit. a OG mit freier Kognition überprüft (Urteil des Bundesgerichts i.S. L. vom 25. Juli 1991, publiziert in ZBl 93/1992 S. 169 ff., E. 1c). Versäumt der Stimmberechtigte die Dreitagesfrist, kann er sich nicht mehr - weder vor kantonalen Instanzen noch vor Bundesgericht (vgl. Art. 86 Abs. 1 OG ) - auf die Verletzung seines Stimmrechts berufen. Besteht somit ein enger BGE 121 I 1 S. 4 Zusammenhang zwischen der Verfahrensbestimmung von § 160 Abs. 2 StRG und dem Stimmrecht, rechtfertigt es sich, die Auslegung und Anwendung dieser Norm im Rahmen der Stimmrechtsbeschwerde grundsätzlich mit freier Kognition zu prüfen. 3. a) Gemäss § 160 Abs. 1 lit. a StRG können Verfahrensmängel und andere Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen und Abstimmungen mit Stimmrechtsbeschwerde gerügt werden; Beschwerdeinstanz ist der Regierungsrat (§ 158 StRG). Gegen Massnahmen, die der Regierungsrat bei Wahlen und Abstimmungen vor dem Abstimmungstag zur Behebung von Verfahrensmängeln oder anderen Unregelmässigkeiten gemäss § 149 StRG anordnet, ist die Einsprache an den Regierungsrat nach § 161 StRG zulässig. Im vorliegenden Fall nahm der Regierungsrat die Stimmrechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin als Einsprache entgegen. Die Qualifikation der Beschwerde als Stimmrechtsbeschwerde nach § 160 StRG oder als Einsprache gemäss § 161 StRG spielt für das vorliegende Verfahren keine Rolle, sind doch die Vorschriften über die Stimmrechtsbeschwerde nach § 161 Abs. 2 sinngemäss auch auf die Einsprache anwendbar. Die Beschwerde- bzw. Einsprachefrist ist wie folgt geregelt: "§ 160. Stimmrechtsbeschwerde bei Wahlen und Abstimmungen (...) (2) Tritt der Beschwerdegrund vor dem Abstimmungstag ein, ist die Stimmrechtsbeschwerde innert 3 Tagen seit der Entdeckung einzureichen. Ist diese Frist am Abstimmungstag noch nicht abgelaufen, wird sie bis zum 10. Tag nach dem Abstimmungstag verlängert. (3) In allen übrigen Fällen beträgt die Beschwerdefrist 10 Tage seit dem Abstimmungstag. (...) § 163. Beginn der Beschwerdefrist (1) Die Beschwerdefrist für Stimmrechtsbeschwerde beginnt wie folgt zu laufen: a. für Empfänger von Entscheiden oder Anordnungen mit der Zustellung, b. bei öffentlich bekanntgemachten Entscheiden oder Anordnungen in jedem Fall mit der öffentlichen Bekanntmachung. (2) Vorbehalten bleibt ferner § 160 Absatz 2." Die Beschwerdeführerin rügt, die Dreitagesfrist gemäss § 160 Abs. 2 StRG genüge den Anforderungen des Bundesrechts an eine geordnete Ausübung der politischen Rechte einschliesslich der entsprechenden Beschwerderechte BGE 121 I 1 S. 5 nicht und verstosse gegen die verfassungsrechtlich geschützten politischen Rechte. b) Eine Frist von drei Tagen seit Entdeckung des Mangels ist sehr kurz (vgl. BGE 112 Ib 576 E. 7a und b S. 587 ff. zu einer fünftägigen Beschwerdefrist). Sie lässt dem Stimmberechtigten wenig Zeit, die Sach- und Rechtslage abzuklären und eventuell anwaltlichen Rat einzuholen, um die Erfolgsaussichten seiner Beschwerde abzuwägen; er muss vielmehr sofort handeln, will er nicht seine Rügemöglichkeit verlieren. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich Stimmberechtigte hierdurch von einer Stimmrechtsbeschwerde abhalten lassen bzw. die Beschwerdefrist nicht mehr einhalten können, nachdem sie sich zur Beschwerdeerhebung entschlossen haben. Allerdings ist zu bedenken, dass sich die Dreitagesfrist auf Beschwerden und Einsprachen betreffend Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung von Abstimmungen beschränkt, die noch vor dem Abstimmungstag entdeckt werden (ansonsten sich die Beschwerdefrist gemäss § 160 Abs. 3 StRG auf 10 Tage verlängert). In diesen Fällen besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, den Mangel wenn möglich noch vor dem Abstimmungstag beheben zu können, um eine unverfälschte Willensäusserung aller Stimmberechtigten zu ermöglichen und eine nachträgliche Wiederholung der Abstimmung zu verhindern (vgl. BGE 118 Ia 415 E. 2a S. 417 f.; BGE 110 Ia 176 E. 2a S. 178 ff.). Hierzu ist in aller Regel sofortiges Handeln geboten, um der zuständigen Behörde noch genügend Zeit zur Instruktion der Beschwerde, zur Entscheidfindung sowie zur Behebung des Mangels zu lassen. Aus diesem Grund sehen sowohl Art. 77 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR, SR 161.1) als auch etliche kantonale Gesetze bei derartigen Beschwerden Fristen von nur drei Tagen vor (vgl. Art. 89 Abs. 2 des Berner Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980; § 75 Abs. 2 der Weisungen des Kantons Nidwalden über die Urnenabstimmung in den Gemeinden vom 15. Februar 1982; Art. 115 Abs. 1 Satz 1 des Glarner Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 4. Mai 1986; Art. 82bis Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Schaffhausen über die vom Volke vorzunehmenden Abstimmungen und Wahlen sowie über die Ausübung der Volksrechte vom 15. März 1904; Art. 62 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Appenzell-Ausserrhoden über die politischen Rechte vom 24. April 1988; Art. 46 Abs. 2 Satz 1 des St. Galler Gesetzes über die Urnenabstimmungen vom 4. Juli 1971; § 45 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Ausübung der politischen Rechte im Kanton Graubünden vom BGE 121 I 1 S. 6 7. Oktober 1962; Art. 105 Abs. 1 des Tessiner Legge sull'esercizio del diritto di voto, sulle votazioni e sulle elezioni vom 23. Februar 1954; Übersicht über die Fristen anderer Kantone bei CHRISTOPH HILLER, Die Stimmrechtsbeschwerde, Zürich 1990, S. 70-73). Diese gewichtigen öffentlichen Interessen rechtfertigen im Fall der Stimmrechtsbeschwerde im Vorfeld eines Urnenganges die sehr kurze Beschwerdefrist von drei Tagen (so auch HILLER, a.a.O., S. 28; ETIENNE GRISEL, Initiative et référendum populaires, Lausanne 1987, S. 107 zu Art. 77 Abs. 2 BPR ). Allerdings muss die kurze Beschwerdefrist sinnvoll gehandhabt werden, um dem Stimmbürger eine Beschwerdeerhebung nicht praktisch unmöglich zu machen; so dürfen etwa keine zu geringen Anforderungen an die Erkennbarkeit von Verfahrensmängeln oder Unregelmässigkeiten (vgl. unten, E. 4a und 4b) bzw. keine überzogenen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl. unten, E. 4a/dd) gestellt werden. 4. Die Beschwerdeführerin rügt überdies die Handhabung der Dreitagesfrist durch den Regierungsrat, die auf eine formelle Rechtsverweigerung und eine Verletzung ihrer politischen Rechte hinauslaufe. Die Fristberechnung ist im folgenden für die beiden von der Beschwerdeführerin geltend gemachten materiellen Rügen gesondert zu überprüfen. a) Die Beschwerdeführerin machte vor dem Regierungsrat zum einen geltend, die Abstimmungsbotschaft vom 5. Juli 1994 sei in verschiedener Hinsicht unrichtig. Sie beanstandet die Botschaft auch im Zusammenhang mit der Abstimmungskampagne der Befürworter, ohne jedoch deren Zulässigkeit und Wirkung zu erörtern, so dass die Rüge diesbezüglich nicht genügend begründet ist ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). aa) Der Regierungsrat folgerte aus § 160 Abs. 2 i.V.m. § 163 Abs. 1 lit. a StRG, dass die Beschwerdefrist mit Entdeckung des Beschwerdegrundes, spätestens aber mit dem Zeitpunkt, an dem die Kenntnisnahme möglich sei, beginne; dies sei der Zeitpunkt der Zustellung der Abstimmungsbotschaft. Im vorliegenden Fall hätten die Stimmberechtigten den Bericht des Regierungsrates am 2./3. September erhalten und die gerügten Mängel zu diesem Zeitpunkt entdecken können. bb) Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Auffassung, die Beschwerdefrist beginne erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme des Beschwerdegrundes; die Unrichtigkeit der Abstimmungsbotschaft könne nicht schon im Zeitpunkt ihrer BGE 121 I 1 S. 7 Zustellung, sondern erst dann beurteilt werden, wenn der Stimmberechtigte auch Kenntnis von den tatsächlichen Verhältnissen habe. Praxisgemäss erfolge die Zustellung der Abstimmungsunterlagen an einem Freitag oder Samstag; es sei unrealistisch, vom Stimmberechtigten zu erwarten, dass er sich über das Wochenende sämtliche relevante Fakten zur Beurteilung von zum Teil komplexen Vorlagen besorgen könne. cc) Gemäss § 160 Abs. 2 StRG ist die Stimmrechtsbeschwerde bzw. die Einsprache "innert drei Tagen seit der Entdeckung" einzureichen; damit beginnt der Fristenlauf grundsätzlich, wie auch der Regierungsrat angenommen hat, individuell mit der tatsächlichen Kenntnisnahme vom Beschwerdegrund (vgl. Bundesratsentscheid vom 12. September 1984, ZBl 87/1986 272 ff. E. 2 S. 277 f. zu Art. 77 Abs. 2 BPR ). Da sich jedoch der Zeitpunkt der individuellen Kenntnisnahme kaum feststellen und nachweisen lässt, entspricht es einer allgemeinen Praxis, bei amtlichen Mitteilungen, die öffentlich bekanntgemacht bzw. individuell zugestellt werden, auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem die Kenntnisnahme möglich gewesen wäre, d.h. auf den Zeitpunkt der amtlichen Publikation bzw. des Eintreffens der Mitteilung beim Stimmbürger (vgl. Regierungsrat Aargau, Präsidialverfügung vom 8. Oktober 1987, ZBl 89/1988, E. 1a, S. 233; HILLER, a.a.O. S. 27 f.; WALTER STUTZ, Rechtspflege, in: Das Bundesgesetz über die politischen Rechte, St. Gallen 1978, S. 126, jeweils zu Art. 77 Abs. 2 BPR ). Dieser Grundsatz findet seine Ausprägung in § 163 Abs. 1 StRG, ist aber auch darüber hinaus auf Amtshandlungen anwendbar, so dass die Frage, ob es sich bei der Abstimmungsbotschaft um einen "Entscheid" oder eine "Anordnung" im Sinne dieser Bestimmung handelt, offenbleiben kann. dd) Allerdings bezieht sich diese Vermutung nur auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Inhalt der Abstimmungsbotschaft, der nicht zwangsläufig mit dem Zeitpunkt der Entdeckung des Mangels zusammenfallen muss. Wie es sich hiermit verhält, und zu welchem Zeitpunkt die Beschwerdeführerin (d.h. eines ihrer Organe oder Organmitglieder; vgl. BGE 101 Ib 422 E. 5b S. 437, BGE 56 II 183 E. 4 S. 188; HENRI DESCHENAUX, Der Einleitungstitel, Schweizerisches Privatrecht Band II, Basel 1967, S. 225) erstmals die Unrichtigkeit der Abstimmungsbotschaft erkennen konnte, braucht jedoch im vorliegenden Fall nicht näher untersucht zu werden. Mit dem Regierungsrat ist nämlich davon auszugehen, dass der Fristenlauf spätestens am 7. September 1994 anlässlich der Delegiertenversammlung der SVP begann. BGE 121 I 1 S. 8 An dieser Versammlung befasste sich die SVP mit der bevorstehenden Abstimmung und beschloss die Neinparole, weil sie - entgegen der Abstimmungsbotschaft des Regierungsrates - eine volle Herzchirurgie im Kanton Luzern, eventuell an der Klinik St. Anna, für vorteilhafter hielt. Dabei wurde - wie aus dem Bericht der Luzerner Neuesten Nachrichten vom 9. September 1994 hervorgeht und auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird - von einem Parteimitglied gerügt, die Darstellung in der Abstimmungsbotschaft, wonach eine volle Herzchirurgie an der Klinik St. Anna teurer zu stehen käme als die delegierte Herzchirurgie am Kantonsspital, sei falsch. Diesen Vorwurf nahm die Partei immerhin hinreichend ernst, um ein Mitglied der Parteileitung mit weiteren Abklärungen zu beauftragen. Spätestens in diesem Zeitpunkt muss ein "Entdecken" des Mangels im Sinne von § 160 Abs. 2 StRG angenommen werden, auch wenn die Beschwerdeführerin erst am 14. September 1994, nach der Zusammenkunft mit dem Chef der Klinik St. Anna, über detaillierte Informationen und Zahlenmaterial verfügt haben sollte, um ihren Vorwurf substantiiert darlegen und beweisen zu können. Es würde dem Zweck der kurzen Beschwerdefrist widersprechen, für die "Entdeckung" des Mangels eine umfassende, fundierte, womöglich dokumentierte Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, etwa sämtlicher Kostenfaktoren einer Vorlage und ihrer Alternativen, vorauszusetzen. Vielmehr muss der Stimmbürger sich beschweren, wenn er die Überzeugung gewinnt, die Abstimmungsbotschaft sei falsch bzw. irreführend, auch ohne diese Ansicht bereits im einzelnen belegen zu können. Wie bereits dargelegt wurde, erfordert das öffentliche Interesse an einer möglichst schnellen Behebung eventueller Mängel im Vorfeld einer Urnenabstimmung rasches Handeln; für die Stimmrechtsbeschwerde genügt daher eine auch nur rudimentäre Beschwerdebegründung, die vom Beschwerdeführer wenn nötig nachträglich, noch während des Verfahrens ergänzt werden kann; es ist dann grundsätzlich Aufgabe der Entscheidinstanz, die Vorwürfe von Amtes wegen abzuklären (vgl. § 166 StRG i.V.m. § 139 Abs. 1 VRG). Damit begann die Beschwerdefrist spätestens am 8. September zu laufen (§ 166 Abs. 1 StRG i.V.m § 31 Abs. 2 VRG), so dass die Beschwerde vom 16. September 1994 hinsichtlich der Rüge der Unrichtigkeit der Abstimmungsbotschaft verspätet war. Die Stimmrechtsbeschwerde erweist sich insoweit als unbegründet. b) Darüber hinaus rügte die Beschwerdeführerin die Gestaltung des Stimmzettels und dessen Nichtübereinstimmung mit dem in der Abstimmungsbotschaft abgedruckten Muster. BGE 121 I 1 S. 9 aa) Der Regierungsrat vertritt die Auffassung, hinsichtlich dieser Rüge habe der Fristenlauf am 5. September 1994 begonnen: Zwar sei der Stimmzettel damals nicht zusammen mit den Abstimmungsunterlagen an die Stimmberechtigten verschickt worden (wie dies seit dem 1. Oktober 1994 nach dem neuen Stimmrechtsgesetz nunmehr vorgesehen ist); gemäss § 61 Abs. 2 StRG a.F. sei die briefliche Stimmabgabe jedoch ab dem drittletzten Montag vor der Abstimmung zulässig gewesen; ab diesem Zeitpunkt sei es möglich gewesen, allfällige Mängel des Stimmzettels zu erkennen. bb) Die Beschwerdeführerin meint dagegen, es komme auf das Datum der tatsächlichen Kenntnisnahme an. Die Vermutung, der Stimmzettel stimme mit dem Muster in der Abstimmungsbotschaft nicht überein, sei erstmals anlässlich des Treffens mit dem Chef der Klinik St. Anna vom 14. September 1994 geäussert worden. Das Stimmaterial habe erst am 16. September, am Tag der Einreichung der Beschwerde, besorgt werden können. cc) Gemäss § 163 Abs. 1 StRG beginnt die Beschwerdefrist für Empfänger von Entscheiden oder Anordnungen mit der Zustellung, und bei öffentlich bekanntgemachten Entscheiden oder Anordnungen mit der öffentlichen Bekanntmachung zu laufen. Nach der im September 1994 geltenden Fassung des Stimmrechtsgesetzes wurden die Stimmzettel nicht bereits mit der Abstimmungsvorlage und dem erläuternden Bericht des Regierungsrates den Stimmberechtigten zugestellt, sondern grundsätzlich erst im Urnenlokal ausgehändigt (§ 57 StRG a.F.). Wer brieflich abstimmen wollte, musste gemäss § 62 StRG a.F. beim Stimmregisterführer seines politischen Wohnsitzes schriftlich, spätestens 10 Tage vor dem Abstimmungstag, das Abstimmungsmaterial anfordern. Erst aufgrund dieses Gesuchs schickte der Stimmregisterführer dem Stimmberechtigten den Stimmzettel mit dem Stimmkuvert (§ 63 StRG a.F.). Dieses Verfahren kann nicht mit der öffentlichen Bekanntmachung oder der individuellen Zustellung i.S.v. § 163 Abs. 1 StRG verglichen werden, bei der jedermann, ohne besonderes Gesuch und ohne Zwischenschaltung des Stimmregisterführers, von Inhalt und Gestaltung eines Textes Kenntnis nehmen kann. Da die Beschwerdeführerin geltend macht, der effektive Stimmzettel habe nicht mit dem in der Abstimmungsbotschaft abgedruckten Muster übereingestimmt, kann auch nicht auf das Datum der Zustellung dieses Musters abgestellt werden. dd) Somit bleibt es bei der Regel des § 160 Abs. 2 StRG, wonach die Frist mit der Entdeckung des Mangels beginnt. Da die briefliche Stimmabgabe nach BGE 121 I 1 S. 10 altem Stimmrechtsgesetz eine Ausnahme darstellte, die besonders beantragt werden musste, konnte nicht davon ausgegangen werden, die Stimmberechtigten hätten schon mit dem drittletzten Montag vor der Abstimmung die Möglichkeit, die Gestaltung des Stimmzettels zu erkennen. Es konnte von ihnen auch nicht verlangt werden, die Briefwahl vorsorglich zu beantragen, nur um eine eventuelle Abweichung des Stimmzettels von dem in der Botschaft abgedruckten Muster frühzeitig zu erkennen, zumal mit einer solchen Abweichung nicht gerechnet werden musste. Massgeblich ist somit der Zeitpunkt, in dem die Beschwerdeführerin erstmals von der vom Muster abweichenden Gestaltung des Wahlzettels Kenntnis erlangte. ee) Die Beschwerdeführerin behauptet, erstmals am 14. September 1994 von einer möglichen Abweichung zwischen Muster und Wahlzettel gehört zu haben. Demnach hätte die Beschwerdefrist erst am 15. September 1994 begonnen, so dass die Stimmrechtsbeschwerde am 16. September 1994 fristgerecht eingereicht worden wäre. Da der Regierungsrat hierzu keine Abklärungen getroffen hat, lässt sich aufgrund der bestehenden Aktenlage nicht abschliessend entscheiden, ob die Beschwerde hinsichtlich der gerügten Gestaltung des Stimmzettels rechtzeitig erhoben wurde. Jedenfalls aber ist der Nichteintretensentscheid des Regierungsrates mit der dort gegebenen Begründung unhaltbar und wäre daher an sich (vorbehaltlich E. 5) aufzuheben. 5. a) Die Beschwerdeführerin beantragt nicht nur die Aufhebung des Nichteintretensentscheids, sondern darüber hinaus die Ungültigerklärung der Abstimmung vom 25. September 1994 und damit die materielle Beurteilung ihrer Stimmrechtsbeschwerde durch das Bundesgericht. Nach dem oben (E. 4a) Gesagten könnte sich eine materielle Prüfung nur noch auf die Rüge der Gestaltung des Stimmzettels beziehen, und nicht mehr auf die verspätete Rüge der Unrichtigkeit der Abstimmungserläuterung. Der Regierungsrat hat in Vernehmlassung und Duplik ausführlich zu den materiellen Rügen der Beschwerdeführerin Stellung genommen und sich einer Überprüfung der Abstimmung durch das Bundesgericht nicht widersetzt. aa) Stellt das Bundesgericht fest, die letzte kantonale Instanz sei zu Unrecht auf eine Stimmrechtsbeschwerde nicht eingetreten, hebt es in aller Regel den angefochtenen Nichteintretensentscheid auf, ohne auf die materiellen Rügen des Beschwerdeführers einzugehen, zu denen die kantonalen Behörden sich noch gar nicht geäussert haben und sich, in Anbetracht der BGE 121 I 1 S. 11 Tatsache, dass die Beschwerde nicht zugelassen wurde, auch nicht äussern mussten (Bundesgerichtsentscheid i.S. L. vom 25. Juli 1991, ZBl 93/1992 169 ff., E. 1d und i.S. S. vom 8. November 1993, ZBl 95/1994 222 ff., E. 3b; vgl. auch BGE 113 Ia 146 E. 3e S. 155 f.). bb) Allerdings kann nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BGE 118 Ib 26 E. 2b S. 28, BGE 105 Ia 115 E. 2 S. 118, je mit Hinweisen) von der Aufhebung eines Entscheids abgesehen werden, wenn die zuständige Behörde zwar zu Unrecht nicht auf ein Rechtsmittel eingetreten ist, dieses jedoch gleichzeitig im Eventualstandpunkt materiell geprüft und mit haltbaren Erwägungen als unbegründet bezeichnet hat. Der Beschwerdeführer ist sogar verpflichtet, sich mit derartigen Hilfsbegründungen auseinanderzusetzen, soll seine Beschwerde nicht an Art. 90 Abs. 1 lit. b OG scheitern (vgl. BGE 113 Ia 94 E. 1a/bb S. 95 f. mit Hinweisen). In aller Regel handelt es sich dabei um eine Eventualbegründung im angefochtenen Entscheid selbst; das Bundesgericht liess es jedoch auch genügen, dass die kantonale Behörde die Eingabe des Beschwerdeführers im Rahmen einer Aufsichtsbeschwerde materiell geprüft und für unbegründet befunden hatte (vgl. Entscheid i.S. P.O. vom 7. Juni 1985, ZBl 87/1986, S. 450 ff. E. 3b), da es dem Kanton bei Gutheissung der Beschwerde und Aufhebung des Nichteintretensentscheids unbenommen bliebe, die Beschwerde mit der gleichen Begründung wie die Aufsichtsbeschwerde abzuweisen. Die Gutheissung der Beschwerde wegen formeller Rechtsverweigerung würde deshalb nur zu einer unnützen Verlängerung des Verfahrens führen. Aus ähnlichen prozessökonomischen Erwägungen heraus lässt das Bundesgericht die staatsrechtliche Beschwerde in gewissen Fällen ohne vorherige Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges zu, wenn das Durchlaufen der kantonalen Instanzen eine leere, zwecklose Formalität wäre (vgl. z.B. BGE 118 Ia 415 E. 3 S. 419 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall hat sich der Regierungsrat in seinen Schriftsätzen ausführlich zu den materiellen Rügen der Beschwerdeführerin geäussert und zu erkennen gegeben, dass er diese für unbegründet hält (zur Möglichkeit der Ergänzung der Begründung der kantonalen Instanzen in der Vernehmlassung vgl. BGE 107 Ia 1 E. 1 S. 2 ff.; Entscheid i.S. Gemeinde Oberwil vom 10. Dezember 1987, ZBl 90/1989 363 ff. E. 4d). Steht somit schon heute fest, dass der Regierungsrat die Beschwerde nach Aufhebung des Nichteintretensentscheids als unbegründet abweisen würde, wäre es aus Gründen der Prozessökonomie auch im vorliegenden Fall BGE 121 I 1 S. 12 sinnvoll, in der Sache selbst zu entscheiden. Die materiellen Rügen der Beschwerdeführerin betreffen die Verletzung ihres Stimmrechts und sind vom Bundesgericht im Verfahren nach Art. 85 lit. a OG mit voller Kognition zu prüfen; es besteht somit keinerlei Ermessens- oder Beurteilungsspielraum des Kantons, den das Bundesgericht respektieren müsste und der es an einem Sachentscheid hindern könnte. Zudem erfordert die im vorliegenden Fall einzig verbleibende Rüge der Gestaltung des Stimmzettels keine weiteren Sachverhaltsfeststellungen: Die Beschwerdeführerin beanstandet (mit rechtsgenügender Begründung) ausschliesslich den amtlichen Stimmzettel als solchen, nicht hingegen die Abstimmungskampagne des befürwortenden Komitees. Hierüber kann schon heute aufgrund der Aktenlage, ohne weitere Abklärungen, entschieden werden. Dadurch geht der Beschwerdeführerin zwar eine Beschwerdeinstanz verloren; auf diese zusätzliche Instanz hat sie jedoch selbst durch ihren Beschwerdeantrag verzichtet. b) Die Beschwerdeführerin rügt, auf den offiziellen Stimmzetteln sei das Wort "Herzchirurgie", anders als noch in dem in der Abstimmungsbotschaft abgedruckten Muster, mit Fettdruck hervorgehoben worden. Diese Hervorhebung sei geeignet gewesen, einen Irrtum über den Charakter der Abstimmungsfrage hervorzurufen. aa) Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Stimm- und Wahlrecht räumt dem Bürger allgemein den Anspruch darauf ein, dass kein Abstimmungs- oder Wahlergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Der Wille der Stimmbürger kann namentlich durch eine unrichtige Fragestellung auf dem Stimmzettel verfälscht werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung trifft die Behörden daher bei der Formulierung der Abstimmungsfrage eine erhöhte Sorgfaltspflicht, welche die vom Bundesgericht im Zusammenhang mit amtlichen Erläuterungen aufgestellten Anforderungen übersteigt. Die Frage muss klar und objektiv abgefasst werden, darf weder irreführend sein noch suggestiv wirken und muss allfälligen besonderen Vorschriften des kantonalen Rechts genügen ( BGE 106 Ia 20 E. 1 S. 22 f.). Stellt das Bundesgericht einen Mangel fest, so hebt es die Abstimmung auf, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten erheblich sind und das Ergebnis beeinflusst haben könnten ( BGE 119 Ia 271 E. 3b S. 273 f. mit Hinweisen). BGE 121 I 1 S. 13 bb) Die Fragestellung auf dem Stimmzettel für die kantonale Volksabstimmung vom 25. September 1994 lautete: "Wollen Sie dem vom Grossen Rat am 12. März 1994 bewilligten Kredit (675'000 Franken Investitionskosten, 2,8 Millionen Franken jährliche Betriebskosten auf die Dauer von 6 Jahren) für die Einführung der delegierten Herzchirurgie am Kantonsspital Luzern zustimmen?" [Im Original ist das Wort Herzchirurgie durch Fettdruck, nicht durch Kursivschrift hervorgehoben.] Sicher wäre es vorteilhaft gewesen, wenn nicht nur das Wort "Herzchirurgie", sondern auch der Zusatz "delegierten" durch Fettdruck hervorgehoben worden wäre, war doch die Notwendigkeit, die herzchirurgische Versorgung im Kanton Luzern zu verbessern, als solche anerkannt, und nur der hierfür einzuschlagende Weg (delegierte Herzchirurgie oder vollständige Herzchirurgie am Kantonsspital bzw. an einer Luzerner Privatklinik) streitig. Bei genauer Lektüre der Fragestellung war jedoch klar, dass der Kredit einen Entscheid zugunsten der delegierten Herzchirurgie traf und nur dies zur Abstimmung stand. Im Entscheid BGE 99 Ia 216 E. 2b S. 221 ging das Bundesgericht davon aus, bei komplexen Fragestellungen werde vom Stimmberechtigten erwartet, dass er nicht nur den Stimmzettel lese, sondern auch die ihm zugestellten Unterlagen, da die Abstimmungsfrage in den meisten Fällen keine genügende, mögliche Irrtümer ausschliessende Information darstelle. Im vorliegenden Fall war für den Stimmbürger allein schon aufgrund sorgfältiger Lektüre der Abstimmungsfrage klar, dass der Kredit für die Einführung der delegierten Herzchirurgie bewilligt worden war; konnte er sich hierunter nichts vorstellen, war ihm zuzumuten, sich anhand der Abstimmungsbotschaft genauer über die Tragweite der Vorlage zu informieren. Damit war die von der Beschwerdeführerin beanstandete Hervorhebung nicht geeignet, die unverfälschte Willensbildung und -bekundung der Stimmbürger zu beeinflussen. Zwar mag in der Abweichung zwischen dem Stimmzettel und dem in der Abstimmungserläuterung abgedruckten Muster ein Verstoss gegen § 37 Abs. 1 lit. b StRG a.F. liegen; dieser Verstoss war jedoch nach dem Gesagten nicht geeignet, das Abstimmungsergebnis in rechtlich relevanter Weise zu beeinflussen.
public_law
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e402ff3b-b443-4bfe-8a09-0a0c72611669
Urteilskopf 110 Ia 106 23. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Juli 1984 i.S. K. gegen F., S., M. und Appellationshof des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Schiedsabrede beim Erwerb von Stockwerkeigentum; Art. 58 Abs. 1 BV . Überprüfungsbefugnis zu Art. 58 Abs. 1 BV und zum Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 1) Eine Schiedsklausel in der Verwaltungsordnung einer Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft ist für den Rechtsnachfolger eines Stockwerkeigentümers nur verbindlich, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, von denen das kantonale Prozessrecht ihre Gültigkeit abhängig macht; Verhältnis von Art. 649a ZGB zu Art. 6 Abs. 2 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 106 BGE 110 Ia 106 S. 106 Durch beurkundeten Vertrag vom 21. Mai 1981 erwarb Frau K. das Stockwerkeigentum an einer Wohnung. Unter den Anmerkungen wurde auf das Reglement der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft hingewiesen. § 54 des Reglements sieht für die Entscheidung BGE 110 Ia 106 S. 107 von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten, die zwischen Stockwerkeigentümern aus der Gemeinschaftsordnung entstehen können, ein Schiedsgericht vor. Am 2. März 1983 erhob Frau K. beim Gerichtspräsidenten von Seftigen gegen die Stockwerkeigentümer F., S. und M. Klage hinsichtlich der Benützung des Ziergartens vor ihren Wohnungsfenstern. Die beklagten Stockwerkeigentümer bestritten unter Berufung auf die Schiedsklausel die Zuständigkeit des ordentlichen Richters. Der Gerichtspräsident trat am 6. September 1983 auf die Klage gegen alle Stockwerkeigentümer ausser gegen M. mangels Zuständigkeit nicht ein. Der Appellationshof des Kantons Bern verwarf am 13. Dezember 1983 die Appellation von Frau K. und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid. Frau K. hat staatsrechtliche Beschwerde erhoben und beantragt, den Entscheid des Appellationshofs wegen Verletzung von Art. 4 und 58 BV sowie Art. 75 der Staatsverfassung des Kantons Bern aufzuheben. Die Beschwerdegegner haben auf eine Vernehmlassung verzichtet, jedoch auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Erwägungen in den kantonalen Entscheidungen verwiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin behauptet eine Verletzung von Art. 6 des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit. Danach bedarf die Schiedsabrede der Schriftform (Abs. 1), doch kann sie sich auch aus der schriftlichen Erklärung des Beitritts zu einer juristischen Person ergeben, sofern diese Erklärung ausdrücklich auf die in den Statuten oder in einem sich darauf stützenden Reglement enthaltene Schiedsklausel Bezug nimmt. Gerügt wird eine Missachtung der Garantie des verfassungsmässigen Richters im Sinne von Art. 58 BV beziehungsweise Art. 75 KV/BE sowie ein Verstoss gegen Art. 4 BV . Das Bundesgericht prüft frei, ob Art. 58 Abs. 1 BV verletzt ist. Soll der Verstoss gegen die Garantie des verfassungsmässigen Richters lediglich in der unrichtigen Anwendung kantonaler Vorschriften über die Organisation und Besetzung des Gerichts hiezu liegen, so prüft das Bundesgericht die Handhabung des kantonalen Rechts nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür ( BGE 105 Ia 174 E. 2b mit Verweisung). Anders wiederum, wenn - wie hier - im Zusammenhang mit Art. 58 Abs. 1 BV BGE 110 Ia 106 S. 108 eine Verletzung des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit geltend gemacht wird: Darüber steht dem Bundesgericht freie Überprüfungsbefugnis zu ( BGE 107 Ia 158 E. 2a mit Hinweisen). 2. Der Appellationshof leitet die Bindung der Beschwerdeführerin an die Schiedsklausel des Reglements der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft aus Art. 649a ZGB ab. Diese Bestimmung gehe als lex specialis dem Art. 6 des Konkordats vor, wobei es sich gleich verhalte wie bei einer statutarischen Schiedsabrede. Der Erwerber von Stockwerkeigentum müsse sich bewusst sein, dass er in eine Gemeinschaft eintrete und damit Rechte und Pflichten übernehme; er habe sich darüber zu erkundigen und könne sich nicht auf Unkenntnis berufen. Die Beschwerdeführerin verhalte sich zudem missbräuchlich, wenn sie selbst sich im Prozess auf das Reglement berufe, das darin vorgesehene Schiedsgericht aber ablehne. 3. Die Beschwerdeführerin geht zutreffend davon aus, dass sie keine schriftliche Schiedsabrede gemäss Art. 6 Abs. 1 des Konkordats unterzeichnet hat. Zu Recht nimmt auch der Appellationshof nicht an, dass die Unterzeichnung des Kaufvertrages mit dem Hinweis auf das Reglement der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft diesen Anforderungen genüge, denn es fehlt eine Unterschrift seitens der Gemeinschaft oder der beklagten Stockwerkeigentümer (dazu RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, S. 52). 4. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 6 Abs. 2 des Konkordats, weil der Kaufvertrag zwar auf das Reglement, nicht aber auf die Schiedsklausel hinweist. Sie macht geltend, die Gültigkeit einer Schiedsklausel beurteile sich nach kantonalem Recht; Art. 649a ZGB finde als materiellrechtliche Norm darauf keine Anwendung und könne daher nicht lex specialis zu Art. 6 Abs. 2 des Konkordats sein. a) Es trifft zu, dass der Schiedsvertrag als Prozessvertrag vom kantonalen Prozessrecht beherrscht wird ( BGE 103 II 76 E. 1 mit Hinweis; RÜEDE/HADENFELDT, S. 53). Das schliesst indes nicht aus, dass der Bundesgesetzgeber mit Art. 649a ZGB ins kantonale Verfahrensrecht eingreift, wie dies der Appellationshof annimmt. Weil die Norm indes dem materiellen Zivilrecht angehört, ist ein solcher Eingriff immerhin nicht zu vermuten. b) Die Bedeutung von Art. 649a ZGB ist eindeutig und an sich unbestritten. Mit dem Erwerb von Stockwerkeigentum werden BGE 110 Ia 106 S. 109 von Gesetzes wegen, auch ohne Anmerkung in Kaufvertrag und Grundbuch, die bestehende Nutzungs- und Verwaltungsordnung sowie früher gefasste Beschlüsse und ergangene richterliche Anordnungen für den Erwerber verbindlich. Das gilt in erster Linie für das Reglement der Gemeinschaft, und zwar unabhängig davon, ob der Erwerber dessen Existenz und Inhalt kennt. Der Appellationshof übersieht jedoch, dass dies keineswegs voraussetzungslos für den gesamten Inhalt des Reglements zutreffen muss. Soweit sich einzelne Bestimmungen als unverbindlich erweisen, handelt die Beschwerdeführerin keineswegs widersprüchlich und missbräuchlich, wenn sie sich im übrigen auf das unstreitig gültige Reglement stützt. c) Die Bestimmung des Art. 649a ZGB gilt nur im Bereich der Nutzungs- und Verwaltungsordnung und nicht im gesamten Bereich der Beziehungen unter den Miteigentümern (MEIER-HAYOZ, N. 18 zu Art. 649a ZGB ). Nach dem angefochtenen Urteil erfüllt das Schiedsgericht in einem weiteren Sinn eine Verwaltungsfunktion. Der Appellationshof kann sich dafür auf FRIEDRICH (Das Stockwerkeigentum, N. 4 zu § 58) stützen. Ob seine Ansicht richtig ist, erscheint fraglich, braucht indes nicht entschieden zu werden. d) Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer besitzt beschränkte Rechts- und Handlungsfähigkeit ( Art. 712l ZGB ). Im Hinblick auf neu eintretende Mitglieder wurde jedoch die Regelung von Art. 649a ZGB stark an die Verhältnisse bei juristischen Personen angenähert (Botschaft vom 7. Dezember 1962, in BBl 1962 II S. 1495 f.; FRIEDRICH, in ZGBR 45/1964 S. 350); die Lösung entspricht dem, was für juristische Personen gilt (LIVER, in Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1 S. 70; MEIER-HAYOZ, N. 12 zu Art. 649a ZGB ). Daraus folgt, dass der Bundesgesetzgeber die Rechtsnachfolge in der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft keineswegs weitergehend als bei eigentlichen juristischen Personen erleichtern wollte. e) Art. 6 Abs. 2 des Konkordats verlangt für die Gültigkeit einer statutarischen Schiedsabrede nebst der schriftlichen Beitrittserklärung eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Schiedsabrede. Die Zweckmässigkeit einer solchen Vorschrift ist umstritten (vgl. STRÄULI/MESSMER/WIGET, Kommentar zur Zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl., N. 18 zu § 238; ferner HINDERLING, Probleme der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, in Ausgewählte Schriften, S. 322). Die Erschwerung ist indes zum Schutz vor übereilter Bindung bewusst in Kauf genommen worden und BGE 110 Ia 106 S. 110 entspricht offensichtlich dem Willen des Konkordats (PANCHAUD, Concordat suisse sur l'arbitrage, S. 40; LANZ, Das Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit vom 27. März 1969, Diss. Zürich 1971, S. 21; JOLIDON, Commentaire du Concordat suisse sur l'arbitrage, S. 173). Der eigentlichen Schriftlichkeit (Art. 6 Abs. 1 des Konkordats) gegenüber enthält Absatz 2 immer noch eine Erleichterung. f) Bundesrecht schreibt den Kantonen nicht vor, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Schiedsklauseln in den Statuten von Körperschaften für nachträglich eintretende Mitglieder gelten lassen müssen. Die Ordnung, wie sie in Art. 6 Abs. 2 des Konkordats für juristische Personen getroffen ist, erweckt denn auch bundesrechtlich keine Bedenken. Mit Art. 649a ZGB wollte der Gesetzgeber sich wie erwähnt der Ordnung juristischer Personen annähern, keineswegs aber so weit in kantonales Prozessrecht eingreifen, dass bei der Rechtsnachfolge in Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften Art. 6 Abs. 2 des Konkordats unanwendbar sein soll. Freilich erklärt FRIEDRICH (Das Stockwerkeigentum, N. 4 zu § 58), auf den der Appellationshof sich beruft, der Grundsatz von Art. 649a ZGB gelte auch für eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Schiedsabrede, selbst wenn der Einzelrechtsnachfolger sich ihr nicht ausdrücklich unterzogen habe. Der Verfasser behält jedoch seinerseits zutreffend hinsichtlich der Verbindlichkeit solcher Abreden die einschlägigen kantonalen Prozessnormen vor (N. 2). Indem der Appellationshof die Beschwerdeführerin an das Schiedsgericht verwiesen hat, obwohl die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 des Konkordats nicht gegeben sind, hat er ihren Anspruch auf den verfassungsmässigen Richter verletzt. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen.
public_law
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
e40d9253-a43b-487b-8aee-5bd82a5ca6f0
Urteilskopf 103 Ib 101 19. Urteil vom 3. Juni 1977 i.S. Eidg. Polizeiabteilung gegen Klingenfuss
Regeste Entzug des Führerausweises wegen Führerflucht ( Art. 16 Abs. 3 lit. c SVG ). 1. Bedeutung eines Strafurteils für den Entzug des Führerausweises. Unterscheidung zwischen Feststellung der Tatsachen und rechtlicher Würdigung des Sachverhalts. Zurückhaltung der Verwaltungsbehörde hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen durch die Strafbehörde (E. 2). 2. Begriff der Führerflucht (E. 3). 3. Verschulden als Voraussetzung für den Warnungsentzug (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 102 BGE 103 Ib 101 S. 102 Am 5. April 1976 lenkte Alex Klingenfuss seinen Personenwagen auf der vierspurigen Bachstrasse in Schaffhausen abwärts in Richtung Rheinuferstrasse. Er fuhr auf der äussersten rechten Fahrspur. Weiter vorne stand das Lichtsignal auf Rot, vor welchem ein Personenwagen hielt. Diesem Fahrzeug näherte sich Klingenfuss auf der sonst freien Fahrspur mit mässiger Geschwindigkeit. Auf der Spur links neben ihm hielt bereits eine längere Autokolonne. Unvermittelt sprang in diesem Augenblick der 6jährige Knabe Andreas Hedinger von der andern Seite der Strasse zwischen den wartenden Fahrzeugen der Kolonne hindurch und rannte direkt in das von Klingenfuss gesteuerte Auto, an dessen vordere linke Seite er prallte. Der Knabe fiel hin. Klingenfuss bremste; er sah, dass das Kind neben dem linken Hinterrad auf der Strasse kauerte. Er lenkte sein Fahrzeug auf ein nahes Parkfeld und trat zur Unfallstelle. Silvia Lang, ein 17jähriges Mädchen, das den Knaben mit einem weiteren Mädchen begleitete, hatte inzwischen das laut schreiende Kind aufs Trottoir geführt. Klingenfuss erkundigte sich bei ihr nach dem Befinden des Verunfallten. Silvia Lang zog dem Kind am rechten Fuss Schuh und Socken aus und betrachtete das Bein. Sie erklärte, sie könne nur Schürfungen feststellen, sei aber natürlich nicht Arzt. Nach der Darstellung von Klingenfuss fügte sie dabei hinzu, sie komme mit dem Knaben schon zurecht. Klingenfuss bemerkte eine Schwellung im Bereich des rechten Knöchels. Er fühlte sich am Unfall unschuldig. Er fuhr weg, ohne die Polizei zu benachrichtigen oder den Begleiterinnen des Kindes seine Adresse zu hinterlassen. Unmittelbar nachdem er sich entfernt hatte, trat die Hauswartin des nahen Zivilstandsamtes hinzu, die das Schreien des Knaben im Haus drinnen gehört hatte. Sie sah sich das rechte Bein des Kindes ebenfalls an und stellte fest, dass es gebrochen war. Der anschliessende ärztliche Befund ergab, dass der Knabe durch den Unfall eine Unterschenkelfraktur erlitten hatte. Zur Ermittlung des Automobilisten erschien in den Lokalzeitungen ein Zeugenaufruf. Aufgrund von Hinweisen konnte in Erfahrung gebracht werden, BGE 103 Ib 101 S. 103 dass der Unfallwagen von einem Angestellten des Architekturbüros, in dem Klingenfuss arbeitete, gelenkt wurde. Die Stadtpolizei rief dort an, und Klingenfuss, der den Zeugenaufruf noch nicht gelesen hatte, meldete sich als Unfallbeteiligter. Aufgrund dieses Sachverhalts verurteilte das Verhöramt des Kantons Schaffhausen Klingenfuss am 1. Juni 1976 wegen pflichtwidrigem Verhalten bei Unfall in Anwendung von Art. 92 Abs. 2 SVG zu 21 Tagen Gefängnis bedingt auf 2 Jahre. Es hielt dafür, Klingenfuss habe im Sinne dieser Bestimmung eine eigentliche Führerflucht begangen. Hingegen wurde das Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung mangels einer vorwerfbaren Fahrlässigkeit eingestellt. Klingenfuss hat das Strafurteil vom 1. Juni 1976 nicht angefochten. Gestützt auf den Rapport der Stadtpolizei Schaffhausen vom 13. April 1976 und den rechtskräftigen Strafentscheid des kantonalen Verhöramtes vom 1. Juni 1976 verfügte das Übertretungsstrafamt der Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen am 8. Juli 1976 in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 lit. c SVG , Klingenfuss sei der Führerausweis für die Dauer von drei Monaten zu entziehen. Gegen diese Verfügung rekurrierte Klingenfuss erfolgreich beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen. Dieser hob mit Beschluss vom 12. Oktober 1976 die Verfügung der Polizeidirektion vom 8. Juli 1976 auf, im wesentlichen mit der Begründung, der Tatbestand der Führerflucht sei in subjektiver Hinsicht nicht erfüllt. Hiegegen führt die Eidg. Polizeiabteilung Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen vom 12. Oktober 1976 sei aufzuheben, und Klingenfuss sei der Führerausweis für drei Monate, eventuell für eine gerichtlich zu bestimmende Dauer zu entziehen. Sie ist der Meinung, das Verschulden von Klingenfuss sei entgegen der Ansicht des Regierungsrates gegeben. Sie wirft dem Regierungsrat vor, er habe in dieser Hinsicht den Sachverhalt rechtlich nicht richtig gewürdigt. Klingenfuss ersucht in der Vernehmlassung, von einem Entzug des Führerausweises abzusehen und schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde. Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen beantragt die Abweisung der Beschwerde, eventuell den Entzug des Ausweises für eine kürzere Dauer. BGE 103 Ib 101 S. 104 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 16 Abs. 3 lit. c SVG muss der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer "nach Verletzung oder Tötung eines Menschen die Flucht ergriffen hat". Der Begriff der Führerflucht ist hier gleich umschrieben wie im Straftatbestand des Art. 92 Abs. 2 SVG , welcher lautet: "Ergreift ein Fahrzeugführer, der bei einem Verkehrsunfall einen Menschen getötet oder verletzt hat, die Flucht, so wird er mit Gefängnis bestraft." Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen geht von der Übereinstimmung der Strafnorm und der Entzugsnorm aus, ist aber der Meinung, dass im vorliegenden Fall dem Fahrzeugführer kein Schuldvorwurf gemacht werden kann, der eine administrative Sanktion zu rechtfertigen vermag. Hinsichtlich der Schuldfrage sei die Verwaltungsbehörde in der Würdigung des Sachverhalts von derjenigen des Strafrichters unabhängig. Die Eidg. Polizeiabteilung vertritt demgegenüber die Auffassung, die Verwaltungsbehörden seien zwar grundsätzlich in der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts von der Beurteilung durch den Strafrichter unabhängig. Sie sollten aber nicht nur hinsichtlich der Feststellung der Tatsachen, sondern auch hinsichtlich der Frage, ob grundsätzlich ein Verschulden vorliege oder nicht, im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtseinheit nicht ohne Not vom Entscheid der Strafbehörde abweichen, insbesondere wenn diese den Fall nach der Durchführung eines eingehenden und nicht zu beanstandenden Beweisverfahrens beurteilt habe. 2. a) In BGE 96 I 766 ff. wurde einlässlich dargelegt, dass der Entzug des Führerausweises vom Gesetz als administrative Massnahme präventiven und erzieherischen Charakters ausgestaltet worden ist. Er ist insbesondere nicht eine Nebenstrafe. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Entzug, wenn er im Anschluss an ein Verkehrsdelikt verfügt wird, vom Betroffenen zumeist als Strafe empfunden wird ( BGE 96 I 772 E. 3). Die Verwaltungsbehörde wäre beim Entscheid über den Entzug des Ausweises nur dann an das Strafurteil gebunden, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsähe BGE 103 Ib 101 S. 105 oder wenn sie den Führerausweis nach dem Gesetz nur in Fällen entziehen dürfte, in denen ein Strafurteil ergangen ist ( BGE 96 I 773 E. 4). Dies ist indessen nach der geltenden Regelung, wie im erwähnten Urteil klar herausgearbeitet worden ist, nicht der Fall. Aus der Tatsache, dass der Entzug des Führerausweises eine administrative Massnahme ist, folgt daher nach dem Grundsatz der Gewaltentrennung, dass die Verwaltungsbehörden über den Entzug des Ausweises unabhängig von den tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Strafrichters entscheiden, der über das dem Fahrzeugführer vorgeworfene Verkehrsdelikt zu urteilen hat ( BGE 96 I 773 E. 4). b) Allerdings hat das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bereits in seiner früheren Rechtsprechung als letzte Rekursinstanz den Standpunkt eingenommen, die Verwaltungsbehörde solle im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtseinheit "nicht ohne Not" von den Feststellungen im Strafurteil abweichen (vgl. BGE 96 I 774 E. 4 und 5; BGE 101 Ib 274 E. 1b). Diese Formel, die auch im vorliegenden Fall von der Beschwerdeführerin angerufen wird, bedarf indessen der Differenzierung. Insbesondere ist dabei zwischen den tatsächlichen Feststellungen und der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts durch die Strafbehörde zu unterscheiden. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen ist vom Grundsatz auszugehen, dass die Verwaltungsbehörde verpflichtet ist, ihrem Entscheid sämtliche feststehenden Tatsachen zugrundezulegen ( BGE 96 I 775 E. 5a). In diesem Rahmen hat sie, wenn ein Strafurteil vorliegt, auch auf die im Strafverfahren festgehaltenen tatsächlichen Feststellungen, soweit diese für den Entzug des Führerausweises erheblich sind, Bezug zu nehmen, ohne dass sie dadurch bereits an diese Feststellungen gebunden wäre. Erfolgte indessen die Bestrafung durch ein Urteil, das in einem ordentlichen Strafverfahren mit einer öffentlichen Gerichtsverhandlung unter Anhörung der Parteien und Einvernahme der Zeugen ergangen ist, so erscheint angesichts der unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Sachnähe des Strafrichters sowie der strafprozessualen Garantien, auf denen das Strafurteil in dieser Hinsicht beruht, eine Zurückhaltung der Verwaltungsbehörde grundsätzlich als gerechtfertigt. Die Verwaltungsbehörde wird daher in diesem Fall in aller Regel auf die Feststellung der Tatsachen im Strafurteil BGE 103 Ib 101 S. 106 abstellen können, es sei denn, es bestünden klare Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Tatsachenfeststellung. In diesem Fall hat sie nötigenfalls selbständige Beweiserhebungen durchzuführen. Eine entsprechende Zurückhaltung rechtfertigt sich auch gegenüber einem Strafurteil, das zwar bloss im Strafbefehlsverfahren ergangen ist, für das indessen die Strafbehörde eine eigene Untersuchung durchgeführt und insbesondere die Parteien und Zeugen selber einvernommen hat. Hingegen rechtfertigt sie sich nicht im selben Ausmass gegenüber einem Strafmandat, bei dem die Strafbehörde lediglich auf den Polizeirapport abstellte. Soweit aber der Polizeirapport auf Wahrnehmungen der Polizeibeamten an Ort und Stelle beruht und sich auf unmittelbar nach dem für die Bestrafung bzw. den Entzug des Führerausweises massgeblichen Vorfall protokollierte Aussagen von Beteiligten und Augenzeugen stützt, hat dies die Verwaltungsbehörde auch in diesem Fall entsprechend zu berücksichtigen. c) Ob sich eine entsprechende Zurückhaltung der Verwaltungsbehörde auch hinsichtlich der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts durch den Strafrichter rechtfertigt, hat das Bundesgericht im erwähnten BGE 96 I 766 ff. ausdrücklich offengelassen (775 E. 5c). Inzwischen hat es dies indessen verneint und den Grundsatz festgehalten, die Verwaltungsbehörde sei in reinen Rechtsfragen nicht an die Beurteilung durch den Strafrichter gebunden, da sonst die Verwaltung in ihrer freien Rechtsanwendung beschränkt würde (nicht veröffentlichtes Urteil Grosjean vom 9. April 1976 E. 4; BGE 102 Ib 196 E. 3c). Dieser Grundsatz ist zu bekräftigen. Er gilt auch in einem Fall wie dem vorliegenden, wo die Voraussetzungen für den Entzug des Ausweises gleich umschrieben sind wie für die Verhängung der Strafe. Die Unabhängigkeit vom Erkenntnis des Strafrichters folgt hier in gleicher Weise aus dem Grundsatz der Gewaltentrennung. Ferner ergibt sich auch aus der unterschiedlichen Zwecksetzung der beiden Sanktionen - der Strafe einerseits und des Entzugs des Führerausweises andererseits -, dass die gleichen Begriffe an sich einer unterschiedlichen Auslegung offenstehen. Aber selbst wenn die Verwaltungsbehörde dazu kommt, dass sie die Auslegung des Strafrichters zum entsprechenden Begriff des Straftatbestandes übernehmen kann, so bedeutet dies nicht, dass sie damit an die strafrechtliche Rechtsprechung zu dieser Frage im BGE 103 Ib 101 S. 107 strengen Sinn "gebunden" ist, auch wenn sich in der praktischen Anwendung daraus eine faktische Übereinstimmung der Sanktionen ergeben kann. 3. Der Entzug des Führerausweises in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 lit. c SVG setzt eine "Flucht" des Fahrzeugführers voraus. Analog wie im Straftatbestand des Art 92 Abs. 2 SVG ist mit diesem Ausdruck nichts anderes gemeint, als dass sich der Fahrzeugführer vom Unfallplatz entfernt bzw. seine Verfügbarkeit am Unfallplatz vereitelt, ohne seiner gesetzlichen Pflicht, für Hilfe zu sorgen und bei der Feststellung des Tatbestandes mitzuwirken ( Art. 51 SVG , Art. 55 Abs. 1 und 2 VRV ), nachgekommen zu sein (vgl. BGE 101 IV 334 E. 4b; SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr vom 19. Dezember 1958, Bern 1964, 221 f., 219). Im vorliegenden Fall geht es unbestrittenermassen um einen Warnungsentzug. Nach dem Zweck dieser Massnahme, den Fahrzeugführer zu ermahnen und ihn davon abzuhalten, die in Frage stehende grundlegende Verhaltenspflicht bei einem Unfall inskünftig zu verletzen (vgl. BGE 102 Ib 61 ), kommt es nicht darauf an, ob sich der Fahrzeugführer in einer ungestümen Fortbewegung im engen Sinn des Wortes "Flucht" oder auf andere Weise seiner notwendigen Verfügbarkeit am Unfallort entzieht. Diese soll in Verbindung mit den erwähnten Pflichten in erster Linie eine gesundheitliche Gefährdung des Opfers verhüten, in zweiter Linie die raschest mögliche Abklärung des Unfallhergangs und die Sicherung der allfälligen finanziellen Ansprüche des Opfers gewährleisten ( BGE 101 IV 334 E. 4b; SCHULTZ a.a.O.). 4. Es fragt sich, ob gegenüber Klingenfuss der Vorwurf der Führerflucht erhoben werden kann. Das Gesetz nennt das Verschulden des Fahrzeugführers nicht ausdrücklich als Voraussetzung für den Entzug des Ausweises. Aus dem Wesen des hier in Frage stehenden Warnungsentzuges folgt indessen notwendigerweise, dass diese administrative Sanktion nur bei verschuldeter Verletzung der mit dem Tatbestand des Art. 16 Abs. 3 lit. c SVG erfassten Verhaltenspflicht bei einem Unfall verhängt werden darf. Kann dem Fahrzeugführer für die objektive Verletzung dieser Verhaltenspflicht kein Vorwurf gemacht werden, so besteht auch kein Grund, ihn für sein Verhalten zu ermahnen und ihn aufzurufen, sich hinsichtlich seines Verhaltens im Verkehr zu bessern (vgl. auch den Entscheid BGE 103 Ib 101 S. 108 des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes vom 21. Juli 1967, VPB 33 Nr. 119). Die Vorinstanz hat das Verschulden von Klingenfuss verneint; zwar hätte er seinen Namen und seine Adresse angeben müssen ( Art. 55 Abs. 2 VRV ), aber die von ihm festgestellte geringfügige Verletzung des Kindes sei nicht geeignet gewesen, die weitergehende Pflicht gemäss Art. 55 Abs. 1 VRV entstehen zu lassen, wonach er auf der Unfallstelle hätte verharren müssen. Es könne ihm kein Vorwurf gemacht werden, der eine administrative Sanktion rechtfertige. Immerhin sei er aus seinem Fahrzeug ausgestiegen und habe sich um das Kind gekümmert. Er sei erst weitergefahren, nachdem eine der Begleiterinnen, die er für die Mutter hielt, erklärt habe, sie komme schon weiter. Eine solche Versicherung könne auch einen gewissenhaften Menschen in die Irreführen. Dieser Ansicht kann indessen nicht beigepflichtet werden. Der Regierungsrat stützt seine Würdigung des tatsächlichen Verhaltens des Fahrzeugführers nicht auf neue Tatsachen. Er geht in seinem Entscheid von den tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren aus. Insbesondere wird in keiner Weise etwas angeführt, das die Zeugenaussage von Silvia Lang vor dem Verhörrichter ergänzen oder entkräften würde, und es bestehen hierfür auch sonst keine Anhaltspunkte. Angesichts der vom Verhörrichter vorgenommenen Partei- und Zeugeneinvernahmen, deren Ergebnis sich im wesentlichen mit demjenigen der polizeilichen Einvernahmen unmittelbar nach dem Unfall deckten, bestand für den Regierungsrat im übrigen auch kein Anlass für ein ergänzendes Beweisverfahren (vgl. vorne E. 2b). Bei dieser Sachlage erweist sich die Begründung des Regierungsrats nicht als stichhaltig. Klingenfuss muss vorgeworfen werden, dass er sich allzu rasch vom Unfallplatz entfernt hat. Er fuhr weg, ohne hinreichend dafür gesorgt zu haben, dass dem verletzten Knaben Hilfe zuteil wurde. Es trifft ihn unter den geschilderten Umständen entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht nur der Vorwurf, er habe vergessen, Namen und Adresse anzugeben. Es ist ihm darüber hinaus vorzuwerfen, dass er nicht hinreichend abgeklärt hat, ob in der Tat nur eine Schürfung oder geringfügige Prellung vorlag, wie er meinte. Die Umstände des Unfalls lagen nicht so, dass er dies ohne weiteres und in guten Treuen annehmen durfte. Er hätte sich zum mindesten vergewissern müssen, ob der BGE 103 Ib 101 S. 109 Knabe überhaupt noch ohne Schmerzen auf dem rechten Bein stehen konnte. Sein Einwand, er habe auf die erwähnte Versicherung der Begleiterin des Knaben vertraut, schlägt nicht durch. Bereits seine eigenen Darlegungen zum raschen Ablauf des Geschehens, aber vor allem die Zeugenaussage von Silvia Lang vor dem Verhörrichter zeigen, dass von einer eigentlichen Versicherung und Beteuerung, der Knabe könne bestimmt nicht verletzt sein, keineswegs die Rede sein kann. Im übrigen lässt sich auch die Meinung, Silvia Lang sei die Mutter des Knaben, angesichts des jugendlichen Alters des Mädchens und des immerhin 6jährigen Knaben schwerlich auf einen begründeten Irrtum des Beschwerdeführers zurückführen; sie bestätigt vielmehr, dass sich Klingenfuss mit einem allzu flüchtigen Nachsehen am Unfallplatz und beim verletzten Knaben begnügt hat. Nach den Umständen des Unfalls und insbesondere dem starken Aufprall des Knaben am Fahrzeug des Beschwerdeführers musste mit inneren Verletzungen des Verunfallten zumindest gerechnet werden ( Art. 55 Abs. 1 VRV ). Dass Klingenfuss am Unfallgeschehen unschuldig war, ist schliesslich für die in Frage stehenden Pflichten des Fahrzeugführers gegenüber dem Opfer des Unfalls nicht von Belang. Aus diesen Überlegungen erweist sich der Vorwurf als begründet, Klingenfuss habe im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit. c SVG Führerflucht begangen. Es ist ihm deshalb der Führerausweis zu entziehen. 5. Die Dauer des Entzugs ist nach den Umständen festzusetzen, hier mindestens auf einen Monat ( Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG ). Ihre Bestimmung ist Sache der kantonalen Behörde, die in dieser Beziehung über einen Spielraum des Ermessens verfügt. Der Fall ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie wird bei der Bemessung der Entzugsdauer neben dem automobilistischen Vorleben des Fahrzeugführers auch zu beachten haben, dass Klingenfuss geltend gemacht hat, er sei aus beruflichen Gründen auf den Führerausweis angewiesen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache an den Regierungsrat des Kantons Schaffhausen zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.
public_law
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e40de6f6-138b-4bd7-835a-bf18b3c0865e
Urteilskopf 84 II 202 29. Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Mai 1958 i.S. Meier gegen Elektrische Bahn Stansstad-Engelberg AG
Regeste Eisenbahnhaftpflicht, Verjährung. Die Ansprüche gegen die Bahnunternehmung aus Bahnunfällen verjähren nach der hierfür ausschliesslich massgebenden Vorschrift von Art. 14 Abs. 1 EHG in zwei Jahren vom Tage des Unfalls an, selbst wenn sie mit Unfallfolgen begründet werden, von denen der Verunfallte erst nach Ablauf dieser Frist Kenntnis erhalten hat. Unterbrechung der Verjährung durch Betreibung oder Ladung zu einem amtlichen Sühnversuch ( Art. 14 Abs. 2 EHG , Art. 135 Ziff. 2 OR ).
