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Urteilskopf 114 II 421 81. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. August 1988 i.S. Durscher-Senn gegen Senn (Berufung)
Regeste Gewinnanteilsrecht der Miterben ( Art. 619 ff. ZGB ). Gewinnanteilsrecht in einem Fall, da neben einem Baurecht ein Kaufsrecht eingeräumt wurde, das erst nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Gewinnbeteiligungsdauer geltend gemacht werden kann: Voraussetzungen der Begründung des Anspruchs und Berechnung des als Gewinnanteil zu entrichtenden Betrags.
Sachverhalt ab Seite 421 BGE 114 II 421 S. 421 Aus dem Nachlass ihres Vaters übernahmen Urs Senn und Susanne Durscher-Senn mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1981 die Liegenschaften Nrn. 238, 239 und 240 bzw. Nr. 244 in Uttigen je zu Alleineigentum. Gemäss Ziffer 9 des erwähnten Vertrags räumte Urs Senn seinen beiden Geschwistern ein Gewinnbeteiligungsrecht im Sinne der Art. 619 ff. ZGB ein. Das Recht wurde auf eine Dauer von 15 Jahren begrenzt und im Grundbuch vorgemerkt. In Ziffer 12 des Übernahmevertrags wurde ferner ein auf ebenfalls 15 Jahre befristetes Vorkaufsrecht zu Gunsten sämtlicher Geschwister und ihrer Mutter vereinbart. Am 27. Juni 1986 meldete Urs Senn dem Grundbuchamt verschiedene Abparzellierungen an. Unter anderem sollten zwei Teilflächen des Grundstücks Nr. 239 als selbständige Grundstücke Nrn. 537 und 538 ins Grundbuch aufgenommen werden. Urs Senn hatte bereits am 6. Juni 1986 mit zwei Ehepaaren bezüglich dieser beiden neuen Parzellen einen Baurechtsvertrag abgeschlossen. In beiden Fällen wurde das Baurecht - rückwirkend ab 1. Mai 1986 - für eine Dauer von 30 Jahren vereinbart und bei der Berechnung des Baurechtszinses ein Quadratmeterpreis von Fr. 170.-- eingesetzt; für die Parzelle Nr. 537 ergab sich so ein Gesamtbetrag von Fr. 76'160.-- und für die Parzelle Nr. 538 ein BGE 114 II 421 S. 422 solcher von Fr. 84'660.--; diese Beträge sollen je zu 3% verzinst werden. Die Baurechtsberechtigten erhielten ferner ein auf ebenfalls 30 Jahre beschränktes Kaufsrecht eingeräumt, das aber nicht vor dem 1. Mai 1997 ausgeübt werden kann. Als Kaufpreis wurde dabei ein fester, d.h. nicht indexierter, Quadratmeterpreis von wiederum Fr. 170.-- vereinbart. Durch Eingabe vom 15. Januar 1987 erhob Susanne Durscher-Senn beim Appellationshof des Kantons Bern gegen Urs Senn Klage. Sie beantragte, es sei ihr das unbeschwerte Eigentum an den Parzellen Nrn. 537 und 538 zuzusprechen; allenfalls sei festzustellen, dass ein Vorkaufsfall eingetreten und dass sie im Verhältnis zum Beklagten Eigentümerin der genannten Grundstücke sei; subeventuell sei der Beklagte zu verpflichten, ihr einen Gewinnanteil gemäss richterlichem Ermessen nebst Zins zu 5% seit 5. September 1986 zu bezahlen. Mit Urteil vom 25. Januar 1988 hiess der Appellationshof (III. Zivilkammer) des Kantons Bern die Klage teilweise gut. Der Beklagte wurde verpflichtet, der Klägerin den Betrag von Fr. 46'053.90 nebst Zins zu 5% seit 5. September 1986 zu zahlen. Gegen den Entscheid des Appellationshofes haben beide Parteien beim Bundesgericht Berufung erhoben. Während die Klägerin auf der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken Nrn. 537 und 538 beharrt, schliesst der Beklagte auf vollumfängliche Abweisung der Klage; eventuell sei der der Klägerin zugesprochene Betrag auf Fr. 10'942.90, subeventuell auf Fr. 28'600.80 oder Fr. 40'251.75 herabzusetzen. In ihren Berufungsantworten stellen sowohl die Klägerin als auch der Beklagte den Antrag, die Berufung der Gegenpartei sei abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (...) (Ausführungen zur klägerischen Berufung, die unbegründet sei, weil, sollte der Vorkaufsfall tatsächlich eingetreten sein, das Vorkaufsrecht jedenfalls zu spät ausgeübt worden wäre.) 2. a) Den der Klägerin zugesprochenen Gewinnanteil bestimmte der Appellationshof aufgrund des Kaufpreises, den die beiden Ehepaare im Falle der Ausübung des neben dem Baurecht vereinbarten Kaufsrechts gemäss Vertrag vom 6. Juni 1986 frühestens am 1. Mai 1997 - zu bezahlen haben würden (d.h. Fr. 170.-- je Quadratmeter). Für die Parzellen Nrn. 537 und BGE 114 II 421 S. 423 538 errechnete die Vorinstanz so einen Gesamtbetrag von Fr. 160'820.--, wovon sie den ursprünglichen Anrechnungspreis für die Stammparzelle Nr. 239 (gemäss Übernahmevertrag vom 21. Dezember 1981) von Fr. 680.-- in Abzug brachte, um auf einen Bruttogesamtgewinn von Fr. 160'140.-- und einen Anteil der Klägerin (1/3) von Fr. 53'380.-- zu gelangen. Von dieser Summe zog die Vorinstanz alsdann unter dem Titel "Besitzesdauerabzug 8% für 4 Jahre ( Art. 619bis Abs. 2 ZGB )" den Betrag von Fr. 4'270.40 und ferner die unter dem Titel Gewinnanteil bereits geleisteten Zahlungen von insgesamt Fr. 3'055.70 ab. Die Klägerin erhielt schliesslich einen Gewinnanspruch von Fr. 46'053.90 zugesprochen. b) Der Beklagte hält der vorinstanzlichen Betrachtungsweise entgegen, sie verstosse gegen Art. 619 ZGB ; sie trage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 105 II 177 ) nicht Rechnung, wonach eine Gewinnbeteiligung ohne tatsächlich realisierten Gewinn nicht denkbar sei. Im Falle der Begründung eines Baurechts könne eine Gewinnbeteiligung nur an den jährlichen Baurechtszinsen beansprucht werden. Das Gewinnanteilsrecht der Klägerin bestehe hier noch bis zum 21. Dezember 1996. Für die Jahre 1986 und 1987 habe er der Klägerin die entsprechenden Beträge schon entrichtet. Was die noch ausstehenden Baurechtszinsen betreffe, so sei eine Diskontierung (im Ausmasse von jährlich 5%) vorzunehmen. Der Beklagte gelangt auf diesem Weg zu einem Anspruch der Klägerin von insgesamt Fr. 10'942.90. c) Bei seinen Überlegungen verkennt der Beklagte, dass im Rahmen von Art. 619 Abs. 2 ZGB das Entgelt für ein Nutzungsrecht, das auf einem veräusserungsähnlichen Rechtsgeschäft beruht, nicht in jedem Fall als Veräusserungsgewinn zu gelten hat. Die im Jahre 1965 in Kraft getretene Gesetzesbestimmung hat Klarheit darüber herbeigeführt, dass die rechtsgeschäftliche Umsetzung des Werts eines Grundstücks auch beim Fehlen einer Handänderung der Veräusserung der Liegenschaft gleichzusetzen ist (vgl. ESCHER, Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, Ergänzungslieferung zum landwirtschaftlichen Erbrecht, N. 14 zu Art. 619 ZGB ). Bei einem veräusserungsähnlichen Tatbestand dieser Art ist deshalb von einem Gewinn auszugehen, der dem Element der Veräusserung in einem gewissen Masse Rechnung trägt. Freilich sind stets die Besonderheiten des konkreten Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen, kommt doch die Wertumsetzung nicht in jedem Fall einer umfassenden Veräusserung BGE 114 II 421 S. 424 gleich (vgl. BGE 105 II 172 ff. betreffend die materielle Enteignung; BGE 97 II 309 ff. betreffend die Ausbeutung von Bodenbestandteilen). Hinsichtlich eines für längere Zeit eingeräumten Baurechts vertritt die Lehre die Ansicht, dass der kapitalisierte Baurechtszins dem massgeblichen Verkehrswert des Grundstücks entspreche (vgl. GASSER, Le droit des cohéritiers à une part de gain, Diss. Lausanne 1967, S. 121; PIOTET, in: Schweizerisches Privatrecht, Band IV/2, S. 965 f.). Dem mag entgegengehalten werden, dass dem Heimfallrecht zuwenig Beachtung geschenkt werde. Die grundsätzliche Gleichsetzung des Baurechts mit einer umfassenden Veräusserung ist indessen jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn - wie vorliegend - insofern von einer eigentlichen Veräusserungsumgehung gesprochen werden muss, als das Baurecht mit einem Kaufsrecht verbunden ist, das erst nach Ablauf der Gewinnbeteiligungsdauer geltend gemacht werden kann. Auch bei dieser Verbindung von Rechten steht zwar nicht von vornherein fest, dass tatsächlich einmal ein Eigentümerwechsel eintreten wird. Wo aber - wie hier - von allem Anfang an und unabänderlich ein nicht der Teuerung anzupassender Kaufpreis und daneben ein bescheidener Baurechtszins (von 3%) vereinbart wird, darf füglich von einer sehr grossen Wahrscheinlichkeit der Ausübung des Kaufsrechts und damit von einer aufgeschobenen umfassenden Veräusserung ausgegangen werden. Es ist unter den gegebenen Umständen nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz bei der Ermittlung des klägerischen Gewinnanteils auf den Kaufpreis abgestellt hat, wie er dereinst von den Baurechts- und Kaufsrechtsberechtigten zu zahlen sein würde. d) Der Appellationshof hat unter Berufung auf Art. 619bis Abs. 2 ZGB vom ermittelten Bruttogewinn zu Recht 8%, d.h. 2% je Jahr abgezogen, das bis zum Eintritt des veräusserungsähnlichen Tatbestands verflossen ist. Keineswegs ist dagegen eine weitere Diskontierung vorzunehmen, wie es der Beklagte hilfsweise beantragt. Der Tatsache, dass das Veräusserungsentgelt aufgeschoben worden ist, wird mit dem Baurechtszins Rechnung getragen, der inskünftig vollumfänglich dem Beklagten als Eigentümer der baurechtsbelasteten Grundstücke zukommen wird. Nach dem Gesagten fällt auch eine Reduktion des Kaufpreises von Fr. 170.-- auf Fr. 150.-- je Quadratmeter nicht in Betracht. Rechtfertigt der konkrete veräusserungsähnliche Tatbestand eine grundsätzliche Gleichstellung des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts BGE 114 II 421 S. 425 mit dem Verkauf, kann Art. 619bis Abs. 2 ZGB nur bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Beachtung finden. Auch dem subeventualiter gestellten Antrag kann daher nicht entsprochen werden. Mithin ist die Berufung des Beklagten ebenfalls vollumfänglich abzuweisen.
public_law
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e024ff51-a3fb-4427-9ce6-da67f9075072
Urteilskopf 117 V 177 21. Urteil vom 14. Oktober 1991 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen L. und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 43ter AHVG , Art. 2 HVA , HVA-Anhang. - Die Hilfsmittelliste gemäss HVA-Anhang ist der richterlichen Überprüfung auf Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit zugänglich. Unter dem Gesichtspunkt der Willkürprüfung kann der HVA-Anhang durch ein weiteres Hilfsmittel ergänzt werden (Erw. 3). - Die Nichtaufnahme des Hilfsmittels der Armprothese in den HVA-Anhang lässt sich im Hinblick auf die im Gesetz umschriebenen Eingliederungsziele nicht rechtfertigen; dieser Behelf ist für die Selbstsorge gemäss Art. 43ter Abs. 1 AHVG und i.c. für die Tätigkeit im Aufgabenbereich (Haushaltführung) gemäss Art. 43ter Abs. 2 AHVG unerlässlich. Das geltend gemachte Abgrenzungskriterium des häufigen Bedarfs allein genügt dem Rechtssetzungsauftrag gemäss Art. 43ter AHVG nicht, so dass die Auswahl der Hilfsmittel aufgrund einer rein quantitativen Betrachtungsweise willkürlich ist (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 178 BGE 117 V 177 S. 178 A.- Die 1921 geborene, verheiratete E. L., Hausfrau, ist Bezügerin einer Altersrente. 1989 musste sie im Spital B. eine Herzoperation vornehmen lassen. Dabei bildete sich im linken Arm eine Mikroembolie mit der Folge, dass der Arm nicht mehr durchblutet wurde und schliesslich amputiert werden musste. Am 14. November 1989 meldete sich E. L. bei der Verwaltung an mit dem Begehren um Abgabe einer zweckmässigen Armprothese. Die Ausgleichskasse des Kantons Bern lehnte das Gesuch aufgrund eines Beschlusses der Invalidenversicherungs-Kommission vom 24. November 1989 ab, weil Armprothesen in der für den Hilfsmittelanspruch von Altersrentnern massgeblichen Verordnung nicht aufgeführt seien, so dass die AHV hiefür nicht aufzukommen habe (Verfügung vom 30. November 1989). B.- E. L. beantragte beschwerdeweise die Vergütung der Kosten für die inzwischen angepasste Armprothese. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, es sei "völlig unverständlich und nicht akzeptabel", dass ausgerechnet die Armprothese nicht in der entsprechenden Liste enthalten sei. Auch eine Altersrentnerin, die den Haushalt besorgen müsse, sei auf eine Armprothese angewiesen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde gut, hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache an die Verwaltung zurück, damit sie die Verwendungsweise der Armprothese näher abkläre und, je nach dem Ergebnis dieser Aktenergänzung, über den Anspruch auf Abgabe des Hilfsmittels neu verfüge (Entscheid vom 15. Mai 1990). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Aufhebung des kantonalen Entscheids. Während die Versicherte sich nicht vernehmen lässt, pflichtet die Ausgleichskasse dem BSV bei. BGE 117 V 177 S. 179 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 43ter AHVG bestimmt der Bundesrat, unter welchen Voraussetzungen in der Schweiz wohnhafte Bezüger von Altersrenten, die für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedürfen, Anspruch auf Hilfsmittel haben (Abs. 1). Er bestimmt, in welchen Fällen Bezüger von Altersrenten Anspruch auf Hilfsmittel für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder einer Tätigkeit in ihrem Aufgabenbereich haben (Abs. 2). Er bezeichnet die Hilfsmittel, welche die Versicherung abgibt oder an welche sie einen Kostenbeitrag gewährt; er regelt die Abgabe sowie das Verfahren und bestimmt, welche Vorschriften des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung anwendbar sind (Abs. 3). b) Der Bundesrat hat diese Regelungskompetenz dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) übertragen. Gemäss Art. 66ter AHVV regelt das Departement die Voraussetzungen für die Abgabe von Hilfsmitteln an Altersrentner, die Art der abzugebenden Hilfsmittel sowie das Abgabeverfahren. Dieser Subdelegation ist das EDI mit dem Erlass der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Altersversicherung (HVA) vom 28. August 1978, in Kraft seit 1. Januar 1979, nachgekommen. Art. 2 HVA lautet: "In der Schweiz wohnhafte Bezüger von Altersrenten der AHV, die für die Tätigkeit in ihrem Aufgabenbereich, für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontakts mit der Umwelt oder für die Selbstsorge auf Hilfsmittel angewiesen sind, haben Anspruch auf die in der Liste im Anhang aufgeführten Leistungen. Die Liste umschreibt Art und Umfang der Leistungen für jedes Hilfsmittel abschliessend." Die der HVA als Anhang beigefügte Liste der Hilfsmittel (in der Fassung vom 24. November 1988, in Kraft seit 1. Januar 1989) umfasst unter jeweils näher umschriebenen Anspruchsvoraussetzungen: - definitive Fuss- und Beinprothesen oder -orthesen (Ziff. 1); - Fahrstühle ohne motorischen Antrieb (Ziff. 2); - Hörgeräte für ein Ohr (Ziff. 3); - orthopädische Massschuhe (Ziff. 4); - Sprechhilfegeräte (Ziff. 5); - definitive Brust-Exoprothesen (Ziff. 6); - Perücken (Ziff. 7); - Lupenbrillen (Ziff. 8). BGE 117 V 177 S. 180 2. Die Ablehnung des Gesuchs um Abgabe einer Armprothese durch die Verwaltung steht im Einklang mit der verordnungsmässigen Regelung, da dieser Behelf in der Hilfsmittelliste gemäss HVA-Anhang nicht aufgeführt ist. Die Beschwerdegegnerin kann sich unbestrittenermassen auch nicht auf die Besitzstandswahrung nach Art. 4 HVA berufen, wonach Altersrentnern der Leistungsanspruch bei vorangegangener Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung gewährt bleibt. Denn das Leiden, welches das Hilfsmittel erforderlich macht, ist erst nach vollendetem 62. Altersjahr aufgetreten, so dass die Beschwerdegegnerin keinen invalidenversicherungsrechtlichen Hilfsmittelanspruch erwerben konnte (Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 lit. d und Art. 21 IVG ). Es stellt sich daher einzig die Frage, ob der Anspruch auf Abgabe einer Armprothese, trotz Nichtaufnahme dieses Behelfs in die Hilfsmittelliste gemäss HVA-Anhang, gestützt auf übergeordnetes Recht bejaht werden kann, wie das kantonale Gericht angenommen hat. 3. a) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei (unselbständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen, und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV , wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen ( BGE 114 V 184 Erw. 2b, 303 Erw. 4a, BGE 112 V 178 Erw. 4c, BGE 111 V 284 Erw. 5a, 395 Erw. 4a, BGE 110 V 256 Erw. 4a und 328 Erw. 2d, je mit BGE 117 V 177 S. 181 Hinweisen; vgl. auch BGE 116 V 58 Erw. 3b und 193 Erw. 3, BGE 114 Ib 19 Erw. 2). b) Diese Grundsätze der richterlichen Überprüfung unselbständiger Rechtsverordnungen auf ihre Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit gelten insbesondere auch bei der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI). Hier hat das Eidg. Versicherungsgericht jeweils hervorgehoben, dass der Hilfsmittelanspruch nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG nur "im Rahmen einer vom Bundesrat (bzw. dem Departement) aufzustellenden Liste" besteht ( BGE 105 V 27 Erw. 3b und 258 Erw. 2 und seitherige ständige Rechtsprechung). Der Bundesrat oder das Departement sind durch das Gesetz nicht verpflichtet, sämtliche Hilfsmittel, deren ein Invalider zur Eingliederung bedarf, in die Hilfsmittelliste aufzunehmen; vielmehr können der Bundesrat oder an seiner Stelle das Departement eine Auswahl treffen und die Zahl der Hilfsmittel beschränken, wobei ihnen ein weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit zusteht, da das Gesetz nicht ausdrücklich sagt, nach welchen Gesichtspunkten die Auswahl vorzunehmen sei; eine Schranke bildet das Willkürverbot, worauf sich das richterliche Eingreifen zu beschränken hat ( BGE 105 V 27 Erw. 3b). In ständiger Rechtsprechung hat das Eidg. Versicherungsgericht sodann festgehalten, dass die Liste der von der Invalidenversicherung abzugebenden Hilfsmittel insofern abschliessend ist, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt, wogegen bei jeder Hilfsmittelkategorie zu prüfen ist, ob die Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel (innerhalb der Kategorie) ebenfalls abschliessend oder bloss exemplifikatorisch ist ( BGE 115 V 193 Erw. 2b mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 114 V 308 Erw. 4 auch in bezug auf den Hilfsmittelanspruch in der Unfallversicherung gemäss Art. 11 UVG in Verbindung mit Art. 19 UVV und Art. 1 Abs. 1 und 2 HVUV für anwendbar erklärt. Ferner hat es wiederholt festgestellt, dass die gleichen Grundsätze hinsichtlich des Hilfsmittelanspruchs in der AHV gelten (ZAK 1989 S. 395 Erw. 2b, 1987 S. 581 Erw. 1a, 1984 S. 228 Erw. 2b). Obwohl Art. 43ter AHVG , im Unterschied zu Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 IVG , den Hilfsmittelanspruch von Altersrentnern dem Wortlaut nach nicht in den Rahmen einer vom Bundesrat bzw. dem Departement aufzustellenden Liste bindet, besteht kein Grund, die zu Art. 21 IVG ergangene Delegationsrechtsprechung BGE 117 V 177 S. 182 im Bereich des Art. 43ter AHVG nicht zur Anwendung zu bringen. Auch mit dieser sehr offen formulierten Gesetzesnorm wurde dem Bundesrat und, an seiner Stelle, dem Departement ein sehr weiter Spielraum des Ermessens in der Auswahl der Hilfsmittel und in der Ausgestaltung der Hilfsmittelliste eingeräumt. Der Richter hat dies zu respektieren und nur dann einzugreifen, wenn der Bundesrat oder das Departement bei der Gestaltung der Hilfsmittelliste willkürlich vorgegangen sind (ZAK 1990 S. 100 Erw. 2b). Dies trifft nach der Rechtsprechung zu, wenn der Bundesrat oder das Departement bei der Aufnahme von Hilfsmitteln in die Liste innerlich unbegründete Unterscheidungen getroffen oder sonstwie unhaltbare, nicht auf ernsthaften sachlichen Gründen beruhende Kriterien aufgestellt haben (vgl. BGE 105 V 27 Erw. 3b). c) Aus den allgemeinen Grundsätzen gefestigter Delegationsrechtsprechung von Bundesgericht und Eidg. Versicherungsgericht folgt somit nach dem Gesagten, dass auch die Nichtaufnahme eines bestimmten Behelfs in die Liste des HVA-Anhangs einer im wesentlichen auf Willkürprüfung beschränkten richterlichen Beurteilung zugänglich ist. Es fragt sich, welche Kriterien im vorliegenden Zusammenhang dieser richterlichen Prüfung zugrunde zu legen sind. Wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, ist die Liste im HVA-Anhang im Gegensatz zu jener im HVI-Anhang nicht in Kategorien unterteilt. Die abzugebenden Hilfsmittel sind bloss - in der Reihenfolge ihrer Aufnahme in die Liste und in Form späterer Ergänzungen des Anhangs - ohne sachlich begründeten inneren Zusammenhang aufgeführt. Das ist an sich nicht zu beanstanden. Denn Art. 43ter AHVG verpflichtet den Verordnungsgeber nicht, einen umfassenden Katalog der durch die AHV abzugebenden Hilfsmittel aufzustellen (vgl. Botschaft des Bundesrates über die 9. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 7. Juli 1976, BBl 1976 III 35 f.); vielmehr liegt die Auswahl der Hilfsmittel nach dem Gesagten in der Hauptverantwortung des Verordnungsgebers und damit auch in dessen weitgehender Gestaltungsfreiheit. Diese ist nun aber auch bei der Erstellung der Liste zur HVA nicht uneingeschränkt. Obwohl Art. 43ter AHVG keine methodischen Auswahlkriterien für die von der Versicherung abzugebenden Hilfsmittel nennt, erwähnt die Gesetzesbestimmung doch die Eingliederungsziele, welche mit der Abgabe von Hilfsmitteln angestrebt werden. An diesem im formellen Gesetz verankerten grundsätzlichen Gesichtspunkt haben sich BGE 117 V 177 S. 183 Bundesrat/Departement bei der Ausgestaltung der Hilfsmittelliste zu orientieren. Stellt dabei die Nichtaufnahme eines bestimmten Behelfs das Erreichen der gesetzlichen Eingliederungsziele in einem bestimmten Bereich in schlechthin unannehmbarer, stossender und innerlich unbegründeter Weise in Frage, liegt Willkür und damit Verletzung von Bundesrecht ( Art. 104 lit. a OG ) vor. In einem solchen Ausnahmefall steht einem Eingreifen des Richters nichts entgegen, ist dieses vielmehr verfassungs- und verfahrensrechtlich geboten. 4. a) Das kantonale Gericht hat bei der Prüfung, ob die Nichtaufnahme der Armprothese in den HVA-Anhang willkürlich sei, wesentlich auf den Begriff der Selbstsorge in Art. 43ter Abs. 1 AHVG abgestellt. Sowohl aus der Botschaft des Bundesrates zur 9. AHV-Revision (BBl 1976 III 36) als auch aus den französisch- und italienischsprachigen Fassungen des Art. 43ter AHVG ergebe sich, dass die Hilfsmittel dem Altersrentner ermöglichen sollten, unabhängig von der Hilfe Dritter zu leben. Der Begriff "Selbstsorge" beziehe sich daher nicht nur auf die elementarsten Lebensverrichtungen. Vielmehr seien darunter die unabhängige Versorgung der eigenen Person und die gewöhnlicherweise alltäglich zu erbringenden Lebensverrichtungen zu verstehen. Da einer einarmigen Person im Rentenalter nicht zugemutet werden könne, ohne Armprothese für sich selber zu sorgen, sei die Abgabe dieses Behelfs unerlässlich. Insoweit die HVA-Liste solche Hilfsmittel nicht enthalte, verstosse sie gegen die vom Gesetz gewollte Ordnung, treffe ungerechtfertigte Unterscheidungen ohne ersichtliche sachliche Gründe und sei somit willkürlich. Der gleiche Schluss ergebe sich aus dem Fehlen irgendwelcher Kriterien für die in der HVA-Liste aufgenommenen Hilfsmittel. Keine Kriterien seien jedoch ebenso unzulässig wie unhaltbare Kriterien. Das Weglassen von für die Selbstsorge unerlässlichen Armprothesen sei im Vergleich zur Aufnahme der Brustprothesen und gar der Perücken - die zwar für die psychische Integrität der betroffenen Person ohne Zweifel von hoher Bedeutung seien - keinesfalls plausibel. Ernsthafte und sachliche Gründe, diesen letzteren vor jenen den Vorzug zu geben, könnten nicht gefunden werden. Unverständlich sei auch, warum Bein-, nicht aber Armprothesen Eingang in die HVA-Liste gefunden hätten. Armprothesen seien mindestens so wichtig wie Beinprothesen. Dieses Ergebnis lasse sich nur dann vermeiden, wenn die in der HVA einzeln aufgezählten Fuss-, Bein- und Brustprothesen systematisiert in der Kategorie "Prothesen" BGE 117 V 177 S. 184 gedanklich zusammengefasst würden. Deren Erweiterung um das Hilfsmittel Armprothesen als zusätzliches exemplifikatorisch aufgeführtes Hilfsmittel liege hinsichtlich der angezielten Selbstsorge vollständig im Sinne des Gesetzes. Für das Weglassen dieses wichtigen Hilfsmittels seien keine ernsthaften und vernünftigen Gründe zu finden. b) Das BSV wendet dagegen in erster Linie ein, "von einem Hilfsmittel zu behaupten, seine Absenz in der Liste entspreche einer Willkür, (sei) ebenso willkürlich"; denn mit derselben Begründung könne "irgendein anderes Hilfsmittel als dasjenige bezeichnet werden, dessen Vorhandensein in der Liste fehle". Insoweit mit diesen Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überhaupt die Zuständigkeit des Sozialversicherungsrichters bestritten wird, die fehlende Aufnahme eines Behelfs in die HVA-Liste auf ihre Übereinstimmung mit übergeordnetem Verfassungs- oder Gesetzesrecht zu prüfen, kann auf die in Erw. 3a und b dargelegte konstante Rechtsprechung verwiesen werden. An ihr ist auch im Bereich des HVA-Anhangs festzuhalten. c) Im weitern führt das BSV aus, bei der Gestaltung der Hilfsmittelliste anlässlich der 9. AHV-Revision habe man nach vernünftigen Gesichtspunkten für eine Auswahl gesucht. In der Folge habe man sich darauf geeinigt, denjenigen Hilfsmitteln den Vorrang zu geben, nach denen im Kreise der Versicherten am meisten Bedarf besteht, um so möglichst viele Altersrentner in den Genuss von Hilfsmittelleistungen der Versicherung zu bringen. Nach diesem Prinzip sei das Departement auch bei den späteren Erweiterungen der Hilfsmittelliste vorgegangen. Armprothesen seien ein Hilfsmittel, das im Kreise der Altersrentner "recht selten" benötigt werde; es könne daher keinesfalls einem willkürlichen Vorgehen entsprechen, wenn das Departement deren Aufnahme nicht als vordringlich erachtet habe. Diese Argumentation zeigt, dass das BSV die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Behelfs in den HVA-Anhang als rein sozialpolitische Frage betrachtet, für deren Beantwortung wesentlich finanzielle Kosten-Nutzen-Überlegungen massgeblich sind. Dieses rein quantitativ ausgerichtete Verständnis des dem Bundesrat in Art. 43ter AHVG eingeräumten und an das EDI subdelegierten Rechtssetzungsauftrages ist unhaltbar, weil damit die gesetzlich verankerten Eingliederungsziele und damit die entsprechenden, grundsätzlich gleichgestellten Versorgungsbereiche gänzlich vernachlässigt werden (Erw. 3c). Wo und in welchen Bereichen Altersrentner BGE 117 V 177 S. 185 mit welchen Hilfsmitteln zu versorgen sind, lässt sich nicht von einer ausschliesslich quantitativen Betrachtungsweise abhängig machen (welches Kriterium im übrigen, wie die bisherigen vom BSV erwähnten Erweiterungen des HVA-Anhangs zeigen, ohnehin nicht eingehalten wird; vgl. Ziff. 5 HVA-Anhang). Vielmehr kommt es wesentlich auch auf die Intensität des Eingliederungsbedürfnisses an, somit darauf, ob sich die Versorgung des Altersrentners mit einem bestimmten Behelf an sich und im Vergleich zu den andern in der Liste enthaltenen Hilfsmitteln imperativ gebietet. Das trifft hier nach den überzeugenden Erwägungen des kantonalen Gerichts, denen diesbezüglich nichts beizufügen ist (Erw. 4a), ohne weiteres zu. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e0259cdb-61cb-45de-abd9-3d1b29f189ef
Urteilskopf 100 Ib 399 69. Auszug aus dem Urteil vom 8. November 1974 i.S. Schönholzer gegen Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März 1972 (BMR). 1. Verweigerung des rechtlichen Gehörs durch Nichtdurchführung eines Augenscheins durch die kantonale Exekutive? 2. Anwendungsfall von Art. 4 Abs. 3 BMR: Verneinung der Standortgebundenheit und des sachlich begründeten Bedürfnisses für die Erstellung eines zusätzlichen Wohnhauses.
Sachverhalt ab Seite 399 BGE 100 Ib 399 S. 399 Aus dem Sachverhalt: A.- Der Beschwerdeführer betreibt in der Steinweid, Gemeinde Wädenswil, eine Geflügelfarm. Auf Grundstück Kat.-Nr. 5406 befinden sich nebst Schafweiden fünf Hühnerhallen, ungefähr 250 m davon entfernt steht das Wohnhaus mit Nebenräumlichkeiten, von dem aus der Betrieb geleitet und überwacht wird. Sowohl die Hühnerhallen als auch das Wohnhaus befinden sich nach dem Zonenplan der Gemeinde BGE 100 Ib 399 S. 400 Wädenswil im Übrigen Gemeindegebiet, das baulich nur in beschränktem Masse genutzt werden darf; sie befinden sich auch ausserhalb des Einzugsgebietes des generellen Kanalisationsprojektes. Seit dem Inkrafttreten der kantonalen Ausführungsbestimmungen zum Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen auf dem Gebiet der Raumplanung vom 17. März 1972 gehört das in Frage stehende Land ausserdem zu einer Schutzzone I (allgemeine provisorische Schutzgebiete). Wegen Raumknappheit stellte der Beschwerdeführer am 15. Januar 1973 das Gesuch um Erstellung eines Einfamilienhauses mit sechs Zimmern und Garage auf Grundstück Kat.-Nr. 5406, unmittelbar neben den Hühnerhallen. B.- Nach Einholung eines Berichtes des Delegierten des Bundesrates für Raumplanung verweigerte die Direktion der öffentlichen Bauten des Kantons Zürich die nachgesuchte Baubewilligung. Auf Rekurs hin bestätigte der Regierungsrat die Bauverweigerung. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des Rekursentscheides und die Erteilung der Baubewilligung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beanstandet der Beschwerdeführer die Nichtabnahme von Beweisen durch die kantonalen Instanzen, indem kein förmlicher Augenschein mit Beteiligung der Parteien durchgeführt worden sei, obwohl er die Durchführung eines solchen wiederholt beantragt habe. Wie das Bundesgericht zuletzt im Urteil vom 18. September 1974 i.S. Camenzind c. Gemeinderat Schwyz und Regierungsrat des Kantons Schwyz entschieden hat, stellt der Verzicht auf einen persönlichen Augenschein durch die entscheidende Behörde keinen formellen Mangel dar, der von Bundesrechts wegen zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führen müsste. In der Tat nehmen die Mitglieder der Exekutive nur ganz ausnahmsweise in Fällen von besonderer Tragweite an Augenscheinen teil; in aller Regel werden ihre Entscheide von einer Verwaltungsabteilung vorbereitet. Die Exekutive bestimmt, ob und inwieweit sie ihrem Entscheid die von der BGE 100 Ib 399 S. 401 Verwaltung vorbereiteten Unterlagen zugrundelegen will. Die materielle Anfechtung eines ohne Durchführung eines Augenscheines gefällten Entscheides und die Würdigung des Sachverhaltes bleiben in jedem Falle vorbehalten; eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt deshalb nicht vor. Im konkreten Fall durfte der Regierungsrat umso eher auf die Durchführung eines Augenscheines verzichten, als einerseits der Sachverhalt aus der bei den Akten liegenden Korrespondenz und den verschiedenen Plänen deutlich wird, anderseits sich der Entscheid im wesentlichen auf Berichte des kantonalen Amtes für Raumplanung stützt, dessen Sachbearbeiter mit den tatsächlichen Verhältnissen vertraut sind; endlich hat sich ein Vertreter der antragstellenden Organe zu einer informellen Besichtigung an Ort und Stelle begeben. 3. a) Art. 4 Abs. 3 des Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung vom 17. März 1972 (BMR) hat folgenden Wortlaut: "In den Gebieten, die aus Gründen des Landschaftschutzes oder der Erhaltung von Erholungsräumen ausgeschieden werden, dürfen nur land- und forstwirtschaftliche und andere standortbedingte Bauten bewilligt werden; sie dürfen das Landschaftsbild nicht beeinträchtigen. Weitere Bauten können ausnahmsweise nach Einholung der Stellungnahme und unter Vorbehalt von Aufsichtsmassnahmen des Bundes bewilligt werden, wenn der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Interesse nachweist und kein öffentliches Interesse entgegensteht." Art. 7 der bundesrätlichen Vollziehungsverordnung zum BMR vom 29. März 1972 definiert standortbedingte Bauten als solche, "die zur Wahrnehmung besonders schutzwürdiger Interessen erstellt werden müssen und die, um diese Interessen wahrnehmen zu können, an einem bestimmten Ort zu errichten sind". § 2 der Züricher Verordnung zum BMR vom 29. November 1972 (RVO) übernimmt fast wörtlich den Text von Art. 4 Abs. 3 BMR, was die Zulässigkeit von Bauten in der Schutzzone I betrifft. Als Beispiel standortbedingter Bauten, die neben land- und forstwirtschaftlichen Bauten errichtet werden dürfen, nennt die Bestimmung Gärtnereibetriebe. b) Der Beschwerdeführer begründet sein Baugesuch damit, dass er den Betrieb demnächst seinem Sohn übergeben werde. Dieser wohne mit seiner Familie gegenwärtig ungefähr einen Kilometer von der Geflügelfarm entfernt, von wo aus eine BGE 100 Ib 399 S. 402 Bewirtschaftung und Überwachung des Betriebes nicht möglich sei. In seinem eigenen Wohnhaus, das über die nötigen Räumlichkeiten für die Bewirtschaftung verfüge und von dem aus er bislang den Betrieb geführt habe, sei für den Sohn und dessen Familie kein Platz, da er noch drei weitere Kinder habe, die zuhause wohnten. Damit seien die Voraussetzungen von § 2 RVO erfüllt. c) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass das bestehende Wohn- und Ökonomiegebäude den Anforderungen des Betriebes bisher genügt hat und immer noch genügt; er räumt ein, dass die Betriebsüberwachung von da aus gewährleistet ist. Er macht auch nicht geltend, der Betrieb habe sich in einem Masse vergrössert oder werde sich in naher Zukunft noch derart vergrössern, dass ein zweites Wohn- und Ökonomiegebäude nötig sei. Schliesslich geht aus der Beschwerdeschrift und den gesamten Akten hervor, dass zumindest die für den Betrieb notwendigen Einrichtungen im Haus des Beschwerdeführers auch nach der Übergabe des Geschäftes an den Sohn weiterhin benützt werden sollen. Bei der Prüfung der Standortbedingtheit des geplanten Wohnhauses ist der Betrieb als Ganzes zu betrachten. Er verfügt über die nötigen Ökonomieräume, die auch in Zukunft zur Verfügung stehen, und die vorhandenen Überwachungsmöglichkeiten sind genügend. Damit fehlt, wie der Regierungsrat und der Delegierte des Bundesrates für Raumplanung zutreffend festgehalten haben, für das Projekt die in Art. 4 BMR und den Ausführungsbestimmungen geforderte Standortbedingtheit. Selbst wenn die Interessen des Beschwerdeführers als besonders schutzwürdig anerkannt werden könnten, was vorderhand offen bleiben kann, müsste das geplante Wohnhaus nicht am vorgesehenen Ort errichtet werden, um diese Interessen wahrzunehmen. d) Da die Standortbedingtheit des Wohnhauses zu verneinen ist, stellt dieses eine "weitere Baute" im Sinne von Art. 4 Abs. 3 BMR dar, die ausnahmsweise bewilligt werden kann, wenn der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Bedürfnis nachweist und dem Bauvorhaben kein öffentliches Interesse entgegensteht. Ob ein privates Bedürfnis als sachlich begründet anerkannt werden kann, bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Dabei sind an die Voraussetzungen des sachlich begründeten Bedürfnisses BGE 100 Ib 399 S. 403 hohe Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass die als enge Ausnahmeklausel gedachte Bestimmung den Charakter eines leicht zugänglichen Auffangtatbestandes erhält. Private Interessen persönlicher und finanzieller Art dürfen nicht ins Gewicht fallen, will man nicht die dringend notwendigen Schutzmassnahmen ihrer Wirkung im wesentlichen berauben. Dass Ausnahmebewilligungen nicht leichthin gewährt werden dürfen geht überdies aus der Tatsache hervor, dass zunächst die Stellungnahme des Bundes eingeholt werden muss und dessen Aufsichtsmassnahmen vorbehalten bleiben (vgl. das Urteil des Bundesgerichtes vom 5. Juli 1974 i.S. Burtscher c. Regierung des Kantons Graubünden). Der Delegierte für Raumplanung ist bei der Prüfung des sachlichen Bedürfnisses zur Auffassung gelangt, die geltend gemachten Gründe vermöchten die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht zu rechtfertigen, weil in geringer Entfernung von den Hühnerhallen ein an sich genügendes Wohn- und Ökonomiegebäude vorhanden ist, und weil der Sohn des Beschwerdeführers, der die Geflügelfarm übernehmen soll, weniger als einen Kilometer vom Betrieb entfernt wohnt. Es sei deshalb ohne wesentliche Schwierigkeiten möglich, die betriebsnotwendigen Arbeiten auszuführen. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Der Wunsch des Beschwerdeführers, noch günstigere Voraussetzungen für die Bewirtschaftung des Betriebes zu schaffen, ist zwar verständlich; bei der gegebenen Situation jedoch vermag dieser Wunsch als persönlichen und finanziellen Interessen entspringend - die Erstellung des Wohnhauses auf eigenem Grund und Boden käme am günstigsten zu stehen - objektiv für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht zu genügen. Das Gesetz gewährt einen Anspruch nur auf Erstellung der sachlich notwendigen, nicht aber der bloss wünschbaren Einrichtungen. Eine Verbesserung der Bewirtschaftung kann in der Weise erreicht werden, dass der Beschwerdeführer seinem Sohn den Betrieb gesamthaft übergibt, also mit Einschluss des bestehenden Hauses, erfüllt doch die darin befindliche Wohnung die Funktion einer Betriebswohnung. Der Wunsch, auf einem zonenkonformen, bereits mit dem nötigen Wohnraum ausgestatteten Betrieb ein weiteres Wohnhaus als Sitz der nachfolgenden oder der abtretenden Generation zu errichten, dürfte übrigens recht häufig sein. Wollte BGE 100 Ib 399 S. 404 man ohne Rücksicht auf die objektiven Betriebsbedürfnisse eine solche familiäre Situation als sachliche Begründung des Bedürfnisses für ein zweites Wohnhaus anerkennen, so hätte dies gesamthaft weitreichende Konsequenzen und würde zu einer wesentlichen Vermehrung von Bauten in geschützen Zonen führen. Da ein sachlich begründetes Bedürfnis fehlt, braucht nicht weiter geprüft zu werden, welche öffentlichen Interessen dem Projekt entgegenstehen. Immerhin ist zu bemerken, dass mit der Ausscheidung des in Frage stehenden Gebietes als Schutzzone das Überwiegen des öffentlichen Interesses grundsätzlich festgestellt ist. e) Der Regierungsrat hat somit die Erteilung einer Ausnahmebewilligung an den Beschwerdeführer ablehnen dürfen; er hat mit seinem Entscheid Art. 4 Abs. 3 BMR nicht verletzt.
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Urteilskopf 116 III 1 1. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 19. Januar 1990 i.S. Degele (Rekurs)
Regeste Art. 46 Abs. 2 SchKG ; Betreibungsort bei Verlegung des Sitzes einer Aktiengesellschaft. Bei einer Aktiengesellschaft wird die Sitzverlegung im Hinblick auf Art. 647 Abs. 3 OR unmittelbar mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam. Die Gesellschaft ist daher von diesem Tag an am Ort des neuen Sitzes zu betreiben. Auf die Publikation der Sitzverlegung im Schweizerischen Handelsamtsblatt kommt es dabei - entgegen der sonst geltenden Regel - nicht an.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 116 III 1 S. 1 A.- In der von Rolf E. Degele gegen die Firma Egli Installationen AG in Basel für eine Forderung von Fr. 104'669.85 nebst Zins angestrengten Betreibung auf Verwertung eines Faustpfandes erliess das Betreibungsamt Basel-Stadt am 26. Juli 1989 den Zahlungsbefehl. Dieser wurde sowohl unter Nr. 89/29346 als auch unter Nr. 89/90004 registriert. Das Betreibungsamt konnte den BGE 116 III 1 S. 2 Zahlungsbefehl der Schuldnerin erst am 18. August 1989 zustellen, wobei ihn der einzige Verwaltungsrat der Gesellschaft, Thomas Borer, in Basel entgegennahm. Die Schuldnerin erhob am gleichen Tag Rechtsvorschlag. B.- Mit Eingabe vom 21. August 1989 reichte die Firma Peag Engineering AG in Gelterkinden bei der Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt eine Beschwerde ein mit dem Begehren, die Betreibung Nr. 89/90004 gegen die Egli Installationen AG sei aufzuheben und im Register zu löschen. Als Begründung machte sie geltend, diese Firma sei am 11. Juli 1989 infolge Verlegung ihres Sitzes von Basel nach Gelterkinden im Handelsregister Basel-Stadt gelöscht worden. Die Peag Engineering AG erhob am 4. September 1989 bei der kantonalen Aufsichtsbehörde eine zweite Beschwerde mit einem gleichlautenden Begehren, die Betreibung Nr. 89/29346 betreffend. Der Präsident der kantonalen Aufsichtsbehörde legte die beiden Beschwerden mit Verfügung vom 6. September 1989 zusammen. Mit Entscheid vom 27. Oktober 1989 hiess die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerden gut und hob die Betreibungen Nrn. 89/29346 und 89/90004 auf. C.- Hiegegen führt Rolf E. Degele Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt, den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 27. Oktober 1989 aufzuheben und das Betreibungsamt Basel-Stadt anzuweisen, die Betreibung Nr. 89/90004 bzw. Nr. 89/29346 weiterhin im Kanton Basel-Stadt zu behandeln. Der Rekursgegnerin Peag Engineering AG wurde Gelegenheit gegeben, zum Rekurs eine Stellungnahme einzureichen. In ihrer fristgerecht eingegangenen Vernehmlassung stellte sie das Begehren, der Rekurs sei abzuweisen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab, soweit sie darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 46 Abs. 2 SchKG sind die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen an ihrem Sitz zu betreiben. Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz bzw. seinen Sitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Ort BGE 116 III 1 S. 3 fortgesetzt ( Art. 53 SchKG ). Bei der Betreibung auf Pfandverwertung wird die Pfändungsankündigung durch den Zahlungsbefehl ersetzt, weshalb schon durch diesen der Betreibungsort definitiv bestimmt wird ( Art. 152 SchKG ; JAEGER, N. 3 zu Art. 53 SchKG ). Im vorliegenden Fall hat die Rekursgegnerin ihren Sitz verlegt, bevor der Rekurrent das Betreibungsbegehren am 14. bzw. 17. Juli 1989 eingereicht hat. Auch ist die Firma bereits vorher im Handelsregister Basel-Stadt gelöscht worden. Indessen stellt sich die Frage, ob dieser Sitzverlegung erst mit der Publikation der Löschung im Schweizerischen Handelsamtsblatt, welche am 26. Juli 1989 erfolgte, rechtliche Wirkung zukommt, m.a.W., ob der bisherige Sitz bis zur Publikation der Löschung für den Betreibungsort ausschlaggebend ist. Dabei ist auch zu beachten, dass es sich im vorliegenden Fall um Betreibungen auf Pfandverwertung handelt und der Zahlungsbefehl ebenfalls vom 26. Juli 1989 datiert ist. Das Bundesgericht hat in BGE 44 III 16 und BGE 45 I 52 /53 festgehalten, dass eine Eintragung im Handelsregister für das Betreibungsforum von juristischen Personen und Gesellschaften nicht vor der Bekanntmachung im Schweizerischen Handelsamtsblatt, sondern erst am Tage danach Wirkung entfalte. Dies gelte insbesondere auch bei einer Verlegung des Sitzes (vgl. auch BGE 68 III 150 E. 2). Dieselbe Ansicht wird auch von JAEGER, N. 9 zu Art. 46 SchKG , vertreten. Diese Auffassung entspricht der Regel. Nach Art. 931 Abs. 1 OR sind die Eintragungen im Handelsregister ohne Verzug im Schweizerischen Handelsamtsblatt bekanntzumachen. Ist eine Tatsache im Handelsregister einzutragen, so muss auch jede Änderung dieser Tatsache eingetragen werden ( Art. 937 OR ). Zu den in das Handelsregister aufzunehmenden Tatsachen gehört nach Art. 641 Ziff. 2 OR auch der Sitz einer Aktiengesellschaft. In Art. 932 Abs. 2 OR wird sodann ausdrücklich festgehalten, Dritten gegenüber werde eine Eintragung im Handelsregister erst am nächsten Werktag wirksam, der auf den aufgedruckten Ausgabetag derjenigen Nummer des Schweizerischen Handelsamtsblatts folgt, in der die Eintragung veröffentlicht ist. Dieser Werktag ist auch der massgebende Tag für den Lauf einer Frist, die mit der Veröffentlichung der Eintragung beginnt. In Art. 932 Abs. 3 OR werden dann allerdings die besonderen gesetzlichen Vorschriften vorbehalten, nach denen unmittelbar mit der Eintragung auch Dritten gegenüber Rechtswirkungen verbunden sind oder Fristen zu laufen beginnen. Dazu gehört für die BGE 116 III 1 S. 4 Aktiengesellschaft Art. 647 Abs. 3 OR , welcher - indessen ohne leichthin einleuchtende Begründung für die Ausnahme von der Regel - vorsieht, dass eine Statutenänderung Dritten gegenüber unmittelbar mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam wird. Da die Verlegung des Sitzes einer Aktiengesellschaft eine Statutenänderung voraussetzt, kommt Art. 647 Abs. 3 OR auch hiefür Geltung zu (Siegwart, N. 13 und 19 zu Art. 647 OR , N. 30 zu Art. 626 OR ). Auf die Publikation der Sitzverlegung im Schweizerischen Handelsamtsblatt kann es daher nicht ankommen (SJZ 79/1983 Nr. 29; gegenteiliger Meinung ZR 57/1958 Nr. 22). Demgegenüber betrafen die beiden zitierten Bundesgerichtsurteile BGE 44 III 14 und BGE 45 I 51 eine Kommanditgesellschaft und eine Genossenschaft, auf welche die aktienrechtliche Spezialnorm von Art. 647 Abs. 3 OR keine Anwendung findet. Im vorliegenden Fall wurde der Sitz der in Betreibung gesetzten Aktiengesellschaft in Basel am 11. Juli 1989 im Handelsregister von Basel-Stadt gelöscht, weil die Schuldnerin ihren Sitz am 23. Juni 1989 nach Gelterkinden verlegt hatte, während die Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt erst am 26. Juli 1989 erfolgte. Das vom 14. Juli 1989 datierte und am 17. Juli 1989 beim Betreibungsamt Basel-Stadt eingetroffene Betreibungsbegehren des Rekurrenten wurde somit erst nach Löschung der Rekursgegnerin im Handelsregister gestellt, weshalb das Betreibungsamt Basel-Stadt für die Durchführung der Betreibung nicht mehr zuständig war. Dass es sich dabei um Betreibungen auf Pfandverwertung handelte, vermochte daran nichts zu ändern. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat vielmehr mit Recht die Betreibungen Nrn. 89/29346 und 89/90004 des Betreibungsamtes Basel-Stadt aufgehoben. Eine Bundesrechtsverletzung kann ihr diesbezüglich nicht vorgeworfen werden.
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Urteilskopf 90 IV 219 45. Urteil des Kassationshofes vom 25. September 1964 i.S. Polizeirichteramt der Stadt Zürich gegen von Arx.
Regeste Art. 51 Abs. 1 und 3 SVG , Art. 56 Abs. 1 und 2 VRV . Verhalten bei Unfällen. 1. Anhaltepflicht; ein Motorfahrzeugführer, der an einem Unfall beteiligt ist, hat solange auf der Unfallstelle zu verbleiben, als es die ihm obliegenden Verhaltensweisen erfordern (Erw. 1). 2. Schädiger ist, wer eine Ursache zum Unfall gesetzt hat, unbekümmert darum, ob er ihn auch verschuldete. Die Pflicht, Namen und Adresse anzugeben, obliegt dem Schädiger persönlich; er darf sie nur aus zwingenden Gründen und wenn Gewähr dafür besteht, dass sie sogleich erfüllt werde, einem Dritten überlassen (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 90 IV 219 S. 220 A.- Annemarie von Arx führte am 13. März 1963, etwa um 10.40 Uhr, ihren Personenwagen "Morris" in Zürich von der Promenadengasse durch die Wettingerwies Richtung Zeltweg. Vor ihr fuhr ein Personenwagen "Renault", der von Sigrid Stummer gesteuert war. In der Wettingerwies wollte diese eine Mitfahrerin aussteigen lassen, wozu sie ihr Fahrzeug auf der linken Seite der Strasse anhielt. Als Annemarie von Arx daran vorbeifahren wollte, öffnete sich am haltenden Wagen die rechte Türe, die von ihrem Auto erfasst und nach vorne gerissen wurde. Beide Fahrzeuge wurden beschädigt. Annemarie von Arx hielt daraufhin ihren Wagen ebenfalls an und rief Frau Bosshart, welche inzwischen dem Auto der Sigrid Stummer entstiegen war, vom Steuer aus zu, ob sie nicht aufpassen könne; dann fuhr sie weiter. Nach etwa zehn Minuten kehrte sie zu Fuss zurück und forderte Sigrid Stummer auf, ihre Adresse anzugeben. Diese gab ihr zur Antwort, sie möge zuerst ihre eigene bekanntgeben. Hierauf entfernte sich Annemarie von Arx wieder. Um 12.20 Uhr erstattete sie bei der Polizei Strafanzeige gegen Sigrid Stummer, die Annemarie von Arx dann auch ihrerseits verzeigte. B.- Mit Verfügung vom 24. September 1963 verfällte der Polizeirichter der Stadt Zürich Annemarie von Arx in Anwendung der Art. 51 Abs. 1 und 3 sowie 92 Abs. 1 SVG in eine Busse von Fr. 50. -. Auf das Begehren um gerichtliche Beurteilung sprach der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich die G ebüsste am 25. Februar 1964 frei, weil sie nach BGE 90 IV 219 S. 221 dem Anprall kurz angehalten habe; zudem sei sie von Frau Bosshart erkannt worden, weshalb sie nicht mehr verpflichtet gewesen sei, Name und Adresse anzugeben. C.- Der Polizeirichter führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Einzelrichters aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- Annemarie von Arx beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Ereignet sich ein Verkehrsunfall, an dem ein Motorfahrzeug beteiligt ist, so müssen gemäss Art. 51 Abs. 1 SVG alle Beteiligten sofort anhalten. Wie lange sie anhalten, d.h. auf der Unfallstelle verbleiben müssen, sagt die Bestimmung nicht. Das hängt von den Verhaltensweisen ab, die das Gesetz bei Unfällen namentlich den Fahrzeugführern vorschreibt. Bevor ein Beteiligter sich jedoch darüber Rechenschaft geben kann, was er zu tun verpflichtet ist, muss er sich zunächst einmal vergewissern, was überhaupt geschehen, ob insbesondere jemand verletzt oder fremdes Eigentum beschädigt worden sei. In Fällen, wie dem vorliegenden, setzt dies voraus, dass beteiligte Autofahrer nicht nur sofort anhalten, sondern auch aussteigen und sich um die Folgen des Unfalles kümmern. Sind Personen verletzt worden und handelt es sich nicht um geringfügige Verletzungen, so ist die Polizei zu benachrichtigen. Diesfalls dürfen Beteiligte sich nur dann von der Unfallstelle entfernen, wenn sie Hilfe oder die Polizei holen gehen oder wenn sie selbst ärztlicher Hilfe bedürfen. Nach dem Eintreffen der Polizei haben sie bei der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, also weiterhin auf dem Platze zu bleiben ( Art. 51 Abs. 2 SVG ). Das gleiche gilt, wenn ein Geschädigter die Polizei beiziehen will, obschon keine Meldepflicht besteht ( Art. 56 Abs. 2 VRV ). Wenn der Beizug der Polizei weder erforderlich BGE 90 IV 219 S. 222 ist noch von einem Beteiligten verlangt wird, hat der Schädiger dem Geschädigten auf jeden Fall Namen und Adresse anzugeben ( Art. 51 Abs. 3 SVG ). Schon aus diesen Vorschriften erhellt, dass ein Autofahrer, der an einem Unfall beteiligt ist, nicht leichthin weiterfahren darf, sondern solange auf der Unfallstelle zu verbleiben hat, als es die ihm obliegenden Verhaltensweisen erfordern. Dieser Pflicht hat die Beschwerdegegnerin nicht genügt. Sie hat nach dem angefochtenen Urteil zwar kurz angehalten, sich um die Folgen des Anpralls aber in keiner Weise bekümmert. Sie begnügte sich vielmehr damit, Frau Bosshart durch das Wagenfenster den Vorwurf zu machen, nicht aufgepasst zu haben. Dass sie dann nur deshalb weitergefahren sein will, um den Verkehr nicht zu behindern, befreit sie nicht. Nichts in den Akten deutet darauf hin, dass sich von vorne oder von hinten ein Fahrzeug näherte, das zur Hast genötigt hätte. Nach dem angefochtenen Urteil muss gegenteils angenommen werden, dass die Wettingerwies zur Zeit des Unfalls nicht unter Verkehr stand. Ob die Beschwerdegegnerin andernfalls hätte weiterfahren dürfen, braucht nicht entschieden zu werden. Unter den gegebenen Umständen war sie auf jeden Fall verpflichtet, auf der Unfallstelle zu bleiben. Angesichts der Wucht des Anpralls konnte ihr nicht entgangen sein, dass auch am andern Wagen Schaden entstand. Zudem hatte sie keine Gewissheit, ob jemand verletzt sei oder die Polizei beiziehen wolle; auch wusste sie nicht, ob Sigrid Stummer Zeit hatte, sich ihre Polizeinummer zu merken und durch Frau Bosshart wirklich erfahren werde, wer sie sei und wo sie wohne. Über all diese Fragen hätte sich die Beschwerdegegnerin vielmehr an Ort und Stelle erst noch Rechenschaft geben müssen. Das tat sie nicht, auch nicht, als sie zu Fuss auf die Unfallstelle zurückkehrte. Ihr Verhalten erscheint umso strafwürdiger, als sie nachträglich selber die Polizei um Abklärung des Falles bemühte, verfolgen die Vorschriften über BGE 90 IV 219 S. 223 das Verhalten bei Unfällen doch auch den Zweck, Erhebungen über den Unfallhergang zu erleichtern (s. insbes. Art. 56 Abs. 1 VRV ). 2. Die Pflicht, Namen und Adresse anzugeben ( Art. 51 Abs. 3 SVG ), trifft nicht nur denjenigen, der einen Abwesenden schädigt, indem er z.B. dessen Fahrzeug auf einem Parkplatz mit dem seinigen rammt. Auch der Fahrer, der anwesend ist und den ihm zugefügten Sachschaden selber feststellen kann, hat Anspruch darauf, die Personalien des Schädigers zu erfahren; er braucht sich nicht mit der Polizeinummer des am Zusammenstoss beteiligten Fahrzeuges zufrieden zu geben (vgl. BGE 90 IV 148 ). Schädiger ist, wer eine Ursache zum Unfall gesetzt hat, unbekümmert darum, ob er ihn auch verschuldete. Entgegen der Auffassung der Parteien geht es nicht an, die Beteiligten an Ort und Stelle darüber entscheiden zu lassen, wer schuldhaft handelte und wer nicht, zeigt doch die Erfahrung, dass viele Fahrer nach einem Unfall dazu neigen, andere als Schuldige hinzustellen, sich selber aber als schuldlos zu betrachten. Die Frage, wer Schädiger ist, kann deshalb nicht vom Verschulden, sondern nur davon abhängig gemacht werden, ob der Unfall mit dem Verhalten eines Beteiligten ursächlich zusammenhange. In Fällen, wie hier, ist deshalb jeder Fahrer Schädiger und Geschädigter, folglich verpflichtet, dem andern Namen und Adresse anzugeben. Diese Pflicht obliegt dem Schädiger persönlich. Sie darf nur aus zwingenden Gründen und wenn Gewähr dafür besteht, dass sie sogleich erfüllt werde, einem Dritten überlassen werden. Diese Gewissheit konnte die Beschwerdegegnerin schon deshalb nicht haben, weil sie Frau Bosshart nach ihren eigenen Angaben nur vom Sehen her kannte. Sie war denn auch nicht in der Lage, der Polizei deren Namen und Wohnort anzugeben. Dazu kommt, dass sie von Sigrid Stummer ausdrücklich nach den Personalien gefragt wurde, als sie zu Fuss auf die BGE 90 IV 219 S. 224 Unfallstelle zurückkehrte. Sie hätte sich deshalb sagen sollen, dass die Geschädigte nicht im Bilde war, folglich sogleich Auskunft geben müssen. Statt dessen liess sie es weiterhin darauf ankommen, ob eine Drittperson diese Pflicht erfüllen werde. Die Beschwerdegegnerin ist deshalb nicht nur wegen Verletzung der Anhaltepflicht, sondern auch wegen Übertretung von Art. 51 Abs. 3 SVG zu bestrafen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich vom 25. Februar 1964 aufgehoben und die Sache zur Bestrafung der Beschwerdegegnerin an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 84 II 677 89. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. November 1958 i.S. X. gegen Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt.
Regeste Ende der Bevormmundung ( Art. 431 ff. ZGB ). Die Vormundschaft über eine zu Freiheitsstrafe verurteilte Person ( Art. 371 ZGB ) bleibt bei bedingter Entlassung bis auf weiteres bestehen ( Art. 432 Abs. 2 ZGB ). Sie kann jedoch, wenn der Entlassene der vormundschaftlichen Fürsorge nicht mehr bedarf, von der zuständigen Behörde noch während des Laufes der Probezeit, jedenfalls nach dem normalen Endtermin der Strafe, aufgehoben werden (in sinngemässer Anwendung von Art. 433 Abs. 2 ZGB ). Gerichts- und Parteikosten ( Art. 156 und 159 OG ).
Sachverhalt ab Seite 678 BGE 84 II 677 S. 678 A.- Das Appellationsgericht von Basel-Stadt verurteilte den Architekten X. wegen betrügerischen Konkurses, Pfändungsbetruges und anderer Vergehen zu einer Gefängnisstrafe von anderthalb Jahren. Da am 27. Dezember 1956 zwei Drittel der Strafe erstanden waren, beschloss die Strafvollzugskommission am 18. gl. M. gestützt auf den günstigen Führungsbericht, ihn auf jenen Tag bedingt aus der Strafanstalt zu entlassen. Dabei setzte sie eine Probezeit von drei Jahren, laufend bis zum 27. Dezember 1959, fest und nahm von der Anordnung einer Schutzaufsicht Umgang, "da der Petent nach wie vor bevormundet bleibt". B.- X. war beim Strafantritt gemäss Art. 371 Abs. 1 ZGB unter Vormundschaft gestellt worden. Der Vormund leitete am 11. Februar 1958 ein von X. gestelltes Gesuch um Aufhebung der Vormundschaft, es unterstützend, an die Vormundschaftsbehörde von Basel-Stadt weiter. Darin wurde auf die Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des Gesuchtstellers als eines selbständigen Architekten durch die Vormundschaft hingewiesen. Der Vormund führte aus, dessen Vertrauenswürdigkeit ergebe sich aus dem von ihm bezeugten guten Willen, in seinen finanziellen Angelegenheiten Ordnung zu halten: Er hatte seine Gläubiger befriedigt und dadurch den Widerruf des über ihn eröffneten Konkurses erlangt. Ferner hatte er auch während der Haft die Unterhaltspflicht gegenüber seiner ersten (geschiedenen) Ehefrau erfüllt. Die Vormundschaftsbehörde lehnte es jedoch ab, die Vormundschaft aufzuheben; diese müsse nach Art. 432 Abs. 2 ZGB bis zum Ablauf der Probezeit bestehen bleiben. Die Rekurse des Gesuchstellers an die Oberbehörden hatten keinen Erfolg; sie wurden vom Justizdepartement am 23. Juli 1958 und vom Regierungsrat am 22. September 1958 abgewiesen. C.- Gegen den regierungsrätlichen Entscheid legte der Gesuchsteller binnen gesetzlicher Frist die vorliegende Berufung an das Bundesgericht ein. Er beantragt, der BGE 84 II 677 S. 679 angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Vormundschaftsbehörde anzuweisen, mit sofortiger Wirkung die Vormundschaft über ihn aufzuheben. Die Vormundschaftsbehörde hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 371 ZGB gehört unter Vormundschaft, wer zu Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber verurteilt worden ist. Wie sich aus Abs. 2 daselbst ergibt, zieht aber nicht schon die Verurteilung die Bevormundung nach sich. Diese ist vielmehr nur und erst beim Antritt der Strafe anzuordnen, also vorerst überhaupt nicht bei bedingtem Strafaufschub, und auch nicht während der Untersuchungshaft, mag diese auch die Ausfällung des rechtskräftigen Strafurteils überdauern (vgl. BGE 62 II 68 , BGE 75 II 27 ). Massgebend ist die Dauer der eigentlichen Strafe. Nur wenn sie, nach allfälliger Anrechnung der Untersuchungshaft, noch mindestens ein Jahr beträgt, soll die Vormundschaft nach Art. 371 ZGB Platz greifen, dies dann aber ohne Rücksicht darauf, ob im Zeitpunkt ihrer Anordnung die noch bevorstehende Strafdauer allenfalls nicht mehr ein volles Jahr beträgt ( BGE 78 II 407 ). Die Vormundschaft soll eben für die ganze wirkliche Strafdauer von mindestens einem Jahr Schutz bieten, wie denn auch dem Vormunde bei verzögerter Anordnung dieser Massnahme oftmals verschiedene Angelegenheiten zu besorgen bleiben, die seit dem Strafantritt versäumt worden sind. Dass die Bevormundung nach Art. 371 ZGB Schutz und Fürsorge während der Strafhaft (nicht vor- und nachher) bieten soll, äussert sich auch in den Vorschriften über ihre Beendigung. Art. 432 ZGB bestimmt: Die Vormundschaft über eine zu Freiheitsstrafe verurteilte Person hört auf mit der Beendigung der Haft. Die zeitweilige oder bedingte Entlassung hebt die Vormundschaft nicht auf. BGE 84 II 677 S. 680 Nach Abs. 1 endigt die Vormundschaft ohne weiteres, von Gesetzes wegen, mit einer endgültigen Haftentlassung, also namentlich nach vollendeter Straferstehung, ebenso aber auch bei endgültigem Erlass des Restes der Strafe. Bei bedingter Entlassung mit einer Probezeit fällt nach Abs. 2 die Vormundschaft nicht dahin, sondern bleibt bestehen (vgl. den französischen Text: "Le détenu libéré temporairement ou conditionnellement reste sous tutelle"). Fraglich ist aber, ob dies notwendig bis zum Ablauf der Probezeit so bleiben müsse, oder ob eine Aufhebung der Vormundschaft durch die zuständige Behörde schon während der Probezeit zulässig sei, und allenfalls aus welchen Gründen. Das ist in der Lehre wie auch in der kantonalen Rechtsprechung umstritten. Nach der einen Ansicht verträgt sich mit Art. 432 Abs. 2 ZGB eine Aufhebung der Vormundschaft während der Probezeit nicht (so KAUFMANN, 2. Auflage, N. 5 zu Art. 432 ZGB ; Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern: Zeitschrift für Vormundschaftswesen Bd. 1 S. 69; ebenso die in Basel-Stadt befolgte Übung, ausgenommen Fälle, in denen dem bedingt Entlassenen die Ausübung seines Berufes bei Fortdauer der Vormundschaft geradezu verwehrt wäre, wie bei Rechtsanwälten). Davon abweichend findet sich die Ansicht vertreten, Art. 432 Abs. 2 ZGB lasse die Frage offen, wie lange die Vormundschaft bei bedingter Entlassung noch fortdauern solle. Gelegentlich wird das normale Ende der Strafzeit als Endtermin der Vormundschaft bei bedingter Entlassung betrachtet, aus der Erwägung, der bedingt Entlassene solle nicht länger unter Vormundschaft stehen, als wenn er die ganze Strafe erstanden hätte (vgl. die von EGGER, 2. Auflage, in N. 2 zu Art. 432 ZGB erwähnte ältere kantonale Praxis; unter diesem Gesichtspunkt stellte sich die Frage auch in einem dem Bundesgericht unterbreiteten Fall, der jedoch noch nicht in das zur Entscheidung geeignete Stadium getreten war: BGE 71 II 68 ). Im übrigen wird eine Aufhebung der Vormundschaft nach bedingter Entlassung aus dem BGE 84 II 677 S. 681 allgemeinen Grund als zulässig erachtet, dass der bedingt Entlassene unter Umständen eines solchen Schutzes nicht mehr bedarf (vgl. EGGER, N. 3 zu Art. 432 ZGB ; Kreisschreiben der Justizdirektion des Kantons Zürich vom 21. August 1950: Zeitschrift für Vormundschaftswesen Bd. 5 S. 145 ff.; Entscheid des Regierungsrates des Kantons Aargau: dieselbe Zeitschrift Bd. 1 S. 153 ff. = SJZ 41 S. 292 N. 133; Entscheid des Appellationshofes des Kantons Bern: dieselbe Zeitschrift Bd. 4 S. 30 = ZbJV 84 S. 406). 2. Der letztern Auslegung des Art. 432 Abs. 2 ist beizutreten mit Rücksicht auf den zur Ergänzung beizuziehenden Art. 433. Jene Vorschrift will nur die im ersten Absatz ausgesprochene Regel einschränken, wonach die gemäss Art. 371 angeordnete Vormundschaft mit der Beendigung der Haft ohne weiteres aufhört. Er legt fest, dass diese Regel bei bloss zeitweiliger oder bedingter Entlassung nicht Platz greift, so dass die Vormundschaft wenigstens bis auf weiteres bestehen bleibt. Dass dies in allen Fällen bis zum Ende der Probezeit gelten müsse, ist damit nicht gesagt. Freilich liegt eine dahingehende Schlussfolgerung nahe, wenn man den Art. 432 allein in Betracht zieht, also davon ausgeht, die Beendigung einer nach Art. 371 angeordneten Vormundschaft werde darin abschliessend geordnet, somit müsse die von der bedingten Entlassung nicht berührte Vormundschaft eben solange fortbestehen, bis die Entlassung endgültig ist. Einer solchen Auslegung stehen jedoch sachliche Gründe entgegen, und wenn ihnen Art. 432 Abs. 2 ZGB auch nicht durch einen ausdrücklichen Vorbehalt Rechnung trägt, so ist doch nicht anzunehmen, das Gesetz wolle sie nicht berücksichtigen. Vielmehr ergibt sich im Zusammenhang mit Art. 433 ZGB eine in sinngemässer Anwendung dieser Bestimmung auszufüllende Gesetzeslücke. Dass Art. 432 Abs. 2 ZGB die Frage, wie lange eine nach Art. 371 angeordnete Vormundschaft bei bedingter Entlassung noch weiterbestehen solle, nicht näher ins Auge BGE 84 II 677 S. 682 fasst, erklärt sich einigermassen aus dem Stand des Strafrechts zur Zeit des Erlasses des ZGB. Manche Kantone bemassen die Probezeit einfach auf die Dauer der restlichen Strafe (so war es in Zürich, Luzern, Schwyz, Zug, Freiburg, Tessin, Neuenburg, Genf; vgl. STOOSS, Die Schweizerischen Strafgesetzbücher, S. 133 ff.; MOUSSON, Die bedingte Entlassung im schweizerischen Recht, S. 52). Auch nach Art. 38 Ziff. 2 des schweizerischen StGB kommt die Probezeit "in der Regel" dem Reste der Strafzeit gleich. Hat es dabei sein Bewenden, so mag eine Fortdauer der Vormundschaft bis zum Ablauf der Probezeit in der Tat im allgemeinen keine Bedenken erwecken. Jene Regel gilt jedoch nach Art. 38 Ziff. 2 StGB nur im Rahmen von mindestens einem bis zu höchstens fünf Jahren. Sehr oft wird die Probezeit auf ein Vielfaches der restlichen Strafzeit bemessen, wie gerade auch im vorliegenden Fall. Nun muss jedenfalls nach dem Endtermin der Haft, wie er bei vollendeter Strafverbüssung eingetreten wäre (das war hier der 27. Juni 1957), eine Aufhebung der Vormundschaft vernünftigerweise zulässig sein, wo dies nach den Umständen als gerechtfertigt erscheint. Es steht nichts entgegen, in diesem Sinne den Art. 433 Abs. 2 ZGB analog anzuwenden. Allerdings gilt Art. 433 ZGB eigentlich nur für die andern als die von den vorausgehenden Artikeln speziell berücksichtigten Bevormundungsfälle der "Unmündigen" (Art. 431) und der "Verurteilten" (Art. 432). Diesen Sondervorschriften tritt aber Art. 433 in erster Linie durch die im Abs. 1 aufgestellte Norm gegenüber, wonach die Vormundschaft in allen andern Fällen nicht von selbst, als Folge eines bestimmten Ereignisses (Eintritt der Mündigkeit; endgültige Beendigung der Haft) aufhört, sondern nur mit der Aufhebung durch die zuständige Behörde endigt. Was Art. 433 Abs. 2 betrifft, so verdient der darin ausgesprochene Grundsatz als subsidiäre Regel auch beim Bevormundungsgrund des Art. 371 ZGB angewendet zu werden, wenn sich nach bedingter Entlassung des Bevormundeten erweist, dass "der Grund BGE 84 II 677 S. 683 zur Bevormundung nicht mehr besteht". Dies trifft nach dem oben Ausgeführten jedenfalls nach Ablauf der normalen Strafdauer zu, wie sie ohne die bedingte Entlassung gegolten hätte. 3. In sachlicher Beziehung ist angesichts des Art. 432 Abs. 2 ZGB davon auszugehen, dass der an sich, wie oben dargetan, nur in der tatsächlich zu erstehenden Strafhaft liegende Grund der Bevormundung bei bedingter Entlassung zunächst als weiterhin gegeben gelten muss. Die Aufhebung einer solchen Vormundschaft ist also nur zulässig, wenn sie sich bei Prüfung der Verhältnisse unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Fürsorgebedürftigkeit des Gesuchstellers als zwecklos erweist. Wer aus einer auf mindestens ein Jahr bemessenen Strafhaft bedingt entlassen wird, ist denn auch in manchen Fällen - über die allfällige Schutzaufsicht hinaus - einer vormundschaftlichen Fürsorge und Führung bedürftig. Ja, es kann sich abgesehen von Art. 371 eine dauernde Entmündigung, insbesondere nach Art. 370 ZGB , als notwendig erweisen. Im vorliegenden Fall ist indessen nicht nur kein anderer Entmündigungsgrund ersichtlich, sondern besteht auch kein ernstlicher Grund, die nach Art. 371 angeordnete Vormundschaft noch länger beizubehalten. Der Vormund hat das Gesuch um Entlassung aus dieser Vormundschaft unterstützt. Es darf angenommen werden, der Gesuchsteller, der seine finanziellen Angelegenheiten in Ordnung brachte und auch während der Haft darauf bedacht war, seine Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen ersten Ehefrau zu erfüllen, werde seine neu gewonnene Stellung im Leben nicht durch Handlungen gefährden, die zum Widerruf der bedingten Entlassung führen würden. Sodann ist zu berücksichtigen, dass sich bei selbständigen Geschäftsleuten das Bestehen einer Vormundschaft äusserst hinderlich auszuwirken pflegt und ihr Fortkommen erschwert. Das gilt nicht nur für Rechtsanwälte, die, solange sie bevormundet sind, keine Aufträge übernehmen könnten (worauf die Behörden von Basel-Stadt denn auch Rücksicht BGE 84 II 677 S. 684 nehmen). Auch der Gesuchsteller, als selbständiger Architekt, wird, wie er einleuchtend darlegt, durch die Vormundschaft in seiner beruflichen Tätigkeit beeinträchtigt. Sein Ausruf: "Wer will schon einem Architekten einen Bauauftrag erteilen, von dem er weiss, dass er unter Vormundschaft gemäss ZGB 371 steht?" ist nach der Lebenserfahrung vollauf gerechtfertigt. Auch als Verwaltungsrat zweier Immobiliengesellschaften (deren Aktienkapital seiner Ehefrau gehört) stösst er als Bevormundeter auf Schwierigkeiten, obwohl er in dieser Eigenschaft frei handeln kann. Unter diesen Umständen erscheint die Vormundschaft für die noch ausstehende Dauer der Probezeit geradezu als zweckwidrig und ist daher aufzuheben. Ob Grund bestehe, eine Schutzaufsicht anzuordnen, wovon im Hinblick auf die Vormundschaft abgesehen wurde, hat das Bundesgericht nicht zu prüfen. 4. Da die Basler Behörden in ihrem amtlichen Wirkungskreis gehandelt haben und es weder um ein Vermögensinteresse dieser Behörden selbst noch des von diesen vertretenen Gemeinwesens geht, können sie nicht, wie es der Berufungskläger beantragt, mit den bundesgerichtlichen Kosten belastet werden, noch. kann ihnen für das Berufungsverfahren eine Parteientschädigung auferlegt werden ( Art. 156 Abs. 2 und Art. 159 Abs. 5 OG ). Für die amtlichen und Partei-Kosten der kantonalen Instanzen gilt das kantonale Recht (vgl. BGE 82 II 283 E. 5). Die Sache ist zur Neuregelung dieser Kosten an den Regierungsrat zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen und der Beschluss des Regierungsrats des Kantons Basel-Stadt vom 22. September 1958 samt den vorinstanzlichen Entscheidungen aufgehoben, ebenso die über den Berufungskläger bestehende Vormundschaft.
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1,958
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e041cf84-61b9-4704-970c-0d129889d4c4
Urteilskopf 104 Ib 123 22. Urteil vom 30. August 1978 i.S. A. gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement
Regeste Art. 99 lit. e OG ; Art. 81 Abs. 4 Verordnung des Bundesrates über Bau und Ausrüstung der Strassenfahrzeuge vom 27. August 1969 (BAV). 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid über die Befreiung von der Typenprüfung für Fahrzeuge gemäss Art. 81 Abs. 4 BAV (E. 1). 2. Weiter Ermessensspielraum der Eidg. Polizeiabteilung bei der Prüfung eines Gesuchs um Befreiung von der Typenprüfung (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 123 BGE 104 Ib 123 S. 123 K. und M. A. stellten der Eidg. Polizeiabteilung am 7. Juli 1977 das Gesuch um Befreiung zweier von ihnen in die Schweiz eingeführter Kleinmotorräder der Marke Puch-Maxi von der Typenprüfung. Ihrem Gesuch wurde nicht entsprochen. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement BGE 104 Ib 123 S. 124 am 5. Oktober 1977 ab. Gegen diesen Entscheid legten K. und M. A. beim Bundesrat Beschwerde ein. Ein Meinungsaustausch zwischen Bundesrat und Bundesgericht ( Art. 96 Abs. 2 OG ) ergab, dass nicht der Bundesrat, sondern das Bundesgericht zur Beurteilung der Beschwerde zuständig war. Durch Beschluss des Bundesrates vom 26. Mai 1978 wurde deshalb die Beschwerde dem Bundesgericht übergeben. Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen gestützt auf Art. 81 Abs. 4 der Verordnung des Bundesrates über Bau und Ausrüstung der Strassenfahrzeuge vom 27. August 1969 (BAV) erlassenen Beschwerdeentscheid des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes. Es handelt sich dabei um eine Verfügung im Sinne von Art. 97 OG / Art. 5 VwVG , welche von einer Behörde gemäss Art. 98 lit. b OG getroffen wurde. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach grundsätzlich zulässig, sofern nicht ein Ausschlussgrund gemäss Art. 99 ff. OG vorliegt. In Betracht fällt einzig die Ausnahme von Art. 99 lit. e OG , wonach die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bau- und Betriebsbewilligungen für technische Anlagen oder für Fahrzeuge unzulässig ist. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann aus Art. 99 lit e OG zwar nicht abgeleitet werden, dass Verfügungen in Angelegenheiten technischer Natur nie der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen. Diese Bestimmung ist aber zumindest dann anwendbar, wenn es um das Ergebnis einer Typenprüfung geht, womit in abstrakter Weise über das technische Genügen einer Anlage befunden wird ( BGE 103 Ib 152 ; BGE 100 Ib 222 ). Danach besteht kein Zweifel daran, dass die Erteilung bzw. Verweigerung der Typengenehmigung aufgrund der Typenprüfung unter Art. 99 lit. e OG fällt. Es fragt sich, ob der Entscheid über die Befreiung von der Typenprüfung dem eigentlichen Bewilligungsentscheid gleichgestellt werden kann. Der Wortlaut von Art. 99 lit. e OG spricht nur von der Erteilung oder Verweigerung einer Betriebsbewilligung, nicht auch von der Gewährung bzw. Nichtgewährung einer Befreiung vom Erfordernis der Betriebsbewilligung. Vom Zweck der Bestimmung BGE 104 Ib 123 S. 125 und von der Sache her erscheint indessen eine Gleichstellung geboten, wenn für die Befreiung von der Typenprüfung analog wie bei der Typenprüfung technische Fragen massgebend sind, die für eine gerichtliche Beurteilung ungeeignet sind. Falls hingegen für die materielle Beurteilung des Befreiungsgesuchs technische Aspekte keine oder bloss eine untergeordnete Rolle spielen, ist der in Art. 99 lit. e OG genannte Ausschlusstatbestand nicht erfüllt. b) Art. 81 Abs. 4 BAV lautet wie folgt: "Die Eidg. Polizeiabteilung kann auf Gesuch hin eine Fahrzeug- oder Bestandteilserie von der Typenprüfung befreien, wenn kein öffentliches Interesse daran besteht, namentlich wenn die Serien sehr klein, die Fahrzeuge nicht für den Verkehr auf öffentlichen Strassen bestimmt oder von geringer Verkehrsbedeutung sind." Gemäss Art. 11 Abs. 1 SVG darf der Fahrzeugausweis nur erteilt werden, wenn das Fahrzeug den Vorschriften entspricht und verkehrssicher ist. Der Feststellung dieser Voraussetzungen dienen die in Art. 12 SVG erwähnte Typen- und die in Art. 13 SVG genannte Einzelprüfung. In Art. 13 Abs. 2 SVG wird der Bundesrat ermächtigt, den Verzicht auf die Einzelprüfung von typengeprüften Fahrzeugen vorzusehen. Sowohl die Typen- wie auch die Einzelprüfungen bezwecken somit die Prüfung der Fahrzeuge auf ihre vorschriftskonforme Ausführung und Verkehrssicherheit hin. Der gesetzlichen Regelung ist auch zu entnehmen, dass kein Fahrzeug zum Verkehr zugelassen werden darf, wenn nicht mindestens eine der beiden Prüfungen vorgenommen worden ist. Dabei werden Fahrzeuge, bei denen mittels der Typenprüfung die Übereinstimmung der Serie mit den Vorschriften und ihrer Eignung für den vorgesehenen Gebrauch festgestellt worden ist ( Art. 80 Abs. 1 BAV ), entweder von der Einzelprüfung befreit ( Art. 82 Abs. 2 und 3 BAV ) oder einer bloss einschränkenden Einzelprüfung unterworfen (Art. 82 Abs. 4 erster Satz BAV). Nicht typengeprüfte Fahrzeuge sind hingegen einer umfassenden Einzelprüfung zu unterziehen, d.h. sie sind darauf hin zu kontrollieren, ob sie den Vorschriften entsprechen und für den beabsichtigten Gebrauch betriebssicher sind (Art. 82 Abs. 4 letzter Satz BAV). Demnach unterstehen die nicht typengeprüften Fahrzeuge ausnahmslos der umfassenden Einzelprüfung, deren Inhalt mit der Typenprüfung identisch ist. Daraus erhellt, dass bei der Beurteilung eines Gesuchs um Befreiung von der Typenprüfung BGE 104 Ib 123 S. 126 nicht ein Risiko abzuschätzen ist, das sich aus der Beschaffenheit und dem vorgesehenen technischen Gebrauch des Fahrzeugs ergeben kann. Die Risikoabschätzung, welche unzweifelhaft Gegenstand technischen Ermessens ist, obliegt nicht dem über das Befreiungsgesuch Verfügenden, sondern dem Experten, der nach erfolgter Befreiung von der Typenprüfung anlässlich der Einzelprüfung darüber zu befinden hat, ob das Fahrzeug den Vorschriften entspricht und für den vorgesehenen Gebrauch betriebssicher ist. Auch die vom Gesuchsteller für die Befreiung von der Typenprüfung verlangten technischen Angaben dienen nicht einer technischen Beurteilung bezüglich der Beschaffenheit und der Eignung des Fahrzeugs zum vorgesehenen Gebrauch, sondern der Abklärung über die Einteilung des Fahrzeugs in eine bestimmte Kategorie sowie zur Feststellung, ob nicht ein und dieselbe Person in verschiedenen Gesuchen für identische Fahrzeuge die Befreiung verlangt. Im Rahmen des Befreiungsverfahrens wird einzig die Übereinstimmung mit den Abgasvorschriften kontrolliert. Für diese Kontrolle bedarf es indessen keiner technischen Kenntnisse und technisches Ermessen ist nicht im Spiel. Es geht dabei einzig um die Feststellung, ob die in den ausländischen Unterlagen oder im Bericht der EMPA aufgeführten Werte, welche in absoluten Zahlen aufgeführt werden, die vorgeschriebenen Höchstwerte überschreiten oder nicht. Die Kriterien, welche bei der materiellen Beurteilung eines Gesuchs um Befreiung von der Typenprüfung entscheidend sind, sind demgegenüber verwaltungsökonomischer Art. Serien mässig hergestellte Fahrzeuge weisen alle dieselben Grundelemente auf (Form, Abmessungen, Gewicht usw.). Aus diesem Grund ist es überflüssig, jedes einzelne Fahrzeug der Serie in allen Punkten zu überprüfen. Es genügt in diesen Fällen die eingehende Prüfung eines einzigen Fahrzeugs. Bei allen anderen Fahrzeugen desselben Typs genügt dann eine Kontrolle der wesentlichsten Punkte. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Typenprüfung angesichts der zur Verfügung stehenden Zeit und der Anzahl von Experten viel eingehender durchgeführt werden kann, als dies bei der Vornahme einer umfassenden Einzelprüfung aller Fahrzeuge möglich wäre (vgl. Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines BG über den Strassenverkehr vom 24. Juni 1955, BBl 1955 II S. 19 f.). Mit der Einführung der verbindlichen BGE 104 Ib 123 S. 127 Typenprüfung durch das SVG und dem dadurch ermöglichten Verzicht auf die Einzelprüfung bzw. der damit möglich werdenden Beschränkung des Umfangs der Einzelprüfung für typengeprüfte Fahrzeuge wurden Fachleute freigesetzt. Sie konnten eingesetzt werden für eingehendere Einzelprüfungen nicht typengeprüfter Fahrzeuge sowie für die periodischen Fahrzeugkontrollen. Der Zweck der Typenprüfung besteht somit darin, durch die Entlastung von Experten bei den Einzelprüfungen die vorhandenen Kontrollmittel im Dienst der Verkehrssicherheit effizienter einzusetzen (vgl. Botschaft a.a.O. und S. 21). Die Durchführung der Typenprüfung obliegt der Typenprüfungsstelle der Eidg. Polizeiabteilung (Art. 98 Abs. 1 der Verordnung des Bundesrates über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1976 (VZV)), diejenige der Einzelprüfung den kantonalen Behörden ( Art. 105 Abs. 3 VZV ). Nach erfolgter Typenprüfung meldet die Eidg. Typenprüfungsstelle die anlässlich der Kontrolle gemachten Feststellungen allen kantonalen Motorfahrzeugkontrollen, damit sie sich bei der Zulassung von seriengleichen Fahrzeugen zum Verkehr darauf stützen können. Diese administrativen Umtriebe rechtfertigen sich nun nicht, wenn von einer im Ausland gefertigten Serie bloss eines oder ganz wenige Fahrzeuge eingeführt werden und für die Zukunft keine weiteren Einfuhren dieses Fahrzeugtyps zu erwarten sind. In diesen Fällen ist es verwaltungsökonomischer, wenn bloss im betroffenen Kanton die Einzelprüfung durchgeführt wird. Zur irrtümlichen Annahme, für den Entscheid über die Befreiung von der Typenprüfung seien auch technische Aspekte massgebend, kann der etwas unglücklich formulierte Text des Art. 81 Abs. 4 BAV verleiten, insoweit er ein öffentliches Interesse an der Typenprüfung verneint, wenn Fahrzeuge nicht für den Verkehr auf öffentlichen Strassen bestimmt oder von geringer Verkehrsbedeutung sind. Die Fahrzeuge, welche nicht für den Verkehr auf öffentlichen Strassen bestimmt sind, unterstehen indessen dem SVG nicht ( Art. 1 SVG ) und bedürfen vor ihrem Gebrauch weder einer Typen- noch einer Einzelbewilligung. Art. 81 Abs. 4 BAV hat somit in bezug auf diese Fahrzeuge ohnehin kein Anwendungsfeld. Was andererseits die Fahrzeuge von geringer Verkehrsbedeutung anbelangt, so kann es sich BGE 104 Ib 123 S. 128 nach dem erwähnten Zweck der Befreiung von der Typenprüfung bloss um solche handeln, die angesichts ihrer Anzahl von geringer Verkehrsbedeutung sind. Aufgrund dieser Überlegungen rechtfertigt es sich deshalb nicht, Entscheide über die Befreiung von der Typenprüfung dem Ausnahmetatbestand des Art. 99 lit. e. OG zu unterstellen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit zulässig. 2. Art. 81 Abs. 4 BAV ist eine blosse Kann-Vorschrift. Sie räumt der Eidg. Polizeiabteilung dementsprechend für die Prüfung eines Gesuchs um Befreiung von der Typenprüfung einen weiten Spielraum des Ermessens ein. Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann zudem die Rüge, die Verweigerung der Befreiung von der Typenprüfung sei unangemessen, nicht erhoben werden ( Art. 104 lit. c OG ). Die Überprüfung durch das Bundesgericht beschränkt sich demnach nachfolgend auf die Frage, ob die Vorinstanz das ihr gemäss Art. 81 Abs. 4 BAV eingeräumte Ermessen überschritten oder missbraucht hat ( Art. 104 lit. a OG ). Die von den Beschwerdeführern eingeführten Motorräder gehören zu einer Serie von 90 gleichzeitig eingeführten Fahrzeugen des gleichen Typs. Es werden also, gesamthaft betrachtet, nicht bloss ganz wenige Fahrzeuge einer Serie in Verkehr gebracht, für die sich die Vornahme einer Typenprüfung nicht lohnen würde. Es wäre daher gestützt auf das öffentliche Interesse an einer effizienten Verwaltungstätigkeit nicht zu verantworten, durch die Befreiung von der Typenprüfung 90 umfassende Einzelprüfungen gemäss Art. 82 Abs. 4 letzter Satz BAV zu veranlassen. Die Vorinstanz hat mit der Ablehnung der Befreiung von der Typenprüfung das ihr zustehende Ermessen klarerweise nicht überschritten oder missbraucht. Die Beschwerde ist daher offensichtlich unbegründet und deshalb abzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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e0435fec-b8bb-4a49-82f4-db2d4e1cc8fa
Urteilskopf 121 V 186 29. Auszug aus dem Urteil vom 23. Mai 1995 i.S. G. gegen Ausgleichskasse PANVICA und AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau
Regeste Art. 16 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b, Art. 17 Abs. 1 IVG , Art. 6 Abs. 2 IVV . Eine erstmalige berufliche Ausbildung gilt auch dann als im Sinne von Art. 6 Abs. 2 IVV abgebrochen, wenn der Versicherte sie nach Eintritt des Versicherungsfalles zwar noch abschliesst, eine Betätigung auf dem erlernten Beruf jedoch invaliditätsbedingt als ungeeignet und auf die Dauer nicht zumutbar erscheint; für die Annahme einer vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübten ökonomisch bedeutsamen und damit einen Umschulungsanspruch verschaffenden Erwerbstätigkeit müssen deshalb auch in solchen Fällen die in dieser Bestimmung vorgesehenen strengeren Voraussetzungen erfüllt sein.
