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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
e1a4446f-956c-4327-b338-db96126c72f7 | Urteilskopf
138 IV 78
10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz (Beschwerde in Strafsachen)
1B_603/2011 vom 3. Februar 2012 | Regeste
Art. 81 Abs. 1 BGG
; Art. 3 Abs. 2 lit. c, Art. 101 f., 104 Abs. 1 lit. b, Art. 107 Abs. 1 lit. a, Art. 118 ff., 214 Abs. 4 und
Art. 220 ff. StPO
; Beschwerdeberechtigung der Privatklägerin, Akteneinsichtsrecht im Haftprüfungsverfahren.
Die Privatklägerin ist befugt zu rügen, es sei ihr die Einsicht in die Akten des Haftprüfungsverfahrens verweigert worden (E. 1).
Als Partei des Strafverfahrens hat die Geschädigte und Privatklägerin das Recht auf Einsicht in die Akten des Teil des Strafverfahrens bildenden Haftprüfungsverfahrens. Das Opfer wird grundsätzlich über die Aufhebung von Ersatzmassnahmen zur Untersuchungshaft informiert (E. 3). | Erwägungen
ab Seite 79
BGE 138 IV 78 S. 79
Aus den Erwägungen:
1.
Der angefochtene Entscheid erging im Rahmen eines Strafverfahrens und unterliegt der Beschwerde in Strafsachen im Sinne von
Art. 78 ff. StPO
(SR 312.0).
1.1
Im Beschwerdeverfahren vor dem Kantonsgericht Schwyz, welches zum angefochtenen Beschluss des Kantonsgerichts vom 9. September 2011 führte, verlangte die Staatsanwaltschaft, es seien die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 20. Juli 2011 aufzuheben und anstelle der angeordneten Ersatzmassnahmen die am 11. Juli 2011 beantragten Ersatzmassnahmen anzuordnen. Das Kantonsgericht lehnte dies im angefochtenen Beschluss ab und führte in E. 6 desselben namentlich aus, die Staatsanwaltschaft dürfe weder das Opfer noch seine Rechtsbeiständin über das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht informieren. Im Interesse der Untersuchung sowie der Betroffenen und angesichts des teilweise unbotmässigen bisherigen Aktenumgangs in der vorliegenden Sache gelte daher bis zum Abschluss der Untersuchung nach
Art. 318 StPO
weiterhin, dass gerichtliche Akten nicht ohne Zustimmung des zuständigen Gerichts an Parteien oder Dritte herausgegeben werden dürfen.
1.2
Nach
Art. 81 Abs. 1 BGG
ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, sofern er ein aktuelles rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Bei der Privatklägerschaft wird in Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zusätzlich verlangt, dass der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann.
1.3
Die Beschwerdeführerin hatte im vorliegenden Fall keine Möglichkeit, am vorinstanzlichen Verfahren teilzunehmen. Sie beruft sich auf das Akteneinsichtsrecht und damit auf ein Verfahrensrecht, das sie als Privatklägerin beansprucht (Art. 104 Abs. 1 lit. b und Art. 118 ff. i.V.m. Art. 101 f. StPO). Sie wendet sich mit ihrem Subeventualantrag 3 gegen die in E. 1.1 hiervor wiedergegebenen Ausführungen des Kantonsgerichts. Die Verweigerung der Akteneinsicht kommt auch im Dispositiv des angefochtenen Beschlusses des Kantonsgerichts zum Ausdruck. In diesem Punkt wird die Beschwerdeführerin vom angefochtenen Entscheid in den ihr zustehenden Verfahrensrechten betroffen. Sie kann den Beschluss des Kantonsgerichts
BGE 138 IV 78 S. 80
vom 9. September 2011 deshalb in diesem Punkt beim Bundesgericht mit Beschwerde in Strafsachen anfechten. Da es dabei um die Wahrung von Verfahrensrechten geht, kann insoweit ungeprüft bleiben, ob sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung der Zivilansprüche der Beschwerdeführerin auswirken kann. Das nach
Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG
erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich in diesem Fall nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (sog. "Star-Praxis";
BGE 136 IV 29
E. 1.9; Urteile 1B_74/2011 vom 27. April 2011 E. 2.2; 6B_511/2010 vom 13. August 2010 E. 2; 6B_671/2009 vom 20. Januar 2010 E. 2.2.4; je mit Hinweisen).
Soweit die Beschwerdeführerin darüber hinaus Parteirechte beanspruchen sollte, erfüllt die Beschwerde die Voraussetzungen der Begründungsanforderungen von
Art. 42 Abs. 2 BGG
nicht.
2.
Die Geschädigte verlangt in erster Linie, den angefochtenen Beschluss als nichtig zu erklären (Antrag 1). Die Voraussetzungen der Nichtigkeit sind offensichtlich nicht erfüllt (vgl.
BGE 132 II 342
E. 2.1 S. 346). Die Beschwerde ist deshalb in diesem Punkt abzuweisen.
3.
Als Geschädigte und Privatklägerin (
Art. 115 und 118 StPO
) hat die Beschwerdeführerin im Strafverfahren Parteistellung (
Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO
). Als Partei hat sie grundsätzlich Anspruch auf rechtliches Gehör (
Art. 3 Abs. 2 lit. c,
Art. 101 Abs. 1 und
Art. 107 Abs. 1 lit. a StPO
). Spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise haben die Parteien unter Vorbehalt von
Art. 108 StPO
Anspruch auf Akteneinsicht (
Art. 101 Abs. 1 StPO
). Gründe für Einschränkungen des rechtlichen Gehörs im Sinne von
Art. 108 StPO
sind nicht ersichtlich. Das Haftprüfungsverfahren gemäss
Art. 220 ff. StPO
ist ein Teilverfahren innerhalb des Strafverfahrens. Die Akten dieses Zwangsmassnahmenverfahrens gehören somit zu den Strafakten. Die Parteien haben deshalb im Rahmen des beschriebenen Akteneinsichtsrechts auch das Recht, die Akten dieses Teilverfahrens einzusehen. Die in E. 6 des angefochtenen Entscheids begründete Verweigerung der Zustellung des kantonsgerichtlichen Beschlusses vom 9. September 2011 an die Beschwerdeführerin ist mit dem Anspruch auf Akteneinsicht im Strafverfahren nicht vereinbar.
Gemäss
Art. 214 Abs. 4 StPO
wird das Opfer grundsätzlich unter anderem über die Anordnung und die Aufhebung der
BGE 138 IV 78 S. 81
Untersuchungs- oder Sicherheitshaft orientiert. Anordnung und Anfechtung von Ersatzmassnahmen richten sich sinngemäss nach den Vorschriften über die Untersuchungs- und Sicherheitshaft (
Art. 237 Abs. 4 StPO
). Das Kantonsgericht hätte den angefochtenen Beschluss vom 9. Sepb>tember 2009 dem Opfer, d.h. der Beschwerdeführerin auch im Lichte dieser Vorschriften von Amtes wegen mitteilen müssen.
4.
Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen, soweit der Beschwerdeführerin im angefochtenen Beschluss des Kantonsgerichts vom 9. September 2011 die Einsicht in die Akten des Strafverfahrens verweigert und ihr dieser Beschluss nicht zugestellt wurde. Insoweit ist der angefochtene Beschluss des Kantonsgerichts aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Gestützt auf
Art. 107 Abs. 2 BGG
kann das Bundesgericht im Falle der Gutheissung der Beschwerde reformatorisch entscheiden. Es rechtfertigt sich, dass es den Beschluss des Kantonsgerichts vom 9. September 2011 in Anwendung dieser Vorschrift der Beschwerdeführerin zusammen mit dem vorliegenden Urteil zustellt. Mit dem vorliegenden Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. | null | nan | de | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e1a5d8a6-c7e5-4896-a889-93ed5829ac8f | Urteilskopf
138 V 409
49. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause Fondation collective LPP Swiss Life contre Hoirie de feu C. (recours en matière de droit public)
9C_578/2011 du 10 octobre 2012 | Regeste a
Art. 23 ff. BVG
;
Art. 88
bis
Abs. 2 IVV
; Voraussetzungen der Anpassung oder Aufhebung von Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge.
Invalidenleistungen der beruflichen Vorsorge müssen grundsätzlich angepasst werden, wenn sie den gegenwärtigen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen objektiv nicht oder nicht mehr entsprechen (E. 3.2). Massgebender Zeitpunkt für die Rentenanpassung (E. 3.3).
Regeste b
Art. 23 BVG
; Begriff des sachlichen Zusammenhangs.
Tragen verschiedene Gesundheitsschädigungen zur Invalidität bei, so ist hinsichtlich jeder Gesundheitsschädigung gesondert zu prüfen, ob die jeweilige Arbeitsunfähigkeit während der Dauer des Versicherungsverhältnisses mit der Vorsorgeeinrichtung eingetreten ist (E. 6). | Sachverhalt
ab Seite 410
BGE 138 V 409 S. 410
A.
A.a
Souffrant notamment de lombalgies chroniques (sur troubles statiques et dégénératifs du rachis lombaire), d'une anomalie transitionnelle de la charnière lombosacrée ainsi que de cervico-dorsalgies chroniques limitant sa capacité de travail à 50 % dans une activité adaptée, C., né en 1957, s'est vu allouer une rente entière de l'assurance-invalidité à compter du 1
er
décembre 1994 fondée sur un degré d'invalidité de 89 % (décision du 27 mai 1998).
A.b
A la suite du départ de l'assuré en Espagne au mois de septembre 1999, le dossier a été transmis à l'Office de l'assurance-invalidité pour les assurés résidant à l'étranger (ci-après: l'office AI). Au mois de janvier 2003, l'office AI a initié une procédure de révision de la rente. De nouveaux renseignements médicaux ont été recueillis sans qu'ils ne mettent en évidence une évolution de l'état de santé de l'assuré. Considérant toutefois que la décision initiale d'octroi de la rente était manifestement erronée et qu'elle devait être reconsidérée, l'office AI a, par décision du 11 octobre 2004, modifiée sur opposition le 4 mai 2005, supprimé la rente entière d'invalidité versée à l'assuré et l'a remplacée par une demi-rente à compter du 1
er
décembre 2004, fondée sur un degré d'invalidité de 58 %. A l'appui de sa décision, l'autorité administrative a expliqué avoir procédé à l'époque à une comparaison des revenus erronée, car elle s'était fondée, pour fixer le revenu d'invalide, sur le salaire que l'assuré aurait pu obtenir dans le cadre d'une activité en atelier protégé, alors qu'elle aurait dû se référer à une activité sur le marché libre du travail.
A.c
La Commission de recours en matière d'assurance-vieillesse, survivants et invalidité pour les personnes résidant à l'étranger (depuis le 1
er
janvier 2007: le Tribunal administratif fédéral) a, par jugement du 10 juillet 2006, admis le recours formé par l'assuré, annulé la décision du 4 mai 2005 et renvoyé la cause à l'office AI pour complément d'instruction et nouvelle décision. La mise en oeuvre d'une expertise pluridisciplinaire était en effet indispensable pour fixer la capacité résiduelle de travail de l'assuré, dans la mesure où étaient apparus subséquemment des problèmes cardiaques et une dépendance prononcée à l'alcool qui n'avaient pas fait l'objet d'investigations satisfaisantes.
BGE 138 V 409 S. 411
A.d
Reprenant l'instruction de la cause, l'office AI a recueilli de nouveaux renseignements médicaux auprès des médecins traitants de l'assuré, puis confié la réalisation d'une expertise au Centre X. Dans un rapport du 27 juin 2007, les docteurs H., spécialiste en neurologie, R., spécialiste en psychiatrie et psychothérapie, A., spécialiste en médecine interne générale, D., spécialiste en cardiologie, O., spécialiste en chirurgie orthopédique et traumatologie de l'appareil locomoteur, et G., spécialiste en rhumatologie, ont retenu les diagnostics de cardiomyopathie avec dysfonction ventriculaire gauche, de fibrillation auriculaire rapide, de spondylo-discarthrose évoluée, d'anomalie de transition lombo-sacrée, d'épicondylite chronique des deux côtés et de maladie de Dupuytren opérée. Invité à prendre position sur le rapport d'expertise, le Service médical de l'office AI a reconnu que l'état de santé de l'assuré s'était péjoré depuis 1993, essentiellement en raison de l'apparition d'une insuffisance cardiaque (NYHA II à III) incompatible, depuis le 25 novembre 2004, avec l'exercice d'une activité professionnelle; la capacité de travail pouvait néanmoins être améliorée en cas d'optimisation du traitement.
Par décision du 31 octobre 2007, l'office AI a supprimé la rente entière d'invalidité versée à l'assuré et l'a remplacée par une demi-rente à compter du 1
er
décembre 2004, puis par une rente entière à compter du 1
er
février 2005. A l'appui de cette nouvelle décision, l'office AI a expliqué que le degré d'invalidité reconnu à l'époque de la décision initiale d'octroi de la rente avait été établi sur la base d'une comparaison des revenus erronée; la décision du 27 mai 1998 devait par conséquent être reconsidérée et la rente allouée depuis le 1
er
décembre 1994 remplacée par une demi-rente (fondée sur un degré d'invalidité de 58 %) à compter du 1
er
décembre 2004. Il ressortait par ailleurs des documents médicaux nouvellement recueillis que l'exercice d'une activité lucrative adaptée à l'état de santé ne s'avérait plus exigible à partir du 25 novembre 2004 et qu'il existait un droit à une rente entière dès le 1
er
février 2005.
A.e
L'assuré a déféré cette décision devant le Tribunal administratif fédéral. Estimant que la modification des prestations résultant de la reconsidération ne pouvait pas emporter d'effet rétroactif, le Tribunal administratif fédéral a, par jugement du 8 novembre 2010, admis le recours, réformé la décision du 31 octobre 2007, en ce sens que le droit de l'assuré à une rente entière d'invalidité était reconnu également pour la période du 1
er
décembre 2004 au 31 janvier 2005, et confirmé la
BGE 138 V 409 S. 412
décision du 31 octobre 2007, en ce qu'elle accordait une rente entière d'invalidité à l'assuré dès le 1
er
février 2005.
B.
B.a
Parallèlement aux prestations de l'assurance-invalidité, C. percevait également depuis le 1
er
décembre 1994 une rente entière d'invalidité de la prévoyance professionnelle versée par la Fondation collective LPP de la Rentenanstalt (aujourd'hui: la Fondation collective LPP Swiss Life). Se référant à la décision de l'office AI du 4 mai 2005, l'institution de prévoyance a, par courrier du 20 décembre 2006, informé l'assuré qu'elle suspendait le versement de sa rente d'invalidité à partir du 1
er
janvier 2007. Dès que la décision définitive de l'assurance-invalidité serait connue, elle reprendrait le versement de la rente suspendue ou réclamerait la restitution des prestations indûment touchées depuis le mois de décembre 2004.
B.b
Le 14 juin 2007, C. a ouvert action contre la Fondation collective LPP de la Rentenanstalt devant la Cour des assurances sociales du Tribunal administratif du canton de Fribourg (aujourd'hui: la Cour des assurances sociales du Tribunal cantonal du canton de Fribourg), en concluant à ce que l'institution de prévoyance soit condamnée à lui verser des prestations entières d'invalidité dès le mois de janvier 2007, avec intérêt à 5 % à compter de chaque échéance, comprenant une rente trimestrielle de 3'198 fr. 50 pour lui-même et une rente trimestrielle pour enfant de 640 fr. 80, toutes deux adaptées au renchérissement selon la LPP.
Après avoir suspendu la procédure à la demande des parties dans l'attente de l'issue de la procédure en matière d'assurance-invalidité, la juridiction cantonale a, par jugement du 7 juillet 2011, admis l'action et condamné l'institution de prévoyance à verser à l'assuré "une rente d'invalidité trimestrielle de 3'198 fr. 60, ceci dès le 1
er
janvier 2007, avec intérêts à 5 % à chaque échéance annuelle, la première fois le 1
er
janvier 2007" et "une rente complémentaire pour enfants de 640 fr. 80, ceci dès le 1
er
janvier 2007, avec intérêts à 5 % à chaque échéance annuelle, la première fois le 1
er
janvier 2007".
C.
La Fondation collective LPP Swiss Life a interjeté un recours en matière de droit public contre ce jugement dont elle a demandé l'annulation. Elle a conclu principalement à ce qu'il soit constaté que l'assuré n'a droit qu'aux prestations correspondant à un degré d'invalidité de 58 %, subsidiairement à ce que le cause soit renvoyée à la juridiction cantonale pour détermination du degré d'invalidité et nouvelle décision.
BGE 138 V 409 S. 413
C. a conclu au rejet du recours, tandis que l'Office fédéral des assurances sociales a renoncé à se déterminer.
D.
C. est décédé en novembre 2011. La procédure a été suspendue jusqu'à droit connu sur l'acceptation de la succession par ses héritiers.
Le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
2.1
La juridiction cantonale a estimé que la recourante devait se voir imputer les taux d'invalidité retenus dans le cadre de la procédure en matière d'assurance-invalidité. En considérant que la réduction provisoire à une demi-rente pour la période courant du 1
er
décembre 2004 au 1
er
février 2005, exercée au titre d'une reconsidération, n'avait juridiquement pas lieu d'être, le Tribunal administratif fédéral avait consacré l'existence d'un droit à une rente entière d'invalidité sans interruption depuis le 1
er
décembre 1994. Les explications du Tribunal administratif fédéral mettaient clairement en évidence que le degré d'invalidité présenté par l'assuré était demeuré stable à 89 % jusqu'au 31 janvier 2005 et qu'il était tombé par la suite à 70 %, modification qui n'avait aucune incidence sur le droit à la rente. Dans ces conditions, il n'y avait pas lieu d'entrer en matière sur les arguments de la recourante relatifs à sa non-responsabilité à l'endroit de nouvelles atteintes qui seraient survenues ou qui se seraient manifestées après la résiliation du contrat de prévoyance. Il n'était en effet pas possible de conclure à un changement radical, au 1
er
février 2005, de la nature des atteintes qui frappaient l'assuré, changement qui aurait pu entraîner une libération partielle de la recourante. En suivant le raisonnement de la recourante, on remettrait par ailleurs en cause
a posteriori
l'octroi de la rente entière d'invalidité de la prévoyance professionnelle, pourtant admis par elle depuis plusieurs années, en se basant sur une prétendue erreur d'estimation de l'office AI, erreur qui ne pouvait toutefois plus être prise en compte juridiquement, vu l'entrée en force du jugement du Tribunal administratif fédéral.
2.2
La recourante reproche à la juridiction cantonale d'avoir procédé à une constatation manifestement inexacte des faits pertinents, consécutive à une mauvaise appréciation des preuves, et d'avoir violé le droit fédéral. En substance, la juridiction cantonale aurait considéré de manière erronée que le degré d'invalidité de l'assuré était resté
BGE 138 V 409 S. 414
stable à 89 %, puis avait diminué à 70 % à compter du 1
er
février 2005. En réalité, le degré d'invalidité s'élevait à 58 %, comme l'avait constaté l'office AI, sans que sa décision ne soit remise en cause. La juridiction cantonale avait méconnu le fait que la rente entière d'invalidité avait été confirmée, non pas en raison de l'existence d'un taux d'invalidité ouvrant le droit à une telle rente, mais au motif que la décision de reconsidération prise par l'office AI ne pouvait pas avoir d'effet rétroactif. Elle aurait également méconnu le fait que l'institution de prévoyance était en droit, conformément à l'
art. 49 LPP
(RS 831.40), d'adapter rétroactivement ses prestations au taux d'invalidité de 58 % retenu par l'office AI. Par ailleurs, elle n'aurait pas examiné dans quelle mesure la nouvelle cause à l'origine de l'augmentation du degré d'invalidité avait une incidence sur le droit à la rente. Or, il n'était pas contesté par les parties que l'état de santé de l'assuré s'était dégradé depuis novembre 2004 en raison d'une cause différente de celle à l'origine de la première invalidité. Faute de connexité matérielle, elle n'avait pas à répondre d'une augmentation de l'invalidité consécutive à cette aggravation.
3.
Est donc principalement litigieux en l'espèce le point de savoir si et, le cas échéant, à partir de quel moment, l'institution de prévoyance était en droit, compte tenu de la situation légale et réglementaire, de réduire les prestations d'invalidité qu'elle allouait à l'assuré.
3.1
Dans le système de la prévoyance professionnelle, la LPP (pour le régime obligatoire de la prévoyance professionnelle), respectivement le règlement de prévoyance (lorsque l'institution de prévoyance a décidé d'étendre la prévoyance au-delà des exigences minimales fixées dans la loi) détermine les conditions auxquelles les différentes prestations sont allouées. Si une institution de prévoyance reprend - explicitement ou par renvoi - la définition de l'invalidité de la LAI, elle est en principe liée, lors de la survenance du fait assuré, par l'estimation des organes de cette assurance, sauf si cette estimation apparaît d'emblée insoutenable (
ATF 126 V 308
consid. 1 p. 311). Il en va différemment lorsque l'institution adopte une définition qui ne concorde pas avec celle de l'assurance-invalidité. Dans cette hypothèse, il lui appartient de statuer librement, selon ses propres règles. Elle pourra certes se fonder, le cas échéant, sur des éléments recueillis par les organes de l'assurance-invalidité, mais elle ne sera pas liée par une estimation qui repose sur d'autres critères (
ATF 118 V 35
consid. 2b/aa p. 40;
ATF 115 V 208
consid. 2c p. 212). Toutefois, lorsque l'institution de prévoyance s'en tient à ce qu'ont décidé les organes de
BGE 138 V 409 S. 415
l'assurance invalidité quant à la fixation du degré d'invalidité ou se fonde même sur leur décision, la force contraignante, voulue par le législateur et exprimée dans les
art. 23 ss LPP
, s'applique, sous réserve du caractère d'emblée insoutenable de la décision de l'assurance-invalidité (voir arrêt du Tribunal fédéral des assurances B 39/03 du 9 février 2004 consid. 3.1). Pour examiner le point de savoir si l'évaluation de l'invalidité par l'assurance-invalidité se révèle d'emblée insoutenable, il y a lieu de se fonder sur l'état de fait résultant du dossier tel qu'il se présentait au moment du prononcé de la décision. Des faits ou des moyens de preuve nouveaux invoqués par la suite, que l'administration n'aurait pas été tenue d'administrer d'office, ne sont pas susceptibles de faire apparaître l'évaluation de l'invalidité par les organes de l'assurance-invalidité comme d'emblée insoutenable, du moins tant qu'il ne s'agit pas de faits ou de moyens de preuve nouveaux qui auraient conduit à une appréciation juridique différente et obligeraient l'office AI à revenir sur sa décision initiale dans le cadre d'une révision procédurale (
ATF 130 V 270
consid. 3.1 p. 274 et la référence).
3.2
Même si cela n'est pas expressément précisé dans la loi ou le règlement, la personne assurée n'a droit à des prestations d'invalidité de la prévoyance professionnelle qu'aussi longtemps que les conditions posées à leur octroi demeurent remplies. Aussi bien en matière de prévoyance obligatoire, où la modification ou la suppression d'une rente est soumise aux mêmes conditions matérielles que la révision ou la reconsidération d'une rente de l'assurance-invalidité (
ATF 133 V 67
consid. 4.3.1 p. 68), qu'en matière de prévoyance plus étendue, le droit aux prestations doit en principe être adapté lorsque celui-ci ne correspond objectivement pas ou plus à la situation de fait ou de droit actuelle. Quand bien même une institution de prévoyance s'en tiendrait par principe aux décisions de l'assurance-invalidité, il est légitime, pour des motifs évidents liés à l'égalité de traitement entre les assurés, que celle-ci adapte ses prestations lorsqu'il apparaît
a posteriori
que celles-ci ont été allouées sur la base de critères manifestement insoutenables. Dès lors que la jurisprudence a reconnu le droit pour une institution de prévoyance de s'écarter d'une décision de l'assurance-invalidité lorsqu'elle est d'emblée insoutenable, il n'y a pas de raison en effet pour que celle-ci ne puisse pas en faire de même lorsqu'elle ne s'aperçoit qu'après coup du caractère manifestement erroné de la décision sur laquelle elle s'est fondée (MARC HÜRZELER, Invaliditätsproblematiken in der beruflichen Vorsorge, 2006, p. 202 n. 480). La seule limite qu'il y a lieu de poser à cette faculté est le
BGE 138 V 409 S. 416
respect des garanties et des principes constitutionnels qui régissent l'activité des institutions de prévoyance, soit l'égalité de traitement, l'interdiction de l'arbitraire, la proportionnalité ou encore la bonne foi.
3.3
Pour déterminer le moment où la modification ou la suppression du droit à une rente d'invalidité de la prévoyance professionnelle prend effet, il convient, en matière de prévoyance obligatoire, mais également en matière de prévoyance plus étendue en l'absence de dispositions réglementaires contraires, d'appliquer par analogie le principe résultant de l'
art. 88
bis
al. 2 RAI
(RS 831.201), selon lequel une décision de diminution ou de suppression de rente à la suite d'une procédure de révision ou de reconsidération ne saurait en principe déployer d'effet rétroactif. En règle générale, le droit à la rente sera modifié à la suite d'une décision rendue préalablement par les organes de l'assurance-invalidité ou de renseignements donnés spontanément par la personne assurée. Dans la mesure où il s'agit là de facteurs sur lesquels une institution de prévoyance n'a aucune maîtrise, elle doit néanmoins, même si elle s'en tient en principe à ce qu'ont décidé les organes de l'assurance-invalidité, avoir la possibilité d'établir les faits et d'administrer les moyens de preuve déterminants pour statuer sur le droit aux prestations. S'il en résulte que les conditions permettant la diminution ou la suppression de la rente sont remplies, l'institution de prévoyance est habilitée à procéder à l'adaptation de cette rente, avec effet au premier jour du second mois suivant la notification de la communication y relative, pour autant que la personne assurée ait respecté son obligation de renseigner, les actes d'instruction accomplis par l'institution de prévoyance ne pouvant se substituer à cette obligation. A défaut, la diminution ou la suppression de la rente doit prendre effet rétroactivement à la date où elle a cessé de correspondre aux droits de la personne assurée (voir
ATF 133 V 67
consid. 4.3.5 p. 70).
4.
4.1
D'après l'art. 5 du règlement de prévoyance - dans sa teneur en vigueur depuis le 1
er
janvier 1985, applicable à la présente espèce -, il y a invalidité lorsqu'il est médicalement établi, sur la base de signes objectifs, que par suite de maladie (y compris le déclin des facultés mentales et physiques) ou de lésion corporelle involontaire, l'assuré n'est totalement ou partiellement plus en mesure d'exercer sa profession ou une autre activité lucrative conforme à sa position sociale, à ses connaissances et à ses aptitudes, ou qu'il est invalide au sens de l'AI (al. 1). En cas d'invalidité partielle, les prestations
BGE 138 V 409 S. 417
prévues pour une invalidité totale sont accordées proportionnellement au degré d'invalidité. L'invalidité de moins d'un quart n'ouvre pas droit aux prestations assurées. Les prestations pleines sont accordées en cas d'invalidité d'au moins deux tiers. D'éventuelles dispositions légales à teneur différente sont réservées. Le degré d'invalidité correspond au moins à celui que reconnaît l'AI (al. 2). Si l'invalidité a été intentionnellement causée ou aggravée, les prestations y relatives ne sont pas dues, à l'exception des prestations obligatoires selon la LPP; ces dernières seront toutefois réduites dans la mesure où l'AI refuse, réduit ou retire les siennes (al. 3).
4.2
La disposition réglementaire relative à la notion d'invalidité va au-delà des exigences légales prévues pour la prévoyance professionnelle obligatoire sous un double aspect. D'une part, le règlement prévoit l'allocation d'une rente déjà à partir d'un degré d'invalidité de 25 %. D'autre part, la notion d'invalidité est définie de manière plus large que dans la LAI (et dans la LPP), puisque l'invalidité peut résulter de l'incapacité d'exercer sa profession ou une autre activité lucrative conforme à sa position sociale, à ses connaissances et à ses aptitudes, l'invalidité au sens de l'AI ne constituant qu'une alternative à cette possibilité (à propos d'une disposition réglementaire à la formulation identique, voir arrêt B 140/06 du 27 mars 2007 consid. 3.3).
5.
5.1
En l'occurrence, la recourante a adopté une définition de l'invalidité qui ne concorde pas avec celle de l'assurance-invalidité. Alors qu'elle pouvait statuer librement selon ses propres règles sans devoir s'en tenir à ce qu'avaient décidé les organes de l'assurance-invalidité, elle a néanmoins repris à son compte l'évaluation initiale de l'invalidité effectuée par l'office AI et, partant, considéré que l'assuré présentait un degré d'invalidité de 89 %.
5.2
Pour les motifs mis en évidence précédemment, une institution de prévoyance ne saurait être liée, quand bien même elle s'en tiendrait par principe aux décisions de l'assurance-invalidité, par une décision dont le contenu est manifestement insoutenable. En l'occurrence, la recourante a estimé être en droit de modifier le droit à la rente de l'assuré en raison du caractère manifestement insoutenable des bases sur lesquelles celui-ci reposait. Dans ces conditions, il appartenait à la juridiction cantonale, dans le cadre de l'action dont elle était saisie, d'examiner le bien-fondé de la modification entreprise par
BGE 138 V 409 S. 418
la recourante, cela indépendamment de l'issue de la procédure qui était pendante en matière d'assurance-invalidité. En ne procédant pas à cet examen, les premiers juges ont par conséquent violé le droit fédéral.
5.3
En soutenant que les parties, en donnant leur accord à la suspension de la procédure cantonale dans l'attente de la décision finale en matière d'assurance-invalidité, se seraient déclarées l'une et l'autre liées par la décision du Tribunal administratif fédéral, la juridiction cantonale est arrivée à une conclusion parfaitement insoutenable au regard de l'issue de la procédure en matière d'assurance-invalidité. Contrairement à ce que semble penser la juridiction cantonale - qui a procédé en l'espèce à une lecture biaisée du jugement en matière d'assurance-invalidité -, le Tribunal administratif fédéral n'a pas examiné le point de savoir s'il existait un motif de reconsidération, puisqu'il a considéré que cette question n'avait pas d'influence sur l'issue du litige dont il avait à traiter ("la question de savoir si les conditions d'une reconsidération au sens de l'
art. 53 al. 2 LPGA
sont remplies en l'espèce, si l'OAIE y a à juste titre procédé et si le taux d'invalidité de 58 % qui en résulte est correct peut être laissée ouverte dans le cas présent" [consid. 4.3]). Faute pour le Tribunal administratif fédéral de s'être prononcé sur le bien-fondé d'une éventuelle reconsidération - question à l'origine de la cause -, la recourante ne pouvait à l'évidence se déclarer liée par le jugement de cette autorité.
5.4
Quoi qu'il en soit, le jugement entrepris n'a pas examiné la question de la modification du droit à la rente de la prévoyance professionnelle de l'assuré. Par conséquent, le recours doit être partiellement admis, le jugement attaqué annulé et la cause renvoyée à la juridiction cantonale pour qu'elle examine si, et le cas échéant à partir de quel moment, la recourante était en droit de réduire les prestations qu'elle allouait à l'assuré.
6.
Le cas échéant, la juridiction cantonale devra également examiner la question de savoir s'il doit être tenu compte, dans l'examen du droit aux prestations de la prévoyance professionnelle de l'assuré, de la dégradation de son état de santé intervenue au cours de l'année 2004.
6.1
Conformément à l'
art. 23 LPP
, les prestations sont dues par l'institution de prévoyance à laquelle l'intéressé est - ou était - affilié au moment de la survenance de l'événement assuré; dans la prévoyance obligatoire, ce moment ne coïncide pas avec la naissance du droit à
BGE 138 V 409 S. 419
la rente de l'assurance-invalidité selon l'
art. 28 al. 1 let. b LAI
, mais correspond à la survenance de l'incapacité de travail dont la cause est à l'origine de l'invalidité; les mêmes principes sont applicables en matière de prévoyance plus étendue, à tout le moins en l'absence de dispositions réglementaires ou statutaires contraires (
ATF 123 V 262
consid. 1b p. 264).
6.2
Selon la jurisprudence, l'événement assuré au sens de l'
art. 23 LPP
est donc uniquement la survenance d'une incapacité de travail d'une certaine importance, indépendamment du point de savoir à partir de quel moment et dans quelle mesure un droit à une prestation d'invalidité est né. La qualité d'assuré doit exister au moment de la survenance de l'incapacité de travail, mais pas nécessairement lors de l'apparition ou de l'aggravation de l'invalidité. Lorsqu'il existe un droit à une prestation d'invalidité fondée sur une incapacité de travail survenue durant la période d'assurance, l'institution de prévoyance concernée est tenue de prendre en charge le cas, même si le degré d'invalidité se modifie après la fin des rapports de prévoyance. Dans ce sens, la perte de la qualité d'assuré ne constitue pas un motif d'extinction du droit aux prestations au sens de l'
art. 26 al. 3 LPP
(
ATF 123 V 262
consid. 1a p. 263;
ATF 118 V 35
consid. 5 p. 45). Cependant, pour que l'institution de prévoyance reste tenue à prestations, après la dissolution du rapport de prévoyance, il faut non seulement que l'incapacité de travail ait débuté à une époque où l'assuré lui était affilié, mais encore qu'il existe entre cette incapacité de travail et l'invalidité une relation d'étroite connexité. La connexité doit être à la fois matérielle et temporelle (
ATF 130 V 270
consid. 4.1 p. 275). Il y a connexité matérielle si l'affection à l'origine de l'invalidité est la même que celle qui s'est déjà manifestée durant le rapport de prévoyance (et qui a entraîné une incapacité de travail). La connexité temporelle implique qu'il ne se soit pas écoulé une longue interruption de l'incapacité de travail; elle est rompue si, pendant une certaine période qui peut varier en fonction des circonstances du cas, l'assuré est à nouveau apte à travailler. L'institution de prévoyance ne saurait, en effet, répondre de rechutes lointaines plusieurs années après que l'assuré a recouvré sa capacité de travail (
ATF 123 V 262
consid. 1c p. 264;
ATF 120 V 112
consid. 2c/aa p. 117).
6.3
Les mêmes principes s'appliquent lorsque plusieurs atteintes à la santé concourent à l'invalidité. Dans cette hypothèse, il ne suffit pas de constater la persistance d'une incapacité de gain et d'une incapacité de travail qui a débuté durant l'affiliation à l'institution de prévoyance
BGE 138 V 409 S. 420
pour justifier le droit à une prestation de prévoyance. Il convient au contraire, conformément à l'
art. 23 LPP
, d'examiner séparément, en relation avec chaque atteinte à la santé, si l'incapacité de travail qui en a résulté est survenue durant l'affiliation à l'institution de prévoyance et est à l'origine d'une invalidité (arrêt du Tribunal fédéral des assurances B 32/05 du 24 juillet 2006 consid. 6 et la référence).
6.4
En considérant qu'il n'y avait "pas lieu d'entrer en matière sur les arguments de la défenderesse relatifs à sa non-responsabilité à l'endroit de nouvelles atteintes qui seraient survenues ou qui se seraient manifestées après la résiliation du contrat de prévoyance", la juridiction cantonale n'a pas tranché une question juridique, qui, dans l'hypothèse où les conditions autorisant la modification du droit à la rente étaient remplies, était susceptible, eu égard aux principes jurisprudentiels exposés ci-dessus, d'avoir une influence sur le droit aux prestations de la prévoyance professionnelle. Contrairement à ce que laisse entendre la juridiction cantonale, il ressort indubitablement des pièces médicales versées au dossier que l'assuré a présenté au cours de l'année 2004 de nouvelles atteintes à la santé, notamment une insuffisance cardiaque, qui ont péjoré son état de santé (voir le rapport du Centre X. du 27 juin 2007). | null | nan | fr | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e1a65246-b9cd-4544-bfd7-41f4c220e7aa | Urteilskopf
83 II 245
37. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Juni 1957 i.S. Aeberli gegen Scholl. | Regeste
Berufungsverfahren, Erfordernis der Streitwertangabe nach
Art. 55 Abs. 1 lit. a OG
.
1. Lastenbereinigung bei der Grundpfandverwertung. Gegenstand eines solchen Streites, Elemente der Bewertung.
2. Die Einholung einer nachträglichen Streitwertbestimmung bei der kantonalen Behörde nach
Art. 52 OG
, wegen Nichtbeachtung von
Art. 51 Abs. 1 lit. a OG
, steht im freien Ermessen des Bundesgerichts. Wird davon abgesehen, so ist auf eine der erforderlichen Streitwertangabe ermangelnde Berufung nicht einzutreten, es wäre denn, dass sich ein Streitwert von mindestens Fr. 4000.-- und allenfalls mindestens Fr. 8000.-- sonstwie ohne weiteres sicher ergibt. | Sachverhalt
ab Seite 246
BGE 83 II 245 S. 246
A.-
In einer Betreibung auf Grundpfandverwertung gegen Scholl hat an dem in dessen Eigentum stehenden, im 3. Range lastenden Inhaberschuldbrief von Fr. 30'000.-- der derzeitige Inhaber Aeberli ein Faustpfandrecht für eine Forderung an Dritte von Fr. 32'735.10 geltend gemacht und ist damit im Lastenverzeichnis anerkannt worden. Scholl bestritt Bestand und Umfang dieses Pfandrechts und klagte binnen der ihm angesetzten Frist auf dessen Aberkennung. Mit Urteil vom 27. November 1956 hiess das Obergericht des Kantons Zürich die Klage teilweise gut, indem es das bestrittene Pfandrecht nur für eine Forderung von Fr. 13'000.-- als zu Recht bestehend gelten liess.
B.-
Gegen dieses Urteil hat Aeberli Berufung eingelegt mit dem Antrag auf "endgültige Abweisung" der Klage, eventuell Rückweisung der Sache an das Obergericht zu neuer Beurteilung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
- Die Berufungsschrift ermangelt der in
Art. 55 Abs. 1 lit. a OG
vorgeschriebenen Streitwertangabe. Diese war nicht etwa deshalb überflüssig, weil die auf Fr. 32'735.10 bezifferte Forderung des Beklagten den Streitwert ohne weiteres erkennen liesse. Denn Gegenstand des Streites ist nicht diese (nicht gegen Scholl, sondern gegen einen Dritten gerichtete) Forderung als solche, sondern lediglich das dafür in Anspruch genommene Pfandrecht an einem Vermögensstück des Klägers, einem im 3. Rang auf dessen Grundstück lastenden Schuldbrief. Und zwar fällt bei der Grundpfandverwertung, auf die sich die Lastenbereinigung bezieht, nur der Wert der dem Schuldbrief zukommenden grundpfändlichen Sicherheit, nicht auch die daneben bestehende persönliche Haftung des Ausstellers (Schuldbriefschuldners) in Betracht, da in dieser Betreibung nur das Grundstück zu verwerten ist und es im vorliegenden Prozesse darum geht, ob ein Teil des Grundstückerlöses, eventuell welcher Betrag, auf diesen
BGE 83 II 245 S. 247
Schuldbrief entfallen und dem Beklagten als Faustpfandgläubiger zufallen werde. Somit hätte in der Berufungsschrift nach der eingangs angeführten Vorschrift angegeben werden müssen: a) der mutmassliche Grundstückerlös gemäss amtlicher Schätzung oder das allfällig schon vorliegende Ergebnis der Verwertung, b) der Betrag der Pfandvorgänge und c) der allenfalls für den 3. Rang zu erwartende Überschuss. Ob der Streitwert ausserdem maximal begrenzt sei durch den Betrag der in Betreibung stehenden (Kapital- oder allenfalls blossen Zins-) Forderung (vgl.
BGE 56 III 38
), kann dahingestellt bleiben, da über diese Forderung weder der Berufungsschrift noch den Urteilen der Vorinstanz (dem angefochtenen und dem frühern, auf Rückweisung an die erste Instanz lautenden) etwas zu entnehmen ist.
2.
- Das Fehlen der erforderlichen Streitwertangabe macht die Berufung unwirksam (
BGE 71 II 254
,
BGE 76 II 112
am Ende), es sei denn, der Streitwert sei im angefochtenen Entscheid angegeben oder sonst ohne weiteres mit Sicherheit erkennbar (
BGE 79 III 173
,
BGE 81 II 309
,
BGE 82 II 592
). Im vorliegenden Falle vermisst man die Streitwertangabe sowohl in der Berufungsschrift wie auch in den Urteilen der Vorinstanz, und es lässt sich auch nicht sonst (etwa mittelbar aus tatsächlichen Feststellungen) ohne weiteres erkennen, ob das Grundpfand für den Schuldbrief des 3. Ranges vermutlich mindestens in einem Betrag von Fr. 4000.-- Deckung biete, und, wenn ja, ob die Deckung immerhin auf weniger als Fr. 8000.-- zu werten sei oder ob sie diesen Betrag erreiche (was nach Art. 55 Abs. 1 hit. a OG im Hinblick auf
Art. 62 OG
noch speziell klarzustellen ist, vgl.
BGE 81 II 312
). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, in den Akten nach allfälligen Wertangaben zu forschen (
BGE 81 III 75
).
Die Unterlassung des Obergerichts, den Streitwert (soweit es ohne erhebliche Weiterung möglich war) gemäss
Art. 51 Abs. 1 lit. a OG
in seinem Entscheide festzustellen, bildet keinen Grund, über die Nichtbeachtung von
Art. 55
BGE 83 II 245 S. 248
Abs. 1 lit. a OG
durch den Berufungskläger hinwegzusehen. Dieser hat auch keinen Anspruch auf eine in der Berufungsinstanz, vom Präsidenten oder vom Gericht, nach
Art. 52 OG
anzuordnende Verbesserung, d.h. Ergänzung des angefochtenen Entscheides. Die Anwendung des
Art. 52 OG
liegt im Ermessen der Berufungsinstanz. Insbesondere das Fehlen einer Streitwertfeststellung im angefochtenen Entscheid ist kein Mangel, der in allen Fällen behoben werden müsste. Vielmehr ist der Streitwert in erster Linie in der Berufungsschrift anzugeben, und es muss daher, wenn die Berufungsinstanz keine weitern Massnahmen für angezeigt erachtet, bei den Folgen des vom Berufungskläger zu vertretenden Formmangels sein Bewenden haben.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten. | public_law | nan | de | 1,957 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1a9f917-57d5-4136-9a00-e0ff817cc624 | Urteilskopf
99 II 282
38. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 1er novembre 1973 dans la cause Florval SA contre Saxon, commune. | Regeste
1. Der Wortlaut einer Vertragsklausel ist nicht klar, wenn er nicht eine Antwort gibt, die der Logik des Geschäfts, wie sie die Parteien in guten Treuen verstehen durften, entspricht (Erw. I/1).
2. Das Bundesgericht darf im Berufungsverfahren die Vertragsauslegung überprüfen. Hingegen ist es an die Feststellung über tatsächliche Verhältnisse und über den innern Willen der Parteien gebunden (Bestätigung der Rechtsprechung. Erw. I/2).
3. Eine Gesellschaft verstösst gegen Treu und Glauben, wenn sie keine Bilanz errichten will, obwohl die Voraussetzungen von
Art. 725 Abs. 2 OR
hiefür erfüllt sind, weil sie den Eintritt der Bedingung für die Ausübung eines Rückkaufsrechts verhindern will (Erw. II/2).
4. Anwendungsfall von
Art. 156 OR
(Erw. II/3).> | Sachverhalt
ab Seite 283
BGE 99 II 282 S. 283
A.-
La société anonyme Florval (ci-après: la société) a été fondée le 18 février 1954. Son capital initial était de 150 000 fr.; son but: la fabrication de conserves de fruits et légumes.
Durant les cinq premières années d'exploitation, la société a enregistré une perte annuelle moyenne de 30 000 fr. et a ainsi absorbé son capital. En 1959, elle a alors procédé à un assainissement et a porté son capital à 400 000 fr.
B.-
La commune de Saxon (ci-après: la commune) a participé à cette opération par l'apport d'un terrain de 4338 m2, pour permettre à la société d'y ériger une fabrique. En paiement, la commune a reçu 20 actions du nominal de 1000 fr. chacune. Elle a ainsi apporté le terrain au prix de 4 fr. 60 le m2, alors qu'elle l'avait acquis dix ans plus tôt à 20 fr. le m2; en 1959, sa valeur vénale dépassait 200 000 fr.
Le contrat d'apports en nature, notarié Morand, du 17 août 1959, contient la clause suivante:
"Il est constitué sur la parcelle cédée et sur tous les bâtiments pouvant y être édifiés un droit de réméré en faveur de la commune de Saxon, pour une durée de dix ans.
Ce droit pourra s'exercer en cas de dissolution de la société Florval SA Le prix de rachat sera fixé par deux experts désignés par les parties. A défaut d'entente sur le choix des experts, chaque partie désignera son expert, lesquels désigneront un expert-président. En cas de non-construction, le droit de réméré sera exercé au prix de 20 000 fr."
Les affaires de la société n'ont pas bien marché. Des pertes ont été enregistrées au cours de chacun des exercices. A plusieurs reprises, dès 1961 déjà, l'organe de contrôle a signalé que la présentation du bilan n'était pas conforme aux exigences légales
BGE 99 II 282 S. 284
et, en 1968, les comptes faisaient apparaître une situation d'insolvabilité.
Le 31 janvier 1969, l'autorité communale de Saxon a écrit à la société qu'il apparaissait, d'après les comptes et rapports de vérification, qu'elle se trouvait dans l'obligation de déposer le bilan. La commune ajoutait avoir le sentiment que la société cherchait à prolonger son existence jusqu'à l'échéance du droit de réméré. Un redressement de la situation paraissant exclu, elle demandait à reprendre le terrain cédé et à faire estimer par des experts le bâtiment qui y avait été implanté. Elle offrait enfin, si la société entendait continuer l'exploitation de la fabrique, de prolonger de cinq ans le droit de réméré.
Cette dernière proposition suscita des négociations, qui n'aboutirent pas.
Le 27juin 1969, Florval a procédé à un nouvel assainissement: elle a réduit son capital social de 400 000 fr. à 50 000 fr. par la réduction de la valeur nominale des actions de 1000 fr. à 250 fr., et l'a ensuite porté à 200 000 fr. par l'émission de 150 000 fr. d'actions nouvelles souscrites par la Caisse d'épargne du Valais, qui a libéré ce montant en compensation avec une créance contre la société.
Dans les exercices 1970-1971, la société a tenté de repartir sur de nouvelles bases en mettant au point de nouveaux produits. Mais elle dut cesser toute exploitation dès le 30 avril 1972. Sa fabrique est désaffectée, les machines enlevées. Un employé s'occupe de réaliser le stock de marchandises.
C.-
Le 10 juillet 1969, la commune de Saxon a assigné la société devant le Tribunal cantonal du Valais, en faisant valoir son droit de réméré.
Le 20 décembre 1972, le Tribunal a accueilli la demande de la commune; il a dès lors constaté que celle-ci pouvait exercer le droit de réméré créé par l'acte du 17 août 1959 et prononcé que la société était tenue de lui restituer son apport en nature contre paiement de 20 000 fr. pour le terrain et de la valeur des bâtiments fixée à dire d'experts.
D.-
La société recourt en réforme contre ce jugement. Elle conclut au rejet de la demande de la commune et à la radiation de l'annotation du pacte de réméré.
La commune conclut au rejet du recours.
BGE 99 II 282 S. 285
Erwägungen
Considérant en droit:
I.1.
Lorsque le texte d'un contrat est clair, il n'y a pas lieu de dénaturer son sens par la recherche d'une interprétation fondée sur des éléments extrinsèques à la convention. En l'espèce, le texte de la convention de réméré paraît à première vue donner une solution complète et nette au problème du prix de rachat de l'apport communal: si le terrain est bâti, des experts arrêteront la valeur du sol et des bätiments; s'il ne l'est pas, le prix de rachat sera fixé à 20 000 fr.
Cependant, cette solution simple ne peut correspondre à la volonté commune des parties à la convention. En faisant un apport à des conditions très avantageuses, la commune entendait favoriser l'implantation d'une fabrique utile à la région et non pas consentir à un sacrifice en faveur d'une société privée. Tel aurait pourtant été le cas si celle-ci avait construit, puis abandonné son activité et que l'intimée ait dû racheter à sa valeur vénale un terrain quasiment donné.
Si l'on prête ainsi à la convention de réméré le sens qu'elle semble avoir à première lecture, l'opération apparaît contraire au but que devait normalement se proposer l'intimée, inconciliable avec ses intérêts et génératrice, en cas de dissolution de la société, d'un bénéfice important aux dépens de la collectivité.
La clause litigieuse ne fournit donc pas au problème du prix de réméré une réponse qui satisfait à la logique de l'opération telle que, de bonne foi, les parties devaient la considérer. Elle ne peut être réputée un texte clair.
Il se justifie dès lors, en conformité de l'art. 18 CO, de déterminer, en recourant à des éléments extrinsèques au besoin, la volonté commune et réelle des parties.
I.2.
Selon une jurisprudence constante, le Tribunal fédéral, saisi d'un recours en réforme, peut revoir l'interprétation des contrats, soit la constatation de la portée qu'a, selon les règles de la bonne foi et l'expérience générale de la vie, une déclaration de volonté. Il est en revanche lié par la constatation des faits externes et de la volonté dite interne des parties (RO 96 II 333 et les arrêts cités).
BGE 99 II 282 S. 286
a) L'autorité cantonale a constaté souverainement que mis à part l'actuel président de l'administration de la recourante, ancien directeur de la Caisse d'épargne du Valais, toutes les personnes qui ont participé aux négociations relatives au contrat d'apport - y compris l'un des deux signataires de l'acte pour la société et le notaire qui l'a instrumenté - ont compris la clause de réméré en ce sens que l'estimation des experts devait, en cas de construction, se limiter aux bâtiments, le prix de rachat du terrain étant arrêté à la valeur de l'apport, soit 20 000 fr.
Il n'est cependant pas établi que les deux représentants de la recourante, signataires de l'acte d'apport, aient compris la clause de réméré dans le sens que lui donne l'intimée. Il faut dès lors déterminer quel était le sens que, raisonnablement et de bonne foi, les représentants de la société devaient donner à la clause litigieuse.
b) A cet égard, les circonstances dans lesquelles la signature de la convention d'apport est intervenue sont déterminantes, de même que les rapports entre parties, ultérieurs à la signature de l'acte. Or de nombreux indices parlent en faveur de la thèse soutenue par l'intimée.
Il est établi que la commune de Saxon désirait favoriser l'implantation d'une industrie améliorant l'écoulement des produits fruitiers de la région. Elle n'entendait en revanche ni faire un don à l'intimée, ni prendre une participation commerciale active à la marche de la société. C'est la raison pour laquelle elle a fait un apport à des conditions très avantageuses. Mais elle s'est réservé un droit de réméré de longue durée pour limiter sa largesse à une entreprise qui fonctionne et rende les services attendus. Ce faisant, elle s'est d'ailleurs conformée à la pratique des communes valaisannes, que les signataires de la convention d'apport devaient connaître. Les représentants de l'intimée ne pouvaient donc raisonnablement et de bonne foi considérer qu'il leur suffisait d'édifier une construction quelconque pour que la commune dût, en cas de dissolution, leur reprendre à la valeur vénale le terrain qu'elle leur avait pratiquement donné.
Le droit de réméré s'exerce, sauf stipulation contraire, au prix de vente; dans la règle, le prix n'a ainsi pas à être indiqué dans la clause de réméré (HAAB-SIMONIUS, Kommentar, n. 12 ad art. 683; MEIER-HAYOZ, Kommentar, n. 39 ad art. 683). Aussi bien doit-on admettre avec prudence que les parties auraient convenu d'une dérogation à ce principe naturel. En l'espèce, une
BGE 99 II 282 S. 287
précision n'était nécessaire que pour l'évaluation de la valeur d'éventuels bâtiments. Cette hypothèse seule justifiait une exception au principe général.
Au cours des années, l'organe de contrôle, de même que les experts judiciaires qui ont analysé la situation de la société en cours de procédure, ont marqué la plus grande hésitation à admettre, même dans un bilan de liquidation, une estimation du terrain supérieure à 20 000 fr., en raison de la clause de réméré, qu'ils ont comprise de la même manière que la commune.
Enfin, bien que la commune n'ait jamais dissimulé son interprétation de la clause de réméré, la société s'est abstenue de tirer la situation au clair. Elle n'a jamais fait savoir à l'intimée comment elle comprenait la clause et n'a pas provoqué de décision judiciaire à ce sujet. Au contraire, elle a visiblement cherché à gagner du temps, ne tenant pas d'assemblée générale après le rapport formel des contrôleurs sur l'exercice 1967, et révoquant le contrôleur aux comptes pour le remplacer par un employé de la Caisse d'épargne du Valais.
Inversement, le fait que le procès-verbal de la séance du Conseil communal de Saxon, au cours de laquelle l'apport a été décidé, contienne la même ambiguïté que la convention n'est pas déterminant. En effet, il se borne à arrêter les grands traits de l'accord passé entre la commune et la société en posant d'ailleurs des conditions différentes à l'exercice du droit de réméré que celles qui ont été finalement retenues. C'est donc sur une base autre que la convention actuelle a été mise sur pied.
Si la Caisse d'épargne du Valais a consenti à un sacrifice en faveur de la société lors de l'assainissement de 1959, cela ne permet pas non plus de penser que l'intimée aurait été disposée à en faire autant. En effet, la Caisse d'épargne réalisait une opération commerciale, alors que l'intimée était mue par des mobiles d'utilité publique; elle ne pouvait être présumée vouloir prendre des risques, sans contrepartie, en l'unique faveur des actionnaires.
Il apparaît ainsi que la convention de réméré devait, raisonnablement et de bonne foi, être interprétée dans ce sens que l'intimée était en droit - pour autant que les conditions du droit de réméré fussent réalisées - de racheter le terrain à la valeur fixée pour l'apport, soit 20 000 fr., le prix de rachat des bâtiments qui y ont été construits devant être fixé à dire d'experts.
BGE 99 II 282 S. 288
II.1.
Au sens de l'art. 725 CO, s'il existe des raisons sérieuses d'admettre que la société n'est plus solvable, l'administration doit dresser un bilan intérimaire, où les biens sont portés pour leur valeur vénale. Si, sur le vu de ce bilan, l'actif ne couvre pas les dettes, l'administration est tenue d'en informer le juge, qui, en règle générale, déclare la faillite de la société.
II.2.
Les faits retenus par l'autorité cantonale font ressortir l'intention délibérée et constante de l'administration de la société de retarder l'échéance du dépôt du bilan. Elle a ainsi ignoré les avis de plus en plus catégoriques de l'organe de contrôle, qui, depuis le premier exercice suivant l'assainissement de 1959, a signalé que les bilans n'étaient pas établis conformément aux dispositions légales et a dénoncé tant la surestimation des postes actifs que l'omission de postes passifs.
Le droit de réméré pouvait être exercé au montant de l'apport, soit 20 000 fr. C'est pour cette somme que le terrain devait figurer au bilan. Dans ces conditions, la moitié du capital social n'était pas couverte dès fin 1966 et, dès la fin de 1967, l'actif ne couvrait plus les dettes. Cette situation a été relevée par les contrôleurs des comptes. L'administration s'est alors abstenue de convoquer l'assemblée générale en 1968. Or l'exercice de cette année s'est également révélé déficitaire.
Il apparaît ainsi que la recourante n'a pas déposé son bilan alors que les conditions de l'art.725 al. 2 CO étaient réunies; elle a agi dans le but manifeste d'empêcher l'avènement de la condition mise à l'exercice du droit de réméré. Un tel comportement est de toute évidence incompatible avec les règles de la bonne foi.
II.3.
Il reste à déterminer si le comportement de la recourante, en soi contraire à la bonne foi, a objectivement empêché l'avènement de la condition d'exercice du droit de réméré (art. 156 CO).
En l'espèce, le point est de savoir si la société aurait été dissoute dans l'hypothèse où son administration aurait agi selon la loi.
L'avis d'insolvabilité au juge est un dépôt de bilan. Le juge doit déclarer la faillite. C'est un cas particulier d'application de la faillite sans poursuite préalable, sur déclaration du débiteur (art. 191 LP).
BGE 99 II 282 S. 289
Le juge ne peut ajourner la déclaration de faillite que si l'assainissement de la société paraît probable.
Or tel n'est manifestement pas le cas en l'espèce: la recourante a enregistré une série continue d'exercices déficitaires pendant une quinzaine d'années, qui ont englouti plus d'un demi-million. Un rétablissement de dernière heure apparaissait des plus improbables. Seul un assainissement financier effectif, fondé sur une nouvelle structure économique assurant à l'entreprise une activité rentable et des débouchés pour ses produits, aurait permis d'envisager l'avenir avec optimisme. Or ces conditions ne sont pas réalisées.
En 1969, la société a bien procédé à un assainissement. Mais d'une part cette mesure était tardive, la société étant insolvable depuis deux ans (art. 725 al. 3 et 4 CO; RO 76 I 162). D'autre part, les mesures envisagées (réduction du capital, avec émission de nouvelles actions) ne pouvaient avoir d'effet favorable sur la marche de la société parce que les nouvelles actions étaient souscrites par la Caisse d'épargne du Valais en compensation d'une créance contre la société. Mise à part une économie d'intérêts, il n'y avait aucun apport nouveau, de nature à équilibrer l'exploitation.
La preuve de la vraisemblance d'un ajournement de la faillite n'est ainsi pas rapportée et la faillite aurait dû être déclarée même après ces mesures d'assainissement, si la recourante s'était conformée aux règles posées par l'art. 725 CO.
A cela s'ajoute encore que, de toutes manières, l'ajournement ne pouvait avoir d'effet rétroactif. Lorsque l'intimée a exercé son droit de réméré, par déclaration écrite du 31 janvier 1969, la recourante était en état constaté d'insolvabilité depuis plus d'un an et le bilan aurait dû être déposé depuis longtemps. La condition mise à l'exercice du droit de réméré, soit la dissolution de la société par l'ouverture de la faillite (art. 736 ch. 3 CO), devait donc être réputée réalisée lorsque la commune a exercé son droit.
La recourante a ainsi retardé sa dissolution en violation des dispositions légales et sans égard aux règles de la bonne foi. L'intimée était fondée, dans ces conditions, à faire valoir son droit de réméré.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette le recours et confirme le jugement attaqué. | public_law | nan | fr | 1,973 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1ab1502-ebae-4aec-bac3-4303c1bc618c | Urteilskopf
103 Ia 272
46. Extrait de l'arrêt du 5 octobre 1977 en la cause Barber contre Conseil d'Etat du canton de Genève | Regeste
Ausübung von Medizinalberufen und medizinischen Hilfsberufen. Übergangsbestimmungen. Gesetzmässigkeit. Verhältnismässigkeit.
Art. 4 und
Art. 31 BV
.
1. Vom Gesetzgeber kann nicht verlangt werden, dass er selbst die Probleme des Übergangsrechts bis ins kleinste Detail regelt.
2. Die Anwendung eines neuen Gesetzes, das ausschliesslich Inhabern der eidg. Meisterprüfung die Anpassung von Kontaktlinsen vorbehält, auch auf Augenoptiker, die eine lange Berufserfahrung auf diesem Gebiet aufweisen können, verstösst nicht gegen
Art. 31 BV
, wenn diesen genügend Zeit eingeräumt wurde, sich den neuen Anforderungen anzupassen. | Sachverhalt
ab Seite 273
BGE 103 Ia 272 S. 273
La profession d'opticien-lunetier ne faisait, jusqu'en 1969, l'objet d'aucune réglementation dans le canton de Genève. C'est la loi du 9 mai 1969, entrée en vigueur le 1er juillet de la même année, qui a érigé désormais cette activité en profession auxiliaire au sens de la loi sur l'exercice des professions médicales et des professions auxiliaires, du 11 décembre 1926 (LPM).
De son côté, le Conseil d'Etat a pris, en date du 27 juin 1969, un règlement modifiant le règlement d'exécution de la LPM, du 25 octobre 1927 (ci-après: RPM). Ce règlement, qui est entré en vigueur le 1er juillet 1969, a introduit dans le RPM un chapitre XXI A, nouveau, intitulé "Profession d'opticien-lunetier" (art. 123 A à 123 L).
Selon ces dispositions, la profession d'opticien-lunetier comprend désormais deux groupes de praticiens: les praticiens du "groupe a", soit les praticiens titulaires du diplôme fédéral de maîtrise de la profession ou d'un titre jugé équivalent par la Commission de surveillance des professions médicales et auxiliaires, et les praticiens du "groupe b", soit les praticiens titulaires du certificat fédéral de capacité de la profession ou d'un titre jugé équivalent par la prédite commission (art. 123 A). Seuls les praticiens du groupe a pouvaient procéder aux examens objectif et subjectif de la vue et exécuter celles des ordonnances et prescriptions des médecins-oculistes qui prévoient l'application et l'ajustage des verres de contact (art. 123 B).
Quant à l'art. 123 I RPM, il prévoit notamment ce qui suit:
"Art. 123 I al. 4 (nouveau).- Celui qui, titulaire du certificat mentionné à l'article 123 A, lettre b, pratiquait le 30 juin 1969 l'application et l'ajustage des verres de contact est autorisé à poursuivre cette activité jusqu'au 30 juin 1975. Au-delà de cette date, le diplôme mentionné à l'article 123 A, lettre a, est exigible. Toutefois ce délai peut être prorogé jusqu'à la date de la prochaine session d'examen pour celui qui a subi un échec à l'examen de 1975 ou qu'une raison de force majeure a empêché de prendre part à l'examen."
Maurice Barber a obtenu en 1952 son certificat de fin d'apprentissage d'opticien, puis, en 1958, son certificat fédéral de capacité d'opticien-lunetier. Il a suivi, en septembre 1962, un cours de perfectionnement de douze jours à la "Höhere Fachschule für Augenoptik", à Cologne. En 1953, il a ouvert à Genève un magasin spécialisé notamment dans les prothèses
BGE 103 Ia 272 S. 274
oculaires et verres de contact. Il affirme avoir été le premier à introduire en Suisse la technique des verres de contact et avoir été longtemps le seul opticien pratiquant en Suisse l'application et l'ajustage de verres de ce genre. Il produit à l'appui de ses dires de nombreux certificats émanant de divers médecins-oculistes, datés, les plus anciens, de 1954, et les plus récents, de 1969, et qui, tous, attestent sa compétence dans ce domaine. Il n'est pas titulaire du diplôme fédéral de maîtrise.
Le 8 juillet 1975, le Chef du Département de la prévoyance sociale et de la santé publique a confirmé à Maurice Barber qu'en raison de la législation actuellement en vigueur, et plus précisément de l'art. 123 I al. 4 RPM, le diplôme fédéral de maîtrise de la profession d'opticien-lunetier était exigible, dès le 1er juillet 1975, pour pratiquer l'application et l'ajustage de verres de contact.
Débouté, sur recours, par le Conseil d'Etat, Maurice Barber a interjeté un recours de droit public pour violation des
art. 4 et 31 Cst.
, que le Tribunal fédéral a rejeté.
Erwägungen
Extrait des considérants:
3.
a) Il est exact que selon la jurisprudence, une délégation de pouvoir du législateur à l'exécutif doit, pour être valable, notamment contenir des directives quant à l'objet, au but et à l'étendue de la compétence accordée (
ATF 100 Ia 161
/162 et les arrêts cités). Il n'y a pas lieu de rechercher ici si, dans son ensemble, la réglementation arrêtée par le Conseil d'Etat en matière d'exercice de la profession d'opticien-lunetier peut se fonder sur une délégation régulière au regard de cette jurisprudence. Seule est litigieuse la constitutionnalité de la disposition transitoire de l'art. 123 I RPM. Or on ne saurait exiger du législateur qu'il règle lui-même jusque dans les derniers détails les problèmes de droit transitoire. On doit au contraire reconnaître en cette matière une certaine latitude au pouvoir exécutif. Même si une disposition transitoire qui, comme celle de l'art. 123 I RPM, porte sur les modalités d'exercice d'une profession, peut avoir des conséquences importantes pour les intéressés, ceux-ci apparaissent suffisamment protégés par les principes généraux, notamment celui de proportionnalité, auxquels le pouvoir exécutif doit, de toute manière, se conformer. On doit donc considérer que l'art. 1231 RPM peut se fonder valablement sur l'
art. 72 al. 1 LPM
.
BGE 103 Ia 272 S. 275
Cette réglementation apparaît d'autant moins critiquable dans le cas particulier que, prévenu par sa commission de l'intention du Conseil d'Etat d'exiger des intéressés qu'ils satisfassent aux nouvelles exigences légales dans un délai de cinq ans, le Grand Conseil n'a manifesté aucune opposition. On peut donc considérer qu'il a approuvé la solution envisagée à l'époque par le Conseil d'Etat et qui s'est traduite, en définitive, par l'adoption de l'art. 123 I RPM dans sa version actuelle (cf.
ATF 98 Ia 953
).
Le moyen tiré de l'absence de base légale de cette disposition doit donc être écarté.
6.
Invoquant l'
art. 31 Cst.
, le recourant estime qu'en ne respectant pas "les droits des opticiens déjà établis", le Conseil d'Etat est allé au-delà de ce qu'exigeait l'intérêt public et, partant, a violé le principe de proportionnalité. Il considère comme "aberrant et choquant qu'un commerçant pratiquant depuis 25 ans sans le moindre accident soit tout d'un coup considéré comme dangereux pour ses clients alors qu'il a introduit la technique des verres de contact en Suisse et en fut longtemps le seul utilisateur dans notre pays". Il reproche en outre au Conseil d'Etat d'avoir fait preuve d'incohérence en autorisant la poursuite pendant cinq ans d'une activité "pourtant considérée, depuis le 1er juillet 1969, comme comportant pour le public des risques tels qu'un contrôle de leur compétence s'imposait".
a) C'est à tort, tout d'abord, que le recourant reproche au Conseil d'Etat d'avoir fait preuve d'incohérence en prévoyant un délai d'adaptation de cinq ans. A peine de s'exposer au grief de violation du principe de proportionnalité, il n'est pas possible d'ignorer entièrement les situations acquises existant au moment où une loi (ou des exigences légales aggravées) entre en vigueur. Si souhaitable qu'il puisse paraître de la voir s'appliquer immédiatement dans son intégralité et sans exception, il peut s'avérer nécessaire de laisser un certain délai aux intéressés pour leur donner le temps de s'adapter aux nouvelles exigences. Mais cela ne signifie en aucune manière que ces exigences seraient en elles-mêmes excessives. Il s'agit simplement d'une entorse, d'ailleurs purement provisoire, à des exigences qui, comme telles, conservent toute leur légitimité. C'est précisément le sens de la disposition transitoire arrêtée par le Conseil d'Etat. Le délai de cinq ans paraît,
BGE 103 Ia 272 S. 276
certes, relativement long, mais il se justifie, compte tenu des exigences considérablement accrues introduites par la nouvelle de 1969 et du très gros effort d'adaptation qu'elles impliquent de la part des intéressés. De ce point de vue, la réglementation arrêtée par le Conseil d'Etat échappe donc à toute critique.
b) Avec raison, le recourant ne conteste pas que, pratiqués par une personne ne possédant pas les connaissances et la compétence voulues, l'application et l'ajustage de verres de contact peut impliquer des risques graves pour la santé et, tout particulièrement, pour la vue du patient. Ces risques ont été résumés notamment par le Professeur STREIFF, dans un exposé présenté en novembre 1968 devant l'assemblée générale de l'Association professionnelle des opticiens suisses de formation supérieure (reproduit in L'Opticien suisse, 1969, p. 11 ss). Le Professeur STREIFF soulignait l'importance qu'il y avait de déterminer dans chaque cas "si les verres de contact ou lentilles cornéennes conviennent au cas en question" et il soulignait le rôle important que joue, de ce point de vue, "l'état de la cornée, autant que celui de la rétine, du fond de l'oeil". Emanant d'un directeur de clinique et de policlinique universitaire, cet avis peut être considéré comme particulièrement autorisé. Aussi bien la presse professionnelle s'est-elle fait, depuis de nombreuses années, l'écho de cette préoccupation et l'Association suisse des opticiens, plus précisément sa Commission pour le perfectionnement professionnel, avait-elle proposé en 1968 déjà l'instauration d'un examen spécial pour l'adaptation de verres de ce genre (cf. L'Opticien suisse, 1968, p. 279). C'est, semble-t-il, à la suite de ces démarches que l'OFIAMT s'est déclaré en principe d'accord de reconnaître un tel examen comme examen complémentaire à celui de la maîtrise fédérale. Par la suite, un nouveau "règlement de l'organisation des examens supérieurs pour la profession d'opticien et des examens complémentaires pour l'adaptation des lentilles de contact" (ci-après: le règlement fédéral) a été effectivement adopté le 4 juillet 1972 par l'Association suisse des opticiens et l'Association professionnelle des opticiens suisses de formation supérieure, règlement qui a été ratifié à la même date par le Département fédéral de l'économie publique et qui est entré en vigueur immédiatement, remplaçant le règlement antérieur sur le même objet, du 15 novembre 1967. C'est dire combien tant les organisations professionnelles
BGE 103 Ia 272 S. 277
concernées que les autorités compétentes dans ce domaine ont pris ce risque au sérieux. Il se justifie donc sans aucun doute de poser en cette matière des exigences très strictes et de réserver l'application et l'ajustage des verres de contact à ceux-là seulement qui, comme les titulaires du diplôme de maîtrise fédérale, ont fait la preuve qu'ils possèdent les aptitudes et les connaissances requises pour satisfaire dans leur profession à des exigences élevées (art. 38 al. 2 de la loi fédérale du septembre 1963 sur la formation professionnelle; cf. une formulation analogue à l'art. 51 du projet de nouvelle loi sur la formation professionnelle, FF 1977 p. 778).
c) S'agissant de personnes qui se trouvent en cours de formation professionnelle et, partant, n'ont encore jamais exercé leur profession de manière indépendante, il saute aux yeux que cette preuve ne peut être administrée que par la réussite de l'examen de maîtrise, le cas échéant par la réussite, en outre, de l'examen complémentaire spécial. Les réglementations actuellement en vigueur dans les cantons de Berne et de Fribourg réservent d'ailleurs d'ores et déjà l'application et l'ajustage des verres de contact aux seuls titulaires de ce certificat complémentaire (cf. ordonnance bernoise sur les opticiens, du 1er mai 1974, art. 3 al. 3, et arrêté fribourgeois du 26 décembre 1973 concernant l'exercice de la profession d'opticien, art. 3 al. 3).
La question se pose différemment pour les opticiens qui, sans être titulaires du diplôme de maîtrise fédérale, peuvent cependant se réclamer d'une longue pratique en matière d'application et d'ajustage des verres de contact. Certes, l'importance des intérêts publics qui se trouvent en jeu (cf. ci-dessus lettre b) justifie sans aucun doute qu'ils soient astreints, eux aussi, à une épreuve pratique de leurs aptitudes dans ce domaine, comme le Conseil d'Etat genevois l'avait du reste prévu, entre 1969 et 1971, en matière d'examen subjectif de la vue. S'agissant de l'exercice de la profession de chiropraticien, que le canton de Berne venait de subordonner à la réussite d'un examen cantonal, le Tribunal fédéral a jugé qu'il n'était pas contraire au principe de la proportionnalité d'exiger des chiropraticiens déjà établis qu'ils se soumettent à un examen d'aptitude de caractère essentiellement pratique, dès lors que cet examen pouvait être passé en tout temps sans préparation spéciale (
ATF 96 I 144
/145 consid. 5). A plus forte raison doit-il en
BGE 103 Ia 272 S. 278
aller de même en ce qui concerne l'application et l'ajustage de verres de contact par des opticiens déjà établis.
Beaucoup plus délicate est, en revanche, la question de savoir si une telle épreuve pratique, incontestablement nécessaire comme on vient de le voir, peut également être considérée comme suffisante au regard des intérêts qu'il s'agit de protéger ou si, au contraire, ces intérêts exigent que des opticiens déjà établis et ayant pratiqué de nombreuses années durant l'application et l'ajustage des verres de contact soient astreints à passer un examen complet de maîtrise.
Il faut considérer, à cet égard, que c'est aux autorités cantonales qu'il appartient au premier chef d'apprécier quelles sont, en matière d'exercice des professions paramédicales, les mesures qui s'imposent dans l'intérêt de la santé publique. Sans doute doivent-elles, ce faisant, se conformer aux principes découlant de l'
art. 31 Cst.
et le Tribunal fédéral revoit-il en principe librement si elles ont violé, notamment, le principe de la proportionnalité tel qu'il résulte de cette disposition. S'agissant toutefois de problèmes de nature essentiellement technique, il s'impose une certaine réserve. Une telle réserve est d'autant plus justifiée lorsque, comme en l'espèce, la réglementation transitoire dont il s'agit a fait l'objet de délicates négociations entre le Conseil d'Etat, des représentants du Parlement et les organisations professionnelles, et qu'elle se présente ainsi comme une solution de compromis (cf. ci-dessus consid. 5; sur ce point, cf. également
ATF 96 I 145
). Le Tribunal fédéral ne pourrait donc censurer cette réglementation que si de sérieuses raisons la faisaient apparaître comme contraire à l'
art. 31 Cst.
Tel n'est pas le cas. Il est incontestable que l'application et l'ajustage de verres de contact impliquent des connaissances théoriques extrêmement poussées, plus poussées même que celles qui sont nécessaires à la pratique indépendante de la profession en qualité de maître opticien: l'évolution de la réglementation des examens professionnels supérieurs sur le plan fédéral est à cet égard tout à fait significative. La solution arrêtée par le Conseil d'Etat genevois demeure du reste en retrait par rapport à ces exigences. Il peut certes paraître très rigoureux d'astreindre à un examen complet de maîtrise même les opticiens établis ayant déjà pratiqué, peut-être de nombreuses années durant, l'application et l'ajustage des verres de
BGE 103 Ia 272 S. 279
contact. Dès lors, toutefois, que certaines garanties s'avéraient indispensables dans l'intérêt même de la santé publique, on ne saurait reprocher aux autorités genevoises leur volonté de faire en sorte que ces garanties s'appliquent à l'ensemble de la profession. En fixant un délai, relativement long on l'a vu, de 5 ans aux opticiens déjà établis pour s'adapter aux nouvelles exigences, elles ont suffisamment tenu compte de la situation particulière dans laquelle se trouvaient ces derniers. Il est du reste significatif que, des 25 opticiens (sur 32 qui se trouvaient dans la même situation que le recourant) qui ont réussi l'épreuve pratique d'aptitude en matière d'examen subjectif de la vue, tous ne se soient pas présentés à l'examen de maîtrise et que, sur ceux qui s'y sont soumis, 4 seulement l'aient réussi. Dans ces conditions, la solution retenue par les autorités genevoises ne saurait être taxée d'excessive.
Il faut relever enfin que l'opticien établi qui ne pourrait ou ne voudrait pas s'astreindre à un examen complet de maîtrise et se verrait, en conséquence, privé de la possibilité de poursuivre l'application et l'ajustage des verres de contact, ne serait pas pour autant contraint de fermer boutique. Il pourrait même conserver son département des verres de contact en le confiant à un associé qui, lui, posséderait les titres nécessaires. L'exigence d'un diplôme de maîtrise n'aurait donc nullement pour conséquence l'anéantissement économique d'opticiens établis. De ce point de vue également, elle ne paraît pas excessive. | public_law | nan | fr | 1,977 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e1ad0711-dd98-47b5-ae10-03573b232a43 | Urteilskopf
81 III 133
36. Sentenza 15 dicembre 1955 nella causa A. Manfredi & Co., "La Tecnografica". | Regeste
Rechtsstillstand wegen Militärdienstes (
Art. 57 SchKG
).
Die Ausfällung des Urteils im Forderungsprozess nach
Art. 79 SchKG
ist trotz der darin eingeschlossenen definitiven Rechtsöffnung keine Betreibungshandlung. | Sachverhalt
ab Seite 134
BGE 81 III 133 S. 134
A.-
In data 4 luglio 1955, a Gianella veniva notificato un precetto esecutivo per l'importo di 87 fr. 10 più gli interessi, dovuto alla ditta A. Manfredi & Co. per la revisione di una macchina da scrivere secondo fattura 31 luglio 1954. Gianella formava opposizione e dal 5 al 27 settembre si recava in servizio militare. Adito dalla creditrice, il Giudice di pace di Pregassona decideva, in data 10 settembre 1955: "L'istanza 12 luglio 1955 è accolta e di conseguenza l'opposizione interposta al precetto esecutivo N. 22 091 è respinta in via definitiva." Fondandosi su tale giudizio, la creditrice chiedeva il proseguimento dell'esecuzione. Contro l'avviso di pignoramento notificatogli il 14 ottobre 1955, Gianella si aggravava all'Autorità cantonale di vigilanza, la quale - con decisione 21 novembre 1955 - accoglieva il reclamo del debitore e annullava l'avviso di pignoramento.
B.-
In tempo utile, la creditrice ha interposto ricorso al Tribunale federale, chiedendo in via principale che il reclamo del debitore sia dichiarato irricevibile e in via subordinata che la questione della validità o meno della sentenza di merito rimanga impregiudicata.
L'Autorità cantonale di vigilanza e il debitore hanno concluso per la conferma della decisione querelata.
Erwägungen
Considerando in diritto:
In virtù dell'art. 57 LEF, l'esecuzione diretta contro un debitore in servizio militare è sospesa fintantochè dura il servizio. Di conseguenza, gli atti d'esecuzione compiuti durante il servizio militare sono nulli d'ufficio, con l'effetto che l'escusso può limitarsi a impugnare l'atto di
BGE 81 III 133 S. 135
esecuzione successivo al suo ritorno dal servizio (RU 67 III 69 e 73).
In concreto, soltanto la procedura davanti al Giudice di pace si è conclusa durante il servizio militare. Contro l'avviso di pignoramento stesso e le circostanze in cui è stato emanato e notificato, il debitore non ha sollevato obiezioni atte a giustificarne l'annullamento. Occorre dunque esaminare qui unicamente se la procedura che ha condotto alla decisione 10 settembre 1955 del Giudice di pace fosse o meno un atto di esecuzione.
A questo riguardo, l'Autorità cantonale di vigilanza rileva nelle sue osservazioni al ricorso che la sentenza del Giudice di pace è bensì un giudizio di merito ma che essa dev'essere considerata nulla poichè il giudice si è nel contempo pronunciato sul rigetto dell'opposizione e ha così compiuto un atto esecutivo. Questo ragionamento non può essere condiviso. Infatti, che il giudice di pace non abbia in realtà compiuto un atto esecutivo risulta già dalla circostanza che la sentenza non è fondata sugli
art. 80 sgg
. LEF ma sulle disposizioni del Codice delle obbligazioni e sull'
art. 376 PCT
disciplinante le spese nelle sentenze di merito. Quando poi si consideri che la creditrice ha adito il Giudice di pace giustificando il suo credito con una fattura, appare evidente che la procedura contestata dev'essere considerata come una procedura ordinaria giusta l'art. 79 LEF e non come una procedura esecutiva.
Così stando le cose, la decisione dell'autorità di vigilanza dev'essere riformata nel senso che il reclamo del debitore viene respinto perchè infondato. La creditrice chiede invero che detto reclamo sia dichiarato irricevibile. Tuttavia, la ricevibilità non può nella fattispecie essere messa in discussione, giacchè il reclamo è stato inoltrato in tempo utile contro l'avviso di pignoramento.
Dispositiv
La Camera di esecuzione e dei fallimenti pronuncia:
Il ricorso è accolto nel senso che la decisione querelata 21 novembre 1955 della Camera di esecuzione e fallimenti
BGE 81 III 133 S. 136
del Tribunale d'appello è annullata e il reclamo del debitore è respinto. | null | nan | it | 1,955 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e1af07a5-b6a0-4b67-bb21-ee01978ddfe6 | Urteilskopf
115 II 211
36. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 20 avril 1989 dans la cause M. et ct contre C. et ct (recours en réforme) | Regeste
Herabsetzungsklage (
Art. 522 ZGB
).
Da die Herabsetzungsklage vermögensrechtlicher Natur ist, wird der Beklagte erst durch die Klageeinreichung und nicht ipso jure schon am Tage des Todes des Erblassers in Verzug gesetzt, den Pflichtteil des Klägers wiederherzustellen. | Erwägungen
ab Seite 212
BGE 115 II 211 S. 212
Extrait des considérants:
4.
Le recourant invoque une violation du droit fédéral dans la mesure où la juridiction cantonale a fixé au jour du dépôt de la demande en justice la date à partir de laquelle les montants que les intimés devront lui verser porteront intérêt à 5%. Selon lui, dans une action en partage et en réduction, les intérêts moratoires sont dus dès la date du décès du de cujus, la disposition violant la réserve étant assimilable à un acte illicite. En ayant statué autrement, les juges cantonaux ont violé les
art. 519 ch. 3 et 630 CC
ainsi que les
art. 41 ss, 62 ss CO
, sans compter les
art. 766 et 940 CC
, et 400 CO applicables par analogie.
Le Tribunal cantonal a justifié sa décision par le motif que l'action était de nature pécuniaire.
Selon la jurisprudence, les libéralités sujettes à réduction sont valides au regard du droit des obligations; elles ont une cause valable, contrairement aux prestations visées à l'
art. 62 al. 2 CO
(
ATF 110 II 234
consid. 7d). L'action en réduction est une action formatrice (Gestaltungsklage) à laquelle peut être liée une action en prestation (Leistungsklage), de nature personnelle (TUOR, Berner Kommentar, Vorb. zu den Art. 522-533, n. 8, p. 404; TUOR/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 10e éd., p. 450;
ATF 110 II 232
consid. 7c). Les héritiers réservataires ne sont pas tenus d'intenter une telle action, et ils peuvent y renoncer.
Le jugement rendu est certes formateur en ce qu'il modifie la situation juridique avec effet rétroactif, en diminuant ou écartant une disposition du de cujus, en conférant à un héritier réservataire la qualité d'héritier, dès le jour d'ouverture de la succession (TUOR/SCHNYDER, op.cit., ibidem; PIOTET, op.cit., p. 354). Mais cela n'implique pas que le défendeur est ipso jure en demeure de restituer un bien ou de payer des intérêts.
BGE 115 II 211 S. 213
Ainsi, c'est avec raison que les juges cantonaux ont admis que l'action en réduction est de nature pécuniaire. Les défendeurs n'ont été mis en demeure de reconstituer la réserve des demandeurs que par l'introduction de l'action.
Le recourant allègue encore que les intimés étaient des possesseurs de mauvaise foi du fait qu'ils connaissaient tous les avoirs du père des parties. Cet argument n'est pas fondé. En effet, le bénéficiaire de mauvaise foi, par opposition à celui qui est de bonne foi au sens de l'
art. 528 al. 1 CC
, est celui qui sait que, lors de l'ouverture de la succession, la réserve d'un héritier sera lésée (TUOR, Berner Kommentar, n. 6 ad art. 528, p. 454). Or, le recourant n'a pas démontré que les intimés connaissaient ce fait.
Le recours est donc infondé dans la mesure où il tend au paiement d'intérêts dès le jour du décès du de cujus, et non dès le jour du dépôt de la demande. | public_law | nan | fr | 1,989 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1b659cc-a0e3-48e0-bd34-cdf5a490b268 | Urteilskopf
138 V 186
24. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Sozialversicherungen gegen Verein X. und Z. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_474/2011 vom 17. Februar 2012 | Regeste a
Art. 1a Abs. 1 lit. c AHVG
; Art. 1 lit. h und i sowie Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71; Unterstellung unter die AHV.
Eine deutsche Staatsangehörige ohne Wohnsitz in der Schweiz, die für ein schweizerisches Missionswerk in Tansania arbeitet, ist nicht obligatorisch bei der schweizerischen AHV versichert. Mangels Wohnorts in einem Mitgliedstaat kann sie nicht gestützt auf Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Schweizer Bürgern, die im Ausland tätig sind, geltend machen (E. 3.1-3.3).
Regeste b
Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA
; Gleichbehandlungsgebot betreffend soziale Vergünstigungen.
Die obligatorische Unterstellung unter die AHV fällt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich einer "sozialen Vergünstigung", sondern berührt eine Leistung der sozialen Sicherheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. c der Verordnung Nr. 1408/71 (E. 3.4). | Sachverhalt
ab Seite 187
BGE 138 V 186 S. 187
A.
Z. ist deutsche Staatsangehörige und verfügt über keinen Wohnsitz in der Schweiz. Seit 1985 arbeitet sie immer wieder für längere Zeit in Afrika. Seit dem 15. Juni 2009 ist sie ökumenische Mitarbeitende des Vereins X. mit Sitz in der Schweiz (nachfolgend: Verein) und seit Juli 2009 für diesen in Ostafrika als Leiterin eines Projekts zur Stärkung der gesellschaftlichen Position von Frauen tätig.
Mit Verfügung vom 15. Dezember 2009 lehnte die Ausgleichskasse Basel-Stadt eine obligatorische Versicherung von Z. in der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ab. Daran hielt sie im Einspracheentscheid vom 8. Februar 2010 fest.
B.
Dagegen erhoben sowohl der Verein als auch Z. am 5. März 2010 Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit dem Antrag, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und es sei für die Tätigkeit von Z. beim Verein eine Unterstellung unter die obligatorische AHV festzulegen. Die Ausgleichskasse Basel- Stadt stellte vorab Antrag auf Beiladung des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV). Im Weiteren beantragte sie, die Beschwerde sei abzuweisen.
Am 25. November 2010 ordnete der kantonale Instruktionsrichter die Beiladung des BSV an. Am 31. Januar 2011 reichte dieses eine Stellungnahme ein.
Mit Entscheid vom 13. April 2011 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Beschwerde gut und hob den Einspracheentscheid vom 8. Februar 2010 auf. Es verpflichtete die Ausgleichskasse Basel-Stadt, für die Tätigkeit von Z. beim Verein eine Unterstellung unter die obligatorische AHV festzulegen.
C.
Gegen diesen Entscheid reicht das BSV Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein mit dem Antrag auf dessen Aufhebung.
BGE 138 V 186 S. 188
Der Verein und Z. schliessen in der Vernehmlassung unter Hinweis auf eine eingeholte gutachterliche Stellungnahme auf Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht eine obligatorische Versicherung der Beschwerdegegnerin in der AHV bejaht hat. Ausgangspunkt bilden
Art. 1a AHVG
und Rz. 3097 der Wegleitung des BSV über die Versicherungspflicht in der AHV/IV (WVP), in der hier massgebenden Ausgabe 2009
http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/index/category:22
.
1.1
Art. 1a AHVG
lautet wie folgt:
1
Versichert nach diesem Gesetz sind:
a. die natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz;
b. die natürlichen Personen, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben;
c. Schweizer Bürger, die im Ausland tätig sind:
1. im Dienste der Eidgenossenschaft,
2. im Dienste der internationalen Organisationen, mit denen der Bundesrat ein Sitzabkommen abgeschlossen hat und die als Arbeitgeber im Sinne von Artikel 12 gelten,
3. im Dienste privater, vom Bund namhaft subventionierter Hilfsorganisationen nach Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe.
1bis
Der Bundesrat regelt die Einzelheiten von Absatz 1 Buchstabe c.
2
Nicht versichert sind:
a. ausländische Staatsangehörige, die Privilegien und Immunitäten gemäss den Regeln des Völkerrechts geniessen;
b. Personen, die einer ausländischen staatlichen Alters- und Hinterlassenenversicherung angehören, sofern der Einbezug in die Versicherung für sie eine nicht zumutbare Doppelbelastung bedeuten würde;
c. Personen, welche die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur für eine verhältnismässig kurze Zeit erfüllen.
3
Die Versicherung können weiterführen:
a. Personen, die für einen Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz im Ausland tätig sind und von ihm entlöhnt werden, sofern dieser sein Einverständnis erklärt;
b. nicht erwerbstätige Studierende, die ihren Wohnsitz in der Schweiz aufgeben, um im Ausland einer Ausbildung nachzugehen, bis zum 31. Dezember des Jahres, in welchem sie das 30. Altersjahr vollenden.
BGE 138 V 186 S. 189
4
Der Versicherung können beitreten:
a. Personen mit Wohnsitz in der Schweiz, die auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung nicht versichert sind;
b. Schweizer Angestellte eines institutionellen Begünstigten nach Artikel 2 Absatz 1 des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 2007, die Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen geniessen, sofern sie aufgrund eines Abkommens mit diesem Begünstigten nicht obligatorisch in der Schweiz versichert sind;
c. im Ausland wohnhafte nicht erwerbstätige Ehegatten von erwerbstätigen Personen, die nach Absatz 1 Buchstabe c, Absatz 3 Buchstabe a oder auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung versichert sind.
5
Der Bundesrat bestimmt im Einzelnen die Bedingungen für die Weiterführung der Versicherung nach Absatz 3 und für den Beitritt nach Absatz 4; ferner legt er die Einzelheiten bezüglich Rücktritt und Ausschluss fest.
1.2
Gemäss Rz. 3097 in Verbindung mit Rz. 3096 WVP sind Staatsangehörige der EU und der EFTA, die ausserhalb der EU oder der EFTA und ausserhalb eines Vertragsstaates für das IKRK oder für eine der aufgeführten Hilfsorganisationen arbeiten - worunter auch der Beschwerdegegner fällt (Partnerorganisation von BROT FÜR ALLE [vgl.
www.bfa-ppp.ch
]) - anders als Schweizerbürgerinnen und -bürger grundsätzlich nicht versichert.
2.
2.1
Die Vorinstanz schloss mangels Wohnsitzes der Beschwerdegegnerin in der Schweiz und auf Grund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit sowie angesichts des Umstandes, dass die Beschwerdegegnerin ausserhalb der EU bzw. EFTA für eine anerkannte schweizerische Hilfsorganisation tätig ist, eine obligatorische Versicherung gemäss
Art. 1a Abs. 1 AHVG
aus. Dagegen gelangte sie gestützt auf vorgehende staatsvertragliche Regelungen - insbesondere das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) und die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (SR 0.831.109.268.1; nachfolgend: Verordnung 1408/71) - zum Ergebnis, dass Letztere im vorliegenden Fall in persönlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht anwendbar sei. Das darin statuierte Gebot der Gleichbehandlung habe zur
BGE 138 V 186 S. 190
Folge, dass die Beschwerdegegnerin obligatorisch in der AHV zu versichern sei.
2.2
Das BSV bestreitet den persönlichen Geltungsbereich der Verordnung 1408/71. Aus den vorhandenen Unterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte, ob für die Beschwerdegegnerin die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gelten würden oder gegolten hätten. Ausserdem sei kein grenzüberschreitender Sachverhalt (innerhalb der EU) gegeben, wenn eine deutsche Staatsangehörige in Ostafrika wohne und arbeite. Auch könne sich die Beschwerdegegnerin nicht auf Gleichbehandlung berufen, da sie Wohnsitz in Ostafrika begründet habe.
Art. 1a Abs. 1 lit. c AHVG
werde nicht zielgerichtet eingesetzt, um Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gegenüber Schweizer Staatsangehörigen zu benachteiligen. Dieser Artikel wolle den Bestimmungen des Völkerrechts, vor allem dem Wiener Übereinkommen, Rechnung tragen.
Art. 1a Abs. 1 lit. c AHVG
bezwecke, diejenigen Personenkategorien zu erfassen, die auf Grund des internationalen Verständnisses in dem Staat, den sie repräsentierten, versichert sein sollten. Da es sich um eine obligatorische Versicherung handle, sei der Anwendungsbereich auf Schweizer Bürger beschränkt worden. Wären auch EU-Staatsangehörige gemäss
Art. 1a Abs. 1 lit. c AHVG
zu versichern, so würden diese in der Schweiz und - infolge internationalen Rechts - auch im Nichtvertragsstaat, in dem sie die Erwerbstätigkeit ausüben würden, versicherungspflichtig. Eine solche Doppelbelastung gelte es zu vermeiden.
2.3
Die Beschwerdegegner gehen wie die Vorinstanz von der Anwendbarkeit der Verordnung 1408/71 aus. Die Beschwerdegegnerin sei daher gleich zu behandeln wie eine Schweizerin in einer ansonsten gleichen Situation, was zur Versicherteneigenschaft nach Art. 1a Abs. 1 lit. c Ziff. 3 AHVG führe. Zum gleichen Ergebnis wie Art. 3 Abs. 1 Verordnung 1408/71 führe auch die Anwendung des in
Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA
enthaltenen Gleichbehandlungsgebots bezüglich sozialer Vergünstigungen oder die Beachtung des allgemeinen Diskriminierungsverbots von
Art. 2 FZA
.
3.
3.1
Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin nach schweizerischem Recht während ihres Einsatzes in Ostafrika nicht obligatorisch bei der AHV versichert ist. Es liegen unbestritten weder Wohnsitz noch Beschäftigungsort in der Schweiz vor (
Art. 1a Abs. 1 lit. a und b AHVG
). Ebenso fehlt es an der schweizerischen Staatsangehörigkeit (Art. 1a Abs. 1 lit. c Ziff. 3 AHVG).
BGE 138 V 186 S. 191
3.2
Am 1. Juni 2002 ist das FZA in Kraft getreten. Nach Art. 1 Abs. 1 des auf der Grundlage des
Art. 8 FZA
ausgearbeiteten und Bestandteil des Abkommens bildenden (
Art. 15 FZA
) Anhangs II ("Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit") FZA in Verbindung mit Abschnitt A dieses Anhangs wenden die Vertragsparteien untereinander insbesondere die Verordnung 1408/71 und die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (SR 0.831.109.268.11; nachfolgend: Verordnung 574/72), oder gleichwertige Vorschriften an. Die Verordnung 1408/71 gilt unter anderem auch für Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die Leistungen bei Alter und an Hinterbliebene betreffen (Art. 4 Abs. 1 lit. c und d). Die entsprechenden Bestimmungen finden in der Alters- und Hinterlassenenversicherung durch den Verweis in
Art. 153a Abs. 1 lit. a AHVG
Anwendung.
3.3
Es kann offenbleiben, inwieweit die Beschwerdegegnerin in den persönlichen Geltungsbereich des FZA sowie der Verordnungen, auf welche das Abkommen verweist (vgl. Art. 2 Abs. 1 Verordnung 1408/71), fällt. Selbst wenn der persönliche Geltungsbereich der Verordnung 1408/71 gegeben wäre, ist hier eine auf die Staatsangehörigkeit abstellende Ungleichbehandlung zulässig: Gemäss Art. 3 Abs. 1 Verordnung 1408/71 haben nur die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats
wohnen
und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen.
3.3.1
Gemäss Art. 1 lit. h Verordnung 1408/71 heisst "Wohnort" der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts. Davon ist der vorübergehende Aufenthalt zu unterscheiden (Art. 1 lit. i Verordnung 1408/71). Der Wohnort als gewöhnlicher Aufenthalt befindet sich an demjenigen Ort, an welchem eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensführung hat. Seine nähere Bestimmung kann von subjektiven oder objektiven Umständen abhängen. Bei subjektiver Bestimmung richtet sich der Wohnort nach dem Willen des Betreffenden; bei objektiver Bestimmung richtet er sich nach den äusserlichen Lebensumständen, die notfalls auch gegen den erklärten Willen des Betreffenden ins Feld geführt werden können (EBERHARD EICHENHOFER, in: Kommentar
BGE 138 V 186 S. 192
zum Europäisches Sozialrecht, Maximilian Fuchs [Hrsg.], 4. Aufl. 2005, N. 30 f. zu Art. 1 Verordnung 1408/71; SILVIA BUCHER, Das FZA und Anhang K des EFTA-Übereinkommens in der sozialrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichts [1. Teil], in: Schweizerisches Jahrbuch für Europarecht 2008/2009, Epiney/Gammenthaler [Hrsg.], S. 398 f.; PATRICIA USINGER-EGGER, Die soziale Sicherheit der Arbeitslosen in der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 und in den bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten, 2000, S. 86 f.). Das Gemeinschaftsrecht lässt die Frage, wie der Wohnort zu bestimmen ist, weitgehend offen und überantwortet die nähere Bestimmung dem jeweiligen nationalen Recht (vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften [EuGH] vom 13. November 1990 C-216/89
Reibold
, Slg. 1990 I-4163; vom 27. Mai 1982 C-227/81
Aubin
, Slg. 1982 S. 1991; vom 17. Februar 1977 C-76/76
di Paolo
, Slg. 1977 S. 315). In der Rechtsprechung des Bundesgerichts beurteilt sich der Ort, wo die Person ihren Wohnsitz hat, ausschliesslich nach objektiven Kriterien, während der innere Wille der betreffenden Person nicht entscheidend ist (Urteil 5A_663/2009 vom 1. März 2010 E. 2.2.2). Dabei ist die familiäre Situation lediglich eines von verschiedenen Indizien. Massgebend sind auch Dauer und Kontinuität des Wohnens bis zur Aufnahme der Beschäftigung, die Dauer und die Modalität der Abwesenheit, die Art der im anderen Mitgliedstaat ausgeübten Beschäftigung sowie die Absicht des Arbeitnehmers, wie sie sich aus den gesamten Umständen ergibt, an den Ort vor Aufnahme der Beschäftigung zurückzukehren (
BGE 133 V 137
E. 7.2 S. 145;
BGE 131 V 222
E. 7.4 S. 230 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH).
Der Gegenbegriff "vorübergehender Aufenthalt" hat eine weit geringere praktische Bedeutung als der Begriff des Wohnorts. Er kommt nur im Rahmen der Gewährung von Sach- und Dienstleistungen vor, um deren Voraussetzungen zu regeln (vgl. Art. 21 f., 31 und 54 f. Verordnung 1408/71). Danach gewährt im Koordinationsrecht jeder Mitgliedstaat Dienst- und Sachleistungen auch den Berechtigten anderer Mitgliedstaaten nach den einzelnen, die Sachleistungsaushilfe regelnden Bestimmungen. Der vorübergehende Aufenthalt besteht an dem Ort, an welchem sich ein Berechtigter in einer den Leistungsanspruch auslösenden Lage - Behandlungsbedürftigkeit, Arbeitsunfall, Berufskrankheit oder Komplikation während Schwangerschaft oder nach Entbindung - befindet (EICHENHOFER, a.a.O., N. 32 zu Art. 1 Verordnung 1408/71; vgl. dazu
BGE 132 V 46
E. 4
BGE 138 V 186 S. 193
S. 50 ff. sowie Urteil 9C_562/2011 vom 29. April 2011). Ihm haftet somit - im Vergleich zum Begriff des Wohnorts oder des gewöhnlichen Aufenthalts - etwas Flüchtiges oder Zufälliges an.
3.3.2
Die Vorinstanz ist implizit von einem Wohnort der Beschwerdegegnerin im Gebiet eines Mitgliedstaats ausgegangen. Diese Annahme findet keinen Halt. Vor allem die vorinstanzliche Feststellung, die Beschwerdegegnerin arbeite seit dem Jahr 1985 immer wieder für längere Zeit in Afrika, deutet auf eine engere Beziehung zu diesem Kontinent als zu Deutschland hin. Weitere Eckpunkte, die in die selbe Richtung weisen, lassen sich dem Internet entnehmen, insbesondere dem Internet-Link Z. und den Rundbriefen der Beschwerdegegnerin, die sich auf der Homepage des Beschwerdegegners einsehen lassen. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid unter dem Titel "Tatsachen" auf beide Internet-Seiten verwiesen. Ein Blick in diese zeigt, dass die Beschwerdegegnerin in Trennung lebt und Mutter von drei - mittlerweile - erwachsenen Kindern ist. In früheren Zeiten lebte die ganze Familie u.a. in Südafrika, wo auch das dritte Kind geboren wurde (Internet-Link Z.; 1. Rundbrief vom September 2009 S. 2). Seit dem 24. Juli 2009 befindet sich die Beschwerdegegnerin in Ostafrika. Ihre Wohnung in Deutschland löste sie vor ihrer Abreise auf (1. Rundbrief vom September 2009 S. 3 oben). Den Hausrat und die persönlichen Dinge verschiffte sie. Diese wurden von ihr am 15. Oktober 2009 in Ostafrika in Empfang genommen. Um im bezogenen Haus in R. gesund leben zu können, waren monatelange Bauarbeiten angesagt (2. Rundbrief vom Dezember 2009 S. 2 und 4 oben, S. 6 f. unten). Ebenso legte die Beschwerdegegnerin - auch als Anschauungsobjekt - einen Garten an, um Gemüse anzubauen und Blumen zu pflanzen (2. Rundbrief vom Dezember 2009 S. 10 oben und 4. Rundbrief vom Mai 2011 S. 13). Ende August 2010 war sie erstmals wieder (für vier Wochen) in Deutschland. Eigentlich wäre es ihr Urlaub gewesen. Indes hatte sie die Zeit auch genutzt, um die Arbeit bei vielen Menschen bekannt zu machen. Die Unterstützung und Wertschätzung der Familie in Deutschland erachtete sie als Beweis dafür, "dass ich das Richtige tue, dass ich da bin, wo Gott mich haben will" (4. Rundbrief vom Mai 2011 S. 2). Im Januar/Februar 2011 genoss die Beschwerdegegnerin mit ihrem Freund ein paar Tage Ruhe im afrikanischen Nationalpark Y. (4. Rundbrief vom Mai 2011 S. 9). Neben diesen persönlichen Angaben ermöglichen die Rundbriefe einen Einblick in den ostafrikanischen Alltag und in die Projekte,
BGE 138 V 186 S. 194
welche die Beschwerdegegnerin zur Stärkung der gesellschaftlichen Position der afrikanischen Frauen aufbaut. Auch zeichnen sie den unermüdlichen und beharrlichen Einsatz nach, den die Beschwerdegegnerin für ihre Aufbaubemühungen aufbringt.
Alle diese Umstände sprechen unmissverständlich für einen Lebensmittelpunkt in Ostafrika. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ort in einer für Dritte erkennbaren Weise zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht. Auch wenn die Missionstätigkeit von Mitarbeitern des Beschwerdegegners in der Regel einer zeitlichen Beschränkung von drei Jahren unterliegt - wie die von den Beschwerdegegnern eingesetzte Gutachterin festhält - ist dem Umzug der Beschwerdegegnerin nach Afrika ein dauerndes Element immanent. So hat sie - sprichwörtlich - ihre Zelte in Deutschland komplett abgebrochen und in Ostafrika neu aufgestellt. Wohl hält sie familiäre und freundschaftliche Kontakte nach Deutschland aufrecht. Ihre persönlichen Interessen und Bindungen sind jedoch am stärksten an ihrer Wirkungsstätte in Ostafrika lokalisiert, welche auf ein nachhaltiges und prägendes Handeln ausgerichtet sind. Entsprechend hat die Beschwerdegegnerin "Haus und Hof" im Sinne eines permanenten Verbleibens eingerichtet.
3.3.3
Wohnt die Beschwerdegegnerin nicht in einem Mitgliedstaat, kann sie nicht gestützt auf Art. 3 Abs. 1 Verordnung 1408/71 einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Schweizer Bürgern, die im Sinne von
Art. 1a Abs. 1 lit. c AHVG
im Ausland tätig sind, geltend machen.
3.4
Zu keinem anderen Ergebnis führt das Gleichbehandlungsgebot betreffend soziale Vergünstigungen (
Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA
), das subsidiär zu Art. 3 Abs. 1 Verordnung 1408/71 gilt (
BGE 131 V 390
E. 9 S. 405; vgl. auch Urteil des EuGH vom 27. März 1985 C-122/84
Scrivner
, Slg. 1985 S. 1027 Randnr. 16; PATRICIA USINGER-EGGER, Ausgewählte Rechtsfragen des Arbeitslosenversicherungsrechts im Verhältnis Schweiz-EU, in: Das Europäische Koordinationsrecht der sozialen Sicherheit und die Schweiz. Erfahrungen und Perspektiven, Thomas Gächter [Hrsg.], 2006, S. 33 ff., 39 Fn. 35 und S. 49; SILVIA BUCHER, Soziale Sicherheit, beitragsunabhängige Sonderleistungen und soziale Vergünstigungen: Eine europarechtliche Untersuchung mit Blick auf schweizerische Ergänzungsleistungen und Arbeitslosenhilfen, 2000, S. 477 Rz. 1174).
3.4.1
Nach
Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA
geniesst ein Arbeitnehmer im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsstaaten die gleichen
BGE 138 V 186 S. 195
(steuerlichen und) sozialen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Soweit das Diskriminierungsverbot gilt, ist es den Vertragsstaaten verwehrt, die Gewährung eines Rechts an eine Person, die sich in einer durch das Freizügigkeitsabkommen geregelten Situation befindet, von der Staatsangehörigkeit des betreffenden Staates abhängig zu machen.
Der Begriff der sozialen Vergünstigung ist - wie das Bundesgericht unlängst in
BGE 137 II 242
E. 3.2.1 S. 244 bestätigt hat - ein Begriff des Gemeinschaftsrechts. Zu seiner Bestimmung ist grundsätzlich die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (des Freizügigkeitsabkommens) zu berücksichtigen (
Art. 16 Abs. 2 FZA
). Der Begriff der sozialen Vergünstigung lehnt sich an Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer an (ABl. L 257 vom 19. Oktober 1968 S. 2 [nachfolgend: Verordnung 1612/68];
BGE 132 V 82
E. 5.5 S. 90; vgl. dazu auch KAHIL-WOLFF/MOSTERS, Das Abkommen über die Freizügigkeit EG - Schweiz, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht [EuZW] 2001 S. 8). Nach der Rechtsprechung des EuGH deckt der Begriff "soziale Vergünstigung" alle Vergünstigungen ab, die - ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht - den inländischen Arbeitnehmern hauptsächlich wegen ihrer objektiven Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres gewöhnlichen Wohnsitzes im Inland gewährt werden und deren Erstreckung auf Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten deshalb geeignet erscheint, ihre Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu erleichtern (Urteil 2P.142/2003 vom 7. November 2003 E. 3.4; Urteile des EuGH vom 10. September 2009 C-269/07
Kommission gegen Deutschland
, Slg. 2009 I-7811 Randnr. 39 m.w.H.; vom 12. Mai 1998 C-85/96
Martinez Sala
, Slg. 1998 I-2691 Randnr. 25; HEINZ-DIETRICH STEINMEYER, in: Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl. 2010, Teil 3 Rz. 3; WINFRIED BRECHMANN, in: EUV/EGV Kommentar, 3. Aufl. 2007, N. 67 ff. zu Art. 39 EGV). Der Begriff der sozialen Vergünstigungen ist nach der Rechtsprechung des EuGH extensiv auszulegen (Urteil 2P.142/2003 vom 7. November 2003 E. 3.4 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH).
3.4.2
Abgesehen davon, dass auch in Bezug auf
Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA
bereits der persönliche Anwendungsbereich zu verneinen ist - eine allfällige (vgl. dazu E. 4) Einführungszeit in der Schweiz von rund einem Monat vermag keine hinreichend enge Verbindung
BGE 138 V 186 S. 196
zum hiesigen Arbeitsmarkt zu begründen (vgl.
BGE 134 V 284
E. 4.4.2 S. 292 und
BGE 133 V 367
E. 8.3 S. 375 betreffend die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne von
Art. 9 Abs. 2 Anhang I FZA
resp. Art. 7 Abs. 2 Verordnung 1612/68) -, ist die hier zur Beurteilung anstehende Versicherteneigenschaft der Beschwerdegegnerin jenseits des sachlichen Anwendungsbereichs einer "sozialen Vergünstigung" anzusiedeln. Die Frage nach der obligatorischen Unterstellung der Beschwerdegegnerin unter
Art. 1a Abs. 1 AHVG
berührt klar eine Leistung der sozialen Sicherheit im Sinne der Verordnung 1408/71 (Art. 4 Abs. 1 lit. c; vgl. E. 3.2 hievor), womit - in diesem Punkt - für eine Gleichbehandlung unter dem Titel "soziale Vergünstigung" von vornherein kein Raum bleibt (vgl. E. 3.4).
3.5
Nachdem die Beschwerdegegnerin nicht als in einem anderen Vertragsstaat wohnhaft gilt (vgl. E. 3.2.2 hievor), sondern ein Verhältnis zu einem Drittstaat im Vordergrund steht, vermag sie eine obligatorische Versicherteneigenschaft auch nicht aus dem Diskriminierungsverbot von
Art. 2 FZA
abzuleiten. Danach werden die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmässig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, bei der Anwendung dieses Abkommens gemäss den Anhängen I, II und III nicht auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert. Ungeachtet des Wortlauts gilt
Art. 2 FZA
nicht nur hinsichtlich der in den Anhängen enthaltenen Bestimmungen, sondern allgemein (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 163/03 vom 27. März 2006 E. 6.1, nicht publ. in:
BGE 133 V 33
). Er bezieht sich jedoch einzig auf die vom Freizügigkeitsabkommen umfassten Gegenstände. Unterschiedliche Behandlungen, die sich auf Grund anderer Rechtsbereiche ergeben, fallen nicht darunter (
BGE 130 I 26
E. 3.2.2 S. 35; vgl. zur Reichweite des Diskriminierungsverbotes des
Art. 2 FZA
auch ASTRID EPINEY, Zur Bedeutung der Rechtsprechung des EuGH für Anwendung und Auslegung des Personenfreizügigkeitsabkommens, ZBJV 141/2005 S. 12).
Wesentlicher Bestandteil der harmonischen Entwicklung zwischen den Vertragsstaaten ist die Freizügigkeit der Personen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsstaaten. Das Freizügigkeitsabkommen bezweckt, diese Freizügigkeit zwischen den Vertragsstaaten auf der Grundlage der in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (vgl. die Präambel des Freizügigkeitsabkommens). Die Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen mit
BGE 138 V 186 S. 197
Drittstaaten unterliegt nicht dem Gemeinschaftsrecht. Sie bleibt Domäne der Vertragsstaaten.
3.6
Aus diesen Erwägungen folgt, dass im vorliegenden Fall
Art. 1a Abs. 1 AHVG
autonom anwendbar ist. Das heisst, es gibt - anders als die Vorinstanz annimmt - keine europäische staatsvertragliche Regelung, welche die obligatorische Versicherung der Beschwerdegegnerin gebietet.
4.
Auf das eventuelle Vorbringen einer freiwilligen Weiterversicherung gemäss
Art. 1a Abs. 3 lit. a AHVG
braucht nicht näher eingegangen zu werden. Die Ausgleichskasse hat im Einspracheentscheid vom 8. Februar 2010 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine anrechenbare Versicherungszeit in der Schweiz nicht belegt sei und somit fehle. Die Beschwerdegegner behaupten nicht, dass sich die Beschwerdegegnerin in der Zeit von Mitte Juni bis 24. Juli 2009 für eine Einarbeitung in der Schweiz aufgehalten hat. Erst recht fehlt ein entsprechender Nachweis. Dazu wären sie auf Grund ihrer gesetzlichen Mitwirkungspflicht jedoch gehalten gewesen (SVR 2010 EL Nr. 7 S. 19, 9C_724/2009 E. 3.2.3.2; SZS 2012 S. 69, 9C_246/2011 E. 6.5; Urteil 9C_490/2011 vom 22. September 2011 E. 3.3). Die von den Beschwerdegegnern beauftragte Gutachterin stützt sich auf eine blosse Annahme, die sie selbst getroffen hat. Insoweit sie im Übrigen auf das Urteil des EuGH vom 12. Juli 1984 C-237/83
SARL Prodest
, Slg. 1984 S. 3153) verweist, ist darauf aufmerksam zu machen, dass darin ein vorübergehender Aufenthalt ausserhalb der Gemeinschaft Thema war. | null | nan | de | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e1b7b044-e80f-4dfc-a6b5-89cd496591a0 | Urteilskopf
114 III 75
23. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 7 juillet 1988 dans la cause K. (recours LP) | Regeste
Pfändungsvollzug; Spezialitätsprinzip.
Die Pfändung leidet an einem wesentlichen Mangel, wenn der Beamte, der sie vornimmt, nicht genau angibt, welche Vermögenswerte mit Beschlag belegt sind. Hingegen ist es nicht notwendig, die zahlreichen gepfändeten Gegenstände, die sich in einem Container befinden, dessen Inhalt bekannt ist - im vorliegenden Fall Ware eines Verkaufladens - im einzelnen genau zu bezeichnen (E. 1).
Vermögenswerte, die im Rahmen einer gegen die Gattin gerichteten Betreibung gepfändet, aber im Konkurs des Ehegatten realisiert worden sind, ohne dass dieser die Gegenstände zu Eigentum angesprochen hat.
Das Schicksal dieser Güter - oder des sie repräsentierenden Entgeltes - kann nicht durch Übereinkunft zwischen dem Betreibungsamt und dem Konkursamt besiegelt werden, ohne dass die Ehefrau und deren Gläubiger nach
Art. 106 ff. SchKG
Gelegenheit zur Ansprache erhalten haben (E. 2). | Erwägungen
ab Seite 76
BGE 114 III 75 S. 76
Extrait des considérants:
1.
L'autorité cantonale a considéré que la saisie pratiquée au détriment de dame P. ne respectait pas le principe de la spécialité défini par la jurisprudence qui considère comme nulle une saisie qui ne porte pas sur des objets clairement déterminés (
ATF 50 III 195
ss,
ATF 47 III 86
ss,
ATF 46 III 3
,
ATF 43 III 218
).
La jurisprudence citée par l'autorité cantonale ne cadre cependant pas avec la présente espèce où l'Office a saisi un lot déterminé et individualisé, déposé dans trois containers chez un tiers, et qui comprenait la marchandise d'un magasin, à savoir un assortiment homogène.
Selon la jurisprudence (
ATF 106 III 102
/103 et les références), la saisie, provisoire ou définitive, constitue le fondement de la continuation de la poursuite et de la réalisation. Son but et son objet sont de déterminer et de sauvegarder les éléments du patrimoine des débiteurs dont le produit servira à couvrir le montant de la créance. Or, la réalisation ne peut porter que sur des droits ou des choses individualisés de manière suffisante. Il s'ensuit que la saisie est affectée d'un vice essentiel lorsque le fonctionnaire
BGE 114 III 75 S. 77
chargé de son exécution n'indique pas avec précision les biens qu'elle est censée frapper. Seuls peuvent être considérés comme valablement saisis les droits et les choses désignés de manière à permettre à l'office, le cas échéant, de les mettre en vente sans devoir les individualiser préalablement (ce qui a été fait en l'espèce les 21 et 22 novembre 1986). Aussi la jurisprudence a-t-elle toujours tenu pour nulle la saisie de biens non individualisés, notamment celle frappant, d'une manière globale, l'ensemble des valeurs qu'un tiers détient pour le débiteur ou toutes les créances que le débiteur a contre lui.
On ne se trouve pas en l'espèce dans l'hypothèse d'un séquestre générique, où les biens appréhendés n'ont pu être désignés que par leur genre, tant dans l'ordonnance que dans le procès-verbal d'exécution (
ATF 107 III 38
consid. 5,
ATF 106 III 103
,
ATF 96 III 110
consid. 3). Il n'y a pas nécessité de renvoyer à un stade ultérieur la désignation exacte des biens à réaliser (
ATF 106 III 103
, 63 III 66). On connaissait et l'existence et le contenu des containers (au contraire de celui d'un safe dans le séquestre de genre). Il était aisé d'empêcher le débiteur d'en disposer (
art. 96 LP
;
ATF 50 III 195
). Il s'agissait de biens corporels spécifiés, suffisamment individualisés dans les trois containers pour l'application de toute une série de prescriptions légales (
ATF 47 III 87
: art. 97 al. 1 et 2, 98, 115 al. 2, etc.), et non par exemple de "toute valeur du débiteur pouvant se trouver en mains d'une banque", ou encore une partie - non déterminée - de "biens et marchandises diverses selon inventaire antérieur", inventaire non communiqué (
ATF 43 III 218
).
2.
Au demeurant, quoi qu'il en soit de la validité de la saisie (qui n'est pas nulle), la réalisation a eu lieu - ce qui montre bien que les objets saisis étaient suffisamment individualisés pour être vendus tels quels - et les enchères n'ont pas été attaquées (
art. 136bis LP
). Reste à savoir si leur produit revient à la masse de la faillite du mari, comme le pense l'autorité cantonale de surveillance. A tort.
En effet, l'Office des faillites (en accord avec l'Office des poursuites) et l'autorité de surveillance incorporent à l'inventaire des biens saisis par l'Office des poursuites comme appartenant à l'épouse - débitrice solidaire - dans la poursuite dirigée contre elle, et non revendiqués par le mari. La décision attaquée n'apporte en fait aucune autre précision. Il n'en ressort pas, notamment, que les biens saisis aient été indiqués comme siens par le failli et détenus en son nom par le tiers. Si les organes de la faillite prétendent
BGE 114 III 75 S. 78
néanmoins, par l'inscription du produit de la réalisation dans l'inventaire, que les biens saisis mais non encore réalisés étaient entrés dans la masse, la réalisation n'empêche en principe pas cette revendication, puisque les deniers ne sont pas encore distribués (
art. 107 al. 4 LP
). L'Office des poursuites devra donc se prononcer d'abord sur la recevabilité de la revendication, c'est-à-dire rechercher si le mari n'a pas tardé malicieusement à former la revendication (
ATF 111 III 23
consid. 2;
ATF 109 III 20
; 60). Si celle-ci est recevable, il ouvrira la procédure des
art. 106 ss LP
. Seul l'accord des intéressés à la poursuite contre la femme - créanciers et débitrice - ou un jugement sur une éventuelle action en revendication ou en contestation de la revendication peut déterminer le sort définitif des objets saisis au préjudice de la femme ou des espèces les représentant. Un accord entre les deux offices, sans consultation des créanciers de la femme et de la débitrice dans les formes de l'
art. 106 LP
(et ses suites: art. 107 et 109), ne peut régler la question posée. | null | nan | fr | 1,988 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e1bd0f91-6ae5-4aa2-aa65-ab2429d889b1 | Urteilskopf
134 IV 185
18. Extrait de l'arrêt de la Cour de droit pénal dans la cause X. contre Ministère public de la Confédération (recours en matière pénale)
6B_722/2007 du 9 mai 2008 | Regeste
Art. 59 Ziff. 3 aStGB; Einziehung von Vermögenswerten, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen.
Die in Art. 59 Ziff. 3 aStGB vorgesehene Einziehung setzt voraus, dass die schweizerischen Behörden zur Verfolgung des Eigentümers der Vermögenswerte wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation im Sinne von
Art. 260
ter
StGB
zuständig sind (E. 2). | Sachverhalt
ab Seite 185
BGE 134 IV 185 S. 185
Dans le courant de l'année 1987, se présentant comme Y. et légitimant cette identité par la présentation d'un faux passeport, X., alias Z., a ouvert un compte p., intitulé "Florence", auprès de la banque W., à Zurich, au moyen d'un apport initial de 500'000 USD.
Le 11 mars 1996, X. a été condamné à neuf ans de prison pour avoir embarqué au Pakistan plus de quinze tonnes de résine de cannabis et tenté de les importer en Australie. Cinq tonnes, d'une valeur estimée
BGE 134 IV 185 S. 186
à quelque 75 millions AUD, ont été saisies au large des côtes australiennes en 1994. Il a purgé sa peine jusqu'en 2002.
Le 15 février 2005, muni d'un faux passeport établi au nom de Y., X. s'est présenté à la banque W. à Genève afin de disposer des fonds déposés sur le compte "Florence". Vu l'expiration de la validité de ce passeport, le banquier a exigé des documents de légitimation valides, de sorte que X. a présenté son passeport australien portant son nom tout en précisant que son nom de naissance était Z. Ne pouvant identifier X. comme étant son client, la banque s'est opposée à sa demande.
Suite à cette visite, la banque W. a découvert que X. était l'alias utilisé par Z., l'un des plus importants trafiquants de drogue d'Australie, lié au crime organisé depuis les années 1970. Elle a donc procédé à une dénonciation selon la LBA. Le Ministère public de la Confédération a alors ouvert une enquête de police judiciaire du chef de blanchiment d'argent, entendu X. à titre de renseignement et placé le compte "Florence" sous séquestre pénal.
Par ordonnance du 29 novembre 2006, le Ministère public de la Confédération a suspendu (classé) la procédure pénale et prononcé la confiscation et la dévolution à la Confédération suisse des valeurs patrimoniales déposées sur le compte "Florence".
Par arrêt du 31 janvier 2007, la I
re
Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral a déclaré irrecevable le recours de X. Le 12 août 2007, le Tribunal fédéral a annulé cette décision et renvoyé la cause à l'autorité inférieure pour nouveau jugement.
Par arrêt du 10 octobre 2007, la I
re
Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral a rejeté le recours de X. contre la décision de confiscation du Ministère public de la Confédération.
X. dépose un recours en matière pénale au Tribunal fédéral pour motivation insuffisante et violation des art. 59 et 260
ter
CP. Il conclut à l'annulation de l'arrêt du 10 octobre 2007 et à la libération des valeurs patrimoniales déposées sur le compte p. "Florence" auprès de la banque W. à Genève. Le Ministère public de la Confédération conclut au rejet du recours et la I
re
Cour des plaintes se réfère à son arrêt. Le Tribunal fédéral a admis le recours.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
Contestant la confiscation de ses avoirs bancaires, le recourant invoque la subsidiarité de l'art. 260
ter
CP, le renversement de la présomption
BGE 134 IV 185 S. 187
contenue à l'art. 59 ch. 3 aCP, la prescription au sens de l'
art. 70 CP
et l'absence de compétence territoriale en Suisse. Il se prévaut également d'une motivation insuffisante pour l'application correcte du droit fédéral.
2.1
La confiscation litigieuse est régie par l'art. 59 ch. 3 aCP, puisque cette disposition n'a subi, lors de l'entrée en vigueur au 1
er
janvier 2007 de la modification du code pénal, que des changements irrelevants du point de vue de la lex mitior (
art. 2 CP
). Cette norme prévoit que le juge prononcera la confiscation de toutes les valeurs sur lesquelles une organisation criminelle exerce un pouvoir de disposition. Les valeurs appartenant à une personne qui a participé ou apporté son soutien à une organisation criminelle sont présumées soumises, jusqu'à preuve du contraire, au pouvoir de disposition de l'organisation.
En ce qui concerne l'art. 59 ch. 1 et 2 aCP, la jurisprudence exige que l'infraction d'où proviennent les valeurs ressortisse à la compétence de la juridiction suisse. En effet, les art. 3 à 7 aCP posent les règles d'application du code pénal, dont l'art. 59 aCP fait précisément partie. Il s'ensuit que la confiscation en relation avec une infraction est aussi soumise aux art. 3 à 7 aCP et ne peut être ordonnée que si l'infraction en cause ressortit à la compétence de la juridiction suisse (
ATF 128 IV 145
consid. 2d p. 151). Le fait que le législateur a précisé à l'
art. 24 LStup
que "les avantages pécuniaires illicites qui se trouvent en Suisse seront également acquis à l'Etat lorsque l'infraction aura été commise à l'étranger" démontre que le droit suisse ne reconnaît pas de manière générale la confiscation au forum rei sitae (
ATF 128 IV 145
consid. 2d in fine p. 152).
Il n'y a pas lieu de s'écarter de l'
ATF 128 IV 145
s'agissant de la confiscation des fonds d'une organisation criminelle et de soumettre celle-ci au principe de l'universalité. En conséquence, il faut admettre que la confiscation prévue à l'art. 59 ch. 3 aCP implique que la juridiction suisse soit compétente pour poursuivre la personne propriétaire des valeurs délictueuses pour appartenance à une organisation criminelle au sens de l'art. 260
ter
CP. ll ne faut cependant pas minimiser la compétence du juge suisse en matière de répression de l'organisation criminelle. L'art. 260
ter
ch. 3 aCP prévoit en effet qu'est également punissable celui qui aura commis l'infraction à l'étranger si l'organisation exerce ou doit exercer son activité criminelle en tout ou en partie en Suisse. En outre, celui qui administre les fonds de
BGE 134 IV 185 S. 188
l'organisation est punissable selon l'art. 260
ter
CP, dès lors qu'il soutient l'organisation. Il s'ensuit que la confiscation pourra être ordonnée en Suisse si les fonds sont gérés dans notre pays par un membre de l'organisation ou par un instrument utilisé à son insu (cf. arrêt 6P.142/2004 et 6S.389/2004 du 7 février 2005, consid. 4.2, et les références citées).
2.2
Selon la Cour des plaintes, le fait que les actes punissables liés au trafic de stupéfiants aient eu lieu à l'étranger, que le recourant y ait été condamné et qu'il y ait purgé sa peine ne saurait faire obstacle à la confiscation au sens de l'art. 59 ch. 3 aCP dans la mesure où, à teneur de l'
art. 24 LStup
, les avantages pécuniaires illicites qui se trouvent en Suisse seront également acquis à l'Etat lorsque l'infraction aura été commise à l'étranger.
Ce raisonnement ne saurait être suivi. En effet, selon les faits retenus, le recourant a ouvert le compte "Florence", au moyen d'un apport initial de 500'000 USD, dans le courant de l'année 1987. Or, ce n'est qu'en 1993, soit six ans environ après l'ouverture du compte précité, qu'il est entré en contact avec d'autres personnes pour mettre au point l'importation en Australie de plus de quinze tonnes de cannabis. Il a ensuite été arrêté le 4 août 1994, puis condamné le 11 mars 1996 pour ce trafic de stupéfiants. Au vu de la chronologie de ces événements, on ne peut conclure que la somme déposée sur le compte "Florence" en 1987 proviendrait de l'importation de cannabis qui s'est déroulée en 1994, ni qu'elle constituerait par conséquent un avantage pécuniaire résultant d'une infraction. Dans ces conditions, la compétence des autorités suisses pour procéder à la confiscation litigieuse ne saurait s'appuyer sur l'
art. 24 LStup
.
2.3
Pour le reste, les faits retenus par la Cour des plaintes ne permettent pas de fonder la compétence des autorités suisses pour poursuivre le recourant pour appartenance à une organisation criminelle au sens de l'art. 260
ter
CP. En effet, l'intéressé n'a pas agi en Suisse, notamment en soutenant une organisation criminelle au moyen des fonds déposés sur le compte "Florence", dès lors qu'aucun dépôt, ni retrait n'a jamais eu lieu sur ledit compte, qui pour le surplus a été ouvert en 1987, soit bien avant l'entrée en vigueur, le 1
er
août 1994, de l'art. 260
ter
CP (cf. art. 260
ter
al. 1, par. 2 et 3 CP). Il ne peut non plus être retenu que l'organisation criminelle à laquelle le recourant a appartenu ait exercé une partie de son activité en Suisse (cf. art. 260
ter
al. 3 CP). | null | nan | fr | 2,008 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e1bd8437-be3e-4121-a3bd-7a0c1f607de1 | Urteilskopf
137 II 328
27. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause Administration cantonale des impôts du canton de Vaud contre X. (recours en matière de droit public)
2C_673/2010 du 9 mars 2011 | Regeste
Art. 24 lit. d und h DBG
;
Art. 2 und 9 ff. ELG
; Steuerbefreiung von Unterstützungsleistungen.
Nach
Art. 24 lit. d DBG
ist mittellosen Personen gewährte Unterstützung von der Steuer befreit, wenn der Leistungsempfänger bedürftig ist und die Leistungserbringerin die Leistung für Beistandszwecke sowie unentgeltlich entrichtet.
Art. 24 DBG
bezieht sich auf jede Art von Einkünften (E. 4). Steuerbefreit sind alle Unterstützungsleistungen aus privaten Mitteln, die insgesamt und zusammengerechnet mit den anderen Einkünften des Steuerpflichtigen das anrechenbare Einkommen nach ELG nicht übersteigen, allfällige darüber hinausgehende kantonale Leistungen inbegriffen (E. 5). Zusammenspiel der Befreiungsgründe gemäss lit. d und h des
Art. 24 DBG
(E. 5.4). | Sachverhalt
ab Seite 329
BGE 137 II 328 S. 329
X., domicilié à Lutry (VD), a exercé le métier de pilote de ligne auprès de la Compagnie Y. (ci-après: la compagnie) jusqu'à sa retraite en 1989. En 1991 a été créée la Fondation patronale homonyme, qui est devenue en 1994 la Fondation patronale Y./Z. (ci-après: la Fondation), et dont le but consiste, selon son acte constitutif, à venir en aide, par le versement de secours dans des cas particulièrement pénibles, au personnel de la compagnie, en s'attachant en priorité à améliorer les conditions de retraite de ses membres qui, pour diverses raisons, ne pourraient bénéficier de prestations suffisantes dans le cadre de la prévoyance professionnelle et sociale ordinaire. Ne poursuivant aucun but lucratif, la Fondation tire ses ressources du produit de la fortune, des apports subséquents de la compagnie, ainsi que de legs et dons.
En 1997, X. a adressé une demande de secours à la Fondation au motif que le capital de prévoyance professionnelle qu'il avait reçu à sa retraite ne lui permettait plus de faire face à ses dépenses. Tenant compte des services rendus par X. à la compagnie, la Fondation a décidé de lui verser, "à bien plaire" et pour une durée indéterminée, une prestation d'assistance correspondant aux charges de son loyer.
BGE 137 II 328 S. 330
Dans leurs déclarations fiscales successives afférentes à l'impôt cantonal et communal (ICC) et à l'impôt fédéral direct (IFD), X. et son épouse n'ont pas indiqué les prestations d'assistance versées par la Fondation en tant qu'éléments de leur revenu. L'autorité de taxation en a cependant tenu compte dans ses décisions de taxation définitive rendues les 19 novembre 1999 (1999-2000), 30 mai 2005 (2003), 4 juillet 2006 (2004), 7 et 26 septembre 2007 (2005 et 2006), ainsi que 9 octobre 2009 (2007 et 2008). Le 24 février 2010, l'Administration cantonale des impôts du canton de Vaud (ci-après: l'Administration cantonale des impôts) a rejeté les réclamations élevées par X. contre l'ensemble de ces décisions de taxation.
Par arrêt du 24 juin 2010, la Cour de droit administratif et public du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal) a admis le recours interjeté par X. et a annulé la décision sur réclamation de l'Administration cantonale des impôts du 24 février 2010 en lui renvoyant la cause pour nouvelles décisions de taxation.
Devant le Tribunal fédéral, l'Administration cantonale des impôts conclut à l'annulation de l'arrêt du Tribunal cantonal du 24 juin 2010 tant par rapport à l'IFD (périodes fiscales 1999/2000 et 2003 à 2008 demeurées litigieuses) qu'à l'ICC (périodes fiscales 2003 à 2008), et à la confirmation de la décision sur réclamation du 24 février 2010.
Le Tribunal fédéral a admis le recours en matière de droit public et a renvoyé la cause au Tribunal cantonal pour nouvelle décision au sens des considérants.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
Il reste encore à déterminer si, tel que le retient l'arrêt entrepris, les revenus provenant des prestations de secours de la Fondation sont susceptibles d'être exonérés en application de l'
art. 24 let
. d LIFD, ce que conteste la recourante.
4.1
L'
art. 24 let
. d LIFD prévoit que sont exonérés de l'impôt les subsides provenant de fonds publics ou privés. Les versions allemande et italienne se réfèrent à des "Unterstützungen" et à des "sussidi d'assistenza". Il découle de ces termes, plus explicites que la version française, que cette disposition vise avant tout à exonérer de l'impôt l'aide aux personnes défavorisées ou nécessiteuses, les subsides y relatifs provenant en général de fondations, d'associations caritatives ou d'autres entités poursuivant des buts désintéressés de
BGE 137 II 328 S. 331
pure utilité publique (NOËL/JAQUES, in Commentaire romand, Impôt fédéral direct, 2008, n° 27 ad
art. 24 LIFD
p. 428; XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 3
e
éd. 2007, n° 204 p. 136; RYSER/ROLLI, Précis de droit fiscal suisse [impôts directs], 4
e
éd. 2002, n° 26 p. 48 s.). Cette exonération a ainsi pour fondement des motifs socio-politiques tendant à ce que les prestations qui sont versées dans le but d'écarter une situation d'indigence ou de besoin ("Notlage") parviennent dans leur intégralité à leur destinataire (cf. HÖHN/WALDBURGER, Steuerrecht, vol. I, 9
e
éd. 2001, n° 30 p. 302; FELIX RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, 2
e
éd. 2009, n° 76 ad
art. 24 LIFD
p. 436; NOËL/JAQUES, op. cit., n° 29 ad
art. 24 LIFD
p. 428; ZIGERLIG/JUD, in Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, vol. I/2b, 2
e
éd. 2008, n° 15 et n° 19 ad
art. 24 LIFD
p. 362 et 364).
Il est vrai qu'une partie de la doctrine, tout en admettant que tel est bien le but de l'
art. 24 let
. d LIFD, critique cette exonération en lui reprochant de créer des inégalités devant l'impôt. A supposer en effet que deux contribuables se trouvent dans une situation économique précaire comparable, le contribuable touchant des revenus issus de prestations d'assistance serait indûment avantagé par rapport au contribuable percevant des revenus issus d'une activité professionnelle, en ce que la première catégorie de revenus serait fiscalement exonérée et la seconde imposable. Partant, ladite doctrine prône,
de lege ferenda
, l'exemption générale d'un montant correspondant au minimum vital, au travers de déductions sociales ou des barèmes (cf. notamment NOËL/JAQUES, op. cit., n° 29 ad
art. 24 LIFD
p. 428; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, vol. I, 2001, n° 33 ad
art. 24 LIFD
p. 618 s.; RICHNER ET AL., op. cit., n° 76 ad
art. 24 LIFD
p. 436 et les références citées; ZIGERLIG/JUD, op. cit., n° 19 ad
art. 24 LIFD
p. 364).
Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral est tenu d'appliquer le droit en vigueur (
art. 190 Cst.
). Toutefois, en interprétant l'
art. 24 let
. d LIFD, il veillera à réduire autant que possible les inégalités de traitement que cette norme est susceptible d'engendrer.
4.2
La jurisprudence s'est déjà prononcée sur l'application de l'
art. 24 let
. d LIFD. Dans un cas impliquant une fondation de famille, le Tribunal fédéral a refusé l'exonération du fait que celle-ci versait des prestations en violation de ses statuts; néanmoins, il a retenu que de telles prestations, même si elles émanent d'une fondation de famille, sont susceptibles de tomber sous le régime d'exception de l'article 24 let. d LIFD notamment (arrêt 2A.668/2004 du 22 avril 2005
BGE 137 II 328 S. 332
consid. 2.4, in RDAF 2008 II 240). Dans un autre arrêt, le Tribunal fédéral a refusé l'exonération des fonds versés par le Fonds national suisse pour la recherche scientifique ou les prix récompensant un travail, au motif que leurs bénéficiaires doivent en contrepartie réaliser l'étude ou la recherche pour laquelle ils ont sollicité des fonds ou, dans le cas des prix, ont produit un ouvrage dont la récompense décernée constitue une forme de rémunération a posteriori; bénéficient en revanche de l'exonération de l'
art. 24 let
. d LIFD les bourses d'étude non sujettes à contre-prestation, qui ont le caractère de soutien social aux familles modestes pour ceux de leurs membres engagés dans des études (arrêt 2C_715/2007 du 28 avril 2008 consid. 2, in RDAF 2008 II 364).
4.3
Il ressort ainsi du but de l'
art. 24 let
. d LIFD et des principes dégagés par la jurisprudence que, pour que l'exonération soit applicable, il faut que:
- le bénéficiaire se trouve dans une situation de gêne (besoin, "Bedürftigkeit");
- lorsqu'elle verse des prestations au bénéficiaire, l'entité - qu'elle soit au demeurant de droit public ou privé - y procède dans le but de lui venir en aide (motif de bienfaisance ou d'assistance, "Unterstützung"); et, enfin,
- que le versement ait un caractère désintéressé et non onéreux, soit l'absence de contre-prestation ou de contre-partie exigée de la part du bénéficiaire (gratuité, "Unentgeltlichkeit").
4.4
En l'occurrence, l'intimé a, en 1997, adressé une demande de secours à la Fondation en alléguant ne plus pouvoir honorer ses dépenses d'entretien courantes en dépit du capital de prévoyance professionnelle qu'il avait perçu. A bien plaire, compte tenu des services rendus par l'intimé durant sa carrière de pilote, la Fondation lui a acordé, sans limite dans le temps, une prestation d'assistance équivalant au montant de son loyer.
Il apparaît ainsi que ces versements reposent a priori sur une situation de dénuement ou de nécessité de l'intimé (besoin) et qu'ils ont été effectués aux fins de venir en aide à l'intéressé (assistance). A teneur de son acte constitutif, la Fondation peut allouer des prestations bénévoles dans ces circonstances.
On peut ajouter que l'
art. 24 let
. d LIFD n'exige pas que les subsides exonérés n'émanent que d'oeuvres caritatives ou philanthropiques
BGE 137 II 328 S. 333
reconnues et agissant pour le bien commun. Comme l'illustre la jurisprudence du Tribunal fédéral en matière de prestations provenant de fondations de famille, il n'est donc pas indispensable que le cercle des bénéficiaires de telles prestations de secours soit étendu ou demeure ouvert (cf. arrêt 2A.668/2004 du 22 avril 2005 consid. 2.4). De surcroît, contrairement à ce que suggère l'Administration cantonale des impôts, il n'existe pas de lien direct entre l'octroi des prestations de secours par la Fondation et le contrat de travail passé entre l'intimé et la compagnie, qui fonderait une contre-prestation permetant d'exclure la qualification de subside au sens de l'
art. 24 let
. d LIFD (cf. arrêt 2C_715/2007 du 28 avril 2008 consid. 2). Le lien contractuel antérieur entre l'intimé et la compagnie conduit uniquement à définir le cercle des bénéficiaires potentiels des prestations de secours. En revanche, l'octroi des prestations est conditionné à la seule présence d'un cas de gêne auquel doit faire face le bénéficiaire potentiel. Le versement, alloué à bien plaire, n'est donc subordonné à aucune contre-prestation (gratuité).
Par conséquent, les conditions permettant d'admettre le principe d'une exonération fiscale au sens de l'
art. 24 let
. d LIFD sont réunies.
4.5
La recourante soutient que les prestations de secours que la Fondation a versées à l'intimé proviennent d'une institution de prévoyance au sens de l'
art. 22 al. 2 LIFD
, en l'occurrence d'un fonds patronal. Elle semble en déduire que de telles institutions ne peuvent pas, de manière générale, verser des subsides exonérés selon l'
art. 24 let
. d LIFD.
4.5.1
Une telle position ne saurait être suivie. En effet, ni leur qualification ni leur nature ne s'oppose a priori à une application de l'
art. 24 let
. d LIFD aux prestations émanant d'une institution de prévoyance ou d'une entité apparentée si elles en remplissent les conditions. A l'instar de la clause d'imposition générale de l'
art. 16 LIFD
, l'
art. 22 LIFD
concrétise le principe de la globalité de l'imposition (
ATF 133 I 206
consid. 11.1 p. 230), de sorte que les cas d'exonération (
art. 24 LIFD
) visent indistinctement toute forme de revenu, qu'elle figure ou non au nombre des exemples concrets énumérés aux art. 17 à 23 LIFD (cf. notamment RICHNER ET AL., op. cit., n
os
14 ss Vorbemerkungen zu
Art. 16-39 LIFD
et n
os
1 ss ad art. 16 LIDF p. 151 et 165).
La controverse doctrinale qui existe au sujet de l'inclusion dans l'
art. 24 LIFD
des prestations de fonds patronaux n'ébranle pas ce
BGE 137 II 328 S. 334
constat. Certes, une partie de la doctrine favorise une inclusion des prestations émanant des fonds patronaux dans le champ d'application de l'
art. 22 LIFD
en s'appuyant sur le critère du besoin (cf. AGNER/JUNG/STEINMANN, in Commentaire de la loi sur l'impôt fédéral direct, 2001, n° 5 ad
art. 24 LIFD
p. 104 s.; RICHNER ET AL., op. cit., n° 78 ad
art. 24 LIFD
p. 436), tandis qu'un autre courant, que cite la recourante, l'exclut catégoriquement. Toutefois, ce dernier tire sa conclusion du fait que ces fonds versent des prestations non bénévoles et souvent onéreuses, qui reposent sur un contrat d'assurance ou de prévoyance, ou sont la contrepartie d'un travail salarié accompli ou à accomplir (cf. PETER LOCHER, op. cit., n° 38 ad
art. 24 LIFD
p. 619; ZIGERLIG/JUD, op. cit., n° 18 ad
art. 24 LIFD
p. 363; voir aussi, dans la mesure où les travaux préparatoires renvoient à l'ancien droit [FF1983 III 1 174], ERNST KÄNZIG, Die direkte Bundessteuer, vol. I, 2
e
éd. 1982, n. 243 p. 457 s.). Or, comme déjà indiqué, les prestations de la Fondation sont versées de façon discrétionnaire, à titre gratuit et sans contrepartie; elles ne correspondent donc pas au cas de figure visé par la doctrine citée par la recourante.
4.5.2
Il découle de ce qui précède que, pour être passibles d'exonération de l'impôt au sens de l'
art. 24 let
. d LIFD, il suffit que les prestations de la Fondation, qu'elles intègrent ou non la catégorie des prestations provenant d'une institution de prévoyance, remplissent les conditions du besoin, de l'assistance et de la gratuité.
5.
A titre subsidiaire, pour le cas où l'exonération des prestations serait admise dans son principe, la recourante reproche au Tribunal cantonal d'avoir pris en considération l'ensemble des prestations versées par la Fondation. A son avis, il faudrait tenir compte des autres revenus du contribuable, en particulier des prestations complémentaires mensuelles - elles-mêmes exonérées selon l'
art. 24 let
. h LIFD et variant entre 192 et 269 fr. - qui avaient été versées à l'intimé et à son épouse pour couvrir leurs besoins vitaux, ainsi que d'un subventionnement des primes d'assurance obligatoire des soins.
5.1
Comme relevé précédemment, les subsides qui tombent sous la clause d'exonération de l'
art. 24 let
. d LIFD, tendent à encourager fiscalement l'assistance en faveur du contribuable nécessiteux. En d'autres termes, l'exonération fiscale de ces prestations présuppose qu'un cas d'indigence puisse être objectivement constaté. Pour éviter d'accentuer l'inégalité de traitement qui découle du choix du législateur d'exonérer de l'impôt les revenus issus de prestations
BGE 137 II 328 S. 335
d'assistance tandis que les revenus provenant du travail sont imposables nonobstant la situation économique précaire du contribuable (cf. consid. 4.1), il convient de limiter l'application de l'
art. 24 let
. d LIFD aux cas d'indigence avérés. En l'espèce, le principe selon lequel les exceptions à l'impôt général doivent être interprétées restrictivement (
ATF 131 II 1
consid. 3.3 p. 6 s.; arrêt 2A.668/2004 du 22 avril 2005 consid. 2.2, in RDAF 2008 II 240), s'impose d'autant plus que l'objectif socio-politique poursuivi par le législateur à l'
art. 24 let
. d LIFD consiste, précisément, à favoriser fiscalement l'aide aux personnes défavorisées, à l'exclusion d'autres situations (cf. NOËL/JAQUES, op. cit., n° 27 ad
art. 24 LIFD
p. 428).
5.2
Dans un souci de sécurité juridique et d'égalité de traitement, l'exigence que le bénéficiaire des subsides d'assistance provenant de fonds privés se trouve dans une situation de gêne pour bénéficier de l'
art. 24 let
. d LIFD doit pouvoir se traduire en des termes économiques uniformes. La notion économique d'indigence ne saurait toutefois se limiter à la survie physique de l'individu ni au seul minimum vital absolu, tel que le définit la Conférence suisse des institutions d'action sociale dans ses normes pour le concept et le calcul de l'aide sociale (
http://www.skos.ch
), au risque de rendre systématiquement inopérante l'exonération de subsides issus de fonds privés. Elle ne peut pas non plus s'appuyer sur la notion du minimum vital du droit des poursuites ("betreibungsrechtlicher Notbedarf") selon les
art. 92 ss LP
, qui vise aussi à protéger les intérêts des créanciers, et qui, de ce fait, fixe le minimum d'existence à un faible niveau (cf. THOMAS LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3
e
éd. 2003, n. 7 p. 156).
Il convient ainsi d'établir le minimum d'existence visé par l'
art. 24 let
. d LIFD à partir du revenu déterminant qui est fixé par la loi fédérale du 6 octobre 2006 sur les prestations complémentaires à l'AVS et à l'AI (loi sur les prestations complémentaires, LPC; RS 831.30) (cf.
art. 9 et 11 LPC
), étant rappelé que ce montant offre une protection supérieure par rapport à celle du droit des poursuites (cf.
ATF 135 III 20
consid. 4 et 5 p. 21-27, en particulier le consid. 4.1 concernant l'insaisissabilité des prestations cantonales complémentaires;
art. 2 al. 2 et 20 LPC
). De plus, les prestations complémentaires fournies selon la LPC tendent précisément à éviter, dans la mesure du possible, le recours à l'aide sociale (cf.
ATF 127 V 369
consid. 5a p. 369 s.; FF 2005 5641, 5833; THOMAS LOCHER, op. cit., p. 155 s. et 369 ss; MAURER/SCARTAZZINI/HÜRZELER,
BGE 137 II 328 S. 336
Bundessozialversicherungsrecht, 3
e
éd. 2009, p. 200) et satisfont ainsi au but socio-politique poursuivi par l'exonération fiscale selon l'
art. 24 let
d LIFD.
5.3
Une fois calculé le revenu déterminant selon les critères fixés par la LPC - ce indépendamment de la question de savoir si le contribuable en question a droit à de telles prestations -, il conviendra de comparer ce montant à la somme des revenus qu'il perçoit. A ce titre, peu importe que ces revenus soient fiscalement exonérés ou que leur origine soit publique ou privée. En font donc également partie les subsides relatifs à l'assurance obligatoire des soins ou les subsides versés au titre de la LPC et destinés à couvrir les besoins vitaux de la personne concernée (cf.
art. 112a Cst.
), voire susceptibles d'offrir une protection supérieure au niveau cantonal (
art. 2 al. 1 et 2 LPC
).
En conséquence, seront en principe exonérés de l'IFD, au sens de l'
art. 24 let
. d LIFD, tous les subsides provenant de fonds privés qui, additionnés entre eux et aux autres revenus perçus par le contribuable, ne dépassent pas le revenu déterminant fixé par la LPC (cf.
art. 9 ss LPC
), y compris les prestations cantonales allant au-delà de celles prévues par la LPC (cf.
art. 2 al. 2 LPC
). En revanche, tout subside d'assistance qui serait supérieur au plafond fixé pour le calcul du minimum d'existence selon la LPC, est imposable à hauteur de la part dépassant ledit montant, laquelle n'entre pas dans la clause d'exonération de l'
art. 24 let
. d LIFD (en ce sens: ZIGERLIG/JUD, op. cit., n° 15 ad
art. 24 LIFD
p. 362: "Unterstützungsleistungen sind (...) nur insoweit nicht steuerbar, als sie bloss das Lebensnotwendige ermöglichen"; cf. aussi: LOCHER, op. cit., n° 2 ad
art. 24 LIFD
p. 608).
5.4
Il sied encore de relever que les prestations complémentaires tombent elles-mêmes sous le coup de l'
art. 24 LIFD
, qui exonère de l'impôt fédéral direct les revenus perçus en vertu de la LPC sur la base tant du droit fédéral que cantonal (arrêt 2C_429/2008 du 10 décembre 2008 consid. 8.2; LAFFELY MAILLARD/NOËL, in Commentaire romand, Impôt fédéral direct, 2008, n
os
41 s. ad
art. 24 let
. h LIFD p. 431).
La limitation, au titre de l'
art. 24 let
. d LIFD, de la faculté d'exonérer les prestations de secours à hauteur du montant équivalant à la couverture des besoins vitaux, plus les prestations complémentaires allouées le cas échéant par le canton concerné, ne revient pas pour autant à vider la lettre d de sa substance. Tant la lettre h que la lettre d se réfèrent, quant à leur but, à la notion de minimum d'existence, de sorte qu'il se justifie au contraire de coordonner leur
BGE 137 II 328 S. 337
portée; ce, dans le but d'éviter que les subsides d'assistance (let. d) et/ou les prestations complémentaires (let. h) que toucherait un contribuable puissent être exonérés dans une plus large mesure que le montant correspondant au minimum d'existence selon la LPC, y compris les éventuelles prestations cantonales, sachant que l'
art. 11 al. 3 LPC
ne tient en principe pas compte des subsides pour le calcul des revenus déterminants. Ainsi, lorsqu'un contribuable se voit allouer des subsides d'assistance qui émanent notamment d'une fondation privée, alors qu'il perçoit également des prestations complémentaires couvrant déjà son minimum d'existence au sens de la LPC, lesdits subsides ne pourront en règle générale pas être exonérés en vertu de l'
art. 24 let
. d LIFD. Dans le cas contraire, une exonération, le cas échéant partielle, devra être opérée jusqu'à la hauteur du montant correspondant au minimum d'existence selon la LPC, y compris les éventuelles prestations cantonales.
5.5
Cette notion fiscale des prestations d'assistance exonérées ne préjuge évidemment pas des critères qui ont été retenus par la Fondation pour allouer des prestations de secours à l'intimé, quand bien même tout ou partie de celles-ci dépasserait, d'un point de vue fiscal, le montant maximum exonéré; elle n'influe pas non plus, à supposer que la Fondation puisse être assimilée à une institution de prévoyance, sur une éventuelle exonération de cette dernière en vertu des
art. 80 LPP
et 33 al. 1 let. d LIFD (cf. FRANZISKA BUR BÜRGIN, Wohlfahrtsfonds - Vorsorgeeinrichtungen im luftleeren Raum-, in Berufliche Vorsorge im Wandel der Zeit - Festschrift "25 Jahre BVG", 2009, p. 55 ss, 74; voir aussi: arrêt 2A.408/2002 du 13 février 2004 consid. 2).
5.6
En l'espèce, l'arrêt attaqué ne mentionne pas les montants que l'intimé aurait, comme le prétend la recourante, perçus au titre des prestations complémentaires selon la LPC ni dans quelle mesure ces dernières auraient le cas échéant, dans les limites de l'
art. 11 LPC
, tenu compte des subsides versés par la Fondation. De même, l'arrêt querellé ne contient aucune indication sur d'éventuels revenus supplémentaires dont le contribuable ou son épouse auraient bénéficié et qui seraient aptes à influer sur le caractère (partiellement) exonérable ou non des subsides d'assistance en cause.
Au vu de ce qui précède c'est donc à juste titre que la recourante reproche au Tribunal cantonal de ne pas avoir tenu compte de tous les faits pertinents avant d'exonérer l'ensemble des prestations versées
BGE 137 II 328 S. 338
par la Fondation. Il faut en particulier déterminer les revenus globaux des contribuables en vue de les comparer au revenu déterminant selon la LPC en y ajoutant les éventuelles prestations versées par le canton de Vaud au sens de l'
art. 2 al. 2 LPC
, pour établir si l'ensemble des prestations reçues par la Fondation peut ou non être exonéré. Ainsi, la cause devra être renvoyée au Tribunal cantonal pour qu'il rende un nouvel arrêt au sens des considérants, lequel prendra en considération l'ensemble des éléments de fait fiscalement pertinents (cf. art. 107 al. 2 in fine LTF). | public_law | nan | fr | 2,011 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1c13c15-db00-49cf-8c23-89c52abb1eec | Urteilskopf
107 IV 172
50. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. Oktober 1981 i.S. T. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 148 Abs. 2 StGB
. Betrügerischer Spendenaufruf.
1. Gewerbsmässig kann auch jener Betrüger handeln, der aus einem einzigen Willensentschluss tätig wird. Ob diese Tätigkeit gleichzeitig oder sukzessive gegen unbestimmt viele Personen gerichtet sei, ist belanglos (E. 2).
2. Formulierung des Schuldspruchs im Falle von gewerbsmässigen Betrügen und Betrugsversuchen, die alle auf demselben Willensentschluss des Täters beruhen. (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 173
BGE 107 IV 172 S. 173
A.-
Nach dem Erdbeben von El Asnam in Algerien vom 10. Oktober 1980 versandte T. in der Schweiz etwa 30'000 Spendenaufrufe einer von ihm 1979 aus dem deutschen Strafvollzug heraus auf dem Korrespondenzweg im US-Staat Delaware gegründeten Organisation zugunsten der überlebenden Erdbebenopfer. In der Folge zahlten eine unbekannte Anzahl sowie 113 namentlich bekannte Spender insgesamt Fr. 8'165.55 ein. T. wird zur Last gelegt, er habe die eingegangenen Gelder für eigene Bedürfnisse verwenden wollen. Eine bereits in Druck gegebene zweite Serie von Prospekten und Einzahlungsscheinen gelangte nicht zur Verteilung.
B.-
Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach T. am 27. Mai 1981 im Berufungsverfahren schuldig des "gewerbsmässigen Betrugs und Betrugsversuchs im Sinne von
Art. 148 Abs. 1 und 2 StGB
, teilweise in Verbindung mit
Art. 22 Abs. 1 StGB
, in einem bei den vollendeten Tatbeständen Fr. 8'165.55 ausmachenden Betrag" und verurteilte ihn zu zwei Jahren Zuchthaus, abzüglich 187 Tage erstandener Untersuchungshaft, sowie zu einer Busse von Fr. 8'000.-- und zu zehn Jahren unbedingter Landesverweisung.