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 84 II 202 S. 202 A.- Am 15. August 1949 stiess das von Eugen Meier geführte Personenauto auf einem unbewachten Bahnübergang in Stansstad mit einem Motorwagen der StansstadEngelberg-Bahn zusammen. Die Ehefrau und der dreijährige Sohn Meiers fanden dabei den Tod. Meier selber und seine sechsjährige Tochter Myrtha erlitten zahlreiche Verletzungen. Mit Urteil vom 31. Januar 1951 verurteilte das Kantonsgericht Nidwalden den Führer des Motorwagens wegen BGE 84 II 202 S. 203 fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs zu einer Geldbusse von Fr. 50.-, sprach Meier, der wegen der gleichen Delikte angeklagt war, mangels eines strafrechtlichen Verschuldens frei und erkannte: "Die zivilrechtlichen Ansprüche der Geschädigten werden gerichtlich gewahrt." B.- Eugen Meier und die durch ihn vertretene Tochter Myrtha liessen die Bahngesellschaft auf den 13. August 1951 vor den Friedensrichter von Luzern (Sitz der Bahngesellschaft) laden, wo sie das Rechtsbegehren stellten, die Bahngesellschaft habe an Eugen Meier Fr. 100'000.-- und an Myrtha Meier Fr. 5000.-- zu bezahlen (je nebst Zins zu 5% seit 15. August 1949). Die Beklagte erschien nicht. C.- Nach einem weitern erfolglosen Sühnversuch vom 23. Dezember 1952 reichten Eugen und Myrtha Meier am 19. Januar 1953 beim Amtsgericht Luzern-Stadt Klage gegen die Bahngesellschaft ein mit den Begehren, die Beklagte habe an Eugen Meier Fr. 96'844.13 und an seine Tochter Fr. 10'000.-- (je nebst Zins) zu bezahlen und die Kläger seien als berechtigt zu erklären, auf Abänderung des Urteils zu klagen. Die Forderung Meiers setzte sich aus den Posten Bestattungskosten, Versorgerschaden, Heilungskosten, Verdienstausfall bis Ende 1953 (Fr. 49'555.--), Entschädigung für Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens wegen Entstellung im Gesicht und Schmerzanfälligkeit (Fr. 15'000.--), Sachschaden und Genugtuung zusammen. Das Begehren um Aufnahme eines Nachklagevorbehalts in das Urteil begründete er damit, dass die wirtschaftlichen Folgen der Körperverletzung für die Jahre 1953 und folgende noch nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar seien: "Sollte für das Jahr 1953 die erwartete Besserung und für die Jahre 1954 ff. eine vollständige Besserung nicht eintreten, so müsste man sich vorbehalten, weitere Forderungen geltend zu machen." Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage wegen ausschliesslicher Schuld Eugen Meiers, eventuell Herabsetzung der Klageforderung, BGE 84 II 202 S. 204 und machte als "konnexen Gegenanspruch" eine Schadenersatzforderung von Fr. 2268.-- gegen Eugen Meier geltend. Einen Nachklagevorbehalt bezeichnete sie als unnötig, weil es sicher möglich sein werde, durch eine ärztliche Expertise die wirklichen Verhältnisse abzuklären. Der Sachverständige Dr. Naef kam in seinem Gutachten vom 13. Dezember 1954 zum Schluss, Eugen Meier sei vom Unfalltage bis zum 25. April 1950 voll, von da an bis Ende 1951 zu 2/3, im Jahre 1952 zu 50% und im Jahre 1953 zu 1/3 arbeitsunfähig gewesen. Eine unfallbedingte Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens sei in dem Sinne vorhanden, dass er seine frühere Tätigkeit in der Schuhfabrik Bally habe aufgeben müssen und dass seine Kopfschmerzanfälle auch heute noch seine Arbeitsfähigkeit, d.h. seine Konkurrenzfähigkeit als Vertreter, beschränkten. In Beantwortung der Frage 4, ob nach dem gegenwärtigen Zustand Meiers vom medizinischen Standpunkt aus ein Nachklagevorbehalt gerechtfertigt sei, erklärte der Sachverständige, der gegenwärtige Gesundheitszustand Meiers lasse eine spätere Verschlimmerung (erhöhte Krampfbereitschaft des Nervensystems und der Blutgefässe bei zunehmendem Alter) nicht mit Sicherheit ausschliessen. Auf die letzte Frage, ob der Fall ihm noch zu weitern Feststellungen Anlass gebe, antwortete der Sachverständige, Meier habe ein sehr ausgeprägtes Krankheitsbewusstsein, das seine Leistungsfähigkeit beeinträchtige und von dem er sich kaum befreien könne, solange seine Ansprüche unerledigt seien; da eine weitere Besserung der organischen Schädigung wenig wahrscheinlich sei, erachte er (der Sachverständige) "die Abfindung auf der Grundlage der Annahme einer Dauerinvalidität von 25% für ratsam mit dem Vorbehalt der Antwort auf Frage 4". In seinem Ergänzungsgutachten vom 17. Februar 1955 erklärte er, Meier sei während des ganzen Jahres 1950 (also nicht bloss bis 25. April) vollständig arbeitsunfähig gewesen, und hielt daran fest, dass ab 1. Januar 1954 eine Dauerinvalidität von 25% anzunehmen sei. BGE 84 II 202 S. 205 In seinem Urteil vom 9. Juli 1955 bezifferte das Amtsgericht den Eugen Meier erwachsenen Schaden auf Fr. 54'820. Davon entfallen Fr. 37'870.-- auf die Erwerbseinbusse in der Zeit vom Unfall bis Ende 1953 und Fr. 5000.-- auf die Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens (bleibende Behinderung auf dem Arbeitsmarrkt). Von diesem letzten Punkte abgesehen, berücksichtigte das Amtsgericht die vom Sachverständigen angenommene Dauerinvalidität bei der Schadensberechnung nicht, weil Meier kein entsprechendes Begehren gestellt hatte. Auf Grund der Annahme, dass vom Schaden beider Parteien aus dem Zusammenstoss 3/4 von der Bahn und 1/4 von Meier zu tragen seien, zog es von der Summe von Fr. 54'820.-- 1/4 dieses Betrages (Fr. 13'705.--) sowie 1/4 des der Bahn entstandenen Sachschadens (Fr. 567.--) ab. Als Genugtuung sprach es Meier Fr. 3000.-- zu. Demgemäss verpflichtete es die Beklagte, Meier Fr. 43'548.-- nebst Zins zu bezahlen. Seiner Tochter sprach es Fr. 2000.-- zu. Die anderslautenden und weitergehenden Begehren der Parteien wies es ab, insbesondere also das Begehren, in das Urteil sei ein Nachklagevorbehalt aufzunehmen. Hinsichtlich der Erwerbseinbusse im Jahre 1953 bezeichnete es dieses Begehren als überholt, und für die Folgezeit lehnte es einen Änderungsvorbehalt mit der Begründung ab, dass nur ein Urteil über einen geltend gemachten Anspruch abgeändert werden könne und Schadenersatz für Invalidität von 1954 an nicht verlangt werde. D.- Eugen Meier und seine Tochter appellierten gegen dieses Urteil an das Obergericht des Kantons Luzern, wobei sie u.a. das Begehren erneuerten, sie seien als berechtigt zu erklären, auf Abänderung des Urteils zu klagen. Die Bahn schloss sich der Appellation an. In der Folge beschränkten die Kläger ihre Appellation auf den Kostenpunkt. Mit Bezug auf den Hauptpunkt wurde die Appellation für Eugen Meier zurückgezogen, während seine Tochter ein Vergleichsangebot der Beklagten auf Bezahlung von Fr. 5000.-- per Saldo aller Ansprüche annahm. Am 20. März 1956 schrieb demgemäss das Obergericht die BGE 84 II 202 S. 206 Appellation der Kläger und die Anschlussappellation der Beklagten mit Bezug auf den Hauptpunkt als durch Rückzug bzw. Vergleich erledigt ab und beurteilte die "Kostenappellation". E.- Noch vor Erledigung des eben erwähnten Appellationsverfahrens hatte Eugen Meier der Beklagten am 14. Dezember 1955 einen Zahlungsbefehl für Fr. 60'000.-- nebst 5% Zins seit 1. Januar 1954 zustellen lassen, worin als Grund der Forderung angegeben war: "Dauerschaden ... aus Unfall vom 15. August 1949 ... für die Jahre 1954 ff." Im Zahlungsbefehl war bemerkt, die Betreibung diene zur Unterbrechung der Verjährung. Die Beklagte erhob Rechtsvorschlag. F.- Nach gescheitertem Sühneversuch vom 30. April 1956 leitete Eugen Meier gegen die Bahngesellschaft die vorliegende Klage ein, mit der er als Entschädigung für die Nachteile aus der vom Sachverständigen Dr. Naef in den Gutachten vom 13. Dezember 1954/17. Februar 1955 festgestellten Dauerinvalidität von 25% ab 1. Januar 1954, die er im ersten Prozess noch nicht habe einklagen können und die im Urteil des Amtsgerichts vom 9. Juli 1955 nicht berücksichtigt worden sei, unter Berufung auf Art. 1 ff. EHG und Art. 41 ff. OR einen Betrag von Fr. 49, 309.-- nebst Zins verlangte. Die Beklagte bestritt diesen Schaden und erhob die Einreden der abgeurteilten Sache und der Verjährung. Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies die Klage in Gutheissung dieser letzten Einrede mit Urteil vom 29. November 1956 ab, worauf der Kläger an das Obergericht appellierte. Am 3. Januar 1957 ordnete das Bundesgericht auf Begehren von Obligationären die Zwangsliquidation des Vermögens der Beklagten an. Der Masseverwalter entschied am 23. Mai 1957, der hängige Prozess sei seitens der Beklagten fortzusetzen. Am 24. Oktober 1957 hat das Obergericht des Kantons Luzern (I. Kammer) das Urteil des Amtsgerichts vom 29. November 1956 bestätigt. BGE 84 II 202 S. 207 G.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht beantragt der Kläger, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 47'309.-- nebst Zins zu verurteilen; eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte, der am 4. Februar 1958 eine Nachlassstundung bewilligt wurde, schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Unfall, bei dem der Kläger verletzt wurde, hat sich beim Betrieb einer Eisenbahn ereignet. Die Haftpflicht der Bahnunternehmungen für die Folgen solcher Unfälle ist im Bundesgesetz betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post vom 28. März 1905 (EHG) geordnet. Als Sondergesetz geniesst dieses in allen Punkten, die es nach seinem Wortlaut und seinem Sinn selbständig regelt, gegenüber den allgemeinen Bestimmungen des OR den Vorrang. Hieran ändert der vom Kläger hervorgehobene Umstand nichts, dass das geltende OR nach dem EHG erlassen wurde. Ziff. I der Übergangsbestimmungen des OR vom 30. März 1911 bestimmt ausdrücklich, dass (u.a.) die Spezialgesetze betreffend das Eisenbahn-, Dampfschiff- und Postrecht, zu denen das EHG gehört, in Geltung bleiben, wie auch schon Art. 888 des alten OR vom 14. Juni 1881 vorgesehen hatte, dass die Bestimmungen des alten EHG vom 1. Juli 1875 unverändert in Kraft bleiben sollten. Nach dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung kann entgegen der Auffassung des Klägers keine Rede davon sein, dass das OR die ihm widersprechenden Bestimmungen des EHG aufgehoben oder abgeändert habe. Vielmehr bleibt das EHG in seinem Geltungsbereich allein massgebend. Art. 41 ff. OR konkurrierend neben Art. 1 ff. EHG anzurufen, ist ausgeschlossen (vgl. BGE 27 II 408 und dort angeführte Entscheide, wo dieser Grundsatz für das Verhältnis zwischen dem alten OR und dem alten EHG sowie dem Fabrikhaftpflichtgesetz ausgesprochen worden war; statt BGE 14 S. 188 ist dort BGE 19 S. 188 zu lesen). BGE 84 II 202 S. 208 2. Art. 14 EHG , der die Verjährung der "durch dieses Gesetz begründeten Schadenersatzklagen" zum Gegenstand hat, erklärt in Abs. 2 für den Stillstand, die Hinderung und die Unterbrechung der Verjährung die Bestimmungen des OR als massgebend. Art. 14 Abs. 1 verweist dagegen für die Dauer und den Beginn der Verjährungsfrist nicht auf das OR, das in seiner heutigen wie in seiner frühern Fassung (Art. 60 bzw. Art. 69) vorsieht, dass der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung in einem Jahr von dem Tage hinweg, wo der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablauf von zehn Jahren vom Tage der schädigenden Handlung an verjährt (Abs. 1), dass jedoch dann, wenn die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet wird, für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, diese auch für den Zivilanspruch gilt (Abs. 2). Vielmehr bestimmt Art. 14 Abs. 1 EHG abweichend hievon, dass die Klagen aus dem EHG in zwei Jahren, welche vom Tage des Unfalls an gerechnet werden, verjähren. Diese Bestimmung geht dem Art. 60 OR nach dem in Erwägung 1 Gesagten vor. Sie weist keine Lücke auf, zu deren Ausfüllung Art. 60 OR herangezogen werden könnte. Insbesondere lässt sich nicht sagen, dass Art. 14 Abs. 1 EHG die Frage offen lasse, innert welcher Frist die Ansprüche aus Schäden verjähren, von denen der Verunfallte erst längere Zeit nach dem Unfall Kenntnis erhält (sog. Spätschäden). Art. 14 Abs. 1 bestimmt völlig klar und ohne jeden Vorbehalt, dass die durch das EHG begründeten Schadenersatzklagen innert der angegebenen Frist verjähren, und erfasst somit unzweifelhaft alle derartigen Klagen, auch diejenigen, mit denen der Verunfallte einen sog. Spätschaden geltend machen will. Art. 60 Abs. 1 OR darf also auf eine Schadenersatzklage aus dem EHG selbst dann nicht angewendet werden, wenn man es mit einem solchen Schaden zu tun hat. Dem Kläger kann aber auch darin nicht beigepflichtet werden, dass Art. 60 Abs. 2 OR eingreife, wenn die Bahnunternehmung BGE 84 II 202 S. 209 für die Folgen eines Bahnunfalls haftbar gemacht wird, der von Personen, für die sie einzustehen hat, durch eine strafbare Handlung herbeigeführt wurde. Wie namentlich aus Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 und Art. 8 EHG hervorgeht, richtet sich sie Haftpflicht der Bahnunternehmung auch dann nach diesem Gesetz, wenn der Unfall durch sie selber oder durch ihr Personal oder die zum Betrieb oder Bau der Bahn verwendeten Personen verschuldet wurde. Auch die Klagen aus Unfällen, die durch eine strafbare Handlung eines Bahnangestellten verursacht wurden, gehören folglich zu den durch das EHG begründeten Schadenersatzklagen, für welche die Verjährungsfrist nach Art. 14 Abs. 1 EHG ausnahmslos zwei Jahre vom Unfalltag an beträgt. Wenn alle Ansprüche gegen die Bahnunternehmung aus einem Bahnunfall innert dieser Frist verjähren, kann es freilich geschehen, dass ein Anspruch bereits verjährt ist, bevor er zur Kenntnis des Geschädigten gelangt. Darin liegt aber nicht etwa eine Anomalie, die unter keinen Umständen geduldet werden könnte. Dass ein Anspruch verjährt, bevor der Gläubiger ihn kennt, kommt vielmehr auch sonst vor, da für den Beginn der Verjährung die Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen und von der Fälligkeit des Anspruchs im allgemeinen nicht erforderlich ist (VON TUHR/SIEGWART, OR, § 80 IV S. 664). Im Haftpflichtrecht lässt ausser dem EHG auch das Elektrizitätsgesetz von 1902 (Art. 37) die Verjährung ohne Rücksicht darauf, wann der Verunfallte vom Schaden Kenntnis erhalten hat, mit dem Tag beginnen, an welchem die Schädigung stattgefunden hat. Das durch Art. 128 des KUVG von 1911 aufgehobene Fabrikhaftpflichtgesetz von 1881 enthielt eine entsprechende Bestimmung (Art. 12). Ebenso verjähren die Forderungen aus Versicherungsvertrag nach Art. 46 VVG in zwei Jahren nach Eintritt der Tatsache, welche die Leistungspflicht begründet (vgl. hiezu BGE 68 II 107 ff.). In allen diesen Gesetzen (die wie das EHG für die darin geregelten Verhältnisse ausschliesslich massgebend sind) hat BGE 84 II 202 S. 210 der Gesetzgeber die Möglichkeit in Kauf genommen, dass ein Anspruch aus einem Schadensereignis verjähren kann, bevor der Geschädigte den Schaden kennt. Richtig ist, dass die Sondergesetze über das Haftpflichtrecht im allgemeinen die Tendenz verfolgen, dem Geschädigten eine bessere Stellung einzuräumen, als er sie bei Anwendung der Bestimmungen des OR innehätte. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass anstelle des Sondergesetzes immer das OR gelte, wenn dieses im einzelnen Fall für den Geschädigten günstiger wäre als das Sondergesetz. Was das Sondergesetz mit Bezug auf eine bestimmte Frage eindeutig angeordnet hat, muss vielmehr auch dann gelten, wenn diese Anordnung mit der in andern Bestimmungen des Gesetzes zum Ausdruck gekommenen Tendenz nicht im Einklang steht. Ebensowenig lassen sich klare Vorschriften eines Sondergesetzes mit der Begründung beiseite schieben, dass andere Sondergesetze über ähnliche Materien die betreffende Frage anders regeln, was im Haftpflichtrecht hinsichtlich der Verjährung u.a. insofern der Fall ist, als das MFG von 1932 diese im Gegensatz zum EHG und zum ElG nicht mit dem Unfalltage, sondern wie das OR erst mit dem Tage beginnen lässt, an dem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erhalten hat (Art. 44). Ob die Erwägungen, die Art. 14 Abs. 1 EHG bzw. den entsprechenden Bestimmungen von Art. 10 Abs. 1 des alten EHG und Art. 12 des Fabrikhaftpflichtgesetzes zugrunde liegen (Wünschbarkeit einer raschen Liquidation der Haftpflichtansprüche im Interesse einer möglichst zuverlässigen Abklärung des Unfallhergangs und einer nicht durch unbestimmte Forderungen beeinträchtigten Erstellung der Unternehmensbilanz, BGE 15 S. 276 Erw. 5, 23 I 942 oben und 31 II 44 oben), die in diesen Bestimmungen getroffene Regelung des Verjährungsbeginns zu rechtfertigen vermögen, hat nicht der Richter, sondern der Gesetzgeber zu entscheiden. Art. 14 Abs. 1 EHG entgegen seinem klaren Wortlaut auszulegen, ist um so weniger angängig, als bei der Revision BGE 84 II 202 S. 211 dieses Gesetzes im Jahre 1905 der schon im alten EHG und im Fabrikhaftpflichtgesetz niedergelegte Grundsatz, dass die Verjährung der aus diesen Gesetzen sich ergebenden Ansprüche auf Entschädigung für Körperverletzung mit dem Tage des Unfalls beginnt, nicht durch die bereits in Art. 69 aoR enthaltene, auf die Kenntnis vom Schaden abstellende Ordnung der allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts ersetzt, sondern beibehalten wurde, obschon das Bundesgericht jenen Grundsatz wiederholt auch auf Ansprüche aus sog. Spätschäden angewendet hatte (vgl. BGE 15 S. 272 ff., 23 I 930 ff., bes. 942 Erw. 4). Bei der in Art. 14 Abs. 1 EHG ausgesprochenen Regel, dass die Verjährung vom Unfalltag an läuft, muss es daher sein Bewenden haben, auch wenn diese Lösung sich für den Anspruchsberechtigten hart auswirken kann (vgl. BGE 46 II 188 ). Dem Verlust der Ansprüche aus Unfallfolgen, die sich erst nach Ablauf der mit dem Unfall beginnenden zweijährigen Verjährungsfrist zeigen, kann der Verunfallte dadurch einigermassen vorbeugen, dass er gegenüber der Bahnunternehmung vor Fristablauf durch Betreibung oder Ladung zu einem amtlichen Sühnversuch eine Forderung geltend macht, die den in diesem Zeitpunkt erkennbaren Schaden übersteigt. Durch diese - einfache - Vorkehr wird die Verjährung gemäss dem nach Art. 14 Abs. 2 EHG anwendbaren Art. 135 Ziff. 2 OR für den ganzen auf diesem Wege geforderten Betrag unterbrochen. Auf gleiche Weise kann die gemäss Art. 137 OR mit der Unterbrechung neu beginnende Verjährung zu gegebener Zeit von neuem unterbrochen werden. (Vorbehalten bleibt im Falle der Ladung zu einem Sühneversuch die Anwendung kantonaler Prozessvorschriften, wonach der auf diesem Wege geltend gemachte Anspruch nach erfolgloser Klageprovokation oder von Gesetzes wegen verwirkt ist, wenn er nicht innert einer bestimmten Frist vor dem erkennenden Richter weiterverfolgt wird; vgl. BGE 67 II 72 Erw. 2 und GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht I 60 Ziff. 3.) BGE 84 II 202 S. 212 3. Dass der mit der vorliegenden Klage geltend gemachte Anspruch verjährt ist, wenn mit Bezug auf die Verjährungsfrist ausschliesslich Art. 14 EHG zur Anwendung kommt, bestreitet der Kläger mit Recht nicht. Da sich der Unfall am 15. August 1949 ereignet hatte, lief die Verjährungsfrist nach dieser Bestimmung bis zum 15. August 1951. Innert dieser Frist hat der Kläger zur Unterbrechung der Verjährung des heute eingeklagten Anspruchs nichts vorgekehrt. Selbst wenn der im Strafurteil vom 31. Januar 1951 enthaltene Vorbehalt der Zivilansprüche der Geschädigten darauf zurückgehen sollte, dass der Kläger im Strafverfahren adhäsionsweise solche Ansprüche gestellt hatte, worüber die vorliegenden Akten keinen Aufschluss geben, so wäre dies schon deshalb unerheblich, weil die Beklagte am Strafverfahren nicht beteiligt war, so dass eine mit dem Strafprozess verbundene Zivilklage des Klägers sich nicht gegen sie, sondern nur gegen den angeklagten Motorwagenführer hätte richten können. Die Forderung von Fr. 100'000.--, die der Kläger beim Sühnversuch vom 13. August 1951 stellte, betrifft gemäss Feststellung der Vorinstanz keine weitern als die hernach mit der gerichtlichen Klage vom 19. Januar 1953 geltend gemachten Schadensposten, so dass dieser Sühnversuch die Verjährung nur hinsichtlich dieser Posten, nicht auch hinsichtlich der heute eingeklagten Schadenersatzforderung wegen Dauerinvalidität unterbrach. Diese Forderung war also bereits verjährt, als der Kläger am 19. Januar 1953 erstmals gerichtliche Klage erhob. Indem die Beklagte gegenüber dem vom Kläger damals gestellten Begehren, im Urteil sei für die Ansprüche aus einer über das Jahr 1953 hinaus dauernden Invalidität ein Nachklagevorbehalt anzubringen, nicht die Einrede der Verjährung dieser Ansprüche erhob, sondern jenem Begehren aus andern Gründen entgegentrat, hat sie nicht etwa durch schlüssiges Verhalten auf die eingetretene Verjährung der fraglichen Ansprüche schlechtweg verzichtet, womit eine neue Verjährungsfrist begonnen hätte, sondern sie hat damit lediglich BGE 84 II 202 S. 213 das Risiko auf sich genommen, dass der Richter trotz dem Ablauf der durch den Unfall in Gang gesetzten Verjährungsfrist einen solchen Nachklagevorbehalt ins Urteil aufnehmen könnte, wozu es dann aber nicht gekommen ist. Ob die Gründe, aus denen das Amtsgericht im Urteil vom 9. Juli 1955 den auf einen solchen Vorbehalt abzielenden Antrag abwies, stichhaltig seien oder nicht, und wie es sich verhielte, wenn diesem Antrag entsprochen worden wäre, hat die Vorinstanz richtigerweise nicht untersucht, weil heute an der Tatsache der Abweisung dieses Antrags, mit welcher der Kläger sich seinerzeit abgefunden hat, nichts mehr geändert werden kann. Am Einwand, dass die Beklagte die Verjährung rechtsmissbräuchlich angerufen habe, hält der Kläger vor Bundesgericht mit Recht nicht fest, weil die Voraussetzungen, unter denen die Erhebung dieser Einrede einen Rechtsmissbrauch bedeuten kann (vgl. BGE 69 II 102 ff., BGE 76 II 117 Erw. 5), hier offensichtlich nicht gegeben sind. Diese Einrede ist also zu Recht geschützt worden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Kammer des Obergerichtes des Kantons Luzern vom 24. Oktober 1957 bestätigt.
public_law
nan
de
1,958
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e40ed40d-905c-4544-84ac-da4aea7414c1
Urteilskopf 140 IV 188 26. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern (Beschwerde in Strafsachen) 6B_262/2014 vom 16. Dezember 2014
Regeste Art. 9 Abs. 1, Art. 325 Abs. 1 lit. f, Art. 353 Abs. 1 lit. c und Art. 356 Abs. 1 StPO ; Anklagegrundsatz; Inhalt und Funktion des Strafbefehls. Der Inhalt des Strafbefehls wird durch seine Doppelfunktion als Anklageersatz im Falle einer Einsprache ( Art. 356 Abs. 1 Satz 2 StPO ) und als rechtskräftiges Urteil bei fehlender gültiger Einsprache ( Art. 354 Abs. 3 StPO ) bestimmt. Die Sachverhaltsumschreibung muss auch bei einfach gelagerten Übertretungsstraftatbeständen den Anforderungen an eine Anklage genügen (E. 1.3-1.6).
Sachverhalt ab Seite 189 BGE 140 IV 188 S. 189 A. Mit Strafbefehl vom 1. November 2012 warf die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Berner Jura-Seeland, X. "Ungenügende Rücksichtnahme beim Rechtsabbiegen, Mangelnde Aufmerksamkeit, sowie Unterlassen der Zeichenabgabe beim Rechtsabbiegen als Lenker eines PW's und dadurch Verursachen eines Verkehrsunfalls mit Verletzten" vor und verurteilte ihn wegen einfacher Verletzung von Verkehrsregeln zu einer Busse von Fr. 400.-. Hiergegen erhob X. Einsprache. B. Die Staatsanwaltschaft hielt am Strafbefehl fest und überwies die Sache an das Regionalgericht Berner Jura-Seeland, welches X. am 3. Mai 2013 wegen einfacher Verkehrsregelverletzung "durch Nichtbeherrschen des Fahrzeuges bzw. mangelnder Aufmerksamkeit, Nichtgewähren des Vortrittes beim Überqueren Radstreifen an Velofahrer und Unterlassen der Zeichengabe beim Rechtsabbiegen" zu einer Übertretungsbusse von Fr. 400.- verurteilte. Die hiergegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Bern am 11. Februar 2014 ab und bestätigte in Anwendung des Verbots der "reformatio in peius" die Busse. C. X. führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, und er sei von sämtlichen Anklagevorwürfen freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. BGE 140 IV 188 S. 190 Das Obergericht und die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern haben auf Vernehmlassungen verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.3 Entschliesst sich die Staatsanwaltschaft nach einer Einsprache, am Strafbefehl festzuhalten, überweist sie die Akten unverzüglich dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens. Der Strafbefehl gilt als Anklageschrift ( Art. 356 Abs. 1 StPO ). Nach dem Anklagegrundsatz ( Art. 9 Abs. 1 StPO ) bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens und dient der Information der beschuldigten Person (Umgrenzungs- und Informationsfunktion). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind ( BGE 133 IV 235 E. 6.2 f. mit Hinweisen). 1.4 Der Inhalt des Strafbefehls wird durch seine Doppelfunktion als Anklageersatz im Falle einer Einsprache ( Art. 356 Abs. 1 Satz 2 StPO ) und als rechtskräftiges Urteil beim Verzicht auf Einsprache ( Art. 354 Abs. 3 StPO ) bestimmt (FRANZ RIKLIN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 353 StPO ; vgl. auch MICHAEL DAPHINOFF, Das Strafbefehlsverfahren in der Schweizerischen Strafprozessordnung, 2012, S. 436 f.; MARC THOMMEN, Kurzer Prozess - fairer Prozess?, 2013, S. 90). Nach Art. 353 Abs. 1 lit. c StPO enthält der Strafbefehl insbesondere den Sachverhalt, welcher der beschuldigten Person zur Last gelegt wird. Die Sachverhaltsumschreibung muss den Anforderungen an eine Anklage genügen. Das heisst, es bedarf einer konzisen, aber dennoch genauen Beschreibung des dem Beschuldigten vorgeworfenen Sachverhalts (CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 353 StPO ; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CCP, Code de procédure pénale, 2013, N. 4 zu Art. 353 StPO ). Die Anklageschrift bezeichnet u.a. möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung ( Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO ). Die Fixierung des Anklagesachverhalts dient zunächst einmal der Umsetzung des Anklagegrundsatzes, indem dadurch der BGE 140 IV 188 S. 191 Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung abschliessend bestimmt und der beschuldigten Person eine effektive Verteidigung gewährleistet wird. Eine möglichst genaue und umfassende Umschreibung des massgeblichen Sachverhalts ist im Strafbefehl aber auch wegen des Verbots der doppelten Strafverfolgung ("ne bis in idem", Art. 11 StPO ) erforderlich. Erwächst der Strafbefehl in Rechtskraft, muss anhand des darin festgehaltenen Anklagesachverhalts geprüft werden können, ob eine bereits beurteilte Strafsache vorliegt (MOREILLON/PAREIN-REYMOND, a.a.O., N. 6 zu Art. 353 StPO ; SABINE GLESS, Der Strafbefehl, in: Schweizerische Strafprozessordnung und Schweizerische Jugendstrafprozessordnung, Marianne Heer [Hrsg.], 2010, S. 41 ff., S. 59). 1.5 Aus der Doppelfunktion des Strafbefehls ergibt sich, dass die Sachverhaltsumschreibung im Strafbefehl den an eine Anklageschrift gestellten Ansprüchen vollumfänglich genügen muss. Entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Rechtsauffassung gilt dies unbesehen um die Frage, wie komplex sich der Sachverhalt erweist oder welche Art von Delikten zur Diskussion steht. Auch bei einfach gelagerten Übertretungsstraftatbeständen muss aus dem Strafbefehl ersichtlich sein, welcher konkrete Lebenssachverhalt zur Verurteilung ge-führt hat bzw. (im Fall der Einsprache) zur Anklage gebracht wird. Der von der Vorinstanz angerufene Würdigungsvorbehalt ( Art. 344 StPO ) ändert daran nichts, da sich dieser nur auf eine von der Anklage abweichende rechtliche Beurteilung bezieht und eine nicht ordnungsgemäss erstellte Anklage nicht zu ersetzen oder zu ergänzen vermag. 1.6 Der vorliegende Strafbefehl weist nicht den gesetzlich vorgesehenen Inhalt auf und genügt den Anforderungen an eine Anklageschrift nicht. Es findet sich darin keine Umschreibung des Anklagevorwurfs im Sinne eines realen Lebenssachverhalts. Vielmehr beschränkt sich die Staatsanwaltschaft darauf, die angeblich missachteten Verkehrsregeln aufzuzählen und gestützt darauf Anklage wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln zu erheben. Aus dem Strafbefehl ergibt sich weder, welche konkreten Tathandlungen oder -unterlassungen dem Beschwerdeführer zur Last gelegt werden, noch welche Folgen sich daraus ergeben sollen. Es ist nicht bekannt, wo genau und wie sich der Unfall nach Auffassung der Staatsanwaltschaft abgespielt haben soll, welche Fahrzeuge beteiligt gewesen und wer wie schwer verletzt bzw. geschädigt worden sein soll. BGE 140 IV 188 S. 192 Wie das Bundesgericht bereits im Urteil 6B_848/2013 vom 3. April 2014 E. 1.3.1 festgehalten hat, muss aus dem Strafbefehl selbst ersichtlich sein, welcher konkrete Lebensvorgang zur Beurteilung steht. Es genügt nicht, dass sich der Sachverhalt aus den Akten ergibt oder den Anforderungen des Anklagegrundsatzes erst Rechnung getragen wird, wenn Einsprache erfolgt. Fehlt es aber an einem in der Anklageschrift hinreichend umschriebenen Lebenssachverhalt, sind die Voraussetzungen für eine gerichtliche Überprüfung nicht gegeben. Das Gericht hat die Anklage gegebenenfalls zur Ergänzung oder Berichtigung zurückzuweisen ( Art. 329 Abs. 2 Satz 1 StPO ). Da das Gericht bei der Beurteilung an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt gebunden ist (vgl. Art. 350 Abs. 1 StPO ), kann es diesen nicht anhand der im Strafbefehl abstrakt aufgeführten Gesetzesnormen, die auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Lebenssachverhalten Anwendung finden, anhand der Akten selbst erstellen.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e4149012-07e6-4406-9ae8-b4ca54977ab7
Urteilskopf 98 V 14 4. Extrait de l'arrêt du 27 mars 1972 dans la cause Assurance militaire fédérale contre Aymon et Tribunal des assurances du canton du Valais
Regeste Art. 24 Abs. 1 und 26 MVG . - Voraussetzungen der Rente auf bestimmte oder unbestimmte Zeit. - Zusprechung einer neuen Rente auf bestimmte Zeit und Revision (revidierbare Rentenelemente). - Bestimmung des Invaliditätsgrades (besondere Arbeitsbedingungen, erzieltes Einkommen).
Erwägungen ab Seite 15 BGE 98 V 14 S. 15 Extrait des considérants: 1. ... a) La rente d'invalidité est substituée à l'indemnité de chômage "s'il n'y a pas lieu d'attendre de la continuation du traitement une sensible amélioration de l'état de l'assuré et si l'affection assurée est suivie d'une atteinte présumée permanente à la capacité de gagner..." (art. 23 al. 1er LAM). La rente sera alors allouée soit pour un temps déterminé, soit pour un temps indéterminé (art. 24 al. 1er LAM). La loi ne délimite pas plus avant le domaine de l'une et de l'autre des formes de rente. La délimitation est néanmoins claire, en son principe du moins et bien que la pratique et la jurisprudence ne paraissent pas avoir toujours fait montre à cet égard d'une rigueur absolue (une marge d'appréciation est d'ailleurs indispensable). Il faut poser pour règle que, lorsqu'il s'agit d'une atteinte à la capacité de gain censée permanente, la rente doit être allouée pour un temps indéterminé (arrêt non publié Martin du 25 septembre 1958), bien entendu révisible aux conditions légales. L'octroi de la rente pour un temps déterminé sera en principe réservé aux deux hypothèses suivantes: - soit lorsque, malgré la permanence de l'atteinte à la santé, les répercussions sur la capacité de gain peuvent être d'avance reconnues passagères, notamment en raison de l'accoutumance; - soit lorsque, au contraire, un pronostic à longue échéance n'est pas possible, que l'on ignore en particulier si l'assuré pourra conserver l'emploi occupé ou quel emploi il deviendra apte à assumer (arrêt non publié Gerber du 4 juin 1962). b) La révision d'une rente en cours - qu'elle ait été octroyée pour un temps déterminé ou indéterminé - intervient lorsque "l'infirmité physique ou psychique de l'assuré devient plus tard notablement supérieure ou inférieure à celle qui avait été admise lors de la fixation de la pension" (art. 26 al. 1er LAM), par quoi il faut entendre une modification non pas de l'état de santé en tant que tel mais - même sans changement aucun de cet état - une modification de la répercussion de l'état sur la capacité de gain (v. p.ex. ATFA 1964 p. 136; v. également ATFA 1968 p. 187). La révision est donc réservée aux cas où la situation évolue postérieurement à la constitution de la rente, et cela d'une façon qui ne pouvait en principe être prévue (soit quant à sa survenance BGE 98 V 14 S. 16 même, soit quant à son ampleur ou à sa date) lors de cette constitution. c) Si les champs d'application de la rente temporaire, d'une part, et de la révision, d'autre part, sont ainsi nettement distincts, la portée decesdeux institutions n'est pas moinsdifférente: - A l'échéance d'une rente octroyée pour un temps déterminé, tous les éléments constitutifs de la rente peuvent être librement revus, chacun pour lui-même, et l'Assurance militaire procède à un nouvel examen du cas sans être liée d'aucune sorte à sa précédente appréciation des faits. Que l'on ne puisse faire totale abstraction du passé est cependant évident, comme vient de le rappeler la Cour de céans dans l'arrêt non publié Pedrett du 25 février 1972. Car une appréciation foncièrement différente d'une situation de fait restée entièrement identique serait arbitraire, s'il y était procédé sans motif. Il existe donc une certaine présomption, non irréfragable, d'exactitude des éléments de calcul précédemment retenus. La jurisprudence a toutefois formulé une réserve: la responsabilité reconnue de la Confédération ne peut pas, en règle générale, être remise en cause (v. p.ex. ATFA 1958 p. 88 consid. 1; message du Conseil fédéral du 22 septembre 1947, FF 1947 III 132; commentaire de SCHATZ, pp. 138/139). - Lors de la révision, en revanche, seul peut être revu le taux de l'invalidité; et cet examen n'est pas libre, car il ne suffit pas d'une appréciation différente mais il faut une modification objectivement constatable du taux d'incapacité de gain pour qu'il y ait motif à révision. Il est vrai que, depuis la novelle de 1958, qui prescrit d'allouer une nouvelle rente lorsque la demande de révision doit être agréée, le gain pris pour base de calcul de la rente est lui aussi adapté lors de révision (arrêts non publiés Sonder du 6 mars 1961 et Veeser du 11 septembre 1961; v. aussi le message du 15 juillet 1958 du Conseil fédéral, FF 1958 II 425). Mais c'est là une adaptation purement secondaire, qui jamais ne provoque de révision et à laquelle il est procédé à l'occasion seulement de la révision. d) Très nette en théorie, la distinction ci-dessus exposée l'est sans doute moins en pratique. Sous l'empire de l'ancienne loi de 1901, dont l'art. 28 al. 2 disposait pourtant que, à l'échéance d'une première rente temporaire, la nouvelle rente ne pouvait qu'exceptionnellement être temporaire, l'Assurance militaire avait parfois tendance à allouer BGE 98 V 14 S. 17 successivement toute une série de rentes temporaires (v. p.ex. ATFA 1928 p. 87, plus spécialement p. 91). La LAM actuelle ne connaissant plus une telle disposition, cette tendance a vraisemblablement subsisté (v. p.ex. l'état de fait dans l'arrêt ATFA 1958 p. 88). Or, si l'octroi successif de rentes temporaires permet certes de serrer la réalité de plus près, cela ne doit pas amener à vider la notion d'invalidité de sa substance et à transformer la rente en une sorte d'indemnité de chômage prolongée. Et s'il est justifié de ne pas préjuger l'avenir lorsque l'incertitude est totale, cela ne signifie pas que l'on puisse laisser indéfiniment les questions en suspens, au grand dam de la sécurité du droit, tant que plane le moindre doute; de par sa nature même, la rente d'invalidité implique un pronostic qu'il faut bien poser, quitte à le réviser par la suite; c'est là précisément le rôle de l'art. 26 LAM. La rente temporaire ne doit pas déborder son domaine, tel qu'il a été décrit plus haut (lit. a)... 4. ... La jurisprudence a reconnu, à propos des rentes de durée déterminée, qu'il pouvait se justifier de tenir compte, dans l'appréciation du degré de l'incapacité de gagner, non seulement de la situation de l'assuré sur le marché du travail en général, mais également de ses conditions particulières de travail et du revenu réalisé (v. p.ex. ATFA 1958 p. 88; arrêts non publiés Reichler du 4 juillet 1960, Emery du 2 avril 1964 et Krebs du 4 octobre 1966). Mais elle a posé pour condition une certaine stabilité de l'emploi et a clairement précisé aussi que pareille manière de faire ne se justifiait que dans des cas exceptionnels (v. p.ex. ATFA 1968 p. 88; 1964 p. 136 consid. 4; 1959 p. 175; 1958 p. 88). Or, si l'octroi successif de rentes temporaires permet Krebs précité). Il sied de ne pas oublier ces conditions et restrictions, si l'on ne veut pas effacer toute délimitation d'avec l'indemnité de chômage (v. consid. 1 lit. d ci-dessus).
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Urteilskopf 105 Ia 104 20. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 21 mars 1979 en la cause X. contre Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 13 EMRK ; die Tatsache, dass Verfügungen des Staatsanwalts nicht bei einer kantonalen Rekursinstanz angefochten werden können, stellt keine Verletzung der EMRK dar, wenn sie das Bundesgericht unmittelbar aufgrund einer staatsrechtlichen Beschwerde prüfen kann.
Sachverhalt ab Seite 104 BGE 105 Ia 104 S. 104 X. a été condamné par la Cour d'assises du canton de Genève, le 22 décembre 1977, à la peine de 10 ans de réclusion et de 15 ans d'expulsion du territoire suisse pour escroqueries par métier. Par arrêt du 13 octobre 1978, la Cour de cassation du canton de Genève a rejeté comme étant mal fondé un pourvoi en cassation formé par le condamné contre l'arrêt de la Cour d'assises. X. a été maintenu, pendant la durée de l'instruction et après sa condamnation par la Cour d'assises, sous le régime de la détention préventive. Le 25 juillet 1978, il a formé devant la Chambre d'accusation du canton de Genève un recours dirigé contre deux décisions prises par le procureur général, soit une décision du 19 juin 1978 par laquelle ce magistrat supprimait les visites que lui rendait Mlle Y. à la prison de Champ-Dollon, ainsi que l'autorisation de correspondre l'un avec l'autre, et une décision du 13 juillet 1978 refusant de consentir à la signature par le recourant d'une procuration devant permettre de procéder à la convocation d'assemblées générales de plusieurs sociétés anonymes. Par ordonnance du 22 novembre 1978, la Chambre d'accusation a déclaré irrecevable le recours formé devant elle pour le BGE 105 Ia 104 S. 105 motif que les décisions du procureur général, prises dans le cadre de son pouvoir de surveillance de la détention préventive, ne pouvaient être attaquées sur le plan cantonal. X. forme auprès du Tribunal fédéral un recours de droit public fondé sur l' art. 4 Cst. et la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH) contre l'ordonnance de la Chambre d'accusation. Erwägungen Considérant en droit: 3. Le recourant soutient que la décision attaquée a été rendue en violation des art. 13 et 6 par. 1 CEDH . Il y a lieu dès lors d'examiner si la procédure suivie répond aux exigences posées par la Convention européenne. Selon l' art. 13 CEDH , "toute personne dont les droits et libertés reconnus dans la présente Convention ont été violés, a droit à l'octroi d'un recours effectif devant une instance nationale, alors même que la violation aurait été commise par des personnes agissant dans l'exercice de leurs fonctions officielles". Il n'est pas nécessaire de rechercher le sens exact de cette disposition, dont l'interprétation est discutée dans la doctrine (cf. SCHORN, Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Francfort 1965, p. 273 ss.; TRECHSEL, Die Europäische Menschenrechtskonvention, Berne 1974, p. 153 ss; JACOBS, The European Convention on Human Rights, Oxford 1975, p. 215 ss.; ROBERTSON, Human Rights in Europe, Manchester, 2e éd. 1977, p. 105 ss.; PONCET, La protection de l'accusé par la Convention européenne des droits de l'homme, Genève 1977, p. 93 s.), car l'individu qui estime qu'une décision prise en dernière instance cantonale viole la constitution ou l'un des droits garantis par la convention peut déférer la décision dont il se plaint au Tribunal fédéral par la voie du recours de droit public prévu à l'art. 84 al. 1 lettres a et c OJ. Tel est notamment le cas des décisions du procureur général du canton de Genève qui, ne pouvant faire l'objet d'un recours auprès de la Chambre d'accusation, peuvent être déférées directement au Tribunal fédéral ( ATF 95 I 240 consid. 6). Le recourant aurait donc pu agir par la voie du recours de droit public pour requérir l'annulation de ces décisions. Dans ces circonstances, le fait qu'il n'y ait pas d'instance BGE 105 Ia 104 S. 106 de recours cantonale en la matière ne saurait entraîner une violation de la Convention européenne, du moment que les justiciables peuvent soumettre leurs griefs à une autorité judiciaire fédérale. Quant à l' art. 6 par. 1 CEDH , il est ainsi libellé: "Toute personne a droit à ce que sa cause soit entendue équitablement, publiquement et dans un délai raisonnable, par un tribunal indépendant et impartial, établi par la loi, qui décidera, soit des contestations sur ses droits et obligations de caractère civil, soit du bien-fondé de toute accusation en matière pénale dirigée contre elle." Le recourant ne dit pas en quoi la décision attaquée viole cette disposition. Au surplus, l'objet du recours qu'il a formé devant la Chambre d'accusation ne portait ni sur ses droits et obligations de caractère civil, ni sur le bien-fondé d'une accusation en matière pénale. Par ailleurs, comme on l'a relevé ci-dessus, il avait la faculté de soumettre ses griefs au Tribunal fédéral. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral, vu l' art. 92 al. 1 OJ : Rejette le recours dans la mesure où il est recevable.
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Urteilskopf 119 Ib 179 22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. Juni 1993 i.S. A. und Mitbeteiligte gegen X., Einwohnergemeinde Bannwil, Baudirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Umweltschutzgesetz - Lärmschutz; Zuordnung von Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall bei einem Sägereibetrieb. Legitimation der Nachbarn zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1c). Die im Einzelfall nach Art. 44 Abs. 3 LSV festgesetzten Empfindlichkeitsstufen entfalten keine über das einzelne Projektbewilligungs- bzw. Sanierungsverfahren hinausgehenden Rechtswirkungen (E. 2c, 3). Bei der Anwendung von Art. 44 Abs. 3 LSV sind die Koordinationspflicht sowie die Vorschriften über den Erlass von Verfügungen zu beachten (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 180 BGE 119 Ib 179 S. 180 X. ist Eigentümer eines auf Parzelle GB Bannwil Nr. 314 gelegenen Sägereibetriebs, welcher gemäss dem Zonenplan der Gemeinde Bannwil vom 14. Juni 1982 in der Gewerbezone liegt. Unmittelbar angrenzend an die Sägerei befinden sich die Parzellen GB Bannwil Nrn. 501, 502, 503 und 504. Diese sind mit Wohnhäusern überbaut und liegen in der Wohnzone W1. Am 21. Dezember 1988 erteilte der Regierungsstatthalter des Amtsbezirks Aarwangen in Langenthal eine Baubewilligung für Anbauten an die Sägereihalle auf dem Grundstück Nr. 314. In dieser Baubewilligung wurde als "Bedingung" auf ein Schreiben des Kantonalen Amts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) vom 20. Dezember 1988 verwiesen. Danach wurde für die angrenzenden Wohnhäuser in der Wohnzone die Lärm-Empfindlichkeitsstufe (ES) II als massgebend bezeichnet. Diese Baubewilligung wurde nicht angefochten, nachdem die erhobenen Einsprachen in eine Rechtsverwahrung umgewandelt worden waren. Mit Schreiben vom 7. Februar 1990 beantragte der Gemeinderat von Bannwil nach Absprache mit dem KIGA der Baudirektion des Kantons Bern die einzelfallweise Zuordnung der Parzellen Nrn. 501, 502, 503 und 504 zur Lärm-Empfindlichkeitsstufe III. Diesem Antrag waren Lärmmessungen auf den genannten Parzellen vorangegangen, mit welchen eine erhebliche Lärmbelastung der Nachbarn durch die Sägerei festgestellt worden war. Mit Verfügung vom 2. April 1990 ordnete das Raumplanungsamt des Kantons Bern den Parzellen Nrn. 501, 502, 503 und 504 die Empfindlichkeitsstufe III (ES III) zu. Zur Begründung führte es aus, die Lärmmessungen hätten ergeben, dass die Immissionsgrenzwerte der ES II auf den genannten Parzellen weit überschritten seien. Es rechtfertige sich eine Aufstufung in die ES III, da die Sägerei schon seit langer Zeit bestehe und deshalb für die angrenzenden Parzellen Nrn. 501-504 von einer Vorbelastung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) ausgegangen werden müsse. Aus Zweckmässigkeitsgründen ordnete das Raumplanungsamt in der gleichen Verfügung zudem die zur Landwirtschaftszone gehörende Parzelle Nr. 202 der ES III und die Sägereiparzelle Nr. 314 der ES IV zu. BGE 119 Ib 179 S. 181 Gegen diese Verfügung des Raumplanungsamts erhoben A. als Eigentümer der Parzelle Nr. 503, B. als Eigentümer der Parzelle Nr. 501 sowie C. als Eigentümer der Nachbarparzelle Nr. 528 Beschwerde an die Baudirektion des Kantons Bern. Sie beantragten, die Parzellen Nrn. 501-504 seien der ES II zuzuordnen. Zur Begründung führten sie im wesentlichen aus, die störende Lärmbelastung bestehe erst seit der Erweiterung von Sägereibetrieb und Maschinenpark durch X. Vorher habe die Schreinerei nie Anlass zu Klagen über Lärmbelästigungen gegeben. Von einer Vorbelastung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 LSV könne daher nicht die Rede sein. Nach einem Augenschein des KIGA, Abteilung Umweltschutz, auf dem Sägereibetrieb wurde die G. Bauphysik AG mit der Erstellung einer Lärmstudie beauftragt. Zudem holte das Rechtsamt der Baudirektion beim Fachausschuss für Lärmfragen einen Mitbericht ein. Mit Entscheid vom 6. Februar 1992 hiess die Baudirektion des Kantons Bern die Beschwerden insofern gut, als sie die Parzellen Nrn. 501-504 der ES II zuordnete. Weitergehende Begehren wies sie ab, soweit sie darauf eintrat. In den Erwägungen führte sie im wesentlichen aus, der massgebende Zeitpunkt für die Frage, ob Teile einer Nutzungszone mit Lärm vorbelastet seien oder nicht, sei das Datum des Inkrafttretens der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986, mithin der 1. April 1987. X., welcher den Betrieb am 1. Oktober 1986 zu Eigentum übernommen habe, habe diesen in der Folge intensiviert und erweitert, so dass es im August 1987 erstmals zu Klagen von Nachbarn über Lärmbelästigungen gekommen sei. Das Beweisverfahren habe ergeben, dass X. insbesondere in den Jahren 1987 bis 1989 verschiedene lärmverursachende Maschinen, worunter einen Vakuum-Bretterheber, einen Hacker, eine Holzschälmaschine und eine Sägemaschine, angeschafft habe. Diese Neuerwerbungen seien in erster Linie für die zunehmende Lärmbelastung verantwortlich. Es könne somit nicht von einer Vorbelastung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 LSV gesprochen werden, weshalb die Parzellen Nrn. 501-504 der ES II zuzuordnen seien. Für die Landwirtschaftszone sehe die Lärmschutz-Verordnung keine andere Möglichkeit der Zuordnung als diejenige in die ES III vor. Die Einstufung der Parzelle Nr. 202 erweise sich daher als rechtens. Schliesslich sei auch die Zuordnung der Sägereiparzelle Nr. 314 zur ES IV nicht zu beanstanden. Diesen Entscheid der Baudirektion zog X. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern weiter. Er beantragte die Aufhebung des Entscheids der Baudirektion BGE 119 Ib 179 S. 182 und die Zuordnung der Parzellen Nrn. 501-504 zur ES III. Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde mit Urteil vom 26. August 1992 gutgeheissen und den Entscheid der Baudirektion insofern geändert, als es die Parzellen Nrn. 501-504 der ES III zuordnete. Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts führen A. sowie weitere Mitbeteiligte Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 26. August 1992 sei aufzuheben und die Parzellen GB Bannwil Nr. 501, 502, 503 und 504 seien der Lärmempfindlichkeitsstufe II sowie die Parzelle Nr. 314 der Lärmempfindlichkeitsstufe III zuzuweisen. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und gegebenenfalls inwieweit es auf ein eingereichtes Rechtsmittel eintreten kann ( BGE 118 Ib 50 f. E. 1 mit Hinweisen). a) Gemäss Art. 97 OG i.V.m. Art. 5 VwVG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen, sofern diese von einer in Art. 98 OG genannten Vorinstanz erlassen worden sind und keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe gegeben ist ( BGE 118 Ib 13 E. 1a mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht hat als letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 98 lit. g OG in Anwendung von Bundesrecht (Art. 43 f. LSV) die einzelfallweise Zuordnung von Empfindlichkeitsstufen beurteilt. Bei der einzelfallweisen Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG zu treffen, gegen welche unter Vorbehalt allfälliger Ausschlussgründe grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist ( BGE 117 Ib 160 E. 2c, BGE 115 Ib 351 , 386 E. 1b/aa). Im vorliegenden Fall ist keiner der Ausschlussgründe von Art. 99 ff. OG erfüllt. Insbesondere geht es nicht um eine Bau- oder Betriebsbewilligung für technische Anlagen im Sinne von Art. 99 lit. e OG ( BGE 118 Ib 15 E. 2d, 71 E. cb, BGE 115 Ib 460 E. 1b, je mit Hinweisen). b) Das Verwaltungsgericht vertritt die Auffassung, die Zuordnung der ES IV zur Sägereiparzelle Nr. 314 sei im kantonalen Verfahren BGE 119 Ib 179 S. 183 nicht angefochten worden und somit rechtskräftig. Die Beschwerdeführer halten dieser Argumentation entgegen, die Zuordnung der ES IV habe sie so lange nicht gestört, als für ihre Parzellen die von der Baudirektion festgesetzte ES II massgebend gewesen sei, da diese einen ausreichenden Schutz vor den Lärmimmissionen aus der Sägerei ermöglicht hätte. Nachdem das Verwaltungsgericht nun aber nachträglich für ihre Grundstücke die ES III festgesetzt habe, müsse es ihnen möglich sein, sich auch gegen die Zuordnung der ES IV zur benachbarten Sägereiparzelle, zur Wehr zu setzen. Zur Begründung, warum den Parzellen Nrn. 501-504 die ES III zuzuordnen sei, hat das Verwaltungsgericht zunächst die Rechtmässigkeit der ES IV bezüglich Parzelle Nr. 314 überprüft und bejaht. In der Folge hat es argumentiert, die Parzellen der Beschwerdeführer lägen im Übergangsbereich zwischen der als "Gewerbezone" bezeichneten Industrie- und Gewerbezone mit dem Sägereibetrieb und der eigentlichen Wohnzone. Für diesen Bereich sei im Sinne einer "Pufferzone" die ES III festzulegen. Damit könne offenbleiben, ob für die Wohngrundstücke eine tatsächliche Lärmvorbelastung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 LSV bestanden habe und welcher Zeitpunkt für die Beurteilung einer solchen Lärmvorbelastung massgebend sei. Aus dieser Begründung ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht die Auffassung vertritt, die Antwort auf die Frage, welche Empfindlichkeitsstufe den Wohngrundstücken zugeordnet werden solle, hänge von der für die Sägereiparzelle geltenden Empfindlichkeitsstufe ab. Insoweit kann nicht gesagt werden, es liege nur die für die Wohngrundstücke festgesetzte Empfindlichkeitsstufe im Streit. Eine solche Aufspaltung des Streitgegenstands würde eine unzulässige Trennung eng zusammenhängender Fragen bewirken und eine gesamthafte Beurteilung der Lärmbelastung im Sinne einer wirksamen Koordination und Abstimmung raumrelevanter Fragen verunmöglichen. Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens umfasst somit nicht nur die Empfindlichkeitsstufen für die Parzellen Nrn. 501-504, sondern auch für die Parzelle Nr. 314. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Zuordnung einer Empfindlichkeitsstufe im Einzelfall nicht die Rechtswirkung zukommt, die das Verwaltungsgericht annimmt (s. hinten E. 2c, d). Auch unter diesem Gesichtspunkt kann keine Rede davon sein, der Parzelle Nr. 314 sei die ES IV rechtsverbindlich zugeordnet worden. c) Nach Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht legitimiert, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren BGE 119 Ib 179 S. 184 Aufhebung oder Änderung hat. Dieses Interesse kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein und braucht mit dem Interesse, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann ( BGE 110 Ib 400 E. 1b). Diese Anforderungen sollen die Popularbeschwerde ausschliessen. Ihnen kommt deshalb dann eine ganz besondere Bedeutung zu, wenn wie hier nicht nur der Verfügungsadressat im materiellen Sinn, sondern auch Dritte (Nachbarn) den Entscheid anfechten. Liegt in einem solchen Fall ebenfalls ein unmittelbares Berührtsein, eine spezifische Beziehungsnähe vor, so hat der Beschwerdeführer ein ausreichendes Rechtsschutzinteresse daran, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben oder geändert wird. Dieses Interesse besteht im praktischen Nutzen, den die erfolgreiche Beschwerde dem Beschwerdeführer eintragen würde, das heisst in der Abwendung eines materiellen oder ideellen Nachteils, den der angefochtene Entscheid für ihn zur Folge hätte ( BGE 116 Ib 323 f. E. 2a, BGE 113 Ib 228 E. 1c, BGE 112 Ib 158 E. 3, je mit Hinweisen). Bei Verwaltungsgerichtsbeschwerden wegen Lärmbelastung sind nach der Praxis all jene beschwerdeberechtigt, die in der Nähe der lärmigen Anlage wohnen, den Lärm deutlich wahrnehmen und dadurch in ihrer Ruhe gestört werden. Die Beschwerdelegitimation hängt dabei nicht davon ab, ob auf der betroffenen Liegenschaft der Immissionsgrenzwert oder gar der Alarmwert überschritten ist ( BGE 110 Ib 101 f. E. 1c, Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juni 1992 i.S. K. publ. in Umweltrecht in der Praxis [URP] 1992 S. 624 ff., E. 1c, mit weiteren Hinweisen). Ausgehend von dieser Praxis und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ist für die Beurteilung der Legitimation insbesondere auf die Art und Intensität der Beeinträchtigung der Beschwerdeführer durch den Lärm der Sägerei abzustellen ( BGE 116 Ib 324 E. 2a, BGE 113 Ib 228 ). Es ist unbestritten, dass die hier Beschwerde führenden Nachbarn durch die Lärmimmissionen der Sägerei direkt betroffen sind. Sie haben daher ein schutzwürdiges Interesse an Massnahmen, die der Lärmbegrenzung dienen. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie, das Verwaltungsgericht habe für die Parzellen Nrn. 501-504 zu Unrecht die ES III festgesetzt. Die BGE 119 Ib 179 S. 185 Grundstücke seien im Hinblick auf ihre Lage in der Wohnzone W1 vielmehr der ES II zuzuordnen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne bei diesen Grundstücken keine planerische Lärmvorbelastung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 LSV angenommen werden. Die lärmintensiven Maschinen und Einrichtungen seien vom Beschwerdegegner erst nach dem 1. April 1987 und damit nach dem Inkrafttreten der Lärmschutz-Verordnung neu angeschafft worden. Auch von einer tatsächlichen im Lichte der übergangsrechtlichen Situation massgebenden Lärmvorbelastung im Sinne von Art. 43 Abs. 2 LSV könne keine Rede sein. Die Beschwerdeführer kritisieren ferner zumindest sinngemäss, das Verwaltungsgericht habe mit seiner Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen in bundesrechtswidriger Art und Weise eine Nutzungsplanungsmassnahme erlassen. Die einzelfallweise Zuordnung zu den Lärmempfindlichkeitsstufen dürfe nicht dazu dienen, Planungspolitik zu betreiben und einen Volksentscheid des zuständigen Planungsträgers zu präjudizieren. A. und B. sind zur Beschwerdeführung legitimiert, nachdem das Verwaltungsgericht den ihnen gehörenden Grundstücken Nrn. 501 und 503 die ES III zugeordnet hat. Zur Beurteilung der Legitimation von C. ist zu beachten, dass sein benachbartes Grundstück Nr. 528 keiner Empfindlichkeitsstufe zugeordnet worden ist. Gerade in dieser Nichtzuordnung dürfte aber für diese Beschwerdeführer eine rechtliche Beeinträchtigung liegen. Indem er zusammen mit A. und B. für die Parzellen Nrn. 501, 502, 503 und 504 die Festsetzung der Empfindlichkeitsstufe II fordert, bringt er zum Ausdruck, dass ihm der aus dieser Empfindlichkeitsstufenzuordnung resultierende Schutz auch zukommen soll. Insoweit ist er vom angefochtenen Entscheid berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an der Beschwerdeführung. Er ist daher zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ebenfalls legitimiert. Die Beschwerdeführer beanstanden auch die Zuordnung der Parzelle Nr. 314 zur ES IV. Diese Zuordnung betrifft sämtliche Beschwerdeführer in schützenswerten Interessen, nachdem das Verwaltungsgericht wie erwähnt die Festsetzung der ES III für die Parzellen Nrn. 501-504 mit der dem Sägereigrundstück zugeordneten ES IV begründete. Die Beschwerdeberechtigung nach Art. 103 lit. a OG ist somit auch hinsichtlich der Empfindlichkeitsstufe, die dem Sägereigrundstück zuzuordnen ist, zu bejahen. d) Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen weiteren Ausführungen Anlass. Auf die form- und BGE 119 Ib 179 S. 186 fristgerecht eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten. 2. a) Die zum Umweltschutzgesetz erlassene Lärmschutz-Verordnung sieht in den Art. 43 und 44 das Instrument der Empfindlichkeitsstufen vor, welche in den einzelnen Nutzungszonen nach Art. 14 ff. RPG gelten sollen. In den Anhängen 3-7 LSV hat der Bundesrat für den Lärm Belastungsgrenzwerte festgesetzt, welche u.a. bei der Bewilligung neuer und wesentlich geänderter ortsfester Anlagen einzuhalten sind ( Art. 25 USG , Art. 7 ff. LSV ). Diese Belastungsgrenzwerte sind nach den erwähnten Empfindlichkeitsstufen für die einzelnen Nutzungszonen differenziert ausgestaltet ( Art. 43 LSV sowie Anhang 3-7 dazu). Nach Art. 44 Abs. 1 LSV sorgen die Kantone dafür, dass die Empfindlichkeitsstufen den Nutzungszonen in den Baureglementen oder Nutzungsplänen der Gemeinden zugeordnet werden. Bis zu dieser Zuordnung, die spätestens innert 10 Jahren erfolgen muss ( Art. 44 Abs. 2 LSV ), bestimmen die Kantone die Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall ( Art. 44 Abs. 3 LSV ). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht den zuständigen Behörden bei der Bestimmung und Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen ein Ermessensspielraum zu, auch wenn sie dabei grundsätzlich Art. 43 Abs. 1 LSV zu beachten haben ( BGE 118 Ib 75 mit Hinweisen). b) In der in URP 1990, S. 346 publizierten Erwägung 4c des Urteils BGE 116 Ib 159 ff. hat das Bundesgericht die Frage aufgeworfen, ob die Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall bedeute, dass sie tatsächlich für den einzelnen Fall - also für das konkrete Vorhaben - oder aber für die durch ein Vorhaben betroffenen Parzellen ein für allemal oder zumindest bis zur definitiven Zuordnung im Rahmen der Nutzungsplanung festgelegt würden. Mit anderen Worten sei also fraglich, ob die Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall Rechtswirkungen nur für das konkrete Vorhaben entfalte, oder ob sie darüber hinaus ebenfalls für zukünftige Vorhaben rechtlich bindend sei. Diese Fragen wurden damals indessen nicht beantwortet. In der vorliegenden Angelegenheit, in welcher nicht die einzelfallweise Bestimmung von Empfindlichkeitsstufen anlässlich der Beurteilung eines konkreten Vorhabens umstritten ist, sondern die Empfindlichkeitsstufen ohne zugrundeliegendes Projekt in bezug auf fünf einzelne Parzellen festgesetzt wurden, kann die Frage der rechtlichen Bedeutung der einzelfallweisen ES-Zuordnung nicht mehr offengelassen werden. BGE 119 Ib 179 S. 187 c) Es ist nach Art. 43 f. LSV davon auszugehen, dass die einzelfallweise ES-Zuordnung ein übergangsrechtliches Instrument bis zur ES-Festsetzung im Rahmen der Nutzungsplanung darstellt. In diesem Sinne hat das Bundesgericht schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass die einzelfallweise Festlegung einer ES nicht zu einer Präjudizierung der im Rahmen der Nutzungsplanung vorzunehmenden Zuweisung dieser Stufen führen darf ( BGE 115 Ib 357 ). Deshalb empfiehlt es sich auch, bei ortsfesten Anlagen, deren Lärm sich auf ein grösseres Gebiet auswirkt, wenn möglich die Empfindlichkeitsstufen nicht einzelfallweise ( Art. 44 Abs. 3 LSV ), sondern gestützt auf Art. 44 Abs. 1 und 2 LSV direkt in den Baureglementen oder Nutzungsplänen der Gemeinden definitiv zuzuordnen ( BGE 118 Ib 75 , BGE 117 Ib 27 E. 6, BGE 115 Ib 356 f.). In bestimmten Fällen ist ein solches Vorgehen sogar unumgänglich (vgl. BVR 1993, S. 213 ff.). Viele Gemeinden haben denn auch bereits die Empfindlichkeitsstufen im Rahmen der Nutzungsplanung festgesetzt. Im Hinblick auf den Rechtsschutz hat das Verfahren der ES-Festsetzung im Rahmen der Nutzungsplanung den Anforderungen der Art. 33 f. RPG zu genügen. Sollen Empfindlichkeitsstufen indessen einzelfallweise festgesetzt werden, kann dies nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens erfolgen, in welchem sämtlichen Parteien das rechtliche Gehör zu gewähren ist und das seinen Abschluss im Erlass einer anfechtbaren Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG findet ( BGE 118 Ib 75 , BGE 117 Ib 160 E. 2c). Eine einzelfallweise Festsetzung der Empfindlichkeitsstufen kann somit nur bei der Beurteilung eines einzelnen konkreten Vorhabens erfolgen und gilt auch nur für dieses Vorhaben. Die Rechtswirkungen einer im Einzelfall verfügten Empfindlichkeitsstufe sind demnach auf die Beurteilung dieses Einzelfalls beschränkt. Soweit in der Nutzungsplanung noch keine ES festgesetzt wurden, ist in einem allfälligen späteren Einzelfall, soweit sachgerecht, wiederum eine neue einzelfallweise Bestimmung vorzunehmen. Dabei werden bereits einzelfallweise zugeordnete Empfindlichkeitsstufen unter gebührender Wahrung der Anliegen des Rechtsschutzes nicht unberücksichtigt bleiben. Nach diesen Grundsätzen ist vorzugehen bis die Empfindlichkeitsstufen den Nutzungszonen in den Baureglementen oder Nutzungsplänen gemäss Art. 44 Abs. 1 LSV zugeordnet worden sind. Mit der Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall wird somit nicht eine vorläufige Planungsmassnahme festgesetzt, die bis zur ordentlichen Zuordnung dieser Stufen im Rahmen der Nutzungsplanung BGE 119 Ib 179 S. 188 Gültigkeit haben soll; es geht dabei lediglich darum, die Beurteilungsgrundlagen für den einzelnen Projektbewilligungs- bzw. Sanierungsfall zu erhalten. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut der französischen und italienischen Fassung von Art. 44 Abs. 3 LSV , wo von "cas par cas" ( BGE 117 Ib 160 ) und "caso per caso" ( BGE 116 Ib 441 ) die Rede ist. In diesem Sinn wurde diese Bestimmung auch in denjenigen Kantonen verstanden, welche die jeweilige Bau- und Projektbewilligungsbehörde für die einzelfallweise Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen als zuständig erklärt haben. So wurde diese Kompetenz im Kanton Waadt der Projektbewilligungsbehörde nach vorheriger Begutachtung durch den Service de lutte contre les nuisances zuerkannt ( BGE 117 Ib 160 ). § 14 der besonderen Bauverordnung I des Kantons Zürich vom 6. Mai 1981 (geändert am 24. Februar 1988, in Kraft seit 1. Mai 1988) legt die Zuständigkeit der Gemeindebehörde zur Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall fest, solange diese den Nutzungszonen im Verfahren der Nutzungsplanung noch nicht zugeordnet worden sind. Mit dieser Zuständigkeitsregelung wollten diese Kantone die entsprechenden Projektbewilligungsbehörden jedoch nicht mit dem Erlass vorläufiger Planungsmassnahmen betrauen. Würde man der einzelfallweisen ES-Bestimmung nämlich die Wirkung einer vorläufigen Planungsmassnahme zuerkennen, so würden damit über Jahre hinaus massgebliche Inhalte zahlreicher Nutzungsordnungen festgelegt, ohne dass dies in den Nutzungsplänen und Nutzungsvorschriften zum Ausdruck käme. Die Festsetzung vorläufiger, möglicherweise jahrelang gültiger Nutzungsplanungsmassnahmen würde wohl auch voraussetzen, dass die für den Erlass von Nutzungsplänen bestehenden Vorschriften des Raumplanungsgesetzes einzuhalten wären. Damit wären die als Planungsmassnahmen verstandenen einzelfallweise festgesetzten Empfindlichkeitsstufen etwa im Lichte von Art. 33 Abs. 1 RPG öffentlich aufzulegen sowie gemäss Art. 26 Abs. 1 RPG durch eine kantonale Behörde zu genehmigen. Das sollte aber mit der in Art. 44 Abs. 3 LSV geschaffenen Möglichkeit, die Empfindlichkeitsstufen während einer Übergangszeit in gewissen Fällen einzelfallweise festzusetzen, gerade ausgeschlossen werden. Aus diesen Ausführungen folgt, dass die einzelfallweise Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen im Sinne von Art. 44 Abs. 3 LSV keine über den Einzelfall, d.h. über den einzelnen Projektbewilligungs- bzw. Sanierungsfall, hinausgehenden Rechtswirkungen entfalten kann (vgl. ANNE-CHRISTINE FAVRE, Quelques questions soulevées par l'application de l'OPB, RDAF 1992, 316 f.). BGE 119 Ib 179 S. 189 d) Aus dem Dispositiv des angefochtenen Entscheids geht deutlich hervor, dass das Verwaltungsgericht die Parzellen Nrn. 501-504 im Sinne einer vorläufigen Planungsmassnahme der ES III zugeordnet hat. Das Verwaltungsgericht bekräftigt dies in seiner Stellungnahme an das Bundesgericht vom 11. Januar 1993, wo es schreibt, Gegenstand des angefochtenen Entscheids sei einzig die Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen. Eine allfällige Sanierungspflicht der fraglichen Anlagen stehe in diesem Verfahren nicht zur Diskussion. Es geht somit davon aus, es habe unabhängig von einem Projektbewilligungs- bzw. Sanierungsverfahren Empfindlichkeitsstufen zugeordnet, welche bis zur definitiven Zuordnung im Rahmen der Nutzungsplanung Gültigkeit haben sollen. Dieses Vorgehen widerspricht angesichts der Ausführungen in E. 2c hiervor dem Bundesrecht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit begründet, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Da die einzelfallweise Festsetzung der Empfindlichkeitsstufen untrennbar mit dem Bewilligungs- bzw. Sanierungsverfahren, für welches sie erfolgt, verbunden ist, haben die Kantone in Fällen, in denen die Zuständigkeit für die ES-Festsetzung und für den Erlass der Bewilligungs- bzw. Sanierungsverfügung bei verschiedenen Behörden liegt, dafür zu sorgen, dass dem Gebot der Koordination in geeigneter Weise Rechnung getragen wird (vgl. BGE 117 Ib 27 E. 6 mit Hinweisen; ANNE-CHRISTINE FAVRE, a.a.O., 316). Dies bedeutet, dass anlässlich eines Bau- oder Betriebsbewilligungs- bzw. Sanierungsverfahrens auch die Frage der massgebenden Empfindlichkeitsstufen zu klären ist. Sind die Empfindlichkeitsstufen, wie hier, noch nicht im Rahmen der Nutzungsplanung erlassen worden, so ist zunächst zu prüfen, ob im Hinblick auf das betreffende Vorhaben und die konkreten Umstände eine einzelfallweise Zuordnung zweckmässig ist bzw. überhaupt in Frage kommt. Je nach der Grösse des Gebiets, auf welches sich der Lärm der in Frage stehenden Anlage auswirkt, erscheint die ES-Festsetzung auf dem Wege der Nutzungsplanung als empfehlenswert oder gar als geboten oder es kann ein einzelfallweises Vorgehen ins Auge gefasst werden (vgl. BGE 118 Ib 75 , 117 Ib 27). Im vorliegenden Fall dürfte sich eine ES-Zuordnung im Rahmen der Nutzungsplanung nicht zuletzt auch mit Blick auf die nachstehend erwähnten verfahrensrechtlichen Probleme, welche das einzelfallweise Vorgehen mit sich bringt, zumindest empfehlen. Auch das Verwaltungsgericht argumentiert im angefochtenen Entscheid primär mit planerischen Überlegungen (Zulassung einer erhöhten Störungsintensität im Übergangsbereich BGE 119 Ib 179 S. 190 zwischen Schreinereibetrieb und Wohnnutzung), die grundsätzlich im Nutzungsplanungsverfahren, das ein grösseres Gebiet betrifft, zu behandeln sind. Wenn für ein konkretes Bau- oder Sanierungsvorhaben die Zuordnung einer Empfindlichkeitsstufe im Einzelfall in Aussicht genommen wird, so ist in verfahrensmässiger Hinsicht zu berücksichtigen, dass den nach Art. 6 VwVG und Art. 103 OG als Parteien in Frage kommenden Personen und Organisationen die Wahrung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör vor Erlass der Verfügung ermöglicht werden muss (vgl. BGE 118 Ib 75 , BGE 117 Ib 160 E. 2c). Dies geschieht nach dem massgebenden kantonalen Recht in der Regel durch die Veröffentlichung des Bau- oder Sanierungsvorhabens im amtlichen Publikationsorgan mit dem Hinweis, dass die Zuordnung einer Empfindlichkeitsstufe im Einzelfall in Aussicht genommen wird (vgl. BGE 117 Ib 28 betr. Sanierungserleichterungen; s. auch BGE 117 Ib 186 E. 2c). Auf diese Weise erhalten die vom Lärm der Anlage Betroffenen Kenntnis vom Vorhaben und auf dem Wege der Einspracheerhebung auch Parteistellung im Verfahren (s. auch Art. 30a VwVG ). e) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird in der vorliegenden Angelegenheit zu prüfen sein, ob der Sägereibetrieb von X. sanierungsbedürftig ist. Diese Frage dürfte nach der Aktenlage unabhängig von der Frage, ob die Grundstücke der Beschwerdeführer der ES II oder III zugeordnet werden, zu bejahen sein. Aus dem Lärmgutachten der G. Bauphysik AG vom 8. März 1991 ergibt sich nämlich, dass beim Haus der Beschwerdeführer A. der Immissionsgrenzwert der ES III überschritten ist. Bei dieser Sachlage wird im Rahmen des Sanierungsverfahrens neben der Frage der massgebenden Empfindlichkeitsstufen auch zu beurteilen sein, inwieweit die Lärmbelastung bereits gestützt auf Art. 11 Abs. 2 und Art. 12 USG reduziert werden kann. Sollte trotz der entsprechenden Massnahmen eine Überschreitung der massgebenden Belastungsgrenzwerte vorliegen oder zu erwarten sein, so wäre in Anwendung von Art. 11 Abs. 3 USG eine Verschärfung der Emissionsbegrenzungen (z.B. strengere Betriebsvorschriften, weitere Schallisolation etc.) zu prüfen. Soweit die Sanierung unverhältnismässige Betriebseinschränkungen oder Kosten verursachen würde, könnten auch Erleichterungen geprüft werden ( Art. 14 Abs. 1 lit. a LSV ). Das Bundesgericht kann dem Entscheid über die Sanierung des Sägereibetriebs nicht vorgreifen. Zunächst sind für den Erlass einer Sanierungsverfügung weitere Abklärungen erforderlich. Die BGE 119 Ib 179 S. 191 verschiedenen nach kantonalem Recht zuständigen Behörden sind verpflichtet, die für den Erlass einer Sanierungsverfügung erforderlichen Abklärungen vorzunehmen und gestützt auf deren Ergebnisse die gesetzlich vorgeschriebenen Anordnungen zu treffen. 3. Das EDI weist in seiner Stellungnahme vom 23. Dezember 1992 darauf hin, dass die bernischen Verwaltungsbehörden im Rahmen einer den Sägereibetrieb von X. betreffenden Baubewilligung vom 21. Dezember 1988 für die benachbarten Wohngrundstücke bereits die ES II einzelfallweise festgesetzt hätten. Aus den Akten dieses Baubewilligungsverfahrens ergibt sich, dass damals tatsächlich die ES II als massgebend bezeichnet worden ist. Dies geschah aber für die Beurteilung der Baubewilligung betreffend eine Lärmschutzwand und einer Überdeckung, also für bauliche Massnahmen, die für sich genommen keinen Lärm verursachen dürften, sondern sogar eine Lärmschutzwirkung aufweisen. Die Wirkung der in diesem Baubewilligungsverfahren festgesetzten ES beschränkt sich auf die bewilligten baulichen Massnahmen und erstreckt sich nicht auf das noch durchzuführende Sanierungsverfahren, in welches der gesamte Schreinereibetrieb einzubeziehen sein wird. 4. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben ist. Die Angelegenheit wird zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zurückgewiesen.
public_law
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e420c831-7196-469b-afbb-9a3c964c1bb6
Urteilskopf 102 V 83 20. Arrêt du 30 avril 1976 dans la cause Société d'assurance mutuelle en cas de maladie Le Progrès contre Guillod et Tribunal cantonal neuchâtelois des assurances
Regeste Den Schaden, welchen der Versicherte durch Ausfall von Arbeitslosenentschädigungen erleidet, wenn sein Arbeitsvertrag während der Krankheit endet, deckt grundsätzlich die Krankengeldversicherung ( Art. 12bis Abs. 1 KUVG ).