Erwägungen ab Seite 187 BGE 121 V 186 S. 187 Aus den Erwägungen: 3. a) Unter Bezugnahme auf BGE 118 V 7 macht der Beschwerdeführer geltend, er habe im dritten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Forstwart monatlich Fr. 990.-- verdient und damit vor Eintritt des Versicherungsfalles am 9. Dezember 1990 während mehr als sechs Monaten ein Einkommen erzielt, das drei Viertel der minimalen vollen einfachen ordentlichen Invalidenrente übersteigt. Dies wird durch die im April 1993 erstellte Arbeitgeberbescheinigung des früheren Lehrmeisters bestätigt. Es trifft somit zu, dass der Beschwerdeführer vor Eintritt der Invalidität ein im Sinne der Rechtsprechung ökonomisch bedeutsames Erwerbseinkommen realisierte. Daraus allein kann er jedoch noch nichts zu seinen Gunsten ableiten. BGE 118 V 7 beschlägt einzig die Frage, ob und inwiefern ein Umschulungsanspruch trotz Fehlens eines vor Eintritt des Versicherungsfalles erzielten ökonomisch relevanten Erwerbseinkommens bejaht werden kann, was nach der bis dahin geltenden Rechtsprechung noch möglich war, sofern mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststand, dass der Versicherte die abgebrochene erstmalige berufliche Ausbildung ohne Gesundheitsschaden abgeschlossen hätte und bereits im Erwerbsleben stünde. Im Hinblick auf die auf den 1. Juli 1987 in Kraft getretenen neuen Bestimmungen über den Taggeldanspruch, insbesondere Art. 21bis Abs. 3 IVV , sah sich das Eidg. Versicherungsgericht veranlasst, von seiner früheren Rechtsprechung abzuweichen und die Anerkennung eines Umschulungsanspruches bei Fehlen eines ökonomisch bedeutsamen Erwerbseinkommens auch in solchen Fällen abzulehnen. Daraus kann indessen nicht geschlossen werden, dass die Erzielung eines im Sinne der Rechtsprechung ökonomisch relevanten Einkommens vor Eintritt der Invalidität in jedem Fall einen Umschulungsanspruch begründet. Nicht ausser acht gelassen werden darf nämlich die Regelung in Art. 6 Abs. 2 IVV , welche in BGE 118 V 7 denn auch ausdrücklich vorbehalten wurde (vgl. BGE 118 V 12 Erw. 1b und 14 Erw. 1c/cc BGE 121 V 186 S. 188 in fine). Musste eine erstmalige berufliche Ausbildung wegen Invalidität abgebrochen werden, ist gemäss der seit 1. Juli 1987 gültigen Fassung von Art. 6 Abs. 2 IVV eine neue berufliche Ausbildung der Umschulung nur gleichgestellt, wenn das während der abgebrochenen Ausbildung zuletzt erzielte Erwerbseinkommen höher war als das nach Art. 24 Abs. 2bis IVG zulässige Höchsttaggeld für Alleinstehende mit den vollen Zuschlägen nach den Art. 24bis und 25 IVG . Art. 6 Abs. 2 IVV stellt somit für Versicherte, die bei Eintritt der Invalidität in einer erstmaligen beruflichen Ausbildung standen und diese invaliditätsbedingt aufgeben mussten, höhere Anforderungen an die Anerkennung einer vor dem Versicherungsfall ausgeübten und damit Anspruch auf eine Umschulung verschaffenden Erwerbstätigkeit, indem Einkünfte realisiert worden sein müssen, welche über dem sonst als Abgrenzungskriterium dienenden ökonomisch bedeutsamen Erwerbseinkommen liegen. b) Nachdem der Beschwerdeführer vor Abschluss seiner Ausbildung zum Forstwart verunfallte und dieser Beruf deswegen für die Zukunft nicht mehr als geeignete und zumutbare Betätigung in Frage kam, muss vorliegend Art. 6 Abs. 2 IVV zur Anwendung gelangen, welcher bezüglich der ökonomischen Beachtlichkeit des für den Umschulungsanspruch vorausgesetzten früheren Erwerbseinkommens eine verschärfte Regelung enthält. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer seine Forstwartlehre nach dem Unfall noch abschliessen konnte und zunächst auch kurze Zeit auf diesem Beruf arbeitete. Entscheidend ist, dass im Zeitpunkt des Versicherungsfalles noch kein Lehrabschluss vorlag und die gesundheitliche Beeinträchtigung die Ausübung dieses Berufs in der Folge als ungeeignet und auf die Dauer unzumutbar erscheinen liess. Weil auf die Verhältnisse bei Eintritt des für die Eingliederungsmassnahme spezifischen Versicherungsfalles abzustellen ist, gestaltet sich die Rechtslage gleich wie bei einem invaliditätsbedingten Abbruch der erstmaligen beruflichen Ausbildung im Sinne von Art. 6 Abs. 2 IVV . c) Versicherte in der erstmaligen beruflichen Ausbildung laut Art. 24 Abs. 2bis und 3 IVG in Verbindung mit Art. 21bis Abs. 3 IVV erhalten höchstens den Mindestbetrag der Entschädigungen gemäss Art. 9 Abs. 1 und 2 EOG mit den vollen Zuschlägen nach Art. 24bis und 25 IVG . Nur wenn das in der Forstwartlehre vor Eintritt des Versicherungsfalles zuletzt erzielte Einkommen diesen Höchstbetrag übersteigt, kann die neu angetretene Lehre als Weinküfer aufgrund von Art. 6 Abs. 2 IVV als der Umschulung gleichgestellte berufliche Massnahme gelten. BGE 121 V 186 S. 189 Als Lediger hätte dem Beschwerdeführer nach Art. 9 Abs. 2 EOG im Jahre 1990 eine Mindestentschädigung von Fr. 24.-- pro Tag zugestanden ( Art. 9 Abs. 2 EOG und Art. 1 und 2 der Verordnung 84 vom 6. Juli 1983 über die Anpassung der Erwerbsersatzordnung an die Lohnentwicklung [V 84; SR 834.12] in Verbindung mit dem auf den 1. Januar 1988 in Kraft getretenen Art. 16a EOG und der sich daraus ergebenden Anpassung von Art. 2 der V 84 [15% der Gesamtentschädigung von neu Fr. 155.-- ergibt aufgerundet Fr. 24.--]). Zu diesem Ansatz wären der Alleinstehendenzuschlag nach Art. 24bis IVG von Fr. 10.-- pro Tag ( Art. 22ter IVV in der 1990 gültig gewesenen Fassung) sowie der Eingliederungszuschlag nach Art. 25 IVG von maximal Fr. 22.- pro Tag ( Art. 22bis Abs. 1 IVV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 AHVV , je in der 1990 gültig gewesenen Fassung; vgl. auch Anhang I zu dem vom BSV herausgegebenen Kreisschreiben über das Taggeld [KSTG]) hinzugetreten. Das somit resultierende Mindesttaggeld von Fr. 56.-- hätte der Beschwerdeführer an jedem Tag der Eingliederung beanspruchen können, bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen somit auch an den in die Eingliederungszeit fallenden Sonn- und Feiertagen (Rz. 1022 KSTG). Der minimale Taggeldanspruch hätte sich somit nach den im Jahre 1990 massgebenden Ansätzen auf knapp Fr. 1'700.-- monatlich belaufen. Diesen Betrag hat der Beschwerdeführer mit seinem Lehrlingslohn vor Eintritt des Versicherungsfalles indessen bei weitem nicht erreicht, womit eine Qualifikation der Weinküferlehre als Umschulung aufgrund von Art. 6 Abs. 2 IVV ausser Betracht fällt. Ob diese als erstmalige berufliche Ausbildung nach Art. 16 Abs. 1 IVG oder als einer solchen gleichgestellte berufliche Neuausbildung nach Art. 16 Abs. 2 lit. b IVG zu betrachten ist, braucht nicht abschliessend geklärt zu werden, da der Beschwerdeführer im einen wie im andern Falle lediglich ein kleines Taggeld beanspruchen kann (vgl. BGE 118 V 15 Erw. 2c).
null
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Urteilskopf 110 Ib 268 47. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. September 1984 i.S. Schweizerischer Bankverein gegen Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Sozialer Wohnungsbau. Bundesbürgschaft für II. Hypotheken. BG über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues vom 19. März 1965 (WFG). Voraussetzungen einer Inanspruchnahme des Bundes aus einer bereits in der Baukreditphase erteilten Bürgschaftszusicherung ( Art. 13 Abs. 1 und 2 WFG ).
Sachverhalt ab Seite 268 BGE 110 Ib 268 S. 268 Die "Société Générale d'Entreprise S.A." in Sierre (S.G.E.) beabsichtigte anfangs 1970 in Sierre/VS im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues die Erstellung von zwei Wohnblöcken mit insgesamt 128 Wohnungen für veranschlagte Kosten von Fr. 13'045'000.--. Auf entsprechendes Gesuch hin sicherte das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) der S.G.E. mit Verfügung vom 13. Dezember 1974 nebst jährlichen Kapitalzuschüssen von Fr. 98'630.-- eine Bürgschaft des Bundes im Betrage von Fr. 3'000'000.-- zu. Verbürgt wurde eine vom Schweizerischen Bankverein (SBV), Niederlassung Visp/VS, in Aussicht gestellte II. Hypothek mit einem Vorgang von Fr. 7'800'000.-- (I. Hypothek). Der SBV, BGE 110 Ib 268 S. 269 welcher bereit war, das Bauvorhaben der S.G.E. zu finanzieren, eröffnete am 30. Juli 1974 zugunsten der S.G.E. einen Baukredit mit einer gesamten Kreditlimite von Fr. 10'800'000.--. Am 3. Mai 1978 wurde über die S.G.E. der Konkurs eröffnet. Im Verlaufe des Konkursverfahrens gelangte das Baugrundstück mit den begonnenen, aber noch nicht fertiggestellten Bauten zur öffentlichen Versteigerung und wurde durch den SBV zum Preis von Fr. 3'300'000.-- erworben. Der SBV, der am 9. Dezember 1980 einen Konkursverlustschein über Fr. 4'952'838.45 erhalten hatte, liess mit einem angeblichen zusätzlichen Aufwand von Fr. 4'500'000.-- die Baute fertigstellen. Nachdem das Bundesgericht mit Urteil vom 1. Mai 1981 ( BGE 107 Ib 43 ) die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des SBV betreffend Widerruf der Bürgschaftszusicherung gutgeheissen hatte, verlangte der SBV beim BWO die Auszahlung des Bürgschaftsbetrages von Fr. 3'000'000.--. Das BWO lehnte dies jedoch ab, worauf der SBV sein Begehren bei der Bundeskanzlei und beim BWO erneuerte. Mit Schreiben vom 13. November 1981 teilte das BWO dem SBV mit, der geltend gemachte Betrag könne nicht zur Auszahlung gelangen, weil sich die Bürgschaftszusicherung des Bundes auf die II. Hypothek beziehe und die Bürgschaft daher erst mit Vollendung der Baute und der daraufhin erfolgenden Konsolidierung des Baukredites fällig werde. Hierauf ersuchte der SBV das BWO um Erlass einer ausdrücklichen Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung und erhob gleichzeitig vorsorglich Verwaltungsbeschwerde beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD). Das EVD trat auf die Verwaltungsbeschwerde nicht ein mit der Begründung, das Schreiben des BWO vom 13. November 1981 habe keinen Verfügungscharakter. Die Rechtsschrift des SBV wurde jedoch als Gesuch um Erlass einer Verfügung an die Hand genommen, das Begehren um Auszahlung des Bürgschaftsbetrages materiell abgewiesen und dem SBV die Verfahrenskosten überbunden. Gegen den Beschwerdeentscheid und die Verfügung des EVD vom 22. Juli 1983 führt der SBV Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht und stellt folgende Anträge: "1. Es seien der Beschwerdeentscheid und die Verfügung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes vom 22. Juli 1983 aufzuheben. 2. Es sei die Schweiz. Eidgenossenschaft zu verpflichten, dem Beschwerdeführer den Betrag von Fr. 3 Mio., eventuell einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag, nebst Verzugszinsen zu 5% seit 5. Juni 1978, zu bezahlen. 3. Eventuell: Es seien der Beschwerdeentscheid und die Verfügung des BGE 110 Ib 268 S. 270 Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes aufzuheben und die Sache zur Feststellung des auszuzahlenden Betrages an das Departement zurückzuweisen - unter Kosten- und Entschädigungsfolge -." Das EVD beantragt in seiner Vernehmlassung Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit der Kostenentscheid des EVD angefochten ist; im übrigen weist es die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Im bereits erwähnten früheren Verfahren zwischen den nämlichen Parteien ging es um die Frage, ob der Bund die Zusicherung der Bürgschaft nachträglich widerrufen könne. Das Bundesgericht hat dies damals verneint und die Gültigkeit der Bundesgarantie gemäss Verfügung des BWO vom 13. Dezember 1974 bestätigt ( BGE 107 Ib 43 ff.). Im heutigen Verfahren ist nurmehr zu fragen, ob die Forderung aus jener Bürgschaftszusicherung fällig geworden sei mit der Folge, dass der Bund für den Verlust, den der Beschwerdeführer im Konkurs der S.G.E. erlitten hat, einzustehen habe. Zu prüfen bleibt somit, ob die Bundesbürgschaft - wie der Beschwerdeführer behauptet - bereits die Baukreditphase abdeckt und daher mit ihrer Zusicherung vor Baubeginn volle Rechtswirkung entfaltet, oder ob dies erst mit Vollendung der Bauarbeiten der Fall ist, zu einem Zeitpunkt also, in welchem feststeht, ob die vom Bundesgesetz über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues vom 19. März 1965 (WFG; SR 842) und den entsprechenden Verordnungen aufgestellten Bedingungen auch tatsächlich erfüllt worden sind. Das Bundesgericht hat sich in zwei nicht veröffentlichten Entscheiden mit der Rechtsnatur und den Wirkungen der Bundesbürgschaft auseinandergesetzt (Urteile vom 3. Dezember 1982 i.S. Maicasa S.A. und 28. Januar 1983 i.S. Credito Svizzero, Chiasso). Dabei wurde u.a. ausgeführt, das von der Wohnbauförderung angestrebte Ziel der erleichterten Kapitalbeschaffung für Bauherren, welche nicht über ausreichende Eigenmittel oder diese ergänzende Sicherheiten verfügten, lasse sich wesentlich wirksamer erreichen, wenn der Kreditgeber schon bei Eröffnung des Baukredites mit einer Bundesbürgschaft rechnen könne. Es würden zumindest beachtliche Gründe für die Annahme sprechen, dass die Bundesbürgschaft vor Beginn der Bauarbeiten zu leisten sei, sobald BGE 110 Ib 268 S. 271 sich der Gläubiger bereit finde, den Baukredit zugunsten des Bauherrn zu eröffnen. Demzufolge sei der Bund grundsätzlich mit der Zusicherung der Bürgschaft verpflichtet. Wie aus den Materialien ersichtlich ist, stellte die erleichterte Kapitalbeschaffung für Bauvorhaben ein wichtiges Ziel der Bundesaktion zur Wohnbauförderung dar. Durch die Verbürgung des investierten Fremdkapitals wollte man solche Bauherren an der Bundesaktion interessieren, denen es - auch bei flüssigem Kapitalmarkt - mangels ausreichender eigener Mittel oder entsprechender Sicherheiten nicht leicht fiel, die notwendigen Fremdgelder zu erhalten (BBl 1964 II 645). Durch die Bundesgarantie sollten die Geldgeber veranlasst werden, grosse Investitionen bis zu einer Höhe zu tätigen, wie sie es ohne diese Bürgschaft nicht tun könnten (Sten.Bull. StR 1965, S. 20). Der Geldgeber möchte aber in aller Regel bereits vor Eröffnung eines Baukredites Gewissheit über die vorhandenen Eigenmittel und deren Surrogate (Sicherheiten) haben. Dies muss insbesondere für Bauvorhaben gelten, die mit bis zu 90% Fremdkapital finanziert werden, wie dies im Rahmen der Wohnbauförderung ermöglicht werden sollte. Besteht die Aufgabe der Bundesbürgschaft darin, in Ergänzung zu den Eigenmitteln des Bauherrn das erforderliche Fremdkapital zu beschaffen, so muss verlangt werden, dass ihre Zusicherung den Bund zumindest insoweit bindet, als er sich später nicht mehr ohne weiteres dieser Verpflichtung soll entledigen können. b) Andererseits kann aber eine bereits in der Baukreditphase erteilte Zusicherung keine voraussetzungslose Verpflichtung des Bundes in dem Sinne begründen, dass der Bund grundsätzlich ohne Rücksicht auf die spätere Ausgestaltung des Bauvorhabens aus der Bürgschaftszusicherung in Anspruch genommen werden könnte. Eine solche Annahme hätte zur Folge, dass der Bund selbst dann als Bürge einzustehen hätte, wenn der Bauherr in Abweichung des ursprünglichen Projektes eine Baute erstellt, die nicht mehr den Normen der Wohnbauförderung entspricht. Es kann aber nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein, den Bund für die Finanzierung von Wohnbauten einstehen zu lassen, die nicht entsprechend den Kriterien der Wohnbauförderung erstellt wurden. Dies würde in eine Zweckentfremdung der Finanzierungshilfe des Bundes münden. In seiner Botschaft vom 21. September 1964 zur Gesetzesvorlage, welche die Wohnbauförderung auf eine erweiterte Basis zu stellen beabsichtigte, schlug der Bundesrat vor, neben der Intensivierung BGE 110 Ib 268 S. 272 der schon bis anhin angewandten Zinssubventionen als weiteres "Anreizmittel" für den "sozialen Wohnungsbau" neu eine Bundesbürgschaft einzuführen (BBl 1964 II 636). Das WFG wurde ursprünglich gestützt auf den Familienschutz-Artikel der BV erlassen (Art. 34quinquies Abs. 3), der in der Folge durch die entsprechende neue Bestimmung von Art. 34sexies BV abgelöst wurde: Gemäss Abs. 2 lit. b dieser Verfassungsbestimmung ist der Bund insbesondere befugt, Bestrebungen auf dem Gebiet des Siedlungs- und Wohnungswesens zugunsten von Familien, Personen mit beschränkten Erwerbsmöglichkeiten sowie Betagten, Invaliden und Pflegebedürftigen zu unterstützen. Dieser Ermächtigung entsprechend bestimmt Art. 1 WFG unter dem Marginale "Grundsatz", der Bund fördere insbesondere Bestrebungen, "die zur Verbesserung des Angebotes an neuen Wohnungen mit tragbaren Mietzinsen für Familien in bescheidenen finanziellen Verhältnissen (sozialer Wohnungsbau) beitragen". Ist somit die Bundesbürgschaft eine Massnahme im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues, so kann ihre Zusicherung in der Baukreditphase nicht eine Blankoverpflichtung des Bundes nach sich ziehen. Vielmehr ist die definitive Wirksamkeit der Bundesgarantie an die Bedingung geknüpft, dass die Vorschriften der Wohnbauförderung bei der Realisierung des Bauvorhabens auch tatsächlich eingehalten worden sind. Daher bestimmt auch Art. 46 der Verordnung (2) über Bundeshilfe zur Förderung des Wohnungsbaues vom 22. Februar 1966 (V2WF; SR 842.2), dass der Bauherr nach Vollendung der Bauten, für welche die Bürgschaft geleistet wird, dem Kanton eine detaillierte Bauabrechnung mit den visierten Originalbelegen einzureichen habe, wonach der Kanton nach erfolgter Prüfung dieser Abrechnung dem BWO Antrag auf Genehmigung stellen kann. Gestützt auf die genehmigte Bauabrechnung wird hernach der Umfang der Bundeshilfe - also auch derjenige der Bürgschaft - festgelegt. Dieses Vorgehen steht durchaus im Einklang mit dem Zweck der Bundesaktion. Ob nämlich die Bedingungen des WFG im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues - die fachgerechte Ausführung von einfachen Familienwohnungen zu angemessenen Preisen ( Art. 6 WFG ) - eingehalten wurden, lässt sich nicht schon in der Baukreditphase, sondern erst nach Vollendung der Bauten anhand der Bauabrechnung feststellen. Bei der Zusicherung einer Bundesbürgschaft im Sinne von Art. 13 WFG handelt es sich somit um ein bedingtes Rechtsgeschäft, das den Bürgen nur dann verpflichtet, wenn die Bedingung BGE 110 Ib 268 S. 273 - Fertigstellung der Bauten gemäss den Bestimmungen des sozialen Wohnungsbaues - auch tatsächlich eintritt. Die Nichterfüllung dieser Bedingung verhindert somit eine Inanspruchnahme des Bürgen aus der abgegebenen Bürgschaftszusicherung. c) Hinzu kommt, dass die Bundesbürgschaft nur unter der Voraussetzung der Konsolidierung des Baukredites wirksam werden kann. Im erwähnten Urteil i.S. Credito Svizzero, Chiasso, hat das Bundesgericht ausgeführt, wenn Art. 13 WFG bestimme, dass die Bürgschaft nur für II. Hypotheken ( Art. 13 Abs. 1 WFG ) und unter der Bedingung gewährt werde, dass der Zinssatz der verbürgten Nachgangshypothek um nicht mehr als % höher sei als derjenige der I. Hypothek ( Art. 13 Abs. 2 WFG ), so bedeute dies, dass die Bürgschaft nur dann wirksam werden könne, wenn der Baukredit in eine I. und eine II. Hypothek umgewandelt worden sei: Die Wirksamkeit der Bundesbürgschaft hänge demnach in erster Linie von der tatsächlich erfolgten Konsolidierung des Baukredites ab (E. 5a). Daran ist festzuhalten. Weder der Gesetzestext von Art. 13 WFG noch die Materialien lassen einen anderen Schluss zu. In der bundesrätlichen Botschaft zum WFG wird klar gesagt, die Bundesgarantie werde für Nachgangshypotheken in Aussicht genommen (BBl 1964 II 629 ff.). Auch in der parlamentarischen Beratung wurde betont, die Bundesbürgschaft bilde ein höchst interessantes Finanzierungsinstrument für in Nachgangshypotheken investiertes Fremdkapital und sei deshalb wertvoll, weil es immer schwieriger geworden sei, auf dem Kapitalmarkt die Nachgangshypotheken mit den geforderten Sicherheiten unterzubringen (Sten.Bull. StR 1965, S. 13 f.). Demnach kann eine in der Baukreditphase zugesicherte Bundesbürgschaft erst dann vollumfänglich rechtswirksam werden, wenn der Baukredit durch langfristige Hypothekardarlehen in Form einer I. und II. Hypothek abgelöst worden ist. d) Weiter ist zu beachten, dass Art. 13 WFG nur dann zum Zug kommen kann, wenn es um eine Fremdfinanzierung geht. Wird also der Kreditgeber - wie hier durch Ersteigerung des Grundstücks mit nicht vollendeter Baute - selber zum Bauherrn, so handelt es sich nicht mehr um eine Fremd-, sondern um eine Eigenfinanzierung. Dadurch verunmöglicht der Kreditgeber aber letztlich selber die Errichtung einer II. Hypothek im Sinne von Art. 13 WFG . 3. Im vorliegenden Fall führt der Beschwerdeführer an, der Baukredit sei nur unter der besonderen Bedingung eröffnet worden, BGE 110 Ib 268 S. 274 dass sich der Bund für die II. Hypothek im Betrage von Fr. 3 Mio. verbürge, was denn auch durch Verfügung des BWO vom 13. Dezember 1974 geschehen sei. Es mag zwar zutreffen, dass der Kreditgeber bei Aussetzung des Baukredites mit einer Sicherstellung durch den Bund in Form einer Bürgschaft über Fr. 3 Mio. rechnete, aber allein daraus vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Wie bereits dargelegt, wird eine zugesicherte Bürgschaft des Bundes nur dann voll rechtswirksam, wenn kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Konsolidierung des Baukredites einerseits sowie Vollendung und Vermietung der Baute unter Beachtung der Vorschriften der Wohnbauförderung andererseits. Fehlt somit auch nur eine dieser Voraussetzungen, so kann der Bund aus der Zusicherung der Bürgschaft nicht in Anspruch genommen werden. a) Die Beschwerdeschrift entbehrt in bezug auf die Konsolidierung des Baukredits jeglicher substantieller Ausführungen. In den Akten findet sich lediglich ein Schreiben des Architekturbüros Perraudin an den SBV, Sion, wonach die Bauarbeiten an den "Tours des Glaciers" vollendet seien und die Vermietung ab 1. Juli 1981 stattfinden könne. Erst auf nachträgliche Anfrage hin teilte der Beschwerdeführer dem Bundesgericht mit, dass der seinerzeit der S.G.E. gewährte Baukredit nie konsolidiert worden sei; nach dem Erwerb der beiden Wohnblöcke durch den Beschwerdeführer habe sich eine Konsolidierung erübrigt, da nunmehr Eigentümer und früherer Kreditgeber identisch seien. Damit steht fest, dass die nach Art. 13 WFG erforderliche Konsolidierung des Baukredites nie erfolgt ist, weshalb schon aus diesem Grund die Haftung des Bundes aus der zugesicherten Bürgschaft entfällt. b) Im übrigen wäre auch die Voraussetzung der Bauvollendung und der anschliessenden Vermietung nach den Bestimmungen der Wohnbauförderung nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, dass die Vollendung der von ihm erworbenen "Bauruine" nach den Kriterien des sozialen Wohnungsbaues erfolgte. Aus der eingeholten Auskunft ergibt sich zudem, dass die Mietzinse für die hier in Betracht fallenden Wohnungen vom Eigentümer frei, unter Berücksichtigung der Marktlage, festgesetzt werden. Sinn der Bundesbürgschaft als Massnahme des sozialen Wohnungsbaues kann es aber gerade nicht sein, die Erstellung von Mietwohnungen zu finanzieren, die sich in nichts von anderen Mietobjekten unterscheiden.
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Urteilskopf 138 III 174 27. Estratto della sentenza della I Corte di diritto civile nella causa A. e consorti contro E. (ricorso in materia civile) 4A_122/2011 del 30 gennaio 2012
Regeste Art. 21 und 26 aLugÜ; Art. 27 und 33 LugÜ ; negative Feststellungsklage; Wirkungen des Entscheids, der die Anerkennung eines ausländischen Urteils verweigert; Einrede der Rechtshängigkeit und der abgeurteilten Sache (res iudicata). Die Regeln betreffend die Einrede der Rechtshängigkeit im Sinne von Art. 21 aLugÜ respektive Art. 27 LugÜ finden nur Anwendung, wenn beide Prozesse noch rechtshängig sind. Ist der erste Prozess abgeschlossen, werden die Konflikte sich widersprechender Entscheide über das Institut der Anerkennung gelöst (E. 5). Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites, erwächst das Urteil, das die Anerkennung des ausländischen Entscheides in der Schweiz verweigert, im Prinzip in materielle Rechtskraft. Der nicht anerkannte ausländische Entscheid entfaltet in der Schweiz keine Wirkung der abgeurteilten Sache (res iudicata) und steht daher in diesem Staat der Einleitung einer negativen Feststellungsklage zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand nicht entgegen (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 175 BGE 138 III 174 S. 175 A. La vicenda ha origine nel fallimento della società di investimenti F. Ltd. e di diverse società appartenenti al gruppo. Al dissesto sono seguite innumerevoli procedure giudiziarie avviate in diversi Paesi contro gli amministratori da società canadesi che avevano investito nel gruppo, rispettivamente da trustee che le rappresentano. E., cittadino svizzero con domicilio ticinese, è stato consigliere d'amministrazione di diverse società del gruppo F. Con decisioni del 10 dicembre 1998 e 17 marzo 1999 la High Court of Justice of England and Wales di Londra lo ha condannato a risarcire 241'347'608.- dollari canadesi e 129'974'770.- dollari statunitensi. Sentenze analoghe sono state emanate contro di lui dalla Superior Court of Justice della Provincia dell'Ontario. Un'azione è ancora pendente davanti alla Superior Court of Justice della Provincia del Quebec. B. Con sentenze 23 novembre e 22 dicembre 2000 il Pretore del distretto di Lugano, pronunciatosi su istanza di A. e B. Inc., successori in diritto delle società creditrici, ha riconosciuto l'esecutività delle due decisioni inglesi per un importo complessivo di fr. 20'000'000.-. La II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha però accolto l'opposizione di E. con sentenza del 25 febbraio 2004. Il 9 novembre 2004 la I Camera civile del Tribunale federale ha respinto, nella misura in cui era ammissibile, il ricorso di diritto pubblico delle procedenti. La Pretura di Lugano ha respinto, il 6 dicembre 2004, una seconda domanda di eseguire in Svizzera le due decisioni inglesi; l'opposizione a quella decisione è stata dichiarata tardiva il 25 febbraio 2005 dal Tribunale di appello. L'exequatur è stato in seguito rifiutato anche nel principato di Monaco. È invece stato accordato in Italia, nel Granducato del Lussemburgo, in Francia, nello Stato di New York e Jersey. Il 26 novembre 2004 e l'11 gennaio 2005 la High Court of Justice of England and Wales ha emanato due post judgement freezing order per 260'000'000.- sterline inglesi, il cui exequatur è ancora stato rifiutato dalla Pretura di Lugano il 23 febbraio 2005. BGE 138 III 174 S. 176 C. Il 3 ottobre 2005 E. ha convenuto in giudizio A., B. Inc., C. e D. davanti al Pretore di Lugano, chiedendogli in sostanza di accertare l'inesistenza delle pretese vantate dalle convenute nei suoi confronti. Con sentenza del 3 novembre 2008 il Pretore si è limitato all'esame delle eccezioni sollevate dalle parti, ha respinto quelle delle convenute concernenti la proponibilità dell'azione e ha parzialmente accolto quella dell'attore, accertando che le sentenze pronunciate in Svizzera a partire dal 9 novembre 2004 "sono munite di forza di cosa giudicata materiale". La successiva appellazione delle convenute è stata respinta dalla II Camera civile del Tribunale d'appello del Cantone Ticino il 12 gennaio 2011. D. Le convenute sono insorte davanti al Tribunale federale con ricorso in materia civile del 17 febbraio 2011, chiedendo la riforma del giudizio cantonale con la reiezione integrale della petizione di E. Questi, con risposta del 27 maggio 2011, ha proposto che il ricorso sia respinto e che siano confermate le sentenze di primo e secondo grado. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso nella misura in cui è ammissibile. (riassunto) Erwägungen Dai considerandi: 5. Gli ultimi capitoli della sentenza cantonale trattano l'eccezione di litispendenza fondata sull'art. 21 della Convenzione di Lugano del 16 settembre 1988 concernente la competenza giurisdizionale e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (CL; RU 1991 2436) e riferita alle sentenze del 26 novembre 2004 e 11 gennaio 2005 della High Court of Justice of England and Wales. Davanti alle due istanze cantonali le convenute hanno sostenuto che la norma convenzionale è di ostacolo all'azione in Svizzera, sia che il processo inglese fosse terminato, sia, in via subordinata, ch'esso sia da considerarsi ancora pendente, perché sarebbero in corso delle appendici cautelari e le sentenze non sarebbero ancora state eseguite. La Camera d'appello, confermando anche su questo punto la sentenza del Pretore, ha osservato che il testo letterale dell' art. 21 CL , inserito nella sezione intitolata "Litispendenza e connessione", presuppone che due cause siano pendenti e che di conseguenza la norma non è più applicabile "in caso di cessata pendenza". Essa ha respinto anche la tesi ricorsuale subordinata, rilevando che le cause di merito inglesi sono indubbiamente terminate. BGE 138 III 174 S. 177 5.1 Nel ricorso in materia civile le ricorrenti abbandonano la tesi subordinata. Ribadiscono invece che i giudici svizzeri devono dichiararsi incompetenti in forza dell' art. 21 cpv. 2 CL , che pone solo due condizioni - l'identità delle parti e del titolo o dell'oggetto - e che avrebbe "effetto preclusivo" anche se nel momento in cui è invocato, il primo procedimento fosse già terminato. Le ricorrenti ritengono che la sentenza cantonale ignori la ratio dell' art. 21 CL , che si propone di evitare che nei paesi contraenti siano pronunciate sentenze contraddittorie, e non regga di fronte all'interpretazione autonoma, grammaticale, sistematica e teleologica. In sostanza sostengono che per l'applicazione dell' art. 21 CL - contrariamente all' art. 22 CL - la "litispendenza contemporanea non sia necessaria". L'opponente definisce temeraria questa argomentazione, che ignora la differenza tra litispendenza e res iudicata, ovvero tra processo di merito e procedura di riconoscimento. Egli ritiene che, una volta cresciuta in giudicato una prima decisione di merito, la questione della litispendenza cessi di porsi e la causa passi nella sfera della res iudicata, estranea al campo di applicazione dell' art. 21 CL . 5.2 Le norme sulla litispendenza e il riconoscimento mirano a impedire che negli Stati vincolati dalla Convenzione siano emanate decisioni contraddittorie. Esse attuano questo obiettivo in due momenti diversi. D'un canto l' art. 21 CL - come il vigente art. 27 della Convenzione di Lugano del 30 ottobre 2007 concernente la competenza giurisdizionale, il riconoscimento e l'esecuzione delle decisioni in materia civile e commerciale (CLug; RS 0.275.12) - dirime i conflitti che possono sorgere per il fatto che due cause identiche, per oggetto e parti, sono avviate in Stati diversi; lo fa adottando il criterio della priorità, imponendo cioè al giudice "successivamente adito" di sospendere il procedimento in attesa che il primo accerti la propria competenza. D'altro canto il riconoscimento degli art. 26 CL e 33 CLug rende efficace negli Stati vincolati dalla Convenzione la forza di cosa giudicata materiale di una decisione già pronunciata in uno di essi. I due campi d'intervento sono pertanto nettamente distinti. In un primo tempo l' art. 21 CL cerca di anticipare il conflitto, impedendo fin dall'inizio l'emanazione di decisioni contraddittorie. Esso presuppone per forza di cose che i due processi siano in corso, pendenti (FELIX DASSER, in Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [ed.], 2008, n. 20 ad art. 21 CL ; RAMON BGE 138 III 174 S. 178 MABILLARD, in Commento basilese, Lugano-Übereinkommen, 2011, n. 11 ad art. 27 CLug ; KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9 a ed. 2011, n. 1 a prima dell' art. 27 del Regolamento [CE]n. 44/2001; GEIMER/SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3 a ed. 2010, n. 1 ad art. 27 del Regolamento [CE] n. 44/2001 e introduzione n. 251). In seguito, una voltaconclusosi il primo processo, i conflitti tra decisioni contraddittorie sono risolti grazie all'istituto del riconoscimento, che ha come conseguenza principale d'impedire che in uno Stato contraente sia proposta un'azione vertente tra le medesime parti e avente il medesimo oggetto di una decisione già emanata e cresciuta in giudicato in un altro Stato vincolato dalla Convenzione, qualora quest'ultima decisione sia riconosciuta o suscettibile di esserlo (SCHNYDER/LIATOWITSCH, Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht, 3 a ed. 2011, n. 326 pag. 115; FRIDOLIN WALTHER, in Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [ed.], 2008, n. 8 seg. ad art. 26 CL ; ROLF SCHULER, in Commento basilese, Lugano-Übereinkommen, 2011, n. 10 ad art. 33 CLug ; KROPHOLLER/VON HEIN, op. cit., n. 12 a prima dell'art. 33 e n. 7 ad art. 32 del Regolamento [CE] n. 44/2001;GEIMER/SCHÜTZE, op. cit., n. 18 segg., in particolare n. 26 ad art. 33 del Regolamento [CE] n. 44/2001). A questo momento non vi è più litispendenza e l' art. 21 CL diviene inapplicabile. La censura ricorsuale concernente l'eccezione di litispendenza secondo l' art. 21 CL è quindi infondata. Fin qui la sentenza cantonale, sostenuta dall'opponente, è giusta. Occorre tuttavia completare il ragionamento. 6. Sulla base di quanto appena detto, l'azione dell'opponente si scontrerebbe contro l'effetto della res iudicata se avesse le medesime parti e il medesimo oggetto dei procedimenti inglesi terminati con le sentenze del 10 dicembre 1998 e 17 marzo 1999 e se queste sentenze fossero state o potessero essere riconosciute in Svizzera. 6.1 Il primo requisito è adempiuto. Nel riassumere l'argomentazione del Pretore a proposito dell' art. 21 CL la Corte ticinese ha osservato che l'identità delle parti e del titolo è pacifica. Non è chiaro se con tale osservazione, espressa solo con un breve inciso, essa abbia eseguito un accertamento autonomo o abbia semplicemente riferito della sentenza di primo grado. Poco importa, poiché le ricorrenti ribadiscono davanti al Tribunale federale che "l'adempimento dei presupposti dell'identità tra le parti e dell'esistenza di domande BGE 138 III 174 S. 179 derivanti dal medesimo titolo non è in discussione" e l'opponente risponde, riferendosi a quel punto del ricorso, che "la litis contestatio è definita correttamente". 6.2 S'è detto che l'exequatur è stato negato una prima volta con sentenza 25 febbraio 2004 della II Camera civile del Tribunale d'appello ticinese, cresciuta in giudicato dopo la reiezione del ricorso di diritto pubblico proposto dalle procedenti di allora. Per stabilire se un giudizio diverso sia ancora ipotizzabile occorre chiarire se la suddetta sentenza cantonale abbia o no acquisito forza di cosa giudicata materiale. Basandosi sulla dottrina quasi unanime e la giurisprudenza zurighese, il Pretore ha risolto affermativamente il quesito con il dispositivo n. 4, accertando che tutte le sentenze ticinesi - che si sono pronunciate in una procedura ad hoc sull'exequatur - "sono munite di forza di cosa giudicata materiale". Questo dispositivo del giudizio di primo grado non è stato impugnato davanti al Tribunale d'appello, il quale non se ne è conseguentemente occupato. Gli effetti del rifiuto dell'exequatur sotto il profilo della cosa giudicata sono però intrinseci alla natura della decisione che lo pronuncia; non possono dipendere da un accertamento giudiziario, sia esso contestato o no. 6.3 Nel diritto interno la giurisprudenza attribuisce forza di cosa giudicata materiale alle decisioni adottate nell'ambito di una procedura indipendente di riconoscimento di sentenze straniere; nega invece tale effetto alle decisioni di carattere pregiudiziale. La regola vale solo per i giudizi che si pronunciano nel merito della domanda; le decisioni processuali rimangono tutt'al più vincolanti limitatamente alla questione di ricevibilità che risolvono ( DTF 134 III 467 consid. 3.1 e 3.2; DTF 127 I 133 consid. 7a). Anche sotto il regime della Convenzione di Lugano la dottrina (si vedano, tra gli altri, ANDREAS BUCHER, in Commentaire Romand, Loi sur le droit international privé - Convention de Lugano, 2011, n. 5 ad art. 33 CLug ; ROLF SCHULER, op. cit., n. 19 seg. ad art. 33 CLug ; FRIDOLIN WALTHER, op. cit., n. 10 e 15 ad art. 26 CL ) non ha dubbi sull'effetto vincolante del riconoscimento pronunciato a titolo principale ( art. 26 cpv. 2 CL - art. 33 n. 2 CLug ), per opposizione a quello incidentale ( art. 26 cpv. 3 CL - art. 33 n. 3 CLug ). Questi autori non considerano, perlomeno non espressamente, le conseguenze del giudizio negativo. La questione è stata approfondita da PHILIPP GROZ (Die materielle Rechtskraft von Entscheiden betreffend BGE 138 III 174 S. 180 Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile auf Geldleistung, AJP 2006 pag. 683 segg.), il quale giunge alla conclusione che anche la decisione di rifiuto dell'exequatur, se è adottata a seguito di una procedura indipendente, ha forza di cosa giudicata materiale. La sua opinione è condivisa da IVO SCHWANDER (Aktuelle Fragen des Exequaturs und des Exequaturverfahrens, PCEF 2007 pag. 14 seg.) e da LORENZ DROESE (in Commento basilese, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, n. 31 ad art. 339 CPC ). 6.4 Il parere contrario di YVES DONZALLAZ, al quale ha alluso il Pretore, non è così categorico; esso cerca la risposta nella portata che il diritto cantonale attribuisce alle decisioni adottate in procedura sommaria (La Convention de Lugano, vol. II, 1997, n. 3442 seg. e 3450 seg.). Questo argomento è superato dall'entrata in vigore - il 1° gennaio 2011 - del Codice di diritto processuale civile svizzero (CPC). In precedenza erano effettivamente i Cantoni a stabilire la procedura. La giurisprudenza vuole tuttavia che, qualora essi sottopongano una pretesa di diritto federale esclusivamente alla procedura sommaria, la decisione che ne scaturisce acquisti forza di cosa giudicata per diritto federale ( DTF 137 III 255 consid. 4.1.2; DTF 120 II 352 consid. 2a; DTF 119 II 89 consid. 2c). La pretesa di riconoscimento di una sentenza straniera, o di conferimento dell'exequatur, attiene al diritto federale - il diritto convenzionale - e nel caso specifico l'opposizione all'exequatur è stata accolta definitivamente dal Tribunale d'appello ticinese il 25 febbraio 2004 secondo la procedura sommaria di camera di consiglio degli art. 361 segg. CPC/TI (sentenza 4P.82/2004 del 9 novembre 2004 consid. 5.3.2.1). Pertanto, in applicazione della giurisprudenza citata, la portata della decisione cantonale di rifiuto dell'exequatur sotto il profilo della res iudicata non dipende dal diritto cantonale. 6.5 Venendo a cadere i dubbi espressi da YVES DONZALLAZ, non sono ravvisabili altri motivi che possano giustificare di negare l'effetto materiale vincolante alle decisioni indipendenti di rifiuto dell'exequatur. Sarebbe del resto piuttosto anomalo - o non spiegabile sotto il profilo dogmatico, come osserva con pertinenza PHILIPP GROZ (op. cit., pag. 686) - attribuire forza di cosa giudicata alla decisione positiva e rifiutarla invece a quella negativa. Si potrebbe tutt'al più esitare di fronte a giudizi che non entrano nel merito a causa di vizi della domanda di carattere formale (v. ad BGE 138 III 174 S. 181 esempio sulla possibilità di ripresentare la domanda nel caso di documentazione incompleta DTF 127 III 186 consid. 4 e RtiD 2010 I pag. 844, 5A_241/2009 consid. 3.1). La questione non si pone tuttavia nel caso in esame, poiché già con la prima sentenza del 25 febbraio 2004 il Tribunale d'appello ha rifiutato l'exequatur alle decisioni inglesi per motivi di merito fondati sull' art. 27 n. 1 CL (sentenza 4P.82/2004 del 9 novembre 2004 consid. 2). 6.6 La sentenza cantonale del 25 febbraio 2004 ha pertanto acquisito forza di cosa giudicata materiale, con la conseguenza che il rifiuto dell'exequatur è vincolante e potrà essere opposto in Svizzera a domande future di riconoscimento delle sentenze 26 novembre 2004 e 11 gennaio 2005 della High Court of Justice of England and Wales. Il corollario di questa situazione è che i giudizi inglesi, che non sono stati riconosciuti e non sono più suscettibili di esserlo, non hanno e non potranno avere effetto di cosa giudicata materiale in Svizzera, ove un nuovo processo, come quello avviato dall'opponente, rimane quindi ammissibile. L'esito della causa potrebbe anche essere diverso ma, non essendo i giudizi inglesi eseguibili in Svizzera, non si tratterebbe di una contraddizione nel senso inteso dalla Convenzione di Lugano, la quale presuppone il riconoscimento delle sentenze estere.
null
nan
it
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e051d64a-9abc-47aa-abc4-66e9188f9d3d
Urteilskopf 100 Ib 190 30. Estratto della sentenza 3 luglio 1974 nella causa Canepa contro Azienda Elettrica Ticinese e altri
Regeste Enteignung 1. Nachprüfung der enteigneten Rechte. Abgesehen vom Fall eines vom Enteigneten gestellten Ausdehnungsbegehrens im Sinne von Art. 12 EntG , können die enteigneten Rechte, die von der Behörde, welche das Enteignungsrecht verliehen hat, bestimmt worden sind, nicht Gegenstand eines Entscheides der Schätzungsbehörde bilden (Erw. 1). 2. Anmeldung der Forderungen des Enteigneten. Bei der Anmeldung seiner Forderungen ist der Enteignete nicht zu einer rechtlichen Begründung verpflichtet; es genügt, dass er die Forderungen klar bezeichnet (Erw. 6). 3. Bestand und Betrieb einer Hochspannungsleitung auf einem benachbarten Grundstück; Entschädigungspflicht. Von Ausnahmefällen abgesehen müssen die Nachbarn unter dem Gesichtspunkt von Art. 684 ZGB Bestand und Betrieb einer Hochspannungsleitung auf einem benachbarten Grundstück entschädigungslos dulden, weil diese keine solchermassen entschädigungspflichtigen Immissionen hervorzurufen pflegt (Erw. 7). Fall, wo das Grundstück, auf dem sich die Hochspannungsleitung befindet, dem Eigentümer eines benachbarten Grundstückes gehört und wo die beiden Grundstücke wirtschaftlich und funktionell eine Einheit bilden: Verpflichtung des Enteigners zur Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung des benachbarten Grundstückes (Erw. 8).
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 100 Ib 190 S. 192 Riassunto dei fatti: In relazione con la costruzione di un elettrodotto, opera comune dell'Azienda Elettrica Ticinese, dell'Officina Elettrica Comunale di Lugano e delle Ferrovie Federali Svizzere, Alfonso Canepa riceveva l'avviso che tre particelle di sua proprietà, site ai "Monti di Sotto" in territorio di Mezzovico, sarebbero state gravate dalle seguenti restrizioni: particella n. 3528, della superficie di mq 400: divieto di costruzione su un'estensione di mq 300; particella n. 1018 di mq 4030: divieto di costruzione su una estensione di mq 1083; particella n. 1014, di mq 4540: divieto di costruzione su una estensione di mq 20. Canepa notificava il 17 febbraio 1971 alla Commissione federale di stima le seguenti pretese: per la particella n. 3528: l'espropriazione totale; per la particella n. 1018: un'indennità di Fr. 8.- per l'intera superficie del fondo; per la particella n. 1014: un'indennità di Fr. 8.- per la parte gravata dalla servitù, e un'indennità di Fr. 9040.-- per la svalutazione della parte residua. La Commissione federale di stima accordava un'indennità di Fr. 3.- al mq per le parti dei singoli fondi gravate dalla servitù, negando invece qualsiasi indennità per la svalutazione delle porzioni residue. Con ricorso di diritto amministrativo Canepa ha impugnato tale decisione. Il Tribunale federale ha accolto parzialmente il gravame. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Nell'impugnata decisione (consid. 5), la Commissione federale di stima solleva la questione della natura del diritto espropriato, e si chiede, implicitamente, se l'imposizione in via espropriativa della servitù di non costruire appaia adeguata per tutti i fondi sorvolati dall'elettrodotto, in considerazione della loro diversità. Questa domanda non si pone tuttavia più in questa fase del procedimento. BGE 100 Ib 190 S. 193 Come la giurisprudenza del Tribunale federale ha a più riprese rilevato, sotto riserva di una domanda di ampliamento formulata nel corso del procedimento ( art. 12 e 13 LEspr), natura, ambito e contenuto dei diritti espropriati non sono determinati dagli organi cui è affidata la stima, ma dall'autorità che è competente per conferire il diritto d'espropriazione (art. 3 LEspr, 50 LIE) (RU 91 I 157 consid. 2 ; 95 I 603 consid. 3). Ora, le esproprianti, oltre il diritto di condotta, hanno espressamente chiesto l'imposizione di una servitù di non costruire lungo tutto il tracciato dell'elettrodotto, e la loro richiesta, peraltro non osteggiata dagli interessati nella pregressa procedura d'opposizione, è stata accolta con la decisione 20 ottobre 1965 dal Segretariato federale del Diparti. mento federale dei trasporti, delle comunicazioni e dell'energia, cresciuta in giudicato e sulla quale non è più lecito tornare. Diverso sarebbe il caso soltanto se le esproprianti avessero ottenuto dall'autorità amministrativa un semplice diritto di condotta, e la domanda di ampliamento (art. 12 LEspr), nel senso di costituire e indennizzare immediatamente una servitù di non costruire, fosse stata presentata, nel termine per le notificazioni (art. 36, lett. b LEspr), dall'espropriato. In simile evenienza la Commissione federale di stima avrebbe dovuto esaminare, secondo i principi stabiliti dalla giurisprudenza (RU 98 Ib 437, consid. 3), se l'ampliamento dell'espropriazione entrasse in linea di conto. 4. Dei fondi 1014 e 1018 dell'espropriato, che formano un unico complesso (cfr. RU 95 I 306, consid. 6), il primo è costituito di un prato, che si inserisce come un terrazzo nella balza montana. Il secondo ne costituisce il prolungamento verso valle; il prato è assai più ripido, in parte cespugliato. L'elettrodotto attraversa e sovrasta, nella parte mediana, il fondo 1018; esso non tange invece che in minima parte, nell'angolo nord-est, la particella 1014. Per effetto della differenza di livello tra i fondi, i conduttori sono però molto visibili per l'osservatore che si trova sul pianoro del mappale 1014, davanti al quale vengono a trovarsi. Se l'elettrodotto si trovasse al di fuori della particella 1018, cioè corresse maggiormente a valle, esso non sarebbe praticamente visibile dal pianoro, o lo sarebbe molto meno. Nel referto del 3 ottobre 1973, l'esperto ha concluso che la presenza dell'elettrodotto svaluta la particella 1014, segnatamente BGE 100 Ib 190 S. 194 la casa di vacanza che ivi sorge, perchè ne compromette in modo evidente il pregio e l'attrattiva, in particolare la vista prima indisturbata sulla valle del Vedeggio. Egli stima questo minor valore nell'importo di fr. 6000.--. Tale valutazione, in sè, non è contestata dalle esproprianti. Non manifestamente inficiata da errore e scevra di lacune o contraddizioni, la perizia vincola il Tribunale federale (RU 87 I 90 ; 94 I 291 ). Che la prossimità di un elettrodotto possa comportare un minor valore per le particelle site sul suo tracciato, è un dato di esperienza. Come il Tribunale federale ha già avuto modo di rilevare nella recente sentenza EOS c/Cardinaux del 19 settembre 1973, tale svalutazione può intervenire anche se l'elettrodotto non limita le possibilità di costruire sul fondo; essa può essere notevolmente incisiva, allorquando il pregio del fondo dipende dalla sua situazione panoramica; anche le renitenze psicologiche di un eventuale compratore ad acquisire un terreno sito nelle immediate adiacenze di una linea ad alta tensione possono influire negativamente sul valore venale. Ammesso, sulla scorta della perizia, l'intervento di una svalutazione, dev'essere esaminato se essa costituisca pregiudizio indennizzabile in virtù delle norme della legge sull'espropriazione. 6. Contro l'indennizzabilità dell'intervenuto pregiudizio le esproprianti sollevano anzitutto un'obiezione formale. Esse sostengono che il pregiudizio fatto valere dall'espropriato cade nella categoria prevista dall'art. 19 lett. c LEspr, cioè che si tratta di un pregiudizio personale, di un'inconvenienza (HESS, Enteigungsrecht, ad art. 19 IV 2, 3), che, per non esser stata fatta valere nel termine per le notificazioni (art. 30 cpv. 1 e 2 LEspr), è perenta in applicazione dell'art. 41 cpv. 2 LEspr. L'obiezione è infondata tanto nelle premesse, quanto nelle conclusioni. Contrariamente all'opinione delle esproprianti, se la domanda dell'espropriato è basata sull'espropriazione dei diritti derivanti dai rapporti di vicinato, essa cade sotto la lettera a) dell'art. 19 LEspr. (RU 95 I 490, rubrum). Se la pretesa, invece, è fatta valere quale corrispettivo del minor valore della parte residua del fondo, essa cade sotto l'art. 19 lett. b LEspr. Comunque, e ciò è decisivo, la pretesa è stata tempestivamente fatta valere nella notificazione dell'l 1 febbraio 1971, nè l'espropriato era tenuto a fornire in quella sede la motivazione giuridica della sua richiesta. BGE 100 Ib 190 S. 195 7. a) In virtù degli art. 679 e 684 CC, il proprietario di un fondo può difendersi contro gli eccessi pregiudizievoli dell'uso del diritto di proprietà sul fondo vicino, segnatamente contro le immissioni dannose che non sono giustificate dalla situazione e destinazione dei fondi o dall'uso locale. In linea di principio, tale diritto di difesa sussiste anche quando il proprietario vicino è l'ente pubblico, sia ch'egli agisca quale proprietario o in virtù della sua sovranità (RU 93 I 300 consid. 2). Tuttavia, se le immissioni pregiudizievoli provengono dall'esercizio di un impianto di pubblica utilità, conforme alla sua destinazione, e non possono essere evitate, o lo possono soltanto con un onere sproporzionato, l'azione civile di cessazione della turbativa è sostituita dalla pretesa di un'indennità, fondata in caso d'espropriazione sull'art. 5 LEspr (RU 93 I 302 consid. 4 ; 94 I 297 consid. 6 e rif; 96 II 348 ss, consid. 6). Secondo la più recente giurisprudenza, spetta al giudice amministrativo - ad esclusione del giudice civile - di pronunciarsi tanto sulla questione di sapere se sussiste lesione dei diritti di vicinato, quanto sulla questione dell'indennità (RU 94 I 298 s., consid. 7). b) Secondo la giurisprudenza del Tribunale federale la semplice presenza di una costruzione su di un fondo non origina immissioni ai sensi dell'art. 684 CC: queste ultime sono invece suscettibili d'insorgere in conseguenza del modo di utilizzazione o di esercizio di un impianto (RU 88 II 264, 334; 91 II 341 consid. 3 ; 97 I 357 c). Ne viene che la semplice presenza di piloni e di conduttori di una linea ad alta tensione, costruita conformemente alle disposizioni legali, non ingenera, come tale, immissioni ai sensi dell'art. 684 CC. Per eventuali pregiudizi che la mera esistenza dell'impianto comportasse per le particelle vicine (quali, ad esempio, l'intralcio alla vista, o la compromissione della leggiadria del paesaggio) non può quindi fondarsi una pretesa di risarcimento per espropriazione dei diritti di vicinato. Quanto alle immissioni risultanti dall'esercizio della linea ad alta tensione, che cadono di per sè nell'ambito d'applicazione dell'art. 684 CC, esse sono di scarsa rilevanza; non vi è in particolare da temere che un simile impianto sia oggettivamente fonte di pericolo serio, e considerazioni soggettive, seppur non completamente irrilevanti in materia di immissioni BGE 100 Ib 190 S. 196 (MEIER-HAYOZ, Commento ad art. 684 CC, n. 76), devono essere valutate con estrema cautela. Se si tien conto del fatto che la costruzione di linee di trasporto dell'energia elettrica rientra nel novero del consueto, si deve concludere che, di massima, e fatta riserva di casi eccezionali, gli inconvenienti derivanti dalla vicinanza di un elettrodotto, nella limitata misura in cui cadono nell'ambito di applicazione dell'art. 684 CC, non possono essere considerati eccessivi ai sensi di quel disposto, e debbono pertanto essere tollerati senza indennizzo dai proprietari vicini. Nella misura in cui fosse fondato sull'espropriazione dei diritti garantiti dall'art. 684 CC, il ricorso di diritto amministrativo dovrebbe quindi essere respinto. 8. Ma il ricorrente fa valere che la svalutazione del fondo N. 1014 è la conseguenza dell'imposizione in via espropriativa dell'elettrodotto sulla part. N. 1018, che con il N. 1014 forma un solo complesso, e ch'essa costituisce pertanto un pregiudizio indennizzabile a'sensi dell'art. 19 lett. b. Questa tesi è fondata. Come il Tribunale federale ha già riconosciuto in RU 94 I 292 consid. 2, e implicitamente confermato in RU 98 Ib, 331 consid. l'deve distinguersi tra il caso, in cui l'espropriato possa invocare solo i diritti di difesa assicuratigli dall'art. 684 CC, ed il caso in cui, sia in virtù della conformazione o della estensione del suo fondo, sia in virtù di servitù attive che allo stesso competono, egli sarebbe stato in grado - se non fosse intervenuta l'espropriazione - di evitare il pregiudizio o di diminuirlo sensibilmente. Certo, affinchè l'interessato possa avvalersi di un simile argomento, non basta ch'egli sia astretto a cedere terreno, o a consentire l'imposizione di diritti reali limitati sul suo fondo, cosi come non basta che oggetto d'espropriazione siano servitù attive, di cui il fondo beneficia. Ancora occorre che tra l'espropriazione che il proprietario subisce e la svalutazione della parte residua del fondo sussista un nesso causale adeguato, nel senso che debba ritenersi che - in assenza d'espropriazione - il pregiudizio intervenuto non si sarebbe potuto verificare secondo l'ordinario andamento delle cose (RU 98 Ib 207 e rif.; HESS, o.c. ad art. 19, N. 27). Tale nesso causale sufficiente dovrebbe essere negato, se Canepa fosse proprietario della sola particella N. 1014, e pretendesse fondarsi sulla BGE 100 Ib 190 S. 197 marginale espropriazione che concerne direttamente questo fondo, limitata a una ventina di metri quadrati sull'angolo nord-est, per reclamare l'indennizzo per la svalutazione che la costruzione dell'elettrodotto causa alla particella. E'infatti evidente che una simile svalutazione interverrebbe anche se l'elettrodotto non toccasse l'angolo di detto fondo, ma corresse immediatamente oltre il confine. Ma tale nesso causale sufficiente dev'essere ammesso dal momento che l'elettrodotto occupa la parte centrale del N. 1018, che del primo fondo costituisce il prolungamento a valle. Le dimensioni di questa particella, e le sue condizioni altimetriche, ne facevano un elemento essenziale di protezione della vista che si gode dal pianoro del N. 1014, e si deve constatare che, se l'impianto sorgesse a valle della particella 1018, i pregiudizi da esso cagionati scomparirebbero, o quantomeno sarebbero ridotti in maniera essenziale. Si deve pertanto riconoscere che la pretesa di risarcimento del minor valore del fondo residuo è, in casu, giustificata.
public_law
nan
it
1,974
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e05a15bc-62dc-4ad0-8d6b-7290502f2650
Urteilskopf 86 I 330 47. Auszug aus dem Urteil vom 7. Dezember 1960 i.S. Wissmann gegen Klopfer und Obergericht des Kantons Zürich.
Regeste Tragweite der Gewährleistung des verfassungsmässigen Richters ( Art. 58 Abs. 1 BV ). Mit welchem Rechtsmittel ist die Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit geltend zu machen? Die Bezeichnung der Behörde, die im Streitfalle über den Vergütungs- und Auslagenersatzanspruch des Erbschaftsverwalters zu befinden hat, ist Sache der Kantone.
Sachverhalt ab Seite 330 BGE 86 I 330 S. 330 Aus dem Tatbestand: Der Einzelrichter in nichtstreitigen Rechtssachen des Bezirks Zürich ernannte gestützt auf Art. 554 ZGB Rechtsanwalt Dr. Wissmann zum Erbschaftsverwalter für den Nachlass des Emil Klopfer. Dr. Wissmann stellte den Erben für seine Bemühungen Rechnung. Einzelne Erben beanstandeten diese; sie ersuchten den Einzelrichter, die Ansprüche des Erbschaftsverwalters zu überprüfen und festzusetzen. Dr. Wissmann wandte ein, Streitigkeiten dieser Art seien nicht von der Aufsichtsbehörde, sondern vom ordentlichen Richter zu beurteilen. Der Einzelrichter hat in einem Vorentscheid seine Zuständigkeit bejaht. Das Obergericht hat einen dagegen erhobenen Rekurs abgewiesen. Dr. Wissmann führt gegen den Rekursentscheid BGE 86 I 330 S. 331 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger ( Art. 4 und 58 Abs. 1 BV ) im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a OG ; eventuell erhebt er überdies Beschwerde wegen Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften über die Abgrenzung der sachlichen (oder örtlichen) Zuständigkeit der Behörden im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. d OG . Erwägungen Aus den Erwägungen: Soweit die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde sich auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG stützt, wird damit eine Verletzung der Art. 4 und 58 Abs. 1 BV geltend gemacht. Mit dem Gebot, niemand seinem verfassungsmässigen Richter zu entziehen, gewährleistet Art. 58 Abs. 1 BV dem Bürger die Freiheit, nur vor dem Richter Recht zu zu nehmen, der nach den bestehenden Verfassungsbestimmungen, Gesetzen und Verordnungen allgemein für die Streitsachen zuständig ist, zu denen der konkrete Prozess gehört ( BGE 83 I 85 Erw. 3; FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 867). Ergibt sich die Zuständigkeit des Richters, vor dem der Bürger Recht zu nehmen hat, aus dem Bundesrecht, so kann ein (mittelbar auch Art. 58 Abs. 1 BV verletzender) Verstoss gegen die betreffende eidgenössische Vorschrift in Fragen des Zivilrechts mit der Berufung im Sinne von Art. 49 OG oder mit der zivilrechtlichen Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG gerügt werden. Die staatsrechtliche Beschwerde, die subsidiärer Natur ist ( Art. 84 Abs. 2 OG ), steht dafür nicht offen. Die Verletzung eidgenössischer Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit in Fragen des öffentlichen Rechts (ausserhalb des Strafrechts) ist grundsätzlich mit der staatsrechtlichen Beschwerde im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. d OG zu beanstanden (vgl. BGE 80 I 251 Erw. 2; BIRCHMEIER, Handbuch, S. 328 lit. b). Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. a BGE 86 I 330 S. 332 OG kann nur diejenige Missachtung des Art. 58 Abs. 1 BV geltend gemacht werden, die in der unrichtigen Auslegung und Anwendung kantonaler Zuständigkeitsvorschriften begründet ist. Der Beschwerdeführer wendet in erster Linie ein, das Verhältnis der Erben zum Erbschaftsverwalter und damit auch dessen Vergütungsanspruch seien zivilrechtlicher Natur; ob dieser Anspruch vom ordentlichen Richter oder von der mit der Aufsicht über die Erbschaftsverwaltung betrauten "Gerichtsadministrativbehörde" (im Kanton Zürich demnach vom Einzelrichter in nichtstreitigen Rechtssachen) zu beurteilen sei, sei aus den "Grundprinzipien des zivilrechtlichen Instituts der Erbschaftsverwaltung... zu gewinnen und abzuleiten", entscheide sich also nach Bundesrecht; nach diesem aber sei die Zuständigkeit des ordentlichen Richters gegeben. Der Beschwerdeführer weist mithin den Vergütungsanspruch eines Erbschaftsverwalters (der nicht als kantonaler Beamter tätig geworden ist) dem Privatrecht zu. Es ist deshalb unerfindlich, wieso er eventuell staatsrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 84 Abs. 1 lit. d OG erhebt, mit der nur die Verletzung eidgenössischer Zuständigkeitsvorschriften in Fragen des öffentlichen Rechts gerügt werden kann. Dass der angefochtene Entscheid gegen Zuständigkeitsvorschriften des Bundeszivilrechts verstosse, wie der Beschwerdeführer geltend macht, wäre gegebenenfalls mit der Berufung im Sinne von Art. 49 OG oder mit der zivilrechtlichen Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 Abs. 1 lit. b OG zu beanstanden gewesen. Die staatsrechtliche Beschwerde ist dafür nicht gegeben. Das enthebt das Bundesgericht nicht der Notwendigkeit, den betreffenden Einwand auf dieses Rechtsmittel hin vorfrageweise zu prüfen. In der vorliegenden Beschwerde wird nebenher ausgeführt, der angefochtene Entscheid verstosse auch gegen kantonale Zuständigkeitsregeln. Diese Behauptung ist nur dann von Belang, wenn der Bund auf dem in Frage stehenden Gebiet Raum für kantonale BGE 86 I 330 S. 333 Zuständigkeitsvorschriften gelassen hat, die das Obergericht verletzt haben könnte. Die staatsrechtliche Kammer hat hierüber die Meinung der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts eingeholt, die ihrerseits mit der I. Zivilabteilung Rücksprache genommen hat. In Übereinstimmung mit ihnen ist festzustellen, dass das ZGB die Beurteilung der Entschädigungsforderung des Erbschaftsverwalters weder ausdrücklich noch dem Sinne nach einer bestimmten Behörde zuweist. Es bleibt daher bei der Regel des Art. 54 Abs. 1 SchlT ZGB , wonach die Kantone anzuordnen haben, welche Behörde zuständig sein soll, wobei sie gemäss dem zweiten Absatz der angeführten Vorschrift auch eine Verwaltungsbehörde zuständig erklären können. Aus BGE 78 II 125 lässt sich nichts anderes folgern. Das Bundesgericht hat darin erkannt, dass der Streit über den Vergütungsanspruch des Willensvollstreckers eine Zivilrechtsstreitigkeit ist, das heisst ein Streit zwischen gleichartigen, gleichberechtigten und gleichwertigen Subjekten, der notwendigerweise Gegenstand eines kontradiktorischen Verfahrens bildet (BIRCHMEIER, a.a.O., S. 122 lit. a). Ein solches wird in der Regel vor dem ordentlichen Richter ausgetragen; eine andere Ordnung ist jedoch nach Art. 54 SchlT ZGB durchaus denkbar. So sind die Kantone frei, Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit Instanzen zu übertragen, die sich ordentlicherweise mit der freiwilligen Gerichtsbarkeit befassen, falls sie dafür sorgen, dass diese Behörden die Grundsätze des rechtlichen Gehörs wahren (GULDENER, Freiwillige Gerichtsbarkeit, S. 98 ff.). Weil es die Kantone in den Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit indes im allgemeinen bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bewenden lassen, konnte in BGE 78 II 125 davon ausgegangen werden, dass der Streit über die Vergütung des Willensvollstreckers als Zivilrechtsstreit "mangels einer abweichenden Sondervorschrift" vor dem Zivilrichter ausgetragen werde. Da den Kantonen die Befugnis zum Erlass derartiger Vorschriften nur auf Gebieten zukommt, BGE 86 I 330 S. 334 auf denen der Bund die Zuständigkeit nicht schon selbst geregelt hat, hat das Bundesgericht mit dem erwähnten Vorbehalt zu erkennen gegeben, dass es in diesem Zusammenhang an einer bundesrechtlichen Ordnung fehlt. Hat das ZGB aber Raum für kantonale Zuständigkeitsregeln gelassen, so ist es möglich, dass das Obergericht dagegen verstossen haben könnte. Die auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG gestützte staatsrechtliche Beschwerde erweist sich demnach insoweit, als sie eine Verletzung kantonaler Zuständigkeitsvorschriften rügt, nicht als gegenstandslos.
public_law
nan
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1,960
CH_BGE
CH_BGE_001
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Federation
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Urteilskopf 102 II 85 15. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 2 mars 1976 dans la cause Conrad Zschokke S.A. contre Baumgartner Papiers S.A. et consort.
Regeste Art. 41, 55 OR , unerlaubte Handlung. Bruch eines elektrischen Kabels, das einem Versorgungsbetrieb gehört. Haftung des Verursachers für den Schaden, der vorübergehend vom Stromunterbruch betroffenen Unternehmen zugefügt worden ist.