C.-
Der Verurteilte erhebt Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts sei vollumfänglich aufzuheben.
BGE 107 IV 172 S. 174
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
...
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe aufgrund eines Willensentschlusses nur eine Serie von Einzahlungsscheinen und Prospekten versandt und zur Einzahlung auf ein Postcheckkonto aufgefordert. Es liege deshalb nur eine Tat mit einem einheitlichen Tatrahmen und einem Entschluss vor, so dass er nicht wegen gewerbsmässiger Tatbegehung schuldig gesprochen werden dürfe.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt gewerbsmässig, wer in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln, die Tat wiederholt begeht (
BGE 94 IV 21
E. 1,
BGE 88 IV 19
,
BGE 86 IV 207
,
BGE 81 IV 36
). Dass der Beschwerdeführer mit der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln, delinquierte, ist nicht bestritten. Seine Behauptung, es liege nicht wiederholte, sondern nur eine Tatbegehung vor, trifft nicht zu. Wohl hat er nur eine Serie von Einzahlungsscheinen versandt. Ob er dies am selben Tage oder an verschiedenen Tagen tat, kann dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall versandte er die Spendenaufrufe an eine Vielzahl von Personen und insofern beging er die Tat wiederholt im Sinne der zitierten Definition. Die Merkmale der gewerbsmässigen Begehung der strafbaren Handlung sind dem Begriff des erlaubten Gewerbes entnommen (
BGE 86 IV 12
). Wie ein erlaubtes Gewerbe vorliegen kann, wenn jemand in einem Zuge einen grösseren Stock der zu veräussernden Ware herstellt oder anschafft und diesen dann aufgrund eines Willensentschlusses veräussert, so kann auch die strafrechtlich erhebliche Gewerbsmässigkeit schon dadurch gekennzeichnet sein, dass ein Täter aufgrund eines Willensentschlusses gegen unbestimmt viele vorgeht. Der in der Definition der Gewerbsmässigkeit häufig (vgl. die bereits zitierten BGE), aber nicht immer (s. etwa
BGE 99 IV 88
) verwendete Begriff der wiederholten Tatbegehung bedeutet nichts anderes als mehrfaches Handeln (
BGE 107 IV 82
E. 3a). Gewerbsmässig kann auch jener handeln, der aus einem einzigen Willensentschluss tätig wird; ob diese Tätigkeit gleichzeitig oder sukzessive gegen unbestimmt viele gerichtet sei, ist belanglos. Der einheitliche Willensentschluss schliesst die Gewerbsmässigkeit entgegen der Ansicht des
BGE 107 IV 172 S. 175
Beschwerdeführers nicht aus (s.
BGE 105 IV 13
). Die Voraussetzungen zur Verurteilung wegen gewerbsmässiger Tatbegehung waren demnach gegeben. Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkt als unbegründet.
...
4.
Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, er dürfe nicht wegen gewerbsmässigen Betrugs und Betrugsversuchs schuldig gesprochen werden. Es kann ihm beigepflichtet werden, dass die ihm zur Last gelegten versuchten und vollendeten gewerbsmässigen Betrüge eine Einheit im Sinne eines Kollektivverbrechens bilden. Wohl führte das Bundesgericht in
BGE 105 IV 159
aus, die Schuldigerklärung dürfe in solchen Fällen nur auf gewerbsmässigen Betrug, nicht auch zusätzlich noch auf gewerbsmässigen Betrugsversuch lauten (vgl. dazu auch
BGE 71 IV 237
unten und ZR 66 Nr. 49 und 50). Damit wollte indessen nur zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Angeklagter in Fällen dieser Art nur wegen eines Deliktes, des Kollektivdeliktes, schuldig gesprochen werden darf. Dem Gericht kann indessen nicht verwehrt sein, auch im Urteilsdispositiv zum Ausdruck zu bringen, dass dieses Kollektivverbrechen sowohl vollendete wie versuchte Tathandlungen in sich schliesst. Die Vorinstanz trug dem Rechnung, indem sie den Beschwerdeführer schuldig sprach "des gewerbsmässigen Betrugs und Betrugsversuchs im Sinne von
Art. 148 Abs. 1 und 2 StGB
, teilweise in Verbindung mit
Art. 22 Abs. 1 StGB
, in einem bei den vollendeten Tatbeständen Fr. 8'165.55 ausmachenden Betrag". Damit gab sie deutlich zu verstehen, dass sie den Beschwerdeführer nur wegen eines Deliktes, nämlich wegen des Kollektivdeliktes des (teils vollendeten und teils versuchten) gewerbsmässigen Betrugs schuldig sprach. Ihr Dispositiv stellt keine Verletzung von Bundesrecht dar. | null | nan | de | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e1c7301a-b604-4bf5-8802-dc54948186a0 | Urteilskopf
121 IV 193
31. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 22 juin 1995 dans la cause W. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité) | Regeste
Art. 63 StGB
; Strafzumessung, Reinheitsgrad des Betäubungsmittels.
Steht nicht fest, dass der Beschuldigte ein ausgesprochen reines oder ein besonders stark gestrecktes Betäubungsmittel liefern wollte, spielt der genaue Reinheitsgrad für die Gewichtung des Verschuldens und bei der Strafzumessung keine Rolle. Die genaue Betäubungsmittelmenge und gegebenenfalls ihr Reinheitsgrad verlieren an Bedeutung, wenn mehrere Qualifikationsgründe gemäss
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
gegeben sind, und sie werden umso weniger wichtig, je deutlicher der Grenzwert im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
überschritten ist (E. 2b/aa). | Sachverhalt
ab Seite 193
BGE 121 IV 193 S. 193
A.-
Par jugement du 24 août 1994, le Tribunal criminel du district de Lausanne a condamné W., pour infraction grave à la LStup (RS 812.121) et
BGE 121 IV 193 S. 194
infraction à la LSEE (RS 142.20), à la peine de 13 ans de réclusion et à l'expulsion du territoire suisse pour une durée de 15 ans, mettant à sa charge une créance compensatrice de 50'000 fr. et une partie des frais de la procédure, arrêtée à 45'785 fr. 30.
B.-
Cette condamnation est fondée en résumé notamment sur les faits suivants.
W., né en 1954 à Kinshasa (Zaïre), a quitté son pays en mai 1980 pour s'établir en France, où il a obtenu l'asile politique.
Entre janvier 1991 et son arrestation en septembre 1991, il a livré en Suisse 3,1 kg de drogue dure. Acquérant la drogue sur le marché d'Amsterdam, il la transportait parfois lui-même, mais le plus souvent il la faisait transporter par des tiers, soit deux femmes qui ont été identifiées. Il fournissait en stupéfiants la "bande des quatre", ainsi que quatre autres personnes. Le bénéfice réalisé a été évalué à 186'000 fr. environ.
Pour ce qui concerne le déroulement de l'enquête, W. a tout d'abord contesté s'être livré au trafic; par la suite, il a admis avoir livré de la drogue dure (héroïne et cocaïne), reconnaissant en définitive une quantité de 175 g. Le tribunal a acquis la conviction qu'il avait fortement minimisé son trafic de drogue. Il faut relever ici que la police a procédé dans cette affaire à des investigations de grande ampleur, notamment à de nombreuses surveillances téléphoniques durant l'été 1991. Les éléments réunis ne permettent toutefois pas de préciser avec exactitude le genre de drogue dont il s'agissait, sa quantité et sa qualité; procédant à l'appréciation des preuves, le tribunal a considéré que la quantité totale de drogue se répartissait de la manière suivante: deux tiers de cocaïne et un tiers d'héroïne; il a été retenu un degré de pureté de 30% pour l'ensemble de la drogue, ce qui apparaissait comme favorable aux accusés compte tenu de certains témoignages recueillis. S'agissant plus particulièrement de W., le tribunal a, sur la base des éléments dégagés par la police, retenu une quantité de 3,1 kg de drogue dure, estimant qu'il s'agissait du chiffre le plus favorable à l'accusé.
Le tribunal a considéré que W. s'était rendu coupable d'infraction grave à la loi fédérale sur les stupéfiants, réalisant les trois hypothèses de cas grave prévues par l'
art. 19 ch. 2 LStup
. Au stade de la fixation de la peine, il a été tenu compte de l'intensité du trafic sur une période relativement courte. Il a été relevé qu'il avait agi en véritable professionnel, guidé par le seul profit, n'hésitant pas à utiliser des tiers pour transporter la drogue. Il a bénéficié durant son enfance d'un encadrement favorable et il a trouvé en France une terre d'accueil, où il
BGE 121 IV 193 S. 195
pouvait vivre honnêtement. Il a été observé que tous les accusés avaient mené grand train grâce à leur trafic, se montrant tous très dépensiers. A décharge, il a été tenu compte des bons antécédents, du fait qu'une consommation régulière de drogues diverses avait pu conduire l'accusé plus facilement sur le chemin de la délinquance, qu'il avait souffert de déracinement après avoir quitté son pays d'origine et qu'il avait rencontré diverses difficultés personnelles. Il a été observé enfin que l'accusé n'avait jamais manifesté le désir de s'établir en Suisse et qu'il n'y avait aucune attache.
C.-
Statuant sur recours du condamné le 10 novembre 1994, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois a confirmé le jugement attaqué. Contre cet arrêt, W. s'est pourvu en nullité à la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral.
Le tribunal fédéral rejette le pourvoi dans la mesure où il est recevable.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
(Recevabilité).
2.
a) Invoquant une violation de l'
art. 63 CP
, le recourant soutient que la peine qui lui a été infligée est exagérément sévère.
Tout en exigeant que la peine soit fondée sur la faute, l'
art. 63 CP
n'énonce pas de manière détaillée et exhaustive les éléments qui doivent être pris en considération, ni les conséquences exactes qu'il faut en tirer quant à la fixation de la peine; cette disposition confère donc au juge un large pouvoir d'appréciation; même s'il est vrai que la Cour de cassation examine librement s'il y a eu violation du droit fédéral, elle ne peut admettre un pourvoi en nullité portant sur la quotité de la peine, compte tenu du pouvoir d'appréciation reconnu en cette matière à l'autorité cantonale, que si la sanction a été fixée en dehors du cadre légal, si elle est fondée sur des critères étrangers à l'
art. 63 CP
, si les éléments d'appréciation prévus par cette disposition n'ont pas été pris en compte ou enfin si la peine apparaît exagérément sévère ou clémente au point que l'on doive parler d'un abus du pouvoir d'appréciation (
ATF 120 IV 136
consid. 3a et les arrêts cités). Les éléments pertinents pour la fixation de la peine ont été exposés de manière détaillée dans les
ATF 117 IV 112
consid. 1 et
ATF 116 IV 288
consid. 2a, auxquels on peut se référer.
b) Le recourant critique la peine qui lui a été infligée, en faisant valoir deux arguments précis.
BGE 121 IV 193 S. 196
aa) Il soutient que la gravité de sa faute aurait dû être appréciée en prenant en compte non pas la quantité totale de drogue, soit 3,1 kg, mais seulement la quantité de drogue pure, étant rappelé que l'autorité cantonale a admis que les stupéfiants livrés avaient un taux de pureté moyen évalué à 30%.
Selon une jurisprudence récente, c'est la quantité de drogue pure sur laquelle a porté l'infraction qui doit être prise en considération pour déterminer si le cas est grave au sens de l'
art. 19 ch. 2 let. a LStup
(
ATF 119 IV 180
consid. 2d). Cette jurisprudence repose sur la notion de "quantité de stupéfiants qui peut mettre en danger la santé de nombreuses personnes", qui est déterminante pour distinguer le cas simple du cas grave prévu par l'
art. 19 ch. 2 let. a LStup
. Elle ne s'applique en revanche pas à la fixation de la peine, contexte dans lequel la question se pose de manière fort différente. En effet, la quotité de la peine doit être fixée en fonction de la gravité de la faute imputable à l'auteur et non du danger que représente la drogue sur laquelle a porté le trafic. Il s'agit là certes de l'un des éléments pertinents pour apprécier la gravité de la faute, mais qui est à estimer conjointement avec plusieurs autres, sans revêtir une importance prépondérante (
ATF 118 IV 342
consid. 2c). C'est tout un ensemble de données relatives aux circonstances de l'infraction et à la personne de l'auteur qui doivent être prises en considération. La quantité de drogue en jeu et, le cas échéant, la pureté de celle-ci est d'autant moins déterminante que l'on s'éloigne de la limite à partir de laquelle le cas doit être considéré comme grave au sens de l'
art. 19 ch. 2 let. a LStup
. De même, cet élément perd de l'importance lorsque plusieurs des circonstances aggravantes prévues à l'
art. 19 ch. 2 LStup
sont réalisées.
En l'espèce, il a été admis que le recourant avait réalisé les trois hypothèses de cas grave prévues par l'
art. 19 ch. 2 LStup
et qu'il avait joué un rôle primordial dans le trafic en cause. Dans ces conditions, les constatations cantonales desquelles il ressort que le recourant a livré, avec conscience et volonté, au moins 3,1 kg de drogue dure, au sens où ce produit est habituellement vendu sur le marché en vue d'être consommé, sont suffisantes. Certes, comme il est d'usage, la drogue n'était pas pure à 100%, mais puisqu'il ne ressort pas des constatations cantonales que le recourant aurait voulu fournir une drogue particulièrement pure ou particulièrement diluée, la question du taux de pureté exact ne joue pas de rôle pour apprécier la gravité de sa faute.
BGE 121 IV 193 S. 197
Lorsque le recourant tente de soutenir que la peine qui lui a été infligée est excessive pour une quantité de 930 g de drogue pure, il fausse les termes d'une éventuelle comparaison. En effet, la drogue n'étant en pratique jamais vendue pure, il est toujours pris en considération la quantité que l'auteur avait en vue, sachant que la drogue est plus ou moins diluée et qu'il s'agit de la marchandise ordinairement vendue sur le marché en vue d'être consommée.
On ne discerne donc pas de violation du droit fédéral dans l'appréciation de la faute commise par le recourant.
bb) Citant des passages de conversations téléphoniques surveillées, le recourant soutient que son activité a été moins importante qu'il n'a été retenu, et il conteste avoir été guidé par le seul profit et avoir agi comme un professionnel.
Déterminer ce qu'une personne a fait, de quelle manière elle a organisé son activité délictueuse, et quel était son état d'esprit relève des constatations de fait qui lient la Cour de cassation (cf.
ATF 120 IV 117
consid. 2a, 119 IV 222 consid. 2,
ATF 118 IV 122
consid. 1, 167 consid. 4). L'argumentation du recourant revient sur ce point à s'écarter des constatations de fait cantonales, ce qui n'est pas admissible dans le cadre d'un pourvoi en nullité.
c) En l'espèce, la peine a été fixée dans le cadre légal (art. 19 ch. 1 in fine LStup), en suivant les critères posés par l'
art. 63 CP
et sans se laisser guider par des considérations étrangères à cette disposition. Le recourant ne peut d'ailleurs citer aucun élément important, propre à modifier la quotité de la peine, qui aurait été omis. Il résulte des faits retenus - qui lient la Cour de cassation - que le recourant, qui aurait pu mener une vie honnête en France, s'est lancé, par appât du gain, dans un trafic portant sur une grande quantité de drogue particulièrement dangereuse, employant des tiers pour transporter la drogue et fournissant d'importants revendeurs; sur une période relativement courte, il a réalisé ainsi un bénéfice de 186'000 fr., en faisant fi de la santé d'autrui; toutes les hypothèses de cas graves envisagées par le législateur à l'
art. 19 ch. 2 LStup
sont ici réalisées. Dès lors, même en tenant compte de l'absence d'antécédents et des difficultés personnelles relatées par l'autorité cantonale, la faute commise apparaît très lourde et on ne saurait dire que la peine infligée, compte tenu du cadre légal et des peines usuelles (cf.
ATF 120 IV 136
consid. 3b), est exagérément sévère au point de constituer un abus du pouvoir d'appréciation.
3.
(Suite de frais). | null | nan | fr | 1,995 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e1d20694-1ac3-49ad-a907-ec49c00679c3 | Urteilskopf
122 II 455
56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. November 1996 i.S. Gemeinde Stäfa gegen X. und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 5 RPG
; materielle Enteignung (Nichteinzonung).
Mögliche Entschädigungstatbestände bei Nichteinzonungen: massgebend ist, ob der Eigentümer seine Liegenschaft aus eigener Kraft in naher Zukunft hätte überbauen können; der Umstand, dass eine Parzelle für sich betrachtet erschlossen ist und der Eigentümer dafür Aufwendungen tätigte, führt nicht zwingend zu einer materiellen Enteignung; Pflicht zur Würdigung aller rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten (E. 4 und 5a).
Erschliessung und Baureife: Bedeutung der gewässerschutzrechtlichen Planung (GKP); Bejahung der Quartierplanpflicht auch in Würdigung der Parzellenlage (E. 5b-e).
Hier kein weitgehend überbautes Gebiet (E. 6a). Vorliegen besonderer Gründe des Vertrauensschutzes verneint (E. 6b). | Sachverhalt
ab Seite 456
BGE 122 II 455 S. 456
Im Jahre 1966 erwarb X. eine Parzelle "in der Torlen". Die Liegenschaft umfasst eine Fläche von 2'390 m2 und befand sich gemäss dem damals geltenden Zonenplan der Gemeinde Stäfa im nördlichen Bereich der an das übrige Gemeindegebiet grenzenden Landhauszone.
Ende der sechziger Jahre erarbeitete X. zusammen mit benachbarten Grundeigentümern ein Projekt für die kanalisationsmässige Erschliessung der nördlich der Rütihofstrasse gelegenen Liegenschaften. Nachdem die Gemeindeversammlung von Stäfa am 4. Juli 1969 Projekt und Kredit des Kanalisationsvorhabens genehmigt hatte, wurde das Werk im Jahre 1970 erstellt. Die dabei verlegten Leitungen reichen bis zur südlichen Parzellengrenze des Grundstücks von X., der sich an den Erstellungskosten von Fr. 222'000.-- mit einem Beitrag von Fr. 12'880.-- beteiligte.
Die 1974 revidierte Bau- und Zonenordnung brachte im Bereich der Parzelle von X. hinsichtlich der Zonierung keine wesentlichen Änderungen. - Kurze Zeit nach Inkrafttreten der neuen Bau- und Zonenordnung erliess die Baudirektion eine auch diese Parzelle erfassende, ursprünglich auf fünf Jahre befristete und später bis Mitte der achtziger Jahre verlängerte Planungszone.
Am 4. Juli 1985 beschloss die Gemeindeversammlung eine erneute Revision der Bau- und Zonenordnung. Der neue Zonenplan wies das Grundstück von X. der Reservezone zu. Nachdem die Gemeinde in der Folge von der kantonalen Baurekurskommission verpflichtet worden war, die im Gebiet Rütihof/Torlen vorgenommenen
BGE 122 II 455 S. 457
Zonierungen zu überprüfen und neu festzusetzen, teilte sie das Grundstück am 10. Dezember 1990 der Landwirtschaftszone zu.
Mit Schreiben vom 6. Januar 1992 meldete X. bei der Gemeinde Entschädigungsansprüche aus materieller Enteignung an. Die Schätzungskommission II des Kantons Zürich stellte allerdings mit Urteil vom 9. Juli 1993 fest, die Umzonung des Grundstücks stelle keinen enteignungsähnlichen Eingriff dar. Demgegenüber befand das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 23. November 1994, die Zuweisung der Parzelle zur Landwirtschaftszone sei als materielle Enteignung zu qualifizieren.
Die Gemeinde Stäfa führt gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4.
a) Die Nichteinzonung löst wie gesagt grundsätzlich keine Entschädigungspflicht aus. Sie trifft den Eigentümer nur ausnahmsweise enteignungsähnlich, etwa dann, wenn er überbaubares oder groberschlossenes Land besitzt, das von einem gewässerschutzrechtlichen generellen Kanalisationsprojekt (GKP) erfasst wird, und wenn er für Erschliessung und Überbauung seines Landes schon erhebliche Kosten aufgewendet hat, wobei diese Voraussetzungen in der Regel kumulativ erfüllt sein müssen. Sodann können weitere besondere Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes so gewichtig sein, dass ein Grundstück unter Umständen hätte eingezont werden müssen. Ein Einzonungsgebot kann ferner zu bejahen sein, wenn sich das fragliche Grundstück im weitgehend überbauten Gebiet (
Art. 15 lit. a des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700]
) befindet. Solche Umstände hätten möglicherweise eine Einzonung gebieten können, so dass der Eigentümer am massgebenden Stichtag mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer aus eigener Kraft realisierbaren Überbauung seines Landes rechnen durfte (
BGE 122 II 326
E. 6a;
BGE 121 II 417
E. 4b).
Trifft das nicht zu, kann nicht von einer enteignungsgleichen Wirkung der Nichteinzonung gesprochen werden. Der Eigentümer besitzt grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf Einweisung seines Landes in eine Bauzone, auch nicht, wenn er erschlossenes oder erschliessbares Land besitzt. Dies ergibt sich aus dem Vorrang der rechtlichen Gegebenheiten, auf die in erster Linie abzustellen ist.
BGE 122 II 455 S. 458
Erste Voraussetzung bildet die Zugehörigkeit des entsprechenden Landes zu einer Bauzone, welche den aus der Neuordnung des Bodenrechts fliessenden verfassungs- und gesetzmässigen Anforderungen entspricht und welche die Berechtigung zum Bauen einschliesst (
BGE 122 II 326
E. 6a;
BGE 119 Ib 124
E. 2d).
b) Das Verwaltungsgericht ging bei der Prüfung der Frage der Entschädigungspflicht von den vorstehend dargelegten Prinzipien aus und prüfte, ob einer der genannten entschädigungspflichtigen Ausnahmefälle vorliege. Dabei kam es zum Schluss, die Liegenschaft des Beschwerdegegners sei vollständig erschlossen und er habe für die Erschliessung bereits erhebliche Kosten aufgewendet. Zur Frage, ob das Grundstück von einem gewässerschutzrechtskonformen GKP erfasst werde, hielt das Verwaltungsgericht fest, Sinn der entsprechenden bundesgerichtlichen Praxis könne nur sein, dass das GKP den verlangten technischen Anforderungen, nicht aber hinsichtlich seiner Ausdehnung den Vorgaben des Gewässerschutzrechtes genüge; andernfalls sei das vom Bundesgericht verlangte Erfordernis eine Hürde, welche nie zu einer Entschädigungspflicht führen könne. Da jedenfalls die Kanalisation zur Erschliessung der Liegenschaft des Beschwerdegegners erstellt sei, sei das Erfordernis des Einbezuges des Grundstücks in ein gewässerschutzrechtskonformes GKP hier obsolet.
c) Die Argumentation des Verwaltungsgerichtes wirft Fragen auf. Offenbar geht es davon aus, die in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erwähnten (möglicherweise) entschädigungspflichtigen Nichteinzonungsfälle (vorne E. 4a) seien je in sich geschlossene Tatbestände, und wenn die Voraussetzungen eines Tatbestandes nicht erfüllt seien, liege von vorneherein keine materielle Enteignung vor. In dieser Absolutheit kann die Rechtsprechung des Bundesgerichtes jedoch nicht verstanden werden.
Massgebend für das Vorliegen der Entschädigungspflicht (auch) bei Nichteinzonungen ist, dass der Eigentümer am Stichtag seine Liegenschaft aus eigener Kraft in naher Zukunft sehr wahrscheinlich hätte überbauen können. Dabei hat das Bundesgericht stets betont, es komme insoweit auf eine Würdigung aller rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten an, wobei in erster Linie auf die rechtliche Ausgangslage abzustellen sei (
BGE 122 II 326
E. 3 und 6a
;
121 I 417
E. 4; Urteil des Bundesgerichtes vom 11. November 1992, E. 6c, in ZBl. 94/1993 S. 261 f.). Deshalb können zwar im Einzelfall die gegebenen Erschliessungsverhältnisse eine Entschädigungspflicht gebieten (vgl. Urteil des Bundesgerichtes vom 11. November
BGE 122 II 455 S. 459
1992, E. 6d, in ZBl. 94/1993 S. 262 ff.), doch ist das nicht zwingend (vgl. Urteil des Bundesgerichtes vom 9. März 1988, E. 4d, in ZBl. 90/1989 S. 548 f., und nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtes vom 30. Mai 1994 i.S. Gemeinde Safnern, E. 6, mit Präzisierung des zitierten Entscheides vom 11. November 1992); namentlich die sich aus dem Gebot der systematischen Baugebietserschliessung ergebende Quartierplanpflicht kann der Möglichkeit, ein für sich allein betrachtet erschlossenes Grundstück in naher Zukunft aus eigener Kraft zu überbauen, entgegenstehen (
BGE 119 Ib 124
E. 4a/bb; Urteil des Bundesgerichtes vom 11. November 1992, E. 6c, in ZBl. 94/1993 S. 262). Auf der anderen Seite schliesst zum Beispiel selbst eine nicht in allen Teilen hinreichende Erschliessung eine materielle Enteignung nicht zum vornherein aus; es kann sein, dass aufgrund einer Gesamtwürdigung des Sachverhaltes eine Einzonungspflicht bejaht werden muss, weil das Land im weitgehend überbauten Gebiet im Sinne von
Art. 36 Abs. 3 RPG
liegt (
BGE 122 II 326
E. 6b und c;
121 II 417
).
5.
a) Im vorliegenden Fall tätigte der Beschwerdegegner für die Erschliessung seiner Parzelle Aufwendungen; auch kann die Liegenschaft an sich als erschlossen betrachtet werden. Der Augenschein hat dies bestätigt, führen doch sowohl die Strasse als auch die Werkleitungen bis zum bzw. in die unmittelbare Nähe des Grundstückes. Dies allein ist aber nach dem Gesagten für eine allfällige Entschädigungspflicht noch nicht ausschlaggebend.
b) aa) Hinsichtlich der Frage, welche Tragweite dem GKP hier zukommt, kann vorab festgehalten werden, dass die Parzelle innerhalb des heute noch geltenden GKP Ortsteil Uerikon-Wellenberg vom Dezember 1965 liegt. Allerdings ist das vom GKP erfasste Gebiet deutlich grösser dimensioniert als die Bauzonen der Zonenpläne von 1960 und 1974. Das GKP entsprach damit nie den Anforderungen des
Art. 15 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung (AGSchV; SR 814.201)
in der Fassung vom 19. Juni 1972, nach dessen Wortlaut für die Ausdehnung des GKP in erster Linie "das im Zonenplan ausgeschiedene Baugebiet" massgeblich ist. Ihm lagen, wie an der Instruktionsverhandlung bestätigt worden ist, völlig unrealistische Vorstellungen über das Bevölkerungswachstum zugrunde (vgl. dazu auch
BGE 106 Ia 184
E. 4c).
bb) Jedenfalls nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtes übereinstimmend ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach sich das Kriterium der Gewässerschutzrechtskonformität des GKP lediglich auf die technischen Aspekte, z.B. die Dimensionierung
BGE 122 II 455 S. 460
der Leitungen, nicht aber auf die Ausdehnung des GKP beziehe. Das Bundesgericht beurteilte bereits in
BGE 106 Ia 184
(E. 4c) die Dimensionierung des GKP aus ortsplanerischer Sicht. In
BGE 118 Ib 38
(E. 4d) und
BGE 119 Ib 124
(E. 3b) bestätigte es, dass das GKP für das überbaute und für das innert 15 Jahren zur Erschliessung vorgesehene Baugebiet anzulegen ist (vgl.
Art. 15 AGSchV
in der Fassung vom 19. Juni 1972). Zwar mag es zutreffen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach seit Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes der Verweis in der Gewässerschutzgesetzgebung auf das im Zonenplan ausgeschiedene Baugebiet als Verweis auf eine RPG-konforme Zonenplanung zu verstehen sei (so
BGE 118 Ib 47
mit Hinweis auf einen unveröffentlichten Entscheid vom 13. Januar 1992 i.S. Commune de Gruyère), den Anschein erwecken kann, in gewissen Fällen sei die Bejahung einer entschädigungspflichtigen Nichteinzonung von vornherein undenkbar. Wie bereits erwähnt worden ist, stellt indessen das Kriterium des gewässerschutzrechtskonformen GKP nicht einen abgeschlossenen Tatbestand dar. Dazu kommt, dass im vorliegenden Fall die Gewässerschutzrechtskonformität des GKP gerade nicht daran scheitert, dass das GKP nicht den Dimensionen entspricht, wie sie das im Jahre 1980 in Kraft getretene RPG für Bauzonen vorsieht. Das GKP Ortsteil Uerikon-Wellenberg vom Dezember 1965 widerspricht vielmehr auch der Gewässerschutzgesetzgebung, wie sie sich vor Inkrafttreten des RPG präsentiert hat. So war, wie bereits ausgeführt worden ist, das von ihm erfasste Gebiet erheblich grösser als die (bereits überdimensionierten) Bauzonen der Zonenpläne von 1960 und 1974 (vgl. E. 5b/aa).
c) Es kommt hinzu, dass sich die Beschwerdeführerin zu Recht auf den Standpunkt stellt, die Quartierplanpflicht stehe trotz der gegebenen Erschliessung einer aus eigener Kraft realisierbaren Überbauung der Liegenschaft durch den Beschwerdegegner entgegen. Anders als dieser meint, ist der Einwand der Quartierplanpflicht nicht neu. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Klagebegründung vom 11. November 1993 einlässlich ausgeführt, weshalb ihrer Meinung nach ein Grundstück, das für sich allein betrachtet erschlossen ist, in die für die Baureifmachung eines ganzen Gebiets notwendige Quartierplanung einbezogen werden kann.
Der Augenschein hat in tatsächlicher Hinsicht bestätigt, dass sich das Grundstück an einer landschaftlich heiklen Stelle befindet. Es liegt auf einem Moränenhügel und markiert als Abschluss des nach Süden abfallenden Rütihofhangs den Übergang zum nördlich
BGE 122 II 455 S. 461
anschliessenden unüberbauten Plateau "Torlen". Östlich der Parzelle befinden sich die unüberbauten Grundstücke Kat.-Nrn. ..., .. und ...... Auch diese zeichnen sich durch ihre exponierte und landschaftlich heikle Lage an der Krete des Rütihofhanges aus.
Diese landschaftlich besondere Situation fand in den planerischen Festlegungen der Gemeinde Niederschlag. Die Beschwerdeführerin bezeichnete in ihrem Richtplan den östlichen Teil der Parzelle des X. sowie die östlich daran anschliessenden Grundstücke als Trenngebiete (kommunaler Gesamtplan, Siedlungsplan, Landschaftsplan und Plan der öffentlichen Bauten und Anlagen vom 16. Mai 1983). Im Bericht zum kommunalen Gesamtplan, Ziff. 4.5.1., wird dazu als Begründung angeführt, solche Gebiete sollten aus Gründen des Landschaftsschutzes unüberbaut bleiben. Eine aktive Nutzung als Erholungsgebiet stehe im Interesse der Erhaltung der noch unüberbauten Hügelkuppe nicht im Vordergrund. Die Bedeutung des Trenngebietes liege in der Gliederung des Siedlungsgebietes, weshalb die entsprechenden Landflächen unüberbaut bleiben sollten.
d) Der Quartierplan bezweckt, eingezontes Land überbaubar zu machen (
§ 123 ff. PBG
;
BGE 113 Ib 133
E. 4c; WALTER HALLER/PETER KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, 2. Aufl., 1992, S. 87). Er dient der systematischen Erschliessung von Bauland innerhalb eines zusammenhängenden Gebietes und will sicherstellen, dass eine Bauzone zweckmässig und zielgerichtet in Beachtung des Gebots der haushälterischen Bodennutzung erschlossen wird (
Art. 1 RPG
, Art. 5 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes [WEG; SR 843]; § 123 Abs. 1 und § 126 Abs. 1 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes [PBG];
BGE 119 Ib 124
E. 4a/bb). Mit Blick auf diese Funktionen des Quartierplans war die fragliche Liegenschaft am Stichtag (dazu
BGE 121 II 417
E. 3a) nicht baureif. Die Lage der Parzelle als "Pfortengrundstück" des gesamten Kretenareals lässt die Durchführung eines Quartierplanverfahrens als angezeigt erscheinen. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass eine systematische Erschliessung des als landschaftliche Einheit in Erscheinung tretenden Moränenhügels sinnvollerweise nur auf planerischem Weg erfolgen kann. Zufolge der beschriebenen Lage der Parzelle Kat.-Nr. .... hätte die Realisierung der für die Erschliessung aller Grundstücke notwendigen Anlagen den Einbezug des streitbetroffenen Grundstücks in die Quartierplanung bedingt, und ein entsprechender Landabzug wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit notwendig gewesen (
§ 138 Abs. 1 und 2 PBG
). Eine vorgängige isolierte Baubewilligung für die Parzelle hätte bei dieser
BGE 122 II 455 S. 462
Sachlage die planungsrechtlichen Festlegungen für den restlichen noch unüberbauten Hügelzug weitgehend präjudiziert; die Baureife muss daher verneint werden (
§ 234 Abs. 1 PBG
).
e) Aus dem Umstand, dass die südlich gelegenen Parzellen ohne Quartierplanverfahren überbaut wurden, kann der Beschwerdegegner nichts zu seinen Gunsten ableiten. Im Gegensatz zu seiner Parzelle sowie den östlich daran anschliessenden unüberbauten Grundstücken befinden sich diese Liegenschaften nicht an einer exponierten Kretenlage. Optisch wie topographisch kommt diesem Hanggelände eine eigenständige Bedeutung zu. Der Augenschein hat bestätigt, dass es sich von den Kretenparzellen abhebt, weshalb das Bedürfnis nach einer die Feinerschliessung einlässlich regelnden Quartierplanung anders beurteilt werden kann (in diesem Sinne auch die in
BGE 118 Ib 38
nicht publizierte E. 5b betreffend das Verhältnis eines Hanggrundstückes zu einer oberhalb bestehenden alten Bebauung im Weiler Fidaz/Flims).
Nichts hilft dem Beschwerdegegner auch der Einwand, die zum Gebiet hinaufführende Torlenstrasse sei in den achtziger Jahren entgegen der Bezeichnung der Strasse im Verkehrsplan als Fussweg in einem privaten Bauverfahren als Erschliessungsstrasse ausgebaut worden. Die im Richtplan eingetragene Signatur "Fussweg" bedeutet nicht, dass die Torlenstrasse ausschliesslich nur noch Fussgängern zugänglich gemacht werden soll. Der Bericht zum kommunalen Gesamtplan vom 16. Mai 1983 verdeutlicht das; danach umfasst das Netz sowohl eigentliche Fusswege als auch Verbindungsstrekken auf oder entlang bestehender oder geplanter Strassen. Insoweit steht die genannte richtplanerische Festlegung einem Ausbau der Torlenstrasse für die Erschliessung der Hanggrundstücke nicht entgegen.
6.
Eine materielle Enteignung könnte somit nur noch bejaht werden, wenn besondere Umstände vorlägen, die es aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten hätten, die Liegenschaft einer Bauzone zuzuweisen, oder wenn diese im weitgehend überbauten Gebiet läge (vorne E. 4a).
a) Was die Zugehörigkeit zum weitgehend überbauten Gebiet anbelangt, sind die Voraussetzungen für eine entschädigungspflichtige Nichteinzonung nicht erfüllt. Der Begriff des weitgehend überbauten Gebiets ist eng zu verstehen. Er umfasst im wesentlichen den geschlossenen Siedlungsbereich und eigentliche Baulücken (
BGE 122 II 326
E. 6c/aa;
BGE 121 II 417
E. 5a). Im vorliegenden Fall kann nicht gesagt werden, für die Parzelle von X. treffe das zu. Wie aus
BGE 122 II 455 S. 463
den Akten hervorgeht und am Augenschein erhärtet werden konnte, liegt das Grundstück des Beschwerdegegners am Rande des überbauten Gebiets von Stäfa im Übergang zur nächsten Gelände-kammer. Es gehört nicht zum geschlossenen Siedlungsbereich und kann auch nicht als Baulücke bezeichnet werden.
b) Andere besondere Umstände, die eine Vertrauensposition geschaffen und damit eine Einzonung geboten hätten, sind nicht ersichtlich. Namentlich sind - wie gesagt - die Erschliessungsverhältnisse nicht geeignet, die ausnahmsweise Entschädigungspflicht zu begründen. Im übrigen brachte die Gemeinde Stäfa schon seit einiger Zeit zum Ausdruck, dass die Hangkrete wegen ihrer landschaftlich besonderen Lage nicht oder jedenfalls nur unter einschränkenden Bedingungen überbaut werden sollte (vgl. die in E. 5d zitierte kommunale Richtplanung sowie die anlässlich des Augenscheins erwähnte, von der Gemeinde im Jahre 1980 durchgeführte Umfrage über die weitere planerische Behandlung des Gebietes "Torlen"). Zudem war schon früh erkennbar, dass eine allfällige Überbauung wohl nur auf dem Wege der Quartierplanung hätte erfolgen können. So war die Liegenschaft bereits Mitte der siebziger Jahre Bestandteil eines Quartierplanperimeters (vgl. Quartierplan Fangen Nord, Bericht des Projektverfassers Corrodi vom 25. Juli 1974, wonach alle von der Torlenstrasse her erschlossenen Parzellen zwischen der Geländekante Rütihof und der nördlichen Zonengrenze dem Unterperimeter 4 zugewiesen werden). Dass diese Planung nicht weiterverfolgt wurde, lag primär an der mit Inkrafttreten des PBG einsetzenden Diskussion um die Bauzonenbegrenzung sowie der damit zusammenhängenden Planungszone; im übrigen wurde bereits erwähnt, dass das eigentliche Hanggelände hinsichtlich der Quartierplanrealisierung anders als die Kretengrundstücke behandelt werden kann (vorne E. 5e).
7.
a) Zusammenfassend ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausging, die Nichteinzonung habe enteignungsähnliche Wirkung. Der Beschwerdegegner durfte unter den gegebenen Umständen nicht mit einer Einzonung seiner Liegenschaft in eine Bauzone rechnen. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, und es ist festzustellen, dass die Umzonung der Parzelle von X. in die kommunale Landwirtschaftszone den Tatbestand der materiellen Enteignung nicht erfüllt. | public_law | nan | de | 1,996 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1d50ccd-83e1-4696-b28c-718d811fc673 | Urteilskopf
118 II 225
44. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 31 août 1992 dans la cause F. contre dame F. (recours de droit public) | Regeste
Art. 4 BV
;
Art. 145 Abs. 2 ZGB
. Vorsorgliche Massnahmen nach Einreichung der Scheidungsklage: Unterhaltsbeitrag an eine Ehefrau, die im Konkubinat lebt.
1. Während der Dauer des Scheidungsverfahrens entfällt der Unterhaltsanspruch, sofern seine Geltendmachung rechtsmissbräuchlich ist: das ist namentlich dann der Fall, wenn die unterhaltsberechtigte Ehegattin vollumfänglich von ihrem Lebenspartner unterstützt wird (E. 2c, aa).
2. Es ist willkürlich, einer im Konkubinat lebenden Ehefrau einzig darum einen Unterhaltsbeitrag zuzusprechen, weil das Konkubinat kein schuldhaftes Verhalten darstelle, ohne zu prüfen, ob der Lebenspartner sie wie eine Ehefrau unterstützt: entscheidend bei der Anwendung von
Art. 145 Abs. 2 ZGB
ist der Unterhaltsbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten (E. 2c, bb). | Erwägungen
ab Seite 226
BGE 118 II 225 S. 226
Extrait des considérants:
2.
c) L'
art. 145 al. 2 CC
dispose que, après l'introduction d'une demande en divorce, le juge prend les mesures provisoires nécessaires, notamment au sujet de l'entretien de la famille.
aa) L'obligation d'entretien trouve son origine dans les effets généraux du mariage, soit dans l'
art. 163 al. 1 CC
qui impose au mari et à la femme de contribuer, chacun selon ses facultés, à l'entretien convenable de la famille (cf., sur cette nouvelle disposition,
ATF 114 II 16
consid. 3). Après la séparation des époux consécutive à l'introduction d'une action en divorce, l'obligation d'entretien subsiste, indépendamment de toute faute exclusive ou prépondérante de celui qui demande à bénéficier de cet entretien; en effet, le juge des mesures provisoires n'est, en règle générale, pas en mesure de statuer sur le problème de la faute, qui devra, le cas échéant, être examiné à l'occasion des prétentions fondées sur les
art. 151 et 152 CC
(BÜHLER/SPÜHLER, Die Ehescheidung, Berner Kommentar, ad art. 145, No 131, p. 259 et les références).
Ce n'est que dans des cas exceptionnels que la prétention d'un époux à être entretenu par l'autre peut être écartée pour le motif qu'elle constituerait alors un abus de droit de sa part au sens de l'
art. 2 al. 2 CC
. Il est généralement admis par la doctrine et la jurisprudence que le concubinage dans lequel vit l'époux demandeur peut être l'un de ces cas, dans la mesure où cet époux est totalement entretenu par son concubin, qui lui assure ainsi l'entretien de la même manière que s'ils étaient des époux unis par le lien du mariage.
C'est dans ce sens que se prononcent les auteurs (BÜHLER/SPÜHLER, op.cit., No 134, p. 260, et Ergänzungsband, No 134, p. 91; HANS HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, Zurich 1967, p. 199-200, et Zusatzband, Zurich 1981, p. 160; FRANK/GIRSBERGER/VOGT WALDER-BODNER/WEBER, Die eheähnliche Gemeinschaft
BGE 118 II 225 S. 227
(Konkubinat) im schweizerischen Recht, Zurich 1984, par. 8 Rz. 21 p. 92-93 et Rz. 25 p. 94; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, vol. 1, Berne 1988, p. 454; avec une certaine réserve, CATHERINE NOIR-MASNATA, Les effets patrimoniaux du concubinage et leur influence sur le devoir d'entretien entre époux séparés, Genève 1982, p. 75-76). C'est également dans ce sens qu'ont statué des juridictions cantonales. Ainsi l'Obergericht du canton de Zurich a jugé, le 12 août 1975, que constitue une situation qui contredit manifestement le sens du droit celle de la femme qui prend, dans le concubinage qu'elle forme avec son partenaire, la place d'une femme mariée et bénéficie de tous les droits de cette dernière, mais néanmoins fait valoir ces droits une seconde fois à l'égard de son mari (RSJ 1976, No 48, p. 162). La Cour de cassation civile du canton de Neuchâtel, dans un arrêt de 1984, était du même avis (RJN 1984, p. 86-87), ainsi que la Cour d'appel du canton de Berne (RJB 1987, p. 237-238, consid. III 2).
bb) En se contentant d'examiner si la demanderesse commettait une faute en vivant en concubinage avec un tiers, et en retenant que tel n'était pas son cas puisque le lien conjugal était déjà irrémédiablement rompu et que les parties étaient séparées depuis un certain temps, les juges cantonaux ont recouru à un critère qui n'a pas à être pris en considération dans l'examen d'une demande d'entretien fondée sur l'
art. 145 al. 2 CC
. Ce qui importe pour l'application de cette disposition, c'est de savoir si le versement d'une pension est nécessaire pour le demandeur, autrement dit s'il a besoin des subsides réclamés. Les juges cantonaux devaient donc rechercher non pas si le concubinage de la demanderesse est excusable, ce qu'ils ont admis au motif que "cela est conforme à la nature humaine qui a horreur du vide sentimental", mais bien si l'épouse mène avec son concubin une vie analogue à celle d'une femme mariée, autrement dit si celui-ci contribue à son entretien et à celui des enfants qui se trouvent avec eux comme le ferait un mari, de telle sorte que la demanderesse commettrait un abus de droit en réclamant une pension. Faute de s'être prononcée sur ce problème, l'autorité cantonale a fait une application insoutenable de l'
art. 145 al. 2 CC
et est ainsi tombée dans l'arbitraire. Dès lors, dans la mesure où il est recevable, le recours apparaît bien fondé. | public_law | nan | fr | 1,992 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1da3036-30c9-422a-a739-ce3b9e7aaf10 | Urteilskopf
108 Ia 197
35. Arrêt de la Ire Cour civile du 10 mai 1982 dans la cause Edok S.A. et consorts c. Hydromechaniki S.à r.l. et Eupalinos S.A., et Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud (recours de droit public) | Regeste
Schiedsgerichtliches Verfahren; Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit.
1. Ist das schiedsgerichtliche Verfahren einzustellen, wenn die Ernennung eines Schiedsrichters beim ordentlichen Richter angefochten wird?
2. Die Parteien haben alles zu unterlassen, was ohne zwingende Notwendigkeit den normalen Ablauf des schiedsgerichtlichen Verfahrens verzögern könnte. | Sachverhalt
ab Seite 198
BGE 108 Ia 197 S. 198
A.-
Par contrat du 28 octobre 1968, l'Etat hellénique confia la réalisation d'un travail public à la société Mac Donald Construction Company, à Saint-Louis, Missouri. L'entrepreneuse sous-traita diverses études techniques aux sociétés grecques Hydromechaniki S.à r.l. et Eupalinos S.A. En 1972, avec l'accord de l'Etat hellénique, elle céda son contrat à Edok S.A. et consorts.
Le 30 novembre 1972, la société Mac Donald, partie défenderesse, et les sociétés Hydromechaniki S.à r.l. et Eupalinos S.A., parties demanderesses, conclurent un compromis et désignèrent un tribunal arbitral qui devait siéger à Lausanne et était composé de MM. André Panchaud, Georges Vlachos et Takis Economopoulos. Par avenants des 20 et 23 juin 1973, Edok S.A. et consorts intervinrent dans l'instance aux côtés de la société défenderesse Mac Donald.
M. André Panchaud, président, est mort le 10 mars 1976. Par décision prise le 29 mai 1976 sur requête des demanderesses, le Président de la Cour de cassation grecque désigna M. Rolando Forni pour lui succéder en qualité de surarbitre.
Lors d'une audience du 29 avril 1977, la défenderesse et les intervenants requirent le tribunal arbitral de surseoir à statuer et de suspendre la procédure jusqu'à droit connu sur l'action déclaratoire qu'ils avaient ouverte en juillet 1976 devant le Tribunal de première instance d'Athènes. Cette action tendait à faire constater l'irrégularité de la désignation du surarbitre subrogé, décision qui avait été prise sans que la défenderesse et les intervenants fussent entendus. Par jugement avant dire droit du même jour, intitulé sentence arbitrale, le tribunal arbitral rejeta la requête, considérant que la décision du 29 mai 1976 était entrée en force et que l'instance introduite à Athènes n'en suspendait pas les effets. Le tribunal précisa que sa décision pouvait faire l'objet d'un recours selon les art. 32 et 36 du concordat sur l'arbitrage. La décision ne fut pas attaquée.
Les arbitres rendirent une sentence partielle le 8 mai 1979, par laquelle ils écartèrent l'application des dispositions d'un décret-loi des 30 avril et 21 mai 1926 et déclarèrent que les prétentions des
BGE 108 Ia 197 S. 199
demanderesses seraient fixées selon l'art. 700 du code civil hellénique. Cette sentence ne fut pas attaquée.
Par sentence du 28 octobre 1980, le tribunal arbitral condamna solidairement la société Mac Donald et Edok S.A. et consorts à payer 46.197.025 drachmes à Hydromechaniki S.à r.l. et Eupalinos S.A., avec intérêt. Il rejeta l'action reconventionnelle de la société Mac Donald.
B.-
Edok S.A. et consorts ont recouru contre la sentence du 28 octobre 1980. Outre divers griefs fondés sur l'art. 36 lettre f du concordat et tirés d'une constatation arbitraire des faits ou d'une violation manifeste du droit, les recourants ont invoqué une irrégularité dans la constitution du tribunal arbitral, au sens de l'art. 36 lettre a. Tout en reconnaissant qu'il appartenait aux autorités grecques de statuer sur la régularité de la désignation du surarbitre subrogé, ils ont soutenu que la sentence attaquée devrait être mise à néant au cas où l'action qu'ils avaient ouverte à Athènes serait admise. Ils ont en conséquence requis la suspension de la procédure de recours jusqu'à droit connu sur cette action.
Par prononcé du 17 février 1981, la Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud a rejeté la demande de suspension de l'instance de recours.
Par arrêt du 8 septembre 1981, la Chambre des recours a rejeté le recours et mis les frais et dépens à la charge d'Edok S.A. et consorts.
C.-
Edok S.A. et consorts ont interjeté un recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
et de l'art. 36 lettre a du concordat sur l'arbitrage. Ils concluent à l'annulation du prononcé du 17 février 1981 et de l'arrêt du 8 septembre 1981. Ils demandent au Tribunal fédéral de renvoyer la cause au tribunal cantonal pour suspension de la procédure cantonale de recours jusqu'à droit connu sur l'action déclaratoire qu'ils ont ouverte à Athènes en juillet 1976.
Les sociétés intimées, Hydromechaniki S.à r.l. et Eupalinos S.A., proposent le rejet du recours, avec suite de frais et dépens.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Sous réserve d'exceptions non réalisées en l'espèce, le recours de droit public n'est qu'une voie de cassation. Sont donc irrecevables les conclusions des recourants qui, au-delà de l'annulation des actes attaqués, tendent à faire renvoyer la cause à l'autorité cantonale avec des injonctions (
ATF 106 Ia 54
,
ATF 106 Ia 359
et les arrêts cités).
BGE 108 Ia 197 S. 200
2.
a) Les recourants soutiennent que l'autorité cantonale a violé l'art. 36 lettre a du concordat sur l'arbitrage dans son arrêt du 8 septembre 1981, pour avoir rejeté à tort un recours fondé sur cette disposition. Or ils ont expressément admis en procédure cantonale qu'il n'appartenait pas aux autorités suisses mais aux tribunaux helléniques de statuer sur la régularité de la désignation du surarbitre subrogé, et ils ne reprochent pas à la cour cantonale de s'être ralliée à leur point de vue. Leur recours ne saurait donc être fondé sur l'art. 36 lettre a précité, car ils ne peuvent faire grief à l'autorité cantonale d'avoir refusé d'examiner un moyen qui, de leur propre aveu, échappait à sa connaissance.
Autant qu'on peut comprendre leur pensée, les recourants reprochent à la cour cantonale d'avoir, en statuant, rendu définitive une sentence émanant d'un tribunal dont la composition était contestée et sera reconnue irrégulière en cas d'admission de l'action pendante sur ce point devant les juridictions helléniques. Cette situation, à leur avis, obligeait tant le tribunal arbitral que l'autorité cantonale de recours à suspendre la procédure et à surseoir à statuer jusqu'à droit connu sur l'action susmentionnée. Il apparaît dès lors que les recourants ne se prévalent pas, en l'état, d'une irrégularité dans la constitution du tribunal arbitral, mais de la violation d'une règle de procédure régissant la conduite de l'instance, au sens de l'art. 36 lettre d du concordat.
b) L'art. 36 lettre d du concordat sur l'arbitrage permet aux parties d'obtenir l'annulation de la sentence arbitrale lorsque le tribunal a violé une règle impérative de procédure, au sens de l'art. 25.
Le concordat sur l'arbitrage ne contient aucune disposition obligeant les arbitres qui siègent en Suisse à suspendre l'instance si la désignation de l'un d'eux fait l'objet d'une contestation pendante devant une autorité étrangère. Les recourants n'invoquent même pas l'existence d'une telle règle, de sorte que l'on peut se demander si leur moyen n'est pas irrecevable, faute de toute motivation. Ils ne soutiennent pas plus avoir passé une convention de procédure sur ce point, lequel relevait dès lors de la décision des arbitres. Est donc manifestement dénué de tout fondement le grief que les recourants semblent faire à l'autorité cantonale d'avoir violé l'art. 36 du concordat en refusant d'annuler une sentence rendue par un tribunal arbitral qui aurait dû surseoir à statuer.
L'art. 45 du concordat laisse aux hautes parties contractantes la compétence de régler chacune la procédure du recours en nullité
BGE 108 Ia 197 S. 201
et de la demande de révision. Aucune de ses dispositions ne prévoit pour l'autorité de recours l'obligation de surseoir à statuer jusqu'à droit connu sur une contestation pendante devant une autorité étrangère et qui porte sur la régularité de l'instance arbitrale. La cour cantonale n'a donc pas violé le concordat en refusant de suspendre l'instance de recours.
3.
Les recourants reprochent à l'autorité cantonale d'avoir appliqué de manière insoutenable l'art. 123 du code de procédure civile vaudois et d'être tombée dans l'arbitraire en refusant la suspension de l'instance de recours. L'article précité dispose que le juge peut suspendre l'instruction du procès pour un temps déterminé en cas de nécessité. Se référant à sa jurisprudence, la cour cantonale l'a jugé inapplicable aux instances de recours qui ne portent que sur des points de droit. Elle a considéré au surplus que les conditions posées par la loi pour une suspension n'étaient pas réunies en l'espèce.
Selon la jurisprudence de la cour cantonale, la suspension de l'instance est un acte grave et exceptionnel que ne peuvent justifier que des motifs impérieux, la réalisation effective d'un état de nécessité (JdT 1944 III 70, 1944 III 81). Cette pratique, qui est conforme au texte de la loi, ne saurait être qualifiée d'arbitraire. Et la Cour pouvait légitimement nier en l'espèce l'existence des conditions d'une suspension.
L'un des buts de l'arbitrage est de permettre une solution rapide des litiges qui y sont soumis (
ATF 103 Ia 360
). Les parties qui compromettent sont dès lors tenues par les règles de la bonne foi d'éviter tout ce qui pourrait retarder sans nécessité absolue le déroulement normal de la procédure arbitrale. Il s'ensuit que les intérêts de la partie qui s'oppose à une demande de suspension doivent en principe l'emporter sur ceux du requérant, si ce dernier ne démontre avoir entrepris ce qui était en son pouvoir pour prévenir ou limiter les retards inhérents à sa démarche. Les recourants ont en l'espèce invoqué, à l'appui de leur requête, une procédure pendante en Grèce depuis environ cinq ans, dont l'objet apparaissait relativement limité en fait et en droit. Ils se devaient d'établir que ce retard considérable et même insolite ne leur était pas imputable, qu'ils avaient conduit l'instance de manière diligente et avaient donc fait ce qu'ils pouvaient pour éviter une suspension de la procédure arbitrale ou en limiter la durée. Or ils n'ont fourni aucune explication ou justification sur ce point. La cour cantonale pouvait donc, sans arbitraire, donner la priorité à
BGE 108 Ia 197 S. 202
l'intérêt des intimées à faire liquider sans plus tarder un arbitrage qui avait déjà duré plus de huit ans. Et les recourants ne démontrent pas que la Cour ait ainsi sacrifié un intérêt public prépondérant ou méconnu les principes fondamentaux d'une bonne administration de la justice.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette le recours dans la mesure où il est recevable. | public_law | nan | fr | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e1db01e4-3b01-423d-8fba-3b873941b69c | Urteilskopf
136 V 381
45. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. W. gegen IV-Stelle Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_411/2010 vom 22. November 2010 | Regeste
Art. 22 Abs. 2 ATSG
;
Art. 85
bis
Abs. 2 lit. a IVV
; Zustimmung zur Drittauszahlung von Rentennachzahlungen.
Da die Anforderungen an eine rechtsgenügliche Einwilligung in die Drittauszahlung von Rentennachzahlungen nicht höher sein können als diejenigen an eine Abtretung von Sozialversicherungsleistungen wie sie in
BGE 135 V 2
formuliert worden sind, erfährt die Rechtsprechung zu
Art. 85
bis
Abs. 2 lit. a IVV
gewisse Anpassungen im Sinne einer Lockerung der für eine Drittauszahlung verlangten Voraussetzungen (E. 5 Ingress).
So kann am Erfordernis, dass die erwartete Rentennachzahlung im Zeitpunkt der Abgabe der schriftlichen Einwilligung hinlänglich bekannt und insbesondere der entsprechende Beschluss der zuständigen Organe bereits ergangen sein muss, nur noch insofern festgehalten werden, als Inhalt, Schuldner und Rechtsgrund der zur Verrechnung vorgesehenen Leistung bestimmbar sein müssen (E. 5.1).
Zudem ist die Verwendung eines bestimmten Formulars für die Zustimmung zur Drittauszahlung nicht mehr zwingende Gültigkeitsvoraussetzung (E. 5.2). | Erwägungen
ab Seite 382
BGE 136 V 381 S. 382
Aus den Erwägungen:
2.
Zu prüfen ist, ob die IV-Stelle Zug (nachfolgend: IV-Stelle) einen Teil, nämlich Fr. 22'707.60, der dem Beschwerdeführer zustehenden Rentennachzahlung von insgesamt Fr. 63'368.- direkt zwecks
BGE 136 V 381 S. 383
Verrechnung mit einer Rückforderung wegen Überversicherung an die "Zürich" auszahlen darf. Diese macht in ihrem Antrag auf Drittauszahlung vom 21. Oktober 2008 geltend, vom 1. Juli 2003 bis 30. Juni 2004 und vom 1. bis 20. September 2004 in diesem Umfang als Kollektivtaggeldversicherer gemäss Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG; SR 221.229.1) vorschussweise Krankentaggelder ausgerichtet zu haben, welche dem Beschwerdeführer angesichts der nunmehr erfolgten Rentenzusprache durch die Invalidenversicherung nicht zustünden.
2.1
Das kantonale Gericht hat zunächst festgestellt, die "Zürich" könne die beantragte Verrechnung nicht auf eine gesetzliche oder vertraglich vereinbarte Bestimmung stützen, aus welcher sich ein eindeutiges Rückforderungsrecht ergebe, welches sich gegen die Invalidenversicherung richtet. Weil der Beschwerdeführer seine Einverständniserklärung im Antrag der "Zürich" auf Drittauszahlung vom 21. Oktober 2008 verweigert hatte, prüfte - und bejahte - die Vorinstanz darauf die Frage, ob die bereits am 14. Juni 2003 unterzeichnete "Vereinbarung und Vollmacht" genüge, um die streitige Drittauszahlung zu rechtfertigen. In diesem von der "Zürich" vorgelegten Dokument hatte der Beschwerdeführer unterschriftlich bestätigt, er ermächtige die zuständige Ausgleichskasse, ein allfälliges Nachzahlungsguthaben mit zu viel gezahlten Taggeldleistungen der "Zürich" direkt zu verrechnen.
2.2
Der Beschwerdeführer bezeichnet den angefochtenen Entscheid insofern als bundesrechtswidrig, als die Vorinstanz die am 14. Juni 2003 unterzeichnete "Vereinbarung und Vollmacht" als Grundlage qualifiziert habe, aus welcher sich einerseits ein eindeutiges Rückforderungsrecht gegenüber der IV-Stelle ergebe und welche andererseits eine rechtsgenügliche Zustimmung zur Drittauszahlung beinhalte. Wie in vorstehender E. 2.1 erwähnt, hat das kantonale Gericht das Bestehen eines eindeutigen Rückforderungsrechts der "Zürich" im Sinne von
Art. 85
bis
Abs. 2 lit. b IVV
(SR 831.201), das sich mithin aus dem der Leistungserbringung zu Grunde liegenden Gesetz oder Vertrag ergeben würde (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 632/03 vom 9. Dezember 2005 E. 3.3.3), aber gerade nicht bejaht, sondern gegenteils mit klarer Begründung ausdrücklich verneint. Auf die erstgenannte Rüge ist daher nicht weiter einzugehen. Einzuräumen ist lediglich, dass die Vorinstanz in der Folge - etwas missverständlich vielleicht - von einem "klaren
BGE 136 V 381 S. 384
Rückforderungsrecht" spricht, das sich aus der Vereinbarung vom 14. Juni 2003 ergebe. Dieses ist indessen keineswegs - wie der Beschwerdeführer anzunehmen scheint - gleichzusetzen mit dem in
Art. 85
bis
Abs. 2 lit. b IVV
verlangten "eindeutigen Rückforderungsrecht", welches sich - wie erwähnt - aus einem Gesetz oder Vertrag ergeben muss, welche die später zu einer Verrechnung führende Leistungsausrichtung überhaupt erst begründeten. Zu prüfen bleibt demnach einzig, ob sich der Beschwerdeführer darauf behaften lassen muss, am 14. Juni 2003 seine Einwilligung zur nunmehr streitigen Drittauszahlung erteilt zu haben.
3.
3.1
Nach Art. 22 Abs. 1 des auf den 1. Januar 2003 in Kraft getretenen und hier anwendbaren ATSG (SR 830.1) ist der Anspruch auf Leistungen weder abtretbar noch verpfändbar (Satz 1); jede Abtretung oder Verpfändung ist nichtig (Satz 2). Nach Abs. 2 derselben Bestimmung können Nachzahlungen von Leistungen des Sozialversicherers jedoch dem Arbeitgeber oder der öffentlichen oder privaten Fürsorge abgetreten werden, soweit diese Vorschusszahlungen leisten (lit. a), oder aber einer Versicherung, die Vorleistungen erbringt (lit. b).
3.2
Die Zulässigkeit der hier zur Diskussion stehenden Drittauszahlung an einen Krankentaggeldversicherer nach VVG beurteilt sich, wie Vorinstanz und Verwaltung richtig erkannt haben, nach
Art. 85
bis
IVV
, welcher seine gesetzliche Grundlage nunmehr in
Art. 22 Abs. 2 ATSG
findet. Abs. 1 dieser Verordnungsbestimmung sieht vor, dass Arbeitgeber, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, Krankenversicherungen, öffentliche oder private Fürsorgestellen oder Haftpflichtversicherungen mit Sitz in der Schweiz, welche im Hinblick auf eine Rente der Invalidenversicherung Vorschussleistungen erbracht haben, verlangen können, dass die Nachzahlung dieser Rente bis zur Höhe ihrer Vorschussleistung verrechnet und an sie ausbezahlt wird (Satz 1); die bevorschussenden Stellen haben ihren Anspruch mit besonderem Formular frühestens bei der Rentenanmeldung und spätestens im Zeitpunkt der Verfügung der IV-Stelle geltend zu machen (Satz 3). Nach Abs. 2 von
Art. 85
bis
IVV
gelten als Vorschussleistungen freiwillige Leistungen, sofern die versicherte Person zu deren Rückerstattung verpflichtet ist und sie der Auszahlung der Rentennachzahlung an die bevorschussende Stelle schriftlich zugestimmt hat (lit. a), sowie vertraglich oder auf Grund eines Gesetzes erbrachte Leistungen, soweit aus dem Vertrag oder dem Gesetz ein
BGE 136 V 381 S. 385
eindeutiges Rückforderungsrecht infolge der Rentennachzahlung abgeleitet werden kann (lit. b). Die Nachzahlung darf nach Abs. 3 der Verordnungsbestimmung der bevorschussenden Stelle höchstens im Betrag der Vorschussleistung und für den Zeitraum, in welchem diese erbracht worden ist, ausbezahlt werden.
3.3
Gemäss der mit
BGE 118 V 88
eingeleiteten Rechtsprechung waren mangels einer gesetzlichen Bestimmung, welche die Abtretung von Nachzahlungen der Sozialversicherungen erlaubt hätte, an die Einwilligung des Versicherten zu einer nach der Praxis "praeter legem" zulässigen Drittauszahlung strenge Anforderungen zu stellen. Sie durfte nur Rechtswirksamkeit entfalten, wenn die Tragweite der Zustimmungserklärung klar ersichtlich war. Der bereits im Zeitpunkt der Anmeldung zum Rentenbezug - in welchem der Anspruch gegenüber der Invalidenversicherung noch gänzlich unbestimmt ist - erfolgten Zustimmung konnte deshalb nicht dieselbe Bedeutung wie einer Erklärung nach Bekanntgabe der konkret zugesprochenen Versicherungsleistung beigemessen werden. Die Zustimmung zu einer Drittauszahlung konnte daher erst dann rechtsgültig erteilt werden, wenn der entsprechende Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission (heute: IV-Stelle) ergangen war. Im Rahmen des daraufhin einsetzenden Vorbescheidverfahrens hatte die Verwaltung bis zum Verfügungserlass Gelegenheit, eine allfällige Einwilligung in eine Drittauszahlung einzuholen oder, falls diese vom Antrag stellenden Dritten beigebracht wurde, deren Eingang abzuwarten (
BGE 118 V 88
E. 2b S. 92 f.).
3.4
Als Antwort auf
BGE 118 V 88
erliess der Verordnungsgeber
Art. 85
bis
IVV
mit dem Randtitel "Nachzahlungen an bevorschussende Dritte" (E. 3.2 hievor), welcher am 1. Januar 1994 in Kraft getreten und seither lediglich auf den 1. Januar 1999 hin redaktionell bereinigt worden ist. Erst mit der Ergänzung des
Art. 50 IVG
durch den im Rahmen der 10. AHV-Revision per 1. Januar 1997 neu hinzugefügten und bis zum 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Abs. 2 hat diese Verordnungsbestimmung ihre gesetzliche Grundlage erhalten (vgl. zum Ganzen
BGE 135 V 2
E. 5.2.2 S. 7 und dortige Hinweise auf Rechtsprechung und Doktrin).
Art. 50 Abs. 2 IVG
schuf indessen für die Leistungsberechtigten noch keine Abtretungsmöglichkeit, sondern liess lediglich die Ausrichtung von Nachzahlungen an Drittpersonen oder Drittstellen zu, falls diese im Hinblick auf Leistungen der Invalidenversicherung Vorschussleistungen
BGE 136 V 381 S. 386
erbracht hatten (so genannte Drittauszahlung). Mit dem Inkrafttreten des ATSG am 1. Januar 2003 ist die bis dahin geltende Fassung des
Art. 50 Abs. 2 IVG
aufgehoben worden und damit die frühere gesetzliche Grundlage für
Art. 85
bis
IVV
dahingefallen. Neu ist
Art. 22 Abs. 2 ATSG
, in welche Bestimmung aArt. 50 Abs. 2 IVG sinngemäss übernommen wurde, als
Art. 85
bis
IVV
auf Gesetzesstufe legitimierende Norm zu betrachten (
BGE 136 V 286
E. 5.2 S. 289 f. und Urteil des damaligen Eidg. Versicherungsgerichts I 428/05 vom 18. April 2006 E. 4.3; je mit Hinweisen).
4.
4.1
Der am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Art. 22 ATSG
(E. 3.1 hievor) statuiert in Abs. 1 das bis anhin nur in einzelnen Versicherungszweigen (vgl.
BGE 135 V 2
E. 5.3 S. 8) ausdrücklich verankerte Verbot von Abtretung und Verpfändung von Sozialversicherungsleistungsansprüchen, lässt neu in Abs. 2 aber bezüglich der Abtretung auch eine Ausnahme zu für Arbeitgeber und für die öffentliche oder private Fürsorge (lit. a) sowie für Versicherungen (lit. b), soweit diese Vorschusszahlungen leisten oder Vorleistungen erbringen. Mit
Art. 22 Abs. 2 ATSG
besteht nunmehr eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage, welche die Abtretung von Nachzahlungen der Leistungen des Sozialversicherers in bestimmten Schranken zulässt (
BGE 135 V 2
E. 5.3 mit Hinweis). Daneben bleibt für die in
Art. 85
bis
IVV
genannten Institutionen, die auf Grund von ihnen erbrachter Leistungen später eine Verrechnung mit Nachzahlungen der Invalidenversicherung beanspruchen, als Alternative weiterhin das Ersuchen um eine Drittauszahlung nach
Art. 85
bis
IVV
möglich. Im Anwendungsbereich dieser Bestimmung bedarf es des Instituts der Abtretung nicht, da mit dem gesetzlichen Rückforderungsrecht die vom Drittansprecher erbrachte Leistung zur Vorschussleistung und die für eine Verrechnung erforderliche Wechselseitigkeit der zur Diskussion stehenden Forderungen kraft Gesetz herbeigeführt werden (
BGE 135 V 2
E. 5.2.2 S. 7 f. mit Hinweisen).
4.2
In
BGE 135 V 2
hatte sich das Bundesgericht mit einer Abtretung im Sinne von
Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG
zu befassen, wobei sich die Frage stellte, ob es die mit
Art. 22 ATSG
veränderte Rechtslage erlaube, eine Zessionserklärung schon vor dem Beschluss der IV-Stelle rechtsgültig abzugeben (
BGE 135 V 2
E. 5.3 S. 8). Dabei erkannte das Gericht zunächst, dass der Begriff der Abtretung, wie er in
Art. 22 ATSG
verwendet wird, mit demjenigen der Zession nach
BGE 136 V 381 S. 387
Art. 164 ff. OR
übereinstimme und kein Grund für eine im Rahmen von
Art. 22 Abs. 2 ATSG
abweichende Betrachtungsweise hinsichtlich der für deren Zulässigkeit erforderlichen Voraussetzungen bestehe (
BGE 135 V 2
E. 6.1 S. 8 ff. mit zahlreichen Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung). Unter Beachtung von klarem Wortlaut und Zweck der Bestimmung sowie des gesetzgeberischen Willens gelangte es zum Schluss, dass im Geltungsbereich von
Art. 22 Abs. 2 lit. a ATSG
die zivilrechtlichen Abtretungsregeln zur Anwendung zu bringen seien und dass dem mit
BGE 118 V 88
aufgestellten Erfordernis des Erkennens der Tragweite einer Einwilligung in die Drittauszahlung einer Rentennachzahlung (E. 3.3 hievor) bei einer Abtretungserklärung keine über die zivilrechtlichen Zessionsregeln hinausgehende Bedeutung zukomme; im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit seien aber gewisse Anforderungen an die Bestimmbarkeit der zedierten Forderung zu stellen. Als solche nannte es die Bezugnahme der schriftlichen Abtretungserklärung auf die Invalidenrente, wobei es auf den Zeitpunkt der Erklärung nicht ankomme (
BGE 135 V 2
E. 6.2 S. 10). Das Gericht erachtete es auch für die Gültigkeit einer Abtretung nicht als von Belang, dass die zu verrechnenden Leistungen seitens eines Drittansprechers in subjektiver Kenntnis eines bei der Invalidenversicherung bereits eingereichten oder noch zu stellenden Rentenantrages ausgerichtet worden waren; ebenso spiele es keine Rolle, ob der Versicherte anlässlich der Unterzeichnung seiner Abtretungserklärung Kenntnis eines bereits bestehenden, aber erst später zu verfügenden Nachzahlungsanspruches hatte (
BGE 135 V 2
E. 6.3 S. 10 f.).
5.
Diese zur im Bereich des Sozialversicherungsrechts neu geschaffenen Abtretungsmöglichkeit (E. 4.1 hievor) ergangene Rechtsprechung kann auf die Anforderungen an eine - weniger weit gehende - Einwilligung zu einer Drittauszahlung im Sinne von
Art. 85
bis
IVV
ohne weiteres übertragen werden. Vor diesem Hintergrund ist unter den in der Beschwerdeschrift aufgegriffenen Aspekten nachfolgend die Bedeutung der Zustimmung des Beschwerdeführers vom 14. Juni 2003 zur Drittauszahlung einer künftigen Rentennachzahlung der Invalidenversicherung an die "Zürich" zu prüfen.
5.1
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, sein bereits am 14. Juni 2003 erklärtes Einverständnis mit einer Drittauszahlung könne entgegen der vorinstanzlichen Auffassung nicht als rechtsgenügliche Zustimmung im Sinne von
Art. 85
bis
Abs. 2 lit. a IVV
gewertet werden, weil er es zu einer Zeit erklärt habe, da ihm Bestand und
BGE 136 V 381 S. 388
Umfang eines allfällig zu erwartenden Nachzahlungsanspruchs gegenüber der Invalidenversicherung noch gar nicht bekannt waren und insbesondere auch noch kein entsprechender Beschluss der zuständigen Organe der Invalidenversicherung vorlag. Mit dieser Argumentation vermag er nach dem in
BGE 135 V 2
auszugsweise publ. Urteil 9C_27/2008 vom 20. Oktober 2008 nicht durchzudringen.
5.1.1
Wie das Bundesgericht in
BGE 135 V 2
festgehalten hat, müssen für eine rechtsgenügliche Abtretung der Inhalt der künftigen Forderung, die Person des Schuldners und der Rechtsgrund der Forderung genügend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Mit Bezug auf die Globalzession muss dieses Erfordernis im Zeitpunkt des Entstehens oder der Geltendmachung der Forderung und nicht schon bei Abgabe der Abtretungserklärung erfüllt sein. Hingegen hat die Abtretungserklärung selbst alle Elemente aufzuweisen, welche die Bestimmung von Inhalt, Schuldner und Rechtsgrund im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung erlauben (
BGE 135 V 2
E. 6.1.2 S. 9 f.). Das Gleiche gilt für die Einverständniserklärung bezüglich einer Drittauszahlung.
5.1.2
Der Beschwerdeführer hatte sich bereits im April 2002 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Am 14. Juni 2003 erklärte er gegenüber der "Zürich" in einem als "Vereinbarung und Vollmacht" betitelten, persönlich unterzeichneten Dokument, er ermächtige die zuständige Ausgleichskasse, ein allfälliges Nachzahlungsguthaben mit zu viel gezahlten Taggeldleistungen der "Zürich" direkt zu verrechnen. Diese - ausdrücklich an die Organe der Invalidenversicherung gerichtete - Erklärung zuhanden der "Zürich" bezieht sich unmissverständlich auf die schon beantragte Invalidenrente, welche schliesslich mit Verfügung vom 9. Dezember 2008 für die Zeit ab 1. Juli 2003 bis 1. Juni 2006 auch zugesprochen wurde. Im Zeitpunkt der Zustimmung zu dieser Drittauszahlung am 14. Juni 2003 waren die künftigen Rentenbetreffnisse, aus welchen sich die mit einer Rückforderung der "Zürich" zur Verrechnung zu bringenden späteren Rentennachzahlung zusammensetzt, hinreichend bestimmbar, wobei es genügt, dass sich Ausmass und Höhe der Leistungen aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen, namentlich des IVG ableiten lassen (vgl.
BGE 135 V 2
E. 7.2 S. 11 f.).
5.2
In formeller Hinsicht beanstandet der Beschwerdeführer die vom kantonalen Gericht als rechtsgenüglich betrachtete Einwilligung vom 14. Juni 2003 in eine Drittauszahlung, weil diese nicht auf dem
BGE 136 V 381 S. 389
dafür vorgesehenen Formular erfolgt sei. Es trifft zwar zu, dass nach früherer Rechtsprechung aus der Formulierung in
Art. 85
bis
Abs. 1 Satz 3 IVV
geschlossen wurde, die Zustimmungserklärung zu einer Drittauszahlung müsse auf einem besonderen Formular erteilt werden. Diesbezüglich weist die IV-Stelle in ihrer Vernehmlassung vom 17. Juni 2010 indessen zutreffend darauf hin, dass
Art. 85
bis
Abs. 1 IVV
lediglich für den Antrag einer Drittauszahlung, nicht aber für die Einwilligung des Leistungsberechtigten in eine solche die Verwendung eines bestimmten Formulars verlangt. Dessen ungeachtet könnte einer solchen Verordnungsbestimmung im heutigen Zeitpunkt angesichts der anzustrebenden Vereinfachung ohnehin nurmehr Ordnungscharakter beigemessen werden, was das Eidg. Versicherungsgericht im Übrigen schon in
BGE 131 V 242
E. 6.2 S. 249 noch unter der früheren Rechtslage erkannt hat (vgl. auch Urteil I 256/06 vom 26. September 2007 E. 4.3). Wenn das von der Verwaltung für den Antrag auf Drittauszahlung herausgegebene Formular "Verrechnung von Nachzahlungen der AHV/IV" auch eine Rubrik enthält, in welcher der Leistungsberechtigte seine Zustimmung zur vom Drittansprecher gewünschten Drittauszahlung erklären kann, mag es der Einfachheit und Klarheit des Verwaltungsverfahrens zwar dienlich sein, wenn davon Gebrauch gemacht wird. Davon aber die Gültigkeit einer schriftlichen Einwilligung in eine Drittauszahlung abhängig zu machen, müsste mangels sachlicher Rechtfertigung doch als übertrieben formalistisch bezeichnet werden. Dass die Erklärung des Beschwerdeführers vom 14. Juni 2003 auf einem andern als dem von der Verwaltung dafür vorgesehenen Formular erteilt wurde, vermag deren Gültig- und Wirksamkeit demnach nicht zu beeinträchtigen. | null | nan | de | 2,010 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e1db2e9d-b6d8-4a0d-9e97-13e1b3e61626 | Urteilskopf
137 III 460
69. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Z. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_197/2011 vom 15. August 2011 | Regeste a
Art. 686 Abs. 4,
Art. 701 und 706b OR
; Aktienbuch; Nichtigkeit eines Universalversammlungsbeschlusses.
Der Inhalt des Aktienbuchs hat bloss die Bedeutung einer widerlegbaren Vermutung. Wenn eine Aktiengesellschaft weiss oder wissen müsste, dass ein Eintrag im Aktienbuch falsch ist, darf sie sich nicht auf diesen Eintrag verlassen (E. 3.2).
Der Beschluss einer Universalversammlung, an welcher nicht alle Aktionäre teilgenommen haben oder vertreten waren, ist nichtig. Der Beschluss kann auch nicht als solcher einer normalen Generalversammlung gelten, wenn nicht alle Aktionäre eingeladen wurden. Es kommt nicht darauf an, ob der übergangene Aktionär den Beschluss mit seiner Stimmkraft hätte verhindern können (E. 3.3).
Regeste b
Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG
; Konkursgrund der Zahlungseinstellung.
Begriff der Zahlungseinstellung. Je nach den konkreten Umständen kann im Angebot eines aussergerichtlichen Nachlasses eine Zahlungseinstellung erblickt werden (E. 3.4). | Sachverhalt
ab Seite 461
BGE 137 III 460 S. 461
A.
A.a
Die X. AG ist aus einer Einzelgesellschaft hervorgegangen. Nach dem Tod ihres Inhabers wurde die Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Es war vorgesehen, dass der Geschäftsführer S. die Firma schrittweise übernehmen sollte. Die Transaktion wurde beratend von der V. AG - einer von W. beherrschten Gesellschaft - begleitet und W. wurde zum Verwaltungsratspräsidenten der X. AG gewählt. Die Witwe des früheren Inhabers (T.) blieb am Aktienkapital beteiligt. U. vertrat ihre Interessen im Verwaltungsrat. Mit Kaufvertrag vom 18. Mai 2005 und Übertragungserklärung vom 9. Januar 2006 erwarb die V. AG von S. ein Aktienpaket an der X. AG. U. löste W. am 17. März 2006 als Verwaltungsratspräsident ab.
A.b
Mit Schreiben vom 7. Juni 2007 lud U. zur ordentlichen Generalversammlung der X. AG am 29. Juni 2007. Diese Einladung wurde auch an W. verschickt. In einem zweiten Schreiben vom 20. Juni 2007 wurde die Traktandenliste mit dem Geschäft "Sitzverlegung" ergänzt. Auch dieses Schreiben ging an W. Die auf den 29. Juni 2007 anberaumte Versammlung fand nicht statt. Stattdessen wurde gemäss öffentlicher Urkunde des Notariats Y. am 24. Juli 2007 eine Universalversammlung durchgeführt, an welcher die Sitzverlegung der X. AG von B. (BE) nach C. (TI) beschlossen wurde. Weder die V. AG noch W. waren zu dieser Versammlung eingeladen worden noch waren sie anwesend oder vertreten.
Die Sitzverlegung wurde am 2. August 2007 im Handelsregister des Kantons Tessin eingetragen. Die Löschung im Handelsregister Emmental-Oberaargau erfolgte am 8. August 2007. Die Publikation der
BGE 137 III 460 S. 462
Sitzverlegung erfolgte im Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 8. August 2007 (Eintragung im Handelsregister des Kantons Tessin) bzw. am 14. August 2007 (Löschung im Handelsregister Emmental-Oberaargau).
B.
Mit Eingabe vom 2. August 2007 ersuchte die Z. AG beim Gerichtskreis V Burgdorf-Fraubrunnen um Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung über die X. AG und um Aufnahme eines Güterverzeichnisses. Die Z. AG machte geltend, die X. AG habe ihre Zahlungen eingestellt. Die X. AG bestritt unter Hinweis auf die Sitzverlegung die örtliche Zuständigkeit der Berner Gerichte. Am 23. August 2007 eröffnete der Gerichtspräsident 3 des Gerichtskreises V Burgdorf-Fraubrunnen über die X. AG den Konkurs. Nachdem die Appellation der X. AG an das Obergericht des Kantons Bern erfolglos geblieben war, hiess das Bundesgericht am 8. April 2008 eine Beschwerde der X. AG gut und wies die Sache an das Obergericht zurück (Urteil 5A_617/2007, teilweise publ. in:
BGE 134 III 417
). Mit Entscheid vom 17. Februar 2011 eröffnete das Obergericht über die X. AG den Konkurs. Es stellte fest, dass die V. AG zum Zeitpunkt der Universalversammlung noch Aktionärin der X. AG gewesen sei. Da an der Universalversammlung nicht alle Aktionäre anwesend oder vertreten gewesen seien, sei der an ihr gefasste Sitzverlegungsbeschluss nichtig.
C.
Am 21. März 2011 hat die X. AG (Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids und die Zurückweisung, allenfalls Abweisung des Gesuchs der Z. AG (Beschwerdegegnerin) um Konkurseröffnung. Das Obergericht hat auf Stellungnahme verzichtet. Die Beschwerdegegnerin ersucht um Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des angefochtenen Entscheids.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Tatsachenfeststellungen des Obergerichts über die Zusammensetzung ihres Aktionariats (unten E. 3.1), hält das von ihr vorgelegte Aktienbuch für massgeblich (unten E. 3.2), bestreitet die Nichtigkeit des Universalversammlungsbeschlusses vom 24. Juli 2007 (unten E. 3.3) und
BGE 137 III 460 S. 463
verneint schliesslich das Vorliegen des Konkursgrundes der Zahlungseinstellung (unten E. 3.4).
3.1
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, das Obergericht habe die Zusammensetzung ihres Aktionariats zum Zeitpunkt der Versammlung vom 24. Juli 2007 offensichtlich unrichtig festgestellt (
Art. 97 Abs. 1 BGG
). Die Vorinstanz lege nicht dar und treffe keine abschliessenden Feststellungen darüber, ob die V. AG oder W. zum entscheidenden Zeitpunkt Aktionär gewesen seien, und sie verletze das Regelbeweismass des Vollbeweises, indem sie hier selber Unsicherheiten zu erkennen gebe.
Entgegen dieser Darstellung hat die Vorinstanz nicht offengelassen, ob die V. AG oder W. Aktionär gewesen sind. Sie hat sich vielmehr mit der Feststellung begnügt, dass jedenfalls die V. AG Aktionärin gewesen ist und in der Folge einzig offengelassen, ob zusätzlich W. auch noch Aktionär gewesen sei. Diese Rüge geht demnach fehl.
3.2
3.2.1
Die Beschwerdeführerin wendet sich dagegen, dass die Vorinstanz das Aktienbuch nicht für massgeblich gehalten hat. Für eine Aktiengesellschaft gebe es keine andere zuverlässige Quelle, um zu wissen, wer ihr gegenüber als Aktionär gelte. Dabei hält sie an der Massgeblichkeit des von ihr eingereichten Aktienbuchs fest, welches die V. AG und W. nicht als Aktionäre ausweise.
3.2.2
Gemäss
Art. 686 Abs. 4 OR
gilt im Verhältnis zur Gesellschaft als Aktionär, wer im Aktienbuch eingetragen ist. Dem Aktienbuch kommt somit eine Legitimationsfunktion im Verhältnis der Aktionäre zur Gesellschaft zu. Diese Wirkung des Aktienbuchs ist allerdings beschränkt. Sein Inhalt hat bloss die Bedeutung einer widerlegbaren Vermutung (
BGE 124 III 350
E. 2c S. 354; eingehend
BGE 90 II 164
E. 3 S. 171 ff.). Die Vermutung kann umgestossen werden durch den Nachweis, dass ein Eingetragener nicht Aktionär ist, oder umgekehrt, dass ein Nichteingetragener Aktionär ist (
BGE 90 II 164
E. 3 S. 173 f.; FORSTMOSER UND ANDERE, Schweizerisches Aktienrecht, 1996, § 43 Rz. 86). Für die Rechtsträgerschaft ist der Eintrag im Aktienbuch somit nicht wesentlich (
BGE 124 III 350
E. 2c S. 354). Zwar darf sich die Gesellschaft grundsätzlich auf den Eintrag verlassen, solange er besteht. Doch gilt dies nur, wenn sie keine Kenntnis davon hat oder haben müsste, dass der Eintrag falsch ist (PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, § 6 Rz. 320).
BGE 137 III 460 S. 464
Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass sie von der Aktionärseigenschaft der V. AG Kenntnis gehabt habe. Angesichts des überschaubaren Aktionärskreises und des früheren Zusammenwirkens der Aktionäre bei der Leitung der Beschwerdeführerin ist allerdings von vornherein nicht nachvollziehbar, wie sich Verwaltungsratspräsident U. anlässlich der Sitzung vom 24. Juli 2007 einzig hätte auf das Aktienbuch stützen dürfen, um die Aktionäre zu bestimmen. U. war zudem aktenkundig über die seinerzeitige Abtretung eines Aktienpakets von S. an die V. AG orientiert (vgl. das Schreiben der R. AG vom 16. Mai 2006 mit Beilagen an U., wo unter anderem auf die Abtretung des Aktienpakets von S. an die V. AG hingewiesen wird). Des Weiteren liegt ein Schreiben von W. vom 13. Juni 2007 (auf Briefpapier der V. AG) an U. in den Akten, in welchem W. für die Einladung zur Generalversammlung vom 29. Juni 2007 dankt und darauf hinweist, dass nicht er, sondern die V. AG Aktionärin der Beschwerdeführerin sei, und um entsprechende Änderung der Empfängeradresse ersucht. U. sandte denn auch am 20. Juni 2007 die Ergänzung der Traktandenliste an die gewünschte Postadresse. U. wusste somit, dass die V. AG behauptete, Aktionärin der Beschwerdeführerin zu sein. Dieses Wissen ist der Beschwerdeführerin zuzurechnen (
BGE 109 II 338
E. 2b S. 341 f.). Wenn die Beschwerdeführerin diese Kenntnisse jedoch in der Folge nicht weiter beachtete und insbesondere nicht abklärte, ob die Behauptung der V. AG zutrifft oder ob die V. AG die Aktien zurückübertragen hatte, so trägt sie das Risiko für diese Unterlassung. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie von der Aktionärsstellung der V. AG keine Kenntnis gehabt habe oder zumindest hätte haben müssen, hält demnach nicht stand. Es ist in der Folge irrelevant, welchen Inhalt das angeblich am Tag der Universalversammlung vorgelegte Aktienbuch aufwies. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang die Behauptung wiederholt, in einem Protokoll der Aktionärsversammlung vom 17. März 2006 werde festgestellt, der Aktienkaufvertrag vom 18. Mai 2005 sei "ausser Kraft" gesetzt worden, geht sie schliesslich nicht auf die vorinstanzlichen Erwägungen ein, wonach dieses Protokoll nicht unterzeichnet und die Rückübertragungsmodalitäten in diesem Kaufvertrag selber geregelt seien, eine entsprechende Rückabwicklung aber von keiner Seite behauptet worden sei (nicht publ. E. 2.1.1). Darauf ist nicht einzutreten (vgl. nicht publ. E. 1).
BGE 137 III 460 S. 465
3.3
3.3.1
Des Weiteren ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, der Beschluss der Generalversammlung vom 24. Juli 2007 sei nicht nichtig und die Teilnahme der V. AG bzw. von W. an der Generalversammlung hätte an ihrem Ergebnis nichts geändert.
3.3.2
Auf die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich jedermann und zu grundsätzlich jeder Zeit berufen (
BGE 115 II 468
E. 3b S. 473; Urteil 5C.143/2005 vom 2. Februar 2006 E. 2 mit Hinweisen, in: Pra 96/2007 Nr. 7 S. 35 und ZBGR 88/2007 S. 367), so dass die Nichtigkeit von der Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren geltend gemacht werden kann. Bei der Annahme von Nichtigkeit ist jedoch Zurückhaltung geboten (
BGE 115 II 468
E. 3b S. 474). Die Gründe für die Nichtigkeit von Beschlüssen der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft sind in
Art. 706b OR
nicht abschliessend aufgezählt. Neben den ausdrücklich aufgeführten schweren Mängeln primär inhaltlicher Natur können auch schwerwiegende formelle Mängel in der Beschlussfassung zur Nichtigkeit führen (Urteil 4A_197/2008 vom 24. Juni 2008 E. 2.1; DUBS/TRUFFER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, 3. Aufl. 2008, N. 17 zu Art. 706a [recte: Art. 706b] OR; BÖCKLI, a.a.O., § 16 N. 174; FORSTMOSER UND ANDERE, a.a.O., § 25 N. 117). Teilweise werden von den nichtigen Beschlüssen in begrifflicher Hinsicht sog. Schein- oder Nichtbeschlüsse abgegrenzt, bei denen gar kein Generalversammlungsbeschluss vorliegt, weil es an einer als Generalversammlung zu qualifizierenden Zusammenkunft bzw. einer Beschlussfassung fehlt. Die Rechtsfolge ist aber dieselbe wie bei nichtigen Beschlüssen (DUBS/TRUFFER, a.a.O., N. 17 zu Art. 706a [recte: Art. 706b] OR; FORSTMOSER UND ANDERE, a.a.O., § 25 N. 117).
Nach dem bereits Gesagten (E. 3.1 und nicht publ. E. 2.1.1) waren an der Versammlung vom 24. Juli 2007 nicht alle Aktionäre anwesend oder vertreten. Um eine Universalversammlung konnte es sich trotz gegenteiliger Bezeichnung im damals gefassten Beschluss demnach nicht handeln, denn die Universalversammlung ist eine besondere Form der Generalversammlung, die von den Eigentümern oder Vertretern sämtlicher Aktien gebildet wird und die ohne Einhaltung der für die Einberufung vorgeschriebenen Formvorschriften abgehalten werden kann (
Art. 701 OR
;
BGE 120 IV 199
E. 1 S. 201; Urteil 4P.331/2006 vom 5. Juni 2007 E. 4.2). Eine Universalversammlung in Abwesenheit auch nur eines Aktionärs oder seiner
BGE 137 III 460 S. 466
Vertretung stellt einen schwerwiegenden formellen Mangel dar, der zur Nichtigkeit der anlässlich dieser Versammlung getroffenen Beschlüsse führen muss (BÖCKLI, a.a.O., § 16 Rz. 174; FORSTMOSER UND ANDERE, a.a.O., § 23 Rz. 5 und § 25 Rz. 119; CHRISTOPH D. STUDER, Die Einberufung der Generalversammlung der Aktiengesellschaft, 1995, S. 142; BRIGITTE TANNER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 2003, N. 7 und 68 zu
Art. 701 OR
; in diesem Sinne auch Urteil 4P.331/2006 vom 5. Juni 2007 E. 4.2.3 und in der Tendenz Urteil 4A_131/2007 vom 11. Januar 2008 E. 2.1; demgegenüber geht
BGE 86 II 95
E. 2 S. 97 noch von Anfechtbarkeit aus; differenzierend DUBS/TRUFFER, a.a.O., N. 18 zu Art. 706a [recte: Art. 706b] OR). Die Beschwerdeführerin weist in diesem Zusammenhang auf
BGE 114 II 68
hin. In diesem Fall ging es um einen Beschluss einer womöglich nicht ordnungsgemäss einberufenen und zusammengesetzten Universalversammlung. Die Eintragung des Beschlusses im Handelsregister wurde vom Bundesgericht dennoch geschützt. Dieses Urteil steht allerdings im Zusammenhang mit der beschränkten materiellrechtlichen Kognition des Handelsregisterführers und ist folglich vorliegend nicht einschlägig.
Fragen kann sich allerdings unter den gegebenen Umständen, ob die an einer derart fehlerhaften Universalversammlung gefassten Beschlüsse als solche einer normalen Generalversammlung gelten können (vgl. DUBS/TRUFFER, a.a.O., N. 18 zu Art. 706a [recte: Art. 706b] OR). Die Vorinstanz hat festgestellt, dass zur Versammlung vom 24. Juli 2007 zumindest ein Aktionär nicht eingeladen worden ist. Sie hat sich nicht dazu geäussert, ob eine form- und fristgerechte Einladung der anderen Aktionäre stattgefunden hat. Zur Annahme von Nichtigkeit genügt jedoch, dass ein Teil der Aktionäre nicht eingeladen wurde (
BGE 115 II 468
E. 3b S. 473; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 15. Juli 1968, in: Die schweizerische Aktiengesellschaft [SAG] 41/1969 S. 212 ff.; F. WOLFHART BÜRGI, Zürcher Kommentar, 1969, N. 11 zu
Art. 706 OR
; FORSTMOSER UND ANDERE, a.a.O., § 25 Rz. 124; TANNER, a.a.O., N. 121 zu
Art. 706b OR
; STUDER, a.a.O, S. 124; vgl. auch HANS MICHAEL RIEMER, Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage im schweizerischen Gesellschaftsrecht, 1998, Rz. 269; a.A. DUBS/TRUFFER, a.a.O., N. 20 zu Art. 706a [recte: Art. 706b] OR). Diese Rechtsfolge ist angemessen. Durch die Nichteinladung entgeht dem übergangenen Aktionär die Möglichkeit zur Teilnahme an der Generalversammlung. Auch wenn sein Aktienpaket nicht gross genug ist, um Mehrheitsbeschlüsse zu verhindern,
BGE 137 III 460 S. 467
verpasst er die Möglichkeit, auf die Meinungsbildung in der Versammlung Einfluss zu nehmen. Schliesslich besteht die Gefahr der Vereitelung des Anfechtungsrechts, da der betroffene Aktionär womöglich nicht binnen der Anfechtungsfrist (
Art. 706a Abs. 1 OR
) von der Abhaltung einer Generalversammlung und den auf ihr gefassten Beschlüssen Kenntnis erhält.
Zwischen der Nichteinladung eines Aktionärs und den auf der mangelhaften Versammlung gefällten Beschlüssen braucht ausserdem entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kein Kausalzusammenhang insofern zu bestehen, als dass der Nichteingeladene die Beschlüsse mit seiner Stimmkraft hätte verhindern können. Dies gilt zunächst bei der mangelhaften Durchführung der Universalversammlung, denn wenn die Universalversammlung mangels Teilnahme eines Aktionärs gar nicht mehr als Universalversammlung beschliessen kann, spielt keine Rolle, ob der übergangene Aktionär ihre Beschlüsse hätte verhindern können (BRIGITTE TANNER, Quoren für die Beschlussfassung in der Aktiengesellschaft, 1987, S. 310). Aber auch im Rahmen der Konversion in eine normale Generalversammlung spielt keine Rolle, ob der übergangene Aktionär mit seinem Stimmengewicht den fraglichen Beschluss hätte verhindern können. Wie gesagt, kann eine Generalversammlung auch durch blosse Diskussionsbeiträge beeinflusst werden. Kommt hinzu, dass die Nichteinladung teilnahmeberechtigter Personen einen grundlegenden Verfahrensmangel darstellt, bei welchem das Kausalitätserfordernis fehl am Platz ist. In der Lehre wird denn auch davon gesprochen, in einem solchen Fall liege gar keine Mitgliederversammlung im Rechtssinne vor (RIEMER, a.a.O., Rz. 262 ff.; STUDER, a.a.O., S. 124). Die Rechtsfolge einer Nichteinladung nach dem Stimmengewicht der übergangenen Aktionäre zu bestimmen, liefe schliesslich darauf hinaus, dem die Generalversammlung einberufenden Verwaltungsrat im Ergebnis eine Ungleichbehandlung der Aktionäre (
Art. 717 Abs. 2 OR
) zu erlauben, und dies erst noch beim zentralen Mitwirkungsrecht auf Teilnahme an der Generalversammlung.
Damit erweist sich der Sitzverlegungsbeschluss vom 24. Juli 2007 im Ergebnis als nichtig. Liegt kein gültiger Beschluss über die Sitzverlegung vor, so hat die Beschwerdeführerin ihren Sitz nicht nach C. verlegen können, sondern ist nach wie vor in B. ansässig. Die bernischen Gerichte sind somit zur Konkurseröffnung zuständig.
BGE 137 III 460 S. 468
3.4
Schliesslich bestreitet die Beschwerdeführerin, dass der Konkursgrund von
Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG
vorliegt. Sie wirft der Vorinstanz vor, sich für den Nachweis der Zahlungseinstellung einzig auf das Zirkularschreiben der Beschwerdeführerin vom 27. Juli 2007 abgestützt zu haben. Dies sei willkürlich. Zudem werde
Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG
verletzt, denn es müsse möglich sein, den Gläubigern einen Vorschlag für die Sanierung bzw. zu einem aussergerichtlichen Nachlass zu unterbreiten, ohne sogleich die sofortige Konkurseröffnung befürchten zu müssen.
3.4.1
Gemäss
Art. 190 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG
kann beim Gericht ohne vorgängige Betreibung die Konkurseröffnung verlangt werden, wenn ein der Konkursbetreibung unterliegender Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Der Begriff der Zahlungseinstellung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Konkursrichter einen weiten Ermessensspielraum verschafft (Urteil 5A_439/2010 vom 11. November 2010 E. 4 mit Hinweisen, in: SJ 2011 I S. 175; Urteil 5P.33/2002 vom 7. März 2002 E. 4). Zahlungseinstellung liegt vor, wenn der Schuldner unbestrittene und fällige Forderungen nicht begleicht, Betreibungen gegen sich auflaufen lässt und dabei systematisch Rechtsvorschlag erhebt oder selbst kleine Beträge nicht mehr bezahlt. Mit solchem Verhalten zeigt der Schuldner, dass er nicht über genügend liquide Mittel verfügt, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der Schuldner alle Zahlungen einstellt. Es reicht, wenn die Zahlungsverweigerung sich auf einen wesentlichen Teil seiner geschäftlichen Aktivitäten bezieht (
BGE 85 III 146
E. 4a S. 154). Sogar die Nichtbefriedigung einer einzelnen Schuld kann auf Zahlungseinstellung schliessen lassen, wenn die Schuld bedeutend und die Zahlungsverweigerung dauerhaft ist (zum Ganzen Urteile 5A_439/2010 vom 11. November 2010 E. 4, in: SJ 2011 I S. 175; 5P.412/1999 vom 17. Dezember 1999 E. 2b, in: SJ 2000 I S. 248; 5P.442/1993 vom 15. Dezember 1993 E. 3a, in: SJ 1994 S. 433; je mit Hinweisen). Die Zahlungseinstellung darf nicht bloss vorübergehender Natur sein, sondern muss auf unbestimmte Zeit erfolgen (
BGE 85 III 146
E. 4b S. 155; Urteil 5P.33/2002 vom 7. März 2002 E. 4).
3.4.2
Die Vorinstanz hat aus dem Zirkularschreiben vom 27. Juli 2007 und dem Schreiben vom 9. August 2007 auf Zahlungseinstellung geschlossen. Die Beschwerdeführerin kritisiert, dass die Vorinstanz einzig auf das Zirkularschreiben abgestellt habe, und übergeht
BGE 137 III 460 S. 469
dabei, dass auch das von der Vorinstanz herangezogene Schreiben vom 9. August 2007 einen ähnlichen Inhalt aufweist. Des Weiteren geht sie nicht im Einzelnen auf den von der Vorinstanz gewürdigten Inhalt dieser Schreiben ein (nicht publ. E. 2.2) und legt nicht detailliert dar, inwiefern es bundesrechtswidrig sein sollte, daraus auf Zahlungseinstellung zu schliessen. So setzt sie sich beispielsweise nicht damit auseinander, dass die Gläubiger vor die Alternative gestellt worden seien, entweder 90 % ihrer Forderungen zu verlieren oder sogar einen Totalausfall zu erleiden, und dass daraus zu schliessen sei, die Beschwerdeführerin werde auf unabsehbare Zeit nicht in der Lage sein, eine ganze Gläubigergruppe zu befriedigen. Die Beschwerdeführerin genügt insoweit den Begründungsanforderungen nicht (nicht publ. E. 1). Die Vorinstanz hat im Übrigen auch den Begriff der Zahlungseinstellung nicht verkannt, wenn sie das Angebot eines aussergerichtlichen Nachlasses im vorliegenden Fall als Zahlungseinstellung gewertet hat. Je nach den konkreten Umständen kann in einer solchen Offerte durchaus eine Zahlungseinstellung erblickt werden (BRUNNER/BOLLER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 11 zu
Art. 190 SchKG
; AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 38 Rz. 15). Die Befürchtung der Beschwerdeführerin, dass vorschnell Konkurse eröffnet werden, wenn ein Angebot zu einem aussergerichtlichen Nachlass als Zahlungseinstellung gewertet wird, ist unbegründet. Besteht Aussicht auf Sanierung, kann der Konkursentscheid gegebenenfalls gemäss Art. 194 Abs. 1 i.V.m.
Art. 173a SchKG
ausgesetzt werden.
3.5
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die aufschiebende Wirkung wurde vor Bundesgericht einzig hinsichtlich weiterer Vollstreckungsmassnahmen gewährt. Es bleibt folglich bei der vom Obergericht auf Donnerstag, 17. Februar 2011, 11.00 Uhr, über die Beschwerdeführerin ausgesprochenen Konkurseröffnung. | null | nan | de | 2,011 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e1dbf5e1-a09d-49ec-8980-a012c0175aea | Urteilskopf
110 II 273
55. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. September 1984 i.S. X. gegen S.-AG und Rekurskommission des Kantonsgerichts St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Arbeitsvertrag; Geltendmachung von Lohnansprüchen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Aus dem blossen Zeitablauf innerhalb der Verjährungsfrist kann weder ein Verzicht auf die Ansprüche noch deren rechtsmissbräuchliche Geltendmachung abgeleitet werden. | Erwägungen
ab Seite 273
BGE 110 II 273 S. 273
Erwägungen:
1.
X. arbeitete vom 10. September 1979 bis zum 31. Oktober 1981 als Hilfsarbeiter bei der S.-AG. Das Arbeitsverhältnis unterstand
BGE 110 II 273 S. 274
dem Gesamtarbeitsvertrag für die Schweizerische Möbelindustrie. Am 28. November 1983 klagte X. gegen die S.-AG auf Bezahlung von Fr. 2'687.95 nebst Zins, womit er eine Lohnnachzahlung sowie eine Prämienrückerstattung verlangte.
Das Arbeitsgericht Unterrheintal wies die Klage am 28. Februar 1984 ab. Es nahm an, die Ansprüche des Klägers seien durch Verzicht untergegangen, weil dieser sie erst nach mehr als zwei Jahren seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht habe.
Auf kantonale Berufung des Klägers bestätigte die Rekurskommission des Kantonsgerichts St. Gallen dieses Urteil am 26. April 1984.
Gestützt auf
Art. 4 BV
hat der Kläger gegen den Entscheid der Rekurskommission staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, den Entscheid aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Rekurskommission hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
2.
Die Rekurskommission hält im angefochtenen Entscheid fest, der Beschwerdeführer mache seine Forderung mehr als zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend. Ein so langes Stillschweigen des Arbeitnehmers dürfe nach Treu und Glauben als Verzicht auf seine Forderung aus dem Arbeitsverhältnis betrachtet werden. Dass der Beschwerdeführer während dieser Zeit keine Kenntnis vom Gesamtarbeitsvertrag und insbesondere von dessen Lohnansätzen gehabt haben solle, sei nicht entscheidend.
Der Beschwerdeführer hält diese Betrachtungsweise mit Recht für willkürlich. Es ist unhaltbar, einen Verzicht auf die Forderung oder einen Rechtsmissbrauch nur deshalb anzunehmen, weil der Arbeitnehmer zwei Jahre mit der Geltendmachung seiner zwingenden Ansprüche aus dem Gesamtarbeitsvertrag zugewartet hat. Gemäss
Art. 341 Abs. 1 OR
kann der Arbeitnehmer auf solche Forderungen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung nicht verzichten. Im übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung von Forderungen, welche der Gesetzgeber in
Art. 341 Abs. 2 OR
ausdrücklich vorbehalten hat, um klarzustellen, dass die Frist gemäss Abs. 1 weder eine Verjährungs- noch eine Verwirkungsfrist sei (Botschaft BBl 1967 II S. 403). Der Lohn- und Rückerstattungsanspruch des Beschwerdeführers unterliegt demnach der fünfjährigen Verjährungsfrist gemäss
Art. 128 Ziff. 3 OR
.
BGE 110 II 273 S. 275
Allein aus dem Zeitablauf lässt sich ein rechtsgeschäftlich fassbarer Verzicht nicht ableiten, und durch das blosse Verstreichen der Zeit innerhalb der Verjährungsfrist wird die Geltendmachung einer Forderung höchstens dann rechtsmissbräuchlich, wenn ganz besondere Umstände hinzukommen; andernfalls würde das Rechtsinstitut der Verjährung weitgehend ausgehöhlt (
BGE 94 II 41
f.;
BGE 95 II 116
; MERZ N. 522 zu
Art. 2 ZGB
; vgl. auch DESCHENAUX, Der Einleitungstitel, Schweiz. Privatrecht Band II S. 184 f.). Mit der Einräumung der Verjährungsfrist hat der Gesetzgeber auch in Kauf genommen, dass sich infolge Zeitablaufs für den Schuldner Beweisschwierigkeiten ergeben können für den Nachweis, dass die angebliche Schuld getilgt worden oder anderweitig untergegangen ist (
BGE 94 II 41
). Soweit das Arbeitsgericht, auf dessen Erwägungen die Rekurskommission ergänzend verweist, Gründe der Rechtssicherheit anführt, ist das daher nicht durchschlagskräftig.
Aufgrund der in der Literatur zu
Art. 341 OR
vertretenen Meinungen ergibt sich entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin kein anderer Schluss. Soweit BRÜHWILER (Handkommentar zum Einzelarbeitsvertrag N. 3 zu
Art. 341 OR
) einen endgültigen Verzicht des Arbeitnehmers nach Ablauf eines Monats nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses annimmt, geht das selbst nach Auffassung der Rekurskommission zu weit; ausserdem beschränkt sich seine Äusserung auf den Fall einer Saldoquittung, wie sie hier nicht vorliegt. Aus REHBINDER (Schweizerisches Arbeitsrecht 7. Aufl. S. 106), SCHWEINGRUBER (Kommentar zum Arbeitsrecht S. 106) und STREIFF (Leitfaden zum neuen Arbeitsvertrags-Recht 2. Aufl. S. 164 N. 1 und 4 zu
Art. 341 OR
) ergibt sich hingegen ebenfalls, dass vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Erlöschen der Ansprüche nur angenommen werden kann, wenn die verzögerte Geltendmachung gegen
Art. 2 ZGB
verstösst. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Botschaft (BBl 1967 II S. 403).
Umstände, die zum blossen Zeitablauf hinzukämen, sind vorliegend nicht dargetan. Im Gegenteil hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, er habe von seinen Ansprüchen vorher gar keine Kenntnis gehabt, was die Rekurskommission zu Unrecht von vorneherein als unerheblich bezeichnet hat. Der angefochtene Entscheid, mit dem die Klage einzig deshalb abgewiesen worden ist, weil der Arbeitnehmer mit der Geltendmachung seiner Ansprüche gut zwei Jahre zugewartet hat, lässt sich deshalb mit sachlichen Gründen schlechterdings nicht halten. In Gutheissung der Beschwerde ist er daher aufzuheben.
BGE 110 II 273 S. 276
3.
Das Verfahren ist kostenlos (
Art. 343 Abs. 3 OR
), eine Prozessentschädigung von der unterliegenden Partei indes geschuldet (
BGE 100 Ia 130
E. 7). | public_law | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1de574f-559f-43cc-af9d-d86421c2042a | Urteilskopf
113 III 10
5. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 5. Juni 1987 i.S. M. S. (Rekurs) | Regeste
Art. 93 SchKG
.
Leistungen der beruflichen Altersvorsorge unterliegen - gleichgültig, ob das Vorsorgevermögen aus Arbeitgeber- oder aus Arbeitnehmerbeiträgen geäufnet wurde und ob die Leistungen in der Form von Renten oder als Kapitalabfindung ausgerichtet werden - der beschränkten Pfändbarkeit (und Arrestierbarkeit) von
Art. 93 SchKG
(in Verbindung mit
Art. 275 SchKG
). | Sachverhalt
ab Seite 10
BGE 113 III 10 S. 10
A.-
Mit der Vollendung des 65. Altersjahres am 9. Oktober 1986 wurde die bei der Fürsorgekasse der A. AG bestehende Alterspension zugunsten von J. S. fällig. Unbestrittenermassen sollte das gesamte Vorsorgevermögen nicht als Rente, sondern kapitalisiert zum Betrag von Fr. 90'028.80 zur Auszahlung gelangen.
BGE 113 III 10 S. 11
Gestützt auf
Art. 271 Abs. 1 Ziff. 5 SchKG
liess Frau M. S. am 17. November 1986 das zur Auszahlung fällige Vorsorgevermögen für die Forderungssumme von Fr. 25'386.80 (nebst Kosten) arrestieren. Die sieben Pfändungsverlustscheine, welche die Arrestgläubigerin einreichte, gehen auf nicht bezahlte Unterhaltsbeiträge zurück.
B.-
J. S. beschwerte sich gegen den am 17. November 1986 vollzogenen Arrest beim Amtsgerichtspräsidenten von X., indem er geltend machte, sein Existenzminimum sei nicht mehr gedeckt.
Mit Entscheid vom 11. Dezember 1986 hiess der Amtsgerichtspräsident die Beschwerde in dem Sinne teilweise gut, als das Betreibungsamt angewiesen wurde,
- das Existenzminimum des Beschwerdeführers festzulegen,
- das Einkommen des Beschwerdeführers im Sinne von E. 5 des Entscheides zu errechnen,
- die pfändbare Quote in der Vollzugsurkunde anzugeben.
Ferner wurde das Betreibungsamt angewiesen, im Sinne von E. 5 den Arrest zu vollziehen.
In seiner Begründung wies der Amtsgerichtspräsident darauf hin, dass fällige Alterskapitalien (und -renten) gemäss dem Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfürsorge (SR 831.40; BVG) vollumfänglich der beschränkten Pfändbarkeit des
Art. 93 SchKG
unterlägen. In E. 5 hielt er unter Berufung auf
BGE 78 III 110
f. fest, dass bei der Berechnung des Existenzminimums des Beschwerdeführers zu seinem übrigen Einkommen jenes Einkommen hinzuzurechnen sei, das er sich durch Verwendung der Gesamtabfindung zum Erwerb einer lebenslänglichen Rente verschaffen könnte.
C.-
Frau M. S. focht den erstinstanzlichen Entscheid mit Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern an. Diese gelangte zum Ergebnis, dass sowohl Renten als auch Kapitalabfindungen (Alterskapitalien) nach Massgabe von
Art. 93 SchKG
nur beschränkt pfändbar seien, und wies dementsprechend die Beschwerde am 10. März 1987 ab.
D.-
Gegen diesen Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde rekurrierte Frau M. S. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Sie verlangte die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und beantragte, "die Beschwerde des Rekursgegners vom 27. November 1986 sei abzuweisen, soweit
BGE 113 III 10 S. 12
damit die unbeschränkte Pfändung der Arbeitgeberanteile von dessen Vorsorgevermögen angefochten wurde".
Erwägungen
Erwägungen:
1.
a) Der Anspruch von J. S. gegenüber der Fürsorgekasse der A. AG ist unbestrittenermassen am 9. Oktober 1986 fällig geworden. In Übereinstimmung mit den kantonalen Aufsichtsbehörden ist daher festzustellen, dass
Art. 92 Ziff. 13 SchKG
, der nur Ansprüche auf Vorsorgeleistungen gegen eine Personalvorsorgeeinrichtung vor Fälligkeit erfasst, in der vorliegenden Streitsache nicht anwendbar ist.
b) Zu prüfen bleibt, ob der Anspruch von J. S. auf Ausrichtung einer kapitalisierten Alterspension im Betrag von Fr. 90'028.80 der beschränkten Pfändbarkeit (und entsprechend beschränkten Arrestierbarkeit) im Sinne von
Art. 93 SchKG
(in Verbindung mit
Art. 275 SchKG
) unterliege. Das Obergericht des Kantons Luzern hält im angefochtenen Entscheid dafür, dass - im Gegensatz zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts (
BGE 60 III 226
,
BGE 62 III 17
,
BGE 63 III 77
) - Kapitalabfindungen seit Inkrafttreten des BVG am 1. Januar 1985 vollumfänglich der beschränkten Pfändbarkeit zu unterstellen seien. Insbesondere soll auch der Arbeitgeberanteil des Vorsorgevermögens neu der Schranke von
Art. 93 SchKG
unterliegen.
Gegen diese Auffassung wendet sich die Rekurrentin, indem sie der Vorinstanz insbesondere vorwirft, sie habe zu Unrecht eine unechte Gesetzeslücke angenommen, um zum Ergebnis zu gelangen, dass sämtliche aus dem BVG abgeleiteten Ansprüche nur beschränkt pfändbar im Sinne von
Art. 93 SchKG
seien.
2.
Gemäss
Art. 93 SchKG
können Einkünfte des Schuldners nur so weit gepfändet werden, als sie nicht nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie unumgänglich notwendig sind. Von der Pfändung (bzw. Arrestierung) ausgeschlossen sind, soweit dadurch in den Notbedarf des Schuldners eingegriffen würde, insbesondere Alterspensionen sowie Renten von Versicherungs- und Alterskassen.
Der Gesetzestext ist insofern nicht klar und demnach auslegungsbedürftig, als er nicht angibt, welche der Altersvorsorgen dienenden Leistungen nur beschränkt pfändbar sind. Jedenfalls lassen sich keine Schlüsse daraus ziehen, dass der Gesetzgeber auf der einen Seite von Alterspensionen und auf der anderen Seite von
BGE 113 III 10 S. 13
Renten von Versicherungs- und Alterskassen spricht. Unter beide Begriffe fallen sowohl in der Umgangs- als auch in der juristischen Fachsprache periodische Leistungen im Dienste der Altersvorsorge. Da indessen
Art. 93 SchKG
ganz allgemein Einkünfte von der Pfändung ausschliesst, soweit sie für den Lebensunterhalt des Schuldners und seiner Familie unumgänglich notwendig sind, schliesst es der Gesetzestext grundsätzlich nicht aus, dass Kapitalabfindungen, die zum Zwecke der Altersvorsorge ausgerichtet werden, ebenfalls in den Anwendungsbereich dieser Gesetzesbestimmung fallen.
3.
Das Bundesgericht hat wiederholt Antwort auf die Frage geben müssen, inwieweit in der Form von Kapitalabfindungen befriedigte Ansprüche gegenüber Vorsorgeeinrichtungen gepfändet werden können. So hat es schon in
BGE 53 III 74
erkannt, dass die von einer Angestellten-Pensionskasse einem ausgeschiedenen Mitglied zurückerstatteten Mitgliederbeiträge als Lohn im Sinne von
Art. 93 SchKG
zu betrachten und daher nur im Umfang dieser Gesetzesvorschrift pfändbar seien. In
BGE 60 III 226
hat es die einem eidgenössischen Angestellten geschuldete Abgangsentschädigung im Sinne der Statuten der Versicherungskasse als nur im Rahmen von
Art. 93 SchKG
pfändbar erklärt; und es hat in
BGE 62 III 21
ausgeführt, wenn das von einer Arbeiter-Fürsorgeeinrichtung ausgerichtete Alterskapital zu den in
Art. 93 SchKG
aufgeführten Vermögensstücken gezählt werden könnte, so wäre es doch nur so weit nicht pfändbar, als es dem Rekurrenten und seiner Familie unumgänglich notwendig wäre. Laut
BGE 63 III 77
fällt grundsätzlich auch das Deckungskapital, das ein entlassener Angestellter nach seiner Wahl (anstatt der Police) erhält, in den Anwendungsbereich von
Art. 93 SchKG
, und dasselbe gilt nach
BGE 78 III 107
bezüglich des Kapitals, das einem Spareinleger einer Pensionskasse im Falle des Rücktritts wegen Invalidität ausbezahlt wird. (Vgl. auch die Bestätigung dieser Rechtsprechung im Bundesgerichtsentscheid vom 2. November 1964, veröffentlicht in BlSchK 1965, S. 148 f.)
Das Bundesgericht hat auf Kapitalzahlungen von Vorsorgeeinrichtungen auch
Art. 92 Ziff. 5 SchKG
analog angewandt und daraus abgeleitet, dass dem Schuldner die Abfindungssumme bis zu dem Betrag freizugeben sei, den er für seinen Lebensunterhalt während der Dauer von zwei Monaten nötig habe (
BGE 53 III 76
f. E. 3). Es hat indessen mit Rücksicht auf die Arbeitsunfähigkeit eines Schuldners diesem auch einen darüber hinausgehenden
BGE 113 III 10 S. 14
Betrag als unpfändbar belassen (
BGE 63 III 78
f.). In
BGE 78 III 110
f. E. 3 schliesslich hat das Bundesgericht erklärt, dass das Guthaben des Spareinlegers bei einer Pensionskasse nur so weit gepfändet werden dürfe, dass die unumgänglichen Bedürfnisse des Schuldners und seiner Familie während der ganzen, vom Schuldner noch zu erwartenden Lebensdauer gedeckt sind. Dementsprechend wurde präzisiert, dass das Guthaben nur gepfändet werden könne, wenn und soweit der Betrag der Gesamtabfindung zusammen mit dem Barwert des mutmasslichen künftigen Verdienstes den Barwert der künftigen Bedürfnisse des Schuldners und seiner Familie übersteigt. Diese Rechtsprechung ist dem Grundsatz nach auch im vorliegenden Fall wegweisend.
Auf
BGE 109 III 80
demgegenüber, wo entschieden wurde, dass es sich bei der von einer Pensionskasse dem Schuldner zugesprochenen Abgangsentschädigung nicht um Erwerbseinkommen handle, das dem Konkursbeschlag entzogen wäre, kann bei der Beurteilung der vorliegenden Streitsache nicht zurückgegriffen werden.
4.
In der vorstehend zitierten Rechtsprechung sind Kapitalabfindungen so weit als nur beschränkt pfändbar bezeichnet worden, als der Arbeitnehmer selber Beiträge an die Äufnung des Vorsorgekapitals geleistet hatte. In
BGE 78 III 107
ff. wurde das vom Staat als Arbeitgeber geäufnete Sparguthaben, das dem Schuldner statutengemäss wegen Austritts infolge eingetretener Berufsinvalidität ausbezahlt werden sollte, als unpfändbar im Sinne von
Art. 92 Ziff. 10 SchKG
erklärt, während das vom Arbeitnehmer geäufnete Sparguthaben dem Anwendungsbereich von
Art. 93 SchKG
unterstellt wurde; sonst aber standen Kapitalabfindungen, die dank Leistungen des Arbeitgebers ausgerichtet wurden, nie zur Diskussion.
Im Lichte des am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen BVG lässt es sich - wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat - nicht rechtfertigen, dass die Pfändbarkeit unterschiedlich beurteilt wird je nachdem, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Vorsorgekapital geäufnet hat; und es lässt sich auch keine Unterscheidung zwischen obligatorischen und freiwilligen Beiträgen begründen. Der Arbeitgeber trägt mindestens die Hälfte der Beiträge an die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (
Art. 34quater Abs. 2 lit. a BV
,
Art. 66 Abs. 1 BVG
); seine Beiträge bilden Bestandteile des Lohnes, der nur in den Schranken von
Art. 93 SchKG
pfändbar ist. Der Arbeitgeber ist auch, wenngleich
BGE 113 III 10 S. 15
er den Beitragsanteil des Arbeitnehmers von dessen Lohn abzieht, für die gesamten Beiträge Schuldner gegenüber der Vorsorgeeinrichtung (
Art. 66 Abs. 2 und 3 BVG
). Die Teilhabe an der sogenannten zweiten Säule ist somit weder von seiten des Arbeitnehmers noch von seiten des Arbeitgebers freiwillig; vielmehr ist die berufliche Vorsorge eine obligatorische Versicherung, an die beide Sozialpartner grundsätzlich in gleicher Weise beitragen und die deshalb - auch im Hinblick auf die Pfändbarkeit der von ihr erbrachten Leistungen - als ein unteilbares Ganzes zu betrachten ist.
Unter eng umschriebenen Voraussetzungen kann der Versicherte, selbst ohne dass es die reglementarischen Bestimmungen vorsehen, einen Teil der Altersleistungen in Form einer Kapitalabfindung verlangen (
Art. 37 Abs. 4 BVG
). Das lässt erkennen, dass die Leistungen der beruflichen Vorsorge sowohl in der Form von periodischen Renten als auch in der Form einer Kapitalabfindung erbracht werden können, ohne dass sich indessen der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck ändern würde. Es zeigt - gleich wie die
Art. 92 Ziff. 13 SchKG
und die Art. 39 f. BVG - aber auch an, dass die Frage der Pfändbarkeit sich nicht unterschiedlich beantwortet je nachdem, ob in regelmässigen zeitlichen Abständen Renten oder (in einer oder ganz wenigen Raten) Kapitalabfindungen ausgerichtet werden. Auf diese Gleichheit des Zweckes hat schon SIEGRIST (Die Vermögensrechte der Destinatäre von betrieblichen Personalvorsorgeeinrichtungen im Lichte des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Zürcher Diss. 1967, S. 58 ff.) hingewiesen und daraus das Postulat auf unterschiedslose betreibungsrechtliche Behandlung der beiden Leistungsformen abgeleitet.
Zu Recht hat deshalb das Obergericht des Kantons Zürich auf den Anspruch, der J. S. gegenüber der Fürsorgekasse der A. AG zusteht,
Art. 93 SchKG
anwendbar erklärt. Für dieses Ergebnis bedarf es keiner Lückenfüllung.
5.
Im Gegensatz zur Auffassung, die offenbar bei der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde bestanden hat, kann der Schuldner nicht gezwungen werden, mit der ihm von der Fürsorgekasse auszuzahlenden Abfindungssumme eine Rente zu kaufen. Nichtsdestoweniger muss das Betreibungsamt ermitteln, welche jährliche Rente sich im Zeitpunkt des Arrestvollzugs für das Kapital von Fr. 90'028.80 bei einem Lebensversicherer kaufen lässt. Dabei ist von einer Dauer der Rentenberechtigung auszugehen, die der durchschnittlichen Lebenserwartung des im Zeitpunkt des
BGE 113 III 10 S. 16
Arrestvollzugs 65jährigen Schuldners entspricht. Kann das Betreibungsamt den Betrag nicht mit Hilfe einer Rententafel selber bestimmen, so soll es bei der Fürsorgekasse der A. AG Auskunft darüber einholen, welche Jahresrente J. S. anstelle der Kapitalabfindung von Fr. 90'028.80 ausgerichtet werden könnte. Sollte die Auskunft der Fürsorgekasse nicht befriedigen, wird eine Lebensversicherungsgesellschaft in der Lage sein, dem Betreibungsamt die entsprechende Jahresrente zu nennen. Diese Jahresrente wird das Betreibungsamt in die Arresturkunde einsetzen, ist doch - analog der Lohnpfändung (
BGE 98 III 12
) - nur das künftige Einkommen während eines Jahres nach dem Arrestvollzug arrestierbar. Im übrigen ist dem Betreibungsamt, da die von ihm eingeholten Auskünfte über die Höhe der Jahresrente divergieren mögen, ein gewisses Ermessen einzuräumen.
Hernach kann so vorgegangen werden, wie es bereits die untere kantonale Aufsichtsbehörde, deren Entscheid durch das Obergericht des Kantons Luzern bestätigt worden ist, ins Auge gefasst hat: Sollte es sich herausstellen, dass das gesamte Einkommen des Schuldners - die aus dem Abfindungskapital zu erkaufende Rente inbegriffen - seinen Notbedarf nicht deckt, so kann die Rente nicht mit Arrest belegt werden. Reicht umgekehrt das übrige Einkommen des Schuldners bereits aus, um sein Existenzminimum zu sichern, so ist die Jahresrente im vollen Betrag arrestierbar. Lässt sich der Notbedarf des Schuldners durch sein übriges Einkommen und einen Teil der errechneten Rente decken, so darf das übrige Einkommen und dieser Teil der Rente nicht arrestiert werden; der das Existenzminimum übersteigende Teil der Rente jedoch unterliegt zum Schätzungswert eines Jahresbetreffnisses dem Arrest.
Das Betreibungsamt wird schliesslich der Fürsorgekasse der A. AG den Vollzug des Arrestes gegen J. S. mitteilen und dieser anzeigen, dass sie in der Höhe des in die Arresturkunde aufgenommenen Schätzungswertes rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten kann (
Art. 99 SchKG
). | null | nan | de | 1,987 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e1df129a-13bc-4fd9-8100-7cfe30a1d266 | Urteilskopf
86 I 79
14. Arrêt de la Ire Cour civile du 23 février 1960 dans la cause Tomas i Sais contre Bureau fédéral de la propriété intellectuelle. | Regeste
Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Art. 104/5 OG.
Das Bundesgericht kann in Patentsachen die technischen Schlussfolgerungen des eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum nicht überprüfen. | Sachverhalt
ab Seite 79
BGE 86 I 79 S. 79
A.-
Le 12 avril 1957, Juan Tomas i Sais a déposé une demande de brevet pour un "procédé de captation de l'énergie vibratoire".
Par décision du 25 septembre 1959, le Bureau fédéral de la propriété intellectuelle a rejeté la demande de brevet. Il a considéré en bref que l'invention de Tomas i Sais était contraire au principe de la conservation de l'énergie et n'était donc pas susceptible d'utilisation industrielle selon l'art. 1er al. 1 LBI.
B.-
Contre cette décision, Tomas i Sais forme un recours de droit administratif au Tribunal fédéral, en concluant à l'admission de sa demande de brevet. Le Bureau fédéral propose le rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
Selon l'art. 104 al. 1 OJ, le recours de droit administratif n'est recevable que pour violation du droit fédéral, c'està-dire pour défaut d'application ou fausse application d'un
BGE 86 I 79 S. 80
principe consacré expressément par une prescription fédérale ou découlant implicitement de ses dispositions. Or le recourant ne reproche nullement au Bureau fédéral d'avoir mal appliqué le droit fédéral et, en particulier, de s'être fondé sur une conception inexacte de la notion de l'invention "utilisable industriellement". Ses seuls arguments sont d'ordre technique: il soutient que son invention n'a pas pour objet un mouvement perpétuel et peut donc être exploité industriellement.
Il est vrai qu'aux termes de l'art. 105 OJ, le Tribunal fédéral saisi d'un recours de droit administratif peut, d'office ou à la demande du recourant, rechercher si la décision attaquée repose sur des constatations de fait inexactes ou incomplètes. Mais cette disposition ne vise que les faits soumis à l'appréciation de l'autorité qui a statué, c'est-à-dire, en l'espèce, l'exposé de la demande de brevet. En revanche, la manière dont le Bureau fédéral a apprécié ces faits n'est pas une constatation au sens de l'art. 105 OJ. Il s'agit de déductions qui sont dictées par les lois de la mécanique et qui constituent des motifs de la décision attaquée.
N'étant visées ni par l'art. 104 ni par l'art. 105 OJ, de telles qualifications techniques échappent à la censure du Tribunal fédéral. | public_law | nan | fr | 1,960 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e1e425e9-9af5-40cf-a006-7c20416d04a1 | Urteilskopf
82 II 522
68. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. Oktober 1956 i.S. Gazda gegen Brunner. | Regeste
Abtretung an Zahlungsstatt, Gewährspflicht für den Bestand der Forderung,
Art. 171 Abs. 1 OR
, Tragweite. | Erwägungen
ab Seite 522
BGE 82 II 522 S. 522
4.
a) Der Beklagte hat mit Vereinbarung vom 10. Januar 1949 einen Bruchteil von 24% seiner Lizenzforderung gegen Bührle & Co. dem Kläger an Zahlungsstatt abgetreten. Es sind also die Vorschriften über die Abtretung von Forderungen,
Art. 164 ff. OR
, anwendbar. Dass die Parteien sich nicht auf sie berufen und auch die Vorinstanzen nicht auf sie abgestellt haben, ist unerheblich; denn gemäss
Art. 63 Abs. 3 OG
ist das Bundesgericht in der rechtlichen Würdigung der Tatsachen frei, also an die rechtliche Betrachtungsweise des kantonalen Richters nicht gebunden (
BGE 70 II 217
).
Bei der Beurteilung der Sache unter dem massgebenden Gesichtspunkt der Abtretung ist zu beachten, dass die vorliegende Abtretung entgeltlich war. Sie erfolgte zur Leistung einer Vergütung für geleistete Dienste des Klägers (Mithilfe bei der Patenterwirkung). Dieser hat auf dem Prozesswege versucht, von der Abtretungsschuldnerin Zahlung zu erhalten, wurde aber abgewiesen, weil die an sich unbestrittene Forderung Gazdas untergegangen ist infolge Verrechnung mit einer höheren Darlehensforderung der Firma Bührle & Co. gegen Gazda. Der Kläger hat somit aus der Abtretung nichts erhalten. Es fragt sich, ob und inwieweit der Beklagte dafür einzustehen habe.
BGE 82 II 522 S. 523
b) Die entgeltliche Abtretung von Forderungen steht rechtlich wie wirtschaftlich dem Fahrniskauf nahe. Die für diesen geltenden Bestimmungen über die Gewährleistung (
Art. 197 ff. OR
) sind jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auf die Forderungsabtretung grundsätzlich nicht anwendbar, weil das Gesetz hierüber in
Art. 171 ff. OR
eine besondere Regelung enthält (
BGE 79 II 158
Abs. 2,
BGE 78 II 219
f.,
BGE 47 II 186
Erw. 3).
Art. 171 Abs. 1 OR
umschreibt die Gewährspflicht bei der entgeltlichen Abtretung dahin, dass der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung hafte. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung hätte also der Abtretende die ihm gesetzlich obliegende Gewähr geleistet, wenn die Forderung im Zeitpunkt der Abtretung bestand. Die Vorschrift ist indessen dahin zu verstehen, dass den Abtretenden die sogenannte Verschaffungspflicht trifft, d.h. dass er dem Abtretungsempfänger die Rechte aus der abgetretenen Forderung zu verschaffen hat. Dieser Pflicht genügt er zunächst durch die vereinbarungsgemässe Übertragung der Forderung. Darüber hinaus darf er aber auch nachher nichts tun, wodurch das abgetretene Recht dem Zessionar entzogen oder wodurch es beeinträchtigt würde (OSER/SCHÖNENBERGER, OR Art. 171 N. 4). Er haftet somit auch für Verschlechterungen der abgetretenen Forderung, welche er in der Zeit zwischen der Abtretung und ihrer Kenntnisgabe an den Schuldner, namentlich durch Verhandlungen mit ihm, herbeigeführt hat (HAFNER, OR 2. Aufl. N. 3 zu
Art. 192 a OR
).
Würde der Haftung aus
Art. 171 Abs. 1 OR
nicht diese Tragweite zuerkannt, so ginge bei Abtretung an Zahlungsstatt (wie sie hier in Frage steht), der Abtretungsempfänger leer aus, wenn die im Zeitpunkt der Abtretung bestehende Forderung durch Verrechnung mit einer erst nachträglich begründeten Gegenforderung des Abtretungsschuldners an den Abtretenden erlischt. Denn durch die Abtretung an Zahlungsstatt wird die Forderung des Abtretenden gegenüber dem Abtretungsempfänger getilgt und geht unter;
BGE 82 II 522 S. 524
erweist sich die abgetretene Forderung hernach als nicht bestehend, so ist der Abtretende dafür lediglich nach
Art. 171 OR
gewährspflichtig (VON TUHR/SIEGWART OR II S. 449 oben). Diese Gewährspflicht aber wäre bei Abstellen auf den blossen Wortlaut von
Art. 171 Abs. 1 OR
zu verneinen, weil die Forderung im Zeitpunkt der Abtretung tatsächlich bestand, wenn auch mit der Möglichkeit einer Verrechnung belastet, und zwar auch mit Bezug auf Gegenforderungen, die der Schuldner nach der Abtretung aber vor Kenntnis derselben erwirbt (VON TUHR/SIEGWART, OR II S. 815 oben). Dieses Ergebnis wäre aber derart stossend, dass es nicht richtig sein kann.
Fasst man jedoch die in
Art. 171 OR
umschriebene Gewährspflicht des Abtretenden im oben dargelegten Sinne auf, so kann der Beklagte entgegen seiner Meinung auch nichts daraus ableiten, dass in der Vereinbarung der Parteien (Ziff. 6) lediglich das Nichtbestehen verrechenbarer Gegenforderungen der Firma Bührle & Co. im Zeitpunkt der Abtretung festgestellt, dagegen die spätere Begründung solcher Gegenforderungen durch den Beklagten nicht ausdrücklich wegbedungen wurde.
c) Der Beklagte ist somit schon nach dem Rechte der Abtretung gewährleistungspflichtig. Er schuldet dem Kläger, soweit dieser in seinen Rechten beeinträchtigt worden ist, Schadenersatz. Das ergibt sich übrigens auch aus dem allgemeinen obligationenrechtlichen Grundsatz, dass der Schuldner eine von ihm geschaffene Unmöglichkeit der Erfüllung zu vertreten hat (
Art. 97 OR
). Pflichten sind nach Treu und Glauben zu erfüllen (
Art. 2 ZGB
). Das gilt auch für die Verschaffungspflicht bei der Abtretung. Der Abtretende darf diese nicht dadurch wertlos machen, dass er nachträglich eine Gegenforderung, z.B. wie hier durch Darlehensaufnahme, begründet. So wird auch für das deutsche Recht, wo die Gewährleistung des Abtretenden bei der entgeltlichen Abtretung in die Vorschriften über den Kauf verwiesen ist, gestützt auf die allgemeinen Grundsätze des Schuldrechts der Schluss gezogen, dass der Abtretende
BGE 82 II 522 S. 525
grundsätzlich für das Fortbestehen der Forderung nach dem Verkauf hafte (PALANDT, 14. Aufl., N. 2 zu § 438 BGB). Dementsprechend hat auch das Reichsgericht in ähnlichen Fällen wie dem vorliegenden dem Erwerber einer Forderung die allgemeine Klage auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung zugebilligt, namentlich bei positiver Vertragsverletzung, und überhaupt dort, wo der Abtretende durch einen von ihm zu vertretenden Umstand die Erfüllung nach Abschluss des Vertrages unmöglich gemacht hat; dies mit der Begründung, dass die Eigenart des auf den Verkauf eines Rechtes gerichteten Vertrages den Verkäufer noch über die unmittelbare Erfüllung hinaus haften lasse und seine Haftung daher mit dem Vollzug der Abtretung nicht notwendig ihr Ende erreiche (vgl. RGZ 111 S. 302). | public_law | nan | de | 1,956 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1e52139-3371-42fc-815f-937b57a056ed | Urteilskopf
110 III 112
29. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 19. Oktober 1984 i.S. Arn (Rekurs) | Regeste
Art. 217 SchKG
;
Art. 61 KOV
.
Art. 217 SchKG
ist auf kollozierte Forderungen anwendbar, für welche ganz oder zum Teil im Eigentum eines Dritten stehende Gegenstände als Pfand haften. Der Drittpfandeigentümer ist gleich gestellt wie ein rückgriffsberechtigter Mitverpflichteter im Sinne von
Art. 217 Abs. 3 SchKG
. | Sachverhalt
ab Seite 112
BGE 110 III 112 S. 112
A.-
Im Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung der Adolf Schmutz GmbH (Lyss) wurde am 4. Juli 1983 der Kollokationsplan erstellt. Dabei wurde eine Forderung des Schweizerischen Bankvereins (Basel) im Betrag von Fr. 265'179.05 in der 5. Klasse kolloziert und Pfandrechte an Sachen, die im Eigentum Dritter stehen, vorgemerkt. Der Kollokationsplan ist rechtskräftig geworden, und es sind bereits Abschlagszahlungen auf die Nachlassdividende ausgerichtet worden.
In der Folge verwertete der Schweizerische Bankverein zwei der Drittpfänder und erzielte hiefür einen Erlös von Fr. 92'776.55. Nachdem er hievon dem Liquidator Kenntnis gegeben hatte, erliess dieser am 4. Juli 1984 eine Verfügung, wonach die Forderung des Schweizerischen Bankvereins neu mit Fr. 172'402.50 - das ist die ursprüngliche Forderung von Fr. 265'179.05 abzüglich der für Drittpfänder erzielte Erlös von Fr. 92'776.55 - in der 5. Klasse kolloziert werde. Weiter wurde verfügt, dass durch die Realisierung der Drittpfänder die Gläubigerrechte für diese Beträge auf die Drittpfandgeber übergingen und dass der Schweizerische Bankverein für zuviel ausbezahlte Nachlassdividende Fr. 16'429.50 an die Masse zurückzuerstatten habe.
B.-
Gegen die Verfügung des Liquidators Werner Arn erhob der Schweizerische Bankverein Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern.
BGE 110 III 112 S. 113
Diese hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 21. August 1984 gut und hob die Verfügung des Liquidators (bzw. den dieser Verfügung zugrunde liegenden Beschluss des Gläubigerausschusses) auf.
C.-
Mit Eingabe vom 6. September 1984 haben der Liquidator Werner Arn bzw. der Gläubigerausschuss der Adolf Schmutz GmbH in Nachlassliquidation fristgerecht Rekurs bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des Entscheides der kantonalen Aufsichtsbehörde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Die Rekurrenten teilen mit der kantonalen Aufsichtsbehörde die Auffassung, dass ein rechtskräftiger Kollokationsplan grundsätzlich unabänderlich sei. Sie stellen sich aber auf den Standpunkt, im vorliegenden Fall müsse die Abänderung des Kollokationsplanes möglich sein; denn die Drittpfandeigentümer seien zugleich Schuldner gegenüber der Masse, und diese müsste gegenüber den Drittpfandeigentümern Verrechnung geltend machen können, insoweit sie durch Subrogation in die Rechte des Schweizerischen Bankvereins eingetreten seien. Das wiederum habe zur Folge, dass die vom Schweizerischen Bankverein angemeldete Forderung bei der Kollokation entsprechend vermindert werden müsse.
Es erübrigt sich hier, zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein in Rechtskraft erwachsener Kollokationsplan abgeändert werden kann. Eine Abänderung, wie sie die Rekurrenten in dem hier zu beurteilenden Fall verlangen, würde nämlich auf jeden Fall die Rechte des Pfandgläubigers beeinträchtigen und ist unter dem Blickwinkel von
Art. 217 SchKG
sowie von Art. 61 der Verordnung vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter (SR 281.32 - KOV) unzulässig.
a) Entgegen der Auffassung der Rekurrenten ist
Art. 217 SchKG
auf kollozierte Forderungen, für welche ganz oder zum Teil im Eigentum eines Dritten stehende Gegenstände haften, anwendbar;
Art. 61 KOV
kann und will den Rahmen der erwähnten Gesetzesvorschrift nicht sprengen. Der auf die Forderung entfallende Anteil an der Masse steht dem Gläubiger bis zu seiner vollständigen Befriedigung zu. Erst wenn dessen Forderung gedeckt ist, kommt der Überschuss den Drittpfandeigentümern zugute (
BGE 60 III 217
ff.). Insofern sind die Drittpfandeigentümer
BGE 110 III 112 S. 114
also gleich gestellt wie rückgriffsberechtigte Mitverpflichtete im Sinne von
Art. 217 Abs. 3 SchKG
.
b) Infolgedessen verlangen die Rekurrenten vergeblich die Abänderung des Kollokationsplanes mit der Begründung, der Schweizerische Bankverein habe bei der Verwertung von Drittpfändern einen Erlös erzielt. Dieser Umstand wirkt sich auf die Kollokation nicht aus; und dem Liquidator (oder dem Gläubigerausschuss) kommt denn auch die Befugnis nicht zu, den angemeldeten Forderungsbetrag um die eingehenden Zahlungen herabzusetzen (
BGE 96 III 43
E. 2b). Erst in dem Augenblick, wo die Auszahlung der Nachlassdividende erfolgt, wird sich herausstellen, ob die dem Schweizerischen Bankverein zukommende Dividende und der von ihm durch die Pfandverwertung erzielte Erlös zusammen seine angemeldete Forderung überschreiten. Sollte dies eintreten, so könnten die Drittpfandeigentümer für den die Forderung überschreitenden Betrag ihre kraft Subrogation bestehenden Ansprüche geltend machen; und unter dieser Voraussetzung könnte die Masse im Augenblick der Verteilung der Dividende ihre Verrechnungsansprüche gegen die Drittpfandeigentümer, die auch ihre Schuldner sind, geltend machen (
BGE 96 III 44
E. 2c). Im gegenwärtigen Verfahrensstadium jedoch kann diesen Verrechnungsansprüchen nicht Rechnung getragen werden; es ist deshalb auch nicht möglich, sie als neue Tatsachen rechtlich zu würdigen.
2.
Es verhält sich auch nicht etwa so, dass der Schweizerische Bankverein dadurch, dass er den Liquidator über den eingegangenen Erlös unterrichtete, auf einen Teil seiner Forderung verzichtet hätte. Zwar hat die Masse ein berechtigtes Interesse, von dem Erlös in Kenntnis gesetzt zu werden, den der Pfandgläubiger erzielt, weil dieser darauf nur Anspruch bis zu seiner vollen Befriedigung hat (
Art. 217 Abs. 3 SchKG
). Unter diesem Gesichtspunkt hätte der Liquidator die Abrechnung, die ihm in dem hier zu beurteilenden Fall offenbar aus freien Stücken zugestellt worden ist, sogar verlangen können (
BGE 96 III 43
E. 2a). Doch hat sich der Schweizerische Bankverein damit, dass er dem Liquidator den Betrag des Verwertungserlöses mitteilte, nicht auch damit einverstanden erklärt, dass dieser von der angemeldeten und zugelassenen Forderung nachträglich abgezogen werde (
BGE 96 III 44
E. 2b). | null | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e1e67646-83c0-4035-9c3c-1659621c099b | Urteilskopf
102 Ib 35
7. Urteil des Kassationshofes vom 10. Februar 1976 i.S. L. gegen Eidgenössisches Militärdepartement | Regeste
Art. 100 lit. f OG
,
Art. 31 Ziff. 2 MStG
.
1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Strafvollzugsverfügung ist auch zulässig, wenn die Strafe von einem Militärgericht ausgesprochen wurde (Erw. 1).
2. Nicht willkürliche Anordnung der Schutzaufsicht über einen bedingt Entlassenen (Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 36
BGE 102 Ib 35 S. 36
A.-
L. wurde in der Zeit vom 3. Dezember 1970 bis 2. Juli 1975 wegen militärischer Delikte vom Divisionsgericht 6 zu vier Freiheitsstrafen, darunter eine Zusatzstrafe, von insgesamt mehr als einem Jahr Gefängnis verurteilt. Während die beiden ersten Strafen teilweise militärisch vollzogen worden waren, hatte L. einen Teil davon und die beiden folgenden Strafen von zusammen 8 Monaten und 14 Tagen Gefängnis in der kantonalen Strafanstalt Saxerriet zu verbüssen, wo er am 4. Juli 1975 eingewiesen wurde.
B.-
Das von L. am 18. November 1975 eingereichte Gesuch um bedingte Entlassung aus der Strafanstalt wurde vom Oberauditor am 10. Dezember 1975 abgelehnt.
Gegen diese Verfügung erhob der Gesuchsteller Beschwerde beim Eidgenössischen Militärdepartement. Dieses ordnete am 8. Januar 1976 die bedingte Entlassung auf den 11. Januar 1976 an, setzte die Probezeit auf 4 Jahre fest und stellte L. für die Dauer der Probezeit unter Schutzaufsicht.
C.-
L. führt gegen den Entscheid des Militärdepartements Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, die Anordnung der Schutzaufsicht sei aufzuheben.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Art. 100 lit. f OG
schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht nur gegen Verfügungen auf dem Gebiet der Strafverfolgung aus, lässt sie jedoch gegen Verfügungen im Bereich des Strafvollzuges zu (
BGE 98 Ib 402
).
BGE 102 Ib 35 S. 37
Die Bestimmung beschränkt den Anwendungsbereich des Rechtsmittels nicht auf den Vollzug von Strafen, die von bürgerlichen Gerichten ausgesprochen wurden, so dass gegen Vollzugsverfügungen, die militärgerichtliche Strafen betreffen, ebenfalls die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig sein muss. Die bundesrätliche Verordnung vom 24. Februar 1971 über den militärischen Strafvollzug bestimmt in Art. 10 denn auch ausdrücklich, dass die auf diesem Gebiet ergangenen Beschwerdeentscheide des Eidgenössischen Militärdepartements der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegen (SR 345.2). Umso mehr muss dieser Rechtsweg auch offen stehen, wenn von Militärgerichten verhängte Freiheitsstrafen in kantonalen Strafanstalten vollzogen werden.
Die im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers angeordnete Stellung unter Schutzaufsicht stellt zweifelsfrei einen Akt des Strafvollzuges dar. Auch die Voraussetzungen des Art. 5 VwG und
Art. 98 lit. b OG
sind gegeben. Es ist daher auf die Beschwerde einzutreten. Innerhalb des Bundesgerichts ergibt sich die Zuständigkeit des Kassationshofes aus Art. 7bis des Bundesgerichtsreglements.
2.
Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die Dauer der Probezeit, sondern einzig gegen die Anordnung einer Schutzaufsicht während der Bewährungsfrist.
Ob der bedingt Entlassene unter Schutzaufsicht gestellt werden soll, entscheidet das Eidgenössische Militärdepartement gemäss
Art. 31 Ziff. 2 MStG
nach seinem Ermessen. Es hat dieses nicht überschritten. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass die bedingte Entlassung nur mit Bedenken gewährt wurde. Anlass dazu gaben schon die sich in kurzen Zeitabständen folgenden Verurteilungen, vor allem aber die Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits zweimal innerhalb der angesetzten Probezeit wieder straffällig geworden ist. Die Gefahr eines neuen Rückfalles kann unter solchen Umständen nicht verneint werden, auch nicht mit dem Einwand, der Beschwerdeführer habe bisher immer nur gegen militärische Pflichten verstossen, könne also nach seinem Ausschluss aus der Armee keine militärischen Delikte mehr begehen. Die militärischen Verurteilungen wegen Nichtbefolgung von Dienstvorschriften, Missbrauchs und Verschleuderung von Material, Ausreissens und Ungehorsams lassen aber allgemein auf eine Charakterschwäche schliessen, die auch im zivilen
BGE 102 Ib 35 S. 38
Bereich zu Gesetzesübertretungen führen kann. Ferner deutet der Tatbestand des Missbrauchs und der Verschleuderung von Material auf eine mögliche Missachtung fremden Eigentums, die im Zivilleben ebenso eine Rolle spielt.
Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei seinem früheren Vormund, der ihn als Minderjährigen betreute, weiterhin Rat einholen könne, macht die angeordnete Schutzaufsicht nicht überflüssig, stand ihm doch in den letzten Jahren schon die gleiche Möglichkeit zur Verfügung, ohne dass sie eine bessernde Wirkung gehabt hätte. Der Beschwerdeführer hat es übrigens in der Hand, durch klagloses Verhalten dafür zu sorgen, dass die Schutzaufsicht sich nicht als schwere persönliche Belastung auswirkt.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,976 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e1e6b9cd-7da0-45c4-b292-47490c128a7d | Urteilskopf
101 II 7
3. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. März 1975 i.S. Burri. | Regeste
Adoption Mündiger;
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
.
Das Erfordernis der fünfjährigen Pflege bei der Adoption gebrechlicher Mündiger im Sinne von
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
setzt voraus, dass Adoptiveltern und Adoptivkind während dieser Zeit in Hausgemeinschaft zusammengelebt haben. | Sachverhalt
ab Seite 7
BGE 101 II 7 S. 7
A.-
Franziska Karli, geb. 1927, ist als Folge eines 1966 erlittenen Autounfalles teilinvalid. Sie führt indessen weiterhin einen eigenen Haushalt in Wohlen und arbeitet zeitweise bei der Firma Gertsch & Co. AG in Zürich. Während der Wochenenden hält sie sich bei der 1902 geborenen, kinderlosen Witwe Agatha Burri in Horw auf, mit der sie gelegentlich auch Erholungsurlaube verbringt.
B.-
Mit Eingabe vom 1. August 1974 stellte Agatha Burri gestützt auf
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
beim Regierungsstatthalter des Amtes Luzern das Gesuch, es sei ihr zu bewilligen, Franziska Karli, die sie während fünf Jahren gepflegt habe, zu adoptieren. Der Regierungsstatthalter wies das Gesuch am 4. Oktober 1974 ab. Hiegegen führte die Gesuchstellerin Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons
BGE 101 II 7 S. 8
Luzern, welche indessen am 23. Dezember 1974 ebenfalls abgewiesen wurde. Zur Begründung seines Entscheides führte der Regierungsrat aus, das Erfordernis der fünfjährigen Pflege im Sinne von
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
sei nicht erfüllt, da keine Hausgemeinschaft zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind bestanden habe. Es brauche daher nicht geprüft zu werden, ob Franziska Karli infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen dauernd hilfsbedürftig sei.
C.-
Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht beantragt die Gesuchstellerin, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben und das Adoptionsgesuch gutzuheissen. Sie macht geltend, bei der Gebrechlichenadoption im Sinne von
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
sei keine Hausgemeinschaft zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind erforderlich, und sie rügt als Verletzung von
Art. 8 ZGB
, dass sie zum Beweis der Hilfsbedürftigkeit der zu Adoptierenden und des Pflegeverhältnisses nicht zugelassen worden sei.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Wie in
BGE 101 II 5
E. 3 ausgeführt wurde, war bei der Revision des Adoptionsrechts umstritten, ob die Adoption Mündiger, die in verschiedenen Rechtsordnungen grundsätzlich ausgeschlossen ist (Botschaft des Bundesrates vom 12. Mai 1971, BBl 1971 I 1223), überhaupt zugelassen werden sollte. Nach der heute herrschenden Auffassung besteht der Sinn der Adoption darin, einem elternlosen Kind die Erziehung in einer Familie zu ermöglichen und zugleich kinderlosen Eltern das Erlebnis der Elternschaft zugänglich zu machen (HEGNAUER, N. 9 der Einleitung zu Art. 264 ff. n. F. ZGB). Dieser Sinn entfällt bei der Erwachsenenadoption (HEGNAUER, N. 3 zu Art. 266 n. F. ZGB). Aus diesem Grund wurde die Adoption Mündiger nur ausnahmsweise zugelassen, nämlich dann, wenn eine der Unmündigenadoption vergleichbare Situation besteht und sich deshalb die Herstellung eines ehelichen Kindesverhältnisses rechtfertigt (Botschaft des Bundesrates, a.a.O.). Im Laufe der parlamentarischen Beratungen wurde der Ausnahmecharakter der Erwachsenenadoption mehrfach hervorgehoben, und es wurde betont, dass diese nur dann gestattet sein sollte, wenn besondere, mit der Adoption von Unmündigen vergleichbare Verhältnisse vorliegen (Amtl.
BGE 101 II 7 S. 9
Bull. N 1972 I S. 588/589, 608, S 1971 S. 724/725). Diese Erwägungen gebieten eine einschränkende Auslegung von
Art. 266 ZGB
.
2.
Gemäss
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
darf eine gebrechliche mündige Person adoptiert werden, wenn ihr die künftigen Adoptiveltern während wenigstens fünf Jahren Pflege erwiesen haben. Demgegenüber wird bei der Adoption Unmündiger verlangt, dass die Adoptiveltem dem Kind während wenigstens zwei Jahren Pflege und Erziehung gewährt haben (
Art. 264 ZGB
). Sieht man vom Erfordernis der Erziehung ab, das bei der Erwachsenenadoption der Natur der Sache nach nicht in Frage kommt, so decken sich die Voraussetzungen der beiden Adoptionsarten insoweit, als bei beiden der Adoption ein mehrjähriges Pflegeverhältnis vorauszugehen hat. Nun versteht sich aber von selbst, dass die Adoptiveltern bei der Adoption Unmündiger dem Kind die Pflege im eigenen Haushalt erwiesen haben müssen (HEGNAUER, N. 29 zu Art. 264 n. F. ZGB; EICHENBERGER, Die materiellen Voraussetzungen der Adoption Unmündiger nach neuem schweizerischem Adoptionsrecht, Diss. Freiburg 1974 S. 133 ff.). Das Pflegeverhältnis hat den Sinn einer Probezeit (Botschaft des Bundesrates, a.a.O. S. 1217); es soll zeigen, ob es zu einer dauerhaften seelisch-geistigen Beziehung zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind gekommen ist, wie sie in der Regel dem ehelichen Kindesverhältnis eigen ist, so dass die Adoption als gerechtfertigt erscheint (HEGNAUER, N. 28 zu Art. 264 n. F. ZGB; EICHENBERGER, a.a.O. S. 127 ff.). Diese Funktion kann das Pflegeverhältnis nur erfüllen, wenn die Adoptiveltern das Kind im eigenen Heim aufnehmen und es persönlich betreuen. Die Adoption eines unmündigen Kindes ist deshalb offensichtlich unstatthaft, wenn die Adoptiveltern das Kind lediglich finanziell unterstützt und es nur gelegentlich, etwa während der Ferien, zu sich genommen haben.