Sachverhalt ab Seite 83 BGE 102 V 83 S. 83 A.- A. Guillod, ouvrier horloger, marié et père de famille, est assuré depuis 1938 auprès d'une caisse reconnue, la Société d'assurance mutuelle en cas de maladie Le Progrès, coopérative qui a son siège au Locle. Souffrant d'une affection cardio-vasculaire et d'une diminution de l'acuité visuelle, le prénommé éprouva, dès 1973, une certaine difficulté à trouver un emploi convenable. Après avoir dû renoncer au bout de quelques mois à la fonction, trop pénible, d'aide-concierge au Gymnase cantonal, il entra au service de la Société des garde-temps S.A., dans un atelier dont il ne supporta pas l'atmosphère de tabagie, puis de la Manufacture d'horlogerie R. S.A., qu'il lui fallut quitter en cours d'essai, parce que sa vue ne lui permettait pas de traiter les pièces extrêmement petites qui lui étaient confiées. Ces différents employeurs lui ont décerné des certificats élogieux. A. Guillod donna connaissance le 27 janvier 1975 à R. S.A. de l'obligation où il se trouvait de mettre fin à son engagement à l'essai pour le 31 du même mois; ce congé fut accepté. Le 28 janvier, il tomba malade et subit de ce fait une incapacité de travail qui dura jusqu'au 2 mars 1975. Par l'intermédiaire de l'office communal de placement, il retrouva un emploi dès le 1er avril 1975 auprès de la Compagnie des montres S. S.A. BGE 102 V 83 S. 84 Lorsqu'il quitta R. S.A. et qu'il tomba malade à la fin de janvier 1975, A. Guillod s'annonça régulièrement à sa caisse-maladie, d'une part, et à la Caisse cantonale neuchâteloise d'assurance contre le chômage, à laquelle il est affilié, d'autre part. Statuant selon la procédure applicable aux "cas douteux" (art. 13 al. 3 et 24 al. 3 LAC), l'Office cantonal du travail décida le 15 avril 1975 que le requérant serait indemnisé de son chômage pour la période du 3 au 31 mars 1975. Selon cette autorité, l'intéressé avait dû pour des motifs qui ne lui étaient pas imputables renoncer à être engagé par R. S.A., mais, du 1er février au 2 mars 1975, il avait été malade et, par conséquent, temporairement inapte à être placé. Guillod reçut une indemnité de 59 fr. 90 par jour. Quant à la caisse-maladie, elle accorda à son membre les prestations convenues concernant les frais médicaux et pharmaceutiques, ainsi que - pour les 29, 30 et 31 janvier 1975 - trois indemnités journalières de 40 fr., montant pour lequel A. Guillod s'était assuré. Pour la période du 1er février au 2 mars 1975, elle réduisit l'indemnité journalière au minimum statutaire de 4 fr., parce qu'à son avis, même si Guillod n'avait pas été malade durant ces 30 jours, il aurait été sans travail et n'aurait rien gagné. Elle exprima cette opinion dans des lettres des 17 avril et 5 mai 1975, mais ne prit pas de décision formelle. B.- Le 18 août 1975, A. Guillod écrivit au Tribunal cantonal neuchâtelois des assurances pour lui exposer son cas et lui demander de lui faire verser par la caisse-maladie Le Progrès 40 fr. au lieu de 4 fr. par jour du 1er février au 2 mars 1975. L'intimée entra en matière sur le fond et conclut implicitement à libération. Le Tribunal des assurances considéra: qu'il se trouvait en présence d'un recours recevable; qu'il était inéquitable d'assimiler le travailleur tombé au chômage durant une maladie à une personne sans activité lucrative et de lui allouer pour ce motif une indemnité journalière dérisoire; qu'en cela la loi présentait une lacune; qu'il appartenait au juge de combler celle-ci en n'admettant pas qu'un tel chômage supprime tout droit à l'indemnité journalière conventionnelle. Le 13 octobre 1975, il admit donc le recours, annula la "décision" attaquée BGE 102 V 83 S. 85 et invita l'intimée à statuer à nouveau dans le sens des considérants. C.- Agissant au nom de la caisse-maladie, Me B. a formé en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Il se prévaut des dispositions de la LAMA et des statuts de la caisse qui interdisent la surassurance, conteste que la loi présente une lacune véritable et conclut au rétablissement de la "décision" attaquée. L'intimé conclut au rejet du recours; il produit plusieurs pièces. Dans son préavis, l'Office fédéral des assurances sociales argue principalement de la jurisprudence selon laquelle n'est pas censé avoir renoncé à une activité lucrative tout assuré malade qui se trouve momentanément sans engagement déterminé. Il se rallie aussi au raisonnement que les premiers juges fondent sur l'équité. Il propose de rejeter le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 26 al. 1 LAMA, l'assurance ne doit pas être une source de gain pour les assurés. Aussi l'indemnité journalière prévue par l'art. 12bis de la loi ne peut-elle excéder en principe la perte de gain effectivement subie du fait de la maladie: une personne sans activité lucrative ne recevra que l'indemnité minimale prévue par la loi (2 fr. par jour) ou les statuts, dans la mesure où ces derniers la limitent à une somme symbolique. Selon la jurisprudence, la résiliation du contrat de travail, pendant une période d'incapacité de travail due à la maladie, ne confère pas à l'assuré la qualité de personne sans activité lucrative (RJAM 1972 p. 132, ATFA 1968 p. 167). Le Tribunal fédéral des assurances a en outre précisé que la réduction de l'indemnité journalière au minimum légal n'est possible que s'il est vraisemblable que l'assuré ne reprendra plus aucune activité lucrative (ATFA 1969 p. 127). Selon les arrêts précités, n'est donc pas réputé sans activité lucrative l'assuré dont le contrat de travail prend fin durant la maladie et qui, dans le cours normal des choses, chercherait et trouverait du travail à brève échéance s'il était en bonne santé. Un tel assuré encourt dès lors une perte de salaire, qu'il BGE 102 V 83 S. 86 incombe à l'assurance-maladie d'indemniser. Le principe demeure-t-il valable lorsque l'assuré malade ne serait pas en mesure de trouver dans de brefs délais une nouvelle activité, par exemple en raison de la conjoncture, et qu'il perdrait du fait de la maladie les prestations de l'assurance-chômage? Il paraît indiqué, dans de semblables circonstances, de considérer que les indemnités de l'assurance-chômage se substituent au salaire et, partant, que la maladie occasionne un préjudice qu'il appartient à l'assurance-maladie de réparer dans la mesure où l'assurance souscrite - dont les prestations ne sauraient être réduites - le permet. Cette solution est en accord avec la pratique administrative proposée par l'Office fédéral des assurances sociales dans RJAM 1975 p. 75 ch. 2. 2. L'intimé est tombé malade le 28 janvier 1975, son engagement s'est terminé le 31 du même mois, il a recouvré sa capacité de travail le 3 mars et obtenu un emploi dès le 1er avril. Il est fort probable, vu les difficultés de l'industrie horlogère que, s'il était demeuré apte au travail, il n'aurait pas trouvé une place avant le mois d'avril. Néanmoins, on l'a vu, cette période de chômage involontaire relativement courte n'a pas fait de l'assuré une personne sans activité lucrative. Le refus des indemnités de chômage pour la période du 28 janvier au 2 mars 1975 constitue donc une perte que la caisse-maladie doit indemniser en application de ce qui a été dit plus haut. Le jugement cantonal qui reconnaissait à l'intéressé le droit aux indemnités journalières de l'assurance-maladie jusqu'à concurrence des prestations d'assurance-chômage effectivement versées ou théoriquement possibles et qui invitait la caisse-maladie à rendre une nouvelle décision dans ce sens, ne prête par conséquent pas le flanc à la critique; aussi doit-il être confirmé... Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours de droit administratif est rejeté.
null
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e43464a3-31ad-4398-b93a-1d26dcd7b5f2
Urteilskopf 110 Ib 332 55. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Dezember 1984 i.S. Staat Zürich gegen X. und Mitbeteiligte, Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Raumplanung. Rechtsmissbrauchsverbot (Treu und Glauben). Es ist mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, einen Privaten die Nachteile einer neuen Ordnung tragen zu lassen, wenn die von der Behörde zu verantwortende ungebührlich lange Verfahrensdauer zur Folge hatte, dass das neue Recht (in casu: Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22.6.1979) noch vor dem Entscheid in Kraft treten konnte. In einem solchen Fall ist das für den Privaten günstigere alte formelle (E. 2-3) bzw. materielle (E. 4) Recht anzuwenden.
Sachverhalt ab Seite 332 BGE 110 Ib 332 S. 332 Der Regierungsrat des Kantons Zürich erliess am 23. Juli 1970 die Verordnung zum Schutze des Orts- und Landschaftsbildes von Ellikon am Rhein (nachfolgend Schutzverordnung genannt), wodurch Ellikon am Rhein und seine Umgebung zur Erhaltung der Landschaft in ihrer Gesamtwirkung und zur Wahrung der ländlichen Eigenart des Ortsbildes als geschütztes Gebiet erklärt wurden BGE 110 Ib 332 S. 333 (§ 1 der Schutzverordnung). Das Schutzgebiet umfasst fünf Zonen mit unterschiedlichen Eigentumsbeschränkungen. Die Verordnung trat am 7. August 1970 in Kraft. Durch die Schutzverordnung wurden die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke der Beschwerdegegner ganz oder teilweise dem Landschaftsschutzgebiet (II. Zone) bzw. dem Landwirtschaftsgebiet (III. Zone) zugewiesen. Diese Parzellen lagen nach dem ersten, damals geltenden Zonenplan der Gemeinde Marthalen vom 4. Februar/4. März 1965 in der Wohnzone für Einfamilienhäuser. Die Grundeigentümer forderten mit Eingabe vom 19. Februar 1971 Entschädigung für materielle Enteignung. Das Verfahren zog sich in die Länge. Erst rund 10 Jahre später verpflichtete die Schätzungskommission IV den Staat Zürich mit Schätzungsentscheid vom 9. Januar 1981, den Beschwerdegegnern für die aus der Schutzverordnung fliessenden Eigentumsbeschränkungen Entschädigungen in der Höhe von Fr. 15.-- per m2 bzw. Fr. 20.-- per m2, total Fr. 869'600.--, zu bezahlen und zum jeweiligen Zinsfuss der Zürcher Kantonalbank für bestehende erste Hypotheken auf Wohnliegenschaften zu verzinsen. Der Staat Zürich zog diesen Entscheid ans Verwaltungsgericht weiter, welches die vom Staat Zürich zu leistende Entschädigung mit Entscheid vom 14. Mai 1982 (eröffnet am 30. September 1982) - somit mehr als elf Jahre nach Anmeldung der Forderung - auf total Fr. 572'363.-- herabsetzte. Das Gericht nahm im Sinne seiner Rechtsprechung an, die Schutzzone habe einen gefestigten Verkehrswert getroffen und einen gängigen Preis dauernd zerstört. Gegen diesen Entscheid erhob der Staat Zürich Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass der Staat den Beschwerdegegnern keine Entschädigung aus materieller Enteignung schulde. Das Bundesgericht tritt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Beschwerdegegner sind der Meinung, das Verfahren sei in untragbarer Weise verzögert worden. Da für diese Verzögerung die kantonalen Behörden verantwortlich seien, dürfe der Kanton daraus keinen Vorteil ziehen. b) Es ist zunächst zu prüfen, ob der von den Beschwerdegegnern erhobene Vorwurf der Verschleppung gerechtfertigt ist. BGE 110 Ib 332 S. 334 Nach zürcherischem Recht hat das allenfalls entschädigungspflichtige Gemeinwesen mangels Verständigung das amtliche Schätzungsverfahren gemäss Gesetz betreffend die Abtretung von Privatrechten vom 30. November 1879 einzuleiten (§ 9). Wenn in der Folge die Parteien gegen den Schätzungsentscheid Einsprache erheben (§§ 45 und 46), entscheidet das Verwaltungsgericht, wobei das Gemeinwesen als Kläger auftritt (§ 49). Das Verwaltungsgericht berücksichtigt den Schätzungsentscheid im Sinne eines gerichtlich erhobenen Expertenberichts (§ 51). Diese Verfahrensregelung, die vom üblichen Enteignungsverfahren abweicht, indem es in jedem Falle die aktive Rolle im Verfahren dem Gemeinwesen zuweist, verstärkt dessen Verantwortung. Im vorliegenden Falle hat das zuständige Statthalteramt Andelfingen auf Zuschrift vom 26. September 1975 der Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich am 30. September 1975 das Schätzungsverfahren eingeleitet, somit erst rund viereinhalb Jahre nach Forderungsanmeldung. Alsdann verstrichen rund weitere fünfeinviertel Jahre bis zum Entscheid der Schätzungskommission vom 9. Januar 1981. Wie der Gemeinderat Marthalen in seiner Vernehmlassung vom 21. Januar 1983 darlegt und am Augenschein bestätigt wurde, ist die Verzögerung des Verfahrens auf die nicht ordnungsgemässe Behandlung der Entschädigungsforderungen, die aus der Zonenordnung der Gemeinde hergeleitet wurden, zurückzuführen. Das Schätzungsverfahren hiefür hätte die Gemeinde rechtzeitig einleiten sollen. In der irrigen Annahme, diese Forderungen würden mit dem Erlass der Schutzverordnung hinfällig, leitete die Gemeinde das Schätzungsverfahren jedoch erst am 22. April 1977 ein. Die Durchsicht der Akten bestätigt, dass eine gewisse Unklarheit über den Verfahrensablauf durch die beruhigenden und wohlwollenden Äusserungen der kantonalen Vertreter ausgelöst wurde (vgl. Protokolle vom 21. April 1970 und 10. Juni 1970). Die Gemeinde war der Meinung, der Kanton habe für alle Entschädigungen - auch diejenigen aus ihrer Zonenordnung 1965 - aufzukommen, was ihr von der kantonalen Baudirektion auch zugesichert worden war. Doch wurden die Forderungen aus der Zonenordnung 1965 an die kantonale Finanzdirektion weitergeleitet, wovon der Leiter des Büros für Landerwerb gemäss seiner Aussage erst an einer Schätzungsverhandlung im Jahre 1976 Kenntnis erhielt (siehe Aussage Dr. Bopp an der Schätzungsverhandlung vom 2. November 1977). BGE 110 Ib 332 S. 335 Die vom Leiter des Büros für Landerwerb mit dem Gemeinderat geführten Verhandlungen führten zu einem unter den üblichen Genehmigungsvorbehalten verbindlichen Angebot vom 14. Januar 1974. Aus der Antwort des Gemeinderates vom 31. Januar 1975 ergibt sich, dass die Beschwerdegegner dem Angebot zustimmten. Dennoch kamen die Entschädigungsverträge nicht zustande, weil das Büro für Landerwerb vom Gemeinderat verlangte, er müsse von den weiteren Eigentümern, deren Forderungen der Staat ablehnte, eine Verzichtserklärung beibringen, ein Anliegen, dem der Gemeinderat nicht entsprechen konnte. Aus diesem Grunde wurde am 30. September 1975 das Schätzungsverfahren eingeleitet. In der Folge wurde dessen Ablauf bis zum Entscheid über das erst am 22. April 1977 von der Gemeinde eingeleitete Schätzungsverfahren unterbrochen. Dieser Verfahrensablauf lässt klar erkennen, dass die Verzögerung des Verfahrens sowohl der Gemeinde als auch dem Kanton zur Last zu legen ist. Wohl haben die Beschwerdegegner keine energischen Schritte zur Beschleunigung des Verfahrens unternommen, doch ist dies verständlich, da sie darauf vertrauen durften, die zuständigen Behörden würden die ihnen zustehende aktive Rolle richtig ausüben, um entweder zu einer Verständigung oder innert nützlicher Frist zu einem Entscheid zu gelangen. c) Die aussergewöhnlich lange Dauer des Verfahrens ist als ungebührlich zu bezeichnen. Sie widerspricht den aus Art. 4 BV fliessenden Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren. Auch wenn für die abschliessende Beurteilung von Entschädigungsbegehren aus materieller Enteignung im allgemeinen mit einem grossen Zeitaufwand gerechnet werden muss, ist das tragbare Mass deutlich überschritten. Es ist kaum verständlich, dass es den Behörden der Gemeinde und des Kantons nicht gelang, die Behandlung der aus dem Zonenplan und der Schutzverordnung hergeleiteten Entschädigungsbegehren zu koordinieren. Die Verzögerung des Schätzungsverfahrens um mehrere Jahre hätte vermieden werden können, wenn die Gemeinde das Verfahren spätestens gleichzeitig mit dem Kanton eingeleitet hätte. Dass die Schätzungskommission die beiden Verfahren trennte, mag naheliegen, ist jedoch von der Sache her keineswegs zwingend. Die Kommission hatte in beiden Verfahren die gleichen Fragen aufgrund der Erhebungen über den Liegenschaftsmarkt zu entscheiden, wobei der Obmann der Kommission die Beweisverfügung hinsichtlich BGE 110 Ib 332 S. 336 der nun streitigen kantonalen Schutzzonenentschädigung bereits am 13. Dezember 1975 getroffen hatte. Schliesslich beweist der Ablauf des von der Gemeinde am 22. April 1977 eingeleiteten und letztinstanzlich mit Entscheid des Verwaltungsgerichts am 4. September 1979 abgeschlossenen Verfahrens, dass zweieinhalb Jahre genügen, um zum Abschluss zu gelangen. Es steht daher ausser Frage, dass bei rechtzeitiger Einleitung und Koordination der beiden Verfahren der Entscheid des Verwaltungsgerichts längst vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes hätte ergehen können. Selbst wenn zusätzlich zweieinhalb Jahre für die Verständigungsbemühungen eingerechnet werden, hätte das Verfahren zweifellos in fünf Jahren seit Forderungsanmeldung abgeschlossen werden können. Eine längere Dauer ist in der vorliegenden Sache, die keineswegs aussergewöhnliche Schwierigkeiten bot, klarerweise nicht mehr angemessen. Nach der Rechtsprechung ist eine ungebührliche Verfahrensverzögerung den Behörden nicht nur dann zur Last zu legen, wenn sie das Verfahren absichtlich bis zum Inkrafttreten neuen Rechts aufgeschoben haben. Entgegen der in der Literatur zum Teil geäusserten Vermutung (siehe u. a. ALFRED KÖLZ, Intertemporales Verwaltungsrecht, ZSR 1983 II S. 207 f.) genügt es, wenn die ungebührliche Verzögerung aus objektiven Gründen der Behörde zur Last fällt (so ausdrücklich auch IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 15, II, 4b, S. 97, und besonders deutlich im nicht veröffentlichten Bundesgerichtsurteil Sigg vom 12. Juli 1978, E. 4b, S. 10: "... wenn die Bewilligungsbehörde ihren Entscheid absichtlich bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts hinausgezögert hat oder wenn ihr sonst eine Verzögerung in der Behandlung des Gesuches anzulasten ist ..."). d) Aus diesen Erwägungen folgt, dass das Entschädigungsverfahren für die aus der kantonalen Schutzverordnung vom 23. Juli 1970 hergeleiteten Forderungen bei einem rechtsstaatlichen Verfahrensablauf vor Inkrafttreten des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes am 1. Januar 1980 hätte abgeschlossen werden können und müssen. 3. a) Das Rechtsmissbrauchsverbot als Teil des Grundsatzes von Treu und Glauben, welcher auch im öffentlichen Recht gilt ( BGE 94 I 520 E. 4a; KATHARINA SAMELI, Treu und Glauben im öffentlichen Recht, in ZSR 96 II S. 302 ff.; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Vertrauensschutz im öffentlichen Recht, S. 43; MERZ, N. 511 ff. zu Art. 2 ZGB ), untersagt die zweckwidrige Verwendung BGE 110 Ib 332 S. 337 eines Rechtsinstitutes zur Verwirklichung von Interessen, die dieses Rechtsinstitut nicht schützen will ( BGE 94 I 667 ). Es geht nach rechtsstaatlichen Erwägungen nicht an, einen Privaten die Nachteile einer neuen Ordnung tragen zu lassen, wenn die von der Behörde zu verantwortende ungebührlich lange Verfahrensdauer zur Folge hatte, dass das neue Recht noch vor dem Entscheid in Kraft treten konnte. Würde in einem solchen Fall die Anwendung des neuen Rechts zu einer Benachteiligung des Privaten und zu einem Vorteil des Kantons führen, muss dies zur Folge haben, dass das alte Recht anzuwenden ist. (In diesem Sinne die Rechtsprechung zur Verzögerung von Bewilligungsverfahren, BGE 99 Ia 122 E. 4b; BGE 107 Ib 138 E. 3) b) Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Raumplanung erwuchs dem Kanton Zürich der Vorteil, dass er den Entscheid des Verwaltungsgerichts mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechten konnte ( Art. 34 Abs. 2 RPG ). Vor dem 1. Januar 1980 stand einem Gemeinwesen keine Befugnis zu, einen solchen Entscheid ans Bundesgericht weiterzuziehen ( BGE 107 Ib 222 E. 2). c) Da wie dargelegt die Behörden die ungebührlich lange Dauer des Verfahrens zu verantworten haben und das Entschädigungsverfahren bei einem rechtsstaatlichen Verfahrensablauf vor dem Inkrafttreten des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes am 1. Januar 1980 hätte abgeschlossen werden können und müssen, ist es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, dass der Kanton Zürich von der ihm erst seit dem 1. Januar 1980 zustehenden Möglichkeit, das Verwaltungsgerichtsurteil ans Bundesgericht weiterzuziehen, Gebrauch machen kann. Sonst würde er Nutzen ziehen aus einer ungebührlichen Verzögerung, die ihm selber zur Last fällt. Auf die Beschwerde kann deshalb nicht eingetreten werden. 4. a) Selbst wenn man annehmen wollte, das Prinzip von Treu und Glauben führe nicht dazu, dass dem Kanton die Befugnis, Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben, abzusprechen wäre, könnte er mit seiner Beschwerde keinen Erfolg haben. Denn der Kanton könnte aus den erwähnten rechtsstaatlichen Gründen zumindest nicht einen Vorteil für sich beanspruchen, der ihm aus der materiellrechtlichen Situation nach dem 1. Januar 1980 erwüchse. Wenn das alte Recht, wie es vor dem Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes galt, für den privaten Grundeigentümer günstiger war, hat er nach dem Gesagten Anspruch darauf, dass es und nicht das neue Recht angewendet werde. BGE 110 Ib 332 S. 338 b) Gemäss dem bundesrechtlichen Begriff der materiellen Enteignung, dessen Umschreibung durch das Bundesgericht wiederholt publiziert wurde ( BGE 109 Ib 15 f. E. 2 mit Hinweisen), kann von einer materiellen Enteignung der Beschwerdegegner entgegen der vom Verwaltungsgericht in seiner Vernehmlassung ausgesprochenen Meinung nicht die Rede sein. Die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke der Beschwerdegegner waren in dem für die Beurteilung massgebenden Zeitpunkt (Veröffentlichung der Schutzverordnung vom 23. Juli 1970, § 23) aus rechtlichen Gründen nicht - auch nicht in naher Zukunft - überbaubar. Der Weiler Ellikon besass keine den Anforderungen des damals geltenden Bundes- und kantonalen Rechts entsprechenden Abwasseranlagen (Eidg. Gewässerschutzgesetz vom 16. März 1955; kantonales Wassergesetz vom 2. Juli 1967, Wassergesetz). Auch wenn die Grundstücke gemäss der früheren Bauordnung Marthalen vom 4. März/3. Juni 1965 in einer Bauzone für Einfamilienhäuser lagen, war eine Überbauung mit Wohnhäusern nicht möglich, weil die häuslichen Abwässer einer Kanalisation hätten zugeführt werden müssen (§ 87 Wassergesetz). Provisorische Lösungen konnten nur in Ausnahmefällen gestattet werden (§ 88 Wassergesetz). Es konnte daher auch nicht mit einer Überbauung in naher Zukunft gerechnet werden, schloss doch das Erfordernis einer Ausnahmebewilligung eine derartige Annahme aus ( BGE 106 Ia 373 E. 2b). Ein entsprechendes, im Jahre 1968 für Parzelle Nr. 1730 eingereichtes Gesuch wurde übrigens am 8. Mai 1968 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht stellte richtigerweise selbst fest, ein potentieller Käufer hätte nicht mit einer Überbauung vor 10-15 Jahren rechnen können. Eine materielle Enteignung gemäss dem bundesrechtlichen Begriff des Raumplanungsgesetzes liegt somit nicht vor. c) Vor dem Inkrafttreten des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes hatten die Kantone die Freiheit, den Begriff der materiellen Enteignung weiter zu fassen und kantonalrechtlich eine Entschädigung auch in Fällen zu gewähren, in denen sie nach Art. 22ter BV nicht geschuldet war. In diesem Sinn hat das Verwaltungsgericht entschieden. Nach dem Rechtszustand, wie er vor dem Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes gegeben war, ist sein Urteil nicht zu beanstanden. Es ergibt sich somit, dass die Beschwerdegegner zwar nach heutigem Recht keine Entschädigung aus materieller Enteignung beanspruchen, aber nach früherem Recht einen solchen Anspruch geltend machen können. Da die Behörden die ungebührlich lange Dauer des Verfahrens zu verantworten haben, BGE 110 Ib 332 S. 339 müsste, wenn auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingetreten werden könnte, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben die Frage der materiellen Enteignung nach der materiellrechtlichen Situation vor dem 1. Januar 1980 beurteilt werden. Wäre auf die Beschwerde einzutreten, müsste sie somit abgewiesen werden.
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1,984
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e434c004-1a7c-4273-8d57-fbee650ce4c9
Urteilskopf 137 III 289 44. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Vormundschaftsrat des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_335/2011 vom 7. Juni 2011
Regeste Fürsorgerische Freiheitsentziehung; Gutachten eines Sachverständigen. Suchtkranke gelten als psychisch Kranke im Sinne von Art. 397e Ziff. 5 ZGB . Es kann somit nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens über ein Gesuch der betroffenen Person um Entlassung aus der Anstalt entschieden werden (E. 4.1-4.3). Anforderungen an die begutachtende Person und an das Gutachten (E. 4.4 und 4.5).
Sachverhalt ab Seite 289 BGE 137 III 289 S. 289 A. A.a Der Vormundschaftsrat des Kantons Basel-Stadt ordnete mit Entscheid vom 15. November 2006 über X. (geb. 6. Dezember 1948) eine fürsorgerische Freiheitsentziehung an. Diese Massnahme wurde mit Entscheid vom 6. Dezember 2007 unter Auferlegung bestimmter Auflagen "sistiert". Insbesondere wurde X. dazu verhalten, BGE 137 III 289 S. 290 auf den Gebrauch von Kerzen in der Wohnung zu verzichten, beim Rauchen Vorsicht walten zu lassen und keinen Alkohol zu konsumieren. A.b Im Juni 2010 erstattete die Liegenschaftsverwaltung Meldung, dass die Wohnung von X. verwahrlost sei. Am Sylvester 2010 kam es zu dem nach Angaben der Polizei dritten Wohnungsbrand, wobei sich X. eine Rauchvergiftung zuzog und deswegen hospitalisiert werden musste. Anschliessend wurde sie in die UPK verlegt. Am 3. Januar 2011 meldete die Beiständin, dass X. von einem Ausgang nicht in die UPK zurückgekehrt sei. Sie wurde in der Folge von der Polizei in stark verwirrtem Zustand vorgefunden, wobei sie Schürfwunden im Gesicht aufwies und ihr Atem stark nach Alkohol roch. B. Mit Entscheid des Vormundschaftsrates des Kantons Basel-Stadt vom 9. Februar 2011 wurde die am 6. Dezember 2007 erfolgte "Sistierung" der fürsorgerischen Freiheitsentziehung aufgehoben und angeordnet, X. verbleibe in den UPK, bis eine geeignete Institution gefunden werde. X. gelangte gegen diesen Entscheid an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht, das ihren Rekurs mit Urteil vom 21. März 2011 ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens abwies. C. Die anwaltlich verbeiständete X. (Beschwerdeführerin) gelangt mit Beschwerde vom 12. Mai 2011 an das Bundesgericht und beantragt, es sei das Urteil des Appellationsgerichts vom 21. März 2011 aufzuheben und sie sei sofort aus den UPK zu entlassen. Der Vormundschaftsrat und das Appellationsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, soweit es darauf eintritt; es hebt das angefochtene Urteil auf und weist das Appellationsgericht an, die Beschwerdeführerin spätestens nach 30 Tagen seit Zustellung des begründeten bundesgerichtlichen Urteils aus den UPK zu entlassen, wobei innert dieser Frist ein neuer Entscheid im Sinne der Erwägungen vorbehalten bleibt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, aus der behaupteten Verwahrlosung, dem Wohnungsbrand und dem Vorfall vom 2. Februar 2011 ziehe das Appellationsgericht den Schluss, sie leide BGE 137 III 289 S. 291 unter einer Geisteskrankheit im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB . Mit der Erwägung, sie sei nicht mehr in der Lage, vernünftig zu denken, spreche ihr das Appellationsgericht überdies die Urteilsfähigkeit ab. Das Appellationsgericht hätte daher gestützt auf Art. 397e Ziff. 5 ZGB ein Gutachten einholen müssen, zumal schon die erste Instanz (die fürsorgerisch die Freiheit entziehende Behörde im Sinn von Art. 397b Abs. 1 ZGB ) kein Gutachten eingeholt habe. Das Appellationsgericht weist in seiner Vernehmlassung darauf hin, die Beschwerdeführerin sei nicht wegen Geisteskrankheit eingewiesen worden, womit sich die Einholung eines Gutachtens erübrigt habe. 4.2 Nach Art. 397e Ziff. 5 ZGB darf bei psychisch Kranken nur unter Beizug eines Sachverständigen entschieden werden. Psychisch Kranke im Sinne dieser Bestimmung können nicht nur Geisteskranke, sondern auch Geistesschwache, Suchtkranke oder völlig Verwahrloste im Sinne von Art. 397a Abs. 1 ZGB sein (Art. 397b Abs. 2 i.V.m. Art. 397e Ziff. 5 ZGB ; siehe zum Ganzen: Botschaft vom 17. August 1977 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches[Fürsorgerische Freiheitsentziehung] und den Rückzug des Vorbehaltes zu Artikel 5 der Konvention zum Schutze derMenschenrechte und Grundfreiheiten, BBl 1977 III 31 Ziff. 222; EUGEN SPIRIG, Zürcher Kommentar, 1995, N. 167 zu Art. 397e ZGB i.V.m. N. 68 zu Art. 397b ZGB ; THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 12 zu Art. 397 b ZGB ; ALEXANDER IMHOF, Der formelle Rechtsschutz, insbesondere die gerichtliche Beurteilung, bei der fürsorgerischen Freiheitsentziehung, 1999, S. 105 f.). Es handelt sich also um all jene Personen, die einerseits einen der fürsorgerischen Gründe gemäss Art. 397a Abs. 1 ZGB erfüllen und anderseits sinnvollerweise durch die Anstaltspsychiatrie betreut werden müssen. Eine derartige Betreuung drängt sich häufig auch bei Suchtkranken, insbesondere bei Alkoholikern oder Rauschgiftsüchtigen auf (Botschaft, a.a.O., 31 Ziff. 222). Aber auch die Bestimmungen über die fürsorgerische Unterbringung, welche jene über die fürsorgerische Freiheitsentziehung ersetzen werden, sehen in Art. 450e Abs. 3 ausdrücklich vor, dass bei psychischen Störungen gestützt auf das Gutachten einer sachverständigen Person entschieden werden muss. Dabei wird unter den Begriff der psychischen Störung auch die Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht subsumiert, da auch diese Suchterkrankungen von den Fachleuten als psychische Störungen verstanden werden (Botschaft vom 28. Juni BGE 137 III 289 S. 292 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006 7001,7043 Ziff. 2.2.2). Im vorliegenden Fall lässt sich dem angefochtenen Urteil entnehmen, dass die Beschwerdeführerin an einem bedeutenden Alkoholproblem leidet, das sich zunehmend negativ auf ihren Lebensverlauf auswirkt. 4.3 Entgegen der Ansicht des Appellationsgerichts kann somit die Einholung eines Gutachtens nicht mit dem Hinweis umgangen werden, die Anordnung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung sei nicht wegen Geisteskrankheit erfolgt. Das Appellationsgericht hat als Gericht im Sinn von Art. 397d ZGB als einzige Instanz und ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens entschieden, weshalb der angefochtene Entscheid Art. 397e Ziff. 5 ZGB verletzt (vgl. BGE 128 III 12 E. 3 und 4). Das kann aber nicht bedeuten, dass die Beschwerdeführerin ihrem Antrag entsprechend unverzüglich zu entlassen wäre. Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und es ist anzuordnen, dass die Beschwerdeführerin spätestens nach einer bestimmten Frist ab Zustellung des begründeten bundesgerichtlichen Urteils zu entlassen ist, wenn nicht innert dieser Frist ein den Anforderungen dieses Urteils entsprechender Entscheid gefällt wird. Da die Vorinstanz die Verhältnisse der Beschwerdeführerin von früheren Verfahren her kennt und nicht eine Zwangsmedikation infrage steht, rechtfertigt es sich, eine kurze Frist von 30 Tagen ab Zustellung des begründeten bundesgerichtlichen Urteils festzusetzen. 4.4 Der Gutachter gemäss Art. 397e Ziff. 5 ZGB muss ein ausgewiesener Fachmann, aber auch unabhängig sein ( BGE 118 II 249 ; BGE 119 II 319 E. 2b S. 321 f.) und er darf sich nicht bereits im gleichen Verfahren über die Krankheit der betroffenen Person geäussert haben ( BGE 128 III 12 E. 4a S. 15). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist überdies mit der geforderten Unabhängigkeit des Sachverständigen nicht zu vereinbaren, dass ein Mitglied der entscheidenden Instanz (Fachrichter) gleichzeitig als Sachverständiger amtet (Urteil N.D. gegen Schweiz vom 29. März 2001, Recueil CourEDH 2001-III S. 21 § 53). 4.5 Das gestützt auf Art. 397e Ziff. 5 ZGB anzuordnende Gutachten hat sich insbesondere über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin zu äussern, ferner darüber, wie sich allfällige gesundheitliche Störungen hinsichtlich der Gefahr einer Selbst- oder BGE 137 III 289 S. 293 Drittgefährdung, aber auch der Verwahrlosung auswirken können und ob sich daraus ein Handlungsbedarf ergibt. Ferner ist durch den Gutachter zu prüfen, ob aufgrund des festgestellten Handlungsbedarfs eine stationäre Behandlung unerlässlich ist, schliesslich, ob eine Anstalt zur Verfügung steht und wenn ja, (nötigenfalls) warum die vorgeschlagene Anstalt für die Behandlung der Beschwerdeführerin infrage kommt (zum Inhalt des Gutachtens vgl. Urteil 5A_137/2008 vom 28. März 2008 E. 3). Aufgrund des Gutachtens muss das Appellationsgericht in der Lage sein, die sich aus Art. 397a Abs. 1 ZGB ergebenden Rechtsfragen zu beantworten, nämlich ob ein Schwächezustand im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB vorliegt, ferner, ob sich daraus ein Fürsorgebedarf für die Beschwerdeführerin ergibt, sodann, ob die erforderliche persönliche Fürsorge der Beschwerdeführerin nur stationär oder aber ambulant gewährt werden kann, schliesslich, ob im Fall einer erforderlichen stationären Behandlung die vorgeschlagene Anstalt als geeignet erscheint. Das Appellationsgericht wird die Beschwerdeführerin zum Gutachten anzuhören und danach neu zu entscheiden haben.
null
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Urteilskopf 115 IV 34 7. Urteil des Kassationshofes vom 3. März 1988 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen A. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 148 Abs. 2 StGB ; Begriff der Gewerbsmässigkeit. Dass der Täter lediglich einen bestimmten Geldbetrag ertrügen will, ist für den Begriff des Erwerbseinkommens belanglos, wenn dessen Merkmale vorliegen (E. 2b). Die Bereitschaft des Täters, gegenüber unbestimmt vielen zu handeln, setzt weder unbestimmt viele Geschädigte noch Getäuschte voraus. Entscheidend ist seine Bereitschaft, in unbestimmt vielen Fällen zu handeln (E. 3b; Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 115 IV 34 S. 35 A. vereinbarte mit X., mit dessen Visakreditkarte Einkäufe zu tätigen. Sie waren übereingekommen, dass A. in verschiedenen Geschäften Waren beziehen, die Bezugsbelege mit "X." unterzeichnen und dass X. hernach der Kreditkartenorganisation melden werde, die Kreditkarte sei abhandengekommen. Sie wollten sich auf diese Weise um die Zahlungspflicht für die bezogene Ware drücken. Gemäss diesem Plan tätigte A. am 20. und 21. Februar 1986 teilweise in den gleichen Geschäften insgesamt 40 Käufe. Die Kaufbeträge lagen zwischen Fr. 92,80 und Fr. 1'376.-- und betrugen insgesamt ca. Fr. 22'000.--. Die Bezugsbelege unterzeichnete er wie vereinbart mit dem Schriftzug "X.". Am 26. und 27. Juni 1986 ging A. auf dieselbe Weise vor: Mit einer Visakreditkarte, die auf den Namen Y. lautete und die er von einer ihm angeblich unbekannten Person namens "Z." erhalten hatte, tätigte er 42 Käufe mit Beträgen von Fr. 76,90 bis Fr. 1'190.-- und insgesamt ca. Fr. 20'000.--. Die Bezugsbelege versah er jeweils mit dem Schriftzug "Y.". Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A. am 2. März 1988 wegen wiederholten fortgesetzten Betrugs sowie wiederholter und fortgesetzter Urkundenfälschung zu zwölf Monaten Gefängnis und gewährte ihm den bedingten Strafvollzug bei einer Probezeit von fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung wegen gewerbsmässigen Betrugs an die Vorinstanz zurückzuweisen. A. beantragt Abweisung der Beschwerde. BGE 115 IV 34 S. 36 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Im vorliegenden Verfahren ist einzig streitig, ob der Beschwerdegegner die Betrüge gewerbsmässig im Sinne von Art. 148 Abs. 2 StGB begangen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt gewerbsmässig, wer in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen oder bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu handeln, die Tat wiederholt verübt ( BGE 110 IV 31 E. 2 mit Hinweisen). 2. a) Die Vorinstanz ging davon aus, der Beschwerdegegner habe beabsichtigt, das Geld für die Ausreisegebühr für seine künftige Frau zu beschaffen. Da er somit in einer ganz bestimmten Absicht einen ganz bestimmten Betrag zu einem ganz bestimmten Zweck erlangt habe, sei seine Absicht nicht darauf gerichtet gewesen, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, weshalb es an der Gewerbsmässigkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung fehle. b) Diese Argumentation geht fehl. Ein Erwerbseinkommen im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis kann im Erwirken irgendwelcher Vermögensvorteile bestehen. Dabei ist ohne Belang, ob der Täter sich diese unmittelbar zur Fristung seines Lebens, zur Bezahlung von Vergnügen, zum Zweck gewinnbringender Anlage oder zur Hortung verschafft; wie bei der erlaubten Tätigkeit eines Gewerbetreibenden kommt es beim Täter ebensowenig auf den Beweggrund an, aus welchem er handelt ( BGE 110 IV 31 E. 2; BGE 71 IV 86 ). Demzufolge schliessen die Absicht des Beschwerdegegners und der Zweck, den er verfolgte, nicht aus, dass er die Taten gewerbsmässig ausführte. Auch nicht entscheidend ist, dass der Beschwerdegegner sich nur einen bestimmten Geldbetrag verschaffen wollte. Sonst dürfte der Betrüger, der zwar planmässig und während einer gewissen Dauer tätig wird, aber die Absicht hat aufzuhören, sobald er z.B. das Geld für ein 50'000fränkiges Motorfahrzeug ertrogen hat, nicht wegen Gewerbsmässigkeit verurteilt werden. Vorliegend ist vielmehr entscheidend, dass der Wert der ertrogenen Waren (ca. Fr. 42'000.--) etwa zehn Monatslöhnen des Beschwerdegegners entsprach, die Tat planmässig (jeweilige abgesprochene Übernahme der Kreditkarte und bestimmtes Vorgehen) und auf eine gewisse Dauer angelegt war; dies genügt für die Annahme eines Erwerbseinkommens, da die Rechtsprechung diesbezüglich weder einen hauptsächlichen noch BGE 115 IV 34 S. 37 regelmässigen Erwerb voraussetzt ( BGE 110 IV 31 E. 2; BGE 99 IV 88 E. 7). 3. a) Die Vorinstanz führte aus, vorliegend seien zwei voneinander unabhängige Deliktserien zu beurteilen; der Beschwerdegegner habe vor der ersten Serie die Meinung gehabt, er könne sich genügend Geld verschaffen, und er habe deshalb nicht die Absicht gehabt, später erneut derartige Betrüge zu begehen. b) Die Begriffsumschreibung der Gewerbsmässigkeit enthält als Element die Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen zu handeln. In den bisher zu beurteilenden Fällen gewerbsmässigen Betrugs hatte der Täter jeweils die Bereitschaft, unbestimmt viele zu schädigen. Dem Kreditkartenbetrug liegt der besondere Sachverhalt zugrunde, dass in der Regel lediglich die Kreditkartenorganisation geschädigt wird; je nach Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses kann aber auch dem Vertragsgeschäft oder eventuell dem unsorgfältigen Angestellten ein Schaden erwachsen. Die Anzahl der Geschädigten darf hier nicht entscheidend sein; denn wenn sich der Täter überhaupt darüber Gedanken machen sollte, wen er schädigt, wird ihm dies meist wohl gleichgültig sein. Anderseits würde der Täter, der mehrere Geschäfte schädigt, indem er ohne Kreditkarte Kreditbetrüge begeht, schlechter gestellt als derjenige, der dasselbe mittels einer Kreditkarte ausführt und dadurch nur die Kreditkartenorganisation schädigt. Die Folgen sind grundsätzlich dieselben: Der Täter hat, ohne zu bezahlen, Waren bezogen und der angerichtete Schaden und damit auch die Gefährlichkeit des Täters sind in beiden Fällen gleich. Diese gleichartigen Fälle ungleich zu behandeln, dafür besteht kein sachlicher Grund. Deshalb drängt es sich auf, nicht auf die Anzahl der Geschädigten oder Getäuschten (hier entstünden dieselben Ungerechtigkeiten) abzustellen und die Rechtsprechung dahin zu präzisieren, dass anstelle der "Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen" die "Bereitschaft, in unbestimmt vielen Fällen" zu handeln, entscheidend ist. c) Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) hatte der Beschwerdegegner die Absicht, sich das Geld für die Ausreisegebühr für seine zukünftige Frau zu beschaffen. Nachdem er in einer ersten Serie in vierzig Malen sich Waren im Wert von ca. Fr. 22'000.-- verschafft hatte und diese Beute für den benötigten Betrag nicht ausreichte, handelte er wenige Monate später in zweiundvierzig Malen ebenso. Daraus erhellt, dass der Beschwerdegegner bereit war, in unbestimmt BGE 115 IV 34 S. 38 vielen Fällen Betrüge zu begehen, bis er den fraglichen Geldbetrag beisammen gehabt hätte. 4. Da der Beschwerdegegner insgesamt in über achtzig Fällen Waren ertrog und damit auch das Merkmal der wiederholten Tatbegehung vorliegt, ist er wegen gewerbsmässigen Betrugs zu verurteilen.
null
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Urteilskopf 110 Ib 117 20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. Juli 1984 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz gegen Erbengemeinschaft Siegenthaler, Gemeinde Mosen und Regierungsrat des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG, SR 451). Art. 21 NHG : Begriff der Ufervegetation.
Sachverhalt ab Seite 117 BGE 110 Ib 117 S. 117 Der Regierungsrat des Kantons Luzern erteilte den Erben von Adolf Siegenthaler die Bewilligung, auf ihrem in der Gemeinde Mosen am Hallwilersee gelegenen Grundstück für die Erstellung eines Ferienhauses die Ufervegetation zu beseitigen. Der Schweizerische Bund für Naturschutz reichte dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 3. a) Art. 21 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) bestimmt, dass die Ufervegetation (wie Schilf- und Binsenbestände usw.) der öffentlichen Gewässer weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden darf. Die zuständige kantonale Behörde kann indessen nach Art. 22 Abs. 2 NHG die Beseitigung der Ufervegetation bewilligen, wenn es das öffentliche Interesse erfordert. Es ist zu prüfen, ob der Pflanzenbestand, dessen Beseitigung der Regierungsrat zur Erstellung des Ferienhauses bewilligt hat, Ufervegetation im Sinne dieser Bestimmungen darstellt. Der BGE 110 Ib 117 S. 118 Regierungsrat bejahte die Frage. Er führte aus, unter Ufervegetation sei die Gesamtheit der Pflanzen zu verstehen, welche im Schwankungsbereich des Wasserspiegels leben. Dazu gehörten auch die Pflanzengesellschaften der Verlandungszone. Entgegen der bundesgerichtlichen Praxis spiele die Distanz zum Ufer und die landwirtschaftliche Verwendbarkeit keine entscheidende Rolle. Es sei vielmehr darauf abzustellen, ob die Bestockung typisch für den Schwankungsbereich des Wasserspiegels sei und welches die Art des Pflanzenvorkommens sei. Ein von der kantonalen Natur- und Heimatschutzkommission eingeholtes pflanzensoziologisches Gutachten habe ergeben, dass eine Vielzahl von Feuchtigkeitsanzeigern und Sumpfpflanzen vorhanden sei. Aus diesen Gründen handle es sich beim Pflanzenbestand auf der Bauparzelle um Ufervegetation im Sinne des Natur- und Heimatschutzgesetzes. Art. 21 NHG stellt die Ufervegetation wie beispielsweise Schilf- und Binsenbestände in genereller Weise unter Schutz, umschreibt indessen nicht näher, in welchem Bereich welche Pflanzen geschützt werden sollen. Das Bundesgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Bestimmung entsprechend dem Randtitel und dem Gesetzestext auf Pflanzen anwendbar ist, welche die Ufer bedecken oder im Wasser wachsen ( BGE 98 Ib 18 , BGE 96 I 692 E. 2a). Über den unmittelbaren Uferbereich hinaus werden auch Pflanzen der Verlandungszone geschützt, sofern sie sich im Schwankungsbereich des Spiegels eines stehenden oder fliessenden Gewässers befinden (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 19. September 1972 i.S. W., E. 3). Umgekehrt ginge es zu weit, die Schutzbestimmung ohne Rücksicht auf den Schwankungsbereich auf die Vegetation einer nahe beim Ufer liegenden Wiese anzuwenden, selbst wenn dort wegen der besondern Verhältnisse gewisse Pflanzen von spezifischer Art wachsen ( BGE 98 Ib 18 ). Art. 21 NHG schützt die für den Uferbereich typischen Pflanzen; doch gehören dazu nicht irgendwelche weit vom Ufer- und Schwankungsbereich entfernte, für Feuchtgebiete typische Pflanzen, und es kann daher nicht allein auf die Arten abgestellt werden. Das Bundesgericht hat ferner angenommen, der Schutz beschränke sich auf die Vegetation der für die Landwirtschaft nicht verwendbaren Uferzone und schliesse die Pflanzen auf landwirtschaftlich genutzten Wiesen nicht ein ( BGE 98 Ib 18 ); der im vorliegenden Fall durchgeführte Augenschein hat indessen gezeigt, dass auch Pflanzen auf Streuwiesen, die im Herbst regelmässig zur Gewinnung von Streue bis zum Ufer gemäht und demnach landwirtschaftlich genutzt werden, BGE 110 Ib 117 S. 119 unter Umständen als Ufervegetation bezeichnet werden können (vgl. ROBERT IMHOLZ, Die Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes, Diss. Zürich 1975, S. 124). Gesamthaft gesehen ist für die Anwendung von Art. 21 NHG massgebend, dass die Pflanzen im Uferbereich, d.h. im Übergangsbereich zwischen Wasser und Erde wachsen (IMHOLZ, a.a.O., S. 125). Die vorhandenen Pflanzen allein sind nicht entscheidend. Es ist darauf abzustellen, ob sie sich im Schwankungsbereich des Spiegels eines stehenden oder fliessenden Gewässers befinden (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 19. September 1972 i.S. W., E. 3). Dabei dürfen auch hohe Wasserstände berücksichtigt werden, wie sie in gewissen Abständen vorkommen; hingegen sind aussergewöhnliche, nur ganz selten vorkommende Hochwasserstände ausser acht zu lassen (vgl. IMHOLZ, a.a.O., S. 124). Aufgrund dieser Kriterien ist der vorliegende Fall zu prüfen. Aus den Akten ergibt sich, dass der Parzellenteil, auf dem das Ferienhaus erstellt werden soll, rund 75 m landeinwärts von der gegen den See hin gerichteten Nordspitze des Grundstückes entfernt liegt. Der Augenschein hat bestätigt, dass sich dieser Teil nicht im eigentlichen Uferbereich im oben umschriebenen Sinne befindet. Es ist unbestritten, dass darauf verschiedene für Feuchtgebiete typische Pflanzenarten wachsen, wie sich auch aus dem pflanzensoziologischen Gutachten ergibt; doch sind nach der vorstehenden Erwägung die Pflanzenvorkommen allein nicht ausschlaggebend. Es ist auch nicht von massgeblicher Bedeutung, dass die Wiese über den Standort der projektierten Baute hinaus bis nahe an das Ufer in die Sperrzone hinein regelmässig im Herbst zur Gewinnung von Streue gemäht wird. Es ist im vorliegenden Fall vielmehr entscheidend auf den Schwankungsbereich des Spiegels des Hallwilersees abzustellen. Die offiziellen Messresultate der Messstation Mosen aus den Jahren 1953-1981 ergeben, dass der Wasserspiegel in rund der Hälfte der Jahre stets unter der Quote von 9.00 blieb; lediglich fünfmal stieg der Wasserspiegel auf die Höhe zwischen 9.10 und 9.30 an; in zwei Fällen überstieg er die Quote 9.30 (25./27. Februar 1970 und 17./22. Dezember 1981). Die bei den Akten liegende Foto vom 17. Dezember 1981 zeigt, dass das Wasser mit einer Höhe von 9.30 bis an einige Meter an den Baustandort angestiegen ist, ohne diesen zu überschwemmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich zu jenem Zeitpunkt um einen aussergewöhnlichen Hochwasserstand handelte, wie er BGE 110 Ib 117 S. 120 während 28 Jahren nur zweimal vorgekommen ist. Der streitige Platz wird demnach kaum je überschwemmt. Würde auf die Quote zwischen 9.10 und 9.30 abgestellt, die etwa alle fünf Jahre erreicht worden ist, so ergäbe sich angesichts der weitgehend flachen Parzelle bereits eine grosse Distanz zwischen dem Baustandort und dem Wasserrand. Bei dieser Sachlage kann aber nicht gesagt werden, der eigentliche Bauplatz liege im Schwankungsbereich des Spiegels des Hallwilersees. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass der Seespiegel des Hallwilersees künstlich reguliert ist, ist doch auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Demnach handelt es sich bei den Pflanzen auf dem Parzellenteil, auf dem das Ferienhaus erstellt werden soll, nicht um Ufervegetation im Sinne von Art. 21 NHG .
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Urteilskopf 98 Ib 465 68. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1972 i.S. Canadea gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung eines italienischen Arbeitnehmers. 1. Voraussetzungen des Anspruchs italienischer Arbeitnehmer auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Erw. 2). 2. Der Begriff der "schweren Klagen" im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG ; Anwendung auf den vorliegenden Fall (Erw. 3). 3. Richtlinien für die Ausübung des Ermessens beim Entscheid über die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; Ermessensmissbrauch (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 465 BGE 98 Ib 465 S. 465 Sachverhalt: A.- Der am 13. März 1938 geborene italienische Staatsangehörige Giuseppe Canadea hält sich seit März 1963 ununterbrochen in der Schweiz auf. Versehen mit der entsprechenden Bewilligung der Fremdenpolizei war er hier hauptsächlich als Hilfsarbeiter tätig. Im Sommer 1969 heiratete er in Italien die Italienerin Immacolata Surdo, die ihm auf Grund einer Nachzugsbewilligung sogleich in die Schweiz folgte. Die Eheleute haben ein Kind. Canadea wurde wegen Verstössen gegen verschiedene Verkehrsregeln von 1965 bis 1971 insgesamt sechsmal mit Bussen zwischen Fr. 15.- und Fr. 50.- bestraft. Davon abgesehen hat BGE 98 Ib 465 S. 466 sein Verhalten zu keinen Klagen Anlass gegeben. Sein Arbeitgeber schreibt über ihn, er sei seriös, pflichtbewusst und fleissig, trinke nicht und scheine seinen familiären Pflichten gut nachzukommen. Allerdings sei er sehr nervös und gehetzt und verfüge über eine sehr bescheidene Bildung und eine niedrige Intelligenz. Am 3. Juni 1971 fuhr Canadea mit dem Lieferwagen seines Arbeitgebers auf einem Fussgängerstreifen in Zürich ein älteres Ehepaar an, das im Begriffe war, die Strasse an dieser Stelle zu überqueren. Obschon er die beiden Fussgänger schon beim Heranfahren bemerkt hatte, verringerte er seine Geschwindigkeit von ca. 45-50 km/h nicht, da er annahm, sie würden anhalten, um einen Unfall zu vermeiden oder es werde ihm gelingen, vor ihnen den Fussgängerstreifen zu kreuzen. Als er sah, dass seine Annahme falsch war, war es zu spät, um den Unfall zu vermeiden. Die beiden Unfallopfer starben noch am selben Tage. Das Bezirksgericht Zürich verurteilte Canadea am 14. Dezember 1971 wegen fahrlässiger Tötung zu neun Monaten Gefängnis und einer Busse von Fr. 200.--. Mit der Gewährung des bedingten Vollzuges der Freiheitsstrafe auf eine Probezeit von vier Jahren verband es die Weisung an den Verurteilten, während der Probezeit kein Motorfahrzeug zu führen. Es verzichtete darauf, Canadea gestützt auf Art. 55 StGB des Landes zu verweisen. B.- Am 6. März 1972 wies die Fremdenpolizei des Kantons Zürich ein Gesuch Canadeas um Verlängerung der auf Ende Februar 1972 abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung ab und setzte Canadea zum Verlassen des Kantonsgebietes Frist bis zum 15. Mai 1972. Zur Begründung führte sie an, Canadea habe zu schweren Klagen Anlass gegeben und scheine nicht fähig oder nicht gewillt, sich in die hier geltende Ordnung einzufügen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies einen gegen diese Verfügung gerichteten Rekurs Canadeas am 7. Juni 1972 ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Canadea, den Entscheid des Regierungsrates vom 7. Juni 1972 mit Einschluss der dadurch geschützten Verfügung der kantonalen Fremdenpolizei vom 6. März 1972 aufzuheben, eventuell die Sache zu neuer Beurteilung an den Regierungsrat zurückzuweisen, alles unter Kostenfolge zulasten des Staates. Der Präsident der verwaltungsrechtlichen Kammer hat der Beschwerde am 1. September 1972 aufschiebende Wirkung erteilt. BGE 98 Ib 465 S. 467 D.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich und das Eidg. Justiz-und Polizeidepartement beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Eintreten.) 2. Ein italienischer Arbeitnehmer, der sich, wie der Beschwerdeführer, während mehr als fünf Jahren ordnungsgemäss und ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten hat, besitzt nach Art. 11 Ziff. 1 lit. a des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte nach der Schweiz vom 10. August 1964 (Italienerabkommen) einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für die Tätigkeit am bisherigen Arbeitsplatz, sofern keine Umstände vorliegen, die nach Art. 9 Abs. 2 ANAG den Widerruf der Bewilligung begründen würden (Art. 10 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 11 des Italienerabkommens) und auch keiner der in Art. 11 Ziff. 2 und 3 des Italienerabkommens erwähnten Sonderfälle zutrifft ( BGE 97 I 534 /35, Erw. 2 und 3 a). Unbestrittenermassen sind Ziff. 2 und 3 von Art. 11 des Italienerabkommens im vorliegenden Falle nicht anwendbar. Die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung konnte dem Beschwerdeführer deshalb lediglich aus einem der in Art. 9 Abs. 2 ANAG aufgeführten Entzugsgründe verweigert werden. In Betracht fällt hier einzig Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG in fine, wonach die Aufenthaltsbewilligung widerrufen werden kann, wenn das Verhalten des Ausländers Anlass zu "schweren Klagen" gibt. Der Regierungsrat beruft sich im angefochtenen Entscheid denn auch nur auf diesen einen Grund. 3. a) Der Begriff der "schweren Klagen" ist, wie das Bundesgericht bereits früher festgestellt hat, ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung durch die Verwaltung das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung überprüft ( BGE 97 I 535 Erw. 3a; 98 I/b 88/89 Erw. 2a mit Hinweisen). Ein unbestimmter Rechtsbegriff gewinnt seinen Inhalt aus Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift sowie aus deren Stellung im Gesetz und im Rechtssystem. Allgemein dient das Fremdenpolizeirecht des Bundes dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in der Schweiz sowie der Abwehr der Überfremdung und der Vermeidung von Störungen des Arbeitsmarktes (BGE 98 I/b 89 Erw. 2b). Gegenüber einem Arbeitnehmer, der im Genusse der BGE 98 Ib 465 S. 468 Vorteile des Italienerabkommens steht, fallen aber die Abwehr der Überfremdung und die Vermeidung der Störung des Arbeitsmarktes als Zwecke der betreffenden Erlasse ausser Betracht, sodass einzig der Schutz der geltenden Ordnung von Bedeutung bleibt ( BGE 97 I 536 Erw. 3b). Da es sich hiebei um einen polizeilichen Zweck handelt, sind die gegen den Ausländer erhobenen Vorwürfe in erster Linie nach ihrer objektiven Seite zu prüfen (vgl. BGE 98 I/b 89 Erw. 2b). b) Der vom Beschwerdeführer verschuldete tödliche Unfall zweier Fussgänger auf dem Fussgängerstreifen wiegt schwer, besonders, da er an eine Reihe anderer Verkehrsdelikte des Beschwerdeführers anschliesst, von denen jedenfalls einige eine Tendenz des Beschwerdeführers zur Missachtung der grundlegendsten Regeln im Strassenverkehr erkennen lassen. Der Beschwerdeführer erscheint so als gefährlicher Fahrzeugführer, dessen Anwesenheit in der Schweiz die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Um zu zeigen, dass er keinen Anlass zu schweren Klagen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG gegeben habe, bemüht sich der Beschwerdeführer, darzutun, dass ihn am fraglichen Unfall nur ein geringes Verschulden treffe. Abgesehen davon, dass diese Frage, nach dem, was oben ausgeführt worden ist, in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle spielt, überzeugen die Darlegungen des Beschwerdeführers zu diesem Punkte nicht. Die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Strafrichters binden zwar die Verwaltung grundsätzlich nicht. Der vom Bezirksgericht Zürich gegenüber dem Beschwerdeführer erhobene Vorwurf grober Fahrlässigkeit erscheint jedoch nach den Akten begründet, sodass kein Anlass besteht, von der Würdigung im Strafurteil abzuweichen. Mit der Annahme, der Beschwerdeführer habe Anlass zu schweren Klagen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b ANAG gegeben, hat die Vorinstanz ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten. 4. a) Es bleibt zu prüfen, ob die kantonale Fremdenpolizei und nach ihr der Regierungsrat zu Recht angenommen haben, die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers hätte widerrufen werden müssen, wäre sie nicht ohnehin abgelaufen gewesen und habe deshalb nicht erneuert werden dürfen. Ob bei Vorliegen eines der in Art. 9 Abs. 2 ANAG aufgezählten Gründe die Aufenthaltsbewilligung zu widerrufen ist, stellt das Gesetz in BGE 98 Ib 465 S. 469 das Ermessen der Verwaltung. Das Bundesgericht prüft lediglich, ob die Verwaltung ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat ( Art. 104 lit. c OG ; BGE 98 I/b 3 ff.). Im Rahmen dieser beschränkten Prüfungsbefugnis hat es insbesondere darüber zu wachen, dass die getroffene Massnahme dem polizeilichen Zweck des Gesetzes entspricht und verhältnismässig ist. Hinsichtlich der Verhältnismässigkeit finden die in Art. 16 Abs. 3 ANAV erwähnten Richtlinien analog Anwendung. Danach sind namentlich die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie durch die Massnahme drohenden Nachteile zu berücksichtigen (BGE 98 I/b 90/91 Erw. 3a mit Hinweis). b) Als polizeilicher Zweck des ANAG fällt hier, wie bereits ausgeführt, nur die Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Betracht. Gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit hat der Beschwerdeführer durch wiederholte, zum Teil schwere Verletzungen von Strassenverkehrsregeln verstossen. Davon abgesehen hat er sich jedoch, nach den vorliegenden Berichten zu schliessen, wohl verhalten. Der Regierungsrat schreibt im angefochtenen Entscheid allerdings, der Beschwerdeführer biete keine Gewähr dafür, dass sich sein Charaktermangel in Zukunft nicht auch auf einem anderen Gebiet als dem des Strassenverkehrs ungünstig auswirken werde. Diese Auffassung findet aber keine Stütze in den Akten. Gegen sie spricht insbesondere, dass der Beschwerdeführer sich nun schon mehr als neun Jahre in der Schweiz aufhält, ohne in anderen Bereichen Anlass zu Klagen gegeben zu haben. Im vorliegenden Falle geht es damit einzig darum, die Strassenverkehrsteilnehmer vor einem gefährlichen Fahrzeugführer zu schützen. Dieser Schutz ist bis Ende 1975 gewährleistet durch die dem Beschwerdeführer im Strafurteil vom 14. Dezember 1971 erteilte Weisung, während der Probezeit von vier Jahren kein Motorfahrzeug zu führen. Es darf angenommen werden, dass sich der Beschwerdeführer an diese Weisung halten wird, wenn er in der Schweiz bleiben kann, muss er doch sonst mit dem Widerruf sowohl des ihm gewährten bedingten Strafvollzuges als auch der Aufenthaltsbewilligung rechnen. Nun ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer nach Ablauf der Probezeit sich erneut als gefährlicher Fahrzeugführer erweisen wird. Dieses Risiko scheint aber selbst die Vorinstanz in Kauf zu nehmen, erklärt sie doch, dem Beschwerdeführer BGE 98 Ib 465 S. 470 sei es unbenommen, nach einer angemessenen Zeit der Bewährung aus dem Ausland ein Gesuch um Bewilligung zum neuerlichen Aufenthalt in der Schweiz einzureichen. Unter diesen Umständen diente aber die gegen den Beschwerdeführer getroffene Massnahme gar nicht ausschliesslich dem polizeilichen Zweck der ihr zugrundeliegenden Vorschriften. Sie hatte vielmehr die Bedeutung einer Nebenstrafe. Die Verwaltung durfte aber lediglich vorsorglich für den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sorgen. Mit ihrer Massnahme gegen den Beschwerdeführer hat sie ihr Ermessen missbraucht, indem sie sich bei dessen Ausübung von anderen als den nach dem Zweck des Gesetzes in Betracht fallenden Überlegungen hat leiten lassen. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde.
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Urteilskopf 121 II 241 40. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 2 octobre 1995 dans la cause E. contre Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Verhältnismässigkeitsgrundsatz. Tragweite des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes im Bereich der Rechtshilfe in Strafsachen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 241 BGE 121 II 241 S. 241 Le 22 juillet 1994, le juge d'instruction auprès du Tribunal de Grande Instance de T. a adressé aux autorités judiciaires genevoises une commission rogatoire pour les besoins d'une information pénale dirigée contre G., gérant de la société B., et divers consorts du chef de corruption active et passive, d'abus de biens sociaux, de faux et usage de faux, de complicité et de recel. Il exposait que A., alors Président du Conseil général de V. et sénateur, aurait été directement impliqué dans un processus de corruption active lié notamment à la construction de l'Ecole d'ingénieurs de T. et que tout ou partie des commissions versées à A. à l'occasion de l'attribution de ce marché public à la société B. auraient été versées sur un compte à Genève sous le pseudonyme éventuel de C. La demande tendait à obtenir des informations sur l'existence de ce compte et, dans l'affirmative, à vérifier son état au jour de la commission rogatoire ainsi que les flux financiers le concernant (provenance, mouvements et destinations des fonds du titulaire ainsi que de tous ses ayants droit économiques). Les investigations entreprises dans le cadre de cette commission rogatoire ont permis d'établir que A. avait effectivement ouvert un compte auprès de BGE 121 II 241 S. 242 la Banque X., à Genève, sous le pseudonyme de C. et que ce compte avait été crédité le 24 avril 1992 d'une somme de X. francs suisses en provenance d'un compte numéroté ouvert auprès de la Banque Y., à Genève, au nom de la société E. Le juge d'instruction genevois chargé de l'exécution de la demande a rendu le 17 mars 1995 une ordonnance de clôture partielle par laquelle il décidait de transmettre l'ensemble des documents d'ouverture du compte dont la société E. est titulaire auprès de la Banque Y., l'avis de débit de X. francs suisses, ainsi que l'extrait de compte portant mention de ce débit caviardé de tous autres mouvements. Par ordonnance du 11 juillet 1995, la Chambre d'accusation du canton de Genève a rejeté le recours formé par la société E. contre ce prononcé. Agissant par la voie du recours de droit administratif, la société E. demande au Tribunal fédéral d'annuler cette décision en ce qu'elle ordonne la communication du formulaire A/CDB indiquant le nom de son ayant droit économique ainsi que l'extrait de son compte auprès de la Banque Y. portant mention caviardée de tous les autres mouvements bancaires. Elle a produit une attestation de ses dirigeants certifiant que dans le cadre du virement litigieux, son ayant droit économique n'avait pas agi à titre personnel mais en qualité de représentant d'une société tierce établie en France. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. La recourante se plaint essentiellement d'une violation du principe de la proportionnalité. Elle reproche au juge d'instruction d'être allé au-delà de la demande d'entraide en décidant de transmettre au magistrat requérant le nom de son ayant droit économique et l'extrait caviardé du compte qu'elle détient auprès de la Banque Y. mentionnant l'opération litigieuse. a) La jurisprudence ne tient pour admissibles des mesures de contrainte au sens des art. 3 CEEJ et 64 EIMP que si elles satisfont aux exigences de la proportionnalité. Selon ce principe, l'entraide ne peut être accordée que dans la mesure nécessaire à la découverte de la vérité recherchée par les autorités pénales de l'Etat requérant. Savoir si les renseignements sollicités sont nécessaires ou simplement utiles à la procédure pénale instruite dans l'Etat requérant est une question en principe laissée à l'appréciation des autorités de cet Etat. L'Etat requis ne disposant BGE 121 II 241 S. 243 généralement pas des moyens qui lui permettraient de se prononcer sur l'opportunité de l'administration des preuves déterminées au cours de l'instruction menée à l'étranger, il ne saurait substituer sur ce point sa propre appréciation à celle des magistrats chargés de cette instruction. La coopération internationale ne peut dès lors être refusée que si les actes requis sont sans rapport avec l'infraction poursuivie et manifestement impropres à faire progresser l'enquête, de sorte que la demande apparaît comme le prétexte à une recherche indéterminée de moyens de preuve ( ATF 120 Ib 251 consid. 5c et les arrêts cités). Le principe de la proportionnalité empêche aussi l'autorité requise d'aller au-delà des mesures sollicitées par l'autorité requérante ( ATF 118 Ib 111 consid. 6 p. 125, ATF 117 Ib 64 consid. 5c p. 88 consid. 5c et les arrêts cités); au besoin, il lui appartient d'interpréter la requête selon le sens que l'on peut raisonnablement lui donner. A cet égard, rien ne s'oppose à une interprétation large de la requête, s'il est établi que, sur cette base, toutes les conditions à l'octroi de l'entraide sont remplies. Par ailleurs, ce mode de procéder évite une éventuelle demande complémentaire. b) Certes, la demande d'entraide n'exige pas formellement la communication des documents d'ouverture des comptes qui ont été débités au profit du compte C. ni, par conséquent, celle du nom de leurs titulaires ou de leurs ayants droit économiques. Elle tend en revanche à connaître la provenance des fonds ayant alimenté ce compte afin d'établir de manière plus précise les éléments de la corruption à laquelle G. et consorts sont soupçonnés d'avoir participé. Comme le relève à juste titre l'autorité intimée, la connaissance de l'identité du titulaire des comptes d'où proviennent ces fonds et de leurs éventuels ayants droit économiques est de nature à répondre à cette question. L'autorité intimée n'a dès lors pas excédé le cadre de la demande d'entraide en décidant de transmettre le nom de l'ayant droit économique de la société E. Le grief adressé à ce titre à la décision attaquée se révèle mal fondé. La recourante voit une raison supplémentaire de ne pas communiquer l'identité de son ayant droit économique dans le fait que l'ordre de virer le montant litigieux sur le compte C. émanerait en réalité d'une société tierce dont il n'aurait été que le représentant. Elle n'a toutefois pas apporté la preuve de cette allégation, l'attestation versée au dossier n'étant pas déterminante à cet égard puisqu'elle émane de ses propres dirigeants. Au demeurant, supposé établi, le fait que l'ayant droit économique aurait agi pour le compte d'une société tierce ne permettrait pas d'exclure absolument sa participation au processus délictueux décrit BGE 121 II 241 S. 244 dans la demande. S'agissant d'une question d'appréciation des preuves, il appartiendra aux autorités pénales de l'Etat requérant de la résoudre. Pour le surplus, la recourante ne prétend pas que le virement litigieux opéré sur le compte C. serait sans rapport avec le processus délictueux pour lequel G. et consorts sont poursuivis en France ou qu'il serait impropre à faire progresser l'enquête instruite à l'étranger, violant de ce fait le principe de la proportionnalité. Le recours s'avère mal fondé en tant qu'il s'en prend à la décision de transmettre le nom de l'ayant droit économique de la société E. c) La recourante s'est également opposée à la transmission de l'extrait de son compte portant la mention du débit de X. francs suisses opéré le 24 avril 1992 au profit du compte C., caviardé de tous autres mouvements. Cette pièce est de nature à établir la provenance du versement litigieux et s'inscrit ainsi dans le cadre de la demande d'entraide. Pour cette raison déjà, il se justifie de la remettre à l'autorité requérante sans qu'il soit besoin d'examiner si l'avis de débit - à la transmission duquel la recourante ne s'oppose pas - pourrait suffire à établir cet élément. Il est vrai que ce document permettra à celle-ci de connaître le nombre de mouvements de fonds opérés sur le compte de la recourante pour la période considérée. On ne voit pas en quoi la connaissance de cet élément exposerait cette dernière à une atteinte grave à ses intérêts commerciaux dès lors que l'autorité intimée a pris toutes les précautions utiles pour protéger les tiers non impliqués dans la procédure en caviardant les autres mouvements qui y sont mentionnés. Comme le Tribunal fédéral l'a déjà jugé dans une précédente cause concernant la recourante, celle-ci ne peut se prévaloir, en sa qualité de tiers impliqué dans la procédure, de la protection assurée à l' art. 10 EIMP et doit se laisser imposer les obligations résultant pour elle des traités internationaux lorsque les conditions en sont réunies, ce qui est le cas en l'espèce (arrêt en la cause 1A.71/1995 du 6 juin 1995 consid. 3c). En l'absence d'une norme conventionnelle permettant à l'Etat requis de refuser sa coopération pour protéger les intérêts particuliers des personnes touchées par les mesures d'entraide à exécuter, elle ne saurait s'opposer à la remise d'une pièce qui n'est pas sans rapport avec les faits décrits dans la demande d'entraide. L'intérêt de l'Etat requérant à faire toute la lumière sur des infractions, qui - eussent-elles été commises - pourraient objectivement être qualifiées de graves, l'emporte manifestement sur celui de la recourante à tenir secret le volume de ses affaires. BGE 121 II 241 S. 245 d) Dans ces conditions, le juge d'instruction n'a pas violé le principe de la proportionnalité en décidant de transmettre l'ensemble de la documentation d'ouverture du compte que la recourante détient auprès de la Banque Y. et l'extrait de ce compte portant mention du versement de X. francs suisses opéré le 24 avril 1992 sur le compte C.
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Urteilskopf 111 Ia 341 59. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. Dezember 1985 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft sowie Anklagekammer und II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV , persönliche Freiheit, Art. 6 Ziff. 3 EMRK ; Beaufsichtigung des Kontakts zwischen Untersuchungsgefangenem und Verteidiger. 1. Tragweite von Resolutionen und Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates (E. 3a). 2. Die Beaufsichtigung des Kontaktes zwischen Untersuchungsgfangenem und seinem Verteidiger berührt nicht die persönliche Freiheit, sondern die aus Art. 4 BV abgeleiteten Verteidigungsrechte (E. 3b). 3. Anspruch auf freien unbeaufsichtigten Kontakt zwischen Untersuchungsgefangenem und seinem Verteidiger aufgrund von Art. 4 BV (E. 3c) und nach Art. 6 Ziff. 3 EMRK (E. 3d). 4. Einschränkungen des freien und unbeaufsichtigten Kontaktes zwischen Untersuchungsgefangenem und seinem Verteidiger (E. 3e). 5. Im vorliegenden Fall stellt die Beaufsichtigung weder eine Verfassungs- noch eine Konventionsverletzung dar (E. 3f, 3g und 4).