Sachverhalt ab Seite 85 BGE 102 II 85 S. 85 A.- Le 26 février 1973, un employé de Conrad Zschokke S.A. a provoqué la rupture d'un câble à haute tension en utilisant une pelleteuse lors de travaux de fouille à Crissier. Ce câble, propriété du Service intercommunal de l'électricité de Chavannes, Crissier, Ecublens et Renens (ci-après: SIE), alimente des stations dans lesquelles le courant fort est transformé en courant utilisable par les abonnés, dont font partie les sociétés Baumgartner Papiers S.A. et Zinguerie de Renens S.A. BGE 102 II 85 S. 86 La rupture du câble à haute tension a eu pour effet de priver ces deux entreprises d'énergie électrique durant quelques heures. Avant d'entreprendre les travaux, Conrad Zschokke S.A. n'avait pris aucun renseignement auprès du SIE sur le tracé des câbles électriques pouvant se situer dans le secteur de la fouille. B.- Baumgartner Papiers S.A. et Zinguerie de Renens S.A. ont ouvert action contre Conrad Zschokke S.A., la première en paiement de 23'100 fr. avec intérêt, la seconde en paiement de 6'526 fr. avec intérêt. A la suite de conventions de procédure, les deux causes ont été jointes devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, qui a décidé d'instruire et de juger séparément la question de la responsabilité de principe de la défenderesse. Par jugement du 3 novembre 1975, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a prononcé que la défenderesse répond en principe du dommage subi par les demanderesses. C.- Conrad Zschokke S.A. recourt en réforme au Tribunal fédéral en concluant à ce que le jugement déféré soit réformé en ce sens qu'elle "ne répond pas en principe du dommage subi par les demanderesses". Les intimées proposent le rejet du recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Examinant au regard de l'art. 55 CO si les conditions de la responsabilité de la défenderesse sont remplies, le Tribunal cantonal admet par hypothèse l'existence d'un dommage découlant de l'arrêt de la production dans les usines des demanderesses. Il tient en outre pour évident le rapport de causalité naturelle entre cet arrêt et la rupture du câble à haute tension. Enfin, il constate que la défenderesse n'a pas cherché à entreprendre la preuve libératoire réservée par l'art. 55 CO. Le jugement déféré n'est pas remis en cause sur ces trois points. 4. Le Tribunal cantonal estime que l'acte illicite, condition d'application de l'art. 55 CO, est établi. En effet, dit-il, "rompre un câble électrique alimentant un réseau de distribution viole des prescriptions de l'ordre juridique; les art. 145 (dommages à la propriété) et 239 CPS (entrave aux services BGE 102 II 85 S. 87 d'intérêt général) en particulier seraient applicables à un auteur agissant par dol". a) La défenderesse conteste l'existence d'un acte illicite au sens de l'art. 41 CO. Pour elle, l'art. 145 CP, qui implique une atteinte portée à la chose d'autrui, ne protège que le propriétaire de l'objet endommagé, détruit ou mis hors d'usage. Le câble rompu étant propriété du SIE, les demanderesses ne peuvent se prévaloir de la violation de cette disposition. Selon la jurisprudence, approuvée par la doctrine (LOGOZ, n. 3a ad art. 145 CP; SCHWANDER, 2e éd., n. 555 p. 343 s.), est lésé et a partant qualité pour porter plainte au sens des art. 145 al. 1 et 28 CP non seulement le propriétaire, mais aussi le locataire à qui un acte réprimé par l'art. 145 enlève l'usage de la chose; le droit personnel du locataire d'user de la chose, qui constitue un bien juridique, est en effet directement lésé par le délit, et son titulaire a dès lors qualité pour porter plainte (RO 74 IV 7). En l'espèce, les demanderesses n'ont cependant aucun droit, réel ou personnel, sur le câble rompu par l'employé de la défenderesse. Le SIE ne leur a pas cédé un droit d'usage sur ce câble. C'est lui qui s'en sert pour fournir l'énergie électrique et l'amener jusqu'à leurs installations. Les demanderesses ne peuvent donc pas fonder l'illicéité de l'acte incriminé sur l'art. 145 CP. b) La défenderesse conteste aussi que les demanderesses puissent invoquer l'art. 239 CP, leurs intérêts privés n'étant garantis selon elle que par les dispositions relatives aux infractions contre le patrimoine (art. 137 ss CP). Or l'art. 239 figure au titre neuvième, parmi les crimes ou délits contre les communications publiques; il a pour objet non pas de protéger les intérêts des particuliers, mais de préserver, dans l'intérêt général, le bon fonctionnement des services publics. Cette interprétation est erronée. L'art. 239 ch. 1 al. 2 et ch. 2 CP réprime les actes qui empêchent, troublent ou mettent en danger, intentionnellement ou par négligence, l'exploitation d'un établissement ou d'une installation servant à distribuer au public l'eau, la lumière, l'énergie ou la chaleur. Il a pour but de protéger, outre les intérêts de ces entreprises, ceux des abonnés, qui font précisément partie du public visé par la disposition légale (RO 101 Ib 256). Celui qui provoque la rupture d'une conduite d'eau, d'un câble électrique, d'une canalisation de gaz ou de chauffage à distance et interrompt BGE 102 II 85 S. 88 par là l'exploitation du service de distribution porte atteinte aux intérêts de l'entreprise chargée de ce service, mais aussi à ceux des abonnés que cette exploitation permet d'approvisionner en eau, électricité, gaz ou chaleur. Le droit personnel de l'abonné à cet approvisionnement, issu du contrat avec l'entreprise de distribution, est directement lésé par l'infraction que réprime l'art. 239 ch. 1 al. 2 et ch. 2 CP, de même que le droit personnel du locataire à l'usage de la chose louée est lésé par les actes visés à l'art. 145 CP (RO 74 IV 7). En l'espèce, le droit personnel des demanderesses d'être alimentées en énergie électrique a été lésé par l'interruption de l'exploitation du service de distribution. 5. Selon la jurisprudence, l'acte illicite ne consiste pas nécessairement dans une atteinte portée à un droit subjectif; l'art. 41 al. 1 CO oblige celui qui, par sa faute, transgresse une injonction juridique à réparer le dommage qu'il cause ainsi à autrui, même s'il ne peut être question d'un droit subjectif de la victime; il suffit que la prescription violée ait pour but de protéger le lésé dans les droits atteints par l'acte incriminé (RO 30 II 571, 41 II 685, 75 II 212 s. consid. 3, 90 II 279 consid. 4 et les arrêts cités, 94 I 642 s. consid. 5, RO 101 Ib 255 s., consid. 2c et d). Commet donc un acte illicite celui qui lèse un intérêt privé protégé implicitement par une norme pénale édictée dans un but d'intérêt général (DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, p. 73 ch. 2.1.2; DESCHENAUX, Norme et causalité en responsabilité civile, dans Stabilité et dynamisme du droit dans la jurisprudence du Tribunal fédéral suisse, p. 418-420). L'art. 239 ch. 1 al. 2 et ch. 2 CP tend aussi, on l'a vu, à protéger les intérêts des abonnés contre les atteintes que leur portent les actes tombant sous le coup de cette disposition. Celui qui empêche, trouble ou met en danger l'exploitation d'un établissement ou d'une installation servant à distribuer au public l'eau, la lumière, l'énergie ou la chaleur commet un acte illicite à l'égard des abonnés qui sont privés de leur approvisionnement à la suite de cet acte et subissent par là un dommage. La rupture du câble du SIE assurant la fourniture d'énergie électrique aux demanderesses constitue dès lors un acte illicite. 6. La défenderesse fait valoir que le dommage allégué n'a touché les demanderesses qu'indirectement, par réflexe, et BGE 102 II 85 S. 89 qu'il n'engage partant pas sa responsabilité. a) Pour réfuter ce point de vue, le Tribunal cantonal se réfère notamment à l'arrêt RO 97 II 221 ss, où la cour de céans a admis la responsabilité de l'entrepreneur qui avait endommagé lors de travaux de fouilles le câble électrique alimentant l'entreprise demanderesse, dont l'approvisionnement en électricité avait été interrompu pendant plusieurs heures. La recourante conteste avec raison la pertinence de cette référence, par rapport au problème du dommage direct ou indirect: il ne résulte pas de l'état de fait que le câble touché appartenait à Nordostschweizerische Kraftwerke AG, et non pas à la demanderesse, et le Tribunal fédéral examine uniquement si l'entrepreneur avait fourni la preuve des moyens libératoires prévus par l'art. 55 CO, si le comportement d'un tiers avait interrompu le lien de causalité et s'il y avait lieu à réduction des dommages-intérêts. b) On doit admettre que les demanderesses sont des lésées directes, considère le jugement déféré, parce que le débiteur de l'obligation de leur fournir du courant électrique a toujours été à même de s'exécuter, la réserve d'énergie nécessaire ne faisant pas défaut au SIE. La recourante critique à juste titre cette argumentation. Ce qui est déterminant, c'est qu'en dépit de la réserve d'énergie dont il disposait, le SIE a été empêché d'approvisionner les demanderesses en électricité, du fait de la rupture du câble provoquée par l'employé de la défenderesse. c) La défenderesse estime que les demanderesses ne sont qu'indirectement lésées, parce qu'elles n'ont simplement pas obtenu l'énergie électrique que devait leur fournir le SIE, lésé direct, qui n'a pu exécuter son obligation contractuelle en raison du dommage qu'il a lui-même subi. Cette argumentation ne vaudrait cependant que si l'on considérait que l'art. 239 ch. 1 al. 2 et ch. 2 CP n'a pas pour but, à côté d'autres fins, de protéger les intérêts privés des abonnés d'une entreprise de distribution au public d'énergie électrique. La question de savoir si les demanderesses sont lésées directement ou indirectement se recouvre ainsi avec celle de l'illicéité de l'acte incriminé. Or on a vu que contrairement à l'opinion de la recourante, l'art. 239 ch. 1 al. 2 et ch. 2 CP, qui est certes édicté dans un but d'intérêt général, vise en outre à protéger l'intérêt privé des abonnés à être approvisionnés en électricité. BGE 102 II 85 S. 90 La rupture du câble du SIE ayant atteint les demanderesses dans cet intérêt, elles sont les victimes directes d'un acte illicite et peuvent demander à la défenderesse réparation du dommage qu'elles ont subi. Cette conclusion s'impose, que l'on examine l'exigence du but de protection de l'injonction juridique transgressée sous l'angle du rapport de causalité adéquate ou de la relation d'illicéité (RO 101 Ib 256; cf. les arrêts RO 75 II 212 s. consid. 3 et 94 I 643, critiqués par MERZ, RJB 106/1970 p. 85 s. et par DESCHENAUX, op.cit. p. 413 ss). En tant qu'elles invoquent l'art. 239 ch. 1 al. 2 et ch. 2 CP, la situation des demanderesses diffère ainsi totalement de celle du créancier qui, sans pouvoir se prévaloir de la protection d'une norme pénale, n'obtient simplement pas l'exécution d'une obligation contractuelle à la suite d'un acte illicite dont son débiteur est victime. Seul le débiteur, directement lésé par cet acte, peut exiger réparation de son auteur, à l'exclusion du créancier victime d'un dommage consécutif à l'inexécution de la prestation qui lui était due (cf. RO 57 II 181, 63 II 21 consid. 5, 82 II 38 consid. 4a). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours et confirme le jugement rendu le 3 novembre 1975 par la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois.
public_law
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e05e0abc-4c35-4690-8a89-e8d4cd730235
Urteilskopf 122 I 120 21. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 28 juin 1996 dans la cause Osterwalder contre Syndicat des améliorations foncières du Mont-sur-Lausanne et Tribunal administratif du canton de Vaud (recours de droit public)
Regeste Art. 22ter BV ; mit der Abgrenzung der Bauzone verbundene Landumlegung; Verfassungsmässigkeit des im waadtländischen Recht vorgesehenen Realausgleichs ("péréquation réelle"). Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid (E. 2b). Ziele und Eigenheiten der Landumlegung zur Herstellung des Realausgleichs ("péréquation réelle"). Diese führt zwischen den Eigentümern einen Ausgleich von Vor- und Nachteilen herbei, die sich aus der Festsetzung des Nutzungsplans ergeben; sie bezweckt, das in Art. 5 Abs. 1 RPG vorgesehene Ziel zu erreichen (E. 3). Aufeinanderfolgende öffentliche Auflagen, deren Ergebnisse bei späteren Umlegungsmassnahmen grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden können, sind mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 4 BV vereinbar (E. 4c). Grundsatz des vollen Realersatzes. Die Fläche eines der Bauzone zugewiesenen Grundstücks kann bei der Neuzuteilung soweit verringert werden, als dessen Wert infolge der durch die Zuweisung zur Bauzone bewirkten Wertsteigerung erhalten bleibt. Die Abschöpfung eines erheblichen Teils des Mehrwerts, der durch Planungsmassnahmen geschaffen wird, ist mit Art. 22ter BV vereinbar (E. 5). Gleichbehandlung der Grundeigentümer (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 121 BGE 122 I 120 S. 121 Les époux Walter-Edwin et Nicole Osterwalder ont acquis en 1978 la parcelle no 1206 du registre foncier de la commune du Mont-sur-Lausanne, d'une surface de 3902 m2 sur laquelle se trouve une ancienne ferme. Les acquéreurs ont rénové le logement existant dans ce bâtiment et l'habitent actuellement. En vertu d'un plan de zones entré en vigueur en 1968, la parcelle était classée en zone sans affectation spéciale; elle est actuellement attribuée à la zone de villas, selon un plan d'affectation adopté le 30 septembre 1991, après enquête publique, par le Conseil communal du Mont-sur-Lausanne; ce plan n'a cependant pas encore été approuvé par l'autorité cantonale. BGE 122 I 120 S. 122 Par arrêté du 19 mars 1982, à la demande de la commune, le Conseil d'Etat du canton de Vaud a ordonné la création d'un syndicat d'améliorations foncières ayant pour but, outre la construction de chemins et de canalisations d'assainissement, le remaniement parcellaire "en corrélation avec l'adoption d'une zone agricole liée à une zone à bâtir". La parcelle no 1206 est comprise dans le périmètre général du remaniement. Un sous-périmètre d'étendue restreinte, "exclu de la péréquation réelle", a été délimité; la parcelle en question n'en fait pas partie. Les époux Osterwalder ne sont pas intervenus dans les enquêtes publiques qui ont eu lieu en 1983 et 1987, concernant ces périmètres ainsi que les taxes-types de l'ancien état. Celles-ci attribuent à la parcelle no 1206 une valeur de 15 fr./m2, compte tenu d'une valeur agricole de 8 fr.20/m2 et d'une valeur de "convenance à bâtir" de 6 fr.80/m2; cette évaluation-ci correspond aux possibilités de construction dont les terrains sans affectation disposaient avant 1972. Le rapport de la Commission de classification, également soumis aux enquêtes précitées, indiquait cependant: "Les terrains situés aux abords immédiats des fermes et des habitations foraines [...] ne sont pas inclus dans le périmètre soumis à péréquation. Ils restent attachés aux bâtiments et sont estimés pro forma à 20 fr./m2, tant à l'ancien qu'au nouvel état." Du 9 au 20 novembre 1992, le syndicat a soumis à l'enquête publique, outre l'avant-projet des travaux collectifs et les taxes-types des valeurs passagères, un sous-périmètre des terrains à bâtir ainsi que les taxes-types de ces terrains au nouvel état. La parcelle no 1206, en zone de villas selon le nouveau plan d'affectation, est ainsi taxée 300 fr./m2 en tant qu'elle est soumise à la péréquation. Il en résulte que lors de la confection du nouvel état, les propriétaires de cette parcelle devront en céder une partie ou compenser la différence de taxe par le versement d'une soulte. Les époux Osterwalder ont adressé une réclamation au syndicat, que la Commission de classification a écartée par décision du 26 mars 1993. Cette décision précise qu'"une surface de 2'500 m2 [est] neutralisée sur chaque parcelle construite; [...] cette surface attenante à l'habitation est exclue de la péréquation et attribuée, sans changement de valeur, à son propriétaire au nouvel état". Les opposants déboutés ont recouru au Tribunal administratif du canton de Vaud. Cette juridiction a instruit la cause de façon approfondie, en particulier pour comparer la situation de la parcelle no 1206 avec celle des autres fonds bâtis situés dans le voisinage. Elle a constaté que les BGE 122 I 120 S. 123 recourants seront probablement contraints de céder 1'216 m2, soit environ 31% de la surface totale de leur parcelle, ou de verser une soulte de 364'800 fr. Dans son arrêt du 30 octobre 1995, le Tribunal administratif a rejeté les conclusions des recourants tendant à ce que leur bien-fonds fût entièrement exclu de la péréquation, mais il a annulé l'enquête concernant les taxes-types au nouvel état, y compris la taxe de 300 fr./m2 concernant la parcelle no 1206. Il considère que ces taxes anticipent de façon inadmissible l'estimation des terres à effectuer lors de la délimitation des nouvelles parcelles. Par ailleurs, la juridiction cantonale estime que la surface attenante au bâtiment, non soumise à la péréquation, n'est pas définitivement fixée et devra être évaluée en tenant dûment compte de la surface au sol et du volume de l'édifice, la surface forfaitaire de 2'500 m2 n'étant pas adaptée aux particularités du cas. Agissant par la voie du recours de droit public pour violation des art. 4 et 22ter Cst. , les époux Osterwalder ont requis le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du Tribunal administratif en tant que, selon ce prononcé, leur immeuble demeure dans le périmètre soumis à la péréquation, et de renvoyer la cause à cette juridiction pour qu'elle statue à nouveau conformément aux considérants de l'arrêt. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours, dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) Sous réserve d'exceptions non réalisées en l'espèce, le recours de droit public ne peut tendre qu'à l'annulation de la décision attaquée; toute autre conclusion est irrecevable ( ATF 119 Ia 30 consid. 1, ATF 118 Ia 69 consid. e, ATF 117 Ia 345 consid. d). b) En vertu de l' art. 87 OJ , le recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst. n'est recevable que contre une décision finale; il n'est recevable contre une décision incidente que lorsque celle-ci cause à l'intéressé un préjudice irréparable. Cette disposition n'est cependant pas applicable aux recours dénonçant, outre une violation de l' art. 4 Cst. , la violation d'autres droits constitutionnels, à condition que ceux-ci aient une portée indépendante, compte tenu du pouvoir d'examen du Tribunal fédéral ( ATF 116 Ia 181 consid. 3), et que les griefs qui en sont tirés ne soient pas manifestement irrecevables ou mal fondés ( ATF 117 Ia 247 consid. 2, ATF 116 Ia 181 consid. 3, ATF 115 Ia 311 consid. 2b). Il incombe au Tribunal fédéral d'examiner librement si la "péréquation réelle" instituée par le droit cantonal est compatible avec le principe dit BGE 122 I 120 S. 124 de la compensation réelle consacré en matière de remaniement parcellaire par l' art. 22ter Cst. ( ATF 119 Ia 21 consid. 1a). Le recours de droit public est donc recevable au regard de l' art. 87 OJ , alors même qu'il est dirigé contre une décision incidente qui, par elle-même, n'entraîne aucun préjudice irréparable en sus de celui qui a déjà été causé aux recourants par l'incorporation de leur immeuble dans le périmètre général du remaniement (ATF ATF 110 Ia 134 ). 3. La péréquation réelle est prévue par les art. 51 al. 3 et 53 al. 2 de la loi vaudoise du 4 décembre 1985 sur l'aménagement du territoire et les constructions (LATC). Il s'agit essentiellement d'une redistribution des terres liée à la délimitation ou à l'extension de la zone à bâtir, destinée à réaliser l'égalité de traitement des propriétaires; elle a notamment pour but de permettre à chacun d'eux d'obtenir une parcelle constructible même si, à l'origine, il ne possède que du terrain agricole (MATILE/BONNARD/BOVAY, Droit vaudois de la construction, 2e éd., ch. 3.1 ad art. 53 LATC). Selon les dispositions précitées, les communes ont la faculté de prévoir la péréquation réelle dans un périmètre déterminé, lors de l'établissement du plan d'affectation; celle-ci doit alors être exécutée préalablement à l'approbation cantonale et à l'entrée en vigueur de ce plan; elle peut notamment être réalisée au moyen d'un remaniement parcellaire. Dans ce cas, les art. 98b à 98d de la loi vaudoise du 29 novembre 1961 sur les améliorations foncières (LAF) sont applicables. Les terres à l'ancien état sont estimées selon valeur avant l'établissement du plan d'affectation, en tenant compte notamment de leur rendement agricole, de leur équipement éventuel et des possibilités objectives de bâtir dans un proche avenir; pour la confection du nouvel état, elles sont estimées à nouveau, à leur valeur d'après le statut qui leur est conféré par le plan (art. 98c et 86 LAF). Chaque propriétaire reçoit des parcelles en zone à bâtir et en zone agricole en proportion de la valeur de l'ancien état de propriété; les différences sont compensées par une soulte en argent dans la mesure où cette proportion ne peut pas être respectée (art. 98d et 87 al. 1 LAF). La double estimation des terres est un élément fondamental de la péréquation réelle: elle a pour effet que la plus-value des surfaces classées en zone à bâtir ne profite pas seulement aux propriétaires de ces surfaces à l'ancien état, mais qu'elle est au contraire répartie entre tous les propriétaires du périmètre, quel que soit l'emplacement de leurs parcelles à l'intérieur de celui-ci (JACQUES DUBOIS, Le remaniement parcellaire de terrains à bâtir en droit vaudois, thèse, Lausanne 1982, p. BGE 122 I 120 S. 125 77 ch. 3.1). Le remaniement à péréquation réelle du droit vaudois se distingue ainsi du remaniement commutatif classique ("Entflechtungsumlegung") qui permet simplement, sur la base d'une estimation unique à la valeur de l'affectation nouvelle du sol, l'échange de prétentions entre la zone agricole et la zone à bâtir (HERMANN BIGLER, Landumlegung - Eine Massnahme zur Durchführung der Raumplanung, thèse, Zurich 1976, p. 106 ch. 5.4331 et p. 115 ch. 5.563). Le remaniement à péréquation réelle aboutit à une compensation, entre les propriétaires, des avantages et des inconvénients résultant de l'établissement du plan d'affectation. Il constitue dès lors un exemple des institutions que les cantons peuvent adopter afin de réaliser le mandat à eux confié par l'art. 5 al. 1 de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (LAT; RS 700), alors même que le législateur fédéral envisageait surtout des mesures fiscales de prélèvement et, éventuellement, de redistribution de la plus-value créée par des mesures d'aménagement (HEINZ AEMISEGGER, Leitfaden zum Raumplanungsgesetz, Berne 1980, p. 36; DFJP/OFAT, Etude relative à la loi fédérale sur l'aménagement du territoire, ch. 14 et ss ad art. 5 LAT ; SCHÜRMANN/HÄNNI, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 3e éd., p. 187 et ss). 4. Les recourants tiennent la procédure du remaniement pour viciée parce que le sous-périmètre des terrains à bâtir n'a pas été soumis à l'enquête publique en même temps que le périmètre général du remaniement et le sous-périmètre des terrains exclus de la péréquation réelle. A leur avis, cette irrégularité doit être réparée, en ce qui les concerne, en exonérant entièrement la parcelle no 1206 de la péréquation réelle. a) La délimitation des terrains respectivement affectés à la construction ou à l'agriculture est une mesure d'aménagement du territoire qui échappe à la compétence d'un syndicat d'améliorations foncières; elle doit au contraire être accomplie selon la procédure d'adoption des plans d'affectation, dans le respect des buts et des principes de la planification. C'est pourquoi, aux termes de l'art. 98b al. 1 LAF révisé en 1986, le périmètre de péréquation et les sous-périmètres agricoles et à bâtir ressortissent à la compétence communale, selon la procédure du plan d'affectation. Celle-ci comporte obligatoirement une enquête publique (art. 57 LATC). En l'occurrence, le sous-périmètre des terrains à bâtir est donc imposé par le plan d'affectation communal adopté le 30 septembre 1991; le document que le syndicat a soumis à l'enquête publique du 9 au 20 novembre 1992 BGE 122 I 120 S. 126 correspond d'ailleurs à ce plan. On ne comprend guère le sens et le but de cette enquête-ci, qui paraît certes exigée par l'art. 98c LAF, dès lors que les propriétaires ont déjà été entendus lors de l'élaboration du plan d'affectation et que le syndicat n'est de toute manière pas habilité à modifier la délimitation des zones. b) L'attribution de la parcelle no 1206 à la zone de villas n'est en fait aucunement contestée par les recourants; ils prétendent simplement n'avoir pas pu se déterminer utilement sur l'assujettissement de leur immeuble à la péréquation réelle, et demandent qu'il en soit exclu. Or, les époux Osterwalder auraient pu soulever cette objection dans les enquêtes concernant le périmètre général du remaniement et le sous-périmètre "exclu de la péréquation réelle", et requérir qu'on leur soumît simultanément le sous-périmètre des terrains à bâtir. Le résultat de ces enquêtes est maintenant opposable aux recourants, car ils ont omis de dénoncer un vice de procédure qui était, le cas échéant, à l'époque déjà reconnaissable, et dont ils se plaignent tardivement. Le Tribunal administratif aurait donc pu sans arbitraire refuser d'entrer en matière sur l'argumentation qui lui était présentée. Au demeurant, les critiques dirigées contre la délimitation séparée du sous-périmètre des terrains à bâtir ne sont pas fondées. Les recourants n'ont indiqué ni en procédure cantonale, ni à l'appui du recours de droit public pour quels motifs ils auraient demandé, si les périmètres et sous-périmètres avaient fait l'objet d'une enquête unique, que l'on n'appliquât pas la péréquation réelle dans le secteur de la parcelle no 1206, compte tenu de son attribution à la zone à bâtir. Ils ne démontrent donc pas que la procédure suivie les ait empêchés de présenter à temps des arguments utiles à leur cause. Sachant que leurs immeubles seraient soumis à la péréquation, les propriétaires dudit secteur ont d'ailleurs pu se déterminer de façon appropriée dans la procédure du plan d'affectation; par exemple, celui de la parcelle no 1150 a demandé - et obtenu - que le dégagement du bâtiment existant sur cette parcelle fût classé en zone de verdure, non constructible, donc dépourvue de plus-value. Les recourants se réfèrent par ailleurs en vain à l'art. 98c LAF, précisant que "les enquêtes publiques portent sur le périmètre et les sous-périmètres du syndicat", car ce libellé n'exclut nullement des enquêtes séparées. c) Les recourants se plaignent aussi en vain, d'une façon générale, de n'avoir pas pu "apprécier globalement leur situation". Les effets concrets BGE 122 I 120 S. 127 de la péréquation réelle, pour un immeuble en particulier, dépendent de la double estimation des terres et ne peuvent dès lors être déterminés qu'après l'adoption du plan d'affectation, en vue de la préparation du nouvel état (cf. ALFRED KUTTLER, Parzellanordnungsmassnahmen im Dienste der Raumplanung, Mélanges André Grisel, p. 530 let. ca). Une enquête unique qui porterait à la fois sur toutes les opérations de la planification et du remaniement parcellaire offrirait certes une protection juridique parfaite aux propriétaires, comparée aux enquêtes successives dont les résultats ne peuvent en principe plus être mis en cause par la suite (CLAUDE ROUILLER, Quelques problèmes des voies de recours en matière d'améliorations foncières, RVJ 12/1978 p. 400/401; FULVIO ANTOGNINI, Le respect de la garantie de la propriété dans les remaniements parcellaires, ZBl 72/1971 p. 7/8). Cette enquête unique n'est cependant pas prévue par le droit cantonal et, compte tenu des difficultés qu'elle entraînerait dans l'exécution du remaniement, elle ne saurait non plus être considérée comme une modalité exigible directement sur la base de l' art. 4 Cst. Les recourants ne peuvent dès lors pas non plus exiger une coordination des diverses enquêtes, sur le modèle de celle qui est imposée par le droit public fédéral lorsqu'un projet de construction ou d'installation doit être étudié au regard de plusieurs réglementations appartenant à ce droit (cf. ATF 116 Ib 50 consid. 4; voir aussi ATF 120 Ib 400 consid. 5, ATF 119 Ib 179 consid. 2d). La procédure suivie ne comporte ainsi aucune atteinte au droit d'être entendu garanti par l' art. 4 Cst. 5. Selon le principe de la compensation réelle garantie par l' art. 22ter Cst. , les propriétaires des surfaces agricoles incorporées dans le remaniement parcellaire ont le droit d'exiger, au nouvel état, l'attribution de terres équivalentes en quantité et en qualité, pour autant que le but du remaniement et les nécessités techniques le permettent ( ATF 119 Ia 21 consid. 1a). Sous la même condition, les propriétaires qui ont cédé du terrain destiné à la construction doivent recevoir des immeubles de même valeur; l'attribution d'une surface inférieure à celle de l'ancien état satisfait donc à la compensation réelle si la valeur se trouve néanmoins conservée par l'effet d'une plus-value. Celle-ci peut résulter du remaniement ou de mesures d'aménagement du territoire telle que, par exemple, une augmentation de l'indice d'utilisation ( ATF 116 Ia 41 consid. 5a, ATF 100 Ia 223 consid. 3a). En l'espèce, les recourants recevront du terrain en zone de villas en contrepartie d'une surface sans affectation taxée 15 fr./m2. La valeur du BGE 122 I 120 S. 128 terrain à bâtir étant considérablement supérieure, une diminution notable de la surface, au nouvel état, ne saurait apparaître d'emblée comme contraire à la garantie constitutionnelle de la propriété. Il importe peu que les recourants conservent en fait le même bien-fonds, puisque le remaniement a notamment pour but d'intégrer et de compenser les effets de l'établissement du plan d'affectation. Certes, dans une mesure qui n'est pas encore fixée, les recourants seront privés de la plus-value dont ils auraient peut-être profité, sans le remaniement parcellaire, sur toute l'étendue de la parcelle no 1206. Le prélèvement d'une part même importante de la plus-value résultant de mesures d'aménagement est toutefois compatible avec l' art. 22ter Cst. , ainsi que cela a été jugé déjà avant l'entrée en vigueur de l' art. 5 al. 1 LAT ( ATF 105 Ia 134 consid. 3b). Actuellement, la compensation des avantages et des inconvénients créés par les mesures d'aménagement est prévue par cette disposition légale fédérale. Pour le surplus, les recourants se plaignent manifestement à tort d'un prélèvement de la plus-value dépourvu de base légale en droit cantonal. Le principe et les modalités essentielles du remaniement à péréquation réelle sont en effet définis sans équivoque par la loi, cela même si le système de cette réglementation, avec ses renvois aux règles du remaniement de terrains à bâtir, n'est pas pleinement satisfaisant. 6. En tant que le recours de droit public ne met pas en cause la constitutionnalité de la législation cantonale sur le remaniement parcellaire, le Tribunal fédéral n'annule la décision attaquée que si elle s'avère arbitraire, c'est-à-dire si elle viole de manière grossière une prescription légale ou un principe élémentaire du remaniement ( ATF 119 Ia 21 consid. 1, ATF 105 Ia 324 consid. 2b et c). En l'espèce, les recourants se plaignent d'une inégalité de traitement par rapport aux propriétaires voisins, en ce qui concerne l'application de la péréquation réelle. Les parcelles avec villas no 1179, 1182 et 1228 se trouvent hors du périmètre général du remaniement et sont donc formellement soustraites à la péréquation réelle. Les recourants contestent tardivement cette configuration du périmètre, qui a fait l'objet d'une enquête antérieure. En outre, selon les constatations du Tribunal administratif, le plan d'affectation ne crée aucun nouveau droit de bâtir sur ces biens-fonds, compte tenu de la réglementation adoptée et des bâtiments déjà construits; il n'en résulte donc aucune plus-value susceptible d'être prélevée et répartie. Les recourants ne mettent pas ceci en doute et ne prétendent pas BGE 122 I 120 S. 129 non plus que la situation de leur propre parcelle soit identique. La parcelle no 1226 est classée en zone d'utilité publique; une partie de la parcelle no 1150 est attribuée à la zone de verdure. Faute de plus-value, ces surfaces ne seront vraisemblablement pas réduites au titre de la péréquation réelle. S'ils estimaient que cette affectation du sol conférera ainsi un avantage inéquitable aux propriétaires concernés, les recourants devaient agir en temps voulu contre le plan d'affectation. Les autres parcelles du voisinage sont dépourvues de toute construction; à la différence de celles des époux Osterwalder, elles seront donc intégralement soumises à la péréquation. Les recourants ne parviennent ainsi à démontrer aucune différence de traitement qui ne soit pas justifiée par des situations de fait ou de droit objectivement différentes. Il apparaît que l'arrêt attaqué ne compromet nullement l'établissement d'un projet de nouvel état respectueux des droits constitutionnels des recourants. Conformément au jugement du Tribunal administratif, une surface adéquate devra être considérée comme attenante à l'ancienne ferme, et donc soustraite à la péréquation, notamment pour que la réduction de la parcelle n'entraîne aucune dépréciation de ce bâtiment. Les recourants auront l'occasion de contester, au besoin, cette imputation et l'estimation du terrain; on observe à cet égard que l'enquête publique portant sur des taxes-types au nouvel état, que le syndicat a entreprise en sus des exigences légales, était un moyen adéquat de préparer la suite des opérations (cf. ROUILLER, eod. loc.).
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Urteilskopf 108 Ib 261 49. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Juli 1982 i.S. Radio 24 Radiowerbung Zürich AG gegen Generaldirektion PTT (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 16 Abs. 2 der Verordnung (1) zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz (V (1) zum TVG). Eine Musikleitungskonzession gemäss Art. 26 lit. e der V (1) zum TVG kann verweigert werden, wenn die Musikleitung zu einer festen Einrichtung eines ausländischen UKW-Radiosenders werden sollte, der seinerseits gegen Bestimmungen des Internationalen Fernmeldevertrages und insbesondere des darauf beruhenden Internationalen Radioreglementes verstösst und somit zu einem vermutlich unerlaubten und dem schweizerischen Landesinteresse abträglichen Zweck benützt wird.
Sachverhalt ab Seite 262 BGE 108 Ib 261 S. 262 Die Radio 24 Radiowerbung Zürich AG (nachfolgend Radio 24 AG) betreibt seit November 1979 einen eigenen UKW-Radiosender (Radio 24). Die Sendeantenne befindet sich auf dem Pizzo Groppera im italienischen Valle San Giacomo, sechs Kilometer von der Schweizer Grenze entfernt. Die Sendeanlagen sowie das Programm sind auf die Schweiz ausgerichtet. Im direkten Empfangsbereich von Radio 24 liegt im wesentlichen der Raum Zürich. Die Radio 24 AG unterhält ein Studio in Zürich sowie ein Sendestudio in Cernobbio (Italien). Am 5. Februar 1981 ersuchte die Radio 24 AG die Kreistelefondirektion Zürich um Überlassung einer Musikleitung von Zürich nach Cernobbio. Die Sektion IV der Rechtsabteilung der Generaldirektion PTT lehnte am 24. Februar 1981 dieses Gesuch ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dem grundsätzlichen Anspruch auf eine Konzession stehe im vorliegenden Falle Art. 16 Abs. 2 der V (1) zum TVG (SR 784.101) entgegen. Danach könne bei allen Konzessionsarten die Konzession verweigert werden, wenn die Vermutung bestehe, die Konzession oder die konzessionspflichtige Anlage werde zu einem unerlaubten, einem gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstossenden oder einem wichtigen Interesse des Landes, der PTT-Betriebe, des Radios oder des Fernsehens abträglichen Zweck benützt. Die Radio 24 AG verstosse gegen die Interessen des Radios und letztlich gegen wichtige Interessen des Landes, soweit wenigstens die in Ausarbeitung stehende Gesamtmedienkonzeption irgendwie beeinflusst werde, da ihre Sendungen gezielt zum Empfang in der Schweiz ausgestrahlt würden. Die Sendetätigkeit der Radio 24 AG verstosse zudem sowohl gegen die Kabelrundfunk-Verordnung vom 6. Juli 1977 (KRV; SR 784.401) als auch gegen das Internationale Radioreglement. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies die Generaldirektion PTT (GD PTT) mit Entscheid vom 29. Juli 1981 ab. Die Radio 24 AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, der Entscheid der GD PTT sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass sie Anspruch auf die nachgesuchte Musikleitung habe. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 3. Die Vorinstanz lehnte das Gesuch der Beschwerdeführerin einmal deshalb ab, weil der von ihr 6 km südlich der Schweizer BGE 108 Ib 261 S. 263 Grenze betriebene und auf die Region Zürich ausgerichtete UKW-Sender die KRV umgehe. Insbesondere sei die drahtlose Verbreitung eigener Radioprogramme, die zudem mit Werbung finanziert würden, in der Schweiz nicht zugelassen. In der Zwischenzeit ist die KRV am 30. Juni 1982 ausser Kraft getreten. Die an ihre Stelle getretene Verordnung über lokale Rundfunk-Versuche (RVO) vom 7. Juni 1982 kennt ein generelles Verbot der radioelektrischen (drahtlosen) Verbreitung eigener lokaler Radio- und Fernsehprogramme nicht mehr und lässt die Finanzierung durch Radiowerbung unter bestimmten Voraussetzungen zu. Somit kann die Begründung der Vorinstanz in dieser Form nicht mehr länger aufrechterhalten werden. Ob allenfalls Radio 24 auf andere Weise die RVO umgehe, kann offengelassen werden. Ebenfalls erübrigt es sich, zur Frage der Verfassungsmässigkeit der Programmkompetenz des Bundes Stellung zu nehmen (vgl. aber Urteil des Bundesgerichts vom 17. Oktober 1980 in ZBl 83/1982 S. 219 ff.), da die Beschwerde aus einem andern Grunde abgewiesen werden muss. 4. Die Vorinstanz stützte ihren Entscheid zudem auf den Internationalen Fernmeldevertrag vom 25. Oktober 1973 (AS 1976, 992 ff.) und auf das dazugehörende Internationale Radioreglement vom 21. Dezember 1959 (Vollzugsordnungen zum Internationalen Fernmeldevertrag; AS 1980, 900). Gemäss Art. 35 des sowohl von der Schweiz als auch von Italien unterzeichneten Internationalen Fernmeldevertrages sind alle Funkstellen, unabhängig von ihrem Verwendungszweck, so einzurichten und zu betreiben, dass sie bei den übrigen Vertragsunterzeichnern keine schädlichen Störungen bei den Funkdiensten verursachen. Art. 7 Ziff. 423 des Internationalen Radioreglementes lautet: "Die Leistung der Rundfunksendestellen, die Frequenzen unterhalb 5060 kHz oder oberhalb 41 MHz benutzen, darf (ausser im Frequenzbereich 3900-4000 kHz) grundsätzlich den Wert nicht überschreiten, der zur wirtschaftlichen Wahrnehmung eines nationalen Funkdienstes guter Qualität innerhalb der Grenzen des betreffenden Landes erforderlich ist." a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Internationale Fernmeldevertrag, auf welchem das Internationale Radioreglement beruhe, sei ein Staatsvertrag, dessen Bestimmungen mit ganz wenigen Ausnahmen keine Bedeutung für die rechtsunterworfenen Bürger hätten, weil sie sich nicht an diese richten würden. Sodann sei das Internationale Radioreglement in der Schweiz, BGE 108 Ib 261 S. 264 mit Ausnahme von zwei Ziffern, bisher nicht in rechtsgenügender Weise publiziert worden. aa) Nach Art. 4 lit. e des Bundesgesetzes vom 12. März 1948 über die Rechtskraft der Bereinigten Sammlung (Rechtskraftgesetz; SR 170.513.1) sind Staatsverträge in die Amtliche Sammlung aufzunehmen. In diesem Sinne wurde der Internationale Fernmeldevertrag mit vollem Wortlaut publiziert (AS 1976, 992 ff.). Mit dem Bundesgesetz über die politischen Rechte vom 17. Dezember 1976 (SR 161.1) wurde Art. 67 Abs. 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 171.11) geändert. Demnach sind Staatsverträge im Bundesblatt oder auf andere genügende Weise zu veröffentlichen. In seiner Botschaft zu einem Bundesgesetz über die politischen Rechte führte der Bundesrat aus: "Es hat sich in den letzten Jahren mehr und mehr gezeigt, dass die Veröffentlichung umfangreicher Staatsverträge die Sammlung eidgenössischer Gesetze unverhältnismässig stark belastet und unübersichtlich gestaltet. Wir sehen deshalb vor, dass die überwiegend technischen Daten solcher Staatsverträge - mit entsprechendem Vermerk in der AS - ausnahmsweise auch anderweitig veröffentlicht werden" (BBl 1975 I 1359). In der AS wurde das Internationale Radioreglement nur mit dem Titel publiziert. Es folgte aber der Hinweis, dass es bei der GD PTT, Bibliothek und Dokumentation, eingesehen oder bei der UIT, Union internationale des télécommunications, bezogen werden könne. Offensichtlich handelt es sich beim Internationalen Radioreglement um ein umfangreiches Werk (mehr als 1000 Seiten), das zudem überwiegend technische Daten enthält. Die vorgenommene Publikation unter Angabe der Einsichts- oder Bezugsmöglichkeit war deshalb durchaus sinnvoll und genügte der revidierten Fassung von Art. 67 Abs. 3 GVG . Daran vermag der Einwand der Beschwerdeführerin, da lediglich Ziff. 422 und 725 in der AS publiziert worden seien, dürfe der Bürger sich darauf verlassen, dass andere Ziffern des Radioreglementes, sofern sie sich ebenfalls an das Publikum und nicht nur an wenige Techniker in staatlichen Betrieben richten, ebenfalls in der AS ihrem Wortlaut nach publiziert würden, nichts zu ändern. bb) Beim Internationalen Fernmeldevertrag, aus dem sich die Verbindlichkeit des Internationalen Radioreglementes ableitet, handelt es sich um einen von der Bundesversammlung genehmigten Staatsvertrag, welcher mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden für die Vertragsstaaten völkerrechtlich verbindlich wurde. Er erlangt zusammen mit der völkerrechtlichen auch landesrechtliche BGE 108 Ib 261 S. 265 Wirkung, sofern er entsprechende Rechtsregeln zugunsten oder zulasten der Bürger aufstellt. Eine solche Bedeutung kommt einer staatsvertraglichen Bestimmung dann zu, wenn sie inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, um im Einzelfall Grundlage eines Entscheides zu bilden ( BGE 106 Ib 187 ). Die hier in Frage stehende Ziff. 423 des Internationalen Radioreglementes ist nun durchaus geeignet, um in einem konkreten Fall Grundlage eines Entscheides zu bilden. Mittels dieser Bestimmung kann einem Inhaber einer Konzession zur Verbreitung von Radio- oder Fernsehsendungen die Leistung seiner Rundfunksendestelle beschränkt werden. cc) Die Beschwerdeführerin wendet weiter ein, es sei zu berücksichtigen, dass das Internationale Radioreglement auch in Italien bislang nicht veröffentlicht worden sei und demzufolge auch dort für die Rechtsunterworfenen keine Rechtswirkungen erzeuge. Dies ist im vorliegenden Fall indes ohne Belang. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine in der Schweiz domizilierte Aktiengesellschaft, die hier um eine Musikleitung nachsucht. Für die Prüfung des Konzessionsgesuches ist einzig schweizerisches Recht massgebend. Dazu gehören aber auch die von der Schweiz ratifizierten Staatsverträge wie der Internationale Fernmeldevertrag und das darauf beruhende Radioreglement. Die Vorinstanz durfte somit zu Recht der Beschwerdeführerin eine Verletzung des Internationalen Radioreglementes entgegenhalten und die nachgesuchte Konzession verweigern. Dies gilt um so mehr, als der Internationale Fernmeldevertrag für Italien als Staat verbindlich ist, was die Beschwerdeführerin nicht bestreitet. Ob das Internationale Radioreglement auch in Italien für die Beschwerdeführerin Wirkungen zu entfalten vermag, müssen die zuständigen Instanzen in Italien, allenfalls das nach Art. 50 Abs. 2 des Internationalen Fernmeldevertrages anzurufende Schiedsgericht entscheiden. b) In materieller Hinsicht vertritt die Beschwerdeführerin die Rechtsauffassung, aus der Entstehungsgeschichte des Internationalen Radioreglementes ergebe sich, dass Ziff. 423 nur für staatliche Sender gelte, die im Interesse der gegenseitigen Nichteinmischung keine gegen Nachbarländer gerichteten Grenzsender einrichten sollten. Die Beschwerdeführerin legt diese Entstehungsgeschichte indes nicht näher dar. Auch aus dem Internationalen Fernmeldevertrag kann nichts derartiges entnommen werden. Art. 44 Abs. 2 BGE 108 Ib 261 S. 266 verpflichtet die Mitglieder, dafür zu sorgen, dass die von ihnen zum Errichten und Betreiben von Fernmeldeanlagen ermächtigten Betriebsunternehmen, die Funkstellen betreiben, welche schädliche Störungen bei den Funkdiensten anderer Länder verursachen können, die Bestimmungen des Internationalen Fernmeldevertrages und der Vollzugsordnungen beachten. Zu den Betriebsunternehmen gehören ohne Zweifel auch die privaten Unternehmen wie die Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin legt nicht weiter dar und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb Radio 24 nicht gegen Ziff. 423 des Internationalen Radioreglementes verstösst, obwohl Radio 24 offensichtlich auf eine Leistung über die Landesgrenze von Italien hinaus eingestellt ist. c) Die Vorinstanz hat gestützt auf Art. 16 Abs. 2 der V (1) zum TVG entschieden, wonach die Konzession verweigert werden kann, wenn die Vermutung besteht, die Konzession oder die darunter fallende Anlage werde u.a. zu einem unerlaubten oder einem Zweck benützt, der wichtigen Interessen des Landes, der PTT-Betriebe, des Radios oder des Fernsehens abträglich ist. Man darf von einem "vermutlich unerlaubten Zweck" sprechen, solange die italienische Rechtspflege nicht endgültig über die (Un)rechtmässigkeit von Radio 24 entschieden hat, der Betrieb nur aufgrund einer vorsorglichen Verfügung weitergeht und internationale Verträge diesem Betrieb mit grosser Wahrscheinlichkeit im Wege stehen. Es ist aber auch nicht daran zu zweifeln, dass der Betrieb von Radio 24 schweizerischen Landesinteressen abträglich ist. Er berührt die schweizerische "Landeshoheit". Der grenznahe ausländische Standort des ausschliesslich für schweizerische Empfänger bestimmten Senders kann nicht anders verstanden werden als ein Unterlaufen der schweizerischen Radiohoheit und als Umgehung des schweizerischen Radiorechts. Es kann offen bleiben, ob diese Argumentation sich halten liesse, wenn die italienischen Behörden entgegen aller Wahrscheinlichkeit einmal die Rechtmässigkeit von Radio 24 bejahen sollten. Solange die Frage in Italien in der Schwebe ist, berufen sich die PTT-Betriebe zu Recht auf die einschlägigen internationalen Vereinbarungen. Diese Vereinbarungen werden hier nicht direkt angewendet, sondern nur herangezogen, um die vermutliche Widerrechtlichkeit und die Beeinträchtigung schweizerischer Interessen im Sinne von Art. 16 Abs. 2 der V (1) zum TVG darzutun. Dazu wären diese BGE 108 Ib 261 S. 267 Vereinbarungen auch tauglich, wenn sie nicht "self-executing" und nicht ausreichend veröffentlicht worden wären. Die Vorinstanz hat somit zu Recht das Gesuch der Beschwerdeführerin um Überlassung einer Musikleitung von Zürich nach Cernobbio nach Art. 16 Abs. 2 der V (1) zum TVG abgelehnt, da diese Musikleitung zu einer festen Einrichtung des von der Beschwerdeführerin betriebenen Radiosenders werden sollte, der seinerseits zu einem vermutlich unerlaubten und den schweizerischen Landesinteressen abträglichen Zweck benützt wird.
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Urteilskopf 142 II 80 7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut und PharmaSuisse gegen Zur Rose Suisse AG und Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_853/2014 / 2C_934/2014 vom 29. September 2015
Regeste Art. 89 Abs. 1 BGG ; Beschwerdeberechtigung von Berufsverbänden. Art. 27 HMG ; Art. 26 Abs. 1 und 2 HMG ; Art. 30 HMG ; Art. 29 VAM ; Versandhandel mit Arzneimitteln; Sorgfaltspflichten der Versandapotheke. Schutzwürdige Interessen eines Berufsverbands zur Anfechtung des Entscheids, der geeignet ist, die Berufsreglementierung als solche in Frage zu stellen (E. 1.4). Schutzfunktionen des HMG; zweifache Kontrolle durch Fachpersonen in Anwendung ihrer jeweiligen anerkannten Wissenschaften (E. 2.1 und 2.2); Einteilung der Arzneimittel in Stoffmittellisten; Besonderheiten beim Versandhandel (E. 2.3 und 2.4). Unzulässige Umkehr des gesetzlichen Therapieprozesses; nach Eingang der Bestellung beauftragt die Versandhändlerin einen Arzt mit der Ausstellung der erforderlichen Verschreibung (E. 3). Keine Gründe aus den Materialien, um vom Wortlaut von Art. 27 Abs. 2 HMG im Sinne der Interpretation durch die Versandhändlerin abzuweichen (E. 4). Anforderungen an die Verschreibung im Versandhandel (E. 5.1-5.4); Nichteinhaltung durch die Versandhändlerin (E. 5.5). Ärztliche Sorgfaltspflichten befreien die Versandapotheke nicht von den ihr selbst obliegenden Verpflichtungen nach Art. 27 Abs. 2 HMG (E. 5.6).
Sachverhalt ab Seite 82 BGE 142 II 80 S. 82 Mit als "Gesuch um Verwaltungsmassnahmen/Anzeige" bezeichneter Eingabe vom 4. März 2011 wandte sich die PharmaSuisse (Schweizerischer Apothekerverband) an das Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau. Sie beantragte insbesondere, der Zur Rose Suisse AG sei der Versand von nicht rezeptpflichtigen Medikamenten an Personen zu untersagen, die nicht unmittelbar persönlich von einem Arzt untersucht wurden und die über kein ärztliches Rezept verfügten. Am 31. Mai 2011 nahm das Departement die Eingabe vom 4. März 2011 als Anzeige entgegen und stellte unter anderem fest, dass der PharmaSuisse keine Parteistellung zukomme. Eine von der PharmaSuisse gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau am 18. Januar 2012 gut. Der Entscheid des Departements wurde aufgehoben und die Streitsache zur Neubeurteilung an dieses zurückgewiesen. Auf eine dagegen eingereichte Beschwerde der Zur Rose Suisse AG trat das Bundesgericht mit Urteil 2C_215/2012 vom 17. März 2012 nicht ein. Am 28. August 2013 wies das Departement das ursprüngliche Gesuch der PharmaSuisse vom 4. März 2011 um Erlass von Verwaltungsmassnahmen ab, soweit darauf eingetreten wurde. Das Departement kam zum Schluss, es bestehe kein Anlass, Verwaltungsmassnahmen zu ergreifen. Mit Eingabe vom 9. September 2013 erhob die Swissmedic beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau Beschwerde und beantragte, den Entscheid des Departements vom 28. August 2013 aufzuheben. Sie machte geltend, die Zur Rose Suisse AG verstosse gegen zentrale Bestimmungen der Heilmittelgesetzgebung. Mit Eingabe vom 19. September 2013 erhob auch die PharmaSuisse gegen den Departementsentscheid vom 28. August 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Das Verwaltungsgericht Thurgau vereinigte die Beschwerden der Swissmedic und der PharmaSuisse und wies sie mit Urteil vom 27. August 2014 ab. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 18. September 2014 beantragt die Swissmedic dem Bundesgericht, das Urteil vom 27. August 2014 sei aufzuheben und die Streitsache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Mit Eingabe vom 9. Oktober 2014 beantragt die PharmaSuisse, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. August 2014 aufzuheben sei. Sodann sei festzustellen, dass der von der Zur Rose Suisse AG BGE 142 II 80 S. 83 betriebene Versand mit nicht rezeptpflichtigen Heilmitteln gegen Art. 26 und Art. 27 des Heilmittelgesetzes verstosse; eventuell sei die Streitsache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 29. September 2015 öffentlich beraten. Es vereinigt die Beschwerden der Swissmedic und der PharmaSuisse und heisst sie gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (...) 1.2 [ Zusammenfassung : Das Bundesgericht bejaht die Beschwerdelegitimation der Swissmedic.] (...) 1.4 Zu prüfen ist die Beschwerdelegitimation der PharmaSuisse. Diese verfügt über kein Verbandsbeschwerderecht gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG und dem Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21). Es stellt sich die Frage, ob eine Beschwerdeberechtigung nach Art. 89 Abs. 1 BGG besteht. 1.4.1 Die Beschwerdebefugnis gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG soll die Popularbeschwerde ausschliessen und den Charakter des allgemeinen Beschwerderechts als Instrument des Individualrechtsschutzes unterstreichen. Die PharmaSuisse oder ihre Mitglieder (s. sogleich E. 1.4.2) müssen unter diesem Gesichtswinkel durch den angefochtenen Entscheid stärker als ein beliebiger Dritter betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Neben der spezifischen Beziehungsnähe zur Streitsache müssen sie einen praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, d.h. ihre Situation muss durch den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können. Das schutzwürdige Interesse besteht darin, einen materiellen oder ideellen Nachteil zu vermeiden, den der angefochtene Entscheid mit sich bringen würde. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse begründet - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selber - keine Parteistellung ( BGE 139 II 279 E. 2.2 S. 282; BGE 135 II 172 E. 2.1 S. 174 f., BGE 135 II 145 E. 6.1 S. 150 f.; BGE 133 II 249 E. 1.3.1 S. 252 f.; BGE 131 II 587 E. 2.1 und 3 S. 588 ff.). In diesem Zusammenhang gibt es keine rechtslogisch stringente, sondern nur eine praktisch vernünftige BGE 142 II 80 S. 84 Abgrenzung zur Popularbeschwerde; wo die Grenze verläuft, ist jeweils für jedes Rechtsgebiet und anhand der konkreten Umstände gesondert zu beurteilen ( BGE 139 II 279 E. 2.3 S. 283; BGE 123 II 376 E. 5b/bb S. 383 mit Hinweisen). 1.4.2 Ein Verband, der als juristische Person konstituiert ist, kann zur Wahrung der eigenen Interessen Beschwerde führen ( BGE 137 II 40 E. 2.6.4 S. 46; BGE 136 II 539 E. 1.1 S. 542 mit Hinweisen). Ein Verband kann aber auch die Interessen der Mehrheit oder einer Grosszahl seiner Mitglieder mit Beschwerde geltend machen, soweit deren Wahrung zu seinen statutarischen Aufgaben gehört und eine Vielzahl seiner Mitglieder ihrerseits beschwerdebefugt wären ( BGE 137 II 40 E. 2.6.4 S. 46 f.; BGE 136 II 539 E. 1.1 S. 542; BGE 131 I 198 E. 2.1 S. 200; BGE 130 II 514 E. 2.3.3 S. 519; sog. "egoistische Verbandsbeschwerde"). Über ein schützenswertes Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG verfügt der Verband namentlich, wenn eine Grosszahl seiner Mitglieder als Konkurrenten zur Beschwerde legitimiert wären. Konkurrenten sind berechtigt, sich gegen staatliche Wettbewerbsverzerrungen unter Anrufung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zur Wehr zu setzen (vgl. BGE 138 I 378 E. 6.1 S. 385; BGE 136 I 1 E. 5.5 S. 16 f.; BGE 125 I 431 E. 4b/aa S. 435). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Beschwerdebefugnis allerdings nicht schon aufgrund der blossen Befürchtung gegeben, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein; diese Art des Berührtseins liegt im Prinzip des freien Wettbewerbs und kann deshalb für sich alleine kein schutzwürdiges Interesse an einem gerichtlichen Rechtsschutz begründen ( BGE 141 II 262 E. 7.1 S. 279; Urteil 2C_485/2010 vom 3. Juli 2012 E. 1.2.4, nicht publ. in: BGE 138 I 378 ff., mit Hinweis auf BGE 127 II 264 E. 2c S. 269; BGE 125 I 7 E. 3d S. 9). Erforderlich ist vielmehr eine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe, die sich aus der einschlägigen gesetzlichen Ordnung ergibt. So kann ein schutzwürdiges Interesse für Konkurrenten in Wirtschaftszweigen vorliegen, in welchen sie durch wirtschaftspolitische oder sonstige spezielle Regelungen in eine solche besondere Beziehungsnähe untereinander versetzt werden ( BGE 139 II 328 E. 3.3 S. 333; Urteil 2C_694/2009 vom 20. Mai 2010 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 136 II 291 ff.; vgl. auch BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246 f.; MOOR/POLTIER, Droit administratif, Bd. II, 3. Aufl. 2011, S. 740). Ein Konkurrent kann sodann beschwerdebefugt sein, soweit er geltend macht, andere Konkurrenten würden privilegiert behandelt (vgl. BGE 139 II 328 E. 3.3 S. 333; BGE 125 I 7 E. 3 f. S. 8 ff.; BGE 123 I 279 E. 3d S. 281 f.; BGE 101 Ib 178 E. 4b S. 186). BGE 142 II 80 S. 85 1.4.3 Zunächst ist zu prüfen, ob die PharmaSuisse selbst - als Berufsverband - über ein schützenswertes Interesse zur Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids verfügt (vgl. hiervor eingangs E. 1.4.2). Die PharmaSuisse bringt im Rahmen ihrer Begründung des Anfechtungsinteresses unter anderem sinngemäss vor, dass die Vorinstanz vom gesetzlich vorgesehenen System der Berufsausübung der Apotheker im Bereich des Versandhandels nunmehr vollständig abweichen möchte. Die PharmaSuisse bezweckt unter anderem, eine kompetente Berufsausübung der Apotheker zu fördern und das Vertrauen in die Beziehung zum Patienten zu stärken, das Ansehen des Berufs zu wahren, ein standeswürdiges Verhalten zu definieren sowie die Qualität der pharmazeutischen Tätigkeit sicherzustellen (Standesordnung des Schweizerischen Apothekerverbandes vom November 2009, Ziff. 2 S. 5). Die vom Verband geförderten Berufspflichten umschreiben im Bereich des Heilmittelrechts eine spezifische Funktion des Apothekers, die dazu beitragen soll, eine qualitativ hochstehende und zuverlässige medizinische Versorgung der Bevölkerung zu sichern. Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob die Vorinstanz die Heilmittelgesetzgebung des Bundes in einer Weise anwendet, die den Wert und die Funktion des von der PharmaSuisse vertretenen Berufsstandes und der von ihr geförderten Berufspflichten namentlich hinsichtlich der Kontrolle und Indikation beim Arzneimittelbezug nicht hinreichend berücksichtigt. Die Ausführungen zu den Voraussetzungen, nach welchen das Verwaltungsgericht nunmehr Ausnahmebewilligungen nach dem Heilmittelgesetz zum Versandhandel zulassen möchte, berühren insofern in qualifizierter Weise die spezifischen Interessen des Berufsstandes selbst (vgl. in diesem Sinne BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246 f.). Die PharmaSuisse macht in zulässiger Weise geltend, mit dem angefochtenen Entscheid würden das Berufsbild, das der Verband schützen will, und die Berufsreglementierung als solche in Frage gestellt. Demnach beruft sie sich auf schutzwürdige Interessen des Verbands im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG . Somit erübrigt sich die Prüfung, ob der Verband seine Beschwerdeberechtigung auf das Beschwerderecht einer Vielzahl seiner Mitglieder stützen könnte (vgl. hiervor E. 1.4.2). 1.4.4 Die Beschwerdebefugnis setzt die Parteifähigkeit der Beschwerdeführenden voraus ( Art. 89 BGG ; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de la LTF, Corboz/Wurzburger/Ferrari/Frésard/Aubry BGE 142 II 80 S. 86 Girardin [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 89 BGG ). Die PharmaSuisse ist eine Vereinigung im Sinne von Art. 60 Abs. 1 ZGB und somit eine juristische Person. Sie ist zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. 2.1 Das Heilmittelgesetz soll zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten, dass nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden ( Art. 1 Abs. 1 HMG ). Es soll auch dazu beitragen, dass die in Verkehr gebrachten Heilmittel ihrem Zweck entsprechend und massvoll verwendet werden ( Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG ). Gemäss Art. 30 Abs. 1 HMG benötigt eine kantonale Bewilligung, wer in Apotheken, Drogerien und anderen Detailhandelsgeschäften Arzneimittel abgibt (Detailhandelsbewilligung). Während das Bundesrecht Abgabe als "die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung oder Überlassung eines verwendungsfertigen Heilmittels für die Verwendung durch den Erwerber oder die Erwerberin" versteht ( Art. 4 Abs. 1 lit. f HMG ; "Abgeben"), wird der Begriff der Verschreibung vom Bundesgesetzgeber nicht (näher) definiert. Gemäss der Lehre folgt die Verschreibung dem Erstellen der therapeutischen Vereinbarung und wird der individuellen Situation des Patienten angepasst (Dosis, Anzahl, Intervalle, Art der Applikation; GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, Arzneimittelrecht, 2013, S. 12 f.). Nach Art. 26 Abs. 2 HMG darf ein Arzneimittel nur verschrieben werden, wenn der Gesundheitszustand der Konsumentin oder des Konsumenten bzw. der Patientin oder des Patienten bekannt ist. Die Lehre folgert daraus, dass die Vitaldaten des Patienten, sein Gesundheitszustand, Allergien, Arzneimittelunverträglichkeiten sowie das Interaktionspotential mit anderen Wirkstoffen aus Arznei- oder Nahrungsmitteln dem verschreibenden Arzt bekannt sein müssen (vgl. GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, a.a.O., S. 12 f.; URS JAISLI, in: Basler Kommentar, Heilmittelgesetz [nachfolgend: Basler Kommentar HMG], 2006, N. 47 zu Art. 31 HMG ; vgl. auch Arzneimittelpolitik FMH, verabschiedet vom Zentralvorstand FMH am 17. März 2004, S. 1). Die Ausführung einer ärztlichen Verschreibung durch eine dazu berechtigte Person führt zur Abgabe des Heilmittels ( BGE 140 II 520 E. 3.2 S. 524 f.; Botschaft vom 1. März 1999 zu einem Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG], BBl 1999 3453 ff., 3491). 2.2 Bei der Verschreibung und der Abgabe von Arzneimitteln müssen die anerkannten Regeln der medizinischen und der BGE 142 II 80 S. 87 pharmazeutischen Wissenschaften beachtet werden ( Art. 26 Abs. 1 HMG ; BGE 134 IV 175 E. 4.1 S. 179 f.; BGE 133 I 58 E. 4.1.2 S. 61; Urteile 2C_92/2011 vom 12. April 2012 E. 3.9.1; 9C_397/2009 vom 16. Oktober 2009 E. 4.3). Das Abgabesystem des Heilmittelgesetzes beruht im Interesse der Arzneimittelsicherheit und des Patientenschutzes auf einer Fachberatung durch entsprechende Hinweise im Rahmen der Verschreibung und der Abgabe (Botschaft HMG, a.a.O., S. 3513 zu Art. 26, vgl. auch die Erläuterungen zu den allgemeinen "Leitprinzipien der Medikamentenabgabe", S. 3514 f.); die Abgabe an die Konsumenten soll - abgesehen von Fällen der Selbstdispensation, der Abgabe in Notfällen und der Anwendung am Patienten während der Behandlung (vgl. BGE 131 I 198 E. 2.6 S. 204; Urteile 2C_53/2009 vom 23. September 2011 E. 4.2; 6B_444/2010 vom 16. September 2010 E. 4.1.2) - erst nach zweifacher Kontrolle durch Fachpersonen in Anwendung ihrer jeweiligen anerkannten Wissenschaften erfolgen. Dabei hat der Apotheker grundsätzlich nach den Vorgaben der ärztlichen Verschreibung zu handeln. Er hat sich indessen bei der das Rezept ausstellenden Person über die Richtigkeit zu vergewissern, wenn er nach den Umständen an der medizinischen Indikation des verschriebenen Arzneimittels zweifeln muss. In diesem Sinne sieht Art. 26 Abs. 1 HMG vor, dass der Apotheker die ärztliche Verschreibung kontrollieren und allfällige Unstimmigkeiten in Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt bereinigen muss (vgl. BGE 140 II 520 E. 3.2 S. 525; Urteil 9C_397/2009 vom 16. Oktober 2009 E. 4.3; HEIDI BÜRGI, in: Basler Kommentar HMG, a.a.O., N. 11 zu Art. 24 und N. 10 ff. zu Art. 26 HMG ; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 337 ff., N. 723 S. 635). 2.3 Der Bundesrat hat die Arzneimittel nach Massgabe der enthaltenen Wirkstoffe (gemäss entsprechenden Stofflisten der Swissmedic) eingeteilt in die verschreibungspflichtigen Abgabekategorien A und B (Art. 23 und Art. 24 der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel[Arzneimittelverordnung, VAM; SR 812.212.21]),sowie die Kategorien ohne Verschreibungspflicht C (Abgabe nach Fachberatung durch Medizinalpersonen und weitere dazu besonders ermächtigte Personen; Art. 25 VAM ) und D (Abgabe nach Fachberatung; Art. 26 VAM ) sowie die frei verkäuflichen Arzneimittel (Kategorie E; Art. 27 VAM ). Swissmedic ordnet jedes von ihr zugelassene Heilmittel einer Kategorie zu, womit eine gesamtschweizerisch einheitliche Abgabe sichergestellt werden soll (Urteil 2C_767/2009 BGE 142 II 80 S. 88 vom 4. Oktober 2010 E. 3.1 und 3.2). In Art. 25 Abs. 1 HMG werden diejenigen Personen genannt, die nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen. Das sind neben den Personen, die verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben dürfen (lit. a; Ärzte, Apotheker), eidgenössisch diplomierte Drogisten im Rahmen ihrer Abgabekompetenz (lit. b), weitere Personen, die über eine angemessene Ausbildung verfügen, ebenfalls im Rahmen ihrer Abgabekompetenz (lit. c), und entsprechend ausgebildete Fachpersonen unter der Kontrolle von Personen nach lit. a und b (lit. d; Urteil 2C_767/2009 vom 4. Oktober 2010 E. 3.1 und 3.2). 2.4 Der Versandhandel mit Medikamenten ist eine besondere Form der Medikamentenabgabe. Er ist im Grundsatz untersagt ( Art. 27 Abs. 1 HMG ; BGE 140 II 520 E. 3.3 S. 525 f.; Urteil 2C_622/2013 vom 11. April 2014 E. 2.4.1; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3514 zu Art. 27) und kann nur bewilligt werden, wenn zusätzliche Erfordernisse der Qualitätskontrolle erfüllt werden ( Art. 27 Abs. 2 HMG ). Nach dem Verordnungswortlaut sollen nur öffentliche Apotheken, die im Besitz einer Detailhandelsbewilligung sind, eine Bewilligung für den Versandhandel beantragen können ( Art. 29 Abs. 1 VAM ). Analog zur persönlichen Abgabe muss beim Versandhandel namentlich die Beratung durch eine Fachperson und die ärztliche Überwachung gesichert sein ( Art. 29 Abs. 2 lit. f und g VAM ; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515 zu Art. 27; Urteil 2P.169/2006 vom 20. September 2007 E. 2.2). Die Bestimmungen zur Qualitätssicherung verlangen für Arzneimittel, die über den Versandhandel bezogen werden, eine ärztliche Verschreibung ( Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG ; Art. 29 Abs. 2 VAM ). Da die Vorschriften zum Versandhandel gemäss Art. 27 HMG für Arzneimittel der Abgabekategorien A bis D einschlägig sind ( Art. 23 Abs. 2 HMG ; Art. 23-25 und 26 VAM ), wird eine ärztliche Verschreibung nach dem Wortlaut auch für Medikamentenkategorien vorausgesetzt, deren Bezug (bei einer Offizinapotheke oder einer Drogerie) an sich keine ärztliche Verschreibung erforderte (Urteil 2C_622/2013 vom 11. April 2014 E. 2.4.1; vgl. Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515 zu Art. 27). Allein der Versandhandel mit Arzneimitteln der - keiner Fachberatung unterliegenden - Abgabekategorie E ist bewilligungslos möglich (vgl. Art. 23 Abs. 2 HMG ; Art. 27 VAM ; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515 zu Art. 27). Nichts anderes ergibt sich aus Art. 20 Abs. 2 HMG : Diese Bestimmung betrifft nicht den hier streitigen Versandhandel mit den Arzneimittelkategorien C und D, sondern lediglich die Einfuhr nicht BGE 142 II 80 S. 89 zugelassener verwendungsfertiger Arzneimittel durch Einzelpersonen in kleinen Mengen für den Eigengebrauch ( Art. 20 Abs. 2 lit. a HMG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich [Arzneimittel-Bewilligungsverordnung, AMBV; SR 812.212.1] ; vgl. auch Botschaft HMG, a.a.O., S. 3508 zu Art. 20). 3. Strittig ist vorliegend, ob der durch die Zur Rose AG praktizierte Versandhandel von nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln (Abgabekategorien C und D) die heilmittelrechtlichen Gesetzesgrundlagen des Bundes zur Verschreibung und Abgabe einhält. 3.1 Beim Versandhandel der Zur Rose AG erfolgt gegenüber dem regulären Therapieprozess mit dem typischen Verlauf Kontaktaufnahme mit dem Arzt, Verschreibung gestützt auf eine Beurteilung des Arztes und Bezug des Arzneimittels beim Apotheker eine Umkehr: Erst nachdem das Arzneimittel bestellt wurde, findet die Verschreibung durch einen von der Zur Rose AG beauftragten, in der Schweiz zugelassenen Arzt statt. Der Arzt prüft jeweils unmittelbar vor dem Versand der Arzneimittel den von den Patienten ausgefüllten Fragebogen und stellt sodann - in der Regel ohne persönlichen Kontakt zum Kunden der Zur Rose AG - eine Verschreibung für diesen aus. Gestützt auf gespeicherte Informationen überprüft der Arzt nach der Darstellung der Zur Rose AG namentlich, ob aufgrund allfälliger vorbestehender Krankheiten die bestellten Arzneimittel die Gesundheit des Kunden gefährden könnten (Unverträglichkeit und Wechselwirkungen). Bei Bedarf könne der Arzt telefonisch oder elektronisch mit dem Kunden Kontakt aufnehmen oder aber Apotheker der Zur Rose AG mit Rückfragen beim Kunden beauftragen. Der Entscheid, ob und wie er mit dem Kunden Kontakt aufnehmen wolle, obliege dabei im Wesentlichen (nach Angaben der Zur Rose AG "alleine") dem Arzt. Auch die Kunden könnten mit dem verschreibenden Arzt Kontakt aufnehmen, sofern dies aus ihrer Sicht geboten sei. Lasse sich "die Bestellung aus medizinischen Gründen verantworten", fertige der verschreibende Arzt das Rezept aus, welches im Patientendossier der Zur Rose AG hinterlegt werde. 3.2 Die Vorinstanz kommt im angefochtenen Entscheid zum Schluss, dass mit dem Verschreibungsmodell der Zur Rose AG eine "genügende ärztliche Interaktion mit dem Kunden/Patienten stattfindet bzw. stattfinden kann, um dessen gesundheitliche Situation zu ermitteln". Eine Verletzung von Art. 27 Abs. 2 HMG liege damit nicht vor. Im Gegensatz zur Situation, die vom Bundesgericht im Urteil 2C_901/2012 BGE 142 II 80 S. 90 vom 30. Januar 2013 zu beurteilen war, stünde es dem Arzt beim vorliegenden Versandhandel im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht frei, bei Unklarheiten mit dem Kunden/Patienten direkt oder über die Zur Rose AG Kontakt aufzunehmen. Die Vorinstanz erachtet es dabei als nicht relevant, dass der Name des Arztes, der die Verschreibung ausstelle, dem bestellenden Kunden/Patienten "nicht bekannt" und die Richtigkeit der Angaben auf dem Fragebogen "nur schwer überprüfbar" seien. Es gebe auch keine Hinweise, dass im strittigen Versandhandel verschreibende Ärzte "ihre Sorgfaltspflichten in zeitlicher Hinsicht nicht einhalten" könnten. 3.3 Swissmedic und die PharmaSuisse machen demgegenüber geltend, die Anforderung an eine ärztliche Verschreibung im Sinne von Art. 27 Abs. 2 HMG werde beim Versandhandel der Zur Rose AG nicht eingehalten. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedürfe es im Versandhandel auch bei nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln der Abgabekategorien C und D einer vorgängigen Diagnose des Arztes; das Formular der Zur Rose AG ("Gesundheitsfragebogen") genüge als Grundlage der Verschreibung den Anforderungen nicht. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei die Zur Rose AG des Weiteren selbst verantwortlich, dass diese Voraussetzungen eingehalten würden. Die Anforderungen des Heilmittelrechts beim Versandhandel liessen sich nicht unter Bezugnahme auf allgemeine Ausführungen zum Gefährdungspotenzial bestimmter Arzneimittel aufheben, wie dies die Vorinstanz ausführe. Die PharmaSuisse macht überdies geltend, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt ohne weitere eigene Abklärungen auf die Darlegungen der Zur Rose AG bzw. der Erstinstanz gestützt. Bei verschiedenen von ihr verdeckt getätigten Testkäufen seien indessen Arzneimittel ohne Verschreibung sowie miteinander unverträgliche Heilmittel zeitgleich zugestellt worden. Die Zur Rose AG macht ihrerseits geltend, sie verletze die heilmittelrechtlichen Bestimmungen des Bundes nicht. Die aktuellen Beratungen zur Revision des Heilmittelgesetzes würden namentlich darauf hindeuten, dass die Verschreibungen nach dem Willen des Gesetzgebers "offensichtlich nicht ... bereits vor der Bestellung ... vorliegen müssten". 4. Zu prüfen ist, ob die Interpretation der Bestimmung von Art. 27 Abs. 2 HMG durch die Vorinstanz zulässig sein kann oder aber Bundesrecht verletzt, wie dies Swissmedic und die PharmaSuisse vorbringen. BGE 142 II 80 S. 91 4.1 Ausgangspunkt der Auslegung der strittigen Bestimmungen zum Versandhandel bildet der Wortlaut des Gesetzes. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich von Sinn und Zweck sowie der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf dann abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 140 II 289 E. 3.2 S. 291 f., BGE 140 II 129 E. 3.2 S. 131; BGE 139 V 66 E. 2.2 S. 68; BGE 138 V 86 E. 5.1 S. 94). 4.2 Die Vorinstanz führt aus, die einschlägigen Vorschriften für den Versandhandel nach Art. 27 HMG würden eine ärztliche Verschreibung auch für Medikamentenkategorien voraussetzen, deren Bezug (bei einer Offizinapotheke oder einer Drogerie) an sich keine ärztliche Verschreibung erfordere. Gleichwohl sei dem verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen. An den Erwerb nicht verschreibungspflichtiger Medikamente dürften daher "keine unverhältnismässig hohen Anforderungen" gestellt werden. Da bei den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorgängig keine ärztliche Diagnose gestellt werde, habe ein vorgängiger Kontakt zwischen Arzt und Patient "nicht zwingend zu erfolgen". 4.2.1 Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG hält fest, "eine Bewilligung [für den Versandhandel] wird nur erteilt, wenn: für das betreffende Arzneimittel eine ärztliche Verschreibung vorliegt" (vgl. auch den italienischen Wortlaut: "L'autorizzazione è concessa soltanto se: per il medicamento in questione vi è una prescrizione medica"). Der Wortlaut der einschlägigen Bestimmung sieht demnach - für alle Abgabekategorien von Arzneimitteln - ein vorgängiges ärztliches Rezept für den Versandhandel mit Medikamenten vor (vgl. hiervor E. 2.4). Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG steht in engstem Bezug zu Art. 27 Abs. 1 HMG , wo der Gesetzgeber ein grundsätzliches Verbot des Versandhandels statuiert, von dem nur in Ausnahmefällen ( Art. 27 Abs. 2 HMG ) abgewichen werden darf ( BGE 140 II 520 E. 3.3 S. 525 f.; vgl. hiervor E. 2.4); und die Botschaft statuiert für die ausnahmsweise Zulässigkeit des Versandhandels als "Wichtigste Ausnahmevoraussetzung [...] BGE 142 II 80 S. 92 - auch im Falle von an sich nicht rezeptpflichtigen Arzneimitteln - das Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung" (Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515 zu Art. 27). Selbst wenn der französische Wortlaut in zeitlicher Hinsicht etwas offener formuliert ist ("le médicament fait l'objet d'une ordonnance médicale"), ergeben sich keine Hinweise, dass der Sinn der Regelung von Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG in Abweichung von der deutschen und italienischen Fassung verstanden werden müsste. 4.2.2 Auch dem Vorbringen der Zur Rose AG, das Votum von Kommissionssprecherin Maury Pasquier lege nahe, dass die Verschreibung nicht bereits vor der Bestellung vorliegen müsse, kann nicht gefolgt werden: Der Gesetzgeber hat im Rahmen der hängigen Revision des Heilmittelgesetzes diskutiert, ob die bestehende Regelung von Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG dahin gehend formuliert werden soll, dass "für das betreffende Arzneimittel vor der Bestellung eine ärztliche Verschreibung vorliegt". Der Nationalrat ist dem Vorstoss gefolgt, der diesen ausdrücklich als den bereits im Jahr 2000 intendierten, "nach wie vor sehr aktuellen" Schutzzweck beim Versandhandel mit Arzneiprodukten versteht. Mit der neuen Formulierung komme dieser jedoch besser zum Ausdruck und dem Schutzzweck könne so mehr Durchsetzungskraft verliehen werden (Vorstoss Nationalrätin Gilli; AB 2014 N 695; vgl. auch AB 2015 N 610). Der aktuell etwas offenere französische Wortlaut war für Ständerätin Maury Pasquier Anlass, diesem Vorstoss zu folgen. Eine Mehrheit des Ständerats sprach sich demgegenüber gegen eine Präzisierung aus, aber - entgegen der Darstellung der Zur Rose AG - nicht einer Änderung des Gesetzeszwecks, sondern Gründen folgend, dass der Wortlaut des bestehenden Gesetzes bereits hinreichend klar sei ("Das Gesetz ist hier klar, und wir sollten es nur dort ändern, wo es nicht klar ist. Im heutigen Artikel 27 Absatz 2 heisst es klar und deutlich: 'Eine Bewilligung wird nur erteilt, wenn a. für das betreffende Arzneimittel eine ärztliche Verschreibung vorliegt'. Jetzt kann man diese Bestimmung durch die Formulierung 'vor der Bestellung' noch deutlicher machen. Aber dazu muss ich Ihnen sagen: Wenn die Verschreibung vorliegt, liegt sie vor - (...). Deshalb bitte ich Sie, der Mehrheit zu folgen"; Ständerätin Egerszegi-Obrist [AB 2014 S 1156]). Die aktuellen Beratungen gehen demnach entgegen den Vorbringen der Zur Rose AG davon aus, dass nach der in Kraft stehenden Regelung eine Verschreibung bei der Bestellung vorliegt. BGE 142 II 80 S. 93 4.2.3 Gesetzes- und Verordnungsgeber stellen in Art. 27 HMG (und Art. 29 Abs. 2 VAM ) demnach bewusst höhere Anforderungen an den Versandhandel. Sie fordern für eine Ausnahmebewilligung gezielt eine vorliegende ärztliche Verschreibung, auch im Falle von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (vgl. bereits Urteil 2C_622/ 2013 vom 11. April 2014 E. 2.4.1). Es ergeben sich demnach weder aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung noch aus den parlamentarischen Beratungen hinreichende Gründe, um vom Wortlaut von Art. 27 Abs. 2 HMG im Sinne der Interpretation durch die Beschwerdegegnerin abzuweichen (hiervor E. 4.1; vgl. BGE 140 II 289 E. 3.2 S. 291 f., BGE 140 II 129 E. 3.2 S. 131; BGE 139 V 66 E. 2.2 S. 68; BGE 138 V 86 E. 5.1 S. 94). 5. Strittig ist sodann, in welcher Form eine "vorgängige Verschreibung" zu erfolgen hat und welche Abklärungen der eine Verschreibung ausstellende Arzt für Arzneimittel im Versandhandel treffen muss. 5.1 Die Vorinstanz geht davon aus, diesbezüglich bestünden gesetzlich keine hohen Anforderungen. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel könnten "erfahrungsgemäss sehr leicht und ohne Gesundheitsangaben für sich selbst oder Dritte in einer Apotheke besorgt werden"; bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bedürfe es daher im Rahmen des Versandhandels keiner ärztlichen Diagnose oder Überwachung, sondern - sofern spezifische Umstände wie Unverträglichkeiten zu erwarten seien - einer Fachberatung. Dem setzen Swissmedic und die PharmaSuisse entgegen, bei nicht verschreibungsplichtigen Arzneimitteln der Kategorie C und D werde eine Beratung vorausgesetzt. 5.2 Entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts kann eine faktische Betrachtung der Bezugsmöglichkeiten nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel die Auslegung und Prüfung der gesetzlichen Anforderungen an den Medikamentenversandhandel von vornherein nicht ersetzen. Die Arzneimittel der Abgabekategorien C und D sind - in Abgrenzung zur Kategorie E - nicht frei verkäuflich, sondern dürfen nur mit Fachberatung abgegeben werden ( Art. 25 und 26 VAM ; vgl. dazu hiervor E. 2.3); in Apotheken und Drogerien dürfen sie auch nicht zur Selbstbedienung angeboten werden (vgl. Art. 19 Abs. 3 der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittelwerbung [Arzneimittel-Werbeverordnung, AWV; SR 812.212.5]). Analog zur persönlichen Abgabe muss beim Versandhandel die BGE 142 II 80 S. 94 Beratung durch eine Fachperson gesichert sein ( Art. 27 Abs. 2 lit. c HMG ; Art. 29 Abs. 2 lit. g VAM ; vgl. BGE 140 II 520 E. 3.3 S. 526; BGE 125 I 474 E. 4 d und e S. 487 ff.; Urteil K 158/05 vom 5. September 2006 E. 6.4; Botschaft HMG, a.a.O., S. 3515 zu Art. 27). Das generelle Erfordernis einer nicht freien Verkäuflichkeit und der Fachberatung ergibt sich für Arzneimittel der Abgabekategorien C und D demnach direkt aus dem Gesetz ( Art. 27 Abs. 2 lit. c HMG ; Art. 25 und 26 VAM ). Dieses Erfordernis reduziert sich auch nicht auf spezifische Anwendungsfälle, wie dies die Vorinstanz annimmt ("wenn wesentliche Anwendungseinschränkungen oder wichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen bekannt sind oder erwartet werden müssen"). 5.3 Aus der Sicht des Gesetzgebers sind Arzneimittel demnach "keine gewöhnlichen Konsumartikel" (Botschaft HMG, a.a.O., S. 3514). Beim Versandhandel fehlt der persönliche Kontakt zur Fachperson des Apothekers bei der Arzneimittelabgabe. Um dies zu kompensieren, hat der Gesetzgeber als Surrogat den persönlichen Kontakt zumindest zum Arzt vorgesehen, und zwar über das Instrument der Verschreibung ( Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG ). Die Lösung des schweizerischen Gesetzgebers geht somit dahin, den fehlenden persönlichen Kontakt mit der Fachperson des Apothekers im Medikamentenversandhandel mit einer anderen Fachperson, nämlich derjenigen des Arztes zu ersetzen (vgl. hiervor E. 4.2.1). Der Kontakt mit der Fachperson hat auch den Sinn, dafür zu sorgen, dass die in Verkehr gebrachten Heilmittel ihrem Zweck entsprechend und massvoll verwendet werden ( Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG und Art. 26 Abs. 1 HMG ; vgl. hiervor E. 2.1). Arzneimittel sollen nicht, sobald sich "die Bestellung aus medizinischen Gründen verantworten" lasse, verkauft werden, sondern erst, wenn ihre Verwendung indiziert ist ( Art. 1 Abs. 2 lit. b HMG ; vgl. Art. 2 f. der Standesordnung FMH vom 12. Dezember 1996; vgl. diesbezüglich auch etwa Ziff. 50 des Code de déontologie des médecins von Québec, Canada, abrufbar unter www2.publicationsduquebec.gouv.qc.ca/dynamicSearch/telecharge.php?type=3&file=/M_9/M9R17.HTM : "Le médecin ne doit fournir un soin ou émettre une ordonnance que si ceux-ci sont médicalement nécessaires"; besucht am 3. November 2015). 5.4 Eine Verschreibung darf der Arzt nur ausstellen, wenn er den Gesundheitszustand des Kunden kennt ( Art. 26 Abs. 2 HMG ; vgl. Urteile 2C_410/2014 vom 22. Januar 2015 E. 4.1; 2C_901/2012 vom BGE 142 II 80 S. 95 30. Januar 2013 E. 4.3.2; vgl. Botschaft HMG, a.a.O., S. 3514 zu Art. 26; unter Bezugnahmen auf die Leitprinzipien der Medikamentenabgabe in Art. 26 Abs. 1 HMG ; hiervor E. 2.1 f.). Das Gesetz stellt demnach als Anforderung an den Versandhandel nicht nur ein vorgängiges Ausstellen des Rezepts ( Art. 27 Abs. 2 lit. a HMG ; Art. 29 Abs. 2 lit. a VAM ), sondern verlangt auch, dass dem verschreibenden Arzt der Gesundheitszustand des Patienten als Grundlage zur Ausstellung des Rezepts bekannt und das Heilmittel medizinisch indiziert ist. Der Arzt muss sich sorgfältig und in der hierfür erforderlichen Zeit ein Bild machen, was dem Patienten fehlt, und welche Therapieformen geeignet sind (vgl. Art. 2 f. der Standesordnung FMH; vgl. auch Conseil National de l'Ordre des Médecins [CNOM], Art. 33 Code de déontologique de déontologie médicale, Conseil National de l'ordre [Frankreich], vomNovember 2012 "Le médecin doit toujours élaborer son diagnostic avec le plus grand soin, en y consacrant le temps nécessaire, en s'aidant dans toute la mesure du possible des méthodes scientifiques les mieux adaptées et, s'il y a lieu, de concours appropriés"; vgl. auch Les commentaires du code de déontologie médicale; commentaire zu Art. 7, 33; abrufbar unter: www.conseilnational.medecin.fr/article/le-code-de-deontologiemedicale-915 ; besucht am 3. November 2015). 5.5 Es stellt sich die Frage, ob die in E. 5.2 bis 5.4 genannten Voraussetzungen beim Versandhandel der Zur Rose AG eingehalten werden. 5.5.1 Die Beschwerdegegnerin bringt vor, bei ihr sei die sachgemässe ärztliche Beratung und korrekte Verschreibung namentlich durch einen "Gesundheitsfragebogen" sichergestellt. Sodann könne sich ein Patient bei Bedarf an einen Apotheker wenden und eine Fachberatung verlangen, worauf er bei der Bestellung hingewiesen werde. Die Zur Rose AG nehme sodann eine pharmazeutische Plausibilitätsprüfung sowie eine Interaktionskontrolle vor. Die ärztliche Fachberatung sodann sei dadurch sichergestellt, dass der Patient in seinen Unterlagen "sowohl seine E-Mail-Adresse als auch seine Telefonnummer anzugeben" habe. 5.5.2 Im Urteil 2C_901/2012 hat es das Bundesgericht bereits als "sehr fraglich" bezeichnet, ob sich alleine durch das Ausfüllen eines Gesundheitsfragebogens ("d.h. namentlich ohne vorbestehende Kontakte oder weitere Kommunikationskanäle") überhaupt je hinreichende Informationen über die gesundheitliche Situation eines Betroffenen bzw. über die Indikation eines spezifischen Medikaments BGE 142 II 80 S. 96 vermitteln liessen (Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2). Es führte aus, mangels Interaktion zwischen dem Patienten und dem Arzt habe Letzterer - anders als etwa bei einem Gespräch (genannt wird beispielhaft auch ein Telefongespräch) - keine Möglichkeit, die Angaben des Patienten kritisch zu hinterfragen bzw. allfällige Ergänzungsfragen zu stellen, und auch der Patient habe keine Mittel, allenfalls bestehende Unsicherheiten oder Unklarheiten bei der Fragestellung zu besprechen. Eine ausschliesslich auf einem Fragebogen basierende Verschreibung habe mithin zur Folge, dass der Arzt vollumfänglich auf die Richtigkeit der Angaben des Patienten vertrauen müsse (beginnend schon bei dessen Identität), was die Diagnosestellung erschwere (Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2). 5.5.3 Der der Verschreibung hier zu Grunde liegende Fragebogen enthält Angaben zu Personalien, Alter, Körpergrösse, Gewicht, Geschlecht, Gesundheitszustand sowie (teilweise) aktuelle Medikation. Die Verschreibungsgrundlage ist, wie dies Swissmedic korrekt darlegt, im Vergleich zu einem Gespräch rudimentär: Dem Patienten fehlt es an der Möglichkeit festzustellen, welcher Arzt das Rezept ausgestellt hat; er kann mangels Kenntnis des eingebundenen Arztes keine Rückfragen stellen, und die auf dem Gesundheitsfragebogen gemachten Angaben können vom Arzt nicht überprüft werden. Im Fragebogen gibt es sodann keine Angaben zum Grund des Arzneimittelbezugs (Bedarfsabklärung). Der Arzt kennt den Patienten nicht, und infolge des fehlenden persönlichen Kontakts mit dem Patienten ist auch nicht ersichtlich, wie sichergestellt wird, dass die Person, die den Gesundheitsfragebogen ausfüllt und auf die dann das Rezept ausgestellt wird, identisch ist mit derjenigen Person, die das Arzneimittel letztlich entgegennimmt (vgl. Art. 29 Abs. 2 lit. a und e VAM ). Wie die Vorinstanz ebenfalls festgestellt hat, ist die Überprüfung der Richtigkeit der Angaben zur gesundheitlichen Situation eines Patienten bei blosser Konsultation des Fragebogens erschwert, und eine Untersuchung ist nicht möglich. Insofern ergeben sich wesentliche Unterschiede zu einem persönlichen Kontakt der Fachperson mit dem Patienten. Die Angaben auf dem Fragebogen sind für die Ermittlung des Gesundheitszustandes vor diesem Hintergrund ungenügend (Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 2 lit. a HMG; Art. 29 Abs. 2 lit. a VAM ; Urteil 2C_901/2012 vom 30. Januar 2013 E. 4.3.2). 5.5.4 Die Zur Rose AG macht geltend, es bestehe gestützt auf die gespeicherten Unterlagen jedenfalls vonseiten des Arztes die BGE 142 II 80 S. 97 Möglichkeit, Kontakt zum Patienten aufzunehmen, und dieser habe die Gelegenheit, für eine Fachberatung die "Hotline" anzurufen. Indessen kann der Umstand, dass es aufgrund der Kontaktangaben im Gesundheitsfragebogen möglich wäre, zum Patienten Kontakt aufzunehmen, nicht als Erfüllung der Verschreibungs- und Beratungserfordernisse angesehen werden: Die Kenntnis des Gesundheitszustandes und die Beratung müssen von Gesetzes wegen eingehalten sein (vgl. hiervor E. 2.1), dies lässt sich nicht durch eine Kompensationsmöglichkeit der "Kontaktierung des Patienten, sofern erforderlich" heilen. Einer Arzneimittelabgabe geht vielmehr eine Verschreibung voraus, die auf einer ärztlichen Beratung unter Berücksichtigung des Anliegens des Patienten, der Indikation und seines Gesundheitszustands beruht; damit wird die Fachberatung im Hinblick auf die Bestellung sichergestellt ( Art. 26 Abs. 2 HMG ; vgl. hiervor E. 2.1; Vernehmlassung des BAG, S. 2; vgl. GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, a.a.O., S. 13). Das Gesetz sieht sodann keine unterschiedliche Arten von Verschreibungen je nach Medikamentenkategorien vor (Art. 27 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 23 ff. HMG ), und bei den hier strittigen Arzneimittelkategorien geht es in keiner Weise bloss um bewährte Hausmittel, sondern um Wirkstoffe von Hydrocortison- und Codeinformeln, Strychninpräparate, Omeprazol oder Paracetamol (die Stoffliste der Swissmedic; www.swissmedic.ch/arzneimittel/00156/00221/00222/00223/00232 ; besucht am 5. November 2015). Insofern richtet sich ein Rezept auch im Versandhandel von einem bestimmten Arzt an einen bestimmten Patienten: Erst wenn sich der Arzt und der Patient kennen oder zumindest vorgängigen persönlichen Kontakt hatten, ergibt sich die vorauszusetzende Interaktion für die Verschreibung. Dies entspricht dem Recht des Patienten, der von Beginn der Behandlung an in geeigneter Weise über Risiken und Folgen der Medikamenteneinnahme in Kenntnis zu setzen ist (vgl. etwa § 33 des Gesundheitsgesetzes des Kantons Thurgau vom 5. Juni 1985). 5.5.5 Art. 27 Abs. 2 lit. d HMG verpflichtet die Zur Rose AG sodann sicherzustellen, dass eine ausreichende ärztliche Überwachung der Wirkung der abgegebenen Arzneimittel stattfindet. Mit der Bezugnahme der Verordnungsbestimmung auf die Wirkung wird auch deutlich, dass eine individuelle Überwachung entsprechend der Medikation erfolgen soll. Es trifft zwar zu, dass die Überwachung der Wirkung je nach Medikament unterschiedlich intensiv sein kann. Eine Versandhandelstätigkeit, die in der Regel keinen Kontakt zwischen Arzt und Patient vorsieht, ist jedoch prinzipiell nicht geeignet, eine BGE 142 II 80 S. 98 Überwachung der Wirkung sicherzustellen ( Art. 27 Abs. 2 lit. d HMG ). Die gesetzlich vorgesehenen Schutzfunktionen des ärztlichen Rezepts und der ärztlichen Überwachung sind demnach beim Versandhandel der Zur Rose AG insgesamt ausser Kraft gesetzt. Die Verschreibung durch die von der Zur Rose AG herangezogenen Ärzte aufgrund des Gesundheitsfragebogens stellt keine solche im Sinne des Gesetzes dar: Der Versandhandel der Zur Rose AG läuft sowohl dem Gesetzeszweck von Art. 27 Abs. 2 lit. a und d HMG für den Versandhandel als auch der guten ärztlichen Praxis zuwider ( Art. 26 Abs. 1 und 2 HMG ; vgl. auch GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, a.a.O., S. 13). 5.6 Dies führt schliesslich auch nicht dazu, dass der Argumentation des Verwaltungsgerichts und der Zur Rose AG gefolgt werden könnte, wonach die Verantwortung, ärztliche Sorgfaltspflichten einzuhalten, ohnehin nicht der Beschwerdegegnerin, sondern vielmehr dem die Verschreibung ausstellenden Arzt obliege. 5.6.1 Unklar bleibt in diesem Zusammenhang zunächst, in welchem Verhältnis gegenüber der Zur Rose AG die Ärzte bei der Rezeptausstellung stehen. Während die Vorinstanz von "beauftragten" Ärztinnen und Ärzten spricht, stellt sich die Zur Rose AG - ohne weitere Substanziierung - auf den Standpunkt, die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte seien von ihr rechtlich und wirtschaftlich unabhängig; weder bestünden vertragliche Beziehungen zur Zur Rose AG, noch nähmen sie Entschädigungen für das Ausstellen der Verschreibungen entgegen (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen BGE 140 II 520 ff. E. 5 S. 529 ff.). Die Zur Rose AG rügt daher, wenn es der verschreibende Arzt zu Unrecht unterlasse, "die in einem konkreten Einzelfall gebotenen" Abklärungen vorzunehmen, so treffe sie kein Verschulden an der Sorgfaltspflichtverletzung des Arztes. 5.6.2 Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung ist zunächst festzuhalten, dass der hier strittige Versandhandel in einem Spannungsverhältnis zu den Berufspflichten der Ärzte und Apotheker steht, die im Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11) verankert sind. Dazu gehört, die Rechte der Patientinnen und Patienten zu wahren (Art. 2 Abs. 1 lit. a, d und Art. 40 lit. c MedBG ) und unabhängig von finanziellen Vorteilen zu handeln ( Art. 40 lit. e MedBG ). Eine systematische Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten, bei der anstelle der Patienten die Apotheke sich an den Arzt wendet, um ein Rezept zu erhalten, steht zu BGE 142 II 80 S. 99 diesen Bestimmungen im Widerspruch. Hinsichtlich der im Streit stehenden Frage zu den Pflichten der Beschwerdegegnerin wird übersehen, dass das Heilmittelgesetz die Fachberatung als Voraussetzung für die Bewilligung des Versandhandels statuiert. Die Versandhändlerin hat sich an diese Anforderungen zu halten und ihre Geschäftsabläufe darauf auszurichten. Sie darf Heilmittel der hier strittigen Kategorien erst gestützt auf ein ärztliches Rezept versenden ( Art. 27 Abs. 2 HMG ). Die Ausführungen der Vorinstanz und der Zur Rose AG, allfällige Sorgfaltspflichtverletzungen wären gegebenenfalls in einem Aufsichtsverfahren gegen den das Rezept ausstellenden Arzt zu prüfen, gehen demnach wiederum an Wortlaut sowie Sinn und Zweck des Gesetzes vorbei: Dass einen Arzt (auch) eigene Berufspflichten bei der Abklärung eines Gesundheitszustands treffen, entbindet die Zur Rose AG nicht von der Wahrnehmung der ihr obliegenden Verpflichtungen nach Art. 27 Abs. 2 HMG . 6. 6.1 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz die sich aus Art. 26 Abs. 2 und Art. 27 Abs. 2 lit. a, c und d HMG (sowie Art. 29 Abs. 2 VAM ) ergebenden ärztlichen Sorgfaltspflichten rechtsfehlerhaft umschreibt und den von der Zur Rose AG getätigten Versandhandel zu Unrecht als mit den genannten heilmittelrechtlichen Bestimmungen des Bundes vereinbar erachtet. Die Beschwerden erweisen sich damit als begründet und sind im Sinne der Erwägungen gutzuheissen. (...)