Bei der Adoption Mündiger kann der Begriff des Pflegeverhältnisses nicht anders verstanden werden. Auch hier heisst "Pflege erweisen" nicht bloss, der zu adoptierenden Person finanziell beizustehen, ihr gewisse Geschäfte zu besorgen oder sie an den Wochenenden aufzunehmen. Soll das Pflegeverhältnis gewährleisten, dass zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind eine dermassen enge und dauernde Beziehung besteht, wie sie die Eltern mit ihren natürlichen Kindern verbindet, so
BGE 101 II 7 S. 10
muss bei der Erwachsenenadoption erst recht verlangt werden, dass die Parteien in Hausgemeinschaft zusammengelebt haben. Darauf deutet übrigens auch das Erfordernis der dauernden Hilfsbedürftigkeit in
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
hin. Die Pflege, die der zu adoptierenden Person erwiesen werden muss, besteht gerade darin, ihr jene Hilfe zu leisten, derer sie bedarf. Ist aber eine dauernde Hilfe nötig, so kann eine bloss "ambulante" Betreuung nicht genügen. Wer in der Lage ist, einen eigenen Haushalt zu führen und - wenn auch nur zeitweise - zu arbeiten, kann denn auch wohl kaum als dauernd hilfsbedürftig bezeichnet werden.
Daraus, dass in
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB
das Erfordernis der Hausgemeinschaft ausdrücklich genannt ist, lässt sich nicht etwa e contrario ableiten, bei der Adoption wegen Gebrechlichkeit seien die Anforderungen weniger streng. Nach der bundesrätlichen Formulierung von
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB
sollte die Erwachsenenadoption unter anderem dann zulässig sein, "wenn andere schwerwiegende Gründe die Herstellung eines ehelichen Kindesverhältnisses rechtfertigen". Den heutigen Wortlaut erhielt diese Bestimmung erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen (vgl. Amtl. Bull. S 1971 S. 724/725;
BGE 101 II 5
E. 3). Wenn der Gesetzgeber neben einem wichtigen Grund als weitere Voraussetzung für die Adoption das Vorliegen einer fünfjährigen Hausgemeinschaft verlangte, so wollte er damit zweifellos nicht die Erfordernisse für die Gebrechlichenadoption gemäss
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
abschwächen.
Es ist daher davon auszugehen, dass auch bei der Adoption im Sinne von
Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
das Pflegeverhältnis eine Hausgemeinschaft zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind voraussetzt (HEGNAUER, N. 18 zu Art. 266 in Verbindung mit N. 29 zu Art. 264 n. F. ZGB; HEGNAUER ZVW 1973 S. 44). Wie es sich verhielte, Wenn eine Person dermassen gebrechlich ist, dass sie nur in einer Anstalt betreut werden kann und eine Hausgemeinschaft mit den Adoptiveltern deshalb gar nicht möglich ist, ist damit nicht entschieden und kann einstweilen offen bleiben.
3.
Franziska Karli wohnt nicht bei der Gesuchstellerin, sondern besucht sie bloss gelegentlich und verbringt mit ihr Erholungsurlaube. Die Vorinstanz hat daher das Adoptionsgesuch zu Recht abgelehnt. Da es bereits am Erfordernis der
BGE 101 II 7 S. 11
Hausgemeinschaft fehlte, brauchte sie nicht abzuklären, ob Franziska Karli wegen eines Gebrechens dauernd hilfsbedürftig sei und ob die Gesuchstellerin ihr während fünf Jahren auf irgendeine Art Pflege erwiesen habe. Eine Verletzung von
Art. 8 ZGB
liegt somit nicht vor, so dass die Berufung abzuweisen ist.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 23. Dezember 1974 bestätigt. | public_law | nan | de | 1,975 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1e901d3-66d2-49c0-bec0-556c1b19a810 | Urteilskopf
88 I 224
38. Auszug au dem Urteil vom 31. Oktober 1962 i.S. Schärli und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Obwalden. | Regeste
Art. 4 BV
.
Voraussetzungen für den Widerruf oder die Abänderung einer Baubewilligung nach Beginn der Bauarbeiten. | Sachverhalt
ab Seite 224
BGE 88 I 224 S. 224
Aus dem Tatbestand:
A.-
Der Kanton Obwalden besitzt kein Baugesetz; er verfügt jedoch namentlich im EG ZGB über einzelne privat- und öffentlichrechtliche Bestimmungen, die das Bauen betreffen. Art. 132 Abs. 2 dieses Gesetzes ermächtigt den Regierungsrat, "zum Schutze und zur Erhaltung von Altertümern, Naturdenkmälern, Bäumen und seltenen Pflanzen, zur Sicherung der Landschafts- und Ortschaftsbilder und Aussichtspunkte vor Verunstaltung im Verordnungswege die nötigen Verfügungen zu treffen". Gestützt
BGE 88 I 224 S. 225
darauf hat der Regierungsrat am 8. November 1932 eine Verordnung über den Natur- und Heimatschutz und die Erhaltung von Altertümern und Kunstdenkmälern erlassen. Gemäss Art. 1 der Verordnung geniessen "in der freien Natur befindliche Gegenstände, denen ein wissenschaftliches Interesse oder ein bedeutender Schönheitswert zukommt," den staatlichen Schutz. Dieser erstreckt sich insbesondere auch auf Orts- und Landschaftsbilder. Art. 2 der Verordnung untersagt es, die in Art. 1 genannten Gegenstände ohne Bewilligung der zuständigen Behörde zu beseitigen, zu verunstalten oder in ihrer Wirkung zu beeinträchtigen.
Weitere Vorschriften über das Bauen sind verschiedenen Polizeigesetzen zu entnehmen. So hat der Grundeigentümer nach Art. 55 Abs. 5 der kantonalen Strassenverordnung vom 14. September 1935 vor Inangriffnahme von Neu- und Umbauten an öffentlichen Strassen ein Baugespann aufzustellen und ein Baugesuch einzureichen. Mit dem Bau darf erst nach Erledigung des Gesuchs begonnen werden.
Neben die kantonalen treten die gemeindlichen Vorschriften über das Bauwesen. Nach Art. 133 EG ZGB sind die Gemeinden berechtigt, Bebauungspläne und baupolizeiliche Vorschriften aufzustellen. Die Gemeinde Engelberg besass indes zu der hier massgebenden Zeit keine Bauordnung.
B.-
Schärli, End und Birrer entschlossen sich als Käufer einer Parzelle an der Alten Gasse in Engelberg zum Bau eines Hauses mit acht Dreizimmerwohnungen, das über einem Sockelgeschoss vier Stockwerke aufweist und durch ein Flachdach abgeschlossen wird. Am 1. März 1962 unterbreiteten sie dem Gemeinderat von Engelberg ein Baugesuch mit Plänen. Der Gemeinderat gab zwar seinem Missbehagen über das Projekt Ausdruck; er sah aber keine Möglichkeit, sich dem Bauvorhaben zu widersetzen. Mit Verfügung vom 9. März 1962 verhielt er die Bauherrschaft zur Errichtung eines Baugespanns; unter
BGE 88 I 224 S. 226
dieser Voraussetzung und unter der Bedingung, dass die Anordnungen über die Ableitung des Abwassers und die feuerpolizeilichen Vorschriften eingehalten würden, werde die Baubewilligung im Sinne von Art. 55 Abs. 5 der kantonalen Strassenverordnung erteilt. Der Gemeinderat behalte sich jedoch den Widerruf der Baubewilligung vor, falls das Baugespann "unvorhergesehene, den Interessen der Öffentlichkeit zuwiderlaufende Abweichungen" aufzeigen sollte.
Diese Verfügung wurde der kantonalen Polizeidirektion und dem kantonalen Baudepartement schriftlich mitgeteilt. Die Bauherrschaft erstellte das vorgeschriebene Baugespann. Der Gemeinderat sah sich nicht veranlasst, auf Grund dieser Darstellung des Projekts die Baubewilligung zu widerrufen. Die Bauarbeiten wurden alsbald aufgenommen und rasch vorangetrieben. Anfangs Mai 1962 waren das Sockelgeschoss sowie zwei Stockwerke betoniert; das Mauerwerk des dritten Stockwerks war weit fortgeschritten.
In der zweiten Hälfte des Monats April 1962 war aus Kreisen des Fremdenverkehrs vergeblich versucht worden, die Bauherrschaft zu bewegen, auf ein Stockwerk zu verzichten und ein Giebeldach zu erstellen. Ein Vertreter dieser Kreise wandte sich darauf an den Regierungsrat mit dem Begehren um einstweilige Einstellung der Bauarbeiten und Anwendung der Heimatschutzvorschriften. Der Regierungsrat ordnete am 3. Mai 1962 die vorläufige Einstellung der Bauarbeiten an. Er fasste am 12. Juni 1962 endgültig über die Angelegenheit Beschluss. In Disp. 1 seines Entscheids verfügte er, dass über dem Sockelgeschoss nur drei Stockwerke gebaut werden dürften; der Abschluss sei nach Wahl der Bauherrschaft als Flachdach auszugestalten oder als Giebeldach mit der gleichen Neigung wie das Dach des Nachbarhauses. In der Begründung wird ausgeführt, der Regierungsrat sei in Übereinstimmung mit dem fachmännischen Urteil der Vertreter des Heimatschutzes der Ansicht, der Neubau würde, in der projektierten Form ausgeführt, das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigen
BGE 88 I 224 S. 227
Dass das Ortsbild bereits durch eine Reihe unschöner Bauten erheblich beeinträchtigt sei, schliesse Bestrebungen zum Schutze eines begrenzten, noch erhaltenswürdigen Gebiets im Umkreis des Kurparks nicht aus.
C.-
Schärli, End und Birrer führen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des
Art. 4 BV
mit dem Antrag, Disp. 1 des Beschlusses des Regierungsrats sei aufzuheben. Der Regierungsrat schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Eine Instruktionskommission des Bundesgerichts hat den Neubau und verschiedene Vergleichsobjekte in Engelberg in Augenschein genommen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Wie das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung erkannt hat, erfordern der zwingende Charakter des öffentlichen Rechts und die Natur der öffentlichen Interessen, dass ein Verwaltungsakt, der dem Gesetz nicht oder nicht mehr entspricht, nicht unabänderlich ist. Andererseits kann es ein Gebot der Rechtssicherheit sein, dass eine Verfügung, welche eine Rechtslage festgestellt oder begründet hat, nicht nachträglich wieder in Frage gestellt werde. Ob ein Verwaltungsakt von der Behörde zurückgenommen oder abgeändert werden kann, hängt daher, soweit darüber nicht positive gesetzliche Bestimmungen bestehen, von einer Abwägung der beiden sich gegenüberstehenden Gesichtspunkte ab: des Gebots der richtigen Durchführung des objektiven Rechts auf der einen und der Anforderungen der Rechtssicherheit auf der andern Seite. Das Postulat der Rechtssicherheit geht dabei dann vor, wenn durch den Verwaltungsakt subjektive Rechte zugunsten bestimmter Personen begründet werden, ferner wenn die Verfügung auf Grund eines Einsprache- und Ermittlungsverfahrens ergangen ist, dessen Aufgabe in der allseitigen Prüfung der öffentlichen Interessen und ihrer Abwägung gegenüber den entgegengesetzten Privatinteressen besteht, oder endlich, wenn der Private von der ihm durch die Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch
BGE 88 I 224 S. 228
gemacht hat (
BGE 79 I 6
b mit Verweisungen;
BGE 87 I 511
).
Nach dem Gesagten ist ein Widerruf der einmal erteilten Baubewilligung nach dem Beginn der Bauarbeiten zwar nicht schlechthin ausgeschlossen; es sind ihm aber enge Grenzen gesetzt. Hat der Bauherr im guten Glauben zu bauen begonnen, so darf die Behörde gemäss der verfassungsmässigen Eigentumsgarantie mit Rücksicht auf die Anforderungen der Rechtssicherheit und nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit von Verwaltungsakten nur dann auf die Baubewilligung zurückkommen, wenn diese in besonders schwerwiegender Weise gegen das materielle Recht verstösst und damit wichtige öffentliche Interessen verletzt (ZBl 1960 S. 594 Erw. 2); ein solcher Widerruf darf zudem in der Regel nur gegen angemessene Entschädigung erfolgen (vgl. MÜLLER und FEHR, Das Baupolizeirecht in der Schweiz, S. 20; ZIMMERLIN, Bauordnung der Stadt Aarau, N. 6-8 zu § 13 und die dort genannte Lehre).
2.
Der Kanton Obwalden besitzt kein Baugesetz und die Gemeinde Engelberg verfügte über keine Bauordnung, auf Grund derer die Behörden ein Baugesuch in umfassender Weise prüfen konnten. Der Gemeinderat von Engelberg konnte sich den Beschwerdeführern gegenüber lediglich über die strassenpolizeiliche Zulässigkeit des Neubaus aussprechen. Die so gefasste Baubewilligung wurde allen Ämtern zugestellt, welche für die Einhaltung der weiteren polizeilichen Vorschriften über das Bauen zu sorgen haben. Nach Ablauf einer gewissen Frist, welche jene Ämter zur Prüfung der Angelegenheit benötigten, durften die Beschwerdeführer deshalb trotz des Fehlens einer entsprechenden umfassenden Bescheinigung damit rechnen, dass ihr Bauvorhaben nicht nachträglich noch neuen baupolizeilichen Hindernissen begegnen werde. Insbesondere hatten sie von Seiten der mit dem Natur- und Heimatschutz betrauten Behörden keine Einwendungen mehr zu befürchten, da der Gemeinderat die Baubewilligung dem kantonalen Baudepartement mit dem ausdrücklichen Ersuchen zugestellt hatte, die Planunterlagen auch der kantonalen
BGE 88 I 224 S. 229
Natur- und Heimatschutzkommission zu unterbreiten. Wenn die Beschwerdeführer im Vertrauen darauf mit den Bauarbeiten begannen, dann erwuchs ihnen damit das Recht, den Bau gemäss den der Behörde vorgelegten Plänen zu vollenden.
3.
Die Beschwerdeführer kamen bei der Vorbereitung der Planung zum Ergebnis, eine normale Rendite lasse sich bei tragbaren Mietzinsen nur erzielen, wenn auf dem teuren Bauland acht Dreizimmerwohnungen erstellt würden. Sie verteilten diese Wohnungen auf vier Stockwerke. Wäre vor Baubeginn gegen die Höhe des Bauvorhabens Einsprache erhoben worden, so hätte die Stockwerkszahl bei entsprechender Vergrösserung des Grundrisses ohne Einbusse an Wohnfläche vermindert werden können. Als der Regierungsrat am 3. Mai 1962 die vorläufige Einstellung der Bauarbeiten befahl, waren diese schon weit fortgeschritten; ausser dem Sockelgeschoss standen bereits zwei Stockwerke. Es war nicht mehr möglich, für den Raum, der infolge der von den Behörden verlangten Herabsetzung der Bauhöhe verloren gehen sollte, durch eine Umgestaltung des Grundrisses Ersatz zu schaffen.
Die Voraussetzungen für die Anwendung der Natur- und Heimatschutzbestimmungen waren demnach im Zeitpunkt, da der Regierungsrat sich der Sache annahm, wesentlich andere als vor Baubeginn. Angesichts der bedeutenden materiellen Interessen, die auf dem Spiele standen, konnten die Behörden nur mehr im Falle eines eigentlichen Notstandes in das Recht der Beschwerdeführer auf plangemässe Vollendung des Neubaus eingreifen. Ein solcher Fall ist dann anzunehmen, wenn ein Orts- oder Landschaftsbild von "bedeutendem Schönheitswert" (Art. 1 der Heimatschutzverordnung) durch ein in Ausführung begriffenes Bauwerk in nicht wiedergutzumachender Weise verunstaltet wird.
Das trifft hier offensichtlich nicht zu. Das Kurparkviertel wird in wesentlichen Teilen durch unschöne und schlecht aufeinander abgestimmte Bauten beherrscht, die zur
BGE 88 I 224 S. 230
Hauptsache aus der Jahrhundertwende stammen und nichts mit den herkömmlichen Bauformen der Talschaft gemein haben. Die Verhältnisse gestalten sich somit wesentlich anders als im Falle Matter (
BGE 82 I 102
ff.), auf den sich der Regierungsrat beruft. Auf einen Schönheitswert können einzig die wenigen noch unverbauten Plätze, wie insbesondere der Kurpark, Anspruch erheben. Die Alte Gasse, an welcher der Neubau steht, ist entgegen dem, was ihr Name erwarten liesse, in ihrem unteren Abschnitt nicht von alten Häusern gesäumt; sie zeichnet sich durch nichts von vielen ähnlichen Strassen halb ländlichen, halb vorstädtischen Charakters aus. Obschon der Neubau in Grösse und Form von den Nachbarhäusern absticht, fällt er als an sich gut durchdachter Baukörper nicht derart aus dem Rahmen der bestehenden Überbauung, dass im Ernste von einer Verunstaltung gesprochen werden könnte. Zwischen den Neubau und den Kurpark schieben sich zwei bestehende Häuser. Zwar tritt von einem Teil des Parkes aus der Neubau hinter der Randbepflanzung in der Lücke zwischen jenen Häusern in Erscheinung, doch wird der Ausblick in diese Richtung von einem überhöht gelegenen unschönen alten Hotelbau beherrscht, so dass die wenigen sichtbaren Wandflächen des Neubaus kaum Beachtung finden. Entsprechendes gilt für den Blick von der viel begangenen Dorfstrasse aus. Der Neubau wird von dieser Hauptverkehrsader durch zwei Bauplätze getrennt, die in den nächsten Jahren überbaut werden dürften; bis dahin wird das Bild durch die in Strassennähe stehenden Bäume bestimmt und nicht durch den Bau der Beschwerdeführer.
Soweit in jenem Viertel überhaupt von einem schutzwürdigen Ortsbild die Rede sein kann, wird dieses mithin durch den Neubau nicht ernstlich beeinträchtigt. Es lässt sich darum schlechthin nicht vertreten, unter Berufung auf Vorschriften des Heimatschutzes nachträglich in die Rechtslage der Beschwerdeführer einzugreifen. Der angefochtene Beschluss ist in dieser Beziehung mit der (in der Beschwerde allerdings nicht ausdrücklich angerufenen) Eigentumsgarantie,
BGE 88 I 224 S. 231
den Anforderungen der Rechtssicherheit und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit von Verwaltungsakten unvereinbar; er ist insofern verfassungswidrig.
Wohl besteht ein dringendes Bedürfnis, das Bauen auch in Gegenden, die keinen besonderen Schönheits- oder Altertumswert haben, in geregelte Bahnen zu lenken. Wie das Bundesgericht schon bei früherer Gelegenheit (vgl. Urteil vom 26. April 1961 i.S. Jenni) betont hat, ist das aber nicht Aufgabe der kantonalen Heimatschutzbestimmungen, sondern der Bauvorschriften der Gemeinden. Gehen die kantonalen Instanzen dazu über, beim Fehlen kommunaler Bauvorschriften die Bestimmungen der Heimatschutzverordnung auch da in die Lücke treten zu lassen, wo diese dem Wesen der Sache nach nicht Platz greifen können, so schwächen sie damit den Willen der Gemeinden, selber für Ordnung zu sorgen. Das wird auf lange Sicht die Bestrebungen des Natur- und Heimatschutzes nicht fördern, sondern ihnen eher schaden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und Ziff. 1 des Beschlusses des Regierungsrates des Kantons Obwalden vom 12. Juni 1962 wird aufgehoben. | public_law | nan | de | 1,962 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e1ed6813-b2fe-4501-95f5-edfc7ece96a5 | Urteilskopf
125 III 421
71. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 27 octobre 1999 dans la cause T. contre W. (recours en réforme) | Regeste
Mietzinserhöhung; Anwendung der absoluten Berechnungsmethode (
Art. 269 OR
).
Die Abbruchkosten gehören zu den Anlagekosten, falls der Abbruch für die Herrichtung des Mietgegenstandes notwendig war (E. 2b).
Es ist ausgeschlossen, eine Amortisierung auf den Kosten für einen Aufzug oder eine Rückstellung im Hinblick auf die spätere Ersetzung dieser Einrichtung vorzunehmen. Aufteilung der Kosten des Aufzuges zwischen den Mietern (E. 2d). | Sachverhalt
ab Seite 422
BGE 125 III 421 S. 422
A.-
T. a remis à bail à W. des locaux destinés à l'exploitation d'un cabinet médical, au premier étage d'un immeuble dont il est propriétaire.
Par avis du 3 juin 1994, T. a manifesté la volonté d'augmenter le loyer dès le 1er juillet 1995. W. s'est opposé à la hausse.
B.-
Le litige a été porté devant les tribunaux jurassiens. Il a donné lieu successivement à un jugement du 6 mars 1996 rendu par le Tribunal des baux à loyer et à ferme du district de Porrentruy et à un arrêt du 14 mai 1996 de la Cour civile du Tribunal cantonal.
Par arrêt du 4 février 1997, le Tribunal fédéral a estimé, contrairement aux juridictions cantonales, que le loyer admissible devait être déterminé selon la méthode dite absolue; la cause a donc été renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle applique cette méthode (cf.
ATF 123 III 76
).
Par jugement du 27 janvier 1999, le Tribunal des baux à loyer et à ferme du district de Porrentruy, appliquant la méthode absolue, a fixé à 2'274 fr. par mois, auxquels s'ajoute un acompte mensuel de 150 fr. pour les charges, le loyer dû par W. dès le 1er juillet 1995.
Statuant sur appel des deux parties, la Cour civile du Tribunal cantonal, par arrêt du 25 juin 1999, a légèrement modifié le montant du loyer admissible, qui a été fixé à 2'129 fr. par mois dès le 1er juillet 1995.
C.-
T. interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Soutenant que la méthode absolue n'a pas été correctement appliquée, il critique, sur certains points précis, le calcul effectué par la cour cantonale. Il conclut à ce que le loyer mensuel admissible soit fixé à 3'065 fr. dès le 1er juillet 1995 et demande subsidiairement le renvoi de la cause à l'autorité cantonale.
L'intimé conclut au rejet du recours dans la mesure où il est recevable.
BGE 125 III 421 S. 423
Le Tribunal fédéral admet partiellement le recours, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
a) Dans son arrêt du 4 février 1997, le Tribunal fédéral a jugé que le loyer litigieux devait être déterminé selon la méthode absolue (sur cette notion:
ATF 123 III 171
consid. 6a et les références). Saisi d'un nouveau recours en réforme dans la même affaire, le Tribunal fédéral est lié par les considérants en droit de son premier arrêt de renvoi (
ATF 116 II 220
consid. 4a), de sorte qu'il n'y a pas lieu de revenir sur cette question.
Il n'est pas contesté que la cour cantonale a appliqué la méthode absolue, conformément à l'arrêt de renvoi (cf.
art. 66 al. 1 OJ
).
Seuls certains points précis du calcul restent litigieux et il convient de les examiner.
b) Le recourant reproche à la cour cantonale de ne pas avoir pris en compte les frais de démolition d'un escalier, dont il a été constaté qu'il n'avait jamais servi au locataire.
La méthode absolue, déduite de l'
art. 269 CO
, exige une analyse du rendement net obtenu par le bailleur; ce rendement résulte du rapport existant entre les fonds propres investis dans la chose remise à bail et le loyer après déduction des charges d'exploitation et des intérêts débiteurs sur les capitaux empruntés; pour déterminer le montant des fonds propres investis, il faut partir du coût de revient effectif de l'immeuble, à moins que le prix d'achat de celui-ci ne soit manifestement exagéré, et en soustraire le montant des fonds étrangers (
ATF 123 III 171
consid. 6a p. 174).
Pour connaître le prix de revient, il faut en principe déterminer les coûts d'acquisition et de réalisation de la chose louée. Des frais de démolition peuvent être pris en compte s'ils sont le préalable nécessaire à une construction ou une transformation (dans ce sens: PETER HIGI, Commentaire zurichois, n. 176 ad
art. 269 CO
). Pour que des frais de démolition puissent être inclus dans la notion de prix de revient, il faut qu'il soit établi que la démolition était nécessaire pour réaliser la chose louée.
S'il est nécessaire de démolir une construction pour en édifier une autre, les frais de démolition font partie du prix de revient de la nouvelle construction; sans la démolition, la nouvelle construction ne pourrait pas exister. La démolition profite donc à ceux qui auront l'usage des nouveaux locaux, même s'ils n'ont jamais occupé l'ancien bâtiment.
BGE 125 III 421 S. 424
Sur ce point, l'argumentation cantonale semble erronée. Les constatations cantonales sont cependant insuffisantes sur la question essentielle du lien entre la démolition de l'escalier et la réalisation du cabinet médical loué. A lire l'arrêt cantonal (et le jugement de première instance), il semble que le montant litigieux (9'700 fr.) soit relatif à "l'investissement portant sur l'escalier." Il ne serait assurément pas contraire au droit fédéral de soustraire du prix de revient le coût de construction d'un escalier qui s'est révélé inutile, qui a été supprimé et qui n'existe plus pendant la période de bail en cause. Cette interprétation, qui correspondrait à l'argumentation cantonale, est toutefois en contradiction avec l'exposé des deux parties, qui parlent de 9'700 fr. pour la suppression d'un escalier. De surcroît, elle créerait une contradiction à l'intérieur de l'arrêt cantonal, puisque celui-ci exclut, pour les mêmes motifs, d'autres postes litigieux, qui concernent manifestement les frais liés "à l'enlèvement de l'escalier." En réalité, l'état de fait cantonal apparaît obscur sur ce point et il y a lieu de renvoyer la cause à la cour cantonale pour qu'elle complète ses constatations de fait (
art. 64 al. 1 OJ
). Les frais de transformation qui étaient nécessaires pour réaliser les locaux loués doivent être compris dans le prix de revient. Cela concerne aussi bien le problème de la suppression de l'escalier que celui de la réfection du sol.
d) Le recourant se plaint de la répartition du coût de l'ascenseur.
Cette question n'est pas régie par le droit fédéral, de sorte que celui-ci ne pourrait être violé que si la clé de répartition adoptée par le propriétaire était à ce point insoutenable qu'elle contredise l'esprit (
art. 1er al. 1 CC
) de l'
art. 269 CO
.
Il n'existe pas de système parfait pour répartir entre les locataires le coût d'un ascenseur. Le recourant soutient que les locaux commerciaux ont un plus grand intérêt à l'existence d'un ascenseur. On peut cependant lui rétorquer - comme le fait l'intimé - que les habitants peuvent utiliser l'ascenseur jour et nuit et pendant le week-end, tandis que les locaux commerciaux ne sont utilisés que pendant l'horaire professionnel. On pourrait aussi considérer que l'intérêt à disposer d'un ascenseur est plus grand pour les personnes qui occupent les étages supérieurs, parce qu'elles doivent faire un plus grand effort pour gravir les escaliers. Ces arguments sont de nature à contrebalancer ceux du recourant. On ne peut donc pas dire que le système schématique et simple adopté par la cour cantonale soit à ce point inéquitable qu'il constitue une violation du droit fédéral.
Le recourant voudrait que l'on retienne un amortissement sur le coût de l'ascenseur, pour tenir compte de sa dépréciation rapide.
BGE 125 III 421 S. 425
Dans le calcul selon la méthode absolue, les fonds propres qui doivent être rentés sont déterminés en principe sur la base du coût de revient; ils ne sont pas diminués avec l'écoulement du temps, pour tenir compte de la vétusté croissante des locaux loués. Dès lors que le capital investi n'est pas diminué, dans le calcul, pour tenir compte du vieillissement des installations, ce système exclut tout amortissement.
Une provision serait également exclue (cf.
ATF 117 II 77
consid. 3c/aa p. 84). On ne saurait exiger des locataires qu'ils rentent le capital investi pour réaliser l'ascenseur actuel et que, de surcroît, ils versent une provision pour un second ascenseur (futur), dont ils ne jouiront peut-être jamais (parce qu'ils auront quitté l'immeuble). Lorsque le recourant changera l'ascenseur, il pourra prétendre à une augmentation de loyer en raison d'importantes réparations (
art. 269a let. b CO
; art. 14 al. 1 de l'Ordonnance du 9 mai 1990 sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitations et de locaux commerciaux [OBLF; RS 221.213.11]); il ne saurait réclamer deux fois la prise en compte du remplacement de l'ascenseur, en exigeant déjà des locataires actuels qu'ils versent une provision en vue de cette dépense future. | null | nan | fr | 1,999 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e1eebae9-58c6-4d60-a662-13cb5d307d62 | Urteilskopf
117 II 560
103. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. November 1991 i.S. Z. gegen T. und I. F.-D. (Berufung) | Regeste
Fristlose Entlassung. Treuepflicht des Arbeitnehmers.
Treuepflichtverletzung durch Kundgabe des Entschlusses zum sofortigen Stellenwechsel kurz nach Beginn eines fest auf zwei Jahre abgeschlossenen Arbeitsvertrags. Wichtiger Grund zur fristlosen Entlassung trotzdem verneint, weil ihr keine erfolglose Verwarnung durch den Arbeitgeber vorausgegangen war und damit die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht feststand (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 560
BGE 117 II 560 S. 560
A.-
Im Zermatter Hotelbetrieb des Z. arbeiteten seit dem 16. Mai 1987 T. F. als Küchenchef und seine Lebensgefährtin I. D. als Geschäftsführerin. Das Arbeitsverhältnis sollte fest bis Mitte Mai 1989 dauern. Am 23. und 25. Juni 1987 erschien im "Walliser Bote" bzw. in der Hotelrevue aber je ein Inserat, mit dem T. F. und I. D. unter Chiffre "für sofort oder nach Übereinkunft" eine Stelle als Hotelier-Ehepaar suchten, worauf sie Z. am 20. Juli 1987 fristlos entliess.
B.-
Die beiden Entlassenen bestritten einen wichtigen Grund für die fristlose Vertragsauflösung und erhoben beim Kantonsgericht Wallis gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber u.a. Klage auf Ersatz von entgangenem Lohn, die das Kantonsgericht am 29. November 1990 für insgesamt Fr. 57'734.45 schützte. Mit Berufung beantragt der Beklagte beim Bundesgericht erfolglos, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und festzustellen, dass er den inzwischen verheirateten Klägern nichts mehr schulde.
BGE 117 II 560 S. 561
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Die zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsverträge verweisen auf den Landesgesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes vom 22. Dezember 1983, dessen Art. 14 mit Art. 337 aOR übereinstimmt. Danach kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit aufgelöst werden; ein solcher Grund liegt vor, wenn einer Partei die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden darf. Nach der Rechtsprechung rechtfertigen nur besonders schwere Verfehlungen des Arbeitnehmers die fristlose Entlassung (
BGE 117 II 73
f. E. 3 mit Hinweis). Weniger schweren Verfehlungen muss eine Verwarnung vorausgegangen sein, bevor eine fristlose Entlassung zulässig ist (
BGE 116 II 150
E. 6a mit Hinweisen).
a) Eine Verletzung der Arbeitspflicht steht nicht zur Beurteilung, sondern allein der Vorwurf der Treuepflichtverletzung, die der Beklagte darin erblickt, dass die Kläger bereits kurze Zeit nach Beginn ihrer für die Dauer von zwei Jahren vereinbarten Tätigkeit als Küchenchef bzw. Geschäftsführerin "für sofort oder nach Übereinkunft" eine andere Stelle gesucht hätten.
Die Treuepflicht gebietet dem Arbeitnehmer, die berechtigten Interessen des Arbeitgebers zu wahren (
Art. 321a Abs. 1 OR
); der Arbeitnehmer hat insbesondere alles zu unterlassen, was den Arbeitgeber wirtschaftlich schädigen könnte (
BGE 117 II 74
E. 4a). Im zitierten Entscheid verneinte das Bundesgericht eine Treuepflichtverletzung des Arbeitnehmers, der im Hinblick auf eine selbständige Tätigkeit während des bestehenden und ungekündigten Arbeitsverhältnisses eine Einzelfirma gegründet hatte. Dabei war ausschlaggebend, dass es dem Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist jederzeit einseitig auflösen kann, auch freistehen muss, eine neue Beschäftigung für die Folgezeit vorzubereiten, solange durch diese Vorbereitungen keine berechtigten Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt werden (
BGE 117 II 76
E. 4b).
Von diesen Erwägungen lässt sich auch das Kantonsgericht leiten, wenn es den Klägern zubilligt, ihre Inserate seien als Stellenbewerbung zu qualifizieren, die namentlich in einem befristeten Arbeitsverhältnis stets zulässig sein müsse und nicht als wichtiger Grund für eine fristlose Entlassung betrachtet werden dürfe. Damit verkennt die Vorinstanz jedoch den grundlegenden Unterschied zwischen dem in
BGE 117 II 72
beurteilten und dem vorliegenden
BGE 117 II 560 S. 562
Sachverhalt. Hier ging es nicht um vorbereitende Massnahmen, die erst nach ordentlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirksam werden sollten. Mit ihren Inseraten bekundeten die Kläger vielmehr unmissverständlich ihre Absicht, möglichst sofort eine neue Stelle anzutreten und den bestehenden Arbeitsvertrag, der noch fast zwei Jahre gedauert hätte, zu brechen. Dieses Verhalten war durchaus geeignet, berechtigte Interessen des Beklagten zu beeinträchtigen, und zwar unbekümmert darum, dass im Zeitpunkt der fristlosen Entlassung am 20. Juli 1987 die Stellensuche noch keinen Erfolg gezeitigt hatte. Denn aufgrund der Inserate konnte der Beklagte nicht mehr darauf vertrauen, die Posten des Küchenchefs und des Geschäftsführers seien während der nächsten beiden Jahre besetzt, sondern hatte damit zu rechnen, dass die Kläger ihre Stellen bei der ersten Gelegenheit verlassen würden.
b) Haben die Kläger ihre Treuepflicht gegenüber dem Beklagten somit verletzt, bleibt zu prüfen, ob die Schwere des Fehlverhaltens die fristlose Entlassung ohne vorgängige Verwarnung rechtfertigte.
Als ultima ratio ist die fristlose Entlassung erst dann zulässig, wenn dem Vertragspartner auch nicht mehr zugemutet werden darf, das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung aufzulösen oder bei fester Vertragsdauer deren Ende abzuwarten (STREIFF, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 4. A. 1986, N. 2 zu
Art. 337 OR
; BRÜHWILER, Handkommentar, N. 6 zu
Art. 337 OR
). Bei schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers wie insbesondere Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers ist diese Voraussetzung in der Regel ohne weiteres zu bejahen, da ein solches Verhalten das gegenseitige Vertrauensverhältnis sogleich und endgültig zerstört. Dagegen machen weniger schwere Pflichtverletzungen wie unkorrektes oder illoyales Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber (STREIFF, a.a.O. N. 5 zu
Art. 337 OR
) die Fortsetzung regelmässig erst unzumutbar, nachdem sie trotz Verwarnung wiederholt worden sind, weil vorher noch Anlass zur Erwartung besteht, das Vertrauensverhältnis sei lediglich gestört und die Verwarnung werde den Arbeitnehmer von weiteren Pflichtverletzungen abhalten (FRITZ RAPP, Die fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages, in: BJM 1978 S. 172 f.; JÜRG BRÜHWILER, Die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses, in: SJZ 81 (1985) S. 72).
In Anbetracht der Kaderposition der Kläger im Hotelbetrieb des Beklagten erscheint ihre Treuepflichtverletzung nicht leicht, zumal sie ihre Entschlossenheit zum sofortigen Stellenwechsel völlig
BGE 117 II 560 S. 563
unerwartet kurz nach Aufnahme ihrer zweijährigen Tätigkeit und dazu noch bei beginnender Hochsaison kundgetan haben. Für die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses spricht an sich auch die erhebliche Restdauer des Vertrags von knapp zwei Jahren (BRÜHWILER, N. 6 zu
Art. 337 OR
). Nicht zu berücksichtigen sind die in der Berufungsantwort vorgebrachten, im angefochtenen Urteil jedoch nicht festgestellten Tatsachen (
Art. 61 Abs. 1 OG
), mit denen die Kläger ihr Verhalten zu rechtfertigen versuchen.
Indessen hätte für den Beklagten trotzdem Anlass zur Erwartung bestanden, eine Verwarnung werde die Kläger davon abhalten, ihre mit den Inseraten bekundete Absicht in die Tat umzusetzen. Aufgrund des vom Kantonsgericht verbindlich festgestellten Sachverhalts (
Art. 63 Abs. 2 OG
) ist im Berufungsverfahren davon auszugehen, dass sich die Kläger bis zur Aufgabe ihrer Inserate keine Pflichtverletzungen haben zuschulden kommen lassen. Nichts weist im angefochtenen Urteil darauf hin, dass eine Verwarnung ohnehin wirkungslos geblieben und nicht geeignet gewesen wäre, die Vertragstreue wieder herzustellen. Es war daher keineswegs ausgeschlossen, dass bereits eine knappe Verwarnung durch den Beklagten genügt hätte, um den Klägern die angesichts ihrer Stellung weitreichenden Konsequenzen eines Vertragsbruches klar zu machen und sie dadurch für den Rest der Vertragsdauer zu pflichtgemässem Verhalten zu veranlassen. Demzufolge stand die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht fest, als der Beklagte ohne vorgängige Verwarnung kurzerhand die fristlose Kündigung aussprach.
c) Fehlte es an einem wichtigen Grund für die fristlose Entlassung, kann offenbleiben, ob der Beklagte die Kündigung zudem verspätet ausgesprochen hat. | public_law | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1f2cdb5-ad63-4660-b6db-a9b819794215 | Urteilskopf
121 II 97
16. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 24 février 1995 dans la cause B. contre l'Office cantonal de contrôle des habitants et de police des étrangers du canton de Vaud (recours de droit administratif) | Regeste
Art. 7 ANAG
. Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; Scheinehe; Rechtsmissbrauch.
Art. 105 Abs. 2 OG
. Neue tatsächliche Vorbringen sind unzulässig (E. 1c).
Art. 7 Abs. 1 ANAG
. Das Zusammenleben der Ehegatten ist nicht Voraussetzung für die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung; vorbehalten bleiben die gesetzlichen Ausnahmen sowie der Rechtsmissbrauch (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 2).
Art. 7 Abs. 2 ANAG
. Kriterien für die Annahme einer Scheinehe. Angesichts der Dauer des ehelichen Zusammenlebens ist im vorliegenden Fall eine Scheinehe nicht nachgewiesen (E. 3).
Es ist rechtsmissbräuchlich, wenn der ausländische Ehegatte sich auf eine Ehe beruft, die einzig noch im Hinblick auf die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung formell besteht (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 98
BGE 121 II 97 S. 98
B., ressortissant turc né en 1962, est entré illégalement en Suisse en 1985 et a demandé l'asile politique. Sa demande ayant été rejetée, il a quitté la Suisse en octobre 1987 pour la Turquie où il a épousé, le 15 du mois, dame O., de nationalité suisse, née en 1928, avec laquelle il vivait depuis le mois de février de la même année. Depuis cette date, il a vécu en Suisse au bénéfice d'une autorisation de séjour.
Dès 1988, le couple B. a connu des difficultés en raison du comportement violent du mari et de la jalousie de son épouse. Une première ordonnance de mesures protectrices de l'union conjugale, du 30 mai 1989, a autorisé dame B. à vivre séparée de son mari pour six mois. Les époux ont toutefois continué la vie commune. Une seconde ordonnance de mesures protectrices du 30 octobre 1990 a autorisé dame B. à vivre séparée de son mari jusqu'au 31 mars 1991. Les époux vivent effectivement séparés depuis le 16 novembre 1990. Selon leurs dires, ils n'ont pas l'intention de divorcer.
L'Office cantonal de contrôle des habitants et de la police des étrangers du canton de Vaud a refusé de renouveler l'autorisation de séjour de B. par décision du 19 juillet 1991 en raison de la séparation des époux.
Par arrêt du 19 mars 1993, le Tribunal administratif du canton de Vaud a rejeté le recours déposé par B. contre cette décision. Il a considéré en particulier que rien ne permettait de penser que les époux formaient encore une véritable union conjugale et que la relative longue durée de séjour en Suisse de B. était insuffisante à justifier le renouvellement de son autorisation de séjour.
Agissant par la voie du recours de droit administratif, B. demande au Tribunal fédéral de réformer la décision entreprise en ce sens que l'autorisation de séjour requise lui soit accordée.
BGE 121 II 97 S. 99
Le Tribunal administratif du canton de Vaud se réfère aux considérants de son arrêt. Le Service de la police administrative se rallie à la position du Tribunal administratif.
L'Office fédéral des étrangers conclut au rejet du recours dans la mesure où il est recevable.
Par ordonnance du 26 mai 1993, le Président de la cour de céans a accordé l'effet suspensif au recours.
La IIe Cour de droit public a délibéré le 8 décembre 1994 et le 24 février 1995. A l'issue de la première séance, B. a été invité à se déterminer sur une lettre de son épouse, transmise au Tribunal fédéral, dans laquelle celle-ci affirme que son mari aurait eu, le 20 juillet 1994, un enfant illégitime d'une Suissesse. Dans ses déterminations du 26 janvier 1995, B. admet ce fait et précise qu'il vit avec la mère de l'enfant depuis trois ans en "véritable union conjugale". En plus des moyens développés dans son mémoire de recours, il invoque désormais l'
art. 8 CEDH
.
Le Tribunal fédéral rejette le recours.
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
c) En matière de police des étrangers, le Tribunal fédéral fonde en principe ses jugements sur l'état de fait et de droit existant au moment de la décision de dernière instance, donc de la décision fédérale (
ATF 120 Ib 257
consid. 1f p. 262/3;
ATF 118 Ib 145
consid. 2 p. 148;
ATF 114 Ib 1
consid. b p. 4). Ces arrêts concernaient toutefois des cas où les décisions attaquées émanaient d'une autorité administrative. Dans le cas d'espèce, le recours de droit administratif est dirigé contre une décision d'une autorité judiciaire. Le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral est donc limité par l'
art. 105 al. 2 OJ
.
La possibilité d'alléguer des faits nouveaux ou de faire valoir de nouveaux moyens de preuve est dès lors très restreinte (
ATF 114 Ib 27
consid. 8b p. 33; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsgerichtspflege, 2e éd., p. 286/287). Selon la jurisprudence, seules sont admissibles dans ce cas les preuves que l'instance inférieure aurait dû retenir d'office, et dont le défaut d'administration constitue une violation de règles essentielles de procédure (
ATF 107 Ib 167
consid. 1b p. 169;
ATF 106 Ib 77
consid. 2a p. 79). En particulier, on ne saurait tenir compte, en principe, de modifications ultérieures de l'état de fait (en l'espèce la naissance d'un enfant avec une Suissesse qui n'est pas la femme du recourant), car on ne peut reprocher à une autorité d'avoir constaté les faits de manière imparfaite
BGE 121 II 97 S. 100
si ceux-ci se sont modifiés après sa décision (
ATF 107 Ib 167
consid. 1b p. 169 précité). Au surplus, les parties ne peuvent invoquer devant le Tribunal fédéral des faits nouveaux qu'elles auraient été en mesure - ou qu'il leur appartenait, en vertu de leur devoir de collaborer à l'instruction de la cause - de faire valoir devant la juridiction inférieure déjà (en l'espèce la nouvelle "union conjugale"). De tels allégués tardifs ne permettent pas de qualifier d'imparfaites, au sens de l'
art. 105 al. 2 OJ
, les constatations des premiers juges (
ATF 102 Ib 124
consid. 2 p. 127; RCC 1983 p. 519 consid. 1a). Au surplus, ces allégués ne sont pas établis.
Les nouvelles allégations du recourant contenues dans ses dernières déterminations, ainsi que celles de l'intimée ne sont donc pas recevables. Une modification de l'état de fait postérieure à la décision cantonale pourra, le cas échéant, être invoquée dans le cadre d'une nouvelle procédure devant les instances inférieures (voir KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, p. 238 ch. 414).
Toutefois, le fait que le Tribunal fédéral soit lié par l'
art. 105 al. 2 OJ
ne lui interdit pas de déduire, le cas échéant, des nouvelles allégations d'une des parties (in casu l'invocation du recourant de son concubinage avec une nouvelle partenaire tout en se référant simultanément au mariage existant formellement dans le but d'obtenir la prolongation de son autorisation de séjour), l'existence d'un éventuel abus de droit (voir consid. 4b ci-dessous).
2.
L'
art. 7 al. 1 1
ère phrase LSEE (RS 142.20) dispose que le conjoint étranger d'un ressortissant suisse a droit à l'octroi et à la prolongation de l'autorisation de séjour.
Dans l'arrêt attaqué, le Tribunal administratif a considéré que l'octroi ou la prolongation de l'autorisation de séjour du conjoint étranger d'un ressortissant suisse était subordonné, en droit matériel, à l'existence d'une vie commune des époux. Telle était l'ancienne pratique, conforme aux circulaires de l'Office fédéral des étrangers, que l'autorité intimée a encore suivie en l'espèce. Toutefois, depuis le 1er janvier 1992 - date d'entrée en vigueur de la révision du 23 mars 1990 - il suffit que le mariage existe formellement. Dans un arrêt de principe à propos de la recevabilité du recours de droit administratif (
ATF 118 Ib 145
consid. 3 p. 149 ss), le Tribunal fédéral a relevé qu'après des débats nourris, les Chambres fédérales se sont écartées du projet du Conseil fédéral et ont sciemment renoncé à faire de la vie commune une condition de l'octroi ou de la prolongation de l'autorisation de séjour du conjoint étranger. Ces
BGE 121 II 97 S. 101
considérations gardent toute leur valeur concernant le droit matériel qu'a le conjoint étranger d'obtenir une autorisation de séjour, si bien que celle-ci ne saurait être soumise à des conditions supplémentaires. Dès lors, seules les exceptions prévues à l'
art. 7 LSEE
ainsi que l'abus de droit sont susceptibles de faire perdre au conjoint étranger son droit à l'octroi ou à la prolongation de son autorisation de séjour.
3.
L'
art. 7 al. 2 LSEE
prévoit que le conjoint étranger d'un ressortissant suisse n'a pas droit à l'octroi ou à la prolongation de l'autorisation de séjour lorsque le mariage a été contracté dans le but d'éluder les dispositions sur le séjour et l'établissement des étrangers et notamment celles sur la limitation du nombre des étrangers.
a) Cette disposition légale s'inspire de l'ancien
art. 120 ch. 4 CC
concernant les mariages dits de nationalité, qui prévoyait que le mariage était nul lorsque la femme n'entendait pas fonder une communauté conjugale, mais voulait éluder les règles sur la naturalisation. La loi fédérale du 23 mars 1990 - en vigueur depuis le 1er janvier 1992 - modifiant la loi fédérale sur l'acquisition et la perte de la nationalité suisse du 29 septembre 1952 (LN; RS 141.0) a abrogé l'
art. 3 LN
, selon lequel la femme étrangère acquérait automatiquement la nationalité suisse par son mariage avec un Suisse (RO 1991 p. 1034). Dans la mesure où les mariages dits de nationalité n'étaient plus possibles, l'ancien
art. 120 ch. 4 CC
perdait sa raison d'être et partant a aussi été abrogé (RO 1991 p. 1041). Dans le cadre du nouvel
art. 7 al. 1 LSEE
, le droit à l'octroi et à la prolongation de l'autorisation de séjour a néanmoins été accordé au conjoint étranger d'un ressortissant suisse et ce, non seulement à la femme étrangère d'un Suisse, mais également au mari étranger d'une Suissesse, avec la cautèle prévue à l'
art. 7 al. 2 LSEE
(à propos de la ratio legis de l'
art. 7 al. 2 LSEE
: cf.
ATF 119 Ib 417
consid. 4a p. 419-420).
b) La preuve directe que les époux se sont mariés non pas pour fonder une véritable communauté conjugale, mais seulement dans le but d'éluder les dispositions de la législation sur le séjour et l'établissement des étrangers ne peut être aisément apportée, comme en matière de mariages dits de nationalité (cf.
ATF 98 II 1
); les autorités doivent donc se fonder sur des indices. La grande différence d'âge entre les époux, l'existence d'une interdiction d'entrée en Suisse prononcée contre le conjoint étranger, le risque de renvoi de Suisse du conjoint étranger - parce que son autorisation de séjour n'a pas été prolongée ou que sa demande d'asile a été rejetée -, l'absence de vie commune des époux ou le fait que la vie
BGE 121 II 97 S. 102
commune a été de courte durée constituent des indices que les époux n'ont pas la volonté de créer une véritable union conjugale durable (cf.
ATF 119 Ib 420
;
ATF 98 II 1
consid. 2c p. 7; PETER KOTTUSCH, Scheinehen aus fremdenpolizeilicher Sicht, ZBl 84/1983 p. 425, 432 ss).
Pour que l'
art. 7 al. 2 LSEE
soit applicable, il ne suffit pas que le mariage ait été contracté dans le but de permettre au conjoint étranger de séjourner régulièrement en Suisse; encore faut-il que la communauté conjugale n'ait pas été réellement voulue. En d'autres termes, les motifs du mariage ne sont pas décisifs à partir du moment où le mariage et la communauté de vie sont réellement voulus par les époux (
ATF 113 II 5
consid. 3b p. 9).
c) Dans le cas particulier, le recourant s'est marié alors que sa demande d'asile avait été rejetée et que, sous réserve d'une éventuelle admission de son recours, il n'était plus autorisé à séjourner en Suisse. Il a épousé une femme de 34 ans plus âgée que lui, environ une année après avoir fait sa connaissance et après quelques mois d'union libre. Une fois marié, le couple a fait ménage commun pendant quelque trois ans, négligeant même l'autorisation de vivre séparés prononcée par le juge des mesures protectrices en 1989.
Il est manifeste que certains indices font apparaître que le mariage a été contracté pour permettre au recourant de vivre en Suisse. Dame B. l'admet d'ailleurs puisque, lors de son interrogatoire par la police de sûreté le 31 janvier 1991, elle expliquait qu'elle avait eu pitié du recourant et de sa situation s'il devait retourner en Turquie. C'est animée des mêmes sentiments qu'elle déclarait également ne pas vouloir divorcer. Il n'en demeure pas moins que les époux ont effectivement vécu ensemble, d'abord quelques mois avant le mariage, puis après celui-ci pendant environ trois ans. Même si le mariage avait des chances de succès limitées du fait des différences d'âge et de culture des époux et que la vie commune a souvent été orageuse, voire même violente, les époux ont formé une communauté conjugale. A partir du moment où le mariage et la communauté de vie ont été réellement voulus par les époux, les motifs du mariage ne sauraient être décisifs. Ainsi, un mariage ne saurait être qualifié comme "de complaisance" du seul fait que le conjoint suisse a voulu assurer un droit de séjour à son époux étranger, du moment que le couple a voulu l'union conjugale et a effectivement formé une telle communauté. Si l'on ignorait cet élément pour accorder une importance prédominante aux motifs du mariage, l'on subordonnerait à nouveau à l'exigence de la vie commune - ou du moins d'une entente entre époux - l'octroi ou la prolongation de
BGE 121 II 97 S. 103
l'autorisation de séjour du conjoint étranger. Or, cela n'a précisément pas été voulu par le législateur (cf. consid. 2b et 3a ci-dessus).
Même si on peut avoir quelques doutes quant au but poursuivi par le recourant lorsqu'il a contracté mariage avec une Suissesse, il n'en reste pas moins que les époux B. ont réellement formé une union conjugale, même si leur mariage a rapidement fait naufrage. Le mariage fictif n'étant pas suffisamment établi, il reste à examiner si le comportement du recourant consistant à invoquer un mariage qui n'existe plus que formellement pour obtenir une prolongation de son autorisation de séjour est constitutif d'un abus de droit.
4.
Il y a abus de droit notamment lorsqu'une institution juridique est utilisée à l'encontre de son but pour réaliser des intérêts que cette institution juridique ne veut pas protéger (voir à ce sujet HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, p. 133; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, nos. 74 et 78, et les exemples dans RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, no 78).
a) Le Tribunal fédéral a affirmé à plusieurs reprises que le fait d'invoquer l'
art. 7 al. 1 LSEE
peut être constitutif d'un abus de droit en l'absence même d'un mariage contracté dans le but d'éluder les dispositions sur le séjour et l'établissement des étrangers, au sens de l'
art. 7 al. 2 LSEE
(
ATF 119 Ib 417
consid. 2d p. 419;
ATF 118 Ib 145
consid. 3d p. 151; arrêts non publiés du 8 décembre 1994 dans la cause G. et du 1er novembre 1993 dans la cause Y.). Toutefois, le Tribunal fédéral a renoncé jusqu'à présent à se prononcer sur les conditions qui devraient alors être remplies et à fixer des critères permettant d'admettre l'existence d'un tel abus de droit. L'existence d'un éventuel abus de droit doit être appréciée dans chaque cas particulier et avec retenue, seul l'abus manifeste pouvant être pris en considération.
L'existence d'un tel abus ne peut en particulier être déduit du simple fait que les époux ne vivent plus ensemble, puisque le législateur a volontairement renoncé à faire dépendre le droit à une autorisation de séjour de la vie commune (voir le consid. 2 ci-dessus). Le législateur voulait en effet éviter que le conjoint étranger ne soit livré à l'arbitraire de son conjoint suisse. En particulier, il n'est pas admissible qu'un conjoint étranger se fasse renvoyer du seul fait que son partenaire suisse obtient la séparation effective ou juridique du couple. Il ne faut pas non plus que le conjoint étranger, par peur d'un renvoi, soit empêché de demander lui-même la séparation au juge (
ATF 118 Ib 145
consid. 3c p. 150). Pour admettre l'existence d'un abus de droit, il ne
BGE 121 II 97 S. 104
suffit pas non plus qu'une procédure de divorce soit entamée; le droit à l'octroi ou à la prolongation d'une autorisation de séjour subsiste en effet tant que le divorce n'a pas été prononcé, car les droits du conjoint étranger ne doivent pas être compromis dans le cadre d'une telle procédure. Enfin, on ne saurait uniquement reprocher à des époux de vivre séparés et de ne pas envisager le divorce. Toutefois, il y a abus de droit lorsque le conjoint étranger invoque un mariage n'existant plus que formellement dans le seul but d'obtenir une autorisation de séjour, car ce but n'est pas protégé par l'
art. 7 LSEE
.
b) Dans le cas d'espèce, le recourant invoque un mariage qui, selon ses propres déclarations, a cessé depuis longtemps d'exister. Il est établi et incontesté que les époux se sont séparés en novembre 1990 et qu'ils n'ont pas entrepris depuis d'efforts pour reprendre la vie commune. Le recourant ne s'acquitte d'aucune obligation civile envers son épouse. Qu'il invoque parallèlement son mariage et sa nouvelle union avec une autre Suissesse et l'enfant né de cette relation démontre également que son mariage est définitivement terminé depuis trois ans au moins et qu'il ne le maintient manifestement que pour obtenir une prolongation de son autorisation de séjour. Au demeurant, le fait même de se référer simultanément à deux unions "conjugales" pourrait être considéré comme un abus de droit. Indépendamment de ces nouveaux éléments, qui ne peuvent être pris en considération pour eux-mêmes pour les raisons susmentionnées (consid. 1c), les faits connus à l'époque de la décision cantonale déjà (notamment les circonstances de la conclusion du mariage et surtout l'absence totale de volonté de reprendre la vie commune depuis novembre 1990, le mariage étant manifestement maintenu artificiellement dans le but unique d'éviter au recourant de devoir rentrer en Turquie), s'ils ne suffisent pas à qualifier le mariage de fictif, démontrent en revanche clairement l'existence d'un abus de droit. Force est de constater que le recourant invoque abusivement l'
art. 7 al. 1 LSEE
. Il n'a dès lors pas droit à une prolongation de son autorisation de séjour.
c) Certes, l'époux étranger a en principe droit à l'octroi d'une autorisation d'établissement après cinq ans de séjour (
art. 7 al. 1 LSEE
). Celle-ci n'étant pas limitée dans le temps, un divorce éventuel ne pourra plus influer sur le droit à l'établissement en Suisse de l'étranger (arrêt non publié du 17 janvier 1995 dans la cause D. consid. 1c et arrêt non publié du 27 août 1993 dans la cause K., publié in RDAT 1994 I 133 consid. 4c). A l'échéance de ces cinq ans, il n'a plus besoin de se référer au
BGE 121 II 97 S. 105
mariage. Il est donc déterminant de savoir si l'abus de droit existait déjà avant l'écoulement de ce délai. C'est le cas en l'espèce. Le 15 octobre 1992, les époux étaient mariés depuis cinq ans. A cette époque toutefois, ils vivaient déjà séparés depuis près de deux ans et le mariage était maintenu, de l'aveu même de l'épouse, dans le seul but d'éviter au recourant de devoir retourner dans son pays d'origine. L'abus de droit existant déjà avant l'écoulement du délai de cinq ans, le recourant ne peut donc exiger une autorisation d'établissement sur la base de l'
art. 7 al. 1 LSEE
. | public_law | nan | fr | 1,995 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e1f416e4-d0cd-479d-8e5a-6a44f12fb3c3 | Urteilskopf
82 IV 81
16. Extrait de l'arrêt du 26 juin 1956 dans la cause Thiébaud contre Zwahlen. | Regeste
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
.
Genügt die Feststellung, dass sich der Angeklagte während der Gerichtsverhandlung einsichtslos gezeigt habe, um die Verweigerung des bedingten Strafvollzuges zu begründen? | Erwägungen
ab Seite 82
BGE 82 IV 81 S. 82
Le juge cantonal a en outre tenu compte du fait que Thiébaud n'a manifesté aucun repentir à l'audience. Le fait que l'inculpé n'a pas pris conscience du caractère répréhensible de ses actes justifie, il est vrai, un pronostic défavorable selon l'art. 41 ch. 1 al. 1 CP; seul celui qui se repent de son acte mérite la confiance que l'on doit pouvoir accorder au condamné pour le mettre au bénéfice du sursis (RO 79 IV 161, etc.). Le juge cantonal a cru pouvoir conclure du seul comportement de Thiébaud pendant les débats à l'absence d'un repentir sincère. Il n'a pas indiqué in concreto en quoi consistait ce comportement. Motivée d'une façon aussi abstraite, la conclusion est injustifiée. Le simple silence d'un inculpé, à l'audience, sur la façon dont il juge son acte ne permet pas encore de conclure qu'il n'en voit pas le caractère répréhensible et ne le regrette pas; il faut au moins que certaines constatations précises permettent de se rendre compte en quoi l'attitude de l'inculpé révèle son inconscience ou encore qu'interrogé par le juge sur le point dont il s'agit, ses réponses manifestent son manque de repentir. Or on ne voit rien de tel dans l'arrêt entrepris, de sorte que le défaut de repentir ne peut être admis. | null | nan | fr | 1,956 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e1f659c5-e402-4f52-924e-290e9bfccfb7 | Urteilskopf
141 I 70
7. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S A. gegen Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_310/2014 vom 31. März 2015 | Regeste
Art. 29 Abs. 3 BV
; unentgeltliche Rechtspflege, Stellvertretung.
Die Kürzung des geltend gemachten Aufwandes der im kantonalen Verfahren richterlich eingesetzten unentgeltlichen Rechtsbeiständin um denjenigen Aufwandanteil, welchen eine Anwaltskollegin mit Substitutionsvollmacht aufgrund einer internen büropartnerschaftlichen Stellvertretungsvereinbarung, jedoch ohne gerichtliche Bewilligung des Rechtsbeistandswechsels, für die unentgeltliche Rechtsbeiständin erbracht hatte, ist nicht willkürlich (E. 6). | Sachverhalt
ab Seite 71
BGE 141 I 70 S. 71
A.
Mit Verfügung vom 20. Oktober 2009, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 8. Juli 2010, stellte die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft (nachfolgend: Mobiliar) sämtliche Leistungen, welche sie dem bei ihr nach UVG versicherten B. (nachfolgend: Versicherter) im Anschluss an den Velounfall vom 27. April 2003 erbracht hatte, ein und schloss den Fall folgenlos ab. Die Mobiliar hiess das Gesuch des Versicherten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Einspracheverfahren gut und gab ihm als unentgeltliche Rechtsbeiständin Rechtsanwältin A. bei.
B.
B.a
Der Versicherte liess gegen den Einspracheentscheid vom 8. Juli 2010 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich am 6. September 2010 Beschwerde erheben. Das kantonale Gericht bewilligte das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und bestellte Rechtsanwältin A. als unentgeltliche Rechtsvertreterin (Zwischenverfügung vom 10. Dezember 2010). Diese machte für ihren Rechtsvertretungsaufwand im kantonalen Verfahren UV.2010.00247 eine Gesamtforderung von total Fr. 5'081.25 geltend. Das kantonale Gericht wies die Beschwerde am 22. November 2011 ab und setzte die der unentgeltlichen Rechtsvertreterin zu entrichtende - gekürzte - Entschädigung auf Fr. 3'000.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) fest.
B.b
Die hiegegen erhobene Beschwerde des Versicherten hiess das Bundesgericht in dem Sinne gut (Urteil 8C_90/2012 vom 12. Dezember 2012), als es den kantonalen Entscheid vom 22. November 2011 aufhob und die Sache an die Vorinstanz zurückwies, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über die Beschwerde neu entscheide. Unter der neuen Verfahrensnummer UV.2012.00296 veranlasste das kantonale Gericht die vom Bundesgericht verlangte medizinische Expertise und gewährte hiezu das rechtliche Gehör. Die unentgeltliche Rechtsvertreterin A. spezifizierte ihren Aufwand seit der bundesgerichtlichen Aufhebung des ersten kantonalen Entscheides mit Fr. 2'764.95. Mit Entscheid vom 18. März 2014 wies die Vorinstanz die Beschwerde vom 6. September 2010 zum zweiten Mal ab (Dispositiv-Ziffer 1) und setzte die Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsvertreterin auf Fr. 2'764.95 fest (Dispositiv-Ziffer 3). Das Bundesgericht hat die hiegegen vom Versicherten erhobene Beschwerde im parallelen Verfahren 8C_309/2014 mit heutigem Urteil unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren abgewiesen.
BGE 141 I 70 S. 72
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten stellt A. den Antrag, die Vorinstanz habe ihr in Aufhebung der Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheides vom 18. März 2014 "für das erste Verfahren vor Sozialversicherungsgericht, welches zum Urteil der Vorinstanz vom 22. November 2011 führte, eine angemessene, ungekürzte Prozessentschädigung" - ausgehend vom gerichtsüblichen Stundenansatz von 200 Franken - zuzusprechen.
Das Sozialversicherungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
2.1
Die Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes im kantonalen Verfahren ist mangels bundesrechtlicher Bestimmungen dem kantonalen Recht überlassen (
BGE 131 V 153
E. 6.1 S. 158 f.), mit welchem sich das Bundesgericht unter Vorbehalt der in
Art. 95 lit. c-e BGG
genannten Ausnahmen grundsätzlich nicht zu befassen hat. Eine Bundesrechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 lit. a BGG
liegt vor, wenn die Anwendung kantonalen Rechts, sei es wegen seiner Ausgestaltung oder auf Grund des Ergebnisses im konkreten Fall, zu einer Verfassungsverletzung führt. Im Bereich der nach kantonalem Recht zuzusprechenden und zu bemessenden Parteientschädigungen, und damit namentlich auch der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes, fällt praktisch nur das Willkürverbot (
Art. 9 BV
) in Betracht (SVR 2013 IV Nr. 26 S. 75, 8C_54/2013 E. 2 mit Hinweisen).
2.2
Eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch dessen Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar als zutreffender erscheinen mag, genügt nicht (
BGE 132 I 13
E. 5.1 S. 17;
BGE 125 V 408
E. 3a S. 409; Urteil 9C_284/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2; je mit Hinweisen).
2.3
Dem erstinstanzlichen Gericht ist bei der Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes praxisgemäss ein
BGE 141 I 70 S. 73
weiter Ermessensspielraum einzuräumen (vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung in SVR 2000 IV Nr. 11 S. 31, I 308/98 E. 2b; Urteil 9C_387/2012 vom 26. September 2012 E. 2.2). Das Bundesgericht greift nur ein, wenn der Ermessensspielraum klar überschritten worden ist oder wenn Bemühungen nicht honoriert worden sind, die zweifelsfrei zu den Obliegenheiten eines amtlichen Vertreters gehören (
BGE 118 Ia 133
E. 2d S. 136; Urteil 8C_832/2012 vom 28. Mai 2013 E. 2.3).
(...)
4.
(...)
4.2
Die Beschwerdeführerin rügt, die vorinstanzliche Begründung der Entschädigungskürzung in Bezug auf die unentgeltliche Rechtsvertretung für das Verfahren UV.2010.00247 verletze das Willkürverbot (
Art. 9 BV
) und Bundesrecht. Das Verfahren sei "sehr aufwändig" gewesen und habe "sehr viele Akten" umfasst. Mit diversen Ärzten habe Rücksprache gehalten werden müssen. Der geltend gemachte Aufwand sei daher gerechtfertigt gewesen. Die umfangreichen Beilagen mit "über 300 Seiten" der Mobiliar hätten kopiert werden müssen. Insbesondere gehe es nicht an, dass die Vorinstanz den Aufwand der in der gleichen Bürogemeinschaft praktizierenden, ebenfalls im Anwaltsregister eingetragenen Anwältin, durch welche sich die Beschwerdeführerin wegen Mutterschaft gestützt auf die Substitutionsvollmacht vom 22. Februar 2011 habe vertreten lassen, nicht berücksichtigt habe.
5.
5.1
Gemäss § 34 Abs. 3 des Gesetzes vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich (GSVGer; LS 212.81) bemisst sich die Höhe der gerichtlich festzusetzenden Entschädigung nach der Bedeutung der Streitsache, der Schwierigkeit des Prozesses und dem Mass des Obsiegens, jedoch ohne Rücksicht auf den Streitwert. Laut § 8 in Verbindung mit § 7 der Verordnung vom 12. April 2011 über die Gebühren, Kosten und Entschädigungen vor dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich (GebV SVGer; LS 212.812) wird einer Partei für unnötigen oder geringfügigen Aufwand keine Entschädigung zugesprochen. Wird eine Parteientschädigung beansprucht, reicht die Partei dem Gericht vor dem Endentscheid eine detaillierte Zusammenstellung über ihren Zeitaufwand und ihre Barauslagen ein. Im Unterlassungsfall setzt das Gericht die Entschädigung nach Ermessen fest (SVR 2013 UV Nr. 23 S. 83, 8C_928/2012 E. 7.1).
BGE 141 I 70 S. 74
5.2
Der Umfang des Anspruchs auf unentgeltliche Verbeiständung richtet sich zunächst nach den Vorschriften des kantonalen Rechts. Erst wo sich der entsprechende Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die bundesverfassungsrechtlichen Minimalgarantien Platz (
BGE 134 I 92
E. 3.1.1 S. 98;
BGE 131 I 185
E. 2.1 S. 188;
BGE 122 I 49
E. 2a S. 50). Das kantonale Gericht ist bei der Bemessung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands von Bundesrechts wegen nicht an die allenfalls geltend gemachten Honoraransprüche gebunden, weshalb
Art. 29 Abs. 2 BV
grundsätzlich nicht verletzt wird, wenn es auf die Einholung einer Kostennote verzichtet (SVR 2013 UV Nr. 23 S. 83, 8C_928/2012 E. 8.2 mit Hinweisen). Eine Begründungspflicht besteht, wenn der unentgeltliche Rechtsbeistand eine Kostennote einreicht und das Gericht die Entschädigung abweichend davon auf einen bestimmten, nicht der Praxis entsprechenden Betrag festsetzt (Urteil 8C_465/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 2.1 und 5.1.1 mit Hinweis). Akzeptiert das Gericht einzelne Posten aus der Kostennote, setzt es aber andere herab, hat es zu jeder Reduktion zumindest kurz auszuführen, aus welchem konkreten Grund die Aufwendungen oder Auslagen als unnötig betrachtet werden (SVR 2013 IV Nr. 26 S. 75, 8C_54/2013 E. 4.1 mit Hinweisen).
6.
Es bleibt zu prüfen, ob die vorinstanzliche Begründung der im ersten Verfahren UV.2010.00247 vorgenommenen Entschädigungskürzung auf Fr. 3'000.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) Bundesrecht oder gar das Willkürverbot verletzt.
6.1
Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) am 1. Juni 2002 unterliegen die Rechtsanwälte von Bundesrechts wegen der Verpflichtung, (in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind) Vertretungen im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege zu übernehmen (
Art. 12 lit. g BGFA
). Die nähere Regelung der Pflichtmandate, einschliesslich deren Entschädigung, bleibt indessen nach wie vor Sache der Kantone (
BGE 132 I 201
E. 7.2 S. 205 f.; Urteil 5D_145/2007 vom 5. Februar 2008 E. 1.1). Mit dem Mandat, für eine unbemittelte Partei als Rechtsvertreter tätig zu werden, übernimmt der Anwalt keinen privaten Auftrag. Das Mandat kann verbindlich nur durch den Kanton selbst erteilt werden und stellt die Übernahme einer staatlichen Aufgabe dar. Der Anwalt tritt zum Staat in ein Verhältnis ein, das vom kantonalen öffentlichen Recht bestimmt wird (dazu
BGE 133 IV 335
E. 2 S. 337;
BGE 132 I 201
E. 7.1 S. 205;
BGE 122 I 322
E. 3b S. 325;
BGE 141 I 70 S. 75
BGE 113 Ia 69
E. 6 S. 71, mit Hinweisen; vgl. STEINMANN, in: Schweizerische Bundesverfassung, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 41 zu
Art. 29 BV
; MEICHSSNER, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege [
Art. 29 Abs. 3 BV
], 2008, S. 192; BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Kommentar, 2007, N. 31 zu
Art. 29 BV
; Urteil 5D_145/2007 vom 5. Februar 2008 E. 1.1). Die Bestellung eines Anwalts zum unentgeltlichen Rechtsbeistand stellt eine Verfügung dar, welche das besondere öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zwischen Anwalt und Staat begründet (MEICHSSNER, a.a.O., S. 192). Dementsprechend wurde die Beschwerdeführerin mit vorinstanzlicher Verfügung vom 10. Dezember 2010 für das kantonale Verfahren als unentgeltliche Rechtsvertreterin bestellt.
6.2
Die Beschwerdeführerin verkennt, dass die Bundesverfassung keinen Anspruch auf freie Wahl des Rechtsvertreters gewährt (
BGE 116 Ia 102
E. 4b/aa S. 105; vgl. STEINMANN, a.a.O., N. 41 zu
Art. 29 BV
; KIENER/KÄLIN, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, S. 507; MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 898; MEICHSSNER, a.a.O., S. 197; Urteil 5A_262/2008 vom 8. September 2008 E. 3.3). Die vertretene Partei hat keinen Anspruch auf Wechsel des Rechtsbeistandes (STEINMANN, a.a.O., N. 41 zu
Art. 29 BV
), doch kann dieser bewilligt werden, wenn aus objektiven Gründen eine sachgemässe Vertretung der Interessen durch den bisherigen Rechtsanwalt nicht mehr gewährleistet ist (
BGE 138 IV 161
E. 2.4 S. 164 f.;
BGE 116 Ia 102
E. 4b/aa S. 105 mit Hinweisen). Ein Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistandes bedarf der richterlichen Bewilligung (vgl. Urteil 1B_74/2008 vom 18. Juni 2008 E. 4).
6.3
Die Beschwerdeführerin vermag nicht darzulegen, und es finden sich keine Anhaltspunkte in den Akten, dass die Vorinstanz einen Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistandes bewilligt und die offenbar innerhalb des Advokaturbüros der Beschwerdeführerin als deren Stellvertreterin amtende Anwaltskollegin als neue unentgeltliche Rechtsvertreterin des Versicherten bestellt hätte. Daran ändert nichts, dass diese Anwaltskollegin mit gewöhnlichem Fristerstreckungsgesuch vom 28. Februar 2011 an das kantonale Gericht gelangte, auf ihre Stellvertretung für die Beschwerdeführerin bis Ende Juli 2011 verwies und zur Kenntnisnahme eine Substitutionsvollmacht vom 22. Februar 2011 einreichte. Weder dem Fristerstreckungsgesuch noch der Substitutionsvollmacht und auch nicht der anschliessend im Verfahren UV.2010.00247 eingereichten Replik
BGE 141 I 70 S. 76
sind irgendwelche Hinweise zu entnehmen, welche auf objektive Gründe für einen Rechtsbeistandswechsel hätten schliessen lassen oder gar als Gesuch um Bewilligung eines solchen zu interpretieren gewesen wären. Erstmals mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten machte die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht im Verfahren 8C_90/2012 geltend, sie habe sich wegen Mutterschaft durch ihre Anwaltskollegin substituieren lassen, ohne jedoch zu behaupten, die Vorinstanz über die Gründe dieser Substitution bisher informiert zu haben. Der als Anwältin im Anwaltsregister eingetragenen Stellvertreterin der Beschwerdeführerin musste die Rechtslage ebenso klar sein wie der Beschwerdeführerin selber. Zwar vermochte die Substituierung der Beschwerdeführerin durch ihre Kollegin in Bezug auf das Verhältnis des vertretenen Versicherten zur Beschwerdeführerin Rechtswirkungen zu entfalten, doch änderte diese interne büropartnerschaftliche Stellvertretungsvereinbarung ohne Bewilligung des Rechtsbeistandswechsels durch das hier zuständige kantonale Gericht nichts am einzig zwischen Beschwerdeführerin und Vorinstanz kraft Verfügung vom 10. Dezember 2010 bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis.
6.4
Als im Anwaltsregister eingetragene Anwältin erfüllte die Kollegin wohl die Voraussetzungen nach BGFA (vgl. E. 6.1 hievor), um - wie die Beschwerdeführerin selber - grundsätzlich ebenfalls als unentgeltliche Rechtsvertreterin bestellt werden zu können. Doch steht fest, dass ein entsprechendes Gesuch nie eingereicht wurde und es an einer richterlich verfügten Bewilligung eines Wechsels der unentgeltlichen Rechtsbeiständin fehlt.
6.5
Die unentgeltliche Rechtspflege bezweckt, auch der bedürftigen Partei den Zugang zum Gericht und die Wahrung ihrer Parteirechte zu ermöglichen (
BGE 131 I 350
E. 3.1 S. 355;
BGE 120 Ia 14
E. 3d S. 16; MEICHSSNER, a.a.O., S. 5; SVR 2009 IV Nr. 20 S. 52, 9C_342/2008 E. 7.1). Es wird nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich, dass der verfassungsrechtliche Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand (
Art. 29 Abs. 3 BV
) nicht während des ganzen Verfahrens gewährleistet war und dem Versicherten nicht stets die zur Wahrung seiner Rechte notwendigen Dienste einer rechtskundigen Anwältin zur Verfügung standen, welche grundsätzlich die Anforderungen zur Bestellung als unentgeltliche Rechtsvertreterin erfüllte. Da die in der zweiten Phase des Verfahrens UV.2010.00247 aktive Anwaltskollegin der Beschwerdeführerin kein Gesuch um Bewilligung des Wechsels der unentgeltlichen Rechtsbeiständin gestellt hat, ist nicht zu
BGE 141 I 70 S. 77
beanstanden, dass die Vorinstanz die entsprechenden Aufwendungen nicht zu Lasten der Gerichtskasse im Rahmen der mit Verfügung vom 10. Dezember 2010 bestellten Rechtsverbeiständung entschädigt hat. Dies beeinträchtigte den verfassungsmässig gebotenen Rechtsschutz in keiner Weise. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob die Stellvertreterin der Beschwerdeführerin ihren Aufwand gegenüber dem Versicherten geltend machen kann.
6.6
Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht weder Bundesrecht verletzt noch gegen das Willkürverbot verstossen, indem es den von der Beschwerdeführerin aus der verfügten unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im Verfahren UV.2010.00247 (vgl. hievor E. 6 Ingress) geltend gemachten Aufwand um den Zeitaufwand (insbesondere für die Erstattung der Replik) kürzte, welcher nicht von der gerichtlich eingesetzten Rechtsbeiständin geleistet wurde. Inwiefern die Vorinstanz im Übrigen durch die begründete Kürzung des Aufwandes den ihr verbleibenden Ermessensspielraum (E. 2.3 hievor) klar überschritten und nicht nur hinsichtlich der Begründung, sondern auch im Ergebnis in Willkür verfallen wäre (E. 2.2 hievor), legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Die Beschwerde ist folglich als unbegründet abzuweisen. | public_law | nan | de | 2,015 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e2129491-9b0f-48fb-9d95-fa8815b82a04 | Urteilskopf
108 V 217
47. Auszug aus dem Urteil vom 8. September 1982 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Lüssi und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich | Regeste
Art. 12 Abs. 1 IVG
,
Art. 2 Abs. 3 IVV
.
- Bei einem gelähmten Versicherten, der grundsätzlich die Voraussetzungen von
Art. 2 Abs. 3 IVV
erfüllt, ist ambulante Physiotherapie in der Regel die einfache und zweckmässige Massnahme zur Verbesserung bzw. Erhaltung der Funktionstüchtigkeit, von der die Erwerbsfähigkeit abhängt.
- Stationäre Physiotherapie ist von der Invalidenversicherung nur dann zu gewähren, wenn die ambulante Behandlung infolge spezieller Verhältnisse des Versicherten nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand durchgeführt werden kann oder wenn eine besonders intensive Therapie erforderlich ist, welche den Rahmen der Möglichkeiten ambulanter Behandlung qualitativ und quantitativ sprengt (Präzisierung der Rechtsprechung). | Erwägungen
ab Seite 217
BGE 108 V 217 S. 217
Aus den Erwägungen:
1.
a) Nach
Art. 12 Abs. 1 IVG
hat der Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des
BGE 108 V 217 S. 218
Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren.
Art. 12 Abs. 2 IVG
erteilt dem Bundesrat die Befugnis, die Massnahmen gemäss Abs. 1 von jenen, die auf die Behandlung des Leidens an sich gerichtet sind, abzugrenzen. Gestützt darauf wird in
Art. 2 Abs. 3 IVV
, der seit 1. Januar 1973 in Kraft steht, angeordnet, dass bei Lähmungen und andern Ausfällen von motorischen Funktionen Physiotherapie so lange weiter gewährt werden muss, "als damit die Funktionstüchtigkeit, von der die Erwerbsfähigkeit abhängt, offensichtlich verbessert oder erhalten werden kann".
Voraussetzung zur Übernahme einer solchen Therapie ist, dass die Massnahme unmittelbar auf die Beeinflussung der motorischen Funktionen gerichtet ist und nicht auf die Behandlung eines auf die Lähmung zurückgehenden sekundären Krankheitsgeschehens, wie beispielsweise Zirkulationsstörungen, Skelettdeformitäten oder Kontrakturen. Verspricht die physiotherapeutische Behandlung - dazu gehören stationäre und ambulante Physiotherapie - nur labiles pathologisches Geschehen zu mildern, so fällt sie nicht unter
Art. 2 Abs. 3 IVV
(
BGE 100 V 39
Erw. 1c, ZAK 1978 S. 463 und 1977 S. 230). Physiotherapeutische Vorkehren, die sich lediglich auf die allgemeine Leistungsfähigkeit des Versicherten auswirken, aber die gestörten motorischen Funktionen nicht oder nicht massgeblich zu beeinflussen vermögen, gehen ebenfalls nicht zu Lasten der Invalidenversicherung. Dies ergibt sich im übrigen aus dem Grundsatz, dass
Art. 12 Abs. 1 IVG
- bei volljährigen Versicherten - keine umfassende Invaliditätsprophylaxe gewährt (
BGE 102 V 39
Erw. 2).
b) Laut ständiger Rechtsprechung stellt ambulante Physiotherapie in der Regel die einfache und zweckmässige Massnahme dar, wenn für die Verbesserung bzw. Erhaltung der Funktionstüchtigkeit, von der die Erwerbsfähigkeit abhängt, medizinische Vorkehren notwendig sind (ZAK 1977 S. 230). Dagegen hat die Invalidenversicherung nicht für stationäre Physiotherapie aufzukommen, wenn eine fortgesetzte ambulante Physiotherapie für sich allein schon die - nicht mehr weiter zu bessernden - motorischen Funktionen zu erhalten verspricht. Im allgemeinen kann von regelmässiger, stationär durchzuführender Physiotherapie nicht erwartet werden, dass sie die Funktionstüchtigkeit, von der die Erwerbsfähigkeit abhängt, offensichtlich zu verbessern oder zu
BGE 108 V 217 S. 219
erhalten vermag. Dies ergibt sich im wesentlichen aus dem von Prof. Mumenthaler dem Eidg. Versicherungsgericht am 12. September 1977 erstatteten einlässlichen Gutachten über die Zweckmässigkeit jährlicher Badekuren bei Lähmungspatienten (ZAK 1978 S. 463). Die Rechtsprechung hat jedoch anerkannt, dass stationäre Physiotherapie in gewissen Fällen von der Invalidenversicherung zu übernehmen ist, wenn die ambulante Durchführung der Massnahme nicht zumutbar wäre, weil eine besonders intensive ambulante Therapie erforderlich ist oder die ambulante Behandlung infolge spezieller Verhältnisse des Versicherten nicht durchgeführt werden kann (nicht veröffentlichte Urteile Waldis vom 25. April 1980 und Dober vom 25. März 1980).
c) Aufgrund dieser Erwägungen hat das Eidg. Versicherungsgericht die bisherige Rechtsprechung dahin präzisiert, dass - beim Vorliegen der für den Anspruch auf Physiotherapie erforderlichen Voraussetzungen des
Art. 2 Abs. 3 IVV
- in der Regel ambulante Physiotherapie die einfache und zweckmässige Massnahme im Sinne von
Art. 2 Abs. 1 IVV
darstellt, um die motorische Funktionstüchtigkeit, von der die Erwerbsfähigkeit abhängt, offensichtlich zu verbessern oder zu erhalten. Ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigt sich dann, wenn eine besonders intensive Therapie erforderlich ist, welche den Rahmen der Möglichkeiten fortgesetzter und regelmässiger ambulanter Behandlung qualitativ und quantitativ sprengt. Dies ist nicht der Fall, wenn eine fortgesetzte ambulante Physiotherapie für sich allein schon die - in der Regel nicht mehr weiter zu bessernden - motorischen Funktionen zu erhalten verspricht. Ein Abweichen rechtfertigt sich ferner dann, wenn die fortgesetzte ambulante Behandlung infolge spezieller beruflicher oder persönlicher Verhältnisse des Versicherten nicht oder nur mit unverhältnismässig grossem Aufwand durchgeführt werden kann. Der Umstand allein, dass ein Versicherter an den Rollstuhl gebunden ist und mithin für die ambulante Physiotherapie mit erhöhtem Aufwand zu rechnen hat, rechtfertigt nicht von vornherein schon ein Abgehen von der Regel. Denn sonst hätte die Invalidenversicherung Versicherten, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, bei Vorliegen der Voraussetzungen des
Art. 2 Abs. 3 IVV
generell stationäre Physiotherapie zu gewähren. | null | nan | de | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e215171f-09d0-47d6-87b2-533c8ddde64c | Urteilskopf
112 II 296
49. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. September 1986 i.S. X. (Berufung) | Regeste
Adoption eines Unmündigen; Absehen von der Zustimmung eines Elternteils (
Art. 265c Ziff. 2 ZGB
); Anfechtungsmöglichkeit nach Vollzug der Adoption.
Dem Elternteil, dem der Entscheid betreffend Absehen von seiner Zustimmung zur Adoption seines Kindes nicht mitgeteilt wurde und der erst nach Ablauf der zweijährigen Frist des
Art. 269b ZGB
von allem Kenntnis erhält, steht einzig die Klage auf Anfechtung der Adoption nach
Art. 269 ZGB
zu Gebote. Der angerufene Anfechtungsrichter hat vorab zu prüfen, ob ein wichtiger Grund zur Entschuldigung der Verspätung vorliege und die Klage trotz dieser zuzulassen sei. | Sachverhalt
ab Seite 296
BGE 112 II 296 S. 296
Die am 17. September 1974 geborene A. X. und ihr am 25. Juli 1972 geborener Bruder B. X. leben seit 1977 bzw. 1979 bei ihrem Onkel und dessen Frau, den Eheleuten Y., in R. Sie sind die Kinder der im Ausland wohnenden ausländischen Staatsangehörigen C. und D. X.
BGE 112 II 296 S. 297
Nachdem die Eheleute Y. Gesuche um Adoption der beiden Kinder gestellt hatten, beschloss die untere vormundschaftliche Aufsichtsbehörde am 8. Mai 1980 (bezüglich A. X.) bzw. am 25. März 1981 (bezüglich B. X.), dass
- den Adoptionsgesuchen zugestimmt werde,
- in Anwendung von
Art. 265c ZGB
von der Zustimmung der leiblichen Mutter abgesehen werde und
- die Adoptionen ausgesprochen würden.
Mit Beschwerdeeingabe vom 20. Januar 1986 stellte D. X. (die leibliche Mutter der beiden Kinder) bei der oberen Aufsichtsbehörde den Antrag, es seien die erwähnten (insgesamt sechs) Beschlüsse nichtig zu erklären und die Zivilstandsakten der betroffenen Personen entsprechend abzuändern. Am 29. Januar 1986 entschied die obere Aufsichtsbehörde, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten werde.
Die von D. X. hiergegen erhobene Berufung weist das Bundesgericht ab, soweit darauf einzutreten ist.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Die Adoption eines Kindes bedarf grundsätzlich der Zustimmung der leiblichen Eltern (
Art. 265a Abs. 1 ZGB
). Von dieser Zustimmung kann gemäss
Art. 265c ZGB
nur dann abgesehen werden, wenn ein Elternteil unbekannt, mit unbekanntem Aufenthalt länger abwesend oder dauernd urteilsunfähig ist (Ziff. 1) oder wenn er sich um das Kind nicht ernstlich gekümmert hat (Ziff. 2). Wird von der Zustimmung aus dem letztgenannten Grund abgesehen, muss der darüber zu fällende Entscheid dem betroffenen Elternteil mitgeteilt werden (
Art. 265d Abs. 3 ZGB
).
b) Welches die Folgen einer in Verletzung gesetzlicher Vorschriften ausgesprochenen Adoption sind, war unter der Herrschaft des früheren Rechts nicht klar. Insbesondere bestand Unsicherheit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlerhafte Adoption angefochten werden könne, wer hiezu allenfalls legitimiert sei und wer darüber zu entscheiden habe (vgl. Botschaft vom 12. Mai 1971 über die Änderung des Zivilgesetzbuches; Adoption und
Art. 321 ZGB
, BBl 1971 I S. 1239 f.). Mit der am 1. April 1973 in Kraft getretenen Gesetzesänderung wurde neu eine Anfechtungsklage eingeführt (
Art. 269, 269a und 269b ZGB
). Durch sie soll eine nachträgliche Aufhebung einer Adoption ermöglicht werden in Fällen, da Mängel vorliegen, die auf dem
BGE 112 II 296 S. 298
Rechtsmittelweg nicht hatten geltend gemacht werden können, da sie erst nach Ablauf der Frist bekannt wurden (vgl. die erwähnte Botschaft, BBl 1971 I S. 1240; Amtl. Bull. StR 1971 S. 733). Allerdings ist auch die Anfechtungsklage befristet; sie ist binnen sechs Monaten seit Entdeckung des Anfechtungsgrundes und in jedem Fall binnen zwei Jahren seit der Adoption zu erheben (
Art. 269b ZGB
). Zu beachten ist ferner, dass die Klage nur insofern zulässig ist, als gegen den Adoptionsentscheid keine ordentlichen Rechtsmittel des kantonalen Rechts mehr gegeben sind und auch die Berufung an das Bundesgericht nicht mehr offensteht (vgl.
Art. 269 Abs. 2 ZGB
; HEGNAUER, N. 16 zu
Art. 269 ZGB
). Dies bedeutet, dass Eltern, denen ein Entscheid betreffend Absehen von ihrer Zustimmung zur Adoption ordnungsgemäss eröffnet wurde, die jedoch darauf verzichtet haben, ein Rechtsmittel zu ergreifen, die Anfechtungsklage nicht zusteht (vgl. HEGNAUER, N. 25 zu
Art. 269 ZGB
).
c) Gemäss
Art. 269 Abs. 1 ZGB
ist - unter dem Vorbehalt des Kindeswohls - die Anfechtungsklage ausdrücklich vorgesehen für den Fall, dass eine Zustimmung ohne gesetzlichen Grund nicht eingeholt worden ist. Diesem Tatbestand gleichzustellen ist ein Entscheid, wonach im Sinne von
Art. 265c Ziff. 2 ZGB
von der Zustimmung zur Adoption abgesehen werde, wenn jener entgegen
Art. 265d Abs. 3 ZGB
dem betroffenen Elternteil nicht mitgeteilt worden ist (vgl. HEGNAUER, N. 21 zu
Art. 269 ZGB
).
4.
Die hier in Frage stehenden Beschlüsse hatte ... (die untere Aufsichtsbehörde) der Berufungsklägerin anfänglich nicht zugestellt. Diese erhielt davon erst nach einigen Jahren Kenntnis. Würde in einem solchen Fall ein Rechtsmittel zugelassen, das zwar innert der gesetzlichen Frist (von der nachträglichen Eröffnung des Entscheids an gerechnet), aber mehr als zwei Jahre nach der Adoption eingereicht wird, hätte dies eine Missachtung der in den
Art. 269 Abs. 1 und 269b ZGB
für die Anfechtungsklage getroffenen Ordnung (Klagefrist, sachliche Zuständigkeit) zur Folge. Die hauptsächlich auf einer Abwägung der Interessen des Klägers (hier der leiblichen Eltern) einerseits und des Kindes bzw. der Adoptiveltern andererseits beruhende gesetzliche Regelung in der erwähnten Weise unwirksam werden zu lassen, ginge indessen nicht an. Die Vorinstanz hat die Berufungsklägerin deshalb zu Recht auf den Weg der gerichtlichen Klage verwiesen.
Dass die absolute Frist von zwei Jahren abgelaufen ist, schliesst das Eintreten auf eine Klage nach
Art. 269 ZGB
nicht von
BGE 112 II 296 S. 299
vornherein aus. Es wäre Sache des Anfechtungsrichters, zu prüfen, ob - wie bei der Klage um Aufhebung des Kindesverhältnisses, bei der Anfechtung der Anerkennung eines Kindes durch den Vater oder bei der Vaterschaftsklage ausdrücklich vorgesehen (vgl.
Art. 256c Abs. 3,
Art. 260c Abs. 3 und
Art. 263 Abs. 3 ZGB
) - die Klage auch hier trotz Verspätung zuzulassen sei, weil wichtige Gründe zu deren Entschuldigung gegeben seien (vgl. HEGNAUER, N. 10 zu
Art. 269b ZGB
).
... | public_law | nan | de | 1,986 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e218d6e8-7da5-439d-8abe-a8ed2f65ad85 | Urteilskopf
86 II 258
41. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. August 1960 i. S. Scheiwiller gegen Frey. | Regeste
1.
Art. 216 Abs. 1 OR
. Ungültigkeit eines Grundstückkaufes mangels öffentlicher Beurkundung eines wesentlichen, wenn auch nur bedingten Versprechens des Käufers auf eine zusätzliche Leistung (Erw. 2).
2.
Art. 2 ZGB
. Unter welchen Voraussetzungen handelt rechtsmissbräuchlich, wer sich auf den Formmangel eines Vertrages beruft? (Erw. 3). | Sachverhalt
ab Seite 259
BGE 86 II 258 S. 259
A.-
Josef Scheiwiller, Eigentümer der Liegenschaften Eichstrasse 3 und 5 in Zürich-Wiedikon, ersuchte im Frühjahr 1954 Meta Frey, ihm die angrenzende Liegenschaft Eichstrasse 7 zu verkaufen, damit er sein im Hause Nr. 3 betriebenes Gewerbe in einen alle drei Grundstücke umfassenden Neubau verlegen könne. Fräulein Frey ging auf seinen Wunsch ein, bedang jedoch in dem am 31. März 1954 öffentlich beurkundeten Kaufvertrag aus, dass Scheiwiller ihr bis zur Übertragung des Eigentums eine geeignete Wohnung oder eine andere Liegenschaft verschaffe (Ziff. 7) und dass bis zum 1. April 1957 nur sie selbst die Übertragung der Kaufsache auf Scheiwiller verlangen könne (Ziff.11). Der Käufer versprach der Verkäuferin am 10. März 1954 schriftlich, ihr eine "Entschädigung" auszurichten, wenn sie ihm das Eigentum spätestens am 1. April 1957 übertrage. Für den Fall der Übertragung bis Herbst 1956 wurde diese Leistung auf Fr. 40'000 vereinbart, für den Fall späterer, jedoch nicht über den 1. April 1957 hinaus verschobener Übertragung dagegen auf Fr. 30'000. In der öffentlichen Urkunde über den Kauf wurde von dieser Vereinbarung nichts gesagt. Die Parteien liessen einen Kaufpreis von Fr. 150'000 verurkunden, waren jedoch einig, dass Scheiwiller die Franken 40'000 bzw. 30'000 unter der im Schriftstück vom 10. März 1954 genannten Bedingung zusätzlich schulde.
B.-
Im Mai 1958 klagte Scheiwiller beim Bezirrksgericht Zürich mit dem Begehren, Meta Frey sei unter der geeigneten Androhung zu verpflichten, ihm das Eigentum an der Liegenschaft Eichstrasse 7 gemäss den Bestimmungen des öffentlich beurkundeten Vertrages vom 31. März 1954 zu übertragen.
BGE 86 II 258 S. 260
Das Bezirksgericht und auf Berufung des Klägers auch das Obergericht des Kantons Zürich, dieses mit Urteil vom 29. März 1960, wiesen die Klage entsprechend dem Antrage der Beklagten ab. Sie pflichteten der Auffassung der Beklagten bei, dass der Kauf ungültig sei, weil die Vereinbarung vom 10. März 1954 nicht öffentlich beurkundet wurde.
C.-
Der Kläger hat die Berufung erklärt. Er beantragt dem Bundesgericht, die Klage gutzuheissen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2.
Die in
Art. 216 Abs. 1 OR
vorgesehene öffentliche Beurkundung, ohne die der Kauf eines Grundstückes nicht gültig ist, muss alle wesentlichen Punkte des Vertrages decken, insbesondere auch die ganze für das Grundstück versprochene Gegenleistung (
BGE 51 II 573
,
BGE 53 II 164
,
BGE 68 II 233
,
BGE 75 II 148
,
BGE 78 II 224
,
BGE 84 II 374
,
BGE 86 II 36
). Diese ist auch dann in der öffentlichen Urkunde vollständig anzugeben, wenn sie schon vor der Beurkundung teilweise erfüllt wurde (
BGE 84 IV 164
ff.,
BGE 86 II 36
). Gleiches gilt, wenn ein Teil der Leistung nur bedingt versprochen wird, diese zusätzliche Verpflichtung aber wesentlich ist. Der Vertrag wird in diesem Falle selbst dann nicht gültig, wenn das in der öffentlichen Urkunde verschwiegene bedingte Versprechen durch Ausfall der Bedingung nachträglich gegenstandslos wird. Aus der Urkunde muss alles hervorgehen, was die Parteien im Zeitpunkt der Beurkundung als wesentlichen Inhalt des Vertrages betrachten.
Beide Parteien waren am 31. März 1954 übereinstimmend willens, dass die Beklagte vom Kläger ausser dem öffentlich beurkundeten Kaufpreis von Fr. 150'000 eine "Entschädigung", d.h. eine weitere Gegenleistung von Fr. 40'000 fordern könne, wenn sie ihm das Grundstück spätestens im Herbst 1956 zu Eigentum übertrage, und dass seine zusätzliche Schuld sich auf Fr. 30'000 belaufe, wenn die Übertragung nach dem Herbst 1956, aber spätestens
BGE 86 II 258 S. 261
am 1. April 1957 erfolge. Das war ein wesentlicher Punkt. Die zusätzliche Leistung war nicht deshalb ohne Belang, weil der Kläger sie nur bedingt versprach, um so weniger, als der Eintritt der Bedingung nur vom Willen der Beklagten abhing. Das Obergericht stellt denn auch verbindlich fest, dass diese Verpflichtung für die Beklagte ein wesentlicher Bestandteil des Kaufes war. Dass es diese Tatsache als "offenbar" hinstellt, heisst nicht, es vermute sie nur, sondern, sie sei offensichtlich. Diesen Sinn hat das Wort z.B. in
Art. 2 Abs. 2 ZGB
, der von einem offenbaren Missbrauch eines Rechts spricht. Dass das Obergericht es nicht anders versteht, folgt aus der Feststellung, die Beklagte hätte den Kauf nicht abgeschlossen, wenn der Kläger ihr nicht diese Erhöhung des Kaufpreises zugestanden hätte. Der Fall unterscheidet sich von dem in
BGE 75 II 144
ff. veröffentlichten, in dem der Verkäufer auf den Eintritt der Bedingung keinen Einfluss hatte und er den Vertrag auch abgeschlossen hätte, wenn ihm das bedingte Recht (auf Anteil am Gewinn aus dem allfälligen Weiterverkauf) nicht eingeräumt worden wäre. Das bedingte Versprechen hätte im vorliegenden Falle wie der unbedingt vereinbarte Teil des Kaufpreises in die öffentliche Urkunde aufgenommen werden müssen. Die Unterlassung macht den ganzen Vertrag ungültig. Was beurkundet wurde, entsprach nicht dem übereinstimmenden Willen der Parteien, und was diese wirklich vereinbarten, wurde nicht beurkundet. Ob der Kläger arglistig handelte oder Dritte über den Inhalt des Vertrages täuschen wollte, ist unerheblich. Der Vertrag wurde auch nicht mit Ablauf des 1. April 1957 deshalb gültig, weil von da an die Bedingung, unter welcher der Kläger die zusätzliche Leistung geschuldet hätte, nicht mehr eintreten konnte.
3.
Der Einwand des Klägers, die Beklagte missbrauche das Recht, weil sie durch die Nichtverurkundung der zusätzlichen Vereinbarung nicht habe übervorteilt werden können, hält nicht stand. Wer einen Vertrag wegen Formmangels nicht gelten lassen will, missbraucht
BGE 86 II 258 S. 262
das Recht nur, wenn seine Haltung wegen besonderer Umstände offensichtlich gegen Treu und Glauben verstösst (
BGE 68 II 236
f.,
BGE 72 II 41
,
BGE 78 II 227
,
BGE 84 II 375
, 641). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Unerheblich ist, ob die Beklagte sich auf den Formmangel beruft, weil sie die Liegenschaft überhaupt nicht veräussern will oder weil sie, wie der Kläger glaubt, durch anderweitigen Verkauf mehr aus ihr lösen kann. Im einen wie im anderen Falle hat sie ein des Schutzes würdiges Interesse, sich auf den Formmangel zu berufen. Dass ihr ein solches fehle, müsste der Kläger dartun, der ihr Rechtsmissbrauch vorwirft. Es kommt auch nichts darauf an, dass die Zusatzvereinbarung durch Zeitablauf gegenstandslos geworden ist. Um das zu verhindern, hätte die Beklagte dem Kläger spätestens am 1. April 1957 das Eigentum an der Liegenschaft übertragen, also den Vertrag erfüllen müssen. Gerade das konnte wegen des Formmangels nicht verlangt werden. Handelte die Beklagte bis 1. April 1957, wo ihr nach der getroffenen Vereinbarung insgesamt Fr. 190'000 bzw. 180'000 zustanden, nicht gegen Treu und Glauben, wenn sie den Vertrag nicht gelten lassen wollte, so kann ihr um so weniger heute Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden, wo ihr nur noch Fr. 150'000 zukämen. Ob dieser Betrag als Kaufpreis angemessen sei, ist unerheblich. Der Beklagten kann auch nicht etwa vorgeworfen werden, sie habe arglistig dazu Anlass gegeben, dass die Zusatzvereinbarung in der öffentlichen Urkunde nicht erwähnt wurde, und sie habe den Hintergedanken gehabt, sich später je nach der Entwicklung der Lage auf den Formmangel zu berufen. Der Kläger gab den Anstoss zum Abschluss des Vertrages und drängte, dass ihm die Beklagte die Liegenschaft verkaufe. Der Beklagten lag nichts daran, und schon am 7. Juli 1954 teilte sie dem Kläger mit, dass sie vom Vertrag zurückzutreten wünsche. Auf den Formmangel wies sie nicht hin. Der Kläger konnte sich jedoch davon Rechenschaft geben. Architekt Kobler, der in seinem Auftrage mit der Beklagten verhandelte, war sich
BGE 86 II 258 S. 263
bewusst, dass die Verpflichtung vom 10. März 1954 ohne öffentliche Beurkundung nicht gültig war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 29. März 1960 bestätigt. | public_law | nan | de | 1,960 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e21922ce-9ec5-4797-bb42-74d638eec3ee | Urteilskopf
110 IV 46
16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. März 1984 i.S. X. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 15 Abs. 1 Verantwortlichkeitsgesetz.
Wurde eine Ermächtigung des EJPD zur Strafverfolgung eines Bundesbeamten während der Untersuchung und des erstinstanzlichen Verfahrens nicht eingeholt, der unterinstanzliche Entscheid aber an eine obere kantonale Instanz mit voller tatsächlicher und rechtlicher Kognition weitergezogen und jener Mangel durch diese Instanz behoben, so sind die der nachträglichen Beibringung der Ermächtigung vorausgegangenen prozessualen Handlungen nicht nichtig. | Erwägungen
ab Seite 46
BGE 110 IV 46 S. 46
Aus den Erwägungen:
3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, es hätte seine strafrechtliche Verfolgung wegen fahrlässiger Tötung der Ermächtigung des EJDP bedurft und eine solche sei während des ganzen erstinstanzlichen Verfahrens weder verlangt noch erteilt worden. Die Folge müsse Nichtigkeit der prozessualen Handlungen sein, welcher Mangel mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden könne.
BGE 110 IV 46 S. 47
a) Nach Art. 15 Abs. 1 des Verantwortlichkeitsgesetzes (VG; SR 170.32) bedarf die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, einer Ermächtigung des EJPD. Dabei handelt es sich um eine bundesrechtlich geregelte Prozessvoraussetzung, deren Missachtung mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden kann, zumal sie in casu mit der Bundesstrafrecht betreffenden Hauptfrage zusammenhängt.
b) Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer Beamter im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist und die fahrlässige Tötung bei einer amtlichen Verrichtung begangen hat. Zu seiner Verfolgung wegen dieses Delikts hätte deshalb schon vom erstinstanzlichen Richter die Ermächtigung des EJPD eingeholt werden müssen (R. HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, S. 44 § 19, I). Das ist nicht geschehen, hat doch erst das Obergericht dieselbe besorgt. Da aber für das Verfahren vor dieser Instanz die genannte Prozessvoraussetzung erfüllt war, stellt sich die Frage, ob damit der Mangel im erstinstanzlichen Verfahren nicht geheilt wurde. Das Verantwortlichkeitsgesetz gibt darauf keine Antwort. Das Schrifttum befasste sich bereits mit dem analogen Fall der Ermächtigung zur Verfolgung von Militärpersonen. Dabei wird die Auffassung vertreten, dass ohne Ermächtigung durchgeführte Untersuchungshandlungen nichtig seien (K. HAURI, Militärstrafgesetz, S. 549 N. 11 zu Art. 219), während in der kantonalen Praxis unter bestimmten Voraussetzungen das Gegenteil angenommen wurde (SJZ 66/1970, S. 92 Nr. 51). Diese Aussagen betreffen indessen nur den Fall, in welchem überhaupt keine Ermächtigung eingeholt wurde, nicht auch die Frage, wie es sich verhalte, wenn - wie hier - nach dem erstinstanzlichen Urteil die kantonale Rechtsmittelinstanz für ihr Verfahren eine solche beschafft hat. In einem kantonalen Urteil aus dem Jahre 1940 wurde eine Heilung des Mangels durch eine nachträgliche Ermächtigung für Amtshandlungen im Verfolgungsstadium bejaht, für das Urteil aber ausgeschlossen (ZR 39/1940, S. 182 Nr. 88 Ziff. 4). Dem kann beigepflichtet werden, sofern es sich um ein Urteil handelt, das nur noch mit einem ausserordentlichen kantonalen Rechtsmittel angefochten werden kann. Dagegen besteht kein Grund, Nichtigkeit auch dann anzunehmen, wenn der Entscheid an eine obere kantonale Instanz weitergezogen wurde, die zu einer vollständigen tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung des gesamten bisherigen
BGE 110 IV 46 S. 48
Verfahrens befugt war. Für diesen Fall steht der Heilung des Mangels im erstinstanzlichen Verfahren durch die Einholung der Ermächtigung zu Beginn des Rechtsmittelverfahrens nichts entgegen, zumal dann nicht, wenn sich schon in erster Instanz gezeigt hat, dass die gegen den Beamten erstattete Strafanzeige keineswegs ungerechtfertigt war; denn
Art. 15 Abs. 1 VG
bezweckt den Schutz des Beamten vor Belästigung durch völlig ungerechtfertigte Strafanzeigen und gleichzeitig einen reibungslosen Gang der Verwaltung (
BGE 87 I 85
E. 2).
Wie sich aus dem oben Gesagten (Erw. 1 und 2) ergibt, war das gegen X. angehobene Strafverfahren keineswegs ungerechtfertigt, sondern vielmehr begründet. Zudem wurde das Urteil des erstinstanzlichen Richters mit der Appellation an das Obergericht weitergezogen, welches Rechtsmittel nach Art. 304 bern. StrV Suspensiv- und Devolutiveffekt hat und damit eine revisio in facto et in iure ermöglicht. Das erstinstanzliche Verfahren unterlag damit in seiner Gesamtheit der Überprüfung durch das Obergericht, und dessen Entscheid ersetzte das Urteil des Gerichtspräsidenten von Trachselwald (M. WAIBLINGER, Das Strafverfahren des Kantons Bern, N. 1 und 2 zu Art. 304). Unter diesen Umständen wäre es überspitzter Formalismus, der vom Obergericht eingeholten Ermächtigung die heilende Wirkung abzusprechen und das gesamte Verfahren als nichtig zu betrachten. Das Begehren des Beschwerdeführers, das angefochtene Urteil wegen Nichtigkeit des kantonalen Verfahrens aufzuheben, ist deshalb unbegründet. | null | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e2196634-00f2-430d-a008-a42a966d6d90 | Urteilskopf
85 I 153
25. Urteil vom 10. Juli 1959 i.S. W. gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt. | Regeste
Militärpflichtersatz: Nachholung des wegen Auslandsurlaubes nicht geleisteten Dienstes: Rückerstattung des in ausländischer Währung bezahlten Ersatzbetrages in Schweizerfranken; Umrechnungskurs. | Sachverhalt
ab Seite 153
BGE 85 I 153 S. 153
A.-
Der in Basel heimatberechtigte, militärdienstpflichtige Beschwerdeführer war von Mai 1946 bis Mai 1954 landesabwesend und militärisch in Batavia (Djakarta) angemeldet. Er entrichtete den Militärpflichtersatz der dortigen Schweizer Vertretung in indonesischer Währung. Für 1947 und 1948 bezahlte er zusammen Fl.Nica 257.--. Diese Leistungen wurden dem Kanton Basel-Stadt zum damaligen Kurse (1 Nica-Gulden = Fr. 1.61) mit Fr. 413.75 gutgeschrieben.
Nach seiner Rückkehr in die Schweiz holte der Beschwerdeführer in den Jahren 1954 und 1956 je einen
BGE 85 I 153 S. 154
Wiederholungskurs nach. Er ersuchte daher im November 1958 um Rückerstattung der für 1947 und 1948 bezahlten Ersatzabgaben. Das Bureau für Militärpflichtersatz Basel-Stadt ging davon aus, dass seit der Zahlung der Nica-Gulden durch die Rupie ersetzt worden war; es rechnete die Fl.Nica 257.-- in gleich viele Rupien und diese zu dem im Jahre 1956 geltenden Kurse (100 Rupien = Fr. 38 30) in Schweizerfranken um. Es zahlte daher dem Beschwerdeführer am 2. Dezember 1958 Fr. 98.45 zurück.
Der Beschwerdeführer war damit nicht einverstanden; er beanspruchte den Frankenbetrag, der sich bei Umrechnung der bezahlten Fl.Nica 257.-- auf Grund des Kurses zur Zeit der Steuerzahlung ergebe. Sein Begehren wurde im Einsprache- und Rekursverfahren abgewiesen, zuletzt durch Entscheid des Regierungsrates von Basel-Stadt vom 2. April 1959. Die Abweisung stützt sich auf das Urteil des Bundesgerichts vom 4. April 1955 i.S. Pauli.
B.-
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt W. Aufhebung des Entscheides des Regierungsrates und Vergütung weiterer Fr. 315.30.
C.-
Der Regierungsrat von Basel-Stadt und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
Erwägungen
in Erwägung:
1.
Gemäss Art. 107 Abs. 1 der eidg. Vollziehungsverordnung zum Militärsteuergesetz (MStV) werden bezahlte Ersatzbeträge auf Begehren zurückerstattet, wenn ein Dienst, für dessen Versäumnis die Ersatzabgabe bezahlt wurde, nachgeholt worden ist; nach Art. 108 gibt die erste Dienstnachholung Anspruch auf Rückerstattung der für die erste Dienstversäumnis bezahlten Ersatzabgabe usw. Nach ständiger Praxis werden diese Bestimmungen auch angewendet, wenn die Ersatzabgabe nicht wegen einer eigentlichen Dienstversäumnis, sondern aus einem anderen Grunde, z.B. wegen Landesabwesenheit, zu entrichten war
BGE 85 I 153 S. 155
und der Wehrpflichtige den Dienst, den er seinerzeit hätte leisten müssen, nachholt.
Während seines Auslandsurlaubs war der Beschwerdeführer nicht zur Dienstleistung, sondern zur Ersatzabgabe verpflichtet. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz hat er in den Jahren 1954 und 1956 zwei Wiederholungskurse bestanden, zu denen sein Jahrgang nicht einzurücken hatte; damit hat er die beiden ersten Kurse, die er wegen seines Urlaubs nicht geleistet hatte, d.h. diejenigen von 1947 und 1948, nachgeholt. Infolgedessen hat er Anspruch auf Rückerstattung des für 1947 und 1948 bezahlten Militärpflichtersatzes. Der Anspruch ist mit der Dienstnachholung in den Jahren 1954 und 1956 entstanden, ist also nicht verjährt (
Art. 110 MStV
). Streitig ist einzig, wie der zurückzuerstattende Betrag zu berechnen ist.
2.
- Der Beschwerdeführer war zum Militärpflichtersatz für die Jahre 1947 und 1948 gemäss
Art. 45 Abs. 1 MStV
in der damaligen Währung von Niederländisch-Indien (Nica-Gulden) zu veranlagen und hatte ihn nach Art. 87 Abs. 1 in dieser zu bezahlen, da er sich zur Zeit der Veranlagung in jenem Lande aufhielt und die Voraussetzungen der Einschätzung und Bezahlung in Schweizerwährung - Bezeichnung eines Vertreters in der Schweiz (Art. 45 Abs. 2,
Art. 61, 87 Abs. 2 MStV
) oder Besoldung durch die Eidgenossenschaft in dieser Währung (
Art. 46, 87 Abs. 3 MStV
) - nicht erfüllt waren. Die für die beiden genannten Jahre geforderten Ersatzbeträge, zusammen Fl.Nica 257.--, waren geschuldet und sind vom Beschwerdeführer bezahlt worden. Nachdem er in den Jahren 1954 und 1956 die Wiederholungskurse 1947 und 1948 nachgeholt hatte, konnte er die Rückerstattung dieser Summe verlangen.
Da er seit Mai 1954 wieder in der Schweiz wohnt, konnte nach dem Urteil Pauli vom 4. April 1955, das für einen solchen Fall
Art. 84 Abs. 2 OR
analog anwendbar erklärt, die Rückerstattung in Schweizerfranken begehrt und vollzogen werden. Der Streit geht darum, auf welcher
BGE 85 I 153 S. 156
Grundlage die daher erforderliche Umrechnung des bezahlten Guldenbetrages in Schweizerwährung vorgenommen werden soll. Da weder dem Militärsteuergesetz noch der Vollziehungsverordnung eine Vorschrift hierüber entnommen werden kann, hat der Richter nach der Regel zu entscheiden, die er als Gesetzgeber aufstellen würde (vgl.
Art. 1 ZGB
).
3.
Im Urteil Pauli ist entschieden worden, massgebend sei der Umrechnungskurs im Zeitpunkte, wo die Leistung zu erbringen ist, d.h. hier wo die Rückerstattung fällig bzw. ausgeführt wird. An dieser Auffassung, welcher im vorliegenden Fall die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung folgen, kann nicht festgehalten werden.
Aus dem Wesen der Rückerstattung ergibt sich, dass zurückzuzahlen ist, was seinerzeit geschuldet war und geleistet wurde, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Anspruch auf einen Zins vom zurückzuerstattenden Betrage hat der Wehrpflichtige nicht (
Art. 107 Abs. 1, Satz 2 MStV
). Anderseits geht es aber auch nicht an, dass er noch weiter benachteiligt wird und der Fiskus einen entsprechenden Gewinn macht. Der Auslandschweizer, der die Ersatzabgabe in ausländischer Währung zu bezahlen hatte, darf nicht schlechter gestellt werden als der Auslandschweizer, der von der Möglichkeit, einen Vertreter in der Schweiz zu bestellen, Gebrauch gemacht und daher die Abgabe in Schweizerwährung entrichtet hat, und auch nicht schlechter als der Schweizer in der Schweiz, der ebenfalls Schweizerfranken bezahlt hat. Diese beiden haben Anspruch darauf, genau den Schweizerfrankenbetrag zurückzuerhalten, den der Staat seinerzeit von ihnen bezogen hat. Ebenso ist dem Auslandschweizer, der die Abgabe in ausländischer Währung bezahlen musste, derselbe Frankenbetrag zurückzuerstatten, der dem Heimatkanton früher ordnungsgemäss durch Gutschrift des Gegenwertes des entrichteten ausländischen Geldes zum damaligen Kurse zugekommen ist. Würde der Umrechnung ein späterer,
BGE 85 I 153 S. 157
abweichender Kurs zugrunde gelegt, so würde entweder der Wehrpflichtige - wenn der Kurs der ausländischen Währung gestiegen ist - oder der Fiskus - wenn dieser Kurs gesunken ist - ohne Grund bereichert. Eine Lösung, die zu solchen Ergebnissen führt, muss abgelehnt werden.
Im vorliegenden Fall ist nicht bestritten, dass der Kanton Basel-Stadt seinerzeit aus den Einzahlungen des Beschwerdeführers Fr. 413.75 erhalten hat. Er hat daher dem Beschwerdeführer ausser den bereits vergüteten Fr. 98.45 noch Fr. 315.30 zurückzuerstatten. | public_law | nan | de | 1,959 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e21c9d9c-a776-4a16-980e-50381ba0a2ad | Urteilskopf
116 Ia 359
56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. November 1990 i.S. Theresa Rohner und Mitbeteiligte gegen Kanton Appenzell I.Rh. (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 85 lit. a OG
;
Art. 4 Abs. 2,
Art. 6 Abs. 2 und
Art. 74 Abs. 4 BV
;
Art. 16 KV/AI
; Gleichberechtigung bei den politischen Rechten.
1. Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides (E. 2).
2. Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde (E. 3).
3. Überprüfung kantonaler Verfassungsbestimmungen durch das Bundesgericht (E. 4).
4. Grundsätze für die Verfassungsauslegung (E. 5).
5. Auslegung von
Art. 74 Abs. 4 und
Art. 4 Abs. 2 BV
(E. 6).
6. Ist
Art. 74 Abs. 4 BV
ein echter Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
? Hinweise auf die Materialien und die Lehre (E. 7 und 8). Frage verneint.
Art. 4 Abs. 2 BV
gilt auch für die politischen Rechte (E. 9a und b).
7. Die bisherige Auslegung von
Art. 16 KV/AI
verstösst gegen
Art. 4 Abs. 2 BV
und
Art. 6 Abs. 2 BV
(E. 9c und 10a).
8. Verfassungskonforme Auslegung von
Art. 16 KV/AI
(E. 10c).
9. Die Feststellung, dass den Frauen im Kanton Appenzell I.Rh. die politischen Rechte zustehen, gilt ab Eröffnung des bundesgerichtlichen Entscheides (E. 10d). | Sachverhalt
ab Seite 361
BGE 116 Ia 359 S. 361
Am 5. April 1989 stellte Theresa Rohner bei der Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. das Gesuch, es sei ihr die aktive Teilnahme an der Landsgemeinde vom 30. April 1989 zu bewilligen. Am 18. April 1989 wies die Standeskommission dieses Gesuch ab. Sie hielt fest, dass gemäss Art. 16 der Verfassung für den Eidgenössischen Stand Appenzell I.Rh. (KV) den Frauen das Stimmrecht in kantonalen Angelegenheiten, insbesondere die Teilnahme an der Landsgemeinde und an Bezirksgemeinden, nicht zustehe.
Gegen diesen Entscheid wandte sich Theresa Rohner am 22. Mai 1989 mit Stimmrechtsbeschwerde gemäss
Art. 85 lit. a OG
an das Bundesgericht. Sie beantragt, die Verfügung der Standeskommission vom 18. April 1989 sei aufzuheben, und macht im wesentlichen geltend, Art. 16 KV verstosse gegen
Art. 4 Abs. 2 BV
. Die Verweigerung des Stimmrechts für die Frauen in kantonalen Angelegenheiten stelle eine verfassungswidrige Diskriminierung dar. Der Vorbehalt des kantonalen Rechts gemäss
Art. 74 Abs. 4 BV
für Abstimmungen und Wahlen der Kantone und Gemeinden schliesse die Verfassungswidrigkeit nicht aus, da
Art. 4 Abs. 2 BV
als neueres Verfassungsrecht dem
Art. 74 BV
vorgehe.
Mit Verfügung vom 10. Oktober 1989 sistierte der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren im Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin bis zur Landsgemeinde 1990. Am 29. April 1990 lehnte die Landsgemeinde den ihr von der Standeskommission und vom Grossen Rat unterbreiteten Antrag betreffend Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts im Verhältnis 6:4 ab. Mit der entsprechenden Vorlage wurde eine Änderung des Art. 16 KV beantragt, indem "alle im Kanton wohnhaften Schweizerbürgerinnen und Schweizerbürger" an Landsgemeinden und an Gemeindeversammlungen als stimmberechtigt erklärt werden sollten. Die geltende Fassung dagegen spricht in diesem Zusammenhang von den "Landleuten" und den "übrigen Schweizern".
Am 29. Mai 1990 erhoben Ursula Baumann und weitere 52 im Kanton Appenzell I.Rh. wohnhafte Frauen gegen den erwähnten Landsgemeindebeschluss vom 29. April 1990 staatsrechtliche Beschwerde gemäss
Art. 85 lit. a OG
wegen Verletzung von
Art. 4 Abs. 1 und 2 BV
. Ebenfalls am 20. Mai 1990 reichten
BGE 116 Ia 359 S. 362
Mario Sonderegger und 48 weitere Männer, die im Kanton Appenzell I.Rh. ihren Wohnsitz haben, eine im wesentlichen gleichlautende staatsrechtliche Beschwerde ein. In beiden Beschwerden wird beantragt, den Landsgemeindebeschluss vom 29. April 1990 aufzuheben und den Kanton Appenzell I.Rh. anzuweisen, Art. 16 KV im Sinne der Revisionsvorlage abzuändern.
Zur Begründung wiederholen die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer im wesentlichen, dass
Art. 4 Abs. 2 BV
der Vorschrift von
Art. 74 Abs. 4 BV
vorgehe. Diese sei als Vorbehalt zu
Art. 74 Abs. 1 BV
zu verstehen und habe übrigens keine eigenständige rechtliche Bedeutung. Als im Jahre 1981
Art. 4 Abs. 2 BV
in der Bundesverfassung verankert worden sei, hätten zwar der Bundesrat und die Mehrheit des Parlaments die gegenteilige Auffassung vertreten. Indessen sei dem Verfassungsgeber - Volk und Ständen der Eidgenossenschaft - nicht dargelegt worden, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen für die politische Stimmberechtigung in den Kantonen nicht gelten solle. Hätte man dies gewollt, so hätte
Art. 4 Abs. 2 BV
ein ausdrücklicher Vorbehalt beigefügt werden müssen.
Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer machen weiter geltend, selbst wenn dem Vorbehalt von
Art. 74 Abs. 4 BV
derogatorische Bedeutung zukomme, so wäre eine solche Tragweite gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
als befristet anzusehen. Diese Frist für die Einführung des Frauenstimmrechts im Kanton wäre heute abgelaufen. Die Verweigerung des Frauenstimmrechts käme einer Rechtsverweigerung gleich.
Nachdem im Kanton Appenzell I.Rh. eine neue Initiative für die Einführung des Frauenstimmrechts eingereicht worden ist, hat der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung die Standeskommission am 25. September 1990 um Auskunft über den Stand der Behandlung dieses Initiativbegehrens ersucht. Am 24. Oktober 1990 hat die Standeskommission mitgeteilt, der Grosse Rat habe es abgelehnt, eine ausserordentliche Landsgemeinde durchzuführen. Verfassungsgemäss sei somit diese neue Initiative der Landsgemeinde 1991 zu unterbreiten. Die Standeskommission begrüsse es, wenn der Entscheid des Bundesgerichts über die hängigen Beschwerden so bald als möglich gefällt werden könne.
BGE 116 Ia 359 S. 363
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2.
Theresa Rohner macht in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde vom 22. Mai 1989 geltend, sie hätte zur Landsgemeinde vom 30. April 1989 eingeladen werden müssen, weil Art. 16 der Kantonsverfassung des eidgenössischen Standes Appenzell I.Rh. (KV), der nur die Männer an Landsgemeinden und an Gemeindeversammlungen stimmberechtigt erkläre, gegen Art. 4 Abs. 2 der Bundesverfassung verstosse.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu
Art. 88 OG
, die auch für Stimmrechtsbeschwerden gemäss
Art. 85 lit. a OG
gilt (
BGE 114 Ia 431
E. c;
BGE 104 Ia 229
E. 1b mit Hinweisen), muss der Beschwerdeführer grundsätzlich ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids bzw. an der Überprüfung der von ihm erhobenen Rügen haben, damit auf die Beschwerde eingetreten werden kann. Dieses Erfordernis soll sicherstellen, dass das Gericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet, und es dient damit der Prozessökonomie (
BGE 114 Ia 131
mit Hinweisen). Das Interesse an der Beschwerdeführung ist aktuell und praktisch, wenn der erlittene Nachteil im Zeitpunkt der Beurteilung durch das Bundesgericht noch besteht und durch die beantragte Aufhebung des angefochtenen Hoheitsaktes beseitigt würde (WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 244). Im vorliegenden Fall ist die Landsgemeinde, an welche die Beschwerdeführerin eingeladen werden wollte, am 30. April 1989 durchgeführt worden, weshalb die Ablehnung der Einladung mit der verlangten Aufhebung des Beschlusses der Standeskommission vom 18. April 1989 nicht mehr beseitigt werden kann. Die Voraussetzung des aktuellen praktischen Interesses ist daher nicht erfüllt.
b) Das Bundesgericht verzichtet jedoch ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn diese Voraussetzung dazu führt, dass eine Kontrolle der Verfassungsmässigkeit eines Entscheids faktisch verhindert würde. Es prüft demnach Beschwerden materiell trotz Wegfall dieses Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen können, an deren Beantwortung wegen der grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und sie im Einzelfall kaum je rechtzeitig verfassungsgerichtlich überprüft werden könnten (
BGE 114 Ia 90
f. mit Hinweisen). Ein solcher Ausnahmefall
BGE 116 Ia 359 S. 364
liegt hier nicht vor. Wie die nachstehenden Erwägungen zeigen, ist es durchaus möglich, dass das Bundesgericht die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene grundsätzliche Frage, ob der Ausschluss der Frauen an der Landsgemeinde und den Gemeindeversammlungen gegen die Bundesverfassung, insbesondere gegen
Art. 4 Abs. 2 BV
, verstosse, rechtzeitig verfassungsgerichtlich überprüft.
c) Doch fragt es sich, ob auf die Beschwerde einzutreten sei, weil das Bundesgericht Beschwerden gegen Vorbereitungsmassnahmen, die erst nach der Abstimmung beurteilt werden, so versteht, dass sinngemäss der Antrag auf Aufhebung der Abstimmung gestellt wird (
BGE 113 Ia 50
E. 1c). Auch diese Frage ist im vorliegenden Fall zu verneinen. Die Beschwerdeführerin, die ihre Stimmrechtsbeschwerde am 22. Mai 1989, d.h. erst nach dem Landsgemeindesonntag, eingereicht hat, stellt keinen Antrag auf Aufhebung des entsprechenden Beschlusses vom 30. April 1989, obwohl dies in zeitlicher Hinsicht durchaus möglich gewesen wäre. Daraus folgt aber, dass sie diesen Beschluss gar nicht anfechten will. Auf die Beschwerde von Theresa Rohner kann daher nicht eingetreten werden.
3.
a) In ihrer Stimmrechtsbeschwerde vom 29. Mai 1990 machen Ursula Baumann und die weiteren 52 Beschwerdeführerinnen geltend, der Landsgemeindebeschluss vom 29. April 1990 sei aufzuheben, weil die Weigerung der Landsgemeinde, den Frauen gemäss der unterbreiteten Vorlage für die Änderung von Art. 16 KV das Stimmrecht zu gewähren, gegen die in
Art. 4 Abs. 2 BV
gewährleistete Gleichberechtigung von Mann und Frau verstosse.
Zur Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von
Art. 85 lit. a OG
ist grundsätzlich nur befugt, wer stimm- und wahlberechtigt ist (
BGE 114 Ia 264
E. 1b;
BGE 113 Ia 44
, je mit Hinweisen). Da die Beschwerdeführerinnen aber geltend machen, nach
Art. 4 Abs. 2 BV
hätten sie Anspruch darauf, dass ihnen das Stimmrecht gewährt werde, mit anderen Worten, ihnen seien in Missachtung dieser Verfassungsbestimmung die politischen Rechte zu Unrecht verweigert worden, genügt es für ihre Legitimation, dass sie als im Kanton Appenzell I.Rh. wohnhafte Frauen durch den Landsgemeindebeschluss, der ihnen das Stimmrecht weiterhin abspricht, betroffen sind (
BGE 114 Ia 264
E. 1b mit Hinweisen). Auf ihre Beschwerde ist daher einzutreten.
b) Zur Legitimation von Mario Sonderegger und den 48 weiteren Beschwerdeführern ist festzuhalten, dass ihnen die politischen Rechte nicht
BGE 116 Ia 359 S. 365
verweigert wurden. Ihre Beschwerde richtet sich jedoch dagegen, dass die Landsgemeinde es abgelehnt hat, den im Kanton wohnhaften Schweizerbürgerinnen in kantonalen Wahlen und Abstimmungen das Stimmrecht zu gewähren. Damit machen sie geltend, die Landsgemeinde als Organ der Stimmberechtigten sei inskünftig nicht richtig zusammengesetzt, wenn die Frauen daran nicht teilnehmen dürften.
Zu dieser Rüge sind die Beschwerdeführer befugt, da sie mit dem politischen Stimm- und Wahlrecht nicht nur ein Individualrecht, sondern gleichzeitig eine Organkompetenz und damit öffentliche Funktionen ausüben (
BGE 104 Ia 229
E. 1b). Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete politische Stimmrecht gibt dem Bürger allgemein Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (
BGE 115 Ia 206
mit Hinweisen). Dazu gehört unter anderem, dass das verfassungsmässige Organ "Volk", d.h. die Aktivbürgerschaft, richtig zusammengesetzt ist (
BGE 114 Ia 43
;
BGE 113 Ia 45
E. b;
BGE 109 Ia 46
E. 3a). Dieselbe Garantie gilt auch für Abstimmungen an Landsgemeinden (
BGE 104 Ia 431
). Wäre die Landsgemeinde wegen eines nach eidgenössischem Recht verfassungswidrigen Ausschlusses der Frauen nicht richtig zusammengesetzt, so würde demnach auch das Stimmrecht der Männer im Kanton Appenzell I.Rh. verletzt. Auf die Beschwerde der stimmberechtigten Männer ist daher ebenfalls einzutreten.
4.
Bei Stimmrechtsbeschwerden ist die Auslegung und Anwendung von kantonalem Verfassungsrecht und auch anderer kantonaler Vorschriften, die den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts regeln oder mit diesem eng zusammenhängen, frei zu prüfen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht der von der obersten kantonalen Instanz vertretenen Auffassung an; als solche gelten das Parlament und das Volk (
BGE 115 Ia 153
E. 2;
BGE 113 Ia 396
E. 3, je mit Hinweisen).
a) In den vorliegenden Fällen geht es in erster Linie um die Auslegung und Anwendung von Art. 16 KV. Dessen Absatz 1 lautet wie folgt:
"An Landsgemeinden und an Gemeindeversammlungen sind alle im Kanton wohnhaften Landleute sowie die übrigen Schweizer stimmberechtigt, sofern sie das 20. Altersjahr vollendet haben und im Stimmregister eingetragen sind."
Gemäss der bisher unangefochtenen kantonalen Praxis zu Art. 16 KV sind nur die Männer als stimmberechtigte Landleute und Schweizer an der Landsgemeinde
BGE 116 Ia 359 S. 366
und den Gemeindeversammlungen zugelassen. Dabei gilt als Stimmrechtsausweis das Seitengewehr (Verordnung vom 21. November 1924 betreffend die Landsgemeinde und die Gemeindeversammlungen). Diese Praxis wird auch aus Art. 16 Abs. 4 KV hergeleitet, der die Möglichkeit vorsieht, den Frauen das Stimm- und Wahlrecht in den Kirch- und Schulgemeinden zu erteilen.
b) Die dargelegte kantonale Praxis war auch den eidgenössischen Räten bekannt, die Art. 16 KV zu gewährleisten hatten. Der heutige Absatz 4 wurde in der Landsgemeinde vom 25. April 1971 angenommen und vom Bund am 16. Dezember 1971 gewährleistet (BBl 1971 II 2014). Die Absätze 1 - 3 wurden in der Landsgemeinde vom 29. April 1979 angenommen. Der Gewährleistungsbeschluss der Bundesversammlung datiert vom 13. Dezember 1979 (BBl 1979 III 1153).
Die Gewährleistung des Art. 16 KV durch die Bundesversammlung wirft die Frage auf, ob das Bundesgericht zuständig ist, ihn auf seine Übereinstimmung mit dem Bundesrecht zu prüfen. Bekanntlich hat es das Bundesgericht bis zum Jahre 1985 abgelehnt, die von der Bundesversammlung gewährleisteten kantonalen Verfassungsbestimmungen auf ihre Bundesrechtskonformität zu überprüfen, wobei es sich freilich bereits 1978 mit der gewichtigen Kritik, welche die Lehre gegenüber dieser Rechtsprechung vorbrachte, auseinandersetzte (
BGE 104 Ia 219
E. 1b - c). In seinem den Kanton Appenzell I.Rh. betreffenden Urteil vom 27. November 1985 änderte das Bundesgericht seine Rechtsprechung (
BGE 111 Ia 239
ff.; vgl. auch
BGE 112 Ia 218
E. 3a). Es stellte fest, soweit übergeordnetes Recht erst nach der Gewährleistung kantonaler Verfassungsnormen in Kraft trete, entfalle die sonst von der Bundesversammlung vorzunehmende Prüfung. Daher präzisierte es, dass die Überprüfung kantonaler Verfassungsbestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit den von der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Rechten verfassungsrechtlichen Inhalts und mit dem übrigen Bundesrecht jedenfalls dann mit staatsrechtlicher Beschwerde verlangt werden könne, wenn das übergeordnete Recht im Zeitpunkt der Gewährleistung durch die Bundesversammlung noch nicht in Kraft getreten und deshalb bei der vorgängigen Überprüfung nicht zu berücksichtigen gewesen sei (
BGE 111 Ia 242
).
Zu beachten ist, dass sich diese neue Umschreibung der Praxis nicht nur auf die Berücksichtigung späteren Staatsvertragsrechts wie der EMRK bezieht.
BGE 116 Ia 359 S. 367
Folgerichtig gilt der Grundsatz für das gesamte spätere übergeordnete Recht. Im vorliegenden Fall war der am 14. Juni 1981 angenommene
Art. 4 Abs. 2 BV
im Zeitpunkt der Gewährleistung von Art. 16 KV durch die eidgenössischen Räte in den Jahren 1971 und 1979 noch nicht in Kraft und konnte daher nicht berücksichtigt werden. Die Frage, ob Art. 16 KV, wie er bisher von der kantonalen Praxis verstanden wurde, mit dem späteren, die Gleichstellung von Mann und Frau ausdrücklich verankernden Verfassungsrecht vereinbar ist, kann und muss daher geprüft werden.
5.
Somit ist für den Ausgang der Sache die Frage entscheidend, ob der Kanton Appenzell I.Rh. gestützt auf
Art. 74 Abs. 4 BV
nach wie vor die Freiheit beanspruchen kann, den Frauen im Kanton und seinen Gemeinden das Stimmrecht vorzuenthalten, obschon
Art. 4 Abs. 2 BV
anordnet, dass Mann und Frau gleichberechtigt seien.
a)
Art. 74 BV
hat das Frauenstimmrecht auf eidgenössischer Ebene eingeführt. Er wurde von Volk und Ständen in der Volksabstimmung vom 7. Februar 1971 angenommen. Die Absätze 1 - 3 beziehen sich auf die Regelung der Stimm- und Wahlberechtigung im Bund. Absatz 4, um dessen Tragweite es geht, lautet:
"Für Abstimmungen und Wahlen der Kantone und Gemeinden bleibt das kantonale Recht vorbehalten."
b)
Art. 4 Abs. 2 BV
wurde unter dem Titel "Gleiche Rechte für Mann und Frau" in der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981, somit rund zehn Jahre später, von Volk und Ständen klar angenommen, und zwar als Gegenentwurf zu einer in der Folge zurückgezogenen Volksinitiative. Die Verfassungsbestimmung lautet:
"Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit."
c) Die Auslegung einer Verfassungsbestimmung hat grundsätzlich nach denselben methodischen Regeln zu erfolgen, wie sie für die Auslegung der einfachen Gesetze entwickelt wurden (
BGE 115 Ia 130
E. 3a;
BGE 112 Ia 212
E. 2a mit Hinweisen). Das Bundesgericht lässt sich von einem Methodenpluralismus leiten (
BGE 110 Ib 8
). Es geht zunächst vom Wortlaut der Bestimmungen aus (
BGE 114 Ia 28
, 196;
BGE 111 Ia 209
E. 6a) und ermittelt den Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nach allen anerkannten Auslegungsmethoden (
BGE 114 Ib 162
E. 5a;
BGE 109 Ia 301
E. 12c). Dabei ist zu beachten, dass sich der Sinn
BGE 116 Ia 359 S. 368
einer Norm ändern kann (
BGE 115 Ia 133
E. dd;
BGE 104 Ia 291
). Der Richter muss sich bemühen, eine Norm in einer Weise anzuwenden, die den gegenwärtigen Gegebenheiten und Auffassungen möglichst entspricht. Er wird daher oft dazu kommen, eine hergebrachte Auslegung aufzugeben, die zur Zeit der Entstehung des Gesetzes zweifellos gerechtfertigt war, sich aber angesichts der Änderung der Verhältnisse oder auch nur wegen der Entwicklung der Anschauungen nicht mehr halten lässt (
BGE 105 Ib 60
E. 5a mit Hinweisen). So hat sich denn auch das Verständnis von
Art. 4 BV
in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gewandelt. Das Bundesgericht hat in
BGE 103 Ia 519
festgehalten, allgemein werde angenommen, dass der Wortlaut von
Art. 4 Abs. 1 BV
, wonach "alle Schweizer" vor dem Gesetze gleich seien, zu eng sei. Die Garantie der Gleichheit gelte auch für die Frauen im allgemeinen. In Erwägung 2 dieses Entscheides hat das Bundesgericht einige Beispiele angeführt, die auf den stetigen Wandel des Verfassungsverständnisses hinweisen, und es kommt zum Schluss, der Grundsatz der rechtlichen Gleichheit zwischen Mann und Frau sei so tief im Rechtsgefühl verwurzelt, dass es heute als Verletzung dieses Grundsatzes empfunden werde, wenn beispielsweise ein Mann und eine Frau, die in einem öffentlichen Amt tätig seien, nicht gleich bezahlt werden, sofern sie die gleiche Arbeit leisten (BGE
BGE 103 Ia 527
E. 6; vgl. auch
BGE 109 Ib 87
E. 4b).
Bei der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung zieht das Bundesgericht auch die Gesetzesmaterialien bei und berücksichtigt den Willen des historischen Verfassungs- und Gesetzgebers, soweit dieser im Gesetzestext seinen Ausdruck gefunden hat (
BGE 115 Ia 130
E. 3a;
BGE 112 Ib 470
;
BGE 109 Ia 303
E. 12c, je mit Hinweisen). Die Entstehungsgeschichte einer Norm kann ein wertvolles Hilfsmittel sein, deren Sinn zu erkennen und damit falsche Auslegungen zu vermeiden (
BGE 114 II 407
E. 3;
BGE 100 Ib 386
). Die Vorarbeiten sind aber weder verbindlich noch für die Auslegung unmittelbar entscheidend; insbesondere sind Äusserungen von Amtsstellen oder Personen, die bei der Vorbereitung mitwirkten, nicht massgebend, wenn sie im Gesetzestext nicht zum Ausdruck kommen (
BGE 115 II 99
;
BGE 113 Ia 314
;
BGE 103 Ia 290
E. c, je mit Hinweisen).
Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit einer kantonalen Norm ist überdies zu fragen, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den angerufenen
BGE 116 Ia 359 S. 369
Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt (
BGE 109 Ia 277
E. 2a). Die Verfassung ist die rechtliche Grundordnung, aus der sich alles staatliche Recht ableitet. Dem entspricht das Anliegen, alle Rechtssätze bei ihrer Auslegung auf die übergeordneten Wertentscheidungen der Verfassung auszurichten. Die verfassungskonforme Auslegung betont demnach den inneren Zusammenhang, der zwischen allen staatlichen Rechtsnormen besteht (ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 1988, N 127).
6.
Das Verständnis der hier zur Diskussion stehenden Verfassungsbestimmungen bereitet keine Mühe, sofern sie je für sich allein betrachtet werden. Damit ist jedoch die Frage noch nicht beantwortet, wie sich die beiden Regeln zueinander verhalten. Immerhin ergeben sich aus der Erfassung ihrer Tragweite erste Anhaltspunkte für die Beurteilung dieser Frage.
a) Der am 7. Februar 1971 in die Verfassung aufgenommene
Art. 74 BV
hatte die Einführung des Frauenstimmrechts auf eidgenössischer Ebene zum Inhalt. Er befasst sich nicht mit dem Stimmrecht in den Kantonen und Gemeinden und enthält insbesondere keine Verpflichtung der Kantone, die Gleichheit der Frauen beim Stimmrecht einzuführen. Dies ergibt sich unmissverständlich sowohl aus dem Wortlaut, insbesondere aus Abs. 4, als auch dem Sinn der Vorschrift und wird durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Es sollte nicht "ohne zwingende Gründe ... in die althergebrachte Organisationsautonomie der Kantone" eingegriffen werden, sagte die bundesrätliche Botschaft (BBl 1970 I/1 95). Verfassungsrechtlich heisst dies, dass Abs. 4, welcher für Abstimmungen und Wahlen der Kantone und Gemeinden das kantonale Recht vorbehält, den für den Bund geltenden Grundsatz von
Art. 3 BV
bestätigt, wonach die Kantone souverän sind, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist.
b) Bei dem rund zehn Jahre später angenommenen
Art. 4 Abs. 2 BV
geht es um das gleiche Anliegen der Beseitigung einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Mann und Frau. Doch betrifft diese Bestimmung nicht nur die bessere Verwirklichung der demokratischen Staatsform im Bund. Sie bezieht sich als Grundrecht auf die gesamte Rechtsordnung von Bund und Kantonen (JÖRG PAUL MÜLLER, Kommentar zur BV, Einleitung zu den Grundrechten, N 3 ff., N 39). Sowohl der Gesamtstaat als auch die Gliedstaaten haben grundsätzlich die Gleichberechtigung von Mann und Frau in allen Bereichen zu respektieren und durch Gesetz für ihre Gleichstellung zu sorgen, soweit nicht
BGE 116 Ia 359 S. 370
Differenzierungen sachlich begründet sind oder sich sogar aufdrängen, etwa aus biologischen Gründen (GEORG MÜLLER, Kommentar zur BV, N 133 ff. zu
Art. 4 Abs. 2 BV
;
BGE 114 Ia 330
E. 2;
BGE 108 Ia 29
E. 5a).
Der Wortlaut des Verfassungsgebotes sowie dessen Sinn und Zweck sind klar. Die Gesetzesmaterialien bestätigen, dass das Gebot umfassend zu verstehen ist, wie der Bundesrat in der einleitenden Übersicht zur Botschaft über die Volksinitiative "Gleiche Rechte für Mann und Frau" betonte. Wenn einzelne Bereiche wie Familie, Ausbildung und Arbeit besonders angesprochen werden, so ändert dies nichts daran, dass mit dem Gegenvorschlag zur Initiative - dem geltenden
Art. 4 Abs. 2 BV
, der in der Folge angenommen wurde - das Anliegen der Gleichberechtigung verfassungsrechtlich umfassend verwirklicht werden sollte. Das Bundesgericht hat denn auch klar festgehalten,
Art. 4 Abs. 2 BV
stelle unzweideutig den Grundsatz auf, dass Mann und Frau in allen Rechts- und Lebensbereichen sowie auf allen staatlichen Ebenen (Bund, Kanton und Gemeinde) gleich zu behandeln seien. Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur zulässig, wenn geschlechtsbegründete biologische oder funktionelle Unterschiede eine Gleichbehandlung schlechthin ausschlössen (
BGE 108 Ia 29
E. 5a; Entscheide des Bundesgerichts vom 10. Oktober 1986 in ZBl 88/1987 S. 308 und vom 8. November 1985 in ZBl 87/1986 S. 483).
Art. 4 Abs. 2 BV
entspricht übrigens der Fassung von Art. 9 Abs. 3 des Expertenentwurfs für eine totalrevidierte Bundesverfassung, die - wie die Botschaft darlegte - "mit dem hauptsächlichen Instrument des Gesetzgebungsauftrages eine der Initiative ebenbürtige Chance in sich birgt, das Gleichberechtigungsziel zu erreichen, ohne mit den Mängeln der Initiative behaftet zu sein" (BBl 1980 I 71). Als Mangel wurde u.a. die in der - später zurückgezogenen - Initiative vorgesehene Frist von fünf Jahren für die Erfüllung des Gesetzgebungsauftrages bezeichnet; diese Frist unterschätze die Konkretisierungsaufgabe des Gesetzgebers.
c) Stellt man in Befolgung der für die Auslegung der Verfassung massgebenden Regeln den klaren Wortlaut der beiden Bestimmungen von
Art. 74 und
Art. 4 BV
einander gegenüber, so ist bei dem von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung allgemein betonten ganzheitlichen Verfassungsverständnis (
BGE 105 Ia 336
E. 3c, vgl. auch
BGE 114 Ia 197
E. cc;
BGE 114 Ib 162
E. 5a) ein Widerspruch in dem Sinne, dass
Art. 74 BV
die Gleichberechtigung der Frau im
BGE 116 Ia 359 S. 371
Bereich der politischen Rechte in Angelegenheiten der Kantone und der Gemeinden ausschliesse, nicht zu erkennen (vgl. auch ANDREAS AUER, Die Bundesverfassung und das Frauenstimmrecht, in ZSR NF 108/1989 I S. 148 ff.).
Art. 74 BV
ordnet - wie dargelegt - das Frauenstimmrecht auf eidgenössischer Ebene an;
Art. 4 Abs. 2 BV
regelt demgegenüber in allen Bereichen der Rechtsordnung von Bund und Kantonen die Gleichstellung von Mann und Frau, wobei das Gesetz für diese Gleichstellung zu sorgen hat, soweit sich ein durchsetzbarer Anspruch nicht unmittelbar aus der Verfassung ergibt, wie dies für den Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit zutrifft (
BGE 114 Ia 331
E. 2b;
BGE 113 Ia 110
E. 1a).
Art. 74 Abs. 4 BV
, der aus Anlass der Einführung des Frauenstimmrechts im Bunde in Übereinstimmung mit dem Grundsatz von
Art. 3 BV
die Respektierung der kantonalen Organisationsautonomie betont, behält auch dann seine Berechtigung, wenn Mann und Frau hinsichtlich der Ausübung der politischen Rechte gleichzustellen sind. Zu denken ist etwa an die Festlegung des Stimmrechtsalters oder die Gewährung des Stimmrechts an ausländische Bürger mit Wohnsitz im Kanton - Fragen, welche die Kantone weiterhin eigenständig regeln können.
7.
Der Auftrag, für die Gleichstellung von Mann und Frau im Bereich der politischen Rechte zu sorgen, wäre nur dann nicht zu erfüllen, wenn
Art. 74 Abs. 4 BV
ein echter Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
wäre. Ob dies zutrifft, ist nachfolgend zu prüfen.
a) Der Bundesrat hielt in seiner Botschaft über die Volksinitiative "Gleiche Rechte für Mann und Frau" (BBl 1980 I 69 ff.) im Kapitel "Verhältnis eines Geschlechtergleichheitssatzes zum übrigen Bundesverfassungsrecht" fest, einem Geschlechtergleichheitsartikel komme nicht - nach dem Grundsatz der lex posterior - absoluter Vorrang gegenüber allem bisherigen Verfassungsrecht zu (S. 125). Im Zusammenhang mit
Art. 74 Abs. 4 BV
wurde folgendes ausgeführt (S. 129):
"Hätte ein neuer Geschlechtergleichheitsartikel zur Folge, dass die noch bestehenden Ausschlüsse der Frauen von der politischen Mitsprache bundesverfassungswidrig wären und das Frauenstimmrecht auf kantonaler und kommunaler Ebene entweder kraft Bundesverfassungsrecht in allen Kantonen und Gemeinden eingeführt oder aufgrund verfassungsrichterlicher Urteile von den betroffenen Kantonen und Gemeinden einzuführen wäre? Das ist sehr zu bezweifeln... Es muss angenommen werden, dass sich
Art. 74 Abs. 4 BV
als Garantie kantonaler Selbstbestimmung über die Trägerschaft politischer Rechte in Kantonen und Gemeinden auch gegenüber einem
BGE 116 Ia 359 S. 372
bundesverfassungsrechtlichen Geschlechtergleichheitsgebot durchsetzen würde. Wollte man dieses Ergebnis vermeiden, so müsste man den Vorbehalt wohl ausdrücklich aufheben."
Diese Auffassung wurde auf S. 141 der Botschaft bei der Umschreibung der Tragweite des Geschlechtergleichheitssatzes wiederholt. Der Bundesrat verwies in diesem Zusammenhang auf die beiden Botschaften zum Frauenstimmrecht von 1957 und 1970, die eine allfällige bundesrechtliche Verpflichtung der Kantone, das Frauenstimmrecht einzuführen, als "mit einem fundamentalen Prinzip unserer Staatsordnung ..., nämlich mit der föderativen Struktur unseres Staates" (BBl 1957 I 775) unvereinbar erklärt hatten. Weiter hielt der Bundesrat fest:
"Wir möchten auch heute nicht davon abgehen und es trotz dem Geschlechtergleichheitsgebot nach wie vor den Kantonen überlassen, ob sie den Frauen die politische Gleichberechtigung in Kantons- und in Gemeindeangelegenheiten gewähren wollen oder nicht. Allerdings hat uns diesen Entscheid der Umstand wesentlich erleichtert, dass in den beiden Kantonen AR und AI, die das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene noch nicht eingeführt haben, die Vorarbeiten für die politische Gleichberechtigung von Mann und Frau schon sehr weit gediehen sind und vom neuen Geschlechtergleichheitsgebot zusätzliche Impulse erhalten dürften."
In den parlamentarischen Beratungen gab das Verhältnis zu
Art. 74 Abs. 4 BV
nicht viel zu reden, was aber kaum von Bedeutung und wohl damit zu erklären ist, dass die Einführung des Frauenstimmrechts auf kantonaler Ebene im damaligen Zeitpunkt schon erfolgt oder in die Wege geleitet war.
b) In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in den an den Verfassungsgeber - Volk und Stände - gerichteten Abstimmungserläuterungen zur Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 in allen drei Landessprachen nirgends erwähnt wurde, das Gleichheitsgebot solle bei den politischen Rechten in kantonalen Angelegenheiten nicht gelten. Vielmehr wurde betont, "die Gleichstellung von Mann und Frau würde eindeutig und für alle Rechtsbereiche festgelegt", "Abweichungen von diesem Grundsatz soll es nur noch dort geben, wo biologische Unterschiede eine Gleichbehandlung nicht zulassen... Abgesehen davon sind Mann und Frau in allen Lebensbereichen und von allen Gemeinwesen (Bund, Kantone und Gemeinden) gleich zu behandeln". Angesichts des klaren Abstimmungsergebnisses ist auch nicht anzunehmen,
Art. 4 Abs. 2 BV
wäre verworfen worden, wenn ausdrücklich dargelegt worden wäre, das Gleichheitsgebot müsse auch bei den politischen Rechten respektiert werden.
BGE 116 Ia 359 S. 373
8.
Die Lehre billigte offenbar mehrheitlich
Art. 74 Abs. 4 BV
die Tragweite eines Vorbehaltes gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
zu. Doch beschränkten sich die entsprechenden Meinungsäusserungen meist auf kurze Feststellungen.
a) So schlossen sich J.F. AUBERT (Traité de droit constitutionnel suisse, supplément, Neuchâtel 1982, N 1071 - 1100), YVO HANGARTNER (Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, 1982, S. 191 und 234), HANS HUBER (Gleiche Rechte für Mann und Frau, ZBJV 118/1982, S. 177), ARTHUR HAEFLIGER (Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 78), ROLAND HENNINGER (Gleichberechtigung von Mann und Frau im Wandel, Diss. Freiburg, 1984, S. 140 f.), JÖRG PAUL MÜLLER und STEFAN MÜLLER (Grundrechte, besonderer Teil, Bern 1985, S. 201) und BÉATRICE WEBER-DÜRLER (Auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau, ZSR NF 104/1985 I S. 1 ff., S. 6) mehr oder weniger ausdrücklich der dargelegten Auffassung des Bundesrates an.
Im Jahre 1986 äusserte sich WERNER MOSER in seiner in den Beiheften zur ZSR erschienenen Arbeit "Unterschätzte Bundesverfassung" in differenzierter Weise. Zwar schloss er sich der herrschenden Auffassung an, vertrat jedoch die Ansicht, die Weitergeltung von
Art. 74 Abs. 4 BV
bedeute seit der Aufnahme von
Art. 4 Abs. 2 BV
nicht mehr wie vorher völlige Freiheit der Kantone, ihren Frauen die politischen Rechte zuzuerkennen oder vorzuenthalten. Der Gesetzgebungsauftrag von
Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV
richte sich auch an sie und verpflichte sie, die politische Gleichstellung ihrer Frauen innert tunlicher Frist zu verwirklichen (S. 16).
Ebenfalls differenziert äusserten sich die Kommentatoren zur Bundesverfassung, nämlich GEORG MÜLLER zu
Art. 4 Abs. 2 BV
(Stand Juni 1987) und ETIENNE GRISEL zu
Art. 74 Abs. 4 BV
(Stand Juni 1988). GEORG MÜLLER hielt nach einem Hinweis auf die dargelegten Ansichten in einer Anmerkung abweichende Meinungen fest und warf die Frage auf, ob die Kantone auch berechtigt wären, die Männer auszuschliessen, oder ob eine solche Regelung gegen das Willkürverbot verstossen würde. ETIENNE GRISEL führte aus, es bleibe im Interesse der Gerechtigkeit zu hoffen, dass die Verfassungen der beiden Appenzell - heute geht es nur noch um Inner-Rhoden - in Bälde revidiert würden. Andernfalls wäre
Art. 74 Abs. 4 BV
zu ändern. "Vorstellbar wäre auch, das Problem auf dem Weg der Interpretation zu lösen und zu argumentieren, dass der historische Wille des Verfassungsgebers die
BGE 116 Ia 359 S. 374
staatlichen Organe nicht für unbeschränkte Zeit binden könne" (N 35 zu
Art. 74 BV
).