Sachverhalt ab Seite 342 BGE 111 Ia 341 S. 342 Die Bezirkanswaltschaft Winterthur führt eine Strafuntersuchung gegen ein en grösseren Personenkreis, dem Sprengstoffdelikte, Brandstiftungen und Sachbeschädigungen angelastet werden. Zum Kreis der Verdächtigen gehört S. Er wird verdächtigt, u.a. am Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus von alt Bundesrat Friedrich, an einem Brandanschlag auf das Zivilschutzzentrum Ohrbühl in Winterthur, an der Unterwassersetzung eines Geschäftshauses und an Brandanschlägen auf zwei Schützenhäuser in Winterthur beteiligt gewesen zu sein. S. wurde am 30. März 1985 verhaftet. Nachdem die Strafverfolgung von der Bundesanwaltschaft an die Behörden des Kantons Zürich delegiert worden war, wurde S. am 28. Mai 1985 den zürcherischen Behörden überwiesen und in Untersuchungshaft belassen. Auf Ersuchen von S. lehnte es Rechtsanwalt R. ab, dessen Verteidigung zu übernehmen, empfahl aber seinen früheren Büropartner Rechtsanwalt G. In der Folge bestelle S. Rechtsanwalt G. zum erbetenen Verteidiger. Mit Verfügung vom 10. Juni 1985 ernannte der Präsident der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich Rechtsanwalt G. zum amtlichen Verteidiger von S. Von Anfang an ergaben sich Meinungsdifferenzen darüber, ob Rechtsanwalt G. mit S. unbeaufsichtigt verkehren dürfe. Am 31. Mai 1985 konnte sich der Angeschuldigte mit seinem Vertreter im Beisein eines Polizeibeamten besprechen. Am 3. Juni 1985 erhob S. bei der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich Beschwerde und stellte den Antrag, die Beaufsichtigung der Unterredung vom 31. Mai 1985 sei als ungesetzlich zu erklären und es seien ihm ab sofort unbeaufsichtigte Verteidigerbesuche zu gestatten. In einer weitern Eingabe beanstandete S. die Beaufsichtigung der Besuche vom 7. und vom 14. Juni 1985. Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich wies die Beschwerde am 27. Juni 1985 ab, und in der Folge wies auch BGE 111 Ia 341 S. 343 die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich, welche für die Behandlung entsprechender Rechtsmittel zuständig ist, den Rekurs von S. am 26. Juli 1985 ab. Gegen die Entscheide der Anklagekammer und der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich reichte S. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde ein. Er macht u.a. eine Verletzung der persönlichen Freiheit, der aus Art. 4 BV abgeleiteten Verteidigungsrechte sowie von Art. 6 Ziff. 3 EMRK geltend. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden kann. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Die zürcherischen Behörden stützten die umstrittene Massnahme, mit der dem Beschwerdeführer der unbeaufsichtigte Kontakt mit seinem Verteidiger verweigert wurde, auf § 18 der Strafprozessordnung des Kantons Zürich (StPO). Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: "1) Dem verhafteten Angeschuldigten ist schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet, soweit der Untersuchungszweck nicht gefährdet wird. 2) Sobald der Verhaft über 14 Tage gedauert hat, soll dem Angeschuldigten die Erlaubnis, sich mit dem Verteidiger frei und unbeaufsichtigt zu beraten, ohne besondere Gründe, insbesondere Kollusionsgefahr, nicht verweigert werden. Nach Abschluss der Untersuchung steht dem Angeschuldigten dieses Recht unbeschränkt zu. 3) ..." Die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich ist bei der Anwendung dieser Bestimmung davon ausgegangen, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten (Sprengstoff- und Brandanschläge) trügen "deutlich konspirativen Charakter". Aufgrund des damaligen Untersuchungsstandes sei zu vermuten, dass diese Straftaten in engem Zusammenwirken verschiedener Personen mit gleichartigen Motiven begangen worden seien. Es sei deshalb anzunehmen, die Konspiration werde im Strafverfahren mit allen möglichen Mitteln weiter betrieben. Dies scheine auch einen wichtigten Grund dafür darzustellen, dass der Beschwerdeführer bis anhin in der Untersuchung jede Aussage verweigert habe. Mithin sei davon auszugehen, dass eine hohe Kollusionsgefahr bestehe. Richtig sei zwar, dass der Kontakt zwischen Angeschuldigtem und Verteidiger das Fundament jeder Verteidigung darstelle, weshalb nach der angeführten Bestimmung nach vierzehntätiger BGE 111 Ia 341 S. 344 Haftdauer freie und unbeaufsichtigte Gespräche zwischen diesen beiden Personen ohne besondere Gründe nicht verweigert werden dürften. Mit dieser Bestimmung werde aber auch festgehalten, dass der Grundsatz des unbeaufsichtigten Verkehrs der Einschränkung zugänglich sei. Nach Lehre und Rechtsprechung stelle Kollusionsgefahr nur dann einen "besonderen Grund" zur Einschränkung des freien Verkehrs mit dem Verteidiger dar, wenn sie auch auf seiten des Verteidigers vorliege. Hierfür müssten konkrete Anhaltspunkte gegeben sein, doch sei zu berücksichtigen, dass dabei die Wahrscheinlichkeit eines künftigen Sachverhaltes zu beurteilen sei, weshalb es sich um eine ausgesprochene Ermessensfrage handle. Es folgen Erwägungen darüber, dass bei Rechtsanwalt G. Kollusionsgefahr bestehe, und zwar vor allem wegen seiner engen persönlichen Beziehungen zu Rechtsanwalt R., der als Verteidiger des neben dem Beschwerdeführer am meisten belasteten Beschuldigten W. der nämlichen Gruppe amtet. Die Gefahr sei deshalb nicht von der Hand zu weisen, dass die Verteidiger nicht nur ihr taktisches und rechtliches Vorgehen absprechen, sondern allenfalls auch die Wahrheitsfindung gewollt oder ungewollt beeinträchtigen könnten. Solche Umstände stellten gerade bei Delikten der vorliegenden Art, die als Angriffe auf die Staats- und Gesellschaftsordnung aufzufassen seien, genügende Anhaltspunkte dar, um eine Kollusionsgefahr in der Person des Verteidigers anzunehmen. Auch die Verhältnismässigkeit der getroffenen Massnahme sei zu bejahen, und zwar im Hinblick auf Art und Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Delikte. 3. Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde nicht geltend, die Beaufsichtigung seines Verkehrs mit seinem Rechtsvertreter sei in Verletzung von kantonalem Recht angeordnet worden. Er rügt vielmehr eine Verletzung des Bundesverfassungsrechts sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention und beruft sich zudem auf eine Resolution des Ministerkomitees des Europarates. a) Nach Art. 93 der Resolution (73) 5 des Ministerkomitees des Europarates über Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen soll dem Untersuchungsgefangenen grundsätzlich der unbeaufsichtigte Verkehr mit seinem Rechtsvertreter gewährt und es sollen hierfür die nötigen Erleichterungen eingeräumt werden; in besonderen Fällen kann der Verkehr zwar optisch, aber nicht akustisch durch einen Beamten kontrolliert werden BGE 111 Ia 341 S. 345 (vgl. Bericht der Europäischen Menschenrechtskommission i.S. Can vom 12. Juli 1984, Ziff. 51, veröffentlicht in: Publications de la Cour européenne des Droits de l'Homme, Série A vol. 96, S. 16, in deutscher Übersetzung in: EuGRZ 1986 S. 277 f.; BGE 103 Ia 309 ). Diese Grundsätze stellen für die Mitglieder des Europarates und damit für die Schweiz keine bindenden Regeln dar. Sie sind zwar für die Auslegung und Konkretisierung der Grundrechte heranzuziehen, da sie die gemeinsame Rechtsüberzeugung der Mitglieder des Europarates zum Ausdruck bringen. Hingegen ist es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausgeschlossen, die Verletzung einzelner Minimalgrundsätze mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten ( BGE 106 Ia 281 E. c, BGE 105 Ia 102 , 103 Ia 309, BGE 102 Ia 284 , BGE 102 Ia 307 E. 4a; vgl. VPB 48/1984 Nr. 108). b) Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des ungeschriebenen Verfassungsrechts der persönlichen Freiheit. Es fragt sich zuerst, ob die Beaufsichtigung des Verkehrs zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsanwalt den Geltungsbereich der persönlichen Freiheit berührt. Nach der neueren Praxis des Bundesgerichts schützt die persönliche Freiheit nicht nur die Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen. Das Bundesgericht hat indessen wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass nicht jeder beliebige Eingriff die Berufung auf das ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit rechtfertige; namentlich habe die persönliche Freiheit nicht die Funktion einer allgemeinen Handlungsfreiheit, auf die sich der Einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine persönliche Lebensgestaltung auswirkt, berufen könne (BGE BGE 109 Ia 279 f., BGE 108 Ia 60 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat demnach nicht nur die Anordnung von Untersuchungshaft als solcher unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit beurteilt ( BGE 107 Ia 257 E. 2, BGE 105 Ia 29 E. 2, mit Hinweisen), sondern darüber hinaus auch die Ausgestaltung des Vollzuges von Untersuchungshaft und Freiheitsstrafen ( BGE 106 Ia 139 E. 7, 277, BGE 102 Ia 279 , 299, 302, BGE 99 Ia 266 ). Es hat insbesondere festgehalten, die sog. mise au secret, mit der einem Untersuchungsgefangenen jeglicher Kontakt zu Angehörigen und zu seiner sozialen Umwelt unterbunden wird, stelle einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar ( BGE 103 Ia 295 f., BGE 101 Ia 49 ff.). BGE 111 Ia 341 S. 346 Die Verweigerung oder Einschränkung des freien Verkehrs zwischen dem Untersuchungsgefangenen und seinem Rechtsvertreter betreffen demgegenüber nach der neueren bundesgerichtlichen Praxis nicht die persönliche Freiheit. Solche Beschränkungen berühren nicht elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung, sondern greifen vielmehr in spezifischer Weise in die Verteidigungsrechte des Untersuchungsgefangenen ein und sind demnach im Lichte der aus Art. 4 BV abgeleiteten Grundsätze zu beurteilen ( BGE 107 IV 27 E. 4, BGE 106 Ia 220 f., BGE 105 Ia 380 , BGE 100 Ia 186 f.; anderer Ansicht HANSJÖRG UTZ, Die Kommunikation zwischen inhaftiertem Beschuldigten und Verteidiger, Basel und Frankfurt 1984, S. 42 ff.). Daran ändern auch gewisse Formulierungen in einzelnen Entscheiden nichts (vgl. BGE 105 Ia 100 E. 2, nicht veröffentlichtes Urteil vom 10. Juni 1980 i.S. St., vgl. auch BGE 105 Ia 382 ). Demnach ist die vorliegende Beschwerde nicht unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit, sondern im Lichte der aus Art. 4 BV abgeleiteten Grundsätze zu prüfen. c) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 4 BV der Anspruch des Verhafteten, grundsätzlich frei und unbeaufsichtigt mit seinem Verteidiger verkehren zu können ( BGE 105 Ia 380 , vgl. auch BGE 106 Ia 224 ). Ausnahmen werden indessen zugelassen, soweit sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind ( BGE 105 Ia 380 , vgl. unten E. 3e). In bezug auf die Frage, in welchem Zeitpunkt und Stadium des Verfahrens Einschränkungen des unbeaufsichtigten Kontaktes zulässig sind, hat das Bundesgericht ausgeführt, der Angeschuldigte dürfe in seinem Anspruch nicht beeinträchtigt werden, sich im Hinblick auf die gerichtliche Verhandlung im Hauptverfahren unter Beizug seines Verteidigers hinreichend vorbereiten zu können ( BGE 106 Ia 224 , BGE 105 Ia 380 ). Inwiefern und von welchem Zeitpunkt an der Anspruch auf freien und unbeaufsichtigten Verkehr auch im Untersuchungsverfahren gilt, geht aus der Rechtsprechung nicht klar hervor (vgl. STEFAN TRECHSEL, Die Verteidigungsrechte in der Praxis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, in: ZStrR 96/1979 S. 389 ff.). Immerhin hat das Bundesgericht dargelegt, dass eine Einschränkung des freien Verkehrs nicht während der ganzen Dauer der Untersuchung aufrechterhalten werden dürfe (BGE BGE 106 Ia 223 ). Eine Bestimmung, nach welcher der Verteidiger grundsätzlich erst nach Abschluss der Untersuchung zugelassen werde, halte vor der Verfassung BGE 111 Ia 341 S. 347 nicht stand ( BGE 105 Ia 101 E. 2). Der Anspruch nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK , ein gerichtliches Verfahren zur Überprüfung der Rechtmässigkeit von Untersuchungshaft zu beantragen, würde ferner illusorisch, wenn der Angeschuldigte mit seinem Rechtsvertreter nicht schon vor Abschluss der Untersuchung frei verkehren könnte ( BGE 105 Ia 102 ). Das Bundesgericht prüfte jeweilen im Einzelfall, ob mit Rücksicht auf den Gang der Untersuchung oder die Sicherheit der Haftanstalt Einschränkungen bestimmter Art auf eine gewisse Dauer zulässig seien. d) Zum andern beruft sich der Beschwerdeführer auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Die Europäische Menschenrechtskommission hat verschiedentlich erklärt, die Konvention garantiere - im Gegensatz zu andern internationalen Abkommen - keinen ausdrücklichen Anspruch auf unbeaufsichtigten Kontakt zwischen dem Angeschuldigten und seinem erbetenen Rechtsvertreter. Ein solches Recht könne indessen aus den Bestimmungen von Art. 6 Ziff. 3 lit. b und lit. c EMRK abgeleitet werden, da der unbeaufsichtigte Verkehr ein grundlegendes Element im Hinblick auf die Vorbereitung der Verteidigung darstelle (Entscheid der Kommission i.S. Kröcher und Möller, DR 26 S. 38; Entscheid der Kommission i.S. Schertenleib, DR 17 S. 203 f. = VPB 47/1983 Nr. 171, mit Hinweis). Ziff. 3 von Art. 6 EMRK enthalte eine nicht abschliessende Aufzählung von Garantien, welche Aspekte des Grundsatzes eines fairen Gerichtsverfahrens darstellen und diesen für den strafrechtlichen Bereich konkretisieren (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Artico, Publications de la Cour européenne des Droits de l'Homme, Série A vol. 37, Ziff. 32 = EuGRZ 1980 S. 664). Es stellt sich indessen die Frage, ob und in welchem Ausmass die Garantien von Art. 6 Ziff. 3 EMRK bereits im Untersuchungsverfahren anwendbar sind. Die Kommission liess sie vorerst offen (zitierter Entscheid i.S. Kröcher und Möller, DR 26 S. 38 f.; Entscheid der Kommission i.S. Bonzi, DR 12 S. 187 f.). Seither hat die Kommission ausgeführt, es sei in jedem einzelnen Fall im Hinblick auf das ganze Verfahren und dessen Bedeutung zu entscheiden, ob einzelne in Art. 6 Ziff. 3 EMRK genannte (oder daraus abgeleitete) Garantien anwendbar und allenfalls verletzt seien (vgl. TRECHSEL, a.a.O., S. 391 f.). Im Hinblick auf das Untersuchungsverfahren nach der zürcherischen Strafprozessordnung hat sie dargelegt, dieses sei für den Verlauf des ganzen Verfahrens von derartiger Bedeutung, dass die Anwendung von Art. 6 Ziff. 3 EMRK nicht ausgeschlossen BGE 111 Ia 341 S. 348 werden könne (Entscheid der Kommission i.S. W., DR 33 S. 26 ff. = VPB 47/1983 Nr. 170 und Nr. 172). Entscheidendes Gewicht kommt schliesslich dem Fall Can zu. Die Kommission hat in ihrem Bericht ausgeführt, die Garantien nach Ziff. 3 von Art. 6 EMRK seien unterschiedlicher Natur. Einzelne bezögen sich hauptsächlich auf den Hauptprozess. Die Anwendung von Art. 6 Ziff. 3 lit. b und lit. c EMRK sei indessen nicht auf das Hauptverfahren beschränkt; angesichts der Bedeutung des Untersuchungsverfahrens (im österreichischen Strafprozessrecht) hätten diese Garantien auch schon in diesem Stadium Geltung (erwähnter Bericht der Kommission vom 12. Juli 1984 i.S. Can, Ziff. 47 und 50 = VPB 48/1984 Nr. 87 = EuGRZ 1986 S. 277). Aufgrund von lit. b der erwähnten Konventionsbestimmung habe der Angeschuldigte das Recht, seine Verteidigung in angemessener Weise und ohne Einschränkung vorzubereiten; in Anbetracht des Umstandes, dass der Betroffene während eines Jahres vor dem Hauptverfahren unbeaufsichtigten Kontakt mit seinem Rechtsvertreter hatte, lag diesbezüglich keine Konventionsverletzung vor (erwähnter Bericht i.S. Can, Ziff. 53 = VPB 48/1984 Nr. 88 = EuGRZ 1986 S. 278). In bezug auf lit. c von Art. 6 Ziff. 3 EMRK hat die Kommission die Wichtigkeit der effektiven Verteidigung schon im Untersuchungsverfahren betont. Sie legte Gewicht darauf, dass der Verteidiger die Möglichkeit haben müsse, die Rechtmässigkeit der vom Untersuchungsrichter angeordneten Massnahmen zu überprüfen und insbesondere auch die Untersuchungshaft (in bezug auf deren Berechtigung, Dauer und Umstände) zu beanstanden. Diese Rechte könnten nicht vollwertig ausgeübt werden, solange dem Verteidiger der unbeaufsichtigte Kontakt mit dem Untersuchungsgefangenen nicht zugestanden werde. Aus diesem Grunde sei es mit der Garantie auf effektive Verteidigung nach Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK grundsätzlich nicht vereinbar, den Verkehr zwischen dem Angeschuldigten und seinem Rechtsvertreter (akustisch) zu überwachen. Die Kommission räumte indessen ein, dass unter ausserordentlichen Umständen der Verkehr ausnahmsweise eingeschränkt werden dürfe (siehe unten E. 3e). Mit Rücksicht darauf, dass im Falle Can keine ausserordentlichen Umstände vorlagen und die Beschränkung drei Monate dauerte, kamen sowohl die Kommission als auch der Gerichtshof zum Schluss, dass die Konvention (lit. c von Art. 6 Ziff. 3 EMRK ) verletzt worden sei BGE 111 Ia 341 S. 349 (erwähnter Bericht i.S. Can, Ziff. 55 ff. = VPB 48/1984 Nr. 89 = EuGRZ 1986 S. 278; Entscheid des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Can, Publications de la Cour européenne des Droits de l'Homme, Série A vol. 96, Ziff. 17, in deutscher Übersetzung in: EuGRZ 1986 S. 276). Ob in Anbetracht dieser neuesten Rechtsprechung der Strassburger Organe an der Rechtsprechung des Bundesgerichts festgehalten werden kann, wonach Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK durch die Beschränkung des Kontaktes zwischen dem Angeschuldigten und seinem Rechtsvertreter nicht verletzt werde ( BGE 105 Ia 101 E. 3a), erscheint demnach als fraglich. Soweit sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall auf Art. 6 Ziff. 3 lit. b EMRK beruft, liegt keine Konventionsverletzung vor. Denn er macht selber nicht geltend, durch die Beaufsichtigung seiner Kontakte mit seinem Rechtsvertreter werde die genügende Vorbereitung der Hauptverhandlung, welche - im Falle einer Anklage - in weiter Ferne liegt, beeinträchtigt. Hingegen stellt sich nach der dargelegten Rechtsprechung der Strassburger Organe die Frage nach einer allfälligen Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK . e) Nach den Ausführungen der Europäischen Menschenrechtskommission bedeutet der Anspruch des Untersuchungsgefangenen auf unbeaufsichtigten Verkehr mit seinem Verteidiger nach Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nicht, dass dieser unter allen Umständen und ohne jegliche Ausnahme gewährt werden müsse. Eine allfällige Einschränkung müsse aber eine Ausnahme bleiben und durch ausserordentliche Umstände gerechtfertigt werden. Im Fall Kröcher und Möller - in dem die Kommission eine vierwöchige Beschränkung unter dem Gesichtswinkel von Art. 6 Ziff. 3 lit. b EMRK beurteilt hatte - seien den Beschuldigten schwerste Tötungsdelikte im Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen zur Last gelegt worden, weshalb sie als ausserordentlich gefährlich bezeichnet werden konnten. Im Fall Can hingegen seien keine ausserordentlich schwerwiegenden Vorwürfe, keine besondere Kollusionsgefahr und keine Anzeichen dafür vorgelegen, dass der Rechtsvertreter das Vertrauen missbrauchen oder gar zur Kollusion beitragen könnte (erwähnter Bericht i.S. Can, Ziff. 57 ff. = VPB 48/1984 Nr. 89 = EuGRZ 1986 S. 278; Entscheid der Kommission i.S. Kröcher und Möller, DR 26 S. 37 f.; vgl. JOCHEN ABR. FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT, EMRK-Kommentar, Kehl/Strassburg/Arlington 1985, N. 132 zu Art. 6). Demgegenüber hat das Bundesgericht zur Einschränkung der Verteidigerrechte nach Art. 4 BV ausgeführt, Fälle, in denen den Angeschuldigten BGE 111 Ia 341 S. 350 schwerste Delikte zur Last gelegt werden und diese zu den des Terrorismus dringend verdächtigten Kreisen zu zählen sind, stellten ein besonderes Risiko dar. Angeschuldigte aus solchen Kreisen seien bereit, zu den äussersten Mitteln zu greifen, um die Befreiung ihrer Mitglieder zu bewirken. Zu denken sei sowohl an direkte Befreiungsaktionen als auch an indirekte Mittel wie das der Geiselnahme oder der Anstiftung von aussen zum Selbstmord. Das Bundesgericht hielt fest, es sei auch nicht auszuschliessen, dass Dritte - Anwälte nicht ausgenommen - mit oder ohne Wissen zu Komplizen der Gefangenen würden, indem sie zur Erleichterung derartiger Versuche bestimmtes oder geeignetes Material in der einen oder andern Richtung übermittelten. Bei Angeschuldigten von solcher Gefährlichkeit seien daher auch besondere, einschränkende Massnahmen bezüglich des Verkehrs mit dem Verteidiger zulässig, und zwar selbst dann, wenn die Person des Verteidigers an sich in keiner Weise verdächtig sei. Schliesslich könne auch der Anwalt in eine ernste Konfliktsituation geraten, wenn ihn der Angeschuldigte um Weiterleitung eines Schriftstückes an einen Gesinnungsfreund bittet oder wenn ihm ein solches von Dritten zur Weiterleitung an den Untersuchungsgefangenen übergeben wird ( BGE 106 Ia 221 E. b, unveröffentlichtes Urteil vom 7. Juni 1978 i.S. Kröcher und Möller). Im folgenden ist unter Berücksichtigung dieser Kriterien zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer beanstandete Überwachung seiner Kontakte mit seinem Rechtsvertreter vor der Verfassung und der Konvention standhalte. f) Der Beschwerdeführer wird beschuldigt, als Mitglied einer Bande an zahlreichen Sprengstoff-, Brand- und ähnlichen Anschlägen in Winterthur beteiligt gewesen zu sein, darunter einem Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus von alt Bundesrat Friedrich, einem Brandanschlag auf ein Zivilschutzzentrum, der Unterwassersetzung eines Geschäftshauses und Brandanschlägen auf zwei Schützenhäuser. Zu diesen Anschlägen hat sich eine Organisation mit der Bezeichnung "Autonome Zellen" bekannt. Es ist schon heute ersichtlich, dass die Anschläge auf einer gemeinsamen politischen Idee sowie auf dem Willen beruhen, diese in militanter Weise auch unter Zerstörung oder Gefährdung wichtigster Rechtsgüter zu verfechten. Die Annahme des Obergerichts, es handle sich um systematische Angriffe auf die schweizerische Staats- und Gesellschaftsordnung, kann mindestens nicht als willkürlich bezeichnet werden, vor allem nicht im Hinblick auf die Wahl der angegriffenen BGE 111 Ia 341 S. 351 Objekte. So gesehen erscheinen die Beschuldigten als ausserordentlich gefährlich, und die Annahme ist durchaus vertretbar, sie würden auch im Prozess nicht vor der Anwendung unzulässiger Mittel zurückschrecken. Der vorliegende Fall lässt sich damit auch nicht ohne weiteres mit dem erwähnten, von der Europäischen Menschenrechtskommission beurteilten Fall Can vergleichen; dieser betraf eine einmalige Brandstiftung ohne ideologischen Hintergrund und ohne Gefahr für die österreichische Staats- und Gesellschaftsordnung. Der vorliegende Komplex von Anschuldigungen liegt vielmehr näher bei systematischen Terrorakten gegen die bestehende Gesellschaftsordnung, wie sie das Bundesgericht in BGE 106 Ia 219 und im Fall Kröcher und Möller (unveröffentlichtes Urteil vom 7. Juni 1978) zu beurteilen hatte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass bei den im vorliegenden Fall erhobenen Anschuldigungen keine Todesopfer zu beklagen sind. Es handelt sich daher beim Beschwerdeführer um einen Untersuchungsgefangenen von besonderer Gefährlichkeit, welche besondere Einschränkungen rechtfertigt. Im vorliegenden Fall darf weiter berücksichtigt werden, dass im Zeitpunkt des Entscheides der II. Zivilkammer noch ausgesprochene Kollusionsgefahr bestand. Die gegen den Beschwerdeführer gerichtete Untersuchung befand sich noch weitgehend im Anfangsstadium. Der Beschwerdeführer selber und der weitere Angeschuldigte W. hatten bisher jegliche Aussage verweigert; dies trifft ferner auch auf weitere, während der Untersuchung einvernommene Angeschuldigte weitgehend zu. Angesichts des Umstandes, dass sich alle Beschuldigten ausser dem Beschwerdeführer und W. auf freiem Fuss befinden, wäre es für S. ein leichtes, die Beweislage zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Bei dieser Sachlage hält die beanstandete Überwachung unabhängig von der Person des Rechtsvertreters sowohl vor der Verfassung als auch vor der Europäischen Menschenrechtskonvention stand. g) Der Beschwerdeführer wendet ferner ein, die Beaufsichtigung seiner Kontakte mit Rechtsanwalt G. richte sich gezielt gegen diesen. Wie der Beschwerdeführer zutreffend ausführt, gelten die zugelassenen Anwälte als Personen des öffentlichen Vertrauens ( BGE 105 Ia 381 ; vgl. auch den erwähnten Bericht der Kommission i.S. Can, Ziff. 59 = VPB 48/1984 Nr. 89 = EuGRZ 1986 S. 279). Lassen sie sich Unregelmässigkeiten zuschulden kommen, so ist es BGE 111 Ia 341 S. 352 in erster Linie Sache der Disziplinarbehörden, die notwendig erscheinenden Massnahmen zu treffen (vgl. ROBERT LEVI, Schwerpunkte der strafprozessualen Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Organe der Europäischen Menschenrechtskonvention, in: ZStrR 102/1985 S. 355). Es ist, wie die II. Zivilkammer des Obergerichts im angefochtenen Entscheid ausführt, auch nicht unzulässig, dass sich Rechtsanwälte, welche verschiedene Angeschuldigte verteidigen, miteinander besprechen. Das Bundesgericht hat indessen ausgeführt, dass auch Rechtsanwälte bewusst oder unbewusst zu Komplizen der Angeschuldigten werden und in eine ernsthafte Konfliktsituation geraten könnten ( BGE 106 Ia 221 E. b). Dass sich diese Situation bei Rechtsanwalt G. umso eher einstellen könne, als dieser in engem Kontakt mit Rechtsanwalt R. steht, der den weitern Hauptangeschuldigten W. vertritt, lässt sich mit haltbaren Gründen vertreten. Demnach liegt auch in dieser Hinsicht keine Verletzung von Bundesverfassungs- und Konventionsrecht vor. 4. (Im Umstand, dass dem Beschwerdeführer einerseits der unbeaufsichtigte Kontakt mit seinem Rechtsanwalt verweigert worden war und dieser andererseits zum amtlichen Verteidiger ernannt worden ist, kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers weder ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben noch eine Verletzung der aus Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 EMRK abgeleiteten Verteidigungsrechte erblickt werden.)
public_law
nan
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1,985
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
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e447f981-369d-47b6-8772-6011dbf3fa93
Urteilskopf 140 II 298 27. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Zweckverband A. gegen B. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_864/2013 vom 14. Mai 2014
Regeste § 71 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG) in der seit 1. Januar 2011 geltenden Fassung in Verbindung mit Art. 404 ZPO . Ausführungen zur Frage der Rechtshängigkeit eines Verwaltungsverfahrens (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 299 BGE 140 II 298 S. 299 A. B. war ab 1. Juni 2002 im Spital A. tätig. Am 20. Juli 2010 wurde ihr mitgeteilt, dass ihre Stelle bei unveränderter Lohnhöhe infolge Neugestaltung der Lohnstufen von der Lohnklasse 18/Stufe 11 in die Lohnklasse 18/Stufe 19 überführt worden sei. Mit Brief vom 25. September 2010 an den Pflegedienstleiter des Spitals bekundete B. unter Verweis auf ein persönliches Gespräch ihr Nichteinverständnis; auf Grund der Neueinteilung der Hebammen in eine höhere Lohnklasse durch die Regierung und angesichts der Geburtenzahlen sei sie der Lohnklasse 19 zuzuordnen. Nachdem das Spital A. ihr schriftliches Begehren vom 3. April 2011 um rückwirkende Einteilung per 1. Juli 2010 in die Lohnklasse 19/Stufe 19 am 25. Mai 2011 abgelehnt und am 8. August 2011 entsprechend verfügt hatte, gelangte B. an den Verwaltungsrat des Zweckverbands A. (nachfolgend: Zweckverband). Dieser wies ihr Begehren am Freitag, 23. Dezember 2011 ab. Der gleichentags der Post übergebene Entscheid traf bei der Poststelle der Rechtsvertreterin von B. am Samstag, 24. Dezember 2011 ein und wurde am Dienstag, 3. Januar 2012 abgeholt. Auf den Rekurs von B. vom 1. Februar 2012 trat der Bezirksrat mit Beschluss vom 26. September 2012 nicht ein. Das Gesuch von B. vom 5. Oktober 2012 um Fristwiederherstellung lehnte er mit Beschluss vom 23. Oktober 2012 ab. B. B. liess am 25. Oktober 2012 Beschwerde gegen den Beschluss vom 26. September 2012 und am 23. November 2012 gegen den Beschluss vom 23. Oktober 2012 erheben. Mit Entscheid vom 23. Oktober 2013 vereinigte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die beiden Verfahren und wies die Sache in Gutheissung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 26. September 2012 an den Bezirksrat zurück, während es die Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. Oktober 2012 als gegenstandslos abschrieb. C. Der Zweckverband führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Auszug) BGE 140 II 298 S. 300 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Mit dem kantonalen Verfahrensrecht hat sich das Bundesgericht grundsätzlich nicht zu befassen. Seine Überprüfungsbefugnis ist gemäss Art. 95 BGG , soweit hier interessierend, auf die Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen Rechten beschränkt. Es hat daher nur zu prüfen, ob die Anwendung des einschlägigen kantonalen Verfahrensrechts oder - bei Fehlen solcher Vorschriften - die Ermessensausübung durch das kantonale Gericht von einem dieser Beschwerdegründe erfasst wird. Dabei fällt praktisch vor allem eine Prüfung der Verletzung verfassungsmässiger Rechte und Grundsätze in Betracht ( BGE 133 V 196 E. 1.1 S. 197 mit Hinweisen). Soweit kantonales Recht Bundeserlasse oder Teile davon als massgebend erklärt, gelten diese nicht als Bundesrecht, sondern stehen mit der Verweisungsnorm auf kantonaler Stufe (vgl. BGE 138 I 232 E. 2.4 S. 236). Dementsprechend besteht auch diesbezüglich eine eingeschränkte Überprüfungsbefugnis gemäss Art. 95 BGG . 3. Der Bezirksrat ist mit seinem Beschluss vom 26. September 2012 auf das Rechtsmittel der Arbeitnehmerin nicht eingetreten. Die Vorinstanz hat diesen Entscheid aufgehoben und die Sache zur materiellen Beurteilung an den Bezirksrat zurückgewiesen. Streitig ist, ob die Vorinstanz den Bezirksrat zu Recht dazu verhalten hat, auf das Rechtsmittel einzutreten; insbesondere ist zu prüfen, ob der kantonale Entscheid Bundesrecht verletzt. 4. Die Vorinstanz hat ausgeführt, auf das vorliegende Verfahren fänden die ab 1. Januar 2011 in Kraft gesetzten Bestimmungen keine Anwendung. Nach den bis 31. Dezember 2010 geltenden kantonalen Vorschriften hätte nach der erstmaligen, erfolglosen Zustellung eine zweite Zustellung der strittigen Verfügung erfolgen müssen. Dies sei nicht geschehen und daher nachzuholen. Bereits aus diesem Grunde hätte der Bezirksrat auf das Rechtsmittel eintreten müssen. Der Zweckverband bestreitet nicht, dass nach den altrechtlichen kantonalen Bestimmungen ein zweiter Zustellversuch hätte vorgenommen werden müssen und dass das Rechtsmittel unter Geltung des alten Rechts rechtzeitig erhoben worden sei. Er rügt aber, es seien die ab 1. Januar 2011 geltenden Vorschriften anwendbar, namentlich infolge Verweises in § 71 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) jene der schweizerischen Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (ZPO; SR 272). BGE 140 II 298 S. 301 Zu prüfen ist daher, welche Vorschriften für die Beantwortung der Frage, wann die Verfügung rechtsgültig zugestellt war, gelten. Zu entscheiden ist demnach, ob die Regelung vor oder nach dem 1. Januar 2011 massgebend ist. 5. Nach Art. 404 Abs. 1 ZPO gilt für Verfahren, welche bei Inkrafttreten der ZPO hängig sind, das bisherige Verfahrensrecht bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz. Zu prüfen ist daher, ob das vorliegende Verfahren vor dem 1. Januar 2011 bereits rechtshängig war. 5.1 Der Gesetzgeber ging bei der übergangsrechtlichen Regelung von Art. 404 Abs. 1 (und von Art. 405) ZPO vom kantonalen Instanzenzug aus und sah bei rechtshängigen Verfahren die weitere Geltung des alten Prozessrechts für das erstinstanzliche Entscheid-, nicht jedoch für das kantonale Rechtsmittelverfahren vor; nach diesem Konzept stellt das erfolglose Schlichtungsverfahren als Prozessvoraussetzung grundsätzlich die Einleitung des Entscheidverfahrens vor dem erstinstanzlichen Gericht dar ( BGE 138 III 792 E. 2.6.1 S. 794). 5.2 Nach Art. 404 Abs. 1 ZPO gilt für Verfahren, die bei Inkrafttreten der ZPO rechtshängig sind, das bisherige Verfahren bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz. Der Begriff der Rechtshängigkeit definiert sich dabei nach Art. 62 ZPO und wird bereits mit Einreichung des Schlichtungsgesuches begründet (Urteil 4A_306/2013 vom 31. Juli 2013 E. 2.2). Die Rechtshängigkeit tritt so zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein; denn massgebend ist mit der Einreichung des Schlichtungsgesuches nach Art. 62 ZPO die erste prozesseinleitende oder vorbereitende Handlung der Partei, mit der sie die staatlichen Rechtspflegeorgane um Schutz für ein Privatrecht anruft (vgl. DANIEL WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 16 zu Art. 404 ZPO ). 5.3 Vorliegend geht es nicht um ein zivilrechtliches Verfahren, weshalb Art. 62 ZPO , der auf zivilrechtlichen Verfahrensformen basiert, nicht einschlägig sein kann. Im hier zu beurteilenden Verwaltungsverfahren gilt - anders als im Zivilrecht - nicht die Dispositionsmaxime; vielmehr kann ein Verfahren des öffentlichen Rechts auch von Amtes wegen eingeleitet werden, weshalb die Frage der Rechtshängigkeit nicht einzig vom Verhalten der rechtsuchenden Person abhängen kann. Im öffentlichen Recht besteht oft Anlass zu staatlich initiiertem Handeln, so dass diesfalls ein Verfahren von Amtes wegen eröffnet wird (vgl. zum Ganzen BERTSCHI/PLÜSS, in: Kommentar BGE 140 II 298 S. 302 zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], Griffel [Hrsg.], 3. Aufl. 2014, N. 29 Vorbem. zu §§ 4-31, KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, N. 23 Vorbem. zu §§ 4-31, FELIX UHLMANN, Die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens, in: Das erstinstanzliche Verwaltungsverfahren, Häner/Waldmann [Hrsg.], 2008, S. 2 f. oder MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, Kommentar zum Gesetz vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Bern [VRPG; BSG 155.21], 1997, N. 1 ff. zu Art. 16 VRPG; vgl. auch E. 5.4 und 5.5). 5.4 Das erstinstanzliche Verwaltungsverfahren zielt auf den Erlass einer Verfügung ab und wird entweder auf Gesuch hin oder von Amtes wegen eröffnet. Letzteres ist der Fall, wenn eine Behörde im Rahmen gesetzlicher Vorschriften dazu verpflichtet ist oder hinreichend Anlass besteht, ein Rechtsverhältnis autoritativ zu regeln (vgl. BERTSCHI/PLÜSS, a.a.O., N. 29 Vorbem. zu §§ 4-31; im gleichen Sinne bereits KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., N. 23 Vorbem. zu §§ 4-31). Der Zeitpunkt der Eröffnung des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens ist oftmals schwierig zu bestimmen; massgebend sind Vorkehrungen der Behörde, welche den Erlass einer Verfügung erwarten lassen (UHLMANN, a.a.O., S. 4). Als Kriterien zu dessen Bestimmung können Rechtsschutzinteressen der betroffenen Person, das von Dritten resp. der betroffenen Person erkennbare Handeln der Behörde sowie - namentlich im Rahmen des öffentlichen Dienstrechts - Individualisierung und Konkretisierung des Verwaltungshandelns gelten (UHLMANN, a.a.O., S. 5 ff.). Bei der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens von Amtes wegen ergibt sich das Handeln der Behörde schwergewichtig aus dem materiellen Recht, welches auch den Ermessensspielraum der Behörde sowohl bezüglich der materiellen Beurteilung als auch bezüglich der Frage der Einleitung eines Verfahrens vorgibt (UHLMANN, a.a.O., S. 14). Die Eröffnung des Verfahrens bewirkt die Rechtshängigkeit (Litispendenz). Diese endet mit dem förmlichen Abschluss des Verfahrens durch die handelnde Behörde; daran ändert nichts, dass die Verfügung nicht formell rechtskräftig ist, wenn noch ein ordentliches Rechtsmittel dagegen erhoben werden kann, denn mit dessen Erhebung wird das Verfahren vor der Rechtsmittelinstanz neu eröffnet, d.h. von neuem rechtshängig gemacht (vgl. BERTSCHI/PLÜSS, a.a.O., N. 33 Vorbem. zu §§ 4-31, sowie bereits KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., N. 26 Vorbem. zu §§ 4-31). BGE 140 II 298 S. 303 5.5 In casu bestand zwischen den Parteien seit längerem ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis. Auf Grund der kantonalen Vorschriften war der Zweckverband gehalten, seine Lohnvorschriften anzupassen, was er per 1. Juli 2010 tat. In diesem Rahmen eröffnete er der Beschwerdegegnerin die neue Lohneinstufung mit Schreiben vom 20. Juli 2010. Diese war nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz mit ihrer Einstufung nicht einverstanden, suchte das Gespräch mit der vorgesetzten Pflegedienstleitung und teilte dieser am 25. September 2010 mit, sie sei mit dem in der Mitteilung vom 20. Juli 2010 erwähnten, gleichbleibenden Lohn nicht einverstanden. Daraus ergibt sich, dass das erstinstanzliche Verfahren bereits mit der Mitteilung vom 20. Juli 2010, womit der Zweckverband als öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber der Beschwerdegegnerin die Lohneinstufung nach den neuen Bestimmungen eröffnete, eingeleitet, d.h. rechtshängig wurde. Der Zweckverband war zur Eröffnung dieser Lohneinstufung, die Gegenstand des späteren Rechtsmittelverfahrens war, verpflichtet. Die Festsetzung der Einstufung musste von Amtes wegen zu jenem Zeitpunkt erfolgen, um die monatliche Lohnauszahlung korrekt vornehmen zu können. Es stand dem Arbeitgeber nicht frei, mit der entsprechenden Mitteilung noch zuzuwarten. Die Lohnhöhe gehört zum wesentlichen Inhalt eines Arbeitsverhältnisses und kann nicht einfach ungeregelt bleiben. Der Zweckverband war denn auch letztlich gehalten - auf Aufforderung der Beschwerdegegnerin hin - darüber zu verfügen. Daran ändert nichts, dass die Pflegedienstleitung zum Erlass der entsprechenden Verfügung nicht zuständig war. Entscheidend ist, dass die zuständigen Instanzen des Zweckverbands, nämlich der Vorgesetzte und der Personaldienst, das Verfahren mit der schriftlichen Mitteilung der künftigen Lohneinstufung eröffneten. Diese Einstufung war in der Folge Streitgegenstand. Die Litispendenz kann schon deshalb nicht auf einen späteren Zeitpunkt angesetzt werden, weil die kantonalrechtlich vorgeschriebene Regelung per 1. Juli 2010 eingeführt wurde. Es ist daher folgerichtig, die Rechtshängigkeit spätestens auf den ersten Zeitpunkt, zu dem sich die Beschwerdegegnerin konkret zur Lohneinstufung äussern konnte, festzusetzen. Ebenfalls unbeachtlich ist der Umstand, dass die angefochtene Verfügung nicht durch die Spitalverwaltung, sondern durch den offenbar zuständigen Verwaltungsrat erging. Die Litispendenz bleibt selbst dann bestehen, wenn eine unzuständige Instanz das Verfahren eröffnet hat (vgl. BGE 140 II 298 S. 304 dazu THOMAS FLÜCKIGER, in: VwVG, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 27 zu Art. 8 VwVG , und MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., N. 1 zu Art. 4 VRPG und N. 5 zu Art. 16 VRPG; im Ergebnis ebenso: BERTSCHI/PLÜSS, a.a.O., N. 33 Vorbem. zu §§ 4-31, und KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., N. 26 Vorbem. zu §§ 4-31). Sie hängt nicht davon ab, ob die verfügungsbefugte Instanz das Verfahren selber eröffnet hat oder dies durch eine ihr unterstellte Stelle, wie hier durch die Pflegeleitung in Zusammenarbeit mit dem Personaldienst, geschah. Es ist durchaus üblich, jedenfalls nicht aussergewöhnlich, dass ein Verfahren durch eine hierarchisch untergeordnete Verwaltungsstelle eröffnet wird. 6. Bei dieser Rechtslage erweist sich die Feststellung der Vorinstanz, wonach die bis 31. Dezember 2010 geltenden Verfahrensbestimmungen anwendbar sind, als bundesrechtskonform. Nachdem der Zweckverband im Übrigen keine Einwände gegen den kantonalen Entscheid vorbringt und auch keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, wonach dieser (offensichtlich) bundesrechtswidrig wäre, hat es beim Rückweisungsentscheid der Vorinstanz sein Bewenden.
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2,014
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Federation
e44a8076-4eec-4d77-bce4-d4e7676e3c3e
Urteilskopf 80 II 152 23. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Juni 1954 i. S. Pletscher gegen Geisser.
Regeste Landwirtschaftliches Bodenrecht. Irrtum. Rechtsirrtum als Grundlagenirrtum ( Art. 24 Ziff. 4 OR ). Ein Vertrag, der wegen zu hohen Kaufpreises nicht der Genehmigung fähig gewesen wäre, ist auch nach Wegfall der Genehmigungspfiicht infolge Aufhebung des BMB nichtig (Art. 6 BMB). Schadenersatzpflicht des Irrenden? ( Art. 26 OR ).
Sachverhalt ab Seite 153 BGE 80 II 152 S. 153 A.- Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 29. Dezember 1952 verkaufte Heinrich Pletscher sein landwirtschaftliches Heimwesen in der Gemeinde Schönholzerswilen (TG) samt lebendem und totem Inventar an Marcel Geisser. Der Kaufpreis betrug Fr. 185'000.--, wovon Fr. 52'000.-- auf das Inventar und Fr. 133'000.-- auf die Liegenschaft entfielen. Der Käufer leistete eine Anzahlung von Fr. 20'000.--. Der Kaufsantritt wurde auf den 1. März 1953 bestimmt. Im Zeitpunkt des Kaufsabschlusses galt noch der BRB über die Massnahmen gegen die Bodenspekulation vom 19. Januar 1940 (BMB), der am 31. Dezember 1952 ausser Kraft trat und auf den 1. Januar 1953 durch das BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) abgelöst wurde. Wie nicht streitig ist, wäre für den von den Parteien für die Liegenschaft vereinbarten Kaufpreis von Fr. 133'000.-- die behördliche Genehmigung gemäss Art. 6 BMB nicht erhältlich gewesen, da der nach Art. 8 Abs. 1 Ziff. 1 BMB zulässige Höchstpreis (Ertragswert zuzüglich höchstens 30% Zuschlag) nur Fr. 95'000.-- ausgemacht hätte. Die Parteien setzten denn auch die Verschreibung auf den 29. Dezember 1952 fest, weil sie glaubten, auf diese Weise den Vertrag sowohl dem mit dem 31. Dezember 1952 dahinfallenden Erfordernisse der behördlichen Genehmigung gemäss BMB, als auch dem Vorkaufsrecht der Nachkommen des Verkäufers gemäss Art. 6 ff. EGG entziehen zu können. Am 19. Januar 1953 machten jedoch die Tochter des Verkäufers und deren Ehemann unter Anrufung des EGG das Vorkaufsrecht geltend, verzichteten dann aber gegen Bezahlung einer Entschädigung durch den Verkäufer auf dessen Ausübung. BGE 80 II 152 S. 154 Am 1. März 1953 zog der Käufer auf die Liegenschaft auf. Da er den Restkaufpreis von Fr. 105'000.-- nicht vertragsgemäss leistete, forderte der Verkäufer ihn zur Zahlung auf und teilte ihm gleichzeitig mit, der Kaufvertrag könne allenfalls rückgängig gemacht werden, wenn er "als Schadenersatz und Umtriebskosten eine angemessene Reukaufsumme leiste". Drauf schlossen die Parteien am 12. März 1953 eine Vereinbarung ab, wonach der Kaufvertrag aufgehoben und dem Käufer von der geleisteten Anzahlung Fr. 5000.-- zurückerstattet wurden, die restlichen Fr. 15'000.-- dagegen dem Verkäufer als Entschädigung unter allen Titeln verblieben. B.- Mit Klage vom 30. April/28. Mai 1953 forderte der Kläger Rückzahlung auch der verbleibenden Fr. 15'000.-- nebst 5% Zins seit 29. Dezember 1952 mit der Begründung, die Vereinbarung vom 12. März 1953 sei für ihn wegen Irrtums unverbindlich, weil er sich, wie auch der Beklagte, an den Kaufvertrag gebunden erachtet habe, während dieser, weil nicht genehmigungsfähig und überdies wegen Übervorteilung, nichtig gewesen sei. Zudem sei er durch Ausübung des Vorkaufsrechtes gemäss EGG durch die Tochter des Verkäufers dahingefallen gewesen. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Er bestritt, dass der Kaufvertrag nach Ausserkrafttreten des BMB der behördlichen Genehmigungspflicht noch unterstanden habe. Auf das Vorkaufsrecht gemäss EGG aber habe seine Tochter nachträglich verzichtet, womit der Kaufvertrag der Parteien vollziehbar gewesen wäre. Die für seine Aufhebung vom Käufer bezahlte Reukaufsumme sei nicht übersetzt, so dass von einer Übervorteilung nicht gesprochen werden könne. C.- Das Bezirksgericht Münchwilen kam zum Schlusse, auf den Kaufvertrag der Parteien müsse entweder das alte oder das neue Bodenrecht anwendbar sein, da es unmöglich der Wille des Gesetzgebers gewesen sein könne, dass für intertemporale Grenzfälle die alten Schutzvorschriften nicht mehr und die neuen noch nicht anwendbar BGE 80 II 152 S. 155 sein sollten. Das Vorgehen der Parteien, unter Ausnützung einer lückenhaften Regelung der Übergangsbestimmungen das Kaufgeschäft den Schutzvorschriften des alten und des neuen Rechtes zu entziehen, stelle daher einen rechtsgeschäftlichen Schleichweg dar, der keinen Rechtsschutz finden könne. Ob das alte oder das neue Bodenrecht anwendbar sei, liess das Gericht offen, da in beiden Fällen der Kaufvertrag rechtsunwirksam geworden sei; bei Massgeblichkeit des BMB deshalb, weil die Genehmigung nicht erhältlich gewesen wäre, nach dem EGG, weil durch die Ausübung des Vorkaufsrechtes der Kaufvertrag der Parteien hinfällig geworden sei und trotz dem nachträglichen Verzicht des Vorkaufsberechtigten nicht habe wieder aufleben können. Da kein rechtsgültiger Kaufvertrag bestanden habe, sei die Vereinbarung vom 12. März 1953 über dessen Aufhebung gegen Bezahlung eines Reugeldes von Fr. 15'000.-- für den Kläger wegen Grundlagenirrtums unverbindlich. Jedoch könne er nicht die vollen Fr. 15'000 zurückfordern; denn dadurch, dass er nicht einen eigenen Rechtsbeistand beigezogen, sondern auf die Angaben des Beklagten, dessen Anwalts und die Meinung des Grundbuchamtes abstellte, habe er seinen Irrtum in unentschuldbar fahrlässiger Weise selber verschuldet und habe daher nach Art. 26 Abs. 1 OR dem Beklagten den Schaden aus dem Dahinfallen des Kaufvertrages zu ersetzen, der auf Fr. 7000.-- zu veranschlagen sei. Demgemäss schützte das Bezirksgericht die Klage im herabgesetzten Betrage von Fr. 8000.--. D.- Das Obergericht des Kantons Thurgau, an das beide Parteien die Sache weiterzogen, liess die Frage, ob der BMB oder das EGG anwendbar sei, ebenfalls offen'nahm aber im Gegensatz zur 1. Instanz an, dass der Kaufvertrag der Parteien im einen wie im andern Falle bis zu seiner Aufhebung am 12. März 1953 in Kraft geblieben sei. Es verneinte daher eine Unverbindlichkeit des Aufhebungsvertrages wegen Irrtums und lehnte auch die Berufung des Klägers auf Übervorteilung ab. Die vereinbarte Loskaufsumme BGE 80 II 152 S. 156 von Fr. 15'000.-- betrachtete das Gericht als Konventionalstrafe oder als Reugeld, das aus verschiedenen Gründen in Anwendung von Art. 163 Abs. 3 OR auf Fr. 5000.-- herabzusetzen sei. Aus diesen Erwägungen verpflichtete das Obergericht mit Urteil vom 26. November 1953 den Beklagten zur Rückerstattung von Fr. 10'000.-- an den Kläger. E.- Gegen dieses Urteil erklärte der Beklagte die Berufung mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt auf dem Wege der Anschlussberufung Schutz der Klage für den vollen Betrag von Fr. 15'000.--. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Beim Abschluss der Vereinbarung vom 12. März 1953 gingen beide Parteien von der Auffassung aus, dass der Kaufvertrag vom 29. Dezember 1952 noch in Kraft sei. Das war Grundlage der Vereinbarung, ohne die es dem Kläger so wenig hätte in den Sinn kommen können, eine Entschädigung für die Aufhebung des Vertrages zu leisten als dem Beklagten, eine solche zu fordern. War der Vertrag nicht mehr in Kraft, sei es mangels Genehmigungsfähigkeit gemäss BMB, sei es infolge Ausübung eines Vorkaufsrechtes gemäss EGG, so verpflichtete sich der Kläger unter dem Einfluss eines Irrtums im Sinne von Art. 24 Ziff. 4 OR . Wohl handelte es sich dabei um einen Rechtsirrtum, aber auch ein solcher ist im Sinne dieser Gesetzesbestimmung wesentlich, wenn er einen Sachverhalt betrifft, der nach Treu und Glauben Grundlage der Verpflichtung bildet, was bei gemeinsam vorausgesetzter notwendiger Grundlage unbestreitbar ist. 2. Für die Entscheidung über die Rechtsbeständigkeit des Kaufvertrages im Zeitpunkt der Vereinbarung vom 12. März 1953 fällt die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die Tochter des Verkäufers gemäss den Bestimmungen BGE 80 II 152 S. 157 des EGG ausser Betracht, da nach der Rechtsprechung ( BGE 79 I 270 Erw. 4) ein vor dem 1. Januar 1953 abgeschlossener Kaufvertrag dem EGG nicht unterliegt. Es ist daher lediglich zu prüfen, ob der Kaufvertrag in Ansehung des BMB gültig war oder nicht. Die Vorinstanz hat die Gültigkeit bejaht, weil gemäss BGE 73 II 165 Erw. 4 lit. a die Genehmigung durch die Behörde nach BMB eine Bedingung sei, bis zu deren Nichteintritt, d.h. bis zur Verweigerung der Genehmigung, die Vertragsparteien gegenseitig gebunden bleiben. Infolge Wegfalls des Erfordernisses der Genehmigung durch die Aufhebung des BMB sei der Vertrag daher ohne diese verbindlich geblieben. In BGE 79 I 272 wurde die Frage vorbehalten, ob das Erfordernis der Genehmigung für Verträge, über deren Genehmigung oder Nichtgenehmigung am 1. Januar 1953 noch nicht entschieden war, mit dem Ausserkrafttreten des BMB an diesem Datum dahingefallen sei, oder ob für sie die Genehmigung noch erforderlich sei, weil der Abschluss unter der Herrschaft des BMB massgebend bleiben müsse. Diese Frage ist unzweifelhaft im letzteren Sinne zu entscheiden. Der BMB ist zwar auf den 1. Januar 1953 dahingefallen kraft der Übergangsbestimmung von Art. 48 EGG , wonach alle diesem Gesetz widersprechenden Bestimmungen aufgehoben sind. Nachdem nun aber gemäss der Rechtsprechung das EGG auf Kaufverträge, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen wurden, keine Anwendung findet, kann sich die Aufhebung des BMB auf diese nicht beziehen. Es gilt vielmehr der in Art. 1 SchlT ZGB niedergelegte allgemeine Rechtsgrundsatz, dass die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes eingetretenen Tatbestände nach dem Recht zu beurteilen sind, das zur Zeit ihres Eintritts gegolten hat. Der von den Parteien unter der Herrschaft des BMB abgeschlossene Vertrag unterliegt somit weiterhin dem Genehmigungserfordernis. Das eidgen. Justiz- und Polizeidepartement spricht allerdings in einem Kreisschreiben vom 12. Januar 1953 (Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht 34 BGE 80 II 152 S. 158 S. 114) die gegenteilige Auffassung aus. Dabei ging es aber wohl von der nunmehr durch die Rechtsprechung abgelehnten Voraussetzung aus, dass auf diese Tatbestände das EGG nach seinem Inkrafttreten rückwirkend anwendbar sei. Andernfalls hätte es sich doch wohl mit der Frage auseinandergesetzt, ob die bei Wegfall des Genehmigungserfordernisses nach BMB ohne Rückwirkung des EGG entstehende Lücke in der Wahrung des sowohl dem alten wie dem neuen Bodenrecht zu Grunde liegenden Schutzzweckes dem Willen des Gesetzgebers entspreche, und es hätte dies unmöglich bejahen können. Denn wie die 1. Instanz zutreffend bemerkt hat, widerspräche es jedem vernünftigen Sinn des Bodenrechts, wenn für intertemporale Fälle der vorliegenden Art weder die Schutzbestimmungen des alten noch jene des neuen Rechts anwendbar wären. Diese Auffassung wird übrigens bestärkt durch die folgende Überlegung: Die grundlegende Bestimmung des BMB lag nicht in der Genehmigungsvorschrift, sondern in der Preisschranke, deren Beachtung die Behörde lediglich zu sichern hatte. Wenn Art. 42 BMB sich ausdrückt, dass Rechtsgeschäfte, die der Genehmigung bedürfen, ohne diese nichtig sind, so sind damit dieser Genehmigung nicht fähige Rechtsgeschäfte als nichtig bezeichnet. Darum könnte der genehmigungsunfähige Kaufvertrag - vorbehältlich der Rückwirkung des EGG - nicht Gültigkeit erlangen durch den Wegfall des Genehmigungsverfahrens. So betrachtet hätte die Genehmigung lediglich Verfahrenscharakter im Gegensatz zur materiellrechtlichen Preisschranke. Das steht nicht unbedingt in Widerspruch mit den Ausführungen in BGE 73 II 165 , wonach die Vertragsparteien gegenseitig an den Vertrag gebunden sind bis zur Verweigerung der Genehmigung, die alsdann auf den Vertragsschluss zurückwirkt. Denn solange die Genehmigung offen stand, war es eine durch Treu und Glauben gebotene gegenseitige Pflicht der Parteien, sie nachzusuchen, so dass die Nichtigkeit sich insoweit als eine bedingte darstellte. Von einer solchen Treuepflicht kann BGE 80 II 152 S. 159 jedoch nicht die Rede sein, wo den Vertragsparteien zum vorneherein klar war, dass die Genehmigung ausgeschlossen sei. So verhielt es sich aber gerade hier. Die Parteien waren einig, dass eine Genehmigung des Vertrages zu dem vereinbarten Kaufpreis nicht erhältlich wäre. Ein Gesuch um Genehmigung wäre somit sinnlos gewesen. Die Vereinbarung vom 12. März 1953 hob daher einen Vertrag auf, der von Anfang an zur Unwirksamkeit verurteilt war. 3. Die Unverbindlichkeit der Vereinbarung vom 12. März 1953 infolge wesentlichen Irrtums ist daher zu bejahen. Das hat zur Folge, dass dem Kläger für die geleistete Zahlung von Fr. 15'000.-- ein Rückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zusteht. Dass dieser Anspruch durch eine Schadenersatzpflicht des Klägers aus dem Gesichtspunkte von Art. 26 OR gemindert werde, behauptet der Beklagte in der Berufung mit Recht nicht. Denn entgegen der Ansicht der 1. Instanz kann nicht die Rede davon sein, dass der Kläger seinen Irrtum über die Rechtsbeständigkeit des Kaufvertrages deswegen seiner eigenen Fahrlässigkeit zuzuschreiben habe, weil er sich auf die vom Anwalt des Beklagten und vom Grundbuchamt vertretene Rechtsauffassung verliess, ohne selber einen Anwalt zu Rate zu ziehen. Die Berufung des Beklagten erweist sich somit als unbegründet, während die Anschlussberufung auf Schutz der Klage im vollen Betrag von Fr. 15'000.-- gutzuheissen ist. Die Anschlussberufung fordert Zins zu 5% seit dem 29. Dezember 1952. Wie um das Kapital, so ist der Beklagte auch um allfällige Anlagezinsen aus diesem ungerechtfertigt bereichert. Diese betragen aber nicht schlechthin 5% wie der gesetzliche Verzugszins. Da die Anschlussberufung bezüglich der Anlage wie der Zinsfrage überhaupt jeglicher Begründung ermangelt, kann ein Zins unter dem Gesichtspunkt der Bereicherung nicht zugesprochen werden. Hingegen ist ein Verzugszins zu 5% vom Datum der Weisung an ohne weiteres begründet. BGE 80 II 152 S. 160 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Berufung wird abgewiesen. 2.- Die Anschlussberufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 26. November 1953 wird aufgehoben und die Klage in dem Sinne geschützt, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger Fr. 15'000.-- nebst 5% Zins seit dem 30. April 1953 zurück zubezahlen.
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Urteilskopf 126 II 43 5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Januar 2000 i.S. Jeannette Müller u. Mitb. gegen Louis Schüpbach und Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 11 USG bzw. Art. 4 und 5 LRV , Anhang 2 Ziff. 512 LRV. Voraussetzungen zur Errichtung eines Güllensilos in der Landwirtschaftszone; Anspruch der Nachbarn auf Einhaltung eines Mindestabstands. Das Vorsorgeprinzip gemäss Art. 11 USG bzw. Art. 4 und 5 LRV gilt auch in der Landwirtschaftszone. Güllenlöcher in dieser Zone sind nicht unbeschränkt zulässig. Vielmehr haben die Nachbarn solcher Anlagen Anrecht auf Schutz vor lästigen oder schädlichen Immissionen und insbesondere auf Einhaltung von Mindestabständen, selbst wenn Anhang 2 Ziff. 512 LRV nur die Bauzone betrifft (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 44 BGE 126 II 43 S. 44 Am 7. September 1998 erteilte die Baudirektion des Kantons Freiburg dem Landwirt Louis Schüpbach eine Baubewilligung für die Errichtung eines Güllensilos in der Landwirtschaftszone in Düdingen. Der Oberamtmann des Sensebezirks wies die von den Nachbarn erhobenen Einsprachen ab, und stimmte dem Baugesuch unter Auflagen zu. Die Einsprecher führten dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg, dessen II. Verwaltungsgerichtshof ihr Rechtsmittel am 21. Mai 1999 abwies. Sie erheben dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht wegen Verletzung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz [USG]; SR 814.01), der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (LRV; SR 814.318.142.1) sowie wegen willkürlicher Feststellung des Sachverhalts. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zur Neubeurteilung der Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Bei der Erteilung einer Baubewilligung sind nicht nur die Anforderungen des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700), sondern auch diejenigen des Umweltschutzgesetzes zu berücksichtigen. Dieses Gesetz und die gestützt darauf erlassene Luftreinhalte-Verordnung haben zum Ziel, die Menschen vor schädlichen oder lästigen Luftverunreinigungen und damit auch vor erheblich störenden, übermässigen Geruchsbelästigungen zu schützen ( Art. 1 Abs. 1, Art. 7 Abs. 3 USG , Art. 1 Abs. 1 LRV ). Zu diesem Zweck sind Luftverunreinigungen in erster Linie durch Massnahmen an der Quelle zu begrenzen (Grundsatz der Emissionsbegrenzung, Art. 11 Abs. 1 USG ). In der ersten Stufe sind die Emissionen unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung vorsorglich so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist ( Art. 11 Abs. 2 USG ). In einer zweiten Stufe sind die getroffenen Emissionsbegrenzungen zu verschärfen oder zu ergänzen, wenn feststeht, dass die Einwirkungen trotzdem übermässig werden ( Art. 11 Abs. 3 USG ; vgl. allgemein zum Vorsorgeprinzip BGE 124 II 517 E. 4a S. 520 f.). In Bezug auf Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen enthält die Luftreinhalte-Verordnung keine Immissionsgrenzwerte. Die hier anwendbaren Normen ( Art. 4 und 5 LRV ) wiederholen im Übrigen die Vorschriften des Umweltschutzgesetzes. BGE 126 II 43 S. 45 4. Die Beschwerdeführer machen geltend, der umweltschutzrechtlich gebotene Mindestabstand zwischen dem projektierten Güllensilo und ihren Wohnhäusern sei zu Unrecht nicht eingehalten. a) Für die Errichtung von Anlagen der bäuerlichen Tierhaltung und der Intensivtierhaltung müssen gemäss Anhang 2 Ziff. 512 Abs. 1 LRV in Verbindung mit Art. 3 LRV die nach den anerkannten Regeln der Tierhaltung erforderlichen Mindestabstände zu bewohnten Zonen eingehalten werden. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, sind unter bewohnten Zonen im Sinne dieser Vorschrift nur Bauzonen gemäss Art. 15 RPG zu verstehen. Das wird ebenfalls von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik, Tänikon, (FAT) vertreten, wie sich aus den von ihr gestützt auf Anhang 2 Ziff. 512 Abs. 1 LRV erlassenen Empfehlungen zu Mindestabständen für Tierhaltungsanlagen (FAT-Bericht Nr. 476, 1995 [nachfolgend: FAT-Bericht]) ergibt (FAT-Bericht S. 7 und 16). Das folgt aus dem Sinn und Zweck der verschiedenen Nutzungszonen (vgl. Art. 14 ff. RPG ). So dient die Mindestabstandsregelung der Aufrechterhaltung der Wohnqualität von an Landwirtschaftszonen angrenzenden Bauzonen (vgl. Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG ). Gleichzeitig sollte in der Landwirtschaftszone die Errichtung von Anlagen zu landwirtschaftlichen Zwecken nicht übermässig erschwert werden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer kann nicht gesagt werden, der Gesetzgeber habe bewusst den Ausdruck "bewohnte Zonen" als Gegensatz zu "Bauzonen" gewählt. b) Das bedeutet nicht, dass das geplante Güllensilo ohne weiteres zulässig wäre und dass Nachbarn, die sich nicht in der Bauzone befinden, kein Anrecht auf Schutz vor lästigen oder schädlichen Immissionen und insbesondere auf Einhaltung von Mindestabständen (vgl. BGE 117 Ib 379 E. 4b S. 385) hätten. Das Verwaltungsgericht hat die Frage des Mindestabstands offen gelassen, weil vom projektierten Güllensilo ohnehin keine "erheblichen Emissionen ( Art. 28 LRV )" zu erwarten seien, "die im Sinne von Art. 2 Abs. 5 lit. d LRV Menschen gefährden oder einen wesentlichen Teil der Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden erheblich stören würden". In Art. 28 LRV geht es um die Pflicht des Inhabers einer Anlage, bei erheblichen Emissionen eine Immissionsprognose einzureichen, währenddem in Art. 2 Abs. 5 LRV Kriterien zur Übermässigkeit von Emissionen aufgestellt werden. Wie die Argumentation des Verwaltungsgerichts genau zu verstehen ist, kann jedoch offen bleiben: Der Grundsatz der Emissionsbegrenzung bezieht sich nicht nur auf BGE 126 II 43 S. 46 den Schutz vor übermässigen oder vor erheblichen Immissionen. Vielmehr sind Emissionen immer so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (dazu oben E. 3). Das Verwaltungsgericht hat die erste Stufe der Emissionsbegrenzung zu Unrecht ausgeschlossen, weil die umstrittene Baute in der Landwirtschaftszone errichtet werden solle. So führt es in E. 6e aus, der Weiler Räsch sei ausgesprochen landwirtschaftlich geprägt. Zu den Landwirtschaftsbetrieben würden nun einmal Güllenlöcher gehören und es sei nicht auszuschliessen, dass solche beim Ausführen der Jauche mehrmals jährlich Gerüche verbreiten würden. Belästigungen durch einen Misthaufen vor einem Bauernhaus bzw. beim Ausbringen von Jauche in ländlichen Gebieten könnten nicht als erheblich betrachtet werden. Eine konkrete Prüfung, ob und inwieweit die Emissionen aus dem Güllensilo nach Massgabe von Art. 11 Abs. 2 USG bzw. Art. 4 Abs. 1 LRV zu begrenzen seien, ist somit unterblieben. Die Literaturstelle, worauf das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang verweist (SCHRADE/LORETAN, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 26a zu Art. 14), ändert nichts daran. Denn sie bezieht sich auf Art. 14 lit. b USG , wonach Immissionsgrenzwerte so festzulegen sind, dass unterhalb dieser Werte die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich gestört wird. Die genannten Autoren führen unter Hinweis auf die Materialien aus, dass ein Misthaufen vor einem Bauernhaus oder das Ausbringen von Jauche in ländlichen Gebieten nicht als erheblich im Sinne von Art. 14 USG zu betrachten seien. Dementsprechend hat der Bundesrat auch keine Immissionsgrenzwerte mit Bezug auf Geruchsimmissionen aus Gülle erlassen (vgl. SCHRADE/LORETAN, a.a.O., N. 27 zu Art. 14). Aus dieser Literaturstelle kann jedoch nicht abgeleitet werden, die Errichtung eines Güllensilos unterliege den umweltschutzrechtlich gebotenen Emissionsbegrenzungsmassnahmen überhaupt nicht. c) Das BUWAL geht auf das genannte Problem nicht ein, vertritt jedoch die Meinung, dass die Mindestabstandsregelung der FAT ohnehin eingehalten sei. So schlägt die FAT eine analoge Anwendung ihrer Regelung auf Zonen vor, "in denen mässig störende Betriebe zugelassen sind", wobei eine Reduktion der Mindestabstände von etwa 30% erforderlich sei (FAT-Bericht S. 1). Es drängt sich hier auf, die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen ( Art. 114 Abs. 2 OG ), das über die Erforderlichkeit einer Verlegung des Güllensilos neu zu befinden haben wird. Denn der Vernehmlassung des BUWAL lässt sich nicht entnehmen, inwiefern BGE 126 II 43 S. 47 der Mindestabstand hier eingehalten sein soll. Die Stellungnahme des kantonalen Amts für Umweltschutz zuhanden des Verwaltungsgerichts enthält ebenfalls keine detaillierte Berechnung. Die Abstandsberechnung stand jedoch im Zentrum des verwaltungsgerichtlichen Streits. Wenn sich das kantonale Amt für Umweltschutz und die Beschwerdeführer über den Grundsatz der (analogen) Anwendung der Empfehlungen der FAT einig waren, war deren Umsetzung dagegen weitgehend umstritten. Unklar war in erster Linie, von welchem Punkt aus der Mindestabstand berechnet werden solle. Denn das Güllensilo stellt keine Tierhaltungsanlage im engeren Sinne dar. Das kantonale Amt für Umweltschutz vertrat deshalb die Meinung, das Güllensilo dürfe nicht unabhängig von den Stallgebäuden betrachtet werden. Es müsse der Mindestabstand von den Stallungen aus berechnet werden, wobei bei einer räumlichen Trennung zwischen Stallventilation und Grube der Ausgangspunkt in Richtung Grube verschoben werden dürfe. Die Beschwerdeführer gingen dagegen vom Mittelpunkt des Güllensilos aus. In Ermangelung unmittelbar anwendbarer Vorschriften ist dem Verwaltungsgericht bei der Neubeurteilung ein gewisser Beurteilungsspielraum einzuräumen. Das gilt insbesondere bei einer allfälligen analogen Anwendung der Empfehlungen der FAT. Ob die Emissionen aus dem Güllensilo genügend begrenzt wurden, ist zwar eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei zu prüfen hat. Es auferlegt sich jedoch eine gewisse Zurückhaltung, wenn sich auch technische Fragen stellen und die Bewilligungsbehörde Berichte von Fachinstanzen einholt. In diesen Fällen fragt sich nur, ob die berührten Interessen ermittelt und beurteilt sowie ob die möglichen Auswirkungen des Projekts bei der Entscheidung berücksichtigt wurden (vgl. BGE 121 II 378 E. 1e/bb S. 384). Voraussetzung für diese Zurückhaltung ist allerdings, dass es im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes gibt und davon ausgegangen werden kann, dass die Vorinstanz die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte geprüft und die erforderlichen Abklärungen sorgfältig und umfassend vorgenommen hat (vgl. BGE 117 Ib 285 E. 4 S. 293 mit Hinweisen). Daran fehlt es wie erwähnt im vorliegenden Fall, wenn auch gleichzeitig gesagt werden muss, dass dieser Prüfungspflicht mit Blick auf das Verhältnismässigkeitsprinzip Grenzen gesetzt und hier z.B. zahlreiche Messungen, umfangreiche Befragungen und aufwendige Auswertungen der Ergebnisse nicht unbedingt erforderlich sind (vgl. BGE 115 Ib 446 E. 3b S. 452).
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Urteilskopf 109 Ia 30 7. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Mai 1983 i.S. Gemeinde Birsfelden gegen Wohlfahrt und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Raumplanung. Ausnützungsziffer; anrechenbare Grundstücksfläche. Liegt ein Grundstück nur zum Teil im Baugebiet für private Bauten, so darf der baulich nicht nutzbare Teil nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden, es sei denn, eine ausdrückliche Vorschrift lasse eine Ausnahme zu.