public_law
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e0690824-2169-4d23-8316-c1eac8fa2019
Urteilskopf 141 I 161 16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X. Finanz AG und Steuerverwaltung des Kantons Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_807/2014 vom 24. August 2015
Regeste Art. 9 BV ; Vertrauensschutz; Zuständigkeit für die Erteilung von sog. "Rulings"; Bindungswirkung von "Rulings". Die ESTV hat keine Befugnis zur verbindlichen Feststellung bezüglich der steuerlichen Behandlung geplanter Sachverhalte im Sinne eines "Rulings". Damit sind grundsätzlich die kantonalen Veranlagungsbehörden - abgesehen von gewissen Ausnahmekonstellationen - allein zuständig zur Erteilung von "Rulings" und die genehmigten "Rulings" sind - bis zu einem allfälligen Widerruf - auch für die ESTV verbindlich (E. 3). Mit dem Widerruf des "Rulings" durch die kantonale Steuerverwaltung kann sich die Steuerpflichtige nicht mehr auf den Vertrauensschutz berufen (E. 4). Der Steuerpflichtigen ist zur Anpassung ihrer Strukturen eine angemessene Übergangsfrist zu gewähren (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 162 BGE 141 I 161 S. 162 A. A.a Die X. Finanz AG mit Sitz in A./ZG ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der X. Holding AG (ebenfalls mit Sitz in A./ZG) und bezweckt im Wesentlichen die "Erbringung von Dienstleistungen hauptsächlich im Finanzbereich an Konzerngesellschaften der X.-Gruppe". Gemäss eigener Darstellung wollte die X. Finanz AG zu diesem Zweck eine Betriebsstätte auf den Cayman Islands, wo vier Teilzeit-Mitarbeitende (mit je 20 Stellenprozent) in gemieteten Büros ihrer Arbeit nachgingen, unterhalten haben. A.b Mit einem "Ruling" vom 10. August 1999 zwischen der X. Holding AG und der Steuerverwaltung des Kantons Zug wurden für den Fall, dass die Finanzierung über eine ausländische Betriebsstätte einer Schweizer Finanzierungsgesellschaft erfolge, "die der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinne von der Besteuerung (...) in der Schweiz ausgenommen". Bis und mit Steuerjahr 2004 schied die Steuerverwaltung den Nettofinanzertrag der X. Finanz AG aus der Darlehensgewährung gegenüber den Gruppengesellschaften vollständig zu Gunsten der Betriebsstätte auf den Cayman Islands aus. Im Verlauf des Jahres 2004 nahm die kantonale Steuerverwaltung auf Anweisung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Abklärungen betreffend den Bestand der Betriebsstätte vor. Mit Schreiben vom 9. Februar 2005 teilte die kantonale Steuerverwaltung der X. Finanz AG mit, dass die ESTV der Auffassung sei, auf den Cayman Islands werde keine Geschäftstätigkeit im Sinne einer Betriebsstätte ausgeübt; entsprechend habe die ESTV die kantonale Steuerverwaltung aufgefordert, die internationale Steuerausscheidung im Verhältnis zur Zweigniederlassung auf den Cayman Islands ab 1. Januar 2005 zu verweigern. B. B.a Mit Veranlagungsverfügungen der kantonalen Steuerverwaltung vom 27. Mai 2008 wurde für die direkte Bundessteuer 2005 und 2006 der Steuerpflichtigen ein vollständig in der Schweiz zu versteuernder Reingewinn von Fr. 8'643'000.- (2005) bzw. Fr. 9'468'300.- (2006) festgestellt. Bei einem Steuersatz von 8,5 % resultierte dabei eine Gewinnsteuer in der Höhe von Fr. 734'655.- (2005) bzw. Fr. 804'805.50 (2006). BGE 141 I 161 S. 163 B.b Gegen diese Veranlagungsverfügungen erhob die X. Finanz AG Einsprache und verlangte die Zulassung einer Steuerausscheidung im Verhältnis zu den Cayman Islands für die Steuerperioden 2005 und 2006. Nach Durchführung einer Einspracheverhandlung hiess die Rechtsmittelkommission der kantonalen Steuerverwaltung am 23. November 2009 die Einsprache gut. Demzufolge wurde der Nettofinanzertrag aus der Darlehensgewährung gegenüber den Gruppengesellschaften der X. Finanz AG vollumfänglich zu Gunsten der Betriebsstätte auf den Cayman Islands ausgeschieden und der steuerbare Reingewinn der X. Finanz AG für die Steuerperioden 2005 und 2006 auf Fr. 0.- festgelegt. Eine dagegen von der ESTV erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, mit Urteil vom 21. Juli 2011 ab. Es bejahte einerseits den Betriebsstättencharakter der Einrichtungen auf den Cayman Islands und erblickte in der gewählten Rechtsgestaltung keine Steuerumgehung; nicht geprüft hatte die Vorinstanz die Frage, ob sich die Beschwerdegegnerin gestützt auf das "Ruling" auf den Vertrauensschutz berufen konnte. B.c Mit Urteil 2C_708/2011 vom 5. Oktober 2012 ( BGE 139 II 78 ) hiess das Bundesgericht eine von der ESTV dagegen erhobene Beschwerde gut und hob das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Juli 2011 auf. Das Bundesgericht hielt fest, dass es vorliegend den Aktivitäten auf den Cayman Islands an der hinreichenden Substanz fehle und sie damit das Kriterium der Ausübung einer Geschäftstätigkeit einer Schweizer Unternehmung in einer ausländischen Betriebsstätte nicht erfülle. Damit habe die Beschwerdegegnerin insgesamt beweismässig nicht genügend darlegen können, dass ihre angebliche Betriebsstätte auf den Cayman Islands eine relevante Geschäftstätigkeit entfalte (E. 3). Die in den Steuerperioden 2005 und 2006 durch die Steuerpflichtige erwirtschafteten Gewinne seien im Rahmen der direkten Bundessteuer grundsätzlich vollständig in der Schweiz zu versteuern (E. 4.1). In Bezug auf die Geltendmachung des Vertrauensschutzes bzw. der Frage der Bindungswirkung des "Rulings" vom August 1999 stellte das Bundesgericht eine unvollständige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz fest und wies die Sache zwecks weiterer Abklärungen an diese zurück (E. 4.3). B.d Mit Urteil vom 26. Juni 2014 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, die Beschwerde auch im zweiten Umgang ab. Es führte dazu aus, ein von der kantonalen Steuerverwaltung erteiltes "Ruling" habe auch ohne Mitwirkung der ESTV Gültigkeit. Die Steuerpflichtige könne sich gutgläubig auf das BGE 141 I 161 S. 164 "Ruling" berufen, da nie ein Widerruf durch die zuständige kantonale Steuerverwaltung erfolgt sei. Das Vertrauen der Beschwerdegegnerin in den Bestand des "Rulings" sei erst am 5. Oktober 2012 zerstört worden. Eventualiter - für den Fall, dass das Vertrauen bereits am 9. Februar 2005 zerstört worden sein sollte - prüfte das Verwaltungsgericht die Frage einer angemessenen Übergangsfrist und legte diese auf Ende 2006 fest. C. Am 12. September 2014 hat die ESTV Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. Juni 2014 sei aufzuheben. Weiter sei die X. Finanz AG für die direkte Bundessteuer in der Steuerperiode 2005 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 8'643'000.- und in der Steuerperiode 2006 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 9'468'300.- zu veranlagen. Eventualiter sei die X. Finanz AG für die direkte Bundessteuer in der Steuerperiode 2005 mit einem steuerbarem Gewinn von Fr. 0.- und in der Steuerperiode 2006 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 9'468'300.- zu veranlagen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 "Rulings" bilden einen Anwendungsfall des allgemeinen Vertrauensschutzes. Es handelt sich um vorgängige Auskünfte der Steuerverwaltung, die zwar nicht Verfügungscharakter haben, aber nach den allgemein anerkannten Grundsätzen von Treu und Glauben ( Art. 9 BV ) Rechtsfolgen gegenüber den Behörden auslösen können (Urteil 2C_708/2011 vom 5. Oktober 2012 E. 4.3.2, nicht publ. in: BGE 139 II 78 ; BGE 126 II 514 E. 3e S. 520; BGE 121 II 473 E. 2c S. 479; Urteile 2C_664/2013 vom 28. April 2014 E. 4.2, in: ASA 82 S. 737; 2A.46/2000 vom 1. November 2000 E. 3). Voraussetzung für die Bindungswirkung des "Rulings" ist, (a) dass sich die Auskunft der Behörde auf eine konkrete, den Rechtsuchenden berührende Angelegenheit bezieht; (b) dass die Behörde, welche die Auskunft gegeben hat, hiefür zuständig war oder der Rechtsuchende sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte; (c) dass der Rechtsuchende die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres hat erkennen können; (d) dass er im Vertrauen hierauf nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende Dispositionen getroffen hat; (e) und dass die BGE 141 I 161 S. 165 Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung noch die gleiche ist wie im Zeitpunkt der Auskunftserteilung ( BGE 131 II 627 E. 6.1 S. 636 f.; BGE 121 II 473 E. 2c S. 479; BGE 116 Ib 185 E. 3c S. 187; Urteil 2A.46/2000 vom 1. November 2000 E. 3a). 3.2 Das "Ruling" ist gesetzlich nicht vorgesehen, weshalb auch keine ausdrückliche Gesetzesbestimmung über die Zuständigkeit besteht. Da sich die Auskunft aber auf eine zukünftige Veranlagung bezieht, ist klar, dass die Zuständigkeit bei der Veranlagungsbehörde liegen muss, für die direkte Bundessteuer somit bei der kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer, welche die Steuer veranlagt ( Art. 128 Abs. 4 BV ; Art. 2 und Art. 104 Abs. 1 und 2 DBG [SR 642.11]; Urteil 2A.46/2000 vom 1. November 2000 E. 3b; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 65 der Vorbem. zu Art. 109-121 DBG ; PETER EISENRING, Vorgängige Auskünfte von Steuerbehörden in der Schweiz, ASA 68 S. 114 f.; MASSETTI/PEDROLI, Il ruling nel diritto tributario svizzero, RtiD 2006 I S. 594; SCHREIBER/JAUN/KOBIERSKI, Steuerruling - eine systematische Auslegeordnung unter Berücksichtigung der Praxis, ASA 80 S. 310, 331; vgl. auch bereits zur Wehrsteuer: JÜRG ANDREAS BAUR, Auskünfte und Zusagen der Steuerbehörden an Private im schweizerischen Steuerrecht, 1979, S. 42). 3.3 Der Bund erhebt die direkte Bundessteuer ( Art. 128 Abs. 1 BV ; Art. 1 DBG ). Die Steuer wird unter Aufsicht des Bundes von den Kantonen veranlagt und eingezogen; ihnen fallen mindestens 17 % des Rohertrags zu, während sie die restlichen 83 % an den Bund abliefern ( Art. 128 Abs. 4 BV ; Art. 2, 104, 160 und 196 DBG). Obwohl der Steueranspruch überwiegend dem Bund zusteht, ist somit Steuergläubiger der Kanton (Urteil 5P.471/2000 vom 19. Februar 2001 E. 5; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, 2001, N. 1 zu Art. 2 DBG ; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 1 zu Art. 2 DBG ). Die Aufsicht des Bundes über die Steuererhebung wird vom Eidgenössischen Finanzdepartement ausgeübt ( Art. 102 Abs. 1 DBG ). Die Eidgenössische Steuerverwaltung sorgt für die einheitliche Anwendung des Gesetzes. Sie erlässt die Vorschriften für die richtige und einheitliche Veranlagung und den Bezug der direkten Bundessteuer. Sie kann die Verwendung bestimmter Formulare vorschreiben ( Art. 102 Abs. 2 DBG ). Sie kann nach Art. 103 Abs. 1 DBG insbesondere bei den kantonalen Veranlagungs- und Bezugsbehörden Kontrollen vornehmen und in die Steuerakten der Kantone und Gemeinden Einsicht nehmen (lit. a), sich bei den Verhandlungen der Veranlagungsbehörden vertreten lassen und diesen Anträge stellen (lit. b), im BGE 141 I 161 S. 166 Einzelfalle Untersuchungsmassnahmen anordnen oder nötigenfalls selber durchführen (lit. c) oder im Einzelfalle verlangen, dass die Veranlagung oder der Einspracheentscheid auch ihr eröffnet wird (lit. d). Das Eidgenössische Finanzdepartement kann auf Antrag der Eidgenössischen Steuerverwaltung die nötigen Anordnungen treffen, wenn sich ergibt, dass die Veranlagungsarbeiten in einem Kanton ungenügend oder unzweckmässig durchgeführt werden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung weist den Kanton gleichzeitig mit dem Antrag an, dass einstweilen keine Veranlagungen eröffnet werden dürfen ( Art. 103 Abs. 2 DBG ). Die Eidgenössische Steuerverwaltung kann ferner gegen jede Veranlagungsverfügung und jeden Einspracheentscheid Beschwerde an die kantonalen Rechtsmittelinstanzen und an das Bundesgericht erheben ( Art. 141 und Art. 145 Abs. 2 DBG ; Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 4 und 12 der Organisationsverordnung vom 17. Februar 2010 für das Eidgenössische Finanzdepartement [OV-EFD; SR 172.215.1] ). Die ESTV ist somit nicht selber Veranlagungsbehörde für die direkte Bundessteuer ( BGE 126 II 514 E. 1b S. 516; BGE 121 II 473 E. 3b S. 482; MICHAEL BEUSCH, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2b, 2. Aufl. 2008, N. 15 zu Art. 103 DBG ; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 6 zu Art. 103 DBG ). Ihr obliegt aber die unmittelbare Aufsicht über die Veranlagungsbehörden ( BGE 121 II 473 E. 3b S. 481 f.; VALLENDER/LOOSER, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2. Aufl. 2008, N. 4 zu Art. 2 DBG ). 3.4 Das Bundesgericht hat sich in Bezug auf die Zuständigkeit der ESTV für die Erteilung von "Rulings" bei der direkten Bundessteuer wie folgt geäussert: 3.4.1 In den Leitentscheiden BGE 121 II 473 und BGE 124 II 383 hatte sich das Bundesgericht mit der Kompetenz der ESTV zum Erlass von Feststellungsverfügungen befasst. Es erwog, die ESTV könne ihre Aufsicht durch die in Art. 103 DBG genannten Mittel und durch die Ergreifung von Rechtsmitteln wahrnehmen. Sie sei aber nicht Veranlagungsbehörde für die direkte Bundessteuer und sei demnach zum Erlass einer Feststellungsverfügung über konkrete Steuerfolgen nicht zuständig ( BGE 121 II 473 E. 3b S. 482; BGE 124 II 383 E. 2 S. 385 f.). Der Meinungsäusserung der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die steuerrechtliche Qualifizierung eines Versicherungsprodukts komme daher keine Verfügungsqualität zu, sondern sie habe den Sinn, die kantonalen Vollzugsbehörden (und die BGE 141 I 161 S. 167 Steuerpflichtigen bzw. die Versicherungsgesellschaft) frühzeitig über die Rechtsauffassung der antrags- und beschwerdebefugten Aufsichtsbehörde zu informieren ( BGE 121 II 473 E. 3a S. 481). Anders verhalte es sich indes aufgrund der ausdrücklichen Vorschrift von Art. 1 Abs. 4 BVV 3 (SR 831.461.3) in Bezug auf die Anerkennung von Säule 3a-Modellen ( BGE 124 II 383 E. 3 S. 386 ff.). 3.4.2 An dieser Rechtsprechung ist auch für die vorliegende Konstellation grundsätzlich festzuhalten: Es geht hier ebenfalls um die Beurteilung der steuerlichen Folgen eines geplanten Produkts - und somit einer Sachverhaltsdarstellung - in Bezug auf die direkten Bundessteuern. Damit können die bundesgerichtlichen Ausführungen in BGE 121 II 473 unter dem Titel "Feststellungsentscheid" analog auf die Frage der Zuständigkeit zum Erlass von "Rulings" angewandt werden. Daraus ergibt sich, dass die ESTV keine Befugnis zur verbindlichen Feststellung bezüglich der steuerlichen Behandlung geplanter Sachverhalte im Sinne eines "Rulings" hat (vgl. dazu auch die Urteile 2A.53/1998 vom 12. November 1998 E. 7 und 8, in: StR 54/1999 S. 118; 2A.46/2000 vom 1. November 2000 E. 3b; 2C_79/2010 vom 16. Juni 2010 E. 2.3.1, in: StE 2010 A 21.23 Nr. 7; anders dagegen: Urteil 2C_603/2012 vom 10. Dezember 2012, in: StE 2013 A 21.14 N. 23, wo das Bundesgericht ausführte, für den Abschluss eines "accord de procédure" in Bezug auf die direkte Bundessteuer sei die ESTV zuständig). Im Nachgang zu den zitierten Urteilen 2C_603/2012 und BGE 139 II 78 äusserte sich die Literatur teilweise kritisch zu den darin enthaltenen Aussagen betreffend Zuständigkeit der ESTV; die Literatur vertritt mehrheitlich die Auffassung, die Veranlagung und damit auch die Genehmigung von "Ruling"-Anträgen falle bei der direkten Bundessteuer ausschliesslich in die Zuständigkeit der Kantone, welche auch ohne Zustimmung der ESTV "Rulings" mit Bindungswirkung genehmigen könne (BROGER/AEBI, Bindungswirkung kantonaler Steuerrulings für die direkte Bundessteuer, Der Schweizer Treuhänder [ST] 2013 S. 607; BÜRGISSER/DANON/MELLER/OBRIST, La jurisprudence fiscale du Tribunal fédéral en 2013, Recueil de jurisprudence neuchâteloise [RJN] 2013 S. 86 f.; JÉRÔME BÜRGISSER, Du ruling fiscal, RDAF 2014 II S. 411 f.; HUGO CASANOVA, Die steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2012, ASA 82 S. 538 f.; GLAUSER/BEUSCH, Entwicklungen im Steuerrecht, SJZ 2013 S. 260; STEFAN OESTERHELT, Bindungswirkung kantonaler Steuerrulings gegenüber ESTV, StR 2013 S. 191, 194; derselbe , Steuerrechtliche Entwicklungen (insbesondere im Jahr 2013), SZW 2014 BGE 141 I 161 S. 168 S. 87; SANER/SEILER/KOBIERSKI, Offshore-Finanzierung von schweizerischen Konzernen, ST 2013 S. 231; für Zuständigkeit bzw. Miteinbezug der ESTV dagegen: BAUR, a.a.O., S. 42 [zur Wehrsteuer]; MORF/MÜLLER/AMSTUTZ, Schweizer Steuerruling - Erfolgsmodell und Werthaltigkeit, ST 2008 S. 814; DANIELLE YERSIN, in: Commentaire romand, Impôt fédéral direct, 2008, Remarques préliminaires, N. 87; SCHREIBER/JAUN/KOBIERSKI, a.a.O., S. 331; MARC VOGELSANG, Inkonsistenzen in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Betriebsstätten und Steuerrulings, Jusletter 25. März 2013 Rz. 36). 3.5 Die Beschwerdeführerin stellt diese von der Vorinstanz korrekt dargelegten Zuständigkeiten nicht in Frage. Sie anerkennt vielmehr ausdrücklich, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sowie konstanter Praxis der ESTV "Rulings" betreffend die direkte Bundessteuer für die ESTV grundsätzlich auch dann verbindlich sind, wenn sie ohne Kenntnis der ESTV durch die dafür zuständige kantonale Steuerbehörde gegengezeichnet worden sind. Indem die Beschwerdeführerin also zum Ausdruck bringt, die kantonalen Veranlagungsbehörden seien grundsätzlich - abgesehen von gewissen Ausnahmekonstellationen - allein zuständig zur Vereinbarung von "Rulings" und die abgeschlossenen "Rulings" seien - bis zu einem allfälligen Widerruf - auch für die ESTV verbindlich, bestätigt sie damit ihrerseits eine Vertrauensgrundlage für die Steuerpflichtigen. 3.6 Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin, wenn sie ausführt, das "Ruling" sei nicht korrekt umgesetzt worden, weshalb dieses grundsätzlich keinen Vertrauensschutz zu Gunsten der Steuerpflichtigen entfalten könne. Die Vorinstanz hat dazu ausgeführt, für die Frage, ob ein "Ruling" korrekt umgesetzt worden ist, sei auf den zum Zeitpunkt des Abschlusses des "Rulings" herrschenden Wissensstand abzustellen. Die Beschwerdegegnerin habe das "Ruling" nach bestem Wissen und Gewissen korrekt umgesetzt, indem sie auf den Cayman Islands eine Zweigniederlassung mit eigenem Personal und Räumlichkeiten gegründet habe. Im Ergebnis ist diese Sichtweise nicht zu beanstanden: Massgebend ist jeweils, ob die Steuerpflichtige den Sachverhalt so verwirklicht hat, wie er dem "Ruling" zugrunde gelegt worden ist. Die kantonale Steuerverwaltung hat im umstrittenen "Ruling" vom 10. August 1999 offensichtlich die Ansicht vertreten, die von der Beschwerdegegnerin dargelegte Konstellation erfülle die Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte im Sinne von Art. 52 DBG . Hier hat die BGE 141 I 161 S. 169 Beschwerdegegnerin den Sachverhalt so dargelegt, wie sie ihn in der Folge auch umgesetzt hat (eigenes Personal und Räumlichkeiten auf den Cayman Islands). Es geht nicht an, der Beschwerdegegnerin im Nachhinein - aufgrund des am 5. Oktober 2012 ergangenen bundesgerichtlichen Urteils - vorzuhalten, sie hätte die Unrichtigkeit der Auskunft ohne Weiteres erkennen können. Die von der Steuerverwaltung des Kantons Zug im Jahr 1999 erteilte vorbehaltlose Zustimmung basierte auf einem - aus ihrer Sicht - klaren und vollständigen Sachverhalt, weshalb das hier in Frage stehende "Ruling" - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - grundsätzlich Vertrauensschutz entfalten kann. Dafür spricht im Übrigen auch der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin bis und mit dem Steuerjahr 2004 durch die kantonale Steuerverwaltung gemäss dem umstrittenen "Ruling" besteuert worden ist. 4. 4.1 Die Vorinstanz hat weiter ausgeführt, die Beschwerdegegnerin habe Anspruch darauf, gemäss dem - sich im Nachhinein als unrichtig erwiesenen - "Ruling" veranlagt zu werden, da sämtliche Voraussetzungen des Vertrauensschutzes erfüllt seien. Die zuständige kantonale Steuerverwaltung habe das "Ruling" vom 10. August 1999 nie widerrufen, weshalb das Vertrauen der Beschwerdegegnerin in das "Ruling" erst durch das bundesgerichtliche Urteil vom 5. Oktober 2012 zerstört worden sei. 4.2 Die Beschwerdeführerin führt dagegen Folgendes aus: Gelange die ESTV im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeiten betreffend die direkte Bundessteuer zum Schluss, dass ein "Ruling" betreffend einen Dauersachverhalt aufzuheben sei, weil es sachlich unrichtig sei, schreibe sie die betreffende kantonale Veranlagungsbehörde an und ersuche diese in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde um Weiterleitung dieser Mitteilung an die steuerpflichtige Person. Sobald diese Mitteilung bei der steuerpflichtigen Person eintreffe, sei der bis dahin unbeschränkt geltende Vertrauensschutz betreffend die direkte Bundessteuer nicht mehr gegeben. 4.3 Umstritten ist damit der Zeitpunkt, in welchem das Vertrauen der Beschwerdegegner in das "Ruling" vom 10. August 1999 zerstört worden ist. Während die Vorinstanz diesen Zeitpunkt wie erwähnt auf den 5. Oktober 2012 legt, geht die Beschwerdeführerin davon aus, dass bereits die Mitteilung der ESTV an die kantonale Steuerverwaltung, die am 9. Februar 2005 der Beschwerdegegnerin zur Kenntnis gebracht worden ist, dazu führt, dass sich diese nicht mehr auf den Vertrauensschutz berufen kann. BGE 141 I 161 S. 170 4.3.1 Die kantonale Steuerverwaltung hat am 9. Februar 2005 der Beschwerdegegnerin Folgendes mitgeteilt: "Die ESTV ist der Auffassung, dass auf den Cayman Islands keine Geschäftstätigkeit im Sinne einer Betriebsstätte ausgeübt wird und fordert uns auf, die internationale Steuerausscheidung im Verhältnis zur Zweigniederlassung auf den Cayman Islands ab 1.1.2005 zu verweigern. Wir bitten Sie um Kenntnisnahme." 4.3.2 Die Frage, ob die ESTV befugt ist, in einem Einzelfall eine Veranlagung aufsichtsrechtlich aufzuheben, ist umstritten (verneinend: KÄNZIG/BEHNISCH, Die direkte Bundessteuer, III. Teil: Art. 65-158 BdBSt , 2. Aufl. 1992, N. 3 f. zu Art. 93 BdBSt ; BEUSCH, a.a.O., N. 15, 25 zu Art. 103 DBG ; PEDROLI, in: Commentaire romand, a.a.O., N. 2 zu Art. 103 DBG bejahend für gravierende Fälle). Ob die ESTV im Einzelfall Weisungen erlassen kann, ist ebenfalls unklar (BEUSCH, a.a.O., N. 21 zu Art. 102 DBG : "problematisch"; N. 14 zu Art. 103 DBG : verneinend). Die Frage kann hier indes aus folgendem Grund offengelassen werden: Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann man dem Schreiben der kantonalen Steuerverwaltung nicht entnehmen, dass diese das umstrittene "Ruling" nicht widerrufen wollte. Vielmehr ist dem Schreiben zu entnehmen, dass die kantonale Steuerverwaltung - auch wenn dies nicht ihrer ursprünglichen Ansicht entsprochen haben mag - ab dem 1. Januar 2005 die internationale Steuerausscheidung zugunsten der Betriebsstätte auf den Cayman Islands auf Anweisung der ESTV hin verweigern wird. Gemäss dieser Ankündigung vom 9. Februar 2005 ist die kantonale Steuerverwaltung später dann auch vorgegangen und hat mit Veranlagungsverfügungen vom 27. Mai 2008 für die direkte Bundessteuer 2005 und 2006 einen vollständig in der Schweiz zu versteuernden Reingewinn von Fr. 8'643'000.- (2005) bzw. Fr. 9'468'300.- (2006) festgestellt. Damit steht fest, dass die kantonale Steuerverwaltung das "Ruling" vom 10. August 1999 mit Schreiben vom 9. Februar 2005 auf Druck der ESTV hin widerrufen hat. Daran vermag auch der Umstand, dass im darauf folgenden Einsprache- bzw. Verwaltungsgerichtsverfahren eine Ausscheidung zugunsten der ausländischen Betriebsstätte bejaht wurde, nichts zu ändern. 4.4 Daraus folgt, dass bereits das Schreiben der kantonalen Steuerverwaltung vom 9. Februar 2005 dazu führt, dass sich die Beschwerdegegnerin nicht mehr auf das umstrittene "Ruling" berufen kann und der damit verbundene Vertrauensschutz zerstört ist. BGE 141 I 161 S. 171 5. 5.1 Damit bleibt noch zu klären, ob der Beschwerdegegnerin für die Anpassung ihrer Struktur eine Übergangsfrist zu gewähren ist und wie lange diese allenfalls anzusetzen ist. 5.2 Grundsätzlich ist der Beschwerdegegnerin aufgrund der Kündigung des "Rulings" zur Anpassung an die neue Situation eine angemessene Übergangsfrist zu gewähren, damit diese ihre Strukturen unter Einhaltung vertraglicher und gesetzlicher Fristen an die geänderte Rechtslage anpassen kann (vgl. RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 88 der Vorbem. zu Art. 109-121 DBG ; SCHREIBER/JAUN/KOBIERSKI, a.a.O., S. 319; MORF/MÜLLER/AMSTUTZ, a.a.O., S. 816). 5.3 Die Vorinstanz hat sich der Ansicht der kantonalen Steuerverwaltung angeschlossen, wonach bei "komplexen internationalen Verhältnissen mit grossem Überprüfungsaufwand" eine Übergangsfrist von ein bis zwei Jahren zur Anpassung zu gewähren und das Ende dieser Übergangsfrist als Stichtag heranzuziehen sei. Für den vorliegenden Fall will die Vorinstanz eine Anpassungsfrist von mindestens einem Jahr gewähren, weshalb sich die Beschwerdegegnerin - da die Steuerperiode das Kalenderjahr ist - bis zum 31. Dezember 2006 auf das "Ruling" berufen könne. 5.4 Bei näherer Betrachtung rechtfertigt sich eine solche grosszügige und lange Übergangsfrist indes nicht: Die auf den Cayman Islands vorhandenen Strukturen (vier Teilzeitmitarbeitende mit Arbeitspensen von je 20 %) sind als "schlank" zu bezeichnen (so schon BGE 139 II 78 E. 3.2.1 S. 89). Von "komplexen internationalen Verhältnissen" kann hier keine Rede sein. Entgegen der Vorinstanz sehen denn auch die Arbeitsverträge der vier Mitarbeiter keine Kündigungsfrist von sechs, sondern von bloss vier Monaten vor. Die Beschwerdegegnerin hat denn auch nicht dargelegt, welche konkreten Umstrukturierungsmassnahmen notwendig gewesen wären bzw. dass diese einen erheblichen Zeitaufwand verursacht hätten. Im Ergebnis ist damit dem Eventualantrag der ESTV zu entsprechen, wonach eine Übergangsfrist bis Ende 2005 als ausreichend anzusehen ist. Die Beschwerdegegnerin kann sich damit nur für die Steuerperiode 2005 auf den Vertrauensschutz berufen, nicht jedoch für die Steuerperiode 2006. 5.5 Daraus folgt, dass die Beschwerdegegnerin für die direkte Bundessteuer in der Steuerperiode 2005 mit einem steuerbaren Gewinn BGE 141 I 161 S. 172 von Fr. 0.- und in der Steuerperiode 2006 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 9'468'300.- zu veranlagen ist.
public_law
nan
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2,015
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e071cfce-52b0-4194-a0c1-ae04d40a9e8f
Urteilskopf 114 II 284 50. Arrêt de la Ire Cour civile du 7 juin 1988 dans la cause Aeroleasing Holding S.A. contre Office fédéral du registre du commerce (recours de droit administratif)
Regeste Art. 944 Abs. 1 OR und 44 Abs. 1 HRegV. Geschäftsfirmen. 1. Eine Firma ist nur dann unzulässig, wenn sie offensichtlich aus rein beschreibenden Sachbezeichnungen besteht (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 2b). 2. Zulässigkeit der Geschäftsfirma "Aeroleasing S.A." (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 284 BGE 114 II 284 S. 284 A.- Aeroleasing Holding S.A., à Fribourg, inscrite au registre du commerce depuis 1987, détient des participations dans plusieurs sociétés, dont ALG Leasing S.A., à Meyrin, qui avait été BGE 114 II 284 S. 285 créée en 1966 sous le nom d'Aeroleasing S.A., et qui a changé de raison sociale en 1987. Pour des motifs prétendument pratiques, Aeroleasing Holding S.A. a été amenée à constituer, en décembre 1987, Aeroleasing S.A. en formation, avec siège à Meyrin. Le but social visait la reprise des actifs et passifs détenus précédemment par ALG Leasing S.A., et consistait notamment dans la location et l'affrètement d'avions et d'autres appareils de transport aérien. Par décision du 18 décembre 1987, l'Office fédéral du registre du commerce (ci-après: l'Office) s'est opposé à l'inscription de la raison sociale Aeroleasing S.A., "en tant qu'elle est composée uniquement d'une désignation générique, ce qui au regard de la jurisprudence ( ATF 101 Ib 361 ) et de la pratique des autorités du registre du commerce est impropre à individualiser une raison sociale". B.- Aeroleasing Holding S.A. forme un recours de droit administratif contre cette décision, dont elle requiert l'annulation, en concluant à ce qu'elle soit autorisée à utiliser la raison sociale Aeroleasing S.A. et à en obtenir l'inscription au registre du commerce de Genève. Au terme de ses observations, l'Office conclut au rejet du recours et à ce qu'il soit déclaré que la désignation générique "Aeroleasing" (sic) n'est pas admissible comme seul élément d'une raison de commerce. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aeroleasing Holding S.A. déclare, sans être contredite, qu'elle détient toutes les actions d'Aeroleasing S.A. en formation (sous réserve des actions des administrateurs). Cette position lui confère la qualité pour recourir, qui n'est d'ailleurs pas contestée par l'Office. 2. a) Pour autant qu'elle se conforme aux principes généraux régissant les raisons de commerce, la société anonyme peut choisir librement sa raison sociale ( art. 950 al. 1 CO ). Toute raison peut contenir, outre les éléments essentiels prescrits par la loi, des indications sur la nature de l'entreprise, pourvu qu'elles soient conformes à la vérité, ne puissent induire en erreur et ne lèsent aucun intérêt public ( art. 944 al. 1 CO et 38 al. 1 ORC). La raison sociale ne doit pas contenir de désignations visant uniquement un but de réclame ( art. 44 al. 1 ORC ). Une raison sociale a en effet BGE 114 II 284 S. 286 pour objet de caractériser et de différencier une entreprise. Elle n'est pas destinée à la présenter comme étant plus ou moins importante ou productive ( ATF 106 II 353 consid. 1, 101 Ib 363 consid. 3 et les références). Lorsqu'il incombe à l'Office, comme en l'espèce, de décider si la raison sociale revendiquée satisfait ou non aux exigences des art. 944 CO et 44 al. 1 ORC et de résoudre, sur un plan abstrait, la question de savoir si une raison sociale est conforme à la vérité, ne risque pas d'induire en erreur, ne lèse aucun intérêt public et n'a pas un caractère de réclame, le Tribunal fédéral peut revoir librement la décision attaquée ( ATF 101 Ib 366 /367 consid. 5a). b) Dans le dernier arrêt cité, le Tribunal fédéral a confirmé le refus d'inscription de la raison sociale "Inkasso AG" en posant pour règle l'interdiction de la constitution d'une raison de commerce composée exclusivement de termes génériques sans force distinctive, c'est-à-dire l'interdiction des vocables qui décrivent l'objet de l'entreprise, son but, ses activités, le cercle de ses opérations, et uniquement cela (cf. DESSEMONTET, in L'Expert-comptable suisse 59 [1985], p. 220). Bien que la motivation de cet arrêt soit peu claire quant à certaines de ses conséquences - un auteur la qualifie de sibylline (BÜHLER, Firmenfunktionen und Eintragungsfähigkeit von Firmen, in Le Notaire bernois 48 [1987], p. 17, n. 71; voir aussi: KUMMER, in RJB 113 [1977], p. 220 in fine ss) -, le principe selon lequel une désignation purement générique, sans force distinctive, ne peut constituer, à elle seule, une raison sociale semble approuvé par la doctrine (cf. BÜHLER, op.cit., p. 16/17; KUMMER op.cit., p. 224/225; A. TROLLER, Immaterialgüterrecht, I, 3e éd., p. 298/299; P. TROLLER, Kollisionen zwischen Firmen, Handelsnamen und Marken, p. 102/103). Ce qui est essentiel, c'est que puissent rester disponibles les termes du langage courant et que le risque de monopolisation par une société soit écarté par l'interdiction d'une raison composée uniquement de tels termes s'ils sont descriptifs. Un signe distinctif accompagnant le terme générique suffit pour que la raison puisse être autorisée ( ATF 106 II 355 consid. e: LN Industries S.A.), de même que l'adjonction d'un autre terme générique, si celui-ci donne à l'assemblage le caractère d'une dénomination de fantaisie ( ATF 107 II 250 consid. 2: Index Management AG). On doit donc interpréter restrictivement la jurisprudence de l' ATF 101 Ib 361 ss et ne prohiber une raison BGE 114 II 284 S. 287 sociale que s'il est bien évident qu'elle comporte uniquement des termes génériques descriptifs. Est seule déterminante à cet égard l'impression produite par la raison sociale sur le lecteur moyen, lui prêtant une attention normale ( ATF 113 II 282 , ATF 111 II 88 , ATF 110 II 399 ). c) Il n'est pas contesté, ni contestable, que le terme anglais "leasing" revêt un caractère générique, du fait qu'il est entré dans le langage français courant pour désigner un contrat qui se rapproche du bail. En revanche, le terme "aeroleasing" constitue un néologisme, ou une dénomination originale, qui, pour le lecteur moyen, ne décrit pas forcément l'objet, le but ou l'activité de l'entreprise. Le préfixe "aero" peut en effet se rapporter aussi bien à l'air ou à un fluide gazeux qu'à un objet ou à un véhicule lié à l'air, que ce soit pour le mesurer, l'utiliser ou s'y mouvoir. Comme le relève avec pertinence la recourante, la raison sociale litigieuse ne recouvre l'activité pratiquée par la société (soit notamment la location d'avions ou d'autres aéronefs) que de façon allusive, par connotation. Une telle situation est différente de celle où la combinaison des termes ferait saisir immédiatement, et avec la même force qu'un terme générique, l'activité de l'entreprise, comme par exemple "avionleasing", ou "autoleasing" dans le secteur du leasing d'automobiles. Ainsi, à défaut d'évidence que la désignation litigieuse soit purement générique et descriptive, la raison sociale "Aeroleasing S.A." ne saurait être interdite par l'Office. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours, annule la décision attaquée et autorise la recourante à utiliser la raison sociale "Aeroleasing S.A.".
public_law
nan
fr
1,988
CH_BGE
CH_BGE_004
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e073b670-be25-4128-8146-5b9e9349d86a
Urteilskopf 125 II 258 25. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Mai 1999 i.S. P. und Q. gegen Bezirksanwaltschaft IV, Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Spezialitätsvorbehalt ( Art. 67 Abs. 2 Satz 1 IRSG ). Die Verwendung der durch Rechtshilfe in Strafsachen erlangten Auskünfte und Schriftstücke in einem Zivilprozess bedarf grundsätzlich der Zustimmung des Bundesamts für Polizei nach Art. 67 Abs. 2 Satz 1 IRSG . Das gilt jedoch nicht, soweit das Zivilverfahren die Rückführung der deliktisch erlangten Vermögenswerte an den Berechtigten zum Gegenstand hat und insofern das Strafverfahren ergänzt (E. 7a/bb). Zur Frage, ob auch die zivilprozessuale Verwendung für Schadenersatzforderungen des Opfers wegen der dem Rechtshilfeverfahren zugrundeliegenden Straftat der Zustimmung des Bundesamtes bedarf (E. 7a/cc). Die Zustimmung gemäss Art. 67 Abs. 2 IRSG kann im vorliegenden Verfahren nicht vom Bundesgericht erteilt werden (E. 7a/cc a.E.).
Sachverhalt ab Seite 259 BGE 125 II 258 S. 259 Mit Schreiben vom 25. August 1997 ersuchte der «Director of Public Prosecutions» (DPP) des Königreichs von Lesotho die schweizerischen Behörden um Rechtshilfe für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen M. wegen Diebstahls («theft»), Betrugs («fraud»), Bestechung («bribery») und Meineids («perjury»). Die Vorwürfe gegen M. stehen in Zusammenhang mit dessen Tätigkeit als leitendes Organ («Chief Executive Officer») der «Lesotho Highlands Development Authority» (LHDA), deren Aufgabe es war, die Ausführung des «Lesotho Highlands Water Project» zu überwachen. Dieses Projekt umfasst den Bau zahlreicher Staudämme in Lesotho, um dadurch Wasser nach Südafrika leiten und Wasserkraft-Energie für Lesotho gewinnen zu können. Vor dem High Court of Lesotho ist bereits ein Zivilverfahren hängig, in welchem die LHDA Schadenersatzforderungen gegen M. geltend macht. BGE 125 II 258 S. 260 Mit Schlussverfügung vom 21. Oktober 1998 entsprach die Bezirksanwaltschaft dem Rechtshilfeersuchen im Sinne der Erwägungen und ordnete die Herausgabe der in Disp.-Ziff. 3 und 4 bezeichneten Unterlagen an. Die Bezirksanwaltschaft brachte einen Spezialitätsvorbehalt an, wonach die hierorts gewonnenen Erkenntnisse einzig zur Verfolgung der im Rechtshilfeersuchen angegebenen gemeinrechtlichen Straftaten (einschliesslich Leistungs- und Abgabebetrug) verwendet werden dürfen, nicht aber zur Ahndung von Taten, die auf eine Verkürzung fiskalischer Abgaben gerichtet erscheinen oder Vorschriften über währungs-, handels- oder wirtschaftspolitische Massnahmen verletzen. Hiergegen rekurrierten die P. und die Q. S.A. an das Obergericht des Kantons Zürich. Die III. Strafkammer des Obergerichts wies den Rekurs am 7. Januar 1999 ab. Gegen den Beschluss des Obergerichts erhoben die P. und die Q. S.A. am 12. Februar 1999 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragten, es sei der angefochtene Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vollumfänglich aufzuheben und es sei die Rechtshilfe zu verweigern. Eventualiter beantragen sie u.a., die Bezirksanwaltschaft sei anzuweisen, den Spezialitätsvorbehalt in dem Sinne zu vervollständigen, dass den Behörden von Lesotho jegliche Verwendung der überlieferten Beweismittel im Rahmen von anderen Strafverfahren oder in Zivil- und Verwaltungsverfahren verboten werde. Das Bundesamt für Polizeiwesen beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei abzuweisen und die Verwendung der an das Königreich Lesotho zu übermittelnden Beweismittel im Rahmen eines konnexen Zivilverfahrens sei zu gestatten. Das Bundesgericht weist diese Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 7. a) Schliesslich verlangen die Beschwerdeführerinnen, der von der Bezirksanwaltschaft formulierte Spezialitätsvorbehalt müsse vervollständigt und die Verwendung der zu übermittelnden Beweismittel in dem in Lesotho hängigen Zivilverfahren müsse klar verboten werden. aa) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 122 II 134 E. 7c S. 137 ff.) soll der Spezialitätsvorbehalt gemäss Art. 67 Abs. 1 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen BGE 125 II 258 S. 261 (IRSG; SR 351.1) die strafrechtliche Verwendung von Auskünften zur Verfolgung nicht rechtshilfefähiger Delikte i.S.v. Art. 3 IRSG verhindern, steht dagegen einer zivilprozessualen Verwendung der im Rechtshilfeverfahren erlangten Auskünfte grundsätzlich nicht entgegen. Dies gilt jedenfalls, sofern es sich um die Forderungen des durch die Straftat Geschädigten handelt. Es besteht daher kein Grund, die Verwendung der rechtshilfeweise übermittelten Kontounterlagen in dem konnexen Zivilverfahren der LHDA gegen M. von vornherein auszuschliessen. bb) Nach der zitierten Rechtsprechung ist die zivilprozessuale Verwendung der Auskünfte allerdings grundsätzlich an die vorgängige Zustimmung des Bundesamtes für Polizeiwesen gemäss Art. 67 Abs. 2 Satz 1 IRSG gebunden ( BGE 122 II 134 E. 7c/ee S. 140); hiergegen kann Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben werden ( Art. 25 Abs. 1 IRSG ). Das BAP ist verpflichtet, diesen Zustimmungsvorbehalt vor Übermittlung der Unterlagen an die ersuchende Behörde klar zum Ausdruck zu bringen. Fraglich ist allerdings, ob dieser Zustimmungsvorbehalt auch insoweit gilt, als das Zivilverfahren die Rückführung der deliktisch erlangten Vermögenswerte an den Berechtigten zum Gegenstand hat und insoweit das Strafverfahren ergänzt. Gemäss Art. 63 Abs. 1 IRSG umfasst die Rechtshilfe nach dem dritten Teil dieses Gesetzes Auskünfte, Prozesshandlungen und andere Amtshandlungen, die für ein Verfahren in strafrechtlichen Angelegenheiten im Ausland erforderlich erscheinen oder dem Beibringen der Beute dienen. Als Rechtshilfemassnahme kommt nach Art. 63 Abs. 2 IRSG in der Fassung der IRSG-Revision vom 4. Oktober 1996 auch die Herausgabe von Gegenständen zur Einziehung oder zur Rückerstattung an den Berechtigten in Betracht. Diese ist in Art. 74a IRSG näher geregelt. Seit der IRSG-Revision ist es nicht mehr erforderlich, dass die Einziehung bzw. Rückerstattung durch ein Strafgericht erfolgt; Art. 74a IRSG verlangt lediglich, dass sie deliktisch erlangte Gegenstände oder Vermögenswerte betrifft (Abs. 2) und gerichtlich angeordnet wird. Dagegen ist es unerheblich, ob dies im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Angeschuldigten oder in einem getrennten Verfahren geschieht und ob dieses Verfahren vor einem Straf-, einem Zivil- oder einem Verwaltungsgericht erfolgt ( BGE 123 II 595 E. 5e S. 611). Gelten derartige Zivil- oder Verwaltungsverfahren somit als «Verfahren in strafrechtlichen Angelegenheiten» i.S.v. Art. 63 IRSG , ist auch die Verwendung der rechtshilfeweise übermittelten Auskünfte in solchen Verfahren zulässig, ohne dass BGE 125 II 258 S. 262 es hierzu der vorgängigen Zustimmung des BAP gemäss Art. 67 Abs. 2 Satz 1 IRSG bedarf. Diese Rechtsauffassung liegt auch dem vom BAP verwendeten formularmässigen Spezialitätsvorbehalt zugrunde, dessen Ziff. 3 und 4 lauten: 3. Die Rückführung von Vermögenswerten an den Berechtigten oder die Ergreifung von Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter sind auch Bestandteil der Strafverfolgung; die Verwendung der übermittelten Unterlagen und Informationen ist in dieser Hinsicht auch im Rahmen eines ergänzenden Verwaltungs- oder Zivilverfahrens erlaubt. In keinem Fall gestattet ist jedoch die direkte oder indirekte Verwendung der erhaltenen Unterlagen und der darin enthaltenen Angaben für ein fiskalisches Straf- oder Verwaltungsverfahren. 4. Jegliche weitere Verwendung dieser Unterlagen oder Informationen bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesamtes für Polizeiwesen, die vorgängig einzuholen ist. cc) Das Bundesamt für Polizeiwesen hat in seiner Vernehmlassung beantragt, das Bundesgericht möge die Verwendung der an das Königreich Lesotho zu übermittelnden Beweismittel im Rahmen des konnexen Zivilverfahrens schon heute gestatten. Es macht geltend, angesichts der Umstände des vorliegenden Falls müsse eine solche Verwendung bewilligt werden; aus prozessökonomischen Gründen sei die Bewilligung unmittelbar vom Bundesgericht zu erteilen. Soweit es im Zivilverfahren in Lesotho um die Rückerstattung deliktisch erlangter Gegenstände oder Vermögenswerte an die LHDA als Berechtigte geht, ist die Verwendung der übermittelten Unterlagen nach dem eben Gesagten ohne besondere Zustimmungserklärung möglich. Fraglich ist dagegen, ob dies auch für zivilrechtliche Schadenersatzforderungen der LHDA gilt, die auf den im Rechtshilfegesuch geschilderten bzw. vermuteten Amtspflichtverletzungen M.s beruhen. Da die Zahlungen an den Beschuldigten M. nicht aus dem Vermögen der LHDA sondern von deren Vertragspartnern stammen, ist es zweifelhaft, ob die LHDA «Berechtigte» dieser Gelder i.S.v. Art. 74a IRSG ist. Immerhin aber handelt es sich um Forderungen wegen eines Schadens, der durch die dem Rechtshilfegesuch zugrundeliegende Straftat verursacht wurde. Dieser Schadenersatzanspruch kann Vorrang vor dem staatlichen Einziehungsanspruch haben: So kann der Geschädigte nach Art. 60 StGB die zur Einziehung bestimmten Gegenstände oder Vermögenswerte u.U. zur Deckung seines Schadens beanspruchen; das schutzwürdige Interesse des Geschädigten, auf die in der Schweiz beschlagnahmten Vermögenswerte zuzugreifen, kann auch einer Herausgabe an den BGE 125 II 258 S. 263 ersuchenden Staat entgegenstehen (vgl. Art. 74a Abs. 4 lit. a IRSG und BGE 123 II 595 E. 7b S. 615/616). Art. 5 Abs. 3 lit. a des Staatsvertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen vom 25. Mai 1973 [RVUS; SR 0.351.933.6] gestattet ganz allgemein die Verwendung des übermittelten Materials in einem Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren über die Leistung von Schadenersatz im Zusammenhang mit dem Strafverfahren, für das Rechtshilfe geleistet worden ist. Art. 5 RVUS liegt der Regelung des Spezialitätsprinzips in Art. 67 IRSG zugrunde (vgl. Botschaft des Bundesrates zu einem Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 8. März 1976, BBl 1976 II S. 465) und kann daher zur Auslegung dieser Bestimmung herangezogen werden ( BGE 122 II 134 E. 7c/aa S. 138). Für eine Art. 5 Abs. 3 lit. a RVUS entsprechende Lösung im Rahmen des IRSG sprechen Praktikabilitätserwägungen: Die Abgrenzung von «blossen» Schadenersatzforderungen des Opfers einerseits und von Rückerstattungsansprüchen des Berechtigten andererseits ist schwierig und hängt vom anwendbaren, i.d.R. ausländischen Zivilrecht ab. Dagegen würde das in Art. 5 Abs. 3 lit. a RVUS verwendete Kriterium der Konnexität zum Strafverfahren, für das Rechtshilfe geleistet wird, eine auch für die Behörden des ersuchenden Staates einfache, vom Zivilrecht unabhängige Abgrenzung erlauben. Schliesslich ist auch nicht einzusehen, weshalb ein Geschädigter sich nicht auf die rechtshilfeweise übermittelten Beweise berufen darf (bzw. hierzu der vorgängigen Zustimmung des BAP bedarf), wenn über seine Ansprüche in einem separaten Zivilverfahren entschieden wird, während er im Adhäsionsverfahren ohne weiteres in den Genuss der durch Rechtshilfe für das Strafverfahren erlangten Beweismittel gelangt. Die aufgeworfene Frage braucht aber nicht abschliessend entschieden zu werden. Soweit aus den Akten ersichtlich, beschränkt sich das hängige Zivilverfahren nicht auf Schadenersatzforderungen der LHDA im Zusammenhang mit den Betrugs- und Bestechungsvorwürfen gegen M., sondern umfasst sämtliche Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis. Die unbeschränkte Verwendung der rechtshilfeweise übermittelten Unterlagen in diesem Verfahren setzt daher jedenfalls die vorgängige Zustimmung des BAP nach Art. 67 Abs. 2 Satz 1 IRSG voraus. Diese Zustimmung kann nicht durch das Bundesgericht im vorliegenden Verfahren erteilt werden. Zwar ist das Bundesgericht an BGE 125 II 258 S. 264 die Anträge der Parteien nicht gebunden ( Art. 25 Abs. 6 IRSG ); es darf aber den Streitgegenstand des Verfahrens nicht überschreiten. Dieser wird durch die angefochtene Verfügung der Bezirksanwaltschaft und den Entscheid des Obergerichts umschrieben. Im kantonalen Verfahren war die Zustimmung zu einer weitergehenden Verwendung gemäss Art. 67 Abs. 2 IRSG kein Thema und konnte es auch nicht sein, da diese Zustimmung dem BAP vorbehalten ist. Es wird daher Aufgabe des BAP sein, eine erstinstanzliche Verfügung zu dieser Frage zu erlassen. Hiergegen können die Beschwerdeführerinnen Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht führen; dies hindert jedoch die Übermittlung der Unterlagen an Lesotho nicht.
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Urteilskopf 110 IV 6 3. Sentenza del 2 ottobre 1984 della Corte di cassazione nella causa X. c. Dipartimento di giustizia del Cantone Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 55 StGB . Vollzug der vom Richter angeordneten Landesverweisung. Will der des Landes Verwiesene nicht in seinen Heimatstaat zurückkehren, so muss er in das Land seiner Wahl ausgewiesen werden, wenn er über die erforderlichen Einreisepapiere und über genügend finanzielle Mittel für die Reise verfügt. Dieses Recht kann nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung beschränkt werden.
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 110 IV 6 S. 6 Condannato dalla Corte delle assise criminali del Cantone Ticino alla pena di tre anni di reclusione e all'espulsione dalla BGE 110 IV 6 S. 7 Svizzera per la durata di 15 anni, il cittadino italiano X. sarà liberato condizionalmente il 16 ottobre 1984. Il 4 luglio 1984 X. chiedeva al Dipartimento di giustizia del Cantone Ticino di poter abbandonare la Svizzera il giorno della sua liberazione da un valico non confinante con l'Italia. Il Dipartimento di giustizia respingeva tale domanda. Esso rilevava che X. non era oggetto di una domanda di estradizione da parte delle autorità italiane né risultava ricercato da queste ultime. Egli non sarebbe stato consegnato alla polizia italiana, bensì espulso da un valico ticinese di sua scelta, con la possibilità di comunicare detto posto di frontiera all'ultimo momento ed unicamente all'agente di polizia che lo avrebbe accompagnato al confine. Contro questa decisione X. è insorto con ricorso di diritto amministrativo, chiedendo che essa sia annullata a che sia ordinato al Dipartimento di giustizia di accogliere la sua istanza. Il Tribunale federale ha accolto il ricorso Erwägungen Considerando in diritto: a) Il ricorrente adduce che l'interesse pubblico svizzero è adempiuto ove la persona espulsa esca dalla Svizzera e non vi ritorni per la durata dell'espulsione; a tal fine sarebbe indifferente se l'uscita abbia luogo verso un paese piuttosto che verso un altro. b) Il Tribunale federale non ha mai avuto sin qui occasione di pronunciarsi espressamente sulla questione se una persona colpita da espulsione giudiziaria possa scegliere liberamente il paese dove intende recarsi uscendo dalla Svizzera. In DTF 103 Ib 22 esso si è limitato a stabilire che l'espulsione di uno straniero la cui estradizione sia stata rifiutata dalla Svizzera è consentita soltanto verso una frontiera differente da quella dello Stato che ne aveva invano chiesto l'estradizione. Alla fattispecie della negata estradizione può essere assimilata quella in cui appaia verosimile che lo Stato che ricerca l'espellendo si astenga intenzionalmente dal chiedere la sua estradizione, nel convincimento che le autorità svizzere lo espellerebbero comunque verso di esso. c) Il legislatore federale non ha disciplinato in alcun modo l'esecuzione dell'espulsione giudiziaria. In tali condizioni il principio della libertà personale non può essere limitato più di quanto sia strettamente necessario. Ciò significa, in concreto, che ove l'espellendo non intenda ritornare nello Stato di cui è cittadino, egli deve essere espulso verso lo Stato (confinante o non confinante) di sua scelta, BGE 110 IV 6 S. 8 sempreché ne abbia la possibilità, ossia disponga di un documento di viaggio che lo autorizzi ad entrarvi e di mezzi finanziari sufficienti per pagarsi il viaggio colà. Tale suo diritto può essere limitato solo da gravi ragioni di ordine pubblico. Questa situazione particolare non appare data nella fattispecie, in cui essa non è stata fatta valere né dall'autorità cantonale, né da quella federale, chiamata ad esprimersi sul ricorso. Discende da quanto sopra che il gravame va accolto e che va consentito al ricorrente di lasciare la Svizzera attraverso un valico autorizzato di sua scelta, a sue spese e purché disponga di un documento di viaggio che gli permetta di entrare nello Stato di sua scelta.
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Urteilskopf 118 III 57 17. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 15 janvier 1992 dans la cause Commune du Grand-Saconnex et Enfants du Monde (recours LP)
Regeste Art. 231 und Art. 260 SchKG . Summarischer Konkurs; Verzicht der Masse, ein Organ des Gemeinschuldners zu belangen; Abtretung ihrer Rechtsansprüche. Die Bestimmungen, die das summarische Konkursverfahren ordnen, regeln nicht, wie die Masse den Beschluss zu fassen hat zu verzichten, ein Organ des Gemeinschuldners zu belangen (E. 2). Der Abtretung oder dem Abtretungsangebot von Rechtsansprüchen der Masse muss ein Beschluss der Masse über den Verzicht auf deren Geltendmachung vorangehen. Die Gläubiger müssen Gelegenheit erhalten, zu diesem Punkt Stellung zu nehmen (E. 3). Art. 260 SchKG hat zwingenden Charakter, da er eine Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse nur unter der Voraussetzung vorsieht, dass diese auf deren Geltendmachung verzichtet hat. Die Abtretung oder das Abtretungsangebot, die resp. das vor dem Verzichtbeschluss erfolgt, ist nichtig (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 58 BGE 118 III 57 S. 58 A.- Le 23 octobre 1990, le président du Tribunal du district de Nyon prononça la faillite de la société Boravi S.A. et, le 5 novembre, il en autorisa la liquidation sommaire. La publication du dépôt de l'état de collocation et de l'inventaire intervint les 26 et 27 février 1991, avec avis du délai pour intenter action. Cette publication précisait que la cession des droits de la masse devait être demandée dans le même délai. Par lettre du 26 février 1991, le mandataire de la commune du Grand-Saconnex et de l'association Enfants du Monde, créancières de Boravi S.A., demanda à l'Office des faillites de Nyon d'examiner si le failli avait tardé à déposer son bilan en application de l' art. 725 CO ou s'il avait favorisé des créanciers. L'office répondit que les droits résultant de l'action en responsabilité avaient été portés à l'inventaire et fait l'objet d'une offre de cession. Le 28 mai 1991, le mandataire requit "cession des créances contre les administrateurs". L'office déclara, par lettre du 6 juin, qu'il ne pouvait plus céder les droits de la masse, car le délai pour requérir la cession était échu. B.- La commune du Grand-Saconnex et l'association Enfants du Monde ont porté plainte contre la décision de l'office. L'autorité inférieure de surveillance a rejeté la plainte et l'autorité cantonale supérieure de surveillance a rejeté le recours formé contre le prononcé de l'autorité inférieure. C.- La commune du Grand-Saconnex et l'association Enfants du Monde exercent un recours au Tribunal fédéral et requièrent l'annulation de l'arrêt de l'autorité cantonale supérieure de surveillance. Erwägungen Considérant en droit: 2. L' art. 231 LP , seule disposition légale régissant la liquidation sommaire de la faillite, en règle très succinctement les modalités. Celles-ci sont précisées par les art. 32 al. 2, 49, 70, 93 et 96 OOF ainsi que par les art. 71 à 81, 83 et 85 OOF applicables en vertu des renvois de l'art. 96 let. b et c OOF. Parmi ces dispositions réglementaires, seuls les art. 49 et 80 OOF sont en rapport direct avec la cession des droits de la masse aux créanciers. L'art. 49 OOF prévoit que, simultanément à la communication aux créanciers du dépôt de l'état de collocation, un délai leur sera imparti pour requérir cession des droits de la masse. Cette norme réglementaire vise l'offre de cession dans les cas importants, mais ne régit pas la décision de la masse BGE 118 III 57 S. 59 de renoncer à faire valoir ses droits elle-même. Quant à l'art. 80 OOF, il se borne à prescrire, pour la cession des droits de la masse, l'usage d'un formulaire et le respect des conditions que celui-ci prévoit. Sur un plan général, l'art. 96 let. a OOF prévoit que, dans la règle, il n'y a pas lieu de convoquer d'assemblée des créanciers, mais que l'office peut, lorsque des circonstances spéciales rendent une consultation des créanciers désirable, les convoquer à une assemblée ou provoquer une décision de leur part au moyen de circulaires. En définitive, la brève réglementation qui régit la liquidation sommaire n'indique pas expressément comment la masse peut décider de renoncer à agir elle-même contre un organe du failli. 3. Dans une jurisprudence constante, le Tribunal fédéral a considéré qu'une cession n'était valable que si elle faisait suite à une décision de la masse, c'est-à-dire de la majorité des créanciers, de renoncer à agir elle-même ( ATF 113 III 137 consid. 3b, ATF 79 III 11 , ATF 75 III 17 consid. 2, ATF 71 III 137 consid. 2). Il en va de même pour une offre de cession. Comme il n'y a, dans la règle, pas d'assemblée des créanciers en cours de liquidation sommaire (art. 96 let. a OOF), la décision de renonciation est, en principe, provoquée par voie de circulaire aux créanciers ( ATF 79 III 11 , ATF 71 III 137 consid. 2; BRIDEL, Contribution à l'étude de l' art. 260 LP , in JdT 1939 II 98ss, n. 12). La voie de la publication n'est pas exclue ( ATF 58 III 97 consid. 3), mais il faut accorder aux créanciers l'occasion de se déterminer quant à une éventuelle renonciation avant d'offrir la cession de droits litigieux ( ATF 102 III 82 consid. 3b). En l'espèce, les créanciers n'ont jamais été interpellés, ni par circulaire, ni par publication, sur le principe de la renonciation de la masse à faire valoir elle-même des créances inventoriées. Alors que l'offre de cession des droits de la masse supposait la renonciation à une action de la masse elle-même, il n'y a pas eu, ni expressément ni tacitement, une décision de renonciation prise par l'ensemble des créanciers. 4. Une décision est nulle, et non seulement annulable, lorsqu'elle viole une disposition légale impérative ( ATF 115 III 26 consid. 1 et les arrêts cités). Tel est le cas de l' art. 260 LP qui ne prévoit la cession des droits de la masse qu'après renonciation par celle-ci à les faire valoir elle-même ( ATF 79 III 12 consid. 2). Par conséquent, l'offre de cession contenue dans la publication des 26 et 27 février 1991 est nulle et sa nullité peut être constatée d'office et en tout temps par les autorités de surveillance, notamment par la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral BGE 118 III 57 S. 60 ( ATF 115 III 26 consid. 1). Il en découle que le délai pour requérir cession des droits de la masse n'a pas commencé à courir. Il est dès lors inutile d'examiner si l'offre de cession a été communiquée aux créanciers de façon valable.
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Urteilskopf 138 III 11 2. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. und C. gegen D. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_221/2011 vom 31. Oktober 2011
Regeste Internationale Zuständigkeit zur Anordnung einer Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB ; Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen; altes Lugano-Übereinkommen. Die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB , die sich auf ein im Ausland gefälltes und in der Schweiz anerkanntes und vollstreckbar erklärtes Unterhaltsurteil stützt, fällt nicht in den Anwendungsbereich des Haager Minderjährigenschutzabkommens (E. 5). Das Verfahren um Anordnung einer solchen Schuldneranweisung ist ein Zwangsvollstreckungsverfahren im Sinne von Art. 16 Nr. 5 aLugÜ (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 138 III 11 S. 12 A. D. und B. sind die geschiedenen Eltern von A. (geb. 1996) und C. (geb. 1997). Mutter und Söhne leben in E. (Deutschland). Der Vater wohnt in F. B. Mit Urteil vom 5. August 2008 verpflichtete das Amtsgericht Ravensburg (Deutschland) D. unter anderem, B. für A. und C. ab 1. März 2008 monatliche Unterhaltsbeiträge (zzgl. Anteil Kindergeld) zu bezahlen. Der Vater ist seinen Pflichten nicht nachgekommen. Darauf leitete B. die Betreibung ein. Im Rechtsöffnungsverfahren erklärte der Amtsgerichtspräsident III von Luzern-Land das deutsche Urteil in der Schweiz als vollstreckbar (Entscheid vom 4. Juni 2009). Die Betreibung führte zu einem Verlustschein. C. Mit Gesuch vom 14. April 2010 beantragte B. beim Amtsgericht Luzern-Land, der jeweilige Arbeitgeber von D. sei anzuweisen, von dessen Lohn monatlich den Betrag von Fr. 1'482.95 abzuziehen und auf ihr Konto zu überweisen. Das Amtsgericht trat mit Entscheid vom 19. August 2010 mangels örtlicher Zuständigkeit nicht auf das Gesuch ein. Den dagegen erhobenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 8. Februar 2011 ab. D. Mit Beschwerde vom 24. März 2011 wenden sich A. und C. (nachfolgend Beschwerdeführer), gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, an das Bundesgericht. Sie beantragen, die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Kriens (vormals Amtsgericht Luzern-Land) für ihr Gesuch um Schuldneranweisung festzustellen und die Sache zur materiellen Entscheidung an das Bezirksgericht Kriens zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer liess sich zur Beschwerde nicht vernehmen. Das Obergericht beantragte, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Das Obergericht des Kantons Luzern anerkennt, dass die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB weder die Feststellung noch die Festsetzung, sondern die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs betrifft. Aus dieser Erkenntnis folgert das Obergericht, die Schuldneranweisung sei eine Massnahme zum Schutze des Vermögens des Minderjährigen im Sinne von Art. 1 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA; SR 0.211.231.01). Daher sei dieses Abkommen "im BGE 138 III 11 S. 13 Zusammenhang mit einer Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB anwendbar". Gestützt auf die im Minderjährigenschutzabkommen enthaltenen Vorschriften kommt das Obergericht zum Schluss, mangels eines Aufenthaltsortes der Kinder in der Schweiz bzw. mangels Vorliegens eines dringenden Falles im Sinne von Art. 9 MSA seien die Schweizer Gerichte örtlich nicht zuständig. Diese Auffassung geht fehl: 5.1 Nach Art. 1 MSA sind die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, unter Vorbehalt von Art. 3, 4 und 5 Abs. 3 MSA zuständig, Massnahmen zum Schutze der Person oder des Vermögens des Minderjährigen zu treffen. Was als Schutzmassnahme im Sinne der zitierten Bestimmung zu gelten hat, ist nach der herrschenden Auffassung durch eine vertragsautonome, das heisst von den nationalen Rechtsordnungen losgelöste Auslegung zu ermitteln (s. nicht publ. E. 3). Die Lehre spricht sich für ein weites Verständnis der Schutzmassnahme aus, das sich am Zweck der Norm orientiert: Schutzmassnahmen im Sinne des Abkommens sollen alle Einzelmassnahmen sein, die hoheitlich von Behörden oder Gerichten getroffen werden, um die Person oder das Vermögen eines Minderjährigen zu schützen (SIEHR, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. Aufl. 2004, N. 23 zu Art. 85 IPRG ; ders. , in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 10: Einführungsgesetz [...], 3. Aufl. 1998, N. 41 f. zu Art. 19 EGBGB Anh. I; BUCHER, L'enfant en droit international privé, 2003, S. 116 f.; JAMETTI GREINER, in: FamKomm Scheidung, 2005, Anh. IPR, N. 96; KROPHOLLER, in: Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, EGBGB/IPR [nachfolgend: Kommentar], 2003, Vorbem. zu Art. 19 EGBGB, N. 39 ff.; OBERLOSKAMP, Haager Minderjährigenschutzabkommen, 1983, N. 5 zu Art. 1 MSA ). Unter die vom Abkommen beherrschten Schutzmassnahmen fallen namentlich die Zuteilung der elterlichen Gewalt sowie die Regelung des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und Kindern ( BGE 132 III 586 E. 2.2.1 S. 590; BGE 126 III 298 E. 2a/bb S. 392; BGE 124 III 176 E. 4 S. 179; BGE 123 III 411 E. 2a/bb S. 413). Vom Anwendungsbereich des MSA ausgeschlossen ist nach der bundesgerichtlichen Praxis hingegen die Zuerkennung von Unterhaltsbeiträgen ( BGE 126 III 298 E. 2a/bb S. 302; BGE 124 III 176 E. 4 S. 179 mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der im Schrifttum vertretenen Ansicht, wonach Unterhaltsleistungen vom BGE 138 III 11 S. 14 Minderjährigenschutzabkommen nicht erfasst sind, weil es sich hierbei um eine Materie handelt, die in speziellen Haager Übereinkommen geregelt wurde (SIEHR, in: Zürcher Kommentar, a.a.O., N. 25 zu Art. 85 IPRG ; ders. , in: Münchener Kommentar [...], a.a.O., N. 92 zu Art. 19 EGBGB Anh. I; JAMETTI GREINER, a.a.O., Anh. IPR, N. 97; KROPHOLLER, Kommentar, a.a.O., Vorbem. zu Art. 19 EGBGB, N. 109 und 118; vgl. auch SCHWANDER, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 25 zu Art. 85 IPRG ). Mit diesen Übereinkommen sind das Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht (SR 0.211.221.431), das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (SR 0.211.213.01), das Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern (SR 0.211.221.432) und das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (SR 0.211.213.02) gemeint (PAUL VOLKEN, Die internationale Vermögenssorge für Minderjährige [nachfolgend: Vermögenssorge], in: Familie und Recht, Festschrift Schnyder, 1995, S. 824). 5.2 Ist das Minderjährigenschutzabkommen nach der Rechtsprechung auf die "Zuerkennung von Unterhaltsbeiträgen", das heisst auf die Prüfung der Begründetheit von Unterhaltsansprüchen nicht anwendbar, so stellt sich die Frage, ob damit auch eine Massnahme wie die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB , die nach schweizerischem Verständnis der Zwangsvollstreckung rechtskräftig festgesetzter Unterhaltsleistungen dient (nicht publ. E. 4), vom Anwendungsbereich des MSA ausgeschlossen ist. 5.2.1 Ausdrücklich bejaht wird diese Frage von BUCHER (a.a.O., S. 117): Nach der Ansicht dieses Autors fällt nur die Erhaltung und die Verwaltung des Vermögens unter den Vermögensschutz im Sinne von Art. 1 MSA . Die elterliche Unterhaltspflicht hingegen sei keine Rechtsbeziehung, deren wesentliche Funktion im Schutz des Vermögens des Minderjährigen besteht; aus diesem Grund unterstünden Anordnungen und Entscheidungen betreffend den Unterhalt auch nicht dem Minderjährigenschutzabkommen. Da Unterhaltsleistungen vom Abkommen nicht erfasst seien, müsse dies auch für "akzessorische Entscheidungen" gelten, die dazu dienen, die Bezahlung von Alimenten zu sichern (ähnlich der Beschluss der I. Zivilkammer BGE 138 III 11 S. 15 des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Mai 2010, in: ZR 109/2010 S. 304; vgl. auch Art. 3 lit. g des Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern [SR 0.211.231.011], das im Verhältnis zu Deutschland erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist und deshalb im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt). 5.2.2 Demgegenüber führt SCHWANDER (a.a.O., N. 24 zu Art. 85 IPRG ) die Schuldneranweisung explizit als Schutzmassnahme im Sinne von Art. 1 MSA auf. Art. 291 ZGB diene dazu, die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Kinder mit individuellen Verfügungen und Entscheidungen zu erleichtern, und könne daher als besondere Schutzmassnahme angesehen werden. Dem Minderjährigen soll eine allfällig günstigere internationale Durchsetzung nach den Regeln des MSA nicht verweigert werden, zumal die Sicherung des laufenden Unterhalts für das Gedeihen des Minderjährigen im Allgemeinen ungleich wichtiger sei als der vom MSA klarerweise erfasste Vermögensschutz (SCHWANDER, a.a.O., N. 57 zu Art. 85 IPRG ; vgl. auch TRACHSEL, Konkurrierende Zuständigkeiten in internationalen Familienrechtsfällen - einige praktische Hinweise, AJP 2003 S. 445). Auch für VOLKEN zählt der Unterhaltsanspruch des Minderjährigen zu den Vermögenswerten, die nach dem Minderjährigenschutzabkommen zu schützen sind. Als Massnahmen, die dem Minderjährigen zu Gebote stehen, erwähnt dieser Autor aber nur die unentgeltliche behördliche Hilfe bei der Vollstreckung des Unterhaltsanspruches ( Art. 290 ZGB ) und die Alimentenbevorschussung, bezüglich derer das Gesetz in Art. 293 Abs. 2 ZGB auf das öffentliche Recht verweist, nicht jedoch die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB (VOLKEN, Vermögenssorge, a.a.O., S. 826 f.). 5.2.3 Die bereits zitierten Autoren JAMETTI GREINER und SIEHR begnügen sich im Wesentlichen mit dem Hinweis, das MSA sei auf Unterhaltspflichten nicht anwendbar, weil für diese Materie andere Staatsverträge massgebend seien (s. E. 5.1). SIEHR führt allerdings aus, die Schuldneranweisung nach Art. 177 ZGB beziehe sich auf den Unterhalt, weshalb sich die Zuständigkeit nach dem Lugano-Übereinkommen (in dessen bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung [aLugÜ; AS 1991 2436]) richte (SIEHR, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 1. Aufl. 1996, N. 6 zu Art. 46 IPRG ). BGE 138 III 11 S. 16 Im Anschluss daran mutmasst NAEGELI (in: Gerichtsstandsgesetz, Müller/Wirth [Hrsg.], 2001, N. 23 zu Art. 17 GestG ), wenn die Schuldneranweisung als Unterhaltssache im Sinne des aLugÜ anzusehen sei, schliesse dies eine Qualifikation als Schutzmassnahme im Sinne des MSA aus. Ohne sich für eine Lösung zu entscheiden, weist NAEGELI darauf hin, je nach Qualifikation richte sich die internationale Zuständigkeit für eine Schuldneranweisung nach dem aLugÜ oder nach dem MSA. Der genannte Autor gibt zu bedenken, dass auch auf die Vollstreckbarkeit in der Schweiz zu achten sei und sich die Frage stelle, ob internationales Vollstreckungsrecht zur Anwendung kommt (NAEGELI, a.a.O., N. 24 zu Art. 17 und N. 85 zu Art. 15 GestG ). Er stützt sich hierbei auf HAUSHEER/REUSSER/GEISER. Diese Autoren verweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Schuldneranweisung eine besondere Art der Vollstreckung ist (vgl. nicht publ. E. 4). Daher könne ein Gerichtsstand in der Schweiz nur gegeben sein, wenn die Schweiz auch für die Vollstreckung zuständig ist (Berner Kommentar, 4. Aufl. 1999, N. 30 zu Art. 180 ZGB ). Mit Blick auf die internationale Vollstreckung führen HAUSHEER/REUSSER/GEISER aus, es sei nicht einzusehen, warum eine Anweisung nicht möglich sein sollte, wenn der Schuldner, an den sich die Anweisung richten soll, in der Schweiz wohnt, während sich der abzusichernde Unterhaltsanspruch nach ausländischem Recht richtet, weil der Unterhaltsgläubiger seinen Wohnsitz im Ausland hat (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 26 zu Art. 177 ZGB ). 5.3 Das Minderjährigenschutzabkommen legt als hauptsächliche Zuständigkeit diejenige der Behörden und Gerichte am gewöhnlichen Aufenthalt des Minderjährigen fest ( Art. 1 MSA ). Wie sich dem Schrifttum entnehmen lässt, fusst diese Zuständigkeitsregelung auf der Annahme, die Instanzen am Aufenthaltsort seien wegen ihrer Nähe zum Sachverhalt am besten in der Lage, den Minderjährigen in seiner Person zu schützen. Daher sollen diese Behörden in Anwendung ihres eigenen Rechts ( Art. 2 MSA ) auch die erforderlichen Schutzmassnahmen ergreifen (SIEHR, in: Zürcher Kommentar, a.a.O., N. 17 zu Art. 85 IPRG ; vgl. auch OBERLOSKAMP, a.a.O., N. 2 zu Art. 1 MSA ; KROPHOLLER, Kommentar, a.a.O., Vorbem. zu Art. 19 EGBGB, N. 27 ff.). Diese Überlegungen lassen sich indes nicht ohne Weiteres auf den Fall übertragen, da finanzielle Interessen des Minderjährigen auf dem Spiel stehen. Geht es - wie im vorliegenden Fall - um die Sicherung des Unterhalts des Minderjährigen, mag die BGE 138 III 11 S. 17 Ausrichtung regelmässiger Unterhaltsleistungen für das Gedeihen des Minderjährigen je nach den Umständen zwar besonders wichtig sein. Daraus folgt aber nicht, dass sich auch die internationale Durchsetzung der Unterhaltsansprüche für den Minderjährigen als günstiger erweist, wenn man die Schuldneranweisung als Massnahme zum Schutz des Vermögens im Sinne von Art. 1 MSA qualifiziert. Wie gerade der angefochtene Entscheid zeigt, kann sich eine solche Qualifikation zum Nachteil des Minderjährigen auswirken: Wären die deutschen Behörden am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes der Beschwerdeführer nach Art. 1 MSA zuständig, zur Durchsetzung deren Unterhaltsanspruchs nach deutschem Recht Vermögensschutzmassnahmen anzuordnen, so könnten sich die Beschwerdeführer die besonderen Vorteile, die ihnen eine Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB als privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme böte, nicht zunutze machen. Selbst wenn das deutsche Recht ein der Schuldneranweisung verwandtes Institut kennen sollte, ist fraglich, ob ein deutsches Gericht gestützt auf das Urteil des Amtsgerichts Ravensburg vom 5. August 2008 einen Schuldner des Beschwerdegegners in der Schweiz verbindlich anweisen könnte, anstatt an den Beschwerdegegner an die Beschwerdeführer zu leisten (vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 26 zu Art. 177 ZGB ). Für den Fall, dass eine Massnahme Vollstreckungshandlungen in einem anderen Staat erfordert, hält Art. 7 MSA denn auch ausdrücklich fest, dass sich Anerkennung und Vollstreckung nach dem innerstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaates oder nach internationalen Übereinkünften richten. Wohl dient die Schuldneranweisung nach dem Gesagten den finanziellen Interessen des Minderjährigen. Auch lassen sich Unterhaltsansprüche als Aktiven des Vermögens des Minderjährigen begreifen. Diese Erkenntnisse ändern jedoch nichts daran, dass die Schuldneranweisung im Sinne von Art. 291 ZGB - anders als etwa die in Art. 324 ZGB vorgesehenen vormundschaftlichen Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens - keinen materiell-rechtlichen Anspruch begründet, der unmittelbar den Schutz des Vermögens des Minderjährigen zum Gegenstand hat. Vielmehr handelt es sich um eine Zwangsvollstreckungsmassnahme, die dem Kind zwar gewisse Privilegien bei der Durchsetzung seines rechtskräftig festgesetzten Unterhaltsanspruches einräumt, deren Zweck sich aber doch darin erschöpft, dem materiellen Unterhaltsrecht zum Durchbruch zu verhelfen (nicht publ. E. 4). Nachdem aber gerade die BGE 138 III 11 S. 18 Zuerkennung von Unterhaltsbeiträgen vom Anwendungsbereich des Minderjährigenschutzabkommens ausgenommen ist (E. 5.1), macht es schon unter systematischen Gesichtspunkten keinen Sinn, diesem Abkommen einen vollstreckungsrechtlichen Behelf zu unterstellen, der ausschliesslich auf die Durchsetzung der - vom Abkommen nicht erfassten - Unterhaltsbeiträge zugeschnitten ist. Aufgrund der primären Zuständigkeit der Behörden am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Minderjährigen hätte die Qualifikation der Schuldneranweisung als Vermögensschutzmassnahme im Sinne von Art. 1 MSA überdies zur Folge, dass eine Zwangsvollstreckungsmassnahme nicht von einer Behörde desjenigen Staates angeordnet wird, in der sich das Vollstreckungssubstrat befindet, sondern von der ausländischen Behörde des Staates, in welchem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine solche Lösung erscheint nicht nur wenig praktikabel, sondern widerspricht auch dem allgemeinen Grundsatz, wonach zur Anordnung hoheitlicher Zwangsvollstreckungsmassnahmen derjenige Staat zuständig ist, in welchem sich die Vermögenswerte befinden, die Gegenstand der Vollstreckung sind. 5.4 Nach dem Gesagten kann dem Schluss des Obergerichts, bei der Schuldneranweisung im Sinne von Art. 291 ZGB gehe es um den in Art. 1 MSA festgeschriebenen Schutz des Kindesvermögens, nicht gefolgt werden. Als Zwangsvollstreckungsmassnahme fällt die Schuldneranweisung nicht in den Anwendungsbereich des Minderjährigenschutzabkommens. Daher kommt dieses Abkommen im vorliegenden Fall nicht zum Tragen. Wie die Beschwerdeführer zu Recht ausführen, ist vielmehr zu prüfen, ob die schweizerischen Gerichte im vorliegenden Fall zur Vollstreckung des deutschen Unterhaltstitels zuständig sind. Falls eine solche Vollstreckungszuständigkeit besteht, ist das international zuständige Gericht grundsätzlich auch zur Anordnung einer Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB zuständig. (...) 7. Weitere spezielle Staatsverträge, denen sowohl Deutschland als auch die Schweiz angehören und die im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangen könnten, werden von den Parteien nicht angerufen und sind nicht ersichtlich. Fehlt es an einem Spezialabkommen, das die gerichtliche Zuständigkeit im internationalen Verhältnis regelt, so bleibt zu prüfen, ob sich diese aus dem BGE 138 III 11 S. 19 Lugano-Übereinkommen (in seiner bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung) ergibt. Dies hat auch das Obergericht getan. Es befand, die Schuldneranweisung im Sinne von Art. 291 ZGB sei keine Unterhaltssache im Sinne von Art. 5 Nr. 2 aLugÜ. Aus dieser Erkenntnis folgert das Obergericht, das Lugano-Übereinkommen sei nicht anwendbar. Dieser Schluss geht fehl: 7.1 7.1.1 Der Anwendungsbereich des aLugÜ ist in dessen Art. 1 geregelt. Danach ist das Übereinkommen auf Zivil- und Handelssachen anzuwenden (Abs. 1 Satz 1). Ausgenommen sind Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten (Abs. 1 Satz 2), Fragen betreffend den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die eherechtlichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschliesslich des Testamentsrechts (Abs. 2 Nr. 1), Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren (Abs. 2 Nr. 2), die soziale Sicherheit (Abs. 2 Nr. 3) und die Schiedsgerichtsbarkeit (Abs. 2 Nr. 4). Nicht unter diesen Ausnahmekatalog fallen reine Unterhaltsklagen von Ehegatten und Familienangehörigen ( BGE 119 II 167 E. 4b S. 172 und Urteil 5P.252/2003 vom 18. März 2004 E. 4.2; je mit Hinweisen). 7.1.2 Der Sache nach betrifft die vorliegende Streitsache den Anspruch der Kinder auf Erfüllung der Unterhaltspflicht des Vaters. Um diesen Anspruch durchzusetzen, ersuchen die Beschwerdeführer gestützt auf ein ausländisches Unterhaltsurteil, das den Beschwerdegegner zur Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen verpflichtet, ein schweizerisches Gericht um Anordnung einer Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB . Damit liegt eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 aLugÜ vor, und die hier zur Diskussion stehende Streitsache fällt in den Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens in seiner bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung. Anwendbar wäre im Übrigen auch das revidierte Lugano-Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 (LugÜ; SR 0.275.12), das für die Schweiz am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, denn durch die Revision hat sich am Anwendungsbereich des Übereinkommens jedenfalls mit Bezug auf den vorliegenden Fall nichts geändert. 7.2 Zu prüfen bleibt, ob die schweizerischen Gerichte in der beschriebenen, hier in Frage stehenden (E. 7.1.2) Konstellation gestützt auf das Lugano-Übereinkommen zur Anordnung der Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB international zuständig sind. BGE 138 III 11 S. 20 7.2.1 Nach Art. 2 aLugÜ sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten des Wohnsitzstaates zu verklagen. Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften dieses Übereinkommens ( BGE 132 III 778 E. 2.1 S. 782). Diese sehen teils mit Art. 2 aLugÜ konkurrierende, das heisst dem Kläger alternativ zur Wahl stehende Zuständigkeiten (bspw. Art. 5-6a aLugÜ), teils ausschliessliche Gerichtsstände (bspw. Art. 16 aLugÜ) vor. 7.2.2 Das europäische Prozessrecht geht grundsätzlich von der strikten Zweiteilung der Rechtsdurchsetzung in ein Erkenntnis- und ein Vollstreckungsverfahren aus (OBERHAMMER, Klägergerichtsstand für die Aberkennungsklage nach Art. 83 SchKG und Art. 2 LugÜ : Schweizerische Praxis und europäisches Zivilprozessrecht im Konflikt, Zeitschrift für Zivilprozessrecht International 9/2004 S. 222). Auf diesem Modell beruht auch das Lugano-Übereinkommen. Die in Titel II enthaltenen Vorschriften über die "besonderen Zuständigkeiten" regeln die direkte Zuständigkeit nur für diese zwei Arten von Hauptsacheverfahren, nämlich in Art. 5-15 aLugÜ für Verfahren zur Herstellung eines Vollstreckungstitels (Erkenntnisverfahren) und in Art. 16 Nr. 5 aLugÜ für Verfahren zur Vollstreckung eines bereits vorhandenen Vollstreckungstitels; eine dritte Kategorie von Verfahren wird in Titel II des Übereinkommens weder geregelt noch zugelassen (Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 28. Juli 2003, in: Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE] 2003 I Nr. 27 E. 4.2 S. 56; MARKUS, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ], Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 159 und 169 zu Art. 22 Nr. 5 LugÜ). Auch wenn das Lugano-Übereinkommen nicht selbst definiert, was unter einem Erkenntnis- und einem Zwangsvollstreckungsverfahren zu verstehen ist, richtet sich diese Abgrenzung nach einer staatsvertragsautonomen Auslegung (MARKUS, a.a.O., N. 158 zu Art. 22 Nr. 5 LugÜ; ALFONS VOLKEN, Die örtliche Zuständigkeit gemäss Lugano-Übereinkommen, ZWR 1992 S. 136; Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 28. Juli 2003, a.a.O., E. 4.2 S. 55; KILLIAS, in: Lugano-Übereinkommen zum internationalen Zivilverfahrensrecht, Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 21 zu Art. 22 Nr. 5 LugÜ; GÜNGERICH, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 62 zu Art. 22 LugÜ ; KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht [nachfolgend: Zivilprozessrecht], 8. Aufl., Frankfurt am Main 2005, N. 61 zu Art. 22 EuGVO). Unter welchen Voraussetzungen in einem Vertragsstaat eine Zwangsvollstreckung BGE 138 III 11 S. 21 durchgeführt werden kann, lässt sich dem Lugano-Übereinkommen freilich nicht entnehmen; diese Frage lässt sich auch im Wege vertragsautonomer Begriffsauslegung nicht beantworten ( BGE 124 III 505 E. 3a S. 507). Daher ist in einem ersten Schritt das fragliche nationale Verfahren nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht zu qualifizieren, um es in einem zweiten Schritt nach autonomen Grundsätzen entweder dem Erkenntnis- oder dem Vollstreckungsverfahren zuzuordnen (KILLIAS, a.a.O.; SCHLOSSER, Gläubigeranfechtungsklage nach französischem Recht und Art. 16 EuGVÜ, Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts [IPRax] 1991 S. 29 f.). Der erste Schritt ist schon getan (s. nicht publ. E. 4). An dieser Stelle erfolgt nun die Zuordnung nach staatsvertragsautonomen Gesichtspunkten. 7.2.3 Nach dem Verständnis, das dem Lugano-Übereinkommen zugrunde liegt, sind mit Erkenntnisverfahren Verfahren gemeint, in denen Rechtsgewissheit im Einzelfall erst geschaffen und ein Vollstreckungstitel erst hergestellt werden soll (MANKOWSKI, in: Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EuIPR, Rauscher [Hrsg.], München 2011, N. 58 zu Art. 22 Brüssel I-VO), in denen die Parteien also über die materiell-rechtliche Begründetheit eines Anspruchs streiten. Im Schrifttum wird teilweise die Meinung vertreten, die vom Schweizer Richter angeordnete Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB sei - unter dem Gesichtspunkt des Lugano-Übereinkommens - eine "zivilrechtliche Massnahme" (so ACOCELLA, in: Lugano-Übereinkommen zum internationalen Zivilverfahrensrecht, Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 177 zu Art. 5 Nr. 2 LugÜ) bzw. eine Unterhaltssache im Sinne von Art. 5 Nr. 2 LugÜ (HOFMANN/KUNZ, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 383 zu Art. 5 Nr. 2 LugÜ; ähnlich: ROELLI/MEULI-LEHNI, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, N. 5 zu Art. 291 ZGB ; WEBER, Anweisung an die Schuldner, Sicherstellung der Unterhaltsforderung und Verfügungsbeschränkungen, AJP 2002 S. 241; Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 21. Mai 2010, in: ZR 109/2010 Nr. 70 E. 7 ff. S. 304 f.). Zumindest implizite qualifizieren die erwähnten Autoren den Prozess um die Schuldneranweisung damit als Erkenntnisverfahren. Eine Begründung für ihre Auffassung liefern sie indes nicht. Namentlich bleibt unklar, welche Ausgangslage sie vor Augen haben. BGE 138 III 11 S. 22 Im hier zu beurteilenden Fall geht es den Unterhaltsberechtigten um die Durchsetzung ihres Unterhaltsanspruchs, dessen Bestand und Höhe in einem Erkenntnisverfahren bereits festgestellt wurden; die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ist nicht Prozessgegenstand (s. ausführlich nicht publ. E. 4.3). Wenn nun die Unterhaltsberechtigten auf der Basis eines im Ausland gefällten, in der Schweiz aber anerkannten und vollstreckbar erklärten Unterhaltsurteils um Vollstreckung mittels Schuldneranweisung ersuchen, kann von einem Erkenntnisverfahren nicht mehr gesprochen werden. Diese Schlussfolgerung präjudiziert indessen nicht den ganz anders gelagerten Fall, in welchem bereits das ausländische Gericht eine der schweizerischen Schuldneranweisung vergleichbare Anordnung getroffen hat und ein Schweizer Gericht diese ausländische "Schuldneranweisung" anerkennen und vollstrecken soll. Denn die Frage, ob ein solch ausländisches Verfahren ebenfalls als Zwangsvollstreckungsverfahren im Sinne von Art. 16 Nr. 5 aLugÜ bzw. Art. 22 Nr. 5 LugÜ oder als Erkenntnisverfahren zu qualifizieren wäre (so OBERHAMMER, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ], Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 84 zu Art. 5 Nr. 2 LugÜ), ist nicht Gegenstand des vorliegenden Prozesses. 7.2.4 Damit bleibt nur mehr zu untersuchen, ob das Verfahren um Anordnung einer Schuldneranweisung ein Vollstreckungsverfahren im Sinne des Lugano-Übereinkommens ist. Für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, bestimmt das Lugano-Übereinkommen in Art. 16 Nr. 5 aLugÜ, dass die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschliesslich zuständig sind. Der Grund für die ausschliessliche Zuständigkeit der Gerichte des Vollstreckungsstaates liegt darin, dass es Sache der Gerichte desjenigen Vertragsstaats sein soll, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, die Vorschriften über die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörden anzuwenden (Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 26. März 1992 C-261/90 Reichert II , Slg. 1992 I-2149 Randnr. 26). Der Grundsatz der Territorialität fusst auf dem Souveränitätsprinzip, das umgekehrt auch ausländischen Vollstreckungsorganen eine hoheitliche Tätigkeit auf fremdem Gebiet verbietet (MANKOWSKI, a.a.O., N. 54 zu Art. 22 Brüssel I-VO; SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2009, N. 24 zu Art. 22 EuGVVO; DE LIMA PINHEIRO, in: Brussels I BGE 138 III 11 S. 23 Regulation, Magnus/Mankowski [Hrsg.], N. 74 zu Art. 22 Brüssel I-VO; CUNIBERTI, Le principe de la territorialité des voies d'exécution, Journal du Droit International 135/2008 S. 963 ff., insbes. 982 ff.). Daher verdrängt die ausschliessliche Zuständigkeit der Gerichte im Vollstreckungsstaat auch die allgemeine Zuständigkeit der Gerichte am Wohnsitz des Beklagten (Art. 2 aLugÜ) und die besonderen Zuständigkeiten nach Art. 5 ff. aLugÜ (KROPHOLLER, Zivilprozessrecht, a.a.O., N. 2 zu Art. 22 EuGVO). Den Materialien zufolge fallen unter Art. 16 Nr. 5 aLugÜ all jene Verfahren, die sich aus der Inanspruchnahme von Zwangsmitteln, insbesondere bei der Herausgabe oder Pfändung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Hinblick auf die Vollstreckung von Entscheidungen und Urkunden ergeben (JENARD, Bericht zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, unterzeichnet in Brüssel am 27. September 1968, ABl. C 59 vom 5. März 1979 S. 1 ff., 36). Gemeint sind kontradiktorische Verfahren, in denen es um die gerichtliche Anordnung oder Überprüfung eigentlicher Vollstreckungsmassnahmen geht, die also einen unmittelbaren Bezug zur Zwangsvollstreckung aufweisen (STOFFEL, Ausschliessliche Gerichtsstände des Lugano-Übereinkommens und SchKG-Verfahren, insbesondere Rechtsöffnung, Widerspruchsklage und Arrest, in: Festschrift Oscar Vogel, 1991, S. 372; KROPHOLLER, Zivilprozessrecht, a.a.O., N. 61 zu Art. 22 EuGVO; SCHLOSSER, a.a.O., N. 24 zu Art. 22 EuGVVO; MARKUS, a.a.O., N. 168 zu Art. 22 Nr. 5 LugÜ; KILLIAS, a.a.O., N. 24 zu Art. 22 Nr. 5 LugÜ). Entsprechend der Natur eines solchen Vollstreckungsverfahrens setzt Art. 16 Nr. 5 aLugÜ das Vorhandensein eines Vollstreckungstitels voraus (BUCHER, in: Commentaire romand, Convention de Lugano, 2011, N. 73 zu Art. 22 LugÜ ; MARKUS, a.a.O., N. 169 zu Art. 22 Nr. 5 aLugÜ; KILLIAS, a.a.O., N. 25 f. zu Art. 22 Nr. 5 LugÜ). Über die Unterhaltspflicht des Beschwerdegegners hat das Amtsgericht Ravensburg bereits befunden. Dessen Urteil vom 5. August 2008 ist in Rechtskraft erwachsen und in der Schweiz für vollstreckbar erklärt worden (s. Bst. B). Wie oben ausgeführt, besteht das Ziel des von den Beschwerdeführern gegen den Beschwerdegegner angehobenen Prozesses in der Vollstreckung des rechtskräftigen und für vollstreckbar erklärten Unterhaltsentscheides. Die Schuldneranweisung, um deren Anordnung die Beschwerdeführer ersuchen, ist eine Massnahme, die dazu dient, die Zahlung einer BGE 138 III 11 S. 24 Schuld gegen den Willen des Schuldners zu erwirken: Die Geldmittel, die zur Tilgung der Unterhaltsforderung erforderlich sind, sollen zwangsweise aus dem Vermögen des Alimentenschuldners in dasjenige des Gläubigers überführt werden (nicht publ. E. 4.1). Das Verfahren um Anordnung einer Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB ist deshalb als Zwangsvollstreckungsverfahren im Sinne von Art. 16 Nr. 5 aLugÜ anzusehen. Zum gleichen Ergebnis führt auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Schuldneranweisung als privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme an die Stelle einer definitiven Rechtsöffnung mit nachfolgender Pfändung tritt. Ist nämlich das Verfahren der definitiven Rechtsöffnung (Art. 80 f. SchKG) einschliesslich des ihm vorgelagerten Zahlungsbefehlsverfahrens nach einhelliger Auffassung ein Titelvollstreckungsverfahren, das unter Art. 16 Nr. 5 aLugÜ fällt (GÜNGERICH, a.a.O., N. 73 zu Art. 22 LugÜ ; KILLIAS, a.a.O., N. 45 ff. zu Art. 22 LugÜ ; BUCHER, a.a.O., N. 72 zu Art. 22 LugÜ ; MARKUS, a.a.O., N. 211 zu Art. 22 Nr. 5 aLugÜ; VOLKEN, Zuständigkeit, a.a.O., S. 136; WALTER, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 4. Aufl. 2007, S. 249; STOFFEL, a.a.O., S. 372; SCHLOSSER, a.a.O., N. 29 zu Art. 22 EuGVVO; KROPHOLLER, Zivilprozessrecht, a.a.O., N. 64 zu Art. 22 EuGVO; MANKOWSKI, a.a.O., N. 60 zu Art. 22 Brüssel I-VO), so muss dies auch für die Schuldneranweisung gelten, die im Sinne einer privilegierten Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis an die Stelle der definitiven Rechtsöffnung tritt. 7.3 Nach dem Gesagten steht fest, dass die schweizerischen Gerichte für das Verfahren um Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB , das die Beschwerdeführer gegen den in der Schweiz wohnhaften Beschwerdegegner gestützt auf ein deutsches Unterhaltserkenntnis angehoben haben, im internationalen Verhältnis nach Art. 16 Nr. 5 aLugÜ zuständig sind. Zur gleichen Erkenntnis würde im Übrigen auch die Anwendung des revidierten Lugano-Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 führen, denn die in Art. 22 Nr. 5 der revidierten Fassung enthaltene Vorschrift stimmt inhaltlich mit Art. 16 Nr. 5 aLugÜ überein. Im Ergebnis ist die Beschwerde im beschriebenen Sinne (E. 7.2) gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Streitsache ist zur weiteren Behandlung an das Bezirksgericht Kriens zurückzuweisen. Das Urteil des Obergerichts vom 8. Februar 2011 äussert sich nur zur internationalen Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte. Die landesinterne örtliche Zuständigkeit ist somit nicht Gegenstand der BGE 138 III 11 S. 25 vorliegenden Streitsache. Sie ergibt sich auch nicht aus Art. 16 Nr. 5 aLugÜ, denn diese Vorschrift regelt lediglich die internationale Zuständigkeit, während sich die örtliche Zuständigkeit nach dem internen Recht des betroffenen Vertragsstaates bestimmt (MARKUS, a.a.O., N. 220 zu Art. 22 Nr. 5 aLugÜ; STOFFEL, a.a.O., S. 367).