Als deutlicher Vorbehalt gegenüber diesen Lehrmeinungen ist die kurze Äusserung von ULRICH HÄFELIN und WALTER HALLER in der 2. Auflage des Schweizerischen Bundesstaatsrechts, 1988, zu verstehen. Sie stellten fest, dass nach Auffassung des Bundesrates die politische Gleichberechtigung der Frau in Kantonen und Gemeinden weiterhin Sache des kantonalen Rechts sein solle. Es frage sich allerdings, ob der Ausschluss der Frauen vom Stimm- und Wahlrecht heute überhaupt noch sachlich gerechtfertigt werden könne (N 1559 S. 465). Auch PETER SALADIN verwies im Kommentar zur Bundesverfassung (Stand April 1986) auf die herrschende Lehrmeinung, gab jedoch zu bedenken, der Vorbehalt von
Art. 74 Abs. 4 BV
vertrage sich schlecht mit dem jüngeren
Art. 4 Abs. 2 BV
(N 74 zu Art. 6). In seinem Bericht zum Juristentag 1984 hielt er fest, dass Gewährung und Ausgestaltung der Volksrechte grundsätzlich den Kantonen überlassen seien, fügte jedoch in Klammern bei: Abgesehen von den Minimalforderungen des
Art. 6 Abs. 2 BV
sowie vom Gleichbehandlungs-Prinzip des
Art. 4 BV
(ZSR NF 103/1984 II S. 468).
b) Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass - entsprechend der zeitlichen Nähe zur Meinungsäusserung des Bundesrates - die ersten Stimmen die Ansicht zum Ausdruck brachten,
Art. 74 Abs. 4 BV
bedeute einen Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
. Mit zunehmender zeitlicher Distanz liessen die Stimmen der Wissenschaft jedoch Zweifel erkennen und zeigten zum Teil sogar trotz der Anerkennung der bundesrätlichen Ausführungen einen Weg auf, der ohne Verfassungsrevision zu dem allseits als richtig erkannten Ziel der Gewährung des Frauenstimmrechts auch in den Halbkantonen Appenzell führen könnte (so ETIENNE GRISEL, GEORG MÜLLER und HÄFELIN/HALLER).
c) Zu diesen Stimmen sind jedoch weitere hinzugekommen, die klar die Auffassung vertreten und einlässlich begründen, dass
Art. 74 Abs. 4 BV
verfassungsrechtlich nicht als echter Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
verstanden werden könne. So betonte MICHEL HOTTELIER in seinem Aufsatz "Egalité des sexes, fédéralisme et droits politiques au plan cantonal" bereits im Jahre 1983, dass mit
Art. 74 BV
im Jahre 1971 das Frauenstimmrecht im Bunde eingeführt wurde, woraus er folgerte, dass Abs. 4 mit dem an sich selbstverständlichen Vorbehalt der kantonalen Kompetenzen für Abstimmungen und Wahlen der Kantone und Gemeinden keine echte Ausnahme von dem 1981
BGE 116 Ia 359 S. 375
verfassungsrechtlich verankerten Grundrecht der Gleichberechtigung von Mann und Frau sein könne; die Tragweite der Bestimmung beschränke sich vielmehr auf den Zweck von
Art. 74 BV
. Er begründete dies zudem damit, dass die Kantone in allen Bereichen ihrer Rechtsordnung an die vom Bund verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte gebunden seien. Hätte man
Art. 74 Abs. 4 BV
auch dem geschlechtsspezifischen Gleichheitsgebot gegenüber vorbehalten wollen, so hätte dies in
Art. 4 Abs. 2 BV
ausdrücklich gesagt werden müssen (ZBl 84/1983, S. 116 f.).
Deutlich sprach PETER HÄNNI in seiner Arbeit "Grenzen richterlicher Möglichkeiten bei der Durchsetzung von Gleichheitsansprüchen gemäss
Art. 4 BV
" die Hoffnung aus, das Bundesgericht möge sich nicht durch
Art. 74 Abs. 4 BV
davon abhalten lassen, die Verfassungswidrigkeit der Appenzeller Regelung betreffend Frauenstimmrecht festzustellen (ZSR NF 107/1988 I S. 603 Anm. 22).
Am gründlichsten äusserten sich schliesslich ANDREAS AUER (Die Bundesverfassung und das Frauenstimmrecht in Appenzell, ZSR NF 108/1989 I S. 141 ff.) und ALEXANDRE BERENSTEIN (L'égalité entre les sexes en matière de droits politiques, in Festschrift für Otto K. Kaufmann, 1989, S. 159 ff.) zum Verhältnis von
Art. 74 Abs. 4 BV
zu
Art. 4 Abs. 2 BV
. Beide Autoren, auf welche sich die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer mit Nachdruck berufen, gelangten mit zum Teil übereinstimmender Argumentation zum Schluss,
Art. 74 Abs. 4 BV
sei kein echter Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
. So hielt ANDREAS AUER fest: "Aus dem Wortlaut der betroffenen Verfassungssätze kann der angebliche Widerspruch nicht abgeleitet werden, denn weder erwähnt
Art. 74 Abs. 4 BV
die Geschlechtergleichheit, noch behält
Art. 4 Abs. 2 BV
ausdrücklich das kantonale Frauenstimm- und Wahlrecht vor... Es entspricht einem allgemeinen Auslegungsprinzip, dass Erlasse, die einen Grundsatz postulieren, davon aber einen bestimmten Sachverhalt ausnehmen wollen, diesen ausdrücklich erwähnen sollten. Hätte also der Bundesverfassungsgesetzgeber von 1980 die Frauenstimmrechtsfrage ein für allemal aus dem Schutzbereich des Geschlechtergleichheitsprinzipes herausheben wollen, so hätte er dies unmissverständlich und explizit im Text von
Art. 4 Abs. 2 BV
zum Ausdruck bringen sollen." (S. 149). Er kam daher zum Schluss, die Gleichberechtigung von Mann und Frau müsse auch im Bereich der politischen Rechte gelten (S.
BGE 116 Ia 359 S. 376
154). Auch ALEXANDRE BERENSTEIN vertrat diese Auffassung, und er fügte bei, die Missachtung der Gleichberechtigung verstosse seit der Verankerung von
Art. 4 Abs. 2 BV
in der Bundesverfassung auch gegen
Art. 6 Abs. 2 lit. b und c BV
, welcher die Kantone verpflichte, die politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen zu sichern und die Annahme der Verfassung durch das Volk und dessen Revidierbarkeit auf Verlangen der absoluten Mehrheit der Bürger vorzusehen. Diese Bestimmung habe durch
Art. 4 Abs. 2 BV
einen neuen Inhalt bekommen und könne heute nur noch so verstanden werden, dass das Stimm- und Wahlrecht sowohl auf kantonaler als auch auf eidgenössischer Ebene allen Bürgern - Männern und Frauen - zugestanden werden müsse. Der Ausschluss der Frauen sei daher weder mit
Art. 4 BV
noch mit
Art. 6 BV
vereinbar (S. 166 ff.).
d) Diese Übersicht zeigt, dass von einer bewährten Lehrmeinung, wonach
Art. 74 Abs. 4 BV
ein echter Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
sei, nicht die Rede sein kann. Es kann höchstens von Meinungsäusserungen gesprochen werden, die sich der Ansicht des Bundesrates anschliessen. Mit zunehmender zeitlicher Distanz zu den bundesrätlichen Ausführungen äussern jedoch die Autoren, die sich mit dem Problem befasst haben, Unbehagen und deuten Wege an, wie das Frauenstimmrecht im Kanton Appenzell I.Rh. ohne Revision der Bundesverfassung eingeführt werden könnte. Zu diesen Lehrmeinungen kommen die abweichenden und zum Teil einlässlich begründeten Auffassungen hinzu, die eindeutig dem Gebot der Gleichberechtigung von Mann und Frau auch für die politischen Rechte Geltungskraft zubilligen (so MICHEL HOTTELIER, PETER HÄNNI, ANDREAS AUER und ALEXANDRE BERENSTEIN).
9.
a) Wendet man die von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Auslegungsgrundsätze (vgl. oben E. 5c) auf die zu lösende Frage an, so ergibt sich, dass der Auffassung,
Art. 74 Abs. 4 BV
enthalten keinen Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
, beizupflichten ist. Wie erwähnt, wurde
Art. 74 Abs. 4 BV
im Jahre 1971 im Zusammenhang mit der Einführung des Frauenstimmrechts auf eidgenössischer Ebene in die Bundesverfassung aufgenommen. Doch kann dieser Bestimmung nur die Tragweite eines unechten Vorbehaltes zugunsten der Kantone zugebilligt werden, da sich ein solcher Vorbehalt bereits aus
Art. 3 BV
, der die Souveränität der Kantone garantiert, ergibt.
Art. 74 Abs. 4 BV
sollte lediglich klarstellen, dass die Einführung
BGE 116 Ia 359 S. 377
des eidgenössischen Frauenstimm- und Wahlrechts nicht automatisch eine Anerkennung solcher Rechte auf kantonaler Ebene zur Folge hat. Bereits aus diesem Grund kann der unechte Vorbehalt in
Art. 74 Abs. 4 BV
nicht als Vorbehalt für alles künftige Verfassungsrecht verstanden werden, vor allem nicht für die Änderung von
Art. 4 BV
im Jahre 1981. Sofern man daher die politischen Rechte vom Geltungsbereich von
Art. 4 Abs. 2 BV
hätte ausnehmen wollen, hätte dies klar und deutlich im Wortlaut dieser Bestimmung zum Ausdruck gebracht werden müssen; denn es ist offenkundig, dass die Gleichberechtigung einen wesentlichen Teil ihres Gehaltes und ihrer Wirkung verlöre, wenn sie nicht auch für die politischen Rechte gelten würde, bilden doch diese Rechte ein zentrales Element unseres Staates.
Art. 74 Abs. 4 BV
behält im übrigen weiterhin seinen Sinn, bleibt doch den Kantonen nach wie vor ein beachtlicher Spielraum für die eigenständige Regelung der Stimmberechtigung in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten (Stimmrechtsalter, Zulassung von Ausländern).
Die anderslautende Auffassung des Bundesrates hinsichtlich des Vorbehaltes kann - obwohl im damaligen Zeitpunkt durchaus verständlich - nicht zu einem anderen Ergebnis führen; zu berücksichtigen ist nämlich wie dargelegt, dass die Materialien nur dann massgebend ins Gewicht fallen, wenn sie angesichts einer unklaren Bestimmung über die Absicht des Gesetz- bzw. Verfassungsgebers zuverlässig Aufschluss geben können (
BGE 114 Ia 196
;
BGE 103 Ia 291
). Selbst wenn man annehmen wollte,
Art. 4 Abs. 2 BV
sei in bezug auf die politischen Rechte nicht ganz klar, so muss davon ausgegangen werden, dass der Wille des Bundesrates das Volk und die Stände, somit den Verfassungsgeber, nicht binden konnte; im Bundesbeschluss über die Volksinitiative "Gleiche Rechte für Mann und Frau" (BBl 1980 III 701) und in den erwähnten, an die Stimmbürger gerichteten Abstimmungsempfehlungen war kein Vorbehalt im Sinne des Ausschlusses des Gleichbehandlungsgebotes bei den politischen Rechten in den Kantonen angebracht worden. Ganz im Gegenteil betonte der Bundesrat in diesen Erläuterungen, dass die Gleichstellung von Mann und Frau eindeutig und für alle Rechtsbereiche festgelegt würde. Auch war es das erklärte Ziel der Volksinitiative "Gleiche Rechte für Mann und Frau", die dank des Gegenvorschlages zurückgezogen wurde, alle nicht gerechtfertigten Rechtsungleichheiten zwischen Mann und Frau abzuschaffen, auch diejenigen, welche vom Bundesgericht gestützt auf
Art. 4 BV
nicht beseitigt worden waren
BGE 116 Ia 359 S. 378
(Botschaft der Bundesrates zur Initiative, BBl 1980 I 110). Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, der Verfassungsgeber - Volk und Stände - habe die politischen Rechte vom Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter ausnehmen wollen.
Art. 74 Abs. 4 BV
, der bloss die kantonale Zuständigkeit in Erinnerung ruft, entbindet daher die Kantone nicht davon, die Grundrechte, insbesondere die Gleichberechtigung von Mann und Frau, im Bereich der politischen Rechte zu respektieren (ANDREAS AUER, Problèmes fondamentaux de la démocratie suisse, ZSR NF 103/1984 II S. 18 Anm. 15). Die Frage, ob
Art. 4 Abs. 2 BV
unmittelbar zur Anwendung gelange oder ob den Kantonen ein angemessener Zeitraum einzuräumen sei, um ihre Gesetze entsprechend anzupassen, kann offengelassen werden, da eine allfällige Frist seit dem Inkrafttreten von
Art. 4 Abs. 2 BV
vor rund zehn Jahren ohnehin abgelaufen wäre.
b) Für die Beurteilung des Verhältnisses zwischen
Art. 74 Abs. 4 BV
und
Art. 4 Abs. 2 BV
sind überdies der Zeitablauf seit der Aufnahme der beiden Bestimmungen in den Jahren 1971 und 1981 sowie der seither eingetretene Wandel des geistigen, sozialen und politischen Entwicklungsstandes mitzuberücksichtigen (
BGE 115 Ia 133
E. dd). In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Gleichberechtigung der Frauen in den politischen Rechten seit der Einführung des Frauenstimmrechts auf eidgenössischer Ebene auch in unserem Lande ins allgemeine Bewusstsein getreten ist. In kantonalen Angelegenheiten ist das Frauenstimmrecht - ausgenommen im Kanton Appenzell I.Rh. - in allen Kantonen verwirklicht; desgleichen ist es in allen politischen Einwohnergemeinden gewährleistet. Nach der beim Institut für Föderalismus der Universität Freiburg eingeholten Auskunft ist das Frauenstimmrecht nur in drei Kantonen in Bürgergemeinden und in Korporationsgemeinden durch das kantonale Recht noch nicht durchgehend sichergestellt, doch ist damit nicht gesagt, dass es nicht auch in diesen Gemeinden gewährt sei oder werden müsse.
c) Allein das Ergebnis, wonach
Art. 74 Abs. 4 BV
unter den heutigen Verhältnissen keinen Vorbehalt gegenüber
Art. 4 Abs. 2 BV
enthält, entspricht im übrigen auch einem ganzheitlichen Verfassungsverständnis. Gewiss soll der Bund nicht ohne zwingenden Grund in die kantonale Organisationsautonomie eingreifen. Es geht jedoch nicht nur um die Organisation des Stimmrechts, sondern um dessen Inhalt, der das grundrechtliche Gleichheitsgebot zu respektieren hat. Dies drängt sich nach der Annahme von
Art. 4 Abs. 2 BV
BGE 116 Ia 359 S. 379
durch Volk und Stände auch aufgrund von
Art. 6 Abs. 2 BV
auf, der die Gewährleistung kantonaler Verfassungen durch den Bund betrifft. Hieraus ergibt sich eine bundesrechtlich vorgeschriebene Grundstruktur kantonaler Organisation. Der Wortlaut von
Art. 6 Abs. 2 BV
ist zwar unverändert geblieben, doch führte die Aufnahme von
Art. 4 Abs. 2 BV
in die Bundesverfassung ganz allgemein dazu, dass die Frauen als mit allen Rechten ausgestattete Bürgerinnen zu betrachten sind, auch im Bereich der politischen Rechte. Der Ermessensspielraum, der den Kantonen früher im Rahmen von
Art. 4 BV
aufgrund ihrer föderativen Eigenständigkeit hinsichtlich der rechtlich unterschiedlichen Behandlung von Mann und Frau in der Gesetzgebung zustand, ist mit dem Inkrafttreten von
Art. 4 Abs. 2 BV
entfallen. Dies gilt für sämtliche gesetzlichen Regelungsmaterien (Entscheid des Bundesgerichts vom 10. Oktober 1986 in ZBl 88/1987 S. 308 E. 3a). Es steht demnach nicht mehr im Belieben der zuständigen Behörden, die Bürgerinnen wegen ihrer Eigenschaft als Frau vom Stimm- und Wahlrecht auszuschliessen.
Art. 6 Abs. 2 BV
hat daher durch die Änderung von
Art. 4 BV
eine neue Tragweite bekommen und lässt sich heute nur noch so auslegen, dass auch die Frauen zu den Stimmbürgern zu zählen sind. Zwar durfte die Bundesversammlung im Jahre 1979, als sie Art. 16 der Verfassung des Kantons Appenzell I.Rh. gewährleistete, mit dem damaligen Verfassungsverständnis davon ausgehen, dass der Ausschluss der Frauen vom kantonalen Stimm- und Wahlrecht der Bundesverfassung nicht zuwiderlaufe und insofern die gemäss
Art. 6 Abs. 2 BV
geltenden Voraussetzungen erfüllt waren. Diese Gewährleistung geschah indessen vor der Verfassungsrevision von 1981, somit unter anderen rechtlichen Bedingungen. Heute könnte eine revidierte kantonale Verfassung, die den Frauen das Stimm- und Wahlrecht abspricht, nicht mehr gewährleistet werden.
10.
a) Aus diesen Erwägungen folgt, dass Art. 16 KV in dem bisher unangefochtenen kantonalen Verfassungsverständnis gegen das Gleichheitsgebot von
Art. 4 BV
verstösst. Verletzt ist in erster Linie
Art. 4 Abs. 2 BV
, wonach Mann und Frau gleichberechtigt sind. Indem die Landsgemeinde als Gesetzgeber, an den sich der Auftrag von
Art. 4 Abs. 2 BV
richtet, die vom Grossen Rat gebilligte Vorlage der Standeskommission in der Meinung ablehnte, den Frauen das Stimmrecht weiterhin zu versagen, hat sie
Art. 4 Abs. 2 BV
und damit auch
Art. 6 Abs. 2 BV
gemäss heutigem Verständnis verletzt. Ob die
BGE 116 Ia 359 S. 380
Vorenthaltung des Frauenstimmrechts auch gegen
Art. 4 Abs. 1 BV
verstösst, wie GEORG MÜLLER und ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER andeuten, kann offengelassen werden.
b) Mit der Feststellung, Art. 16 KV verstosse nach seinem bisher unangefochtenen kantonalen Verständnis gegen
Art. 4 Abs. 2 BV
und
Art. 6 Abs. 2 BV
, ist noch nichts über die daraus zu ziehenden Folgen gesagt. Es ist zu beachten, dass geltendes Recht, das gegen das Gleichberechtigungsgebot verstösst, mit der Annahme von
Art. 4 Abs. 2 BV
nicht einfach ausser Kraft gesetzt wurde. Es bleibt vielmehr weiterhin in Geltung, doch kommt der dem Gesetzgeber erteilte Auftrag zum Zuge, für die Gleichstellung von Mann und Frau zu sorgen. Bekanntlich wollte die Volksinitiative für gleiche Rechte für Mann und Frau dem Gesetzgeber hiefür eine Frist von fünf Jahren ansetzen, was der Bundesrat als Mangel bezeichnete. Aus dem Verzicht auf eine Fristansetzung ergibt sich jedoch nicht, dass der Gesetzgeber beliebig lange zuwarten dürfte (Entscheid des Bundesgerichts vom 10. Oktober 1986 in ZBl 88/1987 S. 309 f.; ARTHUR HAEFLIGER, Die Rechtsfolgen der Gutheissung einer staatsrechtlichen Beschwerde, in: Festschrift für Otto K. Kaufmann, 1989, S. 357 ff., S. 363).
Im vorliegenden Fall sind seit der Annahme von
Art. 4 Abs. 2 BV
am 14. Juni 1981 bis zur Ablehnung der Vorlage für eine Änderung von Art. 16 KV durch die Landsgemeinde am 29. April 1990 annähernd neun Jahre verstrichen. Auch bei voller Anerkennung der Organisationsautonomie der Kantone und bei Berücksichtigung der Schwierigkeiten einer Änderung der überlieferten Landsgemeindeorganisation ist festzustellen, dass neun Jahre hätten ausreichen sollen, um den Frauen auch im Kanton Appenzell I.Rh. das Stimmrecht zu gewähren.
c) Es stellt sich die Frage, ob der Beschluss der Landsgemeinde vom 29. April 1990 formell aufzuheben sei, damit der kantonale Verfassungsgeber anstelle von Art. 16 KV eine neue Vorschrift erlasse. Dies ist jedoch nicht erforderlich. Der in
Art. 4 Abs. 2 BV
enthaltene Auftrag an den Gesetzgeber, für die Gleichstellung von Mann und Frau zu sorgen, hindert den Richter nicht daran, Ungleichheiten, welche in Gesetzen enthalten sind, die der richterlichen Überprüfung unterliegen, anlässlich dieser Kontrolle selbst zu beseitigen, soweit das möglich ist (JEAN-FRANÇOIS AUBERT, a.a.O., N 1783 mit Hinweis auf
BGE 103 Ia 517
ff.). Somit kommt der Grundsatz auch hier sinngemäss zur Anwendung, wonach das Bundesgericht eine angefochtene Vorschrift nur dann aufhebt, wenn sie sich jeder verfassungskonformen
BGE 116 Ia 359 S. 381
Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist (
BGE 113 Ia 131
;
BGE 111 Ia 25
;
BGE 109 Ia 277
, je mit Hinweisen). Der Weg der verfassungskonformen Auslegung stünde nur dann nicht offen, wenn diese dazu führen würde, den klaren Sinn und insbesondere den klaren Wortlaut der in Frage stehenden Norm beiseite zu schieben (
BGE 109 Ia 301
f. mit Hinweisen auf Lehre und Praxis). Dies ist hier nicht der Fall. Gemäss Art. 16 Abs. 1 KV sind alle im Kanton wohnhaften "Landleute" sowie die übrigen "Schweizer" an Landsgemeinden und an Gemeindeversammlungen stimmberechtigt. Der Wortlaut dieser Bestimmung steht einer verfassungskonformen Auslegung nicht entgegen. Ausser Zweifel steht nämlich, dass zu den Schweizern nach heutigem Verfassungsverständnis Schweizer und Schweizerinnen gehören (
BGE 109 Ib 87
E. 4b;
BGE 103 Ia 519
E. 2). Auch der Begriff "Landleute", der die Bürger des Kantons Appenzell I.Rh. bezeichnet, kann im Lichte von
Art. 4 Abs. 2 BV
so verstanden werden, dass er auch die Bürgerinnen einschliesst, umfasst doch die Bezeichnung "Leute" im gewöhnlichen Sprachgebrauch Männer und Frauen.
Art. 4 Abs. 2 BV
führt demnach zu einer neuen, dem Wortlaut nicht widersprechenden Auslegung von Art. 16 Abs. 1 KV, die mit dem Gebot der Gleichberechtigung der Geschlechter übereinstimmt, genauso wie diese Bestimmung eine neue Sinngebung für
Art. 6 Abs. 2 BV
gebracht hat (vgl. E. 9c). Eine Änderung von Art. 16 KV ist daher nicht notwendig. Vielmehr genügt es, wenn festgestellt wird, dass Art. 16 Abs. 1 KV bei verfassungskonformer Auslegung für Männer und Frauen anwendbar ist, d.h. dass den Frauen gestützt auf Art. 16 KV in Verbindung mit den
Art. 4 Abs. 2 BV
und 6 Abs. 2 BV die politischen Rechte zustehen.
Dieses Ergebnis führt dazu, dass Art. 16 Abs. 4 KV, der die Kirch- und Schulgemeinden ermächtigt, den Frauen das Stimm- und Wahlrecht zu gewähren, keine selbständige Bedeutung mehr hat, da Art. 16 Abs. 1 KV sich nicht nur auf die Landsgemeinde, sondern auch auf die Gemeindeversammlungen bezieht. Den Frauen steht somit auch an den Gemeindeversammlungen und gestützt auf Art. 33 Abs. 1 KV an den Bezirksversammlungen das Stimm- und Wahlrecht zu. Art. 16 Abs. 4 KV stellt daher lediglich noch eine historische Reminiszenz dar.
d) Die Feststellung, dass den Frauen im Kanton Appenzell I.Rh. die politischen Rechte zustehen, entfaltet ihre Wirkung vom Zeitpunkt der Eröffnung des vorliegenden Entscheides an unmittelbar für die Zukunft und
BGE 116 Ia 359 S. 382
zwar sowohl für die Landsgemeinde als auch für die Bezirke und die Gemeinden des Kantons Appenzell I.Rh. Es wird freilich Aufgabe des Grossen Rates sein, die einschlägigen kantonalen Verordnungen, wie die Verordnung über die politischen Rechte und diejenige über die Landsgemeinde und die Gemeindeversammlungen, im Sinne der von ihm bereits vorgesehenen Änderungen dem neuen Verfassungsverständnis anzupassen. Aus der Feststellung, wonach den Frauen die politischen Rechte ex nunc, d.h. von heute an, zustehen, ergibt sich auch, dass der Bestand der Beschlüsse und Entscheide, die von den staatlichen Organen in ihrer bisherigen Zusammensetzung gefällt wurden, gewährleistet bleibt. In diesen Fällen liegt somit keine Nichtigkeit vor. Der vorliegende Entscheid ändert bis zu den nächsten Wahlen, an welchen sich die Frauen beteiligen können, auch nichts an der Gültigkeit der bisher ohne Frauen vorgenommenen Wahlen, insbesondere an der Gültigkeit der Zusammensetzung des Grossen Rates, der Standeskommission, der Bezirks- und Gemeindebehörden sowie der richterlichen Behörden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die staatsrechtlichen Beschwerden von Ursula Baumann und Mitbeteiligten sowie Mario Sonderegger und Mitbeteiligten werden im Sinne der Erwägungen gutgeheissen. Es wird festgestellt, dass den Frauen die politischen Rechte im Kanton Appenzell I.Rh. gestützt auf Art. 16 Abs. 1 KV in Verbindung mit den
Art. 4 Abs. 2 BV
und 6 Abs. 2 BV zustehen.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde von Theresa Rohner wird nicht eingetreten. | public_law | nan | de | 1,990 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e2200471-f124-472f-a389-56b70e65db13 | Urteilskopf
117 Ib 147
20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juni 1991 i.S. Firma S. gegen Baukommission Opfikon und Verwaltungsgericht (I. Kammer) des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Eidgenössische Umweltschutzgesetzgebung, kantonales und kommunales Bau- und Planungsrecht; "störende Betriebe" in Wohnzonen (
§ 52 PBG
ZH).
1. Soweit die kantonalrechtlichen Begriffe der "Störung" bzw. des "störenden Betriebes" den Lärmschutz erfassen sollen, kommt den entsprechenden kantonalen und kommunalen Normen gegenüber dem Umweltschutzrecht des Bundes grundsätzlich keine selbständige Bedeutung mehr zu. Selbständige Bedeutung können kantonale und kommunale Bestimmungen über die Zulässigkeit von "störenden Betrieben" in Nutzungszonen aber insoweit haben, als sie die Frage regeln, ob aus raumplanerischen, z.B. städtebaulichen Gründen, ein Betrieb am vorgesehenen Ort in einer Wohnzone erstellt werden darf. In diesem Rahmen beruhen entsprechende kantonale bzw. kommunale Normen auf den kantonalen und kommunalen Rechtsetzungskompetenzen auf dem Gebiet der Ortsplanung (E. 2).
2. Gemäss Art. 14 der Bauordnung von Opfikon sind in der Wohnzone W3/65 nur "nicht störende Gewerbe" zulässig (vgl.
§ 52 PBG
ZH). Die funktionale Betrachtungsweise der Zürcher Behörden, wonach in der Wohnzone nur Gewerbe zugelassen werden, die dem täglichen Bedarf der Bewohner dienen, ist im Lichte von
Art. 4 BV
nicht zu beanstanden und entspricht den Zielen und dem Zweck des Raumplanungsgesetzes des Bundes sowie den Richtplangrundsätzen des Zürcher Planungs- und Baugesetzes. | Sachverhalt
ab Seite 149
BGE 117 Ib 147 S. 149
Die Baukommission Opfikon verweigerte der Firma S. die baurechtliche Bewilligung für die Umnutzung zweier Lastwagengaragen samt Vorplatz, die in der dreigeschossigen Wohnzone W3/65 liegen, in einen Verkaufsplatz für Occasionsautos. Gemäss Art. 14 der Bauordnung von Opfikon (BauO) sind in der Wohnzone W3/65 lediglich nicht störende Gewerbe zulässig. Die Baurekurskommission I des Kantons Zürich wies am 10. Februar 1989 einen gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs der Firma S. ab.
Mit Entscheid vom 21. Dezember 1989 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die gegen den Entscheid der Baurekurskommission I erhobene Beschwerde ebenfalls ab. Das Gericht führte aus, es könne offen bleiben, ob der Verkauf von Occasionsautos als störend im Sinne der eidgenössischen Lärmschutzgesetzgebung zu betrachten sei. Bereits die Zonenordnung von Opfikon lasse in der Wohnzone nur nicht störende Gewerbe zu.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtlicher Beschwerde vom 3. Mai 1990 beantragt die Firma S., der Entscheid des Verwaltungsgerichtes sei aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Im hier zur Diskussion stehenden Fall geht es um die Anwendung von Art. 14 lit. b BauO in der Fassung vom 3. Februar 1986 bzw. Art. 14 lit. a BauO in der Fassung vom 29. November 1989 in Verbindung mit § 52 des Gesetzes des Kantons Zürich über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975 (Planungs- und Baugesetz; PBG). Anlässlich der Änderung von Art. 14 BauO vom 29. November 1989 hat die Stadt Opfikon entgegen Art. 44 Abs. 2 der eidgenössischen Lärmschutz-Verordnung
BGE 117 Ib 147 S. 150
vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.331) der Wohnzone keine Empfindlichkeitsstufe nach
Art. 43 LSV
zugeordnet. Insoweit genügt Art. 14 BauO den Anforderungen der eidgenössischen Lärmschutz-Verordnung noch nicht (
BGE 115 Ib 383
;
114 Ia 385
; ALFRED KUTTLER, Umweltschutz und Raumplanung, Schriftenfolge Nr. 54, Schweizerische Vereinigung für Landesplanung, Bern 1990, S. 17). Doch braucht hierauf nicht näher eingegangen zu werden (
BGE 114 Ib 223
), wie die nachstehenden Erwägungen zeigen.
b) Nach
§ 52 Abs. 1 PBG
sind Wohnzonen in erster Linie für Wohnbauten bestimmt; dieser Nutzweise zugerechnet werden Arbeitsräume, die mit einer Wohnung zusammenhängen und in einem angemessenen Verhältnis zur eigentlichen Wohnfläche stehen. Andere Nutzungsweisen können durch die Bau- und Zonenordnung allgemein oder gebietsweise gestattet oder nach Geschossen, Anteil an der Gesamtnutzfläche oder Einwirkungsgrad beschränkt oder ganz untersagt werden (
§ 52 Abs. 2 PBG
). Gemäss Art. 14 lit. b BauO in der Fassung von 1986 und Art. 14 lit. a BauO in der Fassung von 1989 sind in der hier fraglichen Wohnzone nur "nicht störende Gewerbe" zulässig. Der gewerblich genutzte Anteil darf höchstens 30% der Bruttogeschossfläche betragen (Art. 14 lit. b BauO 1986, Art. 14 lit. c BauO 1989).
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich liess im angefochtenen Entscheid ausdrücklich offen, ob der geplante Autooccasionsbetrieb der Beschwerdeführerin den Anforderungen des Umweltschutzrechts des Bundes, insbesondere den Normen der Lärmschutz-Verordnung genügt. Es hat die nachgesuchte Bewilligung aus raumplanerischen Gründen verweigert und dabei ausgeführt, ein Autooccasionshandel sei in der hier fraglichen Wohnzone in Opfikon nicht zonenkonform. Es ist deshalb zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht Bundesrecht verletzte, indem es Bundesumweltschutzrecht nicht anwendete und die Beschwerde mit der Begründung abwies, bereits aufgrund von Art. 14 BauO könne die Bewilligung nicht erteilt werden. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob Art. 14 BauO gegenüber Bundesumweltschutzrecht selbständige Bedeutung zukommt.
c) Bis zum Inkrafttreten des Umweltschutzgesetzes am 1. Januar 1985 stützten sich Massnahmen der Kantone im Bereiche des Umweltschutzes in erster Linie auf das Raumplanungsrecht (
Art. 3 Abs. 3 lit. b des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700)
) und auf
BGE 117 Ib 147 S. 151
kantonales Baupolizeirecht (
BGE 116 Ib 179
E. 1b, aa). Mit Inkrafttreten des Umweltschutzgesetzes verlor das kantonale Recht seine selbständige Bedeutung, soweit sich sein materieller Gehalt mit dem Bundesrecht deckt oder weniger weit geht als dieses; es behielt sie dort, wo es die bundesrechtlichen Normen ergänzt oder - soweit erlaubt - verschärft (
BGE 116 Ib 179
f. E. 1b, bb;
114 Ib 220
E. 4a). Vorliegend geht es in erster Linie um den Lärmschutz. Neben den in der Lärmschutz-Verordnung festgelegten Vorschriften über die Planungswerte, Immissionsgrenzwerte und Alarmwerte haben die Lärmbelastungsgrenzwerte der Kantone keine selbständige Bedeutung mehr (Art. 65 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01)); ferner regelt das Bundesrecht, wie der Lärm zu ermitteln ist (
Art. 36 ff. LSV
;
BGE 114 Ib 220
f. E. 4a). Die Vollzugsbehörde hat die Aussenlärmimmissionen ortsfester Anlagen anhand der Belastungsgrenzwerte nach den Anhängen 3 ff. zur Lärmschutz-Verordnung zu beurteilen (
Art. 40 Abs. 1 LSV
). Weiter haben die Kantone dafür zu sorgen, dass die Empfindlichkeitsstufen gemäss
Art. 43 LSV
den Nutzungszonen in den Baureglementen oder Nutzungsplänen der Gemeinden zugeordnet werden (
Art. 44 Abs. 1 LSV
). Dies geschieht bei der Ausscheidung oder Änderung der Nutzungszonen oder bei der Änderung der Baureglemente, spätestens jedoch zehn Jahre nach Inkrafttreten der Lärmschutz-Verordnung (
Art. 44 Abs. 2 LSV
). Bis zu dieser Zuordnung bestimmen die Kantone die Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall nach
Art. 43 LSV
(
Art. 44 Abs. 3 LSV
).
d) Das Bundesgericht hatte sich seit Inkrafttreten des Umweltschutzgesetzes bereits mehrfach mit der Frage zu befassen, ob kantonalen bzw. kommunalen Normen des Bau-, Planungs- und Umweltschutzrechtes neben dem Umweltschutzrecht des Bundes noch selbständige Bedeutung zukommt.
aa) In
BGE 115 Ib 461
E. 1c entschied das Bundesgericht, Art. 154 des Raumplanungs- und Baugesetzes des Kantons Freiburg vom 9. Mai 1983 habe seine selbständige Bedeutung verloren. Dieser Rechtssatz bestimmt, dass weder Bauten noch ihre Benützung übermässige Einwirkungen auslösen dürfen und dass jederzeit aufgrund der technischen Möglichkeiten die Massnahmen zu treffen sind, die eine Beschränkung der schädlichen Einwirkungen auf ein zulässiges Mass erlauben. In einem weiteren Urteil führte das Bundesgericht aus, Art. 21 des Reglementes der Gemeinde Yvonand zum Teilzonenplan "Aux Marais" habe ebenfalls weitgehend
BGE 117 Ib 147 S. 152
keine selbständige Bedeutung mehr (
BGE 116 Ib 180
E. 1b, cc und c). Nach dieser kommunalen Norm sind in allen Zonen Unternehmungen, die nachteilige Auswirkungen auf die Nachbarschaft (Lärm, Gerüche, Rauch, Gefahren etc.) haben, untersagt.
Art. 14 BauO unterscheidet sich von den vorstehend erwähnten Immissionsvorschriften des Kantons Freiburg bzw. der Gemeinde Yvonand insofern, als diese Bestimmungen inhaltliche Anforderungen an den Umweltschutz festlegen, die heute - wie erwähnt - weitgehend vom Bundesrecht geregelt werden. Es handelt sich um generalklauselartige Immissionsschutznormen des kantonalen bzw. kommunalen Rechts (HERIBERT RAUSCH, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N 24 zu
Art. 65 USG
). Demgegenüber enthält Art. 14 BauO besondere Vorschriften bezüglich der Zulässigkeit von Gewerben in der Wohnzone der Stadt Opfikon. Diese Regelungen, welche die Frage der Zonenkonformität von Gewerbebetrieben in Wohnzonen betreffen, beziehen sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes auch auf Sachbereiche, die vom Umweltschutzrecht des Bundes nicht erfasst sind.
bb) In
BGE 114 Ib 214
war die Tragweite des kantonal- bzw. kommunalrechtlichen Begriffes des "mässig störenden Betriebes" zu beurteilen. Das Gericht hielt fest, das Umweltschutzrecht des Bundes beziehe sich nicht auf besondere städtebauliche Aspekte, wie sie nach den Zonenvorschriften für den Charakter einer Quartierüberbauung massgebend sein können. Auch erfasse es nicht alle denkbaren Auswirkungen, die insbesondere ein Betrieb mit grossem Verkehrsaufkommen mit sich bringen kann (Parkierungsproblem, Gefährdung der Fussgänger usw.). Es sei daher grundsätzlich nach wie vor denkbar, einen Betrieb mit der Begründung als unzulässig zu bezeichnen, er falle nicht mehr in die kantonalrechtliche Gruppe der mässig störenden, sondern in diejenige der stark störenden Betriebe, weil er nicht vom Umweltschutzrecht des Bundes erfasste starke Störungen bewirke. In einem solchen Fall könne ein Baugesuch allein gestützt auf diese Begründung abgewiesen werden, ohne dass gestützt auf
Art. 43 und 44 LSV
Empfindlichkeitsstufen festgelegt würden und ein Bauvorhaben aufgrund etwa der im Anhang 6 zur Lärmschutz-Verordnung festgesetzten Belastungsgrenzwerte beurteilt werde (
BGE 114 Ib 217
E. 1c und 222 f. E. 5). Diese Rechtsprechung wurde in
BGE 116 Ib 183
f. E. 3b bestätigt.
cc) Soweit die kantonalrechtlichen Begriffe der "Störung" bzw. des "störenden Betriebes" den Lärmschutz erfassen sollen, kommt
BGE 117 Ib 147 S. 153
den entsprechenden kantonalen und kommunalen Normen grundsätzlich keine selbständige Bedeutung mehr zu (
BGE 114 Ib 220
f. E. 4a). Das Umweltschutzrecht des Bundes erfasst aber - wie erwähnt - nicht alle denkbaren Auswirkungen, die insbesondere ein Betrieb mit grossem Verkehrsaufkommen mit sich bringen kann (Gefährdung der Fussgänger, Parkierungsproblem). Bezüglich solcher Auswirkungen kann kantonales bzw. kommunales Recht selbständige Bedeutung haben (
BGE 114 Ib 223
E. 5).
Selbständige Bedeutung können kantonale und kommunale Bestimmungen über die Zulässigkeit von "störenden Betrieben" in Nutzungszonen weiter haben, soweit sie die Frage regeln, ob aus raumplanerischen Gründen ein Betrieb am vorgesehenen Ort in einer Wohnzone überhaupt erstellt werden darf (
BGE 114 Ib 352
). Dabei geht es um besondere städtebauliche Aspekte, wie sie gemäss den Zonenvorschriften für den Charakter einer Quartierbebauung massgebend sein können (
BGE 114 Ib 222
f. E. 5). In diesem Rahmen beruhen kantonale bzw. kommunale Normen auf originären kantonalen bzw. kommunalen Rechtsetzungskompetenzen auf dem Gebiet der Ortsplanung (HERIBERT RAUSCH, a.a.O., N 24 zu
Art. 65 USG
). Hier steht die Frage im Vordergrund, welche Nutzungstruktur eine Wohnzone aufweisen soll und ob z.B. ein Autooccasionshandel mit Blick auf den Charakter der zur Diskussion stehenden Wohnzone erlaubt ist (
BGE 116 Ib 183
f. E. 3b;
BGE 114 Ib 223
). In diesem Sinne will Art. 14 BauO, dessen Marginalie denn auch von "Gewerbezulässigkeit" spricht, auf eine geordnete Bodennutzung hinlenken und festlegen, ob und in welchem Rahmen bestimmte Betriebe von vorneherein und generell - als Kategorie - zonenwidrig sind (in
BGE 106 Ia 238
f. nicht veröffentlichte E. 4a).
Auf diesen (Teil-)Gehalt von Art. 14 BauO stützte sich das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in seinem angefochtenen Entscheid. Es führte aus, Wohnzonen dienten in erster Linie dem Wohnen. Massgebend war dabei für das Verwaltungsgericht die Frage, inwiefern im Hinblick auf eine geordnete Besiedlung des Landes (
Art. 22quater BV
,
Art. 1 Abs. 1 RPG
) und auf die Trennung von Wohngebieten und Gebieten, die für Gewerbe bestimmt sind (
Art. 3 Abs. 3 lit. a RPG
), ein Autooccasionsbetrieb aufgrund der geltenden Nutzungsplanung in Opfikon in der Wohnzone bewilligt werden kann. Dabei ging es ihm primär um die Bewahrung des Wohnquartiercharakters und somit um einen städtebaulich-ästhetischen Aspekt (
BGE 116 Ib 183
f. E. 3b;
BGE 114 Ib 222
E. 5)
BGE 117 Ib 147 S. 154
im Gebiet Glatthofstrasse-Müllackerstrasse. Entgegen der Auffassung des Eidgenössischen Departementes des Innern kommt Art. 14 BauO neben dem Umweltschutzrecht des Bundes insoweit selbständige Bedeutung zu.
e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Bundesumweltschutzrecht nicht verletzte, indem es das Nutzungsänderungsgesuch der Beschwerdeführerin allein aufgrund des kantonalen bzw. kommunalen Rechts abwies.
5.
a) Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, das Verwaltungsgericht habe § 14 BauO und
§ 52 Abs. 2 PBG
willkürlich angewendet. Der Autooccasionshandel sei ein "nicht störendes Gewerbe". Der gewerblich genutzte Anteil übersteige 30% der Bruttogeschossfläche nicht.
Das Verwaltungsgericht führte dazu aus, auch Betriebe, die im Sinne des eidgenössischen Umweltschutzrechtes nicht störend seien, könnten in Wohnzonen störend sein. Wohnzonen dienten in erster Linie der Wohnnutzung. Ein nicht störendes Gewerbe müsse ein bestimmtes Verhältnis zur Wohnnutzung wahren. Es bestätigte die Ausführungen der Baurekurskommission I zur Frage der Zonenkonformität, wonach in Wohnzonen eine beschränkte Durchmischung mit Einrichtungen zur Befriedigung des täglichen Bedarfs zwar erwünscht sei. Aufgrund der allgemein gebotenen Übereinstimmung mit dem Zonenzweck gelte das Erfordernis, dass nicht störende Betriebe ihrem Wesen nach in Wohnquartiere passen müssten. Je ausgeprägter eine Zone Wohnzwecken diene, um so höhere Anforderungen würden für die Zulassung einer anderen Nutzung gelten. Nicht störend seien Bäckereien, Schuhmachereien, Coiffeursalons, Schneiderateliers, Ateliers für technische und graphische Berufe, kleinere kaufmännische Betriebe, Arztpraxen usw. Der Betrieb habe keine funktionale Beziehung zur Wohnzone.
b) Willkür und damit eine Verletzung von
Art. 4 BV
liegt vor, wenn ein Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (
BGE 116 Ia 88
E. 2b;
BGE 115 Ia 332
E. 3a,
BGE 114 Ia 27
f. E. 3b mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann nur eingreifen, wenn die Auslegung nicht nur unrichtig, sondern schlechterdings unhaltbar ist (
BGE 116 Ia 104
E. 4a).
BGE 117 Ib 147 S. 155
Die Anwendung von Art. 14 BauO und
§ 52 PBG
durch das Verwaltungsgericht ist im Lichte von
Art. 4 BV
nicht zu beanstanden.
§ 52 Abs. 1 PBG
legt klar fest, dass Wohnzonen in erster Linie für Wohnbauten bestimmt sind. In diesem Sinne sind in Opfikon nach Art. 14 BauO in der Wohnzone nur nicht störende Gewerbe zulässig. Die funktionale Betrachtungsweise der Zürcher Behörden, wonach in der Wohnzone nur Gewerbe zugelassen werden, die dem täglichen Bedarf der Bewohner dienen, entspricht durchaus auch den Zielen und dem Zweck des Raumplanungsgesetzes. Dieses will wohnliche Siedlungen schaffen (
Art. 1 Abs. 2 lit. b RPG
) und auf eine angemessene Dezentralisation der Besiedlung und der Wirtschaft hinwirken (
Art. 1 Abs. 2 lit. c RPG
). Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes und der Baurekurskommission I des Kantons Zürich, in den Wohnzonen nur Gewerbe zuzulassen, die der täglichen Versorgung der Bewohner dienen, lässt sich auch mit Blick auf
Art. 3 Abs. 3 lit. a RPG
, der bestimmt, dass Wohn- und Arbeitsgebiete einander zweckmässig zugeordnet werden sollen, ohne weiteres vertreten. Ein Autooccasionshandel unterscheidet sich hinsichtlich der Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung klarerweise etwa von Bäckereien, Arztpraxen, Coiffeursalons etc. Der angefochtene Entscheid steht auch, soweit dies im Rahmen der Willkürprüfung festgestellt werden kann, mit den Richtplangrundsätzen des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich im Einklang, legt dieses doch in § 18 Abs. 2 lit. d fest, dass Wohngebiete mit genügend erreichbaren öffentlichen und privaten Diensten für die Versorgung, Fürsorge, Kultur, Bildung und Naherholung ausgestattet werden oder ausgestattet werden können. Inwiefern ein Autooccasionsbetrieb in der Wohnzone in diese richtplanerischen Vorgaben passen würde, ist nicht ersichtlich.
Daran ändert auch der nicht weiter spezifizierte Hinweis der Beschwerdeführerin auf Bauvorhaben der Stadt Opfikon in der Bauzone und im Zusammenhang mit der Überdeckung der Autobahn nichts. Weder bringt die Beschwerdeführerin vor, welche Nutzungsvorschriften in diesen Fällen hätten angewendet werden sollen noch ist ihren Ausführungen zu entnehmen, inwiefern eine ungleiche Behandlung gleicher Sachverhalte vorliegen würde. Insofern ist die Beschwerde ungenügend begründet und es kann auf sie in diesem Punkt nicht eingetreten werden (
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
).
Bei diesem Ausgang des Verfahrens kann offen bleiben, ob mit dem Autooccasionsbetrieb der von der kommunalen Gesetzgebung geforderte Wohnanteil von 70% eingehalten wird oder nicht. | public_law | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e22119a2-711d-441a-9480-5fa5f89c1fe4 | Urteilskopf
99 Ia 236
28. Arrêt du 24 janvier 1973 dans la cause Touring-Club suisse, Automobile-Club suisse et consorts contre Grand Conseil du canton de Vaud. | Regeste
Kantonale Steuern, waadtländische Taxe auf Autoreifen mit eingelassenen Stiften (Spikes). Derogatorische Kraft des Bundesrechts. Strassenfreiheit. Rechtsungleiche Behandlung.
Art. 4, 37 Abs. 2 BV
, 2 Üb. - Best. der BV.
1. Zuständigkeit des Bundesgerichts unter Ausschluss des Bundesrates (Erw. 1).
2. Die streitige "Taxe" ist eine Steuer im Sinne von
Art. 105 SVG
und stellt keine nach
Art. 37 Abs. 2 BV
verbotene Strassenbenützungsgebühr dar (Erw. 2).
3. Die streitige "Taxe" macht die vom Bundesrat zugelassene Verwendung von Spikes-Reifen weder unmöglich noch übermässig kostspielig und verstösst daher nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Erw. 3).
4. Darin, dass kantonales Recht von Kanton zu Kanton verschieden ist, liegt keine rechtsungleiche Behandlung (Erw. 4). | Sachverhalt
ab Seite 237
BGE 99 Ia 236 S. 237
A.-
Le 13 septembre 1972, le Grand Conseil du canton de Vaud a adopté une loi "sur la taxe en raison de l'utilisation des pneus à clous", qui a été publiée dans la Feuille des avis officiels du 22 septembre 1972 et est entrée en vigueur le même jour, selon l'arrêté du Conseil d'Etat du 16 septembre 1972.
La loi dispose notamment:
"Article premier. - Il est perçu chaque hiver une taxe de 100 francs pour l'utilisation d'un véhicule automobile immatriculé dansle canton et équipé de pneus à clous.
Art. 2. - Le Département de la justice, de la police et des affaires militaires peut exonérer de la taxe, en tout ou en partie:
a) les véhicules appartenant à l'Etat;
b) les véhicules destinés uniquement à la lutte contre l'incendie;
c) les véhicules affectés principalement à des services d'utilité publique gratuits;
BGE 99 Ia 236 S. 238
d) les véhicules d'infirmes indigents;
e) les entreprises au bénéfice d'une concession fédérale pour les services de transports publics de voyageurs par automobiles, ainsi que les entrepreneurs de courses postales, pour les véhicules utilisés exclusivement à ces fins.
Art. 5. - Le détenteur dont le véhicule automobile immatriculé dans le canton et équipé de pneus à clous est utilisé ou stationne sur la voie publique sans être muni d'une vignette valable est puni d'une amende de 150 francs au moins, sans préjudice du paiement de la taxe éludée.
Le conducteur non-détenteur qui utilise ou fait stationner sur la voie publique un véhicule automobile immatriculé dans le canton et équipé de pneus à clous sans être muni d'une vignette valable sera puni de l'amende.
Art. 6. - Les infractions se poursuivent conformément à la loi sur les contraventions.
La poursuite des infractions tombant sous le coup de la loi pénale ou des dispositions pénales de la loi fédérale sur la circulation routière demeure réservée.
B.-
Deux recours de droit public ont été formés contre cette loi: l'un, émanant de la Section vaudoise du Touring-Club Suisse (en abrégé: TCS) et de deux de ses membres (Juvet et Braillard), allègue la violation de l'art. 2 disp. trans. Cst. (force dérogatoire du droit fédéral), la violation de l'égalité de traitement et l'arbitraire (art. 4 Cst.); l'autre, émanant de la Section vaudoise de l'Automobile-Club de Suisse (en abrégé: ACS) et de deux de ses membres (Frech et Gilroy), allègue, en plus des griefs précités, la violation du droit à la liberté des routes (art. 37 al. 2 Cst.). Ils tendent tous deux à l'annulation de la loi, subsidiairement (celui de l'ACS) à l'annulation de certaines de ses dispositions.
Au nom du Grand Conseil, le Conseil d'Etat conclut au rejet des deux recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
a) (Jonction des recours).
b) L'ACS prie le Tribunal fédéral de transmettre le recours au Conseil fédéral au cas où il estimerait que ce dernier est compétent en vertu de l'art. 3 al. 4 LCR.
Selon l'art. 3 al. 3 LCR, les cantons peuvent interdire complètement ou restreindre temporairement la circulation sur les routes qui ne sont pas ouvertes au grand trafic, sous réserve du recours au Tribunal fédéral pour violation des droits constitutionnels
BGE 99 Ia 236 S. 239
des citoyens. Selon l'art. 3 al. 4 LCR, les cantons peuvent édicter d'autres limitations ou prescriptions, lorsqu'elles sont nécessaires pour assurer la sécurité, faciliter ou régler la circulation, protéger la structure de la route ou satisfaire à d'autres exigences imposées par les conditions locales. Contre la décision de dernière instance cantonale concernant de telles mesures, c'est la voie du recours au Conseil fédéral qui est ouverte.
Il est vrai que, dans une certaine mesure, la loi attaquée tend à "protéger la structure de la route"; mais les dispositions qu'elle contient ne constituent pas des "limitations ou prescriptions" au sens de l'art. 3 al. 4 LCR, par quoi il faut entendre des mesures de police qui limitent directement ou réglementent d'une autre façon le trafic sur la route, comme par exemple les interdictions de circuler pour certaines catégories de véhicules (ATF Korporation Hergiswil, du 7 octobre 1970, non publié; cf. Message du Conseil fédéral du 24 juin 1955 relatif à la LCR, FF 1955 II p. 11 s.). Le prélèvement d'une contribution ne peut pas être attaqué devant le Conseil fédéral en application de cette disposition. C'est donc le Tribunal fédéral qui est compétent pour trancher les présents recours.
c) Les recourants Juvet, Braillard, Frech et Gilroy sont, selon leurs propres indications non contestées par le Conseil d'Etat, détenteurs de véhicules à moteur immatriculés dans le canton de Vaud. La loi les atteint donc dans leurs intérêts juridiquement protégés, de sorte qu'ils ont qualité pour l'attaquer par la voie du recours de droit public. D'ailleurs ladite loi pourrait être attaquée, en tant que norme de portée générale, même par un habitant du canton qui ne serait momentanément pas détenteur d'une voiture automobile légère mais qui pourrait le devenir et tomber un jour sous le coup de la loi (cf. RO 93 I 46 consid. 3 b
;
85 I 53
consid. 2).
Le TCS et l'ACS ont comme but statutaire notamment la protection des intérêts de leurs membres. Comme la plupart des membres de leur section vaudoise sont détenteurs de voitures automobiles légères et partant touchés par la loi attaquée, les deux clubs ont également qualité pour former un recours de droit public contre ladite loi (RO 94 I 4 et les arrêts cités).
2.
Les recourants invoquent l'art. 105 LCR qui réserve le droit des cantons d'imposer les véhicules et de prélever des taxes; l'ACS prétend que la contribution prévue par la loi
BGE 99 Ia 236 S. 240
attaquée n'est ni un impôt ni une taxe au sens de cette disposition (par quoi il faut entendre un émolument, selon le texte allemand: Gebühr), de sorte qu'il conteste au canton de Vaud le droit de se fonder sur l'art. 105 LCR pour percevoir la contribution litigieuse. Il soutient également que cette contribution aurait le caractère d'une taxe d'utilisation, prohibée par l'art. 37 al. 2 Cst.
Il s'agit d'examiner quelle est la nature juridique de la contribution litigieuse. Elle pourrait être, selon les parties, soit un impôt proprement dit, soit une taxe d'utilisation, soit éventuellement une charge de préférence.
a) Il manque à la contribution litigieuse l'élément caractéristique commun aux taxes (émoluments et taxes d'utilisation) et aux charges de préférence, à savoir une prestation spéciale de l'Etat aux personnes assujetties, prestation dont le coût serait mis à la charge, ou bien de celui qui requiert une activité de l'Etat (cas de l'émolument de chancellerie), ou bien de ceux qui utilisent une installation ou en bénéficient, et serait réparti entre eux de façon proportionnelle aux avantages qu'ils en retirent.
En effet, l'Etat ne fournit pas de prestations spéciales aux automobilistes auxquels il impose la contribution de 100 fr. en raison de l'utilisation des pneus à clous; il ne leur fournit pas plus de prestations qu'aux autres détenteurs de véhicules à moteur, usagers des routes publiques. Si l'on admet qu'il y a dans cette contribution une certaine part dont la nature se rapproche de celle de la taxe, il en est de même de l'impôt ordinaire sur les véhicules; mais cette part, non prépondérante, n'est pas déterminante pour la qualification de ces contributions. Ainsi la contribution que réclame l'Etat aux utilisateurs de pneus à clous n'est pas d'une nature différente de celle qu'il réclame à tous les détenteurs de véhicules à moteur.
Or il n'est pas contesté que les contributions ordinaires sur les véhicules à moteur ont le caractère d'un impôt (cf. RO 57 I 1, 48 I 76, 44 I 14; STREBEL, Kommentar N. 1 ss. ad art. 71 LA 1933; FAVRE, Droit constitutionnel suisse, p. 361; HEINZ SULGER BÜEL, Die kostengerechte Abgabenbelastung des Motorfahrzeugverkehrs in der Schweiz, thèse St. Gall 1972, p. 31 ss., 57 ss.; KASPAR MEIER, Die Grundzüge der kantonalen Motorfahrzeugsteuern, thèse Zürich 1943, p. 12 ss.; WILLI, Das Problem des schweiz. Motorfahrzeugsteuersystems, thèse Berne
BGE 99 Ia 236 S. 241
1960, p. 31 ss.; BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3e éd., p. 162), éventuellement d'un impôt d'affectation et de dotation (Zwecksteuer), là où le produit doit en être consacré entièrement à la construction et à l'entretien des routes en vertu du droit cantonal; mais même dans ce cas, c'est un impôt qui rentre dans les catégories visées par l'art. 105 al. 1 LCR.
En l'espèce, tant le Message que la réponse du Conseil d'Etat relèvent que le produit de la "taxe" pour l'utilisation de pneus à clous ne sera pas affecté spécialement à la réfection des routes, mais entrera dans les recettes générales de l'Etat (sous réserve de la part rétrocédée aux communes); même si ces recettes permettront au canton et aux communes de mieux supporter la lourde charge que représentent les réparations des routes endommagées par l'usage des pneus à clous, la contribution litigieuse n'en garde pas moins le caractère général d'impôt et se tient dans les limites de l'art. 105 al. 1 LCR. Le canton de Vaud pouvait donc se fonder avec raison sur cette dernière disposition pour prélever la taxe sur les pneus à clous.
Le fait que le canton cherche, par cet impôt, à freiner l'usage des pneus à clous ne change rien à la nature de l'impôt, pas plus que le fait que ce dernier ne frappe qu'un cercle déterminé de personnes.
b) Selon l'art. 37 al. 2 Cst., "des taxes ne peuvent pas être perçues pour l'usage des routes ouvertes au trafic public dans les limites de leur destination. L'Assemblée fédérale peut autoriser des exceptions dans des cas spéciaux". L'ACS soutient que la loi attaquée viole cette disposition constitutionnelle.
L'art. 37 al. 2 Cst., adopté lors de la revision constitutionnelle de 1958, a repris l'idée de l'ancien art. 30 al. 2 Cst., qui a été supprimé lors de cette même revision (cf. FF 1957 II p. 856 s. 863). Mais la nouvelle disposition dépasse la portée de l'ancienne à différents égards: elle n'interdit pas seulement les péages, droits de chaussée et de pontonnage, mais toute taxe "pour l'usage des routes ouvertes au trafic public dans les limites de leur destination"; elle a une portée non seulement intercantonale, mais également intracantonale; elle confère en outre au particulier un droit constitutionnel individuel (RO 89 I 537). Dans l'idée du législateur, l'art. 37 al. 2 vise avant tout l'usage des autoroutes, pour lesquelles des taxes d'utilisation sont en général prélevées à l'étranger. On voulait exclure une telle solution pour la Suisse, mais on a précisé à cette occasion
BGE 99 Ia 236 S. 242
que l'usage des autres routes est également franc de taxes.
Or on a vu ci-dessus que la contribution litigieuse ne peut être qualifiée de taxe au sens où l'entendent la doctrine et la jurisprudence, mais qu'elle est un véritable impôt. Sans doute l'automobiliste vaudois dont le véhicule est équipé de pneus à clous n'est-il pas autorisé à rouler sur les routes vaudoises sans avoir acquitté la contribution de 100 fr. prévue par la loi, mais la même interdiction frappe l'automobiliste qui roulerait sans plaques de contrôle, dont l'obtention est conditionnée par le paiement de l'impôt ordinaire afférent à son véhicule. Or les recourants ne vont pas jusqu'à prétendre que le paiement de ce dernier impôt constitue une violation du principe de la liberté des routes, sanctionné par l'art. 37 al. 2 Cst.; ils ne sauraient davantage le faire pour la "taxe" litigieuse, dont la nature juridique n'est pas différente.
3.
Le principal argument des recourants consiste à prétendre que la loi vaudoise viole le principe de la force dérogatoire du droit fédéral parce qu'elle tend à limiter l'usage des pneus à clous, alors que seul le Conseil fédéral est compétent pour réglementer l'équipement des véhicules automobiles, selon l'art. 8 LCR. Ils relèvent que le Conseil fédéral a fait usage de cette compétence en édictant son "Ordonnance sur la construction et l'équipement des véhicules routiers" du 27 août 1969; en ce qui concerne les pneus à clous, il en a expressément autorisé l'usage, avec certaines restrictions quant à la durée, à la vitesse et aux véhicules qui peuvent en être équipés (cf. le plus récent ACF du 18 octobre 1972, ROLF 1972 p. 2535). Les cantons ne sauraient, selon les recourants, édicter des règles qui vont à l'encontre des prescriptions fédérales.
Mais le canton de Vaud n'interdit pas l'usage des pneus à clous; il n'a pas non plus édicté de prescriptions sur l'équipement des véhicules en pneus de cette sorte; il a simplement institué un impôt sur les véhicules ainsi équipés. Un tel impôt ne doit cependant pas être contraire au sens et à l'esprit du droit fédéral; il doit notamment ne pas rendre pratiquement impossible ou onéreux à l'excès l'usage des pneus à clous autorisé par le droit fédéral (cf. RO 98 I/a 168, 91 I 21 s.). Mais le Conseil fédéral lui-même n'autorise les pneus à clous qu'avec certaines restrictions, édictées avec une préoccupation semblable à celle du législateur vaudois. Le Conseil fédéral lui-même envisage une interdiction (l'ACF du 18 octobre 1972 a une
BGE 99 Ia 236 S. 243
durée limitée au 15 novembre 1974) si les fabricants n'arrivent pas, dans un certain délai, à mettre au point des pneus moins dommageables pour les chaussées.
On ne peut donc pas dire que la loi vaudoise soit contraire au sens et à l'esprit du droit fédéral (cf. RO 91 I 22). On ne saurait pas non plus prétendre que les cantons soient limités, en cette matière, dans leur pouvoir d'imposer les véhicules à moteur; la réserve de l'art. 105 al. 1 LCR vaut pour toutes les matières réglementées dans cette loi. Il ne vient à l'idée de personne de contester aux cantons le droit de prélever, par exemple, un impôt sur les remorques dont sont équipés certains véhicules (camions, voitures de tourisme, etc.), alors qu'un tel impôt peut restreindre l'emploi de ces accessoires pourtant autorisés par le droit fédéral. Il est d'autre part constant que le montant de l'impôt sur les véhicules est plus ou moins élevé, notamment en fonction de la puissance du véhicule et de sa nature (voiture de tourisme, camion, autocar, etc.), c'est-à-dire du moteur et des autres éléments dont il est équipé. En réservant la souveraineté fiscale des cantons - réserve qui n'est d'ailleurs pas constitutive, mais simplement déclarative - le droit fédéral ne prescrit aucun mode particulier d'aménager les impôts cantonaux; il n'empêche notamment pas de les fixer en fonction des dégâts plus ou moins importants que les véhicules peuvent causer aux chaussées.
L'impôt litigieux ne serait contraire au principe de la force dérogatoire du droit fédéral que si, par son montant très élevé, il équivalait pratiquement à une interdiction des pneus à clous. On ne saurait prétendre que tel soit le cas de l'impôt litigieux, dont le montant de 100 fr. n'est sans doute pas minime, mais qui n'est cependant pas élevé au point de rendre prohibitif l'usage des pneus à clous.
Il est sans doute très probable que cet impôt dissuade bien des automobilistes d'utiliser dorénavant des pneus à clous. Mais le nombre des utilisateurs (la presse a parlé de 10 000 environ pour le canton de Vaud) est encore élevé. Il est certain d'autre part que la réduction du nombre de véhicules équipés de pneus à clous est imputable à d'autres raisons encore, notamment à la réduction de la vitesse maximale autorisée pour ces véhicules, vitesse que le Conseil fédéral a réduite à 80 km à l'heure dans son arrêté du 18 octobre 1972, alors qu'elle était auparavant de 90 km à l'heure (ACF du 15 septembre 1971).
Il n'est cependant pas nécessaire de rechercher quelle pourrait
BGE 99 Ia 236 S. 244
être la part de la réduction imputable dans le canton de Vaud au seul prélèvement de l'impôt litigieux; il suffit de constater que cet impôt n'est pas prohibitif et que, partant, il ne viole pas le principe de la force dérogatoire du droit fédéral.
4.
Les recourants soutiennent encore que la loi attaquée viole l'art. 4 Cst., qu'elle conduit à une inégalité de traitement et qu'elle est arbitraire.
a) Sous l'angle de l'égalité de traitement, il n'est sans doute pas satisfaisant que seuls les véhicules immatriculés dans le canton de Vaud soient soumis à un impôt supplémentaire s'ils sont équipés de pneus à clous, alors que les routes vaudoises sont fréquentées par beaucoup d'autres véhicules équipés de la même façon. Mais la jurisprudence constante admet qu'il n'y a pas violation du principe de l'égalité de traitement dans le fait que le droit public cantonal diffère d'un canton à l'autre (RO 93 I 311 consid. 2 c, 336 consid. 5 a et 714 s., 97 I 122 consid. 5 a et les arrêts cités). De telles différences sont la conséquence de la structure fédéraliste de la Suisse et de la sphère d'autonomie dont jouissent les cantons. Ces différences sont spécialement sensibles dans le domaine fiscal, où l'on peut signaler à titre d'exemple l'impôt sur les donations qui est relativement élevé dans certains cantons, alors qu'il n'existe pas dans d'autres. L'impôt sur les véhicules à moteur présente aussi de sensibles différences, d'un canton à l'autre, comme le relève un article paru dans la revue "Touring" du 14 décembre 1972, d'où il ressort que la différence pour un même véhicule dépasse souvent le montant de 100 fr. qui a été fixé pour l'impôt litigieux. Si peu satisfaisante que puisse paraître cette situation, elle ne viole pas l'art. 4 Cst., du moment que les cantons sont libres, en vertu du droit fédéral, dans le choix des impôts et de leur montant.
Si les recourants admettent que les différences d'imposition ne constituent pas une inégalité de traitement au sens de la jurisprudence relative à l'art. 4 Cst., ils reprochent en revanche au canton de Vaud de faire payer par les seuls automobilistes vaudois les dégâts supplémentaires causés aux routes par les pneus à clous, alors que ces dégäts sont causés en grande partie par des automobilistes d'autres cantons; ils y voient une inégalité de traitement incompatible avec l'art. 4 Cst.
Ce grief est mal fondé. D'une part, le législateur vaudois n'a pris en considération qu'une partie des frais supplémentaires de
BGE 99 Ia 236 S. 245
réparation lorsqu'il s'est agi de fixer le montant de l'impôt sur les pneus à clous. D'autre part, la solution - proposée par l'ACS et qui satisferait aux exigences de l'art. 4 Cst. - consistant à imposer tous les usagers roulant sur les routes vaudoises avec des pneus à clous, se heurterait au principe selon lequel les cantons ne peuvent imposer que les véhicules stationnés sur leur territoire (art. 105 al. 1 et 2 LCR).
b) Les recourants, en particulier l'ACS, taxent d'arbitraires certaines dispositions de la loi attaquée.
Selon la jurisprudence, une disposition légale ne viole l'art. 4 Cst. que si elle ne repose sur aucun motif sérieux, n'a aucun sens ni aucune utilité, ou si elle opère des distinctions qui ne trouvent aucune justification raisonnable dans les faits à réglementer (RO 97 I 782 consid. 2 c et les arrêts cités). Dans ces limites, les cantons jouissent d'un large pouvoir d'appréciation dans l'élaboration de leurs lois fiscales; on ne saurait déduire de l'art. 4 Cst. un système déterminé d'imposition (RO 96 I 66).
aa) L'ACS critique notamment l'exonération prévue à l'art. 2 lettre c de la loi pour les entreprises de transports publics concessionnées et les entreprises de courses postales, car il s'agit en général de véhicules lourds, c'est-à-dire de ceux qui causent les plus gros dégâts. Mais une telle exonération, fondée sur le caractère d'utilité publique des véhicules visés, se justifie par des motifs objectifs et échappe dès lors au grief d'arbitraire. On observera d'autre part que seules les voitures automobiles d'un poids total de 3500 kg au maximum peuvent être équipées de pneus à clous (art. 1er de l'ACF du 18 octobre 1972). Le grief soulevé doit être rejeté.
bb) L'ACS critique le montant uniforme de 100 fr. par hiver pour la taxe litigieuse, alors qu'on aurait pu prévoir une réduction, de 50% par exemple, pour les véhicules qui ne seraient immatriculés dans le canton de Vaud que vers la fin de la période où l'usage des pneus à clous est autorisé. Mais, comme on l'a relevé ci-dessus (consid. 2), la "taxe" en question est un impôt proprement dit, dont le montant est indépendant de la façon plus ou moins intense dont le contribuable fait usage des routes cantonales. Il s'agit d'autre part d'une question d'application pratique; or selon la jurisprudence, une certaine schématisation adoptée pour des raisons pratiques est admissible en matière fiscale (cf. RO 93 I 114 et les arrêts cités). On ne saurait donc déclarer arbitraire une telle manière de faire.
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cc) L'ACS critique enfin le fait que le montant maximum de l'amende prévue à l'art. 5 de la loi ne soit pas indiqué (alors que le minimum est fixé à 150 fr.), ce qui permettrait pratiquement à un magistrat d'aller jusqu'à 20 000 fr., maximum prévu par la loi vaudoise du 18 novembre 1969 sur les contraventions; or ce maximum est trop élevé pour les infractions à la loi litigieuse.
Ce grief est mal fondé.
Les contraventions sont des infractions peu graves, que le droit pénal fédéral punit d'arrêts ou d'amendes (art. 101 CP). En droit fédéral également, des contraventions de peu d'importance sont passibles de l'amende, qui peut aller théoriquement jusqu'à 40 000 fr. (art. 48 al. 1 CP, dans sa teneur du 18 mars 1971) à défaut de disposition contraire de la loi, ainsi notamment le fait de conduire un cycle non muni d'un signe distinctif valable (art. 99 ch. 4 LCR); mais il va de soi que l'autorité de répression fixera la peine en fonction de la gravité du cas. Il n'y a donc pas d'arbitraire à ne pas fixer dans la loi litigieuse un maximum inférieur à 20 000 fr.
5.
L'ACS critique enfin le fait qu'un certain effet rétroactif soit pratiquement donné à la loi.
Il n'y a cependant aucun effet rétroactif au sens juridique du terme, seul déterminant sous l'angle de la constitutionnalité. Votée le 13 septembre 1972 par le législateur, la loi a été mise en vigueur "dès et y compris le 22 septembre 1972", par arrêté du Conseil d'Etat du 16 septembre 1972. Pratiquement, elle n'a déployé tous ses effets qu'à partir du 15 novembre 1972, début de la période d'utilisation des pneus à clous selon le droit fédéral (ACF du 18 octobre 1972).
Il est sans importance, pour la constitutionnalité de la loi sur ce point, que certains automobilistes aient déjà acquis de nouveaux pneus à clous dès le début de septembre, ni que les marchands de pneus aient déjà eu à cette même époque un stock de pneus à clous qu'ils ont eu beaucoup plus de peine à écouler.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette les recours. | public_law | nan | fr | 1,973 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e222e37c-e551-4703-a421-b8acbed729df | Urteilskopf
125 II 385
37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. Juni 1999 i.S. Staat Solothurn gegen B. und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
; Gleichstellungsgesetz; Lohngleichheit, Solothurner Physiotherapeutinnen.
Grundsätze für die gerichtliche Überprüfung einer Arbeitsplatzbewertung (E. 5).
Anwendung dieser Grundsätze, Bedeutung eines arbeitswissenschaftlichen Gutachtens (E. 6). | Sachverhalt
ab Seite 385
BGE 125 II 385 S. 385
B. ist seit 1. Dezember 1994 öffentlichrechtlich als Physiotherapeutin am Kantonsspital Olten angestellt. Am 30. Dezember 1994 erhob sie zusammen mit anderen Physiotherapeutinnen Klage gegen den Staat Solothurn mit dem Rechtsbegehren, die ihr zustehende rechts- und geschlechtsgleiche Besoldung gemäss
Art. 4 BV
zukünftig und rückwirkend seit wann rechtens nebst Zins seit wann
BGE 125 II 385 S. 386
rechtens zu bezahlen. Das Verfahren wurde mit Rücksicht auf aussergerichtliche Vergleichsverhandlungen und auf die hängige Gesamtrevision des staatlichen Besoldungswesens (Projekt BERESO) sistiert. Im Rahmen dieses Projekts wurde für eine Anzahl von Verwaltungsfunktionen eine analytische Arbeitsplatzbewertung in der Form einer vereinfachten Funktionsanalyse durchgeführt und gestützt darauf die Einstufung in die Lohnklassen vorgenommen. Die Rechtsgrundlagen für die generelle Besoldungsrevision traten am 1. Januar 1996 in Kraft. Die Physiotherapeutinnen wurden in die Lohnklasse 13 eingereiht.
Mit Klagebegründung vom 15. Mai 1997 stellte B. das Rechtsbegehren, der Kanton Solothurn sei zu verurteilen, ihr die ihr zustehende rechts- und geschlechtsgleiche Besoldung gemäss
Art. 4 BV
, mindestens jedoch entsprechend der Lohnklasse 17, zukünftig und rückwirkend seit wann rechtens nebst Zins seit wann rechtens zu bezahlen. Die Klage wurde ausdrücklich als Pilotverfahren bezeichnet, während die Verfahren der übrigen Physiotherapeutinnen (mit Ausnahme der Klage einer Chef-Physiotherapeutin) sistiert blieben.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn liess ein arbeitswissenschaftliches Gutachten von Prof. Dr. Christof Baitsch und Dr. Christian Katz erstellen. Dieses kam zum Schluss, die Funktion der Physiotherapeutin sei nach den Kriterien und Gewichtungen, die der Besoldungsrevision zugrunde lagen, in die Besoldungsklasse 18 einzureihen.
Mit Teilurteil vom 28. Oktober 1998 stellte das Verwaltungsgericht in Gutheissung der Klage fest, dass der Kanton Solothurn verpflichtet sei, B. ab 1. Januar 1996 eine Besoldung der Lohnklasse 18 zu bezahlen (Ziff. 1 des Dispositivs), und dass B. für die Zeit vom 1. Dezember 1994 bis 31. Dezember 1995 Anspruch auf die Differenz zwischen dem effektiv bezahlten und dem diskriminierungsfreien Lohn habe (Ziff. 2 des Dispositivs), je zuzüglich Zins. Es erwog gestützt auf das gerichtliche Gutachten, als rechts- und geschlechtsgleiche Besoldung habe die Einstufung der Physiotherapeutinnen in die Lohnklasse 18 zu gelten. Die Einstufung in die Klasse 13 sei diskriminierend und verletze
Art. 4 Abs. 2 BV
und das Gleichstellungsgesetz vom 24. März 1995 (GlG; SR 151).
Der Staat Solothurn erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, Ziff. 1 des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufzuheben und festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin mit Wirkung ab 1. Januar 1996 in der Lohnklasse 15 zu besolden sei.
Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im
BGE 125 II 385 S. 387
Sinne der Erwägungen gut, hebt. Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts auf und weist die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Nach
Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV
und
Art. 3 GlG
haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden (
BGE 125 I 71
E. 2;
BGE 124 II 409
E. 7-9, mit Hinweisen). Vorliegend geht es um die formal geschlechtsneutrale Einstufung der Funktion «Physiotherapeut/in». Eine direkte Diskriminierung steht nicht zur Diskussion.
b) Eine indirekte geschlechtsbedingte Diskriminierung liegt vor, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Ge- schlechts ohne sachliche Begründung gegenüber jenen des anderen Geschlechts erheblich benachteiligt (Botschaft vom 24. Februar 1993 zum Gleichstellungsgesetz, BBl 1993 I 1248ff., 1295 f.;
BGE 125 I 71
E. 2a S. 79;
BGE 124 II 409
E. 7 S. 424 f., mit Hinweisen). Eine Ungleichbehandlung, welche nicht spezifisch Angehörige des einen Geschlechts betrifft, fällt demgegenüber nicht in den Geltungsbereich von
Art. 4 Abs. 2 BV
bzw. des Gleichstellungsgesetzes, sondern beurteilt sich einzig nach
Art. 4 Abs. 1 BV
(vgl.
BGE 124 II 529
E. 5d S. 533 f.). Der Beschwerdeführer bestreitet im Verfahren nicht mehr, dass der Beruf der Physiotherapeutin als Frauenberuf zu bezeichnen sei. Nach den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz war der Frauenanteil an den Personen, die eine Ausbildung als Physiotherapeut/in begonnen haben, in den letzten sieben Jahren nie kleiner als 75,6%. Gemäss dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten beschäftigt der Kanton Solothurn im Bürgerspital Solothurn und im Kantonsspital Olten gesamthaft acht Physiotherapeuten und 24 Physiotherapeutinnen. Es ist aufgrund dieser Zahlenverhältnisse nicht bundesrechtswidrig, die Funktion «Physiotherapeut/in» als frauenspezifisch zu bezeichnen (vgl.
BGE 124 II 529
E. 5f-h, S. 535 f.).
(c-e: Grundsätze zur Beurteilung einer Lohndiskriminierung, vgl.
BGE 125 I 71
E. 2c;
BGE 124 II 409
E. 9, 436 E. 7a).
4.
a) Die Bewertung der verschiedenen Funktionen erfolgte im Rahmen des Projekts BERESO aufgrund einer vereinfachten Funktionsanalyse. Dabei wurden die für die Beurteilung einer Funktion
BGE 125 II 385 S. 388
massgebenden Anforderungen in sechs Kriterien zusammengefasst und diese unterschiedlich gewichtet. Die einzelnen Funktionen wurden anhand dieser Kriterien aufgrund einer Skala von 0,5 (bei Kriterium 1 von 0,25) bis 5,0 bewertet. Die Summe der gewichteten Punkte ergab einen Arbeitswert für die jeweils betrachtete Funktion.
b) Die vom Kanton gewählten Kriterien und die jeweiligen maximalen Punktzahlen lauten wie folgt:
K1: Ausbildung und Erfahrung 300
K2: Geistige Anforderungen 300
K3: Verantwortung 230
K4: Psychische Belastung 60
K5: Physische Belastung 60
K6: Beanspruchung der Sinnesorgane/Arbeitsbedingungen 50
Diese Kriterien und Gewichtungen wurden auch vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt. Sie können grundsätzlich nicht als diskriminierend betrachtet werden (
BGE 125 I 71
E. 3a S. 80 f.;
BGE 124 II 409
E. 10d S. 430). Umstritten sind demgegenüber die Werte, welche der Funktion «Physiotherapeut/in» bei den einzelnen Kriterien zuzuordnen sind.
c) Das Projekt BERESO basierte auf der Bewertung von 132 Schlüsselfunktionen. Die Funktion «Physiotherapeut/in» gehörte nicht zu den Schlüsselfunktionen. Ihre ursprüngliche Einstufung erfolgte auf der Basis derjenigen der Ergotherapeutin, welche wie folgt bewertet wurde:
K1: 2,0
K2: 2,5
K3: 2,0
K4: 3,0
K5: 3,0
K6: 2,0
Daraus resultierte ein totaler Arbeitswert von 311 Punkten, was zur Einreihung in die Lohnklasse 14 führte. Im Kantonsrat wurde anschliessend für die meisten Funktionen im Pflegebereich ein Minusklassenentscheid getroffen, so dass die Physiotherapeutinnen wie die Ergotherapeutinnen in die Lohnklasse 13 eingereiht wurden.
d) Die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Experten verglichen die Funktion der Physiotherapeutin mit männlich dominierten Vergleichsfunktionen und kamen dabei für die Funktion Physiotherapeutin zu folgenden Ergebnissen:
BGE 125 II 385 S. 389
K1: 2,5
K2: 3,0
K3: 2,5
K4: 3,5
K5: 3,5
K6: 2,0
Daraus resultierten 405,5 Arbeitswertpunkte.
e) Das Verwaltungsgericht schloss sich weitgehend der Beurteilung durch die Gutachter an mit Ausnahme des Kriteriums K4, wo es einen Wert von 3,0 (statt 3,5) annahm. Das ergab total 399,5 Arbeitswertpunkte, was zu einer Einreihung in die Lohnklasse 18 führte.
f) Der Beschwerdeführer anerkennt, dass die ursprüngliche Einreihung in die Lohnklasse 13 zu tief ist. Er rügt jedoch eine offensichtlich unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellung sowie einen Ermessensmissbrauch durch die Vorinstanz. Die Gutachter hätten sich zu stark auf die so genannten Wertungshilfen abgestützt, welche jedoch nur für das Kriterium K1 verwendet worden seien. Für die übrigen Kriterien seien diese durch Quervergleichsdiskussionen über alle Schlüsselstellen abgelöst worden. Die einseitige Abstützung der Gutachter auf die Wertungshilfen wirke daher strukturverzerrend. Die von den Experten verwendete minimale Vergleichsbasis genüge nicht, um die sich auf Quervergleichsüberlegungen stützende Bewertung der einzelnen Kriterien nachzuvollziehen. Die Informationsbeschaffung der Gutachter sei im Alleingang erfolgt, so dass diese nicht über den gleichen Informationshintergrund verfügten wie die Projektgremien. So hätten sie die Selbständigkeit der Physiotherapeutinnen hervorgehoben und nicht gewürdigt, dass diese unter einer verantwortlichen ärztlichen Leitung stünden. Zudem hätten die Experten den Ermessensspielraum immer zu Gunsten der Klägerinnen ausgelegt, was zu einer Kumulation grosszügiger Bewertungen geführt habe.
Im Einzelnen erachtet der Beschwerdeführer folgende Bewertungen als zutreffend:
K1: 2,25 (statt 2,5)
K2: 2,5 (statt 3,0)
K3: 2,0 (statt 2,5)
K4: 2,5 (statt 3,0)
K5: 3,5 (wie Verwaltungsgericht)
K6: 2,0 (wie Verwaltungsgericht)
BGE 125 II 385 S. 390
Gesamthaft ergebe dies 326,5 Arbeitswertpunkte, was zu einer Einstufung in die Lohnklasse 15 führe.
5.
Es stellt sich zunächst die Frage, ob und wie weit das Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überhaupt im Einzelnen auf die Bewertungen bestimmter Funktionen einzugehen hat.
a) Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überprüft das Bundesgericht frei die richtige Anwendung des Bundesrechts, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (
Art. 104 lit. a OG
). An die Begründung der Beschwerde ist es nicht gebunden (
Art. 114 Abs. 1 OG
). Nachdem als Vorinstanz ein Gericht entschieden hat, ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, soweit diese nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgte (
Art. 105 Abs. 2 OG
). Eine Ermessensüberprüfung steht dem Bundesgericht nicht zu (
Art. 104 lit. c OG
).
b) Die Bewertung bestimmter Funktionen in Bezug auf andere Funktionen oder auf bestimmte Anforderungskriterien kann nie objektiv und wertneutral erfolgen, sondern enthält zwangsläufig einen erheblichen Wertungsbereich, dessen Konkretisierung davon abhängt, wie eine bestimmte Aufgabe von der Gesellschaft bzw. vom Arbeitgeber bewertet wird (ANDREAS C. ALBRECHT, Der Begriff der gleichwertigen Arbeit im Sinne des Lohngleichheitssatzes «Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit» [
Art. 4 Abs. 2 BV
], Diss. Basel 1998, S. 136, 162, 166 f.). Wissenschaftliche Studien können diese Beurteilung unterstützen, indem sie die Tatsachen erheben und Vorurteile beseitigen, aber sie können nicht die normative Wertung ersetzen.
Diese Entscheidung hängt einerseits von Sachverhaltsfragen ab, beispielsweise der Frage, was für Tätigkeiten im Rahmen einer bestimmten Funktion ausgeführt werden, welche ausbildungsmässigen Anforderungen dafür verlangt werden, unter welchen Umständen die Tätigkeit ausgeübt wird usw. Andererseits hängt sie ab von der relativen Gewichtung, welche diesen einzelnen Elementen beigemessen wird. Diese Gewichtung ist grundsätzlich nicht bundesrechtlich vorgegeben. Die zuständigen kantonalen Behörden haben, soweit nicht das für sie verbindliche kantonale Recht bestimmte Vorgaben enthält, einen grossen Ermessensspielraum. Bundesrechtlich vorgegeben sind jedoch die Schranken dieses Spielraums: Die Bewertung darf nicht willkürlich oder rechtsungleich erfolgen (
Art. 4 Abs. 1 BV
), und sie darf keine geschlechtsdiskriminierenden
BGE 125 II 385 S. 391
Elemente enthalten (
Art. 4 Abs. 2 BV
bzw.
Art. 3 GlG
). Die Bewertung und Einstufung einer bestimmten Tätigkeit oder Funktion ist somit weder eine reine Sach- noch Rechts- noch Ermessensfrage, sondern enthält Elemente von allen drei. Die Anwendung des Gleichstellungsgesetzes kann daher nicht dazu führen, dass eine bestimmte Wertung als die rechtlich einzig richtige bezeichnet wird; sie kann nur bestimmte Wertungen als unzulässig, weil diskriminierend, qualifizieren. In diesem Rahmen bleibt ein erheblicher Ermessensspielraum der zuständigen politischen Behörden (
BGE 125 I 71
E. 4c S. 83 f.).
c) Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör und aus der spezifischen Natur des Lohngleichheitsgebots ergibt sich eine richterliche Prüfungspflicht (
BGE 118 Ia 35
E. 2d S. 38 f.). Wenn eine Lohndiskriminierung gerügt wird, kann sich daraus ein Anspruch auf Einholung eines Gutachtens ergeben, soweit für die Prüfung, ob eine Diskriminierung vorliegt, spezifische Fachkenntnisse über die rechtserheblichen Sachverhaltsfragen vorausgesetzt werden (
BGE 117 Ia 262
E. 4c S. 269 f.). Hingegen kann es aus den genannten Gründen nicht Sache eines arbeitswissenschaftlichen Gutachtens sein, die «richtige» Lohneinstufung festzulegen. Es gibt verschiedene Bewertungsverfahren, die sich in Aufgliederung, Gewichtung und Bewertung der Anforderungen unterscheiden. Solche Verfahren machen die Bewertungen transparenter, können aber nicht beanspruchen, die einzige unter dem Aspekt des Lohngleichheitsgebots zulässige Lösung darzustellen. Auch die Frage, ob ein System diskriminierend sei, kann in dieser Form nicht allein von arbeitswissenschaftlichen Experten beurteilt werden, da es sich dabei teilweise um eine Rechtsfrage handelt, die nicht von einem Gutachter, sondern vom Gericht zu beantworten ist (
BGE 118 Ia 35
E. 3b S. 40; ALBRECHT, a.a.O., S. 60, 175 f.).
d) Hat ein kantonales Gericht ein Lohnsystem beurteilt, so ergeben sich daraus für die bundesgerichtliche Kognition folgende Ergebnisse: Die Feststellung des Sachverhalts kann im Rahmen von
Art. 105 OG
überprüft werden. Frei überprüfbare Rechtsfrage ist, ob das kantonale Gericht die richterliche Prüfungspflicht richtig gehandhabt hat (
BGE 118 Ia 35
E. 2e S. 39). Die Bewertung verschiedener Tätigkeiten ist im Rahmen der genannten bundesrechtlichen Schranken eine Ermessensfrage, in die das Bundesgericht nicht eingreifen kann. Frei überprüfbare Rechtsfrage ist hingegen, ob das Gericht die bundesrechtlichen Schranken des behördlichen Ermessensspielraums richtig interpretiert hat. Bundesrecht ist verletzt,
BGE 125 II 385 S. 392
wenn das kantonale Gericht in Verletzung des Gleichstellungsgesetzes entweder eine diskriminierende Bewertung als nicht diskriminierend oder aber eine nicht diskriminierende Bewertung als diskriminierend beurteilt. Soweit sich ein kantonales Gericht nur auf das Gleichstellungsgesetz stützt (und nicht auf eine Bestimmung des kantonalen Rechts, wonach es die Angemessenheit der Besoldung überprüft), hat es somit nicht zu beurteilen, ob eine Besoldungseinstufung anhand irgendwelcher Bewertungsmethode «richtig» oder überzeugend ist, sondern einzig, ob sie geschlechtsdiskriminierend ist. Solange eine politische Behörde eine Arbeitsplatzbewertung vorgenommen hat, die nicht diskriminierend ist, verletzt ein Gericht Bundesrecht, wenn es unter Berufung auf das Gleichstellungsgesetz diese Bewertung aufhebt.
e) Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens eine einzelne Funktion aus einem ganzen Besoldungssystem zur Diskussion gestellt wird. Dass das gesamte Lohnsystem ein austariertes Ganzes darstellt, steht zwar einer gerichtlichen Überprüfung der Besoldungseinreihung nicht entgegen (
BGE 117 Ia 262
E. 3c S. 267). Doch ist zu beachten, dass aus den genannten Gründen mehrere Besoldungssysteme zulässig sind. Allein darin, dass eine (männliche oder weibliche) geschlechtstypische Funktion tiefer eingestuft wird als eine geschlechtsneutrale oder eine für das andere Geschlecht typische Funktion, liegt noch keine Diskriminierung. Ob eine solche vorliegt, kann nur beurteilt werden, wenn die in Frage stehende Funktion mit ihren Vernetzungen im gesamten Lohngefüge betrachtet wird (
BGE 118 Ia 35
E. 3b S. 40;
BGE 117 Ia 262
E. 4c S. 269). Zu diesem Zweck muss die zur Diskussion stehende geschlechtstypische Funktion mit bestimmten anderen (nicht geschlechtstypischen) Funktionen verglichen werden (vgl.
BGE 124 II 409
, 436, 529). Dabei darf sich aber der Vergleich nicht auf eine bestimmte Funktionsgruppe beschränken, sondern muss die Vernetzungen zwischen den einzelnen Gruppen einbeziehen (
BGE 117 Ia 262
E. 4c S. 269).
6.
Im Lichte dieser Erwägungen ist das angefochtene Urteil zu überprüfen.
a) Das Verwaltungsgericht hatte den Gutachtern die Frage gestellt: «Wie ist die Arbeit der Physiotherapeut/in ... hinsichtlich der Merkmale K1-K6 im Vergleich zur Arbeit der männlichen Vergleichsfunktionen zu bewerten?». Diese Fragestellung ist zumindest missverständlich; rechtserheblich ist nicht, wie die Funktion der Physiotherapeutin nach der Auffassung bestimmter arbeitswissenschaftlicher
BGE 125 II 385 S. 393
Lehrmeinungen zu bewerten ist, sondern einzig, ob die vom Kanton verwendete - an sich nicht diskriminierende (vorne E. 4b) - Bewertungsmethode auf eine geschlechtsneutrale Weise gehandhabt wurde (
BGE 118 Ia 35
E. 3b S. 40; vgl. ALBRECHT, a.a.O., S. 175).
b) Die Gutachter äusserten sich entsprechend der Fragestellung im Hauptteil ihres Gutachtens dazu, in welche Stufe die Funktion der Physiotherapeutin bezüglich der einzelnen sechs Kriterien ihres Erachtens einzustufen sei. Dabei kamen sie bei den meisten Kriterien zu einer höheren Einstufung als der Kanton. Doch ist damit nicht die entscheidende Frage beantwortet: Rechtserheblich ist nicht, ob eine andere Bewertung als die vom Kanton vorgenommene auch vertretbar oder gar besser begründet erscheint, sondern einzig, ob die vom Kanton vorgenommene Bewertung auf eine Weise gehandhabt wurde, welche spezifisch die weibliche Funktion gegenüber männlichen Funktionen benachteiligt.
c) In der Folge hat sich auch das Verwaltungsgericht nicht näher mit der rechtserheblichen Frage auseinandergesetzt, sondern erwogen, die von den Gutachtern vorgenommenen Einstufungen seien (bei den meisten Kriterien) folgerichtig oder überzeugend. Im Einzelnen geht jedoch aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor, aufgrund welcher Überlegungen die vom Kanton vorgenommenen (tieferen) Bewertungen diskriminierend sein sollen.
d) Es ist umstritten, wie die Funktion der Physiotherapeutin bezüglich des Kriteriums K1 (Ausbildung und Erfahrung) zu bewerten ist. Gemäss den vom Kanton verwendeten Wertungshilfen werden für eine abgeschlossene Berufslehre 2,0 Punkte eingesetzt. Das Verwaltungsgericht hat zusätzliche 0,5 Punkte zugestanden, da die Funktion der Physiotherapeutin das in der Wertungshilfe genannte Kriterium «Lehre mit qualifizierter Voraussetzung (z.B. Matura etc.)» erfülle. Es erwog, die Aufnahmebedingungen für die Physiotherapeutenausbildung verlangten eine abgeschlossene Berufslehre oder 11 Schulstufen mit Abschluss, Kenntnisse in Physik und Chemie mit Mindestnote 4, ein dreimonatiges Krankenpflegepraktikum sowie eine Aufnahmeprüfung. Das sei eine qualifizierte Voraussetzung. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, diese Voraussetzungen seien zwar höher als eine Berufslehre ohne besondere Voraussetzung, aber nicht gleichwertig mit der Matura, weshalb eine Einstufung mit 2,25 gerechtfertigt sei. Eine bestandene Matura höher zu gewichten als zwei andere überobligatorische Schuljahre, ist in vielen Bereichen üblich. Nach dem vorne Ausgeführten
BGE 125 II 385 S. 394
steht nicht zur Diskussion, ob dies «richtig» sei, sondern ob es geschlechtsdiskriminierend sei. Da gerichtsnotorisch der Frauenanteil bei den Maturanden gesamtschweizerisch ca. 50% beträgt und die Maturitätsquote bei den Frauen seit den 90er Jahren gar höher liegt als bei den Männern, kann jedenfalls nicht behauptet werden, es sei geschlechtsdiskriminierend, die Matura höher zu gewichten. Die heute vom Beschwerdeführer zugestandene Bewertung von 2,25 kann unter diesen Umständen nicht als diskriminierend betrachtet werden.
e) Bei den übrigen umstrittenen Kriterien K2, K3 und K4 ist aus dem angefochtenen Urteil, dem Gutachten und den Rechtsschriften nicht ersichtlich, ob die vom Kanton vorgenommenen Einstufungen auf einer geschlechtsdiskriminierenden Handhabung der Bewertungsmethode beruhen.
f) Zudem wirft die Vergleichsbasis Fragen auf: In den Vergleich einbezogen wurden ursprünglich fünf männlich dominierte Vergleichsfunktionen, nämlich Korporal Kantonspolizei (Lohnklasse 14), Wachtmeister Kantonspolizei (LK 15), Zivilschutzinstruktor (LK 17), Motorfahrzeugkontrolle-Sachverständiger (LK 17) sowie Techniker Tiefbauamt (LK 18). In der Folge vergleicht das Gutachten jedoch die Funktion der Beschwerdegegnerin bei den stark gewichteten Kriterien K1-K3 nur mit den höher eingestuften Funktionen Zivilschutzinstruktor, MfK-Sachverständiger und Techniker. Die beiden Polizeifunktionen werden nur bei den weniger stark gewichteten Kriterien K4, K5 und K6 einbezogen. Das Verwaltungsgericht befasst sich in seinen Erwägungen ausschliesslich mit den höher eingestuften Funktionen und macht zu den weniger hoch eingestuften Polizeifunktionen keine Aussagen. Das kann sich verzerrend auf die Beurteilung auswirken: eine Diskriminierung ergibt sich nicht schon aus der Tatsache einer Besoldungsdifferenz, sondern nur daraus, dass diese Differenz auf geschlechtsdiskriminierende Kriterien und Bewertungen zurückzuführen ist. Sollte sich herausstellen, dass ein bestimmter Bewertungsgesichtspunkt, der zu einer tieferen Einstufung der Physiotherapeutinnen führte, gleichermassen auch bei männlich dominierten Funktionen verwendet wurde und dort zu einer vergleichbaren Einstufung führte, dann wäre das ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen einer Diskriminierung. Das bedingt, dass für einen aussagekräftigen Vergleich nicht nur höher, sondern auch etwa gleich und tiefer eingestufte männliche Funktionen einbezogen werden. Richtig ist demgegenüber, dass keine frauenspezifischen Vergleichsfunktionen herangezogen wurden.
BGE 125 II 385 S. 395
Ein solcher Vergleich könnte nichts darüber aussagen, ob die Funktion der Beschwerdegegnerin diskriminiert wurde, da auch die weibliche Vergleichsfunktion ihrerseits Opfer einer Diskriminierung sein könnte.
g) Gesamthaft ist somit nicht erstellt, dass eine tiefere Einstufung als Lohnklasse 18 diskriminierend ist. Umgekehrt lässt sich aufgrund der Aktenlage auch nicht abschliessend verneinen, dass die vom Beschwerdeführer zugestandene Einstufung in die Lohnklasse 15 diskriminierend ist. Der Beschwerdeführer bringt vor, im Projekt BERESO habe sich die Bewertung stark auf einen Quervergleich über alle 132 Schlüsselstellen abgestützt, und beruft sich auf einen Massstab, der in intensiven Quervergleichsdiskussionen entwickelt worden sei. Quervergleiche sind zwar durchaus zulässig, schliessen aber nicht aus, dass die verwendeten Massstäbe diskriminierend sind. Der Beschwerdeführer substantiiert die Massstäbe und Kriterien, auf die er sich beruft, nicht näher. Zwar legt er eine «Kurzbegründung für Anträge auf Veränderungen von Schlüsselstellen» vom 31. Oktober 1995 vor, worin für einige Funktionen mit verschiedenen Begründungen - unter anderem mit Hinweis auf Quervergleichsüberlegungen - Abweichungen vom Resultat der Vereinfachten Funktionsanalyse vorgeschlagen wurden. Die Funktionen Physio- bzw. Ergotherapeutin sind darin jedoch nicht erwähnt. Es geht auch sonst aus den Akten nicht hervor, aufgrund welcher Überlegungen und Vergleiche die Einstufung der Funktion Physiotherapeutin erfolgte. Daher kann nicht beurteilt werden, ob die verwendeten Überlegungen diskriminierend sind.
7.
Aufgrund der Aktenlage kann somit nicht beurteilt werden, ob die Einstufung der Physiotherapeutinnen diskriminierend ist. Der Sachverhalt ist unvollständig abgeklärt. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (
Art. 114 Abs. 2 OG
). Das Verwaltungsgericht wird abzuklären haben, ob die Gesichtspunkte und Quervergleichsüberlegungen, die der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Einstufungen bei den Kriterien K2, K3 und K4 geltend macht, in diskriminierender Weise zum Nachteil der Beschwerdegegnerin gehandhabt wurden oder ob sie nicht in ähnlicher Weise auch bei gleich eingestuften männlichen Funktionen angewendet wurden. | public_law | nan | de | 1,999 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e2291777-b4ad-49f4-bbfd-31c5ef8d14f4 | Urteilskopf
110 V 273
43. Extrait de l'arrêt du 26 novembre 1984 dans la cause Bey contre Caisse suisse de compensation et Commission fédérale de recours en matière d'AVS/AI pour les personnes résidant à l'étranger | Regeste
Art. 28 Abs. 2 IVG
.
- Begriff des ausgeglichenen Arbeitsmarktes.
- Tragweite dieses Begriffs für im Ausland wohnhafte Versicherte (Änderung der Rechtsprechung).
- Für die Bemessung der Invalidität eines im Ausland wohnhaften Versicherten muss der Vergleich der massgebenden Einkommen auf demselben Arbeitsmarkt erfolgen. | Sachverhalt
ab Seite 273
BGE 110 V 273 S. 273
A.-
Marie-France Bey, de nationalité française, a travaillé à plein temps comme ouvrière frontalière dans une entreprise de tabac à Boncourt de 1962 à 1969, puis à nouveau dès 1973.
BGE 110 V 273 S. 274
Le 11 mars 1975, elle a abandonné définitivement l'exercice de cette activité pour des motifs de santé.
L'assurée ayant sollicité des prestations de l'assurance-invalidité, la Caisse suisse de compensation - se fondant sur un prononcé de la Commission de l'assurance-invalidité du canton du Jura fixant le degré d'invalidité à 50% dès le 6 mars 1975 - a alloué à l'intéressée une demi-rente d'invalidité dès le 1er novembre 1976. Cette décision du 15 janvier 1980 est entrée en force.
Le 1er décembre 1979 déjà, la commission de l'assurance-invalidité a entrepris une révision de la rente. Des renseignements fournis à cette occasion par l'assurée et par le docteur K. - aux termes desquels l'intéressée n'est pas incapable de travailler et exerce une activité lucrative comme vendeuse dans un magasin de tabac à Grandvillars (France) depuis le 16 février 1979 - ainsi que des indications obtenues auprès de l'employeur, elle a déduit que l'invalidité de l'assurée était nulle. Par décision du 26 avril 1982, la Caisse suisse de compensation a supprimé la demi-rente d'invalidité avec effet au 30 avril 1982.
B.-
L'assurée a recouru contre cette décision auprès de la Commission fédérale de recours en matière d'AVS pour les personnes résidant à l'étranger. Celle-ci a rejeté le recours par jugement du 9 mars 1983, motif pris qu'en 1980 déjà, l'assurée ne présentait plus une incapacité de travail de la moitié au moins, de sorte que la suppression de la demi-rente le 26 avril 1982 était justifiée. Elle a relevé, en outre, que l'assurée ne subissait pas une incapacité de gain de 50% au moins, car son salaire annuel n'était "en aucun cas inférieur de plus de la moitié à celui qu'elle réaliserait en France en déployant l'activité d'ouvrière de fabrique, la comparaison avec le gain réalisé en Suisse avant l'invalidité, converti en monnaie française, n'étant pas de mise en raison des différences de rémunération d'un pays à l'autre".
C.-
Marie-France Bey interjette recours de droit administratif contre ce jugement, en concluant à ce que la demi-rente d'invalidité continue à lui être versée. L'intimée renvoie à l'avis de la Commission de l'assurance-invalidité du canton du Jura, laquelle propose de confirmer le jugement entrepris.
BGE 110 V 273 S. 275
Erwägungen
Extrait des considérants:
3.
a) (Durant la période déterminante du 15 janvier 1980 au 26 avril 1982, le degré d'invalidité ne s'est pas modifié, de sorte que la suppression de la rente par voie de révision n'était pas justifiée.)
b) Cependant, les motifs qui ont conduit l'administration à supprimer la demi-rente de la recourante ne résidaient pas dans une modification de l'invalidité, mais dans la constatation que, lors de la décision de rente initiale, l'assurée était capable - d'après le docteur K. - de travailler à plein temps, et qu'elle exerçait le métier de vendeuse depuis le 16 février 1979. Les conditions d'une révision n'étant pas remplies, comme on l'a vu, il eût fallu que l'administration examinât la possibilité de modifier cette décision sous l'angle de la reconsidération. Conformément aux principes posés par la jurisprudence (
ATF 106 V 87
consid. 1,
ATF 105 V 201
consid. 1 et les arrêts cités), il convient dès lors de trancher le point de savoir si la décision initiale était sans nul doute erronée, auquel cas la décision de révision litigieuse devrait être confirmée en son résultat, la suppression éventuelle de la demi-rente d'invalidité constituant à l'évidence une rectification d'une importance notable.
4.
Il faut donc évaluer l'invalidité de la recourante en comparant le revenu du travail qu'elle pouvait obtenir, au début de 1980, en exerçant l'activité qu'on pouvait raisonnablement attendre d'elle, après exécution éventuelle de mesures de réadaptation et compte tenu d'une situation équilibrée du marché du travail, avec le revenu qu'elle aurait pu obtenir si elle n'était pas invalide.
a) Il n'est pas contesté que la capacité de travail de la recourante était réduite dans une certaine mesure par des limitations fonctionnelles de sa colonne vertébrale. L'invalidité est, cependant, une notion économique et non médicale et son taux ne se confond pas nécessairement avec le taux d'incapacité fonctionnelle déterminé par le médecin. Ce sont les conséquences économiques objectives de l'incapacité fonctionnelle qu'il importe d'évaluer (
ATF 105 V 207
-208). C'est pourquoi l'appréciation théorique du docteur I., selon laquelle la recourante pourrait, comme vendeuse, "à condition d'avoir la possibilité de s'asseoir de temps en temps, exercer une telle profession à 50%", ainsi que la déclaration du docteur K., qui fait état, dans son rapport établi en 1980
BGE 110 V 273 S. 276
(sans avoir revu l'assurée depuis 1978), d'un "travail à 100% avec interdiction du port de charges lourdes", ne sont pas déterminantes en elles-mêmes. Aussi n'est-il pas nécessaire - les aspects médicaux utiles en l'espèce étant par ailleurs suffisamment clairs - de procéder à d'autres examens ou à une expertise, comme le voudrait la recourante. Cela s'impose d'autant moins qu'il est constant, au vu du dossier, que l'assurée utilisait au mieux - compte tenu de ce que l'on pouvait exiger d'elle et sans que des mesures de réadaptation aient dû être envisagées - sa capacité résiduelle de gain en travaillant comme vendeuse dans un magasin de tabac.
b) Le revenu de l'activité raisonnablement exigible de l'assuré doit être déterminé en se référant aux conditions d'un marché du travail "équilibré" (
art. 28 al. 2 LAI
).
La notion du marché équilibré du travail est une notion théorique et abstraite, qui sert de critère de distinction entre les cas tombant sous le coup de l'assurance-chômage et ceux qui relèvent de l'assurance-invalidité. Elle implique, d'une part, un certain équilibre entre l'offre et la demande de main-d'oeuvre et, d'autre part, un marché du travail structuré de telle sorte qu'il offre un éventail d'emplois diversifiés. D'après ces critères, on déterminera si, dans les circonstances concrètes du cas, l'invalide a la possibilité de mettre à profit sa capacité résiduelle de gain, et s'il peut ou non réaliser un revenu excluant le droit à une rente.
S'agissant d'un assuré domicilié à l'étranger, la jurisprudence antérieure (
ATF 96 V 31
) précisait que le marché du travail à prendre en considération dans un tel cas était celui d'un pays industrialisé, tant et aussi longtemps que des possibilités d'emploi existaient pour cet assuré également en dehors de son pays. Compte tenu de ce qui précède, cette jurisprudence ne peut pas être maintenue. Le marché équilibré du travail étant une notion théorique, il suffit, en effet, d'examiner quelle est (ou quelle serait) - sur un marché du travail supposé équilibré - l'activité raisonnablement exigible dans laquelle l'invalide peut (ou pourrait) mettre à profit sa capacité résiduelle de gain; il importe peu, à cet égard, que l'assuré soit domicilié à l'étranger. Ainsi, dans la mesure où le ch. marg. 73.3 des directives de l'Office fédéral des assurances sociales sur l'invalidité et l'impotence (supplément 3 desdites directives, valable dès le 1er janvier 1984, qui reprend l'ancien ch. marg. 73.2) se fonde sur la jurisprudence précitée, il n'est pas pertinent.
BGE 110 V 273 S. 277
En ce qui concerne, par ailleurs, la comparaison des revenus déterminants pour évaluer le degré d'invalidité d'un assuré domicilié à l'étranger, elle doit s'effectuer sur le même marché du travail, car la disparité des niveaux de rémunération et des coûts de la vie d'un pays à l'autre ne permet pas de procéder à une comparaison objective des revenus en question.
c) En l'espèce, il n'est pas douteux que la recourante exerce, comme vendeuse, une activité que l'on doit considérer comme adéquate - eu égard à son handicap d'une part, et aux possibilités qu'offre un marché équilibré du travail d'autre part - et qui lui permet de mettre à profit de manière satisfaisante sa capacité de travail et de gain. La recourante prétend, certes, que le rendement de son travail n'est que de 50% d'un rendement normal. Cette affirmation n'est cependant pas convaincante, et le dossier ne contient pas d'éléments permettant de considérer comme établi que le gain qu'elle obtenait en travaillant 38 heures par semaine comportait une part de "salaire social", soit une rémunération dont elle ne pouvait pas fournir la contrepartie en raison de sa capacité limitée de travail. En tout cas, la déclaration de l'employeur du 21 avril 1983, produite par la recourante en procédure fédérale, et les renseignements fournis antérieurement par celui-ci ne justifient pas une telle conclusion. On rappelle, au demeurant, que la preuve de l'existence d'un salaire social est soumise à des exigences sévères, parce que, selon la jurisprudence, l'on doit partir du principe que les salaires payés équivalent normalement à une prestation de travail correspondante (
ATF 104 V 93
; RCC 1970 p. 336).
Il reste à comparer le revenu que la recourante aurait réalisé, en 1980, si - comme elle le soutient - elle avait continué de travailler comme ouvrière à l'entreprise de tabac à Boncourt, ce qui est plausible, avec celui qu'elle aurait obtenu à la même époque en exerçant en Suisse sa nouvelle activité de vendeuse. Les calculs exposés à ce sujet par l'assurée dans son recours ne sont pas pertinents, notamment parce qu'ils se fondent sur la comparaison d'un gain obtenu en France avec un revenu réalisable en Suisse.
En 1974, dernière année complète de travail de la recourante à ladite entreprise, l'intéressée a gagné 15'105 francs. Selon les enquêtes statistiques de l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail (La vie économique, rapports économiques et de statistique sociale, 1975 p. 296, 1981 p. 389), le gain horaire moyen des ouvrières de l'industrie du tabac était de 7 francs 04 en 1974,
BGE 110 V 273 S. 278
et de 9 francs 54 en 1980. Compte tenu de cette augmentation, le gain annuel de l'assurée se serait donc élevé, en 1980, à 20'469 francs. Quant au salaire mensuel moyen des vendeuses, il s'élevait, en 1980, à 1'787 francs, soit à 21'444 francs par an (op.cit., éd. 1981 p. 402). Dès lors, même en admettant que le niveau des salaires usuels à Boncourt pourrait être légèrement inférieur à cette moyenne et en tenant compte, par ailleurs, d'un horaire de travail de 38 heures hebdomadaires, il résulte de la comparaison de ces deux revenus annuels que l'incapacité de gain de la recourante à l'époque considérée n'atteignait en aucun cas 50%. Les conditions du cas économiquement pénible n'étant, par ailleurs, manifestement pas réunies en l'espèce, il s'ensuit que la recourante ne pouvait pas prétendre une demi-rente d'invalidité, et que le recours est mal fondé. | null | nan | fr | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e2329098-1d58-46ee-97ff-a3c75b6a95dc | Urteilskopf
140 V 476
61. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Vorsorgestiftung A. und Bundesamt für Sozialversicherungen gegen B. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
9C_1/2014 / 9C_32/2014 vom 21. August 2014 | Regeste a
Art. 4 FZG
;
Art. 10,
Art. 13 Abs. 5 und
Art. 19 FZV
; Überweisung eines Freizügigkeitsguthabens von einer Freizügigkeitseinrichtung an eine andere.
Eine Bewertungskorrektur der Freizügigkeitsleistung wegen versicherungstechnischer Unterdeckung ist jedenfalls unzulässig: bei einer reinen Sparlösung aufgrund des Wortlautes von
Art. 13 Abs. 5 FZV
; im Falle einer anlagegebundenen Sparlösung (Wertschriftensparen) infolge sachlicher Unbegründetheit (E. 2).
Regeste b
Art. 3 Abs.1 FZG
; Ziff. 20 lit. a Schlussprotokoll des Abkommens vom 8. März 1989 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über Soziale Sicherheit.
Eine Rechtsgrundlage für die grenzüberschreitende Übertragung von Freizügigkeitsmitteln (Austrittsleistungen nach
Art. 2 FZG
und Guthaben nach
Art. 10 FZV
) besteht nur im Verhältnis zu Liechtenstein. Erforderlich ist, dass die berufliche Vorsorge aus Anlass eines Stellenwechsels in der (nach dem liechtensteinischen Gesetz vom 20. Oktober 1987 über die betriebliche Personalvorsorge) zuständigen Vorsorgeeinrichtung - und somit nicht in einer Freizügigkeitseinrichtung - unmittelbar weitergeführt wird (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 477
BGE 140 V 476 S. 477
A.
Der im Fürstentum Liechtenstein wohnhafte B. eröffnete im Jahr 2004 bei der Vorsorgestiftung A. ein Freizügigkeitskonto. Auf dieses transferierten die Vorsorgestiftung C. und die Stiftung D. Freizügigkeitsleistungen. Auf Ende 2011 liess B. das Freizügigkeitskonto aufheben; er beantragte, das Guthaben auf ein bei der liechtensteinischen Bank E. neu eröffnetes Freizügigkeitskonto zu überweisen. Die Vorsorgestiftung A. nahm auf der Freizügigkeitsleistung von Fr. 49'996.34 eine Bewertungskorrektur von Fr. 6'849.50 vor und zog eine bereits per Austrittsdatum 28. Dezember 2011 erfolgte Auszahlung in der Höhe von Fr. 37'497.25 ab. Einschliesslich Zinsen resultierte per 20. April 2012 ein restliches Kapital von Fr. 5'649.15. Dieses wurde zur Auszahlung auf das Freizügigkeitskonto bei der liechtensteinischen Bank vorgesehen.
B.
B. reichte beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz Klage gegen die Vorsorgestiftung A. ein mit dem Antrag, die Beklagte sei zu verpflichten, den Restbetrag von Fr. 6'849.90 plus Zins auf das neue Freizügigkeitskonto zu überweisen. Das Verwaltungsgericht hiess die Klage gut und verpflichtete die Vorsorgestiftung A., zu Gunsten des Klägers Fr. 6'849.90 plus 5 % Zins seit Klageeinleitung (11. April 2013) auf das Freizügigkeitskonto des Klägers bei der liechtensteinischen Bank E. zu bezahlen (Entscheid vom 20. November 2013).
C.
C.a
Die Vorsorgestiftung A. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Klage des B. abzuweisen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
BGE 140 V 476 S. 478
B. beantragt, die Beschwerde der Vorsorgestiftung A. sei abzuweisen.
C.b
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt ebenfalls Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Vorsorgestiftung A. anzuweisen, den Restbetrag von Fr. 6'849.90 plus 5 % Zins auf ein vom Kläger zu bezeichnendes Freizügigkeitskonto bei einer in der Schweiz domizilierten Freizügigkeitseinrichtung zu bezahlen.
B. und die Vorsorgestiftung A. äussern sich zur Beschwerde des BSV, ohne einen Antrag zu stellen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Vorsorgestiftung A. ab und heisst diejenige des BSV gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Strittig und zu prüfen ist zunächst, ob die beschwerdeführende Freizügigkeitsstiftung bei der Überweisung des Guthabens an eine neue Einrichtung eine Bewertungskorrektur vornehmen darf.
2.1
Die am Recht stehende Freizügigkeitseinrichtung führt Konti, die im Sinne von
Art. 4 FZG
(SR 831.42) und
Art. 10 FZV
(SR 831.425) den Vorsorgeschutz erhalten (dazu GÄCHTER/GECKELER HUNZIKER, in: Handkommentar zum BVG und FZG, Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], 2010, N. 4 und 7 zu
Art. 26 FZG
). Freizügigkeitseinrichtungen gehören mithin zur beruflichen Vorsorge im weiteren Sinne (vgl.
Art. 1 Abs. 1 FZG
;
BGE 135 V 80
E. 2.1 S. 83;
BGE 129 III 305
E. 3.3 S. 312). Sie sind indes nicht Vorsorgeeinrichtungen nach
Art. 48 BVG
; die Erhaltung des Vorsorgeschutzes findet grundsätzlich ausserhalb der Vorsorgeeinrichtung statt (
BGE 122 V 320
E. 3c S. 326; Urteil 9C_479/2011 vom 12. September 2011 E. 3.2.1, in: SVR 2012 BVG Nr. 5 S. 20; HERMANN WALSER, in: Handkommentar zum BVG und FZG, a.a.O., N. 1 f. zu
Art. 4 FZG
; JÜRG BRÜHWILER, Obligatorische berufliche Vorsorge, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2004 Rz. 21 f.). Aus diesem Grund macht die Beschwerdeführerin zu Recht geltend, dass
Art. 19 Abs. 1 FZG
, wonach
Vorsorgeeinrichtungen
im Freizügigkeitsfall keine versicherungstechnischen Fehlbeträge von der Austrittsleistung abziehen dürfen, hier nicht anwendbar ist (vgl. UELI KIESER, Die Freizügigkeitseinrichtung - das unbekannte Wesen, in: BVG-Tagung 2010, Schaffhauser/Stauffer [Hrsg.], 2011, S. 78).
BGE 140 V 476 S. 479
Nicht einschlägig ist auch der in den Rechtsschriften thematisierte Bundesgerichtsentscheid
BGE 138 V 303
. Danach kann eine versicherte Person grundsätzlich eine ungekürzte Freizügigkeitsleistung (
Art. 15 ff. FZG
) beanspruchen, wenn sie aus einer Vorsorgeeinrichtung austritt, die sich in einer Unterdeckung befindet (
BGE 138 V 303
E. 3.1 S. 306 mit Hinweisen). Nur bei einer Teil- oder Gesamtliquidation (Art. 53b bis 53d BVG sowie
Art. 19 Abs. 2 und
Art. 23 FZG
) dürfen Vorsorgeeinrichtungen, die sich an den Grundsatz der Bilanzierung in geschlossener Kasse halten müssen, versicherungstechnische Fehlbeträge anteilsmässig abziehen, sofern dadurch nicht das Altersguthaben (
Art. 15 BVG
) geschmälert wird (Art. 53d Abs. 3 in Verbindung mit 69 Abs. 1 BVG in der bis Ende 2011 geltenden Fassung;
BGE 138 V 303
E. 3.2 S. 306). Die Freizügigkeitsstiftung möchte diese Rechtsprechung analog angewendet wissen, weil eine "teilliquidationsähnliche Situation" gegeben sei. Ein Blick auf die in
Art. 53b Abs. 1 BVG
erwähnten Regelfälle einer Teilliquidation zeigt jedoch, dass
Art. 19 Abs. 2 FZG
auch nicht sinngemäss auf die Austrittsleistung einer Freizügigkeitseinrichtung angewendet werden kann: Die Anpassung an neue Anlagevorschriften (unten E. 2.2.1) ist nicht mit einer belegschaftlichen oder unternehmensstrukturellen Veränderung vergleichbar, wie sie für die Teilliquidation begrifflich kennzeichnend ist (dazu LUCREZIA GLANZMANN-TARNUTZER, Aktuelle Problemfelder bei der Teilliquidation von Vorsorgeeinrichtungen, AJP 2014 S. 452).
2.2
2.2.1
Nach dem Austritt aus einer Vorsorgeeinrichtung wird der Vorsorgeschutz durch eine Freizügigkeitspolice oder durch ein Freizügigkeitskonto erhalten (
Art. 10 FZV
). Beim Freizügigkeitskonto in Form der reinen Sparlösung entspricht die Höhe des Vorsorgekapitals der eingebrachten Austrittsleistung mit Zins, beim Freizügigkeitskonto in Form der anlagegebundenen Sparlösung (Wertschriftensparen) dem aktuellen Wert der Anlage (Art. 13 Abs. 5 erster Satz FZV in der seit Anfang 2011 geltenden Fassung).
Hintergrund der strittigen Kürzung der Austrittsleistung ist, dass die Anlagevorschriften in Art. 19 f. FZV mit Wirkung ab Januar 2011 verschärft worden sind. Die Gelder der Freizügigkeitskonten
in Form der reinen Sparlösung
sind nunmehr bei einer Bank anzulegen, die der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) untersteht (
Art. 19 Abs. 1 FZV
in der seit Januar 2011 gültigen
BGE 140 V 476 S. 480
Fassung). Direktanlagen sind in diesem Bereich nicht mehr zulässig. Sie mussten bis Ende 2011 aufgelöst und durch Spareinlagen bei einer Bank ersetzt werden (vgl. Schlussbestimmung der Änderung der FZV vom 17. September 2010). Dies führte bei der beschwerdeführenden Freizügigkeitseinrichtung dazu, dass - im Bereich der "klassischen Anlageform" nach Art. 4 lit. a des Stiftungsreglements der Vorsorgestiftung A. vom 15. Juni 2004 - gemeinschaftliche Anlagen im Rahmen eines "Transformationsprozesses" bis Ende 2011 zu veräussern waren. Dabei fiel ein Verlust an (vgl. Anhang zur Bilanz und Betriebsrechnung 2011, S. 6; Prüfungsbescheid des BSV vom 5. Dezember 2011 zur Berichterstattung 2010).
2.2.2
Das kantonale Gericht erkannte, beim fraglichen Freizügigkeitskonto handle es sich um eine "reine Sparlösung" im Sinne von
Art. 13 Abs. 5 FZV
. Die Beklagte könne sich daher nicht auf einen anlagewertabhängigen "Auflösungswert" (Art. 11 des Reglements) berufen, um die individuelle Austrittsleistung wegen einer versicherungstechnischen Unterdeckung zu kürzen. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, das Freizügigkeitskonto des Beschwerdegegners sei der "klassischen Anlageform" im Sinne von Art. 4 lit. a des Reglements zuzuordnen und nicht den "Wertpapierinvestitionen und Fondsanteilen" gemäss lit. b. Die beschwerdeführende Freizügigkeitsstiftung vertritt indes die Auffassung, die "klassische Anlageform" sei nicht zwangsläufig mit einer "reinen Sparlösung" im Sinne von
Art. 13 Abs. 5 FZV
gleichzusetzen.
2.2.3
Kennzeichnend für eine anlagegebundene Sparlösung (Wertschriftensparen) im Sinne von Art. 4 lit. b des Reglements ist, dass der Kontoinhaber nach Vereinbarung mit der Freizügigkeitseinrichtung vorgegebene Anlagen wählen kann, in die seine Freizügigkeitsmittel individuell und direkt investiert werden. Das Guthaben bildet ein Sondervermögen und folgt dem Wertverlauf der zugrundeliegenden Anlagen; die versicherte Person trägt das Kursrisiko. Hier kommen die (für die klassische Anlageform nach Art. 4 lit. a des Reglements der Vorsorgestiftung A. bestimmten) Wertschwankungsreserven denn auch nicht zum Tragen. Der Auflösungs- und Auszahlungswert ergibt sich aus dem Erlös der Wertpapierinvestitionen und der Fondsanteile (Art. 11 des Reglements). Diese Merkmale des Wertschriftensparens sind bei der "klassischen Anlageform" nach Art. 4 lit. a des Reglements - auch unter Berücksichtigung der (nebst Zins) vorgesehenen Überschussbeteiligung - nicht gegeben. Hier ist eine Verzinsung des Guthabens vereinbart. Im Hinblick auf die Erfüllung
BGE 140 V 476 S. 481
dieser Zinsverpflichtung erwirtschaften die Organe der Einrichtung die dafür erforderlichen Mittel, ohne dass der Kontoinhaber miteinbezogen ist. Zwar tätigte die Vorsorgestiftung A. "für den Zinsertrag der Klassischen Anlageform gemeinschaftliche Anlagen" (Anhang zur Bilanz und Betriebsrechnung 2011, S. 11). Diese liegen jedoch ausserhalb der Verantwortung des Kontoinhabers und dienen einzig der Freizügigkeitsstiftung, ihre Obliegenheit (der Verzinsung) zu erfüllen. Die von der Freizügigkeitsstiftung praktizierte gemeinsame Anlage der Freizügigkeitsmittel entspricht dem Modell einer "reinen Sparlösung" nach
Art. 13 Abs. 5 FZV
.
2.2.4
Ihrem Standpunkt, bei der hier fraglichen Variante einer "klassischen Anlageform" nach Art. 4 lit. a des Reglements handle es sich um die "kollektive Form einer anlagegebundenen Sparlösung", somit um Wertschriftensparen, welches an den Anlagewert zu binden sei, kann daher nicht gefolgt werden. Selbst wenn es sich so verhielte, könnte die Freizügigkeitsstiftung daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten: Laut
Art. 19 Abs. 1 FZV
betrifft die Umstellung (oben E. 2.2.1) ausschliesslich Anlagen im Rahmen "reiner Sparlösungen". Hätte es sich bei den "gemeinschaftlichen Mitteln" um "Wertschriftensparen" gehandelt, wäre die neue Regulierung für das Freizügigkeitskonto des Beschwerdegegners gar nicht zum Tragen gekommen (vgl.
Art. 19a FZV
). Wegen der diesfalls unmittelbaren Massgeblichkeit des aktuellen Wertes der Anlage hätte sich die strittige Bewertungskorrektur ohnehin erübrigt. Ebensowenig wäre es nötig gewesen, dem Beschwerdegegner im Zuge einer Anpassung an die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen anzubieten, die "gemeinschaftlichen Anlagen anteilig ins eigene Wertschriftensparen zu übernehmen" (Schreiben der Vorsorgestiftung A. vom 28. August 2012).
2.2.5
Nach dem Gesagten war die strittige Kürzung jedenfalls unzulässig: bei einer reinen Sparlösung (mit einer von der Vorsorgestiftung A. verantworteten Anlage der Freizügigkeitsmittel; oben E. 2.2.3) aufgrund des Wortlautes von
Art. 13 Abs. 5 FZV
; im Falle einer anlagegebundenen Sparlösung (direktes Wertschriftensparen) infolge sachlicher Unbegründetheit. Somit muss nicht weiter geprüft werden, wie sich der Umstand auswirkte, dass der Beschwerdegegner nachträglich eine Anlagestrategie mit "maximaler Ausschöpfung von Risikoanlagen" gewählt hat ("gewünschter Basisanlagefonds/-stiftung vom Total der Vermögensanlage [= 100%]: Kapitalschutz"; Beiblatt zum Antrag Eröffnung Freizügigkeitskonto vom 9. Juni 2005).
BGE 140 V 476 S. 482
3.
Die Beschwerde des Bundesamtes richtet sich einzig gegen die vorsorgegerichtliche (
Art. 73 Abs. 1 lit. a BVG
) Anordnung, das Guthaben sei auf das Freizügigkeitskonto des Klägers bei einer im Fürstentum Liechtenstein domizilierten Bank zu übertragen.
3.1
Das FZG regelt nur die Übertragung von Freizügigkeitsleistungen zwischen schweizerischen Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtungen (vgl.
Art. 3 Abs. 1 FZG
). Eine Rechtsgrundlage für die grenzüberschreitende Übertragung von Freizügigkeitsleistungen besteht nur im Verhältnis zu Liechtenstein (Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 96 vom 18. Dezember 2006, Ziff. 567 N. 3 und Nr. 120 vom 18. Oktober 2010, Ziff. 765; ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Kommentar zu BVG und FZG, 3. Aufl. 2013, N. 11 zu
Art. 25f FZG
; HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 456 Rz. 1238 und S. 857 Rz. 2326; ROLAND A. MÜLLER, in: Handkommentar zum BVG und FZG, a.a.O., N. 28 zu
Art. 25f FZG
). Sie findet sich im Zweiten Zusatzabkommen vom 29. November 2000 (SR 0.831.109.514.13) zum Abkommen vom 8. März 1989 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über Soziale Sicherheit (SR 0.831.109.514.1), und ist als Ziff. 20 in das Schlussprotokoll des Abkommens vom 8. März 1989 eingefügt worden. Nach deren lit. a (Satz 1) ist eine Austrittsleistung bzw. das in einer Freizügigkeitseinrichtung (Freizügigkeitskonto oder -police) gutgeschriebene Vorsorgekapital für die Erhaltung des Vorsorgeschutzes nach Massgabe des schweizerischen Rechts an die nach dem liechtensteinischen Gesetz über die betriebliche Personalvorsorge zuständige liechtensteinische Vorsorgeeinrichtung zu überweisen, als wäre sie eine schweizerische Vorsorgeeinrichtung, sofern die zuletzt bei einer schweizerischen Vorsorgeeinrichtung versicherte Person eine Beschäftigung für einen Arbeitgeber mit Sitz in Liechtenstein aufnimmt.
3.2
Das Bundesamt macht geltend, nach dem klaren Wortlaut des Abkommens setze eine grenzüberschreitende Übertragung des Freizügigkeitsguthabens voraus, dass eine Beschäftigung für einen Arbeitgeber mit Sitz in Liechtenstein aufgenommen werde. Zudem werde die Übertragung an eine Vorsorgeeinrichtung (und nicht an eine Freizügigkeitseinrichtung) verlangt. Das BSV bekräftigt damit eine bereits in den Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 58 vom 10. Oktober 2001 vertretene Sichtweise. Danach soll nach dem Zweiten Zusatzabkommen "
bei einem Stellenwechsel
von einem Staat in
BGE 140 V 476 S. 483
den anderen der Vorsorgeschutz ohne Unterbruch erhalten bleiben. Das bedeutet, dass nach dem klaren Wortlaut des Staatsvertrages nur eine Übertragung von Freizügigkeitsguthaben auf die für den Versicherten
zuständige Vorsorgeeinrichtung
zulässig ist. Die Überweisung in eine Freizügigkeitseinrichtung des anderen Staates ist weiterhin nicht möglich" (Ziff. 359).
3.3
Die Auffassung des BSV wird durch eine Auslegung von Ziff. 20 des Schlussprotokolls in der Fassung gemäss Zweitem Zusatzabkommen bestätigt.
3.3.1
Die Auslegung eines Staatsvertrags geht in erster Linie vom Vertragstext aus, wie ihn die Vertragsparteien nach dem Vertrauensprinzip im Hinblick auf den Vertragszweck verstehen durften. Erscheint die Bedeutung des Textes, wie sie sich aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie dem Gegenstand und Zweck des Vertrags ergibt, nicht offensichtlich sinnwidrig, kommt eine über den Wortlaut hinausreichende - ausdehnende oder einschränkende - Auslegung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsparteien zu schliessen ist (
BGE 138 V 258
E. 5.3.2 S. 267 mit Hinweisen).
3.3.2
Nach dem Wortlaut von Ziff. 20 (erster Satz) ist für die Überweisung einer Austrittsleistung oder des in einer Freizügigkeitseinrichtung gutgeschriebenen Vorsorgekapitals an die zuständige liechtensteinische Vorsorgeeinrichtung vorausgesetzt, dass die zuletzt bei einer schweizerischen Vorsorgeeinrichtung versicherte Person eine Beschäftigung für einen Arbeitgeber mit Sitz in Liechtenstein aufnimmt. Das Abkommen wurde mit dieser Rechtsgrundlage für eine Übertragung der Freizügigkeitsguthaben ergänzt, um dem Bedürfnis nach einer ununterbrochenen Aufrechterhaltung des Vorsorgeschutzes bei grenzüberschreitenden Stellenwechseln gerecht zu werden (Botschaft vom 17. Oktober 2001 betreffend das Zweite Zusatzabkommen zum Abkommen zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein über Soziale Sicherheit, BBl 2001 6259 Ziff. 1.1 und 1.2; Mitteilungen über die berufliche Vorsorge Nr. 56 vom 29. Dezember 2000, Ziff. 333; STAUFFER, a.a.O., S. 856 Rz. 2325 f.). Die Überführung von Vorsorgemitteln ist möglich - und mithin auch angezeigt -, weil die Vorsorgesysteme beider Staaten sich in den wesentlichen Punkten sehr ähnlich sind (dazu BBl 2001 6260 Ziff. 2.1).
BGE 140 V 476 S. 484
3.3.3
Fraglich ist allenfalls, wie der Passus in der Botschaft (BBl 2001 6261) zu verstehen ist, wonach eine steuerfreie Überweisung der Leistung voraussetzt, dass ein Stellenwechsel vorliegt und die Leistung an eine Vorsorgeeinrichtung überwiesen wird. Die Steuerfreiheit gelte demnach nicht für eine Austrittsleistung, die auf ein Freizügigkeitskonto oder auf eine Freizügigkeitspolice übertragen werde. Isoliert betrachtet könnte daraus geschlossen werden, das Erfordernis des Stellenwechsels solle nur im Zusammenhang mit der Steuerfreiheit gelten, eine Überweisung auf ein liechtensteinisches Freizügigkeitskonto bleibe grundsätzlich möglich. Ein derartiges Verständnis ist indes ausgeschlossen. Denn die Auslegungselemente des Normzwecks und der Historie weisen in die gleiche Richtung wie der klare Wortsinn: Eine grenzüberschreitende Übertragung von Freizügigkeitsmitteln (Austrittsleistungen nach
Art. 2 FZG
und Guthaben nach
Art. 10 FZV
) erfordert, dass die berufliche Vorsorge aus Anlass eines Stellenwechsels in der (nach dem liechtensteinischen Gesetz vom 20. Oktober 1987 über die betriebliche Personalvorsorge) zuständigen Vorsorgeeinrichtung - und somit nicht in einer Freizügigkeitseinrichtung - unmittelbar weitergeführt wird. Wenn kein unmittelbarer Übertritt stattfindet, wird die Austrittsleistung in einer Freizügigkeitseinrichtung des Ausgangslandes aufrechterhalten (VETTER-SCHREIBER, a.a.O., N. 11 zu
Art. 25f FZG
). Das Gleiche gilt für Vorsorgemittel, die für einen Einkauf in die neue Vorsorgeeinrichtung nicht benötigt werden. Die Parteien des Staatsvertrags sind in der Ausgestaltung der Gleichstellung der beruflichen Vorsorge beider Länder also nicht so weit gegangen, wie es angesichts der vergleichbaren Systeme möglich gewesen wäre. Das ist zu akzeptieren. Es bleibt mithin dabei, dass ausserhalb des Geltungsbereichs der staatsvertraglichen Ausnahmebestimmung - unabhängig vom Wohnsitz der vorsorgeversicherten Person - kein grenzüberschreitender Wechsel der Freizügigkeitseinrichtung (
Art. 12 Abs. 2 FZV
) möglich ist (vgl. oben E. 3.1). | null | nan | de | 2,014 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e2370a1e-37cf-4e45-a562-ef56300617c1 | Urteilskopf
109 IV 143
39. Urteil des Kassationshofs vom 21. September 1983 i.S. F. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
. Schwerer Fall.
12 g Heroin, 18 g Kokain, 4 kg Haschisch oder 200 Trips LSD können die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen. | Sachverhalt
ab Seite 143
BGE 109 IV 143 S. 143
A.-
Von Anfang Oktober 1982 bis Mitte Dezember 1982 erwarb F. in Zürich ca. 2,2 bis 2,3 kg Haschisch und 21 g Kokain. Beide Rauschgifte portionierte er, um sie anschliessend durch Dritte weiterverkaufen zu lassen. Ausserdem vermittelte er einem anderen Dealer einen Abnehmer für ca. 500 g Haschisch. Mitte Dezember 1982 beschlossen F. und H. in Spanien eine grössere Menge Kokain zu kaufen und diese in der Schweiz abzusetzen. Während H. die Finanzierung des Ankaufs übernahm, organisierte F. den Transport und den Verkauf von 42 g Kokain.
B.-
Das Kantonsgericht von Graubünden verurteilte F. mit Entscheid vom 9. Mai 1983 wegen fortgesetzter Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 und 2 lit. a sowie gegen
Art. 19a Ziff. 1 BetmG
zu einer Zuchthausstrafe von 2 1/2 Jahren, abzüglich 113 Tage Untersuchungshaft.
C.-
Mit der gegen dieses Urteil gerichteten eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde beantragt F., der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die von ihm gehandelte Menge Kokain die Voraussetzungen des schweren
BGE 109 IV 143 S. 144
Falls im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
nicht erfülle. Er behauptete insbesondere, dass im Falle von Kokain eine Vielzahl von Menschen nicht schon bei zwanzig Personen vorliege. Seine Behauptung begründet er einzig mit dem Hinweis auf die frühere bundesgerichtliche Rechtsprechung, die von einer Anzahl von zwanzig bis vierzig Personen ausgegangen sei.
Das Bundesgericht hat sich in
BGE 108 IV 64
ff. eingehend mit der Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "viele Menschen" befasst und dabei festgelegt, dass, - unabhängig von der Art des Rauschgiftes - eine Vielzahl von Menschen im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
bei einer Anzahl von zwanzig Personen gegeben ist. Die in der Beschwerdeschrift geäusserte Kritik ist nicht geeignet, eine Änderung dieser Rechtsprechung herbeizuführen.
b) F. macht weiter geltend, aus
BGE 107 IV 61
ergebe sich, dass eine Gefährdung vieler Menschen erst bei einer Menge von 5,4 kg Kokain gegeben sei. Diese Behauptung stützt sich jedoch lediglich auf ein im genannten Entscheid zitiertes Parteigutachten, dessen Aussage der Kassationshof nicht übernommen hat. In
BGE 108 IV 66
/67 wurde festgelegt, dass im Falle von Kokain - ausgehend von einer Applikationsmenge vom 10 mg und einem regelmässigen Konsum von einem halben Jahr - 1,8 g dieses Rauschgiftes genügen, um eine Person in ihrer Gesundheit zu schädigen; demzufolge wurden 50 g Kokain als ausreichend betrachtet, um 27 Personen psychisch abhängig werden zu lassen. Schon nach dieser Rechtsprechung ist der Beschwerdeführer bei einer Kokainmenge von ca. 63 g von der Vorinstanz zu Recht der Widerhandlung im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
schuldig gesprochen worden.
Der Kassationshof führte am 5. Mai 1983 in Basel mit verschiedenen Experten (Prof. Dr. Kielholz, Basel, Prof. Dr. Ladewig, Basel, Dr. Rümmele, Basel, Prof. Dr. Burner, Lausanne, Dr. Caponi, Lausanne, Dr. Eichenberger, Genf, Dr. Harding, Genf, Prof. Dr. Cerletti, Basel, Dr. Hahn, Bern, T. Kamény, Bern, Prof. Dr. Uchtenhagen, Zürich) ein Hearing durch, an welchem u.a. auch die Frage des schweren Falles im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
zur Sprache kam. Nach der übereinstimmenden Ansicht der am Kolloquium teilnehmenden Experten darf nach dem heutigen Stand der Wissenschaft unter Beachtung der vom Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung entwickelten Kriterien (drogenunerfahrene Konsumenten, gefährlichste gebräuchliche Applikationsart) zur Berechnung der das Risiko einer psychischen
BGE 109 IV 143 S. 145
Abhängigkeit erzeugenden Betäubungsmittelmenge von folgenden Werten ausgegangen werden:
Heroin-Hydrochlorid:
Tägliche intravenöse Applikation von 10 mg während 60 Tagen.
Kokain:
Tägliche intravenöse Applikation von 10 mg während 90 Tagen.
Cannabis:
Regelmässiges Rauchen von insgesamt 200 Joints à 0,5-1 g Haschisch.
LSD:
Wirkstoffmenge von 10 Trips (1 Trip = 0,05-0,1 mg Wirkstoff).
Eine Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen (zwanzig Personen; vgl. lit. 3 a) liegt demnach bei Rauschgiftmengen von 12 g Heroin, 18 g Kokain, 4 kg Haschisch oder 200 Trips LSD vor.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. | null | nan | de | 1,983 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e23c5c94-a5a1-45f3-9a8c-0078f422b993 | Urteilskopf
110 Ib 392
63. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 19 décembre 1984 dans la cause dame X. contre Genève, Chambre d'accusation (recours de droit administratif) | Regeste
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Spezialitätsgrundsatz.
Anwendbarkeit des Spezialitätsgrundsatzes bei Auslieferung und anderen Rechtshilfemassnahmen, insbesondere im Rahmen des Europäischen Rechtshilfe Übereinkommens. Tragweite des von der Schweiz zu
Art. 2 lit. b EUeR
gemachten Vorbehalts und Beachtung dieses Vorbehalts durch die Vertragsstaaten, deren vertragstreues Verhalten grundsätzlich vermutet wird (E. 5b). Es bestehen keine besonderen Umstände, welche diese Vermutung gegenüber Italien entkräften würden, das übrigens in genügender Art versichert hat, dass es den Spezialitätsgrundsatz beachten wolle (E. 5c). | Erwägungen
ab Seite 393
BGE 110 Ib 392 S. 393
Extrait des considérants:
5.
La recourante allègue enfin une violation de la règle de la spécialité. Elle ne met pas en cause la teneur de la réserve émise par le juge d'instruction genevois dans son ordonnance de clôture de la procédure d'entraide, qui attire l'attention des autorités italiennes sur le contenu qu'a pour la Suisse la règle de la spécialité. Ce qu'elle met en discussion, c'est la présomption de fidélité dont, in casu, l'Italie devrait jouir en tant qu'Etat partie à la Convention multilatérale.
a) La règle de la spécialité a tout d'abord trouvé application en droit extraditionnel; elle a pour conséquence de limiter la poursuite contre l'individu livré aux seules infractions pour lesquelles l'extradition est accordée. Consacrée généralement de manière expresse dans les traités bilatéraux passés par la Suisse, elle l'est également dans le traité multilatéral qu'est la Convention européenne d'extradition conclue à Paris le 13 décembre 1957 et entrée en vigueur pour la Suisse le 20 mars 1967.
BGE 110 Ib 392 S. 394
b) Elle a aussi été énoncée en relation avec les autres actes d'entraide judiciaire en matière pénale, pour la première fois dans l'affaire Ciurleo et consorts tranchée par le Conseil fédéral le 23 septembre 1957 (JAAC 27/1957, p. 12 ss). Dans ce domaine, elle a trouvé son expression à l'
art. 67 al. 1 EIMP
, aux termes duquel les renseignements obtenus par voie d'entraide ne peuvent, dans l'Etat requérant, ni être utilisés aux fins d'investigations, ni être produits comme moyens de preuve dans une procédure pénale visant une infraction pour laquelle l'entraide est exclue. Elle figure également à l'art. 5 du traité américano-suisse d'entraide du 25 mai 1973, qui limite l'emploi des informations données à l'Etat requérant. Elle n'est en revanche pas mentionnée dans la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale. L'art. 2 de ce traité donne simplement à l'Etat requis la faculté de refuser l'entraide judiciaire si la demande se rapporte à des infractions qu'il considère comme des infractions politiques, comme des infractions connexes à celles-ci ou comme des infractions fiscales (lettre a), ou encore s'il estime que l'exécution de la demande est de nature à porter atteinte à sa souveraineté, sa sécurité, son ordre public ou à d'autres intérêts essentiels (lettre b). Afin d'éviter de se trouver dans l'obligation de refuser dans certains cas purement et simplement sa coopération, alors que, en principe, il se justifierait de l'accorder, la Suisse a émis, conformément à l'
art. 23 CEEJ
, une réserve à l'art. 2 lettre b qui lui permet de se référer à la règle de la spécialité dans ses relations concrètes avec les autres Etats contractants. Selon le texte de cette réserve, la Suisse a le droit, dans des cas spéciaux, de n'accorder l'entraide judiciaire en vertu de la convention qu'à la condition expresse que les résultats des investigations faites en Suisse et les renseignements contenus dans les documents ou dossiers transmis soient utilisés exclusivement pour instruire et juger les infractions à raison desquelles l'entraide est fournie. En ce qui concerne les relations bilatérales avec la République fédérale d'Allemagne, l'étendue de cette réserve a été précisée dans une observation relative à l'
art. 2 CEEJ
, qui fait partie intégrante de l'accord complémentaire passé avec cet Etat le 13 novembre 1969.
La conclusion d'un accord semblable à celui passé avec la République fédérale d'Allemagne n'est pas une condition pour que les Etats signataires de la CEEJ soient liés par les réserves formulées par les autres Etats et, partant, par celle faite par la Suisse au sujet de la règle de la spécialité. Il est en effet de droit coutumier
BGE 110 Ib 392 S. 395
que, lorsqu'un traité prévoit la possibilité pour les signataires d'émettre des réserves - comme cela résulte de l'
art. 23 CEEJ
-, ces réserves n'ont pas à être acceptées expressément par les autres Etats contractants, qui doivent les respecter. L'art. 20 de la Convention de Vienne du 23 mai 1969 sur le droit des traités consacre nommément ce principe fondamental. Si la Suisse n'a pas encore signé cette convention, on relèvera que la République italienne y a adhéré (SCHMID/FREY/WYSS/SCHOUWEY, L'entraide judiciaire internationale en matière pénale, dans RDS 1981 p. 323). Ainsi, lorsque la Suisse assortit la coopération qu'elle apporte à un Etat étranger d'une déclaration ayant pour objet la règle de la spécialité, il n'y a pas lieu de douter que cette règle sera respectée, cela en vertu de la présomption de fidélité au traité dont les cocontractants bénéficient les uns envers les autres.
c) La recourante se réfère toutefois à un arrêt Bon rendu le 12 octobre 1983 par la Corte suprema di cassazione. Cette affaire révélerait que les autorités italiennes ont de la règle de la spécialité une conception différente de celle des autorités suisses. Les documents remis à l'Italie à l'issue de cette procédure d'entraide auraient été utilisés à des fins fiscales. Il s'agirait en réalité d'un cas où l'autorité requise n'a pas formulé expressément la réserve faite par la Suisse à l'
art. 2 lettre b CEEJ
quant à l'utilisation limitée des moyens de preuve fournis à l'Etat requérant. Quoi qu'il en soit, une violation passée d'un traité ne permet pas de présumer que l'Etat concerné ne respectera plus à l'avenir ses engagements internationaux ou qu'il ne les respectera pas dans un cas particulier (
ATF 109 Ib 333
consid. 14b et arrêts cités). Il faut, dans chaque cas, que des circonstances particulières justifient un tel renversement de présomption.
En l'espèce, l'autorité requérante a donné dès le début de la procédure des assurances formelles quant au respect de la règle de la spécialité. Dans sa demande initiale du 27 janvier 1983 adressée au Département fédéral de justice et police, elle a déclaré sans équivoque que les informations fournies par la Suisse seraient exclusivement utilisées pour instruire et juger les infractions de droit commun mentionnées dans la demande, les infractions en matière de devises et de fiscalité étant exclues. Elle s'est référée nommément à la réserve faite par la Suisse à l'
art. 2 lettre b CEEJ
. A la demande de l'Office fédéral de la police, le Ministère italien de la justice a confirmé ces assurances dans une lettre du 28 janvier 1984, attestant que le Juge d'instruction italien était bien l'autorité
BGE 110 Ib 392 S. 396
habilitée à faire une telle déclaration. D'autre part, à l'issue d'une conférence tenue à Berne en juin 1984 entre des représentants des autorités compétentes suisses et italiennes, la délégation italienne, présidée par un ministre plénipotentiaire représentant la Direction générale de l'émigration et des affaires sociales du Ministère des affaires étrangères, a affirmé clairement que l'Italie entendait respecter les réserves émises par la Suisse sur la base de l'
art. 23 CEEJ
. Elle a précisé que le droit interne ne faisait aucunement obstacle à ce que l'autorité judiciaire italienne s'engage à respecter la réserve de la spécialité, éventuellement formulée lors de la transmission de documents en exécution d'une demande d'entraide. Le Tribunal fédéral doit considérer ces assurances comme suffisantes.
Il résulte de ce qui précède que le grief tiré d'une violation possible de la règle de la spécialité n'est pas fondé. | public_law | nan | fr | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e2403048-3fbf-4347-a29b-29863887d5c6 | Urteilskopf
80 I 267
44. Auszug aus dem Urteil vom 4. Juni 1954 i.S. Z. gegen Steuerrekurskommission des Kantons Graubünden. | Regeste
Wehrsteuer: Änderung des Einkommens in der Berechnungsperiode infolge Berufswechsels.
Berechnungszeitraum. (Art. 42 WStB Fassung vom 20. Dezember 1950). | Sachverhalt
ab Seite 267
BGE 80 I 267 S. 267
A.-
Der Beschwerdeführer war bis März 1950 Oberarzt an einem Kantonsspital. Anfangs Mai 1950 zog er nach X (Graubünden) und eröffnete daselbst eine eigene Arztpraxis. Die Veranlagungsbehörde hat bei seiner Einschätzung zur Wehrsteuer VI (Steuerjahre 1951 und 1952) auf das in der Zeit vom 1. Mai 1950 bis 31. Dezember 1951 in der neuen Tätigkeit erzielte Geschäftsergebnis abgestellt. Die Steuerrekurskommission hat die Einschätzung bestätigt.
BGE 80 I 267 S. 268
B.-
Der Beschwerdeführer beantragt, den Entscheid der kantonalen Rekurskommission aufzuheben und zu veranlassen, dass die Veranlagung auf Grund des umzurechnenden Geschäftsergebnisses vom 1. Mai bis 31. Dezember 1950 vorgenommen werde. Zur Begründung wird im wesentlichen geltend gemacht, die Bemessungsperiode für das steuerbare Einkommen der VI. Wehrsteuerperiode umfasse die Jahre 1949 und 1950. Da der Berufswechsel am 1. Mai 1950, also noch in der Bemessungsperiode eingetreten sei, sei das nach Eintritt dieser Voraussetzung im Sinne von Art. 41, Abs. 4 WStB erzielte Einkommen dasjenige, welches der Zeitraum vom 1. Mai bis zum 31. Dezember 1950 ausweise. Dass es so sei, gehe eindeutig aus der Wegleitung der Eidg. Steuerverwaltung vom Mai 1951 hervor, wonach als Bemessungszeitraum grundsätzlich die Zeit vom Eintritt der Veränderung bis zum Ende der betreffenden Veranlagungs- bzw. Berechnungsperiode in Frage komme und bei buchführenden Steuerpflichtigen in der Regel das Ergebnis des ersten, nach der Veränderung abgeschlossenen Geschäftsjahres massgebend sei. Diese Auffassung decke sich mit den Angaben im Merkblatt für Steuerpflichtige mit Einkommensveränderungen; sie werde - e contrario - auch bestätigt durch Ausführungen in PERRET, Wehrsteuer 1951-1954 S. 92, ferner in Ausführungen der Literatur zum neuen bernischen Steuergesetz und in dem nicht publizierten Entscheide des Bundesgerichts vom 24. Februar 1950 i.S. P. (ASA 19 S. 167 ff.; speziell 171 f.).
C.-
Die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden beantragt Nichteintreten, eventuell Abweisung der Beschwerde, die Eidg. Steuerverwaltung Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
Erwägungen
in Erwägung:
2.
Bei der eidg. Wehrsteuer wird das steuerbare Einkommen im allgemeinen nach den Einkünften bemessen, die der Steuerpflichtige in der Berechnungsperiode erzielt
BGE 80 I 267 S. 269
hat, d.h. in den beiden Jahren, die der Veranlagungsperiode vorangegangen sind. Massgebend für die Einschätzung ist der Jahresdurchschnitt des Einkommens in der Berechnungsperiode (Art. 41, Abs. 1 und 2 WStB). Es kommt dann für die Steuerberechnung nicht darauf an, welches Einkommen der Steuerpflichtige in der Veranlagungsperiode, also in dem Zeitraum erzielt, für welchen er die Steuer zu bezahlen hat. Dies gilt sowohl für einen Ausfall von Einkommen als auch für Einkommenszuwachs.
Von dieser Berechnungsweise, die die Regel bildet, werden zwei Ausnahmen gemacht: Einmal wird bei Steuerpflichtigen, die neu, nämlich nach Beginn der Berechnungsperiode, in die Steuerpflicht eintreten, auf das Einkommen abgestellt, das nach dem Eintritt in die Steuerpflicht erzielt wurde (Art. 41, Abs. 4). Es wird damit ausgeschlossen, dass in die Steuerberechnung das Einkommen einbezogen wird, das der Steuerpflichtige vor Begründung der subjektiven Steuerpflicht gemäss Art. 3 WStB gehabt hatte. Sodann wird, wenn im Laufe der Berechnungsperiode aus bestimmten, im Gesetz einzeln aufgeführten Gründen eine dauernde Veränderung des Einkommens eingetreten ist, für die von der Veränderung betroffenen Einkommensbestandteile Art. 41, Abs. 4 als sinngemäss anwendbar erklärt (Art. 42, Fassung gemäss BB vom 20. Dezember 1950). Das bedeutet praktisch, dass in diesen Fällen die Einkommensverhältnisse massgebend sein sollen, wie sie bei Beginn der Veranlagungsperiode bestanden haben. Das vor der Veränderung erzielte Einkommen fällt ausser Betracht. An dessen Stelle tritt für die von der Veränderung betroffenen Einkommensbestandteile das neue Einkommen. Und zwar gilt dies, wie aus Art. 42 WStB und aus den erläuternden Bemerkungen der bundesrätlichen Botschaft (BBl 1950 III S. 570, vgl. auch S. 572) klar hervorgeht, sowohl für den Fall, dass sich das Einkommen vermindert hat, als auch wenn es sich vermehrt. Das Gesetz geht noch weiter. Es erfasst neues Einkommen überhaupt, auch wo es nicht weggefallenes ersetzt. Es ordnet die Anwendung der Ausnahmebestimmung
BGE 80 I 267 S. 270
auch an für den Fall der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Art. 42 (Fassung vom 20. Dezember 1950) ist also nicht zu verstehen im Sinne einer Erleichterung für den Steuerpflichtigen, sondern als Anordnung der Anpassung der Besteuerung an die veränderten Einkommensverhältnisse des Steuerpflichtigen überhaupt.
Unter der früheren Ordnung war es anders. Dort war die Ausnahme von der Besteuerung nach dem Einkommen in der Berechnungsperiode nur vorgesehen für den Fall, dass Arbeitseinkommen zufolge Aufgabe einer Erwerbstätigkeit weggefallen war; in diesen Fällen wurde das frühere Arbeitseinkommen von der Besteuerung ausgenommen und dafür nur auf ein allfällig an dessen Stelle getretenes niedrigeres Einkommen (Pension, Rente und dgl.) abgestellt. (BGE 79 I S. 67 f.). Die Bemerkung bei PERRET, a.a.O. S. 92, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, Art. 42 sei in erster Linie eine Milderungsvorschrift, beruht offenbar auf einer Reminiszenz an den früheren Zustand, wird aber der mit Wirkung für die VI. Wehrsteuerperiode getroffenen Neuordnung nicht gerecht.
3.
Welcher Zeitraum der Bemessung des steuerbaren Einkommens in diesen Fällen zu Grunde zu legen ist, bestimmt das Gesetz nicht. Es erklärt vor allem in Art. 41 Abs. 4 keineswegs, dass in Fällen, wo die Voraussetzungen für die Steuerpflicht während der Berechnungsperiode eingetreten sind, also während eines Teils der Berechnungsperiode bestanden haben, nur auf die Verhältnisse in der Berechnungsperiode abgestellt werden dürfe; es bestimmt lediglich, dass der Steuer das nach Eintritt der Voraussetzungen erzielte, auf ein Jahr berechnete Einkommen zugrunde zu legen sei. Die Bestimmung schliesst die Möglichkeit nicht aus, den Berechnungszeitraum etwas weiter zu ziehen und, wo es angezeigt ist, auch Verhältnisse zu berücksichtigen, die in der Veranlagungsperiode liegen. Art. 41, Abs. 4 WStB ordnet Grenzfälle und Übergangsverhältnisse, bei denen eine starre Festlegung des Bemessungszeitraumes sachwidrig wäre. Die Formulierung des Gesetzes
BGE 80 I 267 S. 271
ermöglicht es, den Bemessungszeitraum so zu wählen, dass das Einschätzungsergebnis den wirklichen Verhältnissen des neu in die Steuerpflicht Eingetretenen möglichst gerecht wird.