Sachverhalt ab Seite 30 BGE 109 Ia 30 S. 30 Louis Wohlfahrt ist Eigentümer eines am Ufer der Birs gelegenen Grundstücks in Birsfelden. Die Parzelle liegt etwa zu zwei Dritteln in der Wohnzone und mit der restlichen, an die Birs anstossenden Fläche - dem sogenannten Birsvorland - in der Zone für Grünflächen und öffentliche Anlagen. Auf Anfrage teilte der Gemeinderat Birsfelden dem Grundeigentümer mit, dass bei einer Überbauung des Wohnzonenanteils das Birsvorland nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden dürfe. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft abgewiesen. Louis Wohlfahrt gelangte hierauf an das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, das seinen Standpunkt schützte, den angefochtenen Regierungsratsbeschluss aufhob und damit eine Anrechnung des Birsvorlandes zuliess. Die Gemeinde Birsfelden führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es sich beim Birsvorland nicht um Baugebiet handelt, das von Privaten überbaut werden kann. Damit stellt sich die Frage, ob es bei der BGE 109 Ia 30 S. 31 Berechnung der Ausnützungsziffer gleichwohl berücksichtigt werden darf. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf Land, das baulich nicht ausnützbar ist, in der Regel nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden. So sind neben den Verkehrsflächen bzw. Erschliessungsanlagen im weitesten Sinn auch Wald, öffentliche Gewässer, Land in der Freihaltezone und Flächen, die mit einem planungsrechtlichen Bauverbot belegt sind, nicht anrechenbar. Eine Ausnahme wäre nur aufgrund einer ausdrücklichen Vorschrift zulässig ( BGE 108 Ia 121 /122 E. 3b; BGE 104 Ia 334 /335 E. 5b, d; BGE 98 Ia 582 ff. E. 4; vgl. BGE 92 I 104 ff.; unveröffentlichte Urteile vom 22. September 1976 i.S. Bosshard, E. 5a; vom 10. Juli 1974 i.S. Fridlin). b) Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts enthält das Zonenreglement der Gemeinde Birsfelden ZR in § 7 eine ausdrückliche Vorschrift, die den Einbezug des Birsvorlandes zur Berechnung der Ausnützungsziffer für das Grundstück des Beschwerdegegners zulässt. Die Beschwerdeführerin rügt auch diese Feststellung als willkürlich. § 7 ZR hat folgenden Wortlaut: Bebauungsziffer Das Zonenreglement versteht unter Bebauungsziffer das Verhältnis zwischen höchstzulässiger überbaubarer Fläche und Gesamtfläche eines Grundstückes. Bei der Berechnung der Bebauungsziffer werden kleine eingeschossige Nebenbauten wie Garagen, Gartenhäuschen, Schuppen usw. bis zum Ausmass von insgesamt 25 m2 Grundfläche nicht zur bebauten Fläche gerechnet. Bei Gärtnereibetrieben werden Gewächshäuser nicht zur bebauten Fläche gerechnet. Dieser Paragraph befindet sich im Abschnitt "III. allgemeine Vorschriften für die Wohnzonen (§ 2, Zonen 2-4)" des Zonenreglements. Daraus folgt, dass die im ersten Abs. genannte "Gesamtfläche eines Grundstückes" nur insoweit zur Berechnung der Ausnützungsziffer herangezogen werden darf, als sie tatsächlich in einer der Wohnzonen 2-4 gemäss § 2 ZR liegt. Über die Zone 8 "Grünflächen, öffentliche Anlagen" enthalten die §§ 74 und 75 ZR die massgebende Spezialregelung. Das Birsvorland gehört nicht zur Wohnzone 3, sondern zur Grünzone 8. Schon deshalb kann § 7 ZR nicht auf den streitigen Uferstreifen angewendet werden. Die für die Wohnzonen 2-4 geltende Bestimmung von § 7 ZR lässt sich angesichts von Systematik und Wortlaut des Zonenreglements auch nicht analog dahin auslegen, sie gestatte den Einbezug von BGE 109 Ia 30 S. 32 Bauverbotsgebiet in die Nutzungsberechnung des in der Wohnzone W 3 gelegenen Grundstücksteils. Eine Vorschrift des kommunalen Rechts, die eine solche Anrechnung gestatten würde, besteht somit nicht. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts ist sachlich nicht haltbar. c) Im angefochtenen Urteil stellt das Verwaltungsgericht fest, die Regelung in § 7 ZR stehe im Einklang mit der Vorschrift von § 17 des basel-landschaftlichen Gesetzes über den Wasserbau und die Nutzung der Gewässer vom 2. September 1974 (WBauG). Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen diese Rechtsauffassung. § 17 WBauG lautet: § 17 Ablösung der Unterhaltspflicht 1 Tritt der Anstösser einen Uferstreifen von angemessener Breite kostenlos an die Öffentliche Hand ab, wird er von der Unterhaltspflicht befreit. 2 Das abgetretene Land wird bei der Berechnung der Nutzungsziffer der Stammparzelle mitberücksichtigt. § 17 Abs. 2 WBauG stellt eine dem Wasserbaupolizeirecht eigene Sonderregelung dar, welche die Abtretung von Uferland an die Öffentlichkeit fördern soll. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann daraus, dass § 7 Abs. 1 ZR mit § 17 Abs. 2 WBauG im Einklang steht, nichts zu Gunsten des Beschwerdegegners abgeleitet werden. Die Möglichkeit, nach § 17 WBauG abgetretenes Land in die Berechnung der Ausnützungsziffer der Stammparzelle einzubeziehen, kann nur dann bestehen, wenn sowohl die abgetretene als auch die verbleibende Fläche in der Bauzone liegen. Etwas anderes lässt sich dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen, ist doch die Anwendbarkeit von § 7 ZR - wie dargelegt (E. 6b) - auf die Wohnzonen beschränkt. Diese Auffassung scheint denn auch der Beschwerdegegner zu teilen, indem er die Anwendbarkeit von § 17 WBauG bejaht, weil seiner Ansicht nach "das Birsvorland eindeutig Bauland ist" (Vernehmlassung vom 17. Mai 1982, S. 13). Da es sich beim Birsvorland jedoch nicht um Bauland handelt (E. 5), fällt die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 2 WBauG auf den vorliegenden Fall dahin. Für den Einbezug des Birsvorlandes in die Ausnützungsberechnung fehlt es somit auch an einer Grundlage im kantonalen Recht. d) Wie dargelegt, stellen weder § 7 Abs. 1 ZR noch § 17 Abs. 2 WBauG Ausnahmeregeln dar, die eine Berücksichtigung von Nichtbauland bei der Berechnung der Ausnützungsziffer zuliessen; die Bestimmungen ermöglichen nur den Einbezug von Baugebiet. BGE 109 Ia 30 S. 33 Eine Vorschrift, die eine Anrechnung des Birsvorlandes ausdrücklich gestatten würde, ist weder im Recht der Gemeinde Birsfelden noch in jenem des Kantons Basel-Landschaft ersichtlich. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts beruht auf einer mit sachlichen Gründen nicht vertretbaren Auslegung des kantonalen und kommunalen Rechts. Abgesehen davon zeigt der vorliegende Fall, dass eine Anrechnung des Birsvorlandes zu einem fragwürdigen Ergebnis führen würde. Schon auf der Parzelle GB Nr. 622 wäre ein für die Zone W 3 sehr grosser Baukubus zulässig. In jenem Gebiet am Birsufer unterhalb der Bärengasse verläuft die landeinwärts gelegene Grenze der Ufergrundstücke nicht parallel zum Ufer, sondern in Richtung Südosten in einem spitzen Winkel zu diesem. Der Abstand vom Ufer zur Grenze verjüngt sich, während der Uferschutzstreifen des Birsvorlandes gemäss Zone 8 gleich breit bleibt. Die kleinsten Parzellen im Südosten befinden sich zum kleineren Teil in der Zone W 3 und zum grösseren Teil im Birsvorland. Die vom Beschwerdegegner angestrebte Anrechnung der Bauverbotsfläche liesse eine Nutzung der im Baugebiet verbleibenden Grundstückteile zu, die mit dem in der Zone W 3 Zulässigen in keinem ver- nünftigen Verhältnis mehr stünde. Es müssten Kuben bewilligt werden, die trotz Einhaltung der Vorschriften über die Abstände und die Bauhöhe bzw. die Stockwerkzahlen dem eigentlichen Zweck der Bau- und Zonenordnung widersprächen. Das aber kann weder der kantonale noch der kommunale Gesetzgeber gewollt haben.
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Urteilskopf 107 IV 72 21. Urteil der Anklagekammer vom 7. April 1981 i.S. C. gegen Generaldirektion der PTT (Beschwerde gegen Beschlagnahme)
Regeste Art. 29 Abs. 2 OG , Art. 25 ff. VStrR . Parteivertretung im Verfahren vor der Anklagekammer des Bundesgerichts. Bei den der Anklagekammer des Bundesgerichts in Art. 25 ff. VStrR übertragenen Beschwerdesachen und Anständen handelt es sich um Strafsachen im Sinne von Art. 29 Abs. 2 OG . Zur Parteivertretung im Verfahren vor der Anklagekammer sind daher nur patentierte Anwälte sowie die Rechtslehrer an schweizerischen Hochschulen befugt (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 72 BGE 107 IV 72 S. 72 A.- C. ist Inhaber einer Radioempfangskonzession der Klasse IIIe und einer Radiosendekonzession der Klasse A 3.2/III für allgemeine Verwendung (sog. Jedermannsfunk). Die erste gibt ihm das Recht zum Empfang von Sendungen der BGE 107 IV 72 S. 73 lizenzierten Radioamateure mit einem Empfänger der Marke MONITOR SR-9; die zweite erlaubt ihm, ein PTT-typengenehmigtes Handsprechfunkgerät SOMMERKAMP TS 5612 zu erstellen und zu betreiben. Seine Ehefrau besitzt ebenfalls eine Radiosendekonzession für den Jedermannsfunk, und zwar auch für ein Gerät SOMMERKAMP TS 5612. Wegen Verdachts einer Verletzung des Fernmelderegals eröffnete die Kreistelefondirektion (KTD) Olten am 16. März 1981 gegen C. eine Untersuchung nach Art. 37 ff. VStrR . Gestützt auf einen Durchsuchungsbefehl des Kreistelefondirektors vom 19. März 1981 führten Beamte der KTD gleichentags in Oberentfelden/AG eine Durchsuchung von Wohnung und Personenwagen von C. durch, wobei drei Funkgeräte, ein Spezialempfänger und zwei 27 MHz-Sende-Empfangsantennen festgestellt wurden, für welche weder C. noch dessen Ehefrau eine Konzession besitzen. Überdies wurde verschiedenes Zusatz- und Hilfsmaterial gefunden. Der untersuchende Beamte beschlagnahmte diese Gegenstände gestützt auf Art. 46 VStrR . B.- Mit einer am 23. März 1981 zur Prost gegebenen Eingabe erhebt die D. AG in Glarus "namens und im Auftrage" von C. Beschwerde bei der Anklagekammer mit dem Begehren, die Beschlagnahme der KTD vom 19. März 1981 sei aufzuheben und die beschlagnahmten Gegenstände seien dem Beschwerdeführer unverzüglich auszuhändigen. Die Generaldirektion PTT beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Erwägungen Die Anklagekammer zieht in Erwägung: 1. Die Generaldirektion PTT macht geltend, die Beschwerde sei einzig von der D. AG unterzeichnet, die gemäss Art. 29 Abs. 2 OG nicht als Parteivertreterin in Strafsachen vor Bundesgericht auftreten könne. 2. Das VStrR enthält keine Bestimmungen über die Parteivertretung im Beschwerdeverfahren vor der Anklagekammer des Bundesgerichts. Art. 32 Abs. 2 VStrR gilt, wie schon aus dem Gesetzestext erhellt und überdies vom Bundesrat in seiner Botschaft noch ausdrücklich hervorgehoben wurde (BBl 1971 I 1010), ausschliesslich für das Verfahren vor der Verwaltung. Soweit aber die Art. 25 ff. VStrR die Anklagekammer des Bundesgerichts mit dem Entscheid über Beschwerden und Anstände im Verwaltungsstrafverfahren befassen, wird ihr diese BGE 107 IV 72 S. 74 Aufgabe als eidgenössische Strafgerichtsbehörde ( Art. 1 Abs. 1 Ziff. 4 BStP ) und nicht als eine obere Verwaltungsinstanz übertragen. Das Beschwerdeverfahren vor der Anklagekammer ist demgemäss nicht ein oberinstanzliches Verwaltungsverfahren, sondern ein Gerichtsverfahren. Entsprechend wurde denn auch in BGE 102 IV 144 darauf hingewiesen, dass Art. 31 Abs. 1 VStrR , der für die Berechnung der Fristen, die Fristverlängerung und die Wiederherstellung gegen die Folgen der Säumnis auf die Art. 20-24 VwVG verweist, nur für das Verfahren vor der Verwaltung, insbesondere auch für das Beschwerdeverfahren vor dem Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung ( Art. 27 Abs. 1 VStrR ), nicht aber für das gerichtliche Verfahren vor der Anklagekammer gilt; für dieses seien in Anwendung von Art. 31 Abs. 2 VStrR die Vorschriften des OG massgebend, wie auch hinsichtlich der Formerfordernisse, denen die Beschwerde an die Anklagekammer gemäss Art. 25 ff. VStrR genügen muss, die Bestimmungen des OG zum Zuge kämen unter Ausschluss derjenigen des VwVG. Nach den Vorschriften des OG ist folglich auch zu entscheiden, ob die D. AG im vorliegenden Fall befugt ist, den Beschwerdeführer vor der Anklagekammer des Bundesgerichts zu vertreten. 3. Gemäss Art. 29 Abs. 2 OG können in Zivil- und Strafsachen nur patentierte Anwälte sowie Rechtslehrer an schweizerischen Hochschulen als Parteivertreter vor Bundesgericht auftreten. Bei den der Anklagekammer des Bundesgerichts in Art. 25 ff. des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht übertragenen Beschwerdesachen und Anständen handelt es sich um Strafsachen, was analog schon in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 OG entschieden wurde (nicht veröffentlichter Entscheid der Anklagekammer vom 7.2.1978 i.S. Sch. c. Generaldirektion PTT). Tatsächlich tritt die Anklagekammer - wie ausgeführt - insoweit als eidgenössische Strafgerichtsbehörde auf (s. BGE 103 Ia 367 ). Die D. AG, die als Aktiengesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit hat, erfüllt die von Art. 29 Abs. 2 OG verlangte Eigenschaft nicht. Da die Beschwerde nur die Unterschriften der Organe dieser Firma trägt und weder die Rechtsschrift noch der Briefumschlag von C. selber unterzeichnet ist, genügt das Rechtsmittel den Anforderungen des Art. 30 Abs. 1 OG nicht ( BGE 102 IV 143 , BGE 99 II 121 ), weshalb darauf nicht einzutreten ist. Dispositiv Demnach erkennt die Anklagekammer: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 101 Ib 306 55. Urteil vom 17. Oktober 1975 i.S. Pri * Molk A.G. gegen Schweizerische Käseunion und Abteilung für Landwirtschaft (AfL)
Regeste Käsemarktordnung; Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages. 1. Die Feststellung der Käseunion, dass ein Gesuchsteller den Anforderungen, welche die Grundsätze der Käsevermarktung an einen Zwischenhändler stellen, nicht genügt, ist eine von einer Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG erlassene Verfügung nach Art. 5 VwVG , die im Beschwerdeverfahren durch die AfL auf ihre Bundesrechtmässigkeit überprüft werden kann. Gegen den Entscheid der AfL ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (E. 1 und 2). 2. Es gehört zum Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 ff. VwVG , dass sich der Beschwerdeführer zur Vernehmlassung der verfügenden Instanz muss äussern können, wenn die angefochtene Verfügung nur kurz begründet ist, die Vernehmlassung dagegen über die Gründe, welche zum angefochtenen Entscheid führten, ausführlich Stellung nimmt (E. 3). 3. Der Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages setzt unter anderem voraus, dass der Gesuchsteller sowohl von den Mitgliedfirmen der Käseunion als auch von den Importfirmen, welche unionsähnlichen Käse aus dem Ausland einführen, unabhängig ist (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 307 BGE 101 Ib 306 S. 307 Die Pri * Molk AG, Luzern, Beschwerdeführerin, reichte bei der Schweizerischen Käseunion AG, Bern, Beschwerdegegnerin, ein Gesuch um Abschluss eines Rahmenvertrages ein. Das Gesuch wurde abgelehnt und festgestellt, dass die Pri * Molk AG, Luzern, die Voraussetzungen für den Abschluss eines Rahmenvertrages nicht erfülle. Die Beschwerdeführerin wandte sich daraufhin an das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement, welches die Sache als Verwaltungsbeschwerde an die Aufsichtsbehörde über die Schweizerische Käseunion AG, nämlich an die Abteilung für Landwirtschaft (AfL) übermittelte. Nach Abschluss des Instruktionsverfahrens wies die AfL BGE 101 Ib 306 S. 308 die Beschwerde ab. Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die vom Bundesgericht abgewiesen wird. Erwägungen Erwägungen: 1. Das Bundesgericht beurteilt nach Massgabe von Art. 97 OG letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG ; als solche gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen. Der angefochtene Entscheid zählt zu derartigen Verfügungen. Er erging von einer Bundesbehörde in Anwendung der Bundesgesetzgebung über die Käsevermarktung (Käsemarktordnung). Die AfL handelte formell als Beschwerdeinstanz nach Art. 47 Abs. 1 lit. c VwVG ; die Käsemarktordnung bezeichnet nämlich keine Beschwerdeinstanz und verweist bezüglich des Rechtsschutzes auf die Bestimmungen des VwVG (Art. 13 Käsemarktordnung). Die AfL als Aufsichtsbehörde gemäss Art. 10 der Käsemarktordnung in Verbindung mit dem Beschluss des Bundesrates vom 24. November 1969 hatte somit als Beschwerdeinstanz zu handeln. Gegen diesen Beschwerdeentscheid steht keine vorgängige Beschwerdemöglichkeit an eine eidgenössische Rekurskommission offen. Er kann somit mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden ( Art. 98 lit. c OG ). 2. Die Käseunion wirft die Frage auf, ob auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde deshalb nicht eingetreten werden kann, weil die AfL auf die bei ihr eingereichte Beschwerde der Pri * Molk AG gar nicht hätte eintreten dürfen. Über diese Frage ist jedoch nicht im Rahmen des Eintretens zu entscheiden. Nachdem die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschwerdeentscheid der AfL formell zulässig ist, muss im Rahmen der Sachprüfung beurteilt werden, ob die AfL durch Eintreten auf das bei ihr eingereichte Rechtsmittel Bundesrecht verletzt hat. Die Käseunion bezweifelt in ihrer Vernehmlassung, dass ihr Schreiben, in dem sie das Gesuch der Beschwerdeführerin um Abschluss eines Rahmenvertrages abwies, als beschwerdefähige Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG zu qualifizieren sei; vielmehr sei anzunehmen, die Käseunion könne im Rahmen BGE 101 Ib 306 S. 309 ihrer privatrechtlichen Autonomie entscheiden, ob und mit wem sie einen Rahmenvertrag abschliessen wolle. Die Käseunion ist eine Aktiengesellschaft im Sinne des Obligationenrechts, für die jedoch von Bundesrechts wegen (Käsemarktordnung) eine Reihe von Sondernormen gelten, weil den in der Käseunion zusammengeschlossenen Firmen und Verbänden öffentlichrechtliche Aufgaben im Bereiche der Käsevermarktung zugewiesen sind. Anders als eine sich einzig auf der Ebene des Privatrechts bewegende Aktiengesellschaft muss die Käseunion eine Politik der offenen Tür für die Neuaufnahme von Mitgliedern betreiben und alle Mitglieder rechtlich gleich behandeln (Art. 2 der Käsemarktordnung). Verweigert die Käseunion einem Bewerber die Mitgliedschaft, kann dieser seinen tatsächlichen oder vermeintlichen Anspruch mit verwaltungsrechtlicher Klage vor Bundesgericht geltend machen (Art. 11 des vom Bundesrat genehmigten Reglements der Schweizerischen Käseunion in Verbindung mit Art. 116 lit. c OG und Art. 5 Abs. 3 VwVG ). Die Rechtsstellung der Zwischenhändler ist jedoch - anders als jene der Mitglieder der Käseunion - in der Käsemarktordnung nicht geordnet. Mit ihr befassen sich die von der Käseunion gestützt auf Art. 6 der Käsemarktordnung erlassenen Grundsätze der Käsevermarktung. Wiewohl nun zwar das Verhältnis zwischen der Käseunion und den einzelnen Inlandgrossisten durch einen Vertrag geordnet wird, der alle Merkmale eines privatrechtlichen Vertrages aufweist (vgl. Botschaft zur Käsemarktordnung in BBl 1968 I 1041), findet doch auch die vertragliche Bindung zwischen Käseunion und Zwischenhändler ihre Grundlage im öffentlichen Recht; sie stellt eine der geeigneten Massnahmen dar, die im Rahmen der Zielsetzungen der Käsemarktordnung im Blick auf eine zweckmässige Käsevermarktung getroffen werden. Die Privatautonomie der Käseunion, die bis zum Inkrafttreten der Käsemarktordnung im Jahre 1969 umstritten war, doch im neuen Recht unter entsprechenden Vorbehalten anerkannt wird (Art. 1 Abs. 3 der Käsemarktordnung) ist nicht nur durch das umfassende Weisungsrecht des Bundes (Art. 10 der Käsemarktordnung) eingeengt, sondern auch durch die den Zielsetzungen der Käsemarktordnung immanenten Grundsätze selbst. Hat die Käseunion einmal gestützt auf Art. 6 der Käsemarktordnung die Grundsätze der Käsevermarktung aufgestellt, so ist sie nicht mehr frei, BGE 101 Ib 306 S. 310 diese gegenüber den verschiedenen Bewerbern, die um Abschluss eines Rahmenvertrages ersuchen, unterschiedlich anzuwenden. Die Käseunion bindet sich durch die aufgestellten Grundsätze selbst. Gründen demnach die materiellen Voraussetzungen der vertraglichen Bindung zwischen Käseunion und Zwischenhändler im öffentlichen Recht des Bundes, nämlich in der Käsemarktordnung und den gestützt darauf erlassenen Grundsätzen der Käsevermarktung, so bildet auch die Feststellung der Käseunion, dass ein Gesuchsteller den Anforderungen dieser Grundsätze nicht genügt, eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG und die Käseunion handelt dabei als Behörde im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG . Diese Verfügung kann verwaltungsintern im Beschwerdeverfahren durch die AfL auf ihre Bundesrechtmässigkeit überprüft werden. Die AfL hat demnach Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie auf die Beschwerde der Pri * Molk AG eingetreten ist und geprüft hat, ob die Feststellung der Käseunion, dass die Beschwerdeführerin nach den Grundsätzen der zielkonformen Käsevermarktung die Voraussetzungen für den Abschluss eines Rahmenvertrages nicht erfüllt, bundesrechtswidrig ist. 3. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihres Anspruches auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 ff. VwVG ; namentlich sei sie zur Vernehmlassung der Käseunion von der AfL nicht angehört worden. Nach Art. 29 ff. VwVG muss die Beschwerdeführerin die Möglichkeit haben, von der Vernehmlassung der Gegenpartei, in concreto der verfügenden Instanz, Kenntnis zu nehmen. Sie muss sich - namentlich, wenn die angefochtene Verfügung nur kurz begründet ist, die Vernehmlassung dagegen über die Gründe, welche zum angefochtenen Entscheid führten, ausführlich Stellung nimmt - über ihren Inhalt äussern können. Es handelt sich hier nach der Rechtsprechung (vgl. BGE 96 I 606 E. 3) um eine Voraussetzung zur Ausübung des Rechts auf Äusserung, das einen wesentlichen Bestandteil des Anspruches auf rechtliches Gehör bildet. Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass ihrem Rechtsvertreter anlässlich der Besprechung vom 7. Februar 1975 die Vernehmlassung der Käseunion zur Kenntnis gebracht und ausgehändigt wurde. Ihr Rechtsvertreter wurde bei dieser Besprechung angehört. Wenn der Vertreter der Beschwerdeführerin sich noch das Recht vorbehalten wollte, nachträglich, BGE 101 Ib 306 S. 311 d.h. nach eingehendem Studium dieser Vernehmlassung, schriftlich zu den Bemerkungen der Käseunion Stellung zu nehmen, hätte er anlässlich der Besprechung oder in seinem Schreiben an die AfL vom 12. Februar 1975 um Ansetzung einer entsprechenden Frist nachsuchen können. Ein entsprechender Antrag wurde nicht gestellt. Im Gegenteil, der Vertreter der Beschwerdeführerin führte in seinem Schreiben vom 12. Februar 1975 an die AfL, in welchem er den Erhalt der Vernehmlassung der Käseunion bestätigte, aus, er wolle zur materiellen Rechtslage nicht nochmals Stellung nehmen und ersuche eindringlich, für einen baldigen Entscheid in der Sache besorgt zu sein. Unter diesen Umständen konnte die AfL ohne Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör und Akteneinsicht davon ausgehen, sie sei den entsprechenden verfahrensrechtlichen Pflichten nachgekommen. 4. In der Sache selbst ist zu entscheiden, ob der die Feststellung der Käseunion bestätigende Entscheid, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für den Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages nicht erfüllt, Bundesrecht verletzt. Durch die Einschaltung der Zwischenhändler wird der Käsegrosshandel zweistufig: Die Grosshandelsmarge muss zwischen der Mitgliedfirma der Käseunion und dem Zwischenhändler aufgeteilt werden. Diese Vermehrung der Handelsstufen dürfte nur ausnahmsweise im Interesse einer möglichst zweckmässigen Käsevermarktung liegen. Grundsätzlich ist es Sache der im Inlandgeschäft tätigen Mitgliedfirmen, im Rahmen der ihnen zukommenden Kontingente den schweizerischen Detailhandel zu beliefern. Die AfL konnte ohne Verletzung von Bundesrecht annehmen, ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den bereits anerkannten Zwischenhändlern könne jedenfalls nur von solchen Firmen geltend gemacht werden, die sowohl von den Mitgliedfirmen der Käseunion als auch von Importfirmen, die unionsähnlichen Käse aus dem Ausland einführen, unabhängig sind. Diese Unabhängigkeit geht der Beschwerdeführerin ab, da von ihren beiden Verwaltungsräten der eine als Verwaltungsratspräsident der Burger Söhne AG im Käseimportgeschäft tätig ist, der andere offensichtlich eng mit einer Mitgliedfirma der Käseunion verbunden ist. Diese Feststellung der AfL konnte von der Beschwerdeführerin nicht widerlegt werden. Diesbezüglich geht es denn BGE 101 Ib 306 S. 312 auch nicht - wie die Beschwerdeführerin geltend macht - um eine Behauptung, sondern um eine unwiderlegte Tatsache. Die Verflechtungen sind derart intensiv, dass die Beschwerdeführerin nicht einmal über einen eigenen Telefonanschluss verfügt und ihre Geschäfte offensichtlich in den Geschäftsräumlichkeiten der Firma Stadelmann AG und durch deren Personal abgewickelt werden. Dabei ist zwar nicht zu übersehen, dass die Beschwerdeführerin an sich selbständige Handelsgeschäfte betreibt und insbesondere auch als Buttergrosshändlerin anerkannt ist. Doch ist die Vermarktung von Butter wesentlich anders organisiert als jene von Käse. Nur beim Käse stellt sich das Problem der Einfuhr von Ware, die in einem direkten Konkurrenzverhältnis zur inländischen Produktion steht. Bei der Käsevermarktung besteht ein schutzwürdiges Interesse der Käseunion, keine neuen Zwischenhändler aufzunehmen, bei denen Verflechtungen vorliegen, wie sie bei der Beschwerdeführerin bestehen. Würden die Grundsätze der Käsevermarktung im Sinne der Beschwerdeführerin ausgelegt und angenommen, die Beschwerdeführerin erfülle selbst bei den gegebenen Verflechtungen die Voraussetzungen für den Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages, wäre die konsequente Verfolgung der durch die Käsemarktordnung hinsichtlich der Käsevermarktung angestrebten Zielsetzungen in Frage gestellt. Der Entscheid der AfL, wonach die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für den Abschluss eines Zwischenhändler-Rahmenvertrages nicht erfüllt, verletzt somit Bundesrecht nicht.
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e464cb92-9777-4b72-a750-3aebf589dfcc
Urteilskopf 134 III 520 81. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Kanton Solothurn (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) 5D_139/2007 vom 10. April 2008
Regeste Definitive Rechtsöffnung; subsidiäre Verfassungsbeschwerde; Anwaltsmonopol; Art. 40 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 und 2 lit. a BGG . Das Anwaltsmonopol gilt im Anwendungsbereich der subsidiären Verfassungsbeschwerde in Zivil- und Strafsachen, dagegen nicht in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (E. 1.2). Da nach neuem Recht die SchKG-Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG der Beschwerde in Zivilsachen zugewiesen werden, gilt für sie auch das Anwaltsmonopol gemäss Art. 40 Abs. 1 BGG (E. 1.5).
Sachverhalt ab Seite 521 BGE 134 III 520 S. 521 A. In der vom Kanton Solothurn (im Folgenden: Beschwerdegegner) gegen X. (im Folgenden: Beschwerdeführer) eingeleiteten Betreibung Nr. 1... des Betreibungsamtes A. erteilte der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Zürich mit Verfügung vom 15. August 2007 definitive Rechtsöffnung für Fr. 8'348.05 nebst Zinsen und Kosten. Dagegen erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch die Treuhand Y., beim Obergericht des Kantons Zürich (III. Zivilkammer) Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Beschwerdeführer sei "für das Jahr 2002 nur durch einen Kanton zu besteuern" und "die Aufteilung der Steuerrechnung 2002 den Kantonen Solothurn und Zürich zu überlassen". Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 wurde die Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen, soweit auf sie einzutreten war. B. Der Beschwerdeführer, vertreten durch die Treuhand Y., hat mit Eingabe vom 24. November 2007 die Sache an das Bundesgericht weitergezogen. Er beantragt im Wesentlichen, der obergerichtliche Entscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Besteuerung nur durch einen Kanton erfolgen könne. Das Bundesgericht tritt auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist ( Art. 29 Abs. 1 BGG ; BGE 133 III 645 E. 2 mit Hinweis). 1.1 Gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen auch Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Beim vorliegenden Entscheid über die definitive Rechtsöffnung handelt es sich um einen solchen Entscheid ( BGE 133 III 399 E. 1). In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Streitwert mindestens 30'000 Franken beträgt BGE 134 III 520 S. 522 ( Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ), es sei denn, dass ein vorliegend nicht gegebener Ausnahmegrund nach Art. 74 Abs. 2 BGG besteht. Da die Streitwertgrenze offensichtlich nicht erreicht wird, ist nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG zulässig. 1.2 Im vorliegenden Fall stellt sich vorab die Frage, ob ein Treuhandbüro den Beschwerdeführer vor Bundesgericht gültig vertreten kann. Nach Art. 40 Abs. 1 BGG können in Zivil- und Strafsachen Parteien vor Bundesgericht nur von Anwälten und Anwältinnen vertreten werden, die nach dem Anwaltsgesetz oder einem Staatsvertrag berechtigt sind, Personen vor schweizerischen Gerichtsbehörden zu vertreten. Es ist deshalb zu prüfen, in welchen Fällen im Anwendungsbereich der subsidiären Verfassungsbeschwerde eine Zivil- oder Strafsache vorliegt. In der Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege (BBl 2001 S. 4202 ff.) war dieses Rechtsmittel noch nicht vorgesehen. Auf Vorschlag des Vorstehers des EJPD wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die anregte, die drei ordentlichen Beschwerden (die Beschwerde in Zivilsachen, die Beschwerde in Strafsachen sowie die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) durch eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde zu ergänzen. Diese soll dort zur Verfügung stehen, wo die ordentlichen Einheitsbeschwerden nach dem 3. Kapitel ( Art. 72-89 BGG ) ausgeschlossen sind (Fälle unterhalb der Streitwertgrenze bzw. im Ausschlussbereich). Diese Erweiterung des Rechtsmittelsystems wurde von beiden Räten ohne Änderungen akzeptiert (AB 2004 N S. 1614 f. und AB 2005 S S. 139). In Art. 113 BGG wird als Grundsatz festgehalten, dass dieser Rechtsmittelweg offensteht, soweit keine Beschwerde nach Art. 72-89 BGG zulässig ist. Das heisst, dass die subsidiäre Verfassungsbeschwerde die Einheitsbeschwerde ersetzt, wenn eine für die jeweilige Einheitsbeschwerde aufgestellte Voraussetzung nicht gegeben ist. Daraus folgt, dass die subsidiäre Verfassungsbeschwerde auch ein Rechtsmittel "in Zivilsachen" im Sinne von Art. 72 ff. BGG ist, wenn sie an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden muss. Mit dem Begriff "subsidiäre Verfassungsbeschwerde" werden lediglich die zulässigen Rügen thematisiert, nämlich die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gemäss Art. 116 BGG . Dies bedeutet, dass das Anwaltsmonopol im Anwendungsbereich der subsidiären Verfassungsbeschwerde gleich weit reicht wie bei der Einheitsbeschwerde: In Zivil- und Strafsachen ist es gegeben, in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht. BGE 134 III 520 S. 523 1.3 Gemäss Art. 72 Abs. 1 BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden in Zivilsachen. Nach Art. 72 Abs. 2 BGG unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen auch Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (lit. a) und öffentlich-rechtliche Entscheide, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht stehen (lit. b). Es ist daher zu prüfen, ob Art. 40 BGG nur die Zivilsachen gemäss Art. 72 Abs. 1 BGG umfasst oder vielmehr verfahrensrechtlich in dem Sinn zu verstehen ist, dass für sämtliche Materien, die der Beschwerde in Zivilsachen unterliegen, das Anwaltsmonopol gemäss Art. 40 BGG gilt. Das Bundesgericht hat sich in einem Registerstreit für Marken, welcher den vorausgesetzten Streitwert erreichte und der gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 BGG der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt, dafür entschieden, dass das Anwaltsmonopol für sämtliche Beschwerden in Zivilsachen, also auch für diejenigen nach Art. 72 Abs. 2 BGG gilt (Urteil des Bundesgerichts 4A_161/2007 vom 18. Juli 2007, E. 3). An dieser Auffassung ist nach erneuter Prüfung auch für die Schuldbetreibungs- und Konkurssachen festzuhalten. 1.4 Der Bundesrat sah in seinem Entwurf eine umfassende Geltung des Anwaltsmonopols vor (Art. 37 Abs. 1 E-BGG; vgl. auch Botschaft, a.a.O., S. 4293). Absicht des Bundesrats war, mit dem Anwaltsmonopol den Zugang zum Bundesgericht zu erschweren. Der Nationalrat lehnte in der Herbstsession 2004 diese Ausweitung des Anwaltsmonopols auf die öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Bestreben deutlich ab, an der damals geltenden Rechtslage nichts zu ändern: Zivil- und Strafsachen sollten vom Anwaltsmonopol erfasst und öffentlich-rechtliche Angelegenheiten nicht erfasst sein (AB 2004 N S. 1589 ff.). Die Frage, ob das Anwaltsmonopol auch auf SchKG-Belange ausgedehnt werden solle, bildete nicht Gegenstand der Diskussionen in den beiden Räten. Dagegen wurde wiederholt auf den bisherigen Art. 29 OG (gelegentlich fälschlicherweise als Art. 27 OG bezeichnet) verwiesen. Auch der Ständerat, der vorher der Ansicht des Bundesrats gefolgt war, schwenkte auf die Meinung des Nationalrats um und stimmte für die Beibehaltung des Status quo (AB 2005 S S. 122 ff.). 1.5 Nach Art. 29 OG fiel das betreibungsrechtliche Beschwerdeverfahren nicht unter die Zivilsachen; der Rechtsweg wurde durch Art. 19 aSchKG und Art. 76 ff. OG abgedeckt. Aber Art. 29 OG wurde stets verfahrensrechtlich in dem Sinn verstanden, dass auf die Art des vor Bundesgericht einzureichenden Rechtsmittels abgestellt wurde: Zivilsachen im Sinne dieser Bestimmung waren der direkte BGE 134 III 520 S. 524 Prozess, die Berufung, die zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Revision und Erläuterung gegen diesbezügliche Entscheide (W. BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 31; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, N. 3.1 zu Art. 29 OG , S. 161). Das Gleiche gilt nach dem Gesagten für Art. 40 BGG . Da nach neuem Recht sämtliche SchKG-Angelegenheiten nach Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG generell der Beschwerde in Zivilsachen zugewiesen werden, gilt für sie auch das Anwaltsmonopol gemäss Art. 40 BGG .
null
nan
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2,008
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e469425b-c696-4a79-9f6c-dad5b637fa77
Urteilskopf 125 V 69 10. Urteil vom 3. März 1999 i.S. R. gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Art. 3 Abs. 6 ELG ; Art. 17 Abs. 1, 2 und 4 ELV ; Art. 1 Abs. 1 lit. a, Art. 2 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1, Art. 58 Abs. 1, Art. 60 lit. b BGBB ; Art. 30 Abs. 1, Art. 31 Abs. 2 LPG : Bewertung eines landwirtschaftlichen Gewerbes. Unter Grundstücken im Sinne von Art. 17 Abs. 4 ELV ist auch eine Gesamtheit von Grundstücken zu verstehen, die ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB bilden und dem Realteilungsverbot im Sinne von Art. 58 BGBB unterliegen. Ein landwirtschaftliches Gewerbe (in casu: Wohnhaus vom Eigentümer bewohnt, dazugehörendes landwirtschaftliches Gewerbe verpachtet) ist daher so lange als Einheit zum Steuerwert anzurechnen, als ein einzelnes Grundstück daraus im Sinne von Art. 17 Abs. 4 ELV eigenen Wohnzwecken dient.
Sachverhalt ab Seite 70 BGE 125 V 69 S. 70 A.- Der 1929 geborene R. bezieht eine AHV-Altersrente sowie Zusatzrenten für seine Ehefrau und seine beiden Töchter. Am 4. April 1996 meldete er sich zum Bezug einer Ergänzungsleistung an. Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn ging bei der Ermittlung des Vermögens hinsichtlich des verpachteten Teils des ihm gehörenden landwirtschaftlichen Gewerbes vom Verkehrswert aus, während sie das von ihm und seiner Familie selbst bewohnte Wohnhaus zum Katasterwert anrechnete. Gestützt darauf errechnete sie einen Einnahmenüberschuss und lehnte das Leistungsgesuch mit Verfügung vom 23. Oktober 1996 ab. B.- Hiegegen erhob R. beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde und beantragte die Neubeurteilung seines Ergänzungsleistungsgesuches. Er machte geltend, die Grundstücke in seinem Eigentum stellten ein landwirtschaftliches Gewerbe dar und könnten gemäss Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht nicht einzeln verkauft werden. Da das Wohnhaus auf diesem landwirtschaftlichen Gewerbe selbst bewohnt werde, sei das gesamte Grundeigentum als selbst bewohntes zu bewerten. Mit Entscheid vom 19. Juni 1997 wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Beschwerde ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert R. seine Rechtsbegehren und beantragt die Aufhebung des kantonalen Entscheids. Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Das kantonale Gericht hat die Voraussetzungen, unter denen Bezüger von Renten der AHV eine Ergänzungsleistung beziehen können ( Art. 2 Abs. 1 ELG ), und die einschlägigen Vorschriften über das anrechenbare Einkommen und Vermögen sowie über den Vermögensverzehr ( Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG und Art. 3 Abs. 6 ELG [in der bis 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung] in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 und 4 ELV ) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. BGE 125 V 69 S. 71 2. Im vorliegenden Fall ist einzig streitig, zu welchem Wert das nicht selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Gewerbe im Eigentum des Beschwerdeführers anzurechnen ist. Während Verwaltung und Vorinstanz einzig das von der Familie des Beschwerdeführers bewohnte Wohnhaus zum Steuerwert ( Art. 17 Abs. 1 ELV ), hingegen den ganzen übrigen Teil des landwirtschaftlichen Gewerbes zum Verkehrswert ( Art. 17 Abs. 4 ELV ) angerechnet haben, vertritt der Beschwerdeführer sinngemäss die Meinung, das landwirtschaftliche Gewerbe sei als Einheit zu betrachten und somit insgesamt im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ELV zum Steuerwert anzurechnen. a) Das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.11) bezweckt unter anderem, das bäuerliche Grundeigentum zu fördern und namentlich Familienbetriebe als Grundlage eines gesunden Bauernstandes und einer leistungsfähigen, auf eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung ausgerichteten Landwirtschaft zu erhalten und ihre Struktur zu verbessern ( Art. 1 Abs. 1 lit. a BGBB ). Das Gesetz gilt für einzelne oder zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörende landwirtschaftliche Grundstücke, die ausserhalb einer Bauzone im Sinne des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung liegen und für welche die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist ( Art. 2 Abs. 1 BGBB ). Als landwirtschaftliches Gewerbe gilt eine Gesamtheit von landwirtschaftlichen Grundstücken, Bauten und Anlagen, die als Grundlage der landwirtschaftlichen Produktion dient und die mindestens die halbe Arbeitskraft einer bäuerlichen Familie beansprucht ( Art. 7 Abs. 1 BGBB ). Von landwirtschaftlichen Gewerben dürfen nicht einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile abgetrennt werden (Realteilungsverbot; Art. 58 Abs. 1 BGBB ). Ausnahmen sind gemäss Art. 59 BGBB nur im Rahmen einer Bodenverbesserung, zum Zweck einer Grenzverbesserung oder einer Grenzbereinigung, infolge einer Enteignung oder bei einer Zwangsvollstreckung zulässig. Nach Art. 60 BGBB werden ferner unter engen Voraussetzungen Ausnahmen bewilligt. Im vorliegenden Zusammenhang interessiert einzig die Bewilligung unter der Voraussetzung, dass das landwirtschaftliche Gewerbe auch nach der Aufteilung oder der Abtrennung eines Grundstücks oder Grundstückteils einer bäuerlichen Familie noch eine gute landwirtschaftliche Existenz bietet (lit. b). Wer von einem landwirtschaftlichen Gewerbe einzelne Grundstücke oder Teile von einzelnen Grundstücken verpachtet (parzellenweise Verpachtung), bedarf einer Bewilligung (Art. 30 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht vom 4. Oktober 1985 [LPG]; SR 221.213.2). Nach Art. BGE 125 V 69 S. 72 31 Abs. 2 LPG wird die Bewilligung namentlich erteilt, wenn das Gewerbe nur vorübergehend parzellenweise verpachtet und später wieder als Ganzes bewirtschaftet werden soll (lit. e) oder wenn der Verpächter das Gewerbe bisher selber bewirtschaftet hat, dazu jedoch aus persönlichen Gründen, wie schwere Krankheit oder vorgerücktes Alter, nur noch teilweise in der Lage ist (lit. f). b) Die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke stellen zweifellos ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB dar, weshalb nach Art. 58 Abs. 1 BGBB einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile nicht abgetrennt werden dürfen, es sei denn, es liege eine Ausnahmesituation im Sinne von Art. 60 lit. b BGBB vor. Der Beschwerdeführer hat den grössten Teil seines landwirtschaftlichen Gewerbes verpachtet, nämlich 175'887 m2 (bzw. gemäss Katasterauszug vom 1. Dezember 1995 175'817 m2) von insgesamt 178'776 m2 (Pachtvertrag vom 12. Juni 1994). Von der Pacht ausgenommen sind das Wohnhaus und ein Wagenschopf, ein Stück Land zu 70 m2, ein Stück Land zu 2'689 m2 und ein Stück Wald zu 200 m2. Die Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes erfolgte infolge der Aufgabe der Landwirtschaft aus gesundheitlichen Gründen. Sie hat indessen nach Angaben des Beschwerdeführers bloss vorübergehenden Charakter, denn nach Ablauf der minimalen Pachtdauer werde eine Weiterführung des Betriebes in der Familie angestrebt. Der Pachtvertrag wurde für eine Dauer von neun Jahren abgeschlossen und wird jeweils um sechs Jahre verlängert, wenn er nicht fristgerecht gekündigt wird (Ziff. 1-3 des Pachtvertrages vom 12. Juni 1994). Diese Vertrags- und Fortsetzungsdauer entspricht dem gesetzlichen Minimum für landwirtschaftliche Gewerbe ( Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 lit. b LPG ). Unklar ist, ob es sich vorliegend um eine bewilligungspflichtige Verpachtung einzelner Grundstücke eines landwirtschaftlichen Gewerbes ( Art. 30 LPG ) oder um die nicht bewilligungspflichtige Verpachtung des gesamten landwirtschaftlichen Gewerbes handelt. Da 98% des Landes verpachtet sind, ist eher Letzteres zu bejahen, doch kann diese Frage letztlich offen bleiben. Denn entweder war die Verpachtung des landwirtschaftlichen Gewerbes überhaupt nicht bewilligungspflichtig oder sie wurde wegen Vorliegens der Voraussetzungen in Art. 31 Abs. 2 lit. e oder f LPG bewilligt. c) Die Zielrichtungen des bäuerlichen Bodenrechts (BGBB und LPG) und des ELG stehen sich hinsichtlich der in casu zu beurteilenden Rechtsfrage diametral gegenüber: Auf der einen Seite sollen das bäuerliche Grundeigentum BGE 125 V 69 S. 73 gefördert und Familienbetriebe erhalten bleiben, was bei einem Generationenwechsel den möglichst unversehrten Übergang des landwirtschaftlichen Gewerbes voraussetzt (BATZ, EL-rechtliche Aspekte de Kindskaufs, in: SZS 1994 S. 35, mit Hinweis auf ZIMMERLI, Das neue bäuerliche Bodenrecht, in: ZBGR 1993 S. 143). Daher gilt für landwirtschaftliche Gewerbe ein Realteilungsverbot ( Art. 58 Abs. 1 BGBB ) und ist die Verpachtung einzelner Grundstücke aus einem landwirtschaftlichen Gewerbe bewilligungspflichtig ( Art. 30 LPG ). Auf der anderen Seite steht der ergänzungsleistungsrechtliche Grundsatz, wonach nur jener Teil des Grundeigentums nach dem günstigeren Steuerwert angerechnet werden kann, der dem Leistungsansprecher zu eigenen Wohnzwecken dient (Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 ELV). Das übrige Grundeigentum wird zum Verkehrswert angerechnet ( Art. 17 Abs. 4 ELV ). Dahinter steht der Grundgedanke, dass eine Liegenschaft nicht auf Kosten der Ergänzungsleistung für die Erben erhalten bleiben soll (ZAK 1991 S. 406). In der Literatur wird kritisiert, bei der Schaffung von Art. 17 ELV seien bäuerliche Anliegen ausser Acht gelassen bzw. übersehen worden (BATZ, a.a.O., S. 40 f.). 3. a) In Art. 3 Abs. 6 ELG wird dem Bundesrat die Kompetenz delegiert, Vorschriften über die Bewertung des anrechenbaren Einkommens und Vermögens aufzustellen. Dabei wird dem Bundesrat ein sehr weiter Ermessensspielraum offen gelassen. Hinsichtlich der Bewertung des anrechenbaren Vermögens hat der Bundesrat seine Kompetenz mit dem Erlass von Art. 17 ELV wahrgenommen. Nach dieser Bestimmung werden zwei Arten von Vermögensbewertungen unterschieden: Das Mobiliarvermögen und Grundstücke, welche den leistungsansprechenden Personen zu eigenen Wohnzwecken dienen, sind nach den Grundsätzen des Steuerrechts des Wohnsitzkantons (Abs. 1) oder des Bundes (Abs. 2 und 3) zu bewerten, während Grundstücke, welche nicht zu eigenen Wohnzwecken dienen, nach dem Verkehrswert angerechnet werden (Abs. 4). Diese Regelung fällt nicht offensichtlich aus dem Rahmen der gesetzlich delegierten Kompetenzen. b) Die Verwaltung will in Anwendung von Art. 17 Abs. 4 ELV sämtliche Grundstücke, die nicht zu eigenen Wohnzwecken dienen, zum Verkehrswert anrechnen. Sie brachte im vorinstanzlichen Verfahren vor, für landwirtschaftliche Liegenschaften lägen keine Spezialbestimmungen vor, weshalb das nicht "eigenen Wohnzwecken" dienende landwirtschaftliche Gewerbe zum Verkehrswert anzurechnen sei. BGE 125 V 69 S. 74 Die von Verwaltung und Bundesamt für Sozialversicherung verfochtene ergänzungsleistungsrechtliche Bewertung eines landwirtschaftlichen Heimwesens vermag nicht zu befriedigen. Für die Rentnerinnen und Rentner, die eine in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft selbst bewohnen, wird diese bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen zur AHV/IV mit dem Steuerwert angerechnet ( Art. 17 Abs. 4 ELV e contrario). Dies erlaubt es einkommensschwachen Rentnerinnen und Rentnern mit einer Liegenschaft, diese nicht aufgeben zu müssen und so in ihrer vertrauten Umgebung den Lebensabend verbringen zu können (ERWIN CARIGIET, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Zürich 1995, S. 117, § 19). Mit der 3. EL-Revision wurde bei selbst bewohnten Liegenschaften in Art. 3c lit. c ELG ein Freibetrag von 75'000 Franken eingeführt, der bei den anrechenbaren Einnahmen vom für den Vermögensverzehr festzustellenden Wert der Liegenschaft abzuziehen ist. Das Weiterleben der Altersrentner und -rentnerinnen im Eigenheim sowie im angestammten sozialen Umfeld soll so gefördert werden (Botschaft über die 3. EL-Revision vom 20. November 1996, BBl 1997 I 1197, insbesondere S. 1207 f.). Nicht ohne Grund hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 120 V 14 Erw. 4c festgehalten, dass ergänzungsleistungsrechtlich das in der Bundesverfassung, im Erbrecht und im Vorkaufsrecht zum Ausdruck kommende Ziel nicht vereitelt werden soll, den bäuerlichen Grundbesitz der Familie des Eigentümers zu tragbaren Bedingungen zu erhalten (vgl. BGE 117 II 533 Erw. 5a). Bei der Anwendung von Art. 17 Abs. 4 ELV muss dem bäuerlichen Bodenrecht in ergänzungsleistungsrechtlich verträglicher Form Rechnung getragen werden. Das bedeutet, dass eine Anrechnung einer landwirtschaftlichen Liegenschaft zum Verkehrswert so lange nicht gerechtfertigt ist, als diese dem Ergänzungsleistungsansprecher oder Ergänzungsleistungsbezüger zu eigenen Wohnzwecken dient. Wer in der eigenen Liegenschaft wohnt, soll nicht dazu gezwungen werden, diese zu verkaufen (vgl. ZAK 1991 S. 406). In der Tat widerspricht es dem bäuerlichen Bodenrecht, namentlich Art. 1 Abs. 1 lit. a BGBB und im Ergebnis auch dem Realteilungsverbot ( Art. 58 Abs. 1 BGBB ), wenn landwirtschaftliche Grundstücke, die eigenen Wohnzwecken dienen, zum Verkehrswert angerechnet würden: Da diese gar nicht einzeln verkäuflich sind, weisen sie keinen eigenständig realisierbaren Verkehrswert auf. Es ist somit ergänzungsleistungsrechtlich nicht nur auf das Bewohnen eines einzelnen Grundstückes, sondern ebenso auf das Bewohnen eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 7 BGBB abzustellen. Unter Grundstücken im Sinne BGE 125 V 69 S. 75 von Art. 17 Abs. 4 ELV ist demnach auch eine Gesamtheit von Grundstücken, die ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von Art. 7 BGBB bilden und dem Realteilungsverbot von Art. 58 BGBB unterliegen, zu verstehen. c) Der Beschwerdeführer bewirtschaftet 98% des Landes seines landwirtschaftlichen Gewerbes aus gesundheitlichen Gründen seit April 1994 nicht mehr selber. Er möchte aber das Gewerbe dereinst einer seiner Töchter übergeben, was der Zielsetzung des bäuerlichen Bodenrechts entspricht. Im April 1994 waren die beiden Töchter erst 13-jährig, also zweifellos noch nicht zur Übernahme des Hofes fähig. Unter Berücksichtigung des Zweckes des bäuerlichen Bodenrechts konnte vom Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht verlangt werden, das landwirtschaftliche Gewerbe als Ganzes zu verkaufen. Mit der Verpachtung hat er sich einerseits die Einkünfte aus dem Vermögen gesichert ( Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG ) und hat anderseits in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des bäuerlichen Bodenrechts gehandelt. Nach dem Gesagten ist das landwirtschaftliche Gewerbe so lange als Einheit zum Steuerwert anzurechnen, als ein einzelnes Grundstück daraus im Sinne von Art. 17 Abs. 4 ELV eigenen Wohnzwecken dient.
null
nan
de
1,999
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CH_BGE_007
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e469b16c-b2f3-422f-bf4d-c0ee454fd2d1
Urteilskopf 120 Ia 361 50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Dezember 1994 i.S. X. gegen Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 46 Abs. 2 BV (Verbot der Doppelbesteuerung); Abzug des AHV-Sonderbeitrages bei der Veräusserung einer ausserkantonalen geschäftlichen Liegenschaft. Der zufolge Veräusserung einer ausserhalb des Wohnsitzkantons des Steuerpflichtigen gelegenen geschäftlichen Liegenschaft geschuldete AHV-Sonderbeitrag ( Art. 23bis AHVV ; SR 831.101) ist vollumfänglich dem Liegenschaftskanton zuzuweisen.
Sachverhalt ab Seite 361 BGE 120 Ia 361 S. 361 X. hat ihren zivilrechtlichen Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) in Y. (Kanton Basel-Landschaft). Sie ist zu 5/8 am Gesellschaftskapital der in der Gemeinde Z. (Kanton Basel-Landschaft) domizilierten Kollektivgesellschaft "W., Architekturbüro und Liegenschaftenverwaltung, Inhaber X. & Co." (im folgenden: Firma X. & Co.) beteiligt. Zu 3/8 ist ihr einziger Sohn T., Mitgesellschafter. Zum Geschäftsvermögen der Firma X. & Co. gehören Grundstücke in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Im Jahre 1986 veräusserte die Firma X. & Co. die in der Stadt Basel gelegenen Liegenschaften A. und B., wobei sie einen Buchgewinn von insgesamt Fr. -.-- erzielte. Der Kanton Basel-Stadt, dem das Recht zur Besteuerung der Liegenschaftengewinne zustand, überliess dem Kanton Basel-Landschaft einen Verwaltungskostenanteil von 5 Prozent des Verkaufserlöses (rund Fr. -.--) zur Besteuerung. Die von der Firma X. & Co. erzielten Gewinne hatten zur Folge, dass X. im Jahre 1988 einen AHV-Sonderbeitrag von total Fr. 381'837.70 zu entrichten BGE 120 Ia 361 S. 362 hatte. Nach Berücksichtigung verschiedener Nachträge der Jahre 1984 bis 1988 (insbesondere Gutschriften) ergab sich für das Jahr 1988 ein AHV-Betreffnis von total Fr. 362'850.70. Der Kanton Basel-Landschaft als Wohnsitzkanton gewährte indessen diesen Abzug bei den Staatssteuern der Jahre 1989/90 (Bemessungsjahre 1987/88) nur im Umfange von Fr. 219'313.-- (= 60,44%), während der Kanton Basel-Stadt ihn mit Fr. 0.-- einstellte. Mit Einsprache gegen die basel-landschaftliche Veranlagung machte X. geltend, dass gemäss § 29 Abs. 1 lit. h des Steuer- und Finanzgesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Februar 1974 die AHV-Beiträge und damit auch die AHV-Sonderbeiträge eines Selbständigerwerbenden vom Einkommen abgesetzt werden könnten. Die von der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vorgenommene Repartition verletze kantonales Recht. Zudem liege im Umfange von Fr. 143'538.-- (Fr. 362'851.-- ./. Fr. 219'313.--) eine Doppelbesteuerung vor (Verstoss gegen Art. 46 Abs. 2 BV ). Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft wies die Einsprache ab. X. führt staatsrechtliche Beschwerde gegen die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Sie beantragt, der Einspracheentscheid der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft sei aufzuheben; die Doppelbesteuerung zwischen den beiden Kantonen sei zu beseitigen. Der Kanton Basel-Landschaft stellt Antrag auf Abweisung der Beschwerde, soweit sie gegen ihn gerichtet sei. Der Kanton Basel-Stadt sei anzuweisen, den AHV-Sonderbeitrag im Sinne von Gewinnungskosten zu berücksichtigen und bei der Veranlagung 1988 zum Abzug zuzulassen. Eventuell sei die Beschwerde teilweise gutzuheissen und die beteiligten Kantone seien anzuweisen, den Beitrag entsprechend den in den beiden Kantonen steuerbaren Einkommensquoten auszuscheiden. Der Kanton Basel-Stadt schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen seine Veranlagung richte. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. In einer ersten Beratung (Sitzung) beschloss die urteilende Abteilung des Bundesgerichts, vom Ausschuss der Konferenz staatlicher Steuerbeamter BGE 120 Ia 361 S. 363 einen Bericht über die Praxis hinsichtlich der Behandlung des AHV-Sonderbeitrages in den schweizerischen Kantonen bei interkantonalen Steuerausscheidungen einzuholen. Aus dessen Schreiben vom 14. Juni 1994 geht im wesentlichen hervor, dass die Kantone Zug, Appenzell-Inner- und -Ausserrhoden, Basel-Landschaft, Glarus, Schaffhausen, Schwyz, Thurgau, Tessin und Zürich die AHV-Sonderbeiträge dem Kanton des Wohnsitz- beziehungsweise Geschäftsortes zuweisen, während die Kantone Freiburg, Genf, Waadt, Neuenburg, Wallis, Luzern, Graubünden und St. Gallen mindestens einen Teil dem Liegenschaftenkanton anlasten. Der Ausschuss selbst hat zur Ausscheidung der AHV-Sonderbeiträge nicht Stellung genommen. Er äusserte indessen die Meinung, dass bei einer Verpflichtung des Liegenschaftenkantons zur Übernahme des Abzuges wegen des zeitlichen Auseinanderfallens zwischen der Steuerveranlagung und der Berechnung des AHV-Sonderbeitrages das Recht auf Zulassung eines pauschalen Abzuges zu gewähren sei. Die vorliegend an der umstrittenen Ausscheidung beteiligten Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt erhielten wie die Beschwerdeführerin Gelegenheit, sich zum Bericht des Ausschusses der Konferenz staatlicher Steuerbeamter zu äussern. 2. a) Das Bundesgericht hat aus Art. 46 Abs. 2 BV neben dem Verbot der effektiven und der virtuellen Doppelbesteuerung auch ein Schlechterstellungsverbot abgeleitet. Nach diesem Grundsatz dürfen die Kantone Steuerpflichtige, die nur für einen Teil ihres Vermögens oder Einkommens steuerpflichtig sind, nicht anders belasten, als die ausschliesslich im Kanton steuerpflichtigen Personen ( BGE 93 I 236 E. 2 S. 241; Urteil vom 6. Juli 1960, in ASA 30 239; BGE 78 I 327 ; BGE 74 I 459 ). Ein Verstoss gegen das Schlechterstellungsverbot liegt dann vor, "wenn ein Kanton einen Steuerpflichtigen deshalb anders und stärker belastet, weil er nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge seiner territorialen Beziehungen noch in einem andern Kanton steuerpflichtig ist" (LOCHER, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht in: Praxis der Bundessteuern, § 1 II A, Nr. 15b, 18, 20; HÖHN, Interkantonales Steuerrecht, 3. Auflage, § 4, Ziff. 17, S. 75). b) Vorliegend ist eine aufgrund von Art. 46 Abs. 2 BV unzulässige Doppelbesteuerung gegeben, weil der AHV-Sonderbeitrag von total Fr. 381'837.70 durch die beiden beteiligten Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt gesamthaft gesehen nur teilweise zum Abzug zugelassen worden ist. Dies obschon beide Kantone nach ihren steuergesetzlichen Vorschriften BGE 120 Ia 361 S. 364 vom Prinzip der Reineinkommenssteuer ausgehend die Beiträge an die eidgenössische Alters- und Hinterlassenenversicherung vollumfänglich zum Abzug zulassen (vgl. § 29 Abs. 1 lit. h des Steuer- und Finanzgesetzes vom 7. Februar 1974 des Kantons Basel-Landschaft, in der Fassung vom 25. Juni 1986, und § 45 lit. a des Gesetzes vom 22. Dezember 1949 über die direkten Steuern des Kantons Basel-Stadt). Mit der nur teilweisen Zulassung des Abzuges des AHV-Sonderbeitrages durch den Wohnsitzkanton Basel-Landschaft und der gleichzeitigen Weigerung des Kantons Basel-Stadt, die verbleibende Restanz zu übernehmen, wird die Beschwerdeführerin schlechter gestellt, als wenn sie ausschliesslich in einem der beiden Kantone steuerpflichtig gewesen wäre. Auf die rechtzeitig eingereichte und im übrigen den formellen Anforderungen entsprechende staatsrechtliche Beschwerde ist demnach einzutreten. 3. a) Die im Eigentum der Firma X. & Co. stehenden Immobilien verteilen sich auf die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Es handelt sich zur Hauptsache um "Mieterliegenschaften". Sie wiesen nach der Bilanz per Ende 1990 einen Wert von über Fr. -.-- auf; der Immobilienertrag stellte sich im Jahre 1990 auf rund Fr. -.--. Im weitern ist unbestritten, dass die im Kanton Basel-Stadt gelegenen Liegenschaften als reine Kapitalanlageliegenschaften keine Betriebsstätte begründet haben, weshalb die Firma X. & Co. nicht als interkantonale Unternehmung zu betrachten ist; ihre Steuerpflicht im Kanton Basel-Stadt beruht vielmehr allein auf blossem Liegenschaftenbesitz. Im Gegensatz zu Betriebsstätteliegenschaften, die zu einer quotenmässigen Ausscheidung des von einer Gesellschaft erzielten Gewinnes führen (LOCHER, a.a.O., § 7 IB; Nrn. 9, 10, 12, 20 und 24; § 8 IA, Nr. 6; HÖHN, a.a.O., § 26, S. 377 ff.), bewirkt der blosse Liegenschaftenbesitz eine objektmässige Ausscheidung (LOCHER, a.a.O., § 9, IA und II; HÖHN, a.a.O., § 28 S. 465 ff.; für Liegenschaften des Privatvermögens, vgl. auch LOCHER, a.a.O., § 9, IA und II, HÖHN, a.a.O., § 21, S. 280 ff.; ZUPPINGER, Probleme der Steuerausscheidung für Liegenschaften des Privatvermögens im interkantonalen Verhältnis bei den direkten Steuern vom Einkommen und Vermögen, in: Festschrift für Ulrich Häfelin zum 65. Geburtstag, S. 414 ff., mit weiteren Hinweisen). b) Selbst wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Firma X. & Co. - die sich praktisch nur noch der Verwaltung der eigenen, aber auch im BGE 120 Ia 361 S. 365 Eigentum Dritter stehender Liegenschaften widmet - in eindeutiger Weise im Liegenschaftenhandel tätig ist, hat aufgrund der gegebenen Verhältnisse dennoch als erstellt zu gelten, dass sie die in der Stadt Basel gelegenen Liegenschaften A. und B. in Ausnützung ihrer Kenntnisse im Immobilienhandel und auf dem Immobilienmarkt als Immobiliengesellschaft, d.h. als Liegenschaftenhändlerin im weitern Sinne, veräussert hat. Die Ausscheidung im interkantonalen Verhältnis ist demzufolge entsprechend den für Liegenschaftenhändler geltenden bundesgerichtlichen Grundsätzen vorzunehmen (ZUPPINGER, Die Besteuerung des Liegenschaftenhändlers im interkantonalen Verhältnis, S. 13; Urteil vom 19. Februar 1969, in ASA 39 49). 4. a) Die im interkantonalen Verhältnis geltenden Ausscheidungsregeln des Bundesgerichts sind, soweit es um die Zuteilung der Steuerobjekte geht, rein kollisionsrechtlicher Natur. Sie grenzen lediglich das Besteuerungsrecht der Kantone gegeneinander ab. Soweit freilich das Bundesrecht den Kanton zur Übernahme von Aufwendungen verpflichtet, welche die Steuerlast mindern, hat es positive Wirkungen. Es hebt allenfalls abweichendes kantonales Recht auf. b) Veräusserte der Liegenschaftenhändler eine Liegenschaft des Geschäftsvermögens und erzielte er dabei einen Gewinn, wurde nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Unterscheidung getroffen, je nachdem, ob der Gewinn auf die persönlichen Bemühungen des Verkäufers oder auf die ohne dessen Zutun eingetretene Wertsteigerung von Grund und Boden zurückzuführen war. Im ersteren Falle wurde der Gewinn hinsichtlich der Zuteilung als Geschäftseinkommen, im letzteren Falle dagegen als Liegenschaftsertrag behandelt ( BGE 49 I 39 ; BGE 54 I 236 ). Die heute geltende Rechtsprechung des Bundesgerichts sieht von einer solchen Unterscheidung ab und räumt dem Liegenschaftenkanton in jedem Fall das Recht auf die vollumfängliche Besteuerung des Gewinnes ein ( BGE 79 I 142 ; Urteil vom 13. März 1957, in ASA 27 184; BGE 83 I 184 ; Urteil vom 10. Juli 1957, in ASA 27 301; BGE 92 I 461 ). 5. a) Die vorliegend in Frage stehenden Liegenschaften A. und B. standen klarerweise gesamthänderisch im Geschäftsvermögen der Gesellschafter. Diese haben daher die aus der Veräusserung von Liegenschaften erzielten Gewinne regelmässig zu versteuern (vgl. hiezu Urteil vom 26. August 1982, in ASA 52 349 E. 5b S. 359). Ob dies im Rahmen der Grundstückgewinnsteuer oder der ordentlichen Einkommens- beziehungsweise Gewinn- oder Reinertragssteuer zu BGE 120 Ia 361 S. 366 erfolgen hat, ist nach dem kantonalen Recht zu entscheiden. Im interkantonalen Verhältnis dagegen bestimmt nicht das kantonale Recht, welche Aufwendungen für die Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Vielmehr ist dies - ungeachtet der vom Kanton getroffenen Ordnung - entsprechend den bundesgerichtlichen Grundsätzen zu beurteilen. b) Veräussert der Liegenschaftenhändler eine Liegenschaft des Geschäftsvermögens, so hat der Liegenschaftenkanton bei der Gewinnberechnung sämtlichen Aufwendungen Rechnung zu tragen, die dem Veräusserer im Hinblick auf die Gewinnerzielung angefallen sind ( BGE 88 I 337 ; BGE 111 Ia 318 E. 4 S. 319). Zu den Betriebskosten, die ebenfalls ausschliesslich den Liegenschaftenkanton belasten, gehören beim Liegenschaftenhändler die Zinsen jeglicher Art auf den zur Finanzierung des Erwerbs, der Überbauung der Liegenschaft oder zur Vornahme wertvermehrender Investitionen eingegangenen Schulden (vgl. LOCHER, a.a.O., § 9, II, Nrn. 15, 17, 18, 21 und 24; BGE 88 I 337 ; Urteil vom 31. Oktober 1962, in ASA 32 331; BGE 92 I 198 ; BGE 92 I 461 ; ZUPPINGER, a.a.O., S. 28). Ebenso hat der Liegenschaftenkanton einen Anteil an den Unkosten zu übernehmen, die dem Liegenschaftenhändler zufolge der mit dem An- und Verkauf der Liegenschaften verbundenen Umtriebe in der Form von Personal- und Sachauslagen u.a.m. erwachsen sind ( BGE 92 I 461 , auch in ZBl 68 S. 496 publiziert; BGE 95 I 431 ; ZUPPINGER, a.a.O., S. 30). c) Wie die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt in ihrer Stellungnahme vom 24. August 1994 ausführt, trifft es zwar zu, dass dem Kanton Basel-Landschaft 5 Prozent des Verkaufserlöses (Fr. -.--) zur Besteuerung überlassen worden sind. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung erfolgte diese Zuteilung jedoch nur als Abgeltung für die der Firma X. & Co. im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaften A. und B. insbesondere in Form von Personal- und Sachauslagen erwachsenen Kosten. Der AHV-Sonderbeitrag gehört indessen nicht dazu. 6. a) Das Bundesgericht strebt mit seiner Rechtsprechung zum interkantonalen Doppelbesteuerungsrecht vor allem eine möglichst wirtschaftlich orientierte Steuerausscheidung an. Die Einkünfte sollen nach Möglichkeit steuerlich dort erfasst werden, wo sie realisiert werden beziehungsweise anfallen. Mit der Zuteilung der Einkünfte ist regelmässig auch darüber zu entscheiden, welches Gemeinwesen die mit der Gewinnerzielung zusammenhängenden Aufwendungen zu übernehmen hat. Dass die Berücksichtigung dieses wirtschaftlichen Konnexes sehr weit geht, zeigt BGE 120 Ia 361 S. 367 insbesondere das Beispiel des Liegenschaftenhändlers. Unter Umständen wird der Kanton der gelegenen Sache verpflichtet, den Betriebsaufwand, der nicht laufend mit den im Liegenschaftenkanton erzielten Einkünften verrechnet werden konnte, steuerlich zu aktivieren und bei einer allfälligen Veräusserung der Liegenschaft den Anlagekosten zuzurechnen. b) Nachdem das Bundesgericht nicht nur die Erträgnisse aus einer privat oder geschäftlich genutzten Liegenschaft, sondern auch den Gewinn aus der Veräusserung einer Liegenschaft des Geschäftsvermögens dem Kanton der gelegenen Sache vollumfänglich zur Besteuerung zuweist (E. 4b oben), entspricht es dieser Zuteilung, dass der Belegenheitskanton ebenfalls sämtliche Aufwendungen, die mit dem Eigentum der Liegenschaft beziehungsweise deren Veräusserung eng verbunden sind (E. 5b oben), zu übernehmen hat. Dies gilt namentlich im Falle des Liegenschaftenhändlers. Diese sehr weitgehende Konzentration der Steuerpflicht im Belegenheitskanton ist vorliegend auch für den zwingende Folge der Veräusserung der Liegenschaften A. und B. darstellenden AHV-Sonderbeitrag vorzuschreiben, wie dies aufgrund einer Verständigung zwischen den Kantonen der welschen Schweiz bereits heute in Ausscheidungsfällen erwiesenermassen praktiziert wird. c) Die Verpflichtung des Liegenschaftenkantons zur Anrechnung des AHV-Sonderbeitrages bei der Ermittlung des Liegenschaftengewinnes (Grundstückgewinnes) beziehungsweise des im Kanton steuerbaren Einkommens widerspricht zwar dem Grundsatz, wonach der Wohnsitzkanton, der in der Regel zur Besteuerung von Leistungen aus Personenversicherungen zuständig ist, auch die einkommensmindernden Versicherungsprämien und -beiträge zu übernehmen hat. Vorliegend muss indessen in Betracht gezogen werden, dass es sich bei dem von der Beschwerdeführerin entrichteten AHV-Sonderbeitrag nicht um die Finanzierung ihrer eigenen Rente handelt. Vielmehr erbrachte sie damit einen Solidaritätsbeitrag, der wirtschaftlich betrachtet wie eine Steuer wirkt. 7. Die Zuweisung des AHV-Sonderbeitrages, herrührend aus der Veräusserung unbeweglichen Vermögens, an den Kanton der gelegenen Sache kann in der Praxis zwar zu technischen Problemen führen; vor allem deshalb, weil der geschuldete Beitrag von der zuständigen AHV-Behörde zumeist später als die Steuern im Liegenschaftenkanton festgesetzt wird. Gehört der Liegenschaftenkanton zu den Kantonen, die auch Gewinne auf Liegenschaften des Geschäftsvermögens - gleich wie Gewinne auf Liegenschaften des BGE 120 Ia 361 S. 368 Privatvermögens - mit einer mehr oder weniger objektivierten Spezialsteuer belasten (vgl. FERDINAND ZUPPINGER/PETER BÖCKLI/PETER LOCHER/MARKUS REICH, Steuerharmonisierung, Probleme der Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, S. 123) und diese Spezialsteuer (Grundstückgewinnsteuer) in einem besonderen, von der ordentlichen Einkommens- und Vermögenssteuer (Gewinn- und Kapitalsteuer) losgelösten Verfahren festsetzen, so kann die zeitliche Diskrepanz unter Umständen gross sein. Damit die Steuerveranlagung im Liegenschaftenkanton im Hinblick auf die noch nicht vorliegende Abrechnung des AHV-Sonderbeitrages nicht über Gebühr verzögert wird, ist diesem daher das Recht auf eine allfällige Pauschalierung einzuräumen. Hiebei genügt er seiner Übernahmepflicht, wenn er den Sonderbeitrag pauschal anrechnet, sofern die Pauschale in etwa dem effektiv zu bezahlenden Beitrag entspricht. 8. Sowohl der Einspracheentscheid des Kantons Basel-Landschaft wie auch die Veranlagung des Kantons Basel-Stadt entsprechen nicht den dargelegten Grundsätzen und sind daher aufzuheben. Der Kanton Basel-Stadt wird angewiesen, den vollen AHV-Sonderbeitrag in der Höhe von Fr. 381'837.70 zum Abzug zuzulassen. Demgegenüber hat der Kanton Basel-Landschaft den Sonderbeitrag nicht, auch nicht teilweise, zu übernehmen. 9. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Die angefochtenen Verfügungen sind aufzuheben, und die Sache ist zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt zurückzuweisen.