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e0831994-8487-4bb2-b4d7-6db86ce0b042
Urteilskopf 138 II 111 11. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Stadt Bern gegen Genossenschaft Migros Aare und Mitb. sowie Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_239/2011 vom 21. Februar 2012
Regeste Art. 8 und 9 BV sowie Art. 32a USG in Verbindung mit dem Abfallreglement der Stadt Bern: Die Kosten für die Reinigung der Strassen und Grünanlagen von achtlos weggeworfenem Abfall (sog. Littering) und für die Entsorgung von Abfall, der in den öffentlichen Abfalleimern zurückgelassen wird, können nicht via Abfall-Grundgebühr allen Gebäudeeigentümern überbunden werden. Im öffentlichen Raum weggeworfener oder in öffentlichen Abfalleimern entsorgter Abfall ist Siedlungsabfall im Sinne von Art. 32a USG ; seine Entsorgung ist nach dem Verursacherprinzip zu finanzieren (E. 4). Es ist bundesrechtswidrig, die Gebäudeeigentümer generell als Verursacher dieser Abfälle zu betrachten und deren Entsorgung über die von allen Gebäudeeigentümern geschuldete Abfallgrundgebühr zu finanzieren (E. 5). Die genannten Kosten können aber Betrieben nach sachlich haltbaren Kriterien mittels Kausalabgabe anteilsmässig auferlegt werden, wenn plausibel dargelegt werden kann, dass diese Betriebe in besonderer Weise zur Entstehung des im öffentlichen Raum beseitigten Abfalls beitragen (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 112 BGE 138 II 111 S. 112 A. Auf den 1. Mai 2007 trat das Abfallreglement der Stadt Bern vom 25. September 2005 (AFR) in Kraft. Mit Verfügungen vom 7. März 2008 stellte die Abfallentsorgung der Stadt Bern (heute: Entsorgung + Recycling), der Genossenschaft Migros Aare, der Krompholz + Co AG (heute: Krompholz AG), der Coop (heute: Coop Genossenschaft) sowie der Magazine zum Globus AG für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Dezember 2007 sowie der Loeb AG für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2007 Abfallgrundgebühren für insgesamt 23 Liegenschaften in Rechnung. Die von den genannten Unternehmen erhobenen Beschwerden an die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün der Stadt Bern sowie - in zweiter Instanz - an das Regierungsstatthalteramt Bern wurden abgewiesen. B. Mit Urteil vom 19. Januar 2011 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die hiegegen erhobene Beschwerde teilweise gut, hob den Entscheid des Regierungsstatthalteramtes vom 30. Dezember 2009 auf und wies die Akten zur Neufestsetzung der Grundgebühren der Beschwerdeführerinnen im Sinne der Erwägungen an die Einwohnergemeinde Bern zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. BGE 138 II 111 S. 113 C. Mit Eingabe vom 16. März 2011 erhebt die Stadt Bern beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Gemäss Art. 31b Abs. 1 USG (SR 814.01) werden Siedlungsabfälle, Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt und der öffentlichen Abwasserreinigung sowie Abfälle, deren Inhaber nicht ermittelt werden kann oder zahlungsunfähig ist, von den Kantonen entsorgt. Für Abfälle, die nach besonderen Vorschriften des Bundes vom Inhaber verwertet oder von Dritten zurückgenommen werden müssen, richtet sich die Entsorgungspflicht nach Art. 31c USG . Nach dessen Abs. 1 muss die übrigen Abfälle der Inhaber entsorgen. Er kann Dritte mit der Entsorgung beauftragen. Gemäss Art. 32 USG trägt der Inhaber der Abfälle die Kosten der Entsorgung; ausgenommen sind Abfälle, für die der Bundesrat die Kostentragung anders regelt (Abs. 1). Kann der Inhaber nicht ermittelt werden oder kann er die Pflicht nach Absatz 1 wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllen, so tragen die Kantone die Kosten der Entsorgung (Abs. 2). Nach Art. 32a Abs. 1 USG sorgen die Kantone dafür, dass die Kosten für die Entsorgung der Siedlungsabfälle, soweit sie ihnen übertragen ist, mit Gebühren oder anderen Abgaben den Verursachern überbunden werden. Art. 32a USG ist selber keine unmittelbar anwendbare gesetzliche Grundlage für die Erhebung von Abfallgebühren, sondern muss durch entsprechende Regelungen des zuständigen Gemeinwesens umgesetzt werden ( BGE 137 I 257 E. 6.1 S. 268; BGE 129 I 290 E. 2.2; URSULA BRUNNER, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 2001, N. 1 und 21 zu Art. 32a USG ). 3.2 Zur Umsetzung dieser Vorschriften hat die Beschwerdeführerin ihr Abfallreglement (AFR) erlassen. Gemäss dessen Art. 5 Abs. 1 entsorgt die Stadt auf ihrem Gebiet die Siedlungsabfälle und andere Abfälle vergleichbarer Zusammensetzung aus Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungsbetrieben (lit. a), die Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt der Gemeindestrassen und aus dem Unterhalt der öffentlichen Grünanlagen (lit. b) sowie die Abfälle, deren Inhaberinnen oder Inhaber nicht ermittelt werden können oder BGE 138 II 111 S. 114 zahlungsunfähig sind, soweit diese Aufgabe nicht dem Kanton obliegt (lit. c). Die Tätigkeiten der Stadt nach (u.a.) Art. 5 sind eine spezialfinanzierte Aufgabe im Sinn von Artikel 86 der Gemeindeverordnung vom 16. Dezember 1998; die Stadt führt dafür eine Sonderrechnung nach Artikel 95 der Gemeindeverordnung (Art. 9 AFR). Gemäss Art. 10 Abs. 1 AFR umfassen die Aufwendungen für die Erfüllung der spezialfinanzierten Aufgabe nach Artikel 9 die vollen Kosten für (u.a.) die öffentliche Entsorgung (lit. a) und die angemessene Abgeltung für die Räumung von Siedlungsabfall aus dem öffentlichen Raum (namentlich aus dem Strassenunterhalt der Gemeindestrassen, aus dem Unterhalt der öffentlichen Grünanlagen sowie aus öffentlichen Abfallbehältern) durch andere städtische Stellen (lit. e). Diese Aufwendungen nach Absatz 1 werden gemäss Absatz 2 u.a. durch Gebühren finanziert. Art. 14 und 17 des Abfallreglementes lauten wie folgt: Art. 14 Grundsatz und Gebührenpflichtige 1 Die Stadt erhebt für ihre Leistungen im Bereich der öffentlichen Entsorgung a. eine jährliche Grundgebühr von den Eigentümerinnen und Eigentümern von Gebäuden; b. Verursachergebühren nach Massgabe der zu entsorgenden Abfallmenge von den Inhaberinnen und Inhabern der Abfälle; c. Gebühren für besondere Leistungen von den Personen, welche die Leistung veranlassen, verursachen oder nutzen; 2 Im Fall der Bereitstellung des Abfalls in Containern ohne gebührenpflichtige Abfallsäcke schuldet die Eigentümerin oder der Eigentümer des Containers die Gebühr. Art. 17 Grundgebühr 1 Der Ertrag aus den Grundgebühren soll die Kosten für das Personal, die dem Sammeldienst dienende Infrastruktur (Art. 10 Abs. 1 Bst. a), die Logistik, die Aufgaben der Stadt nach Artikel 7, die Wertstoff- und Sonderabfallsammlungen, soweit diese nicht durch Gebühren nach Artikel 19 gedeckt werden, sowie die angemessene Abgeltung für das Wegräumen von Siedlungsabfall aus dem öffentlichen Raum durch andere städtische Stellen decken. 2 Die Grundgebühr bemisst sich nach der Bruttogeschossfläche des Grundstücks (Liegenschaft, Miteigentumsanteil). 3 Die Grundgebühr nach Bruttogeschossfläche gemäss Absatz 2 wird mit einem Faktor multipliziert, welcher der Abfallproduktion der betreffenden Nutzungsart Rechnung trägt. BGE 138 II 111 S. 115 Die Verursachergebühr besteht gemäss Art. 18 AFR im Wesentlichen aus einem Betrag pro Kilogramm entsorgten Abfall oder einer Sackgebühr. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Rahmen-Gebührentarif im Anhang (Art. 24 Abs. 1 AFR). Gemäss Anhang Ziff. 2.1 beträgt die jährliche Grundgebühr pro m 2 BGF Fr. 1.30-1.90, wobei in diesem Rahmen die Höhe der Gebühr durch Verordnung des Gemeinderates festgelegt wird (Ziff. 1 des Anhangs). Ziff. 2.2 des Anhangs lautet sodann: Der Faktor nach Artikel 17 Absatz 3 beträgt: a. 0.5 für grossräumige Gebäude wie Schulen, Universitäten, Museen, Bibliotheken, kirchliche Bauten, Aufbahrungs- und Abdankungshallen, nicht öffentliche Autoeinstellhallen, Lagerhallen ohne Verkaufstätigkeit, landwirtschaftliche Gebäude und dergleichen; b. 1.3 für Gebäude mit erheblichem Publikumsverkehr wie Verkaufsgeschäfte aller Art, Restaurants, Spitäler, Sportstadien und dergleichen; c. 2.0 für Verkaufsgeschäfte oder Teile von solchen mit Produkten, deren Verpackungen in der Regel nicht mit dem Hauskehricht, sondern im öffentlichen Raum entsorgt werden, wie namentlich Verkaufsstellen für Take-Away-Verpflegung und dergleichen; d. 1.0 in den übrigen Fällen, namentlich für Wohnungen, Hotels, Kranken-, Pflege- und Altersheime, Ausstellungshallen, Bahnhöfe, öffentliche Autoeinstellhallen, Freizeit- und Sportanlagen für den Breitensport wie Turnhallen und Hallenbäder, Gebäude mit kultureller Nutzung wie Kinos, Theater und Quartiertreffpunkte, Verwaltungs- und Bürogebäude und weitere Dienstleistungsbetriebe, Industrie- und Gewerbebauten und dergleichen. Der Faktor wird auf Grund der vorwiegenden Nutzung angewendet. Für Grundstücke, die auf mehr als eine Art genutzt werden, werden die auf verschiedene Nutzungen entfallenden Flächen anteilmässig berücksichtigt. 3.3 Streitig sind Grundgebühren gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. a und Art. 17 AFR, welche die Beschwerdeführerin von den Beschwerdegegnerinnen für das Jahr 2007 verlangt. Es wird nicht bestritten, dass die Gebühren in korrekter Anwendung des AFR berechnet wurden. Umstritten ist aber die Bundesrechtskonformität dieser Grundgebühr insoweit, als damit auch die Kosten für "die angemessene Abgeltung für das Wegräumen von Siedlungsabfall aus dem öffentlichen Raum durch andere städtische Stellen" gedeckt werden (Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 lit. e AFR). Nach unbestrittener Darstellung der Vorinstanz geht es dabei um die Kosten für die Reinigung der Strassen und Grünanlagen von achtlos weggeworfenem Abfall BGE 138 II 111 S. 116 (sog. Littering), für die Entsorgung desselben und für die Entsorgung des in den öffentlichen Abfalleimern zurückgelassenen Abfalls. 3.4 Die Vorinstanz hat die Finanzierung dieser Kosten mittels Gebühr mit zwei verschiedenen Begründungen als unzulässig erachtet: - Die streitigen Abfälle seien zwar von ihrer Zusammensetzung her Siedlungsabfälle, zugleich aber Abfälle, deren Inhaber nicht ermittelt werden können (herrenlose Abfälle) oder Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt; dafür sei Art. 32a USG nicht anwendbar. Vielmehr seien die Kantone bzw. Gemeinden gemäss Art. 31b Abs. 1 USG entsorgungspflichtig und gemäss Art. 32 Abs. 2 USG auch kostenpflichtig. - Selbst wenn Art. 32a USG auf die in Frage stehenden Abfälle anwendbar wäre, könnten die Kosten für deren Entsorgung nicht den Grundeigentümern auferlegt werden, da diese nicht Verursacher im Sinne dieser Bestimmung seien. Das Verwaltungsgericht erachtete aus diesen Gründen die bei ihm erhobene Beschwerde insoweit für berechtigt, als die Gemeinde die Kosten für die Reinigung des öffentlichen Raums und der für die Entsorgung von gelittertem und in öffentlichen Abfallbehältern zurückgelassenen Abfällen unzulässigerweise aus den Erträgen der Grundgebühr (mit)finanziere. Die Abfallrechnung der Gemeinde sei daher mit einem Kostenposten belastet, der unzulässig sei und in den Jahren 2007 bzw. 2008 rund 32 bzw. 26 % des mit den Grundgebühren eingenommenen Ertrags entspreche. Die Höhe der Grundgebühren sei daher übersetzt, verletze das Kostendeckungsprinzip und müsse reduziert werden. Die Gemeinde werde die Grundgebühren der heutigen Beschwerdegegnerinnen neu bestimmen müssen, dies unter Ausklammerung der Kosten für die Reinigung des öffentlichen Raums und für die Entsorgung der gelitterten und in öffentlichen Abfalleimern entsorgten Abfälle. Demgegenüber sei die Grundgebühr nicht generell unzulässig und verletze auch nicht das Kostendeckungsprinzip dadurch, dass im Jahre 2008 in der Abfallrechnung ein Überschuss von rund 2 Mio. Franken resultierte (bei einem Aufwand von rund 29,5 Mio. Franken bzw. - ohne die unzulässigen Aufwendungen - rund 24,7 Mio. Franken). Weiter sei die Bruttogeschossfläche eine zulässige Grundlage für die Bemessung der Grundgebühr und die Multiplikation mit einem Faktor, welcher die Nutzungsart berücksichtige, im Grundsatz nicht zu beanstanden, allerdings nur so weit, als die betreffende BGE 138 II 111 S. 117 Nutzungsart sich auf den Bereitstellungsaufwand für die Liegenschaft auswirke. Hingegen dürfe nicht berücksichtigt werden, wie stark die Nutzungsart den öffentlichen Raum und die öffentliche Abfallentsorgung beanspruche; da die Abstufung gemäss Anhang Ziff. 2.2 AFR vorrangig nach diesen unzulässigen Kriterien vorgenommen worden sei, werde die Gemeinde wohl die Zuordnung zu den Nutzungen neu vornehmen müssen, sofern sie nicht plausibel darlegen könne, dass die Nutzungen mit einem Faktor von mehr als 1 einen entsprechend grösseren Bereitstellungsaufwand für die Abfallentsorgung verursachen und es umgekehrt sachlich gerechtfertigt sei, die Nutzungen mit einem Faktor von kleiner als 1,0 weniger stark zu belasten. 3.5 Die Beschwerdeführerin ist demgegenüber der Auffassung, gelitterte Abfälle sowie Abfälle, die in öffentlichen Abfallbehältern entsorgt werden, seien Siedlungsabfälle im Sinne von Art. 32a USG und ihre Entsorgung daher nach den dort enthaltenen Grundsätzen zu finanzieren. Sodann könnten die Gebäudeeigentümer als Verursacher im Sinne dieser Bestimmung betrachtet werden, so dass ihnen ein Teil der entsprechenden Kosten mittels Grundgebühr auferlegt werden dürfe. 3.6 In einem ersten Schritt ist somit zu prüfen, ob die Entsorgung der streitbetroffenen Abfälle nach den Grundsätzen von Art. 32a USG (so die Auffassung der Beschwerdeführerin) oder aus allgemeinen Mitteln des Staates (so die Auffassung der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerinnen) zu finanzieren ist (hinten E. 4). Wird die Anwendbarkeit von Art. 32a USG bejaht, wird in einem zweiten Schritt zu prüfen sein, ob die Gebäudeeigentümer diesbezüglich als Verursacher im Sinne dieser Bestimmung betrachtet werden können und ob die Finanzierung mittels Grundgebühr zulässig ist (hinten E. 5). 4. 4.1 Die Vorinstanz hat ihre Auffassung, wonach die hier streitigen Abfälle nicht unter Art. 32a USG fallen, wie folgt begründet: Die Entsorgungspflicht des Kantons gemäss Art. 31b Abs. 1 USG gelte für drei Kategorien von Abfällen, nämlich Siedlungsabfälle, Abfälle aus Strassenunterhalt und Abwasserreinigung sowie Abfälle, deren Inhaber nicht ermittelt werden können oder zahlungsunfähig sind (im Folgenden: "herrenlose Abfälle"). Demgegenüber spreche Art. 32a USG nur von Siedlungsabfällen, ohne die zwei anderen Kategorien zu erwähnen. Die Pflicht zur Kostenüberwälzung auf die BGE 138 II 111 S. 118 Verursacher nach Art. 32a USG gelte deshalb nur für Siedlungsabfälle im engeren Sinne, nicht aber für Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt und für herrenlose Abfälle. Für diese gelte die Kostentragungspflicht der Kantone gemäss Art. 32 Abs. 2 USG , d.h. dass die Kosten aus allgemeinen Steuermitteln gedeckt werden müssten. Die hier streitigen Abfälle seien zwar von ihrer Zusammensetzung her Siedlungsabfälle, zugleich aber herrenlose Abfälle und würden daher nicht unter Art. 32a USG fallen; denn es sei nicht ersichtlich, weshalb die Kosten für die Entsorgung von herrenlosen Abfällen mit Siedlungsabfallqualität anders zugeordnet werden sollten als diejenigen für herrenlose Abfälle anderer Beschaffenheit. Dasselbe gelte für Abfälle aus dem Unterhalt öffentlicher Strassen und Abwasserreinigungsanlagen; auch für diese sei Art. 32a USG nicht anwendbar, unabhängig davon, ob es sich von der Zusammensetzung her um Siedlungsabfälle handle oder nicht. 4.2 Nach dem Wortlaut von Art. 32a USG gilt die Kostentragungspflicht des Verursachers für alle Siedlungsabfälle, deren Entsorgung den Kantonen übertragen ist. Siedlungsabfälle sind legaldefiniert als die aus den Haushalten stammenden Abfälle sowie andere Abfälle vergleichbarer Zusammensetzung (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Technischen Verordnung vom 10. Dezember 1990 über Abfälle [TVA; SR 814.600] ). Auch Abfälle aus Industrie und Gewerbe, die von ihrer Zusammensetzung her mit Abfällen aus Haushalten vergleichbar erscheinen, gelten grundsätzlich unabhängig von der Menge als Siedlungsabfälle, sofern sie unsortiert und damit vermischt anfallen ( BGE 125 II 508 E. 6e S. 515; Urteil 1A.11/2005 vom 6. Juli 2005 E. 4.1). Die Definition der Siedlungsabfälle stellt somit auf die Herkunft oder Zusammensetzung ab, nicht darauf, ob sie aktuell herrenlos sind oder nicht. Der Wortlaut der Bestimmung spricht damit nicht für die Auffassung der Vorinstanz. Nicht ausschlaggebend ist auch der Umstand, dass im Text von Art. 32a USG nur von Siedlungsabfällen die Rede ist, während in Art. 31b des Gesetzes neben den Siedlungsabfällen auch die Abfälle aus Strassenunterhalt sowie die herrenlosen Abfälle genannt sind, zumal im Marginale beider Artikel übereinstimmend von "Siedlungsabfällen" gesprochen wird. 4.3 Auch im Lichte der gesamten Systematik und der ratio legis des Abfallrechts kann die Auffassung der Vorinstanz nicht überzeugen: 4.3.1 Das Umweltschutzgesetz unterscheidet in Bezug auf die Entsorgungspflicht verschiedene Abfallarten je nach ihrer Zusammensetzung bzw. Herkunft: BGE 138 II 111 S. 119 Die Kantone entsorgen - wird auf das Kriterium Herkunft/Zusammensetzung abgestellt - gemäss Art. 31b Abs. 1 Satz 1 USG (soweit keine besonderen Vorschriften im Sinne von Satz 2 bestehen): - Siedlungsabfälle; - Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt und der öffentlichen Abwasserreinigung. Die Inhaber entsorgen gemäss Art. 31b Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 31c USG : - Abfälle, die nach besonderen Vorschriften des Bundes vom Inhaber verwertet (vgl. Art. 30d USG ; Art. 12 TVA ; Hinweise auf weitere solche Vorschriften bei GRIFFEL/RAUSCH, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Ergänzungsband zur 2. Aufl., 2011, N. 7 zu Art. 30d USG ; ALAIN SAUTEUR, La valorisation des déchets urbains, 2006, S. 80) oder von Dritten zurückgenommen werden müssen ( Art. 30b Abs. 2 USG ); - übrige Abfälle; es handelt sich dabei namentlich um Sonderabfälle ( Art. 30f USG ) sowie Industrie- und Bauabfälle, soweit sie nicht als Siedlungsabfälle gelten (HANS-PETER FAHRNI, Abfallplanung und Entsorgungspflicht, URP 1999 S. 16 ff., 23; PIERRE TSCHANNEN, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 2000, N. 8 f. zu Art. 31c USG ; ALEXANDRE FLÜCKIGER, Loi sur la protection de l'environnement [LPE], 2010, N. 4 zu Art. 31c USG ). 4.3.2 Die Abfälle, deren Inhaber nicht ermittelt werden kann oder zahlungsunfähig ist, bilden demgegenüber eine ganz andere Gruppe, die nicht auf Herkunft oder Zusammensetzung der Abfälle abstellt. Alle in Art. 31b und 31c des Gesetzes genannten Abfallkategorien (E. 4.3.1) können in diesem Sinne "herrenlos" werden, wenn sich der Inhaber ihrer entledigt. Die "herrenlosen Abfälle" sind daher nicht eine besondere Kategorie des gleichen Typus wie die anderen genannten Kategorien. Vielmehr überschneidet sich das Merkmal der "Herrenlosigkeit" zwangsläufig jeweils mit einer dieser Kategorien. Dementsprechend sind auch Entsorgungs- und Kostentragungspflichten differenziert: Herrenlose Abfälle können einerseits Siedlungsabfälle oder Abfälle aus dem Unterhalt von Strassen und Abwasserreinigungsanlagen sein, bezüglich welcher eine primäre Entsorgungspflicht der Kantone besteht. Herrenlos können aber auch Abfälle sein, die an sich vom Inhaber entsorgt werden müssten, wobei dieser aber nicht mehr ermittelt werden kann. In diesem Fall sind zwar BGE 138 II 111 S. 120 nach Art. 31b Abs. 1 Satz 1 USG ebenfalls die Kantone entsorgungspflichtig, doch handelt es sich dabei um eine subsidiäre Ersatzvornahmepflicht anstelle des primär pflichtigen Inhabers (HANSJÖRG SEILER, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 2001, N. 117 zu Art. 2 USG ; TSCHANNEN, a.a.O., N. 14 zu Art. 31b USG ). Die herrenlosen Abfälle können somit nicht als eine besondere Abfallkategorie mit einheitlichem rechtlichem Schicksal betrachtet werden. 4.3.3 Analoges gilt für die Kostentragungspflicht: Art. 32 Abs. 1 USG , wonach grundsätzlich der Inhaber die Kosten der Entsorgung trägt, ist die Grundregel, Art. 32a demgegenüber eine Sonderregel für die Siedlungsabfälle. Art. 32 Abs. 2 ist die Ausnahme von der Grundregel (Art. 32 Abs. 1) und daher von vornherein nicht einschlägig für diejenigen Fälle, die unter die Sonderregel für Siedlungsabfälle fallen. Zudem regelt Art. 32 Abs. 2 USG nur eine subsidiäre Kostentragungspflicht, die in den Fällen der primären Kostentragungspflicht der Inhaber zum Tragen kommt, wenn diese die Kosten nicht tragen (BRUNNER, a.a.O., N. 24 und 27 zu Art. 32 USG ; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, Umweltrecht, 2004, S. 40 Rz. 112; SEILER, a.a.O., N. 116 zu Art. 2 USG ). Demgemäss kann Art. 32 Abs. 2 USG entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht als umfassende und vorrangige Kostentragungsregel für sämtliche herrenlosen Abfälle (mit Einschluss der herrenlos gewordenen Siedlungsabfälle) betrachtet werden. 4.3.4 Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte: Das Umweltschutzgesetz sah schon in seiner ursprünglichen Fassung vor, dass die Kosten der Abfallentsorgung auf die Verursacher überwälzt werden können, wobei freilich die Kantone und Gemeinden einen gewissen Gestaltungsspielraum hatten ( Art. 2 und 48 USG ; Urteile 2P.194/1994 vom 20. November 1995 E. 10b, in: RDAT 1996 I S. 142; 2A.403/1995 vom 28. Oktober 1996 E. 3b, in: URP 1997 S. 39; VALÉRIE DONZEL, Les redevances en matière écologique, 2002, S. 94 f.; VERONIKA HUBER-WÄLCHLI, Finanzierung der Entsorgung von Siedlungsabfällen durch kostendeckende und verursachergerechte Gebühren, URP 1999 S. 35 ff., 39; VALLENDER/MORELL, Umweltrecht, 1997, S. 140 Rz. 49; ALAIN GRIFFEL, Die Grundprinzipien des schweizerischen Umweltrechts, 2001, S. 199 f.). Mit Art. 32, der mit der Revision des Abfallrechts vom 21. Dezember 1995 eingeführt wurde (AS 1997 1155), sollte das Verursacherprinzip klargestellt und verdeutlicht und für alle Abfälle unabhängig von der BGE 138 II 111 S. 121 Entsorgungspflicht durchgesetzt werden (BBl 1993 II 1498; DONZEL, a.a.O., S. 95 f.; HUBER-WÄLCHLI, a.a.O., S. 40). Weiterhin konnten deshalb die Kantone in denjenigen Fällen, in denen sie entsorgungspflichtig sind (Art. 31b Abs. 1), die daraus entstehenden Kosten mittels Gebühren auf die Inhaber bzw. Verursacher überwälzen (BRUNNER, a.a.O., N. 16 und 20 zu Art. 32 USG ; PETER STEINER, Die Umsetzung des Verursacherprinzips durch das Umweltschutzrecht, 1999, S. 297 f.). Mit dem später eingefügten Art. 32a (AS 1997 2243) wollte der Gesetzgeber - im Gleichklang mit dem zugleich neu erlassenen Art. 60a GSchG (SR 814.20) - das Verursacherprinzip ( Art. 2 USG ) besser umsetzen (BBl 1996 IV 1219, 1222 f., 1229); die neue Bestimmung sollte alle Abfälle betreffen, deren Entsorgung nach Artikel 31b Absatz 1 erster Satz USG den Kantonen übertragen ist, also nebst den vermischten Siedlungsabfällen, die mit der kommunalen Kehrichtabfuhr gesammelt oder den Verbrennungsanlagen direkt zugeliefert werden, auch Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt und der öffentlichen Abwasserreinigung sowie Abfälle, deren Inhaber nicht ermittelt werden kann oder zahlungsunfähig ist (BBl 1996 IV 1234). 4.3.5 Das Bundesgericht hat zwar in einem obiter dictum in BGE 137 I 257 E. 4.1 ausgeführt, es wäre im Widerspruch zu Art. 32a USG , den Verursachern die Kosten für die Entsorgung anderer Abfälle aufzuerlegen, deren Inhaber nicht ermittelt werden könne. Dies ist jedoch zu präzisieren: Die Entsorgungs- und Kostentragungspflicht des Inhabers nach Art. 31c und 32 Abs. 1 USG bezieht sich auf individuelle Inhaber. Demgegenüber verlangt das in Art. 32a USG statuierte Verursacherprinzip nicht zwingend, dass jeder Abfallinhaber genau für die Entsorgungskosten der durch ihn verursachten Abfälle aufzukommen hat; verlangt ist, dass die Gesamtheit der Abfallverursacher die Gesamtheit der Entsorgungskosten trägt und die von jedem Einzelnen bezahlten Kosten einen gewissen Zusammenhang mit der von ihm verursachten Abfallmenge haben (HUBER-WÄLCHLI, a.a.O., S. 41; BRUNNER, a.a.O., N. 23 zu Art. 32a USG , m.H.; vgl. auch hinten E. 5.3.4). Der Umstand, dass einzelne Inhaber nicht individuell ermittelt werden können, schliesst somit nicht zwingend aus, dass die Abfallverursacher als Gesamtheit zur Kostentragung herangezogen werden. Das Bundesgericht hat denn auch an der zitierten Stelle weiter ausgeführt, dass Art. 32a USG diejenigen Abfälle betreffe, welche gemäss Art. 3 Abs. 2 (recte: 1) TVA und der dazu ergangenen Rechtsprechung als Siedlungsabfälle gelten, soweit ihre Entsorgung den Kantonen übertragen ist. BGE 138 II 111 S. 122 4.3.6 Schliesslich steht die Auffassung der Vorinstanz im Widerspruch zur ratio legis, welche darin besteht, das Verursacherprinzip möglichst konsequent umzusetzen: Würde für alle herrenlosen Siedlungsabfälle zwingend eine definitive Kostentragungspflicht der Kantone gelten, müsste für alle (wenn auch illegal) auf die öffentliche Strasse geworfenen Abfälle der Kanton die Entsorgung aus allgemeinen Steuermitteln finanzieren und das Verursacherprinzip käme nicht zum Tragen. Das kann offensichtlich nicht der vernünftige Sinn des Umweltschutzgesetzes sein. Es verbietet sich daher, mit der Vorinstanz Art. 32 Abs. 2 USG für alle herrenlosen Abfälle als lex specialis gegenüber Art. 32a zu betrachten. Vielmehr ist für Abfälle, die nach ihrer Zusammensetzung Siedlungsabfälle sind, grundsätzlich eine Entsorgungsfinanzierung nach Massgabe von Art. 32a USG anzustreben, auch wenn der Inhaber nicht ermittelt werden kann oder zahlungsunfähig ist. Dieser Umstand kann freilich die Überwälzung auf die Verursacher faktisch erschweren oder verhindern (vgl. hinten E. 5). In diesem Fall tritt die Kostentragungspflicht des Gemeinwesens ein, die aber auch hier nur eine subsidiäre ist. 4.4 Ob das Verursacherprinzip gemäss Art. 32a USG auch für Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt gilt, kann offenbleiben. Denn die hier streitbetroffenen Abfälle können nicht als solche betrachtet werden: Wenn die Siedlungsabfälle aufgrund ihrer Zusammensetzung definiert werden, muss dies konsequenterweise auch für die Abfälle aus dem öffentlichen Strassenunterhalt gelten. Es handelt sich dabei um strassentypische Abfälle, die beim Strassenwischen oder in Strassenschächten anfallen wie Strassen- und Pneuabrieb, Streugut, Laub u. dgl. (TSCHANNEN, a.a.O., N. 14 zu Art. 31b USG ; RAUSCH/TRÜEB, Die Entsorgung von Abfällen aus dem Strassenunterhalt, URP 2002 S. 179 ff., 183 f.). Abfall, der nach seiner Zusammensetzung als Siedlungsabfall zu betrachten ist, wird nicht dadurch, dass er auf die Strasse geworfen oder in öffentlichen Abfallbehältern entsorgt wird, zum Abfall aus Strassenunterhalt, zumal sich öffentliche Abfallbehälter nicht zwangsläufig nur auf öffentlichen Strassen befinden. Im Einzelnen ist freilich eine trennscharfe Abgrenzung nicht möglich, was eine pragmatische Behandlung rechtfertigt und dazu führt, dass den zuständigen Gemeinwesen ein gewisser Spielraum in der Regelung zuzugestehen ist: Kleinere Mengen von Siedlungsabfällen auf der Strasse werden schon aus praktischen Gründen in der Regel zusammen mit dem Strassenabfall entsorgt, ohne dass diese Kosten zwingend auf die Verursacher überwälzt BGE 138 II 111 S. 123 werden müssten. Umgekehrt trifft es aber auch nicht zu, dass von Bundesrechts wegen alle Siedlungsabfälle, die auf die öffentliche Strasse geworfen oder in öffentlichen Abfallbehältern entsorgt werden, zwingend auf Kosten allgemeiner Staatsmittel entsorgt werden müssten und eine Überwälzung auf die Verursacher nicht zulässig wäre (BEATRICE WAGNER PFEIFER, Umweltrecht, 3. Aufl. 2009, S. 58 f.). Die Richtlinie des BUWAL "Verursachergerechte Finanzierung der Entsorgung von Siedlungsabfällen" (2001, S. 18), sieht denn auch vor, dass die Entsorgung illegal entsorgter Abfälle sowohl über Gebühren als auch über allgemeine Steuern finanziert werden kann. 4.5 Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass es entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht bundesrechtswidrig ist, wenn die Beschwerdeführerin die hier streitigen Entsorgungskosten über die gesonderte Abfallrechnung finanzieren und den Verursachern auferlegen will. Wird richtigerweise davon ausgegangen, dass die Kosten für die Reinigung der Strassen und Grünanlagen von achtlos weggeworfenem Abfall (sog. Littering), für die Entsorgung desselben und für die Entsorgung des in den öffentlichen Abfalleimern zurückgelassenen Abfalls nach den Vorgaben für Siedlungsabfälle im Sinne von Art. 32a USG finanziert werden müssen, so ist im Gegenteil eine solche Finanzierung aus allgemeinen Steuermitteln (ausser im Falle von Art. 32a Abs. 2 USG ) grundsätzlich ausgeschlossen und es bleibt hierfür nur die Form von Kausalabgaben. 5. Zu prüfen bleibt, ob die Gebäudeeigentümer als Verursacher für die hier streitigen Abfälle betrachtet werden dürfen und die Finanzierung derer Entsorgung mittels Grundgebühr zulässig ist. 5.1 Die Vorinstanz hat erwogen, Verursacher im Sinne von Art. 32a USG sei der frühere Abfallinhaber, d.h. diejenige Person, welche die Siedlungsabfälle dem Entsorgungssystem übergebe. In der Kausalkette weiter zurückliegende Personen könnten demgegenüber nicht mit Kosten belastet werden. Würden Abfälle im öffentlichen Raum zurückgelassen, so sei der Verursacher im dargelegten Sinn nicht greifbar und könne daher nicht belangt werden, so dass eine Kostenanlastung im Sinne von Art. 32a USG nicht möglich sei. Zwar seien Grundgebühren zulässig und könnten auch den Grundeigentümern belastet werden, doch könnten damit nur Kosten überwälzt werden, welche den Liegenschaften zugerechnet werden können. Solle die Kostenüberwälzung mit Gebühren vonstatten gehen, so müsse der Kausalzusammenhang unmittelbar sein, da Kausalabgaben BGE 138 II 111 S. 124 Gegenleistung für eine bestimmte staatliche Leistung seien. Die Kostenanlastung an eine bestimmte Personengruppe müsse auf sachlich haltbaren Gründen beruhen. Die Kosten für die Einsammlung und Entsorgung der im öffentlichen Raum zurückgelassenen Abfälle könnten jedoch nicht den Gebäudeeigentümern zugerechnet werden, da diese den entsprechenden Aufwand nicht mehr verursachten als alle anderen Personen, welche sich in der Stadt aufhalten. 5.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass der fragliche Abfall nicht direkt durch die Gebäudeeigentümer, sondern durch andere Personen weggeworfen wird, die sich in der Stadt aufhalten. Sie argumentiert aber, der Aufenthalt all dieser Personen stehe im Zusammenhang mit einer Gebäudenutzung in der Stadt; die Gebäudeeigentümer setzten damit den Aufenthaltsgrund dieser Personen. Die Gebühren für die Entsorgung des Abfalls aus dem öffentlichen Raum seien von denjenigen zu erheben, die durch ihr Verhalten die dort anfallende Abfallmenge beeinflussen können. Diese sei nicht auf isoliertes Verhalten einzelner Individuen zurückzuführen, sondern hänge mit dem Betrieb von Publikumsanlagen zusammen. Die Grundeigentümer seien teilweise direkt an der Produktion von Abfall mitbeteiligt, so die Take-away-Betriebe, welche von ihrem Betriebskonzept her darauf beruhten, dass die Kunden zum Konsum der gekauften Produkte auf den umliegenden öffentlichen Raum ausweichen und die dortige Abfallinfrastruktur benutzen. Auch wenn diese Betriebe nicht direkt an der Produktion des Abfalls mitbeteiligt seien, so trügen sie doch dazu bei, dass sich viele nicht in der Stadt wohnhafte Personen hier aufhalten und die städtische Abfallinfrastruktur benützen. Sie könnten auch durch ihr Verhalten die Abfallmenge beeinflussen. Es rechtfertige sich im Sinne des Vorsorgeprinzips wie auch aus Praktikabilitätsgründen, die Kosten für die Abfallentsorgung denjenigen zu überbinden, die den Grund für den Aufenthalt setzen. Diese stünden mit den sich in der Stadt Aufhaltenden in einem bestimmten, meist vertraglichen Verhältnis und könnten diesen die Kosten überwälzen, so dass indirekt die Kosten von den direkten Verursachern getragen werden, was bei einer Steuerfinanzierung nicht möglich wäre. 5.3 5.3.1 Das umweltrechtliche Verursacherprinzip ( Art. 74 Abs. 2 BV ; Art. 2 USG ) will die Kosten einer bestimmten umweltrechtlich gebotenen Massnahme denjenigen auferlegen, welche die Ursache dafür gesetzt haben; es hat eine Finanzierungs- bzw. BGE 138 II 111 S. 125 Kostenanlastungs- oder -internalisierungsfunktion (Urteil 2P.63/2006 vom 24. Juli 2006 E. 3, in: URP 2006 S. 859; MARTIN FRICK, Das Verursacherprinzip in Verfassung und Gesetz, 2004, S. 23 ff., 131; GRIFFEL, a.a.O., S. 165, 178; RETO MORELL, in: Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 22 f. zu Art. 74 BV ; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 31 Rz. 78 und S. 36 Rz. 94; KARIN SCHERRER, Handlungs- und Kostentragungspflichten bei der Altlastensanierung, 2005, S. 80; SEILER, a.a.O., N. 2 zu Art. 2 USG ; STEINER, a.a.O., S. 20 ff.; WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 47). Zugleich hat es eine Lenkungsfunktion, indem es Anreize schafft, die Umweltbelastung möglichst zu reduzieren ( BGE 137 I 257 E. 6.1.1 S. 270 f. und E. 6.3 S. 272; GRIFFEL, a.a.O., S. 179; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 31 Rz. 80 und S. 36 Rz. 96; SCHERRER, a.a.O., S. 80 f.). 5.3.2 Art. 2 USG definiert aber nicht, wer Verursacher ist (SÉBASTIEN CHAULMONTET, Verursacherhaftungen im Schweizer Umweltrecht, 2009, S. 63 f.; ANNE-CHRISTINE FAVRE, Cent ans de droit administratif, ZSR 130/2011 II S. 227 ff., 301; FRICK, a.a.O., S. 123, 132; GRIFFEL, a.a.O., S. 170; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 34 Rz. 88; SEILER, a.a.O., N. 58 zu Art. 2 USG ). Um die Verursachereigenschaft bzw. eine Kostenpflicht zu begründen, ist die natürliche Kausalität zwar erforderlich, aber nicht genügend; vielmehr verlangt das Verursacherprinzip eine normative, wertende Zuordnung ( BGE 131 II 743 E. 3.2; CHAULMONTET, a.a.O., S. 16 f., 28 f., 57 f.; FRICK, a.a.O., S. 54 f.; SEILER, a.a.O., N. 58 zu Art. 2 USG ; STEINER, a.a.O., S. 28 f.; HANS RUDOLF TRÜEB, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 1998, N. 32 zu Art. 59 USG ; WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 48 Rz. 50 f.). Dort wo unmittelbar anwendbare Rechtsnormen den Begriff des Verursachers ohne nähere Konkretisierung verwenden (namentlich Art. 32d oder 59 USG ; Art. 54 GSchG ), hat die Rechtsprechung für die Umschreibung des Verursacherbegriffs zur Begrenzung der Kostenpflicht das Erfordernis der Unmittelbarkeit aufgestellt ( BGE 131 II 743 E. 3.2) und in weitgehender Anlehnung an den polizeirechtlichen Störerbegriff sowohl den Zustands- als auch den Verhaltensstörer kostenpflichtig erklärt ( BGE 131 II 743 E. 3.1, mit Hinweisen; Urteil 1A.178/2003 vom 27. August 2004 E. 4, in: ZBl 106/2005 S. 48; SCHERRER, a.a.O., S. 91 f.; WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 49). Ein Gesichtspunkt für die Kostenzurechnung ist auch der Umstand, dass jemand wirtschaftliche Vorteile aus dem in Frage stehenden Geschäft hat oder aufgrund eines Rechtsverhältnisses demjenigen überwälzen kann, der den Schaden unmittelbar verursacht hat (zitiertes BGE 138 II 111 S. 126 Urteil 1A.178/2003 E. 7; vgl. BGE 125 II 129 E. 10b S. 150 sowie - ausserhalb des Umweltrechts - BGE 135 I 130 E. 6.3, wonach es mit der Rechtsgleichheit vereinbar ist, den Organisatoren von sportlichen Grossveranstaltungen Kosten der dadurch veranlassten Polizeieinsätze aufzuerlegen). 5.3.3 Wo - wie bei Art. 32a USG (vorne E. 3.1) - die Umsetzung des Verursacherprinzips einer konkretisierenden Gesetzgebung bedarf, ergibt sich der Verursacherbegriff in erster Linie aus der positivrechtlichen Regelung, wobei der zuständige Gesetzgeber im Rahmen der umweltrechtlichen Grundsätze einen Gestaltungsspielraum in dieser Zuordnung hat ( BGE 132 II 371 E. 3.3; CHAULMONTET, a.a.O., S. 58, 64; FRICK, a.a.O., S. 26 f., 55 f., 126, 133 f.; ANNE PETITPIERRE, Le principe pollueur-payeur, ZSR 108/1989 II S. 431 ff., 462 ff.; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 38 Rz. 105; SEILER, a.a.O., N. 59 zu Art. 2 USG ). Das Gesetz kann auch Personen als Verursacher bezeichnen, die nicht Störer im polizeirechtlichen Sinne oder unmittelbare Verursacher sind, sofern ein hinreichend direkter funktioneller Zusammenhang besteht, der eine normative Zurechnung erlaubt ("Zweckveranlasser"; vgl. WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 49 f.). So wird es z.B. als zulässig erachtet, den Hersteller eines Produkts als kostenpflichtig zu bezeichnen für Umweltbeeinträchtigungen, die durch das produzierte Gut als solches verursacht werden (CHAULMONTET, a.a.O., S. 68 f.; STEINER, a.a.O., S. 29; a.M. FRICK, a.a.O., S. 176 f.). In diesem Sinne müssen nach Art. 32a bis USG die Hersteller und Importeure von Produkten, welche nach Gebrauch bei zahlreichen Inhabern als Abfälle anfallen, eine vorgezogene Entsorgungsgebühr bezahlen, obwohl sie nicht unmittelbar die Abfälle verursachen; auch das gilt als Finanzierungsinstrument zur Durchsetzung des Verursacherprinzips, zumal die Hersteller und Importeure die Gebühr auf die Konsumenten überwälzen können (vgl. BRUNNER, a.a.O., N. 1 zu Art. 32a bis USG ; MORELL, a.a.O., N. 26 zu Art. 74 BV ; STEINER, a.a.O., S. 297; WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 62 Rz. 99). Auch die Rücknahmepflicht für Abfälle ( Art. 30b Abs. 2 USG ) belastet Personen, die am Anfang der Abfallkausalkette stehen und die Abfälle nicht selber unmittelbar verursachen, mit Kosten, die allenfalls mittels Pfandgebühren auf die Konsumenten überwälzt werden können. 5.3.4 Im Bereich der nach Art. 32a USG zu erhebenden Abfallgebühren haben die Kantone und Gemeinden nach der Rechtsprechung einen grossen Gestaltungsspielraum. Das Gesetz verlangt nicht, dass die Kehrichtentsorgungsgebühren ausschliesslich proportional zur BGE 138 II 111 S. 127 effektiv erzeugten Menge des Abfalles erhoben werden; zwischen den Benützungsgebühren und dem Ausmass der Beanspruchung der Entsorgungseinrichtung muss aber ein gewisser Zusammenhang bestehen, was eine Schematisierung nicht ausschliesst ( BGE 137 I 257 E. 6.1.1; BGE 129 I 290 E. 3.2 S. 296 f.; Urteile 2P.266/2003 vom 5. März 2004 E. 3.1, in: URP 2004 S. 197; 2P.298/2003 vom 10. September 2004 E. 6 und 7.1, in: RtiD 2005 I S. 122; 2P.63/2006 vom 24. Juli 2006 E. 3.1, in: URP 2006 S. 859). Die Gebühr muss - vorbehältlich eines Ausnahmetatbestands gemäss Art. 32a Abs. 2 USG - zwingend einen Bezug zur Abfallmenge aufweisen; ein System, das ausschliesslich mengenunabhängige Gebühren vorsieht, ist unzulässig, weil es keine Lenkungswirkung hat ( Art. 32a Abs. 1 lit. a USG ; BGE 137 I 257 E. 6.1.1 S. 270 in ausdrücklicher Abweichung von dem anderslautenden Urteil 2P.63/2006 vom 24. Juli 2006 E. 3, in: URP 2006 S. 859). Zulässig sind aber Kombinationen von individuellen, mengenabhängigen Gebühren und festen Grundgebühren oder von mehreren verschiedenen, mengenabhängigen Abgaben ( BGE 137 I 257 E. 6.1 S. 268; BGE 125 I 449 E. 3b/cc; FRICK, a.a.O., S. 183 f.; GRIFFEL, a.a.O., S. 200 f.; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 41; WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 53). Insbesondere kann neben einer mengenabhängigen Gebühr eine mengenunabhängige Grundgebühr erhoben werden, welche namentlich für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur (Organisation der Einsammlung und des Transports sowie der Verwertung der Abfälle) zu bezahlen ist (Bereitstellungsgebühr). Da die Grundgebühr damit der Deckung der Fixkosten dient, die unabhängig von der Abfallmenge anfallen, widerspricht es dem Verursacherprinzip nicht, wenn sie mit einem gewissen Schematismus, z.B. pro Wohnung, bemessen wird (Urteile 2A.403/1995 vom 28. Oktober 1996 E. 3c und 4b, in: URP 1997 S. 39; 2P.223/2005 vom 8. Mai 2006 E. 4.1, in: ZBl 108/2007 S. 493; 2P.187/2006 vom 26. März 2007 E. 2.4; 2C_415/2009 vom 22. April 2010 E. 3). Zulässig ist auch die Bemessung nach Nutzfläche, umbautem Raum oder Anzahl Wohnräumen (zitiertes Urteil 2P.266/2003 E. 3.2). Für die mengenabhängigen Gebühren wird in der Regel derjenige als kostenpflichtig bezeichnet, der die Abfälle dem Entsorgungssystem übergibt. Dieser ist der direkte Verursacher. Die Grundgebühr kann demgegenüber vom Liegenschaftseigentümer erhoben werden, selbst wenn dieser nicht direkt Abfallverursacher ist, da er sie auf die Mieter überwälzen kann, welche unmittelbar den Abfall zur Entsorgung übergeben ( Art. 257 Abs. 2 und Art. 257b OR ; Urteile 2A.403/1995 vom BGE 138 II 111 S. 128 28. Oktober 1996 E. 4b, in: URP 1997 S. 39; 2P.187/2006 vom 26. März 2007 E. 2.4; 2C_415/2009 vom 22. April 2010 E. 3; BRUNNER, a.a.O., N. 80 zu Art. 32a USG ; GRIFFEL/RAUSCH, a.a.O., N. 13 zu Art. 32a USG ; STEINER, a.a.O., S. 298). Ebenso kann sie nicht nur von Haushalten, sondern auch von Betrieben erhoben werden (Urteil 2P.259/1996 vom 4. August 1997 E. 4; 2P.231/2005 vom 11. August 2006 E. 3.2, in: RDAF 2007 I S. 31). 5.4 5.4.1 Vorliegend erhebt die Beschwerdeführerin nebst der Grundgebühr auch eine Verursachergebühr nach Massgabe der zu entsorgenden Abfallmenge (Art. 14 Abs. 1 lit. b AFR), welche als Kilo-, Container- oder Sackgebühr oder nach Aufwand bemessen wird (Art. 18 und 19 AFR). Insoweit hält die Beschwerdeführerin die Vorgaben von Art. 32a USG ein. Streitig ist aber, ob mit der von den Gebäudeeigentümern erhobenen Grundgebühr auch die Entsorgung des im öffentlichen Raum angefallenen Siedlungsabfalls finanziert werden darf. Es stellt sich also die Frage, ob bzw. inwieweit eine derart ausgestaltete Grundgebühr, die neben der Bereitstellungskomponente auch eine Finanzierungskomponente für die Abfallentsorgung auf öffentlichem Grund enthält, zulässig ist. 5.4.2 Die Vorinstanz hat mit Recht erwogen, dass ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen der Gebühr und der Person des Abgabepflichtigen bestehen muss. Ihre Argumentation, es könnten nur solche Personen kostenpflichtig im Sinne von Art. 32a USG werden, welche die Siedlungsabfälle dem Entsorgungssystem übergeben, geht indessen zu weit: Das Verursacherprinzip verlangt nicht zwingend einen direkten, individualisierbaren Zusammenhang zwischen Umweltbelastung und Kostenauflage, sondern erlaubt Pauschalierungen aufgrund von Erfahrungs- und Durchschnittswerten (RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 32 f.; vgl. vorne E. 4.3.5). Namentlich ist den Grundgebühren immanent, dass sie nicht direkt proportional zu der zu entsorgenden Abfallmenge erhoben werden (zit. Urteil 2C_415/2009 E. 3; BRUNNER, a.a.O., N. 78 zu Art 32a USG ; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 40 f. Rz. 113) und auch anderen Personen als den unmittelbaren Verursachern auferlegt werden können (vorne E. 5.3.4). Der Umstand, dass die unmittelbaren Verursacher nicht identifiziert werden können, schliesst somit nicht aus, dass andere, in der Kausalkette weiter zurückliegende Personen als Verursacher betrachtet und kostenpflichtig erklärt werden können (vgl. auch vorne E. 5.3.3). Insoweit ist der Beschwerdeführerin beizupflichten. BGE 138 II 111 S. 129 5.4.3 Indessen muss sowohl im Lichte von Art. 32a USG als auch von Art. 8 und 9 BV ein sachlicher Grund vorliegen, der es erlaubt, die mit der streitigen Gebühr zu bezahlenden Aufwendungen eher den Gebäudeeigentümern anzulasten als anderen Personen bzw. der Allgemeinheit. Die allen Gebäudeeigentümern auferlegte Abfallgrundgebühr darf nur zur Deckung derjenigen Kosten verwendet werden, die durch die Gesamtheit der Gebäudeeigentümer verursacht werden. In diesem Zusammenhang beruft sich die Vorinstanz mit Recht auf die Entscheide BGE 124 I 289 ; BGE 131 I 1 und 313, wo das Bundesgericht es als Verletzung von Art. 8 BV (bzw. Art. 4 aBV ) erachtet hat, ausschliesslich oder hälftig den Grundeigentümern die Kosten für Instandhaltung und Reinigung des Strassennetzes oder für die öffentliche Strassenbeleuchtung aufzuerlegen, da das öffentliche Strassennetz von den Grundeigentümern nicht stärker als von der übrigen Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Es fehlt daher an einem Sondervorteil, der eine Zurechnung an die Grundeigentümer rechtfertigen könnte. Der Umstand, dass die Eigentümer, welche ihre Liegenschaften vermieten, sie den Mietern überwälzen können, ändert daran nichts ( BGE 124 I 289 E. 3e S. 294). In BGE 138 II 70 entschied das Bundesgericht sodann, dass aufgrund des Willkürverbots ( Art. 9 BV ) eine Benützungsgebühr für die Sondernutzung des öffentlichen Grundes nur von denjenigen erhoben werden kann, welche direkt den öffentlichen Grund benutzen, nicht aber von denjenigen, welche bloss indirekt einen Nutzen aus dieser Nutzung haben. Es muss somit ein direkter Zurechnungszusammenhang zwischen der Abgabe und der damit finanzierten Tätigkeit bestehen. Auch bei den gesetzlichen Regelungen, welche die Entsorgungskosten Personen am Anfang der Kausalkette auferlegen (vorne E. 5.3.3), besteht ein solcher Zusammenhang zwischen der Kostenpflicht und der Entstehung der Abfälle. 5.4.4 Im Lichte dieser Rechtslage verstösst es gegen das Willkürverbot ( Art. 9 BV ) und gegen Art. 32a USG , die Gebäudeeigentümer generell als Verursacher der im öffentlichen Raum entsorgten Abfälle zu betrachten. Ein hinreichender Zurechnungszusammenhang zwischen Grundstücknutzung und der Entsorgung von Abfall auf öffentlichem Grund kann zwar bejaht werden in Bezug auf Take-away-Betriebe und dergleichen: Diese verkaufen Produkte, die einen hohen Abfallanteil enthalten und bestimmungsgemäss zu einem grossen Teil im öffentlichen Raum konsumiert werden. Es liegt BGE 138 II 111 S. 130 auf der Hand, dass ein erheblicher Teil des dabei anfallenden Abfalls in öffentlichen Abfalleimern entsorgt oder gelittert wird, so dass eine anteilmässige Kostenauferlegung an solche Betriebe zulässig ist (ebenso WAGNER PFEIFER, a.a.O., S. 58 f. Rz. 89), zumal diese die Kosten auf ihre Kunden überwälzen können. Analoges gilt für andere Anlagen oder Organisatoren von Veranstaltungen, die von ihrem Betriebskonzept her dazu führen, dass signifikante Abfallmengen auf öffentlichem Grund beseitigt werden. Die Beschwerdeführerin begründet denn auch die streitige Gebühr primär mit dem Bestreben, derartige Betriebe zu erfassen. Dieses Anliegen ist im Grundsatz berechtigt; würden die streitigen Kostenteile nur solchen Betrieben nach sachlich haltbaren Kriterien auferlegt, wäre dagegen nichts einzuwenden. Eine Integration des genannten Aufwandes für die Abfallentsorgung auf öffentlichem Grund in die von allen Grundeigentümern bezahlte Grundgebühr würde aber voraussetzen, dass dieser Aufwand nach dem gleichen Massstab bzw. den gleichen Kriterien auf alle Gebäudeeigentümer verteilt werden könnte wie die Bereitstellungskosten. Dies ist, was das Verhältnis zwischen den Take-away Betrieben und den übrigen Gebäudeeigentümern angeht, offensichtlich nicht der Fall. 5.4.5 Sodann tragen die Take-away-Betriebe und dergleichen (die mit Faktor 2,0 belastet werden) gemäss den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz nur zu 0,2 % an die Kosten der Abfallentsorgung des öffentlichen Raums bei, während der überwiegende Teil dieser Kosten (rund 80 %) aus den Grundgebühren der Gebäudeeigentümer, die mit Faktor 1 oder weniger belastet sind, bezahlt wird (namentlich Wohnungen, Verwaltungs- und Bürogebäude, Industrie- und Gewerbebauten u. dgl.). In Bezug auf diese Eigentümer ist ein relevanter Sondervorteil, der eine Kostenzurechnung für den im öffentlichen Raum entsorgten Abfall rechtfertigen würde, nicht ersichtlich: Ein Zusammenhang zwischen Gebäudenutzung und Abfallentsorgung besteht höchstens in einer sehr indirekten Weise und bei den meisten Liegenschaften wohl überhaupt nicht. Der Gebäudeeigentümer hat auch keine Möglichkeit, diese Kosten auf die eigentlichen Verursacher zu überwälzen; er kann höchstens gesamthaft und pauschal die Kosten seinen Mietern oder anderen Personen, die sein Gebäude benützen, überwälzen, die aber ihrerseits nicht zwangsläufig den betreffenden Abfall verursachen. Schliesslich hat der Finanzierungsmodus eine Lenkungswirkung BGE 138 II 111 S. 131 höchstens insoweit, als die Gebäudeeigentümer ein Interesse daran haben können, nicht zu einer der höher eingestuften Kategorien zu gehören. Die Eigentümer mit Faktor 1 oder weniger, die den grössten Teil der streitigen Kosten tragen, haben jedoch durch die Ausgestaltung der Grundgebühr kaum die Möglichkeit und jedenfalls nicht den geringsten Anreiz zur Abfallvermeidung, so dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin insoweit eine Lenkungswirkung nicht besteht (vgl. BGE 137 I 257 E. 6.3; 2P.63/2006 vom 24. Juli 2006 E. 3.3, in: URP 2006 S. 859). 5.4.6 Die streitige Gebührenkomponente verletzt auch die Rechtsgleichheit ( Art. 8 Abs. 1 BV ): Wenn ein privater Grundstückeigentümer (z.B. als Inhaber eines Verkaufsgeschäfts oder Gastwirtschaftsbetriebes) auf seinem Grundstück Abfallbehälter aufstellt, in denen das Publikum Abfälle entsorgen kann, so muss er diese Abfälle entsorgen und dafür eine mengenabhängige Sack- oder Containergebühr bezahlen, wie auch die Beschwerdeführerin selber vorträgt. Dasselbe gilt für Abfälle, welche von Dritten illegal auf Privatgrundstücken entsorgt werden; der Eigentümer kann zwar versuchen, sich mit den ihm zur Verfügung stehenden privat- und strafrechtlichen Mitteln dagegen zu wehren; soweit ihm das aber nicht gelingt, muss er den Abfall auf seine Kosten entsorgen und gilt insoweit als kostenpflichtiger Verursacher im Sinne von Art. 32a USG . Aus Rechtsgleichheitsgründen muss deshalb auch das Gemeinwesen als Eigentümer öffentlicher Strassen und Plätze als Verursacher betrachtet werden, wenn darauf (legal oder illegal) Siedlungsabfälle entsorgt werden. Direkte Verursacher sind hier diejenigen Personen, welche den Abfall wegwerfen, die aber - wie die Beschwerdeführerin geltend macht - praktisch kaum individuell zur Kostentragung herangezogen werden können. Indem das Gemeinwesen öffentliche Abfallbehälter bereitstellt oder durch ungenügende präventive oder repressive Massnahmen die illegale Entsorgung nicht verhindert, ist es als sekundärer Verursacher zu betrachten und hat daher die Kosten der Entsorgung zu bezahlen, jedenfalls weit eher als die Eigentümer von Gebäuden, die von den Personen, die sich in der Stadt aufhalten, allenfalls benützt oder besucht werden. 5.4.7 Zwar hat das Bundesgericht im Urteil 2A.403/1995 vom 28. Oktober 1996 E. 3c, auf das sich die Beschwerdeführerin bezieht, als Aufgaben, die mit der Grundgebühr finanziert werden können, auch das Aufstellen von Kehrichteimern auf öffentlichen Strassen und BGE 138 II 111 S. 132 Plätzen bezeichnet. Dies war aber nicht Streitthema. Angesichts der unvermeidlichen Schematisierung und Pauschalierung der Grundgebühr (vorne E. 5.3.4) ist es auch nicht a priori ausgeschlossen, damit die Kosten öffentlicher Kehrichteimer zu finanzieren, solange diese einen völlig untergeordneten und vernachlässigbaren Anteil ausmachen und angenommen werden kann, dass die entsprechenden Kosten zu den Bereitstellungskosten für die Entsorgung der Liegenschaften gehören. In der Stadt Bern wurden jedoch gemäss den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz in den Jahren 2007 und 2008 rund 32 bzw. 26 % der Grundgebühr für die Reinigung des öffentlichen Raums und die Entsorgung von gelitterten und in öffentlichen Abfallbehältern zurückgelassenen Abfälle verwendet (vorne E. 3.4). Diesen Anteil den Grundeigentümern aufzuerlegen, die nicht Verursacher dieses Abfalls sind, sprengt den Rahmen einer zulässigen Schematisierung bei weitem. 5.4.8 Art. 32a USG schliesst unter Vorbehalt der Ausnahmen gemäss Abs. 2 eine Finanzierung der Abfallentsorgung aus allgemeinen Steuermitteln aus (vorne E. 4.5, vgl. BGE 137 I 257 E. 4.2; BGE 125 I 449 E. 3b/bb S. 455; BRUNNER, a.a.O., N. 24 zu Art. 32a USG ; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, a.a.O., S. 41 Rz. 113). Das bezieht sich aber auf die Entsorgung der von Privaten verursachten Abfälle. Ist hingegen das Gemeinwesen selber als Abfallverursacher zu betrachten, weil auf seinen Grundstücken der Abfall anfällt, so hat es die daraus resultierenden Kosten aus seinen allgemeinen (Steuer-)Mitteln zu bezahlen, nicht in seiner Eigenschaft als hoheitliches Gemeinwesen, sondern als Grundstückeigentümer. Auf diese Weise wird auch der anzustrebenden Lenkungswirkung des Verursacherprinzips (vorne E. 5.3.1 und 5.3.4) besser Rechnung getragen: Das Gemeinwesen hat im Unterschied zum privaten Grundeigentümer (E. 5.4.5) sowohl die Möglichkeit als auch - sofern es für die Entsorgung der Abfälle mengenabhängig bezahlen muss - einen Anreiz, gegen das illegale Entsorgen von Abfällen im öffentlichen Raum vorzugehen. 6. Der angefochtene Entscheid erweist sich damit jedenfalls im Ergebnis als grundsätzlich richtig, soweit er die Auferlegung der streitigen Kosten an alle Gebäudeeigentümer als unzulässig erklärt und die Sache zur Neufestsetzung der Grundgebühren an die Beschwerdeführerin zurückweist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wird damit nicht verunmöglicht, für die Entsorgung mittels auf öffentlichem Grund aufgestellten Grosscontainern (in welche BGE 138 II 111 S. 133 Hauskehrichtabfälle entsorgt werden) Gebühren zu verlangen. Es handelt sich dabei um Abfälle, die in den Haushalten oder Betrieben anfallen und dort verursacht werden. Dasselbe gilt für die Separatsammlung von Grünabfällen, Altglas u. dgl., die in der Regel grossmehrheitlich aus Haushalten und Betrieben stammen und deren Entsorgung deshalb mit den von diesen bezahlten Grund- oder Mengengebühren finanziert werden kann (Urteile 2P.259/1996 vom 4. August 1997 E. 2a und 3c; 2A.403/1995 vom 28. Oktober 1996 E. 3c, in: URP 1997 S. 39). Nicht zutreffend erweist sich der angefochtene Entscheid, soweit darin auf eine ausschliessliche und endgültige Pflicht des Gemeinwesens geschlossen wird, die Entsorgungskosten für so genannt gelitterten oder in öffentlichen Behältern zurückgelassenen Siedlungsabfall im Sinne von Art. 32 Abs. 2 USG aus allgemeinen Steuermitteln zu decken. Diese Kosten sind vielmehr gemäss Art. 32a USG über die Abfallrechnung zu finanzieren (E. 4.5) und können den Beschwerdegegnerinnen - wie dargelegt zwar nicht im Rahmen der Grundgebühr von Art. 14 Abs. 1 lit. a AFR, aber (unter Vorbehalt hinreichender rechtlicher Grundlagen) beispielsweise durch Erhebung eines entsprechenden Zuschlags - nach sachlich haltbaren Kriterien insoweit auferlegt werden, als plausibel dargelegt werden kann, dass diese in besonderer Weise zur Entstehung des im öffentlichen Raum beseitigten Abfalls beitragen (E. 5.4.4). Die verbleibenden Kostenanteile sind durch das Gemeinwesen in seiner Eigenschaft als Grundstückeigentümer und (sekundärer) Verursacher im Sinne von Art. 32a USG zu tragen (E. 5.4.6 und 5.4.8). Die Erwägungen der Vorinstanz sind in diesem Sinne zu präzisieren.
public_law
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e084de1f-096d-41d5-9415-52f802ca7609
Urteilskopf 116 Ia 193 32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Juli 1990 i.S. W. gegen Einwohnergemeinde Kappel und Regierungsrat des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 und Art. 22ter BV ; Zonenplanung ( Art. 15 RPG ). 1. Verfahren: Beanstandung der Einzonung fremden Landes (E. 1b). 2. Gleichbehandlungsgebot bei Planungsmassnahmen (E. 3b). Bedeutung des Erschliessungsgrads für die Behandlung eines Grundstücks in der Nutzungsplanung (E. 3d).
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 116 Ia 193 S. 193 Im Zuge der Revision der Ortsplanung hat die Einwohnergemeinde Kappel ihren revidierten Zonenplan in der Zeit vom 1. August bis 30. August 1986 und vom 20. Juli bis zum 19. August 1987 öffentlich aufgelegt. W. ist Eigentümer des unüberbauten Grundstücks GB Kappel Nr. 928 mit einer Fläche von 2877 m2. Diese Parzelle lag gemäss dem Zonenplan aus dem Jahre 1968 in der Wohn- und Gewerbezone 3 (WG 3). W. hat im Rahmen beider Planauflageverfahren gegen die Pläne Einsprache erhoben und gegen die hierauf erfolgten Planbeschlüsse des Gemeinderats beim Regierungsrat Beschwerde eingereicht. In der ersten Beschwerde wehrte sich W. gegen den Nichteinbezug seines Grundstücks GB Nr. 928 in die Bauzone und in der zweiten Beschwerde wandte er sich gegen die Einzonung der nicht ihm gehörenden Grundstücke BGE 116 Ia 193 S. 194 GB Nrn. 680 und 291. Mit Entscheid vom 12. Juli 1988 hat der Regierungsrat beide Beschwerden abgewiesen, soweit er darauf eintrat. Gegen diesen Entscheid des Regierungsrats führt W. staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht (siehe auch BGE 116 Ia 197 ff., 221 ff., 236 f.). Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. b) Der Beschwerdeführer stellt zum Teil Anträge betreffend die zonenrechtliche Behandlung fremder, nicht ihm gehörender Parzellen. Gemäss der Praxis des Bundesgerichts ist der Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft zur Anfechtung eines Nutzungsplans mit staatsrechtlicher Beschwerde nur befugt, wenn er geltend macht, die Planfestsetzungen verletzten ihn in seinen verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen, die auch seinem Schutz dienten, nicht mehr oder in geänderter Form gelten würden oder weil sie die Nutzung seiner Liegenschaft beschränkten. In beiden Fällen reicht die Anfechtungsbefugnis nur soweit als die Auswirkungen des umstrittenen Plans auf das eigene Grundstück in Frage stehen ( BGE 114 Ia 379 f. E. 4a, BGE 112 Ia 93 ). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall für die vom Beschwerdeführer erwähnten fremden, nicht ihm gehörenden Grundstücke nicht erfüllt. Insoweit ist deshalb auf seine staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Was der Beschwerdeführer gegen diese Folgerung einwendet, vermag nicht zu überzeugen. Er ist der Auffassung, eine Belassung von Grundstücken in einer Bauzone, welche im Vergleich mit anderen ausserhalb belassenen Parzellen unzweckmässig und unangemessen sei, verletze die Eigentümer dieser anderen Grundstücke in ihren verfassungsmässigen Rechten, wenn dieser Rechtsnachteil nicht dadurch behoben werden könne, dass ihre Grundstücke auch noch in die Bauzone aufgenommen würden. Würde diese Konsequenz nicht gezogen, könne eine an sich gerechtfertigte Aufnahme eines Grundstücks in die Bauzone einfach daran scheitern, dass diese aus vorwiegend öffentlichem Interesse nicht zu vergrössern wäre. In diesem Sinne seien in einer Bauzone einer Gemeinde alle Grundstücke miteinander benachbart. Da aber die Festsetzung der Grösse der Bauzone eine öffentliche Aufgabe sei und es den zuständigen Behörden überlassen sein müsse, zwischen mehreren verfügbaren zweckmässigen Lösungen zu wählen, müsse es für ein Einzonungsbegehren genügen, dass ein betroffener Eigentümer dartun könne, der BGE 116 Ia 193 S. 195 Nichteinbezug seines Landes in eine Bauzone sei gegenüber eingezonten Grundstücken unzweckmässig oder unangemessen. Mit dieser Argumentation verlangt der Beschwerdeführer, dass ihm gegenüber nach den Grundsätzen des Gleichbehandlungsgebots von Art. 4 BV vorgegangen werde. Die Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit kann der Beschwerdeführer bezogen auf sein eigenes Land im Rahmen einer Zonenplanrevision vorbringen. Die von ihm behaupteten rechtsungleichen Privilegierungen anderer Grundeigentümer betreffen ihn jedoch nicht in seinen verfassungsmässigen Rechten. Durch den angefochtenen Entscheid werden keine Normen, die auch seinem Schutz dienen, aufgehoben oder geändert. Auch steht durch eine allenfalls gesetzwidrige Privilegierung anderer nicht direkt eine Beschränkung der Nutzung seiner Liegenschaft in Frage. Im vorliegenden Fall ist indessen zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer nicht gestützt auf das Gleichbehandlungsgebot ein Anspruch auf den Einbezug seines Landes in die Bauzone zusteht. Zu dieser Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit ist der Beschwerdeführer legitimiert ( Art. 88 OG ). 3. a) Der Beschwerdeführer erwähnt verschiedene Gebiete, die seines Erachtens zu Unrecht eingezont worden sind. Er ist der Ansicht, dass sein Land im Vergleich zu diesen Gebieten die besseren Voraussetzungen zum Einbezug in die Bauzone aufweise. Aus dem Gleichbehandlungsgebot von Art. 4 BV ergebe sich somit ein Anspruch auf Einzonung seines Grundstücks GB Kappel Nr. 928. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt dem Gleichheitsgebot bei Planungsmassnahmen nur eine abgeschwächte Bedeutung zu. Ein Grundeigentümer hat keinen aus Art. 4 BV folgenden Anspruch darauf, im Zusammenhang mit dem Erlass einer Zonenordnung gleich behandelt zu werden wie alle übrigen Grundeigentümer, die von einer Raumplanungsmassnahme berührt werden. Es liegt im Wesen der Ortsplanung, dass Zonen gebildet und irgendwo abgegrenzt werden müssen und dass Grundstücke ähnlicher Lage und ähnlicher Art bau- und zonenrechtlich völlig verschieden behandelt werden können. In verfassungsrechtlicher Hinsicht genügt, dass die Planung sachlich vertretbar, d.h. nicht willkürlich ist. Das Gebot der Rechtsgleichheit fällt insoweit mit dem Willkürverbot zusammen ( BGE 114 Ia 257 E. 4a mit Hinweisen). c) Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, das Grundstück des Beschwerdeführers sei teilweise erschlossen. Die Kanalisation fehle zwar; im Rahmen der Abwasserplanung der BGE 116 Ia 193 S. 196 Gemeinde sei jedoch eine Verbindungsleitung vorgesehen, welche an der Grundstückgrenze des Beschwerdeführers entlang führen solle. Der Erschliessungsgrad des Grundstücks sei somit relativ hoch. Dem stehe jedoch ein grosses öffentliches Interesse an der Auszonung gegenüber, da die Gemeinde grosse Mühe habe, die gesetzlichen Anforderungen an die Begrenzung der Grösse ihrer Bauzone zu erfüllen. Ferner stelle das von der Gemeinde ausgeschiedene Reservegebiet, welchem auch die Parzelle GB Nr. 928 angehöre, eine intakte Hofstatt dar, welche Bestandteil des schützenswerten Ortsbilds sei und direkt an das problematische Gebiet "Unterdorf" angrenze. Das Bestreben, in diesem Bereich eine störende Bautätigkeit möglichst lange zu vermeiden, sei durchaus ein berechtigtes Anliegen. Aus diesen Gründen sei die vorliegende Planung zwar einschneidend für den Beschwerdeführer, aber nicht offensichtlich unzweckmässig. Der Vorwurf der Rechtsungleichheit und Willkür sei insofern nicht von der Hand zu weisen, als einige andere Grundstücke - GB Nrn. 291 und 680 - eingezont belassen worden seien, obwohl ihr Erschliessungsgrad ähnlich, ihre Lage zum Teil aber noch peripherer als beim Grundstück des Beschwerdeführers sei. Der Regierungsrat habe jedoch die beiden Parzellen Nrn. 291 und 680 im Rahmen der Zweckmässigkeitsprüfung von der Genehmigung ausgenommen in der Meinung, diese seien dem Landwirtschaftsgebiet zuzuweisen. Dadurch werde der Vorwurf der Rechtsungleichheit bezüglich dieses Landes gegenstandslos. Die anderen vom Beschwerdeführer bezeichneten Parzellen müssten alle als voll erschlossen gelten. Zudem seien dort weder ortsbildschützerische noch landschaftschützerische Gründe vorhanden, welche für eine Auszonung aus der Bauzone sprechen würden. d) Diese Ausführungen des Regierungsrats sind nicht zu beanstanden. Der Regierungsrat räumt zwar ein, dass er die Einzonung von gewissen Grundstücken genehmigt habe, die unter dem Gesichtspunkt der Erschliessung mit der Parzelle Nr. 928 des Beschwerdeführers vergleichbar sind. Wie schon im angefochtenen Entscheid weist er aber auch in der Vernehmlassung zur staatsrechtlichen Beschwerde in zutreffender Weise darauf hin, dass der Erschliessungsgrad nicht das einzige oder gar wichtigste Kriterium für die zu entscheidende Frage sei. Der Einzonung des Grundstücks Nr. 928 stehe denn auch vor allem die intakte Hofstatt entgegen, zu der dieses Grundstück gehöre und die Teil des alten Dorfkerns (nicht des heutigen Dorfzentrums) bilde. In diesem BGE 116 Ia 193 S. 197 Bereich erscheine Kappel sehr wohl als ursprüngliches Bauerndorf. Wenn deshalb die Gemeinde dieses Gebiet möglichst lange vor einer Überbauung freihalten wolle, so liege das in ihrem Planungsermessen und trage durchaus den Planungsgrundsätzen des Raumplanungsgesetzes Rechnung. Der Regierungsrat hat diese Würdigung des angefochtenen Planfestsetzungsbeschlusses der Gemeinde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durchaus mit der vollen, ihm zustehenden Überprüfungsbefugnis vorgenommen.