Entsprechend verhält es sich auch bei Art. 42 WStB, wo das Gesetz bei Veränderungen in den Einkommensverhältnissen aus bestimmten, im Gesetze aufgeführten Gründen die Besteuerung auf Grund des neuen Zustandes vorschreibt. Nach Anordnung des Gesetzes wird gefordert, dass sich das Einkommen dauernd verändert hat. Das bedeutet, dass die Besteuerung nach den Verhältnissen vorgenommen werden soll, wie sie sich in der neuen Lage gestalten. Wenn schon Art. 41, Abs. 4 WStB die Steuerberechnung in den von ihm geordneten Grenzfällen nicht unbedingt auf die Verhältnisse in der im übrigen allgemein geltenden Berechnungsperiode beschränkt, so kann auch die Vorschrift von Art. 42 WStB, wonach Art. 41, Abs. 4 sinngemäss anwendbar ist, keine derartige Beschränkung bedeuten.
4.
Die neuen Einkommensverhältnisse eines bisher in unselbständiger Stellung tätigen Arztes, der eine selbständige Praxis an einem Orte eröffnet, an den er zuzieht, wird aber, wie die kantonalen Behörden zutreffend annehmen, kaum richtig erfasst, wenn lediglich auf einen Geschäftsabschluss über die ersten acht Monate nach Praxiseröffnung abgestellt wird. Es erscheint daher als sachgemäss, den Berechnungszeitraum hier etwas weiter zu spannen und bei der Steuerberechnung auch noch das zweite Geschäftsjahr mitzuberücksichtigen, das sich über den Zeitraum eines ganzen Kalenderjahres erstreckt. Hier war die Erweiterung der Berechnungsgrundlage umsomehr angezeigt, als, wie sich aus Angaben des Beschwerdeführers im bundesgerichtlichen Verfahren ergibt, nur die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Kassenarzt 8 Monate des Jahres umfasst. Die Privatpraxis begann erst im Juni.
Aus der Wegleitung der Eidg. Steuerverwaltung lässt sich nichts anderes herleiten. Nach ihr kommt bei Art. 41,
BGE 80 I 267 S. 272
Abs. 4 WStB als Bemessungszeitraum grundsätzlich die Zeit vom Eintritt der Steuerpflicht bis zum Ende der Veranlagungs- bzw. Bemessungsperiode in Frage. Das will offensichtlich nicht heissen, dass ausnahmslos auf die so umschriebenen Zeiträume abzustellen sei, selbst wenn man dabei zu einer sachwidrigen Steuerfestsetzung käme, wie es hier unter den vorliegenden, besonderen Verhältnissen der Fall wäre. | public_law | nan | de | 1,954 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e247309c-af17-4dbf-9dd8-e07131cd5a45 | Urteilskopf
93 II 64
13. Arrêt de la IIe Cour civile du 11 avril 1967 dans la cause B. contre Genève, Tuteur général. | Regeste
Berufung. Zulässigkeit.
Art. 44 lit. b OG
.
Unterliegen der Berufung Massnahmen der vormundschaftlichen Behörden, die dem Inhaber der elterlichen Gewalt ohne förmlichen Entzug dieser Gewalt alle daraus fliessenden Befugnisse entziehen? Frage offen gelassen. Auf jeden Fall ist die Berufung nicht zulässig gegen eine Entscheidung, die zeitweilig jeden unmittelbaren Kontakt zwischen dem Inhaber der elterlichen Gewalt und dem ihm weggenommenen Kinde verbietet. | Sachverhalt
ab Seite 64
BGE 93 II 64 S. 64
Résumé des faits:
B. a une fille légitimée par son premier mariage, Pierrette, née en 1948. Le jugement de divorce prononcé en 1952 lui a attribué la puissance paternelle, en instituant une surveillance de l'autorité tutélaire. B. s'est remarié en 1953. Il a eu d'autres enfants. En 1964, sa femme a introduit une action en séparation de corps qui est actuellement pendante.
En 1957, la Chambre des tutelles de Genève a retiré à B. la garde de sa fille Pierrette, qu'elle a confiée au Tuteur général.
BGE 93 II 64 S. 65
La décision a été confirmée par l'Autorité cantonale de surveillance. Mais elle n'a pas pu être exécutée, en raison de l'opposition de B. et de sa seconde épouse. B. a commis des tentatives d'attentat à la pudeur sur sa fille. En juin 1966, celle-ci a quitté de son propre chef la demeure paternelle et s'est réfugiée chez des tiers. Le Tuteur général l'a placée dans une famille. Il a décidé de ne pas révéler à B. le lieu de placement de Pierrette et ordonné que tous les contacts entre eux aient lieu par l'intermédiaire de son service.
Sur recours de B., la Chambre des tutelles et l'Autorité de surveillance ont confirmé la décision du Tuteur général, en précisant qu'elle demeurerait en vigueur jusqu'à ce que le gardien estime possible d'organiser à nouveau un droit de visite.
Contre la décision de l'Autorité cantonale de surveillance, B. a interjeté un recours en réforme et, subsidiairement, un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst. Il estime que la décision attaquée le prive de l'unique attribut de la puissance paternelle qui ne saurait lui être refusé sans violer l'art. 285 CC.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Le recours en réforme au Tribunal fédéral n'est pas ouvert contre toutes les mesures prises par les autorités de tutelle, mais seulement dans les cas prévus expressément à l'art. 44 lettres a, b et c OJ. Il est recevable notamment, en vertu de l'art. 44 lettre b OJ, contre les décisions relatives à la déchéance et au rétablissement de la puissance paternelle selon les art. 285 et 287 CC. Les simples restrictions apportées par les autorités de tutelle à l'exercice de la puissance paternelle ne sont pas assimilées à la déchéance. En particulier, le recours en réforme est irrecevable contre les décisions ordonnant des mesures pour la protection de l'enfant selon l'art. 283 CC ou retirant aux parents la garde de l'enfant et plaçant celui-ci dans une famille ou dans un établissement en vertu de l'art. 284 CC (RO 38 II 768, 54 II 71; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, n. 6 b ad art. 44 OJ, p. 131 et FJS 936, B II/2, p. 7 in fine; EGGER, n. 24 ad art. 283 CC et n. 4 ad art. 288 CC; HEGNAUER, n. 261 ad art. 283 CC et n. 38 à 40 ad art. 288 CC). Doctrine et jurisprudence admettent cependant la recevabilité du recours en réforme contre une décision qui, sans prononcer une
BGE 93 II 64 S. 66
déchéance formelle à l'égard des parents, nomme un tuteur à l'enfant, en sorte qu'elle retire implicitement la puissance paternelle à son titulaire (RO 47 II 16 consid. 1, 86 II 326; EGGER et HEGNAUER, loc.cit.). Un auteur soutient même que si les autorités de tutelle retiraient par des mesures successives tous les pouvoirs qui découlent de la puissance paternelle, il conviendrait d'ouvrir le recours en réforme, afin d'empêcher que les droits des parents ne soient ainsi vidés de leur substance (A. WURZBURGER, Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, thèse Lausanne 1964, p. 40). Il n'est pas nécessaire de se prononcer sur cette opinion, invoquée par le recourant. En effet, l'hypothèse envisagée n'est pas réalisée en l'espèce.
2.
La décision de la Chambre des tutelles du 10 avril 1958, confirmée par l'autorité de surveillance le 2 mai 1958, qui a retiré à B., pour une durée indéterminée, la garde de sa fille Pierrette, est toujours en vigueur. Elle n'est pas critiquée comme telle par le recourant. D'une façon générale, le retrait de la garde de l'enfant ne supprime pas tous les droits qui dérivent de la puissance paternelle; il y apporte seulement des restrictions (cf. EGGER, n. 1 et 12 ad art. 284 CC; HEGNAUER, n. 65 ss. ad art. 284 CC). Le parent titulaire de la puissance paternelle conserve en principe le droit d'avoir des relations personnelles avec son enfant, notamment par correspondance et au moyen de visites; cependant, les modalités de l'exercice du droit de visite sont réglées, le cas échéant, par l'autorité tutélaire, dont les décisions peuvent être déférées à l'autorité de surveillance par la voie du recours prévu à l'art. 420 CC (EGGER, n. 12 in fine ad art. 284 CC; HEGNAUER, n. 72 ad art. 284 CC). Si le maintien de ces relations personnelles compromet gravement le succès des mesures éducatives instituées par l'autorité tutélaire, leur suppression peut être ordonnée de façon temporaire ou durable (HEGNAUER, loc.cit., qui se réfère notamment à l'arrêt publié au RO 89 II 2 ss., concernant la suppression totale du droit de visite fondé sur l'art. 156 al. 3 CC). L'interdiction de tout contact entre l'enfant et le parent qui a la puissance paternelle se justifie parfois durant les premiers temps du placement, jusqu'à ce que le conflit qui a motivé l'intervention soit apaisé et que l'enfant ait retrouvé le calme, de telle sorte qu'il puisse rencontrer son père ou sa mère sans que son équilibre en soit affecté (cf. D. SCHWEIZER, Die Versorgung
BGE 93 II 64 S. 67
vernachlässigter Kinder nach
Art. 284 ZGB
, thèse Zurich 1948, p. 170).
Les autorités de tutelle du canton de Genève ont précisément ordonné de pareilles mesures. Le Tuteur général a refusé de révéler au recourant le lieu de placement et décidé que tous les contacts entre le père et sa fille Pierrette se feraient par l'intermédiaire de son service. La Chambre des tutelles a confirmé cette décision en précisant qu'elle resterait en vigueur jusqu'à ce que le gardien estime possible d'organiser à nouveau un droit de visite. Elle a marqué ainsi le caractère temporaire de la mesure prise, qui est une simple modalité du retrait de la garde prononcé en vertu de l'art. 284 CC. L'Autorité cantonale de surveillance a considéré elle aussi l'interdiction des visites et de la correspondance directe entre père et fille comme une mesure temporaire, qui ne porte pas atteinte à la puissance paternelle comme telle. Elle a relevé, notamment, que le recourant devrait comprendre que le meilleur moyen de revoir sa fille dans des conditions normales consiste à ne pas la relancer actuellement et à laisser s'apaiser une hostilité qu'il a lui-même provoquée par son insistance.
Contrairement à ce qu'il prétend, le recourant n'a pas été privé de tous les attributs de la puissance paternelle. Il est seulement soumis à une restriction temporaire dans l'exercice de ses droits, en ce sens qu'il doit passer par l'intermédiaire du gardien (le service du Tuteur général) s'il veut entrer en contact avec sa fille.
Le point de savoir si le droit de visite est un "droit naturel" que les autorités cantonales auraient violé en l'espèce, comme le prétend le recourant, pourra être examiné à propos du recours de droit public. Quoi qu'il en soit, la décision attaquée n'a pas pour effet de priver B. de la puissance paternelle, sous l'apparence de mesures moins incisives. Il s'ensuit que même si l'opinion de Wurzburger, rappelée plus haut, était admise - question qui demeure réservée -, la juridiction de réforme ne saurait entrer en matière.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral, vu l'art. 60 al. 1 litt. a OJ:
Déclare le recours irrecevable. | public_law | nan | fr | 1,967 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e24cfab8-cbf4-4a56-95a3-02555ce579a0 | Urteilskopf
96 V 81
21. Auszug aus dem Urteil vom 7. Juli 1970 i.S. Boschung gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich | Regeste
Art. 16bis Abs. 2 IVV
.
Über die Faktoren, welche der Bemessung des Amortisationsbeitrags für ein vom Versicherten auf eigene Kosten angeschafftes Motorfahrzeug dienen. | Erwägungen
ab Seite 81
BGE 96 V 81 S. 81
Aus den Erwägungen:
1.
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer voraussichtlich dauernd eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit ausübt und zur Überwindung des 1,5 km langen Arbeitsweges wegen seiner Invalidität auf ein persönliches Motorfahrzeug angewiesen ist. Er erfüllt somit die Voraussetzungen des
Art. 15 Abs. 1 IVV
für die Abgabe von Motorfahrzeugen durch die Invalidenversicherung.
Nachdem der Beschwerdeführer Ende Mai 1967 auf eigene Kosten ein Motorfahrzeug angeschafft hat, haben ihm die Verwaltung und die kantonale Rekurskommission Amortisationsbeiträge und einen Reparaturkostenbeitrag zugesprochen. Der Versicherte lässt lediglich die Höhe dieser grundsätzlich ebenfalls unbestrittenen Leistungen anfechten.
2.
Nach
Art. 16bis Abs. 2 Satz 2 IVV
werden die Amortisationsbeiträge "nach Massgabe der Kosten und der voraussichtlichen Benützungsdauer unter Einrechnung eines angemessenen Reparaturkostenanteils festgesetzt". Es sind also drei Faktoren für die Berechnung der Amortisationsbeiträge eines Automobils entscheidend:
a) die Anschaffungskosten: Massgebend ist - in analoger Anwendung des
Art. 21 Abs. 3 Satz 1 IVG
- der Preis eines Kleinautomobils (
Art. 14 Abs. 1 lit. g IVV
) "in einfacher und zweckmässiger Ausführung". Es muss demnach darauf abgestellt werden, welche Art von Kleinautomobil die Invalidenversicherung
BGE 96 V 81 S. 82
einem Invaliden abgeben würde, hätte dieser nicht schon auf eigene Kosten ein Motorfahrzeug angeschafft;
b) die voraussichtliche Benützungsdauer: Diese berechnet sich zunächst nach dem Mass der Abnützung des Fahrzeuges durch Fahrten zum Arbeitsplatz und hängt somit wesentlich von der Länge des Arbeitsweges ab (vgl. ZAK 1963 S. 256 und 1967 S. 103). Diese als Berechnungsfaktor heranzuziehen, drängt sich schon deshalb auf, weil sonst manche Bezüger von Amortisationsbeiträgen besser behandelt würden als Versicherte, denen die Invalidenversicherung ein Motorfahrzeug abgegeben hat. Anderseits verlangt die Rechtsgleichheit aber auch die Berücksichtigung der Toleranzmarge für Privatfahrten, welche dem Benützer leihweise abgegebener Motorfahrzeuge zugestanden wird (vgl. dazu EVGE 1966 S. 186);
c) der Reparaturkostenanteil: Hierbei handelt es sich nicht um eine selbständige Leistung im Sinn des
Art. 16 Abs. 2 IVV
, wie die Vorinstanz anscheinend meint. Diese Bestimmung bezieht sich ihrem Wortlaut nach nur auf Hilfsmittel (u.a. Motorfahrzeuge), welche von der Invalidenversicherung abgegeben worden sind, und nicht auf Ersatzleistungen gemäss
Art. 16bis Abs. 2 IVV
.
3.
a) Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sein Automobil Marke DAF 44 Ende Mai 1967 angeschafft hat. Nach den unwidersprochenen Darlegungen der Rekurskommission, die auf einer Auskunft des Bundesamtes vom 13. Juni 1969 beruhen, hätte die Invalidenversicherung dem Versicherten bei leihweiser Abgabe ein Automobil "DAFFODIL de Luxe extra" zugesprochen. Der Katalogpreis eines solchen Fahrzeuges betrug im Frühjahr 1967 Fr. 6550.--. Nach Abzug des üblichen Invalidenrabattes von 10% ergibt sich ein Kaufpreis von Fr. 5895.--.
b) Mit Rücksicht darauf, dass der Beschwerdeführer von seiner Wohnung zum Arbeitsplatz lediglich eine Wegstrecke von 1,5 km zurückzulegen hat, sein Arbeitsweg somit täglich 6 km oder - bei 270 Arbeitstagen im Jahr - 1620 km jährlich beträgt, hat die Vorinstanz in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis die voraussichtliche Benützungsdauer des Motorfahrzeuges ermessensweise auf 12 Jahre festgesetzt. Diese mutmassliche Zeitspanne berücksichtigt ausser dem Arbeitsweg auch die Toleranzmarge für Privatfahrten. Angesichts des kurzen Arbeitsweges ist das Vorgehen der Rekurskommission nicht
BGE 96 V 81 S. 83
zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die massgebende voraussichtliche Benützungsdauer nicht etwa deswegen zu kürzen, weil der Motor eines jeweils nur auf sehr kurzen Strecken verwendeten Automobils für Schäden besonders anfällig wäre. Dieser Gesichtspunkt ist jedenfalls bei der geringen jährlichen Fahrleistung, auf die es hier ankommt, praktisch unbeachtlich.
Teilt man den Anschaffungspreis von Fr. 5895.-- durch 12 Jahre, so ergibt sich ein Beitrag von 491 Franken für ein volles Jahr bzw. von 287 Franken für die Monate Juni bis Dezember 1967.
c) In den Amortisationsbeitrag ist ferner der Reparaturkostenanteil einzurechnen. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, dass nach der seit dem 1. Januar 1968 gültigen Verwaltungspraxis bei einer Benützungsdauer von 8 Jahren der Reparaturkostenanteil auf jährlich 200 Franken bemessen wird. Er ist aber der Auffassung, der Gesamtbetrag von (8 x Fr. 200.-- =) Fr. 1600.-- dürfe nicht auf 12 Jahre verteilt werden.
Die rechtsgleiche Behandlung der Versicherten, denen die Invalidenversicherung ein Motorfahrzeug abgibt, und jener Invaliden, die Amortisationsbeiträge erhalten, verlangt, dass
Art. 16 Abs. 2 Satz 2 IVV
betreffend die Übernahme der Kosten von Reparaturen an den von der Invalidenversicherung abgegebenen Motorfahrzeugen auf Bezüger von Amortisationsbeiträgen sinngemäss angewandt wird. Diese Bestimmung lautet:
"Bei Motorfahrzeugen werden diese Kosten nur übernommen,. soweit die Reparatur- oder Erneuerungsbedürftigkeit des Fahrzeugs auf Fahrten an den Arbeitsort zurückzuführen ist."
Der für die Berechnung des Reparaturkostenanteils allein massgebende Arbeitsweg des Beschwerdeführers beträgtjährlich bloss 1620 km oder 19 440 km innert 12 Jahren. Damit ist die mittlere jährliche Reparaturbedürftigkeit bedeutend geringer als bei einem Motorfahrzeug, welches die Strecke von rund 20 000 km im Verlauf von 8 Jahren zurücklegt. Dass das Automobil des Beschwerdeführers wegen des sehr kurzen Arbeitsweges nicht in beachtlich erhöhtem Mass reparaturbedürftig ist, wurde bereits dargelegt.
Bei diesen Gegebenheiten erscheint ein Reparaturkostenanteil von jährlich Fr. 135.-- ab 1. Januar 1968 als angemessen. | null | nan | de | 1,970 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e25031e3-6d47-4e15-8e9a-ea060fef9c5a | Urteilskopf
98 V 119
32. Auszug aus dem Urteil vom 20. April 1972 i.S. Conte gegen Krankenkasse Helvetia und Obergericht des Kantons Schaffhausen | Regeste
Art. 102 lit. d OG
.
Unter "vorgängigen andern Beschwerden oder Einsprachen", deren Zulässigkeit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausschliesst, sind nur ordentliche Rechtsmittel zu verstehen. | Erwägungen
ab Seite 120
BGE 98 V 119 S. 120
Aus den Erwägungen:
Das Bundesamt erhebt gegenüber der Verwaltungsgerichtsbeschwerde den formellen Einwand der Unzulässigkeit. Dabei stützt es sich auf den auch im Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht anwendbaren Art. 102OG, derunterlit. d bestimmt, d.ass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig ist, wenn offensteht: "jede vorgängige andere Beschwerde oder Einsprache". Zur Begründung bringt das Bundesamt vor: Die Beschwerdeführerin verlange die Aufhebung des kantonalen Entscheides, weiles ihr nunmehr gelungen sei, einen berichtigten Geburtsschein beizubringen; dabei handle es sich um ein Revisionsbegehren im Sinn des
Art. 30bis Abs. 3 lit. h KUVG
, das beim kantonalen Gericht geltend gemacht werden müsse.
Unter einer "vorgängigen andern Beschwerde oder Einsprache" kann - gerade im Hinblick auf letztinstanzliche kantonale Entscheide, gegen die sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht in der Regel richtet - nach der Systematik und dem Sinn der Bestimmungen des OG über die Verwaltungsrechtspflege (s. insbesondere
Art. 98 lit. g OG
) nur ein Rechtsmittel verstanden werden, das generell und in jedem Fall "vorgängig" zulässig ist, was bloss bei ordentlichen Rechtsmitteln zutrifft. Es lässt sich auch nicht damit argumentieren, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei wenigstens dann unzulässig, wenn in einem konkreten Fall innerhalb der Verwaltungsgerichtsbeschwerdefrist (
Art. 106 Abs. 1 OG
) Gründe vorgebracht werden, die zur Revision des kantonalen Entscheides berechtigen würden. Solange nämlich der kantonale Richter ein Revisionsbegehren nicht behandelt hat, kann das Eidg. Versicherungsgericht nicht von sich aus verbindlich feststellen, ob die Prozessvoraussetzungen für das Eintreten auf das Revisionsgesuch gegeben seien. Würde also beispielsweise das Eidg. Versicherungsgericht - im Sinn des Bundesamtes - vorfrageweise die Zulässigkeit der kantonalen Revision bejahen und damit die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde verneinen, so bestande das Risiko, dass
BGE 98 V 119 S. 121
nachher der kantonale Richter das Fehlen einer Prozessvoraussetzung feststellen und auf Nichteintreten erkennen würde.
Aus allem ergibt sich, dass der vom Bundesamt erhobene Einwand der Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im vorliegenden Fall nicht stichhaltig ist. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demzufolge einzutreten. | null | nan | de | 1,972 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e25315a0-8159-49a0-8063-7c64114fc484 | Urteilskopf
137 III 625
96. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. SA contro B. s.r.o. (ricorso in materia civile)
5A_261/2011 del 19 luglio 2011 | Regeste
Art. 272 Abs. 1 SchKG
;
Art. 2 Abs. 2 ZGB
; Arrestierung einer nicht in einem Wertpapier verkörperten Forderung am schweizerischen Wohnsitz oder Sitz des Arrestgläubigers.
Der Gläubiger kann eine nicht in einem Wertpapier verkörperte Forderung, deren Schuldner er ist und deren Berechtigter im Ausland domiziliert ist, an seinem schweizerischen Wohnsitz oder Sitz arrestieren lassen (E. 3). Ein solches Vorgehen des Arrestgläubigers stellt keinen offensichtlichen Rechtsmissbrauch dar (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 626
BGE 137 III 625 S. 626
A.
B. s.r.o. ha fatto spiccare un precetto esecutivo nei confronti di A. SA per l'incasso di fr. 49'677.10 oltre interessi per fatture non pagate. Con sentenza 10 dicembre 2007 il Pretore del Distretto di Bellinzona ha rigettato in via provvisoria l'opposizione interposta da A. SA al precetto esecutivo.
Con istanza 1° settembre 2010 A. SA ha chiesto al Pretore del Distretto di Bellinzona di porre sotto sequestro il credito di fr. 49'677.10 oltre interessi di cui alla sentenza 10 dicembre 2007. Tale provvedimento è stato chiesto a tutela di una pretesa di risarcimento danni da atti illeciti nei confronti di B. s.r.o. Il 3 settembre 2010 il Pretore ha decretato il sequestro.
Con decisione 7 dicembre 2010 il Pretore ha respinto l'opposizione formulata da B. s.r.o. contro il predetto decreto di sequestro.
Con sentenza 4 marzo 2011 la Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale d'appello del Cantone Ticino ha accolto un gravame di B. s.r.o. e ha riformato la decisione 7 dicembre 2010 del Pretore ammettendo l'opposizione al decreto di sequestro 3 settembre 2010 e dichiarando nullo il sequestro per incompetenza territoriale.
B.
Con ricorso in materia civile del 5 aprile 2011 A. SA ha chiesto al Tribunale federale di annullare la sentenza cantonale e di confermare la decisione 7 dicembre 2010 del Pretore. La ricorrente ha lamentato un'applicazione arbitraria della legge (art. 271 segg. LEF,
art. 90 CPC
/TI,
art. 2 e 8 CC
,
art. 118 CO
), nonché un accertamento dei fatti ed una valutazione delle prove manifestamente errati.
Con scritto 26 aprile 2011 la Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale d'appello del Cantone Ticino ha rinunciato a formulare osservazioni, mentre con risposta 20 maggio 2011 l'opponente ha proposto in via principale di dichiarare inammissibile il ricorso e in via subordinata di respingerlo.
BGE 137 III 625 S. 627
Il Tribunale federale ha parzialmente accolto il ricorso nella misura della sua ammissibilità, ha annullato la sentenza impugnata e ha rinviato la causa all'autorità inferiore per nuovo giudizio nel senso dei considerandi.
(riassunto)
Erwägungen
Dai considerandi:
3.
3.1
Giusta l'
art. 272 cpv. 1 LEF
(nel suo tenore in vigore fino al 31 dicembre 2010) il sequestro viene concesso dal giudice del luogo in cui si trovano i beni, purché il creditore renda verosimile l'esistenza del credito, di una causa di sequestro e di beni appartenenti al debitore. Secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, i crediti non incorporati in una cartavalore sono di principio sequestrati al domicilio del suo titolare. Qualora egli non fosse domiciliato in Svizzera, il credito è sequestrato al domicilio o alla sede del terzo debitore in Svizzera (
DTF 128 III 473
consid. 3.1 con rinvio).
3.2
La Corte cantonale ha dichiarato nullo il decreto di sequestro per incompetenza territoriale del giudice adito dalla creditrice sequestrante a porre sotto sequestro il credito di fr. 49'677.10 detenuto dala debitrice sequestrata con sede all'estero. A mente dei Giudici cantonali, la creditrice sequestrante, nel contempo debitrice del credito sequestrato, difetterebbe del ruolo di terza debitrice. Il luogo di situazione del credito sarebbe pertanto la sola sede della debitrice sequestrata.
3.3
La ricorrente sostiene che la sentenza querelata è arbitraria perché introduce senza ragione nell'applicazione dell'
art. 272 cpv. 1 LEF
un'esigenza - ossia che il terzo debitore non possa essere contemporaneamente il creditore sequestrante - non prevista dalla legge né dai principi giurisprudenziali e dottrinali in materia di sequestro.
3.4
Secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, il "terzo debitore" è il debitore del debitore sequestrato (
DTF 103 III 86
consid. 2b). L'eccezione che permette di sequestrare un credito al domicilio o alla sede del terzo debitore è stata introdotta per motivi di praticabilità (
DTF 31 I 198
consid. 3; WALTER A. STOFFEL, in Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 2010, n. 48 ad
art. 272 LEF
;
lo stesso
, Das neue Arrestrecht, AJP 1996 pagg. 1401- 1415, in particolare 1409; DANIEL STAEHELIN, Die internationale Zuständigkeit der Schweiz im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, AJP 1995 pagg. 259-284, in particolare 265). Essa permette inoltre
BGE 137 III 625 S. 628
di evitare il conflitto di competenza negativo internazionale. La maggior parte degli ordinamenti giuridici esteri, a differenza di quello svizzero, localizzano infatti il credito al domicilio del terzo debitore e senza l'introduzione di tale eccezione si sarebbero create delle situazioni nelle quali un credito sarebbe - sia dal punto di vista dello stato di domicilio del debitore sequestrato sia dal punto di vista della Svizzera - da sequestrare all'estero (RICHARD GASSMANN, Arrest im internationalen Rechtsverkehr, 1998, pagg. 52-53; v. anche DANIEL STAEHELIN, op. cit., pag. 265). Se nell'applicazione dell'
art. 272 cpv. 1 LEF
si introducesse la condizione che il sequestrante non può essere nel contempo il terzo debitore si andrebbero pertanto a creare delle situazioni nelle quali un creditore (con domicilio o sede in Svizzera) non potrebbe chiedere di porre sotto sequestro un credito del quale è egli stesso debitore né in Svizzera né nello stato (estero) di domicilio del debitore sequestrato.
Giova inoltre rilevare che secondo la giurisprudenza sono sequestrabili i beni che possono essere realizzati a profitto del creditore chirografario nell'esecuzione forzata, che possono pertanto essere oggetto di un pignoramento o appartenere alla massa del fallimento (
DTF 107 III 100
). Attraverso il sequestro non si concede l'attribuzione automatica del bene sequestrato al creditore ma, al termine della procedura di convalida del sequestro, occorre dapprima procedere alla sua realizzazione. Ora, il Tribunale federale ha già avuto modo di stabilire che, nel quadro della realizzazione di un credito pignorato, è consentita l'aggiudicazione di tale credito al creditore procedente che è nel contempo debitore di tale credito (
DTF 109 III 62
consid. 2 e 3). Non si giustifica pertanto impedire alla ricorrente di far sequestrare un credito che non solo è realizzabile ma che essa sarebbe persino autorizzata ad acquistare ai pubblici incanti.
Da quanto precede discende che nella fattispecie, contrariamente a quanto sostenuto dalla Corte cantonale e dall'opponente, vi è una terza debitrice che si trova (incontestabilmente) in Svizzera ed il credito sequestrato va pertanto localizzato presso la sua sede. Per questo motivo appare arbitrario affermare che il decreto di sequestro sia nullo per incompetenza territoriale del Pretore del Distretto di Bellinzona.
4.
4.1
A mente dei Giudici cantonali la garanzia perseguita dalla richiesta di sequestro risulta pari a zero e, in queste condizioni, ci si può chiedere se l'atteggiamento della creditrice sequestrante (anche
BGE 137 III 625 S. 629
alla luce delle vicissitudini giudiziarie fra le parti) costituisca un manifesto abuso di diritto. La Corte cantonale osserva che il sequestro è uno strumento concepito nell'interesse del creditore che può far sequestrare beni che andranno ad essere realizzati a suo beneficio. In concreto, tuttavia, la realizzazione della pretesa di fr. 49'677.10 a favore della debitrice sequestrata e a carico della sequestrante non avrebbe portata pratica per quest'ultima: essa non diventerebbe infatti altro che creditrice di una pretesa cui lei medesima deve adempiere mediante un pagamento, creando così un caso di confusione giusta l'
art. 118 cpv. 1 CO
.
4.2
La ricorrente sostiene che sia arbitrario applicare l'
art. 118 cpv. 1 CO
alla fattispecie in quanto il suo credito avverso l'opponente non è ancora liquido, per cui necessita, in attesa dell'esito della causa di accertamento, di una garanzia, e che soltanto al momento in cui essa disporrà di una sentenza cresciuta in giudicato per un importo almeno pari al credito sequestrato la garanzia risulterà pari a zero.
4.3
Il manifesto abuso di un proprio diritto non è protetto dalla legge (
art. 2 cpv. 2 CC
). Questa regola permette al giudice di correggere gli effetti della legge in determinati casi in cui l'esercizio di un diritto causerebbe una manifesta ingiustizia. Sono le circostanze concrete del caso di specie a determinare se si sia in presenza di un abuso di diritto, traendo ispirazione dalle diverse categorie evidenziate dalla giurisprudenza e dalla dottrina. L'aggettivo "manifesto" utilizzato nel testo di legge evidenzia tuttavia che l'abuso di diritto va ammesso restrittivamente. Casi tipici sono l'assenza di un qualsiasi interesse all'esercizio di un proprio diritto, l'utilizzo di un istituto giuridico in modo contrario al proprio scopo, una manifesta sproporzione degli interessi in gioco e un atteggiamento contraddittorio (
DTF 135 III 162
consid. 3.3.1 con rinvii). In materia di sequestro, il Tribunale federale ha già avuto modo di giudicare che non abusa del suo diritto il creditore che adempie le proprie obbligazioni di venditore e fa poi sequestrare la merce fornita, allo scopo di conseguire una copertura di un suo credito risarcitorio nei confronti del compratore, sorto dopo l'ordinazione della merce sequestrata. Secondo la giurisprudenza, poi, il compratore che ha emesso un accreditivo e fa consegnare i documenti alla banca può fare sequestrare il credito del beneficiario contro la banca per garantire la riscossione di un credito risarcitorio risultante dal rapporto di base. Non si può inoltre vietare al debitore di sequestrare, allo scopo di garantire un'azione per la ripetizione dell'indebito, la somma oggetto dell'esecuzione
BGE 137 III 625 S. 630
che fu pagata all'ufficio (
DTF 125 III 149
consid. 2b/bb con rinvii;
DTF 120 III 159
consid. 3b con rinvii).
Contrariamente a quanto sostenuto dalla Corte cantonale non si può affermare che in concreto la garanzia perseguita dalla domanda di sequestro sia pari a zero. Se alla sequestrante verrà infatti aggiudicato il credito sequestrato del quale è nel contempo debitrice essa riceverà sì un credito estinto per confusione, ma ciò non significa che non riceverà nulla in quanto otterrà l'estinzione di un'obbligazione che dovrebbe altrimenti adempiere (v. anche
DTF 109 III 62
consid. 2). Se invece il credito sequestrato sarà aggiudicato ad un terzo, il creditore procedente riceverà il prodotto di questa aggiudicazione: in tal caso non si pone nemmeno la questione dell'estinzione per confusione ai sensi dell'
art. 118 cpv. 1 CO
. L'agire processuale della ricorrente non è quindi privo di interesse e non configura un manifesto abuso di diritto ai sensi dell'
art. 2 cpv. 2 CC
. | null | nan | it | 2,011 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e2558e49-44a2-4a17-9461-57f6eb1840a5 | Urteilskopf
85 II 382
62. Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Oktober 1959 i.S. Zürcher gegen Zürcher. | Regeste
Erbteilung.
1. Lidlohn (
Art. 633 ZGB
). Fall eines mündigen Sohnes, der seinen Eltern ein bestimmtes Kostgeld zahlte und ihnen darüber hinaus gewisse Geldbeträge und Arbeitsleistungen zukommen liess.
2. Ersatz von Auslagen für Rechnung des Erblassers; Beweislast (
Art. 8 ZGB
).
3. Teilungsart (
Art. 610 ff. ZGB
). Mit Ausnahme der Sonderfälle von Art. 620 und eventuell
Art. 613 Abs. 3 ZGB
ist die behördliche Zuweisung von Erbschaftssachen an bestimmte (von der Behörde bezeichnete) Erben nicht zulässig. Eine Sache, die durch körperliche Teilung eine wesentliche Werteinbusse erlitte und nicht in eines der nach
Art. 611 ZGB
zu bildenden, durch Losziehung zu verteilenden Lose aufgenommen werden kann, ist mangels abweichender Vereinbarung der Erben zu verkaufen (
Art. 612 Abs. 2 ZGB
). Die Versteigerung (
Art. 612 Abs. 3 ZGB
) kann auch von einem Erben verlangt werden, dessen Erbteil nach dem Ergebnis einer Schätzung der Erbschaftsaktiven durch seine Vorempfänge oder seine Schulden an den Nachlass aufgewogen wird. | Sachverhalt
ab Seite 383
BGE 85 II 382 S. 383
A.-
Am 10. Juni 1956 starb in Zug Josef Zürcher-Fassbind, geb. 1877. Als gesetzliche Erben hinterliess er
BGE 85 II 382 S. 384
seine Ehefrau Katharina Zürcher-Fassbind, die beiden ledigen Söhne Josef und Ernst, geb. 1908 bzw. 1917, den verheirateten Sohn August, geb. 1920, und die Kinder der vorverstorbenen Tochter Maria Betschart-Zürcher. Das Hauptaktivum des Nachlasses ist die Liegenschaft Guthirtstrasse 11 in Zug, ein Dreifamilienhaus mit Umgelände, in welchem die Eheleute Zürcher-Fassbind sowie die drei Söhne wohnten und die Witwe sowie die Söhne heute noch wohnhaft sind. Da sich die Erben über die Teilung des Nachlasses (insbesondere über die Behandlung der Liegenschaft, die Forderungen und Schulden einzelner Erben gegenüber dem Nachlass und die Lidlohnansprüche der Söhne Josef und Ernst) nicht einigen konnten, kam es zwischen ihnen zum Prozess. In der Folge vereinbarten die Kinder Betschart mit den übrigen Erben, dass sie an den Nachlass keine Ansprüche stellen und der Nachlass von ihnen nichts fordere. Auf Grund dieser Abmachung schieden sie aus dem Prozess aus.
B.-
Das Kantonsgericht Zug erkannte am 26. November 1958, die Liegenschaft Guthirtstrasse 11, deren Versteigerung der Kläger August Zürcher verlangt hatte, werde den Beklagten 1 und 2, d.h. der Witwe und dem Sohne Josef, unter Überbindung der Hypotheken "zu Miteigentum im Verhältnis von einem Drittel (Beklagte 1) und zwei Dritteln (Beklagter 2) zugesprochen". Das Sparguthaben des Erblassers im Betrage von Fr. 836.-- und die Forderung des Nachlasses an den Kläger im Betrage von Fr. 25.- sprach es im gleichen Verhältnis ebenfalls den Beklagten 1 und 2 zu. Dem Beklagten 3, Ernst Zürcher, räumte es gegenüber den Beklagten 1 und 2 einen Ausgleichungsanspruch von Fr. 4890.-- ein. Die Schuld des Nachlasses gegenüber Albert Sollberger überband es den Beklagten 1 und 2 zur Bezahlung. Diese Entscheidung beruht u.a. auf der Annahme, der Verkehrswert der Liegenschaft betrage Fr. 62'160.--; die Behauptung des Klägers, dass er zu Lebzeiten des Erblassers für diesen Rechnungen im Betrage von Fr. 1273.25 bezahlt habe, sei unbewiesen
BGE 85 II 382 S. 385
und sein Anspruch auf Ersatz dieses Betrags daher unbegründet; grundsätzlich habe der Beklagte Josef Zürcher Fr. 5000.--, der Beklagte Ernst Zürcher Fr. 3500.-- als Lidlohn im Sinne von
Art. 633 ZGB
zugut, doch seien diese Ansprüche namentlich mit Rücksicht darauf, dass der erbrechtlichen Auseinandersetzung nur ein Reinvermögen von Fr. 13'000.-- unterliege, auf Fr. 4000.-- bzw. 3000.-- herabzusetzen.
C.-
Gegen dieses Urteil appellierte der Kläger an das Obergericht des Kantons Zug. Er beantragte, dem Beklagten Josef Zürcher sei kein Lidlohn zuzusprechen; seine eigene Forderung an den Nachlass von Fr. 1273.25 sei zu schützen; es sei gerichtlich anzuordnen, dass die Liegenschaft Guthirtstrasse 11 zu versteigern sei. Das Obergericht hat mit Urteil vom 5. Mai 1959 das kantonsgerichtliche Urteil bestätigt.
D.-
Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger die vor Obergericht gestellten Begehren. Die Beklagten schliessen auf Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Den Lidlohn von Fr. 4000.-- haben die kantonalen Gerichte dem Beklagten Josef Zürcher mit der Begründung zugesprochen, er habe in den Jahren 1946 bis 1955 seinen Eltern, in deren Haushalt er lebte, von seinem Arbeitsverdienst über das monatliche Kostgeld von Fr. 200.-- hinaus durchschnittlich Fr. 200.-- pro Jahr abgegeben und in seiner Freizeit regelmässig seinem Vater bei der Arbeit (z.B. beim Zurüsten von Holz) geholfen; ferner habe dieser Fr. 1000.-- aus einer Lebensversicherung einkassiert, deren Prämien Josef Zürcher aus seinem Lohn bestritten habe.
Den kantonalen Gerichten ist darin beizustimmen, dass
Art. 633 ZGB
unter Umständen auch dann angewendet werden kann, wenn mündige Kinder ihren Eltern in gemeinsamem Haushalt ihre Arbeit oder ihre Einkünfte
BGE 85 II 382 S. 386
nicht ganz, sondern nur zum Teil zuwenden. Erhält ein mündiges Kind bei seinen Eltern gegen ein bestimmtes Entgelt Kost und Logis, so kann indessen nicht jede Leistung, die das Kind den Eltern über dieses feste Entgelt hinaus erbringt, ohne weiteres als Zuwendung im Sinne von
Art. 633 ZGB
gelten. Vielmehr kann es sich bei solchen Leistungen, zumal wenn sie sich in verhältnismässig bescheidenem Rahmen halten, um ein zusätzliches Entgelt für die dem Kind von den Eltern erbrachten Leistungen handeln.
So verhält es sich im vorliegenden Falle mit den Zuschüssen Josef Zürchers von jährlich etwa Fr. 200.-- oder monatlich etwa Fr. 15.- bis 20.- und mit seinen Arbeitsleistungen. Josef Zürcher, der in der fraglichen Zeit monatlich Fr. 450.-- bis Fr. 500.-- verdiente, als Kostgeld aber nur Fr. 200.-- abzugeben hatte, konnte bei seinen Eltern wesentlich billiger leben als anderswo. Dies gilt um so eher, als er wohl von seinen Eltern, wie in solchen Verhältnissen üblich, über Kost und Logis hinaus noch weitere Leistungen erhielt, die er, wenn er unter fremden Leuten gelebt hätte, besonders hätte bezahlen müssen (z.B. Besorgung der Wäsche). Unter diesen Umständen können die erwähnten, relativ bescheidenen Zuschüsse Josef Zürchers und seine Arbeitsleistungen nach Feierabend nicht als Zuwendungen im Sinne von
Art. 633 ZGB
angesehen werden, die ihm Anspruch auf eine billige Ausgleichung bei der Erbteilung gäben.
Anders verhält es sich dagegen mit der Versicherungssumme von Fr. 1000.--. Hier handelt es sich um eine aus den Einkünften Josef Zürchers herrührende einmalige Zuwendung in erheblichem Betrage, von der angenommen werden darf, dass sie ohne die bestehende Hausgemeinschaft nicht erfolgt wäre, und die im Gegensatz zu den bereits behandelten Zuschüssen und Arbeitsleistungen nicht als zusätzliches Entgelt für die Leistungen anzusprechen ist, welche Josef Zürcher von seinen Eltern empfangen hat. Für diesen Betrag ist ihm daher ein Ausgleichungsanspruch
BGE 85 II 382 S. 387
im Sinne von
Art. 633 ZGB
zu gewähren.
2.
Die Forderung von Fr. 1273.25, die der Kläger gegenüber dem Nachlass gestellt hat, ist von der Vorinstanz mit der Begründung abgewiesen worden, die Rechnungen, auf welche sie sich stützt, lauteten zumeist auf den Namen des Klägers (eine sogar auf den Mädchennamen seiner Frau) und hätten Lieferungen zum Gegenstand, die zur Ausstattung seiner eigenen Wohnung und Werkstatt erfolgt seien; hinsichtlich der übrigen Rechnungen, die Lieferungen für den Unterhalt des Gartens betrafen, lasse sich nicht ausmachen, ob diese Lieferungen im Auftrag und Interesse des Erblassers erfolgt oder vom Kläger aus eigener Initiative und auf eigene Rechnung bestellt worden seien. Auf Grund dieser Feststellungen, die tatsächliche Verhältnisse betreffen und daher gemäss
Art. 63 Abs. 2 OG
für das Bundesgericht verbindlich sind, ist die erwähnte Forderung zu Recht abgewiesen worden. Es steht insbesondere mit
Art. 8 ZGB
im Einklang, wenn die Vorinstanz dem Kläger die Beweislast dafür auferlegt hat, dass die von ihm bezahlten Rechnungen Lieferungen im Auftrag und Interesse des Erblassers betrafen.
3.
Den Antrag des Klägers auf Anordnung der Versteigerung der zum Nachlass gehörenden Liegenschaft hat die Vorinstanz abgewiesen, weil sich diese - nicht in natura teilbare - Liegenschaft nach
Art. 611 ZGB
in einem "gemeinsamen Lose" der Beklagten Frau Witwe Zürcher und Josef Zürcher unterbringen lasse, was nach
BGE 78 II 409
ihre Versteigerung ausschliesse, und weil im übrigen der Kläger vom Nachlass nichts mehr zu beanspruchen habe, so dass die Einigung der andern Erben über die Zuweisung der Liegenschaft seiner Zustimmung nicht bedürfe, sondern ohne seine Einwilligung gültig sei.
Die Vorinstanz irrt jedoch mit der Annahme,
Art. 611 ZGB
gebe die Möglichkeit, für zwei oder mehrere Erben, die ihre Erbansprüche "zusammenlegen", entgegen dem Willen der übrigen Erben ein "gemeinsames Los" zu bilden
BGE 85 II 382 S. 388
und ihnen dieses zuzuweisen. Nach
Art. 611 Abs. 1 ZGB
bilden die Erben aus den Erbschaftssachen so viele Teile oder Lose, als Erben oder Erbstämme sind. Mangels abweichender Vereinbarung aller Erben (die bei Einstimmigkeit die Teilung grundsätzlich nach ihrem Belieben vornehmen können) sind darnach "Einzellose" (je eines für jeden Erben oder Erbstamm) zu bilden. Für die Behörde, die nach
Art. 611 Abs. 2 ZGB
auf Verlangen eines Erben die Lose zu bilden hat, wenn sich die Erben nicht einigen können, gilt selbstverständlich der gleiche Grundsatz. Die Verteilung der so gebildeten Lose hat nach
Art. 611 Abs. 3 ZGB
, wenn keine Vereinbarung darüber zustande kommt, durch Losziehung unter den Erben zu erfolgen (was bestätigt, dass "Einzellose" zu bilden sind, da nur unter dieser Voraussetzung eine Verlosung möglich ist). Eine behördliche Zuweisung der Lose ist darnach ausgeschlossen.
Aus dem von beiden Vorinstanzen angerufenen Urteil i.S. Schuler (
BGE 78 II 408
ff.) folgt nichts Abweichendes. Dort wurde vor allem untersucht, welche Bedeutung der Vorschrift von
Art. 612 Abs. 2 ZGB
zukomme, wonach eine Sache, über deren Teilung oder Zuweisung die Erben sich nicht einigen können, zu verkaufen und der Erlös zu teilen ist. Wenn dabei u.a. gesagt wurde, diese Vorschrift gelte nur für Sachen, die sich nicht in einem Los unterbringen lassen, so war damit nach dem Zusammenhang klarerweise ein mangels anderslautender Vereinbarung der Losziehung unterliegendes "Einzellos" im Sinne von
Art. 611 ZGB
gemeint. In den nicht veröffentlichten Erwägungen des Urteils i.S. Schuler ist denn auch ausdrücklich von der Verlosung unter den Erben die Rede (S. 18, 26).
Eine Befugnis der Behörde, einzelne Sachen bestimmten Erben zuzuweisen, lässt sich auch nicht aus
Art. 612 Abs. 1 ZGB
ableiten, wonach eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden soll. Diese Bestimmung bedeutet nur, dass derartige Sachen (unter
BGE 85 II 382 S. 389
Vorbehalt einer gegenteiligen Abmachung aller Erben) nicht körperlich geteilt, sondern womöglich auf dem Wege der Vereinbarung oder der Losbildung und Losziehung im Sinne von
Art. 611 ZGB
ungeteilt einem Erben zugewiesen werden sollen (TUOR N. 4/5 und ESCHER, 2. Aufl., N. 3 zu
Art. 612 ZGB
;
BGE 78 II 409
unten). Kann die Teilung mit Bezug auf eine solche Sache nicht auf diesem Wege erfolgen, so bleibt, wie in
BGE 78 II 408
ff. dargetan, nichts anderes übrig als ihr Verkauf und die Teilung des Erlöses nach
Art. 612 Abs. 2 ZGB
. Eine behördliche Zuweisung von Erbschaftssachen an bestimmte Erben ist nur in den hier nicht zutreffenden Sonderfällen von Art. 620 und eventuell
Art. 613 Abs. 3 ZGB
zulässig (vgl. zur letztg enannten, in ihrer Tragweite umstrittenen Bestimmung einerseits TUOR N. 9 ff., ESCHER, 2. Aufl., N. 8 ff. und GUISAN, ZSR 1947 S. 245 f., anderseits MERZ in Festschrift für Tuor S. 102 f.). Wollte man mit der Vorinstanz die behördliche Zuteilung von Erbschaftssachen an einen bestimmten Erben oder an mehrere unter sich einige Erben immer dann zulassen, wenn sich auf diese Weise ein Verkauf vermeiden liesse, so liefe dies nicht bloss auf eine einschränkende Auslegung von
Art. 612 Abs. 2 ZGB
hinaus, wie sie in
BGE 78 II 408
ff. aus den dort angegebenen Gründen erfolgt ist, sondern verlöre diese Vorschrift praktisch fast jede Bedeutung. Dies widerspräche dem Sinne des Gesetzes, das bei Unmöglichkeit der körperlichen Teilung und der Teilung auf dem Wege der Losbildung und -ziehung die Gleichberechtigung der Erben (
Art. 610 ZGB
) wenigstens in der Weise wahren will, dass es jedem Erben die Möglichkeit gibt, durch Teilnahme an der Steigerung den in Frage stehenden Gegenstand zu erwerben oder dafür den nach seiner Auffassung angemessenen Preis zu erwirken (vgl.
BGE 66 II 242
).
Im vorliegenden Fall ist klar, dass die Liegenschaft Guthirtstrasse 11, die bei weitem das grösste Erbschaftsaktivum darstellt und deren körperliche Teilung nicht in Frage kommt, nicht einem "Einzellos" im Sinne von
BGE 85 II 382 S. 390
Art. 611 ZGB
zugeschieden werden kann, da ihr Wert den Betrag eines Erbteils bei weitem übersteigt. Die Teilung, über deren Durchführung die Parteien streiten, kann daher nicht auf dem Wege der Losbildung und -ziehung erfolgen, sondern die Liegenschaft muss gemäss
Art. 612 Abs. 2 ZGB
verkauft werden, und zwar hat der Verkauf nach
Art. 612 Abs. 3 ZGB
entsprechend dem Verlangen des Klägers auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden, wobei mangels Einigung der Erben die zuständige Behörde zu entscheiden hat, ob die Versteigerung öffentlich oder nur unter den Erben erfolgen soll.
Hiegegen lässt sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht einwenden, die in den Klageantwortbegehren zum Ausdruck gekommene Verständigung der Beklagten über die Zuweisung der Liegenschaft an die Beklagten Frau Witwe Zürcher und Josef Zürcher sei ohne Zustimmung des Klägers gültig, weil dieser vom Nachlass nichts mehr zugute habe. Dieses Argument ist schon deswegen nicht stichhaltig, weil sich der vom Kantonsgericht errechnete Saldo zu Ungunsten des Klägers von Fr. 25. - infolge der Herabsetzung des Lidlohnanspruches des Beklagten Josef Zürcher um Fr. 3000.--, die allen vier Erben gleichmässig zugute kommt, in einen Saldo zu Gunsten des Klägers von Fr. 725.-- verwandelt, auch wenn man den Verkehrswert der Liegenschaft mit den Vorinstanzen nur auf Fr. 62'160.-- beziffert, welcher Betrag nach der Meinung des Klägers bei einer Versteigerung überboten würde. Der von der Vorinstanz angestellten Überlegung wäre aber auch dann nicht beizupflichten, wenn der Kläger nach dem Ergebnis der Schätzung der Erbschaftsaktiven aus dem Nachlass nichts mehr zu fordern hätte, weil der auf Grund dieser Schätzung ermittelte Erbteil durch seine Vorempfänge oder seine Schulden an den Nachlass aufgewogen würde. Kann ein Erbschaftsgegenstand, wie dies für die streitige Liegenschaft zutrifft, ohne wesentliche Werteinbusse nicht körperlich geteilt werden und lässt er sich auch nicht in eines der nach
Art. 611 ZGB
zu bildenden, durch
BGE 85 II 382 S. 391
Ziehung zu verteilenden Lose aufnehmen, so hat bei Uneinigkeit der Erben über die Behandlung dieses Gegenstandes nach
Art. 612 Abs. 2 und 3 ZGB
ein jeder von ihnen das Recht, die Versteigerung zu verlangen, gleichgültig, ob er nach dem Schätzungsergebnis vom Nachlass noch etwas zugut habe oder nicht. Der laut Schätzung leer ausgehende Erbe soll nach dem Sinne des Gesetzes so gut wie die andern Erben die Chance ausnützen können, dass bei der Versteigerung möglicherweise ein den Schätzungswert übersteigender Preis erzielt werden kann, was für ihn zur Folge hätte, dass er aus dem Nachlass doch noch etwas erhielte oder dass wenigstens seine Verschuldung gegenüber dem Nachlass vermindert würde. Die Anwendung von
Art. 612 Abs. 2 und 3 ZGB
lässt sich also auf Grund einer Schätzung, wonach der die Versteigerung verlangende Erbe an den Nachlass keine Ansprüche mehr zu stellen hat, nicht ausschliessen. (Zu der ganz andern Frage, welche Bedeutung der Schätzung der Erbschaftsaktiven im Falle der Teilung auf dem Wege der Losbildung zukommt, vgl. MERZ a.a.O. S. 104 Ziff. 6 und das Urteil i.S. Schuler vom 16. Oktober 1952, Erw. 4 b S. 20). Der Kläger hat also ohne jeden Zweifel Anspruch auf die Versteigerung der streitigen Liegenschaft. Ein Rechtsmissbrauch kann in der Geltendmachung dieses Anspruchs nicht erblickt werden.
Den Beklagten bleibt es selbstverständlich unbenommen, die Liegenschaft gemeinsam zu ersteigern.
4.
Die Herabsetzung des Lidlohnanspruchs des Beklagten Josef Zürcher und die Anordnung der Versteigerung der Liegenschaft machen es notwendig, die im Dispositiv des kantonsgerichtlichen Urteils niedergelegten, von der Vorinstanz bestätigten Anordnungen über die Teilung der Erbschaft von Josef Zürcher-Fassbind aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird das Verfahren zweckmässigerweise einstellen, bis (mangels einer Einigung der Parteien) die zuständige Behörde gemäss
Art. 612 Abs. 3 ZGB
über die Art der Versteigerung entschieden hat und dieser Verkauf
BGE 85 II 382 S. 392
durchgeführt ist. Hernach sind die Betreffnisse der einzelnen Erben unter Berücksichtigung der im bisherigen Verfahren bereinigten Einzelposten (Ansprüche aus ehelichem Güterrecht, Forderungen, Schulden, Lidlohnansprüche) neu festzusetzen, sofern sich die Parteien darüber nicht verständigen können.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben, der Lidlohnanspruch des Beklagten Josef Zürcher auf Fr. 1000.-- herabgesetzt, die Versteigerung der Liegenschaft angeordnet und die Sache im übrigen zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird. | public_law | nan | de | 1,959 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e255dd7d-6d9e-44c5-a6a9-7e5a6bb759e8 | Urteilskopf
117 Ia 322
51. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Oktober 1991 i.S. B. gegen S., Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus und Kantonsgerichtspräsidium Glarus (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 58 Abs. 1 BV
: Ablehnung eines Richters.
Verwirkung des Anspruchs bei verspäteter Geltendmachung. Offengelassen, ob ein Richter auch dann im voraus abzulehnen ist, wenn ein Ausschlussgrund (judex incapax) vorliegt. | Sachverhalt
ab Seite 322
BGE 117 Ia 322 S. 322
Am 11. Februar 1988 hiess das Zivilgericht Glarus eine Klage von S. gut und verurteilte B. zur Bezahlung eines grösseren Betrages. Präsident des Zivilgerichts war Hans Rhyner.
Am 15. Februar 1990 erstattete B. beim Verhöramt des Kantons Glarus Strafanzeige gegen S. wegen falscher Beweisaussage nach
Art. 306 StGB
. Das Verhöramt eröffnete eine Strafuntersuchung gegen S., welche es mit Verfügung vom 11. Februar 1991 wieder einstellte. Eine von B. dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Präsidenten des Kantonsgerichts Glarus, Hans Rhyner, mit Verfügung vom 21. Juni 1991 abgewiesen.
B. führt staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Kantonsgerichtspräsidiums. Er rügt hauptsächlich eine Verletzung von
Art. 58 Abs. 1 BV
und macht geltend, Hans Rhyner hätte in den Ausstand treten müssen, da er sich schon als Präsident des Zivilgerichts mit der Sache befasst habe. Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein.
BGE 117 Ia 322 S. 323
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
c) Ein Richter ist so früh wie möglich abzulehnen. Es verstösst gegen Treu und Glauben, Einwände dieser Art erst im Rechtsmittelverfahren vorzubringen, wenn der Mangel schon vorher hätte festgestellt werden können. Wer den Richter nicht unverzüglich ablehnt, wenn er vom Ablehnungsgrund Kenntnis erhält, sondern sich stillschweigend auf den Prozess einlässt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der verletzten Verfassungsbestimmung (
BGE 114 Ia 280
E. e,
BGE 114 V 62
E. 2b,
BGE 112 Ia 340
; vgl. auch
BGE 116 Ia 138
E. 2d). Solange aber dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird, welche Personen am Entscheid mitwirken, kann er nicht beurteilen, ob sein verfassungsmässiger Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts und eine unparteiische Beurteilung seiner Sache gewahrt worden ist. Vor allem ist es ihm ohne Kenntnis der personellen Zusammensetzung des Gerichts nicht möglich, Ausstandsgründe zu erkennen und gegebenenfalls geltend zu machen. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters nach
Art. 58 BV
umfasst deshalb auch einen Anspruch auf Bekanntgabe der personellen Zusammensetzung der entscheidenden Behörde (
BGE 114 Ia 279
E. 3b,
BGE 114 V 61
E. 2).
Dieser Anspruch bedeutet jedoch nicht, dass die Namen der entscheidenden Richter dem rechtsuchenden Bürger ausdrücklich genannt werden müssen. Der Anspruch ist selbst dann gewahrt, wenn die Namen der entscheidenden Richter dem Betroffenen gar nicht persönlich mitgeteilt werden, sondern einer allgemein zugänglichen Publikation wie etwa einem Staatskalender entnommen werden können (
BGE 114 Ia 280
E. c). Ist die Partei durch einen Anwalt vertreten, hat sie auf jeden Fall die ordentliche Besetzung eines Gerichts zu kennen (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 30. April 1991 i.S. G., E. 2; EGLI/KURZ, La garantie du juge indépendant et impartial dans la jurisprudence récente, RJN 1991, S. 21).
Der durch einen im Kanton Glarus tätigen Anwalt vertretene Beschwerdeführer musste wissen, dass Hans Rhyner einer der beiden Kantonsgerichtspräsidenten ist und möglicherweise über seine Beschwerde entscheiden würde. Er hätte ihn daher schon mit der Einreichung der Beschwerde ablehnen können.
Es fragt sich allerdings, ob ein Richter auch dann schon im voraus abgelehnt werden muss, wenn ein sogenannter Ausschlussgrund vorliegt, der von Amtes wegen zu beachten ist (Fall des
BGE 117 Ia 322 S. 324
judex incapax). Das kann der Fall sein, wenn der Richter selbst Partei ist, oder auch unter gewissen Umständen bei der sogenannten Vorbefassung (vgl. NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 1989, S. 40, Rz. 137; GÉRARD PIQUEREZ, Précis de procédure pénale suisse, 1987, S. 91, Rz. 380 ff.). Das glarnerische Strafprozessrecht unterscheidet aber nicht zwischen Ausschluss- und Ablehnungsgründen (Art. 3 der Strafprozessordnung des Kantons Glarus vom 2. Mai 1965). Ob die Personalunion zwischen dem Zivilrichter und dem über den gleichen Sachverhalt urteilenden Strafrichter überhaupt als Vorbefassung gelten muss, ist zumindest zweifelhaft. Der Beschwerdeführer durfte daher nicht damit rechnen, dass Hans Rhyner von sich aus in den Ausstand treten würde. Auch unter diesem Gesichtspunkt hätte er schon mit seiner Beschwerde an das Kantonsgerichtspräsidium den Ausstand von Hans Rhyner verlangen müssen. Weil er dies unterliess, kann heute auf sein Ablehnungsbegehren nicht mehr eingetreten werden. | public_law | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e25ebd1b-8d8d-4e6e-905b-1f3e031a302b | Urteilskopf
107 Ib 274
50. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 15 décembre 1981 dans la cause M. contre Office fédéral de la police (recours de droit administratif) | Regeste
Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 8 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1975 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika.
Art. 8 dieses Gesetzes erlaubt es, auch andere Massnahmen zu treffen als nur gerade jene, welche im Rahmen der Anwendung des Vertrages gefordert werden können (E. 2b und c). | Sachverhalt
ab Seite 274
BGE 107 Ib 274 S. 274
Le 11 mai 1981, le U.S. Department of Justice a adressé à l'Office fédéral de la police (ci-après: OFP) une demande d'entraide judiciaire en matière pénale concernant M., ressortissant des Etats-Unis d'Amérique domicilié dans ce pays, dont il était indiqué qu'il avait participé à un important trafic de stupéfiants. La requérante désirait avoir connaissance de documents bancaires relatifs à l'intéressé et demandait que les
BGE 107 Ib 274 S. 275
comptes de celui-ci fussent bloqués, afin d'empêcher que M. ne disposât de fonds provenant de son activité délictueuse.
La demande d'entraide fut exécutée le 23 juin 1981 par un juge d'instruction genevois et, le 30 juillet 1981, une décision émanant de ce même canton ordonna le séquestre des fonds de M. auprès d'une banque de Genève, en application des
art. 58 CP
et 24 LStup.
Entre-temps, soit le 19 mai 1981, l'OFP avait ordonné le blocage de tous les comptes établis au nom de M. "jusqu'au moment de l'exécution de la requête formelle par le juge d'instruction compétent genevois". Cette décision se fondait notamment sur l'art. 8 de la loi fédérale du 3 octobre 1975 relative au Traité conclu avec les Etats-Unis d'Amérique sur l'entraide judiciaire en matière pénale (ci-après: loi relative au Traité/LEEU; cf. RS 351.93).
M. a fait opposition aux mesures provisoires ainsi ordonnées par l'OFP. Cette autorité ayant débouté l'opposant, celui-ci a alors formé un recours de droit administratif auprès du Tribunal fédéral, qui l'a rejeté.
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
(...)
c) Le recours de droit administratif n'est recevable que si le recourant a un intérêt pratique et actuel digne de protection à son admission (
art. 103 lettre a OJ
;
ATF 106 Ib 112
,
ATF 104 Ib 319
; arrêt non publié A., du 7 octobre 1981, concernant la loi relative au Traité).
Or, lorsqu'un recours est dirigé contre une décision dont les effets sont limités à une certaine période, son admission ne présente plus d'intérêt actuel et pratique pour le recourant dès que cette période est écoulée. Tel est le cas en l'occurrence. La saisie dont le recourant demande l'annulation devait déployer ses effets "jusqu'au moment de l'exécution de la requête formelle par le juge d'instruction compétent genevois"; il n'est pas nécessaire de rechercher quel est exactement le terme ainsi défini, car il est incontesté que la mesure a en tout cas pris fin lors de l'entrée en force du séquestre cantonal du 30 juillet 1981. En l'état actuel, la mesure attaquée ne pourrait donc plus être rapportée de façon utile.
On se trouve cependant en l'espèce dans une situation exceptionnelle où il se justifie d'entrer en matière nonobstant l'absence d'intérêt actuel. A ce défaut, compte tenu de la brève durée de validité de mesures provisoires rendues en application de
BGE 107 Ib 274 S. 276
l'art. 8 LEEU par l'OFP, le Tribunal fédéral n'aurait peut-être jamais l'occasion de se prononcer sur la portée de cette disposition, dont l'application peut être lourde de conséquence pour les justiciables (
ATF 106 Ib 112
;
ATF 104 Ib 319
).
2.
a) La décision attaquée a été rendue en application de l'art. 8 al. 1 LEEU. Cette disposition prévoit que si l'exécution de la demande n'apparaît pas manifestement inadmissible ou inopportune, l'office central - soit l'OPF - et l'autorité d'exécution qui traitent la demande peuvent ordonner, soit d'office, soit sur requête d'une partie ou de l'office central américain, des mesures provisoires en vue de maintenir une situation existante, de protéger des intérêts juridiques menacés ou de préserver des moyens de preuve.
Il est évident que la portée de cette norme doit être définie en relation avec celle du Traité dont la loi tend à permettre l'exécution. Or, si l'OFP admet avec le recourant que le Traité ne permet pas aux Etats contractants d'exiger un séquestre conservatoire - du moins en règle générale - il considère en revanche que le droit interne suisse, soit l'art. 8 al. 1 LEEU, permet d'ordonner une telle mesure. Quant à M., il soutient au contraire que seules les mesures prévues par le Traité pourraient être autorisées.
b) C'est avec raison que l'OFP et le recourant admettent qu'en principe le Traité n'impose pas aux Hautes Parties contractantes l'obligation de transférer les objets acquis au moyen de l'infraction - "producta sceleris" - (art. 1er et 2 du Traité "a contrario", avec l'exception prévue à l'art. 1er al. 1 lettre b). Il n'en résulte cependant pas pour autant qu'une telle entraide plus étendue soit prohibée. Outre que l'art. 1er du Traité prévoit la possibilité d'une extension de son champ d'application, il convient de relever que, dans le cas particulier, le droit interne ne doit le céder devant le droit conventionnel que s'il lui est contraire (art. 38 al. 2 et 3 du Traité; FF 1974 II 588). Or, c'est en vain que l'on chercherait dans le Traité l'expression d'un principe prohibant la remise à l'Etat requérant ou au lésé des "producta sceleris" ou des "instrumenta sceleris" - objets qui ont servi à la commission de l'infraction. On peut d'ailleurs relever que, dans le cadre de la Convention européenne d'entraide judiciaire, dont le système a inspiré celui du Traité (FF 1974 II 582), le Tribunal fédéral a expressément jugé, à propos précisément d'un séquestre conservatoire, qu'une entraide judiciaire plus étendue que celle prévue par cet accord
BGE 107 Ib 274 S. 277
international et rendue en application du droit cantonal n'était nullement prohibée (
ATF 106 Ib 344
consid. 3). Par ailleurs, la remise de tels biens était déjà prévue dans le droit conventionnel extraditionnel entre les Etats-Unis et la Suisse (cf.
ATF 97 I 382
consid. 5) et, de toute évidence, les Etats contractants n'avaient aucune raison de la prohiber dans le cadre dit de la petite entraide judiciaire. On notera enfin que la nouvelle loi fédérale sur l'entraide internationale en matière pénale du 20 mars 1981 (cf. FF 1981 I 807ss), non encore en vigueur, prévoit elle aussi, à son art. 74, de telles remises d'objets en vertu du seul droit interne suisse; c'est dire que, de son côté, la Suisse n'a aucune raison de prohiber de tels actes d'entraide.
Il résulte donc de ce qui précède que le droit suisse autonome peut prévoir ou réserver des mesures d'entraide sous forme de remise des "producta sceleris" et "instrumenta sceleris" sans être en contradiction avec le Traité.
c) L'examen du texte même de l'art. 8 al. 1 LEEU démontre que les mesures qu'il permet de prendre dépassent celles qui peuvent être exigées bilatéralement dans le cadre de l'application du Traité. En premier lieu, les mesures en cause peuvent être prises "d'office", soit en particulier dans les cas où, faute d'être prévues par le Traité, elles ne pourraient être requises par l'office central américain. La disposition en cause prévoit en outre que l'OFP peut agir "sur requête d'une partie ou de l'office central américain"; il apparaît qu'en permettant ainsi aux lésés d'agir indépendamment de l'office central américain, le législateur a entendu leur assurer à ce stade une protection provisoire, en plus de ce qui est prévu dans la procédure conventionnelle. Mais, surtout, il convient de se référer aux motifs pour lesquels la loi prévoit que des mesures conservatoires peuvent être ordonnées; en effet, si celles-ci peuvent tendre à la conservation des moyens de preuve telle que prévue par le Traité, elles peuvent également servir à "maintenir une situation existante et (à) protéger des intérêts juridiques menacés"; il résulte clairement de ce libellé, qui n'est assorti d'aucune restriction, que l'autorité peut protéger par de telles mesures des intérêts qui ne le sont pas directement par le Traité.
Cette réglementation permettant d'ordonner d'entrée de cause des mesures conservatoires s'explique aussi par le souci d'assurer la protection des intérêts menaçés entre le moment où l'OFP est requis par l'office central américain et celui où l'autorité cantonale chargée de l'exécution pourra intervenir utilement.
BGE 107 Ib 274 S. 278
Au demeurant, une protection provisoire peut également se justifier en raison de considérations tirées de l'ordre public suisse, notamment en vue d'une poursuite pénale ou d'une mesure fondée sur le droit pénal ordonnées en Suisse. C'est ainsi, par exemple, que le droit sur la lutte contre les stupéfiants permet en certains cas une condamnation en Suisse pour des infractions commises à l'étranger (
art. 19 ch. 4 LStup
) ou la confiscation en Suisse de bénéfices illégitimes réalisés par des infractions commises à l'étranger (
art. 24 LStup
). Il n'y a aucune raison pour que de tels intérêts ne soient pas pris en considération lorsque sont ordonnées des mesures provisionnelles en application de l'art. 8 al. 1 LEEU.
d) Pour le surplus, M. ne prétend pas qu'en ordonnant les mesures conservatoires concernées l'OPF aurait abusé de son pouvoir d'appréciation ou l'aurait excédé.
On ne voit du reste pas que tel aurait été le cas. Il était en effet à craindre qu'à défaut de telles mesures, le recourant ne tente de soustraire ses fonds bancaires, alors que sur le vu des allégués de la demande d'entraide judiciaire, une confiscation de ces avoirs fondée sur l'
art. 24 LStup
pouvait entrer en ligne de compte. | public_law | nan | fr | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e2611db0-df7b-47de-b8a1-4d905dd09675 | Urteilskopf
104 V 161
38. Extrait de l'arrêt du 9 août 1978 dans la cause Berger contre Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents et Tribunal des assurances du canton de Neuchâtel | Regeste
Art. 91 KUVG
.
Voraussetzungen der Kürzung der Geldleistungen, wenn der Schaden nur teilweise die Folge eines versicherten Unfalles ist. | Erwägungen
ab Seite 161
BGE 104 V 161 S. 161
Extrait des considérants:
Aux termes de l'art. 91 LAMA, les prestations en argent de la Caisse nationale subissent une réduction proportionnelle si la maladie, l'invalidité ou la mort ne sont qu'en partie l'effet d'un accident assuré.
L'application de cette disposition présuppose que l'accident assuré et des facteurs étrangers ont causé ensemble le dommage, soit la maladie, l'invalidité ou la mort. Il n'y a pas lieu de procéder selon l'art. 91 LAMA, en revanche, lorsque l'accident, d'une part, et les autres facteurs, d'autre part, sont à l'origine de dommages différents, sans influence entre eux. Il en va ainsi lorsque accident et facteurs étrangers concernent des
BGE 104 V 161 S. 162
parties du corps différentes (p. ex., dans le cas de fracture accidentelle de la jambe et de maladie des yeux). Au contraire, l'art. 91 LAMA est applicable lorsque l'accident porte atteinte à une partie du corps déjà touchée par la maladie (p. ex. une colonne vertébrale présentant une lésion).
S'il n'y a pas lieu de recourir à la règle de l'art. 91 LAMA, il faut isoler et évaluer les conséquences de l'accident assuré, puis indemniser l'assuré en ignorant les facteurs étrangers. Là où l'art. 91 LAMA est applicable, par contre, il faut évaluer le dommage global, et procéder à la réduction prévue par la loi, dans la mesure où ledit dommage est imputable aux facteurs non assurés. La distinction est surtout importante en tant qu'elle permet d'éviter de faire supporter à la Caisse nationale le traitement d'affections préexistantes, sur lesquelles l'accident assuré n'a exercé aucune espèce d'influence (voir, sur ce point, MAURER, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2e éd. p. 302, ch. 6, et la jurisprudence citée). | null | nan | fr | 1,978 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e26167ad-2e55-4b85-b0a3-bfac471a7986 | Urteilskopf
111 Ib 91
22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Juli 1985 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft gegen Genosssame Rothenthurm sowie Mitbet. und Eidg. Schätzungskommission, Kreis 9 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 76 Abs. 4 Satz 2 EntG
; vorzeitige Besitzeinweisung.
Die vorzeitige Besitzeinweisung ist zu verweigern, wenn die Gefahr besteht, dass den Einsprachebegehren bei nachträglicher Gutheissung gar nicht mehr stattgegeben werden könnte, so, wenn die Durchsetzung der von den Einsprechern vertretenen Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes nach Inangriffnahme der Bauarbeiten durch den Enteigner nicht mehr möglich oder ernsthaft gefährdet wäre. | Sachverhalt
ab Seite 92
BGE 111 Ib 91 S. 92
Im Rahmen des Enteignungsverfahrens für den Waffenplatz Rothenthurm stellte die Schweizerische Eidgenossenschaft dem Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 9, das Gesuch um vorzeitige Besitzergreifung von acht Grundstücken. Sechs dieser Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 42'936 m2 (gemäss Beschrieb "Wiesen, Wege und Gewässer in den Foren") liegen im Bereich der zukünftigen Kasernenanlage. Die übrigen zwei im Halte von insgesamt 36'080 m2 ("Wiese und Gewässer in den Foren" bzw. "Schopf, Bienenhaus, Gebäudegrundflächen, Wiese, Wald, Wege im Almigforen") befinden sich im geplanten Übungsgelände für die Aufklärungstruppen. Auf diesen Parzellen sollte versuchsweise ein Wegstück zur Erprobung der geeigneten, die Umgebung am wenigsten belastenden Bauweise erstellt werden.
Die Schätzungskommission lehnte am 28. Februar 1985 eine vorzeitige Besitzeinweisung ab. Gegen diesen Entscheid hat die durch das Eidg. Militärdepartement handelnde Eidgenossenschaft Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
3.
a) Sind noch Einsprachen gegen die Enteignung und Begehren nach den
Art. 7-10 EntG
hängig, so darf dem Gesuch um vorzeitige Besitzergreifung - falls die übrigen Bedingungen erfüllt sind - nur insoweit entsprochen werden, als keine bei nachträglicher Gutheissung nicht wieder gutzumachende Schäden entstehen (
Art. 76 Abs. 4 Satz 2 EntG
). Wie das Bundesgericht
BGE 111 Ib 91 S. 93
bereits im Urteil Erben Bertschy-Ringier (
BGE 108 Ib 489
) erklärt hat, steht der Besitzergreifung unter diesem Gesichtswinkel kein Hindernis entgegen, wenn die Möglichkeit besteht, den früheren Zustand des beanspruchten Bodens wieder herzustellen. Die Höhe der hiefür notwendigen Kosten, so ist beigefügt worden, sei grundsätzlich ohne Belang, da der Enteigner das mit der Besitzergreifung verbundene Risiko selbst zu tragen habe. Da in jenem Falle eine Wiederherstellung des früheren Zustandes ohne weiteres möglich war, hat das Bundesgericht den Einwand der Enteigneten, die Ausführung des Werkes präjudiziere den Entscheid über die Einsprache und das Planänderungsbegehren, zurückgewiesen (
BGE 108 Ib 491
). Im Urteil SBB gegen Kath. Kirchenstiftung St. Anton (
BGE 110 Ib 52
) ist erneut betont worden, dass bei der Prüfung der Frage, ob nicht wieder gutzumachende Schäden entstehen könnten, der tatsächliche Zustand des zu enteignenden Grundstücks in Betracht zu ziehen und zu untersuchen sei, zu welchen Veränderungen die Inbesitznahme durch den Enteigner führe. Falls der Eingriff irreversibel und eine Wiederherstellung des früheren Zustandes ausgeschlossen sei, müsse die Besitzergreifung vor Erledigung der Einsprachen verweigert werden (
BGE 110 Ib 55
). Aus diesem Urteil geht aber zusätzlich hervor, dass die Möglichkeit der Wiederherstellung nur insoweit gegeben sein muss, als dies mit Blick auf die Art und Nutzung des fraglichen Bodens als wesentlich erscheint; auf unbedeutende Elemente und Aspekte ist keine Rücksicht zu nehmen. So ist damals als unerheblich betrachtet worden, dass der Enteigner für den vorgesehenen Schachtbau ein altes Gebäude entfernen musste, weil dieses auch dem Bauvorhaben der Enteigneten selbst zum Opfer gefallen wäre. Gewicht wurde ausschliesslich darauf gelegt, ob einerseits die unmittelbar benachbarte, unter Denkmalschutz stehende Kirche vor Schäden bewahrt werden könne und ob andererseits bei Gutheissung der Einsprache der Schacht wieder aufgefüllt und dem Boden die für den geplanten Neubau der Enteigneten notwendige Festigkeit innert kurzem wieder verliehen werden könne. Da diese Fragen bejaht werden konnten, ist die vorzeitige Inbesitznahme bewilligt worden (
BGE 110 Ib 56
f.).
b) Die Beschwerdeführerin stellt diese bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht in Frage, sondern beruft sich ausdrücklich auf sie und hält fest, dass die von ihr vorzeitig beanspruchten Grundstücke heute ausschliesslich als Futter- und Mähwiesen genutzt würden und auch in Zukunft eine andere Nutzung
BGE 111 Ib 91 S. 94
- abgesehen von ihrem eigenen Projekt - aller Voraussicht nach ausgeschlossen sei. Aus dieser Feststellung, die zweifellos richtig ist, zieht sie den Schluss, das Schicksal ihres Gesuches könne einzig davon abhängen, ob bei nachträglicher Gutheissung der Einsprachen die Wiesenparzellen wieder so hergerichtet werden könnten, dass sie in gleicher Weise wie heute zu bewirtschaften und zu nutzen wären. Eine solche Wiederherstellung sei aber durchaus möglich; mit Bestimmtheit werde sich sogar ein besserer landwirtschaftlicher Ertrag erzielen lassen. Dem Gesuch um vorzeitige Besitzeinweisung müsse daher entsprochen werden.
Mit der Beschwerdeführerin kann davon ausgegangen werden, dass die umstrittene Bodenfläche ohne weiteres wieder in ihren früheren Zustand als landwirtschaftlich nutzbare Wiesen zurückgeführt und deren Ertrag sogar gesteigert werden könnte, falls infolge des Einspracheentscheides das Werk geändert oder auf dieses verzichtet werden müsste. Das genügt aber unter den konkreten Umständen nicht. Es würde eine vorzeitige Besitzeinweisung nur erlauben, wenn in den Einsprachen und Planänderungsbegehren einzig vorgebracht worden wäre, der fragliche Boden dürfe der landwirtschaftlichen Nutzung nicht entzogen werden. Dem ist aber nicht so. Verschiedene der Enteigneten verlangen neben anderem, dass das Landschaftsbild, die Naturschönheiten und insbesondere die spezielle Vegetation im Gebiete nördlich von Rothenthurm erhalten werden müssten. Der WWF verteidigt in seiner Einsprache ausschliesslich Landschafts- und Naturschutzinteressen; etwas anderes wäre ihm nach
Art. 12 NHG
auch nicht erlaubt. Dass die sich auf
Art. 9 EntG
stützenden Einwendungen gegen die Enteignung missbräuchlich erhoben worden wären - und deshalb in analoger Anwendung von
Art. 2 ZGB
nicht zu beachten wären - kann offensichtlich nicht gesagt werden und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Unter diesen Umständen wäre
Art. 76 Abs. 4 Satz 2 EntG
nur Genüge getan, wenn die Möglichkeit bestünde, dem Boden seine früheren natürlichen Eigenschaften zurückzugeben, die ihn zum Lebensraum einer bestimmten, möglicherweise seltenen Pflanzen- und Tierwelt werden liessen und die seine landschaftlichen Eigenarten ausmachten, Merkmale, die hier nicht zum vornherein als unwesentlich bezeichnet werden können.
Zwar betont die Beschwerdeführerin zu Recht, dass die Forderung nach der allfällig möglichen Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht derart weit getrieben werden dürfe, dass die vorzeitige
BGE 111 Ib 91 S. 95
Besitzeinweisung praktisch in allen Fällen, in denen noch Einsprachen hängig sind, verweigert werden müsse; eine solche Auslegung würde die mit der Änderung von
Art. 76 Abs. 4 EntG
verfolgten Absichten des Gesetzgebers zunichte machen. Ebensowenig ist aber ins andere Extrem zu fallen und die vorzeitige Besitzeinweisung auch dort zu gewähren, wo die Gefahr besteht, dass die Einsprachen durch diese Massnahme illusorisch werden könnten. Wenn die Gesetzesänderung von 1971 das Ziel verfolgte, das Enteignungsverfahren zu beschleunigen und die missbräuchliche Erhebung von Einsprachen, die oft nur als Druckmittel gegen den Enteigner dienten, zu verhindern (vgl. die Botschaft des Bundesrates vom 20. Mai 1970, BBl 1970 I S. 1014), so sollte die Reform doch keineswegs dazu führen, dass die Einsprachen ihren Sinn verlören und das Einspracheverfahren zu einem Leerlauf würde. Bezeichnenderweise wird in der zitierten bundesrätlichen Botschaft unterstrichen, "im Hinblick auf rechtsstaatliche Bedenken" bleibe die Neuerung in jenen Fällen ausgeschlossen, in denen bei nachträglicher Gutheissung mit nicht wieder gutzumachenden Schäden gerechnet werden müsse. Die Rechtsstaatlichkeit wäre aber offensichtlich nicht mehr gewährleistet, wenn die Einsprachebehörden, die über den Eingriff des Enteigners zu entscheiden haben, vor vollendete Tatsachen gestellt würden.
c) Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Schätzungskommission mit Grund annehmen durfte, die in
Art. 76 Abs. 4 Satz 2 EntG
umschriebene Voraussetzung für eine Besitzeinweisung sei nicht erfüllt. An eine Wiederherstellung der heutigen Gestalt des Bodens und der bestehenden Flora und Fauna nach Durchführung der geplanten Bauarbeiten - für die Einzelheiten kann auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden - ist offensichtlich nicht zu denken. Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiter vorbringt, vermag nicht zu überzeugen.
Zwar ist die Kritik an der Feststellung der Schätzungskommission, dass die Wiederherstellung des früheren Zustandes des Bodens "in seiner Gesamtheit", auch hinsichtlich der natürlichen chemisch-physikalischen Beschaffenheit und der hydrologischen Verhältnisse, verlangt werden dürfe, einigermassen verständlich. Mag diese Formulierung nach dem Gesagten auch etwas zu weit gehen, so hat indessen die Schätzungskommission - wie ebenfalls dargelegt - in der Sache selbst richtig argumentiert und entschieden.
Dass das zukünftige Kasernenareal weder im Schutzgebiet gemäss BLN (Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler
BGE 111 Ib 91 S. 96
von nationaler Bedeutung; vgl. Objekt 1308 "Moorlandschaft Rothenthurm-Altmatt-Biberbrugg") noch in der vom Kanton Schwyz ausgeschiedenen Planungszone liegt, muss noch nicht heissen, dass dieser Boden nicht schutzwürdig sei, ganz abgesehen davon, dass er zu einem der Schutzobjekte des KLN-Inventars 1979 gehört. Inwiefern er tatsächlich Erhaltung oder Schonung verdiene, ist nicht im vorliegenden, sondern im Einspracheverfahren abzuklären, in welchem die verschiedenen auf dem Spiele stehenden öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander abzuwägen sind. Auch der Einwand, der Boden sei bei weitem nicht mehr unberührt, sondern durch menschliche Eingriffe - landwirtschaftliche Nutzung, Entwässerungen, Torfausbeutung usw. - schon umgestaltet und verändert, ist deshalb ins Einspracheverfahren zu verweisen. Für die hier in Anwendung von
Art. 76 Abs. 4 Satz 2 EntG
zu entscheidende Frage ist einzig massgebend, dass die in den Einsprachen vertretenen Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes nicht als völlig abwegig erscheinen und ihre Durchsetzung durch die baulichen Vorkehren der Enteignerin verunmöglicht oder jedenfalls ernsthaft gefährdet würde. Diese Feststellung konnte und durfte die Schätzungskommission gestützt auf das Fachwissen ihrer Mitglieder und den Rat des zusätzlich beigezogenen Sachverständigen treffen, ohne ein besonderes Gutachten anfertigen zu lassen. Auch das Bundesgericht kann von der Anordnung einer Expertise - wie sie von der Beschwerdeführerin verlangt wird - absehen; diese würde einerseits den Rahmen des vorliegenden Verfahrens sprengen, andererseits dem Einspracheverfahren vorbehaltene Abklärungen vorwegnehmen. Wohl hat das Bundesgericht im bereits erwähnten Besitzeinweisungsverfahren SBB gegen Kath. Kirchenstiftung St. Anton (
BGE 110 Ib 52
) einen Experten beigezogen, doch lag jener Fall völlig anders, da die vorzeitige Besitzeinweisung aufgrund einer unzutreffenden Auslegung des Begriffs "nicht wieder gutzumachender Schaden" verweigert und der Sachverhalt bzw. die Möglichkeit, den früheren Zustand wieder herzustellen, überhaupt nicht untersucht worden war.
Selbst wenn die Schätzungskommission, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, ihre Befürchtungen über die nachteiligen Auswirkungen der Bauarbeiten übertrieben hätte, so wäre nicht aus der Welt zu schaffen, dass das Risiko solcher nicht wieder gutzumachender Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden kann. Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkte als offensichtlich unbegründet. | public_law | nan | de | 1,985 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e26233d0-4898-4608-bc51-01e75f49ba6d | Urteilskopf
115 II 494
88. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Dezember 1989 i.S. Firma X. gegen Z. (Berufung) | Regeste
Seefrachtvertrag. Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter der Schweizer Flagge (SSG).
Anwendung von Lehre und Rechtsprechung der Rheinanliegerstaaten (E. 1).
Begriff der Auslieferung (E. 2).
Die Vermischung verschiedener Ölqualitäten ist kein Verlust, sondern eine teilweise Beschädigung des Frachtgutes im Sinne von Art. 105 Abs. 1 aSSG. Begriff des gemeinen Wertes; der Schaden entspricht der Differenz zwischen dem gemeinen Handelswert (Börsen- oder Marktpreis) und dem Erlös aus dem Verkauf des beschädigten Frachtgutes (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 494
BGE 115 II 494 S. 494
A.-
Die Firma X. besitzt Tanks und Tankschifflöschanlagen im Auhafen in Birsfelden. Z. ist Inhaberin einer Reederei. Ende Juni 1981 transportierte ein der Reederei gehörendes Tankschiff
BGE 115 II 494 S. 495
eine für die Firma X. bestimmte gemischte Ladung von Schmierölen aus Holland zum Auhafen in Birsfelden. Die Transportware setzte sich aus den Qualitäten "light", "medium" und "heavy" zusammen. Bei der Löschung am 29. Juni 1981 gelangte nur das Schmieröl der Qualität "light" in die dafür vorgesehenen Tanks. Die Ladungen der Qualität "medium" und "heavy" wurden je in einen bereits teilweise mit dem Schmieröl der Qualität "heavy" bzw. "medium" gefüllten Landtank gepumpt, was eine Gesamtmenge von rund 830 t eines nicht handelsüblichen und deshalb minderwertigen Schmierölgemisches "medium/heavy" ergab. Das Gemisch konnte im folgenden nur mit erheblichem Einschlag verkauft werden.
B.-
Das Bezirksgericht Arlesheim wies am 29./30. September 1986 die Klage der Firma X. auf Bezahlung von Fr. 153'978.67 Schadenersatz mit der Begründung ab, der Schiffsmannschaft der Beklagten könne kein Verschulden nachgewiesen werden.
In teilweiser Gutheissung einer Appellation der Klägerin bejahte das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft am 15. November 1988 die Verantwortlichkeit der Beklagten für das Verhalten ihrer Hilfspersonen und sprach nach Abzug von Fr. 20'000.-- (
Art. 44 OR
) Schadenersatz von Fr. 120'927.15 nebst Zins zu.
C.-
Gegen diesen Entscheid hat die Beklagte zugleich Berufung und staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Letztere hat das Bundesgericht mit Urteil vom 16. November 1989 abgewiesen, soweit es darauf eingetreten ist. Mit der Berufung wird beantragt, die Klage vollumfänglich, eventuell teilweise abzuweisen, oder die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Seeschiffahrt unter der Schweizer Flagge wird vom Seeschiffahrtsgesetz vom 23. September 1953 (Fassung von 1965, SR 747.30) geregelt. Sie untersteht dem schweizerischen Recht, soweit dies mit den Grundsätzen des Völkerrechts vereinbar ist (
Art. 1 SSG
). Auf die schweizerische Binnenschiffahrt sind das Bundesgesetz über die Binnenschiffahrt vom 3. Oktober 1975 (SR 747.201) und die Verordnung des Bundesrates über die Schiffahrt auf schweizerischen Gewässern vom 8. November 1978 (SR 747.201.1) anzuwenden. Die mit Binnenschiffen betriebene Schiffahrt auf dem Rhein unterliegt jedoch dem Seeschiffahrtsgesetz, sofern wie im
BGE 115 II 494 S. 496
vorliegenden Fall die in
Art. 125 SSG
umschriebenen Voraussetzungen gegeben sind. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft hat damit zu Recht auf das Seeschiffahrtsgesetz abgestellt. Die Bestimmungen über den Frachtvertrag nach
Art. 440 ff. OR
haben lediglich subsidiäre Geltung (
BGE 94 II 204
f.).
Wo weder das Seeschiffahrtsgesetz noch ein anwendbares internationales Übereinkommen eine Vorschrift enthält, hat der Richter gemäss
Art. 127 Abs. 5 SSG
in Verbindung mit
Art. 7 SSG
nach allgemeinen Schiffahrtsgrundsätzen oder, wo solche fehlen, nach derjenigen Regel zu entscheiden, die er als Gesetzgeber aufstellen würde, wobei er vor allem Lehre und Rechtsprechung der übrigen Rheinanliegerstaaten, vorliegend der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen hat. Die Auslegung schiffahrtsrechtlicher Begriffe hat sich in diesem Fall in erster Linie nicht an landesrechtlichen Vorschriften zu orientieren, sondern der anerkannten Schiffahrtspraxis des In- und Auslandes zu folgen. Besteht eine solche Praxis, so sind landesrechtliche Bestimmungen ausserhalb der Spezialgesetzgebung - insbesondere das Obligationenrecht - nicht anwendbar (C. MARTIG, Reederhaftung im Rheinfrachtgeschäft, Diss. Zürich 1983, S. 45 mit Hinweisen).
2.
Nach
Art. 102 Abs. 2 SSG
hat der Seefrachtführer die Güter unter anderem sachgemäss und sorgfältig zu löschen, soweit diese Verrichtungen nicht vom Ablader oder Empfänger zu besorgen sind.
Art. 108 Abs. 1 SSG
verlangt, dass der Seefrachtführer die Güter im Löschhafen dem Empfänger auszuliefern hat. Die Beklagte konnte also den Seefrachtvertrag erst mit ordnungsgemässer Auslieferung der Ware erfüllen.
Unter Auslieferung ist der Vorgang zu verstehen, durch den der Frachtführer den Gewahrsam am beförderten Gut im ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis des Empfängers aufgibt und diesen in den Stand setzt, die tatsächliche Gewalt über das Gut auszuüben (BAUMBACH/DUDEN/HOPT, Kurzkommentar HGB, 2. A., München 1989, S. 1023, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung; VORTISCH-ZSCHUCKE, Binnenschiffahrts- und Flössereirecht, 2. A., S. 259, N. 2b zu § 58 BSchG). Für die Auslieferung bedarf es zwar nicht der Übernahme des Gutes durch den Empfänger, sondern es genügt, wenn der Frachtführer die Ware mit Zustimmung des Empfängers aus seiner Obhut entlässt oder einem Dritten übergibt (SCHLEGELBERGER-GESSLER, HGB, Band VI, München 1977, S. 757, N. 8 und dort zitierte Urteile). Werden aber wie im vorliegenden Fall unterschiedliche Ölqualitäten in verschiedenen
BGE 115 II 494 S. 497
Schiffskammern transportiert, so kann von einer durch die Zustimmung des Empfängers gedeckten Entlassung aus der Obhut des Frachtführers erst dann die Rede sein, wenn die verschiedenen Ölqualitäten in die dafür vorgesehenen Tanks gepumpt worden sind. Dazu ist es nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 63 Abs. 2 OG
) deshalb nicht gekommen, weil die Schiffsmannschaft der Beklagten die Schmieröle "heavy" und "medium" fehlgeleitet hat. Demnach haben die Hilfspersonen der Beklagten das Frachtgut weder sachgemäss noch sorgfältig im Sinne von
Art. 102 Abs. 2 SSG
gelöscht. Von der Haftung für den vor der ordnungsgemässen Auslieferung am Transportgut verursachten Schaden könnte sich die Beklagte also nur durch den Nachweis befreien, dass weder sie noch ihre Hilfspersonen ein Verschulden trifft (
Art. 103 Abs. 1 SSG
). Diesen Nachweis hat sie nicht erbracht.
3.
Die Vermischung der verschiedenen Ölqualitäten hatte vorliegend nicht einen Verlust, sondern eine teilweise Beschädigung des Frachtgutes im Sinne von Art. 105 Abs. 1 Satz 2 aSSG zur Folge. Danach ist ausschliesslich der Betrag der Wertverminderung des Gutes ohne weiteren Schadenersatz zu ersetzen.
Weil sich die spärliche schweizerische Literatur zum See- und Binnenschiffahrtsrecht nicht mit dem Begriff der Wertverminderung nach SSG auseinandersetzt, ist auf die deutsche Gesetzgebung, Lehre und Rechtsprechung zurückzugreifen. Nach § 58 Abs. 1 des Binnenschiffahrtsgesetzes (BSchG) haftet der Frachtführer für den durch Verlust oder Beschädigung der Frachtgüter entstandenen Schaden. Es handelt sich hierbei aber in Wirklichkeit um eine "Ersatzleistung aufgrund des Frachtvertrages" im Sinne des nach § 26 anwendbaren § 430 des Handelsgesetzbuches (HGB) (VORTISCH-ZSCHUCKE, a.a.O., S. 265, Ziff. 7a). Im Falle der Beschädigung ist der Unterschied zwischen dem Verkaufswert des Gutes im beschädigten Zustand und dem gemeinen Wert zu ersetzen, welchen das Gut ohne die Beschädigung am Ort und zur Zeit der Ablieferung gehabt hätte; hiervon kommt in Abzug, was infolge der Beschädigung an Zöllen und sonstigen Kosten erspart worden ist (§ 430 Abs. 2 HGB). Hingegen ist die Fracht bei Beschädigung grundsätzlich in voller Höhe zu zahlen (SCHLEGELBERGER-GESSLER, a.a.O., N. 21 zu § 430 HGB).
Der gemeine Wert ist der allgemeine Verkäuflichkeitswert, den ein Gut gleicher Art und Güte ohne Berücksichtigung der besonderen Beziehungen der Beteiligten hat. Er bemisst sich nach objektiven
BGE 115 II 494 S. 498
Massstäben und steht damit im Gegensatz zu dem individuellen Wert, dem Wert, den das Gut für die Beteiligten im Einzelfall unter Berücksichtigung ihrer Beziehungen hat. Gehört der Ersatzberechtigte einer bestimmten Handelsgruppe an, ist er Grosshändler, Kleinhändler oder Produzent, ist der gemeine Verkaufswert des Gutes in dieser Handelsgruppe zu berücksichtigen (SCHLEGELBERGER-GESSLER, a.a.O., N. 10 zu § 430 HGB). Ein gemeiner Handelswert besteht, wenn ein regelrechter Handelsverkehr mit dem Gut stattfindet. Er entspricht in der Regel dem Börsen- oder Marktpreis (SCHLEGELBERGER-GESSLER, N. 11 zu § 430 HGB). Diese Auffassung deckt sich mit der für das schweizerische Recht massgebenden Definition, die den gemeinen Handelswert als objektiven Durchschnittswert bezeichnet, den im gegebenen Zeitpunkt Waren der gleichen Art, Qualität und Quantität bei freier Preisbildung besitzen, unter Ausserachtlassung aller subjektiven Gesichtspunkte, namentlich des entgangenen Gewinnes (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Band I, 4. A., S. 250). Der gemeine Handelswert bestimmt sich also nach objektiven Kriterien, und zwar nach jenen, die am Ablieferungsort zu der Zeit, zu der abzuliefern war, Geltung hatten (dazu auch SCHLEGELBERGER-GESSLER, N. 12 zu § 430 HGB). Nach objektiven Gesichtspunkten richtet sich aber auch der Verkaufswert des beschädigten Gutes, der vom gemeinen Handelswert in Abzug zu bringen ist. Anhaltspunkt für diesen Verkaufswert bildet der bei einem tatsächlichen Verkauf erzielte Preis, wenn er auch nicht unbedingt massgebend ist, denn es kann der Nachweis geführt werden, dass bei genügender Sorgfalt ein höherer Preis hätte erzielt werden können. Die Verkaufskosten können vom Erlös abgezogen werden (SCHLEGELBERGER-GESSLER, N. 20 zu § 430 HGB).
Der nach Art. 105 Abs. 1 aSSG zu ersetzende Schaden entspricht somit der Differenz zwischen dem gemeinen Handelswert (Börsen- oder Marktpreis) und dem Erlös aus dem Verkauf der vermischten Schmieröle.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt also im Seeschiffahrtsrecht nicht die subjektive Berechnungsmethode, und damit nicht der Einstandswert, zum Tragen. Die Vorinstanz hat folglich ihrer Schadensberechnung bundesrechtskonform den Marktpreis der vermischten Öle mit Fr. 882'764.90 zugrunde gelegt und davon den Verkaufserlös von Fr. 741'837.75 abgezogen, was nach Abzug von Fr. 20'000.-- in Anwendung von
Art. 44 OR
den zugesprochenen Betrag von Fr. 120'927.15 ergibt. | public_law | nan | de | 1,989 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e26492de-af9d-4285-bc92-a7a97d09ddbb | Urteilskopf
103 IV 270
75. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. September 1977 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich | Regeste
Art. 4 Abs. 3 BRB vom 14. Februar 1968 über die Feststellung der Angetrunkenheit von Strassenbenützern (bzw. Art. 141 Abs. 3 Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976, VZV).
1. Diese Bestimmung gibt nicht Anspruch auf eine Oberexpertise (Erw. 2a).
2. Die Begutachtung des Ergebnisses der Blutanalyse durch den gerichtlich-medizinischen Experten besteht nicht in einer Wiederholung der Blutanalyse (Erw. 2b). | Sachverhalt
ab Seite 271
BGE 103 IV 270 S. 271
A.-
H. war am 12. Oktober 1974, um 18.50 Uhr auf der Reppischtalstrasse als Motorfahrzeugführer an einem Verkehrsunfall beteiligt. Die ihm nach dem Unfall entnommene Blutprobe wurde von Prof. Dr. Brandenberger, Leiter der chemischen Abteilung des Gerichtlich-medizinischen Instituts (GMI) der Universität Zürich analysiert; die beiden dabei angewandten Methoden ergaben 1,55%o und 1,58%o. Dieses Ergebnis wurde von Dr. med. Siegrist, Oberarzt am GMI überprüft, der für den kritischen Zeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von 1,50%o ermittelte. Am 16. Oktober 1975 und 9. Januar 1976 erstattete Dr. med. Gujer, Oberarzt am GMI Ergänzungsgutachten zum Bericht von Dr. Siegrist. Am 23. August 1976 wurde überdies von der chemischen Abteilung des GMI ein Ergänzungsbericht über die Registrierung der Blutproben und die Analysenaufzeichnungen eingereicht.
B.-
Am 5. März 1976 verurteilte das Bezirksgericht Affoltern am Albis H. wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand zu Fr. 6'000.-- Busse.
Am 21. April 1977 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich den erstinstanzlichen Entscheid im Schuldpunkt, setzte jedoch die Geldstrafe auf Fr. 4'000.-- herab.
C.-
H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 4 Abs. 3 BRB vom 14. Februar 1968 über die Feststellung der Angetrunkenheit von Strassenbenützern. Er stellt sich auf den Standpunkt, der Verdächtigte habe nach dieser Bestimmung
BGE 103 IV 270 S. 272
einen unabdingbaren Anspruch auf eine Oberexpertise, was auch vom Kassationshof in
BGE 102 IV 120
grundsätzlich anerkannt worden sei. Diese Oberexpertise könne, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des Art. 4 BRB ergebe, nur in einer Wiederholung der Analyse durch den Oberexperten bestehen. Indem die Vorinstanz bloss beim GMI Ergänzungsberichte eingeholt habe, habe sie den Anspruch auf eine Oberexpertise missachtet.
a) Nach der in Art. 4 BRB (seit 1. Januar 1977 in
Art. 141 VZV
, Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976, SR 741.51) geregelten Ordnung ist zu unterscheiden zwischen der Blutanalyse, die von einem Institut vorgenommen werden muss, das die erforderlichen Einrichtungen besitzt und für eine zuverlässige Untersuchung Gewähr bietet (Abs. 1), und der Begutachtung des "Ergebnisses der Blutanalyse" durch einen gerichtlich-medizinischen Sachverständigen (Abs. 3). Analyse und Begutachtung müssen nach dem Sinn dieser Regelung von verschiedenen Personen mit getrenntem Aufgabenbereich und spezifischem Fachwissen durchgeführt werden, die voneinander völlig unabhängig sind und insbesondere nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zueinander stehen. Nur in diesem Fall ist die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Untersuchung gewährleistet. Beides kann im gleichen Institut durchgeführt werden unter der Bedingung, dass es für die Durchführung beider Aufgaben eingerichtet ist und über voneinander unabhängige Fachkräfte verfügt, die einerseits für die Analyse und anderseits für die gerichtlich-medizinische Begutachtung zuständig sind.
Im vorliegenden Fall ist die Blutanalyse von der chemischen Abteilung des GMI der Universität Zürich vorgenommen worden, während die gerichtlich-medizinische Überprüfung und Auswertung des Analysenergebnisses von einem nicht der chemischen Abteilung des Instituts angehörenden Arzt durchgeführt worden sind. Der Bericht dieses Arztes stellt, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, eine Begutachtung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 BRB (neu:
Art. 141 Abs. 3 VZV
) dar, und soweit die Strafbehörden vom GMI Zusatzberichte hiezu eingefordert haben, handelt es sich dabei nicht um Oberexpertisen, sondern um blosse Ergänzungen des ursprünglich erstatteten Gutachtens. Damit aber war den Anforderungen
BGE 103 IV 270 S. 273
des Art. 4 Abs. 3 BRB (neu:
Art. 141 Abs. 3 VZV
) Genüge getan. Die Auffassung des Beschwerdeführers, dass diese Bestimmung ihm Anspruch auf eine Oberexpertise gebe, geht fehl und wurde auch in
BGE 102 IV 120
nicht vertreten. Wie das Obergericht richtig festgestellt hat, wurde im damals zu beurteilenden Fall der Bericht des Gerichtsmediziners einzig deswegen nicht als Gutachten angesehen, weil er der vom Gesetz geforderten Begründung entbehrte. Wäre diese vorhanden gewesen, hätte kein Anlass bestanden, den Fachbericht nicht als Gutachten im Sinne des Art. 4 Abs. 3 BRB gelten zu lassen.
b) Die Auffassung des Beschwerdeführers aber, die Begutachtung durch den gerichtlich-medizinischen Experten nach Art. 4 Abs. 3 BRB (neu:
Art. 141 Abs. 3 VZV
) könne nur in einer Wiederholung der Blutanalyse bestehen, hält nicht stand. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung hat der gerichtlich-medizinische Experte einzig das "Ergebnis" der Blutanalyse zu begutachten, nicht die Analyse als solche nachzuvollziehen. Dazu wäre der medizinische Sachverständige gar nicht zuständig, bedarf es dazu doch der Fachkenntnisse eines Chemikers (vgl. Art. 4 Abs. 4 BRB bzw.
Art. 141 Abs. 4 VZV
). Dass in einem Entwurf zum Art. 4 BRB von einer "Kontrollanalyse" die Rede war (vgl.
BGE 102 IV 123
), kann nicht dazu führen, die schliesslich Gesetz gewordene abweichende Ordnung im Sinne einer nicht in Kraft erwachsenen Vorlage umzudeuten.
c) Die Vorinstanz hat demnach Art. 4 Abs. 3 BRB (
Art. 141 Abs. 3 VZV
) nicht verletzt, wenn sie das Begehren des Beschwerdeführers um Anordnung einer Oberexpertise durch einen nicht dem GMI der Universität Zürich angehörenden Fachmann verworfen und sich mit dem Bericht des gerichtlich-medizinischen Experten, der sich auf eine Begutachtung des Ergebnisses der Blutanalyse beschränkte, ohne diese nochmals zu wiederholen, begnügt hat.
3.
Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, das Analysenresultat könne nicht richtig sein, weil weitere Erkenntnisquellen ergeben hätten, dass er zur Zeit der Fahrt im vollen Besitz der Fahrtüchtigkeit gewesen sei; weder der Arzt bei der Blutentnahme noch der Polizeikorporal noch ein dritter Zeuge hätten bei ihm irgendwelche Anzeichen von Angetrunkenheit festgestellt.
BGE 103 IV 270 S. 274
Diese Rüge erschöpft sich in unzulässiger Kritik an der Beweiswürdigung (Art. 273 Abs. 1 Bst. b BStP). Sie wäre im übrigen auch unbegründet. Das Fehlen von Anzeichen von Angetrunkenheit hat die Vorinstanz nicht übersehen. Wenn sie diesem Umstand aber gegenüber dem Ergebnis der Blutanalyse keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat, so ist das aus haltbaren Gründen geschehen. Wie die Vorinstanz gestützt auf in frühe en Fällen erstattete Gutachten des GMI, die von verschiedenen anderen kantonalen Gerichten getragene Praxis und das Schrifttum erwog, können erfahrungsgemäss nicht nur Laien, sondern auch Sachverständige bei der Prüfung der äusseren Anzeichen einer Angetrunkenheit getäuscht werden, weil nicht wenige Personen in einer für sie schwerwiegenden Lage (insbesondere bei Unfällen oder einer Blutentnahme) imstande sind, mit starker Willenskraft und Beherrschung auch ausgeprägteste Alkoholstörungen für kurze Zeit zu verdrängen (SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung zum Strassenverkehrsrecht 1968-1972, S. 168 f.; SJZ 1969 S. 259 Anm. THÜRER). Zudem muss nach den aufgrund einer eingehenden Würdigung getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz eine Fehlleistung bei der Blutentnahme, der Analyse oder ihrer Auswertung ausgeschlossen werden. Unter diesen Umständen war es nicht bundesrechtswidrig, auf das Ergebnis jener Analyse bzw. ihrer Begutachtung durch den gerichtlich-medizinischen Experten abzustellen, zumal es sich nach dem Analysenresultat in keiner Weise um einen Grenzfall gehandelt hat (vgl.
BGE 101 IV 233
).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. | null | nan | de | 1,977 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e26791f9-c824-44cc-9354-4f3c22562489 | Urteilskopf
101 IV 318
74. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. September 1975 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft. | Regeste
Art. 27 Abs. 1, 36 Abs. 2 SVG.
Wird der Verkehr durch Lichtsignale geregelt, so spielt insoweit das sonst zu beachtende Vortrittsrecht nicht. Daher keine Missachtung des Vortrittsrechts gegenüber einem Verkehrsteilnehmer, der trotz Rotlicht nicht anhält. Ob das Rotlicht Teil einer Lichtsignalanlage für eine Kreuzung ist, ob es dem Schutz der Fussgänger auf einem Fussgängerstreifen dient oder an engen Stellen das gefahrlose Kreuzen sichert, ist rechtlich belanglos. | Sachverhalt
ab Seite 318
BGE 101 IV 318 S. 318
A.-
Am 29. Juni 1973 um 7 Uhr fuhr B. mit seinem Personenwagen auf der Habshagstrasse in Reinach Richtung Baselstrasse, um in diese nach links einzubiegen. Wegen starkem Verkehr auf der vortrittsberechtigten Baselstrasse musste er zunächst einige Minuten auf dem parallel zu dieser verlaufenden
BGE 101 IV 318 S. 319
Tramgleis warten. Als die den Fussgängerstreifen über die Baselstrasse sichernde Signalanlage nach seiner Meinung auf Rotlicht geschaltet hatte, begann er mit dem Einbiegen, wobei er sich auf den von Reinach kommenden Verkehr konzentrierte. Dadurch übersah er den Personenwagen des J., der von Basel her an der Signalanlage vorbei über den Fussgängerstreifen Richtung Reinach fuhr. Die beiden Fahrzeuge stiessen zusammen.
B.-
Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft verurteilte B. am 24. Juni 1975 wegen Verletzung von Art. 27 Abs. 1 und 36 Abs. 2 SVG zu einer Busse von Fr. 30.--.
C.-
B. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, das Vortrittsrecht des J. verletzt zu haben. Dieser sei "ungeachtet der Signalanzeige" vortrittsberechtigt gewesen, da "die Lichtsignalanlage lediglich das Passieren des Fussgängerstreifens auf der Baselstrasse regelt", was "die Vortrittsbelastung nicht aufzuheben vermag".
a) Damit verkennt die Vorinstanz die Bedeutung des Vortrittsrechts und der Signalanlagen.
Art. 36 Abs. 2 SVG
enthält die allgemeinen Regeln über das Vortrittsrecht.
Art. 27 Abs. 1 Satz 2 SVG
bestimmt, dass Signale und Markierungen den allgemeinen Regeln vorgehen, polizeiliche Weisungen überhaupt den Vorrang geniessen.
Auf nicht anders bezeichneten Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Das Vortrittsrecht kann durch Signal Nr. 116 aufgehoben werden. Auch durch die Signalisierung als Hauptstrasse (307 und 308) kann die normale Vortrittsregelung geändert werden. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall, dass überhaupt eine Fahrberechtigung auf beiden Strassen besteht. Wird auf einer Verzweigung der Verkehr durch Lichtsignale oder Verkehrspolizei abwechslungsweise für die verschiedenen Fahrströme freigegeben, so spielt das Vortrittsrecht nicht. Vor einem Rotlicht muss auch der an sich Vortrittsberechtigte anhalten und warten. Wer aus einer vortrittsbelasteten Strasse in die Verzweigung
BGE 101 IV 318 S. 320
einfährt, verletzt kein Vortrittsrecht, falls er dabei Fahrzeuge unbeachtet lässt, welche vor Rotlicht anhalten müssen. Dabei ist es belanglos, ob es sich um eine gewöhnliche Verzweigung handelt, ob Haupt- und Nebenstrasse zusammentreffen oder ob eine Strasse mit dem Signal Nr. 116 gekennzeichnet ist. Letzteres kommt in Städten nicht selten auch bei mit Lichtsignalanlagen versehenen Kreuzungen vor, bei denen die Anlage nachts oder ausserhalb von Stosszeiten ausgeschaltet oder auf gelbes Blinklicht geschaltet ist. Zu diesen Zeiten ist der Vortritt gemäss Signal Nr. 116 zu wahren; zeigt die Signalanlage Rot/Grün, so sind nur diese Signale massgebend.
Wie bereits in
BGE 98 IV 286
angedeutet wurde, ist es rechtlich bedeutungslos, ob das Rotlicht Teil einer Lichtsignalanlage für eine Kreuzung ist oder lediglich dem Schutz von Fussgängern auf einem Fussgängerstreifen dient oder an Engpässen, bei Baustellen usw. das gefahrlose Kreuzen sichert. Daher kann gegenüber Fahrzeugen, die vor dem Rotlicht anhalten müssen, auch kein Vortrittsrecht missachtet werden. Öfters sind Verkehrslichter zum Schutz von Fussgängerstreifen errichtet worden, dienen jedoch gleichzeitig aus Nebenstrassen kommenden Strassenbenützern zum gefahrlosen Einbiegen. Sieht der an sich wartepflichtige Fahrer, dass die Hauptstrasse durch Rotlicht gesperrt ist, so braucht er nicht auch noch danach Ausschau zu halten, ob das Signal tatsächlich beachtet wird.
b) Falls, wie der Beschwerdeführer geltend macht, J. "sein Vortrittsrecht" unter Missachtung des Rotlichts ausübte, fehlt es somit von vornherein am Tatbestand der Verletzung des Vortritts durch den Beschwerdeführer.
Die Vorinstanz hat diese Frage weder geprüft noch beantwortet. Sie begnügt sich mit dem Hinweis, der Beschwerdeführer sei der Meinung gewesen, das Signal stehe auf Rot. Im übrigen verweist die Vorinstanz auf das Polizeigericht. Dieses hat in seinem Urteil ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den Personenwagen J. übersehen, "welcher den ca. 25 m entfernten Fussgängerstreifen entweder am Ende der Gelblicht- oder zu Beginn der Rotlichtphase überfahren hatte". Tatsächlich sind die Strafuntersuchungsbehörden zum Ergebnis gelangt, J. habe das Rotlicht überfahren, was für die Kollision kausal gewesen sei. J. wurde deswegen mit Fr. 120.-- gebüsst und hat die Busse angenommen.
BGE 101 IV 318 S. 321
Bei dieser Sachlage ist zu Gunsten des Angeklagten anzunehmen, J. sei bei Rot durchgefahren. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zum Freispruch des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen. | null | nan | de | 1,975 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e26e737e-9d2e-4834-9d79-2a47d4a27670 | Urteilskopf
123 II 279
32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Juli 1997 i.S. H. gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Auslieferung an Deutschland; Alibibeweis,
Art. 53 IRSG
;
Art. 3 EMRK
.
Ein bloss partiell geltend gemachter Alibibeweis, d.h. ein solcher, der sich nur auf einen Teil des Auslieferungsersuchens bezieht, ist unbeachtlich (E. 2b).
Voraussetzungen, unter denen die Garantien von
Art. 3 EMRK
einer Auslieferung entgegenstehen (E. 2d). | Sachverhalt
ab Seite 279
BGE 123 II 279 S. 279
Aufgrund eines Fahndungsersuchens von Interpol Wiesbaden wurde der deutsche Staatsangehörige H. am 1. Februar 1997 bei seiner Einreise in die Schweiz beim Zollamt Diepoldsau festgenommen.
Am 4. Februar 1997 erliess das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) gegen H. einen Auslieferungshaftbefehl, dies gestützt auf einen Haftbefehl des Amtsgerichts Landshut/D vom 4. Juli 1996 wegen Diebstahls, begangen am 12. November 1995 in Velden/A und am 18. November 1995 in Feldkirchen/A. Mit Beschwerde vom 7. Februar 1997 beantragte H. der Anklagekammer des Bundesgerichts, seine Auslieferung nach Deutschland abzulehnen und ihn aus der Haft zu entlassen. Mit Entscheid vom 20. Februar 1997 wies die Anklagekammer die Beschwerde ab, soweit auf sie einzutreten war.
BGE 123 II 279 S. 280
Am 6. März 1997 ersuchte das bayerische Staatsministerium der Justiz gestützt auf den genannten Haftbefehl vom 4. Juli 1996 sowie die Urteile des Landgerichts Traunstein vom 19. Juli 1990 und des Landgerichts München I vom 19. Februar 1993 um Auslieferung H.s zur Strafverfolgung bzw. -vollstreckung.
Am 17. März 1997 wurde der Verfolgte im Zusammenhang mit dem Auslieferungsbegehren einvernommen. Er erklärte, an sich bereit zu sein, freiwillig in jedes der Bundesländer Deutschlands zu gehen, nicht aber nach Bayern, da er, falls er dort in den Vollzug käme, gemäss bereits erhaltenen Drohungen um sein Leben zu fürchten oder schwere Misshandlungen zu erwarten hätte, nachdem er der Anstaltsleitung im Gefängnis in der Schweiz vertrauliche Informationen darüber habe zukommen lassen, wie eine im Strafvollzug tätige ausländische Drogenbande aufgehoben werden könne. Mit einer vereinfachten Auslieferung im Sinne von
Art. 54 IRSG
(SR 351.1) sei er also nur einverstanden, wenn er nicht an die Justiz des Bundeslandes Bayern ausgeliefert werde, da er kein Vertrauen in die dortige Justiz habe. Unter diesen Umständen sah das BAP von einer vereinfachten Auslieferung ab.
Mit Eingabe vom 14. April 1997 wandte sich auch der dem Verfolgten beigeordnete amtliche Anwalt gegen eine Auslieferung.
Am 25. April 1997 bewilligte das BAP die Auslieferung an Deutschland für die dem Begehren vom 6. März 1997 zugrundeliegenden Straftaten.
Mit Eingabe vom 28. Mai 1997 erhob H. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Begehren, der Entscheid vom 25. April 1997 sei aufzuheben; er, H., sei aus der Auslieferungshaft zu entlassen, und es sei ihm die Ausreise zu seiner Lebensgefährtin nach Tschechien zu bewilligen, vorzugsweise per Flugzeug.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
Erwägungen
aus folgender Erwägung:
2.
a) Die Auslieferungsvoraussetzungen namentlich nach Art. 2 und 12 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens (EAUe, SR 0.353.1) sind unbestrittenermassen erfüllt, ebenso diejenigen gemäss dem zwischen der Schweiz und Deutschland abgeschlossenen Zusatzvertrag (namentlich Art. II und V ZV, SR 0.353.913.61). Sodann ist keiner der im EAUe ausdrücklich genannten Verweigerungsgründe gegeben.
Der Beschwerdeführer selber hätte sich denn auch mit einer vereinfachten Auslieferung nach
Art. 54 IRSG
einverstanden erklärt
BGE 123 II 279 S. 281
(jedenfalls anlässlich seiner Befragung am 17. März 1997), falls die Bewilligung von der Bedingung abhängig gemacht worden wäre, dass er nicht an das Bundesland Bayern ausgeliefert werde. Erst über seinen Rechtsvertreter liess er hernach zunächst gegenüber dem BAP und nunmehr vor Bundesgericht geltend machen, dem Auslieferungsbegehren sei aus verschiedenen andern Gründen nicht zu entsprechen. Er habe sich seit dem 1. November 1995 bei seiner Lebensgefährtin in Tschechien aufgehalten, was durch verschiedene Zeugen bestätigt werden könne. Verhalte es sich aber so, so könne er nicht als Täter der ihm für die Zeit vom 12.-18. November 1995 angelasteten Delikte in Frage kommen; eventualiter seien durch das BAP die gemäss
Art. 53 IRSG
gebotenen Abklärungen zur Erhärtung des Alibibeweises vorzunehmen. Sei er aber nicht der Täter hinsichtlich der letztgenannten Delikte, so sei der Haftbefehl vom 4. Juli 1996 ungültig. Sodann seien die Voraussetzungen gemäss
Art. 35 IRSG
bezüglich der Höhe des in Frage stehenden Strafmasses nicht erfüllt, wenn die von ihm, dem Beschwerdeführer, lediglich noch zu verbüssende Reststrafe in Betracht gezogen werde; die Auslieferung sei daher auch im Lichte von
Art. 7 Abs. 2 EAUe
und überdies in Anwendung von
Art. 4 IRSG
abzulehnen, da eine Deliktsumme von weniger als Fr. 5'000.-- zur Diskussion stehe. Aufgrund des Umstandes, dass bei einer Auslieferung nach Bayern Mitgefangene ihn töten oder misshandeln würden, nachdem er den Behörden in der Schweiz vertrauliche Angaben zur Aufdeckung einer Drogenhändlerbande erteilt habe, sei die Auslieferung auch im Lichte von
Art. 3 EMRK
und
Art. 37 IRSG
abzulehnen. Im Falle einer Bewilligung der Auslieferung nach Bayern sei er fest entschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen; schon jetzt sei sein Gesundheitszustand kritisch, da er sich seit mehreren Wochen im Hungerstreik befinde. Da kein anderes Bundesland als Bayern über seine bedingte Entlassung nach 2/3 der Strafe verfügen könne, dürfte es sich erübrigen, eine Auslieferung mit einer Auflage zu gestatten, d.h. beispielsweise mit der Bedingung, der Strafvollzug dürfe nicht im Bundesland Bayern erfolgen.
b) Das Bundesgericht ist grundsätzlich an die Sachdarstellung im Auslieferungsbegehren gebunden. Es ist Aufgabe des ausländischen Sachrichters, sich über das Bestehen dieser Tatsachen und über die Schuld des Verfolgten auszusprechen. Ausnahmen von diesem Grundsatz rechtfertigen sich nur, wenn es darum geht, einer offensichtlich unschuldigen Person die Unbill des Strafverfahrens zu ersparen (
BGE 122 II 373
E. 1c;
BGE 109 Ib 60
E. 5a und 317 E. 11b).
BGE 123 II 279 S. 282
Das gilt auch für den besonderen Fall des Alibibeweises, der in
Art. 53 IRSG
vorgesehen ist. Dieser steht an sich trotz dem in
Art. 1 EAUe
verankerten Grundsatz der Auslieferungspflicht auch im Rahmen eines nach diesem Abkommen durchgeführten Auslieferungsverfahrens offen (s.
BGE 113 Ib 276
E. 3c). Der Alibibeweis kann indes nur mit dem Nachweis geführt werden, zur fraglichen Zeit (überhaupt) nicht am Tatort gewesen zu sein. Dieser Nachweis ist unverzüglich und ohne Weiterungen zu erbringen, damit der Verfolgte sich zu entlasten und die Auslieferung zu verhindern vermag (s.
BGE 122 II 373
E. 1c;
BGE 113 Ib 276
E. 3b;
BGE 112 Ib 215
E. 5b; HANS SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, Basel 1953, S. 234). Sind bei einem angerufenen Zeugen des angeblichen Alibis Zweifel über die Glaubwürdigkeit nicht zum vornherein ausgeschlossen, so ist das Alibi nicht ohne Verzug nachgewiesen (
BGE 113 Ib 281
;
BGE 112 Ib 347
E. 4).
Solche Zweifel sind hier nicht zum vornherein von der Hand zu weisen, zumal die vom Beschwerdeführer zu den Akten gegebenen Bestätigungen von ihm nahestehenden Bezugspersonen abgegeben worden sind und nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich dabei um blosse Gefälligkeitserklärungen handelt.
Abgesehen davon treffen die genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall aber ohnehin auch deswegen nicht zu, weil das Auslieferungsbegehren verschiedene Tatvorwürfe enthält und ein Alibi nur für einen Teil dieser Vorwürfe geltend gemacht wird, nämlich nur für die in der Zeit vom 12.-18. November 1995 verübten Delikte, nicht aber für diejenigen, die den ebenfalls Gegenstand des Auslieferungsbegehrens bildenden zwei Urteilen zugrundeliegen. Ein bloss partieller Alibibeweis, also ein solcher, der sich nur auf einen Teil des Auslieferungsersuchens bezieht, ist unerheblich, wie die Vorinstanz zu Recht erwogen hat (s. nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts vom 19. Februar 1996 i.S. M., vom 17. November 1994 i.S. G.).
Die Rüge der Verletzung von
Art. 53 IRSG
geht unter diesen Umständen fehl. Weitere Abklärungen im Sinne dieser Bestimmung sind nicht vorzunehmen.
Auch ist unter den dargelegten Umständen nicht ersichtlich, inwiefern der vom Beschwerdeführer kritisierte Haftbefehl vom 4. Juli 1996 ungültig sein soll.
c) Wie das BAP sodann zutreffend festgestellt hat, ist hier unerheblich, wie schwerwiegend die vom Beschwerdeführer begangenen Delikte sind bzw. wie hoch die noch zu verbüssende Reststrafe
BGE 123 II 279 S. 283
ist. Massgebend sind der Tatvorwurf (hier in erster Linie qualifizierter - bandenmässiger und gewerbsmässiger - Diebstahl) und die dafür angedrohte bzw. ausgesprochene Strafe. Ist wie im vorliegenden Fall bereits eine Verurteilung erfolgt, so muss die Strafe nach
Art. 2 Ziff. 1 EAUe
mindestens vier Monate betragen, nach Art. II Abs. 1 ZV sogar nur deren drei. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die dem Auslieferungsbegehren zugrundeliegenden Urteile klarerweise erfüllt. Was der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang sonst noch vorbringt, ist somit unbeachtlich, namentlich auch sein Einwand, dem Begehren dürfe im Lichte von
Art. 4 IRSG
nicht entsprochen werden, da durch seine Straftaten ein bloss geringfügiger Sachschaden entstanden sei. Der in dieser Bestimmung vorgesehene Ablehnungsgrund (Bedeutung bzw. Bedeutungslosigkeit der Tat) ist im hier in erster Linie massgebenden EAUe schon gar nicht vorgesehen. Abgesehen davon kann bei objektiver Sicht der Dinge, mit Blick auf die Vielzahl der dem Beschwerdeführer insgesamt zur Last gelegten Straftaten und die ihm bereits auferlegten Strafen gemäss den dem Auslieferungsbegehren ebenfalls zugrundeliegenden beiden Urteilen, nicht davon die Rede sein, dem deutschen Ersuchen liege eine blosse Bagatelle zugrunde.
d) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bildet dessen momentaner Gesundheitszustand unter dem Gesichtswinkel von
Art. 37 IRSG
keinen Grund, um die von Deutschland verlangte Auslieferung verweigern zu können. Die Schweiz hat die sich aus dem hier in erster Linie anwendbaren Staatsvertragsrecht ergebenden Verpflichtungen einzuhalten (s. insbesondere auch
Art. 1 EAUe
). Soweit
Art. 37 IRSG
den in einem Fall wie dem vorliegenden massgebenden staatsvertraglichen Bestimmungen widerspricht, ist er nicht anwendbar (s.
BGE 122 II 485
ff.).
Auch aus der vom Beschwerdeführer im weiteren angerufenen Bestimmung von
Art. 3 EMRK
lässt sich - entgegen seiner Auffassung - kein Anspruch entnehmen, nicht ausgewiesen oder nicht ausgeliefert zu werden (
BGE 117 Ib 210
E. 3b/cc, s. auch nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts vom 21. April 1997 i.S. P., vom 5. November 1996 i.S. S.). Bei drohender Ausweisung oder Auslieferung kann zwar allenfalls die Anwendbarkeit von
Art. 3 EMRK
in Frage kommen, dies aber in der Regel auch nur dann, wenn die Gefahr besteht, dass der Betroffene im Verfolgerstaat einer Strafe oder Behandlung ausgesetzt wird, welche die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung erreicht und daher
BGE 123 II 279 S. 284
mit
Art. 3 EMRK
unvereinbar ist (MARK E. VILLIGER, Handbuch der EMRK, Zürich 1993, Rz. 301 ff. zu Art. 3, S. 183 ff.; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/ Arlington, 1996, N. 2 ff., insb. N. 18 zu Art. 3). Die Auslieferung an Deutschland für sich allein bzw. das vom Verfolgten dort zu gewärtigende Verfahren bzw. der dortige Strafvollzug stellen somit - auch mit Blick auf den derzeit schlechten Gesundheitszustand - noch keine menschenunwürdige Behandlung im Sinne von
Art. 3 EMRK
dar. Von einer solchen könnte höchstens dann die Rede sein, wenn damit zu rechnen wäre, dass die deutschen Behörden den Beschwerdeführer nicht angemessen behandeln und betreuen würden. Für eine derartige Annahme bestehen jedoch keine Anhaltspunkte. Das BAP wird die ersuchenden Behörden über die Befürchtungen und den dadurch bedingten Hungerstreik des Beschwerdeführers zu informieren und eine Unterbringung in einer für die dargelegte Situation des Beschwerdeführers geeigneten Vollzugsanstalt zu veranlassen haben. Weshalb hierzu geeignete Massnahmen in Deutschland nicht möglich sein sollen, ist nicht ersichtlich.
Aussergewöhnliche familiäre Verhältnisse im Lichte von
Art. 8 EMRK
, welche nach der Rechtsprechung einer Auslieferung ausnahmsweise entgegenstehen könnten (s. nicht publizierte E. 3e von
BGE 122 II 485
ff.), werden vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Auch in andern Fällen, die nicht derart besonders gelagert waren wie die soeben zitierte Rechtsprechung, vermochten geltend gemachte Suizidgefahr oder ein Hungerstreik des Verfolgten keinen Einfluss auf ein hängiges Auslieferungsverfahren bzw. auf eine allfällige Auslieferung zu haben (s. etwa nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts vom 21. April 1997 i.S. P., vom 5. November 1996 i.S. S., vom 17. Januar 1992 i.S. L.).
e) Sind demgemäss die Auslieferungsvoraussetzungen erfüllt, so ist die Schweiz staatsvertraglich verpflichtet, dem deutschen Begehren stattzugeben (
Art. 1 EAUe
), zumal der ersuchende Staat seinerseits weder sein Begehren fallengelassen noch ein Strafübernahmeersuchen bzw. Vollstreckungsbegehren an die Schweiz gerichtet hat.
Im Sinne der vorstehenden Erwägungen hat das BAP dafür besorgt zu sein, dass dem derzeit schlechten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und den von diesem geäusserten Befürchtungen beim Vollzug der Auslieferung wie auch hernach, im Verlaufe des weiteren Verfahrens in Deutschland, angemessen Beachtung geschenkt wird. | public_law | nan | de | 1,997 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e27a1540-23bd-49bd-a3b1-768524e3e5c6 | Urteilskopf
97 I 689
100. Auszug aus dem Urteil vom 29. Oktober 1971 i.S. Landammann und Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. gegen Sparascio und Eidg. Justiz- und Polizeidepartement. | Regeste
Erleichterte Einbürgerung (
Art. 27 BüG
).
Das Kind erwirbt das Kantons- und Gemeindebürgerrecht, das die Mutter besitzt oder zuletzt besass; besitzt die Mutter mehr als ein Kantons- und Gemeindebürgerrecht, erwirbt das Kind jedes Bürgerrecht. | Sachverhalt
ab Seite 689
BGE 97 I 689 S. 689
Die am 19. Juni 1936 in Zürich geborene Anna Speck ist die Tochter des Walter Speck von Appenzell und seiner Ehefrau Anna Magdalena geb. Nehr. Anna Speck wurde am 6. März 1953, zusammen mit ihren Eltern, ins Bürgerrecht der Stadt Zürich aufgenommen. Sie verheiratete sich am 10. Januar 1959 mit dem italienischen Staatsangehörigen Andrea Sparascio. Durch den Eheabschluss bekam sie die italienische Staatsangehörigkeit. Während der Verkündung, am 21. November 1958, hatte sie dem Zivilstandsbeamten der Stadt Zürich im Sinne von Art. 9 des BG vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust
BGE 97 I 689 S. 690
des Schweizerbürgerrechts (BüG) erklärt, sie wolle das Schweizerbürgerrecht beibehalten. Am 7. Juni 1959 ist aus der Ehe Sparascio-Speck die Tochter Daniela Anna Christa geboren worden. Sie erwarb mit der Geburt die italienische Staatsangehörigkeit.
Im Februar 1970 ersuchte die bei ihren Eltern in Zürich, Bergacker 35, wohnhafte Daniela Anna Christa Sparascio das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) um erleichterte Einbürgerung in der Schweiz. Durch Verfügung vom 4. März 1971 hat das EJPD die Gesuchstellerin Daniela Anna Christa Sparascio in die Bürgerrechte der Kantone Zürich und Appenzell I.Rh. sowie der Gemeinden Zürich und Appenzell und damit ins Schweizerbürgerrecht gemäss
Art. 27 BüG
aufgenommen.
Gegen diese Verfügung erheben Landammann und Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragen die Aufhebung der angefochtenen Verfügung in dem Sinne, dass Daniela Anna Christa Sparascio lediglich ins Schweizerbürgerrecht sowie in die Bürgerrechte des Kantons und der Stadt Zürich, nicht aber in die Bürgerrechte des Kantons Appenzell I.Rh. und der Gemeinde Appenzell aufgenommen werde.
Das EJPD beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
(Prozessuales).
2.
Nach
Art. 27 Abs. 1 BüG
können Kinder einer gebürtigen Schweizerin, die wenigstens 10 Jahre in der Schweiz gelebt haben, erleichtert eingebürgert werden, wenn sie in der Schweiz wohnen und das Gesuch vor Vollendung des 22. Lebensjahres stellen. Daniela Anna Christa Sparascio ist Kind einer gebürtigen Schweizerin. Ihre Mutter war von Geburt Bürgerin von Appenzell und des Kantons Appenzell I.Rh. Das Kind war seit der Geburt in der Schweiz wohnhaft; es hat also mehr als 10 Jahre in der Schweiz gelebt. Es ersuchte um die erleichterte Einbürgerung, als es das 10. Altersjahr überschritten hatte. Damit erfüllt es die Voraussetzungen der erleichterten Einbürgerung gemäss
Art. 27 Abs. 1 BüG
.
Nach
Art. 27 Abs. 2 BüG
erwibt die Tochter das Kantons- und Schweizerbürgerrecht, das ihre Mutter besitzt oder zuletzt besass, und damit das Schweizerbürgerrecht. Die Mutter der
BGE 97 I 689 S. 691
Gesuchstellerin lebt noch; sie ist immer noch Schweizerin. Hier kommt also das Bürgerrecht in Frage, das die Mutter zurzeit der Einbürgerung der Tochter besitzt. Der Text des BüG ist auf den Normalfall zugeschnitten, wo die Mutter nur ein Kantons- und Gemeindebürgerrecht besitzt. Die Frage ist offen, was zu geschehen habe, wenn die Mutter mehr als ein Kantons- und Gemeindebürgerrecht besitzt. Die einfachste und dem Text am ehesten konforme Lösung besteht darin, dass die Tochter jedes Kantons- und Gemeindebürgerrecht erwirbt, das ihre Mutter besitzt. Das ist die Lösung, die das EJPD hier - entsprechend einer ständigen Praxis - getroffen hat und die es auch bei Wiedereinbürgerungen nach
Art. 24 BüG
übt. Im folgenden ist zu untersuchen, ob das, was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, zu einer andern Lösung führe. Die Frage ist gemäss
Art. 104 lit. a OG
frei zu prüfen.
3.
Die Beschwerdeführer gehen - richtigerweise - davon aus, dass es ohne Kantonsbürgerrecht kein Schweizerbürgerrecht und ohne Gemeindebürgerrecht kein Kantonsbürgerrecht gibt (
Art. 43 Abs. 1 BV
;
BGE 77 I 132
; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, I, Nr. 939), heben aber hervor, dass ein Gemeindebürgerrecht und ein Kantonsbürgerrecht genüge. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf Art. 44 und auf
Art. 3 BV
. Damit ist nicht gemeint, das BüG stehe im Widerspruch zur BV (was das Bundesgericht nach
Art. 114bis Abs. 3 BV
nicht zu prüfen hätte); die Beschwerdeführer wollen vielmehr sagen, der Departementalentscheid wende das BüG in verfassungswidriger Weise an, er verletze damit ein Prinzip der schweizerischen Rechtspflege (
BGE 92 I 433
,
BGE 95 I 332
). Dies trifft indes nicht zu.
Dadurch, dass das EJPD der Daniela Anna Christa Sparascio beide Kantons- und Gemeindebürgerrechte ihrer Mutter erteilte, hat es keineswegs gegen den Wortlaut oder den Sinn der BV verstossen. Nach
Art. 44 Abs. 2 BV
ordnet die Bundesgesetzgebung "die Erteilung und den Verlust des Schweizerbürgerrechts"; desgleichen stellt sie nach Art. 44 Abs. 4 "die Grundsätze für die Wiederaufnahme ins Bürgerrecht" auf. Der Bundesgesetzgeber hat im Bereich seiner Kompetenzen legiferiert. Mit keinem Wort und auch nicht indirekt lässt der Text der BV erkennen, es sei dem Bundesgesetzgeber verwehrt, einem Kind bei erleichterter Einbürgerung alle Kantons- und Gemeindebürgerrechte zu erteilen, die seine Mutter besitzt. Um das
BGE 97 I 689 S. 692
gleichwohl auszuschliessen, müsste dargetan sein, dass die erwähnte Regelung zu unsinnigen Konsequenzen führt, die einem vernünftigen Gesetzgeber unmöglich zugetraut werden dürften. Die Beschwerdeführerin unternimmt es, diesen Nachweis zu führen. Ihre Argumente reichen aber dafür nicht aus.
a) Unbehelflich ist zunächst der Hinweis darauf, dass bei Erteilung des mehrfachen Bürgerrechts einerseits "im Armenwesen Kosten und Schwierigkeiten entstehen", anderseits aber der unterstützungsbedürftigen Person keine Vorteile erwachsen, da sie ja auch dann, wenn sie in einer einzigen Gemeinde eingebürgert würde, hinreichend unterstützt werden muss.
Nimmt man an, das sei richtig, so wird die Aufnahme des Kindes in alle Bürgerrechte seiner Mutter zwar entbehrlich, aber nicht sinnlos. Solange das Bundesrecht ein mehrfaches Bürgerrecht der Mutter zulässt, ist nicht einzusehen, warum dasselbe bei der Tochter ausgeschlossen sein sollte.
Auch der Hinweis auf die in
Art. 5 BüG
vorgesehene Ordnung für das eheliche Kind eines ausländischen Vaters und einer schweizerischen Mutter legt keinen andern Schluss nahe. Die dortige Ordnung sieht vor, dass das Kind, das sonst staatenlos würde, das Bürgerrecht seiner Mutter bekommt (Abs. 1), es aber wieder verliert und das Bürgerrecht seines Vaters erwirbt, wenn dieser Schweizerbürger wird, bevor das Kind mündig ist (Abs. 3). Dieselbe Lösung hat das Bundesgericht als "nicht willkürlich" anerkannt für die Ehefrau eines Ausländers, die das Schweizerbürgerrecht beim Eheabschluss beibehalten hat, nach der Einbürgerung des Gatten es aber verliert und dafür dessen Kantons- und Gemeindebürgerrecht erwirbt (
BGE 77 I 131
ff.). Der Befund wäre bei freier Prüfung nicht anders ausgefallen.
Diese Ordnung entspricht dem traditionellen Prinzip der Einheit des Bürgerrechts in der Familie (
BGE 69 I 142
f.), das u.a. auch in
Art. 32 Abs. 1 und
Art. 33 BüG
zum Ausdruck kommt. Die Familie eines eingebürgerten Ausländers wird damit als Ganzes bürgerrechtsmässig nicht privilegiert, sondern gleichgestellt der Familie, deren Familienhaupt schon bei der Heirat Schweizer war.
Der Entscheid des EJPD stimmt auch überein mit der zivilrechtlichen Ordnung. Nach
Art. 161 Abs. 1 ZGB
erhält die Ehefrau beim Abschluss der Ehe alle Kantons- und Gemeindebürgerrechte des Mannes (LEMP, Kommentar, N. 8 zu Art. 161).
BGE 97 I 689 S. 693
Nach Art. 270 Abs. 1 erhält das eheliche Kind alle Kantons- und Gemeindebürgerrechte des Vaters (HEGNAUER, Kommentar, N. 41 zu Art. 270). Dasselbe gilt für das anerkannte oder mit Standesfolge zugesprochene Kind gemäss
Art. 325 Abs. 1 ZGB
; ebenso erhält das aussereheliche Kind alle Kantons- und Gemeindebürgerrechte seiner Mutter (
Art. 324 Abs. 1 ZGB
; HEGNAUER, N. 46 zu Art. 324).
Das Prinzip der Einheit des Bürgerrechts ist allerdings durchbrochen in einer Familie, wo das Familienhaupt Ausländer, seine Gattin aber Schweizerin ist. Umso mehr drängt es sich auf, dass wenigsten alle schweizerischen unmündige Familienglieder die selben Kantons- und Gemeindebürgerrechte haben wie die Mutter. Auf diese Weise wird das Prinzip wenigstens innerhalb des schweizerischen Teils der Familiengemeinschaft aufrecht erhalten.
b) An dieser Rechtslage ändern auch die Hinweise der Beschwerdeführer auf die
Art. 28 Abs. 1, 29 und 30 BüG
nichts. Bei der erleichterten Einbürgerung nach Art. 28 verhalten sich die Dinge gleich wie bei
Art. 27 BüG
.
Art. 29 BüG
stellt darauf ab, welche Kantons- und Gemeindebehörden den Ausländer als Schweizer behandelt haben. Im Fall der nachträglichen Option (
Art. 30 BüG
) kommt es auf das Kantons- und Gemeindebürgerrecht an, das der Gesuchsteller durch rechtzeitige Option erlangt hätte. Ob das auch mehrere Kantons- und Gemeindebürgerrechte sein können, braucht hier nicht erörtert zu werden.
c) Die Beschwerdeführer deuten selber Schwierigkeiten an, die auftreten können, wenn bei der erleichterten Einbürgerung eines Kindes zwischen den verschiedenen Bürgerrechten seiner schweizerischen Mutter gewählt werden müsste. Diese Probleme entstehen bei der vom EJPD getroffenen Lösung nicht.
d) Die Beschwerdeführer verweisen auf
BGE 91 I 390
, wo das Bundesgericht erklärt hat, das Prinzip der Einheit des Bürgerrechts in der Familie habe durch das BüG insgesamt verschiedene Einbrüche erfahren.
Im genannten Entscheid ging es darum, abzuklären, welche Folgen es habe, wenn das im Ausland geborene Familienhaupt die zur Beibehaltung des Schweizerbürgerrechts nach
Art. 10 BüG
vorgeschriebene Meldung oder Erklärung aus Rechtsunkenntnis oder Nachlässigkeit nicht rechtzeitig abgegeben hat. Es wurde dabei festgestellt, dass die Verwirkungsfolge gemäss Art. 57 Abs. 3 sich nicht erstrecke auf Kinder, die beim Inkrafttreten
BGE 97 I 689 S. 694
des BüG noch unmündig waren, sondern dass diese die Meldung oder Erklärung gemäss
Art. 10 BüG
selber noch bis zum erfüllten 22. Lebensjahr abgeben können.
Dabei ging es offensichtlich um ein sehr spezielles Problem des intertemporalen Rechts; es ist von der vorliegenden Streitsache so verschieden, dass daraus für sie nichts abgeleitet werden kann. Insbesondere folgt daraus nicht, dass die Einheit des Bürgerrechts nicht wenigstens gewahrt werden sollte unter den Familiengliedern, die Schweizer sind.
Die Beschwerdeführer können mithin nichts vorbringen, was zur Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung Anlass gäbe; diese verletzt Bundesrecht nicht. Die Beschwerde ist mithin abzuweisen. | public_law | nan | de | 1,971 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e280ec58-b810-43dd-8699-b025d2c6cb56 | Urteilskopf
91 II 344
50. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. November 1965 i.S. Fratelli Ambrosoli gegen Laubscher. | Regeste
Kaufvertrag über ein Motorfahrzeug.
Auslegung einer Garantieklausel, Überprüfungsbefugnis des Bundes gerichts (Erw. 1).
Garantiezusage, Begriff (Erw. 2 a).
Verhältnis der Garantiezusage zu den Gewährleistungsansprüchen. Anforderungen an den Ausschluss der letzteren (Erw. 2 b-d).
Rechtslage beim Nebeneinanderbestehen von Gewährleistungs- und Garantieansprüchen (Erw. 2 e).
Rechtslage bei Wegbedingung der Gewährleistung (Erw. 3).
Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften über die Erfüllung auf den Nachbesserungsanspruch (Erw. 3 a).
Nachfrist, Angemessenheit; Folgen zu kurz bemessener Nachfrist (Erw. 3 b).
Verzug mit Teilleistung, Folgen (Erw. 3 c).
Gattungs- oder Spezieskauf? (Erw. 4).
Wandelung oder Minderung? (Erw. 5). | Sachverhalt
ab Seite 345
BGE 91 II 344 S. 345
A.-
Der Kläger Hans Laubscher kaufte mit Vertrag vom 3. April 1964 von der Beklagten, der Auto-Handelsfirma Fratelli Ambrosoli in Zürich, ein fabrikneues Auto, Marke Rambler, Modell Classic, rot, zum Preis von Fr. 19 700.--. Diesen beglich er durch Barzahlung von Fr. 10 000.-- und Übergabe eines gebrauchten Autos, das die Beklagte zu Fr. 9700.-- an Zahlung nahm.
Ziffer 3 der auf dem Vertragsformular wiedergegebenen "Allgemeinen Verkaufsbedingungen" lautete:
"Garantie. Die Verkäuferin leistet für neue Fahrzeuge volle Fabrikgarantie laut spezieller Garantiepolice; weitergehende Ansprüche sind ausgeschlossen ..."
Eine Garantiepolice wurde dem Kläger jedoch nicht ausgehändigt.
Der Wagen wurde am 9. April 1964 dem Kläger übergeben, der ihn jedoch schon am folgenden Tage zurückbrachte und verschiedene Mängel rügte, so namentlich, dass der Motor im Leerlauf nicht rund drehe und auch sonst ruckartig laufe. Da es der Beklagten nicht gelang, die Störungen zu beheben, brachte der Kläger den Wagen am 14. und 27. April 1964 neuerdings zurück. Am 29. April schrieb er der Beklagten, falls das Fahrzeug bis am Abend des gleichen Tages nicht einwandfrei fahrbereit sei, werde er es ihr zur Verfügung stellen. Die Beklagte antwortete, es wäre zweckmässig, wenn der Wagen etwas gefahren würde, bis der Fabrikinspektor aus Frankfurt nach Zürich komme, um ihn zu prüfen. Diese Prüfung fand am 11. Mai 1964 statt, führte
BGE 91 II 344 S. 346
aber nicht zur Aufdeckung der Störungsursache. Der Kläger teilte daher am 15. Mai der Beklagten mit, er trete vom Kaufvertrag zurück und verlange die Rückerstattung des Kaufpreises. Die Beklagte lehnte sofort nach Empfang dieses Schreibens die Rückgängigmachung des Kaufes unter Hinweis auf die im Vertrag vorgesehene Fabrikgarantie ab; sie bemerkte, sie habe für die Instandstellung des Fahrzeugs den Fabrik-Service-Ingenieur aufgeboten; die schrittweise Eliminierung der Störungsursachen werde aber einige Zeit in Anspruch nehmen. Der Kläger hielt jedoch mit Schreiben seines Anwaltes vom 20. Mai 1964 am Rücktritt vom Vertrag fest. Ebenfalls am 20. Mai teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Mängel am Fahrzeug seien nun vollständig behoben. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass der Wagen statt mit einer Nockenwelle des Modells 1964 mit einer solchen des Modells 1962 ausgestattet worden war, die andere Ventilzeiten aufwies. Der Kläger weigerte sich jedoch, den Wagen zu übernehmen.
B.-
Mit Klage vom 29. Mai/3. November 1964 forderte der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von Fr. 20 000.-- nebst Verzugszins seit 21. Mai 1964; in der Replik setzte er seine Forderung auf Fr. 19 700.-- nebst Zins herab.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie machte geltend, durch Ziffer 3 des Kaufvertrags sei ihre Gewährleistungspflicht auf die Fabrikgarantie beschränkt und im übrigen ausgeschlossen worden. Aber auch ohne eine solche Aufhebung der Gewährpflicht stünde dem Kläger weder ein Wandelungsnoch ein Rücktrittsrecht zu, da der Mangel durch die Einsetzung der richtigen Nockenwelle behoben worden sei. - Im weiteren erhob die Beklagte Widerklage auf Feststellung, dass ihr der Kläger ab 1. Juli 1964 für die Unterbringung des Fahrzeugs bis zu dessen Abholung eine Entschädigung von Fr. 4.- pro Tag zu bezahlen habe.
C.-
Das Bezirksgericht Zürich wies mit Urteil vom 9. März 1965 die Klage ab und schützte die Widerklage, jedoch unter Herabsetzung der geschuldeten Entschädigung auf Fr. 2.- pro Tag. Es nahm an, die Garantieklausel schliesse eine Wandelung des Kaufvertrages aus; dem Kläger stehe lediglich der Anspruch auf Nachbesserung (Reparatur oder Instandstellung) der Sache durch die Beklagte zu; diesen habe die Beklagte erfüllt.
D.-
Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schützte mit Urteil vom 25. Mai 1965 die Klage und wies die Widerklage ab. Es kam zum Schlusse, nach der streitigen Garantieklausel
BGE 91 II 344 S. 347
habe der Kläger nicht endgültig, sondern nur vorläufig auf das Recht zur Wandelung verzichtet, in dem Sinn, dass dem Verkäufer zunächst Gelegenheit geboten werden müsse, allfällige Mängel der Sache zu beheben. Dieser vorläufige Verzicht falle aber dahin, wenn dem Käufer ein weiteres Zuwarten nach Treu und Glauben nicht zuzumuten sei. Da der Kläger der Beklagten den Wagen bis zum 15. Mai 1964 viermal erfolglos zur Behebung der Mängel überlassen habe, sei er zur Wandlung des Vertrags berechtigt gewesen; denn infolge ihrer Mängel habe der Kaufsache die Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch gefehlt. Die Ansetzung einer Nachfrist sei nicht nötig gewesen. Eine Ersatzlieferung komme nicht in Betracht.
E.-
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie beantragt, die Klage sei abzuweisen und die Widerklage in dem von der ersten Instanz geschützten Umfang gutzuheissen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung der Widerklage an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beklagte wirft der Vorinstanz Verletzung der Art. 197, 199, 205 und 206 OR vor; sie habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass die Bestimmungen von
Art. 197 OR
über die Gewährleistung gemäss Art. 199 dispositiver Natur seien und dass im vorliegenden Falle die Gewährspflicht der Verkäuferin durch die vertragliche Garantieklausel ausgeschlossen worden sei. Die Annahme der Vorinstanz eines bloss vorläufigen Verzichts auf Wandelung verletze daher Bundesrecht. Weiter wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung der Vorinstanz, der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, eine Nachfrist zur Behebung der Mängel anzusetzen; eine solche wäre nicht nutzlos gewesen, da die Beklagte ihre Pflicht zur Nachbesserung ausdrücklich anerkannt und erfüllt habe. Schliesslich macht die Beklagte geltend, Gegenstand des Vertrags sei eine vertretbare Sache, so dass der Kläger die Lieferung eines andern Fahrzeugs des gleichen Modells hätte fordern müssen; das habe die Vorinstanz zu Unrecht verneint.
Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die "spezielle Garantiepolice" ist weder dem Kläger übergeben, noch von der Beklagten im Prozess vorgelegt worden.
BGE 91 II 344 S. 348
Die Vorinstanz hat daher mit Recht die Tragweite der streitigen Garantieklausel durch blosse Auslegung ihres Wortlautes ermittelt. Diese Auslegung ist Rechtsfrage und daher vom Bundesgericht zu überprüfen (
BGE 87 II 236
und dort erwähnte Entscheide).
2.
a) Die Garantieklausel ist eine Nebenklausel des Kaufvertrages. Mit der Garantiezusage verpflichtet sich der Verkäufer in der Regel zur Realerfüllung in dem Sinne, dass der Käufer Anspruch auf Behebung allfälliger Mängel oder Herstellung zugesicherter Eigenschaften der Kaufsache haben soll. Ein solcher Nachbesserungsanspruch stünde dem Käufer auf Grund der gesetzlichen Gewährleistungsregeln nicht zu; diese geben ihm nur Anspruch auf Wandelung und allenfalls auf Schadenersatz oder auf Minderung des Kaufpreises (
Art. 205, 208 OR
). Die Garantie bezweckt somit regelmässig eine Besserstellung des Käufers gegenüber der gesetzlichen Ordnung (WITSCHI, Garantieklauseln und Garantiefristen im Kauf- und Werkvertrag nach schweizerischem Recht, Diss. Bern 1948, S. 25, 27, 48). Eine Garantiezusage des Verkäufers ist daher im allgemeinen geeignet, auf jeden Fall beim nicht juristisch gebildeten Käufer, den Eindruck zu erwecken, besser gestellt zu sein, als er es ohne eine solche wäre.
Die gesetzliche Gewährleistungsordnung ist allerdings dispositiven Rechts. Sie kann (abgesehen vom Falle der Arglist des Verkäufers;
Art. 199 OR
) vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Das muss aber als Ausnahme von der gesetzlichen Regelung im Vertrag klar zum Ausdruck kommen. Solche Vereinbarungen sind daher im Zweifel einschränkend auszulegen (BECKER, OR Art. 199 N. 1 i.f.). Das gilt in besonderem Masse, wenn die ganze oder teilweise Wegbedingung der Gewährspflicht im Zusammenhang mit einer Garantiezusage erfolgt, die nach dem oben Ausgeführten ihrer Natur nach eine Besserstellung des Käufers bedeutet.
b) Im vorliegenden Falle erweckt die Wendung, die Verkäuferin leiste "volle Fabrikgarantie", beim Durchschnittskäufer den Eindruck, nach allen Richtungen besonders gut gesichert zu sein. Die anschliessende Bemerkung, "weitergehende Ansprüche" seien ausgeschlossen, ist zu allgemein gehalten, als dass sie den Käufer auf den Gedanken bringen müsste, mit der Zustimmung zu der vom Verkäufer vorgeschlagenen Regelung begebe er sich seiner gesetzlichen Gewährleistungsansprüche,
BGE 91 II 344 S. 349
insbesondere des Rechts auf Wandelung. Die im vorliegenden Vertrag gebrauchte allgemeine Wendung des Ausschlusses "weitergehender Ansprüche" ist nicht eindeutig. Der Käufer konnte sie z.B. sehr wohl dahin verstehen, dass die Garantie auf die vom Verkäufer mündlich bekanntgegebene oder im Handbuch des Herstellers genannte Zahl gefahrener Kilometer oder auf eine bestimmte Zeit beschränkt sein sollte. Dass die Hersteller von Motorfahrzeugen und ihre Vertreter bei der Abgabe von Garantieerklärungen meist darauf ausgehen, als Gegenstück zur Nachbesserungspflicht einen Ausschluss oder eine Beschränkung der gesetzlichen Sachgewährleistung herbeizuführen, ist dem Durchschnittskäufer im allgemeinen nicht bekannt. Das trifft selbst dann zu, wenn er sich darüber Rechenschaft gibt, dass die Garantieklausel auch ihm eine Pflicht auferlegt, die Pflicht nämlich, vor der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen dem Verkäufer Gelegenheit zur Behebung der Mängel zu geben.