public_law
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
e46a5852-cfbb-4eaa-83ff-01e3f89760fe
Urteilskopf 100 IV 167 41. Urteil des Kassationshofes vom 23. April 1974 i.S. Brunner gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 148 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 StGB . 1. Voraussetzungen, unter denen die Erfindung eines Arbeitnehmers dem Arbeitgeber gehört (Erw. 1). 2. Vermögensschädigung durch Abschluss eines Patentlizenzvertrages. Verbindlichkeit der Vertragsunterzeichnung durch Verwaltungsratsmitglieder von Aktiengesellschaften (Erw. 2). 3. Ungetreue Geschäftsführung, begangen durch ein Verwaltungsratsmitglied einer Aktiengesellschaft (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 100 IV 167 S. 167 A.- Othmar Brunner war seit 1964 Verwaltungsrat und Direktor der Bank Anker AG in Luzern und ab Januar 1966 auch Vizepräsident der 1963 gegründeten Neurit AG in Kriens. Diese Gesellschaft befasste sich mit der Herstellung und dem Verkauf von synthetischen Bauelementen, insbesondere des durchsichtigen Neuritbausteins, einer patentierten Erfindung von Robert Wyss, der seit 1963 technischer Leiter und Mitglied des Verwaltungsrates der Neurit AG war. Anfang 1966 gelang Wyss eine weitere Erfindung, die den rahmenlosen Einbau von Glastüren und Glasfenstern in eine Glaswand betraf. Brunner liess die neue Erfindung auf den Namen der Bank Anker AG als Patent anmelden, wobei er BGE 100 IV 167 S. 168 vorgab, die Rechte an der Erfindung seien gestützt auf einen Anstellungsvertrag auf die Bank übergegangen. Gleichzeitig veranlasste er Wyss sowie Fräulein Loebes, die er als Miterfinderin vorschob, auf ihre Namensnennung als Erfinder zu verzichten. Mit Schreiben vom 27. Mai 1966 bot die Bank Anker AG der Neurit AG die Lizenz zur Verwertung des neuen Patentes an. In der Verwaltungsratssitzung der Neurit AG vom 10. Juni 1966 behauptete Brunner wahrheitswidrig, das Patent sei durch zwei junge Erfinder aus der Glasindustrie entwickelt worden. Weitere Auskünfte über die Erfinder verweigerte er unter Berufung auf das Bankgeheimnis. Ferner gab er an, Wyss sei lediglich Begutachter der Erfindung gewesen. Auf Grund dieser Täuschungsmanöver beschloss der Verwaltungsrat einstimmig die Annahme des Angebots. Am 6. Juli 1966 schlossen die Bank Anker AG und die Neurit AG einen schriftlichen Lizenzvertrag, durch den sich diese u.a. verpflichtete, der Bank Anker AG eine Lizenzgebühr von Fr. 70 000.-- sowie 10% der Verkaufserlöse zu bezahlen. In Sommer 1969 erstattete die Neurit AG gegen Brunner Strafanzeige wegen Betruges usw. B.- Das Obergericht des Kantons Luzern (II. Strafkammer) erklärte Brunner am 20. November 1973 des vollendeten Betrugsversuchs (Art. 148 Abs. 1 und 22 Abs. 1 StGB) und des vollendeten Versuchs der ungetreuen Geschäftsführung (Art. 159 Abs. 1 und 22 Abs. 1) schuldig und verurteilte ihn zu zehn Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug. C.- Brunner führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur Freisprechung, eventuell nur zur Verurteilung wegen unvollendeten Betrugsversuches, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer macht geltend, eine Vermögensschädigung der Neurit AG habe zum vorneherein nicht eintreten können, weil die neue Erfindung, die Gegenstand des Lizenzvertrages bildete, Wyss gehört habe, nicht der Neurit AG. Diese habe keinen Anspruch auf allfällige Erfindungen ausbedungen, weshalb nicht erwiesen sei, dass Wyss im Sinne des zur Tatzeit geltenden Art. 343 OR dienstvertraglich zur Erfindertätigkeit verpflichtet gewesen sei. BGE 100 IV 167 S. 169 Die Erfindertätigkeit braucht indessen im Dienstvertrag nicht ausdrücklich als dienstliche Obliegenheit des Arbeitnehmers genannt zu werden; eine dahin gehende vertragliche Verpflichtung kann sich auch aus den Umständen ergeben ( BGE 57 II 310 ). Wyss war der Erfinder des 1962 patentierten Neuritsteins und hatte durch Einlagevertrag vom 11. Juni 1963 der in Gründung begriffenen Neurit AG nicht nur sämtliche Ansprüche aus diesem Patent, sondern auch die ausschliessliche Nutzung aller mittels dieses Patents herstellbaren weitern Artikel käuflich abgetreten. Der Vertrag bestimmte ferner, dass die für die Abtretung bezogene Entschädigung von 100 Neuritaktien zum Nennwert von je Fr. 500.-- auch Weiterentwicklungen des Neuritsteins auf andern als den bisher bekannten Gebieten erfasse. Diese Vertragsbestimmungen hatten den Sinn, dass Wyss auch die Aufgabe oblag, das Verfahren zur Herstellung des Neuritsteins fortzuentwickeln und dessen Anwendungsmöglichkeiten zu erweitern, ohne dass er für Neuentwicklungen eine besondere Vergütung beanspruchen konnte. Dementsprechend verpflichtete er sich, seine Kräfte ausschliesslich in den Dienst der Neurit AG zu stellen und seine Kenntnisse sowie Erfahrungen weder Drittpersonen bekanntzumachen, noch im In- oder Ausland ein Konkurrenzunternehmen aufzuziehen. Dass die Erfindertätigkeit zu den dienstlichen Obliegenheiten von Wyss gehörte, ist auch aus dem Geschäftszweck der Neurit AG zu schliessen, der ausser der Herstellung und dem Verkauf von synthetischen Bauelementen, namentlich des von Wyss eingebrachten Neuritsteins, ausdrücklich die damit zusammenhängende Entwicklung und Verwertung von (weitern) Patenten nennt. Wyss war von Anfang an der technische Leiter der Neurit AG und wurde sogleich zum Verwaltungsrat auf Lebenszeit ernannt. Er hatte somit entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers eine führende Stellung im Unternehmen. Es ist deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt zu vermuten, es habe zu seinem Pflichtenkreis gehört, seine frühere Erfindertätigkeit fortzusetzen ( BGE 72 II 274 ). Zwischen seinem ersten Patent und der neuen Erfindung, welche die Erstellung von rahmenlosen Neuritbausteinfenstern und -türen ermöglichte, bestand denn auch ein enger Zusammenhang, so dass die neue Erfindung als Weiterentwicklung des früheren Patents im Sinne des Einlagevertrages erscheint. BGE 100 IV 167 S. 170 Das Obergericht geht daher zutreffend davon aus, dass die neue Erfindung von Wyss im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten lag und demzufolge der Neurit AG gehörte, ohne dass sie dafür eine besondere Vergütung schuldete. Dessen war sich der Beschwerdeführer nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz zum vorneherein bewusst. 2. Eine Schädigung der Neurit AG ist bereits mit dem allfälligen Zustandekommen des Lizenzvertrages eingetreten, nicht erst mit der Erbringung der darin versprochenen Leistungen. Denn schon der Vertragsabschluss belastete das Vermögen der Neurit AG, die sich zur Bezahlung von Lizenzvergütungen für eine Erfindung verpflichtete, die in Wirklichkeit ihr, nicht der Bank Anker AG gehörte. Dass der Vertrag für die Neurit AG wegen absichtlicher Täuschung unverbindlich war ( Art. 28 OR ), ändert am Eintritt des Schadens nichts ( BGE 74 IV 153 ). Es ist daher zu prüfen, ob der Lizenzvertrag verbindlich geworden ist. a) Patentlizenzverträge sind formlos gültig ( Art. 11 Abs. 1 OR , Art. 34 PatG ). Im vorliegenden Fall wurde in der Verwaltungsratssitzung der Neurit AG vom 10. Juni 1966 die Ausarbeitung eines schriftlichen Vertrages in Aussicht genommen, und in der Sitzung vom 6. Juli 1966 lag auch ein von der Bank Anker AG verfasster Vertragsentwurf vor. Es ist daher zu vermuten, dass die Parteien vor Unterzeichnung des Vertrages nicht verpflichtet sein wollten ( Art. 16 Abs. 1 OR ). b) Laut Protokoll der Sitzung vom 6. Juli wurde der vorgelegte Lizenzvertrag von allen Verwaltungsräten der Neurit AG mit Ausnahme ihres Präsidenten Dr. Gut genehmigt und unterzeichnet. Der Vertragstext trägt handschriftlich das Datum des 6. Juli 1966, und namens der Neurit AG unterzeichneten die Verwaltungsratsmitglieder de Trey, Auf der Maur, Knüsel und Wyss, wogegen Brunner die Unterzeichnung für die Bank Anker AG vornahm. In der Beschwerde wird eingewendet, der Vertrag sei nicht rechtsgültig unterzeichnet worden und deshalb nicht zustandegekommen. Zeichnungsberechtigt für die Neurit AG waren der Präsident oder Vizepräsident mit einem andern Verwaltungsratsmitglied zusammen. Brunner hat als Vizepräsident der Neurit AG offensichtlich deswegen nicht namens dieser Gesellschaft unterzeichnet, weil er zugleich die Bank Anker AG vertrat und sich nicht dem Vorwurf des Handelns in Doppelstellung BGE 100 IV 167 S. 171 aussetzen wollte. Seine Doppelstellung wäre freilich kein Hinderungsgrund gewesen, für die Neurit AG rechtsgültig zu unterzeichnen, sofern die Mehrheit ihres Verwaltungsrates der Unterzeichnung zugestimmt hätte (LEMP, Vertragsabschluss durch Organe in Doppelstellung, in Festgabe für W. Schönenberger). Für das Zustandekommen des Vertrages war aber nicht erforderlich, dass auch Brunner namens der Neurit AG mitunterzeichnete. Auch das Fehlen der Unterschrift des Präsidenten der Neurit AG stand der Verbindlichkeit des Vertrages nicht im Wege. Dr. Gut hatte in der Sitzung vom 10. Juni der Annahme des Angebots der Bank Anker AG zugestimmt und nahm an der Sitzung vom 6. Juli wegen Landesabwesenheit nicht teil. Aktiengesellschaften können sich jedoch nicht nur durch die im Handelsregister als zeichnungsberechtigt eingetragenen Personen vertreten lassen, sondern auch Dritte zu ihrer Vertretung ermächtigen. Wenn daher Dr. Gut die Unterzeichnung des Vertrages den andern Mitgliedern des Verwaltungsrates überliess, so ist die Neurit AG durch die Unterschrift der erwähnten vier Verwaltungsräte rechtsgültig verpflichtet worden. Ohne Bedeutung ist, dass in der Verwaltungsratssitzung vom 6. Juli vorbehalten wurde, die in § 13 des Vertragsentwurfes vorgesehenen Jahresumsätze um ein Jahr zurückzustellen. Denn aus der Tatsache, dass die vier Verwaltungsräte den Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung gleichwohl unterzeichneten, ist zu schliessen, dass der Vorbehalt einen Nebenpunkt betraf, der die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern sollte ( Art. 2 Abs. 1 OR ). Brunner hat den Lizenzvertrag für die Bank Anker AG allein unterzeichnet, obschon er nur zur Kollektivunterschrift berechtigt war. Auf das Fehlen einer zweiten Unterschrift hätte sich aber nur allenfalls die Bank Anker AG berufen können, nicht auch die Neurit AG. Die Bank konnte übrigens den von ihr mangelhaft unterzeichneten Vertrag jederzeit ausdrücklich oder stillschweigend genehmigen, falls sie nicht Brunner zum voraus ermächtigt haben sollte, allein zu unterzeichnen. c) Der Vertrag ist daher zustandegekommen. Der Bank Anker AG war es möglich, die Neurit AG bei den eingegangenen Verpflichtungen zu behaften. Damit ist der Schaden eingetreten und der Betrug vollendet worden. Da die Staatsanwaltschaft nicht Beschwerde führt, muss es jedoch bei der BGE 100 IV 167 S. 172 Verurteilung wegen vollendeten Betrugsversuches sein Bewenden haben. 3. Nach Art. 159 Abs. 1 StGB macht sich der ungetreuen Geschäftsführung schuldig, wer jemanden am Vermögen schädigt, für das er infolge einer gesetzlich oder vertraglich übernommenen Pflicht zu sorgen hat. a) Der Beschwerdeführer gehörte dem Verwaltungsrat der Neurit AG, dem die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft oblag, als Mitglied und Vizepräsident an. Er war daher von Gesetzes wegen ( Art. 722 OR ) der Gesellschaft gegenüber zu besonderer Treue verpflichtet und hatte ihre Interessen zu wahren und für ihr Vermögen zu sorgen (vgl. BGE 97 IV 13 /14). Wie das Kriminalgericht ausgeführt hat, befand sich das Geschäftsdomizil der Neurit AG beim Beschwerdeführer, der auch die Geschäftsakten aufbewahrte, die Buchhaltung besorgte, der Gesellschaft weitere Geldgeber zuführte und die Firma reorganisierte. Das Kriminalgericht stellte sodann auf Grund von Zeugenaussagen und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der Strafuntersuchung fest, dass Brunner in der Firma eine beherrschende Rolle spielte und der eigentliche Leiter des Betriebes war. Das Obergericht ist entgegen der Beschwerde von keinem andern Sachverhalt ausgegangen; es verweist einleitend ausdrücklich auf die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, womit es zum Ausdruck brachte, dass es diese übernommen hat. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer, jedenfalls im kaufmännischen Bereich, tatsächlicher Leiter der Neurit AG gewesen ist und in dieser Eigenschaft über die Betriebsmittel der Gesellschaft selbständig verfügen konnte. Es kam ihm somit die Stellung eines Geschäftsführers zu, wie Art. 159 StGB voraussetzt ( BGE 81 IV 279 , BGE 95 IV 66 , BGE 97 IV 15 ). Dass der Beschwerdeführer zum Abschluss des Lizenzvertrages mit der Bank Anker AG nicht allein befugt war und dass er bei der Vertragsunterzeichnung einzig im Namen der Bank mitgewirkt hat, bedeutet nicht, dass er bei diesem Geschäft nicht als Geschäftsführer der Neurit AG gehandelt habe. Als Geschäftsführer im Sinne von Art. 159 StGB gilt nicht nur, wer für einen andern Rechtsgeschäfte nach aussen abzuschliessen hat, sondern auch, wer im Innenverhältnis in leitender Stellung für fremde Vermögensinteressen zu sorgen BGE 100 IV 167 S. 173 hat ( BGE 97 IV 13 ). Als Geschäftsführer ist der Beschwerdeführer denn auch tätig geworden, als er über die der Neurit AG gehörende neue Erfindung selbständig verfügte, indem er sie beim Patentamt auf den Namen der Bank Anker AG eintragen liess und der Neurit AG eine Lizenz für dieses Patent anbot. Ebenso handelte er als Geschäftsführer, als er in der Sitzung vom 10. Juni 1966 den Verwaltungsrat der Neurit AG durch unwahre Angaben massgebend irreführte und veranlasste, die Annahme der Offerte zu beschliessen. b) Wie bereits unter Ziff. 2 ausgeführt wurde, ist der Lizenzvertrag mit dessen Unterzeichnung zustandegekommen und in diesem Zeitpunkt auch die Vermögensschädigung der Neurit AG eingetreten. Es liegt daher vollendete ungetreue Geschäftsführung, nicht bloss vollendeter Versuch vor. Mangels Beschwerde der Staatsanwaltschaft muss jedoch auch in diesem Anklagepunkt eine Änderung des vorinstanzlichen Schuldspruches unterbleiben. 4. Der Beschwerdeführer beanstandet die Höhe der ausgefällten Strafe mit der Begründung, der vom Obergericht angenommene Deliktsbetrag von Fr. 70 000.-- sei zu hoch, da die Bank Anker AG Gläubigerin der Neurit AG gewesen sei und dieser zudem einen Teil der Lizenzzahlungen später wieder zurückerstattet hätte. Demgegenüber stellt indessen die Vorinstanz verbindlich fest, dass der Bank Anker AG im Zeitpunkt der Tat keine verrechenbaren Forderungen zustanden und dass es völlig unsicher war, ob und in welcher Höhe sie später Rückzahlungen an die Neurit AG machen werde. Unter diesen Umständen bestand kein Grund, von einem geringeren Deliktsbetrag auszugehen. Die noch unsichere, aber nicht auszuschliessende Möglichkeit späterer Rückzahlungen ist übrigens bei der Strafzumessung zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt worden. In welchem Ausmass dies getan werden wollte, stand im Ermessen des Obergerichts. Der Kassationshof könnte die ausgesprochene Strafe von 10 Monaten Gefängnis, die innerhalb des gesetzlichen Rahmens liegt, nur aufheben, wenn sie willkürlich hart wäre. Davon kann aber keine Rede sein. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e4772844-b3cb-49f7-a69b-7eeb0ae8747f
Urteilskopf 109 II 60 16. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Januar 1983 i.S. Waadt-Leben gegen Richner (Berufung)
Regeste Versicherungsvertrag: Rücktritt wegen Anzeigepflichtverletzung. Ob die Anzeigepflicht verletzt ist und deshalb ein Rücktrittsrecht des Versicherers nach Art. 6 VVG besteht, beurteilt sich unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Versicherungsnehmers.
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 109 II 60 S. 60 Am 12. Dezember 1973 schloss Heinz Richner mit der Lebensversicherungsgesellschaft Waadt-Leben eine temporäre Todesfallversicherung ab. Danach sollte im Falle des Ablebens des Versicherungsnehmers vor dem 1. Januar 1994 eine Versicherungsleistung von Fr. 50'000.-- fällig werden. Eine weitere Versicherungsleistung gleicher Höhe wurde auf den Zeitpunkt des Todes der Ehefrau vereinbart, falls diese den Versicherungsnehmer überlebe und vor 1994 sterbe. Am 29. Dezember 1978 starb Heinz Richner. Mit Schreiben vom 15. Februar 1979 teilte die Versicherungsgesellschaft der Witwe Richners mit, sie trete wegen Verletzung der Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer vom Vertrag zurück. In der schriftlichen Gesundheitserklärung zum Antragsformular habe Richner seinerzeit verschiedene Krankheiten, nach BGE 109 II 60 S. 61 denen ausdrücklich gefragt worden sei, verschwiegen. Wie die Gesellschaft später präzisierte, handelte es sich dabei namentlich um folgende vor Vertragsabschluss festgestellten Leiden: Diskopathie, Hypertonie und Angina pectoris. Am 11. Januar 1980 reichte Jeannette Richner-Kammerer gegen die Versicherungsgesellschaft beim Bezirksgericht Liestal Klage ein, mit der sie die Versicherungsleistung von Fr. 50'000.-- und die Feststellung des Weiterbestandes des Versicherungsvertrages verlangte. Mit Entscheid vom 12. November 1981 hiess das Bezirksgericht die Klage gut. Dieses Urteil wurde am 15. Juni 1982 durch das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigt. Mit Berufung beim Bundesgericht verlangt die Beklagte die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufungsbegehren und die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 6 des Bundesgesetzes vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (SR 221.229.1; VVG) kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, "wenn der Anzeigepflichtige beim Abschluss der Versicherung eine erhebliche Gefahrentatsache, die er kannte oder kennen musste, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen hat". Art. 4 Abs. 2 VVG bezeichnet diejenigen Gefahrstatsachen als erheblich, "die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen Einfluss auszuüben". Dabei werden nach Art. 4 Abs. 3 VVG die Gefahrentatsachen als erheblich vermutet, "auf welche die schriftlichen Fragen des Versicherers in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet sind". Art. 8 VVG zählt die besonderen Tatbestände auf, bei deren Vorliegen dem Versicherer das Rücktrittsrecht trotz Anzeigepflichtverletzung nicht zusteht. 2. Die Vorinstanz stellte fest, dass die klaren Fragen nach zu hohem Blutdruck, Herzschmerzen, Nierenleiden und Rücken- oder Kreuzbeschwerden vom Versicherungsnehmer bei der Antragsstellung unrichtig beantwortet wurden. Mit Rücksicht auf das kantonale Prozessrecht hielt sie fest, der von der Versicherung erst im kantonalen Appellationsverfahren vorgebrachte Hinweis auf Spontanabgänge von Nierensteinen beim Versicherten könne nicht berücksichtigt werden. Als unrichtig beantwortet verbleiben BGE 109 II 60 S. 62 deshalb noch die Fragen nach zu hohem Blutdruck (Hypertonie), nach Herzschmerzen (Angina pectoris) und nach nicht näher umschriebenen Rückenbeschwerden, welche als Diskopathie oder Diskushernie bezeichnet werden. Gemäss Art. 63 Abs. 2 OG hat das Bundesgericht diese Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Soweit die Klägerin und Berufungsbeklagte in Zweifel zieht, ob die entsprechenden Leiden gestützt auf das Beweisergebnis als nachgewiesen angesehen werden dürfen, übt sie unzulässige Kritik an dem für das Bundesgericht verbindlich festgelegten Sachverhalt ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). Da die vom Versicherten nicht angegebenen Leiden im Sinne von Art. 4 Abs. 3 VVG als erhebliche Gefahrentatsachen zu würdigen sind, ist der Rücktritt der Versicherungsgesellschaft vom Versicherungsvertrag als rechtswirksam zu betrachten, sofern nicht nachgewiesen wird, der Versicherte habe diese Gefahrentatsachen nicht gekannt und nicht kennen müssen ( Art. 6 VVG ). 3. a) Die Vorinstanz geht im angefochtenen Urteil davon aus, der Versicherungsnehmer habe im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die in Frage stehenden Leiden infolge eines - wie sich im Zusammenhang mit der Spitaleinlieferung im Jahre 1978 herausstellen sollte - nur vorübergehenden Vergessens nicht mehr gekannt. Die Frage, ob er diese Leiden damals hätte kennen müssen, beurteilt sich nach der durch Auslegung von Art. 6 VVG gewonnenen Meinung der Vorinstanz nach dem Mass der Schuld, die den Anzeigepflichtigen trifft. Wenn dem Antragsteller bei seiner Erinnerungsanstrengung nur leichte Fahrlässigkeit vorgeworfen werde, so könne man nicht sagen, er hätte die vergessenen Gefahrentatsachen kennen müssen. b) Die Vorinstanz glaubt, in der in BGE 96 II 204 umschriebenen Rechtsprechung eine Stütze für diese Betrachtungsweise zu finden. In diesem Entscheid (E. 4, S. 209 ff. mit Hinweisen) führte das Bundesgericht aus, aus dem Wortlaut von Art. 4 und 6 VVG ergebe sich klar, dass weder nach einem rein subjektiven noch nach einem rein objektiven Kriterium zu beurteilen sei, ob ein Antragsteller seine Anzeigepflicht erfüllt oder verletzt habe. Indem das Gesetz sich nicht damit begnüge, dass der Antragsteller dem Versicherer in Beantwortung entsprechender Fragen die ihm tatsächlich bekannten (von seinem positiven subjektiven Wissen erfassten) erheblichen Gefahrentatsachen mitteile, sondern darüber hinaus vorschreibe, der Antragsteller habe auch die erheblichen Gefahrentatsachen anzuzeigen, die ihm bekannt sein müssen, stelle es ein BGE 109 II 60 S. 63 objektives (vom tatsächlichen Wissen des Antragstellers über den konkreten Sachverhalt unabhängiges) Kriterium auf. Bei der Anwendung dieses Kriteriums seien jedoch die Umstände des einzelnen Falles, insbesondere die persönlichen Eigenschaften (Intelligenz, Bildungsgrad, Erfahrung) und die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen. Dieser habe nämlich dem Versicherer nach Art. 6 VVG neben den ihm tatsächlich bekannten nicht allgemein die zur Zeit des Vertragsschlusses objektiv erkennbaren Gefahrentatsachen mitzuteilen; vielmehr habe er auf schriftliches Befragen hin die erheblichen Gefahrentatsachen nur soweit anzugeben, als diese ihm bekannt sein müssten. Das bringe die herrschende Lehre dadurch zum Ausdruck, dass es nicht auf eine objektive, sondern lediglich auf eine subjektive Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben des Anzeigepflichtigen ankommen solle. Mit dieser Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, wurde nur das vom Gesetz im Einzelfall vorgeschriebene Mass an Sorgfalt näher umschrieben. Danach ist entscheidend, ob und wieweit ein Antragsteller nach seiner Kenntnis der Verhältnisse und gegebenenfalls nach den ihm von fachkundiger Seite erteilten Aufschlüssen eine Frage des Versicherers in guten Treuen verneinen durfte. Er genügt seiner Anzeigepflicht nur, wenn er ausser den ihm ohne weiteres bekannten Tatsachen auch diejenigen angibt, deren Vorhandensein ihm nicht entgehen kann, wenn er über die Fragen des Versicherers ernsthaft nachdenkt ( BGE 96 II 211 mit Hinweisen). Darüber hinaus verzichtet das Bundesgericht in diesem Entscheid ausdrücklich auf eine Erörterung der Bedeutung eines Verschuldens bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verletzung der Anzeigepflicht vorliege. c) Die Frage nach dem Verschulden muss im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelung ausser Betracht fallen. Wann die Anzeigepflicht verletzt ist, beurteilt sich verschuldensunabhängig nach den in der Rechtsprechung dargelegten und sub E. 3b zusammengefassten Kriterien. Im Gegensatz zum vertraglich vereinbarten Rechtsnachteil bei der Verletzung einer Obliegenheit gemäss Art. 45 Abs. 1 VVG ist im Gesetz nicht vorgesehen, dass der Versicherte die Folge der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht, das Rücktrittsrecht des Versicherers, unwirksam machen kann, indem er nachweist, die Verletzung der Anzeigepflicht sei unverschuldet. Diese Folge der Verletzung der gesetzlichen Anzeigepflicht soll nach dem Willen des Gesetzes nur dann nicht BGE 109 II 60 S. 64 eintreten, wenn ein in Art. 8 VVG umschriebener besonderer Umstand vorliegt. Auch die jüngere Literatur vertritt diese Auffassung (KÖNIG, Schweizerisches Versicherungsrecht, 3. Aufl., S. 179; derselbe, Der Versicherungsvertrag, in Schweizerisches Privatrecht, Bd. VII/2, S. 593; MAURER, Einführung in das Schweizerische Privatversicherungsrecht, S. 174 Ziff. 4; ebenso früher GANTENBEIN, Die ausserordentliche Beendigung des Versicherungsvertrages, Diss. Zürich 1939, S. 67). Etwas anderes vertreten auch ROELLI/KELLER (Kommentar zum VVG, Bd. 1, S. 122 f.) nicht. Nach ihnen hat der Gesetzgeber auf die Verletzung der Anzeigepflicht schlechthin abgestellt und damit bewusst nicht zwischen schuldhafter und schuldloser Anzeigepflichtverletzung unterschieden. Dieser Regelung der Folgen der Anzeigepflichtverletzung liegt eine Interessenabwägung zugrunde. Der Versicherer ist darauf angewiesen, dass er sein Versicherungsrisiko einigermassen zuverlässig abschätzen kann. Dabei muss er sich auf die Einhaltung der gesetzlich umschriebenen Sorgfaltspflichten bei der Bekanntgabe von Gefahrentatsachen verlassen können. Ob die Verletzung der Sorgfaltspflicht zugleich einen Schuldvorwurf bedeuten könnte, ist aus dieser Sicht belanglos. Der Versicherungsnehmer seinerseits ist an einer möglichst günstigen, dem tatsächlichen Risiko entsprechenden Prämie interessiert und muss deshalb in Kauf nehmen, dass die Versicherung beim Entdecken von verschwiegenen oder unrichtig mitgeteilten Gefahrentatsachen vollständig vom Vertrag zurücktreten kann. Das "Alles-oder-nichts-Prinzip" nach Art. 6 VVG mag dabei hart erscheinen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass zwischen der Anzeigepflichtverletzung und dem Eintritt des befürchteten Ereignisses kein Kausalzusammenhang erforderlich ist. Dies rechtfertigt jedoch nicht, durch eine Exkulpationsmöglichkeit bei bloss leichter Fahrlässigkeit die gesetzliche Regelung auszuhöhlen. Das Abstellen der Vorinstanz auf das Verschulden und insbesondere auf den Grad des Verschuldens findet im Gesetz keinen Rückhalt und ist bundesrechtswidrig ( BGE 47 II 480 ). 4. Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Versicherungsnehmer über eine gute Intelligenz verfügt habe und auch in bezug auf das Gedächtnis nicht negativ aufgefallen sei. Sie hält fest, dass er sich bei angestrengtem Nachdenken im Zusammenhang mit dem Versicherungsvertrag vom 12. Dezember 1973 an die vier bzw. fünf Jahre zurückliegenden Arztkonsultationen wegen klemmenden BGE 109 II 60 S. 65 Beschwerden in der Herzgegend beim Treppensteigen und wegen einer Diskopathie hätte erinnern können. Nachdem somit feststeht, dass die unrichtigen Antworten in der Gesundheitserklärung bei ernsthaftem Nachdenken und gebotener Sorgfalt hätten vermieden werden können, ist die Verletzung der Anzeigepflicht als hinreichend nachgewiesen zu betrachten. Der Beklagten stand daher das Recht zu, vom Vertrag zurückzutreten, und die Klage ist mithin abzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 15. Juni 1982 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Urteilskopf 83 II 533 73. Arrêt de la Ire Cour civile du 17 décembre 1957 dans la cause Graf contre Graf.
Regeste Unterhaltsleistungen eines Neffen für seinen Onkel. MassgebendeGesichtspunkte für die Entscheidung der Frage, ob es sich dabei beim Fehlen vertraglicher Abmachungen um unentgeltliche oder entgeltliche Leistungen gehandelt habe. Ansprüche des Versorgers bei entgeltlicher Unterhaltsgewährung.
Sachverhalt ab Seite 534 BGE 83 II 533 S. 534 A.- Benjamin Graf, à la suite d'un choc nerveux subi dans sa jeunesse, a toujours été incapable de gagner sa vie et ne peut être occupé qu'à de menus travaux. Il a dès lors été à la charge de ses frères et soeurs. En particulier, son frère Samuel l'hébergeait chez lui, à St-Triphon, dans une maison dont il était locataire. Samuel Graf décéda le 6 juin 1948. Par son testament, il astreignit son fils André à servir à Benjamin Graf une rente annuelle de 2400 fr. André Graf attaqua sur ce point le testament de son père. Mais, bien qu'il fût domicilié à Paris, il resta locataire de la maison de St-Triphon et continua de pourvoir, au moins partiellement, à l'entretien de Benjamin Graf. Le 16 décembre 1949, le conseil légal de Benjamin Graf écrivit ce qui suit à André Graf: "J'ai pris connaissance de la lettre que vous avez adressée le 24 novembre à votre oncle, M. Benjamin Graf, que vous m'avez communiquée. A la lecture de cette lettre, je constate que vous paraissez disposé à assurer l'entretien de votre parent B. Graf jusqu'à concurrence de fr. 8.- par jour. Si tel est vraiment le cas et si vous êtes disposé à prendre un engagement précis à ce sujet, j'estime qu'il serait dans l'intérêt de M. Benjamin Graf de proposer à l'autorité tutélaire de ratifier un tel arrangement et de renoncer en contre-partie au legs qui fait l'objet de la procédure que vous avez ouverte." Mais André Graf répondit, par lettre du 7 février 1950: "Contrairement à ce que vous dites, je ne suis pas disposé à assurer l'entretien de mon oncle jusqu'à concurrence de 8 Fr.s. par jour: j'ai dépensé cette somme jusqu'à présent et en demanderai le remboursement si vous persistez à vous ranger avec mes adversaires dans le procès en annulation du testament que je me suis vu contraint d'engager." Benjamin Graf demeura dans la maison de St-Triphon, aux frais d'André Graf, jusqu'au 31 juillet 1950. BGE 83 II 533 S. 535 B.- Le 6 février 1949 était décédé Gédéon Graf, autre frère de Benjamin. Le 21 mai 1949, celui-ci donna à André Graf procuration de s'occuper de ses intérêts dans la succession de Gédéon Graf et notamment d'encaisser la part qui lui revenait. André Graf reçut ainsi 5778 fr. 30, au nom de son oncle Benjamin. Le 3 mars 1950, Benjamin Graf céda à l'Etat de Vaud une partie de ce montant, laquelle fut arrêtée par la suite à 300 fr. Cependant, André Graf refusa de délivrer à son oncle la somme qu'il avait encaissée pour lui; il déclara la compenser avec la créance qu'il avait contre Benjamin Graf en raison de l'entretien dont celui-ci avait bénéficié jusqu'à fin juillet 1950. C.- Benjamin Graf a actionné André Graf devant le Tribunal cantonal vaudois. Il a conclu en définitive à ce que le défendeur fût condamné à lui payer 5478 fr. 30, avec intérêt à 3% du 28 septembre 1949 au 16 août 1950 et à 5% dès le 17 août 1950. André Graf a proposé, à titre principal, le rejet de l'action. Par jugement du 20 février 1957, le Tribunal cantonal vaudois a admis la demande. D.- André Graf recourt en réforme au Tribunal fédéral. Il reconnaît devoir à Benjamin Graf 1489 fr. 11, avec intérêt à 5% dès le 6 juillet 1954, et il reprend pour le surplus ses conclusions libératoires. L'intimé conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant reconnaît avoir reçu 5778 fr. 30 au nom de Benjamin Graf. Mais il entend compenser cette dette, jusqu'à due concurrence, avec une créance de 3989 fr. 19 qu'il aurait contre l'intimé en raison de l'entretien qu'il lui a fourni de 1948 à 1950. Dès lors, le litige porte uniquement sur cette créance, dont Benjamin Graf conteste l'existence en soutenant que son neveu l'a entretenu à titre gratuit. BGE 83 II 533 S. 536 2. En vertu de l'art. 8 CC, le recourant devait prouver les faits qu'il alléguait pour en déduire son droit. Or il a établi qu'il avait, au moins en partie, entretenu l'intimé sans recevoir de contre-prestation correspondante. La juridiction cantonale a considéré que cette preuve était insuffisante et qu'il aurait dû encore - ce qu'il n'a pu faire - établir l'existence d'un contrat à titre onéreux. En jugeant ainsi, elle a présumé implicitement que des prestations telles que celles d'André Graf étaient gratuites. Cette opinion est erronée. Il existe des prestations qui, de par leur nature, ne peuvent être considérées en principe comme onéreuses ou gratuites. A cet égard, elles sont neutres. Pour établir leur caractère dans un cas particulier, il faut donc se fonder avant tout sur les circonstances de l'espèce. Il en est ainsi, notamment, de l'entretien accordé volontairement à un tiers. Dans un tel cas, on ne saurait partir de l'idée que la prestation est, en principe, onéreuse ou gratuite, mais on doit trancher cette question à la lumière des circonstances. On peut cependant présumer la gratuité de l'entretien si le soutien avait le devoir moral de subvenir aux besoins de la personne assistée (EGGER, Comment. du CC, 2e éd., ad art. 329 rem. 22). De même, la présomption contraire peut découler d'autres circonstances, par exemple du fait que cette même personne dispose de moyens suffisants pour assumer la charge de son propre entretien. On ne saurait considérer, en l'espèce, que le recourant ait eu l'obligation morale de pourvoir à l'entretien de son oncle. Pendant plusieurs décennies, celui-ci avait été entretenu par ses frères et soeurs, notamment par Samuel Graf, qui y avait certainement consacré des sommes importantes. L'héritage d'André Graf avait été réduit d'autant. De plus, le recourant habite Paris et n'a sans doute pas de liens personnels étroits avec son oncle. Dans ces conditions, il pouvait légitimement considérer qu'il n'avait aucun devoir moral envers lui. Une telle obligation existait d'autant moins que, dès le 6 février 1949, BGE 83 II 533 S. 537 l'intimé avait, dans la succession de son frère Gédéon, des droits qui lui permettaient d'assumer lui-même, au moins pendant un certain temps, les frais de son entretien (cf. RO 53 II 199). On ne saurait, dans ces conditions, présumer la gratuité des prestations d'André Graf. Au contraire, toutes ces circonstances parlent contre la thèse de l'intimé. Le recourant, d'autre part, n'a jamais exprimé l'intention de se charger gratuitement de l'entretien de son oncle (ce qui distingue le présent cas de celui qui est publié dans RO 53 II 198). Bien plus, il a manifesté une volonté contraire. C'est ainsi qu'il a attaqué le testament de son père dans la mesure où il mettait à sa charge une pension annuelle à payer à l'intimé. En outre, par sa lettre du 7 février 1950, il a clairement informé le conseil légal de son oncle qu'il n'était pas disposé à assurer l'entretien de ce dernier et qu'il se réservait au contraire de réclamer le remboursement des frais qu'il avait supportés. Du reste, auparavant déjà, ce conseil légal doutait lui-même que les prestations d'André Graf fussent gratuites, ce qui ressort de la teneur de sa lettre du 16 décembre 1949. Ainsi, c'est à titre onéreux que le recourant a pourvu aux besoins de Benjamin Graf jusqu'au 31 juillet 1950. Celui-ci avait seulement le droit d'être entretenu gratuitement, aux frais de la succession, pendant le mois qui a suivi le décès de Samuel Graf (art. 474 al. 2 et 606 CC). Par la suite, c'est en qualité de gérant d'affaires, selon les art. 419 et suiv. CO, qu'André Graf a assumé ces charges (RO 55 II 265). Comme l'intérêt de l'intimé commandait que la gestion fût entreprise, le recourant a droit, selon l'art. 422 CO, au remboursement de ses dépenses nécessaires et utiles justifiées par les circonstances. La cause doit donc être renvoyée au Tribunal cantonal vaudois pour qu'il arrête le montant auquel André Graf a droit à ce titre et pour qu'il l'impute sur la somme due à Benjamin Graf.
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Urteilskopf 110 IV 99 31. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 26 octobre 1984 dans la cause S. contre Ministère public du canton du Valais (pourvoi en nullité)
Regeste Verkauf und Konsum von Betäubungsmitteln, Art. 19 und 19a BetmG . Der Täter, der Drogen verkauft und selber konsumiert hat, ist sowohl nach Art. 19 als auch gemäss Art. 19a BetmG zu verurteilen. Beim Entscheid darüber, ob Ziff. 1 oder Ziff. 2 (schwerer Fall) von Art. 19 BetmG anwendbar ist, darf nur die vom Täter verkaufte, nicht auch die von ihm selber konsumierte Betäubungsmittelmenge berücksichtigt werden.
Erwägungen ab Seite 99 BGE 110 IV 99 S. 99 Considérant en droit: 1. S. a été condamné le 25 octobre 1983 par le Tribunal du IIIe arrondissement pour le district d'Entremont à 24 mois d'emprisonnement sous déduction de 30 jours de détention préventive pour infraction à la LStup - acquisition d'héroïne (20 g environ) et de cocaïne (37-38 g) ainsi que vente de cocaïne (entre 13 et 14 g). Contestant l'application de l' art. 19 ch. 2 LStup , BGE 110 IV 99 S. 100 S. a fait appel auprès du Tribunal cantonal valaisan qui l'a débouté pour l'essentiel le 22 mars 1984. Il se pourvoit en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral en demandant à n'être reconnu coupable que d'infraction aux art. 19 ch. 1 et 19a LStup et à n'être condamné qu'à une peine réduite assortie du sursis. 2. Selon la dernière jurisprudence ( ATF 109 IV 143 ), les 13 à 14 g de cocaïne vendus par le recourant n'étaient à eux seuls pas de nature à mettre en danger la santé d'un grand nombre de personnes. Si les autorités cantonales de première et de seconde instance ont fait application de l' art. 19 ch. 2 LStup , c'est qu'elles ont pris en considération les quantités acquises par le recourant pour sa propre consommation. Selon l'autorité cantonale, qui se réfère à l'arrêt publié aux ATF 102 IV 126 , on ne saurait déduire de l' art. 19a LStup que cette disposition s'applique à l'exclusion de l' art. 19 LStup aux infractions définies aux al. 1-7 du ch. 1 de cette dernière disposition du seul fait qu'elles ont été commises par un consommateur pour ses besoins personnels; il faudrait de surcroît que ces infractions n'aient d'autre but que d'assurer la consommation de l'auteur. Tel ne serait pas le cas ici puisque le recourant s'est procuré la drogue en cause tant pour son usage personnel que pour la revendre à des tiers et que rien dans le texte légal ne permet de faire une distinction entre la drogue revendue et celle qui est consommée pour établir la quantité sur laquelle porte l'infraction (cf. ATF 105 IV 74 ). 3. Une telle argumentation ne résiste pas à l'examen, car elle repose sur une interprétation extensive, que rien ne justifie, de la jurisprudence citée. En effet, le premier des précédents cités ( ATF 102 IV 126 ) précise seulement que le bénéfice de l' art. 19a LStup est réservé à celui qui assure exclusivement sa propre consommation mais il n'écarte nullement l'application de cette disposition aux actes qui ont effectivement servi à la consommation personnelle de l'auteur même si celui-ci est condamné concurremment en application de l' art. 19 LStup . Quant au second précédent, s'il commande d'additionner l'ensemble des quantités de drogue sur lesquelles ont porté l'ensemble des infractions commises par l'auteur dans le cadre de l' art. 19 LStup , il ne prescrit pas qu'il faille prendre en compte les stupéfiants qu'il a consommés lui-même. En réalité, s'il est vrai que diverses violations de l' art. 19 LStup sont réprimées en dehors des règles sur le concours comme une seule infraction, jugée en application du chiffre premier ou second de la LStup, selon que la quantité globale de drogue en cause est BGE 110 IV 99 S. 101 ou non de nature à mettre en danger la santé de nombreuses personnes, on ne saurait procéder de même s'agissant de la consommation personnelle de l'auteur, que le législateur a expressément voulu réprimer moins sévèrement, comme un délit sui generis (cf. Message du 9 avril 1951, FF 1951 I, p. 870 ch. 4 dernier alinéa; ATF 95 IV 179 et Message du 9 mai 1973, FF 1973 I, p. 1321). En effet, le législateur a précisément voulu revenir sur la jurisprudence du Tribunal fédéral selon laquelle "un jeune homme qui accepte de fumer une cigarette de marihuana préparée par un camarade doit être puni pour acquisition sans droit d'un stupéfiant". Cette volonté, qui doit être respectée, implique l'obligation de considérer les infractions réprimées aux art. 19 et 19a LStup comme des infractions bien distinctes qui, lorsqu'elles sont commises par la même personne, justifient l'application des règles sur le concours. Juger autrement conduirait, au mépris de la volonté du législateur, à condamner le consommateur, qui a cédé à un ami une part minime de la grande - au sens de la jurisprudence - quantité de drogue acquise pour son usage personnel, à une peine aggravée conformément à l' art. 19 ch. 2 LStup , au lieu de lui infliger la peine contraventionnelle qui est justifiée au regard des art. 19a et b LStup . Dès lors que les infractions réprimées aux art. 19 et 19a LStup sont distinctes et qu'elles appellent l'application de l' art. 68 CP , lorsqu'elles sont commises par la même personne, les quantités de stupéfiants sur lesquelles a porté la consommation personnelle de l'auteur ne sauraient être prises en considération pour qualifier au regard des chiffres premier et second de l' art. 19 LStup l'infraction commise en vendant de la drogue à des tiers. Le pourvoi doit en conséquence être admis et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle statue à nouveau en application des art. 19 ch. 1 et 19a LStup en concours.
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Urteilskopf 93 IV 12 4. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 24 janvier 1967 dans la cause Niclass contre Ministère public du canton de Fribourg.
Regeste Fahrlässige Körperverletzung, Art. 125 StGB . Schwer im Sinne von Art. 125 Abs. 2 StGB ist die Körperverletzung, welche die Anforderungen von Art. 122 StGB erfüllt.
Erwägungen ab Seite 12 BGE 93 IV 12 S. 12 Les lésions corporelles par négligence ne se poursuivent d'office que si elles sont graves (art. 125 al. 2 CP). Selon la jurisprudence instaurée, peu après l'entrée en vigueur du Code pénal, par l'arrêt Pfaff, elles le sont quand elles satisfont aux exigences de l'art. 122 (RO 68 IV 84). Cet arrêt, auquel la cour de céans s'est constamment référée depuis lors (cf. RO 92 IV 22 consid. 1), n'explique pas pourquoi la notion de la gravité est la même suivant les art. 122 et 125. Le Tribunal fédéral aurait pu, en faveur de sa décision, invoquer les travaux préparatoires BGE 93 IV 12 S. 13 (résumés par HEER, "Der Begriff der schweren Schädigung in Art. 125 Abs. 2 StGB ", thèse Zurich 1965, p. 21/22) et la doctrine (HAFTER, bes. Teil, I p. 35 i.f.; THORMANN/OVERBECK, n. 6 ad art. 125; PETRZILKA, Zürcher Erläuterungen I p. 144). Néanmoins, dans trois arrêts (Schobinger du 29 juin 1951, Frei du 11 mars 1952 et Graf du 4 mars 1954), la cour de céans a exprimé des hésitations, se demandant si cette jurisprudence est fondée. En effet, si, d'une part, les lésions corporelles graves constituent un crime (réclusion) et les lésions corporelles simples un délit (emprisonnement), si, d'autre part, celles-là se poursuivent d'office et celles-ci sur plainte seulement, c'est la première de ces différences bien plus que la seconde qui a déterminé les caractères distinctifs fixés par les art. 122 et 123 CP; en revanche, l'art. 125 CP ne distingue entre les lésions corporelles par négligence graves et celles qui ne le sont pas qu'en vue de déterminer quand l'infraction se poursuit d'office et quand elle ne peut être sanctionnée que sur plainte. Dans les trois cas, la cour a laissé la question ouverte, les lésions devant aussi être tenues pour graves selon les critères des art. 122 et 123 CP. Les arrêts postérieurs ne posent plus la question. Ils invoquent la jurisprudence instituée par l'arrêt Pfaff sans la justifier davantage (arrêts Maquelin du 17 avril 1959, consid. l'et Leuenberger du 15 novembre 1963, consid. 1). Les auteurs approuvent en général la solution adoptée par l'arrêt Pfaff (GERMANN, Das Verbrechen, n. 4 ad art. 125; SCHWANDER, no 519 i.f.; LOGOZ, n. 7 ad art. 125; KELLER, Die Körperverletzung im schweiz. Strafrecht, p. 37 ss.). Seuls FREY (Reobjektivierung des Strafrechts im Zeitalter der Technik, dans Die Rechtsordnung im technischen Zeitalter, p. 273 n. 15) et HEER (op. cit.) estiment que, pour l'application de l'art. 125 CP, il faut prendre le terme "lésion grave" dans une acception plus large que celle qui découle des art. 122 et 123. Cette interprétation, cependant, se heurterait à un obstacle décisif; elle aboutirait à cette conséquence que certaines lésions, qualifiées de simples quand elles sont intentionnelles, ne seraient punissables que sur plainte (art. 123 ch. 1 al. 1), alors que, dues à une négligence, elles pourraient être graves et, partant, poursuivies d'oflice (KELLER, op.cit., p. 39). Il n'y a dès lors pas lieu de modifier la jurisprudence, dont les autorités cantonales ne se sont d'ailleurs jamais écartées (HEER, p. 48 i.f.).
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Urteilskopf 138 III 396 58. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_816/2011 vom 23. April 2012
Regeste Kompetenz der Kantone, die gewerbsmässige Vertretung der am Zwangsvollstreckungsverfahren Beteiligten zu regeln ( Art. 27 SchKG ). Umfang der Regelungskompetenz (Änderung der Rechtsprechung; E. 3).
Sachverhalt ab Seite 397 BGE 138 III 396 S. 397 Die X. AG, vertreten durch die Y. AG, ein Inkasso- und Treuhandunternehmen, ersuchte beim Einzelrichter des Bezirksgerichts Willisau in der gegen Z. angehobenen Betreibung um definitive bzw. provisorische Rechtsöffnung für ihre Forderungen. Der Einzelrichter hielt die Gläubigerin dazu an, innert bestimmter Frist entweder das Rechtsöffnungsbegehren selbst einzureichen oder von einem berechtigten Vertreter einreichen zu lassen. Die Y. AG beharrte auf ihrer Eingabe mit der Begründung, sie betrachte sich aufgrund der gesetzlichen Regelung des Kantons Luzern als berechtigt, Parteien im Rechtsöffnungsverfahren gewerbsmässig zu vertreten. Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Willisau schrieb das Verfahren ab; er hielt dafür, die X. AG habe innert gesetzter Frist keine neue Rechtsschrift eingereicht. Die Eingaben der nicht zugelassenen Parteivertreterin seien unbeachtlich. Das Obergericht des Kantons Luzern wies die gegen den einzelrichterlichen Entscheid erhobene Beschwerde der X. AG ab. Gegen diesen Entscheid hat die nunmehr anwaltlich verbeiständete X. AG (Beschwerdeführerin) beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie schliesst dahin, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Behandlung der Rechtsöffnungsgesuche an die Vorinstanz bzw. die erste Instanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, gemäss Art. 68 Abs. 2 lit. c ZPO (SR 272) seien die gewerbsmässigen Vertreterinnen und Vertreter gemäss Art. 27 SchKG zur berufsmässigen Vertretung der Parteien vor den Gerichten in den Verfahren des Art. 251 ZPO befugt. In diesen Verfahren sei die gewerbsmässige Vertretung uneingeschränkt möglich, zumal sie nach dem Wortlaut von Art. 68 Abs. 2 lit. c ZPO nicht von einer Bewilligung der Kantone abhänge. Art. 27 Abs. 1 SchKG erteile den Kantonen lediglich die Befugnis, die gewerbsmässige Vertretung vor den Behörden der Zwangsvollstreckung zu regeln. Überdies könnten sie nicht selektiv je für das Verfahren vor den Betreibungsbehörden und jenes vor den Gerichten Regeln erlassen. Insoweit erweist sich die Beschwerde als unbegründet: BGE 138 III 396 S. 398 3.2 Art. 68 Abs. 2 lit. c ZPO ermächtigt die gewerbsmässigen Vertreterinnen und Vertreter gemäss Art. 27 SchKG dazu, die Parteien in den Angelegenheiten des summarischen Verfahrens nach Art. 251 ZPO berufsmässig vor den Gerichten zu vertreten. Trotz des Verweises auf Art. 27 SchKG sagt Art. 68 Abs. 2 lit. c ZPO entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin aber nichts darüber aus, ob und wie die Kantone die gewerbsmässige Vertretung organisieren bzw. ob und von welchen Bedingungen sie die gewerbsmässige Vertretung abhängig machen können. Auch wenn sich diese Bestimmung dazu nicht äussert, besagt dies noch keineswegs, dass die gewerbsmässige Vertretung nicht von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht werden darf. Einschlägige Norm für diese Fragen ist Art. 27 Abs. 1 SchKG . Er gibt den Rahmen vor, in dem die Kantone Grundsätze über die gewerbsmässige Vertretung der an einer Schuldbetreibung Beteiligten schaffen können ( BGE 135 I 106 ). 3.3 Gemäss Art. 27 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (AS 11 529; BS 3 3) konnten die Kantone die gewerbsmässige Vertretung organisieren. Ihnen wurde insbesondere die Befugnis eingeräumt, die Ausübung dieses Berufes vom Nachweis persönlicher Tauglichkeit und Ehrenhaftigkeit abhängig zu machen. Obwohl diese Bestimmung hinsichtlich der von ihr betroffenen betreibungsrechtlichen Verfahren offen formuliert war, entschied das Bundesgericht, sie beziehe sich nur auf die eigentliche Betreibung, das Verfahren vor den Vollstreckungsbehörden (Betreibungs- und Konkursämter, Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs usw.). Die gerichtlichen Streitigkeiten, welche sich im Anschluss an die hängige Betreibung als Inzident derselben ergeben können, seien von ihr nicht betroffen. Zur Begründung dieser Rechtsauffassung hielt es dafür, im Gegensatz zur eigentlichen Schuldbetreibung sei der "Rechtsgang vor dem Richter" in solchen Streitigkeiten, so insbesondere auch "im summarischen Prozessverfahren betreffend Rechtsvorschläge und Konkursbegehren ( Art. 25 Ziff. 2 SchKG )", nicht durch das Bundesrecht geregelt. Die Organisation dieser Verfahren sei vielmehr (gestützt auf Art. 25 Ziff. 2 SchKG ) der kantonalen Gesetzgebung überlassen, welche auch die Bedingungen für die Vertretung der Parteien im Prozess regeln könne ( BGE 59 I 197 E. 2 S. 200 f.). In späteren Entscheiden hat es diese Praxis bestätigt ( BGE 95 I 330 ; BGE 103 Ia 47 ). Anlässlich der Revision von 1994 (Fassung gemäss Ziff. 1 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994, in Kraft seit 1. Januar 1997; AS 1995 1227, 1307; BBl BGE 138 III 396 S. 399 1991 III 1) wurde Art. 27 Abs. 1 SchKG durch den Zusatz "der am Zwangsvollstreckungsverfahren Beteiligten" ergänzt und mit Bezug auf den Katalog der möglichen Regelungen durch eine Aufgliederung in drei Ziffern neu gefasst. Am offenen Wortlaut von Art. 27 Abs. 1 Satz 1 SchKG mit Bezug auf die Verfahren und an der beschriebenen bundesgerichtlichen Rechtsauffassung hat sich durch die Revision nichts geändert (ROTH/WALTER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 27 SchKG ; ERIC MUSTER, in: Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 6 zu Art. 27 SchKG ; PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et faillite, Bd. I, 1999, N. 12 zu Art. 27 SchKG ). 3.4 Durch die Einführung der ZPO am 1. Januar 2011 (AS 2010 1836) trat mit Art. 68 Abs. 2 lit. c ZPO eine Norm in Kraft, welche nunmehr die berufsmässige Vertretung in den (gerichtlichen) Summarverfahren gemäss Art. 251 ZPO durch die gewerbsmässigen Vertreterinnen und Vertreter gemäss Art. 27 SchKG von Bundesrechts wegen vorsieht; überdies verweist diese Norm auf Art. 27 SchKG . Gleichzeitig ist Art. 25 SchKG aufgehoben worden (AS 2010 Anhang 1 Ziff. 17 1847), aus welchem das Bundesgericht die kantonale Kompetenz zur Regelung der Bedingungen der gerichtlichen gewerbsmässigen Vertretung ableitete. Demgegenüber hat Art. 27 SchKG mit der Einführung der ZPO keine Änderung erfahren. Infolge dieser gesetzlichen Änderungen und unter Berücksichtigung der unverändert gebliebenen Fassung von Art. 27 Abs. 1 Satz 1 SchKG sind die Gründe weggefallen, die es rechtfertigten, Art. 27 SchKG nicht auf die gerichtlichen Inzidenzverfahren der Betreibung anzuwenden. Angesichts der geänderten Rechtslage lässt sich die bisherige Rechtsprechung zu Art. 27 SchKG nicht aufrechterhalten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Bestimmung nunmehr die Regelung der Voraussetzungen gewerbsmässiger Vertretung von Parteien in den gerichtlichen Summarverfahren gemäss Art. 251 ZPO mitumfasst. Dieser Schluss erscheint nicht zuletzt aufgrund des in Art. 68 Abs. 2 lit. c ZPO enthaltenen Verweises auf Art. 27 SchKG als zwingend (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur schweizerischen Zivilprozessordnung, BBI 2006 7279 Ziff. 5.5.2). Die von der Beschwerdeführerin vertretene gegenteilige Meinung, die für eine Beibehaltung der alten Rechtsprechung plädiert, hätte zur Folge, dass die Kompetenz der Kantone in diesen Belangen beschränkt würde; für eine derart einschneidende Einschränkung der kantonalen Befugnis zur Regelung der BGE 138 III 396 S. 400 Voraussetzungen gewerbsmässiger Vertretung finden sich indes in den Materialien der ZPO keine Hinweise. Zudem trägt der Standpunkt der Beschwerdeführerin dem Umstand nicht Rechnung, dass Art. 27 Abs. 1 Satz 1 SchKG durch die Einführung der ZPO nicht abgeändert worden ist und somit seine mit Bezug auf die Verfahren offene Formulierung beibehalten hat. Kann der Kanton aber gestützt auf Art. 27 Abs. 1 SchKG sowohl für das Verfahren vor den Betreibungsbehörden als auch für die summarischen Verfahren nach Art. 251 ZPO organisatorische Vorschriften bezüglich der gewerbsmässigen Vertretung erlassen, bleibt es ihm unbenommen, nur für die summarischen Verfahren nach Art. 251 ZPO zu legiferieren.
null
nan
de
2,012
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CH_BGE_005
CH
Federation
e495730c-d964-49f7-8ecd-1a5f903e74be
Urteilskopf 88 II 299 41. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour civile du 6 juillet 1962 dans la cause Chardonnens et consorts contre La Zurich.
Regeste Halter und berechtigter Lenker eines Motorfahrzeuges, die beide, der eine obligatorisch, der andere freiwillig, bei der gleichen Gesellschaft haftpflichtversichert sind. Tod des Lenkers und zweier Mitfahrer, Verletzung des Sohnes des Lenkers. 1. Ansprüche gegenüber dem Versicherer (des Halters oder des Lenkers). - Begriff der zivilrechtlichen Haftung. - Klausel der allgemeinen Bedingungen (AB), wonach die Ansprüche bestimmter Verwandter des Versicherten von der Versicherung ausgeschlossen sind. - Begriff des Geschädigten i.S. von Art. 37 Abs. 2 MFG (Erw. 3). 2. Berufung des Versicherers auf die Subrogation (gemäss Art. 72 VVG und den AB) in die Rückgriffsrechte ( Art. 51 Abs. 2 OR ) des Halters gegen den ebenfalls versicherten Lenker. Verhältnis von Art. 14 VVG zu den AB unter dem Gesichtspunkt des Art. 98 VVG . Die Klausel, wonach "Ansprüche des Ehegatten, sowie der Blutsverwandten in auf- und absteigender Linie" ausgeschlossen sind, ist gleich auszulegen wie Art. 48 Abs. 3 MFG (Erw. 4). 3. Haftung der Erben für die Erbschaftsschulden. Begriff der "offenkundigen" Zahlungsunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes ( Art. 566 Abs. 2 ZGB ) (Erw. 5). 4. Vereinigung, Art. 118 OR . Identität der Schuld (Erw. 6 a). 5. Verrechnung, Art. 125 Abs. 2 OR . Verpflichtungen, deren besondere Natur die tatsächliche Erfüllung an den Gläubiger verlangt (Versorgerschaden, Heilungskosten) (Erw. 6 b).