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1,990
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Urteilskopf 109 III 93 26. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 8. September 1983 i.S. S. (Rekurs)
Regeste Arrestvollzug; Art. 271 Abs. 1 Ziff. 5 und Art. 265 Abs. 2 SchKG . Erhebt der Schuldner die Einrede des mangelnden neuen Vermögens, so hat das Betreibungsamt den Arrest desungeachtet zu vollziehen, wenn es nicht in den Notbedarf eingreifen muss.
Sachverhalt ab Seite 93 BGE 109 III 93 S. 93 Die Bank A. erwirkte gestützt auf einen Konkursverlustschein einen Arrest gegen S. über Fr. 6'786.30. Am 30. November 1982 legte das Betreibungsamt K. Arrest auf Lohnguthaben des Schuldners in der Höhe von Fr. 2'335.-- pro Monat. Eine gegen den Arrestvollzug erhobene Beschwerde von S. hiess die untere kantonale Aufsichtsbehörde in dem Sinne gut, als die monatliche Quote auf Fr. 265.-- herabgesetzt wurde. Dagegen erhob die Bank A. Beschwerde bei der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde. Diese hiess die Beschwerde teilweise gut und ordnete an, dass ein BGE 109 III 93 S. 94 Lohnguthaben des Schuldners von monatlich Fr. 464.95 bis Mai 1983 und ab Juni 1983 von monatlich Fr. 1'464.95 als verarrestiert gelte. S. erhebt gegen diesen Entscheid Rekurs bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid und den Arrest aufzuheben; eventuell sei die Sache zur Vervollständigung des Tatbestandes und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Bank A. beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 5. September 1983 die Abweisung der Beschwerde. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Rekurrent rügt zunächst, sein Anspruch auf eine standesgemässe Lebensführung sei missachtet und es sei überhaupt nicht geprüft worden, ob er über neues Vermögen verfüge. Bevor nicht korrekt neues Vermögen festgestellt worden sei, dürfe gegen ihn als ehemaligen Kridar keine Pfändung und kein Arrest vollzogen werden. a) Gemäss Art. 271 Abs. 1 Ziff. 5 SchKG kann ein Gläubiger, der gegen den Schuldner einen Verlustschein besitzt, dessen Vermögensstücke mit Arrest belegen lassen. Wird das Arrestgesuch jedoch auf einen Konkursverlustschein gestützt, so ist ein Arrestvollzug wie eine neue Betreibung nach Art. 265 Abs. 2 SchKG nur zulässig, wenn der ehemalige Gemeinschuldner zu neuem Vermögen gekommen ist. Nach dem Sinn dieser Vorschrift soll sich der Schuldner nach Durchführung des Konkurses eine neue Existenz aufbauen, d.h. finanziell erholen können. Das ist erst der Fall, wenn er nach Schluss des Konkurses neue Aktiven erworben hat, denen keine neuen Passiven gegenüberstehen, weshalb unter dem "neuen Vermögen" nur das "Nettovermögen" zu verstehen ist ( BGE 99 Ia 19 , H. FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. II, S. 187; ZBJV 75/1939, S. 631/2). b) In der Praxis ist seit langem anerkannt, dass auch der Arbeitsverdienst neues Vermögen darstellen kann. Während früher angenommen wurde, dieser bilde erst dann neues Vermögen im Sinne des Art. 265 Abs. 2 SchKG , wenn er kapitalisiert und so zu eigentlichem Vermögen geworden sei, wird er heute allgemein schon insoweit zum neuen Vermögen gerechnet, als er das zur Führung eines standesgemässen Lebens Notwendige übersteigt und Ersparnisse zu machen erlaubt ( BGE 79 I 115 mit Hinweisen BGE 109 III 93 S. 95 auf Rechtsprechung und Lehre; SJZ 58/1962, S. 320; ZBJV 93/1957, S. 273). Verfügt der Schuldner über das betreibungsrechtliche Existenzminimum, so besitzt er somit noch nicht notwendigerweise neues Vermögen im Sinne von Art. 265 Abs. 2 SchKG ( BGE 53 III 27 ). Massgebend ist vielmehr, ob er standesgemäss leben, sich nach dem Konkurs eine neue Existenz aufbauen und zusätzlich Ersparnisse beiseite legen kann. Der Natur der Sache nach liegt der Entscheid weitgehend im Ermessen des Richters, der darüber im beschleunigten Verfahren ( Art. 265 Abs. 3 SchKG ) zu entscheiden hat. Ein entsprechendes Verfahren ist im vorliegenden Fall hängig. c) In einem in den Regesten ausdrücklich als Änderung der Rechtsprechung bezeichneten Entscheid vom 29. März 1939 ( BGE 65 III 22 ) hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer entschieden, dass es Sache der Arrestbehörde sei, bereits bei der Arrestbewilligung vorfrageweise summarisch zu prüfen, ob Lohnguthaben neues Vermögen darstellten und den arrestierbaren Lohn auch zu bezeichnen. Dem Betreibungsamt stehe es hingegen nicht zu, den Arrestvollzug weitergehend zu beschränken, als sich dies aus der ihm obliegenden Anwendung der Art. 92 und 93 SchKG ergebe. Diese Praxis wurde seither insofern verschiedentlich bestätigt, als gesagt wurde, das Betreibungsamt dürfe den Arrestvollzug nur dann verweigern, wenn der Arrestbefehl offensichtlich gesetzeswidrig, d.h. nichtig sei ( BGE 108 III 36 E. 3c vgl. auch BGE 107 III 36 E. 4, BGE 105 III 18 , 140, BGE 104 III 59 E. 3). Eine solche Gesetzeswidrigkeit ist gegeben, wenn mit dem Arrest in den Notbedarf des Schuldners und seiner Familie eingegriffen wird. In diesem Fall darf das Betreibungsamt den Arrest nur auf dem den Notbedarf übersteigenden Teil vollziehen. d) Da die Überprüfung der Einhaltung von Art. 265 Abs. 2 SchKG nicht dem Betreibungsamt zusteht, ist der Einwand des Rekurrenten, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, nicht geeignet, den Arrestvollzug abzuwenden oder eine nachträgliche Aufhebung oder Beschränkung der Beschlagnahme zu erwirken, bevor die auf Feststellung des Vorhandenseins neuen Vermögens abzielende Klage rechtskräftig abgewiesen worden ist ( BGE 53 III 26 , JAEGER, Komm. N. 8 zu Art. 265 SchKG ). Dem Einwand steht im übrigen der Zweck des Arrestes ( BGE 107 III 35 E. 2) entgegen: Folgte man der Auffassung des Rekurrenten, würde der Verlustscheingläubiger um sein gesetzlich verbrieftes Recht auf vorläufige Sicherstellung gebracht.
null
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e08ad692-0148-4fb9-9037-cb592efbcb62
Urteilskopf 117 II 530 97. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. November 1991 i.S. A. gegen S. (Berufung)
Regeste Art. 620 ff. ZGB ; bäuerliches Erbrecht. Verkauft der Erblasser sein landwirtschaftliches Gewerbe zu seinen Lebzeiten einem zukünftigen Erben, so finden die Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts keine Anwendung. Der Erwerber muss daher zur Übernahme des Gewerbes bzw. zur Selbstbewirtschaftung nicht geeignet sein.
Sachverhalt ab Seite 530 BGE 117 II 530 S. 530 A.- Mit öffentlich beurkundetem Kauf- und Verpfründungsvertrag vom 9. Juni 1967 verkaufte Anna A.-B. ihrer Tochter Emma S.-A. die Grundstücke und Gebäude ihres Landwirtschaftsbetriebs sowie das Wohn- und Gasthaus "Krone" in X. zum Preise von Fr. 380'000.--. Gleichzeitig verpflichtete sich die Tochter, ihrer Mutter lebenslänglich Wohnung, Nahrung und Pflege zu gewähren. Da der Verkauf der Liegenschaften unter dem Verkehrswert erfolgte, vereinbarten die Vertragsparteien ein Gewinnanteilsrecht im Sinne von Art. 619 ff. ZGB zugunsten der Verkäuferin und deren Miterben für die Dauer von 25 Jahren. Für die Berechnung dieses Gewinnanteilsrechts wurden die folgenden Übernahmepreise festgelegt: für das Mobiliar Fr. 17'000.--, für das Wohn- und Gasthaus Fr. 150'000.--, für die landwirtschaftlichen Gebäude Fr. 80'000.-- und für sämtliches Land Fr. 133'000.--. Am 20. September 1984 verstarb Anna A.-B. BGE 117 II 530 S. 531 B.- Karl und Emil A. verlangten mit Klage vom 26. August 1985 die Feststellung des Nachlasses ihrer Mutter Anna A.-B., unter Einbezug der im Jahre 1967 und später verkauften Grundstücke, sowie die Festlegung ihrer Erbansprüche. Das Bezirksgericht trat am 2. November 1987 auf die Klage nicht ein. Eine dagegen gerichtete Appellation der Kläger hiess das Obergericht des Kantons Aargau am 16. Dezember 1988 teilweise gut und wies die Streitsache zur materiellen Beurteilung an das Bezirksgericht zurück. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 29. Dezember 1989 ab. Gegen dieses Urteil erhoben die Kläger wiederum Appellation an das Obergericht, die mit Entscheid vom 6. Dezember 1990 abgewiesen wurde. C.- Mit Berufung an das Bundesgericht beantragen die Kläger, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage gutzuheissen. Die Beklagte stellt Antrag auf Abweisung der Berufung. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Obergericht ist davon ausgegangen, dass die Parteien als Kinder der Erblasserin hinsichtlich des Kaufvertrages vom 9. Juni 1967 grundsätzlich ausgleichungspflichtig seien, falls die übrigen Voraussetzungen hiefür erfüllt seien. Die Ausgleichungspflicht sei gegeben, soweit im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine unentgeltliche Zuwendung vorliege. Dabei müsse es sich um ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung handeln. Die objektive Bewertung der beidseitigen Leistungen richte sich im allgemeinen nach dem Verkehrswert, während bei landwirtschaftlichen Liegenschaften der Ertragswert massgebend sei. Dies gelte aber nur, wenn der Präsumptiverbe die landwirtschaftlichen Grundstücke tatsächlich weiterhin landwirtschaftlich nutze. Hingegen sei nicht nötig, dass er die Grundstücke selbst bewirtschafte und zur Selbstbewirtschaftung geeignet sei. Gestützt auf die Ausführungen im bezirksgerichtlichen Urteil gelangte das Obergericht zum Schluss, dass es sich beim Kaufvertrag vom 9. Juni 1967 nicht um eine gemischte Schenkung gehandelt habe, weshalb auch keine Ausgleichungspflicht der Beklagten gegeben sei. 4. Die Kläger erblicken in der Integralzuweisung des Landwirtschaftsbetriebs an die Beklagte einen Verstoss gegen Bundesrecht. BGE 117 II 530 S. 532 Sie weisen darauf hin, dass es im bäuerlichen Erbrecht möglich sei, den ganzen Nachlass einem Erben auszuhändigen; dabei gehe es aber um agrarpolitische Ziele. Demgemäss verlange auch Art. 620 ZGB , dass ein möglicher Übernehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes bestimmte Voraussetzungen erfülle. Nach Auffassung des Obergerichts gelte diese Regel nur beim Erbgang, nicht aber bei einem Rechtsgeschäft zu Lebzeiten des Erblassers. Diese Unterscheidung sei rechtsdogmatisch nicht haltbar. Komme einem solchen Rechtsgeschäft unter Lebenden praktisch die Wirkung der Enterbung aller übrigen Erben zu, so müssten auch in diesem Fall die Bedingungen für die Integralzuweisung erfüllt sein. Damit sei auf seiten des Übernehmers Eignung im Sinne von Art. 620 Abs. 1 ZGB zu verlangen. Im vorliegenden Fall habe das Obergericht überhaupt nicht geprüft, ob die Beklagte diese Eignung aufweise. Tatsächlich fehle ihr aber die Eignung zur Führung eines Landwirtschaftsbetriebs, wie sie in Lehre und Rechtsprechung umschrieben werde. Die Integralzuweisung zum Ertragswert an die Beklagte sei deshalb unhaltbar und verletze Bundesrecht. Im übrigen existiere der Landwirtschaftsbetrieb längst nicht mehr. Das Land sei an mehrere Bauern verpachtet worden, das Bauernhaus stehe leer und die Ökonomiegebäude würden anderweitig genutzt. Daraus erhelle, dass mit der Integralzuweisung kein einziges Ziel der bäuerlichen Gesetzgebung - weder auf dem Gebiete der Struktur- noch der Agrarpolitik - erreicht worden sei. 5. a) Art. 620 ZGB enthält den Grundsatz, dass ein landwirtschaftliches Gewerbe einem Erben, der sich zu dessen Übernahme bereit erklärt und als hiefür geeignet erscheint, ungeteilt zum Ertragswert zuzuweisen ist. Subjektive Voraussetzung für die Integralzuweisung bildet somit die Eignung des Bewerbers für die Führung des Landwirtschaftsbetriebs. Indessen darf nicht übersehen werden, dass Art. 620 ZGB zum bäuerlichen Erbrecht gehört, ja dessen eigentliches Herzstück darstellt (ESCHER, N. 1 zu Art. 620 ZGB ). Die Bestimmungen des bäuerlichen Erbrechts sind aber einzig auf Erbschaften anwendbar, die noch nicht geteilt worden sind. Sie enthalten nur besondere Teilungsvorschriften für den Fall, dass sich ein landwirtschaftliches Gewerbe in der Teilungsmasse befindet. Das bäuerliche Erbrecht wurde erlassen, um die Zerstückelung des bäuerlichen Grundbesitzes und die Verschuldung des landwirtschaftlichen Bodens durch die Realteilung zu BGE 117 II 530 S. 533 verhindern. Zu diesem Zwecke schuf das ZGB aber keine besondere Erbfolgeordnung, sondern nahm das für das bäuerliche Erbrecht wichtige Institut der Integralzuweisung und das Ertragswertprinzip in die Bestimmungen über die Erbteilung auf. Der Ansatzpunkt für diese Sonderregelung liegt somit in der Erbteilung, deren Bestandteil das bäuerliche Erbrecht bildet (STEIGER, Zur Frage des Anwendungsbereiches und der Geltungskraft des bäuerlichen Erbrechts sowie der allgemeinen Voraussetzungen der Integralzuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes, Diss. Bern 1966, S. 16 f.). Ausserhalb des Erbteilungsverfahrens bleibt demnach kein Raum für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts. Insbesondere finden die Bestimmungen von Art. 620 ff. ZGB keine Anwendung bei Übergabe landwirtschaftlicher Grundstücke oder Heimwesen zu Lebzeiten des Erblassers (ESCHER, N. 19 der Vorbemerkungen zu Art. 616-625 ZGB ; NEUKOMM/CZETTLER, Das bäuerliche Erbrecht, 5. Aufl., S. 24 Ziff. 3.1). Freilich hat es nicht an Versuchen gefehlt, gewisse Grundsätze des bäuerlichen Erbrechts auf die Übernahme eines landwirtschaftlichen Gewerbes durch einen Präsumptiverben zu Lebzeiten des Erblassers auszudehnen. Bereits anlässlich der ersten Revision des bäuerlichen Erbrechts schlug der Schweizerische Bauernverband im Jahre 1935 eine Regelung für den Fall vor, dass der Erblasser schon zu seinen Lebzeiten den Betrieb einem künftigen Erben verkauft hat. Dieser Vorstoss blieb jedoch erfolglos. Auch ein entsprechender Antrag im Ratsplenum in Jahre 1937 wurde vom Nationalrat abgelehnt (Amtl.Bull. Nr. 1937, S. 760, 764, 767 und 770). Später wurde in das Bundesgesetz über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951 (EGG) ein gesetzliches Vorkaufsrecht aufgenommen. Dieses wirkt sich zwar in gewisser Weise als Beschränkung der Verfügungsfreiheit unter Lebenden aus, doch dient es nur dem Ziel, den bäuerlichen Grundbesitz der Familie des Eigentümers zu erhalten, und es kann nur von einem gesetzlich festgelegten Kreis von Berechtigten ausgeübt werden ( Art. 6 und 11 EGG ). Trotz Einführung dieses Vorkaufsrechts ist dem Erblasser die Möglichkeit nicht entzogen worden, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden seinen Betrieb auf einen Präsumptiverben, der die Kriterien von Art. 620 ZGB nicht erfüllt, zu übertragen (STEIGER, a.a.O., S. 45). Im Rahmen der Revision des bäuerlichen Zivilrechts vom 6. Oktober 1972 wurde die Testierfreiheit des Erblassers erheblich eingeschränkt, indem Art. 621bis ZGB bestimmt, dass einem BGE 117 II 530 S. 534 Erben, der das Gewerbe selber bewirtschaften will und dafür geeignet erscheint, das Recht auf ungeteilte Zuweisung vom Erblasser weder durch letztwillige Verfügung noch durch Erbvertrag entzogen werden kann. Hingegen wurde wiederum auf eine Regelung des Kindskaufs zu Lebzeiten des Erblassers verzichtet. In der Lehre wurde dies bedauert (STEIGER, a.a.O., S. 45; NEUKOMM/CZETTLER, a.a.O., S. 165; BÜHLER, Zwei Lücken der Gesetzgebung über den Kindskauf ( Art. 218quinquies OR ), SJZ 72/1976, S. 377). Gleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen, dass bei einer künftigen Revision der Gesetzgeber die Übergabe eines landwirtschaftlichen Gewerbes an ungeeignete Nachkommen bzw. an Dritte zu Lebzeiten des Erblassers ebenso verhindern müsse, wie dies im bäuerlichen Erbrecht der Fall sei (STUDER, Die Integralzuweisung landwirtschaftlicher Gewerbe nach der Revision des bäuerlichen Zivilrechts von 1972, Diss. Freiburg 1975, S. 76). Im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht demnach keine gesetzliche Regelung, die analog zu Art. 621bis ZGB das Vorrecht des geeigneten Selbstbewirtschafters zu Lebzeiten des Erblassers gewährleisten würde (NEUKOMM/CZETTLER, a.a.O., S. 165; STEIGER, a.a.O., S. 45). Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe noch vom Erblasser selber an einen künftigen Erben verkauft, der den Voraussetzungen von Art. 620 ZGB nicht genügt, so kann ein solcher Kauf nach dem Erbgang nicht mehr rückgängig gemacht werden (ESCHER, N. 19 der Vorbemerkungen zu Art. 616-625 ZGB , N. 7 zu Art. 620 ZGB ; RÜEGG, Die Einschränkung der Testierfreiheit im bäuerlichen Erbrecht des schweizerischen ZGB, Diss. Zürich 1950, S. 47). b) Im vorliegenden Fall fand der mit einer Verpfründung kombinierte Verkauf des landwirtschaftlichen Heimwesens und der Gastwirtschaft "Krone" durch Anna A.-B. an ihre Tochter Emma S.-A. am 9. Juni 1967, also 17 Jahre vor dem Tod der späteren Erblasserin, statt. Es handelt sich dabei eindeutig um die Übertragung eines landwirtschaftlichen Gewerbes an eine Präsumptiverbin zu Lebzeiten der Erblasserin. Da nach dem Ausgeführten der Käufer den Voraussetzungen von Art. 620 ff. ZGB nicht zu genügen braucht, kommt dem Eignungsprinzip keine entscheidende Bedeutung zu (ESCHER, a.a.O.). Das Obergericht hat daher nicht gegen Bundesrecht verstossen, wenn es angenommen hat, dass bei der Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebs zu Lebzeiten der Erblasserin an einen zukünftigen Erben die Selbstbewirtschaftung bzw. dessen Eignung zur Führung des Betriebs keine unerlässliche Voraussetzung bilde, wie dies bei der BGE 117 II 530 S. 535 Integralzuweisung gemäss Art. 620 ZGB der Fall ist. Die Berufung erweist sich damit als unbegründet. Auf die weitern Ausführungen in der Berufungsschrift, mit welchen die Kläger die fehlende Eignung der Beklagten zur Führung bzw. zur Verpachtung des von ihrer Mutter erworbenen landwirtschaftlichen Heimwesens dartun wollen, braucht unter diesen Umständen nicht weiter eingegangen zu werden. Was schliesslich die Behauptung der Kläger, der Landwirtschaftsbetrieb existiere gar nicht mehr, anbetrifft, so bezieht sich diese auf tatsächliche Verhältnisse und kann daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens bilden. Im übrigen ist diese Behauptung im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren widerlegt worden.
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1,991
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e08c4506-e2fd-4cce-9928-ad8608d8b771
Urteilskopf 120 V 357 49. Urteil vom 24. August 1994 i.S. M. gegen Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft und Versicherungsgericht des Kantons Thurgau
Regeste Art. 68 Abs. 1 und Art. 96 UVG , Art. 19 VwVG , Art. 57 ff. BZP . Die nach Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 57 ff. BZP im Verwaltungsverfahren der SUVA für die Einholung von Sachverständigengutachten anwendbaren Regeln gelten sinngemäss auch für die nach Art. 68 Abs. 1 UVG zugelassenen Privatversicherer (Erw. 1c). Art. 19 VwVG , Art. 57 Abs. 2 BZP , Art. 58 Abs. 2 BZP , Art. 60 Abs. 2 BZP . Rechtsfolgen einer Verletzung der für die Einholung von Sachverständigengutachten im Verwaltungsverfahren der obligatorischen Unfallversicherung geltenden Vorschriften. Regeln bezüglich der Heilung von Verfahrensmängeln (Erw. 2a und b). Art. 58 Abs. 1 BZP , Art. 59 Abs. 1 BZP , Art. 23 OG , Art. 58 BV , Art. 4 Abs. 1 BV , Art. 6 Ziff. 1 EMRK . - Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für den Richter vorgesehen sind (Erw. 3a). - Im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung, welche den Arztgutachten im Sozialversicherungsrecht zukommt, ist an die Unparteilichkeit des Gutachters ein strenger Massstab anzusetzen (Erw. 3b).
Sachverhalt ab Seite 358 BGE 120 V 357 S. 358 A.- M., geboren am 17. Oktober 1958, erlitt im Jahre 1981 einen Skiunfall, bei welchem er sich am linken Knie verletzte. Im Oktober 1986 sprach ihm die Berner Versicherung eine Entschädigung von 15% der versicherten Invaliditätssumme zu. In der Folge war er in seiner Tätigkeit als Kellner und Geschäftsführer eines Restaurants in St. Moritz wieder voll arbeitsfähig. Am 9. August 1988 stürzte er am Arbeitsplatz eine Treppe hinunter und verletzte sich erneut am linken Knie. Eine am 17. August 1988 vorgenommene Arthroskopie zeigte eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes links mit frischen Einblutungen. Nach vorerst konservativer Therapie wurde am 2. August 1989 in der Klinik Gut, St. Moritz, eine Kreuzbandplastik durchgeführt. Am 6. März 1990 kam es zu einem weiteren Unfall, als ein Passant im Bahnhof Zürich mit dem Koffer gegen das verletzte Knie des Beschwerdeführers stiess. Wegen Zunahme der Beschwerden begab sich M. erneut in ärztliche Behandlung. Im Juni 1990 wurde in der Klinik Gut eine Arthroskopie und Metallentfernung vorgenommen. Der operierende Arzt, Dr. med. A., bescheinigte im Januar 1991 eine Arbeitsunfähigkeit von 100% bis 31. August 1990 und von 50% bis Ende Februar 1991; am 7. März 1991 bestätigte er eine vollständige Arbeitsunfähigkeit ab 1. März 1990. Die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft (im folgenden: Schweizerische Mobiliar), bei welcher M. zur Zeit seiner Unfälle vom 9. August 1988 und 6. März 1990 obligatorisch gegen Berufs- und Nichtberufsunfall versichert war, kam für die Heilungskosten auf und richtete ein Taggeld aus. Im Februar 1991 ersuchte sie PD Dr. med. X um ein Gutachten, welches am 14. Juni 1991 erstattet wurde und worin festgestellt wird, dass der Versicherte eine abwechselnd im Stehen und Sitzen zu verrichtende Tätigkeit vollzeitlich und ohne Einschränkung auszuführen vermöge und ihm auch bei dauerndem Gehen und Stehen eine tägliche BGE 120 V 357 S. 359 Arbeitszeit von mindestens 6 bis 7 Stunden während der ganzen Woche zumutbar sei; nicht zumutbar sei das Tragen von Lasten von mehr als 10 kg über längere Strecken und über Treppen sowie häufiges Treppauf- und Treppabgehen. Gestützt hierauf erliess die Schweizerische Mobiliar am 4. Juli 1991 eine Verfügung, mit welcher sie die Ausrichtung von Taggeldleistungen ab 1. Februar 1991 und die Zusprechung einer Invalidenrente verweigerte und dem Versicherten eine Integritätsentschädigung von Fr. 4'080.-- aufgrund eines Integritätsschadens von 5% und eines versicherten Jahresverdienstes von Fr. 81'600.-- zusprach. Mit Einspracheentscheid vom 6. August 1991 bestätigte die Schweizerische Mobiliar diese Verfügung. B.- M. liess gegen den Einspracheentscheid beim Versicherungsgericht des Kantons Thurgau Beschwerde erheben und die Zusprechung einer Integritätsentschädigung von 20% und von Taggeld- oder Rentenleistungen ab 1. Februar 1991 aufgrund einer Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit von 50% beantragen. Mit der Beschwerde wurde Dr. med. X die von einem Gutachter zu erwartende Objektivität und Distanz zum Fall abgesprochen. Gleichzeitig wurde ein von Dr. med. M. zuhanden der Protekta-Rechtsschutz-Versicherung verfasster Bericht vom 15. Oktober 1991 eingereicht, welcher dem Versicherten als Kellner eine Arbeitsunfähigkeit von 50% bescheinigte. Das Versicherungsgericht des Kantons Thurgau wies die Beschwerde im wesentlichen mit der Feststellung ab, dass die Objektivität und Glaubwürdigkeit des Gutachtens von Dr. X zu Unrecht angezweifelt werde, dass dem Beschwerdeführer die zur Zeit der Unfälle ausgeübte Erwerbstätigkeit als Kellner und Geschäftsführer eines Gastwirtschaftsbetriebes vollzeitlich zumutbar wäre, weshalb weder Anspruch auf Taggeld noch auf eine Invalidenrente bestehe, und dass die zugesprochene Integritätsentschädigung im Rahmen der massgeblichen Richtlinien liege (Entscheid vom 9. Dezember 1991). C.- M. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es seien weitere medizinische Abklärungen anzuordnen; eventuell seien eine Invalidenrente von 40% und eine Integritätsentschädigung von 15% zuzusprechen. Mit der Beschwerde wird im wesentlichen das Verfahren der Auftragserteilung an den Gutachter sowie die Objektivität und Schlüssigkeit des Gutachtens bestritten. BGE 120 V 357 S. 360 Die Schweizerische Mobiliar lässt sich mit dem Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vernehmen. Das Bundesamt für Sozialversicherung enthält sich einer Stellungnahme. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Das sozialversicherungsrechtliche Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, indem Verwaltung und Sozialversicherungsrichter von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des Sachverhaltes zu sorgen haben. Dieser Grundsatz gilt indes nicht uneingeschränkt, sondern er wird in zweifacher Hinsicht ergänzt durch die Mitwirkungspflicht des betroffenen Versicherten ( BGE 117 V 263 Erw. 3b) sowie durch die im Anspruch auf rechtliches Gehör enthaltenen Parteirechte auf Teilnahme am Verfahren und auf Einflussnahme auf den Prozess der Entscheidfindung ( BGE 117 V 283 Erw. 4a). In diesem Sinne dient das rechtliche Gehör einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift ( BGE 118 Ia 19 Erw. 1c, 109 Erw. 3b). Dazu gehört auch das Recht, an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen ( BGE 117 V 283 Erw. 4a mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung). Im Verwaltungsverfahren gilt dieses Mitwirkungs- oder Äusserungsrecht des Betroffenen namentlich im Zusammenhang mit der Durchführung eines Augenscheins ( BGE 116 Ia 99 f., BGE 113 Ia 82 Erw. 3a, BGE 112 Ia 5 Erw. 2c), der Befragung von Zeugen ( BGE 92 I 260 Erw. 3) sowie bezüglich eines Expertengutachtens ( BGE 101 Ia 311 Erw. 1b und Erw. 2a, BGE 99 Ia 46 Erw. 3b). Infolgedessen darf auf diese Beweismittel bei der Entscheidung nicht abgestellt werden, ohne dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, an der Beweisabnahme mitzuwirken oder wenigstens nachträglich zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen ( BGE 119 V 211 Erw. 3b). b) Für das Verwaltungsverfahren in der obligatorischen Unfallversicherung bestimmt Art. 96 UVG , dass die Vorschriften des UVG anwendbar sind, soweit das Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG) für Versicherer nicht gilt oder das UVG eine abweichende Regelung enthält. Als autonome eidg. Anstalt untersteht die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) den Verfahrensregeln des VwVG. Die in Art. 97 ff. UVG erlassenen und in BGE 120 V 357 S. 361 Art. 122 ff. UVV näher umschriebenen Verfahrensbestimmungen sind deshalb für das Verwaltungsverfahren der SUVA nur anwendbar, soweit sie eine gegenüber dem VwVG abweichende Regelung enthalten ( BGE 115 V 299 Erw. 2b). Das UVG enthält namentlich keine besonderen Regeln über das von den Unfallversicherern durchzuführende Beweisverfahren, insbesondere nicht über die den Parteien bei der Beweisabnahme zustehenden Mitwirkungsrechte. Die SUVA hat diesbezüglich daher die Vorschriften des VwVG zu beachten. Das VwVG enthält in Art. 12 ff. Bestimmungen zur Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts, regelt in Art. 14 ff. insbesondere die Zeugeneinvernahme und bestimmt in Art. 19, dass auf das Beweisverfahren ergänzend die Art. 37, 39-41 und 43-61 des Bundesgesetzes über den Zivilprozess (BZP) sinngemäss Anwendung finden. Dementsprechend hat die SUVA bei der Einholung von Sachverständigengutachten sinngemäss nach den Bestimmungen des Bundeszivilprozesses zu verfahren und insbesondere die in Art. 57 ff. BZP genannten Mitwirkungsrechte der Verfahrensbeteiligten zu beachten (RKUV 1993 Nr. U 167 S. 96 Erw. 5b). Danach ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den Fragen an den Sachverständigen zu äussern und Abänderungs- und Ergänzungsanträge zu stellen ( Art. 57 Abs. 2 BZP ); des weitern ist ihm Gelegenheit zu geben, vor der Ernennung des Sachverständigen Einwendungen gegen die Person des in Aussicht genommenen Sachverständigen vorzubringen ( Art. 58 Abs. 2 BZP ); sodann ist ihm das Recht zu gewähren, nachträglich zum Gutachten Stellung zu nehmen sowie dessen Erläuterung oder Ergänzung sowie eine neue Begutachtung zu beantragen ( Art. 60 Abs. 2 BZP ). c) Im Gegensatz zum Verwaltungsverfahren der SUVA ist das VwVG für die nach Art. 68 Abs. 1 UVG zur Durchführung der obligatorischen Unfallversicherung zugelassenen anderen Versicherer nicht unmittelbar anwendbar (Art. 1 Abs. 2 lit. e in Verbindung mit Art. 3 lit. a VwVG ; BGE 115 V 299 Erw. 2b mit Hinweisen). Für die anderen Versicherer gemäss Art. 68 UVG (private Versicherungseinrichtungen, öffentliche Unfallversicherungskassen, anerkannte Krankenkassen) gelten die Bestimmungen von Art. 96 ff. UVG und Art. 122 ff. UVV , welche aber keine besondern Regeln über das Beweisverfahren enthalten. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Privatversicherer bei der Gestaltung des Beweisverfahrens frei wären und insbesondere die für die SUVA nach Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 57 ff. BZP geltenden Regeln bei der Einholung von Gutachten nicht zu beachten BGE 120 V 357 S. 362 hätten. Denn es besteht angesichts des Grundsatzes der Einheit der Sozialversicherung (vgl. BGE 113 V 331 Erw. 2c) kein Anlass, die im Verwaltungsverfahren der SUVA für die Einholung von Sachverständigengutachten geltenden Regeln nicht sinngemäss auch für die an der Durchführung der obligatorischen Unfallversicherung beteiligten anderen Versicherer als anwendbar zu erachten. Zwar gibt die Verfahrensordnung von Art. 96 ff. UVG und Art. 122 ff. UVV den nicht unmittelbar dem VwVG unterstellten Versicherern etwa bei der Gestaltung des Verfügungsverfahrens oder in den Formen des Zusammenwirkens mit den Versicherten bei der Feststellung des Sachverhaltes eine gewisse Gestaltungsfreiheit, die sich auch aus Praktikabilitätsgründen aufdrängt. Dessenungeachtet haben die Versicherer gemäss Art. 68 UVG als Durchführungsorgane des Bundes die rechtsstaatlichen Garantien des Verfügungsverfahrens zu beachten. Zumindest das Recht, nachträglich zur Person und zum Gutachten eines Sachverständigen Stellung zu nehmen, bildet zudem Bestandteil der unmittelbar aus Art. 4 Abs. 1 BV folgenden, verfassungsrechtlichen Minimalgarantien zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs ( BGE 117 V 283 Erw. 4a in fine, BGE 101 Ia 310 Erw. 1, BGE 99 Ia 46 Erw. 3b). 2. a) Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung ( BGE 118 V 314 Erw. 3c). Ein in Verletzung des rechtlichen Gehörs zustande gekommener Entscheid ist indessen in aller Regel nicht nichtig, sondern anfechtbar (ZIMMERLI, Zum rechtlichen Gehör im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren, in Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 320; TINNER, Das rechtliche Gehör, ZSR, 83(1964) II S. 410). Zwar kann der Richter die Frage einer allfälligen Verletzung des Gehörsanspruchs nicht nur aufgrund von Parteivorbringen, sondern auch von Amtes wegen prüfen ( BGE 116 V 185 Erw. 1a mit Hinweisen). Anlass zur Aufhebung eines Entscheides von Amtes wegen geben indessen nur Verletzungen wesentlicher Verfahrensvorschriften (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Basel 1986, Bd. I Nr. 87 B I und B II, S. 545 ff. sowie RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 87 S. 293 ff.). b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann eine Verletzung der nach Art. 19 VwVG in Verbindung mit Art. 57, 58 und 60 BZP für den Beizug von Sachverständigen geltenden Verfahrensregeln, insbesondere der Vorschriften, BGE 120 V 357 S. 363 wonach den Parteien Gelegenheit zu geben ist, zur Ernennung von Sachverständigen Stellung zu nehmen ( Art. 58 Abs. 2 BZP ) und sich zu den Fragen zu äussern, deren Begutachtung beabsichtigt ist ( Art. 57 Abs. 2 BZP ), als geheilt gelten, wenn das Gericht den angefochtenen Entscheid in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht frei überprüfen kann ( BGE 99 Ib 57 Erw. 3). In gleichem Sinn hat das Eidg. Versicherungsgericht im Falle eines von der SUVA eingeholten blossen Aktengutachtens entschieden und eine Verletzung der Vorschriften von Art. 58 Abs. 2 und 57 Abs. 2 BZP als geheilt betrachtet, nachdem der Beschwerdeführer sowohl während des Einsprache- als auch im anschliessenden Beschwerdeverfahren Gelegenheit hatte, entsprechende Einwendungen vorzubringen (RKUV 1993 Nr. U 167 S. 95 ff., vgl. auch BGE 116 V 185 Erw. 1b mit Hinweisen). Eine Heilungsmöglichkeit entfällt rechtsprechungsgemäss jedoch bei schwerwiegenden Verletzungen der in den Art. 57 ff. BZP garantierten Gehörs- und Mitwirkungsrechte. Davon abgesehen ist im sozialversicherungsrechtlichen Verfügungsverfahren jeweils sorgfältig zu prüfen, ob eine Missachtung der Verfahrensgarantien von Art. 57 ff. BZP , insbesondere von Art. 58 Abs. 2, Art. 59 Abs. 1 und Art. 60 BZP nicht an sich einen schwerwiegenden Verfahrensmangel darstellt, bei dem eine Heilungsmöglichkeit entfällt (vgl. BGE 115 V 305 Erw. 2h, BGE 119 V 218 Erw. 6 mit Hinweisen). c) Die Beschwerdegegnerin ist den sinngemäss anwendbaren Vorschriften von Art. 58 Abs. 2 BZP insofern nachgekommen, als sie dem Beschwerdeführer zwar nicht Gelegenheit gegeben hat, vorgängig des Gutachtenauftrags Einwendungen gegen die Person des in Aussicht genommenen Gutachters vorzubringen, ihn mit Schreiben vom 22. Februar 1991 jedoch gleichzeitig mit dem Auftrag an den Gutachter über die Begutachtung und die Person des Gutachters orientiert hat. Der Beschwerdeführer hatte somit noch vor der Begutachtung und der diesbezüglichen medizinischen Untersuchung Kenntnis von der Person des Gutachters und damit Gelegenheit, entsprechende Einwendungen vorzubringen. Soweit eine Verletzung der sinngemäss anwendbaren Bestimmung von Art. 58 Abs. 2 BZP vorliegt, kann sie daher als geheilt gelten. Unbestrittenermassen nicht mitgeteilt wurde dem Beschwerdeführer die Fragestellung an den Gutachter, weshalb er auch keine Gelegenheit hatte, sich hiezu zu äussern und Abänderungs- oder Ergänzungsanträge zu stellen ( Art. 57 Abs. 2 BZP ). Den Akten lässt sich sodann nicht entnehmen, dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der Verfügung vom 4. Juli 1991 im Sinne von BGE 120 V 357 S. 364 Art. 60 Abs. 2 BZP das Recht eingeräumt worden wäre, zum Gutachten Stellung zu nehmen und allenfalls ergänzende Anträge zu stellen. Ob hierin eine schwere, die Heilung des Verfahrensmangels ausschliessende Gehörsverletzung zu erblicken ist, welche von Amtes wegen zur Aufhebung des mit dem Verfahrensfehler behafteten Entscheids führt, kann indessen offenbleiben, weil die Sache aus andern Gründen an die Beschwerdegegnerin zur Neubegutachtung zurückzuweisen ist, wie sich aus dem folgenden ergibt. 3. a) Der Beschwerdeführer macht zur Hauptsache geltend, das Gutachten lasse die erforderliche Objektivität vermissen und auf eine Voreingenommenheit des Begutachters schliessen. Er beruft sich damit auf das Gebot der Unparteilichkeit des Experten gemäss Art. 59 Abs. 1 BZP und die nach Art. 58 Abs. 1 BZP anwendbaren Ablehnungsgründe des Art. 23 OG , welche ihrerseits eine Konkretisierung des aus Art. 58 BV folgenden Anspruchs auf Unbefangenheit und Unabhängigkeit von Gerichten, Behörden sowie Experten darstellen (POUDRET, Commentaire de l'OJ, Bern 1990, Bd. I S. 103). Werden die Regeln über die Unparteilichkeit von Sachverständigen vom Gericht nicht beachtet bzw. wird die Parteilichkeit eines Experten vom Gericht nicht wahrgenommen, so verletzt dies auch das Gebot des fairen Verfahrens und den Grundsatz der Waffengleichheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (vgl. HÄFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 111 und 148 f.; MEYER-BLASER, Die Bedeutung von Art. 4 BV für das Sozialversicherungsrecht, ZSR 111(1992) II S. 459; SCHWEIZER, Europäische Menschenrechtskonvention und schweizerisches Sozialversicherungsrecht, in: Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 42 ff.; SCHWEIZER, Die schweizerischen Gerichte und das europäische Recht, ZSR 112(1993) II S. 684 f.; SALADIN, Das Verfassungsprinzip der Fairness, in: Festgabe der schweizerischen Rechtsfakultäten zur Hundertjahrfeier des Bundesgerichts, Basel 1975, S. 41 ff.). Für Sachverständige gelten grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für den Richter vorgesehen sind (vgl. BGE 94 I 425 ; GRISEL, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1989, Bd. II S. 853 f.; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Basel 1986, Bd. II S. 1075; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Aufl., Bern 1988, 10 N. 154; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Zürich 1979, S. 349). Es rechtfertigt sich daher, die Rechtsprechung zur Verfahrensgarantie des Art. 58 Abs. 1 BV , soweit es um die richterliche BGE 120 V 357 S. 365 Unabhängigkeit und Unparteilichkeit geht, sinngemäss auf das Erfordernis der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Sachverständigen anzuwenden (nicht veröffentlichtes Urteil B. vom 29.11.88). Danach ist Befangenheit anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu erwecken. Bei der Befangenheit handelt es sich allerdings um einen inneren Zustand, der nur schwer bewiesen werden kann. Es braucht daher für die Ablehnung eines Richters nicht nachgewiesen zu werden, dass dieser tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Bei der Beurteilung des Anscheins der Befangenheit und der Gewichtung solcher Umstände kann jedoch nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abgestellt werden. Das Misstrauen in den Richter muss vielmehr in objektiver Weise als begründet erscheinen ( BGE 115 V 263 Erw. 5a mit Hinweisen). b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die geltend gemachte mangelnde Objektivität bzw. die Voreingenommenheit des Gutachters im wesentlichen daraus abgeleitet, dass Dr. X zufolge einer - nach Darstellung des Beschwerdeführers unverschuldeten - Verspätung anlässlich der Untersuchung vom 13. Juni 1991 ungehalten gewesen sei, ihm massive Vorwürfe gemacht und sich in ungerechtfertigtem Masse mit seinen persönlichen und familiären Verhältnissen befasst habe; auch habe er ihn nicht zu Wort kommen lassen, insbesondere was die bestehenden Schmerzen anbelange. Aufgrund der Erklärungen bezüglich seines verspäteten Erscheinens zur Untersuchung werde ihm im Gutachten wiederholt die Glaubwürdigkeit abgesprochen. Der Gutachter scheine bestrebt zu sein, ihn in ein ungünstiges Licht zu stellen, indem er ihm Zuverlässigkeit und Wahrheitsliebe abspreche und ihn kurzerhand als negroiden Typ bezeichne, wobei eine gewisse Arbeitsunlust zumindest suggeriert werde. Wie es sich hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens des Gutachters anlässlich der Untersuchung vom 13. Juni 1991 verhielt, lässt sich im einzelnen nicht feststellen. Ob sich der Vorwurf der mangelnden Objektivität des Gutachters als begründet erweist, ist daher aufgrund des Gutachtens und der sich aus den Akten ergebenden Umstände der Begutachtung zu beurteilen. Dabei kann den Ausführungen des Beschwerdeführers insoweit nicht gefolgt werden, als dieser aus der Bezeichnung "negroider Typ" auf eine die Parteilichkeit des Gutachters dokumentierende negative Bewertung BGE 120 V 357 S. 366 seiner Person schliesst. Wie sich aus dem Gutachten ergibt, sollte damit lediglich die Physiognomie des Beschwerdeführers beschrieben werden, was noch mit keinem Werturteil verbunden ist. Ebensowenig ist zu beanstanden, dass der Gutachter den Beschwerdeführer eingehend zu den persönlichen und familiären Verhältnissen befragt hat, bilden diese doch namentlich bei nicht oder nur teilweise objektivierbaren Beschwerden eine wichtige Beurteilungsgrundlage. Die Anamnese hat sich indessen auf die für die Beurteilung wesentlichen, geeigneten Tatsachen zu beschränken; dementsprechend sind im Gutachten nur solche Tatsachen zu erwähnen, die in Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Sachverhalt von Bedeutung sind (vgl. FREDENHAGEN, Das ärztliche Gutachten, 3. Aufl., Bern 1994, S. 35 und 99). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint im vorliegenden Fall als fraglich, ob sich in Zusammenhang mit der Beurteilung einer Knieverletzung und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit gutachtliche Ausführungen mit Hinweisen auf die schwierige Jugendzeit des Versicherten rechtfertigen lassen. Daraus allein ergibt sich zwar noch keine Befangenheit des Gutachters. Im Gutachten wird dem Beschwerdeführer jedoch wiederholt Unzuverlässigkeit bzw. mangelnde Glaubwürdigkeit angelastet. Der Vorwurf stützt sich im wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer das verspätete Erscheinen zur Untersuchung mit einer Zugsverspätung begründet hatte, was sich bei einer Rückfrage des Gutachters beim Bahnhof Luzern als unzutreffend herausgestellt hat. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, er habe sich bezüglich der Zugsverbindung an die Angaben des Gutachters gehalten und sich bei der Begründung des verspäteten Erscheinens möglicherweise ungeschickt ausgedrückt. Wie es sich damit verhielt, kann dahingestellt bleiben. Denn allein aufgrund einer unzutreffenden, allenfalls auch nur missverständlichen Äusserung hinsichtlich der Gründe, welche zur Verspätung geführt haben, durfte der Gutachter dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit bezüglich der Angaben zu dem für die Beurteilung wesentlichen Sachverhalt nicht absprechen. Selbst wenn die Angaben des Beschwerdeführers - wie im Gutachten ausgeführt wird - oft ungenau und beim Nachfragen widersprüchlich gewesen sein sollten, durfte der Gutachter nach einer einmaligen Untersuchung des Versicherten nicht zu derart schwerwiegenden Vorwürfen gelangen und diese zu einer entscheidenden Grundlage der Beurteilung machen. Auch geht es nicht an, die Angaben des behandelnden Arztes zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ohne nähere BGE 120 V 357 S. 367 Begründung mit der "reduzierten Wahrheitsliebe" des Versicherten zu erklären, womit unterstellt wird, dass der Beschwerdeführer dem behandelnden Arzt unwahre Angaben gemacht hatte und dieser sich durch die Angaben des Beschwerdeführers täuschen liess. Hiezu hätte es auf jeden Fall konkreter Anhaltspunkte bedurft. Aufgrund des Gutachtens ist mithin nicht auszuschliessen, dass der Gutachter insbesondere wegen der Verspätung des Beschwerdeführers diesem gegenüber in einem gewissen Umfang voreingenommen war. Die Einstellung des Gutachters gegenüber dem Beschwerdeführer, wie sie im Gutachten vom 14. Juni 1991 zum Ausdruck kommt, war jedenfalls geeignet, beim Beschwerdeführer objektiv den Anschein der Voreingenommenheit zu begründen, was für die Annahme einer Befangenheit des Gutachters genügt ( BGE 115 V 263 Erw. 5a). Im Hinblick auf die grosse Bedeutung, welche den Arztgutachten im Sozialversicherungsrecht zukommt (vgl. BGE 118 V 290 Erw. 1b, BGE 115 V 134 Erw. 2, BGE 112 V 32 Erw. 1a), ist an die Unparteilichkeit des Gutachters ein strenger Massstab anzusetzen. Diesen Anforderungen genügt das vorliegende Gutachten nicht, weshalb es nicht als taugliches Beweismittel für die Beurteilung des streitigen Leistungsanspruchs betrachtet werden kann. 4. Nach dem Gesagten ist die Sache an die Beschwerdegegnerin zur Neubegutachtung zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen wäre, wie es sich hinsichtlich der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die gutachtliche Beurteilung erhobenen materiellen Einwendungen verhält. Was der Beschwerdeführer diesbezüglich vorbringt, wird im Rahmen des einzuholenden neuen Gutachtens und der anschliessenden Neubeurteilung des Leistungsanspruchs zu berücksichtigen sein.
null
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e08c9914-878a-41fc-9569-11bfd17fea6e
Urteilskopf 95 I 317 45. Extrait de l'arrêt du 8 octobre 1969 dans la cause Zufferey contre CAP, Juge-instructeur de Sierre et Tribunal cantonal du Valais.
Regeste Art. 4 BV . Willkür. Hinterlegung eines Gerichtskostenvorschusses durch einen Anwalt für Rechnung eines Klienten, der dem Anwalt keinen Vorschuss bezahlt hat. In der Folge Konkurs des Klienten und Verzicht auf den Prozess. Rückzahlung des Saldos des Gerichtskostenvorschusses an den Anwalt. Anspruch der Konkursmasse auf diesen Betrag und Abtretung des Anspruchs an einen Gläubiger, der den Anwalt dafür gerichtlich belangt. Gutheissung der Klage durch die kantonalen Gerichte. Das Bundesgericht heisst die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde des Anwalts gut und hebt die kantonalen Urteile auf.
Sachverhalt ab Seite 317 BGE 95 I 317 S. 317 Résumé des faits: Maîtres Léon et Jean Zufferey, avocats à Sierre, ont ouvert une action au nom de leur client X. auprès du Tribunal de Sierre. Le Président du tribunal fixa à fr. 950.-- l'avance des frais de procès à déposer au greffe par les parties. Mes Zufferey versèrent eux-mêmes au greffe cette avance pour leur client, sans avoir reçu de provision. Trois mois plus tard, ils révoquèrent leur mandat, pour la raison que leur client ne répondait pas à leurs lettres et convocations. X. ayant été par la suite déclaré en faillite, l'administration de la faillite se BGE 95 I 317 S. 318 désista de l'action ouverte par X. et le greffe remboursa aux avocats des parties le solde de l'avance déposée, soit fr. 918. 40 aux mandataires du demandeur, Mes Zufferey. Estimant que le montant de fr. 918. 40 devait rentrer dans la masse, le juge de la faillite refusa d'en prononcer la clôture. Le préposé de l'Office des faillites invita alors Mes Zufferey à verser ce montant à la masse, ce qu'ils refusèrent de faire; il offrit alors aux créanciers la cession de cette créance. La Compagnie d'assurance de protection juridique SA (la CAP) se fit céder la créance et ouvrit action contre Mes Zufferey, qui furent condamnés par le Juge-instructeur de Sierre à verser le montant litigieux à la CAP, avec intérêt à 5%. Saisi d'un recours en nullité fondé sur l'art. 285 ch. 5 CPC val. (violation manifeste du droit), le Tribunal cantonal le rejeta, estimant qu'en vertu des règles de la représentation, c'était X. seul - subséquemment sa masse en faillite - qui était devenu créancier du solde actif du compte du greffe et que c'était à la masse en faillite qu'aurait dû revenir le montant de fr. 918.40. Par deux recours de droit public, déposés en temps opportun tant contre le jugement du Juge-instructeur que contre l'arrêt du Tribunal cantonal, Mes Zufferey demandent l'annulation de ces deux décisions. Ils invoquent l'arbitraire et alléguent que X. n'avait de droit ni contre le greffe, ni surtout contre eux sur le solde de l'avance qu'ils avaient versée pour lui au greffe, que partant la masse en faillite ne pouvait faire valoir plus de droits que n'en avait le failli lui-même. Le Tribunal cantonal, le Juge-instructeur de Sierre et le mandataire de la CAP concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 2. L'instance ouverte devant les autorités judiciaires cantonales n'était ni une réclamation ou un recours d'une partie intéressée contre la décision du greffe de rembourser à Mes Zufferey le solde de l'avance qu'ils avaient faite pour le compte de leur client, ni une action de X. - ou de ses ayants cause - contre le greffe en remboursement de l'avance effectuée pour son compte par l'Etude Zufferey, ni une action du greffe, respectivement de l'Etat, contre Mes Zufferey en restitution d'un montant à eux versé par erreur et sans cause légitime. Il s'agissait au contraire d'une action ouverte par un créancier du failli pour faire valoir contre Mes Zufferey une créance qu'il BGE 95 I 317 S. 319 s'était fait céder par la masse. Mais la masse ne pouvait céder qu'une créance qui appartenait au failli lui-même; une masse en faillite ne peut en effet avoir plus de droits que n'en avait le failli, - sous réserve tout au plus de cas exceptionnels tels que les actions révocatoires ou les actions contre l'administrateur de la faillite. Or X. n'avait aucune créance contre ses anciens mandataires en remboursement d'un montant qu'il n'avait lui-même jamais versé. Il n'est pas contesté en effet que X. n'avait ni versé de provision à ses mandataires, ni payé leur note d'honoraires dans laquelle était inclus le montant de l'avance de fr. 950.--. Ainsi la décision du Juge-instructeur, obligeant Mes Zufferey à payer au cessionnaire de la masse le montant d'une créance inexistante, ne reposait sur aucune cause valable et constituait un acte arbitraire; elle doit dès lors être annulée. Doit également être annulée la décision du Tribunal cantonal refusant de considérer comme arbitraire le jugement de première instance. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours et annule les décisions attaquées.
public_law
nan
fr
1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e08e3e5b-62ed-404d-9dce-f4d8a441fcd2
Urteilskopf 81 IV 197 44. Urteil des Kassationshofes vom 17. Juni 1955 i.S. Stierli und Mitbeschuldigte gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zug.
Regeste Art. 4, 6 BG über die Spielbanken. a) Wann liegt eine Vereinigung von Spielern vor? Wann betreibt sie die Glückspiele gewohnheitsmässig? Wann stellt sie die Teilnahme an diesen jedermann frei? (Erw. 2). b) Gegen Art. 6 SBG vergeht sich auch, wer, nachdem er die Spieler erlaubterweise bei sich aufgenommen und ihnen die Spielgeräte zu erlaubten Zwecken übergeben hat, nicht verhindert, dass der gebotene Platz und die Geräte zum Betrieb einer Glückspielunternehmung verwendet werden. Eventualvorsatz (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 198 BGE 81 IV 197 S. 198 A.- Alfons Grabherr, Christian Blättler und Albert Blaser fanden sich während etwa drei Jahren, insbesondere in der Zeit vom 15. November 1952 bis im Sommer 1953, häufig im Gasthaus Falken in Baar ein, um sich zu vergnügen, namentlich zu jassen und mit Einsätzen bis zu Fr. 6.- die Glückspiele "Bethlen" und "Bänkeln" durchzuführen, zu denen sie die ihnen vom Wirte zur Verfügung gestellten Jasskarten benützten. Die beiden Glückspiele wurden im Verhältnis zum Jassen nur ausnahmsweise und ohne vorherige Verabredung der Spieltage betrieben, oft erst in später Stunde, nachdem die Spieler vorher gejasst hatten. Grabherr und Blättler "bänkelten" jede Woche einmal, öfters aber fast täglich. Blaser gibt zu, den Falken monatlich ein- bis zweimal besucht zu haben. Jedesmal, wenn er dorthin ging, wurde "gebethlet" oder "gebänkelt". Ein Zeuge will ihn wöchentlich zweimal, dann aber wieder monatelang nicht mehr im Falken gesehen haben. Die drei Spieler liessen jedermann an den Glückspielen teilnehmen. Gelegentlich fanden sich andere Gäste hiezu ein. Ganz Baar wusste um den Betrieb. Nach den Zeugenaussagen einer Serviertochter wurde manchmal fast jeden Tag gespielt, nach den Aussagen einer anderen durchschnittlich einmal wöchentlich, und eine Hausangestellte erklärt, die Spiele seien jeweilen am Sonntag, Donnerstag und Samstag betrieben worden. Der Wirt Isidor Stierli schritt wiederholt ein, wenn in seinem Gasthaus Glückspiele durchgeführt wurden. Er löschte das Licht aus oder nahm den Gästen die Karten weg, um die Fortsetzung der Spiele zu verunmöglichen. Das "Bethlen" hielt er zwar für erlaubt, versuchte es aber zu verhindern, weil die Spieler wegen der hohen Einsätze wenig tranken und die Verlierenden missmutig wurden. Das "Bänkeln" verbot er, weil ihn die Justiz- und Polizeidirektion des Kantons Zug am 21. Januar 1952 BGE 81 IV 197 S. 199 wegen Duldens verbotener Glückspiele schriftlich verwarnt hatte. Trotzdem wurde im Falken immer wieder "gebethlet" und "gebänkelt". Das "Bänkeln" wurde betrieben, wenn er abwesend war. B.- Am 1. Februar 1955 verurteilte das Strafobergericht des Kantons Zug Grabherr, Blättler und Blaser wegen Übertretung des Art. 6 in Verbindung mit Art. 4 des Bundesgesetzes über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929 (SBG) zu je Fr. 300.-- Busse und Stierli wegen Übertretung der gleichen Bestimmungen sowie wegen wiederholter Übertretung der Polizeistunde (§ 5 kantonales Wirtschaftsgesetz und § 22 kantonales Polizeistrafgesetz) zu Fr. 320.-- Busse. C.- Die Verurteilten führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung von der Anklage der Übertretung des Bundesgesetzes über die Spielbanken an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie machen geltend, Grabherr, Blättler und Blaser hätten keine Vereinigung von Spielern im Sinne des Art. 4 SBG gebildet, da eine solche eine Verabredung der Spieler, regelmässig zusammenzukommen und unbestimmt vielen anderen Personen Gelegenheit zum Glückspiel zu geben, voraussetze. Eine solche Vereinbarung habe hier gefehlt. Spiellustige, die nur zufällig zusammenkämen und nicht beabsichtigten, andere Personen zum Spielen zu animieren, seien keine Spielervereinigung. Im übrigen würde es auch an der zu fordernden Regelmässigkeit fehlen. Stierli sei auch deshalb nicht schuldig, weil die ihm vorgeworfene Unterlassung (Nichtanweisung des Dienstpersonals, den Gästen auch in seiner Abwesenheit die Karten wegzunehmen und die Fehlbaren zu verzeigen) mit dem eingetretenen Erfolge nicht ursächlich zusammenhange; denn zum Eintritt des Erfolges habe es eines vom Verhalten des Stierli gänzlich unabhängigen vorsätzlichen Handelns der anderen Angeklagten bedurft. Auch könne aus dem Verhalten Stierlis nicht, wie das Obergericht es mache, BGE 81 IV 197 S. 200 auf Eventualvorsatz geschlossen werden. Solcher liege nur vor, wenn aus dem Verhalten des Täters geschlossen werden müsse, dass er den Erfolg gebilligt und ihn damit indirekt gewollt habe. Nun stehe aber fest, dass Stierli die Spiele verboten und sie verunmöglicht habe; er habe also dokumentiert, dass er sie nicht billige. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 6 SBG ist mit Busse von dreihundert bis zu zehntausend Franken zu bestrafen, "wer eine Spielbank errichtet, betreibt, hierzu Platz gibt oder Spielgeräte beschafft". Spielbank im Sinne dieser Bestimmung ist jede Unternehmung, die Glückspiele betreibt ( Art. 2 Abs. 1 SBG ). Als solche Unternehmung gilt auch "eine Vereinigung von Spielern, welche Glückspiele gewohnheitsmässig betreibt, sofern die Teilnahme an diesen tatsächlich jedermann freisteht" ( Art. 4 SBG ). 2. Die Beschwerdeführer bestreiten mit Recht nicht, dass die Spiele "Bethlen" und "Bänkeln", so wie die Akten sie beschreiben, Glückspiele sind. Die Beschwerdeführer Grabherr, Blättler und Blaser sodann waren eine Vereinigung von Spielern. Das Obergericht stellt lediglich fest, dass sie die Spieltage nicht verabredeten, nicht auch, dass sie überhaupt nicht im gegenseitigen Einvernehmen gespielt hätten, was übrigens soweit sie es zusammen und nicht ausschliesslich mit Dritten taten, auch gar nicht möglich gewesen wäre. Dass die Spieltage zum voraus vereinbart seien, setzt der Begriff der "Vereinigung von Spielern" nicht voraus, sowenig er verlangt, dass die Spieler lediglich zum Zwecke der Veranstaltung von Glückspielen zusammenkommen. Wer sich mit jemandem zu anderen Zwecken zusammentut, die Zusammenkünfte nebenbei aber auch zur Veranstaltung von Glückspielen benützt, bildet eine Vereinigung von Spielern. Daher genügt es, dass Grabherr, Blättler und BGE 81 IV 197 S. 201 Blaser sich zum Jassen oder sonstigen Zeitvertreib zusammenfanden und diese Gelegenheiten, wenn auch ohne vorherige Verabredung, auch zum "Bethlen" und "Bänkeln" benutzten. Dass eine Vereinigung von Spielern auch nicht eine Organisation, z.B. einen Präsidenten, erfordert, ist schon in BGE 72 IV 187 ausgeführt worden. Grabherr, Blättler und Blaser haben die Glückspiele auch gewohnheitsmässig betrieben. Das tut schon, wer das Spielen zur Gewohnheit werden lässt, sich so daran gewöhnt, dass er einen Hang zur häufigen Wiederholung empfindet, und die Spiele auch tatsächlich häufig wiederholt. Dass sich diese in regelmässigen oder sogar nach einem Plane festgesetzten Abständen folgen, ist nicht nötig. Daher genügt, dass die Beschwerdeführer, wie verbindlich festgestellt und nicht bestritten ist, so häufig Glückspiele veranstalteten, bis ihr Betrieb der ganzen Bevölkerung von Baar auffiel. Dass der eine etwas fleissiger, der andere etwas weniger oft dabei war und die Zusammenkünfte auch je nach Jahreszeit und Laune sich einmal rascher und einmal weniger rasch folgten, tat der Gewohnheitsmässigkeit des Betriebes nicht Eintrag. Endlich ist auch verbindlich festgestellt, dass Grabherr Blättler und Blaser jedermann an ihren Glückspielen mitmachen liessen. Art. 4 SBG setzt nicht voraus, dass sie die Leute zur Teilnahme geradezu animierten. Es genügt, dass diese jedermann freistand. Wieviele Personen von der ihnen gebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, ist unerheblich. Das Gesetz verlangt nicht einmal, dass jemand die Gelegenheit benutzt habe, sondern nur, dass die Vereinigung von Spielern jedem beliebigen Dritten die Teilnahme tatsächlich freigestellt habe. Da Grabherr, Blättler und Blaser nicht behaupten, sie hätten unbewusst oder ungewollt gehandelt, sind sie zu Recht verurteilt worden. 3. Das Obergericht wirft Stierli nicht vor, dass er in seiner Anwesenheit die Glückspielunternehmung in seinem Gasthause geduldet, sondern, dass er das Dienstpersonal BGE 81 IV 197 S. 202 nicht angewiesen habe, den Spielern die Karten wegzunehmen und ihm die Fehlbaren zu verzeigen, damit er schärfere Massnahmen gegen sie treffen könne. Mit dieser Würdigung des Sachverhaltes hat das Obergericht Art. 6 SBG nicht verletzt. Nicht nur, wer die Vereinigung der Spieler aufnimmt, damit sie Glückspiele betreiben könne, und ihr Spielgeräte zu diesem Zwecke übergibt, vergeht sich gegen die Bestimmung, sondern auch, wer, nachdem er die Spieler erlaubterweise bei sich aufgenommen und ihnen die Spielgeräte zu erlaubten Zwecken übergeben hat, nicht verhindert, dass der gebotene Platz und die Geräte zum Betrieb einer Glückspielunternehmung verwendet werden. Als Wirt war Stierli verpflichtet, zu verhindern, dass das Spielbankengesetz in seinen Gastlokalen und mit seinen Spielkarten übertreten werde. Indem er das nicht auch durch Weisungen an sein Dienstpersonal tat, gab er im Sinne des Art. 6 SBG zum Betrieb der Spielbank Platz und beschaffte er hiezu Spielgeräte. Es ist mutwillig, das mit der Rüge zu bestreiten, es fehle der Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassung Stierlis und dem Erfolge, weil es zu dessen Eintritt des Vorsatzes der Spieler bedurft habe. Der Betrieb der Glückspielunternehmung bedarf immer des Vorsatzes der Veranstalter. Das hindert nicht, dass nach dem klaren Art. 6 SBG ebenfalls strafbar ist, wer ihnen hiezu vorsätzlich Platz gibt oder Spielgeräte beschafft. Indem das Obergericht Stierli vorwirft, er habe die ihm zur Last gelegte Übertretung zum mindesten eventualvorsätzlich begangen, hat es den Begriff des Eventualvorsatzes nicht verkannt. Solcher liegt vor, wenn der Täter zwar nicht sicher ist, dass die objektiven Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung durch sein Tun oder Unterlassen verwirklicht werden, das aber für ernsthaft möglich hält und sich mit der Verwirklichung innerlich abfindet ( BGE 69 IV 79 f.). Ob Stierli für den Fall, dass in seiner Abwesenheit in seinen Gastlokalen und mit seinen Spielkarten eine Glückspielunternehmung BGE 81 IV 197 S. 203 betrieben werde, damit einverstanden gewesen sei, ist eine Tatfrage. Das Obergericht hat sie implicite dadurch bejaht, dass es ihm vorwirft, er hätte, weil der in seinem Gasthaus veranstaltete Spielbetrieb allgemein bekannt gewesen sei, das Dienstpersonal anweisen müssen, allfälligen Spielern die Karten wegzunehmen und ihm die Fehlbaren zu verzeigen. Indem der Beschwerdeführer aus seiner Haltung, die er einnahm, wenn in seiner Gegenwart gespielt wurde, einen gegenteiligen Schluss auf seine innere Einstellung zu ziehen versucht, ficht er unzulässigerweise eine tatsächliche Feststellung an (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277 bis Abs. 1 BStP). Er verkennt übrigens, dass sich sein Widerspruch gegen das Spielen in seiner Anwesenheit sehr wohl mit der Annahme verträgt, gegen das Spielen in seiner Abwesenheit habe er nichts einzuwenden gehabt. Hätte er es auch in diesem Falle missbilligt, so hätte er etwas dagegen unternommen; denn nachdem trotz seines Widerspruchs in seiner Anwesenheit immer wieder verbotenerweise gespielt wurde, drängte sich ihm der Schluss, das gleiche werde umsomehr auch in seiner Abwesenheit getan, derart gebieterisch auf, dass seine Untätigkeit ohne Verletzung von Bundesrecht dahin ausgelegt werden kann, er habe gebilligt, dass das Glückspielunternehmen in seiner Abwesenheit betrieben werde. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e091e228-0cc2-4f28-af90-d92d5ba68a9f
Urteilskopf 113 II 190 36. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Mai 1987 i.S. Firma X. gegen Firma Z. (Berufung)
Regeste Urheberrechte an Werken der angewandten Kunst. Unlauterer Wettbewerb. 1. Internationale Streitigkeit aus Urheberrecht: Anwendbares Recht. Aktivlegitimation des Lizenznehmers nach Art. 9 Abs. 2 URG oder nach Vertrag? (E. I/1). 2. Art. 1 Abs. 2 und Art. 5 URG . Möbel können als Werke der angewandten Kunst geschützt sein, wenn über eine rein handwerkmässige oder industrielle Arbeit hinaus eine Leistung erbracht wird, die auf einer selbständigen, schöpferischen Tätigkeit beruht und sich als originell erweist (E. I/2a). 3. Umstände, unter denen dies nach dem Gesamteindruck der Möbel in mehreren Fällen zu bejahen (E. I/2b und c), in einem dagegen wegen Zweifeln zu verneinen ist (E. II/1a). 4. Art. 1 Abs. 1 UWG . Unlauterer Wettbewerb durch sklavische Nachahmung von Möbelstücken, die mit einer Ausnahme sogar urheberrechtlich geschützt sind (E. II/1b). 5. Art. 42 Abs. 2 OR . Schätzung des Schadens aus widerrechtlichen Möbelverkäufen (E. II/2).