Die streitige Garantieklausel ist daher mangels der erforderlichen Klarheit nicht als Verzicht des Klägers auf die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche aufzufassen.
c) Die Garantieklausel verweist zwar auf eine "spezielle Garantiepolice". Selbst wenn man annehmen wollte, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, sich nach dieser zu erkundigen und ihre Aushändigung zu verlangen, wäre das Ergebnis kein anderes. Gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz hat die Beklagte nicht behauptet, die spezielle Garantiepolice schliesse die Gewährleistungsansprüche, insbesondere die Wandelung, ausdrücklich aus. Auch die Prüfung dieser Police hätte somit dem Kläger keine Klarheit darüber verschafft, dass mit dem Ausschluss "weiterer Ansprüche" die Aufhebung der gesetzlichen Gewährspflicht gemeint sei. Übrigens ist es fraglich, ob dem Kläger eine solche Erkundigungspflicht obgelegen hätte. Denn in Anbetracht des Eindruckes, den die Wendung "volle Fabrikgarantie" beim Durchschnittskäufer erweckt, ist der harmlos erscheinende und zweideutige Ausschluss "weiterer Ansprüche" geradezu irreführend, wenn damit die Wegbedingung der gesetzlichen Gewährspflicht beabsichtigt war.
d) Bedeutet aber der Ausschluss weitergehender Ansprüche keinen Verzicht des Klägers auf die Gewährleistungsansprüche, insbesondere auf das Recht der Wandelung, so wurde die Beklagte nicht in bundesrechtswidriger Weise beschwert dadurch,
BGE 91 II 344 S. 350
dass das Obergericht statt des von ihr behaupteten endgültigen nur einen vorläufigen Verzicht auf die Wandelung annahm.
e) Dass im übrigen die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Wandelungsanspruchs gegeben waren, steht ausser Zweifel. Der Käufer eines fabrikneuen Fahrzeugs darf erwarten, dass dieses störungsfrei funktioniert. Trifft dies nicht zu, so hat er zwar auf Grund der ihm aus der Garantieklausel erwachsenden Pflichten zunächst dem Verkäufer Gelegenheit zur Behebung der Störung zu geben. Der Verkäufer kann aber nach Treu und Glauben nicht verlangen, dass ihm dafür die ganze Dauer der Garantiefrist zur Verfügung stehe. Die Vereinbarung einer solchen bedeutet nur, dass der Verkäufer verpflichtet ist, innerhalb derselben auftretende Mängel zu verbessern. Gelingt es ihm nicht, eine Störung innert angemessener Frist nach ihrem Auftreten zu beseitigen, so kann der Käufer die Wandelung verlangen.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger der Beklagten im Zeitraum von 5 Wochen mehrmals Gelegenheit zur Behebung der Störungen gegeben, ohne dass dieses Ziel erreicht worden wäre. Ein weiteres Zuwarten war ihm nach Treu und Glauben nicht zuzumuten.
Die Beklagte macht geltend, das Fahrzeug habe nicht einen Mangel, sondern einen Konstruktionsfehler aufgewiesen, der sofort behoben werden konnte, als er endlich entdeckt wurde. Dieser Einwand hilft ihr nicht. Entscheidend ist einzig, dass das Fahrzeug wegen einer von ihr bzw. vom Hersteller zu vertretenden Ursache zu dem vorausgesetzten Gebrauch untauglich war. Auch ein Konstruktionsfehler, der diese Folge hat, ist daher ein Mangel im Rechtssinne.
3.
a) Selbst wenn aber gemäss der Behauptung der Beklagten die Gewährleistungsansprüche des Klägers und damit das Recht auf Wandelung wegbedungen worden wären, bliebe der Berufung der Erfolg versagt. In diesem Falle hätte der Kläger lediglich Anspruch auf die in der Garantie zugesagte Nachbesserung. Für die Durchsetzung dieses Nachbesserungsanspruches gelten die allgemeinen Bestimmungen von
Art. 97 ff. OR
über die Erfüllung, insbesondere Art. 102 (Inverzugsetzung) sowie Art. 107/8 (Rücktritt mit und ohne Fristansetzung) (WITSCHI op.cit. S. 50 f.).
b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat
BGE 91 II 344 S. 351
der Kläger der Beklagten das Fahrzeug viermal überlassen, um die unbestritten vorhandenen Störungen zu beheben. Das waren mehrfache Mahnungen im Sinne von
Art. 102 OR
, womit die Beklagte in Verzug geriet. Am 29. April 1964, d.h. zwei Tage nachdem der Kläger den Wagen zum dritten Mal zurückgegeben hatte, setzte er der Beklagten Frist bis zum selben Abend, um die Mängel zu beseitigen, "ansonst er gewungen wäre, das Fahrzeug zur Verfügung zu stellen", was die Beklagte zutreffend als Androhung des Rücktritts vom Vertrag verstand. Die angesetzte Frist mag auf den ersten Blick als sehr kurz erscheinen. In Anbetracht der Vorgeschichte, der erfolglosen Bemühungen der Beklagten während mehr als drei Wochen, und da sich der Wagen seit dem 27. April bereits wieder bei ihr befand, könnte die Frist gleichwohl als angemessen gelten. Die Frage kann jedoch offen bleiben. Denn der Kläger erklärte den Rücktritt ja nicht schon am 29. April, sondern erst am 15. Mai 1964. Der Beklagten standen somit mehr als zwei Wochen zur Verfügung, um die Sache in Ordnung zu bringen und den Wagen dem Kläger vor erfolgter Rücktrittserklärung auszuliefern. Eine zu kurze Nachfrist ist nämlich nach Lehre und Rechtsprechung nicht völlig unwirksam; sie ist in eine angemessene Frist umzudeuten, innerhalb welcher der Schuldner noch mit befreiender Wirkung erfüllen kann (BECKER, 2. Aufl., N. 23, und OSER/SCHÖNENBERGER, N. 15 zu
Art. 107 OR
;
BGE 29 II 251
). Von praktischer Bedeutung ist das Erfordernis der Angemessenheit der Nachfrist somit bloss in jenen Fällen, in denen der Schuldner innert einer angemessenen Nachfrist noch erfüllt hat (BECKER a.a.O.; ZBJV 41 S. 215). Das trifft hier nicht zu. Noch am 19. Mai 1964 rechnete die Beklagte gemäss ihrem Schreiben von diesem Tage damit, dass die schrittweise Eliminierung der Störungsursachen einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Dass sie dann am 20. Mai die Ursache des Mangels feststellte und diesen beheben konnte, ist belanglos. Selbst wenn man nämlich die am 29. April gesetzte Frist als zu kurz ansehen wollte, hätte eine angemessene Nachfrist auf keinen Fall mehr als 14 Tage betragen. Der vom Kläger am 15. Mai 1964 erklärte Rücktritt war daher nach
Art. 107 OR
zulässig. Ob sich gemäss der Auffassung der Vorinstanz sogar eine Nachfristansetzung wegen Nutzlosigkeit im Sinne von
Art. 108 Ziff. 1 OR
erübrigt hätte, kann dahingestellt bleiben.
c) Die Nachbesserungspflicht macht nur einen Teil der Leistung
BGE 91 II 344 S. 352
des Verkäufers aus. Der Verzug der Beklagten in ihrer Erfüllung berechtigte aber den Kläger gleichwohl zum Rücktritt vom ganzen Vertrag. Denn diese Teilleistung ist wesentlich und der Mangel betraf die Tauglichkeit der Kaufsache zum vorausgesetzten Gebrauch. Ohne Zusicherung dieser Teilleistung hätte der Käufer bestimmt nicht auf die gesetzliche Sachgewährleistung verzichtet. Der Vertrag ist daher nach den gegebenen Umständen als untrennbares Ganzes anzusehen, so dass der Rücktritt des Klägers zulässig war (BECKER, 2. Aufl., N. 46, und OSER/SCHÖNENBERGER, N. 38 zu
Art. 107 OR
). Die gegenteilige Lösung würde zu einer unerträglichen Schlechterstellung des Käufers führen, der im Vertrauen auf die Nachbesserungsgarantie den gesetzlichen Wandelungsanspruch aufgegeben hat. Er wäre nämlich gezwungen, die Reparatur zunächst auf eigene Kosten durch einen Dritten vornehmen zu lassen, um hernach vom Verkäufer Ersatz seiner Auslagen zu fordern. Bedenkt man zudem, dass im Autogewerbe nur der Markenvertreter über die Originalersatzteile verfügt, so kann nicht zweifelhaft sein, dass der Rücktritt vom ganzen Vertrag zulässig sein muss, sobald der Verkäufer wesentliche Mängel trotz seiner Nachbesserungspflicht nicht innert angemessener Frist behebt.
4.
In der Frage, ob man es mit einem Gattungskauf oder einem Spezieskauf zu tun habe, ist der Vorinstanz beizustimmen, dass ursprünglich ein Gattungskauf vorlag, der mit der Übergabe des Fahrzeuges an den Kläger in einen Spezieskauf umgewandelt wurde. Kaufgegenstand war ein Serienfahrzeug, das ohne Identifizierung durch Motor- und Chassis-Nummer lediglich nach Marke, Modell und Farbe, d.h. der Gattung nach, näher bezeichnet wurde. Da der Vorrat des Herstellers und Verkäufers an Fahrzeugen mit diesen Eigenschaften regelmässig begrenzt ist, handelte es sich um eine begrenzte Gattungsschuld. Mit der Übergabe des Fahrzeuges und des dazugehörenden Fahrzeugausweises, in dem Motor- und Chassis-Nummer angegeben waren, erfolgte jedoch eine genaue Bezeichnung, die den Kaufgegenstand zur Speziessache werden liess.
Aber selbst wenn weiterhin eine begrenzte Gattungsschuld vorgelegen hätte, wäre der Käufer nach
Art. 206 Abs. 1 OR
nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt gewesen, die Lieferung eines Ersatzwagens zu verlangen. Er verstiess daher entgegen der Meinung der Beklagten nicht gegen Treu und Glauben, wenn er kein solches Begehren stellte. Die Beklagte hätte
BGE 91 II 344 S. 353
zwar gemäss
Art. 206 Abs. 2 OR
sich durch die Lieferung eines Ersatzwagens befreien können; sie hat jedoch nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz dem Kläger nie ein Angebot dieses Inhalts gemacht.
5.
Die Parteien haben die Frage nicht aufgeworfen, ob nicht an Stelle der Wandelung auf eine blosse Minderung des Kaufpreises zu erkennen sei. Auch die Vorinstanz hat dazu nicht Stellung genommen, obwohl nach
Art. 205 Abs. 2 OR
der Richter befugt ist, statt der verlangten Wandelung nur die Minderung anzuordnen. Nach der Sachlage kommt eine solche jedoch nicht in Betracht. Denn es liesse sich schwerlich ermitteln, ob und inwieweit die Zurücklegung von ca. 2500 km mit einer nicht passenden Nockenwelle dem Motor geschadet hat. Vor allem aber könnte dem Kläger nicht zugemutet werden, für die im Falle blosser Minderung verbleibende Garantiezeit auf allfällige weitere Nachbesserungen der Beklagten angewiesen zu sein, nachdem er genötigt war, sein Recht auf dem Prozesswege zu suchen.
6.
Da das Wandelungsbegehren des Klägers begründet ist, bleibt für den von der Beklagten mit der Widerklage geltend gemachten Entschädigungsanspruch kein Raum.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. Mai 1966 bestätigt. | public_law | nan | de | 1,965 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e2813079-b004-4b54-8741-3e880521662a | Urteilskopf
111 V 77
19. Auszug aus dem Urteil vom 12. August 1985 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Basel-Landschaft gegen Matom AG und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft | Regeste
Art. 5 Abs. 4 AHVG
,
Art. 8 lit. c AHVV
: Jubiläumsgaben.
- Die den Arbeitnehmern anlässlich eines Firmenjubiläums ausgerichteten Geldleistungen stellen nur insoweit beitragsfreie Jubiläumsgaben dar, als sich die Zuwendungen im üblichen Mass solcher Vergabungen halten (Erw. 2b).
- Bei der Bestimmung des "üblichen Masses" sind neben der Höhe des Lohnes auch die von den Arbeitnehmern im jubilierenden Betrieb zurückgelegten Dienstjahre zu berücksichtigen (Erw. 3b). | Erwägungen
ab Seite 78
BGE 111 V 77 S. 78
Aus den Erwägungen:
2.
a) Nach
Art. 5 Abs. 1 und
Art. 14 Abs. 1 AHVG
werden vom Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, dem massgebenden Lohn, Beiträge erhoben. Als massgebender Lohn gemäss
Art. 5 Abs. 2 AHVG
gilt jedes Entgelt für in unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete Arbeit. Zum massgebenden Lohn gehören begrifflich sämtliche Bezüge des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängen, gleichgültig, ob dieses Verhältnis fortbesteht oder gelöst worden ist und ob die Leistungen geschuldet werden oder freiwillig erfolgen. Als beitragspflichtiges Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gilt somit nicht nur unmittelbares Entgelt für geleistete Arbeit, sondern grundsätzlich jede Entschädigung oder Zuwendung, die sonstwie aus dem Arbeitsverhältnis bezogen wird, soweit sie nicht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift von der Beitragspflicht ausgenommen ist (
BGE 107 V 199
,
BGE 106 V 135
Erw. 1).
Art. 5 Abs. 4 AHVG
bestimmt, dass der Bundesrat Sozialleistungen sowie anlässlich besonderer Ereignisse erfolgende Zuwendungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer vom massgebenden Lohn ausnehmen kann. Von dieser Befugnis hat der Bundesrat in
Art. 8 AHVV
Gebrauch gemacht. Nach dessen lit. c gehören u.a. die "Jubiläumsgaben" (bzw. die "besonderen Zuwendungen bei Firmenjubiläen" gemäss der ab 1. Januar 1984 geltenden Formulierung) nicht zum massgebenden Lohn.
b) Das Bundesamt für Sozialversicherung hat mit Rz. 89 ff. der Wegleitung über den massgebenden Lohn (gültig ab 1. Januar 1977) Verwaltungsweisungen erlassen und darin die vom massgebenden Lohn ausgenommenen Leistungen des Arbeitgebers anlässlich besonderer Ereignisse näher umschrieben. Laut Rz. 91 der Wegleitung gelten als Jubiläumsgaben nur Leistungen, "die den Arbeitnehmern zur Feier des langjährigen Bestehens des Unternehmens - frühestens 25 Jahre nach der Gründung und später in Abständen von mindestens 25 Jahren - ausgerichtet werden, das übliche Mass nicht übersteigen und grundsätzlich allen Arbeitnehmern gewährt werden".
Das Eidg. Versicherungsgericht hat in seiner Rechtsprechung mehrfach betont, dass es sich bei
Art. 8 lit. c AHVV
um eine Ausnahmevorschrift handelt (vgl.
BGE 107 V 201
mit Hinweisen; ZAK 1980 S. 530) und dass die dort genannten besonderen Zuwendungen -wie
BGE 111 V 77 S. 79
Jubiläumsgaben, Hochzeits- und Dienstaltersgeschenke - eindeutig Ausnahmecharakter haben und als solche nur anerkannt werden können, wenn sie ihrer Höhe nach Zuwendungen in üblichem Ausmass darstellen (EVGE 1964 S. 217 f.; ZAK 1968 S. 118 mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 101 V 6
Erw. 3c). Wiederholt hat das Gericht festgehalten, dass Jubiläumsgaben sowie Hochzeits- und Dienstaltersgeschenke insoweit nicht als beitragsfreie Zuwendungen betrachtet werden können, als sie den üblichen Wert von solchen Gaben übersteigen und daher ihren Grund nicht in erster Linie in den besonderen Ereignissen, sondern vorwiegend im Arbeitsverhältnis haben (EVGE 1965 S. 9 f., 1964 S. 217 f.; vgl. auch
BGE 101 V 4
f.). Die in der zitierten Wegleitung enthaltene Begrenzung von Jubiläumsgaben auf das "übliche Mass" steht daher mit der Rechtsprechung in Einklang und ist folglich nicht zu beanstanden.
3.
Streitig ist, ob bzw. in welchem Umfang die von der Beschwerdegegnerin anlässlich ihres 25jährigen Betriebsjubiläums ausgerichteten Zahlungen an ihre Arbeitnehmer Zuwendungen in üblichem Ausmass darstellen und demnach als beitragsfreie Jubiläumsgaben zu qualifizieren sind.
a) In ihrer Nachzahlungsverfügung erachtete die Ausgleichskasse - ausgehend von der Praxis bei Vermächtnissen des Arbeitgebers zugunsten der Belegschaft (
BGE 101 V 6
; vgl. auch EVGE 1964 S. 218 Erw. 2) - Zuwendungen in der Höhe eines Monatslohnes des jeweiligen Arbeitnehmers noch als übliche Jubiläumsgabe. In der erstinstanzlichen Vernehmlassung sowie in der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die Kasse Beträge im Umfang von zwei Monatslöhnen als übliches Mass anerkannt. Sie stützt sich dabei auf die das Dienstaltersgeschenk betreffende Rz. 91a Abs. 2 der Wegleitung über den massgebenden Lohn (in der bis 31. Dezember 1983 geltenden Fassung), welche - wie die frühere Rechtsprechung (vgl. ZAK 1968 S. 118) - diese Vergütungen in der Regel insoweit als beitragsfrei betrachtete, als sie das Doppelte eines Monatslohnes nicht überstiegen. Demgegenüber wendet sich die Vorinstanz - und sinngemäss die Beschwerdegegnerin - gegen eine schematische Bestimmung des üblichen Masses und erachtet die fraglichen Zuwendungen in vollem Umfang als beitragsfrei.
b) Im unveröffentlichten Urteil Stehelin & Cie. AG vom 17. Juni 1983 hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass "Jubiläumsgaben nicht nur in Abhängigkeit von der Höhe des
BGE 111 V 77 S. 80
Lohnes, sondern auch unter Mitberücksichtigung der von den Arbeitnehmern im jubilierenden Betrieb zurückgelegten Dienstjahre festgesetzt" zu werden pflegen und dass dies "bei der Auslegung des Begriffes der gemäss
Art. 8 lit. c AHVV
vom massgebenden Lohn ausgenommenen Jubiläumsgabe mitberücksichtigt werden" muss. Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass ein Arbeitnehmer, der während einer grösseren Anzahl von Jahren einer Firma die Treue gehalten hat, in der Regel auch mehr zu deren Gedeihen und Weiterbestand beigetragen hat als einer, welcher der Firma erst seit kurzem angehört. Eine solche, verbreiteter Übung entsprechende Gepflogenheit muss bei der Auslegung des Begriffs der Jubiläumsgabe neben der Lohnhöhe ebenfalls berücksichtigt werden.
c) Im vorliegenden Fall bewegten sich die von der Beschwerdegegnerin an ihre Arbeitnehmer ausgerichteten Zuwendungen zwischen Fr. 100.-- und Fr. 100'000.--. Ob diese Beträge nach den in Erw. 3b hievor dargelegten Grundsätzen sich in üblichem Mass halten und demnach als Jubiläumsgaben von der Beitragspflicht auszunehmen sind, lässt sich aufgrund der vorhandenen Akten nicht abschliessend beurteilen. Namentlich fehlen in den Unterlagen Angaben über die Anzahl Dienstjahre der einzelnen Arbeitnehmer sowie über die Höhe der damaligen Löhne. Auch ist nicht ersichtlich, welche Beträge in den vergangenen Jahren den einzelnen Arbeitnehmern jeweils als 13. Monatslohn, Gratifikation und dergleichen ausbezahlt worden sind. Sollten solche Zahlungen in den früheren Jahren stets ausgerichtet worden und nur im Jahre 1981 neben den "Jubiläumsgaben" nicht erfolgt sein, müssten sie als in den Jubiläumsgaben enthalten und insofern als massgebender Lohn erachtet werden. Diesbezüglich erweisen sich die tatsächlichen Feststellungen, welche die Vorinstanz ihrem Entscheid zugrundelegte, als unvollständig im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 OG
. Es ist Sache der Ausgleichskasse, die noch notwendigen Abklärungen vorzunehmen und hernach die Höhe der einzelnen Zuwendungen neu zu würdigen, um das übliche Mass der Jubiläumsgaben festzulegen. Dabei wird zu beachten sein, dass jedenfalls die Zahlung von Fr. 100'000.-- an den Arbeitnehmer X den Rahmen der übrigen Zuwendungen offensichtlich sprengt, was ein Indiz für die zumindest teilweise Ausrichtung von Gratifikationen und damit von beitragspflichtigem Lohn darstellt. Dies wird die Kasse bei der Ausscheidung von massgebendem Lohn und beitragsfreier Jubiläumsgabe zu berücksichtigen haben. | null | nan | de | 1,985 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e281ceab-23be-4325-b730-5fa93ee4dfd2 | Urteilskopf
93 III 84
15. Entscheid vom 29. Dezember 1967 i.S. Hinnen. | Regeste
Konkurs, Kollokationsplan
1. Eine Verfügung, durch welche die Konkursverwaltung eine zur Zeit der Konkurseröffnung bereits im Prozess liegende Forderung gegen den Gemeinschuldner abweist, statt sie gemäss Art. 63 Abs. 1 KV zunächst lediglich pro memoria im Kollokationsplan vorzumerken, ist nicht schlechthin nichtig, sondern nur innert der Frist von
Art. 17 Abs. 2 SchKG
anfechtbar. Beginn dieser Frist (Erw. 1).
2. Wird die Frist zur Beschwerde gegen eine solche Verfügung versäumt, so ist der Streit darüber, ob die betreffende Forderung bei der Verteilung der Konkursmasse zu berücksichtigen sei, im Kollokationsprozess nach
Art. 250 SchKG
auszutragen. Bedeutung des Rückzugs der vom Gläubiger eingeleiteten Kollokationsklage (Erw. 2).
3. Sind
Art. 207 SchKG
und Art. 63 KV auch auf Prozesse im Ausland anwendbar? (Frage offen gelassen; Erw. 3). | Sachverhalt
ab Seite 85
BGE 93 III 84 S. 85
A.-
Im Konkurs der Continental Uhrenfabrik AG, Sissach, liess Jürg Hinnen, Singapur, durch seinen damaligen Vertreter Dr. V. am 27. Oktober 1965 eine Forderung von Fr. 269'673.24 wegen mangelhafter Erfüllung eines Alleinvertretungsvertrags anmelden mit dem Bemerken, über diese Forderung werde in Singapur ein Prozess geführt.
Durch eingeschriebenen Brief an Dr. V. vom 5. Oktober 1966 wies die Konkursverwaltung diese Forderung unter Angabe der Gründe hiefür ab. Sie fügte bei, der Kollokationsplan, dessen Auflegung am 8. Oktober 1966 öffentlich bekanntgemacht werde, liege beim Konkursamt vom 10. bis 20. Oktober 1966 zur Einsicht auf; Klagen auf Anfechtung dieses Plans seien innert der gleichen Frist beim Gericht in Sissach anhängig zu machen.
B.-
Am 18. Oktober 1966 reichte Dr. V. für Hinnen, der inzwischen in die Schweiz zurückgekehrt war, beim Bezirksgerichtspräsidenten von Sissach Klage auf Zulassung der abgewiesenen Forderung in 5. Klasse ein. Mit Eingabe vom 30. Januar 1967 teilte Dr. V. dem Bezirksgerichtspräsidenten mit, Hinnen ziehe es vor, den Prozess in Singapur weiterzuführen; die Klage gegen die Konkursmasse werde daher "angebrachtermassen" zurückgezogen. Die Masse bezeichnete einen solchen Rückzug als "technisch nicht möglich", da kein anderes Gericht den Kollokationsstreit beurteilen könne, erklärte aber, sie sei damit einverstanden, dass der Kollokationsprozess trotz diesem Rückzug, der auf einem Rechtsirrtum beruhe, weitergeführt werde. Hinnen hielt jedoch durch Schreiben seines Anwalts vom 5. Juni 1967 am Rückzug der Klage angebrachtermassen fest. Am 16. Juni 1967 verfügte hierauf der Bezirksgerichtspräsident, das Verfahren werde als durch Rückzug der Klage erledigt abgeschrieben. Diese - im zweitletzten Satz des Dispositivs als rechtskräftig bezeichnete - Verfügung wurde nicht angefochten.
C.-
Unter Bezugnahme auf diese Verfügung teilte das Konkursamt Sissach Hinnen durch eingeschriebenen Brief vom 1. August 1967 mit, es schliesse sich der Auffassung des Bezirksgerichtspräsidenten an, wonach Hinnen mit dem Rückzug der Kollokationsklage als Gläubiger der behaupteten Forderung
BGE 93 III 84 S. 86
aus dem hängigen Konkursverfahren ausscheide und daher an einer Verteilung des Massevermögens nicht mehr partizipiere.
Gegen diese Verfügung liess Hinnen durch seinen neuen Anwalt Dr. G. Beschwerde führen mit den Anträgen:
"Es sei die Verfügung vom 1. 8. 1967 ... aufzuheben und
1. die Forderung von Fr. 269'673.24 im Konkurs zu kollozieren und fe stzustellen, dass der Beschwerdekläger mit dieser Summe an der Verteilung des Massevermögens partizipiert;
2. e ventualiter die Forderung von Fr. 269'673.24 im Kollokationspla ne pro memoria aufzuführen und bei positivem Ausgang des bei m High Court in Singapore gegenüber der Continental Uhrenfab rik AG Sissach am 30. 4.1964 anhängig gemachten Prozesses zu kollozieren und bis zu diesem Zeitpunkt mit dem definitiven Abschluss des Kollokationsplans zuzuwarten."
Am 6. November 1967 erkannte die kantonale Aufsichtsbehörde, die Beschwerde werde abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden könne.
D.-
Diesen Entscheid hat der Beschwerdeführer an das Bundesgericht weitergezogen. Er wiederholt in der Rekursschrift die im kantonalen Verfahren gestellten Anträge. Subeventuell beantragt er die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Er macht im wesentlichen geltend, seine Forderung habe gemäss Art. 63 Abs. 2 KV als anerkannt zu gelten, da die zweite Gläubigerversammlung nicht beschlossen habe, in den in Singapur hängigen Prozess einzutreten; die seine Forderung abweisende Verfügung des Konkursamtes vom 5. Oktober 1966 sei nichtig, weil sie gegen Art. 63 Abs. 1 KV verstosse; da es sich beim Kollokationsprozess um ein Inzidenzverfahren handle, sei auch die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten vom 16. Juni 1967 nichtig; eine rechtzeitig geltend gemachte Forderung könne nicht damit beiseite geschoben werden, dass man erkläre, die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 63 KV sei verspätet; dies um so weniger, als das Konkursamt dem Rekurrenten in der angefochtenen Verfügung selbst Frist zur Beschwerde gesetzt habe.
Das Bundesgericht weist den Rekurs ab.
Erwägungen
Erwägungen:
1.
Nach Art. 63 Abs. 1 KV sind streitige Forderungen, die im Zeitpunkte der Konkurseröffnung bereits Gegenstand eines Prozesses bilden, im Kollokationsplan zunächst ohne Verfügung der Konkursverwaltung lediglich pro memoria vorzumerken.
BGE 93 III 84 S. 87
Der Rekurrent ist der Meinung, seine Forderung falle unter diese Vorschrift und hätte daher nicht durch eine Kollokationsverfügung abgewiesen werden dürfen, wie es am 5. Oktober 1966 geschah; diese Rechtsverletzung könne er heute noch rügen, weil eine gegen Art. 63 Abs. 1 KV verstossende Verfügung nichtig sei.
Nichtig ist eine Verfügung, wenn sie gegen Vorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse eines unbestimmten Kreises Dritter aufgestellt und daher zwingend sind (
BGE 86 III 23
/24,
BGE 87 III 99
,
BGE 88 III 80
,
BGE 89 IV 79
Erw. 3). Art. 63 Abs. 1 KV gehört, wie schon in
BGE 86 III 24
dargelegt, nicht zu diesen Vorschriften, da die Art, wie eine zur Zeit der Konkurseröffnung bereits im Prozess liegende Forderung gegen den Gemeinschuldner im Kollokationsplan behandelt wird, nur für einen begrenzten Personenkreis - die Konkursgläubiger - von Bedeutung ist. Beschwerden wegen Verletzung von Art. 63 Abs. 1 KV sind daher bei Gefahr der Verwirkung des Beschwerderechts innert der Frist von
Art. 17 Abs. 2 SchKG
zu führen. Dabei macht es entgegen der Auffassung des Rekurrenten keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer einen Verstoss gegen Art. 63 Abs. 1 KV bei Behandlung seiner eigenen Forderung oder einen solchen bei der Behandlung von Forderungen anderer Gläubiger rügt.
Die Frist zur Beschwerde wegen Verfahrensfehlern, die bei der Aufstellung des Kollokationsplanes begangen worden sein sollen, läuft nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gleich wie die Frist für die Klage auf Anfechtung des Kollokationsplans (
Art. 250 SchKG
) für alle Beteiligten von der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung des Kollokationsplans an, sofern dieser nicht etwa erst später als in der Bekanntmachung angegeben aufgelegt wird (
BGE 56 III 226
,
BGE 71 III 182
f.; vgl. auchBGE 48 III 192; zum Begriff des Zeitpunktes der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung des Plans sieheBGE 62 III 203ff.). Wenn in
BGE 86 III 24
gesagt wurde, die Frist beginne mit dem Empfang der Anzeige von der Auflegung des Plans (d.h. mit dem Empfang der Anzeige im Sinne von
Art. 249 Abs. 3 SchKG
), so beruht das, wie das nachfolgende Zitat aus dem auf den Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung abstellenden EntscheideBGE 71 III 182f. zeigt, auf einem redaktionellen Versehen, das auf die damals getroffene Entscheidung keinen Einfluss hatte.
Innert der hienach massgebenden Frist hat sich der Rekurrent
BGE 93 III 84 S. 88
über die Art der Behandlung seiner Forderung im Kollokationsplan nicht beschwert. Er hat gegenteils innert der Frist des
Art. 250 Abs. 1 SchKG
Kollokationsklage eingeleitet. Die in der Beschwerde gegen die Verfügung vom 1. August 1967 erhobene Rüge, das Konkursamt habe bei der Aufstellung des Kollokationsplans Art. 63 Abs. 1 KV verletzt, ist daher wegen Verspätung nicht zu hören. Hieran kann selbstverständlich nichts ändern, dass das Konkursamt dem Rekurrenten in der eben erwähnten Verfügung Frist zur Beschwerde setzte. Damit wurde der Rekurrent nur auf die Möglichkeit hingewiesen, Beschwerde zu führen, um geltend zu machen, diese Verfügung selbst sei gesetzwidrig oder unangemessen.
2.
Die Versäumung der Frist zur Beschwerde gegen die Behandlung der Forderung des Rekurrenten im Kollokationsplan hatte zur Folge, dass der Streit darüber, ob diese Forderung bei der Verteilung der Konkursmasse zu berücksichtigen sei, auf dem Wege des Kollokationsprozesses im Sinne von
Art. 250 SchKG
auszutragen war. Die Entscheidung dieses Streites hängt also vom Ausgang des vom Rekurrenten beim Konkursgericht in Sissach eingeleiteten Prozesses ab. Das Ergebnis des in Singapur hängigen Prozesses muss, da die Auseinandersetzung über die Forderung des Rekurrenten durch eine rechtskräftig gewordene Anordnung des Konkursamtes in das Verfahren nach
Art. 250 SchKG
verwiesen wurde, im vorliegenden Konkursverfahren unberücksichtigt bleiben. Die zweite Gläubigerversammlung, die im allgemeinen über die Fortführung von hängigen Prozessen gegen den Gemeinschuldner zu entscheiden hat (Art. 63 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 48 KV;
BGE 49 III 17
,
BGE 83 III 77
,
BGE 88 III 45
) und die im vorliegenden Falle nach der Darstellung des Rekurrenten am 15. Dezember 1966 stattfand, hatte deshalb über die Fortführung des in Singapur hängigen Prozesses gegen die Gemeinschuldnerin nicht zu entscheiden. Der Rekurrent kann also daraus, dass die zweite Gläubigerversammlung keinen solchen Beschluss fasste und dass auch kein Gläubiger mit Bezug auf diesen Prozess ein Abtretungsbegehren im Sinne von
Art. 260 SchKG
stellte, nichts zu seinen Gunsten ableiten.
Der in Sissach eingeleitete Kollokationsprozess endigte damit, dass der Gerichtspräsident das Verfahren als durch Rückzug der Klage erledigt abschrieb. Diese Verfügung blieb unangefochten. Sie ist daher für die Konkursbehörden massgebend.
BGE 93 III 84 S. 89
Muss die Kollokationsklage des Rekurrenten als zurück gezogen gelten, so hat das Konkursamt mit Recht entschieden, der Rekurrent scheide als Gläubiger aus dem hängigen Kon kursverfahren aus und nehme deshalb an der Verteilung des Massevermögens nicht teil.
3.
Da der Rekurs schon daran scheitert, dass der Rekurrent die Frist für die Beschwerde gegen den Kollokationsplan versäumt hat und dass seine Kollokationsklage als durch Rückzug erledigt erklärt wurde, kann dahingestellt bleiben, ob
Art. 207 SchKG
und Art. 63 KV auf den Prozess in Singapur überhaupt anwendbar waren (vgl. hiezu JAEGER N. 2 zu
Art. 207 SchKG
, S. 66; SANDOZ, De l'effet de la faillite sur les procès du débiteur, Diss. Lausanne 1938, S. 49/50) und welche Wirkungen das in diesem Prozess ergehende Urteil an sich in der Schweiz entfalten könnte. | null | nan | de | 1,967 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e28422fe-81a2-43a0-8e48-367bf8811471 | Urteilskopf
80 III 7
3. Entscheid vom 6. März 1954 i. S. Rumänische Volksrepublik. | Regeste
Gläubigerbezeichnung (
Art. 67 Ziff. 1, 69 Ziff. 1 SchKG
).
Erfordernis einer klaren Bezeichnung. Die Verwendung eines Sammelnamens, der nicht die klare Bezeichnung einer parteifähigen Personenverbindung oder Vermögensmasse ist, sowie die Angabe eines Haupt- und eines Eventualgläubigers sind unzulässig. Verbesserung der Gläubigerbezeichnung in einer Arrestbetreibung nach Ablauf der Frist von
Art. 278 Abs. 1 SchKG
? Befugnis des Willensvollstreckers zur Eintreibung von Erbschaftsforderungen im eigenen Namen. | Sachverhalt
ab Seite 8
BGE 80 III 7 S. 8
Am 15. Mai 1953 erwirkte Fürsprecher L. für die "Erben des Dr. Alomir Elemer Katona, wohnhaft gewesen in Seini, Rumänien" in Zürich einen Arrestbefehl gegen Joseph Orban in Paris. Der Arrest wurde am 16. Mai vollzogen. Die Abschriften der Arresturkunde wurden am 23. Mai versandt. Am 27. Mai/3. Juni 1953 stellte Fürsprecher L. für die Arrestforderung von Fr. 34'500.-- unter Verwendung der im Arrestbefehl enthaltenen Gläubigerbezeichnung das Betreibungsbegehren. Mit Schreiben vom 4. Juni ersuchte ihn das Betreibungsamt Zürich 1 unter Hinweis auf das Kreisschreiben Nr. 16 des Bundesgerichts vom 3. April 1925, die Erben einzeln anzugeben. Am 17. Juli 1953 setzte es ihm hiefür Frist bis zum 31. Juli 1953. Am 30. Juli berichtete Fürsprecher L. dem Amte, die Erbschaft von Dr. Katona sei auf die Alomir Elemer Katona-Stiftung, Seini, übergegangen, deren Stiftungsrat aus dem Testamentsvollstrecker Dr. Ioan Pogacias, Notar in Satu Mare, und zwei weitern Personen bestehe; als Ersatzerbe figuriere im Testament von Dr. Katona der rumänische Staat; er ersuche deshalb das Amt, den Zahlungsbefehl zuzustellen und als Gläubiger anzugeben: "Alomir Elemer Katona-Stiftung, Seini, eventuell die Rumänische Volksrepublik, als Erben von Herrn Dr. Alomir Elemer Katona sel." Im übrigen hielt er an der schon in einem Schreiben vom 6. Juli bekundeten Auffassung fest, dass das Kreisschreiben vom 3. April 1925 nur für schweizerische, nicht auch für ausländische Erbschaften gelte.
Hierauf erliess das Betreibungsamt am 3./4. August 1953 den Zahlungsbefehl mit der Gläubigerbezeichnung: "Erben des Dr. Alomir Elemer Katona, wohnhaft gewesen in Seini, Rumänien: Alomir Elemer Katona-Stiftung, Seini, eventuell die Rumänische Volksrepublik" (Betreibung Nr. 4590).
BGE 80 III 7 S. 9
Mit Beschwerde vom 14. August 1953 beantragte der Vertreter des Schuldners die Aufhebung dieses Zahlungsbefehls wegen mangelhafter Gläubigerbezeichnung. Die untere Aufsichtsbehörde hob die Betreibung Nr. 4590 als nichtig auf. Gegen diesen Entscheid rekurrierte Fürsprecher L. für "die Erben bezw. die Erbschaft des Dr. Alomir Elemer Katona,... nämlich die Volksrepublik Rumänien" an die kantonale Aufsichtsbehörde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Beschwerde abzuweisen; eventuell sei das Betreibungsamt anzuweisen, dem Schuldner "einen neuen Zahlungsbefehl in der Arrestbetreibung Nr. 4590 zuzustellen, auf welchem lediglich die Rumänische Volksrepublik als Gläubigerin figuriert." Den abweisenden Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 12. Februar 1954 hat er unter Erneuerung des in zweiter Instanz gestellten Rechtsbegehrens an das Bundesgericht weitergezogen.
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.
Obwohl sich die Bezeichnung der rekurrierenden Partei im Ingress der Rekursschrift mit der Gläubigerbezeichnung im Zahlungsbefehl deckt, hat einzig die Rumänische Volksrepublik als Rekurrentin zu gelten; denn in der Rekursbegründung wird wie schon im Rekurs an die Vorinstanz erklärt, heute stehe fest, dass die Rumänische Volksrepublik die Erbin von Dr. Katona sei, und dementsprechend hat Fürsprecher L. die Rekursschrift auch bloss "Namens der Rumänischen Volksrepulik" unterzeichnet.
2.
Nach
Art. 67 Ziff. 1 SchKG
ist im Betreibungsbegehren u.a. der Name und Wohnort des Gläubigers anzugeben. Das gleiche gilt nach Art. 69 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 67 Ziff. 1 für den Zahlungsbefehl. Diese Angabe muss, wie das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung (
BGE 43 III 177
,
BGE 51 III 58
,
BGE 62 III 135
,
BGE 65 III 99
) und in seinem Kreisschreiben Nr. 16 vom 3. April
BGE 80 III 7 S. 10
1925 (
BGE 51 III 98
) festgestellt hat, so gefasst sein, dass sie jeden Zweifel darüber ausschliesst, wer als Gläubiger auftritt. Mangels einer klaren und unzweideutigen Bezeichnung ist die Betreibung nichtig. Diesen Grundsatz hat das Bundesgericht vor allem auf Betreibungen angewendet, wo eine nur mit einem Sammelnamen bezeichnete Mehrheit von Personen als Gläubiger erschien, in
BGE 62 III 134
ff. aber auch auf eine von einer unklar bezeichneten Einzelperson angehobene Betreibung. Eine Ausnahme ist nur in einem Falle gemacht worden, wo die in Betreibungsbegehren und Zahlungsbefehl enthaltene Gläubigerbezeichnung (Fürst & Cie.) lediglich insofern unklar war, als sie nicht erkennen liess, welche von zwei durch die gleiche Person als unbeschränkt haftende Gesellschaftterin bezw. Liquidatorin vertretenen, zueinander in einem Nachfolgeverhältnis stehenden Kommanditgesellschaften (Fürst & Cie. in Liq. oder A. B. Fürst & Cie.) gemeint war, und diese Unklarheit, die dem Schuldner keinen Nachteil verursacht hatte und von ihm erstmals im Aberkennungsprozess gerügt wurde, nachträglich beseitigt worden war (
BGE 65 III 97
ff.).
Im vorliegenden Falle erweist sich demnach auf jeden Fall die im Betreibungsbegehren vom 27. Mai 1953 enthaltene Gläubigerbezeichnung (Erben des Dr. Alomir Elemer Katona) als ungenügend. Diese Bezeichnung könnte, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, höchstens dann zugelassen werden, wenn angenommen werden dürfte, dass es sich dabei um die klare Bezeichnung einer Personenverbindung oder Vermögensmasse handle, die nach dem in dieser Beziehung massgebenden rumänischen Rechte partei- und prozessfähig ist. Dass es sich so verhalte, hat jedoch die Rekurrentin nicht behauptet, geschweige denn nachgewiesen.
Die - vom Betreibungsamt sinngemäss übernommene - Fassung, die Fürsprecher L. der Gläubigerbezeichnung im Schreiben vom 30. Juli 1953 gegeben hat (Alomir Elemer Katona-Stiftung, eventuell die Rumänische Volksrepublik,
BGE 80 III 7 S. 11
als Erben von Dr. Katona), ist ebenfalls nicht klar und eindeutig. Daraus, dass die Stiftung, "eventuell" die Rumänische Volksrepublik, als Gläubiger bezeichnet wird, ergibt sich, dass die beiden genannten Personen die in Betreibung gesetzte Forderung nicht als ihnen beiden zustehend geltend machen, sondern dass die Rumänische Volksrepublik nur für den Fall als Gläubigerin auftreten will, dass die Forderung nicht der Stiftung zustehen sollte. Den Schuldner in dieser Weise über die Person des betreibenden Gläubigers im ungewissen zu lassen, ist nicht angängig. Ob er weiss, wovon es abhängt, welche der beiden im Zahlungsbefehl genannten Personen die wirkliche Gläubigerin ist, spielt gar keine Rolle. Der Schuldner muss wissen, wer ihn betreibt. Diese Kenntnis kann für ihn bei der Entscheidung darüber, ob er Rechtsvorschlag erheben soll oder nicht, und im Hinblick auf eine allfällige Zahlung bedeutsam sein. Es ist mit der Möglichkeit zu rechnen, dass er die Forderung bestreiten oder anerkennen und bezahlen will, je nachdem sie vom einen oder andern Prätendenten geltend gemacht wird. In bedingter Form Rechtsvorschlag zu erheben, ist ihm nicht zuzumuten. Eine bedingte Zahlung brächte die Betreibung nicht zum Erlöschen (vgl.
BGE 74 III 25
). Aber auch wenn er die Forderung gegenüber beiden Prätendenten bestreiten will, hat er ein legitimes Interesse daran, von Anfang an genau zu wissen, wer ihm als betreibender Gläubiger gegenübersteht. Das Betreibungsamt seinerseits muss im klaren darüber sein, wer über den Fortgang der Betreibung verfügen (Begehren stellen oder auch die Betreibung ganz oder teilweise zurückziehen) kann und nach Vollstreckungsrecht auf einen allfälligen Erlös Anspruch hat. Auf Grund der vorliegenden Gläubigerbezeichnung kann es das nicht feststellen. Die Tatsache, dass der "Haupt-" und der "Eventualgläubiger" bei Einleitung der Betreibung durch den gleichen Anwalt vertreten waren, erlaubt nicht den Schluss, dass es für das Betreibungsamt gleichgültig sei, welchem von beiden die Rechte des betreibenden Gläubigers
BGE 80 III 7 S. 12
zukommen; denn in einem Falle, wo zwei Personen für eine Forderung, die einer von ihnen zusteht, gemeinsam Betreibung anheben, weil sie noch nicht angeben können, welche von ihnen die wirkliche Gläubigerin sei, besteht keine hinlängliche Gewähr dafür, dass beide bis zum Schluss des Verfahrens den gleichen Vertreter haben werden, wie im Falle
BGE 65 III 97
für die dort in Frage stehenden Gesellschaften angenommen werden durfte (vgl. S. 101). Es kann auch nicht etwa ohne weiteres erwartet werden, dass von zwei Prätendenten, die zunächst gemeinsam gegen den Schuldner vorgehen, der eine später bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses aus freien Stücken die Fortführung der Betreibung und den Anspruch auf den Erlös dem andern überlassen werde. Auch die im Schreiben vom 30. Juli 1953 enthaltene Gläubigerbezeichnung wird also den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht.
Der Hinweis der Rekurrentin auf die Möglichkeit einer Hinterlegung gemäss
Art. 168 OR
ist abwegig. Durch Hinterlegung kann der Betriebene die Betreibung nicht erledigen. Es bedürfte hiezu ausserdem eines Verfahrens nach
Art. 85 SchKG
. Der Schuldner darf jedoch keinesfalls in die Notwendigkeit versetzt werden, gerichtliche Verfahren einleiten zu müssen, nur weil der Gläubigervertreter bei Anhebung der Betreibung den Gläubiger nicht genau bezeichnen konnte.
Die Betreibung Nr. 4590 erweist sich demnach als nichtig, gleichgültig, ob man der Beurteilung die erste oder die zweite Fassung der Gläubigerbezeichnung zugrundelegt.
3.
Der Umstand, dass Fürsprecher L. nachträglich - erstmals im Rekurs an die Vorinstanz vom 21. November 1953 - die Erklärung abgegeben hat, es stehe nunmehr fest, dass die Rumänische Volksrepublik anstelle der (nicht zur Eintragung gelangten) Stiftung Universalerbin von Dr. Katona geworden sei, kann hieran nichts ändern. Man kann sich fragen, ob das Betreibungsamt überhaupt berechtigt gewesen sei, den Arrest aufrecht zu erhalten,
BGE 80 III 7 S. 13
obwohl innert der Frist von
Art. 278 Abs. 1 SchKG
kein gültiges Betreibungsbegehren gestellt worden war, und dem Gläubigervertreter Gelegenheit zu geben, die Gläubigerbezeichnung in der Betreibung Nr. 4590, die nur beim Bestehen eines gültigen Arrestes in Zürich durchgeführt werden konnte, nach Ablauf jener Frist zu verbessern. Diese Frage kann indes offen bleiben. Selbst wenn man sie nämlich bejaht, waren doch nur solche Verbesserungen beachtlich, die innert der vom Betreibungsamt angesetzten Nachfrist angebracht wurden. Die nachträgliche Verbesserung von Mängeln, die einer Arrestbetreibung anhaften, ohne zeitliche Beschränkung zuzulassen, kommt auf keinen Fall in Frage. Wenn das Amt dem Gläubigervertreter überhaupt erlauben durfte, die Gläubigerbezeichnung nach Ablauf der Prosequierungsfrist zu verbessern, war es also unzweifelhaft berechtigt, ihm hiefür eine peremtorische Frist zu setzen, wie es das am 17. Juli 1953 getan hat. Dass es bei der Bemessung dieser Frist das Gesetz verletzt habe, behauptet die Rekurrentin mit Recht nicht. Sie macht nur geltend, die Frist sei unangemessen kurz gewesen. Fragen der Angemessenheit kann das Bundesgericht nicht überprüfen (Art. 19 im Gegensatz zu Art. 17/18 SchKG). Im übrigen hätten allfällige Einwendungen gegen die Verfügung des Betreibungsamtes vom 17. Juli 1953 innert 10 Tagen durch Beschwerde geltend gemacht werden müssen, was nicht geschehen ist. Die Rekurrentin muss daher diese Verfügung, wonach die Nachfrist am 31. Juli 1953 ablief, gegen sich gelten lassen. Dem Eventualbegehren, mit dem verlangt wird, in der Betreibung Nr. 4590 sei ein neuer Zahlungsbefehl zu erlassen, der gemäss den Ausführungen im Rekurs an die Vorinstanz vom 21. November 1953 lediglich die Rumänische Volksrepublik als Gläubigerin nennt, kann deshalb nicht entsprochen werden, sondern es muss bei der Aufhebung der ganzen Betreibung sein Bewenden haben.
4.
Diese Entscheidung steht mit dem von der Rekurrentin angerufenen Präjudiz
BGE 53 II 208
f. keineswegs im Widerspruch. Es wäre allerdings möglich gewesen,
BGE 80 III 7 S. 14
dass der Testamentsvollstrecker von Dr. Katona die in Frage stehende, zum Nachlass von Dr. Katona gehörende Forderung in seinem eignen Namen geltend gemacht hätte (vgl. auch
BGE 54 II 200
,
BGE 59 II 122
). Hätte er dies getan und hätte das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl gleichwohl einfach auf den Namen der Erben oder mit der Gläubigerbezeichnung "Alomir Elemer Katona-Stiftung, eventuell Rumänische Volksrepublik, als Erben von Dr. Katona" ausgestellt, so hätte ein Begehren um Zustellung eines neuen Zahlungsbefehls mit dem Namen des Testamentsvollstreckers als Gläubigers nicht wegen Verspätung zurückgewiesen werden dürfen, auch wenn es mehr als 10 Tage nach Zustellung des anders lautenden Zahlungsbefehls gestellt worden wäre; denn wenn ein gültiges Betreibungsbegehren vorliegt, kann der Gläubiger jederzeit verlangen, dass der wegen mangelhafter Gläubigerbezeichnung nichtige Zahlungsbefehl durch einen mit dem Betreibungsbegehren übereinstimmenden gültigen ersetzt werde. Dass der Zahlungsbefehl auf den Namen des Testamentsvollstreckers ausgestellt werde, ist aber weder im Betreibungsbegehren noch im Schreiben vom 30. Juli 1953 verlangt worden. Der Testamentsvollstrecker ist im Betreibungsbegehren überhaupt nicht, im Schreiben vom 30. Juli 1953 nur als Mitglied des Stiftungsrates der Alomir Elemer Katona-Stiftung erwähnt. Das Betreibungsamt war weder berechtigt noch verpflichtet, diese Persönlichkeit, die der Gläubigervertreter selber gar nicht als Gläubiger bezeichnet wissen wollte, im Zahlungsbefehl als Gläubiger anzugeben. Es ist im übrigen mindestens zweifelhaft, ob ein auf den Testamentsvollstrecker als Gläubiger lautender Zahlungsbefehl zur Prosequierung des für die "Erben des Dr. Katona" erwirkten Arrestes getaugt hätte.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,954 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e285a0fb-3523-4119-a066-e4f4601966c8 | Urteilskopf
81 III 78
22. Sentenza 16 giugno 1955 nella causa Gähwiler e fiolio. | Regeste
Art. 7 lit. i der Verordnung des Bundesgerichts vom 19. Dezember 1910 betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte.
Ist zur Gültigkeit der Eintragung in jedem Falle die genaue Angabe der Verfalltermine der Raten unerlässlich? | Sachverhalt
ab Seite 78
BGE 81 III 78 S. 78
A.-
Mediante contratto 14 luglio 1954 la ditta Gähwiler e figlio a Crocifisso vendeva a Walter Oetiker un automobile marca IFA al prezzo di 5800 fr. con riserva della proprietà. Le parti stipulavano le seguenti condizioni di pagamento: "Fr. 2500.-- sofort bei Ablieferung, Rest bei monatlichen Raten von Fr. 140.-- auf 2 Jahre".
BGE 81 III 78 S. 79
L'Ufficio d'esecuzione di Locarno si rifiutava d'iscrivere il patto di riserva della proprietà perchè, contrariamente a quanto prescrive l'art. 7 lett. i del Regolamento 19 dicembre 1910 del Tribunale federale, non indicava la scadenza delle singole rate mensili o almeno quella della prima rata.
Contro questo rifiuto la venditrice interponeva reclamo, che era respinto dall'Autorità cantonale di vigilanza con decisione 16 maggio 1955.
B.-
La ditta Gähwiler e figlio si è aggravata alla Camera di esecuzione e dei fallimenti del Tribunale federale, chiedendo che sia annullata la decisione cantonale e ingiunto all'ufficio d'iscrivere il patto di riservata proprietà.
Erwägungen
Considerando in diritto:
A norma dell'art. 7 lett. i del Regolamento precitato del Tribunale federale, l'iscrizione d'un patto di riserva della proprietà deve menzionare: La scadenza del credito e, se furono pattuiti dei pagamenti rateali, anche gli importi delle diverse rate ed i rispettivi termini di scadenza. Si tratta quindi di sapere se l'indicazione della scadenza delle rate fosse in concreto una condizione essenziale per la validità dell'iscrizione. La risposta dev'essere negativa. Lo scopo perseguito dal legislatore con la disposizione citata è manifestamente quello di permettere al compratore e soprattutto al pubblico di rendersi conto esattamente delle condizioni in cui dev'essere soluto il residuo prezzo. Generalmente, le parti stabiliscono le modalità del pagamento delle rate in modo preciso; ciò non è però strettamente necessario. Un'indicazione come quella contenuta nel patto litigioso è indubbiamente sufficiente: essa precisa la scadenza del credito (in due anni, ossia il 14 luglio 1956, atteso che ovviamente il termine biennale comincia a correre dalla data del contratto); indica che la somma di 2500 fr. è pagata in contanti, circostanza dalla quale si desume facilmente che il residuo debito
BGE 81 III 78 S. 80
è di 3300 fr.; precisa infine che questo importo dovrà essere pagato mediante rate mensili di 140 fr. In siffatte condizioni appare eccessivo chiedere anche il termine di scadenza esatto della prima rata; dal testo del contratto si inferisce senz'altro ch'essa doveva essere pagata il 14 agosto 1954. Concedesi che le autorità di esecuzione non possono modificare le pattuizioni delle parti e debbono iscrivere un patto di riserva della proprietà cosí com'è notificato o, se non soddisfa le esigenze formali della legge, rifiutarne l'iscrizione. In concreto l'ufficio ha però fatto prova d'un formalismo eccessivo considerando che l'indicazione del termine di scadenza della prima rata fosse una condizione essenziale per l'iscrizione del patto.
Dispositiv
La Camera di esecuzione e dei fallimenti pronuncia:
Il ricorso è accolto e la querelata decisione 16 maggio 1955 dell'Autorità cantonale di vigilanza è annullata. All'Ufficio d'esecuzione di Locarno è ingiunto d'iscrivere il patto di riserva della proprietà a dipendenza del contratto di compravendita 14 luglio 1954. | null | nan | it | 1,955 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e2882272-ec3b-4e45-bd98-63a6da4a7efa | Urteilskopf
81 III 11
4. Entscheid vom 7. Februar 1955 i.S. Hudec. | Regeste
Unpfändbarkeit von Berufswerkzeugen.
Art. 92 Ziff. 3 SchKG
.
Eine Kleinfilmkamera kann heute in der Schweiz nicht als notwendiges Berufswerkzeug eines frei erwerbenden Ingenieurs gelten.
Übt der Schuldner seinen Beruf im Ausland aus, so liegt es ihm ob, allfällige dort bestehende Besonderheiten nachzuweisen. | Sachverhalt
ab Seite 11
BGE 81 III 11 S. 11
A.-
Gegen den Rekurrenten, der in den Vereinigten Staaten Wohnsitz hat, wurde an seinem zeitweiligen Aufenthaltsorte Zürich Arrest auf verschiedene Gegenstände und namentlich auf einen Photoapparat, Marke Kodak Retina I A, genommen. Über den vom Betreibungsamte Zürich 10 am 29. September 1954 vollzogenen Arrest beschwerte sich der Schuldner, mit dem Vorbringen, als frei erwerbender Ingenieur benötige er die (samt Lederetui auf Fr. 100.-- geschätzte) Kamera für technische Aufnahmen und zur Reproduktion von Zeichnungen, Patenten und Literaturauszügen nach dem Mikrofilm-System.
BGE 81 III 11 S. 12
B.-
Beide kantonalen Instanzen, die obere mit Entscheid vom 14. Januar 1955, lehnten den Unpfändbarkeitsanspruch ab.
C.-
Mit vorliegendem Rekurs hält der Schuldner an der Beschwerde fest. Er führt im wesentlichen aus:
"Ein Vervielfältigungsapparat ist für einen frei schaffenden Ingenieur unerlässlich, weil er unmöglich seine eigenen Zeichnungen und sonstigen Unterlagen so oft anfertigen kann, wie er sie benötigt. Ebenso wenig kann er sich alle erforderlichen Zeichnungen und Unterlagen, die aus andern Quellen stammen, selbst abzeichnen oder abschreiben. Es ist anders als bei andersartigen Berufen, wo solche Anforderungen nur gelegentlich auftreten.
Es handelt sich bei einem frei schaffenden Ingenieur auch nicht darum, wie die obere Aufsichtsbehörde angenommen hat, sich irgendwelche Archive anzulegen, sondern vielmehr um die Bereitstellung der für ihn notwendigen Informationen (in U.SA nennt man es künstliches Gedächtnis), die ihm jederzeit zur Verfügung stehen, die für ihn sofort greifbar sein müssen. Nur so kann er seine Konkurrenzfähigkeit erhalten."
Im übrigen bringt er vor, für die Arbeit an Forschungs- und Entwicklungsaufgaben sei ihm ein eigenes Vervielfältigungsgerät notwendiger als etwa einem Planungsingenieur. Er weist auf eine Entscheidung in BIZüR 28 Nr. 94 hin und fügt bei, in den Vereinigten Staaten müsse jeder Berufsmann über viel mehr technische Einrichtungen verfügen als in Europa.
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der angefochtene Entscheid fasst nur die in der Schweiz bestehenden Verhältnisse ins Auge und kommt zum Ergebnis, es sei hierzulande nicht allgemeine Gepflogenheit frei erwerbender Ingenieure, sich einer Kleinfilmkamera zu bedienen. "Sollten besondere Verhältnisse des Beschwerdeführers oder anders gestaltete Verhältnisse am Arbeitsorte (USA) zu einer andern Schlussfolgerung führen, so hätte der Beschwerdeführer sie darlegen müssen." In der Tat ist es nicht Aufgabe der schweizerischen Betreibungsbehörden, die grundsätzlich von Amtes wegen vorzunehmende Abklärung der für die Frage der Unpfändbarkeit
BGE 81 III 11 S. 13
nach
Art. 92 Ziff. 3 SchKG
massgebenden Tatsachen über das Gebiet der Schweiz hinaus auszudehnen (
BGE 57 III 17
). Und was der Schuldner nun in seinem Rekurs an das Bundesgericht über die in Amerika zur Berufsausübung erforderlichen technischen Einrichtungen vorbringt, kann als neue Behauptung nicht in Betracht fallen (Art. 79 Abs. 1 zweiter Satz OG).
Im übrigen ist der kantonalen Aufsichtsbehörde darin beizustimmen, dass eine Kleinfilmkamera für einen Ingenieur, anders als für einen Berufsphotographen, keines jener für die Berufsarbeit als solche unentbehrlichen Werkzeuge darstellt wie etwa Reisszeug und Zeichnungstisch. Es handelt sich um ein Hilfsmittel, das die berufliche Betätigung erleichtern kann, jedoch nicht als unentbehrlich erscheint, sofern die in diesem Berufsstand herrschenden Gepflogenheiten und die Konkurrenzverhältnisse nicht zu einer gegenteiligen Annahme führen. Dies ist aber nach der im wesentlichen auf der Feststellung von Tatsachen beruhenden, in rechtlicher Beziehung einwandfreien vorinstanzlichen Entscheidung nicht der Fall. Bei dieser Sachlage ist dem Rekurrenten in der Tat zuzumuten, sich die Einsichtnahme in allgemein zugängliches Material (Literatur Patenturkunden, Pläne usw.) jeweilen nach Bedarf zu verschaffen und, um sich eine allenfalls als wünschbar erscheinende zukünftige Benutzung zu erleichtern, mit Notizen, Abschriften und sonstigen Wiedergaben zu behelfen, ohne selber (mit eigener Kamera) solche auf photographischem Wege herzustellen.
Dass entgegen der vorinstanzlichen Entscheidung in der Schweiz bereits anerkannt sei, dass einem frei schaffenden Ingenieur eine Kleinfilmkamera als unentbehrliches Berufsgerät belassen werden müsse, trifft nicht zu. Der vom Rekurrenten angerufene Entscheid des zürcherischen Obergerichts (BIZüR 28 Nr. 94) bezieht sich gar nicht auf einen Photoapparat, sondern erklärt bloss die Schreibmaschine, nicht dagegen Schreibmaschinentischchen und -stuhl und Rollpult als unpfändbare Geräte eines frei
BGE 81 III 11 S. 14
erwerbenden Ingenieurs. Eine "Vervielfältigungsmaschine" (duplicateur) zur Herstellung einer grossen Anzahl von Zirkularen wurde einem Geschäftsvertreter als Kompetenzstück belassen, dem Gläubiger aber vorbehalten, ihm ein billigeres Ersatzstück zu verschaffen, um das andere in Pfändung behalten zu können (
BGE 59 III 240
). Daraus ist nichts zu Gunsten des Rekurrenten zu folgern. Er beansprucht als unpfändbar ein Vervielfältigungsgerät ganz anderer Art und zu anderem Zwecke (neben einer Schreibmaschine, die ihm als Kompetenzstück belassen worden ist). Dass er eine zahlreiche Kundschaft mit photographisch herzustellenden Skizzen usw. zu bedienen habe, ist nicht einmal behauptet. Was aber den Eigengebrauch (das vom Rekurrenten erwähnte künstliche Gedächtnis) betrifft, so ist ihm eine Kleinfilmkamera - nach schweizerischen Verhältnissen, auf die, wie dargetan, abgestellt werden durfte - nicht unentbehrlich.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen. | null | nan | de | 1,955 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e28db0b8-92b6-4b7d-a57b-fed3322c3a2a | Urteilskopf
126 V 212
36. Auszug aus dem Urteil vom 26. Mai 2000 i.S. Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Bau & Industrie (GBI) gegen B. und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern | Regeste
Art. 71a Abs. 1 und
Art. 71d Abs. 2 AVIG
: Förderung der selbstständigen Erwerbstätigkeit.
- Arbeitgeberähnliche Person. Für die Beurteilung der Frage, ob eine versicherte Person eine dauernde selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne von
Art. 71a Abs. 1 AVIG
aufnehmen will, kann nicht das AHV-beitragsrechtliche Statut allein massgebend sein. Als unterstützungswürdig im Sinne der
Art. 71a ff. AVIG
sind auch Bestrebungen einer versicherten Person zu betrachten, die ihr in einer von ihr mitzugründenden Firma, an der sie wesentlich mitbeteiligt ist, die Stellung einer arbeitgeberähnlichen Person verschaffen.
- Leistungsberechtigung. Nimmt die versicherte Person nach Bezug des letzten besonderen Taggeldes eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf oder hat sie sie zu diesem Zeitpunkt bereits aufgenommen, ist ihre Arbeitslosigkeit beendet und sie erhält - auch bei mangelnder Beschäftigung in ihrer neuen Tätigkeit - keine weiteren Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr. | Erwägungen
ab Seite 213
BGE 126 V 212 S. 213
Aus den Erwägungen:
2.
Nach
Art. 71a Abs. 1 AVIG
kann die Versicherung Versicherte oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Versicherte, die eine dauernde selbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen, durch die Ausrichtung von höchstens 60 besonderen Taggeldern während der Planungsphase eines Projektes unterstützen. (...).
a) Die
Art. 71a ff. AVIG
enthalten keine Definition der selbstständigen Erwerbstätigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage der Arbeitnehmereigenschaft in der Arbeitslosenversicherung (
Art. 2 Abs. 1 lit. a AVIG
) das formell rechtskräftig geregelte AHV-Beitragsstatut massgebend, sofern sich dieses nicht als offensichtlich unrichtig erweist (
BGE 119 V 158
Erw. 3a). Ein in einer Aktiengesellschaft als Angestellter bzw. als Organ mitarbeitender Aktionär gilt ungeachtet seiner Beteiligungsverhältnisse in der Gesellschaft grundsätzlich als Unselbstständigerwerbender. Dies gilt auch in Fällen, in welchen ein Allein- oder Hauptaktionär (formal)rechtlich Angestellter der von ihm beherrschten Firma ist (in ARV 1998 S. 13 ff. publizierte Erw. 5 des Urteils
BGE 123 V 234
).
Rein AHV-beitragsrechtlich dürfte dem Beschwerdegegner, der gemäss Businessplan vom 6. Oktober 1997 einer der beiden Hauptaktionäre, Mitglied des Verwaltungsrates sowie Geschäftsführer der Firma A. ist, demzufolge die Stellung als Arbeitnehmer zukommen, worüber indessen - soweit ersichtlich - die zuständige Ausgleichskasse noch nicht entschieden hat.
b) Für die Beurteilung der Frage, ob eine versicherte Person eine dauernde selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne von
Art. 71a Abs. 1 AVIG
aufnehmen will, kann hingegen nicht das AHV-beitragsrechtliche Statut allein massgebend sein, würde es doch ansonsten letztlich von der - aus welchen Gründen auch immer - gewählten Rechtsform der Firma abhängen, ob sie als Selbstständigerwerbende qualifiziert wird und damit in den Genuss der im Rahmen der zweiten Teilrevision des AVIG von 1995 neu eingeführten Leistungsart zur Förderung der selbstständigen
BGE 126 V 212 S. 214
Erwerbstätigkeit kommen kann. Diese neuen Bestimmungen bezwecken die Unterstützung von Arbeitslosen, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen wollen (BBl 1994 I 363). Als unterstützungswürdig im Sinne der
Art. 71a ff. AVIG
sind auch Bestrebungen einer versicherten Person zu betrachten, die ihr in einer von ihr mitzugründenden Firma, und bei der sie wesentlich mitbeteiligt ist, die Stellung einer arbeitgeberähnlichen Person (vgl. dazu
BGE 123 V 236
f. Erw. 7a) verschaffen. Eine solche Betrachtungsweise drängt sich umso mehr auf, als ansonsten in häufig vorkommenden Fällen, in welchen eine arbeitslose Person Allein- oder Hauptaktionär der von ihr im Hinblick auf die Verselbstständigung gegründeten und beherrschten Firma ist, diese nicht in den Genuss von besonderen Taggeldern käme, obwohl von einer Gesetzesumgehung nicht die Rede sein kann, wenn sie sich z.B. aus Gründen der Haftungsbeschränkung in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft konstituiert hat. Die Gleichbehandlung von Arbeitgeber und arbeitgeberähnlicher Person ist dem Arbeitslosenversicherungsrecht im Übrigen nicht fremd, haben doch - wie die Arbeitgeber selbst - auch Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten, nach
Art. 31 Abs. 3 lit. c,
Art. 42 Abs. 3 und
Art. 51 Abs. 2 AVIG
keinen Anspruch auf Kurzarbeits-, Schlechtwetter- sowie Insolvenzentschädigung und - in bestimmten Fallkonstellationen - auch keinen solchen auf Arbeitslosenentschädigung (vgl.
BGE 123 V 237
ff. Erw. 7b/bb).
3.
Strittig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdegegner nach dem Bezug besonderer Taggelder nach
Art. 71a Abs. 1 AVIG
weitere Ansprüche gegenüber der Arbeitslosenversicherung hat.
a) Die neue Leistungsart (
Art. 71a ff. AVIG
) kann ihrem Zweck entsprechend nur beansprucht werden, wenn die Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit voraussichtlich ganz beendet werden kann. Als Anspruchsvoraussetzung wird deshalb u.a. die Vorlage eines Grobprojekts zur Aufnahme einer wirtschaftlich tragfähigen und dauerhaften selbstständigen Erwerbstätigkeit verlangt (
Art. 71b Abs. 1 lit. d AVIG
). Dieses Kriterium der Dauer ist das Abgrenzungsmerkmal zum Zwischenverdienst in Form einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
BGE 126 V 212 S. 215
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz. 634). Nimmt die versicherte Person nach Bezug des letzten besonderen Taggeldes eine selbstständige Erwerbstätigkeit auf oder hat sie sie zu diesem Zeitpunkt bereits aufgenommen, ist ihre Arbeitslosigkeit beendet und sie erhält keine weiteren Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr (NUSSBAUMER, a.a.O., Rz. 647). Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst dann, wenn sie in ihrer neuen Tätigkeit unter mangelnder Beschäftigung steht, bezweckt doch das spezifische Taggeld nicht die Finanzierung der mangelnden Beschäftigung einer Person, die eine selbstständige Tätigkeit aufnimmt (SVR 1999 AlV Nr. 23 S. 56 Erw. 2a). Dem Umstand eines möglichen späteren Scheiterns des Unterfangens trägt der Gesetzgeber dadurch Rechnung, dass mit Aufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit die Rahmenfrist zum Leistungsbezug von zwei auf vier Jahre verlängert wird (
Art. 71d Abs. 2 AVIG
und
Art. 95e Abs. 2 AVIV
).
b) Vorliegend steht fest, dass der Beschwerdegegner unbestrittenermassen die projektierte selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinne des in Erw. 2b Dargelegten nicht nur aufgenommen hat, sondern diese auch weiterhin ausübt. Es bestehen keine Hinweise dafür, dass er sie als gescheitert betrachtet und endgültig aufzugeben gewillt ist. Mit dem Bezug des letzten besonderen Taggeldes wurde seine Arbeitslosigkeit nach dem Gesagten beendet und es besteht keinerlei Möglichkeit, weitere Taggeldleistungen von der Arbeitslosenversicherung zu beziehen. | null | nan | de | 2,000 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e28e7087-d006-4968-93bd-e52944928434 | Urteilskopf
103 Ib 324
53. Auszug aus dem Urteil vom 25. November 1977 i.S. Schad + Frey AG gegen Eidg. Militärdepartement | Regeste
Urheberrechte an Landeskarten; gesetzliche Grundlage der Gebühr für die Reproduktion von Landeskarten.
1. Felsdarstellungen in Landeskarten sind urheberrechtlich schützbare Werke im Sinne von
Art. 1 Abs. 2 URG
. Diese Urheberrechte gehen gemäss Art. 2 des Bundesgesetzes über die Erstellung neuer Landeskarten an den Bund über (E. 3).
2. Gemäss der Verordnung betreffend die Wiedergabe der eidg. Kartenwerke wird die Bewilligung zur Reproduktion von Landeskarten durch Verfügung erteilt. Der Bundesrat hätte sich aber auch entschliessen können, die Reproduktion durch privatrechtlichen Vertrag zu gestatten. Bei Gebühren, die für Leistungen erhoben werden, die wahlweise aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages oder aufgrund einer Verfügung erfolgen dürfen, kann die Kompetenz der Behörde, das Geschäft in der einen oder anderen Form zu tätigen, als ausreichende Grundlage für die Gebührenerhebung betrachtet werden. Gehen solche Gebühren jedoch über marktgerechte Preise hinaus, ist eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn erforderlich (E. 4, 5; Ergänzung der Rechtsprechung). | Sachverhalt
ab Seite 325
BGE 103 Ib 324 S. 325
Die Eidg. Landestopographie erteilte der Schad + Frey AG für die Herstellung einer Wanderkarte "Grindelwald" 1:25 000 eine einmalige Bewilligung zur Reproduktion und Veröffentlichung eines Ausschnittes aus dem Übersichtsplan 1:10 000. Sie wies dabei auf die Reproduktionsbedingungen und Gebühren hin. In der Folge druckte die Schad + Frey AG eine Vorauflage der Wanderkarte von 3000 Stück. Dafür stellte ihr die Eidg. Vermessungsdirektion Rechnung im Betrage von Fr. 1'114.35. Die Schad + Frey AG bestritt, einen so grossen Betrag zu schulden und bezahlte lediglich Fr. 430.--. Da die Eidg. Landestopographie der Meinung war, für die Wanderkarte sei neben dem Übersichtsplan auch die Landeskarte 1:50 000 (d.h. insbesondere deren Felsdarstellungen) verwendet worden, verlangte sie von der Schad + Frey AG zusätzlich Fr. 342.--. Für eine weitere Auflage der Wanderkarte von 40 000 Stück forderten die Vermessungsdirektion Fr. 14'858.-- und die Landestopographie Fr. 4'704.--. Da die Schad + Frey AG nur den genannten Betrag von Fr. 430.-- bezahlt hatte, beliefen sich die offenen Forderungen der eidgenössischen Ämter auf Fr. 20'588.35. In der Folge reichte die Eidg. Finanzverwaltung namens der
BGE 103 Ib 324 S. 326
Schweizerischen Eidgenossenschaft beim Appellationshof des Kantons Bern gegen die Schad + Frey AG eine Klage auf Bezahlung des ausstehenden Betrages ein. Der Appellationshof wies die Klage zurück und verwies die Eidgenossenschaft auf den Verwaltungsweg. Dieses Urteil wurde vom Bundesgericht mit Entscheid vom 25. November 1975 mit der Begründung bestätigt, die Eidgenossenschaft vereinbare die Benützungsbedingungen für Landeskarten mit Privaten nicht privatrechtlich, sondern trete diesen hoheitlich gegenüber. Sie habe darum gegen die Klägerin eine Verfügung zu erlassen.
Am 25. Mai 1976 auferlegte die Eidg. Landestopographie der Schad + Frey AG mit einer Verfügung eine Gebühr von Fr. 5'046.--, um damit die Benützung der Landeskarte 1:50 000 (Blatt 254, Interlaken) bei der Herstellung von 43 000 Stück Wanderkarten Grindelwald 1:25 000 abzugelten. Diese Verfügung focht die Schad + Frey AG ohne Erfolg beim Eidg. Militärdepartement an. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht sie im wesentlichen geltend, es sei unzulässig, dass die Eidg. Landestopographie die Erstellung von Karten von einer Bewilligung abhängig mache. Für Lizenzforderungen fehle ihr im übrigen eine gesetzliche Grundlage. Schliesslich handle es sich bei der Wanderkarte Grindelwald nicht um eine graphische Kopie der Landeskarte.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, der rechtserhebliche Sachverhalt sei mit dem Entscheid des Eidg. Militärdepartements vom 13. August 1976 unrichtig festgestellt worden. Es treffe nicht zu, dass es sich bei der Wanderkarte Grindelwald um eine graphische Kopie der Landeskarte handle. Demgegenüber hält das Eidg. Militärdepartement in seiner Vernehmlassung fest, es seien Teile der Landeskarte 1:50 000 verwendet worden. Ein Vergleich dieser Karte und der Prokifolien mit Ausschnitten aus der Wanderkarte zeige dies deutlich. Beispielsweise seien Felsdarstellungen der Wanderkarte aus der Landeskarte 1:50 000 übernommen und auf den Massstab 1:25 000 vergrössert worden.
Werden die Prokifolien mit Ausschnitten aus der Wanderkarte 1:25 000 mit den Prokifolien der entsprechenden, auf den Massstab 1:25 000 vergrösserten Ausschnitten aus der
BGE 103 Ib 324 S. 327
Landeskarte 1:50 000 zur Deckung gebracht, ergeben sich in der Tat Übereinstimmungen, die nur mit einer Übernahme von Kartenelementen durch die Beschwerdeführerin zu erklären sind. Insbesondere sind grosse Teile der Felsdarstellung aus der Landeskarte 1:50 000 übernommen worden. Ähnlichkeiten bei der Wiedergabe des "Hörnli", des "Mettenberg" und anderer Felsgebiete beruhen offensichtlich auf einer Kopie der Landeskarte 1:50 000.
3.
Das Bundesgesetz vom 21. Juni 1935 über die Erstellung neuer Landeskarten (SR 510.62) bestimmt in Art. 2, dass die Urheberrechte, die bei der Bearbeitung und Nachführung der neuen Landeskarten entstehen, an den Bund übergehen. Mit dieser Bestimmung wird kein eigenständiges Urheberrecht des Bundes an den Landeskarten geschaffen. Es wird vielmehr angeordnet, dass die von den Beamten und Angestellten erworbenen Urheberrechte von Gesetzes wegen an den Bund übergehen (vgl. die Botschaft des Bundesrates über die neuen Landeskarten vom 1. April 1935, BBl 1935 I, S. 645). In welchem Umfang Urheberrechte an Karten zugunsten des Bundes bestehen, ist aufgrund der Vorschriften des URG zu bestimmen.
Art. 1 Abs. 2 URG
anerkennt als urheberrechtlich geschützte Werke unter anderem "geographische, topographische und sonstige bildliche Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Natur". Es besteht somit kein Zweifel, dass topographische Karten grundsätzlich als schützbare Werke gelten. Im Gesetz wird jedoch nicht ausgeführt, in welchem Umfang ein Urheberrecht an Kartendarstellungen entstehen kann. Die Lehre gibt auf diese Frage ebenfalls keine eindeutige Antwort, denn es besteht keine völlige Übereinstimmung, inwieweit eine Kartendarstellung als die notwendige Folge der Vermessungsresultate zu betrachten ist und darum urheberrechtlich nicht geschützt werden kann und inwieweit sie als originelle Leistung gelten kann, die urheberrechtlichen Schutz verdient (vgl. TROLLER, Immaterialgüterrecht, 2. Aufl. 1968, Bd. I, S. 419 f.; KUMMER, Das urheberrechtlich schützbare Werk, 1968, S. 115 ff.).
Im vorliegenden Fall muss zu dieser Frage jedoch nicht grundsätzlich Stellung genommen werden. In der Lehre ist nämlich nicht bestritten, dass Felsdarstellungen wie die, welche von der Beschwerdeführerin der Landeskarte 1:50 000 entnommen worden sind, sich nicht in der Mitteilung von
BGE 103 Ib 324 S. 328
geographischen Gegebenheiten erschöpfen, sondern vom ästhetischen Gestaltungswillen des Kartographen abhängen. Solche Darstellungen lassen dem Kartographen eine grosse Freiheit in der künstlerischen Gestaltung und sind daher urheberrechtlich schützbare Werke.
Aufgrund dieser Ausführungen muss festgehalten werden, dass die Beschwerdeführerin durch die Übernahme von Elementen aus der Landeskarte 1:50 000 in ihre Wanderkarte das Urheberrecht des Bundes verletzt hat. Da die Eidg. Landestopographie der Beschwerdeführerin jedoch für die Benützung der Landeskarte Rechnung gestellt und sie später mit einer Gebühr belastet hat, kann davon ausgegangen werden, dass eine Bewilligung für die Benützung der Landeskarte, zumindest konkludent erteilt worden ist. Strittig ist nur die Entschädigung für diese Benützung.
4.
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, der vom Eidg. Militärdepartement erlassene Tarif für die Wiedergabe von Kartenwerken vom 28. Dezember 1972 (AS 1973, S. 194) könne sich nicht auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage stützen. Die Gebühr, welche die Landestopographie ihr in Anwendung dieses Tarifs auferlegt habe, sei daher widerrechtlich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts benötigen Gebühren, mit der Ausnahme der Kanzleigebühren, in ihren Grundzügen und ihrer Höhe nach der Verankerung in einem Gesetz im formellen Sinn (
BGE 101 Ib 75
,
BGE 99 Ia 700
E. 3a mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat jedoch in verschiedenen Entscheiden die Frage aufgeworfen, ob auf das Erfordernis der formellen gesetzlichen Grundlage nicht auch bei anderen Gebühren verzichtet werden könnte, da der Betroffene mit Rücksicht auf das Wesen der Gebühr sich stets auf das Kostendeckungsprinzip und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit bzw. der Äquivalenz berufen könne (
BGE 97 I 204
E. 5 und 348 E. 2a). Diese Frage blieb jedoch in den zitierten Entscheiden offen. Die Anforderungen an die formelle gesetzliche Grundlage wurde aber in
BGE 99 Ia 700
ff. E. 3 gelockert, als das Bundesgericht es im Falle einer kantonalen Fleischschaugebühr als ausreichend betrachtete, dass das formelle Gesetz den Grundsatz der Gebührenerhebung festlegte, während die nähere Ausgestaltung der Gebühr der Exekutive übertragen wurde. Zu diesem Ergebnis gelangte das Bundesgericht im Hinblick auf den rein technischen Charakter des aufzustellenden
BGE 103 Ib 324 S. 329
Tarifs, auf die Vielfältigkeit der in Frage kommenden Kriterien und auf die Notwendigkeit häufiger periodischer Anpassungen. Zudem wies es darauf hin, dass das blosse Wiederholen der schon von Verfassungs wegen geltenden Prinzipien der Kostendeckung und der Verhältnismässigkeit in einem formellen Gesetz wenig Sinn hätte, da die Behörde, die den detaillierten Tarif aufzustellen habe, ohnehin an diese gebunden sei.
In
BGE 100 Ia 139
ff. bestätigte das Bundesgericht die für die Fleischschaugebühr gewählte flexiblere Lösung. Gleichzeitig warf es die Frage auf, ob es genügen könne, dass in Fällen, wo sich die Leistung des Staates mit einer entsprechenden Leistung auf dem freien Markt vergleichen lasse, nur die Gebührenpflicht an sich in einem formellen Gesetz verankert sei, während die Ausgestaltung der Gebühr der Exekutive überlassen werde. Das Bundesgericht musste im genannten Entscheid diese Frage aber nicht entscheiden, weil keine Leistung des Staates zur Diskussion stand, die mit Leistungen auf dem freien Markt verglichen werden konnte. Die kantonale Behörde verlangte nämlich Gebühren für die Sondernutzung eines Seeufers, d. h. für die öffentliche Sache, für welche kein Marktpreis besteht. Das Bundesgericht erachtete es in diesem Fall auch darum nicht als gerechtfertigt, eine Ausnahme vom Erfordernis der formellen gesetzlichen Grundlage zu machen, weil es der Ansicht war, die strittige Gebühr nähere sich wegen der Unbestimmtheit der für ihre Festlegung anwendbaren Kriterien und wegen ihrer Höhe den Steuern. Nach der Rechtsprechung darf die Bemessung der Benützungsgebühr (im Gegensatz zur Verwaltungsgebühr) ohne Rücksicht auf das Kostendeckungsprinzip vorgenommen werden und einen Überschuss ergeben. Ist eine Benützungsgebühr aber in solcher Weise festgesetzt worden, erachtet es die Rechtsprechung in besonderem Mass als gerechtfertigt, am Erfordernis der formellen gesetzlichen Grundlage festzuhalten (
BGE 102 Ia 403
).
Die neueste bundesgerichtliche Rechtsprechung zeigt, dass das Erfordernis der formellen gesetzlichen Grundlage von Gebühren gelockert worden ist. Aus den zitierten Entscheiden kann eine gewisse Differenzierung der Anforderungen an die gesetzliche Grundlage je nach den in Frage stehenden, vom Staat zu erbringenden Leistungen herausgelesen werden. Eine Herabsetzung der Anforderungen an die gesetzliche Grundlage erscheint nach der Rechtsprechung insbesondere dort als zulässig,
BGE 103 Ib 324 S. 330
wo dem Bürger die Überprüfung der Gebühr auf ihre Rechtmässigkeit anhand anderer verfassungsmässiger Prinzipien ohne weiteres offen steht, nicht aber, wenn spezifisch der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt. Das Legalitätsprinzip darf bei der Gebührenerhebung weder seines Gehalts entleert werden, noch auf der anderen Seite in einer Weise überspannt werden, dass es mit der Rechtswirklichkeit und dem Erfordernis der Praktikabilität in einen unlösbaren Widerspruch gerät.
Von diesem Stand der Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall auszugehen. Demgegenüber stützt die Beschwerdeführerin ihre Auffassung, die Gebühr für die Wiedergabe von Landeskarten habe keine ausreichende gesetzliche Grundlage, auf ein privates Gutachten vom 20. August 1962. Seit dieses Gutachten verfasst worden ist, hat sich die Rechtsprechung betreffend die gesetzliche Grundlage von Gebühren jedoch im erwähnten Rahmen weiterentwickelt. Darum kann in dieser Hinsicht heute nicht mehr auf das vorgelegte Gutachten abgestellt werden.
5.
a) Das Bundesgesetz über die Erstellung neuer Landeskarten enthält keine Bestimmung über die für die Wiedergabe der eidgenössischen Kartenwerke zu erhebenden Gebühren. Die Gebührenpflicht und die Höhe der Gebühren werden dem Grundsatz nach erst in der Verordnung des Bundesrates vom 18. Dezember 1953 betreffend die Wiedergabe der eidg. Kartenwerke (AS 1953, S. 1066) geregelt. Nach Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung werden für die Erteilung von Bewilligungen für die Reproduktion von Landeskarten Gebühren erhoben, deren Höhe dem Umfang und der Bedeutung der Wiedergabe entsprechen. Mit der Festsetzung des Gebührentarifs wird in Art. 7 Abs. 2 der Verordnung das Eidg. Militärdepartement betraut. Dieses hat am 28. Dezember 1972 einen Tarif für die Wiedergabe von Kartenwerken erlassen, der seit dem 1. Januar 1973 in Kraft ist (AS 1973, S. 194). Die Eidg. Landestopographie verfügt somit über keine gesetzliche Grundlage im formellen Sinn, wenn sie Gebühren für die Reproduktion von Landeskarten erhebt.
Art. 1 des Bundesgesetzes über die Erstellung neuer Landeskarten ermächtigt den Bund aber unter anderem, die neuen Landeskarten zu "veröffentlichen". In Art. 3 Abs. 2 wird der Bundesrat ferner beauftragt, Bestimmungen über die "Abgabe"
BGE 103 Ib 324 S. 331
der Karten zu erlassen. Diese Bestimmungen machen deutlich dass der Bund seine Landeskarten, die er primär für militärische Zwecke erstellt auch dem privaten Gebrauch zugänglich machen will (vgl. die Botschaft des Bundesrates über die neuen Landeskarten, BBl 1935 I, 625 ff.; ferner Art. 3 der Verordnung über die Obliegenheiten der Eidg. Landestopographie vom 10. Mai 1972, SR 510.61).
b) Im genannten Bundesgesetz über die Erstellung neuer Landeskarten wird nicht festgelegt, auf welche Weise die Landeskarten den interessierten Kreisen zugänglich gemacht werden sollen. Insbesondere schweigt das Gesetz darüber, wie der Bund über sein aufgrund des URG bestehendes Urheberrecht an Landeskarten zu verfügen hat. Dem Gesetz kann darum kein Hinweis darüber entnommen werden, ob der Bund den Privaten die Reproduktion von Landeskarten durch den Abschluss von privatrechtlichen Verträgen oder aufgrund von öffentlichrechtlichen Verfügungen gestatten soll.
Soweit der Bund die Landeskarten für seinen eigenen, vor allem militärischen Gebrauch herstellt, gehören die Urheberrechte an diesen Karten zu seinem Verwaltungsvermögen. Auch wenn die Landeskarten, wie der Bundesrat in der zitierten Botschaft ausführte, trotz ihres militärischen Ursprungs, "durch Schule, Sport, Technik und wissenschaftliche Verbände zum allgemeinen Volksgut" geworden sind (BBl 1935 I, S. 625), kann die Versorgung der Bevölkerung mit Karten nicht als eigenständige Bundesaufgabe betrachtet werden. Der Verkauf von Karten ist vielmehr ein Nebenprodukt der Kartenherstellung für den eigenen Gebrauch des Bundes. Noch weniger erfüllt der Bund eine öffentliche Aufgabe, wenn er Privaten Urheberrechte an Landeskarten für Reproduktionen überlässt. Die Übertragung der Urheberrechte dient dem Bund vor allem durch die damit erzielten Einnahmen. Sie ist somit eine Materie, die vom Bund kein hoheitliches Handeln erfordert. Die Urheberrechte können vielmehr durch privatrechtliche Verträge übertragen werden (vgl. das Gutachten der Eidg. Justizabteilung in VEB 31, 1962-63, Nr. 117, S. 226 f.; ALFRED SCHÄRLI, Die Gebühren des Bundes, Diss. Zürich 1955, S. 101; dieser Autor ist der Ansicht, das Entgelt für die Bewilligung der Reproduktion von Landeskarten stelle notwendigerweise eine privatwirtschaftliche Einnahme des Bundes dar).
Ein öffentlichrechtliches Verfahren, d.h. die Möglichkeit,
BGE 103 Ib 324 S. 332
einseitig zu verfügen, kann in einem Fall wie dem vorliegenden aber dennoch sinnvoller sein als eine privatrechtliche Regelung. Da eine Vielzahl von parallelen Fällen behandelt werden muss, ist die Möglichkeit, hoheitlich zu handeln, verwaltungsökonomischer. Eine Erledigung der Geschäfte durch Verfügung gewährleistet zudem besser als ein privatrechtliches Verfahren eine rechtsgleiche Behandlung der Privaten. Es kann der Behörde daher grundsätzlich nicht verwehrt sein, die Abwicklung solcher, eigentlich privatrechtlicher Geschäfte ins öffentliche Recht zu verlegen.
Bei dieser Sachlage durfte der Bundesrat nach pflichtgemässem Ermessen die ihm als zweckmässig erscheinende Regelung für die Übertragung von Urheberrechten an Landeskarten wählen. Er hat dies mit seiner Verordnung betreffend die Wiedergabe der eidgenössischen Kartenwerke getan und sich für ein öffentlichrechtliches Verfahren in dieser Materie entschieden. Der Auffassung der Eidg. Justizabteilung, die Übertragung von Urheberrechten an Private erfolge trotz der Regelung in der bundesrätlichen Verordnung durch privatrechtliche Verträge, kann nicht gefolgt werden (vgl. das erwähnte Urteil des Bundesgerichts i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen die Schad + Frey AG vom 25. November 1975).
c) Wenn der Bundesrat die Übertragung der Urheberrechte an Landeskarten privatrechtlich geregelt hätte, könnte der Private nicht eine formell gesetzliche Grundlage für die Preise solcher Übertragungen verlangen. Er hätte nur Anspruch darauf, dass die Behörde bei der Abwicklung des Geschäftes nach Grundsätzen, d.h. nach pflichtgemässem Ermessen handelt (
BGE 67 I 293
f. E. 2; Imboden/Rhinow, Verwaltungsrechtsprechung I, Nr. 47 B II c). Bei einer öffentlichrechtlichen Regelung des gleichen, wahlweise öffentlichrechtlich oder privatrechtlich zu regelnden Sachverhaltes erscheint es nicht als gerechtfertigt, dem Privaten einen wesentlich höheren Schutz zu gewähren als bei einer privatrechtlichen Abwicklung des Geschäftes. In einem solchen Fall dürfen nicht die strengen Anforderungen an die gesetzliche Grundlage der Gebühr gestellt werden, wie wenn die Materie notwendigerweise hoheitlich geregelt werden muss. In dieser Hinsicht ist die Rechtsprechung betreffend die gesetzliche Grundlage von Gebühren zu ergänzen.
Bei der öffentlichrechtlichen Regelung von Geschäften, die
BGE 103 Ib 324 S. 333
auch durch privatrechtliche Verträge getätigt werden könnten, darf die Gebühr in ähnlicher Weise festgesetzt werden wie ein Preis bei der privatrechtlichen Abwicklung des gleichen Geschäftes. Darum kann bei Gebühren, die den Preisen eines privatrechtlichen Geschäftes entsprechen, die Kompetenz der Behörde, das Geschäft (sei es auf privat- oder öffentlichrechtlicher Basis) zu tätigen, als ausreichende Grundlage für die Gebührenerhebung betrachtet werden. Bei der privatrechtlichen Regelung einer Materie ist nicht zu beanstanden, dass die anzuwendenden Preise in Form einer Preisliste durch die Exekutive oder eine dieser untergeordneten Behörde festgesetzt werden. Darum darf bei der hoheitlichen Abwicklung eines wahlweise privat- oder öffentlichrechtlich regelbaren Geschäftes eine analoge Festsetzung der Gebühr ebenfalls als ausreichend betrachtet werden. Infolgedessen kann im vorliegenden Fall nicht beanstandet werden, dass Art. 7 der Verordnung betreffend die Wiedergabe der eidgenössischen Kartenwerke nur einige allgemeine Grundsätze der Gebührenerhebung enthält, die Ausgestaltung des Gebührentarifs aber dem Eidg. Militärdepartement übertragen wird. Somit muss die Grundlage der Gebühr, welche als Entgelt für die Bewilligung der Reproduktion von Landeskarten verlangt wird, grundsätzlich als ausreichend betrachtet werden.
d) Bei der Aufstellung des Gebührentarifs für Leistungen, welche in der genannten Weise wahlweise in einem öffentlich- oder privatrechtlichen Verfahren erbracht werden können, muss sich die Behörde an den Preisen orientieren, die auf dem freien Markt für die gleiche Leistung verlangt werden könnten. Im vorliegenden Fall war das Eidg. Militärdepartement in der Lage, dies zu tun, da die von der Eidg. Landestopographie erbrachten Leistungen wirtschaftlich bewertbar sind, und der Bund über kein Monopol auf dem Gebiet der Kartenherstellung verfügt (vgl. die zitierte Botschaft, a.a.O., S. 644 f.).
Sobald aber die Gebühren über marktgerechte Preise hinausgehen, können sie nicht mit einem Entgelt verglichen werden, das mit einem privatrechtlichen Vertrag auf dem freien Markt vereinbart worden wäre. In einem solchen Fall fehlt die Ähnlichkeit zwischen der hoheitlichen und der privatrechtlichen Erledigung eines Geschäftes, welche eine Herabsetzung der Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen der Gebühr rechtfertigt. Darum muss für Gebühren, die über einen
BGE 103 Ib 324 S. 334
marktgerechten Preis hinausgehen, eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn verlangt werden, auch wenn die Behörde grundsätzlich die Wahl hat, das Geschäft privatrechtlich oder durch eine Verfügung abzuwickeln.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen. | public_law | nan | de | 1,977 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e2902d00-3939-4c58-b0cc-d2e1efe13950 | Urteilskopf
108 Ib 53
8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. März 1982 i.S. Grossen gegen Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Raumplanung; Ausnahmebewilligung.
Begriff der teilweisen Änderung im Sinne von
Art. 24 Abs. 2 RPG
. Bedeutung für die Auslegung und Anwendung des kantonalen Ergänzungsrechts. | Sachverhalt
ab Seite 53
BGE 108 Ib 53 S. 53
Hans Grossen ist Eigentümer eines 1760 m2 grossen Grundstücks im Weiler Unterbach, Gemeinde Meiringen. Die ausserhalb der Bauzone gelegene Parzelle ist mit einem älteren Bauernhaus überbaut, das einen Wohn- und einen Ökonomieteil mit Stall umfasst.
Im Jahre 1979 begann Hans Grossen ohne Bewilligung einen Teil des Ökonomietrakts abzubrechen und durch einen Anbau zu ersetzen, der die bisherigen Gebäudemasse teilweise überschreitet. Er beabsichtigt, im Erdgeschoss eine Garage sowie eine Zweizimmerwohnung und im Obergeschoss ein Einzimmerstudio einzurichten. Auf Verlangen der Behörden stellte er ein nachträgliches Baugesuch, das vom zuständigen Regierungsstatthalter und auf Beschwerde hin vom Regierungsrat des Kantons Bern abgewiesen wurde. Das darauf angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Bern erachtete die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung als nicht erfüllt und wies die Beschwerde mit Urteil vom 15. Juni 1981 ab.
BGE 108 Ib 53 S. 54
Gegen diesen Entscheid führt Hans Grossen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Erteilung der nachgesuchten Ausnahmebewilligung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) überlässt es dem kantonalen Recht, die Erneuerung, die teilweise Änderung und den Wiederaufbau von Bauten und Anlagen zu gestatten, sofern dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Der Kanton Bern hat von dieser Ermächtigung in Form von Art. 3 Abs. 2 lit. b der regierungsrätlichen Verordnung zur vorläufigen Einführung des Bundesgesetzes über die Raumplanung im Kanton Bern vom 19. Dezember 1979 (EV RPG) Gebrauch gemacht. Diese Bestimmung lautet:
"2 Ausnahmen von den Nutzungsvorschriften der Landwirtschaftszone
können bewilligt werden für
a) ...;
b) die Erneuerung, die teilweise Änderung oder den Wiederaufbau von Bauten und Anlagen, wenn das mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist."
Diese kantonale Ausführungsvorschrift wiederholt im wesentlichen die Aussage von
Art. 24 Abs. 2 RPG
.
b) Ob ein Bauvorhaben unter
Art. 24 Abs. 2 RPG
fällt, beurteilt sich ausschliesslich nach dieser Vorschrift. Bei der Erneuerung, dem Wiederaufbau und der teilweisen Änderung handelt es sich um bundesrechtliche Begriffe. Das kantonale Recht kann nur bestimmen, ob und allenfalls inwieweit bauliche Massnahmen innerhalb des bundesrechtlich begrenzten Rahmens im Sinne von
Art. 24 Abs. 2 RPG
bewilligt werden dürfen (
BGE 107 Ib 241
/242 E. 2b aa). Mit dieser Regelung will es das Bundesrecht den Kantonen ermöglichen, ihren Verhältnissen Rechnung zu tragen (Botschaft des Bundesrates zu einem Bundesgesetz über die Raumplanung vom 27. Februar 1978, BBl 1978 I 1028).
c) Beim Bauprojekt des Beschwerdeführers handelt es sich offensichtlich weder um eine blosse Erneuerung noch um einen Wiederaufbau. Es kann sich somit nur noch fragen, ob es als teilweise Änderung aufzufassen sei.
BGE 108 Ib 53 S. 55
Da das bernische Recht die Aussage von
Art. 24 Abs. 2 RPG
nahezu wörtlich übernommen hat, setzte sich das Verwaltungsgericht mit dem bundesrechtlichen Begriff der teilweisen Änderung auseinander. Es gelangte dabei zu einer Auslegung, die gegenüber jener des Bundesgerichts (
BGE 107 Ib 241
/242 E. 2b aa) restriktiver ist. Seine Auslegungsformel lautet:
"- Wird eine in der Landwirtschaftszone gelegene Liegenschaft einheitlich aber zonenfremd genutzt, so gilt eine Erweiterung des Gebäudes im Regelfall solange als teilweise Änderung, als sich der Ausbau ungefähr im Rahmen eines Viertels des bisherigen Bauvolumens hält und keine neue Nutzungseinheit geschaffen wird;
- dient ein in der Landwirtschaftszone gelegenes Gebäude dagegen mehreren zonenfremden Nutzungen, so kann solange von einer teilweisen Änderung gesprochen werden, als keine neue Nutzungsart oder Nutzungseinheit hinzukommt und das Gebäudevolumen in der Regel nicht verändert wird. Unter einer Nutzungseinheit sind die zur fraglichen Nutzung bestimmten Räume zu verstehen, die über einen eigenen Zugang verfügen sowie hinsichtlich Ver- und Entsorgung (Wasser, Elektrizität, WC, Bad, Küche usw.) autonom sind."
Das Bundesrecht steht einer solchen Schematisierung nicht entgegen, wenn sie in Anwendung des kantonalen Rechts von der hiefür zuständigen kantonalen Instanz geschaffen wird. Sie dient dem Interesse der rechtsanwendenden Behörden, über Ausnahmegesuche rasch und klar entscheiden zu können. Das kantonale Recht kann den bundesrechtlich begrenzten Rahmen zulässiger Baumassnahmen enger festlegen oder sogar auf eine Regelung gemäss
Art. 24 Abs. 2 RPG
überhaupt verzichten.
Angesichts der nahezu wörtlichen Übernahme von
Art. 24 Abs. 2 RPG
durch das bernische Recht ist jedoch festzuhalten, dass das Bundesgericht keinen Anlass hat, von seiner durch unbestimmte Kriterien gekennzeichneten Auslegung des bundesrechtlichen Begriffs der teilweisen Änderung abzuweichen, wie er für die Begrenzung des kantonalen Ergänzungsrechts massgebend ist. Das gilt auch hinsichtlich des vom Verwaltungsgericht kritisierten Begriffs der Identität der Baute. Freilich hat das Bundesgericht diesen Begriff nicht im Sinne der völligen Übereinstimmung verstanden, sondern in seiner Bedeutung der Wesensgleichheit. Doch auch den so verstandenen Identitätsbegriff lehnt das Verwaltungsgericht ab, weil die Gefahr einer "weitgehend konturlosen und den Keim der Willkür in sich tragenden Billigkeitsinterpretation" bestehe. Diese Gefahr ist in der Tat nicht zu verkennen; sie darf aber nicht überbewertet werden. Immerhin lässt das Rechtsmittel der
BGE 108 Ib 53 S. 56
Behördenbeschwerde (
Art. 34 Abs. 2 RPG
;
Art. 103 lit. b OG
) erwarten, dass Ausnahmegesuche trotz verhältnismässig unbestimmter Kriterien sachgerecht beurteilt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es den bernischen Behörden nicht verwehrt ist, die mit dem Wortlaut des
Art. 24 Abs. 2 RPG
nahezu übereinstimmende Norm des kantonalen Rechts -
Art. 3 Abs. 2 lit. b EV
RPG - so auszulegen, wie es das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid getan hat, doch wird das Bundesgericht
Art. 24 Abs. 2 RPG
weiterhin weniger starr interpretieren.
d) Der angefochtene Entscheid hält sich indessen in dem Rahmen, den
Art. 24 Abs. 2 RPG
- in der Auslegung des Bundesgerichts - für das kantonale Recht festlegt. Das Bauvorhaben des Beschwerdeführers kann klarerweise nicht mehr als bloss geringfügige Erweiterung beziehungsweise Zweckänderung bezeichnet werden. Der Bau der beiden neuen Wohnungen vergrössert nicht nur das Gebäudevolumen, sondern bewirkt nahezu eine Verdoppelung des bisherigen Wohnanteils der Liegenschaft. Sodann ist das Gebäude nach dem Um- und Erweiterungsbau der ursprünglichen Baute nicht mehr wesensgleich. Ein Bauernhaus wird zu einem reinen Wohnhaus umgestaltet; der verbleibende Rest des Ökonomieteils nimmt kaum mehr einen Viertel des Gebäudevolumens ein. Von einer Wahrung der Identität des Bauwerks kann keine Rede sein. Das Bauvorhaben stellt somit keine bloss teilweise Änderung dar und fällt demnach nicht unter
Art. 24 Abs. 2 RPG
; es ist vielmehr wie ein Neubau nach
Art. 24 Abs. 1 RPG
zu beurteilen.
Unter diesen Umständen kann die Frage offen bleiben, ob das Bauvorhaben mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung vereinbar sei (
Art. 24 Abs. 2 RPG
). | public_law | nan | de | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e291dcc0-f6db-4eb9-b72e-5c01ee18fd6c | Urteilskopf
110 V 1
1. Auszug aus dem Urteil vom 11. April 1984 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Friederich und Versicherungsgericht des Kantons Bern | Regeste
Art. 5 Abs. 2 AHVG
.
Die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Frau, die den gemeinsamen Haushalt führt und dafür von ihrem Partner Naturalleistungen (in Form von Kost und Logis) und allenfalls zusätzlich ein Taschengeld erhält, ist hinsichtlich dieser Tätigkeit beitragsrechtlich als Unselbständigerwerbende zu betrachten.
Die Naturalleistungen sowie das allfällige Taschengeld stellen somit massgebenden Lohn im Sinne von
Art. 5 Abs. 2 AHVG
dar (Bestätigung der Rechtsprechung). | Sachverhalt
ab Seite 1
BGE 110 V 1 S. 1
A.-
Kurt Friederich lebte seit dem 1. Oktober 1979 in seiner Wohnung mit der geschiedenen Adelheid A. und deren beiden Kindern zusammen. Sie besorgte den gemeinsamen Haushalt und widmete sich der Erziehung ihrer Kinder; daneben ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach. Am 7. November 1980 heirateten Kurt
BGE 110 V 1 S. 2
Friederich und Adelheid A. Die Ausgleichskasse des Kantons Bern betrachtete Adelheid A. als Hausbedienstete von Kurt Friederich und verpflichtete diesen zur Entrichtung paritätischer Sozialversicherungsbeiträge, welche für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 31. Oktober 1980 aufgrund eines Monatslohnes von Fr. 552.-- (Fr. 450.-- für Verpflegung und Unterkunft plus Fr. 102.-- für Kleider und Taschengeld) auf insgesamt Fr. 804.95 festgesetzt wurden.
B.-
Das Versicherungsgericht des Kantons Bern hiess die von Kurt Friederich dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 26. Mai 1982 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und überwies die Akten der Verwaltung zur näheren Abklärung der Beitragspflicht der als Nichterwerbstätige qualifizierten Adelheid A.
C.-
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und Wiederherstellung der Kassenverfügung. Während sich Kurt Friederich nicht hat vernehmen lassen, schliesst die als Mitinteressierte zur Stellungnahme eingeladene Adelheid Friederich-A. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Streitig ist die Rechtsfrage, ob die Praxis in dem Sinne zu ändern sei, dass die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Frau, die den gemeinsamen Haushalt führt und dafür von ihrem Partner Naturalleistungen (in Form von Kost und Logis) und allenfalls zusätzlich ein Taschengeld erhält, hinsichtlich dieser Tätigkeit beitragsrechtlich nicht mehr als Unselbständigerwerbende, sondern als Nichterwerbstätige oder als Selbständigerwerbende zu qualifizieren ist.
b) Nach bisheriger Rechtsprechung gelten Unterhaltsleistungen, die ein Mann der mit ihm in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Frau für deren Haushaltführung gewährt, beitragsrechtlich als massgebender Lohn im Sinne von
Art. 5 Abs. 2 AHVG
. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die in einer solchen Gemeinschaft lebende Frau im Gegensatz zur Ehefrau nach Gesetz nicht verpflichtet ist, den Haushalt zu führen, und dass auch dem Mann aus dem blossen Zusammenleben keine gesetzlichen Pflichten gegenüber der Frau, namentlich keine Unterhaltspflichten erwachsen. Die Art der von der Frau ausgeübten
BGE 110 V 1 S. 3
Haushalttätigkeit darf aber nach dieser Praxis nicht nur danach beurteilt werden, wie die Beteiligten ihr Verhältnis subjektiv auffassen; vielmehr ist die Rechtslage aufgrund des objektiven Sachverhaltes zu beurteilen (EVGE 1951 S. 230 Erw. 1; ZAK 1951 S. 34; nicht veröffentlichte Urteile Renner vom 12. Oktober 1967 und Schmutz vom 3. September 1974). An der erwähnten Praxis hat das Eidg. Versicherungsgericht in den nicht veröffentlichten Urteilen Bieri vom 21. August 1979 und Huwiler vom 6. Mai 1982 sowie im Urteil Hertenstein vom 10. Juni 1983 (Ergänzungsleistungen zu einer Invalidenrente betreffend; ZAK 1983 S. 459) festgehalten, wenngleich im Urteil Huwiler vom 6. Mai 1982 eingeräumt wurde, dass sich die (gesellschaftlichen) Anschauungen über die eheähnliche Gemeinschaft in letzter Zeit gewandelt hätten.
Das BSV schliesst sich in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde dieser Rechtsprechung an und macht überdies geltend, eine andere Praxis würde insofern heikle Abgrenzungsfragen aufwerfen, als im Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine eheähnliche Gemeinschaft und damit Nichterwerbstätigkeit der Frau oder aber ein Anstellungsverhältnis und mithin unselbständige Erwerbstätigkeit vorliegt. Auch könne nicht geleugnet werden, dass die Frau, welche anderweitig kein Erwerbseinkommen erzielt und über kein Vermögen verfügt, in finanzieller Hinsicht tatsächlich von ihrem Partner abhängig sei. Ausserdem habe sich die Rechtslage bezüglich der eheähnlichen Gemeinschaft seit 1950, als die erwähnte Praxis begründet worden sei (vgl. ZAK 1951 S. 34), bis heute nicht geändert, weshalb der vom Gesetzgeber gewollten unterschiedlichen Behandlung solcher Verhältnisse einerseits und der Ehe anderseits Rechnung getragen werden müsse.
c) Demgegenüber betrachtet die Vorinstanz die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Frau beitragsrechtlich als Nichterwerbstätige. Sie geht im wesentlichen davon aus, dass die eheähnliche Gemeinschaft heute nicht mehr als sittenwidrig gelte und dass demzufolge diesbezügliche Strafbestimmungen aufgehoben worden seien oder kaum mehr beachtet würden. Sodann hätten sich die Gerichte schon oft in erb- und vertragsrechtlichen Fragen mit eheähnlichen Verhältnissen befassen müssen, und insofern habe "das faktisch und soziologisch längst schon etablierte Institut immer mehr eine auch rechtliche Anerkennung erfahren". Diese Tatsache sei auch sozialversicherungsrechtlich zu berücksichtigen. Ferner könne eine eheähnliche Gemeinschaft nicht als Arbeitsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn angesehen
BGE 110 V 1 S. 4
werden, weil dieses ein Unterordnungsverhältnis mit entsprechender Weisungsbefugnis des Arbeitgebers voraussetze; die eheähnliche Gemeinschaft sei jedoch "ihrem Wesen nach partnerschaftlich ausgerichtet".
d) Im Rahmen der AHV-rechtlichen Beitragspflicht könnte man sich schliesslich auch noch fragen, ob die Haushaltführung der in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Frau als selbständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren sei, dies in Anlehnung an die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach eine eheähnliche Gemeinschaft unter Umständen unter dem Gesichtspunkt einer einfachen Gesellschaft im Sinne von
Art. 530 ff. OR
zu beurteilen ist. Nach dieser Rechtsprechung muss allerdings in jedem einzelnen Fall näher geprüft werden, ob und inwieweit die konkreten Umstände die Anwendung der Regeln über die einfache Gesellschaft erlauben, wobei von der Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln nur dort gesprochen werden kann, wo und insoweit bei den in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Partnern der Wille besteht, die eigene Rechtsstellung einem gemeinsamen Zweck unterzuordnen, um auf diese Weise einen Beitrag an die Gemeinschaft zu leisten. Auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den in einem solchen Verhältnis lebenden Beteiligten ist aber nach dieser Rechtsprechung Gesellschaftsrecht stets nur insoweit anwendbar, als ein Bezug zur Gemeinschaft gegeben ist (
BGE 108 II 208
Erw. 4a).
e) Wie aus der Darstellung der verschiedenen Ausgangspunkte ersichtlich ist, lassen sich für alle drei Varianten beachtliche Argumente anführen, wobei allerdings keine davon eine in jeder Hinsicht befriedigende Lösung bildet. Bei dieser Sach- und Rechtslage fragt es sich, ob hinreichender Anlass besteht, von der bisherigen konstanten Praxis abzugehen (
BGE 108 V 17
Erw. 3b mit Hinweis).
4.
a) Die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts geht davon aus, dass die zivilrechtliche Gesetzgebung weder den Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft kennt noch spezifische Regeln zu diesem Sachverhalt enthält. Mit der Vorinstanz ist zwar bezüglich solcher Verhältnisse ein gesellschaftlicher Wandel in der ethisch-moralischen Wertung festzustellen, weshalb die diesbezüglichen Strafbestimmungen in den meisten Kantonen aufgehoben wurden oder in der Praxis kaum mehr Anwendung finden. In rechtlicher Hinsicht kann jedoch der vorinstanzlichen Auffassung nicht beigepflichtet werden, wonach jenes "faktisch und soziologisch
BGE 110 V 1 S. 5
längst schon etablierte Institut immer mehr eine auch rechtliche Anerkennung erfahren" habe und "dieser Tatsache) ... auch sozialversicherungsrechtlich Rechnung zu tragen" sei. Richtig ist nur, dass - wie die Vorinstanz ausführt - diese Verhältnisse "die Gerichte schon des öftern beschäftigt (haben), sei es hinsichtlich erbrechtlicher, rein vertragsrechtlicher oder aber arbeitsrechtlicher Aspekte", d.h., dass die Gerichte sich gezwungen sahen, streitige Rechtsfragen aus diesen Verhältnissen unter dem Gesichtspunkt des geltenden Zivilrechtes zu beurteilen und die entsprechenden Problemkreise in das bestehende zivilrechtliche System einzuordnen (vgl.
BGE 108 II 207
mit Hinweisen). Von einer "rechtlichen Anerkennung" in dem Sinne, dass von der Gerichtspraxis ein spezielles Rechtsinstitut der eheähnlichen Gemeinschaft geschaffen worden wäre, kann jedoch keine Rede sein. Es kann daher nicht darum gehen, einem spezifischen rechtlichen Institut "sozialversicherungsrechtlich Rechnung zu tragen", sondern nur darum, den bestehenden Sachverhalt der eheähnlichen Gemeinschaft nach Massgabe des geltenden Sozialversicherungsrechtes zu würdigen.
b) Zum Argument der Vorinstanz, eine eheähnliche Gemeinschaft könne nicht als Arbeitsverhältnis angesehen werden, da dieses ein Unterordnungsverhältnis mit entsprechender Weisungsbefugnis des Arbeitgebers voraussetze, ist zu bemerken, dass nach der bisherigen Praxis aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht kein (fiktiver) Arbeitsvertrag angenommen wurde, sondern es wurde nur - in Ermangelung einer besseren Lösung - die vom Mann seiner Partnerin gewährte Naturalleistung einem Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Dabei trat das Kriterium der Subordination, welches für den Arbeitsvertrag an sich typisch ist, in den Hintergrund (vgl. dazu STEPHAN THURNHERR, Die eheähnliche Gemeinschaft im Arbeitsrecht, Diss. Zürich 1982, S. 36 ff.).
Es ist sodann zu beachten, dass es bei der Abgrenzung der spezifischen AHV-rechtlichen Begriffe der Erwerbstätigen (mit den Unterkategorien der Unselbständigerwerbenden und der Selbständigerwerbenden) einerseits und der Nichterwerbstätigen anderseits praxisgemäss nicht auf die zivilrechtliche Natur eines Vertragsverhältnisses, sondern auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten ankommt; die zivilrechtlichen Verhältnisse vermögen unter Umständen Anhaltspunkte für die AHV-rechtliche Qualifikation zu bieten, ausschlaggebend jedoch sind sie nicht (vgl.
BGE 98 V 19
Erw. 2,
BGE 97 V 137
Erw. 2; s. auch BGE
BGE 104 V 126
f. und
BGE 101 V 253
f.).
BGE 110 V 1 S. 6
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass unter Umständen wie den vorliegenden die Haushaltführung der in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebenden Frau eine geldwerte Leistung darstellt, für die sie von ihrem Partner eine entsprechende Gegenleistung (in Form von Kost und Logis, allenfalls zusätzlich einem Taschengeld) erhält, wobei dieser Leistungsaustausch auf ausdrücklichem oder stillschweigendem Konsens beruht.
Daran vermag der verfassungsmässige Grundsatz über die Gleichstellung der Frau mit dem Mann nichts zu ändern, wäre doch nicht anders zu entscheiden, wenn in einer eheähnlichen Gemeinschaft der Mann den Haushalt führte und die Frau ausserhäuslich erwerbstätig wäre.
Im übrigen würde eine geänderte Rechtsprechung zu praktischen Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Nichterwerbstätigkeit der Partnerin zur (unselbständigen) Erwerbstätigkeit der Haushälterin führen, wobei sich die Verwaltung bei ihren Abklärungen der Natur der Sache nach wohl regelmässig auf die Darstellung der Beteiligten verlassen müsste. Der Gesichtspunkt der Praktikabilität im Einzelfall spricht somit ebenfalls gegen die Annahme von Nichterwerbstätigkeit.
c) Was schliesslich die Frage anbetrifft, ob die in der eheähnlichen Gemeinschaft den Haushalt führende Frau als Selbständigerwerbende zu betrachten sei, muss festgestellt werden, dass sich auch hier kaum überwindbare Abgrenzungsschwierigkeiten ergäben, sofern man überhaupt annehmen wollte, der gesellschaftliche Zweck der Haushaltführung als solcher könne ein erwerblicher sein.
d) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass kein hinreichender Anlass besteht, von der konstanten Praxis abzugehen, wonach die in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Frau, die den gemeinsamen Haushalt führt und dafür von ihrem Partner Naturalleistungen (in Form von Kost und Logis) und allenfalls zusätzlich ein Taschengeld erhält, hinsichtlich dieser Tätigkeit beitragsrechtlich als Unselbständigerwerbende zu erfassen ist. Die Verwaltung hat die streitigen Unterhaltsleistungen somit zu Recht als massgebenden Lohn im Sinne von
Art. 5 Abs. 2 AHVG
qualifiziert. | null | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e29562cd-1b52-40a0-9079-32dcda258843 | Urteilskopf
97 IV 227
41. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 1er septembre 1971 dans la cause Boillod contre Ministère public du canton de Neuchâtel. | Regeste
Obwohl ihre Merkmale weder durch kantonale noch eidgenössische Vorschriften umschrieben sind, wird die Parkscheibe gewohnheitsrechtlich verwendet und ist sie das einzige Mittel, um gemäss
Art. 35 Abs. 2 SSV
die Parkdauer anzuzeigen.
Ist die Polizeidirektorenkonferenz befugt, andere Mittel zuzulassen, die eine einfache Kontrolle in genügendem Masse gewährleisten? (Frage offen gelassen). | Erwägungen
ab Seite 227
BGE 97 IV 227 S. 227
Extrait des motifs:
a) Le système de la zone bleue tend à limiter la durée du stationnement, de sorte qu'une partie des places disponibles devient accessible à un plus grand nombre d'usagers successifs, sans qu'il soit nécessaire d'installer des parcomètres.
Il ne présente cependant d'intérêt que s'il permet de vérifier rapidement que les usagers des parcs respectent la limitation de la durée de stationnement. Pour cela, il faut d'abord que l'indication des heures d'arrivée et de départ obligatoire se présente sous une apparence semblable d'un véhicule à l'autre, de façon que l'observateur la découvre sans effort parmi les objets et papiers divers qui encombrent souvent les voitures; de plus, les caractères utilisés doivent être suffisamment grands et lisibles pour que l'on puisse les déchiffrer de loin. L'art. 35 al. 2 OSR tend à ce résultat en disposant que les signaux "Parcage avec disque de stationnement" (319) et "fin de
BGE 97 IV 227 S. 228
parcage avec disque de stationnement" (320) désignent le début et la fin d'une zone où le parcage n'est autorisé qu'avec des disques de stationnement.
Toutefois, aucune prescription légale fédérale ou cantonale ne définit en Suisse les caractéristiques, les dimensions ou la forme du disque de stationnement qui constitue l'essentiel du système. La seule indication officielle consiste dans la représentation schématique qui figure sur les signaux nos 319 et 320. Néanmoins, ces disques sont entrés dans l'usage; ils sont réalisés de façon pratiquement identique à des centaines de milliers d'exemplaires et distribués gratuitement par toutes sortes d'institutions et par toutes sortes d'entreprises commerciales à titre de service, de prime de fidélité ou à des fins publicitaires. Semblables dans leur principe, ils se présentent sous l'aspect d'une pièce de carton repliée de façon à former un étui carré de 12 cm environ de côté, dans lequel peut tourner librement un disque du même diamètre. Sur celui-ci, sont imprimées d'une part les heures possibles d'arrivée, à une demi-heure près, et, d'autre part, les heures à partir desquelles le stationnement n'est plus licite. Ces indications, qui se correspondent deux à deux, sont visibles par deux ouvertures pratiquées sur deux côtés opposés de la même face de l'étui, de façon que, d'un seul coup d'oeil, l'agent vérificateur puisse voir et contrôler que l'automobiliste a mentionné honnêtement son heure d'arrivée et qu'il n'a pas laissé son véhicule en stationnement au-delà du temps autorisé. Cette vérification est rapide lorsque les usagers ont placé leur disque bien en évidence, conformément aux prescriptions de l'art. 35 al. 2 OSR; toutefois, elle oblige le contrôleur à s'approcher du pare-brise des véhicules, ce qui n'est pas toujours aisé dans un parc où les voitures sont disposées tête-bêche.
b) Il résulte clairement de l'interprétation littérale de l'art. 35 al. 2 OSR que celui qui omet de placer un disque de stationnement dans sa voiture lorsqu'il la laisse en zone bleue est punissable. Cela garantit au contrôleur de n'avoir à vérifier que des indications lisibles et facilement reconnaissables. C'est dès lors en vain que le recourant tente d'une part de soutenir une interprétation moins rigoureuse et contraire au but de la loi et, d'autre part, qu'il reproche à l'autorité cantonale d'avoir violé l'art. 1er CP. Ce grief ne serait en effet concevable que si
BGE 97 IV 227 S. 229
l'art. 35 al. 2 OSR n'excluait pas toutes autres indications que celles figurant sur un disque de stationnement.
c) Au vu de ce qui précède, on peut hésiter sur la légalité de la décision de la Conférence des directeurs de police autorisant l'usage d'appareils cylindriques permettant de faire apparaître par deux ouvertures rectangulaires les mêmes indications que celles figurant sur les disques de stationnement. Cette question peut cependant demeurer indécise in casu. En effet, de toute manière, si une brèche devait être ouverte dans le système de l'art. 35 al. 2 OSR, elle ne saurait en aucun cas faire admettre que le disque de stationnement soit remplacé par n'importe quoi, y compris une notation manuscrite hâtive, incomplète et jetée sur n'importe quel morceau de papier. | null | nan | fr | 1,971 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e297bd09-6927-4897-9231-163cdf05b36e | Urteilskopf
123 I 254
23. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. September 1997 i.S. Marco Metzler und Thomas Wyss gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Legalitätsprinzip im Abgaberecht; Festsetzung von Gebühren für Lateinkurse an der Universität durch Verordnung.
Verhältnis des Erfordernisses der formell-gesetzlichen Grundlage zum Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip (E. 2b).
Ungenügen der bestehenden gesetzlichen Grundlagen (E. 2c-f). | Sachverhalt
ab Seite 254
BGE 123 I 254 S. 254
Die Philosophische Fakultät I und die Theologische Fakultät der Universität Zürich führen für Studierende, die über keine Lateinvorkenntnisse verfügen, Lateinische Elementarkurse bzw. Lateinkurse durch. Bisher wurden für diese Kurse keine besonderen Gebühren verlangt. Am 11. Dezember 1996 erliess der Regierungsrat des Kantons Zürich eine "Verordnung über die Gebühren der Lateinkurse"; gemäss dieser Verordnung wird für die Belegung der Lateinkurse eine Kursgebühr von Fr. 310.-- pro Semester erhoben. Auf Gesuch hin kann das Rektorat in Ausnahmefällen die Kursgebühr reduzieren oder erlassen. Die Verordnung wurde auf das Sommersemester 1997 in Kraft gesetzt.
Marco Metzler und Thomas Wyss erheben staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die Verordnung vom 11. Dezember 1996 aufzuheben.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht und des Gewaltenteilungsprinzips.
BGE 123 I 254 S. 255
a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedürfen öffentliche Abgaben - abgesehen von Kanzleigebühren - einer Grundlage in einem formellen Gesetz. Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe an den Verordnungsgeber, so muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlagen der Abgabe selber festlegen. Diese Anforderungen wurden in der Rechtsprechung für gewisse Arten von Kausalabgaben gelockert: Sie dürfen, was die Vorgaben über die Abgabenbemessung anbelangt, namentlich dort herabgesetzt werden, wo das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip) begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt (
BGE 122 I 61
E. 2a S. 63;
BGE 121 I 230
E. 3e S. 235, 273 E. 3a S. 274 f.;
BGE 120 Ia 1
E. 3c S. 3, 265 E. 2a S. 266).
b) Die angefochtene Verordnung nennt in ihrem Ingress keine gesetzliche Bestimmung, auf die sie sich stützt. Die Erziehungsdirektion bringt vor, mit der Gebühr von Fr. 310.-- pro Semester sei das Kostendeckungsprinzip eingehalten. Ebenso sei das Äquivalenzprinzip respektiert, da die Gebühr weit unter den Kursgeldern liege, die von privaten Anbietern verlangt würden. Dem Prinzip der formellgesetzlichen Grundlage komme damit keine eigene Schutzfunktion mehr zu. Deshalb sei auf das Erfordernis einer formellgesetzlichen Grundlage ganz zu verzichten oder es könnten die daran gestellten Anforderungen wesentlich gelockert werden.
aa) Die Einhaltung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips vermag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Anforderungen an die gesetzliche Festlegung der Abgabenbemessung zu lockern, aber nicht eine formellgesetzliche Grundlage völlig zu ersetzen. Auf die Festlegung der Höhe der Gebühr im formellen Gesetz kann zwar unter Umständen verzichtet werden, wenn die staatliche Dienstleistung einen Handels- oder Marktwert aufweist, so dass die Abgabenhöhe nach marktwirtschaftlichen Mechanismen regulierbar ist (
BGE 121 I 230
E. 3g S. 238 f., mit Hinweisen;
118 Ia 320
E. 4c S. 326;
103 Ib 324
E. 5d S. 333). Das bedeutet aber nicht, dass auf jegliche formellgesetzliche Grundlage immer dann verzichtet werden kann, wenn eine Gebühr anhand des Kostendekkungs- und des Äquivalenzprinzips überprüfbar ist (LUKAS WIDMER, Das Legalitätsprinzip im Abgaberecht, Diss. Zürich 1988, S. 109). Der Staat erbringt viele Dienstleistungen, für welche er keine oder jedenfalls nicht kostendeckende Gebühren erhebt. Darunter befinden sich Leistungen, welche an sich auch durch Private angeboten
BGE 123 I 254 S. 256
werden und für welche ein Marktwert feststellbar wäre. Der Staat kann sich jedoch aus bestimmten Gründen gerade zum Ziel setzen, gewisse Aufgaben zu erfüllen, ohne dafür einen marktgerechten Preis zu verlangen, insbesondere im Bestreben, diese Leistungen für alle Bevölkerungsschichten erschwinglich zu gestalten. Ob und wie weit dies der Fall sein soll, ist eine durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber zu beantwortende Frage (WIDMER, a.a.O., S. 88 f., 167). Dass der Staat aufgrund eines gesetzlichen Auftrags gewisse Aufgaben wahrnimmt, erlaubt deshalb noch nicht den Schluss, dass er dafür kostendeckende Gebühren verlangen kann. Die Anforderungen an die Bestimmtheit der formellgesetzlichen Gebührenbemessung können vielmehr nur dann mit dem Hinweis auf die Marktgerechtigkeit gelockert werden, wenn aus dem formellen Gesetz hervorgeht, dass die Abgabe nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen bemessen werden soll, bzw. dass eine kostendeckende Gebührenbemessung dem Zweck und Charakter der Abgabe entspricht (
BGE 120 Ia 1
E. 3f S. 6; vgl.
BGE 121 I 230
E. 3e S. 236).
bb) Seit je hat der Staat ein Bildungsangebot unterhalten, ohne dafür auch nur entfernt kostendeckende Gebühren zu verlangen. Das gilt namentlich für die Studiengebühren an Universitäten, welche notorisch nur einen kleinen Teil der staatlichen Aufwendungen dekken (vgl.
BGE 121 I 273
E. 5a S. 278;
BGE 104 Ia 113
E. 4b S. 117 f.). Die Frage, welcher Anteil des staatlichen Aufwandes durch Gebühren der Studierenden zu decken sei, ist eine wesentliche bildungspolitische Wertungsfrage, die angesichts ihrer Tragweite vom formellen Gesetzgeber beantwortet werden muss. Das blosse Abstellen auf das Kostendeckungs- oder Äquivalenzprinzip als alleinige Schranken würde dem Verordnungsgeber einen mit dem Legalitätsprinzip nicht zu vereinbarenden übermässigen Spielraum belassen (
BGE 121 I 273
E. 4b/c S. 276 f.;
BGE 120 Ia 1
E. 3f S. 6). Wenn der Staat in Abweichung von einer bisher seit Jahrzehnten befolgten Politik seine Bildungsangebote in Zukunft nur noch zu kostendekkenden oder marktgerechten Preisen anbieten will, so ist das ein politischer Entscheid, der vom formellen Gesetzgeber zu treffen ist.
cc) Der Umstand, dass die fraglichen Gebühren das Kostendekkungs- und das Äquivalenzprinzip einhalten, vermag daher entgegen der Ansicht der Erziehungsdirektion eine formellgesetzliche Grundlage nicht zu ersetzen.
c) Die Erziehungsdirektion bringt vor, Elementarunterricht in Latein gehöre nicht zu den in § 124 des Gesetzes vom 23. Dezember 1859 über das gesamte Unterrichtswesen (Unterrichtsgesetz; UG)
BGE 123 I 254 S. 257
festgelegten Aufgaben der Universität, sondern sei voruniversitäre Ausbildung. Wenn die Universität trotzdem Lateinkurse durchführe, so stelle dies eine freiwillige Zusatzdienstleistung dar, für welche auch separat Gebühren erhoben werden könnten.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Gemäss § 140 UG (in der Fassung vom 25. Juni 1995) genügt jedes eidgenössisch anerkannte Maturitätszeugnis als ausreichende Vorbildung für die Universität. Auch für die Zulassung zu der Philosophischen Fakultät I oder zu der Theologischen Fakultät wird nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes keine Latein-Matura verlangt. Lateinkenntnisse sind somit nicht obligatorischer voruniversitärer Ausbildungsstoff. Dass es möglich ist, Lateinkenntnisse voruniversitär zu erwerben und ein erheblicher Teil der Studierenden dies auch tut, ändert an dieser gesetzlichen Lage nichts.
Die Universität hat seit langem die fraglichen Lateinkurse durchgeführt, um jenen Studierenden, die über keine Lateinkenntnisse verfügen, zu ermöglichen, sich die für das Studium erforderlichen Kenntnisse anzueignen. Die Kurse dienen gerade dem Zweck, den unterschiedlichen Ausbildungsstand, den das Gesetz mit seiner Zulassungsregelung in Kauf nimmt, auszugleichen. Sie in Zukunft nicht mehr bzw. nur noch gegen besonderes Entgelt anzubieten, würde eine Änderung einer bisher seit langem praktizierten Politik darstellen, die nach dem Gesagten dem formellen Gesetzgeber zusteht. Die für die Kurse zu erhebenden Gebühren unterliegen deshalb den gleichen Anforderungen an eine gesetzliche Grundlage wie diejenigen für die übrige universitäre Ausbildung.
d) Fehl geht der von der Erziehungsdirektion angestellte Vergleich mit den separat verrechneten Prüfungsgebühren, da diese im formellen Gesetz ausdrücklich genannt sind (§ 137 UG).
e) Die Erziehungsdirektion erblickt eine gesetzliche Grundlage für die fragliche Gebühr in § 151a Ziff. 1 UG, wonach die Hochschulkommission Antrag an den Erziehungsrat stellt zur Schaffung neuer Professuren, Institute, Seminarien, Kliniken und Einrichtungen für die Belange der Universität; zudem sei die Hochschulkommission gemäss § 151b Ziff. 1 UG zuständig für die Erteilung von Lehraufträgen. Die angerufenen Bestimmungen enthalten indessen keinen Hinweis auf die Erhebung von Gebühren. Dass die Hochschulkommission einen entsprechenden Antrag gestellt hat, um den Lehrauftragskredit der Universität bzw. der Fakultäten zu entlasten, vermag eine gesetzliche Grundlage nicht zu ersetzen. Die Argumentation der Erziehungsdirektion ist unhaltbar.
BGE 123 I 254 S. 258
f) Als gesetzliche Grundlage für die angefochtene Gebühr kommt allenfalls § 137 UG in Frage, wonach der Regierungsrat Kollegiengelder festsetzt.
aa) Das Bundesgericht hat bereits in
BGE 120 Ia 1
E. 3f S. 6 die pauschale Delegationsnorm von § 137 UG als "mangelhaft" beurteilt. Es hat indessen die damals zur Diskussion stehende Erhöhung der Kollegiengelder um 100% noch geschützt, da die erhöhte Pauschale sich in jener Grössenordnung halte, die auch an anderen schweizerischen Hochschulen üblich sei; zudem könne angenommen werden, dass sie sich innerhalb des (hypothetischen) Rahmens halte, den der Gesetzgeber festgelegt hätte.
bb) Dieser Entscheid wurde in der Lehre kritisiert (GEORG MÜLLER, Rechtsgleichheit, Kommentar zu
Art. 4 BV
, Überarbeitung 1995, Rz. 77; JÖRG PAUL MÜLLER, ZBJV 132/1996 S. 717). Der Kritik ist zuzugestehen, dass der Hinweis auf den mutmasslichen Willen des Gesetzgebers das Legalitätsprinzip aushöhlen könnte. In
BGE 121 I 273
E. 5a S. 277 f. wurde die Erhöhung der bernischen Kollegiengelder denn auch nicht mit dem Hinweis auf einen hypothetischen gesetzgeberischen Willen geschützt, sondern deshalb, weil sie sich gesamthaft im Rahmen des bisher Üblichen bzw. einer Anpassung an die Teuerung hielt (vgl. auch
BGE 104 Ia 112
E. 4c S. 118 f.).
cc) Dieses Argument kommt vorliegend nicht zum Tragen. Die fraglichen Lateinkurse wurden bisher nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern waren in der Kollegiengeldpauschale inbegriffen. Diese betrug bis zum Sommersemester 1993 Fr. 300.-- pro Semester und wurde seither in zwei Schritten auf zur Zeit Fr. 600.-- erhöht (vgl.
BGE 120 Ia 1
). Wird nun für den Unterricht in einem einzelnen Fach eine zusätzliche Gebühr von Fr. 310.-- pro Semester verlangt, so sprengt dies den Rahmen einer Anpassung an die Teuerung oder einer Modifikation im Rahmen des bisher Üblichen bei weitem. Es stellt vielmehr eine Neuorientierung der Gebührenpolitik dar, die - wie vorne ausgeführt - nicht in der Kompetenz des Regierungsrates, sondern des formellen Gesetzgebers liegt.
3.
Die angefochtene Verordnung entbehrt somit einer gesetzlichen Grundlage und ist wegen Verletzung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht aufzuheben. Es erübrigt sich daher, auf die übrigen Rügen der Beschwerdeführer einzugehen. | public_law | nan | de | 1,997 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e29a078b-4894-44f2-87bc-a49343243736 | Urteilskopf
100 III 11
4. Entscheid vom 11. Januar 1974 i.S. Novima AG | Regeste
Die Gutheissung oder Abweisung eines Gesuches um Erteilung der aufschiebenden Wirkung nach
Art. 36 SchKG
kann nicht mit einem Rekurs beim Bundesgericht angefochten werden. | Sachverhalt
ab Seite 11
BGE 100 III 11 S. 11
Die Firma Novima AG wurde von ihrem Sachwalter mit Schreiben vom 19. und 21. Dezember 1973 aufgefordert, der SUVA und der AHV bis zum 1. bzw. 5. Januar 1974 Zahlungen zu leisten. Gegen diese beiden Schreiben erhob die Firma Novima AG bei der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde. Gleichzeitig stellte sie das Gesuch, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen. Der Präsident der kantonalen Aufsichtsbehörde wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 3. Januar 1974 ab mit der Bemerkung, die Beschwerde sei voraussichtlich aussichtslos.
Die Firma Novima AG führt gegen diese Verfügung des Präsidenten der Aufsichtsbehörde Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und beantragt, ihrer Beschwerde gegen die Verfügungen ihres Sachwalters vom
BGE 100 III 11 S. 12
19. und 21. Dezember 1973 sei unverzüglich aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Erwägungen
Die Schuldbetr.- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Nach
Art. 36 SchKG
kommt einer Beschwerde nur auf besondere Anordnung der Behörde, an welche sie gerichtet ist, oder ihres Präsidenten aufschiebende Wirkung zu. Der Akt, mit welchem der Präsident die verlangte aufschiebende Wirkung erteilt oder verweigert, ist nicht ein Entscheid im Sinne von
Art. 19 SchKG
. Es handelt sich nämlich nicht um eine Massnahme im Vollstreckungsverfahren, sondern um eine blosse prozessleitende Verfügung in einem hängigen Beschwerdeverfahren. Eine solche kann nicht Gegenstand eines Rekurses an das Bundesgericht gemäss
Art. 19 SchKG
sein (
BGE 43 III 279
,
BGE 59 III 208
/09 und
BGE 98 III 23
). Überdies können gemäss
Art. 19 SchKG
nur gesetzwidrige Entscheide an das Bundesgericht weitergezogen werden. Die angefochtene Verfügung des Präsidenten der kantonalen Aufsichtsbehörde kann auch nicht als gesetzwidrig betrachtet werden; denn keine gesetzliche Bestimmung schreibt vor, in welchen Fällen die Behörde oder ihr Präsident einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilen oder verweigern muss. Diese Frage ist dem Ermessen der Behörde überlassen (
BGE 59 III 208
/09,
BGE 82 III 18
/19 und
BGE 95 III 93
).
Auf den vorliegenden Rekurs gegen die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung im kantonalen Beschwerdeverfahren kann daher nicht eingetreten werden.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Auf den Rekurs wird nicht eingetreten. | null | nan | de | 1,974 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e29b2137-e522-4a3b-bd81-ab19709b747b | Urteilskopf
117 IV 408
70. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. März 1991 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) | Regeste
Art. 71 Abs. 2 StGB
; Zusammenfassung mehrerer strafbarer Handlungen zu einer verjährungsrechtlichen Einheit; fortgesetztes Delikt.
Ob und unter welchen Bedingungen eine Mehrzahl strafbarer Handlungen jeweils zu einer entsprechenden rechtlichen Einheit zusammenzufassen ist, ist in den Sachbereichen, in denen das fortgesetzte Delikt bisher Anwendung gefunden hat (Strafschärfung, Verjährung, Strafantragsfrist, ne bis in idem), gesondert zu beurteilen. Verzicht auf die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts (E. 2d).
Verschiedene strafbare Handlungen sind gemäss
Art. 71 Abs. 2 StGB
dann als eine Einheit (bei der die Verjährung für sämtliche Teilhandlungen erst mit der letzten Tat zu laufen beginnt) anzusehen, wenn sie gleichartig und gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind und ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten bilden. Unter welchen genauen Voraussetzungen dies der Fall ist, kann nicht abschliessend in einer abstrakten Formel umschrieben werden (E. 2f). | Sachverhalt
ab Seite 409
BGE 117 IV 408 S. 409
A.-
S. war Geschäftsführer der im Weinhandel tätigen G. AG. In der Zeit vom Sommer 1976 bis Ende 1981 bezog er mehrfach Wein anstatt unmittelbar für die G. AG auf Rechnung der von ihm
BGE 117 IV 408 S. 410
beherrschten V. SA und fakturierte die Lieferung anschliessend zu einem erhöhten Preis seiner Arbeitgeberfirma weiter.
B.-
Am 8. Juni 1989 erklärte das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern S. der fortgesetzten qualifizierten ungetreuen Geschäftsführung gemäss
Art. 159 Abs. 2 StGB
schuldig und verurteilte ihn zu 18 Monaten Gefängnis bedingt, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 5'000.--. Die von der G. AG adhäsionsweise eingereichte Zivilklage sprach es dem Grundsatz nach zu und wies diese zur Berechnung der Höhe des geschuldeten Betrags an den Zivilrichter.
C.-
Dagegen führt S. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt, das angefochtene Urteil vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Beurteilung seines Verhaltens als qualifizierte ungetreue Geschäftsführung gemäss
Art. 159 Abs. 2 StGB
. Er macht jedoch geltend, die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen seien zum grössten Teil verjährt.
a) Die qualifizierte ungetreue Geschäftsführung gemäss
Art. 159 Abs. 2 StGB
wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und Busse bestraft. Die Verfolgung dieser Straftat ist somit gemäss Art. 70 Abs. 3 in Verbindung mit
Art. 72 Ziff. 2 Abs. 2 Satz 2 StGB
in jedem Fall nach siebeneinhalb Jahren verjährt. Wie die Vorinstanz verbindlich feststellt (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
), hat der Beschwerdeführer die letzten Tathandlungen am 29. Dezember 1981 ausgeführt. Diese waren im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils, mit dem die Strafverfolgung beendet wurde (
BGE 116 IV 81
E. 1;
BGE 115 Ia 325
), mithin noch nicht verjährt.
Die Vorinstanz hat die Verjährung auch bezüglich aller übrigen vom Beschwerdeführer seit dem Sommer 1976 begangenen strafbaren Handlungen verneint, da sämtliche Taten in einem Fortsetzungszusammenhang stünden.
b) Das Gesetz umschreibt die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts nicht. Sie ist von Lehre und Rechtsprechung entwickelt worden. Danach ist ein fortgesetztes Delikt gegeben, wenn gleichartige
BGE 117 IV 408 S. 411
oder ähnliche Handlungen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind, auf ein und denselben Willensentschluss zurückgehen (
BGE 102 IV 77
E. 2a mit Hinweisen).
Das fortgesetzte Delikt setzt sich zusammen aus mehreren strafbaren Handlungen. Rechtlich wird es jedoch als eine Straftat angesehen (
BGE 101 IV 190
;
BGE 91 IV 66
). Entsprechend befand das Bundesgericht, dass erstens bei einer fortgesetzten Tatbegehung eine Strafschärfung wegen Zusammentreffens strafbarer Handlungen nach
Art. 68 StGB
ausscheide (
BGE 91 IV 66
;
BGE 90 IV 132
), dass sich zweitens die Rechtskraft einer Verurteilung wegen eines fortgesetzten Delikts grundsätzlich auch auf jene Straftaten beziehe, die dem Richter nicht bekannt waren (
BGE 90 IV 132
), dass drittens beim fortgesetzten Delikt im Falle eines Antragsdelikts die Strafverfolgung nicht auf die dreimonatige Frist des
Art. 29 StGB
beschränkt bleibe, sondern der Täter auch wegen weiter zurückliegender Handlungen verfolgt werden dürfe (
BGE 91 IV 66
;
BGE 80 IV 7
ff.), und dass viertens beim fortgesetzten Delikt die Verjährung für sämtliche Einzelakte erst mit der letzten Teilhandlung beginne; sei diese nicht verjährt, blieben auch alle übrigen Einzelhandlungen strafbar (
BGE 105 IV 13
mit Hinweisen).
c) Diese Rechtsprechung ist auf Kritik gestossen.
aa) Das Schrifttum wendete ein, der Ausschluss von
Art. 68 StGB
beim fortgesetzten Delikt sei mit dem Schuldprinzip nicht zu vereinbaren (SCHULTZ, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts, erster Band, 4. Aufl., S. 131; derselbe, ZBJV 102/1966, S. 55; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I,
§ 19 N 19
; NOLL/TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 3. Aufl., S. 233; WERNER ARNOLD KNECHT, Das fortgesetzte Delikt im schweizerischen Strafrecht, Diss. Bern 1969, S. 99); es erscheine höchst zweifelhaft, den der Straferhöhung wegen Konkurrenz entgehen zu lassen, der aufgrund eines einzigen, aber dann um so festeren Entschlusses wiederholt delinquiert habe, doch
Art. 68 StGB
auf den anzuwenden, der sich immer wieder neu unter Überwindung innerer Widerstände entschliessen müsse, weitere Straftaten zu begehen (SCHULTZ, ZBJV 102/1966, S. 55).
Im weiteren lasse sich die Verlängerung der Verjährung beim fortgesetzten Delikt nicht begründen; der Beginn der Verjährung werde unter Umständen in unverhältnismässiger Weise hinausgezögert, wenn der letzte Teilakt massgebend sein soll (im Fall
BGE 72 IV 179
ff. um mehr als 20 Jahre), und die Absicht des
BGE 117 IV 408 S. 412
Gesetzgebers durchkreuzt, bestimmte Delikte schon in kurzer Zeit verjähren zu lassen (STRATENWERTH, a.a.O.; NOLL/TRECHSEL, a.a.O.; KNECHT, a.a.O., S. 70).
Auf die Rechtsfigur des fortgesetzten Delikts sei daher gänzlich zu verzichten (STRATENWERTH, a.a.O.; NOLL/TRECHSEL, a.a.O.; SCHULTZ, a.a.O.; KNECHT, a.a.O., S. 98 ff.).
bb) Auch die kantonale Rechtsprechung äusserte sich kritisch zum fortgesetzten Delikt. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich vertrat in einem Entscheid im Jahr 1980 die Auffassung, diese Konstruktion sei im schweizerischen Recht jedenfalls entbehrlich (SJZ 77/1981, S. 236 f.).
d) Das fortgesetzte Delikt umfasst mehrere selbständige strafbare Handlungen. Die Tateinheit ist bei ihm nur fingiert. Es geht daher nicht an zu sagen, weil das fortgesetzte Delikt eine Straftat sei, scheide bei ihm eine Strafschärfung wegen Zusammentreffens mehrerer strafbarer Handlungen gemäss
Art. 68 StGB
aus und könne es als Ganzes nicht vor seinem Abschluss - das heisst nicht vor Ausführung der letzten Teilhandlung - zu verjähren beginnen. Zu fragen ist vielmehr danach, ob und unter welchen Bedingungen es in den Bereichen, in denen das fortgesetzte Delikt bisher Anwendung gefunden hat (Strafzumessung, Verjährung, res iudicata, Strafantrag), gerechtfertigt oder sogar geboten ist, mehrere selbständige Straftaten zu einer rechtlichen Einheit zusammenzufassen. Die Antwort darauf kann angesichts der Verschiedenartigkeit der Problemstellungen und in Anbetracht dessen, dass die massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen voneinander abweichen, nicht eine einheitliche sein. Die anstehenden Fragen sind in den einzelnen Sachbereichen vielmehr gesondert zu erörtern (vgl. NOLL, ZStW 77/1965, S. 4). Aus dem Begriff des fortgesetzten Delikts lassen sich keine differenzierten Lösungen ableiten. Diese Rechtsfigur ist daher - entsprechend der in der herrschenden Lehre erhobenen Forderung - aufzugeben.
e) Zur Frage, ob es sachlich gerechtfertigt sei, auf eine Strafschärfung gemäss
Art. 68 Ziff. 1 StGB
bei einer Mehrheit strafbarer Handlungen unter den Bedingungen des fortgesetzten Delikts gemäss bisheriger Praxis (
BGE 91 IV 66
;
BGE 90 IV 132
) zu verzichten, äusserte sich das Bundesgericht bereits. Es kam in
BGE 116 IV 121
zum Schluss, der generelle Ausschluss von
Art. 68 Ziff. 1 StGB
unter Rückgriff auf das fortgesetzte Delikt lasse sich nicht begründen, und änderte entsprechend seine frühere Praxis mit dem Hinweis, die Rechtsprechung zum fortgesetzten
BGE 117 IV 408 S. 413
Delikt bedürfe auch in den übrigen Bereichen einer Überprüfung (E. 2b/cc).
f) Hier ist nun zu entscheiden, welche Folgen sich aus der Aufgabe des fortgesetzten Delikts in bezug auf die Verjährung ergeben.
aa) Der Beginn der Verjährung ist in
Art. 71 StGB
geregelt. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung beginnt die Verjährung, wenn der Täter die strafbare Tätigkeit zu verschiedenen Zeiten ausführt, mit dem Tag, an dem er die letzte Tätigkeit ausführt. Wie den Materialien zu entnehmen ist, verstand der Gesetzgeber unter der zu verschiedenen Zeiten ausgeführten Tätigkeit im Sinne von
Art. 71 Abs. 2 StGB
eine Mehrzahl strafbarer Handlungen, die zu einem einzigen Delikt zusammengefasst werden sollten (
BGE 109 IV 86
mit Hinweis auf KNECHT, a.a.O., S. 1-13). Deutlicher als in der deutschen kommt das in der französischen Gesetzesfassung zum Ausdruck. Sie lautet: "La prescription court: si cette activité (coupable) s'est exercée à plusieurs reprises, du jour du dernier acte." Wann die "à plusieurs reprises" ausgeführte strafbare Tätigkeit zu einer Einheit zusammenzufassen ist, bei der die Verjährung für alle Einzelhandlungen erst mit der letzten Tat zu laufen beginnt, wurde bisher aufgrund der Voraussetzungen des fortgesetzten, aber auch des gewerbsmässigen Delikts bestimmt (
BGE 105 IV 13
mit Hinweisen). Die Frage ist, wie die einzelnen strafbaren Tätigkeiten ("actes") nach der Aufgabe des fortgesetzten Delikts untereinander verbunden sein müssen, damit sie unter dem Gesichtspunkt des Verjährungsbeginns nach
Art. 71 Abs. 2 StGB
mit der letzten strafbaren Handlung als ein Ganzes betrachtet werden dürfen.
Soweit beim gewerbsmässigen Delikt in bezug auf den Beginn der Verjährung die gleiche Praxis wie beim fortgesetzten Delikt Anwendung fand, war dies dadurch begründet, dass der erstere Begriff eine allenfalls fortgesetzte Begehung der Tat in sich schloss (
BGE 107 IV 82
;
BGE 105 IV 13
; vgl. auch
BGE 116 IV 121
). Infolge der Aufgabe des fortgesetzten Delikts können daher auch bei Gewerbsmässigkeit die Voraussetzungen für die Anwendung von
Art. 71 Abs. 2 StGB
nicht mehr in gleicher Weise bejaht werden.
bb) Massgeblich für die Beantwortung der erwähnten sich neu stellenden Frage müssen nicht subjektive, sondern objektive Kriterien sein. Erforderlich sind, wie bisher beim fortgesetzten Delikt, die Gleichartigkeit der Begehungsweise und die Beeinträchtigung desselben Rechtsgutes. Die erforderliche Einheit ist zu bejahen,
BGE 117 IV 408 S. 414
wenn die gleichartigen und gegen dasselbe Rechtsgut gerichteten strafbaren Handlungen - ohne dass bereits ein eigentliches Dauerdelikt gegeben wäre (
Art. 71 Abs. 3 StGB
) - ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten bilden. Unter welchen genauen Voraussetzungen dies der Fall ist, kann nicht abschliessend in einer abstrakten Formel umschrieben werden. Es wird vielmehr Sache der Praxis sein, im einzelnen die Kriterien hiefür herauszubilden, wobei sich der Richter von Sinn und Zweck der Verjährung (vgl. dazu SCHULTZ, a.a.O., S. 246; HAUSER/REHBERG, Strafrecht I, 4. Aufl., S. 215) leiten zu lassen hat. Klar ist, dass die andauernde Pflichtverletzung vom in Frage stehenden gesetzlichen Straftatbestand ausdrücklich oder sinngemäss mitumfasst sein muss (vgl.
BGE 84 IV 17
;
BGE 75 IV 40
). Wie beim Dauerdelikt wird nicht auf die Vollendung, sondern auf die Beendigung der Straftat abzustellen sein (vgl.
BGE 106 IV 296
; STRATENWERTH, a.a.O.,
§ 12 N 10
).
Ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten ist beispielsweise gegeben bei dem, der seine Unterstützungspflichten stetig vernachlässigt und sich damit gemäss
Art. 217 StGB
strafbar macht; denn nach der Unterlassung der termingerechten Zahlung eines Unterhaltsbeitrags bleibt er weiterhin und andauernd in der Pflicht, die unterlassene Zahlung nachzuholen.
g) Danach ist im hier zu beurteilenden Fall die Verbindung mehrerer strafbarer Einzelhandlungen zu einer verjährungsrechtlichen Einheit im Sinne von
Art. 71 Abs. 2 StGB
zu bejahen. Die Gleichartigkeit der Begehungsweise ist nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
) unstreitig gegeben. Darüber hinaus waren die Taten stets gegen das gleiche Rechtsgut gerichtet, und von den strafbaren Handlungen war immer derselbe Rechtsgutsträger betroffen. Schliesslich liegt ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten vor. Der Beschwerdeführer wäre als Geschäftsführer nämlich nicht nur verpflichtet gewesen, gewinnbringende Geschäfte anstatt für sich selber für seine Arbeitgeberfirma abzuschliessen; er hätte sich auch um Ersatz des von ihm durch die Straftaten verursachten Schadens kümmern müssen. Dadurch, dass er das nicht tat, verletzte er andauernd seine Pflichten gegenüber dem Geschäftsherrn.
h) Im Ergebnis hat die Vorinstanz somit kein Bundesrecht verletzt, wenn sie den Eintritt der Verjährung in bezug auf sämtliche vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen verneint hat. | null | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e29bfc9a-e26b-42eb-8f1e-da8a493d1114 | Urteilskopf
139 III 225
32. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. und Nachlass von Z. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_44/2013 vom 25. April 2013 | Regeste
Art. 54 SchlT ZGB
;
Art. 1 lit. b ZPO
; Anwendbarkeit der ZPO im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet die ZPO nur dort direkte Anwendung, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt. Soweit der Kanton die zuständige Behörde bezeichnet, regelt er auch das Verfahrensrecht; erklärt er die ZPO als anwendbar, stellt diese kantonales Recht dar (E. 2). | Sachverhalt
ab Seite 226
BGE 139 III 225 S. 226
A.