Sachverhalt ab Seite 300 BGE 88 II 299 S. 300 A.- 1) Le 22 décembre 1954, vers 18 h., Germain Chardonnens, conducteur de trolleybus à Fribourg, emprunta la voiture du laitier Savary. Le véhicule était en assez bon état, sauf les pneus. Accompagné de son fils Bernard, de son gendre Léonard Introzzi et de son ami Roger Dévaud, Germain Chardonnens se mit au volant BGE 88 II 299 S. 301 et se rendit à Gletterens chez des parents, pour y prendre livraison d'eau-de-vie. Au retour, sous une pluie battante, vers 22 h. 45, la voiture fit une embardée, empiéta sur la banquette de droite, puis sur la bordure de gauche, traversa une seconde fois la chaussée et s'écrasa contre un arbre. Seul Bernard Chardonnens, bien que blessé, survécut à l'accident. Aucune trace de dérapage ou de freinage ne fut découverte sur la route. 2) Le 13 août 1956, les hoirs de Germain Chardonnens requirent du président du Tribunal de la Sarine la fixation d'un délai pour demander le bénéfice d'inventaire. Leur requête fut rejetée le 27 août; la Cour civile du Tribunal cantonal refusa, le 17 octobre, d'entrer en matière sur un recours formé contre cette décision. Priée de se déterminer, Marthe Chardonnens opta pour l'usufruit de la moitié de la succession de son mari défunt. 3) Germain Chardonnens et Roger Dévaud étaient assurés contre les accidents auprès de la Caisse nationale, à Lucerne. Celle-ci prit en charge le sinistre dans la mesure où il avait privé la veuve de Chardonnens et ses enfants mineurs de leur soutien. Elle réduisit ses prestations de 10% en raison de la faute grave du conducteur (art. 98 al. 3 LAMA). Sa décision fut confirmée en dernière instance par le Tribunal fédéral des assurances. Elle accorda en outre des rentes de survivants aux hoirs Dévaud et fut, de ce fait, subrogée dans leurs droits contre le détenteur et son assureur. La Zurich, compagnie générale d'assurances, assurait Savary, en sa qualité de détenteur responsable, et le conducteur du véhicule, à concurrence de 50 000 fr. par victime et de 100 000 fr. par sinistre. Aux termes de l'art. 3 litt. c des conditions générales, sont exclues de l'assurance: "les réclamations du conjoint du détenteur, ainsi que celles de ses ascendants et descendants; en outre, les réclamations formulées contre le conducteur du véhicule par son conjoint et ses parents au degré précité. Lorsque le détenteur est actionné par le conjoint du conducteur ou un de ses parents au degré BGE 88 II 299 S. 302 précité et que la Compagnie est tenue de verser une indemnité, elle a un droit de recours contre le conducteur fautif; il en est de même lorsque la Compagnie est actionnée directement;" Par accord avec la Caisse nationale et les hoirs Dévaud, La Zurich versa 50 000 fr. en raison de la mort de Dévaud, somme répartie entre les héritiers et la caisse. Une demande des premiers tendante au paiement supplémentaire d'intérêts et des frais d'avocat fut rejetée le 30 juillet 1959 par le Tribunal civil de l'arrondissement judiciaire de la Sarine, qui les a en même temps déboutés d'une action intentée à Savary et à la succession de Chardonnens pour le motif que le dommage subi était entièrement couvert par les versements de La Zurich et de la Caisse nationale. Le même jour encore, ce tribunal a également rejeté une réclamation de Savary en tant qu'elle était dirigée contre Marthe Chardonnens mais a condamné les enfants de celle-ci, Bernard et Jacqueline, à payer au demandeur une somme de 2800 fr., élevée à 4000 fr. le 18 décembre 1961 par la Cour d'appel du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg. B.- Le 9 mars 1956, Marthe Chardonnens, son fils Bernard et sa fille Jacqueline, actuellement dame Junta, ont assigné La Zurich, de par l'art. 49 LA, en paiement des indemnités suivantes (après déduction des rentes versées par la Caisse nationale): à Marthe Chardonnens, 8 347 fr. 25, à Bernard Chardonnens, 22 476 fr. 25, à Jacqueline Junta, 12 fr. 25, et, à tous, 9000 fr. à titre de réparation du tort moral. Le même jour, Liliane Stucky, seconde fille de Germain Chardonnens et veuve de Léonard Introzzi, a ouvert une seconde action contre La Zurich en paiement de: 48 857 fr. 75 à elle-même, 55 170 fr. à son enfant Tristan Introzzi qu'elle représente légalement, et 8 000 fr. à tous deux, à titre de réparation morale. BGE 88 II 299 S. 303 La Zurich a conclu au rejet des demandes; elle a réclamé reconventionnellement aux héritiers du conducteur décédé 50 000 fr. payés pour régler le cas Dévaud et le remboursement de ce qu'elle pourrait être encore tenue de verser, notamment à l'enfant Introzzi. Elle a en outre invoqué la compensation avec ce qu'elle leur doit. Les demandeurs ont conclu au rejet de la demande reconventionnelle; ils s'opposent à la compensation. C.- Statuant en dernière instance le 18 décembre 1961, la Cour d'appel du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg a rendu deux arrêts, bien qu'elle ait joint les causes pour l'instruction. Modifiant les jugements du 30 juillet 1959 du Tribunal civil de l'arrondissement judiciaire de la Sarine, elle a - rejeté les demandes de Marthe et Bernard Chardonnens, de Jacqueline Junta et de Liliane Stucky, - admis celle de Tristan Introzzi à concurrence de 23 315 fr. en capital, - condamné solidairement Bernard Chardonnens, Jacqueline Junta et Liliane Stucky, héritiers de Germain Chardonnens, à rembourser à La Zurich: - 23 315 fr. versés à Tristan Introzzi, - une partie, fixée à 10 000 fr., de l'indemnité payée pour régler le cas Dévaud (50 000 fr.). La Cour d'appel a en outre réservé les droits de La Zurich au remboursement de sommes autres que celles qui sont en cause dans les deux procès joints et jugés par elle. Ces arrêts sont motivés de manière identique: a) Sous l'empire d'une ivresse légère (1 ‰), Germain Chardonnens circulait à très vive allure malgré de fortes bourrasques de neige et de pluie. Il a complètement perdu la maîtrise du véhicule. Sa faute est grave. La seule qui puisse être imputée au détenteur Savary, l'usure des pneus, n'a joué aucun rôle dans l'accident; on n'a en effet constaté aucun dérapage. Aussi, dans la mesure où elle BGE 88 II 299 S. 304 tend à la réparation du dommage consécutif au décès du conducteur, la première action doit être rejetée, car la faute de ce dernier est opposable à ses héritiers, à ceux qu'il soutenait et à sa famille moralement éprouvée. b) Le dommage subi directement par Bernard Chardonnens, fixé à 413 fr. 80, représente. des frais de traitement. Le lésé a avoué que l'incapacité permanente de travail alléguée par lui n'existe pas. c) Tristan Introzzi a droit à une indemnité de 21 315 fr. pour le dommage matériel subi et à 2000 fr. à titre de réparation du tort moral. d) De par la clause 3 lettre c des conditions générales de l'assurance, qui déroge licitement à l'art. 14 al. 1 à 3 LCA, La Zurich a, pour cette somme, un droit de recours contre les trois enfants Chardonnens qui, n'ayant pas répudié la succession, héritent de leur père, dont l'insolvabilité n'était pas notoire (art. 566 al. 2 CC); elle peut compenser cette prétention avec ce qu'elle leur doit comme assureur du détenteur, car l'art. 125 ch. 2 CO ne s'applique pas. Pour cette raison, il est superflu de fixer la prétention de Liliane Stucky, car la compensation éteint cette créance. Quant aux indemnités payées pour régler le cas Dévaud, le droit de recours est régi par les art. 14 al. 2 LCA et 50 LA, le conducteur Chardonnens étant assuré par le contrat passé avec le détenteur (RO 85 II 337). Compte tenu de l'ensemble des circonstances, le recours est arrêté au 20% des 50 000 fr. versés. D.- Les demandeurs et défendeurs reconventionnels recourent en réforme auprès du Tribunal fédéral, dans la mesure où ils ont succombé. Bernard Chardonnens, toutefois, ne réclame plus que 2820 fr. 25 pour le dommage direct subi, sous réserve d'une incapacité éventuelle future. La Zurich propose le rejet des recours dans la mesure où ils sont recevables. BGE 88 II 299 S. 305 Erwägungen Considérant en droit: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Les recourants ne discutent pas les conséquences de la faute grave du conducteur Germain Chardonnens sur leurs prétentions et le droit de recours de l'intimée. Saisi régulièrement de la cause, le Tribunal fédéral n'est toutefois pas lié par les motifs que les parties invoquent (art. 63 al. 1 OJ); il recherche d'office, dans le cadre des conclusions, si la décision attaquée repose sur une saine application du droit fédéral (RO 85 II 613). a) La veuve du conducteur décédé, sa fille Jacqueline Junta et son fils Bernard Chardonnens prétendent, les deux premières à la réparation d'un dommage matériel, tous les trois à celle du tort moral causés par le décès de leur mari et père Germain Chardonnens. Selon l'art. 2 des conditions générales, l'assurance (facultative) s'étend à la responsabilité civile du conducteur autorisé. Par sa nature, celle-ci couvre le seul dommage causé directement à des tiers, non à l'assuré lui-même. Mais même si l'on admettait - à tort - que les prétentions des recourants compètent à des "tiers", elles seraient exclues de l'assurance en vertu de la clause contractuelle 3 litt. c, étant formulées contre le conducteur par son conjoint et ses descendants. Certes, le détenteur est aussi responsable (art. 37 al. 6 LA et 37 al. 5 a contrario; RO 85 II 340 consid. 3). De par l'art. 37 al. 2 LA toutefois, il est libéré s'il prouve que le dommage a été causé par une faute grave du lésé sans que lui-même ou des personnes pour lesquelles il est responsable aient commis de faute. En l'espèce, le lésé est Germain Chardonnens, non les recourants (OSER SCHÖNENBERGER, ad art. 44 CO n. 17 et les arrêts cités; STREBEL, Commentaire de la loi fédérale sur la circulation des véhicules automobiles et des cycles, ad art. 37 LA n. 96; OFTINGER, 2e éd. I p. 142). Il a commis une faute grave, le détenteur aucune. BGE 88 II 299 S. 306 Il suit de là que l'action de Marthe Chardonnens et de Jacqueline Junta, fondée uniquement sur le décès de leur mari et père, doit être rejetée, ainsi que la demande de Bernard Chardonnens dans la mesure où elle repose sur la même cause. b) Les prétentions de Bernard Chardonnens, injustifiées dans la mesure où il les déduit de la mort de son père, existent en revanche en raison du dommage qu'il a subi lui-même, directement, lors de l'accident (413 fr. 80 pour frais de traitement). Certes, on l'a vu, l'assurance du conducteur n'intervient pas, car le demandeur est le fils de Germain Chardonnens (art. 3 litt. c des conditions générales). En revanche, la faute grave de son père, qui n'est - dans ce cas - ni le lésé, ni un tiers non autorisé (art. 37 al. 5 et 6 LA), ne libère pas le détenteur. Bernard Chardonnens a dès lors droit au remboursement des frais de traitement, seul dommage reconnu par la Cour cantonale. c) Liliane Stucky et son fils Tristan Introzzi déduisent leurs prétentions du décès de leur mari et père, Léonard Introzzi. La somme allouée au second est définitive (23 315 fr.), car le recours ne motive pas la conclusion tendante au paiement de 55 170 fr. Les prétentions de la première sont fondées en principe, ainsi que l'admet l'arrêt attaqué. La décision sur le droit de recours de l'intimée et la compensation déterminera si la cause doit être renvoyée à la Cour cantonale pour qu'elle fixe le montant des créances de Liliane Stucky. 4. a) L'art. 72 de la loi sur le contrat d'assurance, repris en partie par l'art. 20 des conditions générales, vise l'assurance contre les dommages (art. 96 LCA) et s'applique à l'assurance responsabilité civile (RO 62 II 181). De par cette disposition, les prétentions que l'ayant droit peut avoir contre des tiers en raison d'actes illicites passent à l'assureur jusqu'à concurrence de l'indemnité payée, sauf si le dommage est dû à une faute légère d'une personne BGE 88 II 299 S. 307 qui fait ménage commun avec l'ayant droit ou des actes de laquelle celui-ci répond. L'assureur ne peut être subrogé dans les droits du lésé qui n'est pas l'ayant droit (RO 85 II 341). Il l'est dans ceux du détenteur, obligatoirement assuré pour sa responsabilité causale fondée sur l'art. 37 LA. (Il n'est pas ici nécessaire de se demander s'il l'est aussi dans ceux du conducteur autorisé, dont il couvre - facultativement - la responsabilité aquilienne, car celui-ci n'a, en l'espèce, aucun droit contre personne.) La prétention du détenteur, preneur et ayant droit, dans laquelle l'assureur est subrogé, c'est le recours fondé sur la responsabilité civile ordinaire du conducteur (respectivement de sa succession; art. 51 al. 2 CO et 41 al. 2 LA). Cette responsabilité fait l'objet d'une assurance facultative pour le compte d'autrui auprès du même assureur (art. 16 et 17 LCA et 112 CO; art. 2 des conditions générales). Celle-ci confère à l'assuré un droit propre. Lorsque le conducteur le fait valoir, l'art. 14 LCA s'applique en principe. Si l'al. 4 de cette disposition est de droit impératif dans le sens de l'art. 98 de la loi, les conditions générales peuvent en revanche en modifier valablement les al. 1 à 3. Cette faculté a été utilisée à l'art. 3 litt. c des conditions générales, qui déroge à l'art. 14 al. 2 LCA. Cette dernière règle permet à l'assureur de réduire sa prestation dans la mesure répondant au degré de la faute grave du preneur ou de l'ayant droit (cf., pour le détenteur, l'art. 50 al. 2 LA). La convention, au contraire, supprime toute prestation lorsque le détenteur est actionné par le conjoint du conducteur, ses ascendants ou ses descendants et que la compagnie est tenue de verser une indemnité; elle a pour effet, dans cette hypothèse, de priver le conducteur assuré (ou ses héritiers) du bénéfice de l'assurance. Visant à assimiler le cas du conducteur à celui du détenteur, cette réglementation est équitable; le conjoint et les descendants du détenteur n'ont aucune action, même en l'absence d'une faute du détenteur (art. 48 al. 3 LA; art. 3 BGE 88 II 299 S. 308 litt. c init. des conditions générales); il serait paradoxal que les proches du conducteur qui a causé le sinistre par sa faute lourde fussent mieux traités, d'autant plus que le détenteur a payé les primes de l'assurance facultative. Vu son but, il est normal toutefois que la règle conventionnelle s'interprète comme la disposition parallèle de la loi relative à l'assurance obligatoire du détenteur; celle-ci d'ailleurs, reprise à la clause 3 litt. c, y est liée à l'exclusion des réclamations des proches du conducteur ("en outre", dit la convention). Il est dès lors naturel que l'expression de "réclamation du conjoint, des ascendants et des descendants", utilisée par la clause à trois reprises, y revête toujours un contenu identique et, de plus, conforme à l'art. 48 al. 3 LA. Or, dans cette disposition légale, elle s'entend du cas où les personnes visées sont sinistrées; sont exclues de l'assurance les réclamations fondées sur le décès d'un proche ou sur l'atteinte à l'intégrité corporelle subie par lui (STREBEL, ad art. 48 n. 81; OFTINGER, 1e éd., II p. 986; v. 2e éd., II 2 p. 723/724; cf. les dispositions, fondées sur des motifs analogues, des art. 37 al. 4 et 55 al. 3 LA). On ne saurait déduire en l'espèce du silence du recours des demandeurs, étrangers à la conclusion du contrat d'assurance, que les parties auraient donné à une phrase de la convention une portée différente de celle de l'art. 48 al. 3 LA et de l'ensemble de la clause dans laquelle cette phrase est insérée. Si le conducteur succombait sur le recours de l'assureur, il pourrait se retourner contre ce dernier comme assuré pour la même responsabilité. Il convient donc de n'accorder à l'assureur, lorsque la clause 3 litt. c ne s'applique pas, qu'un recours limité en raison de l'art. 14 LCA. b) Ces principes s'appliquent comme suit à l'espèce: Pour le règlement des conséquences de la mort de Dévaud, la prétention du conducteur contre son assurance doit être réduite en vertu de l'art. 14 al. 2 LCA, vu la faute grave du premier. Cette opération faite, la Cour cantonale a estimé le solde de la créance dû à l'intimée, BGE 88 II 299 S. 309 une fois la compensation effectuée, au 20% de la prétention issue du droit de recours, soit à 10 000 fr. Cette décision n'est pas critiquée; on ne voit pas de motifs de la modifier. L'action de Bernard Chardonnens a été admise contre le détenteur par 413 fr. 80. Comme il est à la fois le sinistré et le fils du conducteur lourdement fautif, le recours de l'intimée porte sur toute la somme allouée, de par l'art. 3 litt. c des conditions générales. Se fondant sur la convention, la Cour cantonale a admis en plein le recours visant les indemnités allouées à Liliane Stucky et Tristan Introzzi, descendants du conducteur. Léonard Introzzi toutefois, le sinistré, n'était pas un parent du conducteur au degré visé par la clause contractuelle. Or seuls comptent, on l'a vu, les liens de famille du sinistré (et non ceux des personnes qui ont subi un dommage en raison de son décès). Il suit de là que la loi règle ce cas et que l'art. 14 al. 2 LCA s'applique. Aussi la cause doitelle être renvoyée à la Cour cantonale pour qu'elle fixe la quotité du droit de recours de l'intimée en raison des indemnités versées à Tristan Introzzi et à Liliane Stucky, selon les critères valables pour le cas - identique - du décès de Dévaud. Par voie de conséquence (v. consid. 3 litt. c i.f.), la Cour cantonale établira le montant de l'indemnité allouée à Liliane Stucky; il différera nécessairement de la réclamation de l'intimée opposable en compensation, réclamation dont le montant dépend lui-même de la prétention de dame Stucky. 5. Les recourants Bernard Chardonnens, Liliane Stucky et Jacqueline Junta soutiennent, principalement, qu'ils ne sont pas les héritiers de Germain Chardonnens, vu l'insolvabilité notoire de la succession, et que, dès lors, ils ne sont pas les débiteurs solidaires de l'intimée (art. 603 CC). De par l'art. 566 al. 2 CC, la succession est censée répudiée lorsque l'insolvabilité du défunt était notoire ou officiellement constatée à l'époque du décès. BGE 88 II 299 S. 310 a) On peut se demander si la requête de bénéfice d'inventaire du 13 août 1956, comme celle tendant à la liquidation officielle (RO 50 II 452), ne détruit pas, en raison de ses effets et des possibilités qu'elle ouvre aux héritiers (art. 588 CC), la présomption instituée par cette règle légale. Cette question peut toutefois rester indécise, car les conditions légales de l'art. 566 al. 2 CC ne sont en tout cas pas réalisées en l'espèce. b) Quelque conception qu'on ait de la notoriété et de l'insolvabilité (ESCHER, ad art. 566 n. 16; TUOR/PICENONI, ad art. 566 CC n. 10 et les citations, notamment l'arrêt du Tribunal fédéral rendu le 23 octobre 1953 en la cause Bruderer c. Diem: Blätter für zürcherische Rechtsprechung, 1953 p. 346), il est à tout le moins nécessaire, faute de constatation officielle, que la seconde soit connue des héritiers. Il ne suffit pas qu'elle existe. La présomption se fonde en effet sur l'idée que la répudiation s'impose aux héritiers lorsqu'ils savent la succession obérée au-delà de ses forces. Selon le texte même de la loi, cette connaissance doit exister à l'époque du décès; cela s'explique d'ailleurs en partie par le fait que la décision doit intervenir dans les trois mois (art. 567 al. 1 CC). On ne saurait présumer rétroactivement une répudiation lorsque l'insolvabilité ne se révèle que plus tard; ce serait en effet limiter automatiquement la responsabilité des héritiers intra vires successionis; on bouleverserait par ce détour les règles de la dévolution et l'on créerait une insécurité durable pour les créanciers. En l'espèce, les hoirs de Germain Chardonnens conviennent qu'ils ne voyaient, à l'époque du décès, aucun motif de répudiation (recours p. 9). Leur aveu est confirmé par la requête tendante à la restitution du délai pour demander le bénéfice d'inventaire qu'ils ont présentée le 13 août 1956, les procès leur ayant révélé, un an après le décès, l'état réel de la succession. Ils ne sauraient dès lors prétendre que la répudiation fût présumée. Cette solution n'est pas inéquitable. Vu les circonstances et les conséquences de BGE 88 II 299 S. 311 l'accident, les recourants pouvaient aisément s'attendre que la responsabilité du conducteur fût mise en cause. Or la loi donne à l'héritier assez de moyens, relativement simples, de limiter ou supprimer sa responsabilité du fait de la dévolution. 6. Bernard Chardonnens et Liliane Stucky sont hééritiers de Germain Chardonnens. Ils répondent solidairement des dettes de la succession. Aussi l'intimée opposet-elle à leurs créances la compensation avec son droit de recours contre le conducteur décédé. a) Une obligation s'éteint par confusion lorsque les qualités de créancier et de débiteur se trouvent réunies dans la même personne (art. 118 CO). Le tribunal doit d'abord rechercher si cette disposition s'applique, car la confusion rendrait superflue une déclaration de compensation. Ce mode d'extinction des obligations présuppose en premier lieu l'identité de la dette. Les créances de Bernard Chardonnens et de Liliane Stucky sont toutes deux dirigées contre le détenteur Savary et se fondent sur la responsabilité causale issue du risque créé par la mise en circulation d'un véhicule automobile. Celle de l'intimée a pour cause la prétention propre du détenteur contre le conducteur fautif, dans laquelle l'assureur est subrogé de par la loi ou la convention (art. 51 al. 2 CO), soit en dernière analyse la responsabilité aquilienne de celui qui commet un acte illicite. Il suit de là qu'il n'y a pas confusion. b) De par l'art. 125 ch. 2 CO, ne peuvent être éteintes par compensation contre la volonté du créancier les créances dont la nature spéciale exige le paiement effectif entre les mains du créancier, "telles que des aliments et le salaire absolument nécessaire à l'entretien du débiteur et de sa famille" (wie Unterhaltsansprüche und Lohnguthaben, die zum Unterhalt des Gläubigers und seiner Familie unbedingt erforderlich sind). Cette disposition ne vise certainement pas l'indemnité à titre de réparation du tort moral à laquelle a droit dame Stucky. Les autres BGE 88 II 299 S. 312 créances susceptibles d'être compensées par l'intimée concernent la perte de soutien subie par cette recourante et les frais de traitement engagés par Bernard Chardonnens. Ces deux sortes de prétentions, issues des art. 45 et 46 CO (art. 41 al. 1 LA), constituent des "Unterhaltsansprüche" (OSER SCHÖNENBERGER, ad art. 125 CO n. 6: Erhaltung und Pflege des Körpers). On peut disputer de la divergence existant entre les textes allemand et français ou italien de la règle citée. Celle-ci prévoit une exception au principe de la compensation. L'exception, ou du moins les exemples que la loi en donne, repose sur la considération de politique sociale que le créancier économiquement faible doit recevoir effectivement les prestations qui lui sont nécessaires (RO 35 II 691). Aussi bien, à quelque exégèse que l'on se livre, l'exigence de nécessité vise les deux exemples cités. Si l'on s'en tient aux textes français et italien, on constate que la notion d'aliments implique ce qui est nécessaire (EGGER, ad art. 328 CC n. 13), au contraire du terme technique d'entretien, qui couvre toutes les dépenses que comporte une existence normale conforme à la situation sociale du créancier. Si l'on prend le texte allemand, la ratio legis exige que la nécessité existe tant pour les frais d'entretien que pour les salaires (BECKER, ad art. 125 CO n. 7; VON TUHR/SIEGWART, p. 6434, note 76; contra: OSER/SCHÖNENBERGER, ad art. 125 CO n. 6). Sans doute, l'ancien art. 132 al. 2 CO ne contenait-il pas de restriction; mais il utilisait le terme d'"Alimente", dont on vient de voir qu'il vise seulement ce qui est nécessaire. La portée de la règle est confirmée en l'espèce par deux arguments spéciaux. En premier lieu, l'indemnité pour perte de soutien est assimilable dans la pratique à une créance de salaire, pour laquelle l'exigence de la nécessité est patente; le soutien est en effet une prestation périodique qui obvie, comme l'indemnité en raison de l'insolvabilité, à l'absence de gain et se prélève d'ordinaire, dans les classes peu aisées, sur le salaire de la personne BGE 88 II 299 S. 313 qui l'octroie. En second lieu, l'indemnité pour frais de guérison, si elle ne peut être assimilée à un salaire, compète en l'espèce à un descendant du conducteur fautif au sens de l'art. 3 litt. c des conditions générales de l'assurance. Or l'action récursoire de l'assureur tend à placer ce dernier dans la même situation juridique que si le conducteur avait été en même temps le détenteur du véhicule. Si Germain Chardonnens avait conduit son propre véhicule, et non une voiture empruntée, toute action de Bernard Chardonnens contre l'assureur eût été exclue de par la première phrase de cette clause contractuelle, licite en raison de l'art. 48 al. 3 LA. Il serait dès lors choquant de refuser dans le cas contraire à l'assureur le droit de compenser. Il suit de là que si l'art. 125 ch. 2 CO s'applique, encore faut-il que les bénéficiaires de cette règle exceptionnelle démontrent que leurs créances leur sont absolument nécessaires. L'arrêt attaqué constate souverainement que les recourants n'ont même pas tenté d'établir que les conditions légales étaient réalisées et se sont bornés à invoquer la disposition précitée. En conséquence, ils doivent se laisser opposer la compensation. Leur droit de recours contre leurs cohéritiers est réservé. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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nan
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Federation
e4958360-156c-4a37-a7af-a04cb3ab681d
Urteilskopf 136 I 65 7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. gegen Kantonale Steuerkommission Schaffhausen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_49/2008 vom 25. September 2009
Regeste Art. 8 Abs. 1, Art. 127 Abs. 2 und Art. 190 BV , Art. 7 Abs. 1 StHG ; Dividendenbesteuerung; konkrete Normenkontrolle; verfassungsrechtliches Anwendungsgebot von Bundesgesetzen. Formelles (E. 1 und 2). Tragweite des verfassungsrechtlichen Anwendungsgebotes von Bundesgesetzen im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle betreffend eine kantonale Regelung, die auf einer fünf Jahre später in Kraft getretenen harmonisierungsrechtlichen Gesetzesbestimmung des Bundes beruht. Auch wenn das Bundesgesetz das kantonale Recht inzwischen abdeckt, ist dessen Verfassungsmässigkeit rückblickend zu überprüfen (E. 3 und 4). Die selektive Bevorzugung der Dividendeneinkünfte qualifizierter Anteilseigner von Unternehmungen bei der Einkommenssteuer führt zu unhaltbaren Unterscheidungen bei der Besteuerung und ist verfassungswidrig. Eine Gleichstellung der benachteiligten Anteilseigner gestützt auf den Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht ist aber ausgeschlossen, solange und soweit das nachmalige Bundesgesetz die kantonale Regelung nunmehr abdeckt, was die kantonalen Behörden künftig davor bewahrt, die verfassungswidrige Praxis anpassen zu müssen (E. 5). Rechtsfolgen (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 66 BGE 136 I 65 S. 66 A. X. und Y. deklarierten in ihren Steuererklärungen für die Steuerperioden 2004 und 2005 Einkünfte aus Wertschriften und Guthaben von Fr. -.- und Fr. -.- sowie einen Vermögensbestand an Wertschriften und Guthaben von Fr. -.- und Fr. -.-. Der überwiegende Anteil dieser Einkünfte und Vermögenswerte entfällt auf die Anteile an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. B. In ihren Veranlagungen vom 13. Juni 2007 korrigierte die Kantonale Steuerverwaltung Schaffhausen den Wertschriftenertrag für die Steuerperiode 2004 auf Fr. -.-. Im Übrigen übernahm sie die deklarierten Einkünfte und Vermögenswerte und wendete dafür denselben Steuersatz an wie für das gesamte steuerbare Einkommen und Vermögen. Mit Schlussrechnungen vom 16. Juli 2007 wurden diese Veranlagungen eröffnet. C. Dagegen erhob X. am 13. August 2007 Einsprache (...). Am 28. August 2007 wies die Kantonale Steuerkommission Schaffhausen die Einsprache ab. D. Mit Entscheid vom 14. Dezember 2007 wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen einen dagegen erhobenen Rekurs ab. E. X. und Y. führen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventuell subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie beantragen in ihrer entsprechenden Eingabe vom 16. Januar 2008, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und es sei die Einsprache vom 11. August 2007 gutzuheissen; die BGE 136 I 65 S. 67 ausgeschütteten Gewinne aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften seien nur zum halben Satz des steuerbaren Gesamteinkommens zu besteuern, und für die Besteuerung der Beteiligung an Kapitalgesellschaften sei die Steuer nur zu zwei Dritteln des Satzes des steuerbaren Gesamtvermögens zu berechnen. Gerügt wird im Wesentlichen ein Verstoss gegen Art. 8 BV (Rechtsgleichheitsgebot), gegen Art. 127 Abs. 2 BV (Grundsätze der Besteuerung, insbesondere Allgemeinheit, Gleichmässigkeit und Verhältnismässigkeit der Besteuerung sowie Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) und gegen Art. 11 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Schaffhausen vom 17. Juni 2002 (KV/SH; SR 131.223; Rechtsgleichheitsgebot). F. Die Steuerkommission des Kantons Schaffhausen und die Eidgenössische Steuerverwaltung schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hat unter Verweis auf seinen Entscheid auf eine Vernehmlassung verzichtet. G. Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts entschied über die Beschwerde an einer öffentlichen Sitzung am 25. September 2009. (Auszug) Erwägungen Erwägungen: 1. 1.1 Nach Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Beim angefochtenen Steuerentscheid handelt es sich um ein zulässiges Anfechtungsobjekt. Eine Ausnahme nach Art. 83-85 BGG liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer gilt in Steuerstreitigkeiten keine Streitwertgrenze. Gegen den angefochtenen Entscheid steht daher die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen. Damit erweist sich die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 BGG als unzulässig, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann. 1.2 Zur Beschwerde an das Bundesgericht ist gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Der hier angefochtene Entscheid regelt die Veranlagung der Beschwerdeführer bei den direkten kantonalen BGE 136 I 65 S. 68 Steuern der Perioden 2004 und 2005. Sie sind davon besonders berührt und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung. Fraglich erscheint einzig, ob die beschwerdeführende Ehefrau am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat. Die damalige Beschwerde wurde lediglich vom Ehemann eingereicht, das Obergericht ging aber von einer gemeinsamen Beschwerdeführung durch beide Ehegatten aus, was sich sowohl aus dem Rubrum als auch aus der Begründung des angefochtenen Entscheides ergibt. Wie es sich damit verhält, kann aber offenbleiben, ist doch jedenfalls der Ehemann zur Beschwerdeerhebung berechtigt. 1.3 Für die Beschwerde an das Bundesgericht gelten die im Gesetz vorgesehenen Begründungsanforderungen. 1.3.1 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt das massgebliche Recht verletzt, das Beschwerdegrund (vgl. dazu Art. 95 ff. BGG ) einer Beschwerde beim Bundesgericht bilden kann ( BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist ( Art. 106 Abs. 2 BGG ; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Soweit die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht genügt, so ist darauf nicht einzutreten ( Art. 106 Abs. 1 BGG ; vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). 1.3.2 Die Beschwerdeführer legen nicht dar, inwiefern im vorliegenden Zusammenhang Art. 11 Abs. 1 KV/SH eine massgebliche Garantiewirkung entfalten sollte, insbesondere inwieweit die Bestimmung ihnen einen Schutz böte, der über die Garantien der Bundesverfassung hinaus reicht. Überdies fehlt es an einer tauglichen Beschwerdebegründung, soweit sich die Beschwerde gegen die Veranlagung bei der Vermögenssteuer richtet. Die Ausführungen der Beschwerdeführer beziehen sich einzig auf die Einkommenssteuer. Inwiefern sie auch für die Vermögenssteuer gelten sollten bzw. wieweit sie für diese übernommen werden könnten, wird nicht dargetan. Eingehendere Erläuterungen wären umso mehr erforderlich gewesen, als sich die Verhältnisse bei der Vermögenssteuer nicht von vorneherein gleich darstellen wie bei der Dividendenbesteuerung. Schliesslich fehlt auch eine taugliche Begründung zur Frage der unterschiedlichen Behandlung von Gesellschaften mit oder ohne Sitz in der BGE 136 I 65 S. 69 Schweiz sowie zur Verfassungsmässigkeit der Voraussetzung einer Beteiligung am Verkehrswert einer Unternehmung von mindestens zwei Millionen Franken. Auf alle diese Punkte ist mangels rechtsgenüglicher Beschwerdebegründung nicht näher einzugehen, weshalb auf die Beschwerde in diesem Umfang nicht eingetreten werden kann. 2. 2.1 Art. 38 Abs. 3a des Gesetzes vom 20. März 2000 über die direkten Steuern des Kantons Schaffhausen (Rechtsbuch des Kt. SH 641. 100; nachfolgend: StG/SH) bestimmt, dass für ausgeschüttete Gewinne aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz die Steuer zum halben Satz des steuerbaren Gesamteinkommens berechnet wird, sofern die steuerpflichtige Person eine Beteiligungsquote von mindestens 20 Prozent am Kapital hält oder die Beteiligung einen Verkehrswert von mindestens zwei Millionen Franken aufweist. Für die Vermögensbesteuerung enthält Art. 49 Abs. 2b StG /SH eine analoge Regelung, auf die hier aber nicht näher einzugehen ist (vgl. E. 1.3.2). Die beiden Bestimmungen sind am 1. Januar 2004 in Kraft getreten und gelten ab der Steuerperiode 2004. 2.2 Die Beschwerdeführer halten verschiedene Anteile an Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Keine Beteiligung erreicht dabei eine Quote von 20 % oder einen Verkehrswert von mindestens zwei Millionen Franken. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Teilsatzbesteuerung sind somit nicht erfüllt. Die Beschwerdeführer rügen denn auch nicht eine unkorrekte Anwendung des Gesetzesrechts, sondern sind der Ansicht, bereits die Regelung der wirtschaftlichen Doppelbelastung der Kapitalgesellschaften und Genossenschaften bzw. ihrer Anteilsinhaber im schaffhausischen Gesetzesrecht sei verfassungswidrig. Sie schliessen daraus, es seien ihnen als Anteilseigner kleineren Umfanges dieselben Vorteile einzuräumen wie den qualifizierten Teilhabern, die von der Steuerentlastung profitierten. 2.3 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können auch kantonale Erlasse angefochten werden ( Art. 82 BGG ). Zur abstrakten Anfechtung von § 38 Abs. 3a StG /SH ist indessen die Frist zu Beschwerde längst abgelaufen. In Frage kommt nur noch die Beschwerde gegen den konkreten Einzelakt oder Entscheid. Mit dieser kann auch die Überprüfung des kantonalen Rechts auf dessen Verfassungsmässigkeit hin verlangt werden. Diese so genannte konkrete Normenkontrolle beschränkt sich auf die im Einzelfall zur BGE 136 I 65 S. 70 Anwendung gelangende Norm, soweit sie für den Fall massgeblich ist. In Bezug auf einen Steuertarif im Rahmen eines Steuerveranlagungsverfahrens für eine bestimmte Steuerperiode kann daher der kantonale Steuertarif nur insofern auf seine Verfassungsmässigkeit geprüft werden, als er Tarifpositionen betrifft, die konkret zur Anwendung gelangen oder mindestens durch den Rügegrund (z.B. wegen rechtsungleicher Besteuerung) miteinbezogen sind (Urteil 2C_397/2007 vom 18. März 2008 E. 1.4 nicht publ. in: BGE 134 I 248 ). 3. 3.1 Mit Beschluss vom 23. März 2007 änderte die Bundesversammlung im Rahmen der so genannten Unternehmenssteuerreform II verschiedene steuerrechtliche Bestimmungen des Bundes. Unter anderem fügte sie in Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) den folgenden zweiten Satz ein (BBl 2007 2321): "Bei Dividenden, Gewinnanteilen, Liquidationsüberschüssen und geldwerten Vorteilen aus Beteiligungen aller Art, die mindestens 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals ausmachen (qualifizierte Beteiligungen), können die Kantone die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaften und Anteilsinhabern mildern." Parallel dazu ergingen die Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1 bis des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) , die eine Milderung der Steuerbelastung bei der direkten Bundessteuer durch eine bloss teilweise Besteuerung des Dividendenertrages vorsehen. Nachdem gegen die Unternehmenssteuerreform II ein Referendum zustande gekommen war, wurde die Gesetzesnovelle in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 24. Februar 2008 angenommen (BBl 2008 2781). Sie trat am 1. Januar 2009 in Kraft (AS 2008 2893, 2902). 3.2 Nach Art. 190 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend. Damit kann Bundesgesetzen weder im Rahmen der abstrakten noch der konkreten Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Zwar handelt es sich dabei um ein Anwendungsgebot und kein Prüfungsverbot ( BGE 131 II 710 E. 5.4 S. 721; BGE 129 II 249 E. 5.4 S. 263 mit Hinweisen; YVO HANGARTNER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, Bd. II, N. 8 zu Art. 190 BV ), und es kann sich rechtfertigen, vorfrageweise die Verfassungswidrigkeit BGE 136 I 65 S. 71 eines Bundesgesetzes zu prüfen; wird eine solche festgestellt, muss das Gesetz aber angewandt werden, und das Bundesgericht kann lediglich gegebenenfalls den Gesetzgeber einladen, die fragliche Bestimmung zu ändern. Freilich besteht nicht in jedem Fall die Veranlassung, die bundesgesetzliche Regelung auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht hin zu prüfen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 2C_61/2008 vom 28. Juli 2008 E. 1.3.2). Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob sich dies rechtfertigt. 3.3 Im vorliegenden Fall steht eine kantonale Gesetzesbestimmung in Frage. Dafür gilt das Anwendungsgebot von Art. 190 BV grundsätzlich nicht. Setzt das kantonale Steuergesetz allerdings unmittelbar Harmonisierungsrecht des Bundes um, das im Steuerharmonisierungsgesetz enthalten ist, greift das verfassungsrechtliche Anwendungsgebot auf das kantonale Recht durch. Das kantonale Steuergesetz, für welches das Anwendungsgebot an sich nicht gilt, wird davon als Umsetzungsakt der bundesgesetzlichen Ordnung erfasst (vgl. BGE 131 II 710 E. 5.4 S. 721). Auch diesfalls hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob sich die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht trotz Anwendungsgebots rechtfertigt. 3.4 Bei einer abstrakten Normenkontrolle, namentlich bei der Überprüfung eines kantonalen Gesetzes, kann das Bundesgericht auch einer nachträglichen Änderung der Rechtslage Rechnung tragen und insbesondere neu in Kraft getretenes, übergeordnetes Recht mitberücksichtigen ( BGE 120 Ia 286 E. 2c/bb S. 291; BGE 119 Ia 460 E. 4d S. 473 mit Hinweisen). Das kann aber nicht unbeschränkt gelten, sondern setzt einen engen Zusammenhang vor allem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht voraus. 3.5 Der neue Art. 7 Abs. 1 StHG erlaubt den Kantonen für Kapitalbeteiligungen von mindestens 10 % die Einführung einer Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung. Entscheiden sich die Kantone für eine solche Milderung, müssen sie zwingend eine Mindestbeteiligung von 10 % verlangen, im Übrigen verfügen sie über einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der kantonalen Regelung. Das gilt insbesondere für die Methode der Entlastung (Teilsatz-, Teilbesteuerungs- oder anderes Verfahren) und deren Umfang. Es ist den Kantonen namentlich überlassen, ob sie die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaft und Anteilsinhaber durch eine Reduktion des Steuersatzes oder wie in den neuen, parallel ergangenen Art. 18b und Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 1 bis DBG durch eine bloss BGE 136 I 65 S. 72 teilweise Besteuerung des Dividendenertrages mildern wollen. Dagegen wird in der Literatur zwar eingewendet, die bundesrechtliche Harmonisierung beziehe sich einzig auf das Steuerobjekt, d.h. die Bemessungsgrundlage, und nicht auf den anwendbaren Tarif; die Kantone könnten daher die Milderung bei der Dividendenbesteuerung lediglich durch eine besondere Definition des Steuerobjekts, nicht aber durch einen Sondertarif umsetzen (vgl. insbes.URS R. BEHNISCH, in: Die schweizerische Bundesverfassung, a.a.O., N. 28 zu Art. 129 BV ; derselbe , Steuerwettbewerb trotz seiner Zähmung ein Stein des Anstosses, Neue Zürcher Zeitung vom 21. Februar 2007). Beim Erlass von Art. 7 Abs. 1 StHG ging der Gesetzgeber aber klarerweise davon aus, dass der Bund die Kompetenz hat, unter Einhaltung einer gewissen Regelungsautonomie der Kantone beim Ausmass und bei der Art der Entlastung Lösungen zu treffen, die auch durch tarifliche Massnahmen umgesetzt werden können (vgl. BBl 2005 4796). Der Gesetzgeber stellte denn auch den Kantonen bewusst frei, Entlastungen wie der Bund in Form von Abzügen von der Bemessungsgrundlage oder aber Steuerermässigungen in Form eigentlicher tariflicher Massnahmen vorzusehen (BBl 2005 4868). Abgesehen davon kennt das Harmonisierungsrecht auch an anderer Stelle Sondertarife, so etwa in Art. 11 StHG . 4. 4.1 Art. 38 Abs. 3a StG /SH entspricht dem revidierten Art. 7 Abs. 1 StHG und wird von diesem seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 2009 inhaltlich gedeckt. Schon seit längerem wurde die Frage der Verfassungskonformität der Unternehmenssteuerreform in Fachkreisen diskutiert (vgl. etwa Bericht der Expertenkommission rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung [ERU], erstattet dem Eidgenössischen Finanzdepartement, Bern 2001; Bundesamt für Justiz, Gutachten betreffend die Verfassungsmässigkeit einer Teilbesteuerung von Dividenden im Privatbesitz, erstattet der Eidg. Steuerverwaltung am 29. November 2006; ULRICH CAVELTI, Die Unternehmenssteuerreform II ist verfassungskonform, Neue Zürcher Zeitung vom 29. Januar 2008; ETIENNE GRISEL, Rechtsgutachten zu Handen des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 29. November 2006; KEUSCHNIGG/DIETZ, Volkswirtschaftliche Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform II, Gutachten im Auftrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 24. September 2002; MATTEOTTI/FELBER, Verfassungsrechtliche Kritik an der Unternehmenssteuerreform II, Jusletter vom 11. Februar 2008; ROBERT WALDBURGER, Die Vorlage BGE 136 I 65 S. 73 verletzt offenkundig die Verfassung, Tagesanzeiger vom 22. Dezember 2007; WALDBURGER/BAUMANN, Zur Verfassungsmässigkeit der Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung durch das Unternehmenssteuerreformgesetz II und das Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, Gutachten vom 8. Januar 2008; vgl. auch MARKUS REICH, Die wirtschaftliche Doppelbelastung der Kapitalgesellschaften und ihrer Anteilsinhaber, 2000, S. 25 ff.). Dabei wurden in der Frage der Verfassungsmässigkeit von Entlastungsmassnahmen für die Dividendenbezüger, wie sie hier strittig sind, verschiedene Auffassungen vertreten. Unter anderem äusserten sogar Organe des Bundes mit guten Gründen gewisse Zweifel. Dies ist auch dem Gesetzgeber nicht entgangen und bildete ausdrücklich Thema der politischen Diskussionen sowie des Abstimmungskampfes. 4.2 In der politischen Diskussion setzte sich dann aber mehr und mehr die Auffassung durch, die wirtschaftliche Doppelbelastung zwischen Dividendenbezüger und Gesellschaft sei zu beseitigen. Die Gesetzesrevision wurde mithin in Kenntnis der allfälligen verfassungsrechtlichen Fragwürdigkeit angenommen. Insbesondere war angesichts der im Gesetzgebungsverfahren beigezogenen Gutachten klar, dass die angestrebte Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbelastung weiterreichen könnte, als das rein rechnerisch erforderlich wäre. Der Gesetzgeber setzte sich jedoch namentlich unter Hinweis auf angebliche volkswirtschaftliche Gesichtspunkte und eine mögliche Änderung der Verhaltensweise der Beteiligten über solche Bedenken hinweg. Im Zusammenhang mit dem Steuerharmonisierungsgesetz war mit Blick auf die parallel laufenden und teilweise bereits abgeschlossenen kantonalen Gesetzgebungsverfahren ebenso klar, dass bei den Kantonen entsprechende Entlastungen von ebenfalls bis zu 50 % als zulässig erachtet werden sollten. Die Mehrheit der Stimmberechtigten ging dabei davon aus, dass die schliesslich gewählte Lösung bzw. erlassene Regelung verfassungsrechtlich zulässig sei. Erleichterungen in diesem Umfang sind daher heute durch den Bundesgesetzgeber abgedeckt. Eine allfällige Verfassungswidrigkeit unterläge daher ab dem 1. Januar 2009 dem Anwendungsgebot und liesse sich jedenfalls mit Wirkung ab diesem Zeitpunkt vom Bundesgericht nicht mehr korrigieren. 4.3 Zu prüfen bleibt indessen die Tragweite von Art. 190 BV in zeitlicher Hinsicht. Art. 38 Abs. 3a StG /SH ist am 1. Januar 2004 und damit fünf Jahre vor Art. 7 Abs. 1 StHG in der Fassung vom 23. März 2007 in Kraft getreten. Es fragt sich, ob sich das spätere BGE 136 I 65 S. 74 Bundesrecht bereits auf die hier fraglichen Steuerperioden 2004 und 2005 auswirken kann. 4.3.1 Ob die Geltung von Art. 7 Abs. 1 StHG in der Fassung vom 23. März 2007 auf eine positive Vorwirkung (einer bei seiner Anwendung noch nicht in Kraft getretenen Bestimmung) oder auf eine echten Rückwirkung (der Anwendung nachträglich neuen Rechts auf einen abgeschlossenen Sachverhalt) hinausläuft, kann hier offenbleiben. Genau genommen findet das neue Bundesrecht nicht direkt Anwendung; vielmehr geht es darum, wieweit ein späteres Bundesgesetz vorbestandenes kantonales Recht vor verfassungsgerichtlicher Überprüfung durch das Bundesgericht zu bewahren vermag. Im Allgemeinen gelten so oder anders strenge Voraussetzungen - wie das Erfordernis einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage, von triftigen Gründen, der Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips usw. - für die Zulässigkeit der Vor- oder Rückwirkung von Gesetzesrecht (vgl. BGE 125 I 182 E. 2b/cc S. 186; BGE 119 Ia 254 E. 3b S. 258; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2006, S. 64 ff., Rz. 322 ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 186 ff., Rz. 8 ff.). Im vorliegenden Zusammenhang ist dementsprechend entscheidend, ob zwischen der Revision des Steuerharmonisierungsgesetzes und der entsprechenden kantonalen Steuerregelung ein genügend enger Zusammenhang vor allem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht besteht, der den Schutz vor verfassungsgerichtlicher Kontrolle in einem konkreten Anwendungsfall und nicht im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle zu rechtfertigen vermöchte (vgl. E. 3.4). 4.3.2 Die fragliche schaffhausische Gesetzesbestimmung wurde am 15. September 2003 erlassen. Sie trat am 1. Januar 2004 in Kraft. Seit etwa 2001 gab es zwar im Bund verwaltungsinterne Abklärungen zur Unternehmenssteuerentlastung, die bundesrätliche Botschaft zum Unternehmenssteuerreformgesetz II datiert aber erst vom 22. Juni 2005 (BBl 2005 4733), erging also rund anderthalb Jahre, nachdem der Kanton Schaffhausen die Entlastung eingeführt hatte. Die beiden Gesetzesrevisionen im Bund und im Kanton stehen nicht in einem derart engen Konnex, dass jene diese bereits damals hätte inhaltlich abdecken können. Sowohl die Frage, ob es je zu einer Änderung des Bundesgesetzes kommen würde, als auch die eventuelle materielle Ausgestaltung des Bundesrechts waren damals völlig offen. Die Vorlage war nicht nur in der Lehre, in der Verwaltung und im Parlament umstritten, sondern auch die BGE 136 I 65 S. 75 Volksabstimmung im Februar 2008 fiel knapp aus (vgl. BBl 2008 2781). Es ist ausgeschlossen, dass eine allfällige Verfassungswidrigkeit des kantonalen Rechts in den Jahren 2004 und 2005 von der im Jahre 2007 von der Bundesversammlung beschlossenen, 2008 vom Volk angenommenen und 2009 in Kraft getretenen Bundesgesetzesnovelle beseitigt werden könnte, deren Zustandekommen damals ungesichert und deren Inhalt unbekannt waren. Hätten überdies die Beschwerdeführer die schaffhausische Regelung 2003 im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle angefochten, wäre ein Abstellen auf eine Bundesnorm, zu der damals noch nicht einmal eine bundesrätliche Botschaft vorlag, von vornherein ausser Betracht gefallen. Dass sich die Frage heute stellt, hängt lediglich damit zusammen, dass die Beschwerdeführer damals nicht mit abstrakter Normenkontrolle den Erlass, sondern später im Verfahren der konkreten Normenkontrolle die Steuerveranlagungen für die Jahre 2004 und 2005 angefochten haben. Einzig das bundesprozessuale Erfordernis, den kantonalen Instanzenzug vollständig zu durchlaufen, führte dazu, dass das neue Harmonisierungsrecht des Bundes inzwischen in Kraft treten konnte. Das vermag aber nicht die Geltung des Anwendungsgebots von Art. 190 BV mit der Folge zu rechtfertigen, dass die ausschliesslich auf das kantonale Gesetz gestützten Veranlagungen der Beschwerdeführer wegen des deutlich später erlassenen Bundesrechts von der Überprüfung auf Verfassungsmässigkeit ausgeschlossen wären. 4.4 Die angefochtenen Steuerveranlagungen für die Jahre 2004 und 2005 sind demnach rückblickend auf Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen. 5. 5.1 In der Sache verlangen die Beschwerdeführer nicht, es sei der kantonalen Gesetzesbestimmung über die Entlastung bei der wirtschaftlichen Doppelbelastung von Unternehmen und deren Teilhabern die Anwendung zu versagen. Vielmehr wollen die Beschwerdeführer gleich behandelt werden wie die qualifizierten Anteilseigner, die von der Teilsatzbesteuerung profitieren. Sie machen damit sinngemäss für ihr eigenes Dividendeneinkommen eine Gleichbehandlung im Unrecht geltend, indem sie dieselbe Begünstigung verlangen, wie sie nach ihrer Ansicht in Verletzung des Verfassungsrechts den qualifizierten Anteilseignern zugestanden wird. Eine solche Gleichbehandlung wäre nicht zum vornherein ausgeschlossen (vgl. etwa ASA 76 S. 693, 2A.647/2005 E. 4; ASA 59 S. 733, 2P.261/1988 BGE 136 I 65 S. 76 E. 3; StE 2005 A 21.11 Nr. 45, 2P.319/2003 E. 3.2), untersteht aber besonderen Anforderungen, auf die zurückzukommen sein wird (vgl. E. 5.6). Vorfrageweise ist so oder so im Sinne einer konkreten Normenkontrolle zu prüfen, ob die schaffhausische Regelung bei der Dividendenbesteuerung gegen Verfassungsrecht verstösst. 5.2 Im Bereich der Steuern wird das allgemeine Gleichbehandlungsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV insbesondere durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit konkretisiert ( Art. 127 Abs. 2 BV ). Der erste Grundsatz verlangt, dass alle Personen oder Personengruppen nach denselben gesetzlichen Regeln erfasst werden; Ausnahmen, für die kein sachlicher Grund besteht, sind unzulässig. Nach dem zweiten Prinzip sind Personen, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, in derselben Weise mit Steuern zu belasten und müssen wesentliche Ungleichheiten in den tatsächlichen Verhältnissen zu entsprechend unterschiedlichen Steuerbelastungen führen. Drittens müssen die Steuerpflichtigen nach Massgabe der ihnen zustehenden Mittel gleichmässig besteuert werden; die Steuerbelastung hat sich nach den ihnen zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgütern und ihren persönlichen Verhältnissen zu richten (vgl. BGE 134 I 248 E. 2 S. 251 f.; BGE 133 I 206 E. 6.1 S. 215 f.; Urteil 2P.233/2002 vom 27. Januar 2003 E. 3.2, in: StE 2003 B 21.1 Nr. 11; je mit Hinweisen). 5.3 Im System der Gesamtreineinkommensbesteuerung, auf welchem die direkten Steuern des Bundes und der Kantone beruhen, bildet der Überschuss aller Einkünfte über die damit verbundenen Ausgaben Grundlage der Bemessung, und zwar unabhängig von der Art der Einkünfte. Solche der natürlichen Person aus Beteiligungen an Unternehmen nicht oder nur teilweise zu erfassen oder mit einem anderen Tarif zu besteuern, gerät insoweit in Widerspruch zu den Prinzipien der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es bedarf einer sachlichen Rechtfertigung, Dividendeneinkünfte anders zu behandeln als andere Einkünfte. Eine solche sieht der Gesetzgeber des Kantons Schaffhausen in der so genannten wirtschaftlichen Doppelbelastung. 5.4 Wieweit es eine solche Doppelbelastung gibt, ist allerdings umstritten (zur Literatur vgl. die Angaben in E. 4.1). Rechtlich werden Dividendeneinkünfte zum vornherein nicht doppelt belastet. Zwar BGE 136 I 65 S. 77 wird der erzielte Gewinn zunächst bei der Unternehmung als Gewinn besteuert, woraufhin die Dividende bzw. der Gewinnanteil aus der Beteiligung beim Teilhaber steuerlich ebenfalls erfasst wird. Dies beruht aber natürlicherweise darauf, dass sich eine juristische Person aufgrund ihrer eigenen Rechtsfähigkeit von der natürlichen Person unterscheidet bzw. ein eigenes Rechtssubjekt und Steuersubjekt ist. Die rechtliche Selbständigkeit juristischer Personen von den wirtschaftlich daran berechtigten natürlichen Personen wird nur ausnahmsweise, unter dem Gesichtspunkt des so genannten Durchgriffs, durchbrochen. Dieser setzt Identität der wirtschaftlichen Interessen zwischen juristischer und dahinter stehender natürlicher Person voraus, und insbesondere dass die rechtliche Berufung auf die Selbständigkeit der juristischen Person der Umgehung von Gesetzesvorschriften oder der Missachtung der Rechte Dritter dient; es geht der Sache nach um eine missbräuchliche Verwendung der juristischen Person durch die sie beherrschende natürliche Person ( BGE 132 III 489 E. 3.2 S. 493 mit Hinweisen). Das Umgekehrte gilt nicht: Wer sich als natürliche Person einer juristischen Person bedient, muss sich deren Selbständigkeit entgegenhalten lassen und kann sich nicht auf wirtschaftliche Identität berufen. Sind natürliche und juristische Person aber verschiedene Rechtssubjekte, stellt die Nichtbesteuerung oder reduzierte Besteuerung der Dividendeneinnahmen bei der natürlichen Person für diese eine ungerechtfertigte Privilegierung im Vergleich zu allen anderen Einkunftsarten wie insbesondere Arbeitseinkommen dar. Will der Gesetzgeber die rechtliche Trennung von juristischen und natürlichen Personen zum Zwecke der Besteuerung aufheben und auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise übergehen, ergibt sich aus dem Gebot der Allgemeinheit und Gleichmässigkeit der Besteuerung bzw. derjenigen nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dass die Belastungsgleichheit gewahrt bleiben muss. 5.5 Der schaffhausische Gesetzgeber hat sich selektiv dafür entschieden, Beteiligungseinkünfte im Halbsatzverfahren zu besteuern, wenn die Beteiligungsquote 20 % (oder einen Verkehrswert von mindestens zwei Millionen Franken) erreicht. Im Übrigen wird aber sowohl bei der Unternehmung die Gewinnsteuer erhoben als auch bei den Anteilseignern die Dividende als Einkommen besteuert. Ein Systemwechsel zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Verhältnis zwischen juristischer und daran beteiligter natürlicher Person liegt nicht vor. Vielmehr geht es um eine selektive Bevorzugung der BGE 136 I 65 S. 78 Dividendeneinkünfte qualifizierter Anteilseigner. Der Gesetzgeber verfällt in einen Methodenpluralismus, indem er für die qualifizierten Teilhaber auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise übergeht, im Übrigen aber die zivilrechtliche Betrachtungsweise im Verhältnis zwischen juristischer Person und daran beteiligter natürlicher Person beibehält. Ein hinreichender Grund für diese Bevorzugung qualifizierter Anteilseigner ist nicht ersichtlich. Zwar wird dafür geltend gemacht, diese seien eigentliche Unternehmer, die ein unternehmerisches Risiko trügen und im Betrieb Verantwortung übernähmen. Die Dividende ist aber nichts anderes als die erfolgsabhängige Entschädigung für das hingegebene Kapital. Wenn ein Anteilseigner sich nicht darauf beschränkt, Kapital hinzugeben, sondern sich in der Unternehmung anderweitig engagiert, wird er dafür separat entschädigt, in Form von Arbeitslohn, Tantiemen usw. Es ist kein Grund erkennbar, der es rechtfertigen würde, die Dividende eines kleinen Teilhabers anders, d.h. höher, zu besteuern als diejenige eines grossen Anteileigners. Die vom Kanton Schaffhausen getroffene Regelung verletzt daher das Rechtsgleichheitsgebot, indem qualifizierte Anteilseigner gegenüber anderen ohne sachlichen Grund bevorzugt werden. Das verstösst gegen das Prinzip der Belastungsgleichheit. Die gezogene Trennlinie ist überdies willkürlich: Wer eine Beteiligung von 19 % (oder von 1,99 Millionen Franken) hält, profitiert nicht vom Halbsatzverfahren, sondern muss seine Einkünfte vollständig versteuern. Die Grenzlinie beruht zwar auf einem politischen Entscheid; sie ist aber nicht mit sachlichen Gründen zu rechtfertigen und führt zu unhaltbaren Unterscheidungen bei der Besteuerung. Art. 38 Abs. 3a StG /SH verletzt damit Art. 8 und 127 BV . 5.6 Die Beschwerdeführer sprechen sich nicht gegen die Anwendung von Art. 38 Abs. 3a StG /SH aus, sondern verlangen, die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung sei im Sinne des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Unrecht auf sie selbst bzw. auf ihre Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmungen anzuwenden. Der Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht wird nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausnahmsweise anerkannt, nämlich wenn eine ständige rechtswidrige Praxis einer rechtsanwendenden Behörde vorliegt und die Behörde zu erkennen gibt, dass sie auch in Zukunft nicht von dieser Praxis abzuweichen gedenke (vgl. BGE 134 V 34 E. 9 S. 44; BGE 131 V 9 E. 3.7 S. 20; BGE 127 I 1 E. 3a S. 2 f.). Im vorliegenden Zusammenhang ist zwar nicht zu erwarten, dass die Steuerbehörden des Kantons Schaffhausen der entsprechenden latenten BGE 136 I 65 S. 79 Anpassungspflicht nachkommen und von ihrer als verfassungswidrig erkannten Praxis abweichen werden. Sie haben dazu aber auch keinen Anlass (mehr), nachdem nunmehr die verfassungswidrige Regelung durch das nachmalige Inkrafttreten von Art. 7 Abs. 1 StHG in der Fassung vom 23. März 2007 dem Anwendungsgebot von Art. 190 BV unterliegt bzw. sich die Verfassungswidrigkeit auch der kantonalen Gesetzesbestimmung bzw. von darauf neu ergangenen Veranlagungen deswegen nicht (mehr) sanktionieren lässt. Den Beschwerdeführern hilft der Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht daher nicht weiter, solange und soweit das Bundesgesetz die schaffhausische Regelung abdeckt und damit die kantonale Praxis vor der verfassungsgerichtlichen Überprüfung mit schützt, was die kantonalen Behörden davor bewahrt, die verfassungswidrige Praxis anpassen zu müssen. Dem Antrag der Beschwerdeführer auf Aufhebung des kantonalen letztinstanzlichen Entscheides über die Veranlagungen der Steuerperioden 2004 und 2005 kann demnach nicht stattgegeben werden, obwohl ihnen in der Sache an sich zu folgen ist. 6. Damit rechtfertigt es sich, die Beschwerde im Sinne der Erwägungen abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Unter Berücksichtigung der besonderen Umständen des Falles sind keine Kosten zu erheben ( Art. 66 Abs. 1 BGG ). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (vgl. Art. 68 BGG ).
public_law
nan
de
2,009
CH_BGE
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CH
Federation
e495938a-06fe-4437-8665-f27481dfeec4
Urteilskopf 140 III 59 11. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. SA e consorti contro Consiglio di Stato del Cantone Ticino (ricorso in materia di diritto pubblico) 4C_3/2013 / 4C_4/2013 del 20 novembre 2013
Regeste Art. 360a OR ; Normalarbeitsvertrag mit Mindestlohn; Lohndumping. Ermittlung einer wiederholten missbräuchlichen Unterbietung der orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne (E. 10).
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 140 III 59 S. 59 A. Il 16 gennaio 2013 il Consiglio di Stato del Cantone Ticino - richiamando segnatamente gli art. 360a segg. CO - ha fissato al 1 ° aprile 2013 l'entrata in vigore dei contratti normali di lavoro con salario minimo vincolante, circoscritti agli operai (impiegati con qualifiche basse) del settore della fabbricazione di apparecchiature elettriche e del settore della fabbricazione di computer e prodotti di elettronica e ottica. I decreti, con il testo normativo, sono stati pubblicati sul Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi del Cantone Ticino del 18 gennaio 2013. B. Le società anonime A. SA, B. SA, C. SA, D. SA, E. SA, F. SA, l'Associazione Industrie Ticinesi (AITI) e l'associazione Swissmem sono insorte davanti al Tribunale federale, con ricorsi in materia di diritto pubblico, chiedendo l'annullamento dei predetti decreti. Nella risposta il Consiglio di Stato ha contestato la legittimazione a BGE 140 III 59 S. 60 ricorrere delle due associazioni e nel merito ha proposto di respingere i ricorsi. Le parti hanno pure proceduto a un secondo scambio di scritti. Il Tribunale federale ha respinto i ricorsi nella misura in cui erano ammissibili. (riassunto) Erwägungen Dai considerandi: 10. Le ricorrenti lamentano poi una violazione del diritto federale e della sua forza derogatoria, perché il Consiglio di Stato avrebbe imposto dei salari minimi, senza che siano dati i presupposti previsti dagli art. 359 segg. CO. Esse sostengono pure che il dumping salariale posto a giustificazione delle contestate misure si fonda su accertamenti errati, che non considerano tutte le controprestazioni percepite dai lavoratori. Asseriscono inoltre che la Commissione tripartita avrebbe semplicemente fissato in modo astratto un salario di sussistenza minimo di fr. 3'000.- mensili e che il modello ticinese non tiene conto della situazione congiunturale. 10.1 L' art. 360a CO elenca le condizioni che permettono all'autorità competente di stabilire in un contratto normale di lavoro di durata limitata salari minimi differenziati secondo le regioni, e all'occorrenza il luogo, allo scopo di combattere o impedire abusi. L'emanazione di un tale contratto normale di lavoro è sussidiaria rispetto a disposizioni sui salari minimi di un eventuale contratto collettivo di lavoro, a cui può essere conferita obbligatorietà generale. La promulgazione di un contratto normale di lavoro è quindi esclusa, se sussistono dei salari minimi confacenti in un contratto collettivo di lavoro. Dal profilo materiale un contratto normale di lavoro nel senso della norma in discussione presuppone che nell'ambito di un ramo o di una professione vengano ripetutamente e abusivamente offerti salari inferiori a quelli usuali per il luogo, la professione o il ramo (dumping salariale). L'esistenza di questa condizione dev'essere constatata dalla Commissione tripartita, che i Cantoni devono istituire per il loro territorio giusta l' art. 360b cpv. 1 CO . Formalmente l'emanazione di un contratto normale di lavoro con salari minimi esige una richiesta della Commissione tripartita. 10.2 In base alle concordanti allegazioni delle parti i settori, che vengono sottoposti su incarico della Commissione tripartita a un controllo da parte dell'Ufficio dell'ispettorato del lavoro (UIL), sono selezionati in ragione dei seguenti quattro criteri: segnalazioni (1), BGE 140 III 59 S. 61 rami definiti dal SECO a rischio o sotto stretta osservazione (2), presenza di un contratto con salario minimo di riferimento che è stato introdotto/rafforzato a seguito di un intervento della Commissione tripartita (3) e indicatori economici quali la dimensione del ramo economico in termini di addetti e la quota di lavoratori frontalieri nel ramo economico, eventualmente il tasso di disoccupazione del ramo (4). Una volta determinato il settore in cui intervenire, il campione di valutazione delle imprese da controllare viene stabilito, facendo capo al censimento federale aziendale, mediante sorteggio. Per verificare se sussiste un dumping salariale vengono dapprima definiti i salari di riferimento sulla base del calcolatore salariale dell'Istituto di ricerche economiche (IRE) che contiene più di 40'000 buste-paga. Tale metodo, approvato dalla Commissione tripartita, riflette il funzionamento dei calcolatori salariali esistenti a livello nazionale, poggia su una banca dati raccolta mediante la Rilevazione svizzera della struttura dei salari effettuata ogni due anni dalla Confederazione e si fonda sul salario determinante per l'AVS. I salari di riferimento sono poi confrontati con quelli corrisposti dalle imprese sorteggiate. Se il salario mensile percepito dal lavoratore è inferiore a fr. 3'000.-, è considerato un caso di abuso grave ogni salario inferiore al salario di riferimento. Se invece lo stipendio mensile ammonta ad almeno fr. 3'000.- viene applicato un margine di tolleranza del 10 % e solo le retribuzioni che sono più del 10 % inferiori al salario di riferimento costituiscono un caso di abuso grave. Nei settori privi di contratto di riferimento i casi di abuso sono considerati ripetuti, se eccedono la quota del 10 % determinata dalla Commissione tripartita. Il Consiglio di Stato indica che tale quota è stata superata nei settori oggetto dei contestati contratti normali di lavoro, poiché la frequenza di casi di abuso gravi riscontrata nel settore delle apparecchiature elettriche è del 47,3 %, mentre in quello della fabbricazione di computer e prodotti di elettronica e ottica è del 10,3 %. 10.3 Le ricorrenti sostengono che le autorità ticinesi, invece di effettuare il controllo concreto dei salari usuali nel settore, imposto dalla legge, avrebbero stabilito "un salario di sussistenza" di fr. 3'000.-; in pratica una soglia legale astratta, al disotto della quale tutti i salari sarebbero automaticamente presunti essere abusivi nonostante che siano usuali per il luogo e la professione considerati. Il salario minimo fissato in questo modo sarebbe lesivo, oltre che dell' art. 360a CO , del principio della forza derogatoria del diritto federale sancito dall' art. 49 Cost. BGE 140 III 59 S. 62 Con questa censura, diretta contro il metodo adottato per la determinazione del dumping salariale, le ricorrenti fraintendono la funzione del limite salariale di fr. 3'000.-. Per stabilire se vi è abuso grave i salari effettivamente percepiti sono stati raffrontati con quelli che dovrebbero essere erogati secondo il calcolatore dell'IRE. Quest'ultimo termine di raffronto non è un dato astratto. Il calcolatore dell'IRE, che analizza 40'000 buste-paga, stabilisce il salario di riferimento per ogni singolo lavoratore tenendo conto delle caratteristiche individuali, dell'azienda e del posto di lavoro; indica, per riprendere la spiegazione del Consiglio di Stato, "quello che è considerato il salario usuale per un determinato lavoratore, con una determinata esperienza di lavoro, con una determinata formazione professionale in un determinato settore ed in una determinata ditta". Se il salario mensile effettivamente percepito è inferiore a fr. 3'000.- non vi è tolleranza: ogni scarto rispetto al salario di riferimento dell'IRE è considerato abuso grave. Per i salari di fr. 3'000.- e più vi è invece un margine di tolleranza del 10 %: sono da considerare gravemente abusive soltanto le retribuzioni che sono più del 10 % inferiori al salario di riferimento. Pertanto, contrariamente a quanto sostengono le ricorrenti, il metodo applicato non equivale alla fissazione di un salario minimo legale: salari inferiori a fr. 3'000.- al mese non sono considerati abusivi a condizione che siano almeno uguali al salario di riferimento del calcolatore dell'IRE. Nella replica le ricorrenti sembrano riconoscere che la soglia di fr. 3'000.- è di rilievo soltanto per la definizione del margine di tolleranza, ma affermano che la differenziazione creerebbe una disparità di trattamento. A torto. L'azzeramento del margine di tolleranza per i salari al limite dell'esistenza non viola l' art. 360a CO né la parità di trattamento, ma costituisce un'opportuna distinzione, ritenuto che la medesima differenza percentuale di salario ha una maggiore incidenza sui redditi bassi. 10.4 Le ricorrenti lamentano, specialmente nella replica, una campionatura mirata, nella quale sono state scelte imprese di cui era noto che corrispondessero salari bassi, effettuata "in modo da ottenere il risultato ricercato". Esse esprimono però più che altro dubbi, ma non forniscono elementi per le loro ipotesi e non rendono verosimile che la selezione delle imprese non sia stata effettuata tramite sorteggio, che essa non sia statisticamente rilevante o che il rilevamento dei salari effettivamente pagati non sia rappresentativo. Le censure sono infondate, al limite dell'ammissibilità. BGE 140 III 59 S. 63 10.5 Le ricorrenti affermano che per il calcolo dei salari effettivamente percepiti, il modello ticinese non tiene conto delle prestazioni superiori ai minimi legali elargite dai datori di lavoro per vacanze, congedi, contributi alla previdenza professionale e orario di lavoro settimanale. Lo Stato risponde che nelle inchieste sono utilizzati i dati del salario determinante per l'AVS. Giova innanzi tutto rilevare che l'intero reddito proveniente da qualsiasi attività lucrativa soggiace all'AVS e che giusta l' art. 5 LAVS il salario determinante comprende qualsiasi retribuzione del lavoro a dipendenza d'altri per un tempo determinato od indeterminato. Esso comprende inoltre le indennità di rincaro e altre indennità aggiunte al salario, le provvigioni, le gratificazioni, le prestazioni in natura, le indennità per vacanze o per giorni festivi ed altre prestazioni analoghe, nonché le mance, se queste costituiscono un elemento importante della retribuzione del lavoro. Non è pertanto ravvisabile quali componenti del salario sarebbero escluse dal salario determinante per l'AVS, ricordato in particolare che anche le prestazioni del datore di lavoro risultanti dall'assunzione del pagamento di contributi dovuti dal salariato sono sottoposte all'AVS ( DTF 139 V 50 consid. 2 e 4). Lo Stato spiega inoltre che il calcolatore salariale dell'IRE, come tutti quelli usati in Svizzera, non considera i "benefit aziendali"; se lo facessero, aggiunge, i dati non sarebbero utilizzabili. In effetti, affinché il raffronto sia possibile, occorre che il salario effettivo di un lavoratore sia definito con i medesimi parametri dei dati statistici utilizzati per stabilire i salari usuali, con i quali è confrontato (cfr. KARIN KAUFMANN, Missbräuchliche Lohnunterbietung im Rahmen derflankierenden Massnahmen, 2010, pag. 98). La Commissione tripartita, che è l'organo meglio in grado di osservare il mercato del lavoro, è di principio libera di scegliere il metodo per calcolare i salari usuali nel senso dell' art. 360a CO (PORTMANN/VON KAENEL/HALBEISEN, Ausgewählte Fragen zum Erlass eines Normalarbeitsvertrages im Sinne von Art. 360a OR , AJP 2013 pag. 1474; KAUFMANN, op. cit., pag. 97; WOLFGANG PORTMANN, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 a ed. 2011, n. 2 ad art. 360a CO ; GABRIEL AUBERT, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2 a ed. 2012, n. 5 ad art. 359 CO ). Posto che, come spiega il Consiglio di Stato, il metodo adottato in Ticino per determinare i salari usuali non tiene conto dei vantaggi supplementari menzionati dalle ricorrenti - fatta eccezione della durata della settimana lavorativa, alla quale è sempre BGE 140 III 59 S. 64 rapportato il salario - se nel calcolo dei salari effettivi tali vantaggi fossero considerati ne risulterebbe un raffronto inattendibile. 10.6 Quando le ricorrenti lamentano che nel confronto dei salari non viene tenuto conto della crisi congiunturale, esse dimenticano che i dati salariali vengono rilevati e quindi aggiornati periodicamente, con frequenza biennale. In tal modo vengono registrati anche i movimenti congiunturali. È del resto evidente che il raffronto dei salari effettivamente corrisposti dalle imprese controllate in un determinato periodo va fatto con il salario rilevante per tale intervallo. Nemmeno le ricorrenti pretendono che ciò non avvenga. 10.7 Le ricorrenti censurano anche che i contratti normali di lavoro sono stati adottati senza che fosse stato dimostrato "il rischio di reazione a catena" degli abusi. Tuttavia, contrariamente a quanto esse sostengono, tale rischio non è una condizione a sé posta dal diritto federale, ma è da mettere in relazione con il requisito della frequenza degli abusi, che l' art. 360a cpv. 1 CO esprime con l'avverbio "ripetutamente" ( wiederholt; répétée ) (KARIN KAUFMANN, Erste Praxis zur wiederholten missbräuchlichen Lohnunterbietung, ArbR, Mitteilungen des Instituts für Schweizerisches Arbeitsrecht 2009 pag. 50; PORTMANN, in Basler Kommentar, op. cit., n. 10 ad art. 360a CO ). Sotto questo profilo la censura è infondata. Il Consiglio di Stato, dopo avere ricordato che la Commissione tripartita ticinese ha fissato nel 10 % la soglia di frequenza che delimita il caso singolo dal dumping salariale settoriale, spiega che le percentuali degli abusi gravi costatati sono il 47,3 % nel settore delle apparecchiature elettriche e il 10,3 % in quello della fabbricazione di computer e prodotti di elettronica e ottica. Le ricorrenti riprendono questi dati (riducendo al 31,7 % la percentuale degli abusi nel settore delle apparecchiature elettriche) senza tuttavia contestare né la pertinenza della soglia del 10 %, né il suo superamento nei due settori considerati. Non occorre perciò approfondire questi aspetti.