Sachverhalt ab Seite 191 BGE 113 II 190 S. 191 A.- Die Firma Z. ist eine Aktiengesellschaft nach italienischem Recht mit Sitz in Meda/Milano. Sie handelt mit Möbeln, die sie in eigenen Betrieben herstellt. In einigen Ländern hat sie Tochtergesellschaften, in anderen lässt sie die Möbel durch Lizenznehmer herstellen und vertreiben. In der Schweiz ist der Vertrieb ihrer Möbel Sache von Einzelhändlern. Die Firma Z. will aufgrund eines Lizenzvertrages ausschliesslich zur Herstellung und zum Vertrieb bestimmter Le Corbusier-Möbel berechtigt sein. Diese Möbel gehen auf Modelle zurück, die aus einer neuartigen Entwicklung in der Architektur und der Möbelkunst der 20er Jahre entstanden sind und dem unter dem Pseudonym Le Corbusier berühmt gewordenen Architekten Charles Edouard Jeanneret, dessen Vetter Pierre Jeanneret und Frau Charlotte Perriand zugeschrieben werden. Die seit Ende 1977 bestehende Firma X. in Bern handelt als Grossistin ebenfalls mit Möbeln. Sie beliefert insbesondere eine Einzelfirma, die ihrer Verwaltungsratspräsidentin und Alleinaktionärin Frau W. gehört, ferner einige Grossfirmen wie z.B. Möbel Pfister und Globus. B.- Im Juli 1982 klagte die Firma Z. gegen die Firma X. wegen Verletzung von Urheberrechten, eventuell wegen unlauteren Wettbewerbs. Sie warf der Beklagten vor, Nachahmungen von sieben Le Corbusier-Möbeln, nämlich von einem Stuhl (LC 1), zwei Polstersesseln (LC 2 und 3), drei Sofa-Versionen (LC 2 und 3) und von einem Liegestuhl (LC 4) anzubieten und zu vertreiben. Die Klägerin beantragte dem Appellationshof des Kantons Bern, der BGE 113 II 190 S. 192 Beklagten den Handel mit solchen Möbeln bei Strafe zu verbieten und sie zu Schadenersatz zu verurteilen, den sie im Verfahren auf Fr. 250'000.-- bezifferte. Der Appellationshof holte von Prof. P. ein Gutachten ein und liess den behaupteten Schaden durch einen Experten abklären. In seinem Urteil vom 14. August 1986 hielt er zusammen mit dem Gutachter die streitigen Le Corbusier-Möbel mit Ausnahme des Stuhls LC 1 für urheberrechtlich geschützte Werke der angewandten Kunst, verbot der Beklagten unter Androhung von Strafe, Nachahmungen dieser Möbel feilzuhalten, zu verkaufen oder sonstwie in Verkehr zu bringen und verurteilte sie zu Fr. 70'000.-- Schadenersatz. C.- Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin beantragt, ihr Rechtsbegehren auch in bezug auf den Stuhl LC 1 zu schützen und den vom Appellationshof zugesprochenen Schadenersatz auf Fr. 75'200.-- zu erhöhen oder die Sache insoweit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte will die Klage dagegen vollumfänglich abgewiesen wissen. Jede Partei widersetzt sich ausdrücklich den Anträgen der anderen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: I. I.1. Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Sie macht insbesondere geltend, nach dem angefochtenen Urteil seien der Klägerin von der "Fondation Le Corbusier" nur die ausschliessliche Lizenz zum Herstellen und zum Vertrieb der streitigen LC-Möbelstücke erteilt, aber keine Rechte übertragen worden; sie sei daher nicht Rechtsnachfolgerin der Urheber. Aus dem Lizenzvertrag ergebe sich entgegen der Annahme der Vorinstanz keine Ermächtigung zugunsten der Klägerin, einen Prozess wegen Urheberrechtverletzungen wie ein Inhaber solcher Rechte im eigenen Namen und im eigenen Interesse zu führen; daran ändere selbst die Erklärung nichts, die Frau Charlotte Perriand der Klägerin für einen Prozess in Deutschland ausgestellt habe. Die Trennung der Sachlegitimation und der Prozessführungsbefugnis sei als Prozessstandschaft auch nach der Lehre nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig (TROLLER, Immaterialgüterrecht II, 3. Aufl. S. 1017); der Lizenznehmer sei bloss im Zweifel befugt, das geschützte Recht im Namen des Lizenzgebers gegen Verletzungen BGE 113 II 190 S. 193 durch Dritte zu verteidigen (BLUM/PEDRAZZINI, Das schweizerische Patentrecht II, 2. Aufl. S. 506). Die Klägerin habe sich nicht auf eine Abtretung der Befugnisse berufen und dafür auch keine Beweise vorgelegt, den vorliegenden Prozess aber vollumfänglich im eigenen Namen geführt. a) Parteien und Vorinstanz sind im kantonalen Verfahren übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Streitigkeit nach schweizerischem Recht in Verbindung mit der Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst (RBÜ) gemäss der am 26. Juni 1948 in Brüssel revidierten Fassung (SR 0.231.13) zu beurteilen ist. Der Appellationshof hält dazu insbesondere fest, dass nicht nur die drei Urheber der streitigen Modelle LC 1 bis LC 4, sondern auch die Stiftung Le Corbusier als ihre Rechtsnachfolgerin sich auf diese Rechtsgrundlagen berufen können, weil zwei der Urheber die schweizerische Staatsbürgerschaft besassen ( Art. 4 Abs. 1 RBÜ ) und Frankreich, wo die streitigen Möbel erstmals an der Pariser Herbstausstellung 1929 gezeigt wurden, als Ursprungsland im Sinn der Übereinkunft anzusehen ist ( Art. 4 Abs. 3 RBÜ ). Die Parteien kommen darauf im Berufungsverfahren zu Recht nicht mehr zurück. Dass im Lizenzvertrag der Klägerin mit der Stiftung Le Corbusier, die ihren Sitz in Paris hat, seit 1971 stets französisches Recht vorbehalten worden ist, steht der Anwendung schweizerischen Rechts nicht entgegen; denn es geht nicht um eine Streitigkeit unter den Vertragsparteien, sondern um eine Auseinandersetzung einer Vertragspartei mit einer Drittfirma, die in der Schweiz gehandelt und die Klägerin angeblich hier geschädigt hat. Die Vorinstanz hatte nur eine materielle Voraussetzung für den Zuspruch des Klagebegehrens, nämlich die Aktivlegitimation der Klägerin ( BGE 107 II 85 E. 2a mit Hinweisen), nach dem Lizenzvertrag zu prüfen. b) Gemäss Art. 9 URG ist das Recht des Urhebers übertragbar (Abs. 1); die Übertragung eines im Urheberrecht enthaltenen Rechtes schliesst die Übertragung anderer Teilrechte indes nicht ein, wenn nichts Gegenteiliges vereinbart ist (Abs. 2). Als übertragen haben nach der gesetzlichen Vermutung also nur die in der Vereinbarung genannten Befugnisse zu gelten. Ob der Lizenznehmer im Falle einer Übertragung von blossen Nutzungsrechten insoweit von Gesetzes wegen auch ein selbständiges Klagerecht erlange, ist umstritten. R. MUTTENZER (Der urheberrechtliche Lizenzvertrag, S. 16 und 31) verneint die Frage, weil das ausschliessliche BGE 113 II 190 S. 194 Nutzungsrecht des Lizenznehmers nur auf der vertraglichen Pflicht des Lizenzgebers beruhe, Dritten dieselbe Benutzung nicht zu gestatten und sich ihrer selbst zu enthalten. M. RITSCHER (Der Schutz des Design, Diss. Zürich 1985 S. 113) geht davon aus, dass Teilrechte des umfassenden Herrschaftsrechtes insbesondere durch Rechtsgeschäft auf Dritte übertragen werden können, die damit praktisch eine Stellung erhielten, welche jener des Urhebers sehr ähnlich sei; aus Art. 9 URG ergebe sich, dass es sich dabei um eine eigentliche Übertragung und nicht nur um die Einräumung von Nutzungsrechten handle. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf Art. 381 OR . Im übrigen Immaterialgüterrecht ist die Frage ebenfalls umstritten. BLUM/PEDRAZZINI (a.a.O. S. 505/6) sind der Auffassung, dass der Lizenznehmer von Gesetzes wegen kein eigenes Recht hat, Dritte auf Patentverletzung zu belangen, dass er vom Lizenzgeber aber dazu beauftragt werden kann, sich diesfalls jedoch nicht auf eigenes, sondern auf das Recht des Auftraggebers stützt. Solche Vorbehalte machte das Bundesgericht unter Hinweis auf die Lehre auch im Markenrecht ( BGE 92 II 280 mit Zitaten). Aus ähnlichen Überlegungen ist heute ferner nach TROLLER (a.a.O. S. 1016) die Aktivlegitimation des Lizenznehmers bei Verletzung von Immaterialgüterrechten, die Gegenstand der Lizenz sind, zu verneinen. In seinen Ausführungen zu Art. 9 URG räumt dieser Autor (S. 775/76) indes ein, dass es sich wegen der vielfältigen Interessen und weil die Bestimmung Teilrechte abspalten und übertragen lässt, auch anders verhalten kann. W. OTT hält in seinen Beispielen zum Problem der unbestrittenen Sachlegitimation ebenfalls fest (in SJZ 78/1982, S. 23/24), dass der Lizenznehmer nach der herrschenden, aber bestrittenen Auffassung allein von Gesetzes wegen nicht befugt ist, wegen Verletzung eines Patentes, Musters, Modelles oder einer Marke zu klagen. c) Fragen kann sich im vorliegenden Fall daher bloss, ob die Klägerin durch den Vertrag mit der Stiftung Le Corbusier ausdrücklich zu Prozessen im eigenen Namen ermächtigt worden sei oder ob sich dies wenigstens aus dem Sinn und Zweck einer Bestimmung ergebe ( BGE 108 II 477 E. 1 und BGE 101 II 106 E. 3). Allgemeine Grundlage ist die Vereinbarung mit der Stiftung, dass der Klägerin das ausschliessliche Recht übertragen ist, die von Le Corbusier und seinen beiden Mitarbeitern entworfenen Möbel weltweit herzustellen und zu vertreiben (Ziff. I des Vertrages). Hiezu gehören u.a. die Modelle LC 1 (kleiner Stuhl mit Stahlgestell), BGE 113 II 190 S. 195 LC 2 und LC 3 (Polstersessel und Sofas mit Stahlgestell) und LC 4 (Liegestuhl mit Stahlrahmen). Nach Ziff. VI des Vertrages durfte die Klägerin in der Werbung auf die Garantie der Stiftung und ihre Ausschliesslichkeitsrechte Bezug nehmen. Es wurde ferner bestimmt, dass die Klägerin jede Nachahmung zu verfolgen habe und die Stiftung ihr dabei so gut wie möglich behilflich sein sollte. Diese Bestimmungen waren schon im Vertrag vom 1. Juni 1978 enthalten und stehen auch im geltenden vom 21. November 1982. Sie können nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin nicht bloss verpflichtet wurde, jede Rechtsverletzung zu verfolgen, wie die Beklagte glauben machen will, sondern dass ihr damit auch alle notwendigen Befugnisse übertragen wurden, um sich Nachahmungen durch Dritte erwehren zu können. Die Stiftung behielt sich selber kein Klagerecht gegen Dritte vor; sie versprach vielmehr jede mögliche Unterstützung (toute assistance en son pouvoir), was ebenfalls nur heissen kann, dass die Klägerin ihre Rechte gegenüber Dritten in erster Linie selber zu verteidigen habe. Als Lizenznehmerin konnte die Klägerin somit bezüglich der ihr übertragenen Rechte in die Stellung der Urheber treten, sich folglich insoweit auf ein eigenes Klagerecht berufen. Dass der Lizenzvertrag sich nicht in einfachen Nutzungsrechten ohne urheberrechtliche Abwehrbefugnisse erschöpft, erhellt ferner aus den ausdrücklichen Bestätigungen von Frau Perriand und Frau Jeanneret, auf deren Erklärungen die Vorinstanz ergänzend verweist. I.2. Die Beklagte wirft dem Appellationshof in einer ausführlichen "Analyse der umstrittenen Möbelstücke" ferner vor, mit dem Gutachter zu Unrecht auf deren urheberrechtliche Schutzwürdigkeit geschlossen zu haben. Auch sie gehe davon aus, dass der Nützlichkeitszweck eines Gegenstandes die Schutzfähigkeit nicht ausschliesse; bei Gebrauchsgegenständen wie Möbeln bliebe wegen der Gebundenheit an die Nützlichkeitsfunktion jedoch wenig oder kein Platz für künstlerische Formgebung, wenn die gestalterische Individualität, wie hier, nur in der Kombination von Formen und Linien zur Geltung kommen könne. Der ästhetische Eindruck genüge nicht; es sei vielmehr zu untersuchen, welchen Einfluss die Funktion, das verwendete Material und der Stil der modernen Sachlichkeit auf die Gestaltung ausübten und welcher freie Raum dem Entwerfer noch verblieben sei. Die Schutzwürdigkeit der streitigen Modelle sei zudem unabhängig davon zu beurteilen, wer ihr Urheber sei; der Gutachter und ihm folgend die Vorinstanz BGE 113 II 190 S. 196 hätten die urheberrechtliche Individualität aber schon gestützt auf das Ansehen von Le Corbusier bejaht, ohne die Elemente der Modelle zu analysieren; mit dem Bekanntheitsgrad von Le Corbusier sei es nicht getan. Die Beklagte befasst sich sodann eingehend mit Einzelheiten der streitigen Modelle, insbesondere mit deren Elementen (Traggestell und Polster oder Kissen aus Leder), Proportionen und Flächen, wobei sie wiederholt auf "wichtige Dokumente" verweist, "die weder vom Gerichtsexperten noch vom Gericht gewürdigt worden" seien, im Berufungsverfahren aber noch berücksichtigt werden könnten, weil die Vorinstanz sie zu den Akten genommen habe. Die Übereinstimmung der Formelelemente bei den Sofas und den Polstersesseln beruhe auf der technischen Gestaltung des Gestells. Aus dem Bestreben Le Corbusiers, den Möbelbau auf die absolut notwendigen Elemente zurückzuführen, folge rechtlich, dass für die individuelle Formgebung überhaupt keine Möglichkeit bestehe; denn der ästhetische Effekt, den die Modelle LC 2 und LC 3 hervorriefen, sei zwingend mit deren technischen Elementen verbunden. Auch beim Liegestuhl LC 4 handle es sich um eine Lösung, bei der alle Elemente technisch unabdingbar gegeben seien; die Liegefläche entspreche der Körperform und die ästhetische Linie sei durch die Funktion dringend vorgegeben. a) Unter den Begriff des geschützten Werkes im Sinne von Art. 1 URG fallen konkrete Darstellungen, die nicht bloss Gemeingut enthalten, sondern insgesamt als Ergebnis geistigen Schaffens von individuellem Gepräge oder als Ausdruck einer neuen originellen Idee zu werten sind; Individualität oder Originalität gelten denn auch als Wesensmerkmale des urheberrechtlich geschützten Werkes. Am eindrücklichsten sind diese Schutzvoraussetzungen erfüllt, wenn das Werk den Stempel der Persönlichkeit seines Urhebers trägt, unverkennbar charakteristische Züge aufweist und sich von Darstellungen der gleichen Werksgattung deutlich unterscheidet. Das heisst nicht, an das Mass der geistigen Leistung, an den Grad der Individualität oder Originalität seien stets gleich hohe Anforderungen zu stellen. Das verlangte individuelle Gepräge hängt vielmehr vom Spielraum des Schöpfers ab; wo ihm von vornherein der Sache nach wenig Raum bleibt, wird der urheberrechtliche Schutz schon gewährt, wenn bloss ein geringer Grad selbständiger Tätigkeit vorliegt ( BGE 110 IV 105 , 106 II 73/74, BGE 100 II 172 , BGE 88 IV 126 und BGE 85 II 123 E. 3, je mit weiteren Hinweisen). BGE 113 II 190 S. 197 Das eine wie das andere ist auch bei Werken der angewandten Kunst zu beachten, die vom gesetzlichen Begriff miterfasst werden ( Art. 1 Abs. 2 URG am Ende). Der Gebrauchszweck steht dem Schutz eines Gegenstandes, der individuellen Charakter aufweist, nicht entgegen. Dies gilt gemäss Art. 5 URG und entgegen der Kritik von KUMMER (in Festschrift Troller S. 113 ff. und in ZBJV 117/1981 S. 156 ff.) an der Rechtsprechung des Bundesgerichts selbst für Gebrauchsgegenstände, die als Muster oder Modelle hinterlegt worden sind, aber die besonderen Schutzvoraussetzungen des URG ebenfalls erfüllen. Anders verhält es sich nur, wenn die Form des Gegenstandes durch seinen Gebrauchszweck derart bedingt oder seine Gestaltung durch vorbekannte Formen so eingeschränkt ist, dass für individuelle oder originelle Merkmale praktisch kein Raum bleibt. Trifft dies zu, so liegt ein rein handwerkliches Erzeugnis, selbst wenn es industriell hergestellt ist, und damit Gemeingut vor, das vom Schutz des Urheberrechts auszunehmen ist. Da sich eine gewisse Zurückhaltung rechtfertigt, ist darauf auch im Zweifel zu erkennen ( BGE 105 II 299 E. 3a mit Hinweisen). Für Sitz- und Liegemöbel besteht, wie aus den verschiedenen Stilrichtungen erhellt, eine Vielzahl möglicher Formen, weshalb sich nicht sagen lässt, ihre Gestaltung sei weitgehend oder sogar ausschliesslich durch den Zweck des Möbelstückes vorgegeben; das lässt sich im Ernst selbst von modernen Möbeln nicht behaupten. Eine Einschränkung ergibt sich dagegen aus den vorbestehenden Stilrichtungen, die für sich allein ebensowenig ausreichen, wie der ästhetische Wert oder die Bedeutung eines Werkes ( BGE 106 II 73 und BGE 75 II 360 mit Hinweisen). Dass Möbel den Schutz des URG gleichwohl geniessen können, unterliegt keinem Zweifel, zumal sie ständig weiterentwickelt werden; das ist grundsätzlich bereits in BGE 68 II 55 E. 2 anerkannt worden. Auch diesfalls genügt, dass über eine rein handwerkmässige oder industrielle Arbeit hinaus eine Leistung erbracht wird, die auf einer selbständigen, schöpferischen Tätigkeit beruht, sich als originell erweist und daher als künstlerisch zu werten ist. Das leuchtet namentlich dann ein, wenn ein Möbelstück sich von bisherigen Stilrichtungen klar abhebt und eine neue Richtung einleitet oder wesentlich mitbestimmt. b) Diese Voraussetzungen sind hier nach dem, was über die neuartige Entwicklung in der Architektur und in der Möbelkunst der 20er Jahre in tatsächlicher Hinsicht feststeht, erfüllt. Wie die Vorinstanz BGE 113 II 190 S. 198 zusammen mit dem Gutachter gestützt auf massgebende Quellen festhält, gilt Le Corbusier als einer der namhaftesten Vertreter einer neuen Stilrichtung, die als Funktionalismus bezeichnet wird, weil sie mit der Möblierung von Räumen höchste Funktionalität anstrebt, moderne Konstruktionstechnik in der Anwendung neuer Bauelemente, insbesondere des gebogenen Stahlrohrs, mit ästhetisch und sachlich befriedigenden Formen verbindet. Sachgerechte Verbindungen von Bauteilen sind zwar auch immer zweckmässig, aber nicht leichthin mit technisch- oder zweckbedingten Lösungen gleichzusetzen, weshalb sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht sagen lässt, die Gestaltung der streitigen Möbelstücke sei vom Gebrauchszweck der Gegenstände beherrscht; gleiche Sitzmöglichkeiten können nicht nur künstlerisch, sondern auch technisch auf sehr verschiedene Art gestaltet werden. Der künstlerische Eindruck der streitigen Modelle ist zudem nicht die notwendige oder gar die ausschliessliche Folge eines einzelnen Bauelementes; er wird vielmehr durch die Gestaltung, Linienführung und das Zusammenwirken aller Elemente bestimmt. Richtig ist bloss, dass die erstmalige, aber höchst einfache Verwendung des gebogenen Stahlrohrs dabei eine besondere Rolle spielt. Das ist auch zahlreichen weiteren Einwänden der Beklagten entgegenzuhalten, die in ihrer Berufung durchwegs darauf ausgeht, Einzelheiten der streitigen Modelle gesondert zu betrachten; das erhellt z.B. aus ihrem Vorwurf, "die Analyse der Formen und Linien der umstrittenen Möbel im Zusammenhang mit Funktion, Material und dem funktionalen Stil (Streben nach absoluter Sachlichkeit)" könne nicht, wie die Vorinstanz annehme, mit den Hinweisen ersetzt werden, dass Le Corbusier schöpferische Leistungen erbracht habe und seine Modelle in die Fachliteratur aufgenommen worden seien. Entscheidend ist der Eindruck, der durch die streitigen Modelle als Ganzes erweckt wird und ihre äussere Gestaltung charakterisiert, aber weder durch den Gebrauch noch durch die Herstellung der Möbel zwingend vorgegeben ist. Die Beklagte hatte keinen Anlass, die Konstruktion der Modelle, namentlich die Gestaltung der Traggestelle, aus technischen oder funktionellen Überlegungen bis ins einzelne nachzubilden (vgl. BGE 108 II 75 /76 und BGE 83 II 479 E. 2b). Davon kann umso weniger die Rede sein, als gerade den von der Beklagten eingereichten Katalogen zu entnehmen ist, dass auch sogenannte Stahlmöbel, wie die vom Gutachter angestellten Vergleiche zeigen, eine Vielfalt von Formen aufweisen können. BGE 113 II 190 S. 199 c) Daran scheitern auch die Vorbringen, mit denen die Beklagte die urheberrechtlich relevante Individualität der einzelnen Modelle zu bestreiten oder anzuzweifeln sucht, weil die Vorinstanz die Schutzwürdigkeit "ohne Analyse der Elemente" bejaht habe. Soweit sie sich dabei in tatsächlicher Hinsicht auf Dokumente beruft, die weder vom Gutachter noch vom Appellationshof bei Vergleichen der streitigen Möbelstücke mit anderen Modellen, Vorbildern oder Vorläufern berücksichtigt worden sind, erweisen sich ihre Ausführungen als blosse Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz und sind daher nicht zu hören. Das gilt insbesondere von ihren Einwänden, die den Polstersesseln LC 2 und LC 3 zugrunde liegende Idee einer kubischen Sitzform sei längst bekannt gewesen und die Idee des Traggestells in allen Varianten schon 1928 von den Vertretern des funktionalen Stils allgemein verwendet worden; für das Modell LC 3 und die Sofas fehle zudem der Beweis, dass Le Corbusier oder seine Mitarbeiter sie geschaffen hätten. Dies war im kantonalen Verfahren übrigens unbestritten; Gutachter und Vorinstanz liessen bloss offen, ob Le Corbusier und seine beiden Mitarbeiter "mit letzter Sicherheit" auch als Urheber der Sofas bezeichnet werden könnten. Gutachter und Vorinstanz hielten diese Frage aber zu Recht nicht für entscheidend, weil die beiden Sofas jedenfalls als Wiedergabe oder blosse Bearbeitung der Polstersessel im Sinne von Art. 13 Abs. 1 URG anzusehen sind, von denen sie sich nur durch die Zahl der Sitzplätze unterscheiden; das Grundmodell mit seinen charakteristischen Zügen ist auch in den Sofas deutlich wiederzuerkennen und ergibt hier wie dort den gleichen individuellen Gesamteindruck. Dass die Übereinstimmung der Formelemente bei den Sofas und bei den Sesseln auf die (gleiche) technische Gestaltung des Gestells zurückzuführen ist, anerkennt übrigens auch die Beklagte. Als Bezug von Kissen und Polster werden nach der Feststellung des Gutachters bei den nachgemachten Modellen teils auch Leder und Stoffe anderer Farben verwendet, die den massgebenden Gesamteindruck jedoch kaum beeinflussen. Für den Gutachter sind selbst kleine Unterschiede, z.B. in der Art des Stahlrohrs oder bei der oberen Aufhängung des Liegeteils am Gestell des Liegestuhls, nur bei genauerem Zusehen erkennbar. Der individuelle Charakter, der sich aus dem Gesamteindruck ergibt, fällt übrigens, wie der Gutachter mit Recht bemerkt, beim Liegestuhl LC 4 besonders auf. Für die Behauptung der Beklagten, dass er eine "klare technisch funktionale Weiterentwicklung des Modells BGE 113 II 190 S. 200 Thonet 1904" sei, ist weder dem Gutachten noch dem angefochtenen Urteil etwas zu entnehmen, und was den Versuch angeht, alle Elemente des Modells LC 4 als anatomisch oder technisch unabdingbar auszugeben, ist auf bereits Gesagtes zu verweisen. Die Schutzwürdigkeit der streitigen Möbelstücke unbekümmert um die persönlichen Feststellungen des Gutachters, dem die Vorinstanz nicht nur in rechtlicher, sondern auch in tatsächlicher Hinsicht gefolgt ist, weiterhin bestreiten zu wollen, steht der Beklagten umso weniger an, als sie ihre Erzeugnisse ausdrücklich als Kopien der Le Corbusier-Werke bezeichnet und dafür in ihrer Werbung während einiger Zeit sogar Abbildungen aus den Prospekten der Klägerin verwendet hat. Das eine wie das andere kann genau besehen nur dahin verstanden werden, dass die streitigen Modelle von Le Corbusier selbst nach Auffassung der Beklagten den individuellen Charakter während Jahrzehnten bewahrt haben, noch immer in moderne Räume passen und als "modern" angesehen werden. An der zeitlosen Gültigkeit eines Kunstwerkes kann man aber nicht nur seine Qualität, sondern seine Individualität und damit auch seine Schutzwürdigkeit am besten ermessen. II. II.1. Die Klägerin beharrt in ihrer Berufung darauf, dass auch der Stuhl LC 1 urheberrechtlich schützbar, in seiner Nachahmung durch die Beklagte jedenfalls unlauterer Wettbewerb im Sinn von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG zu erblicken und daher in das von ihr verlangte Verbot aufzunehmen sei. a) Der gerichtliche Gutachter, dessen Fachkenntnis von der Klägerin ausdrücklich anerkannt wird, hat am 5. Dezember 1984 alle streitigen Modelle der Klägerin und die entsprechenden Möbelstücke der Beklagten besichtigt und dabei festgestellt, dass diese mit den zum Gegenstand des Prozesses gemachten übereinstimmen. Gestützt auf die von ihm zitierten Quellen hat der Gutachter sodann nach allfälligen "Vorläufern" gesucht, welche die urheberrechtlich relevante Individualität der streitigen Modelle in Frage stellen könnten. Bezüglich des Modells LC 1 gelangte er zum Schluss, dass dazu Vorbilder mit einer gewissen Ähnlichkeit bestanden, nämlich der sogenannte Wassily-Stuhl von Breuer und der Colonial Chair, welche die von Le Corbusier geschaffene Form als nicht mehr ausreichend originell im Sinn der Praxis erscheinen liessen. BGE 113 II 190 S. 201 Der Vorinstanz ist nicht entgangen, dass der Gutachter bei diesem Schluss gezögert hat; sie hielt seine Bedenken vielmehr aus eigener Überzeugung für begründet, weil sie ebenfalls fand, dass es sich beim Modell LC 1 zwar nicht um eine gewöhnliche Möbelkonstruktion handle, ihm die unerlässiche Individualität nach ähnlichen Vorgängern aber doch abzusprechen sei. Gewiss durfte die Vorinstanz das Gutachten in tatsächlicher Hinsicht frei würdigen und war es nicht Sache des Gutachters, Rechtsfragen abschliessend zu beurteilen ( BGE 111 II 75 unten). Sie hatte aber offenbar keinen Anlass, sich über die Bedenken des Gutachters hinwegzusetzen, weshalb sie ohne Verletzung von Bundesrecht nach der in BGE 105 II 300 aufgestellten Regel im Zweifel auf ein industrielles Erzeugnis schliessen durfte. Dass die Vorinstanz, die wie der Gutachter von der hievor unter E. I/2a angeführten Praxis ausgegangen ist, Rechtsbegriffe oder Schutzvoraussetzungen verkannt habe, macht die Klägerin nicht geltend; sie will vielmehr Einzelheiten des Modells LC 1 in den Vergleichen mit Vorgängern anders gewürdigt wissen als das gerichtliche Gutachten, verfällt dabei aber teils in blosse Kritik an der Beweiswürdigung, teils in die gleiche verfehlte Betrachtungsweise wie die Beklagte, weil sie ebenfalls kleinere Unterschiede, die "schon das zweite Hinsehen" erkennen lasse, statt den Gesamteindruck für massgebend hält. Das angefochtene Urteil ist daher insoweit nicht zu beanstanden. b) Nicht beizupflichten ist der Vorinstanz dagegen in der Annahme, dass die Nachmachung des Modells LC 1 durch die Beklagte auch vom Wettbewerbsrecht nicht erfasst werde. Die Klägerin hat sich dazu im kantonalen Verfahren zwar nur dürftig geäussert, und vor Bundesgericht beruft sie sich einzig auf Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG , weil die Beklagte einen Stuhl vertreibe, der die Form und Ausgestaltung des Modells LC 1 aufweise, und damit eine gegen Treu und Glauben verstossende Verwechslungsgefahr herbeiführe. Dass nicht nur die Kopie des Modells LC 1, sondern sämtliche streitigen Modelle, die von der Beklagten vertrieben werden, als Nachmachungen oder Nachahmungen anzusehen sind, erhellt indes schon aus dem Gutachten und ist übrigens unbestritten, da die Beklagte ihre Erzeugnisse ausdrücklich als Kopien der Le Corbusier-Werke bezeichnet und während einiger Zeit sogar unter dieser Bezeichnung dafür geworben hat. Wie in BGE 104 II 334 gestützt auf die in Art. 1 Abs. 1 UWG enthaltene Generalklausel ausgeführt wurde, ist die systematische BGE 113 II 190 S. 202 Häufung raffinierter Nachahmungen "bis an die Grenze des Unzulässigen" mit Treu und Glauben ebensowenig zu vereinbaren, wie eine einmalige genaue Nachahmung, wenn sie wie diese darauf angelegt ist, den guten Ruf des Konkurrenzerzeugnisses in schmarotzerischer Weise auszubeuten. Das wurde seither für systematisches Heranschleichen an fremde Ausstattungen wiederholt bestätigt ( BGE 108 II 74 /75 und 332, BGE 105 II 302 Nr. 49). Im Grundsatzentscheid, in dem es um BATA-Stiefel ging, wurden die gegebenen Ähnlichkeiten mit nicht geschützten Modellen dafür zwar als ungenügend erachtet. Vorliegend handelt es sich aber unstreitig um sklavische Nachbildungen ganzer Serien, wobei für die Modelle LC 2 bis LC 4 sogar Widerrechtlichkeit nach URG gegeben ist. Es ist offensichtlich, dass Nachahmer durch die anhaltende Nachfrage nach Le Corbusier-Modellen bewogen werden, die äussere Gestaltung der Modelle in allen Einzelheiten zu übernehmen, um von ihrem Ruf ebenfalls profitieren zu können. Das deckt sich mit dem Vorhalt der Beklagten, dass es der Stiftung Le Corbusier bisher nicht gelungen sei, Plagiate zu verhindern. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, das Vorgehen der Beklagten als Verstoss gegen Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d UWG zu bezeichnen, und zwar auch mit Bezug auf das Modell LC 1, für das urheberrechtlich kein Schutz besteht. Das der Beklagten auferlegte Verbot ist daher mit der Nummer dieses Modells zu ergänzen. II.2. Die Ergänzung hat auch eine Erhöhung des Schadenersatzes zur Folge. Der Appellationshof schätzte den Gewinn, welcher der Klägerin durch die widerrechtlichen Möbelverkäufe der Beklagten entgangen ist, auf Fr. 38'425.--. Um das Verfahren nicht zu belasten, hat die Klägerin sich mit dieser Schätzung abgefunden; sie ergibt im Verhältnis des Umsatzes, der auf das Modell LC 1 entfällt, eine Erhöhung um Fr. 5'200.--. Die Beklagte wendet dagegen an sich nichts ein; sie hält die Schadensberechnungen vielmehr für gegenstandslos, weil die Klägerin weder mit der urheberrechtlichen noch wettbewerbsrechtlichen Begründung Erfolg haben könne. Ist aber davon auszugehen, dass Schätzung und Umrechnung unbestritten sind, so ist dem Antrag der Klägerin auf Erhöhung des Schadenersatzes um Fr. 5'200.-- zu entsprechen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Berufung der Klägerin wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Appellationshofes (II. Zivilkammer) BGE 113 II 190 S. 203 des Kantons Bern vom 14. August 1986 wird aufgehoben. 2. Es wird der Beklagten verboten, die in ihrem Prospekt vom Januar 1982 angeführten Stühle, Polstersessel und Sofas feilzuhalten, zu verkaufen oder sonstwie in Verkehr zu bringen... 3. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Fr. 75'200.-- zu bezahlen. 4. Die Berufung der Beklagten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Urteilskopf 111 II 463 89. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. November 1985 i.S. D. AG gegen L. (Berufung)
Regeste Endentscheid ( Art. 48 Abs. 1 OG ). Besonderheit und Voraussetzungen einer Verurteilung zur Leistung Zug um Zug ( Art. 82 OR ). 1. Abweisung einer Klage "angebrachtermassen", gestützt auf Art. 82 OR , stellt einen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG dar (E. 1). 2. Besonderheit und allgemeine Voraussetzungen der Verurteilung zur Leistung Zug um Zug (E. 2 und 3). 3. Weigert sich der Käufer bei einem Sukzessivlieferungsvertrag, die Ware abzurufen, so stellt eine Verbaloblation des Verkäufers ein gültiges Angebot nach Art. 82 OR dar; der Verkäufer braucht die Ware namentlich nicht zu hinterlegen (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 464 BGE 111 II 463 S. 464 A.- Mit Vertrag vom 3. Dezember 1980 verpflichtete sich die D. AG, Fichten- und Föhren-Rohhobler schwedischer Herkunft zu liefern. Für beide Holzarten vereinbarten die Parteien "U/S, gute Sortierung, gute Längenverteilung", die Fichten-Rohhobler "möglichst lang". Da L. mit erfolgten Teillieferungen unzufrieden war, erklärte er am 7. Oktober 1981 der Lieferantin, die weitere Erfüllung des Vertrages sei für ihn nicht mehr zumutbar. Daraufhin schlossen die Parteien am 4./7. Dezember 1981 eine Zusatzvereinbarung, aus der sich indes weitere Schwierigkeiten ergaben. L. verweigerte namentlich die Annahme einer für den Monat Februar 1982 vorgesehenen Lieferung und machte hinsichtlich der Zusatzvereinbarung Dissens geltend. Daraufhin berief sich die D. AG wiederum auf den Vertrag vom 3. Dezember 1980. Dessen ungeachtet verweigerte L. die Annahme weiterer Lieferungen. B.- Die D. AG klagte hierauf gegen L. auf Zahlung von Fr. 281'500.-- und Fr. 29'750.--, je nebst 8% Zins seit 1. Januar 1982. Das Bezirksgericht Münchwilen schützte die Klage vollumfänglich, unter Vorbehalt eines Nachklagerechts für Lagergebühren und allfällige Manipulations- und Transportkosten; das Obergericht des Kantons Thurgau wies sie auf Berufung des Beklagten hin mit Urteil vom 20. Dezember 1984, erläutert durch Beschluss vom 11. April 1985, angebrachtermassen ab. Es fand, die Klägerin könne erst dann Leistung des Kaufpreises fordern, wenn sie sich von ihren eigenen Leistungen durch Hinterlegung oder eine ähnliche Handlung befreit habe. Das sei bis anhin nicht geschehen, BGE 111 II 463 S. 465 weshalb die materielle Begründetheit der Forderung nicht zu prüfen und lediglich ein Prozessurteil zu fällen sei. C.- Die Klägerin hat eidgenössische Berufung eingereicht und beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage gutzuheissen. Eventuell sei das angefochtene Urteil aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, der Klägerin gegen Erbringung ihrer Leistung die eingeklagten Beträge zu bezahlen, unter Vorbehalt des Nachklagerechts für Lagergebühren, Manipulations- und Transportkosten. Der Beklagte ersucht, auf die Berufung nicht einzutreten, sie allenfalls abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beklagte beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten, weil sie sich nicht gegen einen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG richte. a) Ein Endentscheid liegt vor, wenn der kantonale Richter über den streitigen Anspruch materiell entschieden oder dessen Beurteilung aus einem Grunde abgelehnt hat, der endgültig verbietet, dass der gleiche Anspruch nochmals geltend gemacht wird ( BGE 104 II 217 mit Verweisungen). Gleich sind Ansprüche dann, wenn sie auf denselben Tatsachen gründen; an dieser Voraussetzung fehlt es, wenn eine rechtskräftig beurteilte Forderung neu eingeklagt wird aufgrund von Tatsachen, die nach dem ergangenen Urteil eingetreten sind ( BGE 109 II 28 E. 2a mit Hinweisen; KUMMER, in ZBJV 106/1970, S. 126). b) Die Vorinstanz hat über die Klage endgültig geurteilt, indem sie gestützt auf einen feststehenden Sachverhalt annahm, der Beklagte könne nicht zur Leistung des Kaufpreises verpflichtet werden. Sie fällte damit entgegen ihrer eigenen Meinung kein Prozessurteil, sondern ein Sachurteil. Grund für die Klageabweisung war, dass die Klägerin sich nach Art. 82 OR von ihrer eigenen Leistung noch nicht befreit hatte. Diese Begründung ist materieller Natur; sie erlaubt der Klägerin, später, wenn sie die Voraussetzungen von Art. 82 OR erfüllt und damit neue Tatsachen gesetzt haben wird, auf Zahlung des gleichen Betrags zu klagen. Für seine gegenteilige Ansicht kann sich der Beklagte nicht auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung berufen. In BGE 93 II 213 ff. hatte die kantonale Instanz keinen materiellen Entscheid gefällt, sondern war auf die kantonale Berufung nicht eingetreten, BGE 111 II 463 S. 466 weil die Berufungsklägerin auf das Rechtsmittel verzichtet hatte. Ein ähnlicher Sachverhalt lag BGE 95 II 294 E. 2 zugrunde. Dort fällte das kantonale Gericht einen Nichteintretensentscheid, weil die Appellantin durch den angefochtenen Entscheid nicht beschwert war. In beiden Fällen befasste sich das Urteil nicht mit der materiellen Sachlage und dem Klagerecht als solchem. Der Einwand des Beklagten, es liege kein Endentscheid vor, erweist sich daher als verfehlt. 2. Damit die Klägerin vom Beklagten Erfüllung verlangen kann, muss sie nach Auffassung der Vorinstanz entweder selbst bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten. Eine vertragsgemässe Lieferung "franko Domizil" oder eine Hinterlegung sei nicht erfolgt; die Klägerin könne somit nicht auf vorbehaltlose Leistung klagen, sondern nur auf Leistung Zug um Zug. Sie habe sich zwar während des Prozesses bereit erklärt, Zug um Zug zu leisten, falls die Klage gutgeheissen werde; mangels gleichlautendem Antrag im Klagebegehren könne der Beklagte indes nicht zur Leistung Zug um Zug verpflichtet werden, weil das einer Klageänderung gleichkäme, die nach kantonalem Prozessrecht unzulässig sei. Dem hält die Klägerin entgegen, auf die Hinterlegung komme nichts an. Indem der Beklagte die Ware nicht abgerufen habe, sei er in Gläubigerverzug geraten und könne daher bedingungslos verpflichtet werden, den Kaufpreis zu leisten, zumal er sich mit seiner zusätzlichen Weigerung, den Kaufpreis zu zahlen, gleichzeitig im Schuldnerverzug befinde. Der Anspruch auf Leistung Zug um Zug ergebe sich im übrigen aus Bundesrecht und dürfe nicht unter Hinweis auf das Verbot von Klageänderungen nach kantonalem Prozess vereitelt werden. 3. Wer bei einem zweiseitigen Vertrag den andern zur Erfüllung anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalt oder der Natur des Vertrages erst später zu erfüllen hat ( Art. 82 OR ). Wie in BGE 107 II 223 E. 2b letztmals festgehalten, gibt diese Bestimmung dem Schuldner eine aufschiebende Einrede mit der Wirkung, dass er die geforderte Leistung bis zur Erbringung oder Anbietung der Gegenleistung zurückhalten darf. Der Gläubiger kann sich begnügen, auf vorbehaltlose Leistung zu klagen; es obliegt dem Schuldner, die Einrede zu erheben. Ist die Einrede berechtigt, hat der Gläubiger also die Leistung weder erbracht noch angeboten, so schützt der Richter die Klage in dem Sinne, dass er den Schuldner zur Leistung Zug um Zug, d.h. zu einer BGE 111 II 463 S. 467 aufschiebend bedingten Verpflichtung verurteilt ( BGE 94 II 268 E. 4, BGE 79 II 277 ff., BGE 58 II 417 ; GIGER, N. 189 f. zu Art. 184 OR ; WEBER, N. 222 ff. zu Art. 82 OR ; abweichend WIGET, Die Durchsetzung von Ansprüchen aus synallagmatischen Verträgen nach zürcherischer Zivilprozessordnung, Diss. Zürich 1980, S. 54). Hat der Schuldner die Einrede nach Art. 82 OR zu Unrecht erhoben, sei es, dass der Gläubiger erfüllt oder Leistung mindestens gehörig angeboten hat, sei es, dass die Gegenforderung überhaupt nicht besteht, so wird er vorbehaltlos zur Leistung verurteilt (JEANPRÊTRE, Remarques sur l'exception d'inexécution, in Festgabe DESCHENAUX, Freiburg 1977, S. 284; WEBER, N. 225 zu Art. 82 OR ). VON TUHR/ESCHER (S. 61) wollen freilich auch bei gehörigem Angebot nur eine Verpflichtung zur Leistung Zug um Zug zulassen. Sie berufen sich dafür auf BGE 79 II 279 ; aus jenem Urteil ist aber im Gegenteil zu ersehen, dass die Klage, wenn ein gehöriges Angebot vorliegt, bei gegebenen Voraussetzungen bedingungslos gutgeheissen wird. Der Anspruch des Gläubigers auf Verurteilung des Schuldners zur Leistung Zug um Zug ist im übrigen bundesrechtlicher Natur. Damit steht fest, dass die Vorinstanz der Klägerin den Anspruch auf Verurteilung des Beklagten zur Leistung Zug um Zug nicht unter Hinweis auf kantonales Prozessrecht und das dort enthaltene Verbot einer Klageänderung absprechen durfte. Die diesbezüglichen Erwägungen verletzen, wie die Klägerin zutreffend einwendet, Art. 82 OR . Anderseits brauchte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Leistung Zug um Zug nicht zu verlangen. Der Richter erlässt ein dahingehendes Urteil auf entsprechende Einrede des Beklagten nach Art. 82 OR . Da der Beklagte vorliegend die Einrede erhoben hat (vgl. nachstehend E. 4) und die Klägerin dessen Verurteilung zu unbedingter Leistung verlangt, erweist sich der subsidiäre Berufungsantrag der Klägerin als gegenstandslos, und es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin, wie der Beklagte einwendet, mit dem subsidiären Antrag unzulässigerweise ein neues Begehren erhoben hat ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). 4. Nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz hatte der Beklagte im bezirksgerichtlichen Verfahren eine "Vorleistungspflicht" der Klägerin im Sinne der Hinterlegung nach Art. 92 OR geltend gemacht. Analog hielt die Vorinstanz der Klägerin entgegen, keine "Handlung im Sinne der Hinterlegung" vorgenommen zu haben, räumte im übrigen aber ein, sie sei leistungsbereit BGE 111 II 463 S. 468 gewesen, und stellte gegenüber dem Beklagten fest, dass er nicht bereit gewesen sei, den Rest der Waren abzurufen und anzunehmen. Sie prüfte aber nicht, ob die Annahmeverweigerung des Beklagten gerechtfertigt war. Zur Begründung ihrer Auffassung berief sie sich auf Art. 82 sowie 91 f. OR und umriss gleich auch das Verhältnis dieser Bestimmungen zueinander, indem sie erklärte, ohne die Pflicht des Gläubigers zur vorgängigen Hinterlegung nach Art. 92 OR würde die Befugnis des Schuldners, Einrede nach Art. 82 OR zu erheben, aufgehoben. Die Parteien gehen mit dem Obergericht zutreffend davon aus, dass sie einen Sukzessivlieferungsvertrag, d.h. einen vollkommen zweiseitigen Vertrag abgeschlossen haben. Art. 82 OR findet daher auf das umstrittene Rechtsverhältnis Anwendung. Aus dem angefochtenen Urteil geht indes nicht eindeutig hervor, gestützt auf welche Bestimmung die Klägerin hinterlegungspflichtig sein soll. Der Verkäufer kann den Kaufgegenstand hinterlegen, um ihn gemäss Art. 82 OR anzubieten, um nach der Inverzugsetzung des Käufers sich von der eigenen Schuld zu befreien ( Art. 92 OR ) und schliesslich muss er - folgt man gewissen Lehrmeinungen - unter bestimmten Voraussetzungen hinterlegen, um die Fälligkeit der Kaufpreisforderung herbeizuführen (zum ersten Fall: JEANPRÊTRE, a.a.O., S. 284; WEBER, N. 184 ff. zu Art. 82 OR ; zum zweiten Fall: VON TUHR/ESCHER, S. 74; zum dritten Fall: GIGER, N. 5 zu Art. 213 OR ). GIGER, die Vorinstanz und der Beklagte berufen sich zur Begründung der Hinterlegungspflicht auf BGE 79 II 282 E. 2. Nach diesem Urteil kann der Käufer, der die Annahme der Ware verweigert hat, gestützt auf Art. 82 OR die Hinterlegung der Sache nach Art. 91/92 fordern, bevor er leisten muss. Das Urteil bezieht sich aber auf den besondern Sachverhalt der Schuldbetreibung, indem es verlangt, dass der Gläubiger sich vor der Zwangsvollstreckung durch Hinterlegung der Sache von der eigenen vertraglichen Verbindlichkeit befreit (in diesem einschränkenden Sinn auch VON TUHR/ESCHER, S. 60 Anm. 20). Zu andern möglichen Schlussfolgerungen der Lehre aus diesem Urteil braucht hier nicht Stellung genommen zu werden. Um die Fälligkeit der Kaufpreisforderung herbeizuführen, hat der Verkäufer die Kaufsache nur dann zu hinterlegen, wenn ein gehöriges Angebot der eigenen Leistung dafür nicht genügt. Wie im folgenden darzulegen ist, konnte die Klägerin durch gehöriges Angebot nicht nur die Fälligkeit der Kaufpreisforderung bewirken, sondern auch die Einrede des Beklagten aus Art. 82 OR abwehren. Ohne Belang erweist sich daher die Hinterlegung, mit der sich der Verkäufer nach Eintritt des BGE 111 II 463 S. 469 Gläubigerverzugs des Käufers ( Art. 92 OR ) oder im Sinne von Art. 82 OR von seiner eigenen Verpflichtung befreit. 5. a) Art. 82 OR verlangt in der Regel Realoblation. Ausnahmsweise genügt freilich Verbaloblation; die Lehre verweist in diesem Zusammenhang auf die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Schuldner mittels Verbaloblation den Gläubiger nach Art. 91 OR in Verzug bringen kann. Danach ist Verbaloblation ausreichend, wenn die Gegenpartei die zur Erfüllung der Schuld nötigen Vorbereitungshandlungen unterlässt, indem sie sich beispielsweise - allenfalls auf entsprechende Aufforderung hin - bei einem Sukzessivlieferungsvertrag weigert, die Ware abzurufen. Eine weitere Ausnahme ist nach einem Teil der Doktrin dann gegeben, wenn die Gegenpartei von vornherein nicht bereit ist, die Leistung anzunehmen (sog. antizipierte Annahmeverweigerung). Die Aufforderung des Schuldners zum Abruf und sein Leistungsangebot setzen in jedem Fall Leistungsbereitschaft voraus ( BGE 79 II 282 E. 2; SIMMEN, Die Einrede des nichterfüllten Vertrags, Bern 1981, S. 67 f.; VON TUHR/ESCHER, S. 71 f.; WEBER, N. 184 ff. und 189 zu Art. 82 OR , N. 80 ff., 124, 127 f., 134 und 150 f. zu Art. 91 OR ). Unter den genannten Voraussetzungen genügt Verbaloblation auch, um die Kaufpreisforderung fällig werden zu lassen (VON TUHR/ESCHER, S. 49 Anm. 47). Zu beachten ist jedoch, dass Gläubigerverzug des Käufers durchaus auch ohne Verbaloblation des Verkäufers eintreten kann. In diesem Sinn hat das Bundesgericht, abweichend von der zitierten Lehrmeinung, entschieden ( BGE 35 II 592 E. b). Nach VON TUHR/ESCHER (S. 72) trifft das ferner dann zu, wenn der Gläubiger die Ware von sich aus abrufen muss, seiner Obliegenheit aber nicht nachkommt. In derartigen Fällen genügt es nicht, im Rahmen von Art. 82 OR hinsichtlich der Voraussetzungen einer Verbaloblation auf Lehre und Praxis zur Verbaloblation nach Art. 91 f. OR zu verweisen. Die damit aufgeworfenen Fragen werden freilich gegenstandslos, wenn mit der herrschenden schweizerischen Lehre anzunehmen wäre, der Verzug nach Art. 91 OR schliesse die Einrede des nichterfüllten Vertrages aus (vgl. WEBER, N. 190 f. zu Art. 82 OR mit Hinweis auf die erwähnte herrschende Lehre). Mit dieser Lehre nicht ohne weiteres vereinbar zu sein scheint jedoch BGE 79 II 282 E. 2. Das Urteil nimmt zwar wie erwähnt auf den Sondertatbestand der Schuldbetreibung und der Aberkennungsklage Bezug. Es lag ihm aber doch eine Annahmeverweigerung des Käufers zugrunde, und das Bundesgericht BGE 111 II 463 S. 470 erklärte beiläufig, auch im ordentlichen Prozessweg bei einer Klage auf Leistung des Kaufpreises habe der Verkäufer "weiterhin" die Einrede nach Art. 82 OR zu gewärtigen. Daraus könnte geschlossen werden, Gläubigerverzug verwehre es dem Käufer nicht, sich auf Art. 82 OR zu berufen. Den aufgezeigten Problemen ist nicht weiter nachzugehen, da hier so oder anders eine gültige Verbaloblation vorliegt, so dass sich eine Antwort auf die Frage, ob Gläubigerverzug die Einrede nach Art. 82 OR ausschliesse, erübrigt (in diesem Sinn generell: WEBER, N. 190 f. zu Art. 82 OR , N. 28 zu Art. 91 OR ). b) Die Klägerin mahnte den Beklagten gestützt auf den Vertrag vom 3. Dezember 1980 verschiedentlich schriftlich, die Abholungsdaten einzuhalten. Auch im Rahmen des Vertrages vom 4./7. Dezember 1981 weigerte sich der Beklagte, die angeblich für den Monat Februar 1982 vorgesehene Lieferung anzunehmen. Als die Klägerin sich wieder auf den Vertrag vom 3. Dezember 1980 berief, verweigerte der Beklagte "nach wie vor die Annahme weiterer Lieferungen". Schliesslich erklärte die Klägerin noch im Prozess, bei Gutheissung der Klage Zug um Zug leisten zu wollen. Mit diesen Erwägungen hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass die Klägerin selbst dann noch Verbaloblation erbrachte, als der Beklagte sich wiederholt geweigert hatte, die Waren abzurufen und anzunehmen. Verbaloblation lag daher nicht nur vor, sie war unter den konkreten Umständen auch geeignet, dem Beklagten die Einrede aus Art. 82 OR abzuschneiden. Zu hinterlegen brauchte die Klägerin weder nach Art. 82 OR noch um den Beklagten in Gläubigerverzug zu setzen. Die Vorinstanz hat dies übersehen. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben mit der Weisung an das Obergericht, den Sachverhalt zu ergänzen. Das Obergericht hat namentlich zu prüfen, ob der Beklagte berechtigt war, das Angebot zurückzuweisen. Dies umfasst die Prüfung aller formrichtig erhobenen Einwendungen des Beklagten gegen die angebotenen Warenlieferungen. Das angefochtene Urteil gibt darüber keine Auskunft. Sollte der Beklagte das Angebot ungerechtfertigterweise zurückgewiesen haben, so ist, wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind, die Klage vorbehaltlos gutzuheissen. Hatte der Beklagte dagegen berechtigte Gründe, um auf das Angebot nicht einzugehen, so kann er im besten Fall zur Leistung Zug um Zug verurteilt werden. BGE 111 II 463 S. 471 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 20. Dezember 1984 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 141 V 634 69. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. GmbH und B. gegen Ausgleichskasse Obwalden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_327/2015 vom 3. Dezember 2015
Regeste Art. 4, 5 Abs. 1 und 2 und Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG ; Art. 7 lit. h und Art. 23 AHVV ; Dividendenauszahlungen als massgeblicher Lohn. Bei der Abgrenzung zwischen Lohn und Dividende ist rechtsprechungsgemäss von der Aufteilung, welche die Gesellschaft gewählt hat, nur dann abzuweichen, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht (E. 2). In casu Bejahung der Umqualifikation einer Dividende in massgebenden Lohn, da kumulativ ein unangemessen tiefer Lohn mit einer im Vergleich zum eingesetzten Kapital unangemessen hohen Dividende einherging (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 635 BGE 141 V 634 S. 635 A. A.a Die in X. domizilierte A. GmbH ist seit dem 4. Juni 2008 im Handelsregister des Kantons Obwalden eingetragen und der Ausgleichskasse Obwalden als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossen. Ihr einziger Arbeitnehmer B. fungiert als Gesellschafter und Geschäftsführer mit Einzelunterschriftsberechtigung. Die Gesellschaft bezweckt die Beratung und Erbringung von Dienstleistungen im Informatik-, Organisations-, Management- und Betriebsbereich mit Schwergewicht in der Finanzdienstleistungsbranche. In den Jahren 2009 bis 2012 wurden B. Jahreslöhne von Fr. 106'800.- (2009), Fr. 110'000.- (2010 und 2011) sowie Fr. 20'880.- (2012, 20 %-Pensum) ausgerichtet. Im gleichen Zeitraum schüttete die Gesellschaft Bruttodividenden von je Fr. 100'000.- bzw. - 2012 - von Fr. 60'000.- aus. A.b Am 25. September 2013 führte die Revisionsstelle der Ausgleichskasse bei der A. GmbH für die Periode vom 4. Juni 2008 bis 31. Dezember 2012 eine Arbeitgeberkontrolle durch. Sie gelangte gestützt darauf zum Schluss, dass sich das branchenübliche Gehalt von B. auf Fr. 180'000.- belaufen würde und rechnete - nach Abzug einer Kapitalrendite von 10 % des Steuerwerts - den Restbetrag der Dividenden als Lohn auf (2009: Fr. 70'600.-; 2010: Fr. 57'200.-; 2011: Fr. 59'400.-; 2012: Fr. 15'120.-). Auf dieser Basis erliess sie am 22. November 2013 Nachzahlungsverfügungen, mit welchen von der Gesellschaft AHV/IV/EO-Beiträge in der Höhe von Fr. 8'999.30 (2009), Fr. 7'300.10 (2010), Fr. 8'101.10 (2011) und Fr. 2'194.65 (2012), inklusive Verwaltungskosten, nachgefordert wurden. Daran hielt die Ausgleichskasse auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 24. Juni 2014). B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden mit Entscheid vom 24. März 2015 ab. C. Die A. GmbH und B. lassen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids, des Einspracheentscheids der Ausgleichskasse vom 24. Juni 2014 sowie der Nachzahlungsverfügungen vom 22. November 2013 sei auf die Nacherhebung von Lohnbeiträgen auf den Dividenden zu verzichten. Eventualiter sei die Streitsache an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie die nachgeforderten Beiträge anhand eines branchenüblichen Lohnes von Fr. 120'000.- ermittle. BGE 141 V 634 S. 636 Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Gemäss Art. 4 und 5 AHVG werden Sozialversicherungsbeiträge nur vom Erwerbseinkommen erhoben, nicht aber vom Vermögensertrag ( BGE 122 V 178 E. 3b S. 179 f.). Dividenden stellen beitragsfreien Vermögensertrag dar (vgl. ferner Rz. 2011 der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO, gültig ab 1. Januar 2008 [Stand 1. Januar 2012; nachfolgend: WML]). Weil auf Dividenden keine Sozialversicherungsabgaben geschuldet sind, mag es beitragspflichtigen Unternehmeraktionären als vorteilhaft erscheinen, hohe Dividenden und ein tiefes Salär auszuweisen (Urteile 9C_837/2014 vom 8. April 2015 E. 1.1, in: SVR 2015 AHV Nr. 7 S. 25, und 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.1, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15). 2.2 Nach der Rechtsprechung gehören Vergütungen, die als reiner Kapitalertrag zu betrachten sind, nicht zum massgebenden Lohn. Ob dies zutrifft, ist nach dem Wesen und der Funktion einer Zuwendung zu beurteilen. Deren rechtliche oder wirtschaftliche Bezeichnung ist nicht entscheidend und höchstens als Indiz zu werten. Unter Umständen können auch Zuwendungen aus dem Reingewinn einer Aktiengesellschaft beitragsrechtlich massgebender Lohn sein; dies gilt laut Art. 7 lit. h AHVV (SR 831.101) namentlich für Tantiemen. Es handelt sich dabei um Vergütungen, die im Arbeitsverhältnis ihren Grund haben. Zuwendungen, die nicht durch das Arbeitsverhältnis gerechtfertigt werden, gehören nicht zum massgebenden Lohn, sondern sind Gewinnausschüttungen, welche eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern ohne entsprechende Gegenleistung zuwendet, aber unbeteiligten Dritten unter den gleichen Umständen nicht erbringen würde ( BGE 134 V 297 E. 2.1 S. 299 f. mit Hinweisen u.a. auf BGE 103 V 1 E. 2b S. 4; Urteile 9C_837/2014 vom 8. April 2015 E. 1.2, in: SVR 2015 AHV Nr. 7 S. 25, und 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.2, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15; siehe auch PAUL CADOTSCH, Unternehmenssteuerreform II: Dividenden und AHV-Beiträge, Steuerrevue StR 1/2009, S. 47 ff.). 2.2.1 Dabei muss im Lichte der gesetzlichen Grundentscheidung, wonach nur Erwerbseinkommen, nicht aber Vermögensertrag beitragspflichtig ist, bei der Beurteilung von Leistungen, welche eine Aktiengesellschaft an Personen ausrichtet, die zugleich Arbeitnehmer und Aktionäre sind, einerseits eine angemessene Entschädigung BGE 141 V 634 S. 637 für die geleistete Arbeit und anderseits ein angemessener Vermögensertrag zugrunde gelegt werden. Die Gesellschaft hat hier einen erheblichen Ermessensspielraum. Den Steuerbehörden steht nicht zu, die Angemessenheit des Lohnes bzw. der Dividende frei zu überprüfen. Von der durch die Gesellschaft gewählten Aufteilung ist nur dann abzuweichen, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht (vgl. Rz. 2011.2 WML). Wie im AHV-Recht (E. 2.2 hievor), aber mit umgekehrten Vorzeichen, ist dabei auf einen Drittvergleich abzustellen: Es ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Faktoren die gleiche Leistung auch einem aussenstehenden Dritten erbracht worden wäre (dazu im Detail und mit zahlreichen Hinweisen: BGE 134 V 297 E. 2.2 S. 300 f.; ferner Urteile 9C_837/2014 vom 8. April 2015 E. 1.3, in: SVR 2015 AHV Nr. 7 S. 25, und 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.3, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15). 2.2.2 Hinsichtlich der Frage, ob ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht, hat sich eine Praxis entwickelt, die laut BGE 134 V 297 in modifizierter Form bundesrechtskonform ist (sog. "Nidwaldner Praxis"). Demnach werden deklariertes AHV-Einkommen und branchenübliches Gehalt einerseits und Dividendenzahlung und Aktienwert anderseits zueinander in Beziehung gesetzt, um zu bestimmen, ob ein Teil der ausgeschütteten Dividende als beitragsrechtlich massgebendes Einkommen aufzurechnen ist. Vom Bundesgericht ist die genannte Praxis lediglich insofern korrigiert worden, als die Angemessenheit des (beitragsfreien) Vermögensertrags nicht in Relation zum Nennwert (Nominalwert), sondern zum effektiven wirtschaftlichen Wert der Aktien (Eigenkapital inkl. offene und stille Reserven) zu beurteilen ist ( BGE 134 V 297 E. 2.8 S. 304; Urteile 9C_837/2014 vom 8. April 2015 E. 1.4, in: SVR 2015 AHV Nr. 7 S. 25, und 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.4, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15; vgl. zudem Rz. 2011.3 WML). 2.3 Zur Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung von Inhabern gesellschaftlicher Beteiligungsrechte (durch eine volle Versteuerung von Dividenden einmal als Gewinn von den Unternehmen und ein zweites Mal bei der Ausschüttung als Einkommen von den Anteilseignern) wurde zunächst im Steuerrecht einiger Kantone (so auch der Kantone Ob- und Nidwalden) die Dividendenbesteuerung reduziert. Im Kanton Obwalden trat im Jahr 2001 die privilegierte BGE 141 V 634 S. 638 Dividendenbesteuerung in Kraft: Demnach sind Dividenden aus Aktien nur im Umfang von 50 % steuerbar, wenn die steuerpflichtige Person eine Beteiligungsquote von mindestens 10 % hält (Art. 22 Abs. 2 des Steuergesetzes des Kantons Obwalden vom 30. Oktober 1994 [GDB 641.4]). Mit dem auf den 1. Januar 2009 in Kraft getretenenBundesgesetz vom 23. März 2007 über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen (Unternehmenssteuerreformgesetz II; AS 2008 2893) ist die privilegierte Dividendenbesteuerung auch bei der direkten Bundessteuer eingeführt worden ( Art. 20 Abs. 1 bis DBG [SR 642.11];Urteil 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.5, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15). 2.4 Da die im Bundesrecht getroffene Regelung der privilegierten Dividendenbesteuerung vom Gehalt her mit der in den Kantonen Ob- und Nidwalden (hier: Art. 40 Abs. 3 des Steuergesetzes des Kantons Nidwalden vom 22. März 2000 [NG 521.1]) bereits früher eingeführten Regelung übereinstimmt, ist die vorne (E. 2.2-2.2.2) erörterte Rechtsprechung BGE 134 V 297 nach dem Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes II weiterhin anwendbar (Urteil 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.6, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15). 2.5 Praxisgemäss ist es Sache der Ausgleichskassen, selbstständig zu beurteilen, ob ein Einkommensbestandteil als massgebender Lohn oder als Kapitalertrag qualifiziert werden muss. Der in Art. 23 AHVV enthaltenen Ordnung entspricht es, dass sich die Ausgleichskassen in der Regel jedoch an die bundessteuerrechtliche Betrachtungsweise halten. Soweit es vertretbar ist, soll eine verschiedene Betrachtungsweise der Steuerbehörde und der AHV-Verwaltung vermieden werden, dies um der Einheit und Widerspruchslosigkeit der gesamten Rechtsordnung willen ( BGE 103 V 1 E. 2c S. 4 f.; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts H 131/86 vom 3. August 1988 E. 2c, in: ZAK 1989 S. 147). Die Parallelität zwischen sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Qualifikation ist nicht leichthin preiszugeben (Urteile 9C_837/2014 vom 8. April 2015 E. 1.5, in: SVR 2015 AHV Nr. 7 S. 25, und 9C_669/2011 vom 25. Oktober 2012 E. 2.7, in: SVR 2013 AHV Nr. 4 S. 15, je mit Hinweis). 3. 3.1 Das Verwaltungsgericht erwog, es sei zum einen mit der Beschwerdegegnerin von einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers 2 und dem ihm im BGE 141 V 634 S. 639 betreffenden Zeitraum ausbezahlten Entgelt auszugehen. Der branchenübliche Verdienst ergebe sich in erster Linie anhand des vom Bundesamt für Statistik erarbeiteten individuellen Lohnrechners "Salarium". Hierbei sei zu beachten, dass der Beschwerdeführer 2 eine Ausbildung zum Betriebsökonomen FH und eine langjährige berufliche Erfahrung aufweise (18 Jahre Finanzindustrie, zehn Jahre Informationstechnologie, zehn Jahre Projektmanagement, drei Jahre Sales & Marketing). Vor diesem Hintergrund wie auch angesichts des vom Beschwerdeführer 2 auf seiner Website publizierten Kompetenzprofils seien die von der Beschwerdegegnerin dem Lohnrechner zugrunde gelegten Faktoren "Dienstleistungen der Informationstechnologie", "Ziel- und Strategiedefinition von Unternehmen", "höchst anspruchsvolle und schwierigste Tätigkeiten", "oberes und mittleres Kader", "Region Zentralschweiz", "kleines Unternehmen mit 20 Beschäftigten", "13 Monatslöhne und Sonderzahlungen" sowie "Arbeitszeit 42 Stunden" nicht zu beanstanden. Auf Grund der zusätzlichen Ausbildungen des Beschwerdeführers 2 (Prozessmanager CAS, ITIL V3 etc.) rechtfertige es sich ferner, das daraus resultierende mittlere Jahressalär von Fr. 173'563.- auf Fr. 180'000.- zu erhöhen, zumal sich die diesbezüglichen Höchstwerte gemäss "Salarium" auf Fr. 208'442.- beliefen und die Revisionsstellen zur Ermittlung der branchenüblichen Ansätze regelmässig auch Erfahrungs- und Vergleichswerte heranzögen. Die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers 2 als Arbeitnehmer vor und nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin 1 erwiesen sich mangels qualitativ gleichwertigen Tätigkeitsfelds demgegenüber als nicht aussagekräftig. 3.2 Den Darlegungen der Vorinstanz ist grundsätzlich beizupflichten. Was die Beschwerdeführenden dagegen vorbringen, vermag keine Bundesrechtswidrigkeit der entsprechenden Feststellungen darzutun. Die Einwendungen erschöpfen sich im Wesentlichen denn auch in einer Wiederholung der bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren erhobenen und entkräfteten Rügen. 3.2.1 So hat sich das kantonale Gericht bereits einlässlich mit der letztinstanzlich erneut vorgebrachten Rüge befasst, der von der Beschwerdegegnerin anhand von statistischen Durchschnittswerten ermittelte Jahreslohn von Fr. 180'000.- sei unangemessen hoch, da er in keiner Weise den konkret geleisteten Arbeiten gemäss Auftragsbeschreibung Rechnung trage. Vielmehr beruhe er auf einer nicht zutreffenden, schematischen Parametereinstellung (Tätigkeit "Ziel- und Strategiedefinition von Unternehmen" anstelle von BGE 141 V 634 S. 640 "Analysieren, Programmieren, Operating"; Anforderungsniveau "höchst anspruchsvolle und schwierigste Arbeiten" anstelle von "selbstständige und qualifizierte Arbeiten"). Wie namentlich dem Auftragsblatt zum Dienstleistungsvertrag zwischen der C. AG und der Beschwerdeführerin 1 vom 3. Juni 2008 entnommen werden kann, zielte das vom 2. Juni 2008 bis 31. März 2009 dauernde Projekt darauf ab, die Bankensoftware D. bei vier Banken der C. AG einzuführen. Das Stellenprofil beinhaltete dabei insbesondere das Einbringen der Best Practice für alle Aspekte einer Einführung von D. (fachliche und methodische Projektmanagement-Unterstützung, bankfachliche Umsetzung, IT-technische Umsetzung, Aufbau des Betriebs etc.). Allein daraus geht hervor, dass die dem Beschwerdeführer 2 übertragenen Aufgaben weit über ein blosses "Analysieren, Programmieren, Operating" hinausgingen und damit, wie im angefochtenen Entscheid detailliert ausgeführt, vollumfänglich dessen Kompetenzprofil (gemäss Aus- und Weiterbildung sowie beruflichem Erfahrungshintergrund) entsprachen. Der in der Folge von Juli 2009 bis Juli 2011 für die E. SA absolvierte Einsatz umfasste sodann ebenfalls "the migration of the entire Banking Group E. on the new ICT platform D. based" und stellte demnach eine vergleichbar qualifizierte Arbeit dar. Dass der Beschwerdeführer 2 "höchst anspruchsvolle und schwierigste Tätigkeiten" ausführte, lässt sich überdies aus der Höhe des mit der C. AG vereinbarten Stundenansatzes von Fr. 250.- bei einer Normalarbeitszeit von 8,5 Stunden/Tag folgern, woraus ein jährliches Einkommen von deutlich über Fr. 110'000.- bis Fr. 130'000.- resultiert, was in der Beschwerde als marktüblich bezeichnet wird. Ebenso wenig kann der Vorinstanz schliesslich ein willkürliches Verhalten vorgeworfen werden, indem sie den vor und nach der Tätigkeit des Beschwerdeführers 2 für die Beschwerdeführerin 1 im Rahmen anderweitiger Anstellungsverhältnisse erzielten Verdiensten im vorliegenden Kontext keine entscheidwesentliche Bedeutung beigemessen hat. Während der Beschwerdeführer 2 sich in seiner Funktion als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin 1 der umfassenden Implementierung einer gesamthaften Bankensoftware-Lösung für mehrere Bankinstitute gewidmet hat, ist er seit 2. Mai 2012 als Angestellter der Unternehmung F. AG vornehmlich für einen gemäss Arbeitsvertrag (vom 26. April 2012) allgemein(er) gehaltenen Aufgabenbereich "Business- & IT-Consulting" zuständig. 3.2.2 Entgegen der Betrachtungsweise der Beschwerdeführenden haben Vorinstanz und Beschwerdegegnerin somit nicht unbesehen auf BGE 141 V 634 S. 641 einen statistisch festgesetzten, schematischen Wert abgestellt. Vielmehr wurde der Ansatz zwar auf der Basis des Lohnrechners "Salarium" ermittelt. Diesem zugrunde lagen indessen auf das Profil des Beschwerdeführers 2 zugeschnittene Eckdaten. Zusätzlich plausibilisierte die Verwaltung das sich daraus ergebende Resultat durch Vergleich mit marktkonformen Erfahrungswerten. Die Annahme eines branchenüblichen, der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers 2 in Wahrheit entsprechenden Jahresgehalts von Fr. 180'000.- ist folglich nicht zu beanstanden. Daran ändert im Übrigen der Fehler von Vorinstanz und Beschwerdegegnerin bei der Berechnung des entsprechenden Jahreslohnes nichts. Da im monatlichen Bruttolohnansatz gemäss "Salarium" der Anteil 13. Monatslohn bereits mitenthalten ist ("Der monatliche Bruttolohn setzt sich zusammen aus [...] 1 / 12 des 13. Monatslohns"), muss er nicht mit 13 sondern mit 12 multipliziert werden. Beläuft sich der relevante monatliche Bruttolohn, Median, somit auf Fr. 13'351.-, beträgt das durchschnittliche jährliche Salär Fr. 160'212.- (und nicht Fr. 173'563.-). Aus dem monatlichen Höchstwert von Fr. 16'034.- resultiert alsdann ein Jahreslohn von Fr. 192'408.- (und nicht Fr. 208'442.-). Den AHV-rechtlich massgeblichen Referenzverdienst mit Fr. 180'000.- beinahe Fr. 20'000.-(und nicht nur knapp Fr. 7'000.-) über dem Mittelwert zu veranschlagen, erscheint vor diesem Hintergrund an der oberen Grenze des noch Vertretbaren. Aus den genannten Gründen ist der betreffende lohnmässige Ansatz jedoch selbst unter den neuen Vorzeichen nicht als klar überhöht einzustufen. Anzumerken bleibt, dass die Beschwerdegegnerin die Aufrechnung der Dividende ohnehin nur für den 10 % übersteigenden Teil des steuerlichen Unternehmenswerts des Eigenkapitals und nicht bis zum branchenüblichen Lohn vorgenommen hat (Lohn nach Aufrechnung: 2009: Fr. 177'400.-; 2010: Fr. 167'200.-; 2011: Fr. 169'400.-; 2012: Fr. 36'000.-). Das kantonale Gericht hat den Sachverhalt demnach auch diesbezüglich jedenfalls nicht offensichtlich unrichtig oder sonst wie rechtsfehlerhaft festgestellt, weshalb darauf abgestellt werden kann. Es ist daher von einem offenkundigen Missverhältnis zwischen der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers 2 und dem ihm im betreffenden Zeitraum effektiv ausbezahlten Entgelt auszugehen. 3.3 Die vorinstanzlich bestätigte Einschätzung der Beschwerdegegnerin, wonach die Dividendenzahlungen im Lichte der einschlägigen Rechtsprechungsgrundsätze zu hoch ausgefallen seien, wird auch vor dem Bundesgericht nicht kritisiert. Diese machen unstreitig 34 % (2009), 23,4 % (2010), 24,6 % (2011) und 35 % (2012) des BGE 141 V 634 S. 642 steuerlichen Unternehmenswertes aus und liegen damit deutlich über der Grenze von 10 % des Eigenkapitalertrags, ab welcher vermutungsweise überhöhte Dividendenzahlungen anzunehmen sind (vgl. Rz. 2011.7 der WML). Die Aufrechnung der Dividendenzahlungen des Beschwerdeführers 2 für die Jahre 2009 bis 2012 als AHV-pflichtiger Lohn ist somit rechtens und der verwaltungsgerichtliche Entscheid im Ergebnis zu schützen.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e0994fa0-2a25-48a0-ab72-5e2941772cd8
Urteilskopf 99 V 200 60. Urteil vom 21. Dezember 1973 i.S. Hemmi gegen Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
Regeste Rentenanspruch der verwitweten Pflegemutter. Witwen, welche die Bedingungen des Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung erfüllt haben, steht der Anspruch auf Witwenrente ab 1. Januar 1973 zu (unechte Rückwirkung des neuen Rechts).
Sachverhalt ab Seite 200 BGE 99 V 200 S. 200 A.- Die kinderlosen Eheleute Hemmi nahmen in den Jahren 1962 und 1964 zwei Kinder unentgeltlich zur Pflege auf. Am 16. April 1965 starb Jakob Hemmi. Die Witwe Klara Hemmi adoptierte am 21. Februar 1970 die beiden Kinder, nachdem sie die hiefür geltenden zivilrechtlichen Voraussetzungen erfüllt hatte. Mit Verfügungen vom 21. Juni 1965 sprach die Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes der Versicherten eine einmalige Witwenabfindung im Betrage von Fr. 7104.-- sowie zwei einfache Waisenrenten für die Pflegekinder von je Fr. 99.- im Monat zu. Die Ausrichtung einer Witwenrente wurde abgelehnt, weil die massgebenden Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Eine hiegegen erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Kantons Graubünden für Sozialversicherung mit Entscheid vom 11. Oktober 1965 ab. B.- Anfangs 1973 gelangte Klara Hemmi erneut an die Ausgleichskasse mit dem Gesuch um Ausrichtung einer Witwenrente. BGE 99 V 200 S. 201 Sie stützte sich dabei auf die im Rahmen der 8. AHV-Revision geänderte Bestimmung über den Rentenanspruch der Witwe. Die Ausgleichskasse wies das Begehren entsprechend einer Weisung des Bundesamtes für Sozialversicherung wiederum ab, da das neue, auf den 1. Januar 1973 in Kraft getretene Recht nicht rückwirkend Anwendung finde. C.- Gegen diese Verfügung erhob die Versicherte Beschwerde, die vom Versicherungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 2. März 1973 jedoch abgewiesen wurde. In den Urteilserwägungen führte das Gericht aus, die von der Verwaltungsrechtsprechung an die ausnahmsweise Rückwirkung von Gesetzesbestimmungen gestellten Voraussetzungen seien im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Eine rückwirkende Anwendung von Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG sei ausgeschlossen, da sie weder im Gesetz angeordnet sei noch sich aus dem Sinnzusammenhang klar ergebe. Es seien keine triftigen Gründe ersichtlich, die eine Rückwirkung rechtfertigen würden. Zudem wäre auch das Erfordernis der zeitlichen Beschränkung der Rückwirkung nicht erfüllt. D.- Klara Hemmi erhebt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde. In der Begründung macht sie geltend, im Gegensatz zur Annahme der Vorinstanz verlange sie nicht eine rückwirkende Anwendung von Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG , sondern lediglich dessen Anwendung ab Inkrafttreten. Im Falle des Wiederauflebens der Witwenrente bei Scheidung sei die Anwendbarkeit des neuen Rechts auf die vor seinem Inkrafttreten eingetretenen Tatbestände anerkannt worden. Dies müsse auch für Witwen mit Pflegekindern Geltung haben, deren Rentenanspruch sich nach der gleichen Gesetzesbestimmung richte. Während die Ausgleichskasse auf eine weitere Stellungnahme verzichtet, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Amt teilt die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Voraussetzungen für eine rückwirkende Anwendung des neuen Rechts nicht erfüllt seien. Dass im Falle des Wiederauflebens der Witwenrente bei Scheidung eine Rückwirkung vorgesehen worden sei, bedeute keinen Verstoss gegen den Gleichheitsgrundsatz, da die Verhältnisse nicht die gleichen seien wie bei Witwen mit Pflegekindern. BGE 99 V 200 S. 202 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Anlässlich der 8. AHV-Revision hat der Gesetzgeber den Anspruch auf Witwenrente insofern erweitert, als mit Wirkung ab 1. Januar 1973 nun auch Witwen mit Stiefkindern des verstorbenen Ehemannes und Witwen mit Pflegekindern unter bestimmten Voraussetzungen rentenberechtigt sind. Für Witwen mit Pflegekindern besteht ein Anspruch, sofern im Zeitpunkt der Verwitwung eines oder mehrere Pflegekinder im gemeinsamen Haushalt leben, die durch den Tod des Ehemannes Anspruch auf eine Waisenrente erwerben, und sofern der Ehemann unmittelbar vor dem Tode im Sinne von Art. 1 oder 2 AHVG versichert war und das oder die Pflegekinder von der Witwe an Kindes Statt angenommen werden ( Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG ). Im vorliegenden Fall lebten im Zeitpunkt der Verwitwung zwei Pflegekinder im gemeinsamen Haushalt, die Anspruch auf eine Waisenrente hatten. Unmittelbar vor seinem Tode war der Ehemann versichert im Sinne von Art. 1 Abs. 1 AHVG . Die Pflegekinder wurden von der Witwe am 21. Februar 1970 adoptiert. Somit sind die Voraussetzungen zur Ausrichtung einer Witwenrente nach Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG an sich erfüllt. Jedoch sind sowohl die Verwitwung wie auch die Adoption vor Inkrafttreten der neuen Gesetzesbestimmung erfolgt. Ein Anspruch auf Witwenrente besteht daher nur, falls das neue Recht auch auf die vor dem 1. Januar 1973 verwitweten Frauen Anwendung findet. 2. Die Änderungserlasse zur 8. AHV-Revision enthalten keine Übergangsbestimmung bezüglich des Rentenanspruchs von Witwen mit Pflegekindern. Es blieb daher zunächst der Verwaltung überlassen, eine diesbezügliche Regelung zu treffen. Mit Kreisschreiben vom 12. Oktober 1972 wies das Bundesamt für Sozialversicherung die Ausgleichskassen an, Witwenrenten nach neuem Recht nur auszurichten, wenn der Tod des Ehemannes nach dem 31. Dezember 1972 eingetreten ist (Rz. 50 des Kreisschreibens II über die Durchführung der 8. AHV-Revision auf dem Gebiete der Renten). Das Bundesamt stützte sich dabei auf die in Lehre und Praxis umschriebenen Voraussetzungen einer (ausnahmsweisen) Rückwirkung von Verwaltungsgesetzen. Danach ist eine rückwirkende Anwendung neuen Rechts ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage BGE 99 V 200 S. 203 nur möglich, wenn sich die Rückwirkung aus dem Gesetzesinhalt als klar gewollt ergibt und wenn sie durch triftige Gründe veranlasst und zeitlich beschränkt ist (vgl. IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3. Auflage, Band I S. 160 ff., BGE 94 I 5 , BGE 92 I 233 ; EVGE 1968 S. 64). An diesen Grundsätzen ist festzuhalten. Es gilt jedoch zu beachten, dass von einer Rückwirkung im eigentlichen Sinne nur gesprochen werden kann, wenn das neue Recht auf Sachverhalte angewendet wird, die sich abschliessend vor Inkrafttreten dieses Rechtes verwirklicht haben. Anders verhält es sich dagegen, wenn das neue Recht - gestützt auf Sachverhalte, die früher eingetreten sind - lediglich für die Zeit seit Inkrafttreten (ex nunc et pro futuro) Anwendung findet. Eine in dieser Weise beschränkte, sog. unechte Rückwirkung ist grundsätzlich als zulässig zu erachten, sofern ihr nicht wohlerworbene Rechte entgegenstehen (GRISEL, Droit administratif suisse, S. 189; BGE 96 I 555 , BGE 92 I 233 ; Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden, Heft 26, 1956, Nr. 12). Keine Bedenken ergeben sich, falls sich die Gesetzesänderung in einer Verbesserung des Rechtszustandes zu Gunsten der Normadressaten erschöpft. Dies bedeutet jedoch nicht, dass den Betroffenen unter diesen Umständen generell ein Anspruch auf rückwirkende Anwendung des neuen Rechts zustehen würde. Im Falle der Gesetzesnovelle von Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG steht keine eigentliche Rückwirkung zur Diskussion. Es stellt sich lediglich die Frage, ob Leistungen nach neuem Recht vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an auch in Fällen zu erbringen seien, in welchen der anspruchsbegründende Sachverhalt bereits vor der Geltung des neuen Rechts eingetreten ist. Da eine diesbezügliche gesetzliche Regelung fehlt, ist vom Richter zu prüfen, welche übergangsrechtliche Ordnung sich als richtig erweist. Er hat dabei zu berücksichtigen, welche intertemporale Regelung die Normadressaten unter den ihnen erkennbaren Umständen erwarten durften. 3. a) Der Zweck einer Gesetzesänderung kann darin bestehen, den geltenden Rechtszustand für die Zukunft zu Gunsten jener Normadressaten zu verbessern, deren Anspruch unter der Herrschaft und nach Massgabe des neuen Rechts entstehen wird. Sie kann aber auch auf die Beseitigung bestehender Lücken im Leistungssystem gerichtet sein, mit dem Ziel, die Ausrichtung von Leistungen in Fällen zu ermöglichen, in BGE 99 V 200 S. 204 welchen sie nach bisherigem Recht verweigert werden mussten. Namentlich im Sozialversicherungsrecht liegt Gesetzesrevisionen häufig dieses zweite Motiv zu Grunde. Die Beispiele für Gesetzesänderungen, bei welchen das neue Recht ohne ausdrückliche Übergangsbestimmung auch auf Sachverhalte, die sich vor Inkrafttreten ereignet haben, angewendet wurden, sind denn auch zahlreich. So wurde mit Bundesgesetz vom 4. Oktober 1968 die Bestimmung des Art. 43bis AHVG eingeführt, welche mit Wirkung ab 1. Januar 1969 Altersrentnern Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit schweren Grades gibt. Obgleich eine diesbezügliche Übergangsbestimmung fehlt, wurde diese Leistung auch den vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle in schwerem Grade hilflos gewordenen Altersrentnern ausgerichtet. Anlässlich der 8. AHV-Revision wurde Art. 46 AHVV unter anderem in dem Sinne geändert, dass die wegen Wiederverheiratung erloschene Witwenrente nicht nur wie bisher bei Ungültigerklärung, sondern auch bei Scheidung der neuen Ehe unter bestimmten Voraussetzungen wieder auflebt. Diese Neuregelung wurde vom Bundesamt für Sozialversicherung ausdrücklich auch auf Fälle anwendbar erklärt, bei denen die Scheidung vor dem 1. Januar 1973 ausgesprochen worden ist (Rz. 131 der AHV-Mitteilung Nr. 50 vom 12. Februar 1973; vgl. auch ZAK 1973 S. 161 Ziff. 9), nachdem das Amt anfänglich die gegenteilige Auffassung vertreten hatte (vgl. Rz. 59 des Kreisschreibens II über die Durchführung der 8. AHV-Revision auf dem Gebiete der Renten vom 12. Oktober 1972). Ferner ist auf das Änderungsgesetz vom 27. September 1973 zum KUVG hinzuweisen, mit welchem unter anderem der Anspruch auf Hinterlassenenrenten der Unfallversicherung auf Pflegekinder ausgedehnt worden ist. Aus den Übergangsbestimmungen dieser Novelle (Ziffer III: Inkrafttreten) geht implicite der Wille des Gesetzes hervor, dass Leistungen an Pflegekinder gemäss revidiertem Art. 85 Abs. 2 KUVG auch in Fällen zu erbringen sind, in denen sich der Versicherungsfall vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung ereignet hat (vgl. auch Amtl.Bull. der Bundesversammlung 1973, NR S. 1085 ff., SR S. 524 f.). b) Die Erweiterung des Witwenrentenanspruches auf Witwen mit Pflegekindern stellte ein von verschiedener Seite BGE 99 V 200 S. 205 erhobenes Postulat dar, welches im Vorfeld der 8. AHV-Revision auch zu einem parlamentarischen Vorstoss geführt hatte (Motion Duvanel vom 16. März 1971). Die Bestrebungen waren darauf gerichtet, die als unbefriedigend erachtete ungleiche versicherungsrechtliche Behandlung von Witwen mit Pflegekindern und Witwen mit leiblichen oder adoptierten Kindern zu beseitigen. Esdarfals sichergelten, dass das Begehren auf Gleichstellung der beiden Versichertenkategorien zu einem wesentlichen Teil im Hinblick auf die nach bisherigem Recht abgewiesenen Begehren gestellt worden ist, in der Meinung, dass gestützt auf die zu schaffende gesetzliche Grundlage auch in diesen Fällen Leistungen zu erbringen seien. Die Betroffenen durften daher zu Recht erwarten, dass Leistungen auch dann ausgerichtet würden, wenn die hiefür geltenden Anspruchsvoraussetzungen bereits vor Inkrafttreten des neuen Rechts erfüllt waren. Tatsächlich müsste es als stossend betrachtet werden, wenn gerade in den Fällen, die Anlass zur Änderung des Gesetzes gegeben haben, die Leistungen weiterhin verweigert würden. Witwen, welche die Voraussetzungen gemäss Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG bereits vor Inkrafttreten erfüllt haben, steht daher mit Wirkung ab 1. Januar 1973 ein Anspruch auf Witwenrente der AHV zu. 4. Es bleibt zu prüfen, ob und inwieweit die nachträglich in den Genuss einer Witwenrente gelangende Witwe rückerstattungspflichtig ist in Bezug auf die ihr ausgerichtete einmalige Witwenabfindung. Es rechtfertigt sich hiebei, die von der Verwaltung bei der nachträglichen Entstehung eines Invalidenrentenanspruches befolgte Praxis sinngemäss anzuwenden. Danach ist die Abfindung in dem Masse zurückzufordern, als sie den Gesamtbetrag der Rentenbetreffnisse übersteigt, welche die Witwe vom Zeitpunkt der Verwitwung bis zur Entstehung des Anspruches auf die Invalidenrente hätte beziehen können, sofern sie die für den Anspruch auf eine Witwenrente erforderlichen Voraussetzungen erfüllt hätte (Rz. 567 der Rentenwegleitung vom 1. Januar 1971). Dem Grundsatze nach bedeutet dies, dass von einer Rückforderung abzusehen ist, wenn die für die Berechnung der einmaligen Abfindung nach Art. 36 Abs. 2 AHVG massgebende Dauer des Rentenanspruches im Zeitpunkt des effektiven Anspruchsbeginns bereits abgelaufen ist. Praktisch wird die Summe der Rentenbetreffnisse den Abfindungsbetrag BGE 99 V 200 S. 206 wegen der in der Zwischenzeit eingetretenen Rentenerhöhungen oft schon früher erreichen. Im vorliegenden Fall erhielt die Witwe nach dem am 16. April 1965 erfolgten Tod des Ehemannes eine einmalige Witwenabfindung von Fr. 7104.--, entsprechend dem dreifachen Jahresbetreffnis der Witwenrente. Im Zeitpunkt der Adoption (21. Februar 1970), als sie die Anspruchsvoraussetzungen für die Witwenrente nach neuem Recht erfüllte, hätten die Rentenbetreffnisse den Betrag der Witwenabfindung bereits überschritten. Die Beschwerdeführerin ist daher nicht rückerstattungspflichtig hinsichtlich der im Jahre 1965 bezogenen Witwenabfindung. Mit Wirkung ab 1. Januar 1973 steht ihr folglich eine ungeschmälerte Witwenrente gemäss Art. 23 Abs. 1 lit. c AHVG zu, deren Höhe von der Ausgleichskasse festzulegen ist. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 2. März 1973 und die Verfügung der Ausgleichskasse vom 23. Januar 1973 aufgehoben. II. Es wird festgestellt, dass Klara Hemmi ab 1. Januar 1973 Anspruch auf eine Witwenrente der AHV hat.
null
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e09a957d-68a1-4d36-bffc-d92dc04adcad
Urteilskopf 109 III 45 12. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Januar 1983 i.S. Muco SE Muldenbau AG gegen Feba Immobilien AG und Appellationsrichter des Kantonsgerichts St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Zwangsverwaltung von Grundstücken. Gemäss Art. 94 Abs. 1 VZG fallen Kündigungen an Mieter und Ausweisungen von Mietern nach dem Erlass der Zinssperre auch im Pfandverwertungsverfahren in die ausschliessliche Befugnis des Betreibungsamtes.
Sachverhalt ab Seite 45 BGE 109 III 45 S. 45 Die Feba Immobilien AG ist Eigentümerin der Liegenschaften Parzelle Nr. 524 und Nr. 536, Grundbuch Sennwald, an der Industriestrasse in Haag. Die Muco SE Muldenbau AG ist Mieterin des Fabrikareals auf Parzelle Nr. 524 und von zwei Büroräumen auf Parzelle Nr. 536. Am 5. Juli 1982 stellte die Feba Immobilien AG beim Bezirksgerichtspräsidium Werdenberg das Begehren, der Muco SE Muldenbau AG sei zu befehlen, die Mietobjekte zu räumen. Zur Begründung verwies sie auf die mit Schreiben vom 24. Februar 1982 auf den 31. Mai 1982 erfolgte Kündigung. Mit Entscheid vom 26. August 1982 wies der Gerichtspräsident das Befehlsbegehren ab, weil die Mieterin eine Vertragsverlängerung glaubhaft gemacht habe. Die dagegen eingereichte Berufung hiess der Appellationsrichter des Kantonsgerichts St. Gallen mit Entscheid vom 25. Oktober 1982 gut und ordnete die Räumung der Mietobjekte an. Mit staatsrechtlicher Beschwerde verlangt die Muco SE Muldenbau AG die Aufhebung dieses Entscheides. Sie macht eine offensichtliche und damit willkürliche Verletzung von Art. 94 Abs. 1 VZG geltend. Der Appellationshof des Kantonsgerichts BGE 109 III 45 S. 46 St. Gallen und die Feba Immobilien AG beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Beschwerdeführerin machte im kantonalen Berufungsverfahren die Nichtigkeit der Kündigung vom 24. Februar 1982 geltend, weil damals über die betreffenden Liegenschaften die Zwangsverwaltung gemäss den Bestimmungen von Art. 16 ff. VZG angeordnet gewesen sei. Während der Zwangsverwaltung sei aber ein Eigentümer nicht berechtigt, Verwaltungshandlungen vorzunehmen, wozu namentlich auch die Kündigung gehöre. Der Appellationsrichter verwarf diese Einrede, weil bei der Betreibung auf Pfandverwertung, um die es hier gehe, im Gegensatz zur Betreibung auf Pfändung die Zwangsverwaltung durch das Betreibungsamt erst einsetze, nachdem der Gläubiger das Verwertungsbegehren gestellt habe. Solange dies nicht geschehen sei, besitze der Eigentümer das freie Verfügungsrecht über das Grundstück und somit auch das Recht, die bestehenden Mietverträge aufzulösen und die Ausweisung der Mieter zu verlangen. Bei der zur Frage stehenden Betreibung auf Pfandverwertung sei zwar eine Zinssperre gemäss Art. 91 VZG verlangt und vom Betreibungsamt auch verfügt, das Verwertungsbegehren indessen noch nicht gestellt worden. b) Gemäss Art. 16 VZG sorgt das Betreibungsamt im Pfändungsverfahren von Amtes wegen für die Verwaltung und Bewirtschaftung des Grundstücks. Die Befugnisse des Betreibungsamtes umfassen nach Art. 17 VZG alle ordentlichen Verwaltungsmassnahmen, die zur Erhaltung des Grundstückes und seiner Ertragsfähigkeit sowie zur Gewinnung der Früchte und Erträgnisse nötig sind. Nach Art. 101 Abs. 1 VZG stehen diese Befugnisse dem Betreibungsamt im Pfandverwertungsverfahren grundsätzlich erst von der Stellung des Pfandverwertungsbegehrens an zu. Von dieser Regel ist jedoch abzuweichen, wenn es die Werterhaltung des Grundstückes erfordert und wenn Gefahr im Verzug ist. Dann fällt ein Teil der sonst dem Betreibungsamt erst nach Stellung des Verwertungsbegehrens zukommenden Befugnisse diesem sofort zu. Dies gilt namentlich für die in Art. 94 Abs. 1 VZG angeführten Massnahmen während der in Anwendung von Art. 91 VZG verhängten Zinssperre. Danach hat das Betreibungsamt "alle zur Sicherung und zum Einzug der Miet- und Pachtzinse erforderlichen BGE 109 III 45 S. 47 Massnahmen an Stelle des Schuldners oder Pfandeigentümers zu treffen, wie Einforderungen auf dem Betreibungswege, Geltendmachung des Retentionsrechts, Kündigung an Mieter, Ausweisung von Mietern, Neuvermietungen". Ferner ist das Betreibungsamt während der Zinssperre befugt, dringende Reparaturen anzuordnen und aus den eingegangenen Miet- und Pachtzinsen die laufenden Abgaben und die Unterhaltsbeiträge nach Art. 103 Abs. 2 SchKG zu bezahlen. c) Der Wortlaut von Art. 94 Abs. 1 VZG ist - jedenfalls soweit er die aufgezählten Massnahmen betrifft - klar und nicht auslegungsbedürftig. Kündigungen an Mieter und Ausweisungen von Mietern fallen demnach nach dem Erlass der Zinssperre auch im Pfandverwertungsverfahren in die ausschliessliche Befugnis des Betreibungsamtes. Diese Lösung ist auch sachlich begründet, denn andernfalls könnte der Schuldner durch wirtschaftlich ungerechtfertigte Kündigungen und Neuvermietungen die Ansprüche der Pfandgläubiger gefährden und sich allenfalls in Widerspruch zu den Massnahmen des Betreibungsamtes setzen. Der Hinweis des Appellationsrichters auf BGE 38 I 828 ist unbehelflich, weil dieser Entscheid vor Erlass der VZG (1920) ergangen ist und sich zudem damals die Frage der Kündigung von Mietverträgen nicht stellte. Hingegen hat das Bundesgericht im Entscheid BGE 77 III 122 nebenbei die ausschliessliche Kompetenz des Betreibungsamtes für den Fall der Neuvermietung angedeutet. LEEMANN (N 31 zu Art. 806 ZGB ) vertritt im Gegensatz zu STUDER (BlSchK 18/1954, S. 172 ff.) die Auffassung, der Pfandschuldner habe bis zur Stellung des Verwertungsbegehrens das freie Verfügungsrecht über das Grundstück und könne deshalb auch bestehende Miet- und Pachtverträge auflösen sowie Mieter und Pächter ausweisen lassen. Diese Meinung widerspricht dem klaren Wortlaut von Art. 94 Abs. 1 VZG und ist abzulehnen. Im übrigen entspricht diese Meinung LEEMANNS seinem Vorentwurf zur VZG (vgl. Art. 99), welcher aber von der Mehrheit der Expertenkommission abgelehnt und im Sinne der Einschränkung der Befugnisse des Schuldners abgeändert worden ist (vgl. Art. 90 des Expertenentwurfes). Aus dem Gesagten folgt, dass der angefochtene Entscheid gegen klares Recht verstösst und deshalb als willkürlich aufzuheben ist.
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Urteilskopf 114 Ib 283 43. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 17 juin 1988 dans la cause C. contre Etat de Neuchâtel et Tribunal administratif du canton de Neuchâtel (recours de droit administratif)
Regeste Art. 5 Abs. 2 RPG ; materielle Enteignung, Beginn der Zinspflicht. Entschädigungs- und Verzinsungspflicht entstehen nicht notwendigerweise im gleichen Zeitpunkt: die Zinsen können erst von dem Tage an laufen, an dem der Berechtigte unmissverständlich um Entschädigung ersucht hat. Gründe für diese Regel und Anwendungsbedingungen.
Sachverhalt ab Seite 283 BGE 114 Ib 283 S. 283 La loi neuchâteloise sur la viticulture du 30 juin 1976 et le plan qui lui est annexé ont placé en zone viticole des parcelles que C. possède à Auvernier et à Corcelles-Cormondrèche. Le 18 juillet 1977, ce propriétaire a demandé au Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel de reconsidérer le classement de ses biens-fonds en zone viticole, mais en vain. S'estimant victime d'une expropriation matérielle, il a, le 8 juillet 1982, requis la Commission cantonale d'estimation en matière d'expropriation pour cause d'utilité publique de condamner l'Etat de Neuchâtel à lui verser une indemnité, avec intérêts à 5% dès le 1er juillet 1976, date d'entrée en vigueur de la restriction de propriété. Par décision du 8 juillet 1985, la Commission cantonale d'estimation alloua au requérant un montant sensiblement inférieur à celui demandé, avec intérêts BGE 114 Ib 283 S. 284 dés le 9 juillet 1982, lendemain du dépôt de la requête. Le propriétaire et l'Etat ont recouru contre cette décision auprès du Tribunal administratif cantonal. En cours d'instance, ils transigèrent toutefois sur le montant de l'indemnité. Seuls sont demeurés litigieux le point de départ des intérêts et le montant des frais et dépens. Le Tribunal administratif a tranché ces questions le 13 mai 1987, la première de la façon suivante: l'indemnité porterait intérêts à 5% dès le 24 décembre 1980. Il a estimé que le propriétaire avait manifesté, de façon non équivoque, sa volonté de demander une indemnité le 23 décembre 1980 seulement, date d'une lettre adressée par son avocat au chef du Département de l'agriculture; une date antérieure ne pouvait être retenue: ni celle de l'entrée en vigueur de la loi, ni celle du 19 juillet 1977, subsidiairement avancée par le propriétaire en s'appuyant sur des écrits antérieurs rédigés par son précédent mandataire. Par la voie d'un recours de droit administratif, C. a demandé au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du Tribunal cantonal dans la mesure où il fixait au 24 décembre 1980 le départ des intérêts et de dire que ceux-ci étaient dus dès le 20 juillet 1977. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) Le moment déterminant pour juger si une mesure d'aménagement du territoire est constitutive d'expropriation matérielle entraînant le paiement d'une indemnité est celui de son entrée en vigueur ( ATF 110 Ib 33 consid. 4a, 259 consid. 2). C'est à ce moment aussi que naît la prétention du propriétaire à être indemnisé ( ATF 109 Ib 263 et les arrêts cités). La "juste" indemnité prévue aux art. 22ter al. 3 Cst. et 5 al. 2 LAT peut impliquer également le paiement d'intérêts. Toutefois, l'obligation de verser l'indemnité et celle de payer des intérêts ne prennent pas naissance nécessairement au même moment: les intérêts ne courent que dès le jour où l'ayant droit a manifesté d'une façon non équivoque son intention de se faire indemniser ( ATF 114 Ib 178 consid. 4, ATF 113 Ib 33 , ATF 112 Ib 504 consid. 2 b, ATF 111 Ib 83 ss consid. 3b et 4a/b). Les raisons de ne pas faire coïncider automatiquement les deux dates et d'exclure par là l'application de l'adage "dies interpellat pro homine" sont les suivantes: dans de nombreux cas, la restriction imposée n'entrave pas l'usage actuel que le BGE 114 Ib 283 S. 285 propriétaire fait de son fonds, ni ne diminue le revenu qu'il en retire; ses effets négatifs ne se manifesteront qu'en relation avec une utilisation future; aussi le propriétaire peut-il être amené, le cas échéant, à attendre pour faire valoir ses droits, en particulier lorsque la mesure d'aménagement doit être suivie d'une procédure d'expropriation formelle. L'exemple typique est celui d'un bâtiment existant qu'on classe dans une zone d'édifices d'intérêt public et que son propriétaire utilise personnellement ou loue à des conditions rémunératrices. La diversité des situations et surtout des conséquences que peut entraîner une mesure d'aménagement justifie d'exiger du propriétaire une déclaration non ambiguë de son intention de réclamer une indemnité. A cela s'ajoute que la collectivité a un intérêt évident à être renseignée sur les prétentions avancées par les propriétaires touchés, afin d'évaluer le coût des mesures ordonnées et d'en assumer le financement ou, le cas échéant, d'envisager des modifications. Cela étant, il ne faut pas non plus soumettre la déclaration demandée au propriétaire à des conditions de forme trop strictes: ce serait négliger que la restriction imposée entre immédiatement en vigueur et procure donc aussitôt des avantages à son auteur. Dans une procédure d'expropriation formelle, ces avantages lui seraient acquis seulement par l'envoi en possession anticipé, mesure qui, en droit fédéral, fait précisément naître l'obligation de payer des intérêts (cf. art. 76 al. 5 LEx .). Il suffit dès lors que l'auteur de la restriction puisse se rendre compte, d'après les règles de la bonne foi, que le propriétaire entend demander un dédommagement immédiat ( ATF 112 Ib 512 et ATF 97 I 818 ; cf. aussi ATF 111 Ib 83 ss). b) En l'espèce, le Tribunal administratif a considéré que le recourant avait pour la première fois manifesté sans ambiguïté son intention de demander une indemnité à l'Etat de Neuchâtel le 23 décembre 1980. A cette date, son mandataire écrivait en effet ce qui suit au chef du Département de l'agriculture: "... Jusqu'à maintenant, la question de l'indemnisation en cas d'expropriation est restée ouverte. Elle est abordée, par la bande, dans le recours au Tribunal fédéral et dans les observations faites par l'Etat. J'aimerais cependant, d'ores et déjà, essayer d'ouvrir la discussion pour voir si, dans le cadre amiable, une solution ne pourrait pas déjà être trouvée. L'imagine notamment la possibilité d'un éventuel rachat par l'Etat des vignes propriété de ma cliente." BGE 114 Ib 283 S. 286 Le recourant voudrait quant à lui faire remonter l'obligation de payer les intérêts à sa demande de reconsidération du classement en zone viticole du 18 juillet 1977, ... voire à son opposition du 14 mars 1977 dirigée contre le plan d'aménagement communal de Corcelles-Cormondrèche du 3 septembre 1976... c) Contrairement à l'opinion du recourant, on ne peut pas considérer que les écrits du 18 juillet et du 14 mars 1977 devaient être interprétés par l'Etat de Neuchâtel, selon les règles de la bonne foi, comme une réclamation non équivoque du propriétaire tendant au paiement immédiat d'une indemnité pour expropriation matérielle découlant de la loi cantonale sur la viticulture. La demande de reconsidération du 18 juillet 1977 est bien adressée directement à l'Etat et concerne les parcelles ici en cause. Mais son allusion à un possible préjudice financier pour les propriétaires sert seulement à étayer une demande d'être entendu personnellement avant qu'une décision ne soit prise. Quant à ... l'opposition adressée le 14 mars 1977 au Conseil communal de Corcelles-Cormondrèche, elle concerne le nouveau plan d'aménagement communal et ne traite pas seulement des parcelles... en discussion ici ... Aucune indication claire ne ressort de cette opposition quant à la personne du débiteur, au motif précis de l'indemnité, ainsi qu'à l'exigence d'un paiement immédiat. La situation est donc totalement différente de celle de l'affaire Prêtre, jugée par le Tribunal fédéral le 28 janvier 1987 ( ATF 113 Ib 30 ss), où la demande de reconsidération adressée au Conseil d'Etat contenait une requête claire et explicite d'indemnisation et se référait au surplus expressément à l'art. 13 de la loi sur la viticulture... C'est donc sans violer le droit fédéral que le Tribunal administratif a considéré que seule la lettre du 23 décembre 1980 adressée au chef du Département de l'agriculture répondait aux exigences posées en matière d'interpellation par la jurisprudence du Tribunal fédéral.