X. besitzt gegen Z. einen Pfändungsverlustschein über Fr. 223'177.-. In der gestützt hierauf eingeleiteten Betreibung erhob die Schuldnerin Rechtsvorschlag. Am 5. Juli 2006 erhielt X. die provisorische Rechtsöffnung. Die Aberkennungsklage wies das Bezirksgericht Zürich am 8. Oktober 2010 ab. In der Zwischenzeit hatte X. am 12. Januar 2007 die provisorische Pfändung verlangt. In der Pfändungsurkunde vom 17. April 2007 waren nebst einem Teil des damaligen Lohnes verschiedene Vermögensgegenstände im Betrag von rund Fr. 50'000.- gepfändet worden. Nachdem die Pfändung definitiv geworden war, verlangte X. am 15. November 2011 die Verwertung.
Zwischenzeitlich war Z. verstorben (2011). Sie hinterliess als gesetzliche Erben die Mutter V. und die Schwester Y., welche im Sinn von Art. 392 Ziff. 1 und Art. 393 Ziff. 2 aZGB verbeiständet ist.
Am 10. August 2011 wurde das Testament eröffnet. Mit Urteil vom 2. September 2011 stellte das Bezirksgericht Zürich den gesetzlichen Erben eine Kopie des Testaments zu. Mit Urteil vom 20. Dezember 2011 wurde zu Protokoll genommen, dass V. mit Erklärung vom 1. Oktober 2011 das Erbe ausgeschlagen hatte. Zudem wurde gestützt auf
Art. 553 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB
die Aufnahme eines Inventars über den Nachlass angeordnet.
Mit Beschluss vom 2. April 2012 nahm die Vormundschaftsbehörde der Stadt A. das Inventar im Namen der verbeiständeten Y. ab und leitete es an den Bezirksrat Zürich weiter. Am 7. Mai 2012 beantragte der Beistand bei der Vormundschaftsbehörde die Genehmigung zur Ausschlagung des Erbes. Am 21. Juni 2012 erklärte er beim Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Erbschaftssachen, für die Verbeiständete die Ausschlagung des Nachlasses, unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Am 28. August 2012 beantragte die Vormundschaftsbehörde beim Bezirksrat die Genehmigung der Ausschlagung. Dieser stimmte mit Beschluss vom 20. September 2012 zu.
B.
In der Folge nahm das Bezirksgericht Zürich, Einzelgericht Erbschaftssachen, mit Urteil vom 24. September 2012 im Sinn von
Art. 570 Abs. 3 ZGB
die Ausschlagung zu Protokoll. Es erwog, dass mit der Erklärung vom 21. Juni 2012 die ab Abnahme des Nachlassinventars am 2. April 2012 laufende dreimonatige Ausschlagungsfrist von
Art. 568 ZGB
eingehalten sei, und stellte fest, dass somit alle gesetzlichen Erben ausgeschlagen hätten, wovon dem Konkursrichter im Sinn der Erwägungen Kenntnis zu geben sei.
BGE 139 III 225 S. 227
Gegen dieses Urteil erhob X. am 8. Oktober 2012 Berufung beim Obergericht des Kantons Zürich mit dem Hauptbegehren, dass die Ausschlagungserklärung von Y. wegen Verwirkung nicht zu protokollieren sei.
Mit Urteil vom 29. November 2012 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf die Berufung nicht ein. Es erwog, dass die Protokollierung keine materiell-rechtliche Wirkung habe und es X. unbenommen sei, gegen die Erbin vorzugehen, weshalb er als Dritter kein rechtlich geschütztes Interesse an der Erhebung der Berufung gegen die Protokollierung der Ausschlagung habe.
C.
Gegen dieses Urteil hat X. am 15. Januar 2013 eine Beschwerde in Zivilsachen erhoben, im Wesentlichen mit dem Begehren, dass die Ausschlagungserklärung von Y. wegen Verwirkung nicht bzw. eventualiter mit dem Vorbehalt der Rechtzeitigkeit bzw. Wirksamkeit zu protokollieren sei. Mit Präsidialverfügung vom 29. Januar 2013 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung erteilt. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.
Mit paralleler Beschwerde, die Gegenstand des Verfahrens 5A_43/2012 bildet, hat X. den weiteren Nichteintretensentscheid des Obergerichtes betreffend sein Rechtsmittel gegen das Urteil des Konkursgerichtes Zürich angefochten, mit welchem am 27. September 2012 die konkursamtliche Liquidation der Erbschaft angeordnet und das Konkursamt Altstetten-Zürich mit dem Vollzug beauftragt wurde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Das Obergericht hat in seiner Begründung auf das bereits (in der nicht publ. E. 1) zitierte Urteil 5A_578/2009 hingewiesen und befunden, dieses verlange ein rechtlich geschütztes Interesse, welches nicht gegeben sei. Jenes Urteil basierte indes auf der ursprünglichen Fassung von
Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG
, gemäss welcher die Beschwerdelegitimation von einem rechtlich geschützten Interesse abhing. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der schweizerischen ZPO wurde die betreffende Norm per 1. Januar 2011 neu gefasst (vgl. AS 2010 1838; BBl 2006 7510); zur Beschwerde in Zivilsachen ist nunmehr legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Soweit dieses zu bejahen ist, muss die kantonale Instanz auf eine Berufung im Sinn von
Art. 308 ff. ZPO
BGE 139 III 225 S. 228
eintreten (vgl.
Art. 111 Abs. 1 BGG
;
Art. 59 Abs. 1 lit. a ZPO
; STERCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 24 der Vorbemerkungen zu
Art. 308 ZPO
). Vorliegend fragt sich jedoch, ob die ZPO als Bundesrecht oder als kantonales Verfahrensrecht zur Anwendung kam, und zwar geht es um die Frage des Anwendungsbereiches von
Art. 1 lit. b ZPO
, genauer um die Frage, ob auch dort von "gerichtlichen Verfahren" im Sinn dieser Bestimmung zu sprechen ist, wo der Bundesgesetzgeber dem Kanton die Bezeichnung der zuständigen Behörde überlassen (
Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB
) und dieser eine gerichtliche Behörde als zuständig bezeichnet hat.
2.1
Ausführlich geäussert hat sich zum Problem auf der einen Seite DENIS PIOTET in drei Beiträgen (La nouvelle délimitation entre règles fédérales et cantonales de procédure civile, in: Procédure civile suisse: Les grands thèmes pour les praticiens, 2010, S. 17 ff.; Commentaire de l'arrêt 5A_582/2011, SZZP 2012 S. 133 f.; Nouveau CPC: questions choisies, Quelle compétence et quelle procédure pour l'ordre judiciaire de réinscription d'une personne morale radiée du registre du commerce?, SZZP 2012 S. 279 ff.), in welchen für eine kantonale Verfahrenskompetenz plädiert wird, soweit der Richter nicht durch das Bundesrecht als zuständig bezeichnet wird. Auf der anderen Seite steht SABRINA CARLIN in einem ausführlichen Beitrag (Commentaire de l'arrêt du Tribunal fédéral 5A_270/2012, La controverse relative à la portée de l'art. 1 let. b CPC, à la lumière de l'art. 54 al. 3 Tit. fin. CC, SZZP 2013 S. 85 ff.) dafür ein, dass die ZPO aufgrund von Art. 1 lit. b immer Anwendung findet, sobald ein Gericht entscheidet, auch wenn dieses gestützt auf
Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB
durch den Kanton als zuständig bezeichnet worden ist.
Die gängigen Kommentare scheinen implizit davon auszugehen, dass die ZPO kraft Art. 1 lit. b generell zur Anwendung gelangt, soweit ein (durch wen auch immer als zuständig bezeichnetes) Gericht und nicht eine Verwaltungsbehörde entscheidet (vgl. FRANZ SCHENKER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 9 zu
Art. 1 ZPO
; DOMINIK GASSER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 36 und 39 zu
Art. 1 ZPO
; MARKUS SCHOTT, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2010, N. 16 zu
Art. 1 ZPO
; ANDREAS KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 1 zu
Art. 52 SchlT ZGB
; JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 13 zu Art. 55 SchlT
BGE 139 III 225 S. 229
ZGB). Ausdrücklich - aber ebenfalls ohne nähere Begründung - wird dies festgehalten von GASSER/RICKLI (Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, N. 3 zu
Art. 1 ZPO
) sowie von FRANK EMMEL (in: Erbrecht: Nachlassplanung, Nachlassabwicklung, Willensvollstreckung, Prozessführung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2011, N. 10 der Vorbem. zu
Art. 551 ff. ZGB
). Umgekehrt weist ISAAK MEIER (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 365) ausdrücklich auf Einschränkungen des Anwendungsbereiches der ZPO aufgrund von
Art. 54 SchlT ZGB
hin, insoweit es den Kantonen überlassen sei, eine Gerichts- oder Verwaltungsbehörde vorzusehen und das Verfahren auszugestalten. BERNHARD BERGER (in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 35 zu
Art. 1 ZPO
) und BRUNO COCCHI (in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC] del 19 dicembre 2008, 2011, N. 3 zu
Art. 1 ZPO
) zählen die Ausschlagung zu den "gerichtlichen Anordnungen" und scheinen damit von einer direkten Anwendbarkeit der ZPO auszugehen. Hingegen subsumiert FABIENNE HOHL (Procédure civile, Bd. II, 2010, Rz. 1072) die Sicherungsmassnahmen des Erbrechts im Sinn von
Art. 551 ff. ZGB
, welche der Bundesgesetzgeber ebenfalls der vom Kanton zu bezeichnenden "zuständigen Behörde" überlässt, nicht unter die gerichtlichen Anordnungen. JACQUES HALDY (in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 14 zu
Art. 1 ZPO
) weist auf die Problematik hin, ohne selbst Stellung zu nehmen.
2.2
Nach
Art. 570 Abs. 1 ZGB
hat der Erbe die Ausschlagung bei der "zuständigen Behörde" mündlich oder schriftlich zu erklären. Diese führt über die Ausschlagungen ein Protokoll (
Art. 570 Abs. 3 ZGB
). Wo das ZGB von einer "zuständigen Behörde" spricht, bestimmen gemäss
Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB
die Kantone, welche bereits vorhandene oder erst zu schaffende Behörde zuständig sein soll (
Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB
). Soweit das ZGB nicht ausdrücklich entweder vom Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde spricht, sind die Kantone frei, welche Behörde sie bezeichnen (vgl.
Art. 54 Abs. 2 SchlT ZGB
), wobei die Rechtsweggarantie im Sinn von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
bzw.
Art. 29a BV
zu beachten ist (LEUENBERGER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 19 zu
Art. 122 BV
; KLEY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 9 ff. zu
Art. 54 SchlT ZGB
). Im Kanton Zürich ist nach § 137 lit. e GOG/ZH (LS 211.1) das Einzelgericht die zuständige Behörde für die Entgegennahme von
BGE 139 III 225 S. 230
Ausschlagungserklärungen. Dass der Kanton eine gerichtliche Behörde als zuständig erklärt hat, heisst aber nicht, dass das betreffende Verfahren zu einer "gerichtlichen Angelegenheit" wird und von Bundesrechts wegen automatisch in den Anwendungsbereich der ZPO fällt, wie die nachfolgenden Überlegungen zeigen.
Gemäss
Art. 1 lit. b ZPO
findet dieses Gesetz Anwendung für gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Mit der "gerichtlichen Anordnung" im Sinn dieser Bestimmung sind gemäss der Botschaft des Bundesrates "gerichtliche Angelegenheiten" gemeint, wobei in diesem Zusammenhang auf
Art. 54 SchlT ZGB
verwiesen und festgehalten wird, dass die Kantone in den übrigen Bereichen der freiwilligen Gerichtsbarkeit weiterhin kantonales Verfahrensrecht anwenden, aber auch die ZPO als anwendbar erklären können (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7257 Ziff. 5.1). So verweist beispielsweise der Kanton Zürich in § 176 GOG für verschiedene Verfahren als ergänzendes Recht auf die allgemeinen Bestimmungen der ZPO. Zwar spricht die Botschaft im erwähnten Zusammenhang nur von "kantonalen Verwaltungsbehörden", was darauf schliessen lassen könnte, dass direkt die ZPO als Bundesrecht zur Anwendung gelangt, soweit der Kanton auch für die nicht gerichtlichen Angelegenheiten ein Gericht als zuständig erklärt. Diese Angelegenheiten werden aber dadurch nicht zu "gerichtlichen" im hier interessierenden Sinn. Es mag einer teleologischen Auslegung entsprechen, die unter dem Zeichen der Verfahrensvereinheitlichung erlassene schweizerische ZPO möglichst umfassend zur Anwendung zu bringen. Der Vorrang muss aber vorliegend der systematischen Auslegung - zwischen den einzelnen Auslegungsmethoden besteht keine eigentliche Hierarchie, sondern ein pragmatisch orientierter Methodenpluralismus, wobei das Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen ist (
BGE 131 III 314
E. 2.2 S. 316;
BGE 136 III 23
E. 6.6.2.1 S. 37;
BGE 137 IV 249
E. 3.2 S. 251 f.) - zukommen:
Art. 54 SchlT ZGB
macht dort, wo das Gesetz von der "zuständigen Behörde" spricht, mit Bezug auf das Verfahrensrecht einen Vorbehalt zugunsten des kantonalen Rechts. Es kann vor dem Hintergrund der Hierarchie zwischen Bundesrecht und kantonalem Recht nicht den Kantonen überlassen sein zu bestimmen, welche Angelegenheiten zu den "gerichtlichen Verfahren" im Sinn von
Art. 1 lit. b ZPO
gehören. Ob die ZPO als Bundesrecht zur Anwendung gelangen soll, kann von der Logik her allein der Bundesgesetzgeber festlegen; dies ergibt sich auch aus
BGE 139 III 225 S. 231
dem Wortlaut von
Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB
. Abgesehen davon würde es zu einem unerwünschten Zustand führen, wenn für die gleiche Verrichtung die ZPO in gewissen Kantonen als Bundesrecht und in anderen als subsidiäres kantonales Recht zur Anwendung gelangen könnte (DENIS PIOTET warnt in diesem Zusammenhang von einem drohenden "mosaïque d'application dissociée du droit fédéral"). Die Maxime der einheitlichen Anwendung des Bundesrechts spricht dafür,
Art. 1 lit. b ZPO
nur dort gelten zu lassen, wo das Bundesrecht selbst eine gerichtliche Behörde vorschreibt, und in den übrigen Bereichen gestützt auf
Art. 54 Abs. 3 SchlT ZGB
das vom Kanton bezeichnete Recht als kantonales Verfahrensrecht anzuwenden.
Weil die Protokollierung der Ausschlagung nicht zwingend einem Gericht obliegt, sondern der Kanton in der Bezeichnung der zuständigen Behörde frei ist (
Art. 570 Abs. 1 ZGB
i.V.m.
Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB
), richtet sich das betreffende Verfahren somit nach kantonalem Recht. Dieses kann nach dem Gesagten eine eigene Regelung aufstellen oder auf eine bestimmte Verfahrensordnung verweisen, nebst Verwaltungsrechtspflegegesetzen insbesondere auf die ZPO, deren Normen diesfalls aber nicht Bundesrecht, sondern kantonales Recht darstellen (vgl. beispielsweise Urteile 5A_804/2011 vom 15. März 2012 E. 3.2.1; 1C_171/2012 vom 13. Juni 2012 E. 2.2; sodann SUTTER-SOMM/KLINGLER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, N. 7 zu
Art. 1 ZPO
; COMETTA/MÖCKLI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 39 zu
Art. 20a SchKG
).
2.3
Soweit die ZPO als kantonales Recht zur Anwendung gelangt, können im betreffenden Zusammenhang nur verfassungsmässige Rechte (namentlich das Willkürverbot) als verletzt gerügt werden (
BGE 136 I 241
E. 2.4 S. 249). Solches wird vorliegend nicht geltend gemacht, weshalb auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten ist. Ohnehin könnte ihr aber auch materiell kein Erfolg beschieden sein, wie nachfolgend kurz dargestellt sei. | null | nan | de | 2,013 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e29dedb4-6287-4fcf-9349-cad187e23a62 | Urteilskopf
121 I 177
25. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 21 juillet 1995 dans la cause R. et consorts contre Cour de droit public du Tribunal cantonal du canton du Valais (recours de droit public) | Regeste
Art. 4 BV
; überspitzter Formalismus und Grundsatz von Treu und Glauben.
Die Behörde, welche einen Quartierplan nicht in vorgeschriebener Weise bekanntgemacht und damit den Anspruch auf rechtliches Gehör der davon betroffenen Grundeigentümer missachtet hat, und gegebenenfalls auch die Rechtsmittelbehörden müssen dafür sorgen, dass der Mangel im weiteren Verfahren behoben werden kann, beispielsweise durch Wiederherstellung der Einsprachefrist (E. 2b/bb).
Die Weigerung, das von den betroffenen Grundeigentümern gestellte Gesuch um Aussetzung des Plangenehmigungsverfahrens als Gesuch um Wiederherstellung der Einsprachefrist entgegenzunehmen, verstösst unter den vorliegenden Umständen gegen das Verbot des überspitzten Formalismus und verletzt das Prinzip von Treu und Glauben (E. 2b/cc). | Sachverhalt
ab Seite 178
BGE 121 I 177 S. 178
La Commune de Salins est propriétaire de la parcelle no 328a du cadastre communal, au lieu dit "La Toulaz". Par avis paru dans le Bulletin officiel du 18 septembre 1992, elle a soumis à l'enquête publique le "plan de quartier de Toulaz, sur la parcelle no 328a, folio 5". L'Assemblée primaire de Salins a adopté ce plan sans modification et l'avis d'acceptation a paru dans le Bulletin officiel du 31 décembre 1992. La Commune de Salins a déposé le 28 avril 1993 auprès du Conseil d'Etat du canton du Valais une requête tendant à l'homologation du plan de quartier de "La Toulaz".
Ayant appris incidemment l'existence de la procédure d'homologation en cours, R. et consorts sont intervenus le 15 mai 1993 auprès de la Commune de Salins pour exiger la suspension de la procédure d'homologation du plan de quartier de "La Toulaz" en raison des vices de forme qui entacheraient son adoption. Ils évoquaient en particulier le fait que le plan de quartier avait été établi sans leur accord écrit et qu'ils n'avaient pas été avisés par lettre chargée de la mise à l'enquête de ce plan contrairement aux exigences de l'
art. 51 let
. c et e du règlement communal des constructions et des zones de Salins du 4 mai 1983 (RCC). Ils estimaient en outre avoir été induits en erreur par les différents avis d'enquête parus au Bulletin officiel relatifs à cet objet, qui ne mentionnaient pas leurs parcelles alors même qu'elles étaient comprises dans le périmètre du plan de quartier.
Considérant la lettre de R. et consorts du 15 mai 1993 comme un recours contre la décision prise le 18 septembre 1992 par l'Assemblée primaire de Salins d'accepter le plan de quartier de "La Toulaz", le Conseil d'Etat du canton du Valais a admis la qualité pour agir des propriétaires concernés, malgré l'absence d'opposition, compte tenu de la publication incomplète de l'objet du plan de quartier; il a rejeté le recours au fond. Il a aussi homologué le plan de quartier de "La Toulaz".
BGE 121 I 177 S. 179
Contre ces décisions, R. et consorts ont déposé un recours de droit administratif que la Cour de droit public du Tribunal cantonal a rejeté par arrêt du 14 décembre 1994. Cette autorité a considéré en substance que le Conseil d'Etat avait, à tort, reconnu la qualité pour agir des trois propriétaires intervenants et rejeté leurs conclusions tendant à l'annulation de la décision confirmant la décision d'adoption du plan de quartier de "La Toulaz". Les conclusions prises contre la décision d'homologation rendue le même jour ont aussi été écartées.
Le Tribunal fédéral a admis le recours de droit public formé par R. et consorts, dans la mesure où il était recevable.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
b) Les recourants admettent ne pas avoir fait opposition au plan de quartier de "La Toulaz" dans le délai prévu par l'art. 34 al. 3 de la loi du 23 janvier 1987 concernant l'application de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (LcAT). Ils reprochent à l'autorité intimée d'avoir fait preuve d'un formalisme excessif en refusant de considérer leur lettre du 15 mai 1993 comme une demande de restitution du délai d'opposition et d'avoir commis un déni de justice en refusant d'entrer en matière sur leur recours pour ce motif.
aa) Il y a formalisme excessif constitutif d'un déni de justice formel prohibé par l'
art. 4 Cst.
lorsque la stricte application des règles de procédure ne se justifie par aucun intérêt digne de protection, devient une fin en soi et complique de manière insoutenable la réalisation du droit matériel ou entrave de manière inadmissible l'accès aux tribunaux (
ATF 120 II 425
consid. 2a,
ATF 119 Ia 4
consid. 2a,
ATF 119 III 28
consid. 3b,
ATF 118 Ia 14
consid. 2a, 241 consid. 4 et les arrêts cités; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Berne 1985, p. 122; GEORG MÜLLER, Commentaire de la Constitution, n. 96 ad art. 4). L'excès de formalisme peut résider soit dans la règle de comportement imposée au justiciable par le droit cantonal, soit dans la sanction qui lui est attachée. Le Tribunal fédéral examine librement ce grief (
ATF 119 Ia 4
consid. 2a et les arrêts cités). En tant qu'il sanctionne un comportement répréhensible de l'autorité dans ses relations avec le justiciable, l'interdiction du formalisme excessif poursuit le même but que le principe de la bonne foi déduit de l'
art. 4 Cst.
(JEAN-FRANÇOIS EGLI, La protection de la bonne foi dans le procès, in: Juridiction constitutionnelle et Juridiction administrative, Recueil de travaux publiés sous l'égide de la Ie Cour de
BGE 121 I 177 S. 180
droit public du Tribunal fédéral suisse, Zurich 1992, pp. 225 ss, 226). Le devoir des autorités de se comporter avec bonne foi à l'égard des administrés et de les protéger, à certaines conditions, contre les conséquences dommageables pour eux que son attitude a pu provoquer vaut aussi dans la procédure d'adoption des plans (
ATF 116 Ib 185
consid. 3c). Cette obligation suppose toutefois que l'administré est lui-même de bonne foi (
ATF 119 Ib 64
consid. 3 et les arrêts cités).
bb) Dans le cas particulier, la Commune de Salins n'a pas recueilli l'accord écrit des propriétaires compris dans le périmètre du plan de quartier de "La Toulaz" préalablement à son établissement, ni avisé personnellement ces derniers de la mise à l'enquête publique du plan contrairement aux exigences de l'
art. 51 let
. c et e RCC. De même, les avis d'enquête parus au Bulletin officiel concernant cet objet ne mentionnaient que la parcelle communale no 328a à l'exclusion des autres parcelles comprises dans le périmètre du plan, dont celles des recourants en particulier. A ce stade, la commune n'a donc pas respecté le droit d'être entendu des propriétaires fonciers touchés par le plan de quartier en omettant de procéder à sa publication dans les formes exigées. Il lui appartenait - à elle et aux autorités de recours - de prendre les mesures nécessaires pour que cette omission soit réparée de manière adéquate, sans que les administrés aient à pâtir des conséquences de l'informalité commise. Si elle ne voulait pas reprendre la procédure au stade où elle fut viciée, elle se devait à tout le moins de permettre aux propriétaires concernés de se faire entendre sans formalités excessives dans la suite de la procédure. Cette attitude s'imposait d'autant plus qu'on ne pouvait reprocher aux recourants d'avoir omis de faire opposition, ces derniers pouvant, de bonne foi, déduire des termes de la publication que le plan de quartier de "La Toulaz" ne les concernait pas.
cc) Par la suite, les recourants ont réagi avec la diligence requise par les règles de la bonne foi en demandant des explications détaillées à l'autorité municipale, respectivement en sollicitant la suspension de la procédure d'homologation du plan de quartier de "La Toulaz", sitôt après avoir pris connaissance des vices ayant entaché la procédure d'adoption du plan (
ATF 116 Ia 215
consid. 2c). Ils n'étaient alors pas non plus représentés par un homme de loi. Aussi, appartenait-il à l'autorité, à ce stade-là, d'accorder aux recourants un droit de s'exprimer équivalant à celui dont ils auraient disposé si la procédure d'adoption du plan avait été régulière. A cette fin, l'autorité n'aurait pu, sans arbitraire, considérer que, faute d'opposition, les propriétaires étaient déchus du
BGE 121 I 177 S. 181
droit de recourir contre la décision de l'Assemblée primaire en application de l'art. 37 al. 2 LcAT, que si elle leur reconnaissait un droit suffisant d'obtenir la restitution du délai d'opposition, selon l'art. 12 al. 3 de la loi sur la procédure et la juridiction administratives (LPJA), en raison des vices de procédure ayant entaché l'adoption du plan de quartier.
La lettre du 15 mai 1993 que les recourants ont adressée à l'administration communale de Salins, avec copie au Conseil d'Etat valaisan, n'est, certes, pas présentée formellement comme une demande de restitution de délai. Cette erreur ne saurait porter à conséquence. Si l'autorité intimée pouvait, à la rigueur, attendre d'un homme de loi qu'il choisisse cette voie de droit plutôt que celle du recours au Conseil d'Etat, il n'en allait pas de même pour les recourants qui ne disposent pas d'une formation juridique particulière. Les règles de la bonne foi faisaient un devoir à l'autorité (communale) de permettre aux recourants de réparer les conséquences des propres omissions de la commune, par exemple en leur restituant le délai d'opposition, voire en considérant comme une telle demande de restitution de délai leur requête de suspension de la procédure d'homologation. La décision du Conseil d'Etat valaisan, qui va dans ce sens, en entrant en matière sur le recours, échappe à la critique. En revanche, en refusant de considérer en l'occurrence la lettre du 15 mai 1993 comme une demande de restitution de délai et en refusant pour ce motif d'entrer en matière sur le fond du recours, l'arrêt attaqué fait supporter aux recourants les conséquences des erreurs successives commises par la commune de Salins en les privant de tout moyen de faire examiner le bien-fondé d'un plan de quartier qui les touche directement dans leur droit de propriété. Ce faisant, l'autorité cantonale a fait preuve d'un formalisme excessif prohibé par l'
art. 4 Cst.
et qui heurte de surcroît les règles de la bonne foi. La décision attaquée doit dès lors être annulée pour ce motif. | public_law | nan | fr | 1,995 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e29e4792-9a26-4e2a-b87f-39b4e2fd6ecd | Urteilskopf
110 II 321
64. Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. März 1984 i.S. E. gegen N. (Berufung) | Regeste
Errungenschaftsgemeinschaft (
Art. 216 und 217 ZGB
).
Ein Ehemann darf für den Unterhalt der Familie nur insoweit auf die gemeinsame Errungenschaft zurückgreifen, ohne die Einwilligung der Ehefrau einzuholen, als dieser Unterhalt im Rahmen des Üblichen bleibt (E. 1). | Sachverhalt
ab Seite 321
BGE 110 II 321 S. 321
Der im Jahre 1924 geborene Hans E. und die im Jahre 1936 geborene Ruth N. gingen am 3. März 1965 miteinander die Ehe ein, der zwei Kinder entsprossen. Am 11. Mai 1967 schlossen die Ehegatten einen öffentlich beurkundeten und von der Vormundschaftsbehörde genehmigten Ehevertrag, in welchem sie unter anderem das während der Ehe erworbene Vermögen dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft im Sinne von
Art. 239 ZGB
unterstellten.
Das Bezirksgericht Zürich schied mit Urteil vom 22. Mai 1980 die Ehe der Parteien in Gutheissung der Klage der Ehefrau gestützt auf
Art. 142 ZGB
. Es sprach die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder der Klägerin zu und regelte das Besuchsrecht des Beklagten sowie seine Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern. Der Klägerin wurde ein Unterhaltsbeitrag gemäss
Art. 151 Abs. 1 ZGB
zugesprochen. In güterrechtlicher Hinsicht wurde der Beklagte
BGE 110 II 321 S. 322
verpflichtet, der Klägerin unter dem Titel Sondergut Fr. 120'000.--, unter dem Titel eingebrachtes Gut Fr. 39'000.-- und unter dem Titel Vorschlagsanteil Fr. 76'431.40 zu bezahlen.
Der Beklagte erhob Berufung und die Klägerin Anschlussberufung an das Obergericht des Kantons Zürich betreffend die güterrechtliche Auseinandersetzung und den Unterhaltsbeitrag für die Ehefrau. Mit Urteil vom 24. Mai 1983 verpflichtete das Obergericht den Beklagten unter anderem, der Klägerin folgende Beträge zu bezahlen:
a) als Sondergut: Fr. 120'000.--
b) als eingebrachtes Gut: Fr. 39'000.--
c) als Vorschlagsanteil: Fr. 104'061.70
Gegen dieses Urteil führt der Beklagte beim Bundesgericht Berufung und beantragt unter anderem, der Klägerin sei lediglich ein Vorschlagsanteil von Fr. 34'860.45 (anstatt Fr. 104'061.70) zuzusprechen.
Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und setzt den der Klägerin zustehenden Vorschlagsanteil auf Fr. 90'466.45 fest.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Entsprechend den Anträgen in der Berufungsschrift ist nur noch die Formulierung der Indexklausel, welche der Berechnung des Rentenanspruchs der Klägerin zugrunde gelegt werden soll, und die Höhe des ihr nach Güterrecht zustehenden Vorschlagsanteils streitig.
Der Beklagte wirft dem Obergericht in erster Linie vor, es habe den Vorschlagsanteil der Klägerin falsch berechnet. Wenn es in Übereinstimmung mit der ersten Instanz angenommen habe, dass eine während des Scheidungsprozesses eingetretene Verminderung der Errungenschaft der Ehegatten bei der Vorschlagsberechnung grundsätzlich ausser acht bleiben müsse und nur bei Vorliegen besonderer Umstände Berücksichtigung finden könne, habe es gegen Bundesrecht verstossen. Der Ehemann sei nach schweizerischem Recht weder unter dem Güterstand der Güterverbindung noch der Gütergemeinschaft verpflichtet, Vorschlag zu äufnen. Unter beiden Güterständen sei er auch frei, über seine Ersparnisse zu verfügen. Nichts anderes ergebe sich aus der Rechtsprechung
BGE 110 II 321 S. 323
des Bundesgerichts in
BGE 107 II 127
sowie aus der von HINDERLING (Schweizerisches Ehescheidungsrecht, Zusatzband zur 3. Aufl., S. 161) und LEMP (N. 27 zu
Art. 212 und 213 ZGB
und N. 8 zu
Art. 214 ZGB
) vertretenen Auffassung.
Dabei übersieht der Beklagte allerdings, dass sich sowohl das Bundesgericht wie auch die erwähnten Autoren an den zitierten Stellen nur mit dem gesetzlichen Güterstand der Güterverbindung befassen, nicht aber mit dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, der unbestrittenermassen aufgrund des Ehevertrags vom 11. Mai 1967 für die Parteien und mit Wirkung gegen Dritte gilt. Diesem Unterschied kommt aber für die Frage, ob der Ehemann über die Errungenschaft verfügen konnte, entscheidende Bedeutung zu. Bei der Güterverbindung steht die Errungenschaft im ausschliesslichen Eigentum des Ehemannes, während sie bei der Errungenschaftsgemeinschaft beiden Ehegatten zur gesamten Hand zusteht (Art. 239 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 215 ff. ZGB
). Im Ehevertrag der Parteien vom 11. Mai 1967 wird denn auch unter Ziffer 5 ausdrücklich die in
Art. 216 und 217 ZGB
enthaltene Regelung der Verwaltung und Verfügung über das Gemeinschaftsgut wiedergegeben. Die gemeinsame Errungenschaft soll danach durch den Ehemann verwaltet werden, der aber nur im Rahmen der ordentlichen Verwaltung ohne Zustimmung der Ehefrau über das Gesamtgut verfügen kann. Daran ändert auch nichts, dass dem Ehemann gemäss
Art. 160 Abs. 2 ZGB
die Pflicht obliegt, für den Unterhalt der Familie aufzukommen. Ein Ehemann darf zu diesem Zweck nur insoweit ohne Einwilligung der Ehefrau über die gemeinsame Errungenschaft verfügen, als der Unterhalt der Familie im Rahmen des Gewöhnlichen bleibt (LEMP, N. 15 zu
Art. 217 ZGB
). Wenn die kantonalen Instanzen demnach davon ausgegangen sind, dass das Erwerbseinkommen der Ehegatten und der Vermögensertrag des Ehemannes grundsätzlich ausreichen, um den Unterhalt beider Ehegatten während des Scheidungsprozesses knapp zu decken, so dass ein Rückgriff auf die gemeinsame Errungenschaft für den Unterhalt einer besonderen Rechtfertigung bedürfe, so ist darin keine Verletzung von Bundesrecht zu erblicken.
Zwar ist den Ausführungen in der Berufungsschrift zu entnehmen, dass der Beklagte der Meinung ist, die Klägerin sei von der Vorinstanz bevorzugt worden, indem ihr hohe Unterhaltsbeiträge zugesprochen worden seien. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Vorinstanz bei der Berechnung des Unterhaltsbeitrages für die
BGE 110 II 321 S. 324
Klägerin von einem monatlichen Gesamteinkommen der Ehegatten von Fr. 4'780.--, das sich aus dem Verdienst des Beklagten von Fr. 4'380.-- und einem Beitrag der Klägerin an die ehelichen Lasten von Fr. 400.-- zusammensetzt, ausgegangen ist. Unter Berücksichtigung der Steuern setzte sie den Unterhaltsbedarf des Beklagten auf Fr. 2'446.-- und denjenigen der Klägerin auf Fr. 2'372.-- fest. Da der Unterhalt beider Ehegatten aus dem Gesamteinkommen nicht ganz gedeckt werden konnte, mutete die Vorinstanz dem Beklagten zu, den monatlichen Fehlbetrag von Fr. 66.-- bzw. Fr. 38.-- seinem Vermögen zu entnehmen. Wenn aber die Ehefrau trotz ihres gesetzlichen Anspruchs auf ehelichen Unterhalt nur gerade auf die Deckung ihres unumgänglichen laufenden Bedarfs verwiesen wurde, so musste sich auch der Ehemann dieselbe Beschränkung gefallen lassen, denn sonst wäre er und nicht etwa die Klägerin zu Lasten der gemeinsamen Errungenschaft bevorzugt worden. | public_law | nan | de | 1,984 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e2a8de73-bf87-4812-a8d1-458a95d42ff1 | Urteilskopf
96 IV 80
19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Juli 1970 i.S. Schneider gegen Statthalteramt Bülach | Regeste
Art. 35 Abs. 4 SVG
; Überholen auf Strassenverzweigungen.
Das Verbot, auf unübersichtlichen Strassenverzweigungen zu überholen, gilt nur für gleichwertige Strassen. Auf Hauptstrassen darf auch überholt werden, wenn die einmündende Nebenstrasse unübersichtlich ist (
Art. 11 Abs. 4 VRV
). Auslegung des Begriffs "auf Strassenverzweigungen". | Erwägungen
ab Seite 80
BGE 96 IV 80 S. 80
2.
a) Gemäss
Art. 35 Abs. 4 SVG
darf in unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar vor Bahnübergängen ohne
BGE 96 IV 80 S. 81
Schranken sowie vor Kuppen nicht überholt werden, auf Strassenverzweigungen nur, wenn sie übersichtlich sind und das Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird.
Soweit das Überholen auf Strassenverzweigungen in Frage steht, gilt der Grundsatz des Gesetzes indessen nur für gleichwertige Strassen. Der auf der Hauptstrasse Fahrende darf auch auf unübersichtlichen Verzweigungen überholen (
Art. 11 Abs. 4 VRV
).
b) Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe vor der Strassenverzweigung überholt, obschon er nach
Art. 11 Abs. 4 VRV
erst auf derselben hätte überholen dürfen. Dieser Rechtsauffassung ist nicht zuzustimmen. Aus der Entstehungsgeschichte von
Art. 35 Abs. 4 SVG
ergibt sich, dass "auf" Strassenverzweigungen mit "bei" oder "im Bereiche von" Strassenverzweigungen gleichgesetzt werden muss. Der Vorentwurf zum SVG vom Januar 1952 enthielt keine besondere Vorschrift über das Überholen bei Kreuzungen. Die Frage, ob bei Kreuzungen das Überholen entgegen den Vorschriften des MFG zu gestatten sei, gab bereits bei den ersten Beratungen der ausserparlamentarischen Expertenkommission zu Diskussionen Anlass. Nachdem diese in der Sitzung vom 10./11. November 1952 grundsätzlich beschlossen hatte, das Überholen bei Kreuzungen, allerdings durch ein "Temperament" abgeschwächt, zu gestatten, lautete die Bestimmung im Vorentwurf vom 9. Mai 1953 (Art. 36 Abs. 3):
"Auf Bahnübergängen und Strassenkreuzungen darf nicht überholt werden."
Dazu war in Klammer als Eventuallösung folgende Abschwächung vorgesehen:
"Auf Bahnübergängen, unübersichtlichen Kurven und bei Schulen darf nicht überholt werden, auf Strassenkreuzungen, Gabelungen und Einmündungen nur, wenn das Vortrittsrecht anderer Fahrzeuge nicht beeinträchtigt wird."
In der Folge ging die Eventuallösung in etwas modifizierter Form ins Gesetz über, wobei die Formulierung "auf Strassenkreuzungen ..." dem Grundsatz nach beibehalten wurde, obschon auch in den späteren Beratungen durchwegs der Ausdruck "bei" Verwendung fand. Das Wort "auf" hatte solange einen guten Sinn, als für Kreuzungen ein Überholverbot statuiert wurde. Missverständlich wurde es jedoch, als die Kommission
BGE 96 IV 80 S. 82
das Überholverbot aufhob und positiv regelte, wann das Überholen bei Kreuzungen erlaubt sein soll. Unter diesen Umständen muss der gesetzliche Begriff "auf" Strassenverzweigungen dahin verstanden werden, dass er auch den Raum vor einer solchen mitumfasst. Es wäre denn auch nicht einzusehen, warum vor einer Verzweigung nicht soll überholt werden können, wenn auf dieser selber das Überholen gestattet ist. | null | nan | de | 1,970 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e2abb9bd-457a-44e3-a64f-1005ebe66f69 | Urteilskopf
138 III 449
66. Estratto della sentenza della II Corte di diritto civile nella causa A. contro B. (ricorso in materia civile)
5D_76/2011 del 31 maggio 2012 | Regeste
Art. 517 Abs. 3 ZGB
,
Art. 394 ff. OR
; Vergütung des Willensvollstreckers.
Frage der Bestimmungen, die auf eine Vereinbarung zwischen Erben und Willensvollstrecker über dessen Vergütung anwendbar sind (E. 4.2). | Sachverhalt
ab Seite 449
BGE 138 III 449 S. 449
A.
A.a
C. è deceduto il 21 novembre 2004. Con testamento pubblico del 22 giugno 1998 ha lasciato la porzione legittima alla figlia A. e la porzione disponibile al nipote D. e ha designato suo esecutore testamentario l'avv. B.
Il 20 dicembre 2004 B. ha scritto ai due eredi. A proposito del suo compenso egli ha rilevato: "Vi informo che l'onorario verrà fatturato in base al dispendio orario a cui va aggiunto un onorario fisso pari al 5 o/oo degli attivi lordi della successione conformemente a quanto previsto dall'art. 46 TOA (Tariffa dell'Ordine degli avvocati del Canton Ticino). Per quanto concerne la tariffa oraria, quanto svolto dal sottoscritto verrà fatturato in ragione di fr. 350.- all'ora, mentre per quanto sarà svolto dalla mia collaboratrice avv. F.,
BGE 138 III 449 S. 450
l'onorario sarà di fr. 300.- all'ora". A. e D. hanno siglato la lettera del 20 dicembre 2004 "per visione e accettazione". Per l'opera svolta, B. ha emesso cinque note professionali, per un compenso in base al dispendio orario di complessivi fr. 89'030.- ed un compenso fisso di fr. 25'000.- (più spese, IVA ed esborsi).
A.b
Il 9 ottobre 2006 A. ha promosso causa davanti al Pretore del Distretto di Lugano, chiedendo di accertare che l'onorario esposto da B. eccede l'equo compenso spettante ad un esecutore testamentario, di ridurre tale onorario a complessivi fr. 45'000.- più spese ed IVA e di condannare B. a rimborsarle fr. 50'000.- oltre interessi sull'onorario che egli aveva già avuto modo di riscuotere. B. ha proposto la reiezione della petizione ed in via riconvenzionale ha postulato la condanna di A. al versamento di fr. 3'175.50 oltre interessi.
Con decisione 27 ottobre 2008 il Pretore ha parzialmente accolto la petizione, condannando B. a versare ad A. fr. 25'000.- più IVA ed interessi (importo relativo al compenso fisso), e ha accolto la domanda riconvenzionale.
B.
Contro la decisione pretorile B. è insorto dinanzi alla I Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino per ottenere la reiezione della petizione di A. Quest'ultima ha proposto di respingere l'appello e con appello adesivo ha postulato che la somma di fr. 25'000.- in suo favore fosse portata a fr. 50'000.- (o almeno fr. 40'000.-) oltre interessi.
Con sentenza 11 marzo 2011 la Corte cantonale ha accolto l'appello principale e ha riformato la decisione pretorile, respingendo la petizione. Essa ha invece respinto l'appello adesivo, nella misura della sua ricevibilità.
C.
Con ricorso in materia civile 4 maggio 2011 A. è insorta al Tribunale federale chiedendo di riformare la sentenza cantonale nel senso che B. sia condannato a restituirle la somma di fr. 46'895.- oltre interessi. La ricorrente ritiene in sostanza che i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario fissati nell'accordo da lei siglato in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 non sarebbero conformi all'
art. 517 cpv. 3 CC
e che l'accordo non sarebbe pertanto vincolante. Con risposta 8 luglio 2011 B. ha proposto la reiezione del ricorso nella misura della sua ammissibilità. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura della sua ammissibilità.
(riassunto)
BGE 138 III 449 S. 451
Erwägungen
Dai considerandi:
4.
4.2.1
L'
art. 517 cpv. 3 CC
prevede che l'esecutore testamentario ha diritto ad un equo compenso per le sue prestazioni. Giusta la dottrina sviluppata in merito a tale norma, le modalità del compenso fissate dal de cuius nel testamento non sono vincolanti: se il compenso stabilito dal testatore non risulta equo, esso può essere rimesso in discussione dall'esecutore testamentario oppure dagli eredi dinanzi al giudice civile (KARRER/VOGT/LEU, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4
a
ed. 2011, n. 28 ad
art. 517 CC
; HANS RAINER KÜNZLE, Berner Kommentar, 2011, n. 388 ad
art. 517-518 CC
; ANDREAS JERMANN, Honorar und Rechenschaftspflicht des Willensvollstreckers, TREX 2009 pag. 165; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2006, pag. 543 n. 1166a; ANDREAS FLÜCKIGER, Das Honorar des Willensvollstreckers, in Willensvollstreckung - Aktuelle Rechtsprobleme [2],2006, pag. 225). Qualora il de cuius non abbia lasciato indicazioni in merito al compenso, l'esecutore testamentario e gli eredi possono inoltre rivolgersi al giudice civile laddove non riescano ad accordarsi su di esso (STEINAUER, op. cit., pag. 543 n. 1166a; PETER BREITSCHMID, Behördliche Aufsicht über den Willensvollstrecker, in Willensvollstreckung, 2001, pag. 182; PETER TUOR, Berner Kommentar, 2
a
ed. 1952, n. 11 ad
art. 517 CC
).
Contrariamente a quanto pretende la ricorrente, il presente caso costituisce tuttavia una fattispecie differente: gli eredi hanno infatti partecipato alla determinazione delle basi di calcolo del compenso, accettando la proposta dell'esecutore testamentario.
4.2.2
Il compenso dell'esecutore testamentario è un credito di diritto privato (
DTF 129 I 330
consid. 3.2;
DTF 90 II 376
consid. 2;
78 II 123
consid. 1a). All'accordo stipulato tra gli eredi e l'esecutore testamentario in merito al compenso di quest'ultimo si applicano le disposizioni sul contratto di mandato (art. 394 segg. CO; v.
DTF 101 II 47
consid. 2;
DTF 90 II 376
consid. 2;
78 II 123
consid. 1a; KARRER/VOGT/LEU, op. cit., n. 12 ad
art. 518 CC
; KÜNZLE, op. cit., n. 63 delle osservazioni preliminari agli
art. 517-518 CC
; JERMANN, op. cit., pag. 164; FLÜCKIGER, op. cit., pag. 204; STEPHANIE HRUBESCH-MILLAUER, Probleme mit der Vergütung des Willensvollstreckers, AJP 2005 pag. 1214). Giusta l'
art. 394 cpv. 3 CO
una mercede è dovuta quando sia stipulata o voluta dall'uso. Per la fissazione dell'ammontare della mercede vige in linea di principio la libertà contrattuale
BGE 138 III 449 S. 452
(WALTER FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, n. 428 ad
art. 394 CO
; JOSEF HOFSTETTER, Der Auftrag und die Geschäftsführung ohne Auftrag, in SPR vol. VII/6, 2000, pag. 79). Ne segue che gli eredi e l'esecutore testamentario sono in linea di principio liberi nel fissare l'ammontare della rimunerazione ed il giudice non può pertanto intervenire per verificare la conformità dell'accordo all'
art. 517 cpv. 3 CC
e fissare un "equo compenso". La censura della ricorrente si appalesa pertanto infondata.
L'accordo sulla mercede può tuttavia essere invalidato segnatamente per vizi della volontà, violazione dei buoni costumi oppure lesione (FELLMANN, op. cit., n. 428 e 450 ad
art. 394 CO
; HOFSTETTER, op. cit., pag. 79). Dagli accertamenti della Corte cantonale - rimasti incontestati - emerge che la ricorrente non ha invocato alcun vizio della volontà (art. 23 segg. CO) entro il termine legale: gli argomenti ricorsuali secondo i quali ella si sarebbe in realtà limitata ad accettare una tariffa che sembrava non negoziabile in virtù della qualifica professionale dell'esecutore testamentario e che la sua accettazione era riferita ad uno svolgimento completo del mandato da parte dell'opponente comprendente pure l'allestimento dell'accordo divisionale della successione (del quale si sono invece occupati gli avvocati degli eredi) risultano così in ogni modo manifestamente tardivi.
In queste circostanze l'accordo siglato dalla ricorrente in calce alla lettera del 20 dicembre 2004 va ritenuto valido e vincolante.
4.2.3
Se la ricorrente non può contestare l'accordo del 20 dicembre 2004 concernente i criteri per calcolare il compenso dell'esecutore testamentario, ella potrebbe nondimeno censurare il dispendio di tempo esposto dall'opponente e la stima del valore degli attivi lordi successori (FELLMANN, op. cit., n. 449 e 451 ad
art. 394 CO
). Tuttavia, nel suo rimedio al Tribunale federale la ricorrente non critica nemmeno più il dispendio di tempo e quo al valore degli attivi lordi successori si limita ad affermare in modo generico che la Corte cantonale non avrebbe tenuto conto né del valore effettivo della successione né dei debiti ipotecari, senza però prendere posizione sulla motivazione dei Giudici cantonali secondo la quale tale censura non era stata sufficientemente dimostrata in sede di appello, rendendo il gravame su questo punto inammissibile per carente motivazione. | null | nan | it | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e2b048fc-e7cf-4e76-a8b2-e3f12e7289e8 | Urteilskopf
112 Ib 70
12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1986 i.S. Schweizer Heimatschutz (SHS) und Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege (SL) gegen Generaldirektion PTT und Regierungsrat des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | Regeste
Art. 103 lit. c OG
,
Art. 12 NHG
; Beschwerdebefugnis gesamtschweizerischer Vereinigungen im Baubewilligungsverfahren nach
Art. 24 RPG
.
Die Anwendung von
Art. 24 RPG
erweist sich dann als Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Art. 12 in Verbindung mit
Art. 2 NHG
, wenn geltend gemacht wird, eine gestützt darauf erteilte Baubewilligung verstosse gegen die nach
Art. 24sexies BV
und nach den Vorschriften des NHG notwendige Rücksichtnahme auf Natur und Heimat. In diesem Umfange steht den gesamtschweizerischen Vereinigungen im Baubewilligungsverfahren nach
Art. 24 RPG
die Beschwerdebefugnis zu. | Erwägungen
ab Seite 71
BGE 112 Ib 70 S. 71
Aus den Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführer beanspruchen mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Beschwerdebefugnis nicht insoweit, als die Baubewilligung in Anwendung kantonalen und kommunalen Rechtes ergangen ist. In dieser Hinsicht ist die Prozedur durch den Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Schwyz vom 23. April 1985, der unangefochten blieb, erledigt. Die Beschwerde richtet sich vielmehr dagegen, dass den Beschwerdeführern im Streit um die Baubewilligung gemäss
Art. 24 RPG
, welche die Voraussetzung der kommunalen Baubewilligung des Gemeinderates von Feusisberg bildete, vom Regierungsrat des Kantons Schwyz die Legitimation versagt worden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes hat das kantonale Recht den gemäss
Art. 103 lit. a und c OG
Beschwerdeberechtigten dieselben Parteirechte wie das Bundesrecht zu gewähren (
BGE 109 Ib 216
E. 2b;
BGE 108 Ib 95
;
BGE 107 Ib 175
E. 3;
BGE 104 Ib 248
E. 4, 379/380 E. 2;
BGE 103 Ib 147
ff. E. 3). Dass ihnen hier die Legitimation gemäss
Art. 103 lit. a OG
zukäme, machen die Beschwerdeführer nicht geltend; insoweit ist der Entscheid des Regierungsrates nicht in Frage gestellt. Doch beanspruchen sie die Beschwerdelegitimation gemäss
Art. 103 lit. c OG
i.V.m.
Art. 12 NHG
, die ihnen vom Regierungsrat verweigert wurde.
Das Bundesgericht hat wiederholt erklärt, dass die beiden Beschwerdeführer als gesamtschweizerische Vereinigungen im Sinne von
Art. 12 NHG
anzuerkennen sind. Die Vorinstanz stellt dies auch nicht in Abrede. Der Regierungsrat begründet seinen Entscheid indessen mit dem Hinweis, dass gemäss
Art. 22quater BV
die Raumplanung grundsätzlich Sache der Kantone sei und demzufolge in deren Zuständigkeit falle. Aus
Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG
i.V.m.
Art. 12 NHG
könne nicht geschlossen werden, die gesamtschweizerischen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes seien nunmehr kraft Raumplanungsgesetz in solchen Verfahren allgemein beschwerdelegitimiert. Dies könne nur insoweit zutreffen, als Bauverfahren als Bundesaufgabe im Sinne von
Art. 2 NHG
gelten könnten. Das aber sei nach heute herrschender Praxis weder innerhalb noch ausserhalb der Bauzone der Fall (
BGE 107 Ib 114
;
BGE 104 Ib 382
f. E. 3a). Im Bauverfahren betreffend Fernmeldeturm "Höhronen" sei keine Bundesaufgabe zu erblicken. Deshalb sei die Beschwerdelegitimation des SHS und der SL zu verneinen.
BGE 112 Ib 70 S. 72
Art. 103 lit. c OG
berechtigt zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausser den in lit. a und b Genannten jede andere Person, Organisation oder Behörde, die das Bundesrecht zur Beschwerde ermächtigt. Nach
Art. 12 NHG
steht, soweit gegen kantonale Verfügungen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist, das Beschwerderecht auch den gesamtschweizerischen Vereinigungen zu. Voraussetzung ist indessen, dass die in Frage stehende kantonale Verfügung im Sinne von
Art. 24sexies Abs. 2 BV
und
Art. 2 NHG
in Erfüllung einer Bundesaufgabe ergangen ist (vgl. Botschaft zum NHG, BBl 1965 III S. 97). Vorliegend steht fest, dass gegen die gemäss
Art. 24 RPG
ergangene kantonale Verfügung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offensteht (
Art. 34 Abs. 1 RPG
). Zu entscheiden bleibt demnach, ob die kantonale Verfügung in Erfüllung einer Bundesaufgabe getroffen wurde.
3.
Schon die am 27. Mai 1962 geschaffene Verfassungsbestimmung von
Art. 24sexies BV
über den Natur- und Heimatschutz spricht in Abs. 2 von Pflichten, die der Bund in Erfüllung seiner Aufgaben zu beachten hat, ohne diese Aufgaben indessen näher zu umschreiben. Die Botschaft des Bundesrates vom 19. Mai 1961 (BBl 1961 I S. 1093 ff.) führt den Grundsatz näher aus: In Abs. 2 des Verfassungsartikels solle die allgemeine Pflicht für den Bund angeordnet werden, "in seinem gesamten Aufgabenbereich" dem Natur- und Heimatschutz die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Zwar verstehe sich diese Pflicht als allgemeines staatliches Ziel eigentlich von selbst. Doch laufe im Zuge der immer weiter um sich greifenden Technisierung dieses Zeitalters der Bund selbst Gefahr, mit der Errichtung seiner eigenen Werke und Anlagen die Interessen des Natur- und Heimatschutzes mehr und mehr in den Hintergrund zu drängen. Abs. 2 sei demnach nicht als blosse Programmbestimmung, sondern als eine Norm mit rechtsverbindlichem Inhalt zu betrachten (S. 1111). Zu den Aufgaben des Bundes im Sinne von Abs. 2 erklärt die Botschaft, eine Präzisierung würde zu weit führen. Im Vordergrund stünden die Erstellung bundeseigener Werke und Anlagen sowie die Erteilung von Bewilligungen (Konzessionen, Polizeierlaubnisse) für die Erstellung von Werken und Anlagen (S. 1111 unten). Als Beispiel nennt sie explizit die Errichtung von Radio- und Fernsehtürmen (S. 1110 unten).
Das Bundesgesetz über Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966, in Kraft seit 1. Januar 1967, umschreibt in seinem Art. 2 näher, was als Erfüllung von Bundesaufgaben zu verstehen ist. In den
BGE 112 Ib 70 S. 73
lit. a, b und c beschreibt es in drei Kategorien die markantesten Bundesaufgaben, die mit dem Natur- und Heimatschutzgedanken kollidieren könnten. Die Botschaft des Bundesrates vom 12. November 1965 (BBl 1965 III S. 89 ff.) erklärt dazu jedoch, der Begriff "Erfüllung einer Bundesaufgabe" werde weder in bezug auf die Kategorien noch bezüglich der bei den Kategorien erwähnten Beispiele in abschliessender Weise umschrieben. Dies gehe deutlich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" in der Einleitung von Art. 2 hervor (S. 94). Auch hier kommt zum Ausdruck, dass unter Erfüllung einer Bundesaufgabe nicht nur die Planung und Errichtung von Werken und Anlagen durch den Bund sowie seine Anstalten und Betriebe zu verstehen ist, sondern ebenfalls die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen (S. 101).
Art. 2 lit. a NHG
bezeichnet als Erfüllung einer Bundesaufgabe ausdrücklich die Planung und Errichtung von Bauten und Anlagen der PTT-Betriebe, währenddem lit. b dieser Bestimmung die Erteilung von Konzessionen und Bewilligungen von Werken und Anlagen zur Übermittlung von Nachrichten als Erfüllung einer solchen Aufgabe erwähnt.
Die Entstehungsgeschichte des NHG lässt erkennen, dass der Gesetzgeber nicht nur die Bundesbehörden zur Berücksichtigung von Natur- und Heimatschutz verpflichten, sondern dass er auch einen entsprechenden Rechtsschutz schaffen wollte. In diesen Zusammenhang ist
Art. 12 NHG
zu stellen, der nach eingehenden Diskussionen den gesamtschweizerischen Vereinigungen das Beschwerderecht einräumt (vgl. hiezu die Botschaft des Bundesrates in BBl 1965 III S. 96/98; ferner ENRICO RIVA, Die Beschwerdebefugnis der Natur- und Heimatschutzvereinigungen im schweizerischen Recht, Bern 1980, S. 46 ff.).
In seinem Entscheid vom 22. Oktober 1985 betrachtet nun aber der Bundesrat den Baubeschluss der PTT-Organe auch für ein Projekt wie die hier streitige Richtstrahlantenne als rein verwaltungsinterne, "organisatorische" Entscheidung und nicht als (anfechtbare) Verfügung im Sinne von Art. 5 bzw. 44 VwVG, und er behandelt die PTT-Betriebe wie einen privaten Bauherrn, der lediglich den für eine private Baute geltenden baulichen Beschränkungen unterliegt (vgl.
Art. 12 PTT-OG
, SR 781.0). Entsprechend hat er - wie zuvor das Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED) - das Vorliegen eines beschwerdefähigen Streitgegenstandes verneint. EVED und Bundesrat verweisen die Beschwerdeführer auf den Weg des kantonalen Baubewilligungsverfahrens.
BGE 112 Ib 70 S. 74
Die Beschwerdeführer haben diesen Weg beschritten, doch sehen sie sich durch den Nichteintretensentscheid des Regierungsrates des Kantons Schwyz auch hier blockiert.
Der Regierungsrat anerkennt, dass es sich in der Sache um einen Streit über Bundesrecht handelt. Dabei geht es jedoch nicht primär um
Art. 24sexies BV
und die
Art. 3 und 6 NHG
, die nach der Meinung der Beschwerdeführer nicht genügend beachtet worden sind, denn diese Bestimmungen kommen nicht selbständig, sondern stets akzessorisch und einschränkend im Zusammenhang mit den primär massgebenden Normen des Bundesverwaltungsrechts zur Anwendung. Vorliegend hat die kantonale Behörde die Baubewilligung bundesrechtlich auf
Art. 24 RPG
gestützt. Diese Bestimmung, insbesondere deren Abs. 1 lit. b ist es, um die es im Verfahren vor Regierungsrat der Sache nach primär geht. Im Rahmen der nach dieser Vorschrift vorzunehmenden Interessenabwägung ist freilich dem NHG der ihm gebührende Stellenwert zuzuweisen. Auch wenn dies von den Beschwerdeführern nicht ausdrücklich so geltend gemacht worden ist, so ist doch die zutreffende Norm des Bundesrechtes von Amtes wegen anzuwenden. Es ist somit zu prüfen, ob die Erteilung der Bewilligung gemäss
Art. 24 RPG
und die ihr vorausgehenden Abklärungen und Erwägungen als Erfüllung einer Bundesaufgabe zu gelten haben.
4.
a) Die Raumplanung ist an sich Sache der Kantone; doch stellt der Bundesgesetzgeber die Grundsätze auf (
Art. 22quater Abs. 1 BV
). In der Grundsatzgesetzgebung, die in der Gestalt des RPG geschaffen wurde, kommt dem Art. 24 tragende Bedeutung zu, wird doch durch ihn die Trennung des Baugebietes vom Nichtbaugebiet gewährleistet. Dementsprechend bringt bereits die Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 1978 zum Ausdruck, die Regelung über die Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone nach Art. 24 sei in ihrer Gesamtheit als Bundesrecht zu betrachten (BBl 1978 I S. 1032, zu Art. 35). Auch das Bundesgericht behandelt seit dem Inkrafttreten des RPG dessen Art. 24 in ständiger Rechtsprechung als übergeordnetes, direkt anwendbares Bundesrecht (
BGE 108 Ib 54
E. 3b, 132 f. E. 1 und 2;
BGE 110 Ib 143
E. 3b, 265 E. 3;
BGE 111 Ib 216
ff. E. 3).
b) Der Bundesrat betrachtete schon unter dem Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung die Festlegung der provisorischen Schutzgebiete als Bundesaufgabe und liess die gesamtschweizerischen Vereinigungen zur Beschwerde zu. Die Erläuterungen des EJPD von 1981 zum RPG bestätigen,
BGE 112 Ib 70 S. 75
dass der Bundesrat die Raumplanung wenigstens teilweise als Bundesaufgabe begriffen hat (N. 25 zu
Art. 33 RPG
, S. 350/351). Das Bundesgericht verfolgte eine zurückhaltende Rechtsprechung. In Fällen des Gewässerschutzes und der Raumplanung (
BGE 100 Ib 450
; ZBl 76/1975 S. 396 ff.;
BGE 104 Ib 382
E. 3a; ZBl 80/1979 S. 27 E. 2b;
BGE 107 Ib 113
f. E. 2a) hat es sich grundsätzlich gegen die Annahme einer Bundesaufgabe und damit gegen die Legitimation der gesamtschweizerischen Vereinigungen ausgesprochen; es anerkannte immerhin Ausnahmen, wenn die Baubewilligung unmittelbar die Gefahr einer Gewässerverschmutzung und damit einer Landschaftsbeeinträchtigung in sich birgt (
BGE 100 Ib 452
E. 3d und e; ZBl 80/1979 S. 27 E. 2b). ENRICO RIVA (a.a.O. S. 89-93) kritisiert diese Rechtsprechung und fordert gestützt auf
Art. 12 NHG
die Anerkennung der Beschwerdebefugnis der Vereinigungen gegen alle Verfügungen im Sinne von
Art. 5 VwVG
, die irgendwelche Auswirkungen auf die Belange des NHG zeigen (S. 91), insoweit also auch auf dem Gebiete des Raumplanungsrechts (S. 92).
Die Raumplanung als solche ist - wie gezeigt - in ihrem Wesen Sache der Kantone und kann daher nicht als Bundesaufgabe im Sinne von
Art. 2 NHG
betrachtet werden. Gegen Nutzungspläne steht daher den gesamtschweizerischen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes das Rekursrecht in der Regel nicht zu (
BGE 107 Ib 113
f. E. 2a). Eine besondere Betrachtung drängt sich jedoch hinsichtlich der Anwendung von
Art. 24 RPG
auf. Die Frage, ob darin die Erfüllung einer Bundesaufgabe liegt, ist in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bis anhin offengeblieben. Ob sie generell für jeden - auch für einen aus der Sicht des NHG neutralen - Anwendungsfall von
Art. 24 RPG
zu bejahen wäre, erscheint zweifelhaft. Doch liegt es nahe, in der Handhabung dieser Bestimmung dann die Erfüllung einer Bundesaufgabe zu erblicken, wenn geltend gemacht wird, eine auf sie gestützte Baubewilligung verstosse gegen die nach
Art. 24sexies BV
und nach den Vorschriften des NHG notwendige Rücksichtnahme auf Natur und Heimat. Diese Betrachtungsweise drängt sich namentlich dann auf, wenn das streitige Bauvorhaben ausserhalb des Baugebietes in einer Landschaft verwirklicht werden soll, die in einem Inventar des Bundes figuriert und durch die Verordnung des Bundesrates vom 10. August 1977 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (SR 451.11, Art. 1 Abs. 1) unter dem Schutz von
Art. 5 und 6 NHG
steht. In derartigen Fällen
BGE 112 Ib 70 S. 76
handelt es sich nach der Entstehungsgeschichte von
Art. 24sexies BV
und des NHG sowie nach dem Zweck und dem Wortlaut von
Art. 12 NHG
bei der Bewilligung gemäss
Art. 24 RPG
um eine solche im Sinne von
Art. 2 lit. b NHG
. Wie erwähnt worden ist, gilt nach dieser Bestimmung auch die Erteilung einer Bewilligung von Werken oder Anlagen "zur Übermittlung von Nachrichten" als Erfüllung einer Bundesaufgabe, wobei der Begriff "Nachrichten" gemäss der Formulierung "insbesondere" im ersten Satz von Art. 2 im weitesten Sinne zu verstehen ist. Unter diese Bestimmung fällt somit auch die hier streitige, von einem "Bauherrn" (
Art. 12 PTT-OG
) projektierte Richtstrahlantenne. Der Bund - bzw. in seinem Auftrag hier der Kanton Schwyz - erfüllt seine Pflicht der Schonung oder Erhaltung der Landschaft durch Verweigerung der Bewilligung oder durch Erteilung der Bewilligung unter Bedingungen oder Auflagen (
Art. 3 Abs. 2 lit. b NHG
).
In der Tat wäre nicht ersichtlich, warum die Tätigkeit der das Bundesrecht anwendenden kantonalen Behörde anders zu qualifizieren wäre als bei Rodungsbewilligungen (
Art. 31 FPolG
,
Art. 25 FPolV
;
BGE 107 Ib 355
ff., nicht publ. E. 1b;
BGE 96 I 504
E. 2, 691 E. 1c), bei Bewilligungen zur Beseitigung der Ufervegetation (
Art. 21 NHG
;
BGE 98 Ib 16
E. 1b;
BGE 96 I 691
f. E. 1c und 2a; ZBl 82/1981 S. 551 E. 1b) oder bei fischereirechtlichen Bewilligungen (
Art. 24 ff. FG
; ZBl 82/1981 S. 552), bei denen die Erfüllung einer Bundesaufgabe durch die Rechtsprechung anerkannt ist (vgl. ALFRED KUTTLER, Fragen des Rechtsschutzes gemäss dem Bundesgesetz über die Raumplanung, ZBl 83/1982 S. 336; HEINZ AEMISEGGER, 5 Jahre RPG - Die Rechtsprechung zum RPG, in Informationsblatt der RPG-NO, Nr. 4/84, Dezember 1984, und in Nr. 37 der Schriftenfolge der Schweiz. Vereinigung für Landesplanung, S. 30; ROBERT MUNZ, Landschaftsschutz als Gegenstand des Bundesrechts, ZBl 87/1986 S. 20). In Fällen dieser Art liegt die Anerkennung einer Bundesaufgabe und damit der Legitimation der Vereinigungen gemäss
Art. 12 NHG
im übrigen in der Linie der mit Urteilen vom 8. November 1974 (
BGE 100 Ib 452
E. 3d und e) und vom 29. September 1978 (ZBl 80/1979 S. 27 E. 2b) begonnenen Rechtsprechung, welche eine Anerkennung der Beschwerdebefugnis der Vereinigungen dann in Aussicht stellt, wenn die Baubewilligung unmittelbar die Gefahr einer Natur- oder Landschaftsbeeinträchtigung in sich birgt. Dass diese Voraussetzung in bezug auf das streitige Projekt erfüllt ist, kann kaum zweifelhaft sein.
BGE 112 Ib 70 S. 77
Unter den aufgeführten Umständen erweist sich die Prüfung der Voraussetzungen und die Handhabung von
Art. 24 RPG
als Erfüllung einer Bundesaufgabe, wenn - wie hier - geltend gemacht wird, eine auf diese Bestimmung gestützte Baubewilligung verstosse gegen die nach
Art. 24sexies BV
und nach den Vorschriften des NHG notwendige Rücksichtnahme auf Natur und Heimat. Dieses Ergebnis drängt sich im vorliegenden Fall aber letztlich auch deshalb auf, weil die projektierte Baute ihrerseits in Erfüllung einer Bundesaufgabe geplant worden ist und ausgeführt werden soll (
Art. 2 lit. a und b NHG
). Für Projekte dieser Bedeutung sieht die Spezialgesetzgebung des Bundes (Militär, Luftfahrt, Eisenbahnen, Elektrizität, Neuenergie, Nationalstrassen, Rohrleitungen) in der Regel Projektgenehmigungs- oder Einspracheverfahren vor. Auch wenn die PTT-Gesetzgebung hier eine Ausnahme macht und die PTT als Regiebetrieb des Bundes wie einen privaten Bauherrn behandelt (
Art. 12 PTT-OG
; vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtes vom 27. März 1974 i.S. Fernsehantenne Mont-Pèlerin), der sich vor Bundesgericht auf die Eigentumsgarantie berufen kann, so darf im Baubewilligungsverfahren nach
Art. 24 RPG
doch nicht übersehen werden, dass die "Bauherrschaft" in Erfüllung einer Bundesaufgabe baut.
5.
Eine Verneinung der Beschwerdebefugnis im vorliegenden Sachzusammenhang würde die Legitimation der gesamtschweizerischen Vereinigungen zu Interventionen zum Schutze von Ortsbildern, Landschaft und Natur, wie sie in
Art. 12 NHG
vorgesehen und in Art. 55 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG) im wesentlichen bestätigt wurde, weitgehend in Frage stellen.
Auf den Entscheid des Bundesrates vom 22. Oktober 1985 ist bereits hingewiesen worden. Dieser Entscheid ist dem vorliegenden Fall als Rechtstatsache zugrunde zu legen. Sie bedeutet, dass ein Projekt der hier zur Diskussion stehenden Art von den Vereinigungen nicht im Lichte von
Art. 2 NHG
vor das EVED und den Bundesrat gebracht werden kann zur Überprüfung der Frage, ob das Projekt in technischer sowie in staatspolitischer Hinsicht einem Bedürfnis entspricht und ob die Standortwahl in Abwägung der technischen Erfordernisse und der Belange des Landschaftsschutzes zu bestätigen oder zu ändern ist.
Ist somit - abgesehen von einer Aufsichtsbeschwerde - kein verwaltungsinterner Rechtsmittelweg offen, so bleibt für eine Überprüfung des überwiegenden öffentlichen Interesses an der
BGE 112 Ib 70 S. 78
projektierten Richtstrahlantenne nur noch das Verfahren gemäss
Art. 24 Abs. 1 RPG
, insbesondere nach dessen lit. b (Entgegenstehen überwiegender Interessen), in dem die Fragen des Bedürfnisses und des Standortes zu überprüfen sein werden. Würde auch in diesem Verfahren die Interventionsmöglichkeit der Vereinigungen verneint, so würde deren Beschwerdebefugnis in erheblichem Masse reduziert. Damit aber wäre dem Willen des Gesetzgebers, wie er in
Art. 1 lit. c sowie
Art. 12 NHG
und neuerdings in
Art. 55 USG
zum Ausdruck kommt, nicht nachgelebt. Eine Anerkennung der Beschwerdebefugnis im skizzierten Umfange drängt sich auch aus dieser Sicht auf.
6.
Darin, dass der Regierungsrat diese Rechtslage verkannt und den Beschwerdeführern im kantonalen Bewilligungsverfahren gemäss
Art. 24 RPG
die Beschwerdebefugnis versagt hat, liegt eine Verletzung von Bundesrecht. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung unter Anerkennung der Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer an den Regierungsrat zurückzuweisen. | public_law | nan | de | 1,986 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e2b99d59-4fb0-4b1e-91fd-d93869dedde0 | Urteilskopf
105 Ia 113
23. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Mai 1979 i.S. X. gegen Z. und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 4 BV
; unentgeltliche Rechtspflege.
Begriff der Aussichtslosigkeit eines Zivilprozesses. | Erwägungen
ab Seite 113
BGE 105 Ia 113 S. 113
Aus den Erwägungen:
2.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes hat eine bedürftige Partei in einem für sie nicht aussichtslosen Zivilprozess Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Das Bundesgericht untersucht in erster Linie, ob die Bestimmungen des kantonalen Prozessrechtes über die unentgeltliche Rechtspflege nicht in willkürlicher Weise angewendet worden seien. Ist dies zu verneinen, so prüft es weiter (und zwar in rechtlicher Hinsicht frei), ob der unmittelbar aus dem Grundsatz der Rechtsgleichheit im Sinne von
Art. 4 BV
fliessende Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege verletzt worden sei (
BGE 104 Ia 33
mit Verweisungen).
a) Gemäss § 84 Abs. 1 der zürcherischen Zivilprozessordnung haben unbemittelte Parteien Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung, "sofern der Prozess nicht als aussichtslos erscheint". Das Handelsgericht hat zum Begriff der Aussichtslosigkeit bemerkt, als aussichtslos gälten "Rechtsbegehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können, nicht aber, wenn die Gewinnaussichten und
BGE 105 Ia 113 S. 114
die Verlustgefahren sich ungefähr die Waage halten oder wenn jene nur wenig geringer sind als diese. Es soll verhindert werden, dass eine Partei auf Staatskosten einen Prozess durchführt, den eine vermögliche Person auf eigene Kosten vernünftigerweise nicht unternehmen würde." Das Kassationsgericht hat sich dieser Umschreibung des Begriffs der Aussichtslosigkeit durch Verweisung auf den Entscheid des Handelsgerichtes angeschlossen. Sie entspricht nicht nur ständiger zürcherischer Praxis (vgl. dazu Komm. STRÄULI/MESSMER, N. 5 zu
§ 84 ZPO
), sondern steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtes, das die Aussichtslosigkeit genau gleich zu umschreiben pflegt wie die zürcherischen Gerichte (
BGE 98 Ia 342
E. 1,
BGE 95 I 415
E. 2 mit Verweisungen).
b) Der Beschwerdeführer beruft sich eingangs der Beschwerdeschrift selbst auf diese Rechtsprechung, versucht indessen an anderer Stelle doch, sie praktisch in Frage zu stellen. Er macht geltend, "aussichtslos" sei gleichbedeutend mit "nicht ernsthaft", und das sei ein Prozess nur dann, "wenn die Klageschrift bereits auf Anhieb und ohne Beweisverfahren erkennen lässt, dass der Kläger mit seinem Standpunkt scheitern wird". Als Beispiele aussichtsloser Klagen führt er an: klarerweise fehlende Passivlegitimation, fehlende Prozessvoraussetzungen wie z.B. verpasste Fristen, Rechtsschriften eines notorischen Querulanten. Damit engt er den Begriff der Aussichtslosigkeit in einer Weise ein, die nicht der angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtes entspricht. Es lässt die Abweisung eines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege nicht nur dann zu, wenn der Prozess im Zeitpunkt der Gesuchstellung bereits aufgrund der Akten durch Urteil zuungunsten des Gesuchstellers entschieden werden könnte, sondern es räumt den kantonalen Instanzen durchaus die Befugnis ein, einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege auch dann zu verweigern, wenn zwar vielleicht noch Beweiserhebungen in Betracht zu ziehen wären, die Aussichten auf einen Prozessgewinn jedoch aufgrund der bisher vorliegenden Akten weit geringer sind als diejenigen auf einen Verlust. Massgebend ist, ob eine über die nötigen Mittel verfügende Partei bei vernünftiger Überlegung das Risiko eingehen würde, den Prozess einzuleiten oder fortzuführen. Dieser Lösung liegt der Gedanke zugrunde, dass weder die Kantone noch die jeweilige Gegenpartei von Bundesrechts wegen verpflichtet werden können,
BGE 105 Ia 113 S. 115
Aufwendungen für Prozesse zu erbringen, die nicht geführt würden, wenn damit für die klagende Partei das übliche Kostenrisiko verbunden wäre. An der bisherigen Rechtsprechung ist daher festzuhalten. Sie erlaubt den kantonalen Instanzen in Verbindung mit der Würdigung der Akten auch eine antizipierte Beweiswürdigung (vgl. dazu auch
BGE 97 I 220
), die vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden kann. Demgemäss erweist sich die Beschwerde im vornherein insoweit als unbegründet, als damit in allgemeiner Form gerügt wird, das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege hätte vor Erhebung der angebotenen Beweise nicht abgewiesen werden dürfen. | public_law | nan | de | 1,979 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e2be4153-0de0-422d-a1df-cd7cd392595d | Urteilskopf
107 II 403
63. Arrêt de la IIe Cour civile du 26 novembre 1981 dans la cause X. contre Département de justice du canton de Neuchâtel (recours de droit administratif) | Regeste
Art. 260 Abs. 1 ZGB
, 102 Abs. 1 ZStV.
Ein Kind kann von seinem natürlichen Vater nicht anerkannt werden, solange das Kindesverhältnis zum gesetzlichen Vater besteht: Unzulässigkeit einer Vaterschaftsanerkennung, die an die Bedingung geknüpft ist, dass das Kindesverhältnis zum gesetzlichen Vater durch Aberkennungsurteil aufgehoben werde. | Sachverhalt
ab Seite 403
BGE 107 II 403 S. 403
A.-
Les époux X., domiciliés à Neuchâtel, ont eu trois enfants. Le père du dernier enfant, Charles, né en 1977, serait en réalité Y.
Y. a demandé que fût enregistrée à l'état civil, conformément à l'
art. 102 al. 1 OEC
, la reconnaissance par lui de Charles, les effets de cette reconnaissance étant subordonnés à la condition que le lien de filiation entre l'enfant et X. serait annulé par jugement de désaveu. L'officier de l'état civil de la ville de Neuchâtel a refusé de donner suite à cette requête, par le motif qu'une telle reconnaissance de paternité ne peut être enregistrée qu'après que l'enfant a été désavoué.
B.-
Le Département de justice du canton de Neuchâtel, en sa qualité d'autorité de surveillance de l'état civil, a rejeté, le 21 juillet 1981, un recours du curateur de Charles X. contre la décision de l'officier de l'état civil.
C.-
Charles X., représenté par son curateur, a formé un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. Il demandait l'annulation de la décision de l'autorité cantonale de surveillance. Le recours a été rejeté.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Aux termes de l'
art. 255 al. 1 CC
, l'enfant né pendant le mariage ou dans les trois cents jours après la dissolution du
BGE 107 II 403 S. 404
mariage a pour père le mari. D'autre part, selon l'
art. 260 al. 1 CC
, lorsque le rapport de filiation existe seulement avec la mère, le père peut reconnaître l'enfant. La reconnaissance a lieu par déclaration devant l'officier de l'état civil ou par testament ou, lorsqu'une action en contestation de paternité est pendante, devant le juge (
art. 260 al. 3 CC
).
Le texte de l'
art. 260 al. 1 CC
ne prête pas à équivoque. La reconnaissance n'est pas prévue tant que la mère est mariée avec le père légal de l'enfant. Elle n'est possible, et ne peut être enregistrée dans le registre des reconnaissances (
art. 102 al. 1 OEC
), que si le rapport de filiation existe seulement avec la mère. Elle suppose donc, si la mère est mariée avec le père légal, qu'une action en désaveu a été intentée et admise.
2.
a) Le recourant craint un "vide juridique" entre la décision de désaveu et la reconnaissance par le père réel. Relevant qu'une reconnaissance faite par testament demeure un acte unilatéral, il estime que la reconnaissance sous condition, enregistrée à l'état civil, est la seule possibilité d'éviter les conséquences d'un refus éventuel du père réel de procéder à la reconnaissance une fois le désaveu prononcé.
b) Les craintes du recourant étaient fondées sous l'empire de l'ancien droit de la filiation. Une déclaration judiciaire avec suite d'état civil n'était alors possible que dans les hypothèses limitativement énumérées par la loi (art. 323 ancien CC). Si le père naturel revenait, après le procès en désaveu, sur sa décision de reconnaître l'enfant ou s'il était décédé entre-temps, il ne restait plus à l'enfant, dans la majorité des cas, que l'action en paiement d'une pension alimentaire (art. 319 ancien CC), laquelle, n'ayant pas pour conséquence l'établissement d'un lien de filiation avec le père, représentait une détérioration de la situation juridique par rapport à une déclaration de reconnaissance de paternité. De surcroît, la loi suisse ne prévoyait pas, en règle générale, un for en Suisse pour intenter une action en paternité avec suite d'état civil contre un étranger (
ATF 79 II 347
).
Tout autre est la situation depuis l'entrée en vigueur du droit actuel, le 1er janvier 1978. Le dualisme entre action en paternité avec suite d'état civil et action "simple" en paiement d'aliments a été supprimé. Le père naturel qui, après le désaveu par le père légal, refuserait de reconnaître l'enfant ou ne serait plus en mesure de le faire pourrait être actionné en constatation du rapport de filiation (
art. 261 al. 1 CC
), les effets étant les mêmes que ceux qui sont liés à une reconnaissance. S'il est décédé, l'action peut être intentée
BGE 107 II 403 S. 405
contre ses descendants ou à leur défaut, dans l'ordre, contre ses père et mère, contre ses frères et soeurs ou contre l'autorité compétente de son dernier domicile (
art. 261 al. 2 CC
). En outre, l'
art. 8d LRDC
prévoit un for en Suisse contre un père étranger domicilié à l'étranger.
Le recourant se prévaut de l'opinion de HEGNAUER (Droit suisse de la filiation, adaptation française, p. 47), suivi par SAGER (Die Begründung des Kindesverhältnisses zum Vater durch Anerkennung und seine Aufhebung, thèse Zurich 1979, p. 52), qui admettent que, si un lien de filiation existe déjà avec un autre homme, la reconnaissance peut être faite sous la condition suspensive que ce lien soit préalablement écarté. Mais HEGNAUER se borne à cette affirmation, sans la démontrer. Quant à SAGER, il se fonde sur un arrêt rendu sous l'empire de l'ancien droit (
ATF 40 II 295
ss): la décision du Tribunal fédéral était dictée par le souci que l'enfant ne risquât pas "de perdre son état légitime sans acquérir envers le demandeur (soit, dans l'espèce, un ressortissant étranger qui avait fait la reconnaissance par acte authentique et avait été acheminé à contester la légitimation de l'enfant par mariage subséquent) les privilèges attachés par la loi à la filiation paternelle (
art. 325 CC
)" (
ATF 40 II 302
consid. 5). Or, on l'a vu, ces craintes n'ont plus de raison d'être en l'état actuel de la législation.
Ainsi, il n'y a pas de motif de s'écarter du texte de l'
art. 260 al. 1 CC
et de permettre une reconnaissance conditionnelle qui ne s'impose pas. Loin d'agir dans l'intérêt de l'enfant, on risquerait, au contraire, de lui porter préjudice, en créant l'incertitude sur la paternité.
D'une manière générale, il convient, pour assurer la clarté et la sécurité des registres de l'état civil, d'éviter des inscriptions soumises à condition, notamment lorsque la durée de la suspension n'est pas précisée. SAGER (op.cit., p. 87/88) suggère que l'officier de l'état civil rejette la requête d'inscription provisoire si celui qui demande l'enregistrement de la reconnaissance conditionnelle ne rend pas vraisemblable qu'un procès en désaveu aura lieu ou est déjà pendant. C'est perdre de vue que le tiers qui entend reconnaître l'enfant n'a pas qualité pour attaquer la présomption de paternité devant le juge (cf.
art. 256 CC
): il ne peut donc pas assurer qu'un procès en désaveu sera ouvert ou, si l'action a été introduite, qu'elle ne sera pas retirée; de toute façon, on ignore le sort qui sera donné au litige.
3.
En conséquence, les décisions cantonales sont bien fondées.
BGE 107 II 403 S. 406
Figurant à l'état civil comme l'enfant des époux X., Charles X. ne peut être reconnu par son père naturel aussi longtemps que le lien de filiation avec le père légal n'aura pas été annulé. | public_law | nan | fr | 1,981 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e2c12344-7e77-4796-a7c1-6f6e947525f4 | Urteilskopf
117 Ia 506
77. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. November 1991 i.S. P. und K. gegen Direktion der Justiz des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 88 OG
,
Art. 380 und
Art. 381 ZGB
.
Zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Wahl des Vormunds sind weder der dabei übergangene Verwandte noch die Eltern des Mündels, deren Vorschlag nicht berücksichtigt worden ist, legitimiert. | Erwägungen
ab Seite 506
BGE 117 Ia 506 S. 506
Erwägung:
Nach
Art. 88 OG
steht die Befugnis zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde Bürgern (Privaten) hinsichtlich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist demnach nur legitimiert, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt in rechtlich geschützten eigenen Interessen beeinträchtigt wird; zur Verfolgung bloss tatsächlicher Interessen wie auch zur Wahrung allgemeiner öffentlicher Interessen ist die Beschwerde nicht gegeben (
BGE 115 Ia 78
E. 1c,
BGE 114 Ia 311
E. 3b,
BGE 113 Ia 249
E. 2 und 428 E. 1, mit Hinweisen). Wie das Bundesgericht in
BGE 107 Ia 343
entschieden hat, werden die Eltern des Mündels durch die Wahl des Vormunds in ihren rechtlich geschützten Interessen nicht beeinträchtigt. Zwar sind sie nach
Art. 381 ZGB
berechtigt, einen Vormund ihres
BGE 117 Ia 506 S. 507
Vertrauens zu bezeichnen; diesem Vorschlag ist stattzugeben, sofern nicht wichtige Gründe dagegen sprechen.
Art. 381 ZGB
ist jedoch ausschliesslich im öffentlichen und nicht im privaten Interesse derjenigen Personen, die einen Vormund vorschlagen können, aufgestellt worden. Die Vormundschaft ist eine öffentliche Angelegenheit, und ihre Ausgestaltung lässt die persönliche Rechtsstellung der Eltern des Mündels unberührt. Dass die Wahl des Vormunds gemäss
Art. 388 ZGB
von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden kann, vermag daran nichts zu ändern; dabei handelt es sich um eine für das Gebiet des Vormundschaftsrechts geltende Sondervorschrift, die auf das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht anwendbar ist. SCHNYDER/MURER weisen freilich darauf hin, dass das Vorschlagsrecht den Eltern des Mündels auch um ihrer Persönlichkeit willen zustehe (N 70 zu
Art. 388 ZGB
; vgl. auch KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, S. 242 Anm. 120). Das Interesse der Eltern daran, dass ihrem Vorschlag Folge gegeben werde, fällt aber gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wahl eines möglichst geeigneten Vormunds nicht ins Gewicht und ist jedenfalls rechtlich nur insoweit geschützt, als die Eltern überhaupt Vorschläge machen und die Wahl des Vormunds gestützt auf
Art. 388 Abs. 2 ZGB
anfechten können. Es vermag daher die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht zu begründen.
Die gleichen Überlegungen müssen auch gelten, wenn es um die Anwendung von
Art. 380 ZGB
geht, wonach die Behörde bei der Wahl des Vormunds einem tauglichen nahen Verwandten des Bevormundeten den Vorzug zu geben hat, sofern nicht wichtige Gründe dagegen sprechen. Zwar ist im Randtitel von
Art. 380 ZGB
von einem "Vorrecht" ("droit de préférence") die Rede. Damit kann aber nicht gemeint sein, dass die Verwandten geradezu einen Anspruch darauf hätten, zum Vormund gewählt zu werden. Das Vorrecht wird nicht im Interesse des Verwandten gewährt, sondern in jenem des Mündels bzw. im öffentlichen Interesse, weil der Gesetzgeber von der Vermutung ausgeht, ein Verwandter sei als Vormund am besten geeignet (EGGER, N 1 zu Art. 380/381 ZGB; vgl. auch SCHNYDER/MURER, N 5 sowie 50 ff. zu Art. 380/381 ZGB). Der bei der Wahl zum Vormund übergangene Verwandte ist daher zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde ebenfalls nicht legitimiert. In diesem Sinn hat das Bundesgericht bereits in dem nicht veröffentlichten Urteil vom 30. Oktober 1944 i.S. Stebler entschieden (zustimmend EGGER,
BGE 117 Ia 506 S. 508
N 6 zu
Art. 388 ZGB
, sowie Birchmeier, Bundesrechtspflege, S. 373).
Im vorliegenden Fall haben einerseits der Vater des bevormundeten Kindes, anderseits eine Grosstante, die das Amt des Vormunds für sich beansprucht, gegen die Wahl des Vormunds staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Beiden geht nach dem Gesagten die Beschwerdelegitimation ab. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist demzufolge nicht einzutreten. | public_law | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e2c30889-9073-4a07-8af6-2f3269e5519d | Urteilskopf
81 IV 77
17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Februar 1955 i.S. Schmid gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. | Regeste
Art. 273 Abs. 2 BStP
.
Wenn der Beschwerdeführer in der neuen Beschwerdeschrift wieder gegen
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
verstösst, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (Erw. 1), desgleichen wenn er darin nach Ablauf der Frist des
Art. 272 Abs. 2 BStP
ergänzende Anbringen macht, obwohl ihm der Präsident des Kassationshofes angedroht hatte, dass auch solche das Nichteintreten zur Folge hätten (Erw. 4). | Sachverhalt
ab Seite 77
BGE 81 IV 77 S. 77
A.-
Robert Schmid raste am 20. Dezember 1953 um 00.35 Uhr bei leicht nebligem Wetter am Steuer eines Personenwagens mit 60 bis 65 km/Std. ein wenig links gestaffelt mit 10 bis 15 m Abstand hinter einem von Hans Mäder geführten ungefähr gleich schnell fahrenden Personenwagen von der Hardbrücke in Zürich herab über die Kreuzung mit der Neugasse und der Pfingstweidstrasse in die schlecht beleuchtete etwas mehr als 12 m breite Fahrbahn der Hardstrasse hinein, deren Oberfläche nass und dunkel war. Auf der Höhe der Neugasse ging der annähernd 75 Jahre alte angetrunkene Christian Strahm Richtung Pfingstweidstrasse, also von den beiden Fahrzeugen aus gesehen von rechts nach links, gemächlichen Schrittes, d.h. mit einer Geschwindigkeit von 3,5 bis 4 km/Std., vor dem Wagen des Mäder hindurch in die Fahrbahn der Hardstrasse hinaus. Weil die abgeblendeten Scheinwerfer des Wagens Schmid die Fahrbahn nur auf
BGE 81 IV 77 S. 78
30 m und in einer Breite von 6 m erhellten und Schmid dem Verkehr nicht die nötige Aufmerksamkeit schenkte, erblickte er Strahm erst, als er ihm auf 1-2 m nahe war. Er fegte ihn mit der rechten Seite des Wagens 3-4 m vom rechten Randstein der Hardstrasse entfernt weg und tötete ihn.
B.-
Am 10. September 1954 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Schmid der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs schuldig und verurteilte ihn zu acht Monaten Gefängnis.
C.-
Der Anwalt des Verurteilten führte kantonale und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Letztere begründete er am 19. November 1954, wobei er ein Doppel der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde beifügte und es zum integrierenden Bestandteil der eidgenössischen Beschwerde erklärte.
Die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 29. Dezember 1954 abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden konnte.
Am 12. Januar 1955 sandte der Präsident des Kassationshofes dem Anwalt des Beschwerdeführers die zur Begründung der eidgenössischen Beschwerde eingereichten Rechtsschriften zurück mit dem Hinweis, dass gemäss
Art. 277bis, 273 Abs. 1 lit. b BStP
tatsächliche Feststellungen der kantonalen Behörde nicht angefochten werden dürften und auch die Beilegung eines Doppels der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde als integrierenden Bestandteil, deren Inhalt nicht die Darlegung einer Bundesrechtsverletzung sein könne, unzulässig sei. Gemäss
Art. 273 Abs. 2 BStP
setzte er Frist bis 22. Januar 1955 zur Verbesserung der Beschwerde und drohte dem Beschwerdeführer an, dass bei Nichtbefolgen auf sie nicht eingetreten würde, zumal auch dann, wenn die neue Beschwerdebegründung wiederum unzulässige Ausführungen enthalten sollte. Auf Ansuchen des Anwaltes wurde die Frist in der Folge bis 31. Januar 1955 erstreckt.
An diesem Tage reichte der Anwalt des Beschwerdeführers eine neue Begründungsschrift ein.
BGE 81 IV 77 S. 79
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.
Das Obergericht führt aus, Strahm könne als 75 jähriger angetrunkener Mann nicht anders als gemächlichen Schrittes dahergekommen sein; mehr als einen Meter in der Sekunde, was 3,5-4 km in der Stunde entspreche, dürfte er nicht zurückgelegt haben. Damit lehnt es eine schnellere Gangart Strahms ab, was sich deutlich auch daraus ergibt, dass es in anderem Zusammenhang ausführt, er habe auf jeden Fall 3-4 Sekunden benötigt, um die 3-4 m vom Randstein bis zur Unfallstelle zurückzulegen. Darauf stellt es denn auch in der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes ab. Der Anwalt des Beschwerdeführers geht seinerseits davon aus, wenn er geltend macht, Strahm hätte nach den Ausführungen des Obergerichts 6 Sekunden benötigt, um die Hälfte der Fahrbahn zu überqueren. An anderer Stelle passt ihm jedoch diese Berechnung nicht. Hier versucht er ihr eine andere unterzuschieben, indem er geltend macht, wenn man von einem durchschnittlichen Fussgängertempo von 5 km/Std. ausgehe, habe Strahm 2 1/2 Sekunden benötigt, um die 3, 7 m vom Betreten der Strasse bis zur Stelle des Zusammenstosses zurückzulegen. Wiederum anderswo geht er von einer Zeitspanne von 2 1/2 bis 3 1/2 Sekunden aus, statt auf die vom Obergericht verbindlich ermittelten 3-4 Sekunden abzustellen. Der Anwalt des Beschwerdeführers hat somit die vom Präsidenten des Kassationshofes erteilte Weisung, die Anfechtung tatsächlicher Feststellungen aus der Beschwerde auszuscheiden, insofern nicht befolgt. Schon das allein schliesst gemäss
Art. 273 Abs. 2 BStP
aus, dass der Kassationshof auf die Beschwerde eintrete.
4.
Wie in
BGE 79 IV 92
ausgeführt wurde, dient die Nachfrist des
Art. 273 Abs. 2 BStP
nur dazu, die unzulässigen Anbringen aus der fristgemäss eingereichten Beschwerdeschrift zu entfernen; sie ist nicht bestimmt, dem Beschwerdeführer nach Ablauf der Frist des
Art. 272 Abs. 2 BStP
Gelegenheit zur Ergänzung der Begründung zu geben.
BGE 81 IV 77 S. 80
Die Beschwerdeschrift vom 31. Januar 1955 enthält auch Anbringen, die unter diesem Gesichtspunkt unzulässig sind. Der Beschwerdeführer hat in die neue Begründung z.B. zahlenmässige Angaben und Berechnungen aufgenommen, die in der zurückgewiesenen Eingabe fehlten. Wollte er im Hinblick auf seine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde sie in der eidgenössischen Beschwerde ursprünglich nicht so vortragen, so berechtigte ihn das nicht, die Nachfrist des
Art. 273 Abs. 2 BStP
zu benützen, um nach der Abweisung der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde Front zu wechseln. Neu sind unter anderem auch die Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit, die Erörterungen über die westlich der Hardstrasse liegenden Heimgärten und der Standpunkt, es habe kein reger Fahrzeugverkehr geherrscht und deshalb die Geschwindigkeit nicht stark gemässigt zu werden brauchen. Wäre dem Beschwerdeführer im Schreiben des Präsidenten des Kassationshofes angedroht worden, dass auch die unzulässige Ergänzung der Beschwerdebegründung Nichteintreten zur Folge hätte, so wäre auf die Beschwerde auch wegen der neuen Anbringen nicht einzutreten. Denn die Zurückweisung einer Beschwerdeschrift gemäss
Art. 273 Abs. 2 BStP
würde ihren Zweck der Vereinfachung des Beschwerdeverfahrens verfehlen, wenn der Beschwerdeführer, ohne einen Rechtsnachteil gewärtigen zu müssen, in der "verbesserten" Beschwerdeschrift an Stelle der dem
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
widersprechenden Anbringen solche machen dürfte, die unter einem anderen Gesichtspunkt, nämlich wegen Ablaufs der Frist des
Art. 272 Abs. 2 BStP
, unzulässig sind.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten. | null | nan | de | 1,955 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e2c432f8-88f5-4d36-827f-c0483b3c4409 | Urteilskopf
134 I 331
38. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Kanton Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_391/2008 vom 1. September 2008 | Regeste
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
; Staatshaftung; Anspruch auf eine öffentliche Gerichtsverhandlung.
Der Anspruch auf Durchführung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung ist noch nicht verwirkt, wenn eine solche erst im zweiten Schriftenwechsel ausdrücklich verlangt wird. Ein während des ordentlichen Schriftenwechsels gestellter Antrag ist grundsätzlich rechtzeitig (E. 2 und 3). | Sachverhalt
ab Seite 332
BGE 134 I 331 S. 332
A. war als Kollektivgesellschafter an einer Gärtnerei für ethnobotanische Pflanzen in Brunnen beteiligt. Im Rahmen des Strafverfahrens, welches die Untersuchungsbehörden des Kantons Schwyz gegen ihn und die übrigen Gesellschafter (wegen Verdachts auf Produktion von Hanf zur Betäubungsmittelgewinnung) eröffnet hatten, wurden am 7. Juni 2004 sämtliche Hanfpflanzen und Produktionsanlagen der Gärtnerei mit Beschlag belegt. Im anschliessenden Rechtsmittelverfahren erstritten die Gesellschafter die Freigabe von Hanf und Produktionsanlagen unter "geeigneten Auflagen und Kontrollen" (Beschluss des Schwyzer Kantonsgerichts vom 26. Mai 2006). Nachdem die Kollektivgesellschaft am 5. Juli 2006 gelöscht worden war, reichte A. am 30. Mai 2007 Klage gegen den Kanton Schwyz ein und verlangte eine Schadenersatzleistung in der Höhe von 391'141.60 Franken; seine ehemaligen Mitgesellschafter hatten ihm vorgängig ihre allfälligen Ansprüche abgetreten. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die Klage mit Urteil vom 2. April 2008 ab, soweit es darauf eintrat.
Am 23. Mai 2008 hat A. beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Das Bundesgericht heisst diese gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurück.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Der Beschwerdeführer hatte im vorinstanzlichen Verfahren die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verlangt. Weil seinem Antrag nicht entsprochen worden ist, sieht er nun
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verletzt.
2.1
Nach dieser Konventionsbestimmung ist in Streitigkeiten über "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" eine (mündliche) öffentliche Verhandlung durchzuführen, sofern die Parteien nicht ausdrücklich oder stillschweigend darauf verzichten. Von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
werden nicht nur zivilrechtliche Streitigkeiten im eigentlichen Sinne erfasst, sondern auch Verwaltungsakte hoheitlich handelnder Behörden, die massgeblich in private Rechtspositionen eingreifen. In
BGE 134 I 331 S. 333
diesem Sinne als zivilrechtlich gelten unter anderem Schadenersatzforderungen gegenüber dem Gemeinwesen (vgl.
BGE 130 I 388
E. 5.1 S. 394 und E. 5.3 S. 397). Hinsichtlich der vorliegenden Staatshaftungsstreitigkeit wird deshalb zu Recht von keiner Seite in Frage gestellt, dass der Beschwerdeführer an sich Anspruch auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gehabt hätte (vgl.
BGE 126 I 144
E. 3a S. 150 f.). Die vom Gericht zu beurteilenden Fragen waren weder ausschliesslich rechtlicher noch hochtechnischer Natur, so dass eine persönliche Befragung bzw. Äusserungsmöglichkeit der Parteien nicht sinnlos - und damit zum vornherein überflüssig - erschienen wäre (vgl. hierzu
BGE 122 V 47
E. 3 S. 54 ff.; Urteil 9C_555/2007 vom 6. Mai 2008, E. 3.2).
2.2
Die Vorinstanz führte trotz ausdrücklichem dahingehendem Antrag des Beschwerdeführers keine (mündliche) öffentliche Verhandlung durch. Ihre ablehnende Haltung hat sie damit begründet, dass der betreffende Antrag nicht rechtzeitig gestellt worden sei. Gemäss § 70 der kantonalen Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege (VRP/SZ) in Verbindung mit § 109 Abs. 1 der Schwyzer Zivilprozessordnung (ZPO/SZ) könne der Gerichtspräsident für Replik und Duplik das mündliche oder schriftliche Verfahren anordnen. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung müsse deshalb frühzeitig - jedenfalls vor Einreichung der schriftlichen Replik - gestellt werden. Würde einem erst in der Replik gestellten Antrag noch entsprochen, so käme es neben dem doppelten Schriftenwechsel zusätzlich noch zu einer mündlichen Triplik und Quadruplik, was eine ungerechtfertigte "Verfahrensaufblähung" bedeuten würde.
2.3
Weil die Parteien auch stillschweigend auf ihren Anspruch auf eine mündliche öffentliche Verhandlung verzichten können, haben sie in jenen Verfahren, für die das anwendbare Prozessrecht eine solche nicht zwingend vorschreibt, einen dahingehenden Verfahrensantrag zu stellen; unterlassen sie dies, wird angenommen, sie hätten auf ihren Anspruch aus
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verzichtet (
BGE 127 I 44
E. 2e/aa S. 48; Näheres bei RUTH HERZOG,
Art. 6 EMRK
und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Bern 1995, S. 350 ff.). Liegt ein entsprechender Antrag vor, so kann unter anderem dann ausnahmsweise doch von einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn er "nicht frühzeitig genug" gestellt worden ist, als schikanös erscheint oder auf eine Verzögerungstaktik schliessen lässt und damit dem Grundsatz der Einfachheit und Raschheit des Verfahrens zuwiderläuft oder gar rechtsmissbräuchlich ist (
BGE 122 V 47
E. 3b S. 56).
BGE 134 I 331 S. 334
Zu prüfen ist hier also, ob das Verwaltungsgericht zu Recht von einer verspäteten Antragstellung ausgegangen ist.
2.3.1
Ausser Frage steht die Rechtzeitigkeit des Antrags auf Durchführung einer öffentlichen Gerichtsverhandlung, wenn dieser bereits in der das betreffende Verfahren einleitenden Rechtsschrift gestellt wurde (vgl. etwa Urteil 8C_67/2007 vom 25. September 2007, publ. in: Schweizerische Zeitschrift für Zivilprozessrecht [SZZP] 2008 S. 6, E. 3.1; Urteil 4D_22/2007 vom 16. Juli 2007, E. 2.4 in Verbindung mit lit. C). Als rechtzeitig wurde weiter ein Antrag betrachtet, der zwar nicht bereits in der Beschwerdeschrift, sondern erst in einer anschliessenden Eingabe, aber noch innerhalb des ordentlichen Schriftenwechsels gestellt und im Rahmen der Replik bekräftigt worden war (Urteil I 98/07 vom 18. April 2007, E. 4.1). Demgegenüber beurteilte das Eidgenössische Versicherungsgericht einen Antrag als verspätet, der mehr als 14 Monate nach Abschluss des Schriftenwechsels, aber noch während der Rechtshängigkeit des betreffenden Verfahrens gestellt wurde (Urteil K 116/03 vom 23. November 2004, E. 1).
2.3.2
Vorliegend hat der Beschwerdeführer in seiner Klageschrift wiederholt eine Parteibefragung sowie die Einvernahme von verschiedenen Zeugen verlangt. Diesen Anträgen mochte zwar stillschweigend die Erwartung zugrunde liegen, dass das Gericht eine mündliche Verhandlung durchführen werde, doch haben solche Begehren praxisgemäss bloss den Charakter von Beweisanträgen; sie lassen für sich allein noch nicht hinreichend klar auf den Wunsch der Partei nach einer konventionskonformen publikumsöffentlichen Gerichtsverhandlung schliessen (
BGE 122 V 47
E. 3a S. 55). Unmissverständlich verlangte der Beschwerdeführer die Durchführung einer entsprechenden mündlichen Verhandlung erstmals in seiner Replik. Einen genügenden Antrag stellte er damit - auch wenn er die betreffende Eingabe erst nach gewährter zweimaliger Fristverlängerung einreichte (nachdem der Regierungsrat seinerseits eine Fristverlängerung für die Klageantwort erhalten hatte) - noch im Rahmen des Schriftenwechsels. Mit Blick auf die Rechtsprechung (vgl. E. 2.3.1) sowie auf Sinn und Zweck von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
können seine konventionsrechtlichen Ansprüche deshalb nicht verwirkt sein. In der Regel muss ein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung dann als rechtzeitig gelten, wenn er während des ordentlichen Schriftenwechsels gestellt wird (im gleichen Sinne bezüglich
BGE 134 I 331 S. 335
einer entsprechenden kantonalen Verfahrensgarantie: Urteil 2C_699/2007 vom 30. April 2008, E. 2.2 nicht publ. in
BGE 134 II 108
).
2.3.3
Der blosse Umstand, dass Replik und Duplik gemäss dem einschlägigen kantonalen Verfahrensrecht auf Anordnung des Gerichtspräsidenten auch mündlich hätten vorgetragen werden können (vgl.
§ 109 ZPO
/SZ) und dass deshalb bei einer frühzeitigen Stellung des Antrags auf eine (mündliche) öffentliche Verhandlung im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
von einem zweiten Schriftenwechsel hätte abgesehen werden können, lässt den in der (schriftlichen) Replik gestellten Antrag nicht missbräuchlich erscheinen: Zum einen erschöpft sich der Sinn einer öffentlichen Gerichtsverhandlung nicht darin, auf die Vorbringen der Gegenpartei mündlich antworten zu können, sondern die Verfahrensbeteiligten erhalten damit auch die Möglichkeit eines direkten Kontakts mit dem Richter. Des Weiteren hätte der Verfahrensleiter hier den mit der Replik gestellten Antrag, eine öffentliche Verhandlung durchzuführen, zum Anlass nehmen können, auf einen zweiten Schriftenwechsel (allenfalls unter Zurückweisung der eingereichten Rechtsschrift) zu verzichten und die Parteien stattdessen für Replik und Duplik auf die mündliche öffentliche Verhandlung zu verweisen. Aus diesen Überlegungen erhellt, dass
§ 109 ZPO
/SZ keineswegs zwingend voraussetzt, dass das durch
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
gewährleistete Recht auf eine mündliche Verhandlung bereits mit der Klageschrift geltend gemacht wird.
2.4
Ferner gibt es keine Hinweise auf ein schikanöses, auf blosse Verzögerung ausgerichtetes oder sonst wie missbräuchliches prozessuales Verhalten des Beschwerdeführers. Weil das gegen Letzteren ergangene (erstinstanzliche) Straferkenntnis, welches für die Beurteilung der streitigen Ersatzforderung von erheblicher Bedeutung sein dürfte, im Zeitpunkt der Urteilsfällung durch das Verwaltungsgericht noch nicht rechtskräftig war (bzw. noch nicht einmal schriftlich begründet war und mit der Möglichkeit eines Weiterzugs gerechnet werden musste), sprachen auch keine Gründe der zeitlichen Dringlichkeit gegen die Ansetzung der beantragten mündlichen Parteiverhandlung.
3.
3.1
Nach dem Gesagten hat das Verwaltungsgericht, indem es den Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu Unrecht als verspätet betrachtet hat,
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verletzt. Eine Heilung dieses Mangels durch eine öffentliche
BGE 134 I 331 S. 336
Parteiverhandlung im Verfahren vor Bundesgericht ist schon mit Blick auf dessen wesentlich engere Kognition ausgeschlossen (vgl.
BGE 132 V 387
E. 5.1 S. 390;
BGE 126 I 68
E. 2 S. 72). Das Bundesgericht kann die Anwendung der Haftungsbestimmungen des kantonalen Rechts nicht frei, sondern nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots prüfen (vgl.
Art. 95 BGG
), und es wäre überdies grundsätzlich an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden (vgl.
Art. 97 und
Art. 105 BGG
). Mithin ist die Beschwerde gutzuheissen und die Sache zu neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, ohne dass es darauf ankäme, ob Aussichten auf eine günstigere Beurteilung der streitigen Schadenersatzforderung bestehen.
3.2
Auch wenn im vorliegenden bundesgerichtlichen Entscheid nur formell-rechtliche Fragen erörtert werden, geht es im Verfahren letztlich doch um Vermögensinteressen, weshalb der unterliegende Kanton Schwyz kostenpflichtig wird (
Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG
e contrario). Er hat zudem den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (
Art. 68 BGG
), so dass das gestellte Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung hinfällig wird. | public_law | nan | de | 2,008 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e2c78ea3-51c8-4da1-9d8a-59619f0dbd99 | Urteilskopf
95 I 596
86. Arrêt du 5 novembre 1969 dans la cause Securities Management Company Limited contre Noël et Ministère public du canton de Genève. | Regeste
Staatsrechtliche Beschwerde.
Unzulässigkeit von Rügen, die Widersprüche enthalten. | Sachverhalt
ab Seite 596
BGE 95 I 596 S. 596
A.-
En 1968, Noël, ressortissant français domicilié en France, a commis, en France, deux abus de confiance au préjudice de la société Securities Management Company, société anonyme domiciliée à Genève.
Poursuivi à Genève pour ces infractions, Noël a contesté la compétence du juge suisse devant la Chambre d'accusation du canton de Genève. Celle-ci, statuant le 28 avril 1969, l'a néanmoins renvoyé devant la Cour correctionnelle siégeant avec le jury, considérant, sur la compétence, que les actions de la lésée étaient en majorité détenues par des Suisses et que, partant, le juge suisse était compétent de par l'art. 5 CP; qu'il serait d'ailleurs loisible à l'inculpé de soulever à nouveaule déclinatoire devant le juge de répression.
Devant la Cour correctionnelle, le 14 mai 1969, l'inculpé a plaidé l'incompétence, la lésée, en qualité de partie civile et le Ministère public, au contraire, la compétence du juge suisse. Dans l'ordonnance de renvoi du 28 avril 1969, l'acte d'accusation dressé par le Ministère public mentionnait, sur chacun des chefs, que la lésée était une "société anonyme de droit suisse ayant son siège social à Genève, dont le capital-actions appartient en majorité à des Suisses et à des personnes domiciliées en Suisse". Dans les questions posées au jury, cette formule se trouve modifiée par une correction manuscrite, de sorte que la fin du texte précité porte: "dont le capital-actions appartient à concurrence de 37,5% à des Suisses et à des personnes domiciliées en Suisse".
Après en avoir délibéré en présence du président, lequel avait voix consultative (art. 215 PP gen.), les jurés rentrèrent en
BGE 95 I 596 S. 597
audience et se prononcèrent sur chacune des questions posées par les mots "sans réponse". Le procès-verbal de l'audience ne mentionne aucune opération ultérieure et ne comporte aucun dispositif.
B.-
Securities Management Company Ltd a formé un recours de droit public. Elle demande au Tribunal fédéral d'ordonner à la Cour correctionnelle de Genève, siégeant avec le concours du jury, de statuer sur les questions telles qu'elles ressortent de l'ordonnance de renvoi de la Chambre d'accusation rendue le 28 avril 1969. A la forme, elle allègue avoir, comme partie civile, un intérêt à obtenir un verdict qui réponde par oui ou par non aux questions touchant la culpabilité de Noël. Au fond, elle affirme que, selon le système de la procédure pénale genevoise, la question de compétence, qui a été effectivement soulevée devant la Cour correctionnelle, relève, non pas du jury (art. 315 PP gen.), mais de la Cour elle-même (art. 244 PP gen.); qu'aucune question ne lui ayant été soumise sur ce point, le jury aurait dû se prononcer sur le fond (art. 322 PP gen.) et a commis un déni de justice en ne le faisant pas.
C.-
Noël conclut à l'irrecevabilité, subsidiairement au rejet du recours.
D.-
La Cour correctionnelle et le Procureur général du canton de Genève concluent tous deux au rejet du recours. Ils allèguent notamment que l'administrateur de la recourante a dû finalement reconnaître que la société était la succursale d'une entreprise domiciliée aux Bahamas et que la majorité de son capital-actions était détenue par des étrangers, ce qui a justifié la correction apportée aux questions soumises au jury. La Cour correctionnelle ajoute que l'inculpé, niant la compétence des tribunaux suisses, avait demandé au jury de répondre aux questions par la négative; que la partie civile, d'avis opposé sur la compétence, avait proposé au jury de l'admettre et, partant, de donner des réponses affirmatives; que le Ministère public, enfin, soulevant le déclinatoire, avait requis le jury de ne pas répondre aux questions posées, afin d'éviter soit un acquittement en cas de réponse négative, soit une condamnation en cas de réponse affirmative.
Erwägungen
Considérant en droit:
La recourante admet que, par son refus de répondre aux questions, le jury s'est prononcé sur la compétence des tribunaux
BGE 95 I 596 S. 598
suisses et l'a niée. Elle n'est dès lors pas recevable à se plaindre d'un déni de justice du fait qu'il a refusé de répondre aux questions posées sur le fond. Car elle se met en contradiction avec elle-même lorsqu'elle reproche ce refus à une autorité qui - elle le reconnaît - s'était déclarée incompétente.
Il est vrai qu'elle lui conteste aujourd'hui le pouvoir de se prononcer sur le déclinatoire opposé au juge suisse aussi bien par le Ministère public que par l'inculpé. Mais la déclaration d'incompétence, fondée sur le droit fédéral (art. 5 CP), aurait pu faire l'objet de la part du Ministère public, à l'exclusion de la partie civile, d'un recours cantonal (art. 437 al. 1 lit. b et 439 al. 1 PP gen.), puis d'un pourvoi en nullité (art. 270 PPF). Ces voies de recours n'ayant pas été suivies, la décision d'incompétence est passée en force. La recourante ne pourrait la faire casser que par la voie exceptionnelle du recours de droit public; encore faudrait-il, pour qu'elle fût recevable à le faire, qu'elle eût subi une atteinte dans les droits que lui confère, soit l'art. 4 Cst. directement, soit la loi genevoise de procédure pénale. Le seul droit dont elle pourrait alléguer la violation dans la présente espèce serait celui d'exiger que la décision sur le déclinatoire émane de l'autorité compétente. Car c'est seulement de l'incompétence du jury pour statuer sur cette question qu'elle se plaint. Or, supposé même qu'elle soit en principe recevable à soulever ce moyen pour la première fois devant le Tribunal fédéral (RO 89 I 250 b
;
90 I 148
consid. 1; 356 consid. 3), elle ne le serait en tout cas pas dans les circonstances de la présente cause, parce que, dans l'instance cantonale, elle a manifesté une opinion contraire. En effet, la compétence du juge suisse y ayant été déclinée et par l'inculpé et par le Ministère public, elle n'a pas requis la Cour correctionnelle seule de trancher ce point, mais a demandé au jury de répondre par l'affirmative aux questions posées; c'était admettre qu'il se prononce sur le déclinatoire.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Déclare le recours irrecevable. | public_law | nan | fr | 1,969 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e2c891b3-66b9-4833-9159-2ccf02dab882 | Urteilskopf
103 Ib 321
52. Auszug aus dem Urteil vom 25. November 1977 i.S. S. | Regeste
Dienstverhältnis des Bundesbeamten, Nichtwiederwahl.
- Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts.
- Abgrenzung des administrativen Verfahrens nach
Art. 57 BtG
vom Disziplinarverfahren. | Erwägungen
ab Seite 321
BGE 103 Ib 321 S. 321
Aus den Erwägungen:
1.
Gegen Verfügungen betreffend die Nichtwiederwahl eines Beamten kann Verwaltungsgerichtsbeschwerde geführt werden. Nach der Rechtsprechung sind dabei nur die Beschwerdegründe von
Art. 104 lit. a und b OG
zulässig; die Angemessenheit der Verfügung kann nicht überprüft werden (
BGE 99 Ib 237
E. 3).
BGE 103 Ib 321 S. 322
Der Beschwerdeführer greift diese Rechtsprechung an. Unter Berufung auf
BGE 100 Ib 26
wird geltend gemacht, in Wirklichkeit handle es sich um eine Entlassung wegen angeblicher Dienstpflichtverletzungen, die nur im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zur Aufhebung des Dienstverhältnisses führen könnten. Wo die administrative Entlassung nur vorgeschoben werde, habe das Bundesgericht auch die Angemessenheit der Entlassung zu überprüfen; dasselbe müsse auch bei einer Nichtwiederwahl gelten.
Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Grundsätzlich kann ein Dienstverhältnis disziplinarisch oder nichtdisziplinarisch aufgelöst werden. Die nichtdisziplinarische Auflösung von Seiten des Bundes kann entweder aus wichtigem Grund während der Amtsdauer (
Art. 55 BtG
) oder durch Nichterneuerung bei Ablauf der Amtsdauer (
Art. 57 BtG
) erfolgen. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. c des BRB vom 31. März 1976 über die Wiederwahl der Beamten der allgemeinen Bundesverwaltung für die Amtsdauer 1977-1980 (SR 172.221.121) sind von der Wiederwahl für die neue Amtsdauer ausgeschlossen Beamte "die hinsichtlich Tauglichkeit oder Verhalten den Anforderungen des Amtes nicht genügen". Diese Regelung, auf die der hier angefochtene Entscheid sich stützt, ist nicht zu beanstanden; sie entspricht dem Sinn des Gesetzes (vgl.
BGE 99 Ib 236
E. 3). Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht die Gesetzmässigkeit dieses BRB. Hat die Wahlbehörde die Überzeugung, dass ein Beamter hinsichtlich Tauglichkeit oder Verhaltens den Anforderungen seines Amtes nicht oder nicht mehr genügt, so darf sie deshalb von der Wiederwahl absehen, ohne Rücksicht darauf, ob das Verhalten des Beamten Gegenstand eines Disziplinarverfahrens war oder nicht.
Im heutigen Rechtsstreit ist nicht zu beurteilen, wann bei einer Amtsenthebung während der Amtsdauer eine disziplinarische Entlassung durchzuführen ist und wann eine administrative Entlassung aus wichtigem Grund (vgl.
BGE 100 Ib 26
). Zur Diskussion steht vielmehr eine Nichtwiederwahl. Zwar hat JUD, (Besonderheiten öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse nach schweizerischem Recht, insbesondere bei Beendigung aus nichtdisziplinarischen Gründen, Diss. Freiburg 1975, S. 230), übereinstimmend mit dem Beschwerdeführer die Ansicht vertreten, im Nichtwiederwahlverfahren müsse die Abgrenzung zum Disziplinarverfahren bei schuldhafter Verletzung von
BGE 103 Ib 321 S. 323
Dienstpflichten die gleiche sein, wie bei der Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund während der Amtsdauer. Dabei wird jedoch übersehen, dass der Ermessensbereich der Wahlbehörde während der Amtsdauer wesentlich kleiner ist als am Ende derselben. Der gewählte Beamte hat Anspruch darauf, dass während der Amtsdauer das Dienstverhältnis nur wegen eines schweren Disziplinarfehlers im Sinne von
Art. 31 Abs. 1 Ziff. 9 BtG
oder aus einem wichtigen Grunde im Sinne von Art. 54/55 BtG aufgelöst wird. Über die Erneuerung des Beamtenverhältnisses nach Ablauf der Amtsdauer entscheidet dagegen die Wahlbehörde "nach freiem Ermessen". Sie darf und muss bei dieser Gelegenheit das gesamte verschuldete und unverschuldete Verhalten des Beamten in der Vergangenheit überprüfen, und sie hat auf Grund der Gesamtwürdigung der Persönlichkeit zu entscheiden, ob der Beamte hinsichtlich Tauglichkeit und Verhalten den Anforderungen des Amts weiterhin genügen wird. Wurden während der abgelaufenen Amtsdauer Disziplinarverfahren durchgeführt, so erleichtern diese die Gesamtbeurteilung; wurden keine durchgeführt, so spricht dies dafür, dass nach Ansicht der Vorgesetzten kein Anlass zu einem solchen Verfahren bestand. Der Gesamtwürdigung bei der Wiederwahl wird aber durch das Durchführen oder Unterlassen von Disziplinarverfahren nicht vorgegriffen.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat das Bundesgericht auch nie erklärt, dass bei der Nichtwiederwahl die Dienstpflichtverletzungen eines Beamten nicht massgebend seien; es hat im Gegenteil ausgeführt, für die Nichtwiederwahl sei nicht erforderlich, dass dem Beamten ein Verhalten vorzuwerfen sei, welches nach
Art. 30 BtG
Anlass zu einer disziplinarischen Massnahme geben könnte; es genüge vielmehr, dass die wegen Beanstandung der Leistung oder des Verhaltens des Beamten verfügte Nichtwiederwahl nach den Umständen als eine sachlich haltbare, nicht willkürliche Massnahme erscheine (
BGE 99 Ib 237
E. 3). Daran ist festzuhalten. | public_law | nan | de | 1,977 | CH_BGE | CH_BGE_003 | CH | Federation |
e2cf4e29-c827-40de-bff9-f5a48fd89ffb | Urteilskopf
83 III 135
36. Arrêt du 13 décembre 1957 dans la cause St. SA | Regeste
Retentionsrecht des Vermieters.
Hat der Mieter einen Zahlungsbefehl für Mietzins zugestellt erhalten und eine Retentionsurkunde empfangen, und hat er weder Rechtsvorschlag erhoben noch Beschwerde geführt, so ist die Summe, die er zur Vermeidung einer Rückschaffung der verzeichneten Retentionsgegenstände hinterlegt hat, ohne weitere Förmlichkeit zur Zahlung der Forderung des Vermieters zu verwenden. | Sachverhalt
ab Seite 135
BGE 83 III 135 S. 135
A.-
St. SA a, en vertu des art. 282 et 283 LP, poursuivi son locataire M. en paiement de 2100 fr. pour le loyer afférent à la période du 24 décembre 1956 au 24 septembre 1957. Le commandement de payer fut notifié au débiteur le 1er juillet 1957. Il mentionnait que, faute de paiement,
BGE 83 III 135 S. 136
le contrat de bail serait résilié à l'expiration d'un délai de 30 jours. A la même date, l'office dressa l'inventaire des meubles soumis au droit de rétention.
Le débiteur ne fit pas opposition au commandement de payer et n'éleva aucune objection contre l'inventaire. Le 1er août 1957, il évacua les locaux loués, emportant tous les meubles soumis au droit de rétention. Le lendemain, il paya 1743 fr. 40, c'est-à-dire le loyer dû jusqu'au 31 juillet 1957 et les frais accessoires; il déclarait n'être redevable que de ce montant, le contrat ayant été résilié pour la fin de juillet.
La créancière déposa une réquisition de vente et l'office ordonna la réintégration du mobilier inventorié. Afin d'éviter cette dernière mesure, M. consigna 400 fr. à l'office pour le loyer afférent à la période du 1er août au 24 septembre 1957.
B.-
Le 5 août 1957, le débiteur poursuivi a porté plainte contre les procédés de l'office. Il prétendait que le montant de 1743 fr. 40 couvrait tout ce qu'il devait à St. SA à titre de loyer. Il concluait dès lors à l'annulation de l'ordre de réintégration des meubles et à la restitution du montant de 400 fr. qu'il avait consigné.
Statuant en seconde instance le 7 novembre 1957, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a admis partiellement la plainte et invité l'office à inventorier la somme de 400 fr. en lieu et place du mobilier et à fixer à la société poursuivante le délai prévu par l'art. 283 al. 3 LP.
C.-
St. SA recourt au Tribunal fédéral, en concluant à ce que la décision de la Cour cantonale soit annulée et que l'office soit invité à affecter le montant de 400 fr. au paiement du solde de la créance qui est l'objet de la poursuite.
Erwägungen
Considérant en droit:
L'autorité cantonale a considéré qu'il n'y avait pas lieu de rechercher si le montant de 2100 fr. était dû et que,
BGE 83 III 135 S. 137
M. n'ayant pas formé opposition, le commandement de payer était exécutoire. Mais, a-t-elle ajouté, le débiteur s'est libéré à concurrence de 1743 fr. 40 et il a consigné un montant de 400 fr. pour le surplus; dès lors, il n'y a plus lieu à réintégration des meubles; conformément à l'arrêt Augsburger (RO 59 III 128), il faut inventorier la somme consignée et fixer un délai à la société poursuivante pour intenter une poursuite en réalisation de gage.
Cette argumentation est critiquée avec raison par la recourante. Si, dans l'arrêt Augsburger, le Tribunal fédéral a considéré qu'il fallait inventorier le montant consigné et que le créancier devait intenter une poursuite en réalisation de gage, c'est que la consignation n'avait été précédée ni d'un inventaire des objets soumis au droit de rétention ni de la notification d'un commmandement de payer. Ces formalités devaient donc être accomplies pour donner au débiteur la faculté de contester la dette et le droit de rétention. Mais la situation est différente en l'espèce. M. a consigné la somme de 400 fr. après s'être vu signifier un commandement de payer et un procès-verbal d'inventaire. Il avait donc eu la possibilité de contester la créance de St. SA, ainsi que le droit de rétention. De même, il avait eu l'occasion de porter plainte pour nier la saisissabilité des biens inventoriés. Or il n'a fait usage d'aucun de ces moyens. Au regard du droit des poursuites, il a ainsi reconnu devoir le montant qui lui était réclamé par le commandement de payer et il a admis l'existence d'un droit de rétention de St. SA sur tous les biens inventoriés. On ne saurait, dans ces conditions, lui donner une seconde fois la possibilité de s'opposer à la poursuite et de contester le droit de rétention. Au contraire, la recourante prétend avec raison que le solde du montant de 2100 fr. doit être payé au moyen de la somme consignée par M.; celle-ci, en effet, remplace les meubles que St. SA avait le droit de faire réaliser pour couvrir sa créance. Si M. maintient qu'il ne doit pas de loyer pour la période du 1er août au 24 septembre 1957, il lui reste la possibilité
BGE 83 III 135 S. 138
d'intenter une action en répétition de l'indu, selon l'art 86 LP.
Dispositiv
Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites:
Admet le recours, annule la décision attaquée et invite l'office des poursuites à affecter le montant de 400 fr. versé par le débiteur au paiement de la créance de St. SA | null | nan | fr | 1,957 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e2dc0b3d-1814-4911-b39b-91655dfedeb0 | Urteilskopf
117 V 394
53. Auszug aus dem Urteil vom 8. November 1991 i.S. Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft gegen M. und Verwaltungsgericht des Kantons Zug | Regeste
Art. 40 UVG
. Für die Ermittlung der Überentschädigung gemäss
Art. 40 UVG
ist eine Globalrechnung im Sinne der zu
Art. 74 Abs. 3 KUVG
ergangenen Rechtsprechung (
BGE 105 V 315
Erw. I/4) vorzunehmen (Erw. 3).
Art. 51 Abs. 3 UVV
. Bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes sind die aus der Verwertung einer Restarbeitsfähigkeit effektiv erzielten Einkünfte in Abzug zu bringen, nicht dagegen hypothetische Einkommen, welche der Versicherte bei zumutbarer Ausnützung der verbleibenden Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit hätte erzielen können (Erw. 4). | Erwägungen
ab Seite 394
BGE 117 V 394 S. 394
Aus den Erwägungen:
2.
a) Vorbehältlich besonderer Koordinationsregeln werden gemäss
Art. 40 UVG
Geldleistungen, ausgenommen Hilflosenentschädigungen,
BGE 117 V 394 S. 395
so weit gekürzt, als sie mit anderen Sozialversicherungsleistungen zusammentreffen und den mutmasslich entgangenen Verdienst übersteigen. Nach
Art. 51 Abs. 3 UVV
entspricht der mutmasslich entgangene Verdienst jenem Verdienst, den der Versicherte ohne schädigendes Ereignis erzielen würde.
b) Die Vorschrift von
Art. 40 UVG
stellt eine Generalklausel zur Vermeidung von Überentschädigungen dar (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 536 f.). Sie gilt ihrem Wortlaut nach nur subsidiär, d.h. wenn keine andere Koordinationsnorm anwendbar ist. So finden
Art. 40 UVG
und die entsprechenden gemäss altrechtlicher Rechtsprechung (namentlich zu
Art. 74 Abs. 3 KUVG
) entwickelten Grundsätze keine Anwendung beim Zusammentreffen von Renten der obligatorischen Unfallversicherung mit solchen der AHV oder IV, da die Art. 20 Abs. 2 und 31 Abs. 4 UVG diesbezüglich eine besondere Koordinationsregel enthalten. Demgegenüber greift
Art. 40 UVG
beispielsweise dann Platz, wenn - wie im vorliegenden Fall - Taggelder der Unfallversicherung mit Renten der Invalidenversicherung zusammentreffen (
BGE 115 V 279
Erw. 1c mit Hinweisen).
3.
Zu prüfen ist zunächst, welche Sozialversicherungsleistungen (Taggelder der Unfallversicherung, Renten der Invalidenversicherung) in zeitlicher Hinsicht in die Berechnung der Überversicherung einzubeziehen sind. Während die beschwerdeführende Versicherungsgesellschaft sich für den Grundsatz der zeitlichen Kongruenz der Leistungen ausspricht, vertritt die Beschwerdegegnerin die Auffassung, es sei eine Globalrechnung ab Unfalldatum vorzunehmen.
a) Der Tatbestand des Zusammentreffens von Taggeldern der Unfallversicherung mit Renten der Invalidenversicherung wurde vor Inkrafttreten des UVG (1. Januar 1984) durch
Art. 74 Abs. 3 KUVG
geregelt. Diese Bestimmung schrieb vor, dass, wenn Leistungen auch von anderen Versicherern für denselben Unfall ausgerichtet werden, das Krankengeld den von diesen nicht gedeckten Teil des entgehenden Verdienstes nicht überschreiten dürfe. Im Rahmen dieser Bestimmung hat das Eidg. Versicherungsgericht die Auffassung, dass bei der Berechnung der Überversicherung stets gleiche Zeitabschnitte einander gegenüberzustellen seien, sowohl aus rechtlichen wie auch aus praktischen Gründen abgelehnt und sich für eine globale Abrechnung für die gesamte Bezugsperiode ausgesprochen. Diese Betrachtungsweise gewährleiste namentlich einen sachlich gerechtfertigten Ausgleich
BGE 117 V 394 S. 396
zwischen Perioden mit unterschiedlichen Einkommensverhältnissen. Eine Aufteilung in verschiedene Abrechnungsperioden hätte dagegen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine Benachteiligung der Versicherten zur Folge. Dazu komme, dass sich die Einteilung der Zeitabschnitte - von der unpraktikablen Lösung der Eintagsabrechnung abgesehen - auf keine zuverlässigen Kriterien stützen könnte und insoweit weitgehend willkürlichen Charakter hätte. Ein solches Vorgehen würde daher auch die Grundsätze der Rechtsgleichheit und der Rechtssicherheit gefährden (
BGE 105 V 315
Erw. I/4).
b) Die Bestimmung von
Art. 40 UVG
unterscheidet sich von
Art. 74 Abs. 3 KUVG
insofern, als
Art. 40 UVG
das Zusammentreffen mit anderen Sozialversicherungsleistungen regelt, wogegen in
Art. 74 Abs. 3 KUVG
von Leistungen anderer Versicherer die Rede war, worunter auch Leistungen aus Privatversicherung zu verstehen waren (
BGE 105 V 309
; vgl. auch BBl 1976 III 199). Anderseits beschränkte
Art. 74 Abs. 3 KUVG
die Berücksichtigung von Leistungen anderer Versicherer auf solche aus dem gleichen Leistungsgrund ("für den gleichen Unfall"), während
Art. 40 UVG
keine solche Einschränkung enthält. Diese Unterschiede stehen einer Übertragung der zu
Art. 74 Abs. 3 KUVG
ergangenen Rechtsprechung zur Berechnungsmethode (
BGE 105 V 315
Erw. I/4) auf
Art. 40 UVG
indessen nicht entgegen. Der Umstand, dass
Art. 40 UVG
vom "Zusammentreffen" mit anderen Sozialversicherungsleistungen spricht, schliesst eine Weiterführung der früheren Rechtsprechung nicht aus, weil dieser Ausdruck primär sachlich (gleicher Fall) und nicht zeitlich (gleicher Zeitabschnitt) aufzufassen ist. Auch aus den Materialien ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit
Art. 40 UVG
den Grundsatz der zeitlichen Kongruenz der für die Berechnung der Überentschädigung massgeblichen Leistungen einführen wollte.
Richtig ist, dass beim Anspruch auf Komplementärrenten der Unfallversicherung zu Renten der Invalidenversicherung oder der AHV nach Art. 20 Abs. 2 und 31 Abs. 4 UVG praxisgemäss von identischen Zeitabschnitten ausgegangen wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz auch im Rahmen von
Art. 40 UVG
zu gelten hat.
Art. 40 UVG
ist vorbehältlich der genannten, hier nicht näher zu erörternden Unterschiede der Vorschrift von
Art. 74 Abs. 3 KUVG
nachgebildet und gilt als Generalklausel grundsätzlich für das Zusammentreffen mit
BGE 117 V 394 S. 397
sämtlichen sozialversicherungsrechtlichen Geldleistungen. Demgegenüber regeln die Art. 20 Abs. 2 und 31 Abs. 4 UVG den besondern Tatbestand des Zusammentreffens von Renten der Unfallversicherung mit solchen der Invalidenversicherung oder der AHV und damit das Zusammentreffen gleichartiger Leistungen, die nach ähnlichen Regeln festgesetzt werden. Dass die Komplementärrenten als Gegenstand spezieller Koordinationsvorschriften anderen Grundsätzen folgen, kann für die Auslegung von
Art. 40 UVG
daher nicht entscheidend sein. Ebensowenig kommt es darauf an, dass im Rahmen der Bestimmungen über den Regress gemäss
Art. 41 ff. UVG
der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz Geltung hat (
Art. 43 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 UVG
; vgl. auch MAURER, a.a.O., S. 550 f.). Beim Regress im Sinne dieser Bestimmungen handelt es sich um eine zivilrechtlich ausgestaltete Regelung, welche weitgehend haftpflichtrechtlichen Grundsätzen folgt und die sozialversicherungsrechtliche Überentschädigungsberechnung nicht zu präjudizieren vermag.
Andere Gründe, die zu einer Praxisänderung Anlass zu geben vermöchten, sind nicht ersichtlich. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in
BGE 105 V 315
Erw. I/4 festgestellt hat, bieten weder der Grundsatz der zeitlichen Kongruenz noch die globale Betrachtungsweise Gewähr dafür, dass schlechthin alle Fälle durchwegs gleich behandelt werden. Gerade unter diesem Gesichtswinkel ist der Globalrechnung aber der Vorzug zu geben, weil sie einen längeren Anspruchszeitraum umfasst, wodurch das Ergebnis der Überentschädigungsberechnung weniger von kurzfristigen Schwankungen und zufälligen Konstellationen abhängt, als dies bei strenger Beachtung des Grundsatzes der zeitlichen Kongruenz der Fall wäre. Insofern sprechen auch die Rechtsgleichheit und die Rechtssicherheit für die Globalrechnung. Überlegungen der Praktikabilität vermögen hiegegen nicht aufzukommen, zumal diesbezüglich auch eine Abrechnung für einzelne Zeitabschnitte Nachteile aufweist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass für die Ermittlung der Überentschädigung gemäss
Art. 40 UVG
eine Globalrechnung im Sinne der zu
Art. 74 Abs. 3 KUVG
ergangenen Rechtsprechung vorzunehmen ist. Treffen dabei - wie im vorliegenden Fall - Taggelder der Unfallversicherung mit Renten anderer Sozialversicherungen zusammen, so ist der Beginn der Berechnungsperiode auf den Beginn des Taggeldanspruchs festzusetzen (
BGE 105 V 315
Erw. I/4).
BGE 117 V 394 S. 398
4.
Streitig ist des weitern der für die Ermittlung der Überentschädigung gemäss
Art. 40 KUVG
massgebende Verdienstausfall. Dabei stellt sich vorab die Frage, ob (hypothetische) Einkommen anzurechnen sind, welche die Beschwerdegegnerin bei zumutbarer Ausnützung der verbleibenden Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit zu erzielen vermöchte.
a) Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes kein Einkommen aus der Verwertung einer Restarbeitsfähigkeit anzurechnen sei. Sie verweist auf die Botschaft des Bundesrates zum UVG vom 18. August 1976, worin ausgeführt wird, dass bei der Ermittlung des mutmasslich entgangenen Verdienstes jeweils vom Bestehen einer vollen Erwerbsfähigkeit auszugehen ist. Verunfalle z.B. ein Rentner der Invalidenversicherung, der wegen seiner stark eingeschränkten Erwerbsfähigkeit einen entsprechend niedrigeren Lohn bezogen habe, so erfolge keine Kürzung des Taggeldes der Unfallversicherung; der Verunfallte erhalte infolge der nur teilweisen Erwerbsfähigkeit bereits ein niedrigeres Taggeld, das zusammen mit der Invalidenrente den Lohn eines vergleichbaren Vollbeschäftigten nicht erreiche (BBl 1976 III 199). Nach MAURER (a.a.O., S. 538 N 1398a) findet diese Auffassung im Wortlaut von
Art. 40 UVG
keine Stütze, da nach dieser Bestimmung darauf abzustellen sei, was der Versicherte ohne schädigendes Ereignis, d.h. ohne Unfall verdient hätte; sie dürfte aber dem Sinn des Gesetzes - bei stark extensiver Auslegung - doch entsprechen. Die Vorinstanz schliesst sich dieser Auffassung an mit der Feststellung, der Sinn der gesetzlichen Regelung (
Art. 40 UVG
in Verbindung mit
Art. 51 Abs. 3 UVV
) bestehe darin, mittels eines angemessenen Schadenausgleichs - zwecks Vermeidung einer Überversicherung - den Heilungs- und Eingliederungsprozess beim Versicherten zu beschleunigen, was nicht dadurch erreicht werden könne, dass bei der Ermittlung des mutmasslich entgangenen Verdienstes eines Teilarbeitsfähigen vom effektiv erlittenen Erwerbsausfall ausgegangen werde. Eine entsprechende Kürzung der Versicherungsleistungen infolge Überversicherung erwiese sich wegen der hohen Rückfallquote oftmals als kontraproduktiv. Gerade dies habe der Gesetzgeber mit den neu geschaffenen Koordinationsregeln verhindern wollen. Deshalb sei es gerechtfertigt, bei der Ermittlung des mutmasslich entgangenen Verdienstes "jeweils vom gesamten hypothetischen Einkommen einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit auszugehen" und das aus
BGE 117 V 394 S. 399
einer Restarbeitsfähigkeit erzielte Einkommen unberücksichtigt zu lassen.
Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, auch nach Auffassung von MAURER (a.a.O., S. 538 N 1398a) sei bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes das Einkommen in Abzug zu bringen, das der Versicherte bei teilweiser Arbeitsfähigkeit noch erziele. Massgebend sei der infolge des Unfallereignisses nicht erzielbare Verdienst, d.h. der effektiv entstandene Schaden im haftpflichtrechtlichen Sinn. Auf diesem Boden bewege sich auch die Rechtsprechung. So habe das Eidg. Versicherungsgericht im Rahmen von
Art. 74 Abs. 3 KUVG
den Einbezug eines im Aufgabenbereich (Haushalt) entstandenen Schadens abgelehnt (
BGE 112 V 126
). Indem das Gericht den auf die Haushalttätigkeit entfallenden Teil der Invalidenrente aus der Überversicherungsberechnung ausgenommen habe, habe es den mutmasslich entgangenen Verdienst dem effektiven Lohnausfall gleichgesetzt. Dies habe in gleicher Weise im Rahmen von
Art. 40 UVG
zu gelten. Nicht einzusehen sei, weshalb sich eine solche Berechnungsweise bei Teilarbeitsfähigen kontraproduktiv auswirken sollte. Wenn ein Teilarbeitsfähiger seine Restarbeitsfähigkeit nicht verwerte, fielen ihm gesamthaft weniger Geldleistungen zu, als wenn er ein Einkommen aus der Teilarbeitsfähigkeit erziele und zusätzlich die mittels Überversicherungsberechnung gekürzten Versicherungsleistungen beziehe.
b) Mit Bezug auf die streitige Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes bei teilweiser Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit stehen drei Möglichkeiten zur Diskussion, nämlich die Festsetzung aufgrund eines hypothetischen Einkommens bei voller Erwerbsfähigkeit, die Festsetzung unter Anrechnung eines der teilweisen Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit entsprechenden hypothetischen Einkommens oder die Festsetzung unter Anrechnung nur der effektiv erzielten Einkommen.
Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass sich aus dem Wortlaut von
Art. 40 UVG
und
Art. 51 Abs. 3 UVV
, wonach der mutmasslich entgangene Verdienst jenem Verdienst entspricht, den der Versicherte ohne schädigendes Ereignis erzielen würde, keine Antwort auf die Frage ergibt, ob bei der Festsetzung des massgebenden Verdienstausfalls auch das aus einer Verwertung der Restarbeitsfähigkeit erzielbare Einkommen zu berücksichtigen ist. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass ungeachtet einer bestehenden Teilarbeitsfähigkeit und des hieraus erzielten Einkommens
BGE 117 V 394 S. 400
stets das hypothetische Einkommen ohne den Gesundheitsschaden als massgebend zu erachten wäre. Es ist daher unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zugrunde liegenden Wertung festzustellen, welche Tragweite der Bestimmung mit Bezug auf die vorliegende Streitfrage zukommt (vgl.
BGE 115 V 348
Erw. 1c).
Nach dem
Art. 40 UVG
zugrunde liegenden Zweckgedanken soll ein Versicherter, welcher aus dem gleichen Ereignis Leistungen mehrerer Sozialversicherungen bezieht, finanziell nicht bessergestellt sein, als wenn er vom versicherten Ereignis nicht betroffen worden wäre (MAURER, a.a.O., S. 538; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, S. 386). Daraus folgt, dass bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes gemäss
Art. 51 Abs. 3 UVV
zwar von einer völligen Erwerbsfähigkeit und dem entsprechenden Verdienst (bzw. dem völliger Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit entsprechenden Verdienstausfall) auszugehen ist, dass hievon jedoch diejenigen Einkünfte in Abzug zu bringen sind, die der Versicherte bei teilweiser Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit noch erzielt hat (in diesem Sinne auch MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 538 N 1398a). Die Beschwerdeführerin will indessen nicht nur effektiv erzielte Verdienste, sondern auch solche Einkünfte vom mutmasslich entgangenen Verdienst in Abzug bringen, welche der Versicherte bei zumutbarer Verwertung seiner Restarbeitsfähigkeit hätte erzielen können. Sie beruft sich damit sinngemäss auf den Grundsatz der Schadenminderung, wonach der Versicherte alles ihm Zumutbare vorzunehmen hat, um die erwerblichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens bestmöglich zu mildern (
BGE 115 V 53
mit Hinweisen; vgl. auch MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. II, S. 377; MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 131). Diese Schadenminderungspflicht ist als allgemeiner Grundsatz des Sozialversicherungsrechts bei der Leistungsfestsetzung regelmässig und zwingend zu beachten. Eine andere Frage ist, ob der Schadenminderungsgrundsatz auch bei der Ermittlung der Überentschädigung zu berücksichtigen ist, indem der massgebliche Verdienstausfall entsprechend vermindert wird, wenn sich herausstellt, dass der Versicherte seine Restarbeitsfähigkeit nicht in zumutbarer Weise ausgenützt hat. Dies liefe in den meisten Fällen jedoch auf eine ungerechtfertigte doppelte Berücksichtigung des aus einer verbleibenden Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit erzielbaren
BGE 117 V 394 S. 401
Einkommens hinaus. Zudem käme damit ein sachfremdes und weitgehend unbestimmbares Element in die Überversicherungsberechnung, welche einen rein rechnerischen Vorgang darstellt. Die Bestimmungen über die Verhinderung einer Überentschädigung können daher nicht die Grundlage dafür geben, den Versicherten eine Schadenminderungspflicht nicht nur bei der Leistungsfestsetzung, sondern zusätzlich auch bei der Festsetzung des mutmasslich entgangenen Verdienstes bei der Überversicherung tragen zu lassen.
Die Vorinstanz hat damit im Ergebnis richtig erkannt, dass der mutmasslich entgangene Verdienst nicht nach Massgabe des jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsgrades festgesetzt werden kann. An diesem Ergebnis vermögen die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern. Insbesondere lässt sich aus dem Umstand, dass nach der Rechtsprechung zu
Art. 74 Abs. 3 KUVG
bei teilerwerbstätigen Hausfrauen nur der auf die Erwerbsunfähigkeit im beruflichen Bereich entfallende Rentenanteil zu berücksichtigen ist (was in gleicher Weise im Rahmen von
Art. 40 UVG
gilt;
BGE 112 V 129
Erw. 2c), nicht geschlossen werden, dass bei teilinvaliden Versicherten das hypothetische Einkommen aus einer zumutbaren Verwertung der Restarbeitsfähigkeit anzurechnen ist. Zu den von der Beschwerdeführerin befürchteten negativen Auswirkungen auf den Eingliederungswillen der Versicherten ist festzuhalten, dass der Nichtverwertung einer bestehenden Teilarbeitsfähigkeit bei der Leistungsfestsetzung Rechnung getragen wird und bei Verwertung der Restarbeitsfähigkeit in der Regel ein höheres Gesamteinkommen resultiert. | null | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e2e6503d-744d-47d9-ba48-57e959aa1ace | Urteilskopf
89 II 79
15. Arrêt de la Ile cour civile du 28 mars 1963 dans la cause Gauye contre les hoirs de Paul Crescentmo | Regeste
Art. 168 ZGB
. In Streitigkeiten über ihr eingebrachtes Gut ist die Ehefrau allein als Partei zu betrachten; der Ehemann handelt nur als ihr Vertreter im Prozess. (Erw. 1).
Art. 682 ZGB
. Verzicht, zu Gunsten bestimmter mit Namen bezeichneter Miteigentümer, nicht auf das Vorkaufsrecht selbst - das gegenüber deren Rechtsnachfolgern weiterbestehen kann - jedoch auf Ausübung dieses Rechtes bei künftigen noch unbestimmten Verkäufen. (Erw. 2).
Art. 43 Abs. 1 OG
. Inwieweit kann das Bundesgericht die Auslegung eines Erbvertrages überprüfen? (Erw. 2). | Sachverhalt
ab Seite 80
BGE 89 II 79 S. 80
A.-
D'après le registre foncier, l'immeuble no 10 de l'avenue de la Gare à Sion (parcelle no 684, folio du plan: 10) était placé sous le régime de la propriété par étages de l'ancien droit. La part C de cet immeuble appartenait aux enfants d'Adrien Crescentino: Adrien, Angèle épouse de Mario Crenna, Céline, Marguerite et Marie, chacun pour un cinquième. Adrien et Marie étant prédécédés, les survivants prénommés recueillirent les droits sur l'immeuble avec leur frère Paul, qui, jusque-là, n'avait pas été propriétaire avec les autres et fut en outre renvoyé à sa réserve héréditaire, de sorte que sa part se réduisit à 2,54 centièmes environ.
Le 17 octobre 1958, les soeurs Céline, Marguerite et Angèle conclurent avec leur frère Paul un acte intitulé "Pacte successoral" et dont le contenu était en bref le suivant:
Un exposé préalable constate premièrement que la fortune des trois soeurs se compose uniquement de leur immeuble à l'avenue de la Gare. Secondement il précise que la convention a pour but de "permettre aux demoiselles
BGE 89 II 79 S. 81
Crescentino d'avoir les moyens d'existence nécessaires, et pour ce faire, de vendre une partie de l'immeuble dont les comparants sont copropriétaires et... de maintenir de bonnes relations de famille". Les clauses elles-mêmes sont, en résumé, les suivantes:
1. Paul Crescentino renonce en faveur de ses trois soeurs à tous les droits qu'il a pu acquérir dans la succession de son frère Adrien et de sa soeur Marie.
2. Il renonce à tous droits dans les successions de ses trois soeurs Céline, Marguerite et Angèle.
3. Celles-ci lui cèdent en compensation 25/100 de leur part sur l'immeuble no 10 de l'avenue de la Gare (parcelle no 684), et constituent en sa faveur un droit de jouissance perpétuelle et transmissible sur certains locaux spécifiés.
Cependant, la valeur de cette prestation dépassant celle des droits cédés par Paul Crescentino, celui-ci s'engage à payer à ses soeurs, lui, ses héritiers ou ayants droit, une redevance mensuelle de 70 fr. jusqu'au décès de la dernière survivante.
4. Les trois soeurs, Céline, Marguerite et Angèle, seront seules héritières les unes des autres, à l'exclusion de leur frère Paul. Cependant, si la dernière survivante décède intestat, son frère Paul ou ses ayants droit recueilleront le reliquat de la fortune qu'elle pourrait laisser.
Trois jours après la passation de cet acte, soit le 20 octobre 1958, les trois soeurs, Céline, Marguerite et Angèle, vendirent à Lydia Gauye, née Bovier, 29 centièmes de leur part sur l'immeuble no 10 de l'avenue de la Gare et constituèrent en sa faveur un droit de jouissance perpétuelle et transmissible sur certains locaux spécifiés, l'exercice de ce droit étant toutefois différé jusqu'au décès de la dernière survivante.
Paul Crescentino est décédé le 7 janvier 1960.
Le 18 juin 1960, ses héritiers écrivirent à Lydia Gauye que, le 1er juin précédent, ils avaient été informés de la vente du 20 octobre 1958, que, lors de sa conclusion, cette vente n'avait pas été portée à la connaissance des copropriétaires
BGE 89 II 79 S. 82
par la venderesse et qu'ils entendaient user de leur droit de préemption légal.
Lydia Gauye refusa de reconnaître ce droit, alléguant que Paul Crescentino savait, dès la passation de l'acte du 17 octobre 1958, que ses soeurs vendaient à la prénommée une part de leur propriété sur le no 10 de l'avenue de la Gare.
B.-
Le 22 novembre 1960, les hoirs de Paul Crescentino ouvrirent action contre Lydia Gauye. Ils requéraient le juge de donner acte à la défenderesse qu'ils étaient prêts à prendre sa place dans toutes les obligations résultant pour elle du contrat du 20 octobre 1958 et d'ordonner leur inscription au registre foncier comme propriétaires des parts de coopropriété, objets de l'acte du 20 octobre 1958.
Le 20 juin 1962, le Tribunal cantonal valaisan statua:
"L'hoirie de Paul Crescentino est admise à faire valoir son droit de préemption et elle sera en conséquence inscrite au Registre foncier comme propriétaire des parts de copropriété objets de l'action du 20 octobre 1958, acte étant donné à la partie défenderesse Gauye que les demandeurs prennent sa place dans toutes les obligations résultant pour elle du contrat du 20 octobre 1958."
C.-
Lydia Gauye, née Bovier, et son mari Georges Gauye ont formé un recours en réforme contre cet arrêt. Ils concluent à l'admission de leur recours et au rejet de la demande.
Les hoirs de Paul Crescentino concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Les intimés, par leur action, entendent exercer contre les recourants Georges et Lydia Gauye le droit de préemption légal que leur auteur, feu Paul Crescentino, aurait acquis de par l'art. 682 CC, conformément à l'acte du 17 octobre 1958, intitulé "Pacte successoral".
Georges Gauye allègue que l'action aurait dû être ouverte contre son épouse seule et non pas aussi contre lui. Selon l'art. 168 CC, quel que soit le régime matrimonial,
BGE 89 II 79 S. 83
la femme est capable d'ester en justice, mais, s'agissant de ses apports, le mari a seul qualité pour la représenter dans ses contestations avec des tiers. La doctrine comme la jurisprudence admettent aujourd'hui que, dans de tels litiges, la femme conserve la qualité de partie et que le mari la représente seulement en justice (EGGER, n. 2, et LEMP, n. 11 ad art. 168 CC; RO 51 II 272).
En l'espèce, l'acte du 20 octobre 1958 désigne Lydia Gauye comme seul acquéreur des droits vendus par les soeurs Crescentino et Crenna; elle seule a été inscrite au registre foncier comme titulaire de ces droits. Il s'ensuit que Georges Gauye ne saurait avoir qualité de partie dans le présent procès. Son recours en réforme doit donc être admis en tant que l'arrêt du 20 juin 1962 le condamne, comme partie, à des prestations et l'action rejetée dans la mesure où elle était dirigée contre lui.
2.
Dans l'arrêt attaqué, le Tribunal cantonal a constaté tout d'abord que l'immeuble no 10 de l'avenue de la Gare (parcelle no 684) était placé sous le régime de la propriété par étages selon le droit civil valaisan. Ce mode de propriété subsiste nonobstant l'entrée en vigueur du Code civil (art. 1er et 17 al. 3 Tit. fin. CC). La part C de l'immeuble a été acquise par les frères et soeurs Crescentino comme héritiers de leur père Adrien Crescentino; ils en étaient donc copropriétaires. Après la mort d'Adrien et de Marie, leur frère Paul, renvoyé à sa réserve dans leur succession, est devenu, lui aussi, coopropriétaire pour 2,54 centièmes environ.
Le Tribunal cantonal a ensuite examiné, sur le vu du pacte successoral du 17 octobre 1958 et de divers témoignages, si Paul Crescentino avait connu la vente d'une part de copropriété à Lydia Gauye ou tout au moins les intentions de ses soeurs Angèle, Céline et Marguerite, touchant la conclusion de cet acte et s'il avait renoncé à son droit de préemption légal (art. 682 CC). Sur ces deux points l'arrêt attaqué affirme uniquement, d'une part, que le pacte successoral a sans doute été conclu "pour permettre la
BGE 89 II 79 S. 84
vente intervenue le 20 octobre 1958", mais ne prouve pas "que l'on se soit référé à la vente à dame Gauye ni à aucune vente déterminée", d'autre part que, des témoignages retenus, il n'est "pas possible de tirer la conviction que Paul Crescentino a connu la vente et qu'il a renoncé à faire valoir son droit de préemption".
Le juge cantonal a donc, cela est manifeste, considéré exclusivement le cas d'une renonciation de Paul Crescentino à son droit de préemption légal pour une vente déterminée: celle d'une part de copropriété à Lydia Gauye. Cependant il n'a pas recherché si Paul Crescentino a renoncé, plus généralement, non pas au droit de préemption lui-même - qui pourrait subsister à l'égard des ayants droit de ses soeurs en particulier -, mais à l'exercice de ce droit dans le cas d'une vente que concluraient ses soeurs aux fins de se procurer "les moyens d'existence nécessaires", selon les termes du pacte successoral. Le Tribunal fédéral peut connaître de cette question, car elle relève du droit fédéral dans la mesure en tout cas où sa solution résulte du pacte lui-même, interprété selon l'expérience générale de la vie (RO 70 II 12 s.).
Dans son arrêt Schlienger, du 29 avril 1925 (RO 51 II 144), le Tribunal fédéral, tout en réservant le cas de la suppression conventionnelle du droit de préemption lui-même, que crée l'art. 682 CC, a jugé que le titulaire pouvait, sans observer aucune forme spéciale, renoncer à l'exercer et cela avant même qu'une vente ait été conclue. Il s'agissait, il est vrai, d'un cas où la personne de l'acheteur était connue des parties au moment de la renonciation. Mais cela n'est pas décisif. Car, comme on l'a dit, le droit de préemption légal peut subsister, même lorsque son titulaire en abandonne l'exercice pour certaines ventes indéterminées et sans limitation dans le temps, lorsque la renonciation est en faveur non pas de tout autre copropriétaire, mais de tels d'entre eux désignés nommément.