null
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2,013
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e49ce8b4-2ece-4319-968a-2954c63b392d
Urteilskopf 124 III 463 80. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 2 juillet 1998 dans la cause Banque X. et K. contre Époux A. et E. (recours en réforme)
Regeste Art. 44 OG , 46 OG, 253b OR; sachliche Zuständigkeit; Mietvertrag; kontrollierte Mietzinse; Erhöhung der Nebenkosten. Begriff der Zivilrechtsstreitigkeit (Rekapitulation der Rechtsprechung; E. 3). Die Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen über die Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse bei Wohnräumen, deren Bereitstellung von der öffentlichen Hand gefördert wurde und deren Mietzinse durch eine Behörde kontrolliert werden ( Art. 253b Abs. 3 OR ), erstreckt sich auch auf die Nebenkosten (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 463 BGE 124 III 463 S. 463 A.- K. a remis à bail aux époux A., d'une part, et à E., d'autre part, deux appartements rénovés avec l'aide de la Confédération. Les loyers, cédés à la Banque X., sont soumis au contrôle de l'Office fédéral du logement (ci-après: OFL). En juin 1996, le bailleur a fait notifier aux locataires deux augmentations des acomptes mensuels de charges à partir du 1er janvier 1997. Le motif donné était l'adaptation à la législation fédérale encourageant la construction et l'accession à la propriété de logements. B.- Les locataires ont contesté la hausse de leurs charges. Après échec de la procédure de conciliation, K. et la Banque X. ont saisi le Tribunal de district de La Chaux-de-Fonds de deux actions tendant à faire constater la validité de leurs nouvelles prétentions. Par jugement du 25 août 1997, le tribunal a rejeté les deux demandes, qui avaient été jointes entre-temps. BGE 124 III 463 S. 464 La Cour de cassation civile du canton de Neuchâtel a déclaré irrecevable le recours des demandeurs par arrêt du 23 décembre 1997. Les magistrats cantonaux ont estimé que les prétentions litigieuses échappaient à la compétence des juridictions civiles en vertu de l' art. 253b al. 3 CO . C.- Les demandeurs ont recouru en réforme, invitant le Tribunal fédéral à constater la compétence des juridictions civiles et à renvoyer la cause à l'instance cantonale pour jugement au fond. Le recours a été déclaré irrecevable. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) Le recours en réforme n'est recevable qu'à la condition qu'on soit en présence d'une contestation civile ( art. 44, 46 OJ ). La jurisprudence entend ainsi une procédure contradictoire entre au moins deux personnes physiques ou morales prises en leur qualité de titulaires de droits privés, ou entre de telles personnes et une autorité à laquelle le droit fédéral reconnaît la faculté d'être partie. Dans tous les cas, il faut que les parties exercent des prétentions fondées sur le droit civil fédéral et que celles-ci soient objectivement litigieuses ( ATF 122 I 351 consid. 1d). Pour savoir si ces exigences sont remplies, on examine l'objet de la contestation (POUDRET, COJ II, n. 2.1.3 ad Titre II OJ). b) En soi, les prescriptions sur la compétence font partie du droit de procédure, domaine qui est demeuré réservé aux cantons ( art. 64 al. 3 Cst. ). La règle n'est cependant pas absolue. Outre certaines exceptions qui ressortent déjà de dispositions spéciales du droit de fond, elle trouve sa limite, de manière générale, dans le principe de la force dérogatoire du droit fédéral; d'après celui-ci, les cantons sont en effet tenus d'assurer la mise en oeuvre du droit matériel fédéral ( ATF 115 II 237 consid. 1c). Pour juger du bien-fondé des modifications unilatérales que le bailleur veut apporter au contrat, le droit fédéral impose aux cantons d'instituer une ou plusieurs autorités de conciliation et de permettre ensuite un contrôle judiciaire dans leurs lois de procédure ( art. 270b, 274a et 274f CO ). Il est constant que dans le canton de Neuchâtel cette tâche est exercée par les tribunaux civils. La question à résoudre, en l'espèce, est de savoir si le législateur fédéral n'a pas lui-même exclu les prétentions litigieuses de ces garanties. La réponse dépend de la nature juridique de ces prétentions. BGE 124 III 463 S. 465 4. a) L' art. 253b al. 3 CO stipule que les dispositions relatives à la contestation des loyers abusifs ne s'appliquent pas aux locaux d'habitation en faveur desquels des mesures d'encouragement ont été prises par les pouvoirs publics et dont le loyer est soumis au contrôle d'une autorité. Ces conditions sont remplies en l'occurrence. A la suite de l'octroi au bailleur de l'"aide fédérale", les loyers litigieux sont sous la surveillance de l'OFL (art. 45 de la loi fédérale encourageant la construction et l'accession à la propriété de logements [LCAP; RS 843], 17 OCAP [RS 843.01]). Ce contrôle administratif remplace donc celui mis en place dans le droit privé pour les loyers prétendument abusifs. Les contestations relatives à l'abaissement des loyers en vertu de la LCAP ne constituent dès lors pas des affaires civiles au sens de l' art. 44 OJ ; font seulement exception les conséquences civiles d'une éventuelle violation des dispositions du droit public (cf. dans un sens analogue POUDRET, op. cit., n. 2.3.22 ad Titre II OJ). b) Les demandeurs font valoir que les frais accessoires sont soumis au régime prévu par le droit privé, même pour les contrats sujets au contrôle de l'autorité publique. A leurs yeux, la cour cantonale a violé le droit fédéral en niant la compétence des tribunaux civils pour connaître du litige. aa) La loi s'interprète en premier lieu pour elle-même, c'est-à-dire selon sa lettre, son esprit et son but ainsi que selon les valeurs sur lesquelles elle repose, conformément à la méthode téléologique. On s'appuie sur la ratio legis. Si la teneur d'une norme paraît trop large au regard de sa finalité, on s'en tient à une interprétation juridique restrictive. On part de l'idée que le législateur a entendu mettre en place une solution raisonnable et autant que possible exempte de contradictions ( ATF 121 III 219 consid. 1d). bb) Déjà sous l'empire de l'arrêté fédéral instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif (ci-après: AMSL), les logements dont le loyer était arrêté et soumis à la surveillance des pouvoirs publics se trouvaient, pour l'essentiel, soustraits à la surveillance prévue dans le droit privé; seules s'appliquaient quelques dispositions de l'arrêté, dont celles sur les frais accessoires ( art. 4 al. 2 OSL ). Le projet du Conseil fédéral sur une loi fédérale instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif du 27 mars 1985 (FF 1985 I p. 1369 ss) excluait aussi partiellement de son champ d'application, en son art. 3 al. 2, les locaux d'habitation en faveur desquels des mesures d'encouragement avaient été prises par les pouvoirs publics et dont le loyer était soumis au contrôle d'une autorité. BGE 124 III 463 S. 466 Selon le message du Conseil fédéral, une dérogation était prévue en ce qui concerne les dispositions relatives aux loyers abusifs résultant d'un prix d'achat manifestement exagéré. En outre, les locaux subventionnés devaient se voir appliquer, notamment, les dispositions sur les frais accessoires (op.cit., p. 1464). L'actuel art. 253b al. 3 CO correspond sur le fond au projet de loi; quant à l'art. 2 al. 2 de l'ordonnance sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux (OBLF; RS 221.213.11), il reprend les réserves mentionnées dans le message, parmi lesquelles celle qui a trait aux frais accessoires. D'après l'ordonnance, les dispositions matérielles concernant ces frais ( art. 257a et b CO ) ainsi que les prescriptions formelles régissant leur introduction ( art. 269d al. 3 CO ) s'appliquent également aux loyers contrôlés par les pouvoirs publics. La conformité de l' art. 2 al. 2 OBLF avec le code des obligations ne fait cependant pas l'unanimité en doctrine (cf. COMMENTAIRE DE L'USPI, 1re éd., n. 8 ad art. 253a-253b CO ; HIGI, Commentaire zurichois, n. 86 ad art. 253a-253b CO ; WEBER/ZIHLMANN, in Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Bâle, 2e éd., n. 9 ad art. 253a-253b CO ; LACHAT, Le bail à loyer, chapitre 4.4.2.8, note de pied de page 53, p. 82). cc) Le 12 décembre 1991, la Direction des finances de la Ville de Zurich a retenu, en se fondant sur une prise de position de l'OFL, que l'introduction de nouveaux frais accessoires pour des logements subventionnés devait être contestée auprès des autorités de conciliation, et non des autorités administratives chargées du contrôle des loyers (mp 1992 p. 116; cf. LACHAT, ibidem, note de pied de page 55). Le Tribunal suprême du canton de Zurich a en revanche estimé, dans une décision du 9 février 1994, que la procédure de contestation des loyers instituée par le droit privé était exclue en ce qui concerne les locaux visés à l' art. 253b al. 3 CO , y compris s'agissant des frais accessoires (Droit du bail (DB) 1996 p. 20 (traduction française); cf. aussi SOMMER, Zum Ausschluss der Anwendbarkeit der Mieterschutzbestimmungen bei staatlich geförderten Wohnräumen, in Mietrecht Aktuel (MRA) 1995 p. 167). La Cour de cassation civile neuchâteloise s'est ralliée à cette dernière solution. dd) La ratio legis de l' art. 253b al. 3 CO est évidemment d'empêcher un double contrôle des loyers et d'éviter le prononcé de décisions contradictoires. Pour les habitations qui font l'objet de mesures d'encouragement par les pouvoirs publics, l'autorité chargée du contrôle des loyers jouit d'une compétence exclusive, et la procédure prévue dans le droit des obligations est fermée. L' art. 2 al. 2 BGE 124 III 463 S. 467 OBLF ne réserve donc pas, à juste titre, l'application de l' art. 270b CO , singulièrement de l'alinéa 2 de cette disposition relatif à la contestation de l'introduction de nouveaux frais accessoires. On n'obtiendra toutefois la sécurité du droit requise que si l'exclusivité de la compétence de l'autorité instituée par la législation sur les mesures d'encouragement s'étend à tous les points soumis à la surveillance officielle (dans un sens identique, cf. SOMMER, op. cit., p. 171). L' art. 253b al. 3 CO apparaît, de la sorte, comme une véritable norme de compétence, alors que les réserves mentionnées à l' art. 2 al. 2 OBLF doivent être considérées comme des renvois au droit matériel (cf. aussi HIGI, op. cit., n. 86 ad art. 253a-253b CO ; pour un résultat identique, COMMENTAIRE DE L'USPI, 1e éd., n. 8 ad art. 253a-253b CO ). Les prescriptions fédérales sur l'encouragement à la construction et à l'accession à la propriété traitent également des frais accessoires ( art. 38 al. 2 LCAP , 25 OCAP). Il ne s'agit cependant pas exactement des mêmes charges que dans le droit privé. Dans ce dernier cas, seules les dépenses relatives à l'usage de la chose louée sont prises en considération, alors que la législation publique vise aussi des coûts liés à l'existence de la chose louée elle-même, par exemple les impôts (cf. art. 38 al. 2 LCAP ; SOMMER, op. cit., p. 171). L'ordonnance contient, par ailleurs, une disposition d'application, fondée sur l' art. 38 al. 3 LCAP , qui permet à l'OFL d'autoriser le paiement par forfaits mensuels de tout ou partie des frais accessoires (art. 25 al. 3 OCAP). L'objectif d'unicité de la procédure qui sous-tend l' art. 253b al. 3 CO s'oppose dès lors à la thèse des demandeurs. Un autre élément mérite encore d'être relevé en faveur de la solution de la cour cantonale. Les frais accessoires nouvellement mis à la charge des locataires faisaient jusque là partie du loyer net, dont le montant n'a pourtant pas changé. C'est dire qu'on est devant une augmentation de ce dernier poste, qui ne comprend plus certains coûts désormais considérés comme accessoires, alors qu'ils faisaient précédemment partie du loyer soumis au contrôle de l'autorité. On le voit, la distinction entre loyer et frais accessoires présente un certain "caractère artificiel", pour reprendre l'expression utilisée par les magistrats cantonaux. La ventilation entre le loyer et les frais accessoires n'est pas toujours identique, et lorsque le paiement des charges a lieu par forfaits mensuels, la distinction peut même paraître purement formelle aux yeux du locataire. Exiger, dans de telles conditions, des locataires d'habitations subventionnées par les pouvoirs publics et soumises à une surveillance officielle la mise en BGE 124 III 463 S. 468 oeuvre de deux procédures différentes pour contester les loyers et les frais accessoires serait source non seulement de complications inutiles, mais encore d'un risque accru de décisions contradictoires (cf. ATF 124 III 201 consid. 2 concernant la consignation et SOMMER, op. cit., p. 171). Que l' art. 2 al. 2 OBLF déclare applicable l' art. 269d al. 3 CO aux logements construits avec l'aide des pouvoirs publics ne change rien aux considérations qui précèdent. L'usage de la formule officielle, qui n'a de sens que lorsque le contrôle prévu par le droit privé peut s'exercer, doit être réservé, pour des raisons téléologiques, aux cas dans lesquels il n'y a pas de surveillance administrative; on rencontrera une telle situation lorsque le bailleur modifie de son propre chef le contrat au détriment du locataire autrement qu'en majorant le loyer ou en introduisant de nouveaux frais accessoires, soit dans toutes les autres circonstances qui entrent dans la notion générale des "autres modifications unilatérales du contrat par le bailleur" (là-dessus, cf. aussi SOMMER, op. cit., p. 170). Les recourants ne peuvent non plus tirer argument de ce que la commission de recours DFEP a estimé que l'OFL n'était pas autorisé à prendre des décisions pour obtenir le respect des loyers fixés ou approuvés par lui, mais qu'il fallait agir par la voie de l'action en application de l'art. 17 al. 3 OCAP (JACC 1997, p. 378 ss); c'est la compétence qui est déterminante, et non la procédure.
null
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fr
1,998
CH_BGE
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Federation
e49ed7ea-25a4-46b1-9295-75fe35d4aca1
Urteilskopf 113 II 77 15. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 27 janvier 1987 dans la cause Zafira S.A. et Zafira Centrale S.A. contre N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken A.G. et consorts (recours en réforme)
Regeste Schutz eines gewerblichen Modells. Unlauterer Wettbewerb. 1. Art. 2 und 3 MMG . Kann das Modell eines Abtastkopfes für Plattenspieler gesetzlichen Schutz geniessen? (E. 3c). 2. Art. 24 Ziff. 1 MMG . Widerrechtliche Nachahmung eines Modells im vorliegenden Fall verneint (E. 3d). 3. Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG . Eine Nachahmung, die vor Modellrecht standhält, weil sie nicht widerrechtlich ist oder weil sie einen Gegenstand betrifft, dessen Formgebung nicht schutzfähig ist - vorliegend Ersatznadeln für Plattenspieler -, verletzt grundsätzlich auch nicht das UWG (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 78 BGE 113 II 77 S. 78 A.- La société N.V. Philips'Gloeilampenfabrieken, à Eindhoven, (ci-après: Philips), a déposé, le 28 mars 1973, le modèle international qui a servi d'exemple pour le façonnement des têtes de lecture pour tourne-disques GP 214 (aiguille en saphir) et GP 215 (aiguille en diamant), lancées sur le marché suisse en 1976. En 1977, les cellules de la série Mark-II (GP 400 II, 401 II, 412 II et 422 II), qui sont des aiguilles de remplacement emboîtables que l'on peut fixer sur les têtes de lecture, furent également distribuées sur le marché suisse. Zafira S.A. et Zafira Centrale S.A., à Fribourg, sont titulaires de la marque Zafira et s'occupent de la distribution de têtes de lecture et d'aiguilles de rechange, d'origine ou de remplacement. En 1977, elles lancèrent sur le marché suisse les têtes de lecture Zafira 6383 et 6384, ainsi que les aiguilles de rechange emboîtables Zafira 6385, 6386, 6387 et 6389. B.- Par demande en justice déposée le 5 janvier 1982 devant la Cour civile du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg, Philips et ses deux consorts - la société distributrice Philips Zürich A.G. et la société Philips Export BV à laquelle les droits à la marque "Philips" ont été transférés - ont ouvert action contre Zafira S.A. et Zafira Centrale S.A. Les demanderesses ont conclu à ce qu'interdiction soit faite aux défenderesses de produire, d'offrir, de mettre en vente, d'introduire dans le commerce ou d'utiliser d'une quelconque manière les têtes de lecture de rechange GP 214 et GP 215, ainsi que les aiguilles de remplacement emboîtables GP 400 II, 401 II, 412 II et 422 II. Elles ont aussi conclu à ce qu'interdiction soit faite aux défenderesses de munir l'emballage des têtes de lecture et des aiguilles litigieuses de 10 textes qu'elles ont reproduits dans la conclusion topique. Elles ont encore pris une conclusion III en paiement de 110'000 francs plus intérêts. Elles ont conclu ensuite à ce que les défenderesses soient astreintes à indiquer au tribunal la provenance des têtes de lecture 6383 et 6384 ainsi que BGE 113 II 77 S. 79 des aiguilles 6385, 6386, 6387 et 6389 actuellement en leur possession. Enfin, elles ont conclu à ce que la publication du dispositif du jugement dans 8 journaux et revues expressément désignés par elles soit ordonnée aux frais des défenderesses. Le Tribunal cantonal a admis une requête de Philips tendant à ce que les débats fussent restreints à toutes les conclusions autres que celle en paiement de 110'000 francs. Par arrêt du 27 décembre 1985, il a alloué aux demanderesses l'intégralité de leurs conclusions. C.- Les défenderesses interjettent un recours en réforme au Tribunal fédéral en concluant au rejet des conclusions des demanderesses. Les demanderesses et intimées proposent le rejet du recours, dans la mesure où il est recevable. Admettant partiellement le recours, le Tribunal fédéral réforme l'arrêt attaqué et rejette toutes les conclusions des demanderesses, excepté celle concernant les textes figurant sur l'emballage des aiguilles de remplacement. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) A titre préliminaire, la cour cantonale relève pertinemment qu'en vertu de l'art. 23bis de la loi fédérale sur les dessins et modèles industriels (LDMI; RS 232.12), le dépôt international du modèle de tête de lecture équivaut à un dépôt fait en Suisse; elle observe en outre avec raison que la Convention d'Union de Paris pour la protection de la propriété industrielle (RS 0.232.04) et l'Arrangement de La Haye concernant le dépôt international des dessins ou modèles industriels (RS 0.232.121.1) ne confèrent pas une protection plus étendue que celle qui découle de la LDMI et qu'ils ne font pas dépendre cette protection de conditions différentes ( ATF 104 II 325 /326 consid. 2). Les parties ne critiquent d'ailleurs pas ce point de vue. Elles ne s'en prennent pas non plus aux considérants de la cour cantonale qui ont conduit celle-ci à comparer, sous l'angle de la LDMI, les têtes de lecture Zafira 6383 et 6384 au modèle déposé par Philips et non pas aux produits GP 214 et 215 effectivement fabriqués. b) La cour cantonale, statuant sur une exception de nullité du dépôt soulevée par les défenderesses, a tout d'abord examiné si le modèle déposé pouvait bénéficier de la protection accordée par la loi (cf. art. 2, 3 et 12 ch. 4 LDMI ). Analysant les caractéristiques BGE 113 II 77 S. 80 de ce modèle et les constatations détaillées faites par l'expert judiciaire, elle a écarté l'exception de nullité en considérant, en substance, que la forme de la tête de lecture n'était pas conditionnée par la technique et que différents éléments conféraient au modèle déposé une qualité esthétique incontestable. Puis, après avoir comparé les têtes de lecture Zafira nos 6383 et 6384 avec le modèle déposé, elle a conclu à l'existence d'une imitation illicite, au sens de l' art. 24 ch. 1 LDMI , et prononcé, en conséquence, l'interdiction de la mise en vente des têtes de lecture litigieuses par les défenderesses. A l'appui de leur recours, celles-ci maintiennent que le modèle déposé est nul, faute de nouveauté matérielle. Elles reprochent, d'autre part, aux premiers juges d'avoir violé l' art. 24 ch. 1 LDMI et soutiennent à ce propos qu'elles n'ont pas imité servilement les seuls éléments du modèle susceptibles d'être protégés par la LDMI, soit l'organe de préhension et le dispositif de protection de l'aiguille. c) Constitue un modèle, au sens de la LDMI, toute forme plastique, combinée ou non avec des couleurs, devant servir de type pour la protection industrielle d'un objet (art. 2). Cependant, en vertu de l' art. 3 LDMI , la protection accordée par la loi ne s'applique pas aux procédés de fabrication, à l'utilisation ou à l'effet technique de l'objet fabriqué sur le type du modèle protégé. Chacun peut donc fabriquer son produit de la façon qui soit la plus simple et la plus économique, et lui donner la forme la plus utile du point de vue technique, même s'il doit de la sorte être semblable au produit d'autrui. Il faut donc éliminer les formes qui sont conditionnées par la technique avant d'examiner si les éléments restants justifient la protection accordée au modèle par la loi. L'objet ne doit pas nécessairement être le résultat d'une activité créatrice. Il suffit qu'il présente une certaine originalité et révèle ainsi un minimum d'esprit inventif. Enfin, la forme, pour pouvoir être protégée, doit avoir été donnée à l'objet pour des motifs esthétiques ( ATF 104 II 328 /329, 95 II 472/473). Sur la base de ces critères et contrairement à l'opinion de la cour cantonale, on doit d'emblée dénier toute protection fondée sur la LDMI à la forme générale du boîtier du modèle de tête de lecture déposé par Philips, ainsi qu'au support équipé de quatre contacts électriques en fils dorés placés en arc de cercle. Il s'agit là d'éléments entièrement conditionnés par la technique, c'est-à-dire, d'une part, par la nécessité d'insérer la tête de lecture dans le bras BGE 113 II 77 S. 81 du tourne-disque auquel elle est destinée et, d'autre part, par la nécessité de permettre la connexion électrique. Il importe peu que, comme l'a relevé l'expert, ces éléments fonctionnels puissent être réalisés au moyen de formes différentes. Tout d'abord, chacun est en droit de résoudre, quant à la forme adoptée, les problèmes techniques de la même manière que le déposant du modèle. Nul ne peut en effet monopoliser par un dépôt de modèle une forme conditionnée par la technique ( ATF 92 II 205 ). En outre - et c'est là un point capital -, les formes des éléments précités apparaissent totalement étrangères à des motifs ou considérations esthétiques. On a affaire ici à des éléments qui, par leur destination technique, doivent rester entièrement cachés à la vue, enfermés qu'ils sont dans le bras du tourne-disque, auquel la tête de lecture s'adapte. L'acheteur ne peut être qu'indifférent à la forme de tels éléments. Ne présentent pas davantage d'intérêt esthétique les trous rectangulaires figurant sur la partie supérieure du boîtier et le vide de la partie inférieure arrière de celui-ci. Ce sont là des détails minuscules, absolument insignifiants, et également destinés à être entièrement cachés à la vue en cas d'emploi de la tête de remplacement. Ne peut pas non plus être considérée comme digne de protection la plaquette de 10x6 mm figurant sur la partie frontale de la tête de lecture. Cette plaquette, qui a apparemment pour fonction de servir de butoir d'arrêt lorsqu'on insère la tête de lecture dans le bras, est d'une forme tout à fait banale et élémentaire, qui ne saurait être monopolisée par un dépôt de modèle. Il faut encore exclure de la protection accordée par la LDMI ce que la cour cantonale appelle "la conception raffinée" du système de protection de l'aiguille de la tête de lecture litigieuse. La conception de ce système, son éventuelle ingéniosité ou ses avantages pratiques supposés n'ont aucun rapport avec les préoccupations esthétiques qui fondent la protection légale. Seule peut ressortir à l'esthétique la forme du dispositif de protection, telle qu'elle apparaît sur les photographies du modèle déposé, soit une plaque rectangulaire dépassant de la tête de lecture. Cette forme revêt cependant un caractère si simple et rudimentaire que l'on peut hésiter à la juger digne de protection. La question peut cependant rester ouverte, car elle n'a pas d'incidence sur le sort du litige, comme on le verra plus loin. En revanche, les saillies de préhension latérales de la tête de lecture peuvent jouir de la protection légale. Elles ont certes le rôle BGE 113 II 77 S. 82 fonctionnel et technique de permettre de saisir aisément la tête de lecture pour l'insérer dans le bras du tourne-disque ou pour la retirer de celui-ci, mais leur forme et leur disposition, ne serait-ce que parce que c'est un élément qui reste visible après l'insertion et qui doit s'harmoniser avec l'aspect général du bras, répondent manifestement à des motifs esthétiques. L'existence de cet élément empêche donc que soit accueillie, en tout cas en ce qui le concerne, l'exception de nullité du modèle déposé. d) Quant à savoir si - comme le soutiennent les défenderesses - la petitesse des objets litigieux, qui n'ont pas en eux-mêmes une fonction ornementale, ne constitue pas un facteur justifiant le refus de la protection légale, c'est là une question qu'il n'y a pas lieu d'examiner dans le cas particulier. En effet, à supposer que l'on accorde la protection de la LDMI aux saillies de préhension de la tête de lecture, voire à la partie apparente du dispositif de protection de l'aiguille, il n'y a de toute façon pas matière à retenir en l'espèce une violation des droits des demanderesses sur le modèle déposé. Une telle violation suppose une imitation illicite du modèle. Selon l' art. 24 ch. 1 LDMI , il y a imitation illicite lorsque le produit véritable ne peut être distingué du produit contrefait qu'après un examen attentif. Or, si l'on compare les éléments des têtes de lecture Zafira nos 6383 et 6384 avec les éléments éventuellement protégés et protégeables du modèle déposé, les différences apparaissent d'emblée. Les saillies de préhension, telles qu'elles figurent sur le modèle déposé, sont au nombre de six et présentent une certaine finesse grâce à leur minceur; en revanche, il n'y a que trois saillies de préhension par côté sur les têtes de lecture des défenderesses et leur forme est différente et plus épaisse. La différence apparaît aussi bien si l'on examine la tête de côté (examen portant sur la partie restant visible lorsque la tête est insérée dans le bras de lecture), que si on l'observe - non insérée - de dessus ou de dessous. Quant à la partie du dispositif de protection de l'aiguille visible sur le modèle, elle se distingue sensiblement de celle des têtes Zafira: vue de côté ou de face (soit lorsque la tête est insérée dans le bras de lecture), la partie avant du dispositif de protection de la tête de lecture Zafira apparaît nettement cylindrique, alors qu'elle est plate et rectangulaire sur le modèle déposé; elle dépasse en outre moins que sur le modèle. Vu de dessous, le dispositif de protection de la tête Zafira est plus aéré et moins long que celui du modèle. BGE 113 II 77 S. 83 La constatation nette et aisée des différences précitées permet de dénier tout caractère illicite à l'imitation reprochée aux défenderesses. Ne peuvent pas être considérées comme déterminantes à cet égard les similitudes relevées et retenues par la cour cantonale, car elles portent sur les éléments non protégeables du modèle. 4. a) Pour admettre les conclusions des demanderesses tendant à interdire la commercialisation des têtes de lecture litigieuses par les défenderesses, la cour cantonale ne s'est pas fondée uniquement sur la LDMI. Elle a aussi appliqué, parallèlement, la loi fédérale sur la concurrence déloyale (LCD; RS 241) et considéré, en substance, que les défenderesses tombaient sous le coup de l'art. 1er al. 2 lettre d de cette loi, qui assimile à une violation des règles de la bonne foi le fait de prendre des mesures destinées ou de nature à faire naître une confusion avec les marchandises, les oeuvres, l'activité ou l'entreprise d'autrui. Les défenderesses soutiennent, à l'encontre de cette argumentation, qu'il n'est pas possible de considérer comme illicite au sens de la LCD ce qui est permis par la loi spéciale qu'est la LDMI. Elles font en outre valoir l'absence de tout risque de confusion en l'espèce, du fait, notamment, de leur système de vente. b) Pour conclure à l'existence d'un risque de confusion au sens de l'art. 1er al. 2 lettre d LCD, la cour cantonale a comparé les têtes de lecture litigieuses entre elles, et non plus les têtes de lecture Zafira avec le modèle déposé. Outre les couleurs blanche ou orange du dispositif de protection de l'aiguille, qui sont étrangères au modèle déposé, la seule différence existant entre les têtes de lecture Philips et ce modèle tient à la forme de l'avant du dispositif de protection de l'aiguille, qui est pentagonal sur la tête de lecture et rectangulaire sur le modèle. Mais cet élément ne change rien aux différences constatées plus haut lors de la comparaison des têtes de lecture litigieuses, s'agissant en particulier de l'avant des dispositifs de protection de l'aiguille, puisque celui des têtes de lecture Zafira, cylindrique, diffère aussi bien du rectangle plat du modèle que du pentagone plat de la tête commercialisée. On a déjà observé qu'à côté des similitudes portant sur des éléments non protégés par la LDMI, il existe entre les têtes de lecture Philips et Zafira des différences nettes. Cette constatation permet d'exclure en l'espèce un risque de confusion fondé sur la forme et l'aspect des produits. S'il n'y a pas imitation au sens de la LDMI parce que les éléments esthétiques des produits diffèrent, BGE 113 II 77 S. 84 il ne peut y avoir de confusion, au sens de la LCD, due à la forme et à l'aspect des produits. Certes, il est possible que des facteurs supplémentaires, comme l'emballage, un camouflage des différences ou un système de vente trompeur, soient une source de confusion tombant sous le coup de la LCD. Il n'y a cependant pas lieu en l'espèce d'examiner si de tels facteurs devraient être pris en considération, car les demanderesses n'ont pas pris de conclusions en constatation d'actes de concurrence déloyale fondés sur la confusion engendrée par des facteurs de ce genre, mais uniquement des conclusions tendant à ce que soient interdites la production et la commercialisation du produit lui-même, minutieusement décrit. Or, comme les têtes de lecture des défenderesses ne créent pas à elles seules un risque de confusion, une interdiction de les produire et de les commercialiser ne peut pas davantage être prononcée sur la base de la LCD qu'en application de la LDMI. Ces considérations conduisent donc au rejet des conclusions 1a et b des demanderesses, que le dispositif de l'arrêt attaqué a reprises également sous ch. 1a et b. 5. a) La cour cantonale a ensuite examiné les conclusions des demanderesses, visant à interdire la commercialisation par les défenderesses des aiguilles de rechange du type GP 400 II, 401 II, 412 II et 422 II, au regard des seules dispositions de la LCD, car les aiguilles de rechange Philips n'ont pas fait l'objet d'un dépôt de modèle. Elle a jugé le risque de confusion encore plus net pour ces produits que pour les têtes de lecture. Les défenderesses contestent que les aiguilles de rechange litigieuses tombent sous le coup de la LCD. A cet égard, elles relèvent l'absence de toute force distinctive de ces objets, du fait de leur simplicité banale, de leur taille minuscule et de la multiplicité des produits analogues. b) Selon la jurisprudence, que la cour cantonale a d'ailleurs rappelée, lorsque la forme d'une marchandise n'est pas protégée par une règle du droit de la propriété industrielle, elle peut en principe être librement utilisée. Rien n'interdit d'imiter même servilement la marchandise d'autrui, si la forme n'est pas l'objet d'un droit exclusif. Il n'en va autrement que si la forme d'une marchandise sert à la distinguer et que la contrefaçon crée un risque de confusion, parce qu'elle est de nature à tromper l'acheteur sur la qualité ou la provenance du produit ( ATF 105 II 301 consid. 4a et les arrêts cités). BGE 113 II 77 S. 85 La cour cantonale oublie cependant de mentionner la jurisprudence selon laquelle la forme d'une marchandise peut aussi être imitée pour des motifs esthétiques lorsqu'elle n'est pas ou plus au bénéfice de la protection accordée par la LDMI. Dans ce cas, l'aspect esthétique n'est en effet pas le monopole de son créateur spirituel; partant, chacun a le droit de donner à son produit la forme qui lui convient le mieux et qui le rend plus attractif. Il n'en va autrement que si l'aspect extérieur de la marchandise imitée est destiné ou de nature à permettre de distinguer cette marchandise de produits semblables ou de même nature, d'origine différente ( ATF 108 II 74 ; ATF 104 II 332 ; cf. aussi DAVID, Die Gerichtspraxis zur sklavischen Nachahmung von Warenformen, in Revue Suisse de la Propriété industrielle et du Droit d'Auteur, 1983, fasc. 2, p. 9 ss). Aussi importe-t-il peu, en l'espèce, que l'aspect extérieur des aiguilles Philips ait été dicté par des raisons esthétiques et par le souci de distinguer ces objets du produit d'autrui. Ce qui est décisif, ce n'est pas la motivation subjective du créateur du produit, mais l'impression que donne le produit à l'acheteur quant à sa provenance. Il faut en effet rechercher si l'imitation peut induire l'acheteur en erreur au sujet de l'origine ou de la qualité de la marchandise. Tel est le cas si la forme ou le conditionnement imités désignent la provenance ou la qualité, parce que les acheteurs se sont habitués à lier l'aspect de la marchandise à une origine ou à une qualité déterminées ( ATF 92 II 207 /208 consid. 7a). Le seul examen des aiguilles des demanderesses révèle l'absence de toute force distinctive. L'impression que ces objets donnent au regard est relativement simple: un boîtier, un dispositif transparent de protection de l'aiguille et un tube métallique dans lequel est fixée l'aiguille. Vu la petitesse du produit, les détails esthétiques minutieusement décrits dans l'arrêt attaqué passent inaperçus. Il ne paraît pas possible, étant donné la multitude de formes d'aiguilles existant dans le commerce, que les aiguilles litigieuses apparaissent à ce point caractéristiques qu'un acheteur, même averti, les identifie comme des produits Philips en se fondant uniquement sur leur aspect. L'arrêt cantonal ne contient du reste aucune constatation à ce sujet. L'expérience générale de la vie enseigne en outre que l'acheteur d'une aiguille de rechange ne se préoccupe pas de la forme de la pièce, généralement peu ou mal visible une fois posée; ce qui lui BGE 113 II 77 S. 86 importe, c'est que cette aiguille s'adapte au bras de lecture du tourne-disque et fonctionne. Et si l'acheteur se soucie de la provenance d'une aiguille dont il a apprécié la qualité ou qui lui inspire confiance, ce n'est pas à sa forme qu'il se fiera ou se référera, mais à sa marque. Les aiguilles litigieuses Zafira, qui ne portent pas de marque sur leur dispositif de protection, ne sont donc pas, comme telles, de nature à tromper l'acheteur sur leur qualité ou leur provenance. Il ne peut dès lors pas être donné suite aux conclusions topiques des demanderesses, puisque le produit lui-même, seul visé par lesdites conclusions, ne prête pas à confusion au sens de la LCD.
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Urteilskopf 84 II 350 47. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 27 mars 1958 dans la cause hoirs Meyer contre Masse en faillite Pérolles SA, société immobilière "C".
Regeste Anleihenstitel mit Grundpfandrecht. Art. 875 Z. 1 ZGB. Die grundpfändliche Sicherheit besteht nur für die Obligationen, für die sie errichtet wurde, nicht für neue, später ohne Zustimmung der ursprünglichen Obligationäre herausgegebene Titel.
Sachverhalt ab Seite 350 BGE 84 II 350 S. 350 Résumé des faits: Lors de son assemblée générale du 22 août 1932, la société Pérolles SA, société immobilière "C" (ci-après: S.I. Pérolles SA) a décidé de contracter un emprunt hypothécaire de 75 000 fr., savoir 75 obligations au porteur de 1000 fr. A cette époque, elle était engagée par la signature collective à deux de ses administrateurs. Le 20 janvier 1934, le notaire Paul Blanc, à Fribourg, instrumenta l'acte d'émission. La société était représentée à cette opération par Guillaume de Weck et Joseph Pizzera. L'hypothèque fut constituée sur ses immeubles en deuxième rang après une obligation hypothécaire de 380 000 fr. L'intérêt, fixé à 5 1/2%, était payable semestriellement le 30 juin et le 31 décembre. Le remboursement était prévu, sans avis préalable, pour le 1er janvier 1939 au plus tard. L'agence immobilière Perrin & Weck, à Fribourg, société en nom collectif formée de Raphaël Perrin et Guillaume de Weck, était désignée comme représentant de la débitrice et des créanciers. BGE 84 II 350 S. 351 L'acte d'émission disposait en particulier ce qui suit: "1. - ..... Elles (les obligations fonciêres) sont signées au nom de la société par ses représentants au présent contrat. ..... Erwägungen 8. L'Agence immobilière Perrin et Weck, à Fribourg, est désignée comme représentant de la débitrice et des créanciers. En cette qualité, et sous réserve de ce qui est dit ci-après, elle reçoit et accepte tous pouvoirs: a) de percevoir le capital et les intérêts et de les distribuer aux obligataires. b) de consentir ou refuser toutes constitutions, modifications ou radiations de servitudes et charges foncières concernant tout ou partie des immeubles hypothéqués. c) en cas d'aliénation partielle des immeubles donnés en gage, de consentir toutes libérations partielles d'hypothèques aux conditions qu'elle trouvera convenables, de même qu'au dégrèvement prévu à l'article 811 du Code civil suisse, aux conditions qui y sont spécifiées. d) de prendre enfin toutes mesures conservatoires, d'exercer toutes poursuites contre la débitrice, au besoin de se rendre adjudicataire, au nom des obligataires, des immeubles donnés en gage, de les gérer et de les vendre au mieux des intérêts des créanciers. ..... 13. Le représentant des créanciers convoquera ceux-ci toutes les fois que les circonstances l'exigeront et en tout cas à la demande d'obligataires représentant le dixième du capital émis. La convocation sera faite dix jours à l'avance dans les organes de publicité. 14. Chaque obligation donne droit à une voix. Les obligataires prennent leurs décisions à la majorité absolue des obligataires présents ou représentés." A l'assemblée générale du 11 mai 1934, Weck fut nommé administrateur unique de la société avec signature individuelle. Cette modification fut inscrite au registre du commerce le 6 juin 1934 et publiée dans la Feuille officielle suisse du commerce du 9 juin 1934. L'emprunt hypothécaire de 75 000 fr. ne fut pas remboursé à l'échéance du 1er janvier 1939. En automne 1950, le docteur Georges Meyer, médecin à Bienne, était porteur de 50 obligations, émises par la société comme obligations foncières faisant partie de l'emprunt de 75 000 fr. à 5 1/2% de 1934. Les titres qu'il détenait indiquaient comme imprimeur V. Nawratil, à Fribourg; ils portaient la date du 11 mai 1934 et la signature de Guillaume de Weck après les mots: "L'administrateur BGE 84 II 350 S. 352 unique". Meyer vendit 14 de ces obligations (nos 25 à 38) en novembre 1950. Au cours de l'automne 1951, l'Union de banques suisses (ci-après: UBS), siège de Lausanne, est entrée en possession de 75 titres au porteur constituant, selon leur teneur, les 75 obligations de l'emprunt hypothécaire émis le 20 janvier 1934. Ces titres avaient été imprimés par l'Imprimerie Delaspre, Paul Claraz & Cie successeurs, à Fribourg, en vertu d'une commande du 17 février 1934. Ils portaient la date du 20 janvier 1934 et deux signatures, savoir celles de Weck comme président et de Pizzera comme secrétaire. Le 31 décembre 1952, Weck est décédé subitement. La faillite de la succession répudiée a été ouverte le 25 mars 1953. La S.I. Pérolles SA, qui avait obtenu un sursis concordataire, a été déclarée en faillite le 27 juin 1953. L'UBS est. intervenue dans la faillite de la société pour sa créance hypothécaire de 75 000 fr. Elle a été colloquée sous no 12 de l'état des charges parmi les titulaires de droits de gage immobilier. De son côté, le docteur Meyer a produit dans la faillite de la société les créances suivantes: 37 980 fr. représentant la valeur des 36 obligations hypothécaires qu'il détenait ainsi que deux échéances des intérêts semestriels, 50 000 fr. à titre de dommages-intérêts en raison de l'émission par la société d'un second jeu d'obligations foncières, 10 fr. 10 pour les frais de poursuite. L'administration de la masse a colloqué Meyer pour le montant de 37 980 fr., mais en cinquième classe, estimant que les obligations du 11 mai 1934 n'étaient pas garanties par l'hypothèque de 75 000 fr. et que seuls les titres de la première émission du 20 janvier 1934, faisant l'objet de la production de l'UBS, bénéficiaient de ce gage. Elle a d'autre part écarté la production de 50 000 fr. Meyer a introduit action contre la masse à l'effet de faire reconnaître son droit de propriété sur les 36 obligations BGE 84 II 350 S. 353 foncières qu'il détenait et d'obtenir la collocation à l'état des charges, en deuxième rang, de sa créance incorporée dans ces titres. Le docteur Meyer étant décédé en cours d'instance, ses héritiers ont pris sa place au procès. Par jugement du 7 avril 1956, le président du Tribunal civil de la Sarine a rejeté la demande. B.- La Cour d'appel du Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg, par arrêt du 3 juin 1957, a confirmé le jugement rendu en première instance. C.- Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en réforme des hoirs Meyer. Extrait des motifs: Selon les constatations de la Cour d'appel, qui lient le Tribunal fédéral, les 75 obligations hypothécaires au porteur de 1000 fr. détenues par l'UBS constituent "intégralement l'émission pour laquelle l'acte authentique du 20 janvier 1934 a été dressé"; elles ont été imprimées par l'imprimeur Claraz, selon la commande qui lui avait été passée le 17 février 1934. Quant aux titres achetés par le docteur Meyer, la juridiction cantonale admet en fait qu'ils ont été imprimés par l'imprimeur Nawratil, postérieurement à la nomination de Weck comme administrateur unique, décidée par l'assemblée générale du 11 mai 1934. Les recourants reconnaissent l'exactitude de ces faits. Ils prétendent cependant que la créance dérivant des titres dont ils sont porteurs bénéficie de l'hypothèque en deuxième rang constituée en garantie de l'emprunt contracté par la S.I. Pérolles SA A leur avis, comme il y a plus de 75 obligations engageant valablement la débitrice, qu'il en existe 75 en main de l'UBS et 36 se trouvant en leur possession, elles doivent toutes être tenues pour garanties par l'hypothèque dont elles font mention, et l'administration de la faillite ne pouvait pas décider que seuls les titres détenus par la banque étaient au bénéfice du gage; celui-ci profite aussi bien à eux-mêmes qu'à BGE 84 II 350 S. 354 l'UBS et, puisqu'il n'y a qu'une case de 75 000 fr. pour des créances s'élevant à 110 000 fr. au total, le produit de la réalisation de l'immeuble qui est affecté à cette case doit être réparti entre elles, dans la mesure où elles demeureraient définitivement colloquées. Cette opinion est toutefois erronée. L'emprunt qui a fait l'objet de l'acte notarié du 20 janvier 1934 comprenait uniquement 75 obligations de 1000 fr. chacune et l'hypothèque destinée à le garantir a été inscrite au registre foncier le 10 février 1934. Bien qu'une dette soit née à la charge de la S.I. Pérolles SA à la suite de la création par Weck, après sa nomination comme administrateur unique décidée le 11 mai 1934, de 75 nouveaux titres, ceux-ci ne sauraient bénéficier de l'hypothèque constituée en garantie des 75 obligations émises régulièrement le 20 janvier 1934. Comme le relève avec raison la Cour cantonale, pour que des créanciers ultérieurs eussent pu bénéficier de l'hypothèque inscrite au registre foncier le 10 février 1934, il aurait fallu en particulier une décision des titulaires des 75 obligations du 20 janvier 1934 prise à la majorité des créanciers présents ou représentés (art. 14 des conditions d'emprunt). Le représentant des créanciers et de la débitrice n'avait pas le pouvoir de prendre une telle décisìon, car il ne possédait que les attributions indiquées à l'art. 8 des conditions d'emprunt. En l'absence de consentement donné par les créanciers des titres faisant l'objet de l'acte du 20 janvier 1934, les obligations créées après coup ne sont pas garanties par l'hypothèque grevant en deuxième rang l'immeuble de la débitrice. Seuls des droits de créance sont incorporés dans les obligations détenues par les recourants. Comme ces titres ne bénéficient pas de la foi publique, le docteur Meyer ne pouvait se reposer sur le fait qu'ils mentionnent l'existence d'une hypothèque destinée à les garantir; il lui incombait de s'assurer que les obligations qui lui étaient vendues étaient vraiment au bénéfice d'un gage immobilier, en s'enquérant auprès des organes du registre foncier et du BGE 84 II 350 S. 355 registre du commerce et en demandant, au besoin, des renseignements au notaire qui avait instrumenté l'acte d'émission.
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Urteilskopf 124 III 176 31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. März 1998 i.S. A. gegen B. (Berufung)
Regeste Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils; örtliche Zuständigkeit ( Art. 64 Abs. 1 IPRG , Art. 59 IPRG und Art. 85 Abs. 1 und 2 IPRG ; Art. 1 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen). Hat ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz, so ist der Richter des Aufenthaltsortes zur Ergänzung des ausländischen Scheidungsurteils in bezug auf den persönlichen Verkehr zwischen Eltern und Minderjährigem zuständig. Dies ist selbst dann der Fall, wenn das Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA) für den Heimatstaat des Minderjährigen nicht gilt. Die internationale und örtliche Zuständigkeit zur Ergänzung eines ausländischen Urteils in bezug auf den Kinderunterhalt richtet sich ausschliesslich nach Art. 64 Abs. 1 bzw. Art. 59 IPRG (E. 2-6).
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 124 III 176 S. 177 A.- Die Parteien wurden 1994 in der Dominikanischen Republik geschieden; die Obhut über die Tochter C. wurde A. anvertraut, über ein Besuchsrecht des B. jedoch nicht entschieden; immerhin hielt das Scheidungsurteil fest, dass B. einen Unterhaltsbeitrag für Arznei und Ausbildung der Tochter leisten werde. Nachdem A. beim Bezirksgericht X. zunächst auf Scheidung geklagt, die Scheidungsklage dann aber in eine solche auf Ergänzung des Scheidungsurteils geändert hatte, hielt sie schliesslich lediglich noch die Begehren aufrecht, B. sei ein Besuchsrecht für die Tochter zu verweigern; überdies sei er zu angemessenen Unterhaltsbeiträgen an die Tochter zu verpflichten. B.- Während das Bezirksgericht X. die von B. erhobene Einrede der Unzuständigkeit abwies, hiess das Obergericht des Kantons Zürich den von B. eingelegten Rekurs am 13. November 1996 gut und wies die Sache an die Vorinstanz zurück, damit sie einen Nichteintretensbeschluss fasse. C.- A. hat Berufung eingelegt mit dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses festzustellen, dass das Bezirksgericht X. zur Beurteilung der Klage örtlich zuständig sei. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht erwog bezüglich des Besuchsrechts, das Scheidungsurteil sei aus schweizerischer Sicht ergänzungsbedürftig; insoweit liege eine Ergänzungsklage vor; auch sei ein internationales Verhältnis im Sinne von Art. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) zu bejahen, doch lasse sich die Frage der innerstaatlichen Zuständigkeit aus dem IPRG nicht beantworten; nach BGE 113 II 102 , der zwar noch vor dem BGE 124 III 176 S. 178 Inkrafttreten des IPRG gefällt worden sei, aber nach wie vor Geltung beanspruchen könne, wenn das IPRG die innerstaatliche Zuständigkeit nicht regle, sei am Wohnsitz des Beklagten zu klagen und das Bezirksgericht X. somit in bezug auf das Besuchsrecht nicht zuständig. Das den Unterhalt betreffende Begehren betrachtete das Obergericht als Abänderungsklage, für welche kein internationaler Sachverhalt vorliege, zumal dem ausländischen Scheidungsurteil in diesem Zusammenhang keine besondere Bedeutung zukomme; nachdem die Klägerin, nicht das Kind klage, handle es sich um eine Klage gemäss Art. 157 ZGB , für welche der Richter am Wohnsitz des Beklagten zuständig sei; auch in dieser Hinsicht müsse daher die Zuständigkeit des Bezirksgerichts X. verneint werden. 3. In bezug auf die Unterhaltspflicht hält das ausländische Scheidungsurteil lediglich fest, dass der Beklagte einen Unterhaltsbeitrag für Arznei und Ausbildung der Tochter entrichten werde; aus schweizerischer Sicht ist es insoweit ergänzungsbedürftig, wird doch die Unterhaltsverpflichtung weder der Höhe noch der Dauer nach festgesetzt. Die Klägerin hat somit ihre Klage, die auf betragsmässige Festsetzung des Unterhaltsbeitrages abzielt, zu Recht stets und ausschliesslich als Ergänzungsklage bezeichnet und angebracht. Wie es sich dabei angesichts der offenkundigen Unvollständigkeit des ausländischen Scheidungsurteils um eine Abänderungsklage handeln könnte, ist nicht einzusehen; das Obergericht stellt nicht fest, dass die Klägerin damit mehr oder anderes, als ihr zuerkannt worden ist, also über die blosse Lückenfüllung Hinausgehendes verlange. Auch wenn es hier um die Ergänzung des ausländischen Scheidungsurteils geht, ist das für die Anwendbarkeit des IPRG Voraussetzung bildende internationale Verhältnis ohne weiteres gegeben (VOLKEN, in: IPRG Kommentar, Zürich 1993, N. 10 und 18 zu Art. 1; BERTI, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Internationales Privatrecht, Basel 1996, N. 5 und 11 der Vorbemerkungen zu Art. 2 IPRG ). Das ergibt sich für den Fall der Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils unmittelbar durch die Konkretisierung in Art. 64 IPRG , der als Zuständigkeitsvorschrift neben inländischen auch ausländische Scheidungs- oder Trennungsurteile umfasst (VOLKEN, a.a.O., N. 8 zu Art. 64 IPRG ; SIEHR, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Internationales Privatrecht, N. 1 zu Art. 64 IPRG ). 4. Gemäss Art. 64 Abs. 1 IPRG sind die schweizerischen Gerichte für Klagen auf Ergänzung oder Abänderung von Entscheidungen über die Scheidung oder die Trennung zuständig, wenn sie BGE 124 III 176 S. 179 diese selber ausgesprochen haben oder wenn sie nach Art. 59 oder 60 zuständig sind; vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Art. 85 IPRG über den Minderjährigenschutz. Art. 60 IPRG regelt die hier nicht in Frage stehende Heimatzuständigkeit. Nach Art. 59 IPRG sind für Klagen auf Scheidung oder Trennung die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten (lit. a) oder jene am Wohnsitz des Klägers zuständig, wenn dieser sich seit einem Jahr in der Schweiz aufhält oder Schweizer Bürger ist (lit. b). Die im allgemeinen Teil und in den einzelnen Sachkapiteln enthaltenen Gerichtsstandsbestimmungen des IPRG regeln die schweizerische Zuständigkeit für international gelagerte Sachverhalte international und örtlich abschliessend ( BGE 116 II 622 E. 5b S. 624 mit Hinweisen; VOLKEN, a.a.O., N. 6 Vor Art. 2-12 IPRG ; BERTI, a.a.O., N. 27 Vorbemerkungen zu Art. 2 IPRG ). Die Annahme des Obergerichts, es fehle an einer innerstaatlichen Regelung des Gerichtsstands im IPRG, entbehrt daher jeglicher Grundlage. Gemäss Art. 85 Abs. 1 IPRG gilt für den Schutz von Minderjährigen namentlich in bezug auf die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA; SR 0.211.231.01). Unter die vom Abkommen beherrschten Schutzmassnahmen fällt unter anderem die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und Kindern, also das Besuchsrecht ( BGE 123 III 411 E. 2a/bb S. 413; VOLKEN, a.a.O., N. 4 zu Art. 63; SIEHR, a.a.O., N. 18 zu Art. 63; SCHWANDER, in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Internationales Privatrecht, N. 24 zu Art. 85; KROPHOLLER, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Aufl. Berlin 1994, N. 51 der Vorbemerkungen zu Art. 19 EGBGB; BÖHMER, Das gesamte Familienrecht, Das internationale Recht, Band 2, 7.5, N. 45 zu Art. 1 MSA ); vom Anwendungsbereich ausgeschlossen ist dagegen die Zuerkennung von Unterhaltsbeiträgen (SIEHR, a.a.O., N. 12 zu Art. 85; SCHWANDER, a.a.O., N. 24 zu Art. 85; KROPHOLLER, a.a.O., N. 107 der Vorbemerkungen zu Art. 19 EGBGB; BÖHMER, a.a.O., N. 79 zu Art. 1 MSA ), für welche das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht (SR 0.211.221.431) nur Regeln über das anzuwendende Recht aufstellt. Die Schweiz hat von der Möglichkeit des Vorbehalts gemäss Art. 13 Abs. 3 MSA , die Anwendbarkeit des Übereinkommens auf einen dem Vertragsstaat angehörigen Minderjährigen zu beschränken, BGE 124 III 176 S. 180 keinen Gebrauch gemacht; in Art. 85 Abs. 2 IPRG wird somit über den Grundsatz von Abs. 1 hinaus das Übereinkommen auch bei Fehlen der persönlichen und räumlichen Voraussetzungen des MSA als sinngemäss anwendbar erklärt. Es ist daher ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Betroffenen und unabhängig davon, ob dessen Heimatstaat Vertragspartei ist oder nicht, als nahezu erga omnes wirkende loi uniforme unmittelbar und ausschliesslich anzuwenden (BBl 1983 I S. 379/252; SCHNYDER, Das neue IPR-Gesetz, Zürich 1988, S. 72; SIEHR, a.a.O., N. 5 und 6 zu Art. 85; SCHWANDER, a.a.O., N. 3 und 66 zu Art. 85; BGE BGE 109 II 375 ff. mit Hinweisen; BGE 117 II 334 E. 3 S. 336; BGE 118 II 184 E. 3a S. 186). Gemäss Art. 1 MSA sind unter Vorbehalt der hier nicht interessierenden Art. 3, 4 und 5 Abs. 3 die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuständig, Massnahmen zum Schutz seiner Person oder seines Vermögens zu treffen. Dass die Tochter der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz am Wohnsitz der Klägerin in Y. hat, wird zwar vom Obergericht nicht festgestellt, ergibt sich aber zweifelsfrei aus den Akten. Entgegen der Auffassung des Obergerichts ist demnach das Bezirksgericht X. aufgrund von Art. 1 MSA örtlich zuständig, im Rahmen der von der Klägerin eingereichten Ergänzungsklage das Besuchsrecht zu ordnen. Das Obergericht verweist denn auch zu Unrecht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung vor Inkrafttreten des IPRG, wonach die Klage auf Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils bezüglich der Zuweisung der elterlichen Gewalt am Wohnsitz der beklagten Partei anzuheben ist, wenn beide geschiedenen Ehegatten in der Schweiz wohnen und der ausländische Staat keinen Gerichtsstand gewährt ( BGE 113 II 102 ff.); diese Rechtsprechung vermag keine Wirkung mehr zu entfalten, nachdem das IPRG den Gerichtsstand insoweit, wie dargelegt, abschliessend anders ordnet. Das Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ; SR 0.275.11) hat im Verhältnis zur Dominikanischen Republik als Nichtvertragsstaat keine Gültigkeit, und wäre im übrigen nach Art. 1 Abs. 2 Ziffer 1 auf Statussachen ohnehin nicht anwendbar; zu diesen zählt auch das Sorgerecht (KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht: Kommentar zu EuGVÜ und Lugano-Übereinkommen, 5. Aufl. Heidelberg 1996, N. 21 und 22 zu Art. 1) und daraus folgend auch die das Besuchsrecht betreffende Ergänzungsklage. Die Regelung des Unterhalts für Minderjährige fällt, wie ausgeführt, BGE 124 III 176 S. 181 nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA). Im Rahmen der Ergänzung eines ausländischen Scheidungsurteils bleibt es deshalb in bezug auf den Kinderunterhalt bei der durch Art. 64 IPRG vorgesehenen grundsätzlichen Zuständigkeitsordnung des Art. 59 IPRG ; danach sind wahlweise die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Beklagten oder die schweizerischen Gerichte am Wohnsitz des Klägers zuständig, sofern sich dieser seit einem Jahr in der Schweiz aufhält oder Schweizer Bürger ist. Beides trifft vorliegend zu: Die unwidersprochen in Y. wohnhafte Klägerin hält sich nach Feststellung des Bezirksgerichts X. seit weitaus mehr als einem Jahr in der Schweiz auf und ist nach dem Personenstandsausweis übrigens anerkanntermassen Schweizer Bürgerin. Das Bezirksgericht X. ist somit auch örtlich zuständig, soweit die Ergänzungsklage den Kinderunterhalt zum Gegenstand hat. Die Rechtslage wäre keine andere, würde das Kind selber die betragsmässige Festsetzung des Unterhalts begehren, treffen doch auf dieses die genannten Voraussetzungen in gleicher Weise zu. 5. Verletzt die Verneinung der örtlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts X. für die Behandlung der Klage auf Ergänzung des in der Dominikanischen Republik gefällten Scheidungsurteils sowohl hinsichtlich Besuchsrecht wie Unterhalt Bundesrecht, so ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und der vom Beklagten gegen den Beschluss des Bezirksgerichts X. eingelegte Rekurs abzuweisen. 6. Einmal mehr gilt es darauf hinzuweisen, dass die parallele Anwendbarkeit von Bestimmungen des IPRG und des MSA im Ergebnis des öfteren nicht zu überzeugen vermag, da unter Umständen zwei verschiedene Richter je über die persönliche Beziehung zwischen Eltern und Kindern und den Kinderunterhalt zu befinden haben. Dass dies zu unbefriedigenden Resultaten führen kann, liegt auf der Hand. Es fragt sich daher, ob nicht der Scheidungsrichter für örtlich zuständig erklärt werden müsste, wenn diese Belange nicht in einem Verfahren betreffend Minderjährigenschutz, sondern im Rahmen einer Änderung bzw. Ergänzung des Scheidungsurteils neu bzw. ergänzend geregelt werden sollen.
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Urteilskopf 109 Ia 335 57. Estratto della sentenza 18 marzo 1983 della II Corte di diritto pubblico nella causa Zoologischer Garten Basel AG c. Camera di diritto tributario del Tribunale di appello del Cantone Ticino (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Art. 84 Abs. 1 lit. b OG ; staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Konkordaten. 1. Eine Gegenrechtsvereinbarung im Bereich der Erbschaftssteuer zwischen zwei Kantonen ist ein Konkordat i.S. von Art. 84 Abs. 1 lit. b OG (E. 1). 2. Beschwerdebefugnis (E. 2). 3. Das Bundesgericht hat im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Konkordatsrecht grundsätzlich freie Prüfungsbefugnis; erklärt das Konkordat indes lediglich internes Recht jedes Konkordatskantons anwendbar, ohne eigenständige Bestimmungen aufzustellen, so ist die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts auf Willkür beschränkt (E. 5; Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 336 BGE 109 Ia 335 S. 336 A.- Il Cantone Ticino preleva un'imposta o tassa di successione, retta sino al 31 dicembre 1976 dalla legge sulle tasse di successione del 6 dicembre 1917 (LTS). Questa legge è stata abrogata il 1o gennaio 1977 con l'entrata in vigore della nuova legge tributaria del 28 settembre 1976 (nLT). Il prelevamento dell'imposta di successione e donazione è ora disciplinato dagli art. 106 e segg. nLT e dal regolamento d'applicazione del 9 dicembre 1976. Giusta l'art. 275 cpv. 1 nLT, le procedure successorie apertesi prima dell'entrata in vigore della nuova legge rimangono tuttavia soggette al diritto precedente, ovverosia alla cessata normativa del 6 dicembre 1917. L' art. 10 lett. a LTS esenta dalla tassa di successione e di donazione le istituzioni ed opere di pubblica utilità, gli stabilimenti di pubblica educazione, le opere di pubblica beneficenza nel Cantone e le casse pubbliche di assicurazione e malattia, e l'art. 10bis - introdotto con la novella del 23 giugno 1958 (BU 1958, 103) - autorizza il Consiglio di Stato a stipulare con i Cantoni confederati accordi di reciprocità estendenti alle istituzioni analoghe di quei Cantoni il beneficio delle esenzioni di cui all' art. 10 LTS . Sulla scorta di questa disposizione, il Governo ticinese ha concluso accordi di reciprocità con i Cantoni di Basilea-Città, Zugo e Berna. Il primo, che qui interessa, è stato stipulato il 26 febbraio 1965 ed ha il seguente tenore (RL vol. X, lett. O): "1. Der Kanton Tessin verzichtet auf die Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer auch dann, wenn Institutionen im Sinne von Art. 10, lit. a des tessinischen Erbschaftssteuergesetzes ihren Sitz im Kanton Basel-Stadt haben oder in diesem Kanton tätig sind. 2. Der Kanton Basel-Stadt verzichtet auf die Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer von Institutionen im Sinne von § 7, lit. c des baselstädtischen Steuergesetzes, sofern diese ihren Sitz im Kanton Tessin haben oder dort tätig sind. 3. Die Gegenrechtsvereinbarung kann jeweils auf das Ende eines Jahres unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist gekündigt werden, erstmals somit am 30. Juni 1965 auf den 31. Dezember 1965. 1. Il Cantone Ticino rinuncia al prelevamento delle tasse di successione e di donazione anche quando istituzioni ai sensi dell'art. 10, lett. a della legge ticinese sulle tasse di successione hanno la loro sede nel Cantone Basilea-Città o svolgono la loro attività in questo Cantone. 2. Il Cantone Basilea-Città rinuncia al prelevamento delle imposte di successione e di donazione dalle istituzioni ai sensi del § 7, lett. c della legge tributaria di Basilea-Città che hanno la loro sede nel Cantone Ticino o ivi svolgono la loro attività. BGE 109 Ia 335 S. 337 3. L'accordo di reciprocità può essere disdetto per la fine di ogni anno col preavviso di sei mesi, e pertanto la prima volta entro il 30 giugno 1965 per il 31 dicembre 1965." B.- Il cittadino italiano Giovanni Baj-Macario, già dimorante a Lugano ed ivi deceduto il 16 giugno 1975, aveva designato quale erede universale la Zoologischer Garten Basel AG, con sede a Basilea. In data 15 giugno 1976, l'Amministrazione cantonale delle contribuzioni (ACC) ha emanato la decisione di tassazione, fissando l'imposta di successione a carico dell'erede universale in Fr. 170'483.75, ed ha poi respinto un'istanza con cui la ricorrente aveva chiesto d'essere esentata dalla tassa in quanto istituzione od opera di pubblica utilità ai sensi degli art. 10 lett. a LTS e 1 dell'accordo di reciprocità. Queste decisioni dell'autorità cantonale sono state confermate su ricorso dalla Camera di diritto tributario del Tribunale di appello (CDT) con sentenza del 22 ottobre 1979. Dopo aver premesso che nella prassi cantonale non sono mai state concesse esenzioni a persone giuridiche del diritto commerciale ed in particolare a società anonime, la CDT ha poi analizzato talune disposizioni statutarie della ricorrente e ne ha tratto la conclusione che la Zoologischer Garten AG non poteva esser esente dalla tassa di successione secondo l' art. 10 lett. a LTS e l'art. 1 dell'accordo di reciprocità. La Zoologischer Garten Basel AG è insorta contro questa sentenza con tempestivo ricorso di diritto pubblico fondato sulla violazione dell' art. 4 Cost. e del citato accordo, ed ha chiesto al Tribunale federale di annullarla. L'ACC e la CDT hanno postulato la reiezione del gravame. Erwägungen Considerando in diritto: I. Questioni d'ordine 1. La ricorrente ha impugnato la sentenza 22 ottobre 1979 della CDT con un ricorso di diritto pubblico fondato non solo sulla violazione dell' art. 4 Cost. , ma anche sulla lesione del citato accordo di reciprocità in materia di tasse di successione, stipulato fra i Governi del Cantone Ticino e del Cantone di Basilea-Città il 26 febbraio 1965. Ora, se la proponibilità del gravame per violazione dell' art. 4 Cost. è manifesta alla luce degli art. 84 cpv. 1 lett. a e 87 OG , ci si può per contro chiedere se il citato accordo di reciprocità costituisca un concordato ai sensi dell' art. 84 cpv. 1 lett. b OG e se il ricorso proposto dalla ricorrente per questo titolo sia di conseguenza ricevibile. BGE 109 Ia 335 S. 338 Il ricorso di diritto pubblico previsto dagli art. 84 cpv. 1 lett. b OG e 113 cpv. 1 n. 3 Cost. è dato per violazione dei concordati intercantonali di cui all' art. 7 cpv. 2 Cost. , ovverosia delle convenzioni concluse fra due o più Cantoni sopra oggetti di legislazione, di giustizia o amministrazione, che stabiliscono fra i Cantoni stessi relazioni di diritto pubblico ( DTF 81 I 358 ; ZBl 83/1982, 141 consid. 1d; GAAC 1955, n. 7; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, n. 884; DOMINICÉ, Fédéralisme coopératif, RDS 1969 II pag. 833; HÄFELIN, Der kooperative Föderalismus in der Schweiz, RDS 1969 II pag. 584 segg.; KEHRLI, Interkantonales Konkordatsrecht, tesi Zurigo 1968, pag. 17 segg. in part. 21; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, n. III/3 all' art. 84 OG ). Ora, nella categoria dei concordati ai sensi delle disposizioni appena citate rientrano - per prassi costante - anche gli accordi e le dichiarazioni di reciprocità bilaterali che vertono sull'esenzione dalle tasse di successione e donazione ( DTF 90 I 46 segg. consid. 3; sentenza 24 settembre 1975 in re Verein Schulheim Guardaval, consid. 1, in RTT 1977, 41; DOMINICÉ, op.cit., pag. 836; HÄFELIN, op.cit., pagg. 597 e 626; MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, IV ediz., n. 52; VETSCH, Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Konkordaten, tesi Berna 1970, pag. 28; HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, vol. I, pag. 79). Sotto questo profilo, il gravame della ricorrente è dunque ricevibile: esso è rivolto infatti contro l'applicazione di un concordato concluso dal Governo del Cantone Ticino e da quello di Basilea-Città, il primo in base ad una delega di poteri conferitagli dal legislatore, il secondo sulla scorta di una competenza esecutiva sgorgante dalla stessa legge fiscale cantonale ( art. 10bis LTS ; GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum Basler Steuergesetz, II ediz., n. 3b al § 7, pag. 58; sulla possibilità per i Governi di concludere convenzioni intercantonali senza l'intervento dell'autorità legislativa cfr. DTF 97 I 245 /46 e KEHRLI, op.cit., pagg. 61/62). Per la verità, codesto accordo non sembra esser stato approvato in casu dal Consiglio federale, conformemente agli art. 7 cpv. 2 e 102 n. 7 Cost. : questa circostanza non è però determinante poiché l'approvazione dell'autorità federale ha una portata meramente dichiarativa ( DTF 90 I 46 consid. 3a; AUBERT, op.cit., n. 889; KEHRLI, op.cit., pag. 93). 2. Secondo la giurisprudenza - peraltro non sempre costante - del Tribunale federale, la legittimazione a proporre ricorso giusta l' art. 84 cpv. 1 lett. b OG è data quando il concordato BGE 109 Ia 335 S. 339 contiene norme generali e astratte che conferiscono diritti alle persone fisiche o giuridiche; il ricorso è per conseguenza escluso quando il trattato si limita a stabilire determinati obblighi a carico dei Cantoni concordatari ( DTF 99 Ia 222 , DTF 66 I 27 , DTF 61 I 194 ; ZBl 83/1982, 141 consid. 1d, 67/1966, 306; MARTI, op.cit., n. 53). Questa prassi non è però stata seguita in altri casi, ove il Tribunale federale ha rilevato in sostanza che la questione di sapere se un concordato crei diritti a favore degli interessati attiene al merito e che il ricorso di diritto pubblico è quindi ricevibile anche se il trattato si limita a statuire determinati obblighi a carico dei Cantoni contraenti ( DTF 100 Ia 421 consid. 2a, DTF 96 I 645 consid. 2a, DTF 90 I 46 , DTF 81 I 358 consid. 3; MALINVERNI, Remarques sur la qualité pour recourir dans le recours de droit public pour violation de concordats, SJZ [RSJ] 1978, pag. 236 segg.). La questione, tuttavia, non merita qui maggiore approfondimento poiché l'accordo di reciprocità del 1965 conferisce indubbiamente un diritto all'esenzione alle istituzioni, opere, corporazioni, fondazioni, casse pubbliche o private di assicurazione e malattia ecc. di cui è discorso all' art. 10 lett. a LTS e, risp., al § 7 lett. c della legge tributaria di Basilea-Città (cfr. GRÜNINGER/STUDER, n. 3b al § 7, pag. 58; BOTTOLI, Lineamenti di diritto tributario ticinese, II ediz., pag. 168). In qualsiasi ipotesi, il gravame della ricorrente appare dunque ricevibile anche sotto il profilo dell' art. 88 OG . 5. Nell'ambito dei ricorsi che non presuppongono l'esaurimento delle istanze cantonali ( art. 86 cpv. 2 e 3 OG ), il Tribunale federale può tener conto anche di eventuali censure di fatto e di diritto non sollevate nella procedura cantonale e può rivedere il giudizio impugnato con piena cognizione ( DTF 104 Ia 450 consid. 3, DTF 99 Ia 86 consid. 3b, DTF 93 I 167 consid. 2; MARTI, op.cit., n. 196, 200 e 295). Ne consegue che, adito con ricorso di diritto pubblico ai sensi dell' art. 84 cpv. 1 lett. b OG , il Tribunale federale può esaminare per principio liberamente tanto le questioni di fatto quanto l'interpretazione e l'applicazione delle disposizioni del concordato da parte dell'autorità cantonale ( DTF 107 Ia 158 consid. 2a, DTF 107 Ib 65 consid. 1, DTF 100 Ia 422 segg. consid. 3 e 5; MARTI, op.cit., n. 302; AUBERT, op.cit., n. 893; VETSCH, op.cit., pagg. 69/70). Anche in questo contesto, il potere d'esame del Tribunale federale è però limitato se le censure del ricorrente non riguardano il trattato come tale, ma vertono invece su disposizioni del diritto cantonale applicate congiuntamente con il diritto concordatario ( DTF 102 Ia 502 consid. 5a, DTF 99 Ia 86 consid. 3b). BGE 109 Ia 335 S. 340 a) A mente dell'autorità cantonale ed in particolare dell'ACC, il potere cognitivo del Tribunale federale dovrebbe nel concreto caso esser limitato all'arbitrio anche per quel che concerne la pretesa disattenzione del diritto convenzionale. L'accordo di reciprocità stipulato nel 1965 non contiene infatti delle norme applicabili direttamente che avrebbero la precedenza sulle disposizioni fiscali cantonali e che rappresenterebbero una rinuncia da parte dei Cantoni concordatari ad applicare le rispettive norme: esso lascia per contro ai Cantoni contraenti la competenza di attuare le proprie disposizioni relative all'esenzione fiscale nei confronti di istituzioni od enti con sede nell'altro Cantone alla stessa stregua di quelli che hanno sede invece sul proprio territorio. Questa opinione si avvera fondata per le ragioni che si esporranno in seguito. b) Per l'interpretazione dei concordati ci si deve basare in primo luogo sul tenore letterale delle norme, secondo gli stessi principi applicabili anche nel diritto internazionale: un'interpretazione estensiva contro il testo chiaro di una norma si giustificherebbe solo eccezionalmente, ove dovesse risultare dalle circostanze e dall'esegesi del trattato che il testo della norma non corrisponde alla volontà dei Cantoni concordatari ( DTF 100 Ia 423 consid. 5a, DTF 97 I 363 segg. consid. 3, DTF 90 I 47 , DTF 77 I 48 ). Nel caso in esame, l'accordo di reciprocità del 1965 non definisce autonomamente le condizioni da cui dipende l'esonero fiscale di un'istituzione o di un ente nell'altro Cantone concordatario, ma rinvia invece alle disposizioni fiscali cantonali che sono esplicitamente riprodotte nell'accordo stesso. Esso si scosta da queste disposizioni unicamente per la sede del beneficiario, sottoponendo in tal modo ad identico trattamento gli enti basilesi nel Cantone Ticino e quelli ticinesi a Basilea-Città. L'esenzione fiscale non è tuttavia automatica: al di fuori dei presupposti di luogo, che si ritengono realizzati, l'autorità deve controllare infatti se i requisiti fissati dalla propria legge fiscale sono adempiuti e soltanto in caso affermativo potrà concedere l'esonero ad un ente che ha la propria sede o che svolge la propria attività nell'altro Cantone concordatario. Il Cantone Ticino potrà quindi rifiutare l'esenzione fiscale ad un istituto basilese, anche se quest'ultimo non soggiace alla tassa nel proprio Cantone, per ragioni tratte dall' art. 10 lett. a LTS , e quello di Basilea-Città potrà a sua volta procedere al prelevamento dell'imposta di successione a carico di un ente esente nel Cantone Ticino, per il motivo che codesto ente non soddisfa ai presupposti BGE 109 Ia 335 S. 341 del § 7 lett. c della legge tributaria. Come risulta anche dal testo chiaro del trattato (art. 1 e 2), l'esonero fiscale dipende dall'adempimento dei requisiti stabiliti dal diritto interno dei Cantoni concordatari, che applicano quindi la propria legge nei confronti di quegli istituti od enti che chiedono l'esenzione e che hanno sede nell'altro Cantone o vi svolgono la loro attività. Ne consegue che sulla nozione di istituzione ("Institution") che può beneficiare di un'esenzione fiscale, le norme del concordato sono sprovviste di originalità sostanziale, non hanno una portata propria e s'identificano anzi con le disposizioni delle leggi cantonali che lo stesso concordato, nel preambolo, esplicitamente richiama: in definitiva, gli art. 1 e 2 dell'accordo di reciprocità appaiono come semplici disposizioni d'attuazione dell' art. 10 lett. a LTS e, risp., del § 7 lett. c StG/BS, poiché si limitano in pratica ad estendere l'applicabilità di queste norme del diritto interno agli istituti, enti ed opere di pubblica utilità che hanno sede nell'altro Cantone concordatario. In queste circostanze, il controllo dell'interpretazione e dell'applicazione del concordato che il Tribunale federale è chiamato ad operare coincide in sostanza con il controllo dell'interpretazione e dell'applicazione di norme cantonali del livello legislativo ed il suo potere d'esame dev'esser di conseguenza limitato all'arbitrio (cfr. DTF 106 Ia 61 consid. 2, DTF 105 Ia 191 , DTF 104 Ib 407 consid. 15). Sotto questo profilo, non v'è infatti ragione per sindacare diversamente le questioni sottoposte al Tribunale federale, allorché il ricorso non è inoltrato da un'istituzione con sede nel Cantone ov'è chiesta l'esenzione, bensì da un ente dell'altro Cantone, che si prevale del concordato: in ambo i casi, l'esenzione fiscale potrà in effetti esser concessa soltanto se sono adempiuti tutti i requisiti fissati esclusivamente dal diritto cantonale e sarebbe quindi un fuor d'opera controllare l'applicazione e l'interpretazione della stessa norma fiscale cantonale, in un caso con cognizione limitata e nell'altro con piena cognizione. c) Se ne deve concludere che se il potere d'esame del Tribunale federale in materia di ricorsi per violazione di concordati è per principio libero, esso deve invece esser ristretto all'arbitrio quando il concordato non contiene norme originali, ma si limita in realtà a riprendere il diritto interno dei Cantoni contraenti, conferendogli solo apparentemente rango supracantonale. Per evidenti motivi, ciò varrà essenzialmente per un accordo di reciprocità, ove due o più Cantoni si impegnano ad applicare determinati disposti del BGE 109 Ia 335 S. 342 proprio diritto nei confronti di soggetti giuridici dell'altro o degli altri Cantoni. Stante quel che precede, la decisione con cui la CDT ha confermato il rifiuto di concedere alla ricorrente l'esenzione fiscale potrà essere annullata soltanto se riconosciuta arbitraria, ovvero del tutto insostenibile poiché contraddice manifestamente la situazione di fatto, o viola in modo palese l' art. 10 lett. a LTS in comb. con l'art. 1 dell'accordo di reciprocità, o contrasta in modo urtante con il sentimento della giustizia (cfr. DTF 108 III 42 , 107 Ia 114, 105 Ia 176 consid. 4). II. Questioni di merito 6.- a 10.- [Il Tribunale federale ha accolto il ricorso ed ha annullato la sentenza impugnata. Esso ha ritenuto in particolare che una società anonima non può - senz'arbitrio - essere esclusa a priori dal campo d'applicazione dell' art. 10 lett. a LTS e che la Corte cantonale, negando alla ricorrente il carattere di istituzione od opera di pubblica utilità e rifiutandole quindi la postulata esenzione, ha violato in modo palese la predetta norma unitamente all'accordo di reciprocità ed ha adottato una decisione insostenibile che contraddice il sentimento della giustizia.]
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