C'est bien là le sens qu'il faut attribuer au texte même du pacte successoral du 17 octobre 1958, dans les circonstances
BGE 89 II 79 S. 85
où il a été conclu et qui ressortent de son préambule. Les trois soeurs, Céline, Marguerite et Angèle, n'avaient pour toute fortune que leur part de copropriété sur certains locaux de l'immeuble no 10 de l'avenue de la Gare. Mais leur frère Paul y avait aussi sa part, qui était faible (2,54 centièmes environ). Pour se procurer les ressources indispensables à leur entretien, il fallait nécessairement qu'elles puissent disposer le mieux possible de leur bien et, au besoin, le liquider pour consommer le capital. Elles devaient donc envisager une vente, au moins partielle. Or la vente d'une part de copropriété est manifestement plus difficile à réaliser lorsque l'acheteur peut être évincé par un droit de préemption légal. Pour faciliter l'aliénation, sur laquelle elles étaient toutes d'accord, il leur fallait donc prendre un arrangement avec leur frère Paul. Au lieu de lui racheter sa part, qu'il pouvait fort bien ne pas vouloir céder, il leur était loisible de passer avec lui une convention par laquelle elles augmentaient en définitive sa part à l'immeuble et obtenaient en retour non seulement sa renonciation aux droits qu'il pouvait avoir sur le reste, soit à l'exercice de son droit de préemption et à ses droits dans leurs successions, mais encore le versement d'une soulte dans la mesure où la valeur des droits nouveaux qu'il avait acquis excédait celle des droits abandonnés. Cette soulte ne pouvait être que proportionnée à ses possibilités de paiement et déterminait l'étendue de ses droits. D'une part, il avait, de la sorte, acquis sur l'immeuble autant de droits qu'il le pouvait selon ses capacités financières. D'autre part, ses soeurs conservaient la jouissance des locaux cédés; elles s'assuraient la possibilité de vendre tout ou partie de leur bien dans de meilleures conditions et l'excluaient de leur succession, devenant ainsi héritières les unes des autres, jusqu'à la dernière mourante, qui gardait encore la faculté de tester librement.
L'opération ainsi conçue était parfaitement conforme au but que lui assignait son préambule. Elle serait inexplicable
BGE 89 II 79 S. 86
si Paul Crescentino avait conservé, à l'égard de ses soeurs, son droit de préemption, qui était contraire à leurs intérêts. Car si la soulte convenue lui avait laissé la possibilité et le désir d'augmenter encore sa part de copropriété, on ne voit pas pourquoi ses soeurs, qui l'admettaient en principe dans la communauté indivise, ne lui auraient pas donné directement satisfaction par le pacte successoral.
Si donc ledit pacte prévoit, dans son préambule, qu'il a pour but de permettre aux trois soeurs "de vendre une partie de l'immeuble dont les comparants sont propriétaires", il faut nécessairement admettre, vu les clauses subséquentes et selon l'expérience générale de la vie, que Paul Crescentino renonçait à l'exercice de son droit de préemption légal envers ses soeurs. Le juge valaisan n'a donc pas interprété correctement l'acte du 17 octobre 1958. Des témoignages retenus par lui, il a simplement conclu qu'ils ne prouvaient pas que Paul Crescentino eût renoncé à son droit de préemption. Ces témoignages et leur interprétation par le Tribunal cantonal sont, par conséquent, sans aucune pertinence, puisque, par la production de l'acte lui-même, Lydia Gauye a établi l'existence de cette renonciation.
3.
L'admision du recours de Lydia Gauye et le rejet de la demande s'imposent par ce motif déjà. Il n'est dès lors pas nécessaire de rechercher, en plus, comme l'allègue la recourante, si l'action aurait dû être ouverte non pas contre elle, mais contre les venderesses et si elle avait la qualité de copropriétaire lors de la vente.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral
Admet le recours en réforme de Georges et de Lydia Gauye, annule l'arrêt prononcé, le 20 juin 1962, par le Tribunal cantonal valaisan et rejette l'action. | public_law | nan | fr | 1,963 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e2e69167-9dd4-4175-ba6d-1221166f7094 | Urteilskopf
108 Ia 221
41. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 14 mai 1982 dans la cause Marclaire S.A. contre Genève, Département de justice et police et Tribunal administratif (recours de droit public) | Regeste
Verweigerung der Erteilung eines Alkoholpatents;
Art. 31 und 32quater BV
.
1. Bedürfnisklausel gemäss Genfer Gesetzgebung; Kriterien, die die zuständige Verwaltungsbehörde bei der Ermittlung des Bedürfnisses anwendet (E. 2).
2. Im konkreten Fall ist die Patentverweigerung eine Massnahme zum Schutze des öffentlichen Wohles i.S. von
Art. 32quater BV
und nicht eine solche wirtschaftspolitischer Natur i.S. von
Art. 31ter BV
(E. 3). Sie beruht ausserdem auf einer gesetzlichen Grundlage (E. 4).
3. Unzulässigkeit der Rüge des Verstosses gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip, soweit damit der im Dienst der Alkoholismusbekämpfung stehende Grundsatz der Beschränkung der Alkoholwirtschaften in Frage gestellt wird (E. 5).
4. Aus
Art. 31 BV
fliessendes Gebot der rechtsgleichen Behandlung von Gewerbegenossen. Es ist im konkreten Fall nicht verletzt worden (E. 6). | Sachverhalt
ab Seite 222
BGE 108 Ia 221 S. 222
La société Marclaire S.A. est propriétaire d'une crémerie portant l'enseigne "Le Musée" au no 24 de la rue de la Corraterie à Genève, soit dans le secteur no 20 (Banques) du plan de quartiers de la ville de Genève tracé pour l'application de la clause de besoin.
Le 6 avril 1979, elle sollicita l'autorisation d'y débiter des boissons alcooliques.
Le Département genevois de justice et police (ci-après: le Département) rejeta cette requête en application de l'art. 5 lettre c de la loi cantonale revisée sur les auberges, débits de boissons et autres établissements analogues, du 12 mars 1892 (ci-après: LADB), au motif que la clause de besoin instituée par cette disposition légale ne lui permettait pas de donner suite à la demande présentée.
Par la suite, Marclaire S.A. demanda au Département de reconsidérer sa position, eu égard notamment au fait que deux établissements voisins sis à la rue de la Corraterie avaient, eux, obtenu le droit de débiter des boissons alcooliques.
Par décision du 4 mars 1980, le Département refusa à nouveau l'autorisation sollicitée, en estimant suffisant le nombre d'établissements autorisés à débiter des boissons alcooliques dans le quartier no 20 ainsi que dans les zones limitrophes.
Appelé à statuer sur le cas en dernière instance cantonale, le Tribunal administratif du canton de Genève a confirmé, le 3 juin 1981, la décision du Département, en constatant notamment que celui-ci n'avait pas outrepassé son pouvoir d'appréciation dans l'application de la clause de besoin et que le grief de violation de l'égalité de traitement devait également être rejeté.
C'est contre cette décision du Tribunal administratif qu'est dirigé le recours de droit public formé en temps utile par Marclaire S.A. La recourante s'y prévaut notamment d'une
BGE 108 Ia 221 S. 223
atteinte particulièrement grave à la liberté du commerce et de l'industrie et s'en prend à la constitutionnalité même de l'art. 5 lettre c LADB.
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
La clause de besoin appliquée par les autorités genevoises en matière d'ouverture ou d'agrandissement des établissements publics autorisés à débiter des boissons alcooliques a son fondement dans l'art. 5 lettre c de la loi cantonale revisée du 12 mars 1892 sur les auberges, débits de boissons et autres établissements analogues (ci-après: LADB), dont le texte est le suivant:
"Art. 5.- Les permissions ne sont accordées qu'après enquête préalable du département et préavis du service d'hygiène et seulement:
...
c) si l'enquête préalable constate que le nombre des établissements du même genre déjà existant dans la localité, la commune ou le quartier peut être augmenté sans inconvénient. Tout refus est motivé."
Basée exclusivement sur l'art. 32quater et non point sur l'
art. 31ter Cst.
(cf. arrêts Tritten du 13 décembre 1978 et Société des cafetiers, restaurateurs et hôteliers de Genève du 1er février 1980), cette disposition ne permet un examen de la clause de besoin qu'à la lumière des restrictions imposées par le bien-être public, notamment en ce qui concerne la lutte contre l'alcoolisme, et non pas à la lumière de motifs relevant de la politique économique.
Dans la pratique, cela s'est traduit par l'adoption, de la part de l'autorité administrative compétente, d'un certain nombre de critères d'appréciation qui peuvent être utilement résumés comme il suit:
"Pour apprécier l'existence d'un besoin au sens de l'art. 5 LADB, le département prend en considération la population résidente du quartier et la compare avec la moyenne de la Ville de Genève (un débit d'alcool pour 247 habitants) et avec la moyenne cantonale (un débit d'alcool pour 343 habitants). Cette appréciation est corrigée en fonction de la population laborieuse, soit les personnes occupant un emploi dans le secteur considéré. Ce critère échappe à la quantification mais peut être quand même apprécié avec une certaine précision.
Le département considère ensuite l'afflux des touristes qui est, lui, beaucoup plus difficile à évaluer. Il tient également compte de la surface utile des établissements publics. La densité moyenne (1/247, 1/343) n'est
BGE 108 Ia 221 S. 224
pas considérée comme le but à atteindre dans chaque secteur; une densité supérieure des établissements publics peut être retenue selon les circonstances. En tout état de cause, le département cherche à diminuer le nombre d'établissements publics dans les quartiers saturés. Le département profite de la fermeture d'établissements pour ne pas délivrer une nouvelle autorisation d'exploiter un débit d'alcool. Dans certains cas néanmoins, le département est obligé d'autoriser une nouvelle patente dans l'hypothèse de la démolition et de la reconstruction de l'immeuble ayant abrité un café. Parmi les 36 secteurs de la Ville de Genève, le département considère les quartiers Nos 6, 7, 16, 17, 21, 22, 23 et 26 comme ayant un caractère touristique prononcé."
3.
Se fondant sur une prétendue violation de l'
art. 31 Cst.
garantissant la liberté du commerce et de l'industrie, la recourante affirme en premier lieu que la mesure qui l'a frappée revêtirait en réalité le caractère d'une mesure de politique économique au sens de l'
art. 31ter Cst.
, et non pas celui d'une mesure prise en fonction du bien-être public au sens de l'
art. 32quater Cst.
C'est ainsi que la véritable raison du refus que lui a opposé le Département "ne se trouverait nullement dans des préoccupations tenant à la lutte contre l'alcoolisme mais bien dans le nombre des établissements voisins", ce qui prouverait sans conteste que la décision prise à son encontre l'aurait été afin de juguler la concurrence excessive...
... Il résulte clairement de la décision de première instance du 4 mars 1980, comme aussi de la décision attaquée elle-même, que tant le Département que le Tribunal administratif ont fondé leur refus d'autorisation sur le seul art. 5 lettre c LADB, en relation expresse avec l'
art. 32quater Cst.
, la référence qu'ils ont faite au nombre des établissements publics se trouvant dans le quartier et les secteurs limitrophes n'ayant de toute évidence été faite en l'espèce que par rapport à la lutte contre l'alcoolisme, à l'exclusion de toute autre considération. Comme le relève avec pertinence le Département dans sa réponse au recours, "l'application de la clause de besoin visant à lutter contre l'alcoolisme suppose donc bien évidemment la prise en compte du nombre des débits d'alcool déjà installés dans un certain périmètre, et une appréciation des caractéristiques du secteur considéré, la question à résoudre étant précisément celle de savoir si les débits d'alcool existants répondent au besoin qui se manifeste dans le quartier concerné".
Vouloir inférer autre chose des décisions rendues dans le cas particulier par les instances intimées ... serait manifestement abusif et irait nettement à l'encontre de la portée et du sens général que les autorités en question ont voulu donner à leur refus d'autorisation, refus qui n'avait pas d'autre but que d'empêcher
BGE 108 Ia 221 S. 225
une multiplication inconsidérée des établissements publics habilités à servir des boissons alcooliques dans le quartier des banques.
Dans la mesure où il est recevable, ce premier moyen de la recourante doit dès lors être écarté comme étant manifestement mal fondé.
4.
A titre subsidiaire, la recourante s'en prend à la constitutionnalité même de l'art. 5 lettre c LADB en affirmant que - même considérée sous l'angle d'une mesure de police - la décision rendue à son égard ne saurait être admise parce que prise sans base légale valable. Partant d'une interprétation manifestement erronée de l'arrêt Corsino publié aux
ATF 95 I 118
ss, elle estime en effet qu'en se référant "au nombre des établissements déjà existants dans la localité, la commune ou le quartier", l'autorité cantonale aurait fait usage d'un critère que le Tribunal fédéral aurait expressément déclaré contraire à l'
art. 31 Cst.
Or, il suffit de se reporter à l'arrêt en question pour constater qu'à aucun moment il n'a été question de mettre hors la loi l'art. 5 lettre c LADB, le Tribunal fédéral ayant uniquement critiqué dans son arrêt le fait que le Conseil d'Etat genevois - qui était à l'époque compétent en la matière - s'était borné à se référer globalement au nombre des débits de boissons existant dans le canton sans faire porter son enquête, comme il aurait dû le faire, sur une portion déterminée du territoire - localité, commune ou quartier -, en tenant compte, en outre, des circonstances locales qui y régnaient.
De même, il tombe sous le sens qu'en enjoignant au Département de rechercher si le nombre des établissements existants peut être augmenté sans inconvénient, l'art. 5 lettre c LADB entend uniquement faire dépendre d'un besoin au sens de la jurisprudence les autorisations à accorder, compte tenu des critères d'appréciation résultant des caractéristiques et des circonstances locales du secteur pris en considération. Il ne s'agit donc nullement, en l'occurrence, d'un blanc-seing ("Blankettnorm") contraire à l'
art. 31 Cst.
, ainsi que voudrait le laisser entendre la recourante, l'enquête effectuée par les autorités genevoises dans le cas particulier démontrant au contraire que celles-ci s'en sont strictement tenues aux principes jurisprudentiels fixés par l'arrêt Corsino de 1969, ainsi que par les arrêts successifs du Tribunal fédéral, cités plus haut, et du Tribunal administratif.
Il en résulte que c'est à tort que la recourante cherche à mettre
BGE 108 Ia 221 S. 226
en cause la constitutionnalité de l'art. 5 lettre c LADB, son argumentation sur ce point ne résistant pas à l'examen et n'étant notamment pas à même d'enlever à cette disposition son caractère d'instrument de lutte contre l'alcoolisme fondé sur l'
art. 32quater Cst.
5.
Se référant au principe de la proportionnalité, la recourante fait valoir en outre que ce serait un non-sens que de vouloir prétendre que l'interdiction qui lui a été faite de débiter des boissons alcooliques permettrait d'atteindre le but de lutte contre l'alcoolisme, tel qu'il a été fixé par l'
art. 32quater Cst.
, dès lors que deux autres établissements situés à proximité du "Musée" sont, eux, en droit de vendre de telles boissons.
Indépendamment du fait que les restrictions pouvant être imposées aux citoyens en vertu de l'
art. 32quater Cst.
et des dispositions cantonales qui se réclament de cet article constituent des mesures de politique sociale, et non des mesures de police au sens étroit, il est évident que toute violation du principe de la proportionnalité ne peut dans ce domaine se juger qu'en partant des circonstances de chaque cas particulier; la recourante ne saurait donc se contenter de remettre en question le principe même de l'efficacité et de la finalité de la clause de besoin en tant qu'instrument de lutte contre l'alcoolisme. En effet, il s'agit là manifestement d'options de nature politique sur lesquelles le Tribunal fédéral n'a en principe pas à se prononcer, sauf si, dans les cas d'espèce, les restrictions imposées aux citoyens désireux d'ouvrir un établissement public apparaissent d'emblée disproportionnées par rapport au but à atteindre ou encore que la décision prise l'a été de manière arbitraire ou en violation manifeste du principe de l'égalité de traitement.
Il faut en conclure que le grief de violation du principe de la proportionnalité, tel qu'il a été formulé par la recourante, est irrecevable dans la mesure où il implique, directement ou indirectement, une mise en cause du principe même de la limitation du nombre des débits d'alcool en tant qu'instrument de lutte contre l'alcoolisme.
Quant à la question de savoir si, concrètement, la décision prise doit être considérée comme disproportionnée par rapport au but à atteindre, il convient de constater que les arguments soulevés à ce sujet par la recourante se confondent pour l'essentiel avec celui d'inégalité de traitement qu'elle invoque en se référant à la situation réservée à ses concurrents directs à la rue de la Corraterie.
BGE 108 Ia 221 S. 227
C'est dès lors sous cet angle-là qu'il y a lieu d'examiner le problème.
6.
Dans le cas particulier, la recourante se plaint du fait qu'en accordant à deux de ses concurrents travaillant dans les mêmes conditions qu'elle, c'est-à-dire au "Tea-room de la Corraterie" de M. Calloni et au bar "Charleston", l'autorisation de débiter des boissons alcooliques, les autorités genevoises n'auraient pas respecté le principe de l'égalité de traitement entre concurrents découlant de l'
art. 31 Cst.
Or, ce faisant, la recourante ignore précisément le caractère dérogatoire - ou de mesure d'exception à la liberté du commerce et de l'industrie - que comporte à priori la clause de besoin en tant que mesure fondée sur une disposition constitutionnelle propre. Il en résulte que les autorités administratives cantonales jouissent en cette matière d'un large pouvoir d'appréciation quant à la possibilité qu'elles ont de déterminer le moment à partir duquel le besoin en débits de boissons doit être considéré comme satisfait dans une localité ou dans un quartier déterminés.
Pour apprécier si, dans un cas particulier, le principe de l'égalité de traitement a été violé, il s'agira dès lors de se fonder uniquement sur les conditions particulières d'octroi ou de non-octroi des autorisations sollicitées dans chaque cas, en comparant, à cet effet, la situation individuelle de chaque établissement.
Dans la présente espèce, il n'est pas contesté que les deux concurrents en question ont présenté leurs demandes de pouvoir débiter des boissons alcooliques avant Marclaire S.A. Le Département et le Tribunal administratif ayant admis que les besoins du quartier en débits d'alcool étaient par là même couverts, la recourante ne saurait dès lors - en vertu de la clause de besoin - se prévaloir d'une inégalité de traitement, puisque le refus qui lui a été opposé l'a été de toute évidence dans des conditions différentes, c'est-à-dire à un moment où précisément - et contrairement à ce qui avait été le cas pour ses concurrents - le nombre des débits d'alcool dans le quartier a été "jugé suffisant au regard tant de la population résidente que des mouvements migratoires des travailleurs fréquentant le quartier pendant la semaine".
Il en résulte que la situation en vertu de laquelle a été tranchée la requête de la recourante n'était plus la même que celle qui existait lors de l'examen des requêtes présentées par ses concurrents, ce qui exclut en l'espèce toute violation du principe de l'égalité de traitement. | public_law | nan | fr | 1,982 | CH_BGE | CH_BGE_002 | CH | Federation |
e2e8db4f-b99d-4802-aa25-9ba7804b86bd | Urteilskopf
139 IV 98
14. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach gegen Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen)
1B_481/2012 vom 22. Januar 2013 | Regeste
Art. 273 Abs. 3 StPO
;
Art. 14 Abs. 4 BÜPF
; rückwirkende Internet-Teilnehmeridentifikation (IP-Adresse), Sechsmonats-Frist.
Anwendungsbereich der Sechsmonats-Frist von
Art. 273 Abs. 3 StPO
. Bei Delikten, welche über das Internet begangen wurden, geht
Art. 14 Abs. 4 BÜPF
(als "lex specialis") dem
Art. 273 Abs. 3 StPO
vor (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 98
BGE 139 IV 98 S. 98
A.
Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach führt eine Strafuntersuchung gegen unbekannte Täterschaft wegen des Verdachts von Sexualdelikten (insbesondere Kinderpornographie). Am 13. August 2012 verfügte sie die rückwirkende Teilnehmeridentifikation eines Internetanschlusses (IP-Adresse) für den Zeitraum vom 2. Juni bis 20. Juli 2011. Mit Entscheid vom 17. August 2012 wies das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau ein entsprechendes Bewilligungsgesuch der Staatsanwaltschaft vom 13. August 2012 ab.
B.
Gegen den Nichtbewilligungsentscheid gelangte die Staatsanwaltschaft mit Beschwerde vom 27. August 2012 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Genehmigung der rückwirkenden Teilnehmeridentifikation für den verfügten Zeitraum. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4.
4.1
Besteht der dringende Verdacht, ein Verbrechen oder Vergehen (oder eine Übertretung nach
Art. 179
septies
StGB
) sei begangen
BGE 139 IV 98 S. 99
worden, und sind die Voraussetzungen nach
Art. 269 Abs. 1 lit. b und c StPO
erfüllt, so kann gemäss
Art. 273 StPO
die Staatsanwaltschaft Auskunft verlangen: a. darüber, wann und mit welchen Personen oder Anschlüssen die überwachte Person über den Post- oder Fernmeldeverkehr Verbindung hat oder gehabt hat; b. über Verkehrs- und Rechnungsdaten (Abs. 1). Die Anordnung bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht (Abs. 2). Auskünfte nach Absatz 1 können unabhängig von der Dauer der Überwachung und bis 6 Monate rückwirkend verlangt werden (Abs. 3).
Art. 14 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1)
bestimmt für die strafrechtliche Verfolgung von
Internetdelikten
Folgendes: "Wird eine Straftat über das Internet begangen, so ist die Internet-Anbieterin verpflichtet, der zuständigen Behörde alle Angaben zu machen, die eine Identifikation des Urhebers oder der Urheberin ermöglichen".
4.2
Art. 273 StPO
erlaubt ausschliesslich die Erhebung von Randdaten, nicht dagegen von Inhalten des Fernmeldeverkehrs im Sinne des Informationsflusses. Der mit Auskunftsbegehren nach
Art. 273 StPO
verbundene Eingriff in das gemäss
Art. 13 BV
gewährleistete Fernmeldegeheimnis wiegt daher deutlich weniger schwer als in den Fällen der inhaltlichen Kommunikationsüberwachung nach Art. 269 i.V.m.
Art. 270 StPO
. Dies gilt auch für die rückwirkende Teilnehmeridentifikation (
BGE 137 IV 340
E. 5.5 S. 348 mit Hinweisen).
4.3
Unbestrittenermassen besteht im vorliegenden Fall der dringende Tatverdacht von Vergehen. Die Schwere der untersuchten Delikte rechtfertigt hier - auch nach Ansicht der Vorinstanz - die Erhebung von Randdaten zur rückwirkenden Teilnehmeridentifikation (Art. 273 Abs. 1 i.V.m.
Art. 269 Abs. 1 lit. b StPO
). Ebenso wenig bestreitet die Vorinstanz, dass die übrigen Untersuchungsbemühungen der Staatsanwaltschaft es bisher nicht ermöglicht haben, den Benutzer der fraglichen Internetadresse zu eruieren (vgl. Art. 273 Abs. 1 i.V.m.
Art. 269 Abs. 1 lit. c StPO
). Insoweit sind die gesetzlichen Voraussetzungen der streitigen Überwachungsmassnahme erfüllt.
4.4
Die Vorinstanz stellt sich allerdings auf den Standpunkt, die sechsmonatige Frist von
Art. 273 Abs. 3 StPO
sei abgelaufen. Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, die Sechsmonats-Regel stelle keine "Gültigkeitsvorschrift" für die Zulässigkeit einer rückwirkenden Randdatenerhebung dar. Zwar seien die Fernmeldedienstanbieter (Provider) rechtlich nicht verpflichtet, die Daten länger
BGE 139 IV 98 S. 100
als sechs Monate zu speichern. Falls die untersuchungsrelevanten Daten beim Internet-Provider noch vorhanden sind, könne jedoch auch eine zeitlich weiter zurückreichende nachträgliche Teilnehmeridentifikation zulässig und geboten sein.
4.5
Art. 273 Abs. 3 StPO
übernahm die Regelung des (durch die StPO aufgehobenen) aArt. 5 Abs. 2 BÜPF. In der Botschaft zur StPO wird Folgendes dargelegt: Zwar führe auch die Erhebung von Randdaten zu einem Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Gegenüber der bisherigen Regelung (aArt. 5 Abs. 1 BÜPF) sei die Auskunft über Randdaten nach
Art. 273 StPO
jedoch zu erleichtern. An der früheren Auffassung des Bundesrates (gemäss damaliger Botschaft zum BÜPF [BBl 1998 4268 Ziff. 212.22]), wonach insbesondere die rückwirkende Teilnehmeridentifikation einen "nicht unerheblichen" Eingriff in die persönliche Geheimsphäre darstelle, könne "nicht mehr festgehalten" werden. Dementsprechend sei für eine entsprechende Überwachungsmassnahme auch kein dringender Tatverdacht einer qualifizierten Katalogtat (
Art. 269 Abs. 2 StPO
) mehr zu verlangen; der dringende Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens genüge (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts [nachfolgend: Botschaft StPO], BBl 2006 1085 ff., 1250 unten). Was
Art. 273 Abs. 3 StPO
betrifft, weist der Bundesrat auf kriminalpolitische Bestrebungen hin, die rückwirkende Überwachungsdauer von sechs Monaten "für Telefongesprächsdaten" zu verlängern (Botschaft StPO, a.a.O., 1251 oben, Ziff. 2.5.8.1, mit Hinweis auf das Postulat 05.3006 der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates).
4.6
Die Möglichkeit, den Post- und Fernmeldeverkehr zu überwachen, wurde eingeführt, damit eine wirksame Strafverfolgung auch in Zeiten gewährleistet ist, in denen sich Straftäter zur Vorbereitung und Durchführung von Delikten moderner Kommunikationsmittel bedienen. Mit der Sechsmonats-Regel von
Art. 273 Abs. 3 StPO
wird einerseits sichergestellt, dass rückwirkende Überwachungen nicht beliebig lange dauern können. Anderseits wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die Fernmeldedienstanbieter (gemäss
Art. 12 Abs. 2 und
Art. 15 Abs. 3 BÜPF
) verwaltungsrechtlich
nicht verpflichtet
sind, die Randdaten länger als sechs Monate zu speichern (vgl. THOMAS HANSJAKOB, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO;nachfolgend: Kommentar StPO], 2010, N. 13zu
Art. 273 StPO
). Die zur Rechnungsstellung der Anbieter
BGE 139 IV 98 S. 101
gegenüber ihrer Kundschaft benötigten Daten
dürfen
demgegenüber (gemäss
Art. 80 der Verordnung vom 9. März 2007 über Fernmeldedienste [FDV; SR 784.101.1]
) grundsätzlich länger aufbewahrt werden.
4.7
Nicht ausdrücklich geregelt hat der Gesetzgeber den Fall, dass die Anbieter, insbesondere ein Internet-Provider, untersuchungsrelevante Randdaten
freiwillig
über einen längeren Zeitraum zurück aufbewahrt haben. Auch die Botschaft zur StPO geht auf diese Konstellation nicht ein (vgl. oben, E. 4.5). In der Fachliteratur zu den Fernmeldedienst-Überwachungen wird dargelegt, dass schon die altrechtliche (betreffend Randdatenerhebungen strengere) Praxis zu aArt. 5 BÜPF nicht einheitlich war. Während die Fernmeldedienstanbieter sich auf den Standpunkt gestellt hätten, es seien ausschliesslich Daten zu liefern, die (vom Zeitpunkt der Überwachungsverfügung an gerechnet) vor nicht länger als sechs Monaten angefallen waren, hätten die Justizbehörden gelegentlich auch Randdatenerhebungen bewilligt, welche einen weiter zurückliegenden Zeitraum von jeweils sechs Monaten
Dauer
betrafen (vgl. THOMAS HANSJAKOB, BÜPF/VÜPF, Kommentar zum Bundesgesetz und zur Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, 2. Aufl. 2006, N. 21 zu
Art. 5 BÜPF
;
derselbe
, Kommentar StPO, a.a.O., N. 14 zu
Art. 273 StPO
). Wird eine Straftat über das
Internet
begangen, so ist der Provider gemäss der Vorschrift von
Art. 14 Abs. 4 BÜPF
ausdrücklich verpflichtet, der zuständigen Behörde
alle Angaben
zu machen, die eine Identifikation des Urhebers oder der Urheberin ermöglichen (vgl. auch
Art. 24b und
Art. 27 VÜPF
[SR 780.11]).
4.8
Die Rechtsnatur der Frist von 6 Monaten nach
Art. 273 Abs. 3 StPO
ist umstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, die Frist sei streng einzuhalten, selbst wenn die Anbieterin auch über ältere Daten verfügen sollte (vgl. MARC JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 5 zu
Art. 273 StPO
). Andere Autoren erachten die Frist als blosse Ordnungsvorschrift (vgl. BACHER/ZUFFEREY, in: Commentaire Romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 7 zu
Art. 273 StPO
). Beide Auffassungen dürften so nicht zutreffen. Vielmehr dürfte
Art. 273 Abs. 3 StPO
dahin auszulegen sein, dass diese Bestimmung (unter den Voraussetzungen von
Art. 273 Abs. 1 StPO
) in jedem Fall und ohne weitere Begründung die rückwirkende Erhebung bis 6 Monate erlaubt und, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen, auch für einen längeren Zeitraum (vgl. ähnlich auch HANSJAKOB, Kommentar
BGE 139 IV 98 S. 102
StPO, a.a.O., N. 14 zu
Art. 273 StPO
, der die Frist von 6 Monaten "bei gewissen Konstellationen" nicht streng handhaben will). Wie es sich damit verhält, braucht hier jedoch nicht vertieft zu werden. Im vorliegenden Fall wird eine über das Internet begangene Straftat untersucht. Insoweit kommt
Art. 14 Abs. 4 BÜPF
zur Anwendung. Diese Bestimmung geht dem
Art. 273 Abs. 3 StPO
als "lex specialis" vor.
Art. 14 Abs. 4 BÜPF
sieht keine zeitliche Befristung für die rückwirkende Erhebung von Daten vor. Die von der Beschwerdeführerin am 13. August 2012 verfügte rückwirkende Teilnehmeridentifikation ist daher zulässig. Dass sich die Beschwerdeführerin nicht auf
Art. 14 Abs. 4 BÜPF
beruft, ist belanglos, da das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen anwendet (
Art. 106 Abs. 1 BGG
).
Der angefochtene Entscheid verletzt danach Bundesrecht. Die Beschwerde ist gutzuheissen. | null | nan | de | 2,013 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e2f25310-04b3-4b12-8cbb-594512787dac | Urteilskopf
93 I 236
30. Urteil vom 13. Juni 1967 i.S. "VITA" Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft gegen Kantone Basel-Stadt und Zürich. | Regeste
Besteuerung einer Lebensversicherungsgesellschaft mit Sitz im einen und Grundeigentum im andern Kanton, wenn beide Kantone das Reinvermögen und das Reineinkommen besteuern.
Beim verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzug hat der Liegenschaftskanton das Deckungskapital als Schuld und seine Verzinsung als Schuldzinsen zu behandeln, wobei als Zinsfuss nicht der sog. technische Zinsfuss, sondern der gesamtschweizerische durchschnittliche Hypothekarzinsfuss des für die Steuerbemessung massgebenden Jahres in Rechnung zu stellen ist. | Sachverhalt
ab Seite 237
BGE 93 I 236 S. 237
A.-
Die "VITA" Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft (nachstehend kurz VITA genannt) betreibt ausschliesslich das Lebensversicherungsgeschäft. Sie hat ihren Sitz in Zürich und verschiedene Zweigniederlassungen im Ausland. In der Schweiz bestehen nur Generalagenturen, die nicht als Betriebsstätten gelten und kein Steuerdomizil begründen. Dagegen ist die VITA in zahlreichen Kantonen als Grundeigentümerin steuerpflichtig. Der Bilanzwert ihrer schweizerischen Liegenschaften betrug Ende 1963 Fr. 151'442,743.--, wovon Fr. 14'244,160.-- (= 1,27% der Fr. 1'123,575'009.-- betragenden Gesamtaktiven) auf den Kanton Basel-Stadt entfallen.
Im Geschäftsjahr 1963 erzielte die VITA gemäss ihrer Gewinn- und Verlustrechnung einen "Gesamtüberschuss" von Fr. 21'812,996.--. Davon wurden Fr. 18'500,000.-- in den Gewinnfonds der Versicherten gelegt, während anderseits Fr. 12'747,632.-- (= 60,24% des Gesamtüberschusses) diesem Fonds entnommen und als sog. "Gewinnanteile" durch Reduktion der Prämien oder Erhöhung der Versicherungssummen an die Versicherten ausgerichtet wurden. Die technischen Reserven, d.h. das Deckungskapital und die Prämienüberträge, machten im Durchschnitt des Jahres 1963 Fr. 975'908,849.-- aus; die hierauf berechneten technischen Zinsen von 2,70% nebst den eigentlichen Schuldzinsen betrugen Fr. 27'355,257.-- (= 2,43% der Gesamtaktiven).
Es ist unbestritten, dass die technischen Reserven der VITA bei der Kapital- bzw. Vermögensbesteuerung als Schulden zu behandeln und daher vom Liegenschaftskanton Basel-Stadt beim verhältnismässigen Schuldenabzug zu berücksichtigen sind. Nicht streitig ist ferner, dass bei der Ertragsbesteuerung in gewissem Umfange auch Zinsen auf den technischen Reserven als Schuldzinsen zu behandeln und vom Kanton Basel-Stadt zum verhältnismässigen Schuldzinsenabzug zuzulassen sind. Der Streit betrifft die Höhe des für die Berechnung dieser Zinsen massgebenden Zinsfusses im Jahre 1963.
BGE 93 I 236 S. 238
Die VITA ist der Auffassung, dass nicht nur der technische Zinsfuss von 2,70% des Deckungskapitals bzw. 2,43% der Gesamtaktiven in Betracht falle; vielmehr sei zu diesem ein Zuschlag zu machen, der dem Verhältnis der an die Versicherten ausgerichteten Gewinnanteile zum Gesamtüberschuss entspreche.
a) In der am 30. April 1964 im Kanton Zürich eingereichten Steuererklärung gelangte die VITA für die Bestimmung des vom Kanton Zürich auszuscheidenden Ertrags der in andern Kantonen gelegenen Liegenschaften zu einem Zuschlag von 1,44% zum technischen Zinsfuss auf Grund folgender Berechnung:
Nettoertrag der schweizerischen Liegenschaften in Prozenten der Bilanzwerte 4,82 %
Abzüglich technische Zinsen 2,43 %
Auf den schweizerischen Liegenschaften erzielter Gewinn 2,39 %
Davon an die Versicherten ausgerichtet 60,24% = 1,44 %
Demgemäss berechnete sie den auf den ausserkantonalen Liegenschaftsbesitz entfallenden Teil ihres Reinertrages wie folgt:
Fr.
Nettoertrag der ausserkantonalen Liegenschaften 4'007,348.-- abzüglich verhältnismässiger Anteil auf dem Fr. 84'090,708.-- betragenden Bilanzwert:
- 2,43 % (technische Zinsen) Fr. 2'043,404.--
- 1,44 % (den Versicherten ausgerichtete Gewinnanteile) Fr. 1'210,906.-- 3'254,310.--
Steuerbarer Reinertrag der ausserkantonalen Liegenschaften 753'038.--
Das kantonale Steueramt Zürich zog diesen Betrag sowie den Fr. 777'152.-- ausmachenden Ertrag der ausländischen Betriebsstellen vom steuerbaren Gesamtreinertrag von Fr. 2'404,872.-- ab und setzte demgemäss den im Kanton Zürich steuerbaren Reinertrag der VITA auf Fr. 874'682.-- fest.
b) In der am 30. April 1964 im Kanton Basel-Stadt eingereichten Steuererklärung ging die VITA bei der Bestimmung des verhältnismässigen Anteils an den Schuldzinsen von einem Zinsfuss von 4, 15% aus und gelangte so zu einem in diesem Kanton steuerbaren Liegenschaftsertrag von Fr. 129'761.--. Diesen Zahlen liegen folgende Berechnungen zugrunde:
BGE 93 I 236 S. 239
1. Nettoertrag der Basler Liegenschaften in Prozenten der Bilanzwerte 5,28 % abzüglich technische Zinsen 2,43 %
Auf den Basler Liegenschaften erzielter Gewinn 2,85 %
Davon an die Versicherten ausgerichtet 60,24 % = 1,72 %
Fr.
2. Nettoertrag der Basler Liegenschaften 720'894.--
abzüglich verhältnismässiger Anteil auf dem Fr. 14'244,160.-- betragenden Bilanzwert:
- 2,43 % (technische Reserven) Fr. 347'412.--
- 1,72% (den Versicherten ausgerichtete Gewinnanteile) Fr. 243'721.-- 591'133.--
Im Kanton Basel-Stadt steuerbarer reiner Liegenchaftsertrag 129'761.--
Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt lehnte die Behandlung der "Gewinnanteile" als Schulden ab, zog daher vom Nettoertrag der Basler Liegenschaften von Fr. 720'894.-- nur die technischen Zinsen im Betrag von Fr. 347'412.-- ab und setzte den im Kanton Basel-Stadt
steuerbaren Reinertrag auf Fr. 373'482.--
fest (Einspracheentscheid vom 4. Januar 1965). Die VITA rekurrierte hiegegen, wurde aber von der kantonalen Steuerkommission und vom Regierungsrat abgewiesen, von diesem mit Beschluss vom 19. Dezember 1966.
B.-
Gegen diesen Entscheid hat die VITA staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung erhoben mit dem Antrag, ihn aufzuheben. Zur Begründung macht sie im wesentlichen geltend: Wenn alle Liegenschaftskantone die Berechnungsweise des Kantons Basel-Stadt übernähmen, müssten die Passivzinsen zu Lasten der Liegenschaftskantone um Fr. 1'210,906.-- herabgesetzt werden. Dies hätte zur Folge, dass der in diesen Kantonen und im Ausland zu versteuernde Ertrag der Beschwerdeführerin den steuerbaren Gesamtertrag im Jahre 1963 um Fr. 336'224.-- und im Jahre 1966 um rund Fr. 398'000.-- überstiege, dass also für den Kanton Zürich, wo die Beschwerdeführerin den Sitz habe und Liegenschaften im Werte von rund Fr. 74'000,000.-- besitze, kein steuerbarer Ertrag übrig bliebe. Darin liege eine echte Doppelbesteuerung, die sich mit der in den nächsten Jahren zu erwartenden starken Zunahme des ausserkantonalen Liegenschaftsbesitzes der Beschwerdeführerin
BGE 93 I 236 S. 240
noch verstärken würde. Zur Vermeidung dieser Doppelbesteuerung gebe es verschiedene Methoden, darunter auch die Aufteilung des Reinertrages nach Quoten mit einem Präzipuum des Sitzkantons. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin führe die richtige Interpretation des Begriffs Passivzinsen zu einer technisch, wirtschaftlich und juristisch sachgemässen Lösung. Entgegen der Auffassung der basel-städtischen Behörden seien nicht nur die technischen Zinsen, sondern auch die den Versicherten auf ihren Spargeldern (Deckungskapital) in Form von "Gewinnanteilen" vergüteten Zinsen als echte Schuldzinsen zu betrachten, da der Versicherungsnehmer auf Grund des Versicherungsvertrages einen vertraglichen Anspruch auf die "Gewinnanteile" habe und diese sich für den Versicherer ebenso als Kosten auswirkten wie der technische Zins, der eine blosse vorkalkulatorische Hilfsgrösse sei, nur der Bestimmung der Maximalprämie diene und weit unter dem normalen Ertrag der Prämienreserven liege (wird näher ausgeführt). § 73 Abs. 3 lit. e des basel-städtischen Steuergesetzes lasse denn auch "die zur Verteilung an die Versicherten bestimmten Überschüsse der Versicherungsgesellschaften" zum Abzug vom steuerbaren Einkommen zu.
C.-
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde. Er anerkennt, dass das Deckungskapital im Lebensversicherungsgeschäft nicht Reinvermögen des Versicherers sei, sondern einen Schuldposten darstelle. Dagegen sei eine Gleichstellung der "Gewinnanteile" mit den tatsächlichen Schuldzinsen nicht möglich. Vom Ertrag des im Kanton Basel-Stadt gelegenen Grundeigentums könne nur abgezogen werden, was ihn schmälere. Die Rückvergütung von Prämienteilen schmälere aber nicht den Liegenschaftsertrag, sondern den Unternehmergewinn.
D.-
Der zur Vernehmlassung eingeladene Regierungsrat des Sitzkantons Zürich beantragt Gutheissung der gegen den Kanton Basel-Stadt gerichteten Beschwerde. Nach der angefochtenen Ausscheidungsmethode würde auf den Sitzkanton Zürich ein Ausgabenüberschuss entfallen, könnte Zürich also von dem 1963 erzielten Gewinn keine Steuern erheben. Dieses Ergebnis sei unbefriedigend und benachteilige den Sitzkanton in einer wirtschaftlich nicht zu begründenden Art und Weise; überdies führe es dann, wenn wie hier mehr als der gesamte Reinertrag besteuert werde, zu einer Doppelbesteuerung. Die
BGE 93 I 236 S. 241
Beschwerdeführerin schlage eine Ausscheidungsmethode vor, die die besonderen Verhältnisse in der Lebensversicherungsbranche berücksichtige und den Vorteil habe, der Abhängigkeit der Gewinnausschüttung vom Liegenschaftsertrag Rechnung zu tragen. Sollte das Bundesgericht sich nicht für diese Methode entscheiden, so wäre zu prüfen, ob der Ausscheidung anstelle des technischen Zinsfusses ein höherer Zinsfuss zugrunde zu legen sei, z.B. derjenige Zins, der normalerweise bezahlt werden müsste, wenn die Liegenschaften im üblichen Umfange mit Hypotheken belastet wären. Auch könnte die Zuweisung eines Präzipuums an den Sitzkanton in Erwägung gezogen werden.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Obwohl die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer "echten" (d.h. effektiven, nicht bloss virtuellen) Doppelbesteuerung behauptet und geltend macht, der Liegenschaftskanton Basel-Stadt besteuere einen grösseren als den vom Sitzkanton Zürich zu seinen Gunsten ausgeschiedenen Teil des Reinertrags, richtet sich die Beschwerde ausschliesslich gegen den Kanton Basel-Stadt. Die konkurrierende Besteuerung im Kanton Zürich wird nicht angefochten, und zwar auch nicht für den Fall, dass dem Antrag auf Aufhebung der baselstädtischen Veranlagung nicht entsprochen werden sollte. Die Beschwerde muss daher, sofern sie gegenüber dem Kanton Basel-Stadt nicht gutgeheissen werden kann, abgewiesen werden (
BGE 69 I 77
Erw. 1; LOCHER, Interkant. Doppelbesteuerungsrecht, § 12 III A 1 Nr. 22).
2.
Nach der Rechtsprechung liegt eine gegen
Art. 46 Abs. 2 BV
verstossende Doppelbesteuerung vor, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (
BGE 90 I 296
/7; LOCHER a.a.O. § 1 II A). Das Bundesgericht hat ferner aus
Art. 46 Abs. 2 BV
abgeleitet, ein Kanton dürfe einen Steuerpflichtigen deshalb nicht anders und nicht stärker belasten, weil er nicht in vollem Umfange seiner Steuerhoheit unterstehe, sondern zufolge einer territorialen Beziehung auch noch in einem andern Kanton steuerpflichtig sei (
BGE 60 I 106
/7 mit Verweisungen,
BGE 66 I 46
), und es hat dabei erklärt, es bedeute eine Doppelbesteuerung, wenn ein Steuerpflichtiger in mehreren auf dem Boden der Reineinkommenssteuer stehenden Kantonen zusammen mehr als sein
BGE 93 I 236 S. 242
gesamtes Reineinkommen zu versteuern habe (vgl.
BGE 60 I 106
oben,
BGE 66 I 48
Nr. 6 am Ende). Diese allgemeine Regel hat aber, wie das Bundesgericht seither wiederholt entschieden hat (
BGE 91 I 396
ff. und dort erwähnte Urteile ZBl 1956 S. 482 ff. und ASA 27 S. 408 ff.), gegebenenfalls zurückzutreten vor dem besondern Grundsatz, dass das Grundeigentum dem Kanton, in dem es gelegen ist, zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten ist. Ein Kanton mit Reineinkommensbesteuerung, in dem ein Unternehmen lediglich als Grundeigentümer steuerpflichtig ist, darf es nicht für eine Quote des Gesamtreingewinns, sondern nur für den Reinertrag der Liegenschaften besteuern; diesen aber darf er, nach Abzug eines verhältnismässigen Anteils an den Schuldzinsen, auch dann voll erfassen, wenn er, zusammen mit den steuerbaren Reinerträgnissen von Liegenschaften in andern Kantonen, den gesamten Reinertrag des Unternehmens übersteigt, dieses also gesamthaft einen höhern Reinertrag zu versteuern hat, als wenn es nur der Steuerhoheit eines einzigen Kantons unterstände. Diese Rechtsprechung ist in der Steuerrechtslehre kritisiert worden (I. BLUMENSTEIN, ASA 27 S. 457; STUDER ZBl 1958 S. 44/5; SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis zum Doppelbesteuerungsverbot 3. Aufl. S. 258/9). Zu einer neuen Auseinandersetzung mit dieser bereits in
BGE 91 I 396
ff. zurückgewiesenen Kritik besteht umso weniger Anlass, als eine Aenderung jener Praxis im vorliegenden Fall von keiner Seite verlangt wird. Der Streit geht um die Höhe der vom Liegenschaftskanton als Schuldzinsen zu berücksichtigenden Passivzinsen auf dem Deckungskapital der Beschwerdeführerin.
3.
Wie das Bundesgericht in
BGE 54 I 395
Erw. 4 c mit eingehender Begründung entschieden und in
BGE 57 I 77
sowie
BGE 74 I 461
bestätigt hat, stellen die technischen Reserven im Lebensversicherungsgeschäft (im Gegensatz zum Unfallversicherungsgeschäft; vgl.
BGE 79 I 345
ff.) nicht Reinvermögen des Versicherers, sondern, da ihm feste Ansprüche der Versicherungsnehmer gegenüberstehen (
Art. 36 und 37 VVG
), ein Passivum, einen echten Schuldposten dar; es ist derjenige Teil der bezahlten Prämien, dessen der Versicherer bedarf, um damit zusammen mit den zukünftigen Prämien und den Zinsen die ihm gemäss Versicherungsvertrag obliegenden Leistungen zu erbringen (
BGE 54 I 396
; vgl. auch KOENIG, Schweiz. Privatversicherungsrecht, 2. Aufl. S. 349 ff., insbes. 353). Der
BGE 93 I 236 S. 243
Kanton Basel-Stadt, der wie der Kanton Zürich auf dem Boden der Reinvermögens- und Reineinkommensbesteuerung steht, hat denn auch beim verhältnismässigen Schuldenabzug ohne weiteres das Deckungskapital der Beschwerdeführerin berücksichtigt.
Das Bundesgericht hat in
BGE 54 I 401
Erw. 5 b (und
BGE 74 I 463
) weiter entschieden, dass das Deckungskapital eine verzinsliche Schuld darstelle, dass "die darauf berechneten Zinsen als Verzinsung einer Schuld an Dritte zu betrachten und infolgedessen vom Roheinkommen abzurechnen" seien. Auch hierüber sind sich die Parteien im Grundsatze einig. Der Streit betrifft lediglich die Höhe des Zinsfusses.
Das Bundesgericht hat sich in
BGE 54 I 401
Erw. 5 b über diese Frage nicht geäussert, sondern hat erklärt, die Feststellung des Zinsfusses für die Verzinsung des Deckungskapitals (der im Gutachten des von den kantonalen Behörden beigezogenen Bücherexperten mit 4 1/2% eingesetzt war) bleibe vorbehalten. Seither scheinen die Kantone bei der Besteuerung der Lebensversicherungsgesellschaften auf den sog. technischen Zinsfuss abgestellt zu haben (vgl.
BGE 78 I 321
und die vorliegende Beschwerdeantwort des Regierungsrates des Kantons Zürich). Der Kanton Basel-Stadt möchte an dieser Praxis festhalten, während die Beschwerdeführerin und der Kanton Zürich neben dem sog. technischen Zins auch die an die Versicherten ausgerichteten "Gewinnanteile" als Schuldzinsen behandelt wissen wollen.
a) Der versicherungstechnische Zins ist nicht ein effektiv bezahlter Zins, sondern nur eine rechnungsmässige Grösse, die zur Bestimmung des Deckungskapitals und der Prämien benutzt wird (vgl. Handwörterbuch des Versicherungswesens, 1958, Spalten 2531/2). Da der wirkliche Ertrag des Deckungskapitals nicht mit Sicherheit voraussehbar ist, wird der technische Zinsfuss sehr niedrig angesetzt, damit die Erfüllung der in der Regel langfristigen Lebensversicherungsverträge auch bei niedrigstem allgemeinem Zinsniveau noch gewährleistet ist. Als rein rechnerische Grösse, die mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des jeweiligen Steuer- oder Bemessungsjahres in keiner Beziehung steht, scheint der technische Zinsfuss von vorneherein nicht geeignet als Grundlage für die Berechnung des jährlichen steuerbaren Reinertrags. Schon die vom Bundesgericht im Falle
BGE 78 I 318
ff. beigezogenen Experten haben
BGE 93 I 236 S. 244
denn auch in ihrem Gutachten (S. 6 und 41) die Anwendung eines höheren Zinsfusses befürwortet, doch bestand für das Bundesgericht kein Anlass, diese in jenem Falle nicht streitige Frage zu prüfen.
b) Die Beschwerdeführerin und der Kanton Zürich sind der Auffassung, als Schuldzinsen seien neben den technischen Zinsen auch die aus der effektiv höheren Rendite des Deckungskapitals sich ergebenden Teile des Gewinns zu betrachten, die- als sog. "Gewinnanteile" des Versicherten - zur Herabsetzung der Prämien oder zur Heraufsetzung der Versicherungssummen verwendet werden. Der Einwand des Kantons Basel-Stadt, es handle sich dabei nicht um einen Passivzins, sondern um eine Gewinnquote, nimmt zu wenig Rücksicht auf die Natur des Deckungskapitals und der vertraglichen Ansprüche der Versicherten und steht im Widerspruch zu der § 73 Abs. 3 lit. e des basel-städtischen Steuergesetzes zugrunde liegenden Auffassung. Die Behandlung auch der den Versicherten ausgerichteten "Gewinnanteile" als Passivzinsen würde den tatsächlichen Verhältnissen des Steuer- und Bemessungsjahres besser Rechnung tragen als die Berücksichtigung nur der technischen Zinsen. Indessen bestehen hiegegen andere Bedenken. Einmal dürfte die Bemessung der an die Versicherten ausgerichteten "Gewinnanteile" mindestens in einem gewissen Umfange im Ermessen des Versicherers stehen; jedenfalls wird in der Beschwerde nicht ausgeführt und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich, weshalb gerade 60,24% des in den Gewinnfonds der Versicherten gelegten Teils des Gesamtüberschusses diesen vergütet wurden. Sodann weist die Berechnungsweise der Beschwerdeführerin gewisse Unstimmigkeiten auf; während sie nämlich bei der Bestimmung des vom Kanton Zürich auszuscheidenden Liegenschaftsertrages mit einem Passivzins von (2,43 + 1,44 =) 3,87% rechnet, verlangt sie vom Kanton Basel-Stadt einen Abzug von (2,43 + 1,72 =) 4,15%, was bei den in Frage stehenden Beträgen eine nicht unbeträchtliche Differenz ergibt. Es ist daher nach einem Zinsfuss zu suchen, der sich nach objektiven Kriterien einfach bestimmen lässt und zu einem angemessenen Ergebnis führt.
c) Die im Kanton Basel-Stadt befindlichen Liegenschaften der Beschwerdeführerin sind (wie wohl die meisten ihrer als Anlage erworbenen Liegenschaften) im Register des Sicherheitsfonds eingetragen und haften damit in erster Linie für die Ansprüche der Versicherten (Art. 14 des BG über die Sicherstellung
BGE 93 I 236 S. 245
von Ansprüchen aus Lebensversicherungen usw. vom 25. Juni 1930). Obwohl diese Haftung keine dingliche Kraft besitzt, kommt den Werten des Sicherheitsfonds praktisch die gleiche Wirkung wie einem Pfand zu (KOENIG a.a.O. S. 96/7). Es liegt daher nahe, von dem als Schuld zu behandelnden Deckungskapital denjenigen Teil, der auf die Liegenschaften in Basel entfällt, einer Hypothek und die darauf berechneten Zinsen Hypothekarzinsen gleichzustellen. Dem entspricht die Wahl eines Zinsfusses, der im massgebenden Jahr für Hypotheken tatsächlich bezahlt worden ist. Das ist der gesamtschweizerische durchschnittliche Hypothekarzinsfuss. Dieser betrug in dem hier in Frage stehenden Jahre 1963 3,82% (Das schweiz. Bankwesen im Jahre 1965, Mitteilungen der volkswirtschaftlichen und statistischen Abteilung der Schweiz. Nationalbank, Heft 50 S. 175). Dieser Zinsfuss ist zwar, wie der technische Zinsfuss, eine bloss rechnungsmässige Grösse, entspricht aber den tatsächlichen Verhältnissen des Steuerjahres und den Gegebenheiten des Lebensversicherungsgeschäftes besser als jener.
Die Anwendung dieses Zinsfusses auf die Bestimmung der in den Liegenschaftskantonen zum Abzug zuzulassenden Passivzinsen vom Deckungskapital führt zu einem wesentlich andern Ergebnis als diejenige des technischen Zinsfusses. Dieser hat, wie in der Beschwerde dargelegt, zur Folge, dass die Beschwerdeführerin entweder im Kanton Zürich, wo sie ihren Sitz und beinahe die Hälfte ihrer Liegenschaften hat, überhaupt nicht besteuert werden könnte, oder aber, dass sie im Sitz- und in den Liegenschaftskantonen zusammen einen ihren steuerbaren Gesamtreinertrag weit übersteigenden Reingewinn zu versteuern hätte und damit in einer mit dem Doppelbesteuerungsverbot unvereinbaren Weise übermässig belastet würde (was im Falle
BGE 78 I 318
ff. trotz Anwendung des technischen Zinsfusses offenbar nur deshalb nicht eintrat, weil die Lebensversicherungsgesellschaften damals noch weniger Liegenschaften besassen als heute; vgl.
BGE 78 I 333
lit. b). Rechnet man mit dem erwähnten Zins von 3,82%, so ergeben sich für die Kantone Basel-Stadt und Zürich folgende Zahlen:
1. Kanton Basel-Stadt: Fr.
Nettoertrag der Basler Liegenschaften 720'894.--
Anteil an den Schuldzinsen (3,82 % des Fr. 14'244,160.-- betragenden Bilanzwertes) 544'127.--
Im Kanton Basel-Stadt steuerbarer Liegenschaftsertrag 176'767.--
BGE 93 I 236 S. 246
2. Kanton Zürich: Fr.
a) Nettoertrag der ausserkantonalen Liegenschaften 4'007,348.--
Anteil an den Schuldzinsen (3,82% des
Fr. 84'090,708.-- betragenden Bilanzwertes) 3'212,265.--
Steuerbarer Reinertrag der ausserkantonalen Liegenschaften 795'083.--
b) Gesamter steuerbarer Reinertrag 2'404,872.--
abzüglich
- Reinertrag der ausländischen Betriebsstellen Fr. 777'152.--
- Reinertrag der ausserkan tonalen Liegenschaften Fr. 795'083.-- 1'572,235.--
Im Kanton Zürich steuerbarer Reinertrag 832'637.--
Die Anwendung des Zinsfusses von 3,82% führt somit zu einem durchaus angemessenen Ergebnis. Die Summe der steuerbaren Reinerträgnisse der ausserkantonalen Liegenschaften ist nicht grösser als der gesamte Reinertrag; von diesem bleibt vielmehr auch dem Sitzkanton, wo die Beschwerdeführerin ebenfalls umfangreichen Liegenschaftsbesitz hat, ein erheblicher Teil zur Besteuerung.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Beschwerde wird festgestellt, dass der Kanton Basel-Stadt den für 1963 steuerbaren Reinertrag des dortigen Liegenschaftsbesitzes der VITA Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft unter Berücksichtigung einer Verzinsung des Anteils am Deckungskapital in der Höhe des gesamtschweizerischen mittleren Hypothekarzinses des Jahres 1963, d.h. 3,82% zu berechnen hat. | public_law | nan | de | 1,967 | CH_BGE | CH_BGE_001 | CH | Federation |
e2f7860f-2cd8-4b5e-a4d8-d6193fb80bce | Urteilskopf
124 II 19
3. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 20 octobre 1997 dans la cause Ligue neuchâteloise pour la protection de la nature et consorts contre Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel (recours de droit administratif) | Regeste
Art. 24sexies Abs. 5 BV
,
Art. 14 Abs. 2 lit. d NHV
, Art. 3 Abs. 1 und 5 Abs. 1 lit. b HochmoorV, Art. 3 Abs. 1 FlachmoorV und AuenV, Art. 4 Abs. 1 lit. d MoorlandschaftsV; kantonaler Plan zum Schutz der Moore, der Moorlandschaften und der Auen von nationaler Bedeutung; Festlegung von Pufferzonen; Torfabbau von Hand.
In den Schutzplänen sind ökologisch ausreichende Pufferzonen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Hochmoorverordnung, der Flachmoorverordnung sowie der Auenverordnung auszuscheiden (E. 3b). Der Torfabbau von Hand zur Deckung des Eigenbedarfs an Brennstoffen für Heizzwecke ist bundesrechtlich in Hochmooren von nationaler Bedeutung ausgeschlossen (E. 5b). Er kann dagegen in Moorlandschaften von nationaler Bedeutung beibehalten werden, sofern dadurch keine im Schutzgebiet liegenden Hoch- oder Flachmoore von nationaler Bedeutung beeinträchtigt werden und die verbleibende Torfschicht sowie die Geländegestaltung nach vorgenommenem Abbau eine Regeneration erlauben (E. 5c). | Sachverhalt
ab Seite 20
BGE 124 II 19 S. 20
Le 27 juin 1990, le Grand Conseil neuchâtelois a adopté un décret concernant la protection des marais, des sites marécageux et des zones alluviales d'importance nationale. Entré en vigueur le 29 août 1990, ce décret institue des zones réservées, au sens de l'art. 27 de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (LAT; RS 700), d'une durée de cinq ans, pour les biotopes précités situés sur le territoire cantonal. Il emporte notamment l'interdiction d'exploiter la tourbe et d'effectuer de nouveaux drainages ou des travaux de réfection de drainages existants sur le périmètre des biotopes protégés et leurs zones-tampon. Il suspend également les exploitations de tourbe autorisées depuis le 1er juin 1983 ou entreprises depuis cette date sans autorisation, les exploitations autorisées avant le 1er juin 1983 pouvant être poursuivies moyennant le dépôt d'un plan d'exploitation.
Le Service cantonal de l'aménagement du territoire a chargé le Bureau d'études en biologie de l'environnement Ecoconseil de fixer, à partir de critères scientifiques, la limite des objets protégés et des zones-tampon, de faire des propositions de gestion des objets à protéger et d'élaborer des plans d'exploitation. Le bureau d'expert a rendu, en février 1993, un rapport final qui dégage, pour chaque objet protégé, une description générale, les problèmes mis en évidence,
BGE 124 II 19 S. 21
une évaluation fonctionnelle et une proposition d'utilisation agricole des bordures, avec une indication chiffrée des surfaces protégées et des zones de transition.
Sur la base de cette étude, le canton de Neuchâtel a élaboré un projet de plan cantonal de protection des marais, des sites marécageux et des zones alluviales d'importance nationale, qu'il a soumis à enquête publique du 31 mai au 19 juin 1995, avec son règlement. Ce projet a suscité plusieurs oppositions, dont celles de la Ligue suisse pour la protection de la nature, de sa section cantonale et de la Fondation World Wildlife Fund for Nature (ci-après, la Fondation WWF Suisse). Ces organisations critiquaient notamment la délimitation des zones de protection de certains objets portés à l'inventaire fédéral des hauts-marais ainsi que l'absence de toutes dispositions relatives à l'étendue et à l'usage des zones-tampon et à la protection des biotopes protégés contre le piétinement. Elles demandaient également la suppression ou la modification de diverses dispositions du règlement consacrées notamment à l'exploitation artisanale de la tourbe dans les hauts-marais et les sites marécageux d'importance nationale.
Par décision du 1er juillet 1996, le Département cantonal de la gestion du territoire a levé les oppositions et adopté sans modification le plan de protection et son règlement. Contre cette décision, la Ligue suisse pour la protection de la nature, sa section cantonale ainsi que la Fondation WWF Suisse ont formé un recours que le Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel (ci-après, le Conseil d'Etat) a rejeté par décision du 18 décembre 1996.
Agissant par la voie du recours de droit administratif, les organisations de protection de la nature précitées demandent au Tribunal fédéral d'annuler cette décision et de renvoyer la cause à l'autorité intimée pour nouvelle décision au sens des considérants.
Le Tribunal fédéral a admis partiellement le recours, dans la mesure où il était recevable.
Erwägungen
Extrait des considérants:
3.
Les recourantes reprochent aux autorités cantonales de ne pas avoir délimité les zones-tampon dans le plan cantonal de protection. Elles tiennent pour contraire au droit fédéral la clause de l'art. 35 du règlement selon laquelle le plan pourra être adapté, à l'initiative du département ou sur demande des propriétaires et des exploitants, afin de permettre la délimitation de ces zones.
BGE 124 II 19 S. 22
a) Les zones-tampon sont des surfaces destinées à protéger les biotopes marécageux ainsi que leur faune et leur flore spécifiques contre les menaces et les atteintes nuisibles en provenance des surfaces exploitées environnantes (KARIN MARTI/REGULA MÜLLER, Zones-tampon pour les marais, Cahier de l'environnement no 213, OFEFP, Berne 1994, p. 5). Les spécialistes distinguent trois catégories de zones-tampon selon les fonctions assignées à chacune d'entre elles. La zone-tampon hydrique comprend les surfaces adjacentes aux biotopes marécageux, dans lesquelles aucune modification du régime hydrique susceptible de compromettre l'approvisionnement en eau nécessaire à la conservation des marais n'est tolérée. La zone-tampon trophique inclut les terres agricoles cultivées, situées en dehors du biotope marécageux à protéger et soumises à des restrictions d'exploitation. Elle doit réduire ou prévenir l'engraissement indirect des marais pauvres en substances nutritives. L'étendue de ces zones dépend des types de sol concernés et de la configuration des lieux (MARIO BROGGI, Questions et réponses relatives à l'inventaire des bas-marais, Manuel "Conservation des marais en Suisse", vol. 1, contribution 2.3.1, ch. 2.2.2, p. 4/5; MARTI/MÜLLER, op.cit., p. 7 et les références citées). Les zones-tampon biologiques s'étendent enfin aux terrains servant d'espace vital aux espèces animales et végétales spécifiques des biotopes marécageux et des zones de transition (GÜNTHER GIEPKE, Modèle d'ordonnance sur la protection des marais, Manuel "Conservation des marais en Suisse", vol. 2, contribution 1.2.1, ch. 4.3.2, p. 6). Une zone-tampon suffisante du point de vue écologique, au sens des art. 3 al. 1 de l'ordonnance sur les bas-marais (RS 451.33, ci-après: OBM), de l'ordonnance sur les hauts-marais (RS 451.32, ci-après: OHM) et de l'ordonnance sur les zones alluviales (RS 451.31, ci-après: OZA), doit en principe comprendre les surfaces nécessaires pour assurer les diverses fonctions énumérées ci-dessus (BERNHARD WALDMANN, Der Schutz von Mooren und Moorlandschaften, thèse Fribourg 1997, p. 174/175).
L'
art. 24sexies al. 5 Cst.
, adopté en votation populaire du 6 décembre 1987, place sous protection les marais et les sites marécageux d'une beauté particulière et présentant un intérêt national. Selon les art. 18a al. 1, 23a, 23b al. 3 et 23c al. 1 de la loi fédérale sur la protection de la nature et du paysage (LPN; RS 451), il appartient au Conseil fédéral de désigner les biotopes d'importance nationale, après avoir pris l'avis des cantons, de délimiter leur situation et d'établir les buts de protection. En revanche, la délimitation exacte des objets protégés
BGE 124 II 19 S. 23
et la mise en oeuvre des mesures de protection et d'entretien nécessaires pour atteindre les buts visés par la protection incombe aux cantons (art. 18a al. 2 et 23c al. 2 LPN; art. 5 OHM et OBM). En vertu des
art. 14 al. 2 let
. d de l'ordonnance sur la protection de la nature et du paysage (OPN; RS 451.1), 3 al. 1 OHM, 3 al. 1 OBM et 3 al. 1 OZA, ces derniers sont notamment tenus de délimiter des zones-tampon suffisantes du point de vue écologique, après avoir pris l'avis des propriétaires fonciers, des exploitants et des autres personnes concernées. La création de zones-tampon destinées à protéger les biotopes marécageux des menaces et des atteintes en provenance des terres agricoles environnantes fait partie des mesures de protection nécessaires à la conservation des objets protégés, de sorte que l'on ne saurait admettre que le Conseil fédéral aurait mis à la charge des cantons une obligation nouvelle en leur imposant de délimiter des zones-tampon suffisantes du point de vue écologique. S'ils bénéficient, dans l'exécution de cette tâche, d'une certaine liberté d'appréciation (cf. ZBl 97/1996, p. 122 consid. 1a p. 124), les cantons doivent satisfaire à leur obligation de délimiter les zones-tampon et de prendre les mesures propres à assurer leur exploitation d'une manière conforme aux buts visés par la protection, dans les délais impartis par le Conseil fédéral (art. 6 al. 2 OHM, OBM et OZA). Une délégation de cette tâche aux communes est par ailleurs exclue, s'agissant des biotopes marécageux d'importance nationale, compte tenu de l'art. 13 al. 3 de la loi cantonale du 22 juin 1994 sur la protection de la nature (LCPN), qui confie au Conseil d'Etat le soin d'en assurer la protection, la surveillance et, au besoin, l'entretien.
b) En l'occurrence, le canton de Neuchâtel s'est contenté d'assurer la protection des bas-marais, des hauts-marais, des zones alluviales et des sites marécageux d'importance nationale situés sur son territoire dans les limites fixées par les différents inventaires fédéraux. Il n'a en revanche pas délimité de zones-tampon dans le plan, à l'exception de la grande majorité des zones de contact mentionnées à l'inventaire fédéral des hauts-marais, qui ont été intégrées au périmètre protégé. Le règlement litigieux se borne sur ce point à prévoir la possibilité d'adapter le plan, à l'initiative du département ou sur demande des propriétaires et des exploitants, afin de permettre la délimitation de zones-tampon.
Dans le rapport du 15 mai 1995 annexé au projet de plan et de règlement, le Service cantonal de l'aménagement du territoire a indiqué qu'il entendait imposer un moratoire sur la délimitation des
BGE 124 II 19 S. 24
zones-tampon pour des raisons tenant à la situation financière difficile des collectivités publiques et aux oppositions des propriétaires et des communes concernés. Une telle position ne serait assurément pas conforme au droit fédéral, qui oblige les cantons à prendre les mesures de protection et d'entretien des biotopes marécageux dans les délais fixés aux art. 6 al. 2 OHM, OBM et OZA. Le Conseil d'Etat a précisé toutefois qu'il fallait comprendre cette clause non pas comme une renonciation définitive à instituer des zones-tampon, mais comme une volonté d'en différer la délimitation précise, préférant assurer la protection des biotopes marécageux contre les atteintes provenant des surfaces environnantes par la conclusion de conventions avec les exploitants et les propriétaires concernés.
Le droit fédéral laisse aux cantons une certaine liberté d'appréciation dans le choix des instruments mis à leur disposition pour satisfaire aux exigences de l'
art. 24sexies al. 5 Cst.
et de ses ordonnances d'exécution (BO 1986 CE 357). En vertu des art. 18a al. 2 et 23c al. 2 LPN, le moyen choisi doit cependant être approprié, c'est-à-dire garantir à long terme le but de protection visé pour chaque objet protégé au sens des art. 4 OHM, OBM et OZA. Le choix du moyen adéquat dépend de l'objet à protéger, des menaces potentielles, des mesures de protection existantes et de la protection visée (JÖRG LEIMBACHER/LUKAS BÜHLMANN, Inventaires fédéraux, Mémoire ASPAN no 60, ch. 3.2, p. 44; GÜNTHER GIEPKE, op.cit., ch. 3, p. 3). Cependant, lorsque le droit fédéral délègue aux cantons l'accomplissement d'une tâche de la Confédération dans ce domaine, les ordonnances et les plans de protection constituent le moyen approprié pour assurer sa concrétisation. Tel est le cas en particulier de la délimitation exacte des objets protégés et des zones-tampon suffisantes du point de vue écologique, car, en vertu de la protection absolue accordée aux marais et aux sites marécageux d'importance nationale par l'
art. 24sexies al. 5 Cst.
, directement applicable, il n'y a aucune place pour des négociations sur leur périmètre dans le cadre de conventions de droit privé (WALDMANN, op.cit., p. 191; JÖRG BAUMANN/FREDY SPIESER, Naturschutz: Kantonale Vollzugsstrategien, Zurich 1994, p. 181; voir également en ce sens, HERIBERT RAUSCH, Le droit de la protection des marais et des sites marécageux, Manuel "Conservation des marais", vol. 1, contribution 4.1.1, ch. 3.3, p. 5; MARTI/MÜLLER, op.cit., p. 14; contra, LEIMBACHER/BÜHLMANN, op.cit., ch. 3.2, p. 48/49). Dans ces conditions, le canton de Neuchâtel ne saurait renoncer à délimiter les zones- tampon suffisantes d'un point de vue écologique dans le cadre du
BGE 124 II 19 S. 25
plan cantonal de protection des marais, des sites marécageux et des zones alluviales d'importance nationale. Cette solution est la seule qui permette une protection durable des objets protégés et une participation adéquate de la population et des collectivités publiques concernées ainsi que des organisations de protection de la nature au sens de l'
art. 4 LAT
(WALDMANN, op.cit., p. 196/197). Elle répond en outre à l'obligation faite aux cantons de veiller à ce que les prescriptions qui règlent le mode d'utilisation du sol soient conformes aux exigences du droit fédéral (art. 5 al. 1 let. a OHM, 5 al. 2 let. a OBM et OZA). Par ailleurs, on relèvera que la délimitation des zones-tampon devrait pouvoir aisément être exécutée dans les délais impartis par le droit fédéral, puisque le canton dispose à ce propos des données scientifiques nécessaires.
Le recours doit dès lors être admis sur ce point et le dossier renvoyé au Département cantonal de la gestion du territoire, pour qu'il délimite les zones-tampon dans le cadre du plan cantonal d'affectation et prenne, sur cette base, les mesures nécessaires pour garantir le respect des buts visés par la sauvegarde des objets protégés. Vu l'annulation de la décision attaquée sur ce point, il n'y a pas lieu d'examiner les critiques relatives à la délimitation exacte des objets protégés dans les zones du Bois-des-Lattes et du Marais Rouge.
5.
Les recourantes considèrent que les art. 13 et 21 du règlement violeraient le droit fédéral en tant qu'ils autorisent, à certaines conditions, l'exploitation artisanale de la tourbe dans les hauts-marais et les sites marécageux. Celle-ci devrait être exclue dans les hauts-marais. Quant à l'art. 21 du règlement, il devrait être précisé en ce sens que l'exploitation artisanale de la tourbe dans les sites marécageux est limitée aux surfaces non protégées par les ordonnances sur les hauts-marais et sur les bas-marais.
a) L'art. 13 du règlement interdit l'exploitation industrielle de tourbe dans les hauts-marais (al. 1). Le département peut autoriser la poursuite d'exploitations artisanales de tourbe destinées exclusivement aux besoins de l'exploitant en combustible de chauffage, pour son propre usage, pour autant qu'elles soient compatibles avec le but de protection et qu'elles permettent de reconstituer des milieux particuliers abritant une flore et une faune rares spécialisées (al. 2). La poursuite d'une exploitation artisanale doit faire l'objet d'une autorisation du département, qui fixe les conditions de l'exploitation et de la remise en état (al. 3). L'autorisation d'exploiter artisanalement de la tourbe est délivrée à l'exploitant personnellement et pour une durée limitée (al. 4).
BGE 124 II 19 S. 26
L'art. 20 al. 1 du règlement interdit également l'exploitation industrielle de tourbe dans les sites marécageux. Le département peut, à teneur de l'art. 21, autoriser la poursuite d'exploitations artisanales de tourbe destinées exclusivement aux besoins de l'exploitant en combustible de chauffage, pour son propre usage, pour autant que cette exploitation ne porte pas atteinte à des éléments naturels ou paysagers typiques du site marécageux et qu'elle ne concerne que des murs de tourbe en cours d'exploitation (al. 1). La poursuite d'une exploitation artisanale doit faire l'objet d'une autorisation du département, qui fixe les conditions de l'exploitation et de la remise en état (al. 2). L'autorisation d'exploiter artisanalement de la tourbe est délivrée à l'exploitant personnellement et pour une durée limitée (al. 3).
b) L'
art. 24sexies al. 5 Cst.
interdit d'"aménager" des installations de quelque nature que ce soit et de "modifier le terrain sous une forme ou sous une autre" dans le périmètre protégé des marais et des sites marécageux d'importance nationale. La protection accordée aux biotopes marécageux par cette disposition est absolue et exclut la prise en considération d'autres intérêts d'importance nationale de valeur égale ou supérieure dans les cas concrets (
ATF 117 Ib 243
consid. 3b p. 247; ZBl 94/1993, p. 522, consid. 4a-c; LUKAS BÜHLMANN, Conséquences de la révision de la loi fédérale sur la protection de la nature et du paysage, in: Territoire & Environnement, décembre 1995, ch. 2.2, p. 33). L'
art. 24sexies al. 5 Cst.
prévoit uniquement des exceptions en faveur des installations, des constructions et des modifications de terrain servant à assurer la protection conformément au but visé et à la poursuite de l'exploitation à des fins agricoles. Répondent à la première condition toutes les installations, constructions et modifications de terrain qui favorisent de manière active et positive le but de protection attaché à un objet concret (BO 1992 CE 602). A cet égard, est déterminant le fait qu'au terme d'un bilan global des influences d'un projet, celui-ci apporte une contribution positive à la protection de l'objet concerné (WALDMANN, op.cit., p. 281). En ce sens, l'extraction de la tourbe, fût-elle artisanale et limitée aux sites déjà exploités, va à l'encontre du but de protection, puisqu'elle implique une modification durable, voire irréversible du biotope (LEIMBACHER/BÜHLMANN, op.cit., p. 27). Elle est également contraire à l'art. 5 al. 1 let. b OHM, qui interdit l'extraction de la tourbe dans les hauts-marais d'importance nationale.
L'autorité intimée prétend s'être conformée sur ce point à l'avis donné par l'OFEFP dans la lettre que cet office lui a adressée le
BGE 124 II 19 S. 27
20 mai 1994. Celui-ci a distingué la poursuite de l'exploitation artisanale de la tourbe à l'intérieur d'un haut-marais d'importance nationale de celle située à l'extérieur de celui-ci, mais dans le périmètre protégé d'un site marécageux. Après avoir rappelé que l'exploitation artisanale ou industrielle à l'intérieur des hauts-marais d'importance nationale était contraire à l'art. 5 al. 1 let. b OHM, il a relevé que l'exploitation artisanale de la tourbe avait donné naissance, à certains endroits, à des milieux particuliers, abritant une faune et une flore rares et spécialisées dignes d'être protégées. Il a reconnu que, dans le cadre d'un plan de gestion du haut-marais, il pouvait être souhaitable de maintenir ces milieux, voire d'en recréer et a admis, dans cette mesure limitée, la compatibilité d'une exploitation contrôlée d'une certaine quantité de tourbe avec les buts de protection, à la condition qu'elle fasse l'objet d'une convention avec l'exploitant ou le propriétaire.
En tant qu'il laisse entrevoir aux titulaires d'une autorisation d'exploiter artisanalement la tourbe la possibilité de poursuivre une telle activité pour un usage personnel, l'art. 13 al. 2 du règlement n'est pas compatible avec le droit fédéral, qui interdit l'exploitation artisanale de la tourbe dans les hauts-marais. Seule une exploitation contrôlée de tourbe, dans les limites strictes évoquées par l'OFEFP dans son courrier du 20 mai 1994, peut encore être considérée comme conforme au droit fédéral. La disposition litigieuse doit être modifiée dans le sens indiqué par l'OFEFP dans sa lettre du 8 février 1995, ce qui conduit à l'admission du recours sur ce point.
c) L'exploitation admissible dans un site marécageux est déterminée par la Constitution (
art. 24sexies al. 5 Cst.
), la loi fédérale sur la protection de la nature et du paysage (
art. 23b ss LPN
) et l'ordonnance sur les sites marécageux (art. 5 al. 2 de l'ordonnance sur les sites marécageux; RS 451.35, ci-après: OSM). L'
art. 23d LPN
autorise en particulier l'aménagement et l'exploitation des sites marécageux dans la mesure où ils ne portent pas atteinte à leurs éléments caractéristiques. Le législateur fédéral a ainsi étendu les exceptions prévues à l'
art. 24sexies al. 5 Cst.
en admettant non seulement les interventions qui servent au but de protection, mais également celles qui ne portent pas préjudice au but de protection (BO 1992 CE 620; BO 1993 CN 2105; YVES NICOLE, La définition et la délimitation des sites marécageux, RSJ 92/1996, p. 223). Tel est le cas des interventions qui ne diminuent pas véritablement la valeur du site marécageux, lorsque celui-ci, pris dans sa globalité, n'est atteint tout au plus que très marginalement (cf. BÜHLMANN, op.cit.,
BGE 124 II 19 S. 28
p. 33 et la référence citée). Dans cette perspective, l'exploitation traditionnelle paysanne de la tourbe, effectuée à la main et destinée aux besoins personnels de l'exploitant, peut être maintenue à la condition qu'elle ne porte pas atteinte aux hauts-marais et aux bas-marais d'importance nationale compris dans le périmètre du site marécageux et que la couche de tourbe restante, ainsi que la forme des lieux à la fin de l'exploitation, permettent leur régénération (cf.
art. 4 al. 1 let
. d OSM; URS HINTERMANN, Inventaire des sites marécageux d'une beauté particulière et d'importance nationale, OFEFP, Berne 1992, Cahier de l'environnement no 168, p. 83 ss; WALDMANN, op.cit., p. 311).
En limitant l'octroi des autorisations d'exploiter la tourbe aux anciens exploitants, pour leurs propres besoins en combustible de chauffage, à la condition qu'il ne soit pas porté atteinte à des éléments naturels ou paysagers typiques du site marécageux et que l'exploitation se limite aux sites existants, l'autorité cantonale est restée dans le cadre restreint défini par le droit fédéral et par l'OFEFP dans sa lettre du 20 mai 1994. Certes, l'art. 21 du règlement ne précise pas que la poursuite de l'exploitation est exclue à l'intérieur des biotopes marécageux d'importance nationale compris dans le périmètre d'un site marécageux. Toutefois, cette conséquence résulte de l'art. 7 let. a du règlement, qui interdit toute exploitation agricole dans les hauts-marais. En ce qui concerne les bas-marais, le département pourra imposer ces restrictions dans le cadre de la convention qu'il sera amené à conclure avec les exploitants et les propriétaires concernés, en vertu de l'art. 15 du règlement, ou de la décision qu'il lui appartiendra de prendre en cas d'échec des négociations selon l'art. 16 du règlement. Il n'y a aucune raison de douter que le département s'écarte de ces principes dans les négociations qu'il devra mener avec les exploitants ou les propriétaires concernés. Il n'est donc pas nécessaire de compléter le règlement dans le sens proposé par les recourantes.
Dans ces conditions, le recours doit être rejeté sur ce point. | public_law | nan | fr | 1,997 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e2fe5b49-ff82-4917-9879-cc1c8962af83 | Urteilskopf
140 IV 192
27. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Uri (Beschwerde in Strafsachen)
6B_122/2014 vom 25. September 2014 | Regeste
Art. 17 Abs. 1,
Art. 352 ff. und 357 StPO
; Verfahren vor den Übertretungsstrafbehörden.
Werden Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen nach
Art. 17 Abs. 1 StPO
Verwaltungsbehörden übertragen, richtet sich das Verfahren sinngemäss nach den Vorschriften über das Strafbefehlsverfahren (
Art. 357 Abs. 2 StPO
). Für abweichende oder ergänzende Verfahrensbestimmungen der Kantone verbleibt kein Raum. Die Einsprache gegen einen von der Übertretungsstrafbehörde erlassenen Strafbefehl ist bei der Übertretungsstrafbehörde einzureichen (
Art. 354 Abs. 1 StPO
). Eine kantonalrechtliche Bestimmung, wonach Strafverfügungen der Übertretungsstrafbehörde bei der Staatsanwaltschaft angefochten werden können, ist bundesrechtswidrig (E. 1.2 und 1.3).
Die Staatsanwaltschaft, an welche die Einsprache von der Übertretungsstrafbehörde überwiesen wurde, war nicht befugt, über die Gültigkeit der Einsprache zu entscheiden. Dafür ist nach
Art. 356 Abs. 2 StPO
allein das erstinstanzliche Gericht zuständig (E. 1.4). | Sachverhalt
ab Seite 193
BGE 140 IV 192 S. 193
A.
Die Sicherheitsdirektion des Kantons Uri verurteilte X. mit Strafbefehl vom 26. Juni 2013 wegen Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz zu einer Busse von Fr. 400.- und auferlegte ihr die Verfahrenskosten von Fr. 150.-. Der Strafbefehl wurde X. am 9. Juli 2013 mit eingeschriebener Sendung zugestellt. Mit E-Mail an die Sicherheitsdirektion vom 12. bzw. 15. Juli 2013 erhob der von ihr in Deutschland beigezogene Rechtsvertreter Einsprache gegen den Strafbefehl. Die Sicherheitsdirektion überwies die Einsprache am 30. Juli 2013 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Uri. Die Staatsanwaltschaft trat am 27. August 2013 auf die Einsprache nicht ein.
B.
Das Obergericht des Kantons Uri wies die gegen die Nichteintretensverfügung gerichtete Beschwerde von X. am 16. Dezember 2013 ab.
C.
X. erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, auf die Einsprache einzutreten; eventualiter sei die
BGE 140 IV 192 S. 194
Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Akten zum Entscheid über die Gültigkeit der Einsprache dem zuständigen Einzelrichter zu überweisen. Zudem ersucht sie um aufschiebende Wirkung.
Das Obergericht des Kantons Uri beantragt sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf die Einreichung einer Vernehmlassung.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1
Die Strafprozessordnung regelt die Verfolgung und Beurteilung der Straftaten nach Bundesrecht durch die Strafbehörden des Bundes und der Kantone (
Art. 1 Abs. 1 StPO
). Abweichende oder ergänzende Bestimmungen der Kantone sind nur so weit zulässig, als sie dazu ausdrücklich ermächtigt werden.
1.2
Bund und Kantone können die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen Verwaltungsbehörden übertragen (
Art. 17 Abs. 1 StPO
).
Nach Art. 27 Abs. 1 der urnerischen Verordnung vom 14. Februar 1990 über den Strassenverkehr (RB 50.1311; nachfolgend: VSV) beurteilt die Sicherheitsdirektion Übertretungen im Strassenverkehr, bei denen in tatsächlicher und verschuldensmässiger Hinsicht einfache und leichte Verhältnisse vorliegen, keine Rechtsgüter erheblich verletzt wurden und nur auf Busse erkannt wird. Die Sicherheitsdirektion ist damit Übertretungsstrafbehörde im Sinne von
Art. 17 Abs. 1 StPO
. Es kommen ihr die Befugnisse der Staatsanwaltschaft zu (vgl.
Art. 357 Abs. 1 StPO
) und sie ist insbesondere berechtigt, Strafbefehle zu erlassen (
Art. 352 Abs. 1 StPO
).
1.3
Das Verfahren vor den Übertretungsstrafbehörden richtet sich sinngemäss nach den Vorschriften über das Strafbefehlsverfahren (
Art. 357 Abs. 2 StPO
), für abweichende oder ergänzende Verfahrensbestimmungen der Kantone verbleibt kein Raum.
Art. 27 Abs. 3 VSV
sieht vor, dass Strafverfügungen der Sicherheitsdirektion innert zehn Tagen seit der Zustellung bei der Staatsanwaltschaft angefochten werden können. Gestützt darauf ist die Staatsanwaltschaft auf die Einsprache der Beschwerdeführerin mit der Begründung, diese sei formungültig und bei der falschen Behörde eingereicht worden, nicht eingetreten.
Die kantonalrechtliche Bestimmung von
Art. 27 Abs. 3 VSV
erweist sich als bundesrechtswidrig, da das Strafbefehlsverfahren in
BGE 140 IV 192 S. 195
Art. 354 ff. StPO
abschliessend geregelt ist. Hat der Kanton eine Übertretungsstrafbehörde eingesetzt und erlässt diese den Strafbefehl, tritt sie an die Stelle der Staatsanwaltschaft. Die Einsprache ist bei der Übertretungsstrafbehörde innert zehn Tagen schriftlich einzureichen (
Art. 354 Abs. 1 StPO
; in diesem Sinne auch die einhellige Lehre, vgl. GILLIÉRON/KILLIAS, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 8 ff. zu
Art. 357 StPO
; FRANZ RIKLIN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 4 zu
Art. 357 StPO
; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2013, N. 8 zu
Art. 357 StPO
; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, N. 19 zu
Art. 357 StPO
; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2013, N. 17042). Wird Einsprache erhoben, nimmt die Übertretungsstrafbehörde die weiteren Beweise ab, die zur Beurteilung erforderlich sind (
Art. 355 Abs. 1 StPO
). Sie entscheidet, ob sie am Strafbefehl festhält, das Verfahren einstellt, einen neuen Strafbefehl erlässt oder Anklage beim Gericht erhebt (
Art. 355 Abs. 3 StPO
; GILLIÉRON/KILLIAS, a.a.O., N. 10 zu
Art. 357 StPO
; RIKLIN, a.a.O., N. 5 und 12 zu
Art. 357 StPO
; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 20 zu
Art. 357 StPO
; a.M. JEANNERET/KUHN, a.a.O., N. 17046, wonach die vierte Möglichkeit im Sinne von
Art. 355 Abs. 3 lit. d StPO
ausgeschlossen ist). Entschliesst sich die Übertretungsstrafbehörde, am Strafbefehl festzuhalten, überweist sie die Akten dem erstinstanzlichen Gericht zur Durchführung des Hauptverfahrens (
Art. 356 Abs. 1 StPO
). Ist die Gültigkeit der Einsprache umstritten, entscheidet darüber nicht die Staatsanwaltschaft bzw. die Übertretungsstrafbehörde, sondern das erstinstanzliche Gericht (
Art. 356 Abs. 2 StPO
). Die Strafprozessordnung lässt gegen den Strafbefehl nur den Rechtsbehelf der Einsprache zu; eine "Anfechtung" des von einer Übertretungsstrafbehörde erlassenen Strafbefehls bei der Staatsanwaltschaft ist nicht vorgesehen.
1.4
Die Staatsanwaltschaft war nicht befugt, über die Gültigkeit der Einsprache zu entscheiden; dafür ist allein das erstinstanzliche Gericht zuständig. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 16. Dezember 2013 ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird der Sicherheitsdirektion die Möglichkeit einzuräumen haben, über das weitere Vorgehen im Sinne von Art. 355 Abs. 1 und 3 lit. a-d StPO zu entscheiden. Hält diese am Strafbefehl nach
Art. 355 Abs. 3 lit. a StPO
fest, wird das erstinstanzliche
BGE 140 IV 192 S. 196
Gericht über die Gültigkeit des Strafbefehls und der Einsprache zu befinden haben. Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführerin einzutreten. | null | nan | de | 2,014 | CH_BGE | CH_BGE_006 | CH | Federation |
e2fe97f3-ac71-476e-8537-9b4a5d7bfb67 | Urteilskopf
117 III 36
12. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 25. Januar 1991 i.S. Elektrizitätswerk Obwalden (Rekurs) | Regeste
Art. 36 Abs. 1 VZG
. Von der Aufnahme in das Lastenverzeichnis ausgeschlossene Forderung für die Lieferung elektrischer Energie.
1. Im vorliegenden Fall besteht mangels gesetzlicher Grundlage kein gesetzliches Pfandrecht für Forderungen, die aus der Lieferung elektrischer Energie entstanden sind (E. 2).
2. Besteht kein gesetzliches Pfandrecht, so stellt die Forderung keine Belastung des Grundstücks dar; das Betreibungsamt ist daher befugt, die Aufnahme in das Lastenverzeichnis gestützt auf
Art. 36 Abs. 1 VZG
abzulehnen (E. 3). | Sachverhalt
ab Seite 37
BGE 117 III 36 S. 37
A.-
In der Betreibung auf Grundpfandverwertung gegen B. meldete das Elektrizitätswerk Obwalden am 9. Juli 1990 eine Forderung von Fr. 181.75 an. Es teilte dem Betreibungsamt Sarnen mit der Forderungsanmeldung mit, dass es gestützt auf das ab 1. Juli 1990 gültige Allgemeine Reglement für die Abgabe elektrischer Energie (EAR 90) als öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit ein gesetzliches Pfandrecht im Sinne von
Art. 836 ZGB
besitze.
Mit Verfügung vom 12. Juli 1990 entschied das Betreibungsamt Sarnen, dass die angemeldete Forderung nicht berücksichtigt werden könne, da kein gesetzliches Pfandrecht im Sinne von
Art. 836 ZGB
bestehe. Ein solches Pfandrecht erstrecke sich nur auf Forderungen, die gestützt auf ein Gesetz pfandgesichert seien. Das Reglement vom 1. Juli 1990 müsste zuerst vom Kantonsrat genehmigt und zu Gesetz erklärt werden.
Die Beschwerde des Elektrizitätswerks Obwalden gegen diese Verfügung wurde von der Obergerichtskommission des Kantons Obwalden als Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen mit Entscheid vom 6. Dezember 1990 abgewiesen.
B.-
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts hat den gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde gerichteten Rekurs des Elektrizitätswerks Obwalden abgewiesen aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
2.
Nach den Feststellungen der kantonalen Aufsichtsbehörde sieht das Gesetz über das Elektrizitätswerk Obwalden vom 29. November 1981 (LB XVIII, S. 76 ff.; EWOG) für die Lieferung elektrischer Energie kein Pfandrecht vor. Es könne diesem Gesetz aber auch keine Delegationsnorm entnommen werden, welche den Verwaltungsrat des Elektrizitätswerks Obwalden ermächtigen würde, ein gesetzliches Pfandrecht für Forderungen aus Stromlieferung einzuführen, wie dies durch Art. 13 Abs. 2 des erwähnten Reglements geschehen ist.
Die Rekurrentin anerkennt in ihrer Eingabe an das Bundesgericht, dass es für die Einführung von gesetzlichen Pfandrechten einer gesetzlichen Grundlage im kantonalen Recht bedarf (
BGE 96 I 717
; Kommentar LEEMANN, N 4 zu
Art. 836 ZGB
; SIMONIUS/SUTTER, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, Band II: Die beschränkten dinglichen Rechte, Basel und Frankfurt am Main 1990,
BGE 117 III 36 S. 38
S. 230 N 11), und sieht eine solche - Art. 13 Abs. 2 des Reglements deckende - gesetzliche Grundlage in Art. 20 des Schätzungs- und Grundpfandgesetzes vom 8. Juni 1986 (LB XIX, S. 318 ff.). Es ist jedoch offensichtlich, dass lit. b dieser Bestimmung, die aus der Handänderung anfallenden Steuern betreffend, im vorliegenden Fall nicht angerufen werden kann. Aber auch lit. a könnte aufgrund seines Wortlautes (und selbst im Hinblick auf den Ausdruck "und dergleichen") nur bei sehr extensiver Auslegung herangezogen werden, um Grundlage für ein gesetzliches Pfandrecht für Lieferung von elektrischem Strom zu bilden. Die Auffassung, dass keine gesetzliche Grundlage bestehe, erscheint daher richtig.
3.
Unter Berufung auf
BGE 101 III 39
macht die Rekurrentin nun allerdings auch geltend, nur der ordentliche Richter dürfe die Frage beantworten, ob eine Forderung durch ein gesetzliches Pfandrecht gesichert sei; dem Betreibungsamt (und dementsprechend den Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen) komme eine solche Prüfungsbefugnis nicht zu.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat dieses Problem erkannt und seine Wurzel darin gesehen, dass die gemäss
Art. 36 Abs. 1 VZG
vorzunehmende Prüfung der Frage, ob Forderungen keine Belastung des Grundstückes darstellen, letztlich bis zu einem gewissen Grad immer auch materiellrechtliche Fragen berühre. Den scheinbaren Widerspruch dieser Bestimmung zu
Art. 36 Abs. 2 VZG
- er verbietet dem Betreibungsamt, die Aufnahme der im Grundbuchauszug enthaltenen oder besonders angemeldeten Lasten in das Lastenverzeichnis abzulehnen, abzuändern oder zu bestreiten - hat die kantonale Aufsichtsbehörde mit folgender Antwort gelöst: Dem Betreibungsamt ist zwar die materiellrechtliche Prüfung des geltend gemachten Anspruchs versagt, nicht aber die Prüfung der Frage, ob ein Anspruch durch das geltend gemachte Pfandrecht überhaupt gedeckt ist. Ist das nicht der Fall, so stellt die angemeldete Forderung für das Grundstück keine Belastung dar (und ist somit, gemäss
Art. 36 Abs. 1 VZG
, nicht in das Lastenverzeichnis aufzunehmen).
Diese Auffassung überzeugt und verträgt sich auch mit dem von der Rekurrentin angerufenen Bundesgerichtsentscheid. Aus der Verfügung des Betreibungsamtes Sarnen vom 12. Juli 1990 ist ersichtlich, dass der Betreibungsbeamte auf Anhieb erkannt hat, dass das vom Elektrizitätswerk Obwalden gestützt auf
Art. 836 ZGB
angemeldete Pfandrecht der gesetzlichen Grundlage ermangelt.
BGE 117 III 36 S. 39
Es ist nicht einzusehen, weshalb dem Betreibungsbeamten diese Prüfung, die weder Bestand noch Höhe der Forderung berührt, untersagt sein sollte. Zwar hat die kantonale Aufsichtsbehörde, wie der angefochtene Entscheid zeigt, in der Folge eingehende Überlegungen zur Frage der gesetzlichen Grundlage angestellt; aber das ändert nichts daran, dass der Betreibungsbeamte sich im Sinne von
Art. 36 Abs. 1 VZG
auf die Prüfung der Frage beschränkt hat, ob die angemeldete Forderung für das Grundstück eine Belastung darstelle. Das tut die Forderung vorweg nicht, wenn ein gesetzliches Pfandrecht für die Lieferung von elektrischem Strom nach kantonalem Recht nicht besteht, wie der Betreibungsbeamte und die kantonale Aufsichtsbehörde zu Recht erkannt haben. | null | nan | de | 1,991 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e3041a50-674e-4abb-b8fe-0fd6d5172f48 | Urteilskopf
139 V 457
59. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit social dans la cause A. contre Allianz Suisse Société d'Assurances SA (recours en matière de droit public)
8C_859/2012 du 29 juillet 2013 | Regeste
Art. 8 Abs. 2 UVG
in Verbindung mit
Art. 7 Abs. 2 UVG
und
Art. 13 UVV
; Empfehlung Nr. 7/87 "Unregelmässig Beschäftigte" der Ad-hoc-Kommission Schaden UVG vom 4. September 1987, geändert am 17. November 2008.
Ob ein unregelmässig Teilzeitbeschäftigter die Minimalgrenze von wöchentlich 8 Arbeitsstunden erreicht, um für Nichtberufsunfälle versichert zu sein, kann aufgrund der Berechnungsmethode bestimmt werden, welche die Ad-hoc-Kommission Schaden UVG in der Empfehlung Nr. 7/87 vorschlägt. Auch wenn diese das Gericht nicht bindet, sieht sie einfach anzuwendende Kriterien vor und ermöglicht eine Gleichbehandlung der Versicherten. Sie erscheint daher nicht als gesetzwidrig, namentlich nicht soweit sie den Versicherern vorschreibt, für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit in einer massgeblichen 3- oder 12-monatigen Periode vor dem Unfall nur effektive Arbeitswochen zusammenzurechnen (E. 7). | Sachverhalt
ab Seite 458
BGE 139 V 457 S. 458
A.
A. est agriculteur indépendant. Parallèlement à cette activité, il travaille comme contrôleur pour l'Etablissement X. L'essentiel de cette activité est exercé durant les mois de juillet et août, notamment pour les contrôles des prestations écologiques requises. Pendant les saisons de contrôle, elle peut être exercée à raison de 8 heures par jour, mais au maximum 30 heures par semaine. Les collaborateurs de X. sont assurés pour les accidents professionnels et non professionnels auprès d'Allianz Suisse Société d'Assurances SA (ci-après: Allianz).
A. a été victime d'un accident le 12 juin 2009. Il était occupé à nettoyer la façade de sa ferme au moyen d'un appareil à pression. Il se trouvait seul sur un échafaudage, sur la première planche. Cette planche a probablement basculé lorsqu'il a marché dessus. Elle s'est décrochée et a provoqué la chute de A. d'une hauteur de 2,25 mètres.
Le 8 octobre 2009, l'Allianz a informé A. que, dans la mesure où son contrat de travail avec X. portait sur une durée de travail hebdomadaire moyenne inférieure à 8 heures, il ne bénéficiait pas d'une couverture d'assurance pour les accidents non professionnels. Elle a rendu une décision dans ce sens le 10 novembre 2009, qu'elle a confirmée par une décision sur opposition du 12 août 2011.
B.
A. a recouru contre cette dernière décision devant le Tribunal cantonal de la République et canton du Jura, Cour des assurances, qui a rejeté son recours par arrêt du 12 septembre 2012.
C.
A. exerce un recours en matière de droit public en concluant à l'annulation de cet arrêt et à la condamnation d'Allianz à lui verser les prestations légales.
BGE 139 V 457 S. 459
L'Allianz conclut au rejet du recours.
Le recours a été admis.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
Selon l'
art. 8 al. 2 LAA
en corrélation avec les
art. 7 al. 2 LAA
et 13 OLAA (RS 832.202) dans sa version en vigueur depuis le 1
er
janvier 2000), les travailleurs occupés à temps partiel moins de 8 heures par semaine ne sont pas assurés contre les accidents non professionnels; ils le sont seulement contre les accidents professionnels. Cette réglementation spéciale pour les travailleurs à temps partiel repose principalement sur l'idée qu'il n'est guère possible d'inclure les accidents non professionnels dans l'assurance obligatoire pour tous les travailleurs, car il faudrait percevoir sur de bas salaires des primes démesurément élevées pour couvrir ce risque pendant de longues interruptions de travail (Message du 18 août 1976 à l'appui d'un projet de loi fédérale sur l'assurance-accidents, FF 1976 III 189; voir aussi, sur la genèse de l'
art. 13 OLAA
, PASCALE BYRNE-SUTTON, Le contrat de travail à temps partiel, 2001, p. 322 ss).
(...)
4.
4.1
Jusqu'à présent, la jurisprudence a laissé indécis le point de savoir comment calculer le seuil minimal de 8 heures pour une personne exerçant une activité à temps partiel et occupée de manière irrégulière. Selon ALFRED MAURER (Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 2
e
éd. 1989, p. 117 note de bas de p. 196a), il faut déterminer la charge de travail chaque semaine séparément: le travailleur est assuré pour les accidents non professionnels pour chaque semaine durant laquelle il a travaillé 8 heures au moins (dans le même sens: BYRNE-SUTTON, op. cit., p. 325, qui relève que ni la LAA ni l'OLAA ne font référence à l'établissement d'un calcul moyen sur plusieurs semaines). Comme l'ancien Tribunal fédéral des assurances a eu l'occasion de le souligner, si cette méthode a le mérite de la clarté, elle présente des inconvénients majeurs. Indépendamment de l'insécurité juridique qu'elle crée pour les travailleurs sur appel, lesquels ignorent en début de semaine s'ils seront assurés ou non, elle engendre un manque de prévisibilité à long terme pour le travailleur (voir
ATF 126 V 353
consid. 3 p. 355 s.). D'autres auteurs préconisent de se fonder sur une durée hebdomadaire moyenne de travail en prenant une période de référence suffisamment longue
BGE 139 V 457 S. 460
pour être représentative (SUSANNE LEUZINGER-NAEF, Sozialversicherungsrechtliche Probleme flexibilisierter Arbeitsverhältnisse, in: Neue Erwerbsformen - veraltetes Arbeits- und Sozialversicherungsrecht?, Erwin Murer [éd.], 1996, p. 118; STEPHAN RAGG, Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im System der obligatorischen Unfallversicherung, 1997, p. 60; voir
ATF 126 V 353
consid. 3 p. 356).
4.2
La Commission ad hoc sinistres LAA (dans laquelle plusieurs assureurs LAA privés, dont l'Allianz, ainsi que la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents, sont représentés) a été créée afin que les divers organismes appliquent la LAA de façon uniforme. Elle émet dans ce but des recommandations (consultables sur le site internet
www.koordination.ch/fr/online-handbuch/uvg-ad-hoc/recommandations
). C'est ainsi qu'elle a établi à l'intention des assureurs-accidents une recommandation pour l'application de l'
art. 13 al. 1 OLAA
(Recommandation n° 7/87 intitulée "Employés occupés à temps irrégulier", du 4 septembre 1987, révisée le 17 novembre 2008). Il en ressort notamment que, pour les travailleurs à temps partiel occupés irrégulièrement, la couverture d'assurance pour les accidents non professionnels doit être admise si l'une des conditions alternatives suivantes est remplie:
- la durée moyenne hebdomadaire de travail atteint au moins 8 heures;
- les semaines d'au moins 8 heures de travail sont prépondérantes.
Selon la recommandation toujours, lors de la détermination des heures de travail hebdomadaires totales, il convient de prendre en compte les heures travaillées ainsi que les heures d'absence pour cause de maladie ou d'accident. Les semaines durant lesquelles l'assuré n'a pas travaillé (pour une autre raison) ne sont pas prises en compte dans ce calcul. Autrement dit, seules les semaines au cours desquelles l'intéressé a effectivement travaillé - ne serait-ce qu'une seule heure - entrent dans le calcul. Par ailleurs, seules les semaines entières sont prises en considération. Si le début ou la fin de la période déterminante tombe entre deux fins de semaine, la semaine est considérée entamée et ne compte pas. Enfin, le calcul pour l'examen de la couverture s'opère sur une longue période (3 ou 12 mois précédant l'accident), la solution la plus favorable à l'assuré devant être retenue.
Les recommandations de la Commission ad hoc sinistres LAA ne sont ni des ordonnances administratives, ni des directives de
BGE 139 V 457 S. 461
l'autorité de surveillance aux organes d'exécution de la loi. Elles necréent pas de nouvelles règles de droit. Même si elles ne sont pas dépourvues d'importance sous l'angle de l'égalité de traitement des assurés, elles ne lient pas le juge (
ATF 134 V 277
consid. 3.5 p. 283 et les références citées).
5.
Les premiers juges ont tout d'abord relevé que si l'on faisait application de la méthode de calcul préconisée par MAURER, le recourant serait couvert contre les accidents non professionnels durant la semaine du 8 au 14 juin 2009 puisque celui-ci avait travaillé 8,5 heures pour le compte de X. la dernière fois en date du 9 juin 2009, en suivant un cours de formation. Ils ont toutefois écarté cette méthode parce qu'elle était source, selon eux, d'insécurité juridique pour les motifs exposés plus haut (cf. supra consid. 4.1).
Ils ont ensuite dressé le compte des heures travaillées par le recourant pour X. dans l'année qui a précédé l'accident, soit 89 heures au total (recte: 93 heures), réparties de la manière suivante (semaines entières):
-
2,5
heures du
9 au 15 juin 2008;
-
10,25
heures du
23 au 29 juin 2008;
-
23,75
heures du
30 au 6 juillet 2008;
-
16,5
heures du
7 au 13 juillet 2008;
-
0,5
heures du
4 au 10 août 2008;
-
20,5
heures du
11 au 17 août 2008;
-
1,75
heures du
15 au 21 septembre 2008;
-
2,5
heures du
22 au 26 (recte: 28) septembre 2008;
-
2,5
heures du
3 au 9 novembre 2008;
-
8,25
heures du
2 au 8 février 2009;
-
4
heures du
1er au 7 juin 2009.
Ils ont constaté que sur les 11 semaines susmentionnées, 5 comptaient au moins 8 heures de travail, cependant que 6 autres comptaient moins de 8 heures. Les semaines comptant au moins 8 heures n'étaient donc pas prépondérantes au sens de la recommandation précitée. La juridiction cantonale a également observé que la moyenne des heures sur la base des semaines effectivement travaillées (conformément à ce que prévoit la recommandation) donnait un résultat supérieur à 8 heures, soit 8,09 heures (recte: 8,45 heures). A son avis
BGE 139 V 457 S. 462
toutefois, une application à la lettre de la recommandation conduirait à ce résultat choquant qu'un travailleur occupé uniquement une semaine par an plus de 8 heures serait assuré pour les accidents non professionnels. Cela serait contraire à la volonté du législateur, pour qui il n'était guère possible d'inclure les accidents non professionnels dans l'assurance obligatoire pour tous les travailleurs à temps partiel. L'
art. 13 OLAA
vise donc les personnes travaillant à temps partiel de manière plus ou moins régulière ou continue. Aussi bien convient-il, toujours selon les premiers juges, d'additionner, dans le calcul de la moyenne, l'ensemble des semaines d'une période de référence (à l'exclusion toutefois des semaines non travaillées pour cause de vacances, de service militaire ou encore de maladie ou d'accident). Dans le cas particulier, compte tenu de toutes les semaines de l'année (sauf 4 semaines de vacances), la moyenne est de 1,85 heures (89 : 48 semaines, soit 52 semaines - 4 semaines de vacances; en réalité 1,93 heures: 93 : 48 semaines). Les premiers juges en ont conclu que le recourant n'avait pas droit aux prestations, faute d'une couverture d'assurance auprès de l'intimée.
(...)
7.
7.1
Il faut donner raison aux premiers juges lorsqu'ils écartent la méthode préconisée par MAURER au profit d'une moyenne calculée rétrospectivement. La méthode de la moyenne présente l'avantage de tenir équitablement compte des situations dans lesquelles l'horaire de travail est soumis à des fluctuations. Même si elle n'offre pas toutes les garanties au plan de la prévisibilité, l'assuré est à même de se rendre compte, rétrospectivement, d'une éventuelle insuffisance de sa couverture, ce qui pourra l'inciter à conclure une assurance privée.
7.2
On ne saurait en revanche suivre la juridiction cantonale lorsqu'elle calcule la moyenne des heures compte tenu de toutes les semaines de l'année, indépendamment du fait que l'assuré a ou non travaillé durant toutes ces semaines.
7.2.1
L'
art. 13 OLAA
parle de "travailleurs à temps partiel" ("Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer", "dipendenti occupati a tempo parziale"). Au sens étroit, la notion de travail à temps partiel correspond certes, en règle ordinaire, à un temps de travail réduit par rapport à l'horaire normal dans une entreprise. Cependant, de manière plus large, elle englobe aussi le travail irrégulier, par exemple quelques
BGE 139 V 457 S. 463
heures de travail dont le nombre varie de semaine en semaine ou encore des périodes de travail qui se succèdent (sur ces divers points, voir JEAN-PHILIPPE DUNAND, in Commentaire du contrat de travail, Dunand/Mahon [éd.], 2013, n
os
47 ss ad
art. 319 CO
; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7
e
éd. 2012, n
os
18 ss ad
art. 319 CO
; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER/BRUCHEZ, Commentaire du contrat de travail, 3
e
éd. 2004, n. 1 ss p. 407 ss; BYRNE-SUTTON, op. cit., p. 80 ss; GABRIEL AUBERT, Le travail à temps partiel irrégulier, in Mélanges Alexandre Berenstein, 1989, p. 215 ss).
7.2.2
Sous ses différentes formes, les rapports de travail à temps partiel sont considérés comme étant de durée indéterminée, encore qu'il soit parfois délicat de savoir si les prestations sont fournies dans le cadre d'un seul contrat ou de plusieurs contrats successifs (de durée déterminée), notamment lorsque le salarié travaille à des intervalles relativement longs ou irréguliers. En effet, le travail à temps partiel irrégulier doit être distingué du travail
auxiliaire
ou
occasionnel
, qui repose sur la multiplication de contrats de travail (à plein temps ou à temps partiel) de durée déterminée (voir p. ex. DUNAND, op. cit., n
os
60 ss ad
art. 319 CO
; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER/BRUCHEZ, op. cit., n. 4 p. 408; AUBERT, op. cit., p. 221).
7.2.3
La prise en considération des semaines non travaillées (pour un motif autre que le service militaire, les vacances, la maladie, etc.), telle que préconisée par la juridiction cantonale, aurait pour effet de diminuer la moyenne de l'horaire hebdomadaire et aurait souvent pour conséquence, sous l'influence de facteurs aléatoires, d'exclure de l'assurance des accidents non professionnels les travailleurs qui, bien que répondant à la définition de travailleurs occupés à temps partiel, seraient moins bien traités que d'autres travailleurs à temps partiel qui exercent leur activité de manière plus régulière. Le risque d'une mise à contribution abusive de l'assurance que semble craindre la juridiction cantonale doit être relativisé. Indépendamment du fait que l'exemple cité (une semaine par année) n'est guère représentatif des diverses formes de travail à temps partiel, cet exemple relèverait plutôt d'un travail occasionnel ou accessoire, soit de contrats de durée déterminée.
7.2.4
En définitive et bien que la recommandation déjà citée de la Commission ad hoc sinistres LAA ne lie pas le juge (cf. supra consid. 4.2), il convient de constater qu'elle pose des critères simples d'application. Elle permet, dans la mesure du possible, d'assurer une
BGE 139 V 457 S. 464
égalité de traitement entre assurés. Des moyennes sur une durée assez longue (3 mois ou une année) sont réputées cerner au plus près la réalité. Elle n'apparaît donc pas contraire à la loi, notamment dans la mesure où elle prescrit aux assureurs de ne comptabiliser dans la moyenne que les semaines effectives de travail. Il n'y a dès lors pas de raison de s'en écarter.
7.3
Dans le cas particulier, il y a lieu de constater que les rapports de travail s'étendent sur une longue période et impliquent de la part du travailleur des prestations à des intervalles plus ou moins réguliers. On peut dès lors conclure à l'existence d'un contrat de travail irrégulier de durée indéterminée. Ainsi qu'on l'a vu, il convient, pour calculer la durée hebdomadaire moyenne de travail, de ne compter que les semaines travaillées. Si l'on prend une base annuelle comme période de référence (du 11 juin 2008 au 12 juin 2009) - solution plus favorable à l'assuré -, et que l'on ne tient compte que des semaines entières (celles du 9 au 15 juin 2008 et du 8 au 14 juin 2009, entamées, tombent), on constate que le recourant travaillait en moyenne plus de 8 heures par semaine (90,5 heures travaillés: 10 semaines = 9,05 heures). Au moment de l'accident, il était donc également assuré contre les accidents non professionnels. | null | nan | fr | 2,013 | CH_BGE | CH_BGE_007 | CH | Federation |
e30716ae-1533-4b94-9b79-e10cbe2bfa63 | Urteilskopf
125 II 289
28. Extrait de l' arrêt de la Cour de cassation pénale du 16 juin 1999 dans la cause Office fédéral des routes c. L. et Tribunal administratif du canton de Vaud (recours de droit administratif) | Regeste
Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG
,
Art. 16 Abs. 1 SVG
und
Art. 17 Abs. 1bis und 3 SVG
; bedingte Wiedererteilung des Führerausweises nach Ablauf der Probezeit bei einem Sicherungsentzug.
Selbst wenn nach Ablauf der Probezeit eines Sicherungsentzugs die Drogensucht überwunden ist, können besondere Umstände, wie vereinzelter Opiatkonsum während der Probezeit, Bedenken wecken, die es angezeigt erscheinen lassen, die Wiedererteilung des Führerausweises mit einer zeitlich befristeten und ärztlich kontrollierten Abstinenz zu verknüpfen (E. 2). | Sachverhalt
ab Seite 290
BGE 125 II 289 S. 290
A.-
Le 2 juin 1997, le Service des automobiles, cycles et bateaux du canton de Vaud (ci-après : le Service des automobiles) a ordonné, dès le 14 juillet 1997, le retrait du permis de conduire de X. pour une durée indéterminée, sa restitution étant subordonnée à une abstinence de toute consommation de produits stupéfiants, sous contrôle médical, durant une année au moins. Le Service des automobiles a fondé sa décision sur la reconnaissance par X. d' avoir occasionnellement fumé du haschisch et sniffé de l' héroïne. En l' absence de recours, cette décision est entrée en force.
Le 12 juillet 1998, X. a demandé au Service des automobiles de lui restituer son permis de conduire. Il a fait valoir qu' il était suivi depuis une année par le Centre d' Aide de Prévention à Lausanne et par le Dr Y. à Payerne. Le 24 juillet 1998, le directeur adjoint de la Fondation du Levant à Lausanne a informé le Service des automobiles que les contrôles d' urine réguliers auxquels X. avait été soumis n' avaient révélés aucune consommation de cocaïne ou d' opiacés, sous réserve d' un résultat positif aux opiacés enregistré le 27 février 1998.
B.-
Par décision du 29 juillet 1998, le Service des automobiles a rejeté la requête de X. pour le motif que celui-ci ne pouvait se prévaloir d' une abstinence totale durant toute une année.
X. a recouru au Tribunal administratif vaudois contre cette décision et a conclu à la restitution de son permis de conduire, sous contrôle médical du Dr Y. Selon un certificat du 30 septembre 1998, ce médecin a attesté qu' il suivait régulièrement X. pour des contrôles d' urine; il estime celui-ci désormais apte à conduire en toute sécurité et s' engage, en cas de restitution conditionnelle, à signaler immédiatement toute nouvelle consommation de stupéfiants.
Par arrêt du 11 février 1999, le Tribunal administratif vaudois a admis le recours et ordonné que X. soit remis au bénéfice du droit de conduire; il n' a posé aucune condition particulière à cet égard.
C.-
L' Office fédéral des routes dépose un recours de droit administratif au Tribunal fédéral contre cet arrêt. Il ne s' oppose pas à la
BGE 125 II 289 S. 291
restitution du permis de conduire de X., mais considère qu' elle doit être assortie de la condition que celui-ci, sous contrôle médical, s' abstienne de toute prise de produits stupéfiants durant un délai approprié.
X. conclut au rejet du recours, de même que le Tribunal administratif vaudois.
Erwägungen
Considérant en droit:
2.
Le recourant s' oppose à la restitution inconditionnelle du permis de conduire de l' intimé.
a) Le permis de conduire doit être retiré au conducteur qui s' adonne à la boisson ou à d' autres formes de toxicomanie pouvant diminuer son aptitude à conduire (
art. 14 al. 2 let
. c et 16 al. 1 de la loi fédérale sur la circulation routière [LCR; RS 741.03]). L'
art. 17 al. 1bis LCR
prévoit que le permis de conduire sera retiré pour une durée indéterminée si le conducteur n' est pas apte à conduire un véhicule automobile pour cause de toxicomanie; le retrait sera assorti d' un délai d' épreuve d' une année au moins (cf. aussi
art. 33 al. 1 OAC
[RS 741.11]). L'
art. 17 al. 3 LCR
précise que «lorsqu' un permis a été retiré pour une période assez longue, il peut être restitué conditionnellement à l' échéance d' au moins six mois, si l' on peut admettre que la mesure a atteint son but. La durée légale minimum du retrait (1er al., let. d) et la durée du délai d' épreuve lié au retrait de sécurité (al. 1bis) ne peuvent être réduites. Lorsque le conducteur n' observe pas les conditions imposées ou trompe d' une autre manière la confiance mise en lui, le permis lui sera retiré à nouveau».
b) L' intimé a fait l' objet d' un retrait de sécurité prononcé le 2 juin 1997 en raison de sa consommation de produits stupéfiants. Ce retrait a été assorti d' un délai d' épreuve d' une année conditionné à une abstinence stricte. A son échéance, l' intimé a requis la restitution de son permis de conduire. Celle-ci lui a d' abord été refusée par le Service des automobiles qui a fait prévaloir un contrôle positif aux opiacés au cours du délai d' épreuve. Sur recours de l' intimé, le Tribunal administratif a considéré qu' il n' existait désormais plus, à supposer que cela eût été le cas, de toxicomanie qui pût justifier un maintien du retrait de sécurité. Sur cette base, il a admis la restitution, sans formuler de réserve relativement à la consommation d' opiacés précitée.
Eu égard aux conclusions du recourant, au-delà desquelles le Tribunal fédéral ne peut aller (cf.
art. 114 al. 1 OJ
), le principe même
BGE 125 II 289 S. 292
de cette restitution n' est ici pas contesté, mais seulement ses modalités. Il s' agit uniquement de définir si la restitution doit ou non, au regard des circonstances, être assortie d' une condition.
Il est admis que, lorsque le conducteur ne respecte qu' imparfaitement les conditions posées durant le délai d' épreuve, lequel a en particulier pour fonction de permettre au conducteur de surmonter son incapacité (
ATF 124 II 71
consid. 2b p. 74), l' autorité peut procéder à une restitution moyennant certaines conditions (cf. RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band III: Die Administrativmassnahmen, Berne 1995, n. 2224). Cette question doit être examinée à la lumière du principe de la proportionnalité (cf. BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, Lausanne 1996,
art. 17 LCR
n. 3.4).
En l' espèce, bien que soumis à une exigence d' abstinence, l' intimé a consommé à une reprise des opiacés durant le délai d' épreuve, alors que celui-ci en était environ à sa moitié. L' intimé s' est donc montré insensible aux conditions posées pour sa réadmission à la circulation. Cette donnée ne peut que susciter un doute même si, par ailleurs, une dépendance de l' intimé a été niée, ce qui lie le Tribunal fédéral (cf.
art. 105 al. 2 OJ
;
ATF 120 Ib 305
consid. 4a p. 308). Un tel doute ne permet pas à l' autorité de poser un pronostic à ce point sûr qu' il autorise la restitution inconditionnelle du permis de conduire. Au contraire, il faut en pareil cas, tout en restituant le permis, maintenir quelque temps encore la personne sous contrôle médical. Cette solution a le mérite de ne pas porter trop lourdement atteinte à la personnalité du conducteur, qui obtient la restitution de son permis, et de garantir efficacement la sécurité routière. Elle n' est nullement disproportionnée.
Aussi, convient-il de renvoyer la cause à l' autorité cantonale, au Service des automobiles en l' occurrence (art. 114 al. 2 dernière phrase OJ), auquel il incombera de fixer équitablement le laps de temps durant lequel l' intimé, tout en bénéficiant de son permis de conduire, doit se soumettre à une abstinence contrôlée. | public_law | nan | fr | 1,999 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e30f8839-bb25-4fa2-9893-9fdbfa51471e | Urteilskopf
123 III 271
43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. März 1997 i.S. M. AG gegen R. Inc. (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 68 Abs. 1 SchKG
.
Bundesrecht verbietet dem Schuldner, im Rechtsöffnungsverfahren vom Gläubiger gestützt auf kantonales Prozessrecht Sicherstellung der Parteientschädigung zu verlangen. | Sachverhalt
ab Seite 271
BGE 123 III 271 S. 271
In der Betreibung Nr. 62434/1996 des Betreibungsamtes Zug gegen die M. AG verlangte die R. Inc. für den Betrag von Fr. 11'452'455.65 nebst Zins die provisorische Rechtsöffnung. In der Folge ersuchte die M. AG um Sicherstellung der Parteientschädigung. Mit Verfügung vom 30. September 1996 verpflichtete der Rechtsöffnungsrichter (Kantonsgerichtspräsidium Zug) die R. Inc. zur Leistung eines Gerichtskostenvorschusses in der Höhe von Fr. 1'500.-- und zur Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung im Betrag von Fr. 3'000.-- an die Gerichtskasse. Die von der M. AG gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde, mit welcher sie eine Erhöhung der sicherzustellenden Parteientschädigung angestrebt hatte, wies die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug mit Urteil vom 16. Januar 1997 ab.
Die M. AG beantragt mit staatsrechtlicher Beschwerde die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
BGE 123 III 271 S. 272
Erwägungen
aus folgender Erwägung:
4.
Die Beschwerdeführerin erblickt Willkür darin, dass die Sicherstellung der Parteientschädigung nicht zu ihren Gunsten erhöht worden ist. Das Obergericht sei unter Berufung auf Bundesrecht (
Art. 68 Abs. 1 SchKG
i.V.m.
Art. 54 Abs. 2 und
Art. 68 Abs. 1 GebV SchKG
[SR 281.35]) verfassungswidrig zum Schluss gelangt, dieses verbiete ihm, die vom kantonalen Prozessrecht vorgesehene Kautionsleistung (
Art. 25 Ziff. 2 SchKG
und
§ 136 Ziff. 2 ZPO
/ZG i.V.m.
§ 43 ff. ZPO
/ZG) im Rechtsöffnungsverfahren zuzulassen. Sie findet, die bundesrechtlichen Normen seien willkürlich angewendet und die Regeln des kantonalen Prozessrechts unter Verletzung von
Art. 4 BV
übergangen worden.
a) Zu den Betreibungskosten im Sinne von
Art. 68 Abs. 1 SchKG
gehören auch die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens (
BGE 119 III 63
E. 2 und 4b/aa) vor allen kantonalen Instanzen (
BGE 119 III 68
E. 3).
Die neue GebV SchKG vom 23. September 1996 ist am 1. Januar 1997 in Kraft getreten (Art. 63 Abs. 2; AS 1996 S. 2937 ff. und 2950). Deren Art. 48 ff. und 62 Abs. 1 stimmen inhaltlich (abgesehen von den neuen Ansätzen) mit den
Art. 50 ff. und 68 Abs. 1 aGebV SchKG
überein. Da auch
Art. 25 Ziff. 2 SchKG
und
Art. 68 Abs. 1 SchKG
nach altem und neuem Recht dieselben Regeln aufstellen, muss sich das Bundesgericht mit dem Übergangsrecht bezüglich der Frage nach der Zulässigkeit einer Kautionsleistung nicht befassen (Art. 2 Abs. 1 der SchlBest. der Änderung des SchKG vom 16. Dezember 1994 und Art. 63 Abs. 1 nGebV SchKG).
b) Der Verweis von
Art. 25 Ziff. 2 lit. a SchKG
(aArt. 25 Ziff. 2 SchKG) auf das kantonale Prozessrecht im Rechtsöffnungsverfahren gilt nur insoweit, als das Bundesrecht selbst keine Verfahrensvorschriften aufstellt (Art. 2 ÜbBest. BV;
BGE 103 Ia 47
E. 2d S. 51; vgl.
BGE 116 IV 193
E. 8c S. 204 f.; SABINE KOFMEL, Die Rechtsöffnung gemäss revidiertem SchKG, AJP/PJA 1996 S. 1352 bei Fn. 32 f.). Ob Bundesrecht die Möglichkeit der Sicherstellung der Parteikosten im Rechtsöffnungsverfahren ausschliesst, spielt anders als hier dann keine Rolle, wenn nach kantonalem Recht im Summarverfahren keine Kaution auferlegt werden kann (so z.B.
Art. 313 ZPO
/BE).
Von möglicherweise zulässigen und hier nicht interessierenden Ausnahmen (ZR 78/1979 Nr. 29 S. 46) abgesehen, regeln
Art. 68 SchKG
i.V.m.
Art. 50 ff. und 68 Abs. 1 aGebV SchKG
die Kostenfolgen des Rechtsöffnungsverfahrens abschliessend (FRITZSCHE/
BGE 123 III 271 S. 273
WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, 3. Aufl. 1984, § 15 Rz. 3 und 6 S. 178 f. mit Fn. 7 sowie § 18 Rz. 17 S. 228). Auch AMONN/GASSER gehen für das anfangs 1997 in Kraft getretene Recht davon aus, die Kantone könnten neben
Art. 68 Abs. 1 SchKG
i.V.m. Art. 49 ff. und 62 Abs. 1 der neuen GebV SchKG keine weiteren Kostenfolgen anordnen (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl. 1997, § 13 Rz. 2 f. und 11 sowie § 19 Rz. 16 und 20 S. 94, 96 und 120). Dieser Standpunkt lässt sich einleuchtend mit Art. 64 Abs. 1 a.E. BV begründen, wonach dem Bund das Recht zur Gesetzgebung für "das Betreibungsverfahren" zusteht. Von dieser Kompetenz hat der Bundesgesetzgeber nur zurückhaltend Gebrauch gemacht (MAX GULDENER, Zwangsvollstreckung und Zivilprozess, ZSR nF 74/1955 I S. 21 f.), was dagegen spricht, den Anwendungsbereich des kantonalen Verfahrensrechts auszuweiten.
Nach der Ansicht verschiedener Autoren haben die kantonalen Vorschriften zur Sicherstellung neben der bundesrechtlichen Pflicht des Gläubigers, die Betreibungskosten vorzuschiessen, keinen Platz (C. JAEGER, Das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, 1. Bd., 3. Aufl. 1911, N. 1 zu
Art. 84 SchKG
, S. 225 unten; STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 1982, N. 4 der Vorbemerkungen zu
§ 213 ZPO
; JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurs-Praxis der Jahre 1911-1945, 2. Bd. 1947, N. 1 zu Art. 68 GebT SchKG von 1919, S. 95; STUDER/RÜEGG/EIHOLZER, Der Luzerner Zivilprozess, N. 4 zu § 126 [lit. c] ZPO/LU). Das ist im Kanton Zürich langjährige Praxis (ZR 77/1978 Nr. 102 S. 228 ff.; E. Brügger, Die Schweizerische Gerichtspraxis im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht 1946-1984, N. 1 zu Art. 50 GebT SchKG, S. 1082; WALDER-BOHNER, Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1983, § 34 Rz. 20 S. 416 in Fn. 15e). Zur Begründung wird ausgeführt, die Möglichkeit, Sicherstellung der Parteientschädigung verlangen zu können, verzögere das Rechtsöffnungsverfahren über Gebühr, würde das doch einen Entscheid innert 5 Tagen nach Anhörung des Betriebenen gemäss
Art. 84 Abs. 2 SchKG
illusorisch machen (vgl. aArt. 84 SchKG).
Gegen die Zulässigkeit des Sicherstellungsbegehrens im Rechtsöffnungsverfahren spricht auch die Geschichte der Gesetzgebung. In der bundesrätlichen Botschaft zum SchKG vom 23. Februar 1886 schliesst Art. 53 Abs. 1 des Vorentwurfs, der die Vorschusspflicht des Gläubigers im Betreibungsverfahren behandelt und im übrigen inhaltlich
Art. 68 Abs. 1 SchKG
entspricht, mit dem Satz: "Im Übrigen kann
BGE 123 III 271 S. 274
dem Gläubiger keine Sicherheitsbestellung (Kaution) auferlegt werden" (BBl 1886 II S. 79 und 95, vgl. S. 1 und 59). Die ständerätliche Kommission änderte diese Bestimmung zwar leicht, liess jedoch den erwähnten Satz stehen (BBl. 1886 III S. 605, 626, 673, 743 und 789). In diesem Punkt fand der Artikel in der nationalrätlichen Kommission keine Beachtung (BBl. 1887 II S. 257 und 297). In der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 10. Februar 1888 zum SchKG wurde ausgeführt, der zitierte Satz sei aus der zu Art. 52 des neuen Entwurfes gewordenen Bestimmung "als überflüssig" gestrichen worden, was wie folgt begründet wurde: "Da das Bundesgesetz alle vom Gläubiger zu erfüllenden Bedingungen in erschöpfender Weise aufzählt, so versteht es sich von selbst, dass die Kantone nicht das Recht haben, dem Gläubiger fernere Verpflichtungen, die in diesem Gesetze nicht vorgesehen sind, zu überbinden" (BBl. 1888 I S. 353 und 359). Wann die Streichung geschah, kann nicht nachvollzogen werden, weil das stenographische Bulletin der Bundesversammlung vor 1891 nicht veröffentlicht wurde.
c) Schliesst die Vorschusspflicht nach
Art. 68 Abs. 1 SchKG
die Sicherstellung der Parteientschädigung aus und regelt Bundesrecht die Kosten des Betreibungsverfahrens abschliessend, kann die vom Obergericht vertretene Ansicht offensichtlich nicht willkürlich sein. Gleich hatte das Bundesgericht schon früher entschieden (unveröffentlichtes Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. April 1980 i.S. W. AG, E. 5c). | null | nan | de | 1,997 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
e30fcb68-cc10-4495-be3a-6276252cd59c | Urteilskopf
116 II 373
67. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. August 1990 i.S. I. gegen C. SA und IHK-Schiedsgericht (staatsrechtliche Beschwerde) | Regeste
Art. 190 Abs. 2 IPRG
.
Diese Bestimmung kennt im Gegensatz zu Art. 36 lit. h i.V.m. Art. 33 Abs. 1 lit. e des Schiedsgerichtskonkordats den Beschwerdegrund der fehlenden Begründung nicht; das Fehlen der Begründung stellt für sich allein auch keinen Verstoss gegen den ordre public dar (E. 7). | Sachverhalt
ab Seite 373
BGE 116 II 373 S. 373
A.-
Am 30. Juni 1977 schloss die jugoslawische Unternehmung I. mit der französischen Unternehmung C. SA einen Vertrag über die Errichtung einer Ammoniakfabrik in Jugoslawien. Über Streitigkeiten aus dem Vertrag sollte laut Ziffer 17.1 ein IHK-Schiedsgericht in Dreierbesetzung mit Sitz in Zürich entscheiden und dabei vorbehältlich zwingender jugoslawischer Gesetzesvorschriften das Schweizerische Obligationenrecht anwenden. Bei der Ausführung des Projekts kam es zwischen den Vertragspartnern zum Streit.
BGE 116 II 373 S. 374
B.-
Mit Klage, eingegangen bei der IHK am 15. April 1987, leitete die C. SA das Schiedsverfahren ein. Am 20. Oktober 1987 erstattete die I. Klageantwort und erhob Widerklage. Mit Urteil vom 18. Dezember 1989 hiess das Schiedsgericht - je nebst laufenden Verzugszinsen - einerseits die Hauptklage für 8'170'771 FF nebst verfallenen Zinsen von 4'967'609 FF und anderseits die Widerklage für 3'362'615 FF, 3'100 US-$ und 7'406'700 Din nebst verfallenen Zinsen von 3'148'192 FF, 1'597 US-$ und 61'324'264 Din gut, was - in französische Franken umgerechnet - zugunsten der Klägerin einen Saldo von 6'495'539 FF nebst Zins von 11,5% auf 4'776'808 FF seit 1. Januar 1989 ergab. Die Gerichtskosten auferlegte das Schiedsgericht zu 17% der Klägerin und zu 83% der Beklagten.
C.-
Gestützt auf
Art. 85 lit. c OG
erhebt die Beklagte gegen das Schiedsurteil staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 190 Abs. 2 lit. c, d und e IPRG.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
7.
Weiter beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Beschwerdegründe von
Art. 190 Abs. 2 lit. c und d IPRG
deswegen, weil das Schiedsgericht bei der Festsetzung des für die Verzugszinsberechnung nach
Art. 104 Abs. 3 OR
massgebenden Diskontsatzes Rechtsbegehren willkürlich unbeurteilt gelassen und sich weder über den Zahlungsort noch über die Quellen der von ihm angewandten Verzugszinssätze geäussert, sondern sich diesbezüglich mit dem Hinweis auf "generally available sources" begnügt habe. Ein Nichtigkeitsgrund soll ferner in der fehlenden Begründung der Verteilung der Verfahrenskosten im Verhältnis 83% zu 17% liegen.
a) Das Schiedsgericht hat sehr wohl über die Zinsbegehren der Beschwerdeführerin geurteilt, jedoch nicht angegeben, auf welche Bankauskünfte es für die Diskontsätze des in FF und US-$ zugesprochenen Verzugszinses abstellt. Zu prüfen bleibt die Rüge der mangelnden Begründung.
b) Im Gegensatz zu Art. 36 lit. h i.V.m. Art. 33 Abs. 1 lit. e des Schiedsgerichtskonkordats (SR 279) nennt
Art. 190 Abs. 2 IPRG
den Beschwerdegrund der fehlenden Entscheidungsgründe nicht. Das entspricht dem Willen des Gesetzgebers, die Möglichkeit der Anfechtung von Schiedsurteilen im Vergleich zum
BGE 116 II 373 S. 375
Konkordat und zu Prozessordnungen von Kantonen, die dem Konkordat nicht beigetreten sind, einzuschränken (so in anderem Zusammenhang
BGE 115 II 291
E. 2b). Dem gesetzgeberischen Willen liefe es diametral zuwider, wenn der Beschwerdegrund der fehlenden Begründung dadurch Eingang in die neue Regelung fände, dass der in
Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG
garantierte Gehörsanspruch mit dem aus Art. 4 hergeleiteten Gehörsanspruch, der die Begründungspflicht einschliesst (
BGE 107 Ia 248
f. E. 3a mit Hinweisen), gleichgesetzt würde (so offenbar ANDREAS BUCHER, Le nouvel arbitrage international en Suisse, S. 118 f. N. 351). Dass sich der Einbezug der Begründungspflicht in den Gehörsanspruch nach
Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG
nicht mit der neuen Ordnung vereinbaren lässt, bestätigt der französische Gesetzestext dieser Bestimmung, der das rechtliche Gehör im Gegensatz zur deutschen und italienischen Fassung auf das Recht der Parteien "d'être entendues en procédure contradictoire" beschränkt und damit die Begründung, die dem kontradiktorischen Verfahren folgt, nicht erfasst (LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, S. 426 N. 5d zu
Art. 190 IPRG
). Zum gleichen Ergebnis führt der Gesetzeskontext.
Art. 190 Abs. 2 IPRG
übernimmt in lit. d nur die zwingenden Verfahrensvorschriften des
Art. 182 Abs. 3 IPRG
als Beschwerdegrund, nicht aber das in
Art. 189 Abs. 2 IPRG
für Schiedsurteile vorgeschriebene Begründungserfordernis.
Die fehlende Begründung eines Schiedsurteils verstösst für sich allein auch nicht gegen den ordre public (
BGE 101 Ia 525
ff. E. 4); die Beschwerdeführerin unterlässt es denn auch, in diesem Zusammenhang
Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG
anzurufen. Es braucht deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang nicht entschieden zu werden, ob gestützt auf
Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG
Verletzungen des verfahrensrechtlichen ordre public geltend gemacht werden können.
c) Kennt
Art. 190 Abs. 2 IPRG
den Beschwerdegrund der fehlenden Begründung nicht, erweisen sich die bezüglichen Rügen als unzulässig. Abgesehen davon sind sie offensichtlich unbegründet. Die einlässlichen Erörterungen des Schiedsgerichts über die Diskontsätze für Dinarschulden zeigen, dass es den Zinsfuss nach dem Diskont der Banken des Landes der jeweils geschuldeten Währung festgesetzt hat. Dass die Verfahrenskosten nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens verteilt worden sind, versteht sich von selbst, auch wenn im angefochtenen Urteil bloss steht, die Kostenverteilung erfolge "in view of the circumstances". | public_law | nan | de | 1,990 | CH_BGE | CH_BGE_004 | CH | Federation |
e3120295-667c-4c3b-a440-79aab9d89a25 | Urteilskopf
138 III 182
28. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause B. SA contre A. (recours en matière civile)
5A_32/2011 du 16 février 2012 | Regeste
Rechtsöffnung in einer Mehrheit von Betreibungen auf Verwertung von Grundpfändern, welche für die gleiche Forderung haften; Aufteilung der Belastung (
Art. 82 SchKG
;
Art. 798 und 816 Abs. 3 ZGB
).
Abgesehen vom hier nicht gegebenen Fall des Gesamtpfandes, wo jedes Grundstück für die gesamte Forderung haftet, beinhaltet die Verpfändung mehrerer Grundstücke für eine einzige Forderung, wenn nichts anderes vereinbart ist, eine verhältnismässige Aufteilung der Belastung auf die verschiedenen Grundstücke. Wird der Entscheid über die Aufteilung bereits im Stadium der Rechtsöffnung getroffen, so ist nur die Art der Aufteilung endgültig festgesetzt, jedoch nicht der betragsmässige Umfang der Sicherung. Verletzung von
Art. 798 Abs. 3 ZGB
durch einen kantonalen Entscheid, der sich nicht auf die verhältnismässige Aufteilung, sondern auf die Reihenfolge in einer Rahmenkreditvereinbarung stützt (E. 4). | Sachverhalt
ab Seite 183
BGE 138 III 182 S. 183
A.
Le 19 mai 2009, l'Office des poursuites de l'arrondissement de D. a notifié à A., à la réquisition de B. SA, un commandement de payer dans la poursuite en réalisation de gage immobilier n° x portant sur la somme de 400'000 fr. plus intérêt à 10 % l'an dès le 18 avril 2009. Le commandement de payer contenait les indications suivantes:
"
Titre de la créance ou cause de l'obligation:
Montant dû au 17.04.2009, en capital, sur la cédule hypothécaire au porteur RF n° y remise en pleine propriété selon acte de transfert du 11.09.2006 et grevant en 1
er
rang la parcelle désignée sous objet du gage. Ce titre garantit les engagements souscrits par les codébiteurs sous la relation n° z et totalisant 17'158'741.86 CHF conformément à notre correspondance du 12 février 2009. Ces engagements sont également garantis par d'autres immeubles faisant l'objet de poursuites distinctes. Créances exigibles au remboursement.
Désignation de l'immeuble:
Parcelle RF 200, fo 9 sise Av. ... à D., consistant en place-jardin et bâtiment commercial d'une surface totale de 1'263 m
2
. Propriété en mains communes de Monsieur A. et Madame C.".
Le poursuivi a fait opposition totale.
Le 30 juin 2009, la poursuivante a requis la mainlevée provisoire de l'opposition. A l'appui de sa requête, elle a notamment produit une convention de crédit-cadre conclue les 6/11 septembre 2006, un acte de transfert de propriété à fin de garantie de diverses cédules hypothécaires au porteur, acte signé les mêmes jours, une copie de ces dernières, ainsi qu'une lettre de dénonciation de la relation n° z du 12 février 2009.
Par la convention de crédit-cadre, B. SA accordait à A. et C., solidairement entre eux, une limite de crédit d'un montant maximum de 17'443'177 fr., utilisable sous forme d'hypothèque fixe d'un montant minimum de 1'000'000 fr. d'une durée de un à sept ans, moyennant paiement trimestriel des intérêts et de l'amortissement (46'000 fr.), toutes les prétentions de B. SA, y compris les intérêts échus et courants ainsi que les commissions, devant être couvertes par des
BGE 138 III 182 S. 184
sûretés, notamment le transfert de propriété à fin de garantie, des cédules hypothécaires au porteur suivantes:
- trois cédules de 3'500'000 fr., 2'500'000fr. et 2'100'000 fr. grevant en 1
er
et parité de rang la parcelle n° 261 de la commune de D. (taux d'intérêt maximal 10 %),
- une cédule de 2'500'000 fr. grevant en 1
er
rang la parcelle n° 940 de la commune de D. (taux d'intérêt maximal 8 %),
- deux cédules de 2'700'000 fr. et 500'000 fr. grevant respectivement en 1
er
et 2
e
rangs la parcelle n° 198 de la commune de D. (taux d'intérêt maximal respectivement 8 % et 10 %),
- une cédule de 400'000 fr. grevant en 1
er
rang la parcelle n° 200 de la commune de D. (taux d'intérêt maximal 8 %),
- une cédule de 205'000 fr. grevant en 1
er
rang les parts de propriété par étages n
os
834 et 839 de la commune de E. (taux d'intérêt maximal 8 %),
- une cédule de 219'300 fr. grevant en 1
er
rang les parts de propriété par étages n
os
835 et 841 de la commune de E. (taux d'intérêt maximal 8 %),
- une cédule de 3'800'000 fr. grevant en 1
er
rang la parcelle n° 1205 de la commune de F. (taux d'intérêt maximal 10 %).
Aux termes de ladite convention de crédit-cadre, B. SA était en droit de la résilier à tout moment avec effet immédiat ainsi que de refuser de mettre la limite de crédit à disposition, selon sa propre appréciation du cas d'espèce et sans indication de motifs, cette résiliation - ordinaire (ch. 10.1) - entraînant l'annulation immédiate de la part de limite de crédit non utilisée, le remboursement des montants déjà utilisés étant exigible à l'échéance de la durée convenue pour l'hypothèque fixe. Elle était aussi en droit de résilier et de provoquer ainsi l'exigibilité immédiate de toutes les parts utilisées du crédit et d'exiger leur remboursement sans délai lorsque, notamment, le preneur était en demeure, en cessation de paiement ou violait d'autres engagements stipulés dans la convention (résiliation extraordinaire, ch. 10.2). Par ailleurs, selon le chiffre 17.2, en cas de pluralité de sûretés garantissant les prétentions de la banque et devant être mises à contribution, la banque décidait, selon sa propre appréciation, de l'étendue, de l'ordre de réalisation et de la répartition du produit de celle-ci en vue de couvrir les différentes utilisations qui avaient été faites du crédit.
L'acte de transfert de propriété à fin de garantie prévoyait notamment que les cédules hypothécaires étaient remises à la banque "en
BGE 138 III 182 S. 185
propriété fiduciaire" aux fins de garantir l'exécution de toutes créances issues des contrats conclus ou à conclure entre les parties (ch. 1), le(s) preneur(s) de crédit déclarant, pour le cas où les titres transférés à titre de sûreté ne le désignaient pas comme débiteur, reprendre les dettes que constataient ces mêmes titres hypothécaires et reconnaissant ainsi devoir à la banque le montant nominal de chaque titre hypothécaire ainsi que - sans égard à d'éventuelles clauses contraires figurant dans les titres - les intérêts courants et les intérêts échus de trois années au taux de 10 % l'an, aux échéances des 30 juin et 31 décembre (ch. 2); l'acte permettait à la banque, "plutôt que d'exiger l'exécution des créances de crédits devenues exigibles, de faire directement valoir les créances qu'incorpor[ai]ent les titres hypothécaires remis à titre de garantie", dispense lui étant faite, "dans un tel cas, de dénoncer, par avis supplémentaire, les créances dérivant des titres" (ch. 3); en outre, "dès l'exigibilité, fût-elle seulement partielle, de l'une des créances résultant des crédits, [la banque était] en droit d'exiger l'exécution des créances hypothécaires constituées en garantie [...]; en cas de pluralité de créances de crédits et de titres hypothécaires, [la banque] décide[rait] seule de l'ordre prioritaire dans lequel créances et titres ser[aie]nt amortis, ou réalisés" (ch. 4).
La lettre de dénonciation du 12 février 2009 faisait état de prêts déjà échus pour le 31 mars 2009, totalisant 14'087'480 fr., et d'un prêt à échoir le 17 avril 2009, dont le montant total s'élevait à 3'040'910 fr. 11.
B.
Par prononcé du 2 septembre 2009, le Juge de paix du district de la Riviera - Pays-d'Enhaut a prononcé la mainlevée provisoire de l'opposition à concurrence de 400'000 fr. plus intérêts au taux de 8 % l'an dès le 18 avril 2009 et constaté l'existence du droit de gage.
Sur recours du poursuivi, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a, par arrêt du 17 juin 2010, réformé le prononcé du juge de paix en ce sens que l'opposition était provisoirement levée à concurrence de 287'480 fr. plus intérêts à 5 % l'an dès le 18 avril 2009, l'opposition étant maintenue pour le surplus. Elle a considéré en substance que la poursuivante n'ayant pas établi que le dernier prêt accordé était exigible, seule une somme en capital de 14'087'480 fr. était exigible le 21 avril 2009, lors de l'envoi des réquisitions de poursuite. Déterminant pour quelles cédules la mainlevée pouvait être octroyée, la cour cantonale s'est fondée sur l'ordre figurant dans la convention de crédit-cadre et a considéré que la mainlevée pouvait être accordée pour les poursuites en réalisation de gage
BGE 138 III 182 S. 186
concernant les parcelles n° 261 (3'500'000 fr., 2'500'000 fr. et 2'100'000 fr.), n° 940 (2'500'000 fr.), n° 198 (2'700'000 fr. et 500'000 fr.) et partiellement pour la poursuite concernant la parcelle n° 200, à concurrence de 287'480 fr. (soit 14'087'480 fr. moins 13'800'000 fr.), la mainlevée devant en revanche être refusée pour les autres poursuites concernant les parcelles n
os
834 et 839 (205'000 fr.), n
os
835 et 841 (219'300 fr.) et n° 1205 (3'800'000 fr.).
C.
Le recours en matière civile interjeté au Tribunal fédéral par la poursuivante, qui se plaignait notamment de la manière dont l'ordre de réduction de ses prétentions avait été déterminé, a été partiellement admis, l'opposition devant être provisoirement levée, dans la poursuite en cause, à concurrence de 305'845 fr. 60 plus intérêts de trois années à 8 %. Le recours en matière civile interjeté par le poursuivi dans la même poursuite a, quant à lui, été rejeté dans la mesure de sa recevabilité. Dans les autres poursuites simultanées, les recours en matière civile émanant tant de la poursuivante que du poursuivi ont été partiellement admis et les décisions attaquées réformées pour tenir compte d'une répartition de la garantie qui soit, conformément à l'
art. 798 al. 3 CC
, proportionnelle à la valeur des divers immeubles.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
4.1
En se faisant remettre les cédules en cause pour garantir sa créance de base, d'un montant maximum de 17'443'177 fr., la recourante a obtenu le droit, incorporé dans les cédules (
art. 842 al. 1 CC
), de faire réaliser les immeubles mis en gage, à concurrence du montant total garanti par les cédules, soit le montant nominal de 18'424'300 fr. (cf. faits ci-dessus, let. A).
Lorsqu'une créance est ainsi garantie par plusieurs immeubles, la poursuite en réalisation de gage doit porter sur tous les immeubles et le créancier doit poursuivre la réalisation de ceux-ci simultanément (
art. 816 al. 3, 1
re
phrase, CC; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, tome III, 3
e
éd. 2003, n. 2787). Cette règle est impérative et doit au besoin être appliquée d'office (
ATF 100 III 48
). En l'espèce, elle a été respectée.
4.2
En principe, la mise en gage de plusieurs immeubles pour garantir une seule créance implique une répartition de la garantie sur les divers immeubles (
art. 798 al. 2 et 3 CC
), chacun de ceux-ci ne
BGE 138 III 182 S. 187
répondant alors que pour la somme fixée lors de la répartition. A certaines conditions cependant (appartenance des immeubles grevés au même propriétaire ou à des codébiteurs solidaires), la mise en gage peut être réalisée au moyen d'un droit de gage collectif (
art. 798 al. 1 CC
). Dans ce cas, chaque immeuble garantit la totalité de la créance et le créancier peut se faire désintéresser sur le produit de la réalisation de chacun des immeubles grevés, mais il n'a qu'un seul et même droit de gage, l'engagement collectif devant en outre ressortir de l'inscription au registre foncier (
art. 42 al. 1 de l'ordonnance du 22 février 1910 sur le registre foncier [ORF; RS 2, 514]
) et, pour les cédules hypothécaires, figurer sur le titre (
art. 53 al. 3 ORF
; cf. STEINAUER, op. cit., n
os
2661 s. et les références de doctrine citées à la note 52, n
os
2665 et 2667).
En l'espèce, l'on ne se trouve pas en présence d'un gage collectif au sens de l'
art. 798 al. 1 CC
, dès lors, notamment, qu'il n'existe pas qu'un seul et même droit de gage (cf.
ATF 126 III 33
consid. 2), mais plusieurs, et qu'un engagement collectif n'est pas spécifié sur les titres comme le requiert l'
art. 53 al. 3 ORF
. L'on a donc affaire ici à un engagement de plusieurs immeubles avec répartition de la garantie au sens de l'
art. 798 al. 2 CC
. Dans ce cas, la répartition de la garantie se fait, sauf convention contraire, proportionnellement à la valeur des divers immeubles (
art. 798 al. 3 CC
).
Cette répartition intervient en principe lors de la réalisation (art. 133 ss/156 al. 1 LP). En l'espèce, toutefois, elle a fait l'objet d'une décision cantonale qui est contestée devant le Tribunal fédéral au stade déjà de la mainlevée d'opposition. L'arrêt que celui-ci est appelé à rendre à ce stade ne peut avoir de portée définitive qu'en ce qui concerne le mode de répartition; il ne saurait en avoir quant aux montants puisque, selon la jurisprudence, le créancier gagiste poursuivant peut, au stade de l'épuration de l'état des charges (
art. 140 LP
), produire d'autres ou de plus amples droits que ceux réclamés dans la réquisition de poursuite, par exemple des intérêts supplémentaires ou la partie de la créance pour laquelle la mainlevée de l'opposition lui a été refusée, étant en outre observé qu'au stade de la mainlevée, le juge qui la prononce ne connaît pas encore le jour de la réquisition de vente et n'est donc pas en mesure d'allouer les intérêts courants prévus par l'art. 818 al. 1 ch. 3 in fine CC (
ATF 136 III 288
consid. 3.4 et la jurisprudence citée).
4.3
La recourante était autorisée par la convention de crédit-cadre (ch. 17.2) et l'acte de transfert de propriété à fin de garantie (ch. 4)
BGE 138 III 182 S. 188
à décider seule de l'ordre prioritaire dans lequel créances et titres seraient amortis ou réalisés, dès lors et au besoin en dérogeant au système légal en cas de pluralité de gages (droit dispositif; cf. STEINAUER, op. cit., n. 2668 s.; DAVID DÜRR, in Commentaire zurichois, n
os
145, 148 ss ad
art. 798 CC
; TRAUFFER/SCHMID-TSCHIRREN, in Commentaire bâlois, Zivilgesetzbuch, vol. II, 4
e
éd. 2011, n° 19 ad
art. 798 CC
). Or, une manifestation de volonté de sa part fait défaut à cet égard. Cela étant, l'
art. 798 al. 3 CC
s'applique.
4.4
La décision attaquée viole l'
art. 798 al. 3 CC
en ordonnant un autre mode de répartition que celui de la répartition proportionnelle. Conformément à ce mode de répartition, la fraction (ci-après: c) de la créance totale (ci-après: C) que doit garantir chaque immeuble correspond à la valeur estimative de cet immeuble (ci-après: v) par rapport à la valeur estimative de l'ensemble des immeubles (ci-après: V). A défaut d'estimation, qui n'est ordonnée qu'au stade de la réalisation (
art. 140 al. 3 LP
), il y a lieu de prendre en considération le montant nominal des cédules hypothécaires. Selon la formule établie par STEINAUER (op. cit., n
os
2669 s.), la répartition donne les résultats suivants pour les immeubles objet des poursuites parallèles en cause:
parcelle
C
v
V
c
261
14'087'480 x
(8'100'000/
18'424'300)
=
6'193'374.40
940
14'087'480 x
(2'500'000/
18'424'300)
=
1'911'535.30
198
14'087'480 x
(3'200'000/
18'424'300)
=
2'446'765.20
200
14'087'480 x
(400'000
/
18'424'300)
=
305'845.60
834/839
14'087'480 x
(205'000/
18'424'300)
=
156'745.90
835/841
14'087'480 x
(219'300/
18'424'300)
=
167'679.90
1205
14'087'480 x
(3'800'000/
18'424'300)
=
2'905'533.70
14'087'480.00
Dans la poursuite en réalisation de gage immobilier visée par le présent recours, la décision attaquée a accordé la mainlevée provisoire à concurrence de 287'480 fr. plus intérêt à 5 %, taux applicable à la créance causale. La recourante demande qu'elle le soit à hauteur de 400'000 fr. plus intérêt à 8 % comme en première instance et l'intimé, qu'elle soit refusée en totalité. Il résulte de la répartition ci-dessus que la mainlevée provisoire doit être accordée à concurrence de 305'845 fr. 60. Quant aux intérêts, soit ceux de la créance cédulaire en poursuite, l'acte de transfert de propriété à fin de garantie des cédules hypothécaires prévoit, sous chiffre 2, que "le/les preneur(s) de crédit reconnaît/reconnaissent ainsi devoir à B. le montant nominal
BGE 138 III 182 S. 189
de chaque titre hypothécaire ainsi que - sans égard à d'éventuelles clauses contraires figurant dans les titres - les intérêts courants et les intérêts échus de trois années au taux de 10 % l'an, aux échéances des 30 juin et 31 décembre". Le Tribunal fédéral ne pouvant aller au-delà des conclusions des parties (
art. 107 al. 1 LTF
), le taux qu'il y a lieu d'appliquer pour les intérêts de trois années est donc celui de 8 % (
ATF 136 III 288
consid. 3.2; 4A_451/2009 du 25 février 2010 consid. 5).
Il s'ensuit que le recours doit être partiellement admis, la décision attaquée étant réformée dans le sens précité, et rejeté pour le surplus. | null | nan | fr | 2,012 | CH_BGE | CH_BGE_005 | CH | Federation |
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