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Urteilskopf 119 Ib 91 10. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Juli 1993 i.S. G. gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG , Art. 4, 5 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 ANAG , Art. 8 EMRK sowie Art. 12 Abs. 2, Art. 13 lit. f und Art. 36 der Begrenzungsverordnung (BVO, SR 823.21) ; Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen den Familiennachzug verweigernden Entscheid. 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Bewilligungsentscheid ist ausgeschlossen, wenn der Ausländer, der einen nahen Angehörigen in die Schweiz nachziehen will, nur über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt. Dies gilt auch, wenn es sich um eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen handelt (E. 1). 2. Ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde allenfalls insoweit zulässig, als in der Begründung zum Bewilligungsentscheid auf die Begrenzungsverordnung Bezug genommen wird (E. 2)?
Sachverhalt ab Seite 92 BGE 119 Ib 91 S. 92 Der türkische Staatsangehörige G. reiste 1983 unter Zurücklassung seiner Frau und seiner zwei Söhne in die Schweiz ein und stellte hier ein Asylgesuch. 1987 folgte ihm seine Frau S. nach. 1988 kam in der Schweiz die Tochter N. zur Welt. S. leidet an Epilepsie, die sich in ihrer Herkunftsregion in der Türkei kaum angemessen behandeln lässt. Da sie infolge dieser Krankheit nicht in erforderlichem Masse für die Tochter sorgen konnte, kam das Kind in einem Heim unter. Aufgrund dieser Zusammenhänge erhielten G., S. und ihre Tochter N. am 15. Februar 1990 eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen. Am 14. Mai 1990 reichte G. ein Gesuch um Nachzug der beiden in der Türkei verbliebenen Söhne T., geboren 1971, und E., geboren 1983, ein. Mit Verfügung vom 19. September 1990 verweigerte die Fremdenpolizei Basel-Landschaft die nachgesuchte Bewilligung. Dagegen erhob G. am 1. Oktober 1990 Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Mit Entscheid vom 30. Juli 1991 wies dieser die Beschwerde jedoch ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 2. September 1991 an das Bundesgericht stellt G. folgende Anträge: "1. Der Entscheid des Regierungsrates Baselland vom 30. Juli 1991 sei aufzuheben. 2. Die Fremdenpolizei Baselland sei anzuweisen, die nachgesuchten Aufenthaltsbewilligungen für die Kinder T. und E. zu erteilen." In seiner Vernehmlassung vom 1. Oktober 1991 beantragt der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Das Bundesamt für Ausländerfragen schliesst in seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 1991 auf Nichteintreten. Das Bundesgericht tritt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein BGE 119 Ib 91 S. 93 Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Gemäss Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG ist auf dem Gebiete der Fremdenpolizei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Die zuständigen Behörden entscheiden über die Bewilligung des Aufenthalts im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland nach freiem Ermessen (Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAG; SR 142.20). Damit steht dem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Erteilung der nachgesuchten Bewilligung zu, wenn er sich nicht auf eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen kann. b) Gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG haben ledige Kinder unter 18 Jahren Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung eines Ausländers, wenn sie mit ihren Eltern zusammen wohnen. Keinen Anspruch auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung räumt das Gesetz den ausländischen Angehörigen von Ausländern mit Aufenthaltsbewilligung ein. Die Voraussetzung einer Niederlassungsbewilligung galt auch bereits vor der Gesetzesrevision vom 23. März 1990, die am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist (vgl. alte Gesetzesfassung in BS 1 126/7). Da der Beschwerdeführer nicht über eine Niederlassungsbewilligung, sondern nur über eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen verfügt, kann er sich somit nicht auf Art. 17 Abs. 2 ANAG berufen, und er konnte es auch nicht vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle. c) Art. 8 EMRK garantiert die Achtung des Familienlebens. Unter gewissen Umständen lässt sich aus dieser Bestimmung ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ableiten ( BGE 118 Ib 152 E. 4, 157 E. c; BGE 116 Ib 355 E. 1b; BGE 109 Ib 185 E. 2), weshalb es Art. 8 EMRK verletzen kann, wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörige in der Schweiz weilen, die Anwesenheit in der Schweiz untersagt wird. Voraussetzung ist aber nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass der hier weilende Familienangehörige selber ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz hat. Erforderlich ist grundsätzlich, dass er entweder über das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung verfügt ( BGE 116 Ib 355 E. 1b; BGE 115 Ib 4 E. 1d). Die blosse Aufenthaltsbewilligung genügt jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht selber auf einem festen Rechtsanspruch basiert (vgl. BGE 111 Ib 163 /4 E. 1a), wie das BGE 119 Ib 91 S. 94 Bundesgericht in zahlreichen nicht publizierten Urteilen festgestellt hat (zuletzt in einem Urteil vom 6. April 1993 i.S. K. E. 1b). Dasselbe ergibt sich aber auch sinngemäss aus mehreren veröffentlichten Urteilen, wo jeweilen dem Ausdruck "Anwesenheitsrecht" der Klammervermerk "(Schweizer Bürgerrecht, Niederlassungsbewilligung)" beigefügt ist ( BGE 118 Ib 152 E. 4a, 157 E. c; BGE 116 Ib 355 E. 1b; BGE 115 Ib 99 E. e); bereits BGE 109 Ib 186 enthält (vor E. b) folgende Ausführung: "Dies ist vor allem bei der Schweizer Bürgerin der Fall, ... dann auch bei einem Ausländer oder einer Ausländerin mit Niederlassungsbewilligung." Eine derart einschränkende Umschreibung wäre sinnlos, würde auch die Aufenthaltsbewilligung als massgebliches Anwesenheitsrecht gelten. Diese Rechtsprechung wurde in einem kürzlich erschienenen Aufsatz als übermässig streng kritisiert. Danach müsse für die Berufung auf Art. 8 EMRK genügen, dass das Familienleben berührt sei; die Art der Anwesenheitsbewilligung sei im Rahmen der Interessenabwägung (nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ) zu berücksichtigen (PETER MOCK, Mesures de police des étrangers et respect de la vie privée et familiale, in: ZSR 112 I, 1993, S. 104 f.). Für einen auf Art. 8 EMRK gestützten Anspruch auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung im Sinne von Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG genügt indessen nicht, dass ein Entscheid der Fremdenpolizeibehörden Einfluss auf die Gestaltung des Familienlebens haben kann. Insbesondere ergibt sich kein solcher Anspruch, wenn auch der nahe Angehörige, gestützt auf dessen Anwesenheit in der Schweiz ein Ausländer um Erteilung einer Bewilligung ersucht, keinen Rechtsanspruch darauf hat, sich für längere Zeit in der Schweiz aufzuhalten, er also selber nicht mit einer Erneuerung seiner befristeten Bewilligung rechnen kann; wer selber keinen Anspruch auf längere Anwesenheit hat, vermag einen solchen Anspruch auch nicht einer Drittperson zu verschaffen (ALFRED KOLLER, Die Reneja-Praxis des Bundesgerichts, in: ZBl 86/1985, S. 516, Anmerkung 8). Dies steht im übrigen im Einklang mit der Neuregelung der Rechtsstellung von Ausländern, die in der Schweiz weilende Familienangehörige haben ( Art. 7 und 17 Abs. 2 ANAG in der Fassung vom 23. März 1990, in Kraft seit dem 1. Januar 1992). Auch nach dem Gesetz setzt ein Nachzugsrecht - wie gesehen (E. 1b) - eine gefestigte Anwesenheit voraus. Da der Gesetzgeber mit der Gesetzesnovelle gerade Art. 8 EMRK Rechnung tragen wollte (vgl. BBl 1987 III 293 ff., insb. S. 321 und 322), besteht jedenfalls kein Anlass, hinsichtlich der Anerkennung von Rechtsansprüchen im Bereiche BGE 119 Ib 91 S. 95 der Aufenthaltsbewilligung unter Berufung auf diese Konventionsnorm über das hinauszugehen, was eben erst ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben worden ist (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 6. April 1993 i.S. K. E. 1b). d) Im Gegensatz zur Niederlassungsbewilligung, die auf unbefristete Dauer erteilt wird ( Art. 6 Abs. 1 ANAG ), ist die Aufenthaltsbewilligung stets befristet ( Art. 5 Abs. 1 ANAG ). Unabhängig vom Motiv, das zur erstmaligen Erteilung der Aufenthaltsbewilligung geführt hat, muss der Ausländer diesfalls mit der Möglichkeit rechnen, dass seine Bewilligung nicht verlängert wird. Die Gründe können mannigfaltig sein und zum Beispiel auf polizeilichen, wirtschaftlichen oder demographischen Umständen beruhen. Auch wenn die persönliche Situation im Rahmen der Prüfung der Verhältnismässigkeit einer Nichtverlängerung mitzuberücksichtigen ist, bedeutet dies nicht, dass der Ausländer gestützt darauf einen eigentlichen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung hat. Diese Rechtslage gilt auch bei der Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen. Die Anerkennung eines Härtefalles im Sinne von Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) bewirkt nur, dass der Ausländer von den Höchstzahlen der Begrenzungsverordnung ausgenommen ist, und führt nicht dazu, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung besteht. Die Fremdenpolizeibehörden bleiben vielmehr in ihrem Entscheid über die Gewährung einer solchen Bewilligung frei ( BGE 119 Ib 35 E. 1a). Weiter kann nicht ausgeschlossen werden, dass die besonderen Umstände, welche die humanitäre Situation begründet haben, nachträglich wegfallen oder doch derart an Gewicht verlieren, dass nicht nur der Grund für eine Ausnahme von den Höchstzahlen wegfällt, sondern sich sogar die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung rechtfertigt. Im übrigen ergibt sich auch aus der Regelung von Art. 12 Abs. 2 BVO , dass die Voraussetzungen für einen Härtefall nachträglich wegfallen können (unveröffentlichtes Urteil vom 3. Juli 1992 i.S. P. E. 6). Die Frage des Härtefalles hängt somit nicht davon ab, ob ein Anspruch auf eine Anwesenheitsbewilligung im Sinne von Art. 8 EMRK besteht (vgl. BGE 115 Ib 8 ). Auch im vorliegenden Fall kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass in Zukunft namentlich die besonderen medizinischen Gründe, welche die Behörden zur Erteilung der Aufenthaltsbewilligung bewogen haben, an Bedeutung verlieren oder dass andere Gründe auftreten, welche die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung BGE 119 Ib 91 S. 96 rechtfertigen. Der Beschwerdeführer kann daher aus seiner Anwesenheitsbewilligung keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an seine Söhne ableiten. e) Infolgedessen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig, und es kann darauf nicht eingetreten werden, soweit der Beschwerdeführer damit die Erteilung einer Anwesenheitsbewilligung an seine Söhne im Rahmen des Familiennachzugs anstrebt. 2. a) In der Begründung ihres Entscheides hat die Vorinstanz sich auch mit der Begrenzungsverordnung auseinandergesetzt. Es fragt sich, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde allenfalls insofern entgegenzunehmen ist. b) Nach der Rechtsprechung ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, wenn sich die Frage der Unterstellung eines Ausländers unter die Begrenzungsverordnung, insbesondere der Geltung der Höchstzahlen für einen bestimmten Ausländer, stellt ( BGE 119 Ib 35 E. 1a; BGE 118 Ib 82 E. 1; BGE 111 Ib 172 E. 3; BGE 110 Ib 66 E. 2; BGE 106 Ib 129 ; BGE 100 Ib 104 ff. E. 1b). Soweit allerdings die Anwendbarkeit der Begrenzungsverordnung feststeht, unterliegt deren Anwendung im Zusammenhang mit der Erteilung von Bewilligungen nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Auf Verordnungsstufe kann durch Bundesrecht kein Anspruch eines Ausländers auf Bewilligung geschaffen werden; das wäre mit Art. 4 ANAG , der den kantonalen Behörden freies Ermessen einräumt, unvereinbar. In der Verordnung kann der Bund gestützt auf Art. 18 Abs. 3 und 25 ANAG lediglich zusätzliche Vorschriften aufstellen, welche die Kantone in ihrer Freiheit bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen einschränken, nicht aber zur Gewährung von Bewilligungen verpflichten. Dies trifft unter anderem zu für die Vorschriften über den Aufenthalt nichterwerbstätiger Ausländer nach Art. 31 ff. BVO , insbesondere nach Art. 36 BVO . Es handelt sich dabei nicht um die vorfrageweise Entscheidung über die Anwendbarkeit der Begrenzungsverordnung, sondern um die Erteilung der Bewilligung selbst unter Anwendung der Begrenzungsverordnung (unveröffentlichtes Urteil vom 10. Februar 1989 i.S. M. E. 2). Aus diesem Grunde ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen, soweit die Vorinstanz beim jüngeren Sohn des Beschwerdeführers geprüft hat, ob ihm eine Bewilligung gemäss Art. 36 BVO erteilt werden könnte. c) Hingegen hat sich der Regierungsrat beim älteren Sohn des Beschwerdeführers mit der Frage eines Härtefalles nach Art. 13 lit. f BGE 119 Ib 91 S. 97 BVO und damit mit der Frage der Unterstellung unter die Begrenzungsverordnung befasst. Der Entscheid über die Ausnahme von der zahlenmässigen Begrenzung der Ausländer - insbesondere nach Art. 13 lit. f BVO - liegt in der Kompetenz des Bundesamts für Ausländerfragen ( Art. 52 lit. a BVO ) und auf Beschwerde hin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements ( Art. 53 Abs. 2 lit. b BVO ). Gegen den Departementsentscheid kann Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben werden. Das Bundesgericht ist allerdings vereinzelt auch schon auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide eingetreten, in denen vorfrageweise über die Unterstellungsfrage befunden worden war ( BGE 118 Ib 81 ; BGE 111 Ib 173 ; BGE 110 Ib 66 E. 2). Daraus kann jedoch nicht generell die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgeleitet werden. Diese setzt im Gegenteil voraus, dass eine andere Beurteilung der Unterstellungsfrage durch die dafür zuständige Bundesbehörde auch zu einem andern Ergebnis im Bewilligungsentscheid führen könnte. Andernfalls fehlt es dem beschwerdeführenden Ausländer am schutzwürdigen Interesse am Entscheid über die Ausnahme von den Höchstzahlen (unveröffentlichtes Urteil vom 7. September 1992 i.S. B.; vgl. auch BGE 118 Ib 83 ). Den kantonalen Behörden ist es an sich nicht verwehrt, sich beim Entscheid über die Gewährung von Aufenthaltsbewilligungen ergänzend auch von den einschlägigen Sachnormen der Begrenzungsverordnung leiten zu lassen, selbst wenn sie für den entsprechenden Entscheid gar nicht zuständig sind. Eine Pflicht zur Weiterleitung eines Bewilligungsgesuches an das Bundesamt für Ausländerfragen zur Fällung eines Entscheides über die Unterstellung unter die Begrenzungsverordnung besteht nur dann, wenn die kantonalen Instanzen den Bewilligungsentscheid von der Frage der Ausnahme von den Höchstzahlen abhängig machen. Trifft dies jedoch nicht zu, sondern lehnen sie die Erteilung einer Anwesenheitsbewilligung bereits aus andern Gründen ab und berufen sie sich nur ergänzend auf die Begrenzungsverordnung, sind sie nicht verpflichtet, vor der Verweigerung der Bewilligung einen Entscheid der Bundesbehörden zu erwirken. Diesfalls kann der kantonale Entscheid auch nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht angefochten werden. Im vorliegenden Fall hat der Regierungsrat nicht in Anspruch genommen, über eine Ausnahme nach Art. 13 lit. f BVO zu entscheiden, wozu er gar nicht zuständig gewesen wäre. Dass in der BGE 119 Ib 91 S. 98 Begründung subsidiär auch auf diese Bestimmung Bezug genommen wird, ändert nichts. Massgeblich ist vielmehr, dass der Regierungsrat nirgends auch nur andeutungsweise zum Ausdruck gebracht hat, die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu erwägen, sollte der ältere Sohn des Beschwerdeführers von den Höchstzahlen für Ausländer ausgenommen sein; der angefochtene Entscheid kann nur so verstanden werden, dass eine Anwesenheitsbewilligung ohnehin nicht erteilt worden wäre. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit auch nicht insoweit einzutreten, als im angefochtenen Entscheid das Vorliegen eines Härtefalles verneint wird.
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Urteilskopf 102 Ib 252 42. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. April 1976 i.S. X. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 69, 375 StGB . Diese Normen sind hinsichtlich der Anrechnung auf die Freiheitsstrafe sinngemäss auch auf die Auslieferungshaft anzuwenden, die ein im Ausland zum Vollzug eines rechtskräftigen inländischen Strafurteils verhafteter Täter erstanden hat.
Erwägungen ab Seite 252 BGE 102 Ib 252 S. 252 Aus den Erwägungen: Als der Gesetzgeber Bestimmungen über die Anrechnung der Untersuchungshaft ( Art. 69 StGB ) und der Sicherheitshaft ( Art. 375 StGB ) aufstellte, hatte er innerstaatliche Verhältnisse im Auge. An die Haft, welche ein Beschuldigter oder Verurteilter aufgrund eines schweizerischen Auslieferungsbegehrens im Ausland erleidet, dachte der Gesetzgeber offensichtlich nicht. So führte LOGOZ ohne irgendwelche Bezugnahme auf die Auslieferungshaft aus, die Untersuchungshaft sei anzurechnen, gleichgültig, wo in der Schweiz sie erlitten wurde (Verhandlungen vom 12.12.1928; Sten.Bull. NR, Spez. Ausgabe, S. 214). Bei der Beratung des Art. 396 des Entwurfes (heute Art. 375 StGB ) dachte man nur an die Fälle, in welchen der Verurteilte sich zur Zeit des massgeblichen Urteils in Untersuchungshaft befand und er durch Einlegung von Rechtsmitteln den Beginn des Strafvollzuges beeinflussen konnte (Verhandlungen NR vom 4.3.1930, Spez. Ausgabe S. 592, 594). Auch die Verhandlungen des Ständerats hielten sich im gleichen innerstaatlichen Rahmen (Verhandlungen vom 16.6. und 17.12.1931, Spez. Ausgabe S. 116 und 248). Das Bundesgericht liess denn auch in BGE 76 IV 24 die Frage, ob die Auslieferungshaft überhaupt Untersuchungshaft im Sinne von Art. 69 und 110 Ziff. 7 StGB sei, offen. BGE 102 Ib 252 S. 253 Inzwischen hat der Kassationshof die Auslieferungshaft als Untersuchungshaft im Sinne von Art. 69/110 Ziff. 7 StGB gelten lassen ( BGE 97 IV 160 ff). Es besteht kein Grund, die Auslieferungshaft, die ein Verurteilter ersteht, weil er zum Vollzug eines rechtskräftigen inländischen Strafurteils im Ausland verhaftet worden ist, grundsätzlich nicht anzurechnen. Die in BGE 97 IV 160 ff gemachten Erwägungen gelten sinngemäss auch für diese Haft. Sie dient unmittelbar dem Strafvollzug und ist konnex mit der zu vollziehenden Strafe. Die Auslieferungshaft ist in der Regel nicht milder als die inländische Untersuchungshaft, oft sogar mit mehr Unzukömmlichkeiten und Belastungen verbunden. Die Auslieferungsverfahren dauern oft lange, sodass es unbillig sein kann, eine solche Haft nur deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil sie im Ausland erduldet wird. Ist aber die Anrechnung der auslieferungsrechtlichen Sicherheitshaft zur Urteilsvollstreckung nicht schlechtweg auszuschliessen, so sind doch die Voraussetzungen für eine Anrechnung von Auslieferungs- oder Untersuchungshaft anders. Wird ein Verurteilter in der Schweiz zum Vollzug gefasst, kann er sofort der Strafanstalt zugeführt werden, in welcher er gemäss Verfügung der Vollzugsbehörde die Freiheitsstrafe zu verbüssen hat. Allfällige Verzögerungen zwischen der Verhaftung und dem Antritt der Strafe in der Strafanstalt sind, wenn sie ausnahmsweise eintreten, kurz. Da sich der Verurteilte in der Gewalt des Staates befindet, hat in der Regel auch der Staat allfällige Verzögerungen zu vertreten. Anders liegen die Verhältnisse, wenn ein Verurteilter zwecks Auslieferung gesucht werden muss und er selbst die Gründe, die zur Herbeiführung und Sicherung des Strafvollzugs erforderlich waren, zu vertreten hat, so wenn er sich durch Flucht aus der Schweiz dem Vollzug der Strafe entzogen hat. Dasselbe gilt bei trölerischer Einlegung von Rechtsmitteln gemäss Art. 375 Abs. 2 StGB . Anderseits gereicht es dem Verurteilten hinsichtlich der Anrechnung nicht zum Nachteil, wenn er seinen Aufenthalt im Ausland rechtfertigen kann oder durch höhere Gewalt (vgl. z.B. Art. 75 Abs. 1 StGB ) am Betreten der Schweiz gehindert ist oder wenn er vom Verfahren, das gegen ihn in der Schweiz stattgefunden hat, keine Kenntnis hat. Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob der Verurteilte eine auslieferungsrechtliche Sicherheitshaft durch sein Verhalten BGE 102 Ib 252 S. 254 herbeigeführt oder verlängert hat. Die zu Art. 69 StGB entwickelten Grundsätze, aber auch die in Art. 375 Abs. 2 StGB enthaltene Norm, finden daher auf die Auslieferungshaft sinngemässe Anwendung. Dabei wird die Vollzugsbehörde, wenn sie als erste Behörde über eine Auslieferungshaft zu befinden hat, abklären müssen, ob und wieweit die Auslieferungshaft auf die zu vollziehenden Strafen anzurechnen ist. Soweit sie von der Vollzugsbehörde angerechnet wird, kann sie nicht nochmals auf die vom Richter noch auszufällende Strafe angerechnet werden. Im übrigen präjudiziert der Entscheid der Vollzugsbehörde das Urteil des Richters nicht, wenn er seinerseits gemäss Art. 69 StGB über die Anrechnung der Auslieferungshaft zu entscheiden hat. So kann er eine Anrechnung nach Art. 69 StGB auf die von ihm auszusprechende Strafe vornehmen, auch wenn die Vollzugsbehörde sie abgelehnt hat, oder sie verweigern, obwohl die Vollzugsbehörde fand, die Haft sei grundsätzlich anrechenbar. Denn beide Behörden entscheiden in ihrem Bereich selbständig. Die Anrechnung erfolgt nicht auf die gleiche Strafe. Die rechtlichen und tatsächlichen Gründe für eine Anrechnung können auch bei Gleichheit der anzurechnenden Haft in Art. 69 und Art. 375 StGB auseinanderfallen.
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Urteilskopf 126 II 269 29. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. August 2000 i.S. I.M. und K.M. gegen Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG, Art. 17 Abs. 2 ANAG ; Anspruch auf Niederlassungsbewilligung von Ehefrau und Kind. Kein Anspruch auf Niederlassungsbewilligung für die Ehefrau gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 ANAG , die nicht fünf Jahre in ehelicher Gemeinschaft mit dem niedergelassenen Ehemann zusammen wohnte (E. 2c). Über den Anspruch des Kindes auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung des Vaters gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG ist in einem förmlichen Bewilligungsverfahren zu entscheiden; solange nicht feststeht, ob der Vater die Niederlassungsbewilligung weiterhin behält (hängiges Ausweisungsverfahren), muss die Behörde nicht über den Einbezug entscheiden, und das Kind hat endgültig keinen Bewilligungsanspruch, wenn der Vater rechtskräftig ausgewiesen worden ist (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 270 BGE 126 II 269 S. 270 I.M., Staatsangehörige von Aserbaidschan, reiste im April 1994 in die Schweiz ein und arbeitete in der Folge mit Kurzaufenthaltsbewilligungen als Tänzerin oder Barmaid in verschiedenen Lokalen in den Kantonen Graubünden und St. Gallen. Am 24. Februar 1995 heiratete sie den in der Schweiz niedergelassenen jugoslawischen Staatsangehörigen M.M. und erhielt gestützt darauf eine Aufenthaltsbewilligung für den Kanton Graubünden. Das Ehepaar hat eine Tochter, K.M., geboren am 3. Januar 1997. Da gegen M.M. seit 11. Januar 1996 ein Ausweisungsverfahren hängig war, wurde die am 2. Mai 1996 abgelaufene Aufenthaltsbewilligung von I.M. nicht erneuert, und der Tochter K.M. wurde keine Aufenthaltsbewilligung erteilt. Hingegen wurde I.M. und K.M. gestattet, sich bis zum Abschluss des Ausweisungsverfahrens gegen M.M. in der Schweiz aufzuhalten. Am 19./23. Februar 1998 wurde M.M. aus der Schweiz ausgewiesen; die Ausweisung ist rechtskräftig. Am 30. Juli 1999 lehnte es die Fremdenpolizei des Kantons Graubünden ab, I.M. die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern bzw. der Tochter K.M. eine solche zu erteilen; zugleich wurde gegen beide die Wegweisung angeordnet. Das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden wies die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde ab, und ein Rekurs an das Verwaltungsgericht BGE 126 II 269 S. 271 des Kantons Graubünden (Urteil vom 22. Februar 2000) blieb erfolglos. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde und mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 6. April 2000 beantragen I.M. und K.M., das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2000 aufzuheben, die Sache zu neuer Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen und ihnen die Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz weiterhin zuzugestehen. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerden nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonst wie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Insbesondere kann sie nicht erhoben werden, wenn gegen den anzufechtenden Entscheid die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht. b) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist auf dem Gebiete der Fremdenpolizei gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG insbesondere unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Als anspruchsbegründende Norm kommt vorliegend einzig Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) in Frage. Danach hat einerseits der ausländische Ehegatte eines Ausländers mit Niederlassungsbewilligung einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung (Satz 1) und nach fünf Jahren ordnungsgemässen ununterbrochenen Aufenthalts Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung (Satz 2). Andererseits haben ledige minderjährige Kinder von Ausländern mit Niederlassungsbewilligung Anspruch auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung (Satz 3). Der Anspruch des Ehegatten des niedergelassenen Ausländers besteht nur, solange die Ehegatten zusammen wohnen; ebenso setzt der Anspruch der Kinder auf Einbezug in die Niederlassungsbewilligung der Eltern voraus, dass sie mit den Eltern zusammen wohnen. c) Die Beschwerdeführerin 1 wohnt nicht mit ihrem Ehemann zusammen; dessen Niederlassungsbewilligung war als Folge der Ausweisung aber ohnehin schon vor Ablauf von fünf Jahren seit Aufnahme der ehelichen Gemeinschaft erloschen. Sie kann daher aus Art. 17 Abs. 2 ANAG keinen Anspruch auf Erneuerung der BGE 126 II 269 S. 272 Aufenthaltsbewilligung oder gar auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung ableiten. d/aa) Die Beschwerdeführerin 2 wurde am 3. Januar 1997 geboren. Sie wohnte offenbar die ersten Monate nach ihrer Geburt mit ihrem damals niedergelassenen Vater zusammen. Es stellt sich die Frage, ob sie zu diesem Zeitpunkt - unmittelbar - in die Niederlassungsbewilligung ihres Vaters einzubeziehen war und ihr insofern noch heute, gestützt auf Art. 17 Abs. 2 ANAG , ein gefestigtes Anwesenheitsrecht in der Schweiz zusteht. bb) Das Recht auf Miteinbezug in die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG ist selber keine Bewilligung, sondern verschafft bloss einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Daher ist stets ein Bewilligungsverfahren erforderlich; nicht nur der Form halber, sondern weil die Behörde das Vorliegen aller Erfordernisse prüfen muss ( BGE 112 Ib 161 E. 3a S. 162 zur alten Fassung von Art. 17 Abs. 2 ANAG , welcher, ausser für Kinder niedergelassener Eltern, auch für die Ehefrau des niedergelassenen Ausländers ein Miteinbezugsrecht vorsah; ferner M. RUTH, Das Fremdenpolizeirecht der Schweiz, Zürich 1934, S. 70). Ein eigentliches Bewilligungsverfahren ist gerade darum von Bedeutung, weil die Niederlassungsbewilligung bedingungsfeindlich und unbefristet ist (vgl. Art. 6 Abs. 1 ANAG ) und das Kind, wenn es die Niederlassungsbewilligung einmal erworben hat, diese unter Umständen auch unabhängig vom Fortbestehen des gemeinsamen Haushalts oder vom fremdenpolizeilichen Status des Vaters, welcher ihm den Bewilligungsanspruch verschafft hat, behält (in diesem Sinn nicht veröffentlichtes Urteil i.S. Nuhi vom 12. September 1996; s. auch, mit kritischer Anmerkung, PETER KOTTUSCH; Die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 6 ANAG , in: ZBl 87/1986, S. 513 ff.). Ob dies in jedem Fall, z.B. bei einem Kleinkind, der ratio legis entspricht, erscheint fraglich; darauf braucht vorliegend aber nicht näher eingegangen zu werden. Die Einräumung einer derartigen Rechtsstellung rechtfertigt sich jedenfalls nur, wenn umfassend geprüft worden ist, ob die Voraussetzungen dazu in jeder Hinsicht erfüllt sind. Die Niederlassungsbewilligung gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG ist in dem Sinn nicht selbständiger Natur, als es um den "Einbezug" in die bestehende Bewilligung einer anderen Person geht. Im Bewilligungsverfahren ist daher nicht nur zu prüfen, ob das Kind mit den niedergelassenen Eltern (bzw. dem Elternteil mit Niederlassungsbewilligung) zusammen wohnt bzw. zusammen wohnen wird, sondern auch, wie es sich konkret mit der Niederlassungsbewilligung BGE 126 II 269 S. 273 der Eltern verhält. Das Bundesgericht hat in anderem Zusammenhang den Grundsatz aufgestellt, dass der Ausländer einem Familienangehörigen nicht eine bessere Rechtstellung verschaffen kann, als sie ihm selber zukommt (vgl. BGE 119 Ib 91 E. 1c S. 94, mit Hinweis; der Familienangehörige des Ausländers mit befristeter Aufenthaltsbewilligung hat regelmässig keinen festen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung). Für den Entscheid über den Einbezug eines Kindes in die Niederlassungsbewilligung seines Vaters gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG bedeutet dies, dass die Bewilligungsbehörde, solange konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bewilligung des Vaters dahinfallen könnte, nicht abschliessend über den fremdenpolizeilichen Status des Kindes entscheiden kann, steht doch nicht fest, ob das Kind mit dem Vater - in der Schweiz - zusammen wohnen wird, wie dies Art. 17 Abs. 2 ANAG als Bewilligungsvoraussetzung verlangt. In einem solchen Fall darf die Behörde - bzw. muss sie sogar - das entsprechende Bewilligungsverfahren aussetzen, bis über den (Fort-)-Bestand der Bewilligung des Vaters Klarheit herrscht. cc) Als die Beschwerdeführerin 2 geboren wurde, war bereits das Ausweisungsverfahren gegen deren Vater hängig; den entsprechenden Antrag hatte die Fremdenpolizei des Kantons Graubünden dem Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement schon am 11. Januar 1996 gestellt. Es bestand eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Ausweisung kommen könnte; es lagen mit anderen Worten konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Niederlassungsbewilligung erlöschen könnte. Unter diesen Umständen fehlten der Fremdenpolizei massgebliche Entscheidgrundlagen, und sie war nicht in der Lage, sämtliche im Hinblick auf den Bewilligungsentscheid notwendigen Voraussetzungen umfassend zu prüfen. Sie schob daher den Entscheid über den fremdenpolizeilichen Status der Beschwerdeführerin 2 zu Recht auf und war zur Erteilung der Niederlassungsbewilligung, solange hinsichtlich der Niederlassungsbewilligung des Vaters ein Schwebezustand herrschte, nicht verpflichtet. Erst recht war sie dazu nicht mehr verpflichtet nach der Ausweisung, d.h. nach dem Erlöschen der Bewilligung. Damit aber kann die Beschwerdeführerin 2 auch heute aus Art. 17 Abs. 2 ANAG keinen Anspruch auf eine fremdenpolizeiliche Bewilligung (Aufenthaltsbewilligung, Niederlassungsbewilligung) ableiten. e) Da beiden Beschwerdeführerinnen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer fremdenpolizeilichen Bewilligung fehlt, steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zur Anfechtung des Entscheids des BGE 126 II 269 S. 274 Verwaltungsgerichts nicht offen. Dieses Rechtsmittel wird auch nicht darum zulässig, weil die Nichtverlängerung bzw. die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung "de facto einer Wegweisung der BF'innen gleichzusetzen ist" (S. 2 der Verwaltungsgerichtsbeschwerde); die Wegweisung ist die übliche vom Gesetz vorgesehene Folge des Fehlens bzw. der Verweigerung einer Bewilligung (vgl. Art. 12 ANAG ). Gegen die Wegweisung selber ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 OG ausgeschlossen. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nicht eingetreten werden.
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Urteilskopf 135 I 79 10. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. gegen Stadtschulrat Schaffhausen und Erziehungsrat des Kantons Schaffhausen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_149/2008 vom 24. Oktober 2008
Regeste Art. 15 BV und Art. 9 EMRK ; Glaubens- und Gewissensfreiheit; Dispensation vom gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht aus religiösen Gründen. Aktuelles Rechtsschutzinteresse; Legitimation der Eltern (E. 1). Allgemeine Voraussetzungen für Praxisänderungen (E. 3). Nach dem angerufenen muslimischen Gebot dürfen Gläubige nicht den weitgehend nackten Körper des anderen Geschlechts sehen (E. 4.2). Glaubensinhalte, die ein religiös motiviertes Verhalten begründen oder bestimmte Bekleidungsweisen nahelegen, sind grundsätzlich nicht zu überprüfen (E. 4.4). Der Kerngehalt der Religionsfreiheit wird durch das in Frage stehende Glaubensgebot nicht berührt (E. 5). Genügende gesetzliche Grundlage für den obligatorischen, gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht an der Unterstufe der öffentlichen Grundschulen im Kanton Schaffhausen (E. 6). Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die vielfältigen Bestrebungen zur Integration der muslimischen Bevölkerungsgruppe zu berücksichtigen (E. 7.2). Verbunden mit flankierenden Massnahmen stellt das angefochtene Obligatorium auch für muslimische Kinder keinen unzulässigen Eingriff in die Religionsfreiheit dar (E. 7.3).
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 135 I 79 S. 80 A. Der tunesische Staatsangehörige A. ersuchte am 25. Oktober 2006 den Stadtschulrat der Stadt Schaffhausen, seine beiden Söhne X. (geb. 1995) und Y. (geb. 1997) vom obligatorischen Schwimmunterricht an der Primarschule U. (5. bzw. 4. Klasse) zu dispensieren. Die zuständige Kreisschulbehörde lehnte das Gesuch ab. Der BGE 135 I 79 S. 81 Erziehungsrat des Kantons Schaffhausen wies den Rekurs, den X. und Y. gegen diesen Entscheid erhoben hatten, ebenfalls ab. Die beim Obergericht des Kantons Schaffhausen dagegen eingereichte Beschwerde blieb ohne Erfolg. B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen X. und Y. dem Bundesgericht, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben. Das Bundesgericht beurteilt die Beschwerde in öffentlicher Sitzung und weist sie ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Das in Frage stehende Gesuch um Befreiung vom Schwimmunterricht wurde vor mehr als zwei Jahren gestellt. Ob die Beschwerdeführer heute noch ein aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides haben ( Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ), kann offenbleiben, da sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige bundesgerichtliche Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (vgl. BGE 131 II 670 E. 1.2). 1.2 Die vorliegende Beschwerde ist von den beiden Beschwerdeführern (geb. 1995 und 1997), gesetzlich vertreten durch ihre Eltern, erhoben worden. Die beiden Knaben sind heute noch nicht 16 Jahre alt, womit gemäss Art. 303 Abs. 1 ZGB noch die Eltern über ihre religiöse Erziehung verfügen. Vor Vollendung des 16. Altersjahres kann sich das urteilsfähige Kind ( Art. 11 Abs. 2 BV ) zwar selber auf seine Glaubens- und Gewissensfreiheit berufen; wahrzunehmen sind seine Rechte jedoch grundsätzlich durch die Eltern ( Art. 304 Abs. 1 ZGB ; BGE 119 Ia 178 E. 2b). Auf deren form- und fristgerechte Beschwerde ist daher einzutreten. 2. 2.1 Streitgegenstand bildet die Frage, ob die beiden Beschwerdeführer männlichen Geschlechts gestützt auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit ( Art. 15 BV und Art. 9 EMRK ) Anspruch auf Dispensation vom Besuch des gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterrichts an der Primarschule Schaffhausen haben. 2.2 Die kantonalen Instanzen haben dies verneint und änderten damit ihre eigene bisherige Praxis, nach welcher Knaben und BGE 135 I 79 S. 82 Mädchen islamischen Glaubens eine solche Dispensation gewährt wurde. Die zuvor eingenommene Haltung der Behörden stützte sich auf einen Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1993, in dem ein Recht muslimischer Schülerinnen auf Befreiung vom Schwimmunterricht grundsätzlich anerkannt worden war ( BGE 119 Ia 178 ff.). Die inzwischen eingetretenen soziokulturellen Veränderungen haben bei den kantonalen Behörden in dieser Frage zu einem Meinungsumschwung geführt. Die Vorinstanz legt im angefochtenen Entscheid die Gründe, die eine Praxisänderung rechtfertigten, näher dar. So spreche eine Güterabwägung unter den heute gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen gegen eine Dispensation muslimischer Schulkinder - Knaben und Mädchen - vom gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht, da es einerseits nicht um eine zentrale, allgemein anerkannte Forderung muslimischen Glaubens gehe und anderseits erhebliche und überwiegende Interessen der Geschlechtergleichstellung und der gesellschaftlichen Integration der Ausländer eine Teilnahme aller Schüler an diesem Unterricht erforderten. Die Beschwerdeführer bestreiten, dass triftige Gründe für die vorgenommene Praxisänderung vorliegen. Die Vorinstanz übersehe, dass die Religionsfreiheit alle Glaubenssätze - auch die weniger zentralen - schütze, eine erfolgreiche Integration Toleranz in Glaubensfragen voraussetze und sich die Verhältnisse seit dem letzten Entscheid des Bundesgerichts überhaupt nicht verändert hätten. 3. Eine Änderung der Praxis lässt sich regelmässig nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelter Rechtsanschauung entspricht; andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten ( BGE 132 III 770 E. 4 S. 777). Eine Praxisänderung muss sich deshalb auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Interesse der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erachtete Rechtsanwendung gehandhabt worden ist ( BGE 126 II 122 E. 5 S. 129). Es ist zu prüfen, ob die von der Vorinstanz angeführten Argumente so gewichtig sind, dass sich eine Änderung der vom Bundesgericht eingehend begründeten Rechtsprechung rechtfertigt. 4. 4.1 Knaben und Mädchen streng islamischen Glaubens ist es untersagt, an einem gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht BGE 135 I 79 S. 83 teilzunehmen. Das gilt aus religiös-erzieherischen Gründen bereits für die Zeit vor Eintritt der Geschlechtsreife. Eine Ausnahme besteht nur für im Koran näher umschriebene Angehörige ( BGE 119 Ia 178 E. 4d S. 186). 4.2 Die Beschwerdeführer berufen sich auf diese Glaubensregel. Sie haben im kantonalen Verfahren eine am 5. Februar 2007 verfasste Erklärung des Imams der Grossen Moschee von Genf eingereicht, woraus hervorgeht, dass Schwimmen nicht erlaubt sei, wo Mädchen und Knaben zusammen seien; es gelte zu verhindern, dass sie gegenseitig ihre Reize betrachteten. Die Beschwerdeführer machen ausdrücklich geltend, nach den muslimischen Geboten dürften sie als Gläubige nicht den weitgehend nackten Körper des anderen Geschlechts sehen; beim Schwimmen träfen sie auf Mädchen, die viel weniger bekleidet seien, als dies der Glaube erlaube; der Koran auferlege dem Gläubigen, den Blick zu senken, wenn ihm Menschen begegneten, deren Awra (Körper zwischen Bauchnabel und Knie) nicht bedeckt sei; dieses Gebot könnten die Beschwerdeführer beim gemeinsamen Schwimmen mit den Mädchen nicht einhalten. Da die Beschwerdeführer insoweit keine Einschränkung anbringen, ist davon auszugehen, dass dieses Gebot für sie unabhängig von der Glaubenszugehörigkeit der Mädchen gilt. 4.3 Die Vorinstanz anerkennt, dass die Beachtung der erwähnten religiösen Vorschrift verfassungsrechtlichen Schutz geniesst. Sie führt jedoch aus, dass nur ein Teil der muslimischen Bevölkerung den Koran in diesem strengen Sinn interpretiere. Für die anderen genüge es, dass der Körper hinreichend bedeckt und die Intimsphäre geschützt sei. Das Verbot des gemischtgeschlechtlichen Schwimmens zähle deshalb nicht zu den zentralen Forderungen des muslimischen Glaubens, sondern sei Ausfluss einer sehr strengen dogmatischen bzw. patriarchalischen Auffassung, die von vielen Muslimen nicht geteilt werde. Dafür könne zwar der Schutz der Religionsfreiheit beansprucht werden, doch komme ihm bei der Interessenabwägung ein geringeres Gewicht zu als anderen Glaubensinhalten. 4.4 Der religiös neutrale Staat kann Glaubensregeln nicht auf ihre theologische Richtigkeit - insbesondere nicht auf ihre Übereinstimmung mit den heiligen Schriften - überprüfen (vgl. BGE 119 Ia 178 E. 4c S. 185). Ebenso ist es ihm verwehrt, die Bedeutung einer religiösen Vorschrift und damit ihr Gewicht bei der Interessenabwägung selber festzustellen. In diesem Punkt haben die staatlichen Organe BGE 135 I 79 S. 84 vielmehr von der Bedeutung auszugehen, welche die religiöse Norm für die Beschwerdeführer hat. In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht in Bestätigung dieser Rechtsprechung erklärt, Glaubensinhalte, die ein religiös motiviertes Verhalten begründen oder bestimmte Bekleidungsweisen nahelegen, seien grundsätzlich nicht zu überprüfen ( BGE 134 I 56 E. 4 und 5.2). Das verkennt die Vorinstanz, wenn sie dem Verbot des gleichgeschlechtlichen Schwimmens deshalb einen geringen Stellenwert einräumt, weil es für die Mehrheit der Muslime nicht zu den zentralen Forderungen ihres Glaubens gehöre. Die Beschwerdeführer teilen in dieser Hinsicht gerade nicht die religiösen Auffassungen der Mehrheit der hier lebenden Muslime. Sie machen vielmehr geltend, es stehe für sie ein absolutes Verbot in Frage, über das sie sich nicht hinwegsetzen könnten. Im kantonalen Verfahren ist die Glaubwürdigkeit dieser Behauptung nicht in Zweifel gezogen worden. Wie das Bundesgericht bereits früher festgestellt hat, hängt eine erfolgreiche Berufung auf die Religionsfreiheit nicht davon ab, ob eine religiöse Überzeugung stark vom Landesüblichen abweicht oder ob sie von allen Glaubensangehörigen gleichermassen befolgt wird. Dieses Grundrecht schützt vielmehr ebenso die Überzeugungen religiöser Minderheiten ( BGE 119 Ia 178 E. 7e S. 193 und E. 8a S. 194). 4.5 Indem die Vorinstanz der von den Beschwerdeführern angerufenen religiösen Glaubensregel nur einen beschränkten Stellenwert einräumt, weicht sie von der bisherigen und erst kürzlich bestätigten Rechtsprechung in einem zentralen Punkt ab. Ihre dafür angeführte Begründung vermag nicht zu überzeugen, so dass insoweit kein Anlass für eine Praxisänderung besteht. 4.6 Es ist demnach davon auszugehen, dass die Verpflichtung zur Teilnahme am gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht einen Eingriff in die Religionsfreiheit der Beschwerdeführer darstellt. 5. 5.1 Die durch Art. 15 BV und Art. 9 EMRK sowie den von den Beschwerdeführern nicht angerufenen Art. 18 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) gleichermassen gewährleistete Religionsfreiheit umfasst sowohl die innere Freiheit, zu glauben, nicht zu glauben oder seine religiösen Anschauungen zu ändern, wie auch die äussere Freiheit, entsprechende Überzeugungen - innerhalb gewisser Schranken - zu äussern, zu praktizieren und zu verbreiten. Zum nicht einschränkbaren BGE 135 I 79 S. 85 Kernbereich gehört einzig die innere Religionsfreiheit im Sinne der inneren Überzeugung; die äussere Glaubensfreiheit kann hingegen unter den Voraussetzungen von Art. 36 BV eingeschränkt werden (vgl. BGE 134 I 56 E. 4.3 mit Hinweisen). 5.2 Dass die in Frage stehende Verpflichtung nicht den unantastbaren Kerngehalt der Religionsfreiheit berührt, liegt auf der Hand. Betroffen sind Konflikte, die daraus entstehen können, dass gewisse kulturell-religiös verankerte, inhaltlich jedoch das Alltagsleben betreffende Verhaltensnormen mit der in der Schweiz geltenden staatlichen Rechtsordnung kollidieren. Es ist somit zu prüfen, ob die Verpflichtung eine unter dem Blickwinkel von Art. 36 BV zulässige Einschränkung der Glaubens- und Gewissensfreiheit der Beschwerdeführer darstellt. 6. 6.1 Die Beschwerdeführer rügen erstmals vor Bundesgericht das Fehlen einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. 6.2 Personengruppen, die wie Primarschüler zum Staat in einer besonders engen Rechtsbeziehung stehen (sogenanntes Sonderstatus- oder besonderes Rechtsverhältnis), können sich grundsätzlich ebenfalls auf die Religionsfreiheit berufen. In solchen Fällen hat die formellgesetzliche Regelung - abgesehen von der Begründung des Sonderstatusverhältnisses selber - allerdings nicht ins Detail zu gehen, sondern darf der Natur des Rechtsverhältnisses entsprechend weit gefasst sein; namentlich darf die Regelung der Einzelheiten an Exekutivorgane delegiert werden (vgl. BGE 123 I 296 E. 3 mit Hinweisen). 6.3 Der Turn- und Sportunterricht ist an allen Volksschulen obligatorisch ( Art. 68 Abs. 3 BV , Art. 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 17. März 1972 über die Förderung von Turnen und Sport [SR 415.0] ). Die damit erfassten Sportfächer werden vom Bundesrecht nicht näher umschrieben. Sie werden indessen im Kanton Schaffhausen durch den Lehrplan bestimmt, der vom Erziehungsrat erlassen wird. Die (mehrere hundert Seiten umfassenden) Lehrpläne werden seit 1985 nicht mehr im Amtsblatt veröffentlicht und in die kantonale Gesetzessammlung und das Rechtsbuch aufgenommen; sie können jedoch beim kantonalen Erziehungssekretariat eingesehen werden (Art. 22 Abs. 1 des kantonalen Schulgesetzes vom 27. April 1981 [SchulG; SHR 410.100], Fn. 14). Der Lehrplan ist auch im Internet auf der Serviceplattform Bildung des Kantons Schaffhausen ohne BGE 135 I 79 S. 86 weiteres zu finden (Suchbegriff: "Lehrplan Schaffhausen"). Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer ist somit kein besonderes Computerprogramm erforderlich, welches nur gegen eine Entschädigung erworben werden kann. Nach dem Lehrplan des Kantons Schaffhausen zählt zum Fachbereich Sport (Unterstufe) der Lernbereich Spiel und Sport im Wasser; eines der Lernziele bildet das Beherrschen einer frei wählbaren Schwimmart. Schwimmen ist somit im Kanton Schaffhausen Teil des obligatorischen Sportunterrichts. 6.4 Gemäss Art. 62 Abs. 2 BV sorgen die Kantone für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der obligatorisch ist und allen Kindern offensteht. Diese Bestimmung trifft keine Unterscheidungen nach der Geschlechtszugehörigkeit der Kinder; es ist daher davon auszugehen, dass von Verfassungs wegen der Grundschulunterricht grundsätzlich gemischtgeschlechtlich erteilt werden kann. Das kantonale Schulgesetz hält in dieser Hinsicht fest, dass beide Geschlechter Anspruch auf gleiche Bildungsmöglichkeiten haben (Art. 19 Abs. 1 SchulG) und dass für Knaben und Mädchen die gleiche Ausbildung anzubieten ist (Art. 22 Abs. 3 SchulG). Da somit auf Stufe der Grundschule keine Trennung der Geschlechter vorgesehen ist, darf bzw. soll auch der obligatorische Schwimmunterricht nach der gesetzlichen Regelung des Kantons Schaffhausen grundsätzlich gemischtgeschlechtlich stattfinden. Dass der Sportunterricht in höheren Klassen bzw. an der Oberstufe im Kanton Schaffhausen nach Geschlechtern getrennt erteilt wird, steht dem nicht entgegen. 6.5 Angesichts des Sonderstatusverhältnisses, dem die Grundschüler unterstehen, bildet die in Frage stehende kantonale Regelung eine genügende gesetzliche Grundlage für den obligatorischen, gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht an der Unterstufe der öffentlichen Grundschulen im Kanton Schaffhausen. Die nähere normative Regelung braucht nicht in einem Gesetz im formellen Sinn festgelegt zu sein (vgl. BGE 119 Ia 178 E. 6c). 7. 7.1 Das Obligatorium des Schulbesuches - einschliesslich der vom kantonalen Recht statuierten Pflicht zur Teilnahme am Schwimmen im Rahmen des Sportunterrichts - dient der Wahrung der Chancengleichheit aller Kinder und darüber hinaus auch derjenigen zwischen den Geschlechtern bzw. der Gleichstellung von Mann und Frau BGE 135 I 79 S. 87 in der (Aus-)Bildung; sie fördert zudem die Integration von Angehörigen anderer Länder, Kulturen und Religionen und ist somit unbestrittenermassen von gewichtigem öffentlichen Interesse ( BGE 119 Ia 178 E. 7c). Dies wird von den Beschwerdeführern zu Recht nicht in Frage gestellt. Soweit im zitierten Urteil das Schwimmen als verzichtbarer Lehrinhalt bezeichnet wird, kann daran - nachdem inzwischen am 26. März 1997 die UNO-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 (KRK; SR 0.107) in Kraft getreten ist, welche insbesondere festschreibt, dass bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes vorrangig zu berücksichtigen ist ( Art. 3 Ziff. 1 KRK ) - nicht festgehalten werden. Denn heute werden immer mehr Wassersportarten auch von Kindern und Jugendlichen ausgeübt (Aquaparks, Thermalbäder, Kanufahren, Riverrafting, Wasserwandern, Windsurfen etc.). Es ist deshalb zunehmend von Bedeutung, dass schon Kinder mit dem Element Wasser vertraut gemacht werden und schwimmen können. Mitunter ertrinken heute Kinder und Jugendliche - u.a. auch bei Schulanlässen -, weil sie nicht schwimmen können (vgl. Urteil 6S.358/2004 vom 10. November 2004: Tod eines Schülers, der beim Besuch eines Aquaparks verschwieg, dass er Nichtschwimmer war). Dem gemeinsam geführten Sportunterricht kommt im in der Schweiz bestehenden gesellschaftlichen Umfeld zudem eine - im Interesse des Kindes liegende - wichtige sozialisierende Funktion zu. Insbesondere gilt es zu vermeiden, dass die Kinder islamischen Glaubens bereits auf der Schulstufe in eine Aussenseiterrolle gedrängt werden. Es besteht somit ein erhebliches öffentliches Interesse am Besuch des Schwimmunterrichts durch alle Schüler, die den sich dabei stellenden Anforderungen körperlich auch gewachsen sind. 7.2 Das öffentliche Interesse, dass alle Schüler den obligatorischen gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht besuchen, ist abzuwägen gegenüber dem Interesse der Beschwerdeführer, sich auf die Einhaltung einer nach ihrer Auffassung wesentlichen religiösen Regel berufen zu können. Dabei ist von Bedeutung, dass nicht etwa die Teilnahme an einer Veranstaltung in Frage steht, die inhaltlich einen Bezug zu religiösen Überzeugungen hätte, wie dies bei der Erteilung von Religionsunterricht oder bei eigentlichen Kulthandlungen der Fall wäre. Es geht nicht um den Inhalt des Lehrstoffes - auch Muslime halten Sport- und Schwimmunterricht für sinnvoll -, sondern allein um die äusseren Bedingungen der Unterrichtserteilung. BGE 135 I 79 S. 88 Seit dem Entscheid des Bundesgerichts im Jahre 1993 haben die bereits in jenem Entscheid berücksichtigten wichtigen Integrationsanliegen in der Öffentlichkeit noch vermehrtes Gewicht erhalten. Ihre ausdrückliche Aufnahme im Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer ([AuG; SR 142.20] Art. 4 und 53 ff. AuG; vgl. auch Art. 85 Abs. 2 KV/SH [SR 131.223]) belegt diese Entwicklung. Verändert hat sich auch die religiöse Zusammensetzung der schweizerischen Wohnbevölkerung: Während im Jahre 1990 noch 152'200 Angehörige islamischer Gemeinschaften in der Schweiz lebten, waren es im Jahr 2000 bereits 310'800 (davon 88,3 % Ausländer [56,4 % aus Ex-Jugoslawien, v.a. aus dem Kosovo; 20,2 % aus der Türkei], 3,9 % Schweizer seit der Geburt: vgl. CLAUDE BOVAY, Eidgenössische Volkszählung 2000, Religionslandschaft in der Schweiz, Bundesamt für Statistik, Neuenburg, Dezember 2004). Heute wird ihre Zahl auf gegen 400'000 geschätzt (UWE STOLZ, Schweiz auf dem Weg zum Islam-Staat, http://www.israswiss.ch ). Die islamische Wohnbevölkerung liegt jedenfalls bereits seit 1980 zahlenmässig nach der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten an dritter Stelle. Diese Zahlen zeigen, dass Streitigkeiten über einen Dispens vom Schwimmunterricht zwar auch Muslime schweizerischer Nationalität treffen können; sie präsentieren sich indessen schwergewichtig als Problem der Ausländerintegration. Die Vorinstanz spricht daher denn auch zu Recht von einer "multikulturellen Schulrealität". Diese verlangt heute noch vermehrt als früher Anstrengungen zur Angewöhnung und Einbindung der Kinder und Jugendlichen aus anderen Kulturen in die hier geltenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Nur auf diese Weise kann ihre Teilnahme am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben und damit der soziale Frieden und die Chancengleichheit gewährleistet werden. Aufgabe des Verfassungsstaates ist namentlich, ein Mindestmass an innerem Zusammenhalt von Staat und Gesamtgesellschaft herzustellen, welches für ein harmonisches, von Achtung und Toleranz geprägtes Zusammenleben notwendig ist (vgl. Probleme der Integration von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz, Bundesamt für Migration, Juli 2006, S. 86). Von Ausländern darf und muss erwartet werden, dass sie zum Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung bereit sind und die schweizerische Rechtsordnung mit ihren demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen - die der Staat auch gegenüber kulturell begründeten abweichenden Ansprüchen zu bewahren hat - BGE 135 I 79 S. 89 sowie die hiesigen sozialen und gesellschaftlichen Gegebenheiten akzeptieren (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 8. März 2002 zum Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, BBl 2002 3714, 3797 ff.). Wer in ein anderes Land emigriert, muss regelmässig gewisse Einschränkungen und Änderungen seiner Lebensgewohnheiten in Kauf nehmen. Dies bedeutet keineswegs eine Preisgabe der Religionsfreiheit. Es geht dabei regelmässig nicht um den Kerngehalt dieses Grundrechts, sondern lediglich um Konflikte, die daraus entstehen können, dass gewisse kulturell-religiös verankerte, inhaltlich aber das Alltagsleben betreffende Verhaltensnormen mit den hier geltenden Regeln kollidieren. Glaubensansichten entbinden jedoch nicht von der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten. Diese in der bisherigen Bundesverfassung ( Art. 49 Abs. 5 aBV ) noch ausdrücklich verankerte Regel muss als Grundsatz weiterhin gelten. Im sozialen Einbindungsprozess kommt der Schule eine besonders wichtige Aufgabe zu (vgl. Botschaft, a.a.O., BBl 2002 3800 f.). Sie soll zunächst eine Grundbildung vermitteln. Dieses Ziel kann sie nur erreichen, wenn seitens der Schüler die Verpflichtung besteht, die obligatorischen Fächer und Veranstaltungen zu besuchen. Im Gegenzug muss die Schule ein offenes, gesellschaftsübliches Umfeld bieten und den Geboten der weltanschaulichen Neutralität und der Laizität strikt nachleben. In diesem Rahmen darf die Schule angesichts der grossen Bedeutung des Pflichtangebots aber darauf bestehen, dass ihre Lehrveranstaltungen für alle obligatorisch sind und dass sie nicht für alle persönlichen Wünsche eine abweichende Sonderregelung vorsehen oder zulassen muss. Dies gilt auch für Ausnahmen zur Beachtung religiöser Gebote, die mit dem Schulprogramm kollidieren. Dem obligatorischen Schulunterricht kommt hier grundsätzlich der Vorrang zu, weshalb allfällige Ausnahmen nur mit Zurückhaltung zu gewähren sind. Der Sportunterricht dient zudem in hohem Mass der Sozialisierung der Schüler. Diesen Zweck kann er nur erfüllen, wenn der Unterricht (wie auch Klassenlager und Skilager etc.), wie in der Schweiz allgemein üblich, gemeinsam stattfindet. Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass es beim hier in Frage stehenden Verbot darum geht, dass die beiden männlichen Beschwerdeführer beim Besuch des obligatorischen gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterrichts gezwungen wären, bestimmte Teile des weiblichen Köpers im Bereich vom Bauchnabel bis zu BGE 135 I 79 S. 90 den Knien zu sehen. Es liegt auf der Hand, dass sich solche Anblicke für die Beschwerdeführer beim gemeinsamen Schwimmunterricht mit Mitschülerinnen in Badekostümen nicht vermeiden lassen. Dies gilt indessen in der Schweiz für viele Bereiche des alltäglichen Lebens. Denn es lässt sich nicht verhindern, dass die Beschwerdeführer hier täglich Frauen und Mädchen erblicken, bei welchen der in Frage stehende Körperbereich teilweise unverhüllt sichtbar ist. Bauchfreie Bekleidung und kurze Röcke gehören (auch) in der Schweiz zum üblichen Strassenbild. Im Alltag kann den Beschwerdeführern die Konfrontation mit in der Schweiz gängigen Bekleidungsformen somit ohnehin nicht erspart werden. Dies gilt auch in den übrigen europäischen Staaten. In all diesen Ländern werden Kinder nicht nur durch Begegnungen auf der Strasse, sondern auch durch Abbildungen in den Medien mit knapp bekleideten menschlichen Körpern des anderen Geschlechts konfrontiert und müssen damit umzugehen lernen. Es kommt weiter hinzu, dass die hier in Frage stehende Glaubensregel auch nicht mit den für die Mädchen islamischen Glaubens geltenden Bekleidungsvorschriften gleichgestellt werden kann. Diese gebieten den Frauen das Verhüllen des eigenen Körpers und richten sich an die Gläubigen selber. Die Frauen können selber entscheiden, ob sie diese Gebote befolgen wollen. Anders verhält es sich beim verpönten Anblick von Körperteilen des anderen Geschlechts. Hier kann der gläubige Schüler nicht verlangen, dass die Mitschülerinnen anderen Glaubens ihren Körper entsprechend den islamischen Bekleidungsvorschriften verhüllen, nur um ihm diesen Anblick zu ersparen. Die Anerkennung eines Rechts, muslimische Kinder generell vom kollektiven Schwimmunterricht zu befreien, würde den vielfältigen Bestrebungen zur Integration dieser Bevölkerungsgruppe zuwiderlaufen. Namentlich würde damit den betroffenen Kindern erheblich erschwert, sich an das in der hiesigen Gesellschaft übliche natürliche Zusammensein mit dem anderen Geschlecht zu gewöhnen. Die Kinder müssten zur Vermeidung des Anblicks von Personen des anderen Geschlechts in Badekostümen sogar auf die Benützung öffentlicher Badeanstalten und Strandbäder verzichten. 7.3 Wenn daher die Behörden des Kantons Schaffhausen gestützt auf die im angefochtenen Entscheid angestellten grundsätzlichen Erwägungen die bisherige Dispensationspraxis nicht weiterführen, BGE 135 I 79 S. 91 sondern den gemischtgeschlechtlichen Schwimmunterricht - verbunden mit flankierenden Massnahmen (eigene körperbedeckende Badebekleidung, getrenntes Umziehen und Duschen) - auch für muslimische Kinder vorschreiben wollen, kann darin kein unzulässiger Eingriff in die Religionsfreiheit erblickt werden. Der vorliegende Fall ist im Übrigen nicht vergleichbar mit dem in BGE 134 I 114 beurteilten Sachverhalt. Dort ging es nicht um regelmässig stattfindenden obligatorischen Unterricht, sondern um die einmal abzulegende Maturitätsprüfung: Streitig war die Verweigerung eines Dispenses gegenüber einem Schüler, welcher einer dem Gebot der Samstags-Ruhe strikt verpflichteten Glaubensgemeinschaft angehört, von schriftlichen Maturitätsprüfungen an einem Samstag. Diese Grundrechtseinschränkung erachtete das Bundesgericht als unverhältnismässig, da insbesondere wegen krankheits- und unfallbedingten Absenzen ohnehin Nachholtermine an anderen Tagen vorgesehen werden mussten und nichts entgegenstand, den Schüler an solchen Terminen zur Prüfung aufzubieten.
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nan
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2,008
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Federation
e0b6b8d5-4f48-4bbc-afa3-a8294edfdc35
Urteilskopf 108 Ib 102 18. Estratto della sentenza 26 marzo 1982 della II Corte di diritto pubblico nella causa Torcitura Segoma S.A. c. Commissione di ricorso del Cantone Ticino per l'applicazione del DAFE (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 4 Abs. 1 lit. c der Verordnung des Bundesrates vom 10. November 1976/18. Juni 1979 über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten (BewVF): Begriff der "neu erstellten Einheit" in Fremdenverkehrsorten, die der Bewilligungssperre unterstehen. 1. Eine "neu erstellte Einheit" liegt nicht vor, wenn Wohnungen mehr als fünf Jahre vor dem Gesuch um die Erteilung einer Grundsatzbewilligung fertiggestellt worden sind (E. 2 und 3). 2. Tragweite von Art. 4 Abs. 1 lit. c BewVF : Die Einführung der Bewilligungssperre seit Erlass der BewVF führt nicht an sich zu einer rechtsungleichen Behandlung (E. 4).
Erwägungen ab Seite 103 BGE 108 Ib 102 S. 103 Considerando in diritto: 2. Secondo l'art. 2 cpv. 2 dell'ordinanza sull'acquisto di fondi in luoghi turistici da parte di persone all'estero del 10 novembre 1976 (OAFTE) il comune di Riva San Vitale rientra nel novero delle località di stretta dipendenza economica dal movimento turistico, per cui le richieste di autorizzazione formulate sulla scorta dell'art. 6 cpv. 2 lett. a n. 3 DAFE soggiacciono ai requisiti disposti dall'OAFTE (art. 7 cpv. 1 lett. b e cpv. 2 DAFE). A far tempo dal 13 agosto 1979 il comune è stato incluso fra i luoghi turistici sottoposti al blocco delle autorizzazioni per limiti considerevoli della proprietà fondiaria estera, a norma dell'art. 3 OAFTE (cfr. ordinanza del Consiglio federale del 26 luglio 1979, RU 1979 pag. 1036). Di conseguenza, il richiedente che fonda la propria istanza sull'art. 6 cpv. 2 lett. a n. 3 DAFE deve comprovare, da allora, l'esistenza di un caso d'eccezione, come prevede l'art. 4 OAFTE. Il rilascio di autorizzazioni giusta l'art. 4 cpv. 1 lett. c OAFTE - cui si richiama la ricorrente - è rimasto sospeso tuttavia fino al 1o gennaio 1980, in conformità del cpv. 5 disp. trans. della modificazione dell'OAFTE del 18 giugno 1979 (cfr. RU 1979 pag. 810). La ricorrente àncora la sua domanda all'art. 4 cpv. 1 lett. c OAFTE (testo in vigore dal 1o luglio 1979), in base al quale l'autorità cantonale può accordare, in deroga al blocco, autorizzazioni di massima a costruttori svizzeri di un complesso di residenze secondarie progettato, in corso di costruzione o recentemente attuato per la vendita sino a una determinata quota parte a persone domiciliate all'estero, al fine di promuovere uno sviluppo dell'economia turistica limitato, selettivo ed equilibrato rispetto alle altre forme alberghiere. Il secondo capoverso dello stesso articolo prescrive che la quota parte alienabile agli BGE 108 Ib 102 S. 104 acquirenti stranieri può raggiungere, nel caso di proprietà per piani, il limite di 650/1000 se il complesso assume importanza considerevole ma non decisiva per lo sviluppo del luogo. 3. La ricorrente censura l'applicazione dell'art. 4 cpv. 1 lett. c OAFTE da parte dell'autorità cantonale, sostenendo che l'opera edilizia per cui si chiede l'autorizzazione di massima debba essere ritenuta alla stregua di un "complesso recentemente attuato". Ora, stando al vincolante accertamento della Commissione cantonale di ricorso confermato per altro dalla ricorrente lo stabile in narrativa è stato ultimato all'inizio del 1975, ovvero almeno cinque anni e mezzo prima dell'inoltro della domanda intesa a ottenere la ricordata autorizzazione di massima. È indubbio quindi che non possa farsi questione, in concreto, di un fabbricato recente, cioè esistente da poco tempo, per il quale si legittimi l'eccezione al blocco prevista dalla legge. Ci si può esimere perciò dallo statuire sulla liceità della prassi stabilita dall'Ufficio federale di giustizia, avversata nel gravame, in virtù della quale il termine "recente" attiene soltanto a edifici di due, eccezionalmente tre anni. In una precedente decisione il Tribunale federale ha già espresso dubbi sul fatto che una costruzione di due o tre anni possa ancora essere ritenuta recente (sentenza inedita del 14 luglio 1981 in re Pro Unter- und Mittelgoms AG, consid. 1); in effetto il criterio fatto proprio dall'Ufficio federale di giustizia appare quanto meno problematico, anzitutto perché non tiene sufficiente conto delle particolarità del singolo caso e in secondo luogo perché non sono necessariamente "recenti" edifici di due o addirittura tre anni. Secondo l'opinione della ricorrente inoltre la nozione di "complesso recente" deve farsi risalire al momento dell'emanazione dell'OAFTE, non al momento dell'entrata in vigore del blocco. Ma questa interpretazione eterodossa appare in aperto contrasto con i fini stessi dell'art. 4 OAFTE, che proprio per la sua natura derogatoria non può intendersi in senso estensivo senza disattendere il principio sotteso all'ordinanza, ossia quello di interdire un'ulteriore espansione della proprietà fondiaria estera (art. 7 cpv. 1 lett. b DAFE). Né soccorrono alla ricorrente i richiami a prassi immobiliari d'ordine fiscale o commerciale, che nella specie si appalesano manifestamente avulse dall'assetto legislativo applicabile e dagli scopi che esso persegue. In quest'ambito dunque non si ravvisa alcun eccesso o abuso BGE 108 Ib 102 S. 105 del potere di apprezzamento da parte della Commissione cantonale di ricorso, per cui la decisione impugnata resiste alla critica dell'insorgente. 4. Con la seconda doglianza la ricorrente fa valere una pretesa disparità di trattamento, motivata dal fatto di non aver potuto chiedere e ottenere prima l'autorizzazione di massima, essendosi promulgato il blocco a Riva San Vitale solo nel 1980. Tale ipotesi risulta nondimeno priva di consistenza. Come si è rilevato dianzi, il complesso di residenze secondarie di proprietà della ricorrente fu ultimato all'inizio del 1975. Fino al 13 agosto 1979, ossia per più di quattro anni, essa ha fruito della possibilità di postulare autorizzazioni per la vendita a stranieri giusta l'art. 6 cpv. 2 lett. a n. 3 DAFE, precisato nell'ordinamento degli art. 1 e 2 OAFTE, senza incorrere nel blocco. Diverse sono le conseguenze per i costruttori svizzeri di complessi di residenze secondarie sorpresi dal blocco, ai quali sarebbero precluse autorizzazioni fondate sull'art. 6 cpv. 2 lett. a n. 3 DAFE ove non si applicasse la deroga del resto più limitativa del regime autorizzativo di cui ha beneficiato la ricorrente per quattro anni enunciata nell'art. 4 OAFTE. È appena il caso di rilevare che le deroghe contemplate nell'art. 4 cpv. 1 lett. c OAFTE mirano infatti a temperare i rigori conseguenti all'introduzione del blocco, la cui subitanea messa in atto potrebbe costituire una disciplina eccessivamente severa per i costruttori svizzeri di complessi edilizi non ancora o appena terminati, premesso che eccezioni consimili si giustifichino dal profilo dell'economia turistica locale. Non risulta per contro che la ricorrente abbia patito un'applicazione intempestiva del blocco delle autorizzazioni, intervenuto oltre quattro anni dopo l'ultimazione di "Casa Gelso". Contrariamente a quanto essa opina, pertanto, non si riscontra nella specie alcuna disparità di trattamento. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto.
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1,982
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Federation
e0b99013-4d38-42de-8595-3294095f5807
Urteilskopf 111 II 349 67. Arrêt de la Ire Cour civile du 8 octobre 1985 dans la cause L. contre C. (recours en réforme)
Regeste Vergleich, gegründete Furcht. Der aussergerichtliche Vergleich unterliegt den Bestimmungen über die Willensmängel unter bestimmten, aus der Natur des Vertrages selbst fliessenden Vorbehalten (E. 1 und 3). Voraussetzungen der Unverbindlichkeit eines Vergleichs wegen gegründeter Furcht (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 349 BGE 111 II 349 S. 349 A.- Au début d'août 1979, C., agissant pour son fils, entama des pourparlers avec L. pour reprendre le commerce de vêtements que ce dernier exploitait à Genève. Le 6 ou le 7 août 1979, il lui remit de la main à la main et sans reçu une somme de 67'202 francs en signe de conclusion du contrat. A la suite d'une dispute survenue peu de temps après, les pourparlers furent abruptement rompus. Requis le lendemain de restituer le montant qu'il avait reçu, L. s'y refusa d'abord; puis, sous la menace du dépôt d'une plainte pénale, il revint sur son veto tout en exigeant de conserver une somme de 10'000 francs. Le solde fut restitué à C. et son fils après signature du document suivant, daté du 7 août 1979: BGE 111 II 349 S. 350 "Nous soussignés ... reconnaissons par la présente avoir reçu en retour pour règlement définitif la somme 57'202 francs (cinquante-sept mille deux cents et deux). "Ce montant représente l'acompte versé pour l'achat du magasin 'Vêtements L.', il en est déduit Fr. 10'000.-- pour frais d'arrhes et dédit consécutif à la rupture de l'accord d'achat. "Nous soussignés susmentionnés reconnaissons par la signature que nous apposons sur la présente n'avoir plus aucune prétention ni exigence tant financière que commerciale vis-à-vis de Monsieur L." Par lettre du 14 août 1979 de leur avocat, C. et son fils, se plaignant d'avoir dû signer ce document sous la contrainte, sommèrent L. de leur restituer le montant de 10'000 francs indûment retenu. B.- C. et son fils ont ouvert action contre L. en paiement de 10'000 francs avec intérêt. Le 21 décembre 1984, la Cour de justice du canton de Genève, admettant que le demandeur C. avait contracté sous l'empire d'une crainte fondée, a confirmé un jugement de première instance du 20 janvier 1983 en tant qu'il condamnait le défendeur à payer à ce demandeur 10'000 francs avec intérêt à 5% dès le 15 août 1979. Le défendeur recourt en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions libératoires. Le Tribunal fédéral admet le recours et réforme l'arrêt attaqué en ce sens que les conclusions de C. sont rejetées. Erwägungen Considérant en droit: 1. La cour cantonale qualifie avec raison l'acte litigieux du 7 août 1979, qui constitue une quittance pour solde de compte après abandon de 10'000 francs par les demandeurs, de transaction extra-judiciaire, acte destiné à mettre un terme à l'incertitude touchant un rapport de droit moyennant des concessions réciproques ( ATF 105 II 277 , ATF 100 II 145 et les arrêts cités). Un tel contrat est soumis aux dispositions sur les vices du consentement, notamment aux art. 29 et 30 CO sur la crainte fondée ( ATF 96 II 26 et les références citées), toutefois sous certaines réserves découlant de la nature même de la transaction ( ATF 105 II 277 ; cf. aussi ATF 110 II 136 No 27). 2. De manière générale, un contrat ne peut être invalidé pour cause de crainte fondée que si les quatre conditions suivantes sont réunies: une mesure dirigée sans droit contre une partie, la crainte fondée qui en résulte, l'intention de l'auteur de la menace de déterminer le destinataire à faire une déclaration de volonté et le BGE 111 II 349 S. 351 lien de causalité entre la crainte et le consentement (ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, p. 250; cf. ATF 110 II 132 ss). a) En l'espèce, la menace invoquée consiste dans le fait que le défendeur aurait retenu la totalité de l'acompte versé par le demandeur, si celui-ci n'avait pas consenti à la transaction en cause. Pour être déterminante au regard des art. 29 et 30 CO , cette menace devrait être illicite, c'est-à-dire qu'elle devrait contrevenir à une obligation du défendeur de restituer le montant de l'enrichissement illégitime consécutif à la rupture du contrat envisagé. Or cette illicéité doit être appréciée en tenant compte du contexte dans lequel la "menace" est intervenue, soit d'une situation de conflit à laquelle les parties ont entendu mettre fin en transigeant. Dans ce contexte, on ne saurait qualifier d'illicite le refus du défendeur de restituer pendant un bref laps de temps - soit entre la transaction et la rupture des pourparlers en vue de la conclusion de la vente envisagée - la somme qui lui avait été remise dans la perspective de cette opération. La transaction implique par définition des concessions réciproques; on ne pouvait donc exiger du défendeur qu'il restituât sur-le-champ l'intégralité de la somme reçue, avant même que le contenu de l'accord eût été arrêté. L'illicéité de la "menace" de retenir la totalité de l'acompte versé ne peut pas être déduite de la seule circonstance que le défendeur se trouvait dans une position de force, du fait que ce versement n'avait pas été constaté par un reçu. b) Ces considérations conduisent également à nier que le demandeur ait dû se croire menacé d'un danger grave et imminent dans ses biens, au sens de l' art. 30 al. 1 CO . La non-exécution d'une obligation pendant la durée, au demeurant brève, de pourparlers transactionnels, et sans qu'un risque de ruine, de perte ou de fuite ne se manifeste concrètement, ne suffit pas à remplir cette condition. Il est vrai que l'arrêt attaqué constate que le demandeur "avait un sérieux motif de craindre ... de perdre le tout s'il ne passait pas par les exigences" du défendeur. Mais à supposer que cette crainte ait réellement existé, ce que la cour cantonale ne constate pas, la condition de l'imminence du danger ne serait pas réalisée pour autant, le demandeur ne devant pas se croire menacé de la perte du tout dans un avenir immédiat. Les deux premières conditions de l'invalidation d'un contrat pour cause de crainte fondée n'étant pas réalisées, il n'est pas nécessaire d'examiner celles qui se rapportent à l'intention de BGE 111 II 349 S. 352 l'auteur de la menace et au lien de causalité entre la crainte et le consentement. Il n'y a pas lieu non plus d'entrer en matière sur les griefs du recours concernant certains faits constatés par la cour cantonale, ces griefs se révélant dénués de pertinence au regard de la solution retenue. 3. On peut certes s'interroger sur la légitimité de la solution transactionnelle adoptée par les parties, compte tenu des circonstances de la cause, mais cela ne saurait suffire à son invalidation pour cause de crainte fondée. En matière de vices du consentement liés à une transaction, il s'agit de considérer non seulement ce que la partie aurait pu obtenir, d'un point de vue objectif, en cas de procès, mais aussi du souci des parties d'éviter les risques d'un procès, cela au prix de concessions qui peuvent sans doute être excessives, mais qui sont inhérentes à la nature de la transaction ( ATF 110 II 136 in fine).
public_law
nan
fr
1,985
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
e0be5f76-98a1-4fcd-9169-38a48d4b4c39
Urteilskopf 138 III 615 91. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. Sàrl (recours en matière civile) 4A_391/2012 du 20 septembre 2012
Regeste Art. 145 sowie 209 Abs. 3 und 4 ZPO . Die Frist zur Klageeinreichung beim Gericht nach Erteilung der Klagebewilligung steht während der Gerichtsferien still (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 615 BGE 138 III 615 S. 615 A. Dans le cadre de la résiliation litigieuse d'un contrat de bail portant sur un appartement sis dans le canton de Vaud, la Commission de conciliation en matière de baux à loyer a soumis aux parties une proposition de jugement que la locataire a rejetée. Par acte du 30 novembre 2011 notifié le 1 er décembre 2011, l'autorité de conciliation a délivré une autorisation de procéder à la locataire. La décision écrite contenait notamment le passage suivant en caractères gras: la locataire "est en droit de porter l'action devant le Tribunal des baux dans un délai de trente jours à compter de la délivrance de la présente autorisation. Ce délai n'est pas suspendu par les féries (art. 145 al. 1 à 3 CPC)". BGE 138 III 615 S. 616 B. Le 16 janvier 2012, la locataire a ouvert action devant le Tribunal des baux du canton de Vaud, concluant notamment à l'annulation de la résiliation, à la nullité du loyer et à la fixation d'un nouveau loyer initial. Par décision du 31 janvier 2012, le Tribunal a déclaré la demande irrecevable pour cause de tardiveté. Le 24 février 2012, la locataire a interjeté appel, concluant à ce que sa demande du 16 janvier 2012 soit déclarée recevable. Statuant par arrêt du 2 mai 2012, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a confirmé la décision d'irrecevabilité; elle a jugé que durant les féries ( art. 145 al. 1 CPC [RS 272]), le délai pour ouvrir action ensuite de la délivrance d'une autorisation de procéder après tentative de conciliation n'était pas suspendu ( art. 145 al. 2 let. a et art. 209 al. 4 CPC ). C. La locataire (ci-après: la recourante) a saisi le Tribunal fédéral d'un recours en matière civile, concluant à ce que sa demande du 16 janvier 2012 soit déclarée recevable. La bailleresse (ci-après: l'intimée) a déclaré se rallier à l'arrêt attaqué. Par arrêt du 20 septembre 2012, le Tribunal fédéral a admis le recours, annulé l'arrêt attaqué et renvoyé la cause à l'autorité précédente pour suite de la procédure. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. La question à juger est celle de savoir si l' art. 145 al. 2 let. a CPC s'applique aux délais prévus par l' art. 209 CPC . 2.1 L' art. 209 CPC figure dans la deuxième partie du CPC traitant des "dispositions spéciales"; il se trouve, sous le titre "conciliation", dans le chapitre 3 intitulé "conciliation et autorisation de procéder", qui suit le chapitre 2 relatif à la "procédure de conciliation". L' art. 209 CPC traite de l'autorisation de procéder, délivrée lorsque la tentative de conciliation n'aboutit pas. A teneur de l' art. 209 al. 3 CPC , le demandeur est en droit de porter l'action devant le tribunal dans un délai de trois mois à compter de la délivrance de l'autorisation de procéder; l' art. 209 al. 4 CPC réduit ce délai à trente jours notamment pour les litiges relatifs aux baux à loyer. L' art. 145 CPC , qui ressortit aux "dispositions générales" du code (partie 1), figure dans le chapitre relatif aux délais. Selon l' art. 145 al. 1 CPC , les délais légaux et les délais fixés judiciairement ne BGE 138 III 615 S. 617 courent pas durant les féries; l' art. 145 al. 2 let. a CPC précise toutefois que la suspension des délais ne s'applique pas "à la procédure de conciliation". 2.2 Les auteurs sont majoritairement d'avis que la suspension s'applique aux délais de l' art. 209 CPC . Ils soutiennent que ces délais courent dès la notification de l'autorisation de procéder, c'est-à-dire à un moment où la procédure de conciliation est terminée; ils ne feraient ainsi pas partie de la procédure de conciliation (THOMAS SUTTER-SOMM, Das Schlichtungsverfahren der ZPO: Ausgewählte Problempunkte, RSPC 2012 p. 82 s.; BARBARA MERZ, n° 13 ad art. 145 CPC , et URS EGLI, n° 21 ad art. 209 CPC , in Schweizerische Zivilprozessordnung ZPO, Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011;FRANÇOIS BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 15 ad art. 209 CPC ; JURIJ BENN, n° 6 ad art. 145 CPC , et DOMINIK INFANGER, n os 21 et 25 ad art. 209 CPC , in Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010; GASSER/RICKLI, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kurzkommentar, 2010, n° 5 ad art. 209CPC; URS H. HOFFMANN-NOWOTNY, in ZPO, Kurzkommentar, Oberhammer [éd.], 2010, n° 8 ad art. 145 CPC ; Le droit suisse du bail àloyer, Commentaire, adaptation française de Burkhalter/Martinez-Favre, 2011, p. 767; BASTIEN SANDOZ, La conciliation, in Procédure civile suisse - Les grands thèmes pour le praticien, 2010, p. 84 n. 80; DAVID LACHAT, Procédure civile en matière de baux et loyers, 2011, p. 109 n. 10.10; JACQUES HALDY, Les procédures spéciales, in Le Code de procédure civile - Aspects choisis, 2011, p. 135). D'autres auteurs, certains non sans hésitations, sont d'avis que la suspension ne s'applique pas. Ils se fondent sur le fait que l' art. 209 CPC se trouve dans le titre consacré à la conciliation et que les délais prévus dans cette disposition doivent dès lors être considérés comme faisant partie de la procédure de conciliation; ils relèvent aussi que cette solution est conforme au but du législateur de ne pas retarder à l'excès la procédure au fond (TAPPY/NOVIER, La procédure de conciliation et la médiation dans le CPC, in Il Codice di diritto processuale civile svizzero, 2011, p. 137; DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 14 ad art. 145 CPC ; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, p. 205 n. 8.63; JÖRG HONEGGER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 10 ad art. 209 CPC ). La Cour d'appel relève en outre que dans un article à paraître, un auteur (KATIA ELKAIM) ferait en substance BGE 138 III 615 S. 618 observer que les seuls délais mentionnés dans le chapitre 2 consacré à la procédure de conciliation sont des délais d'ordre ( art. 203 al. 1 et al. 4 CPC ), de sorte que l' art. 145 al. 2 let. a CPC serait dépourvu de portée pratique si l'on devait considérer, avec la doctrine majoritaire, que cette disposition vise uniquement la procédure de conciliation au sens étroit (publication désormais parue: cf. KATIA ELKAIM-LÉVY, Premières expériences avec le nouveau code de procédure civile, Le point de vue du magistrat, in Nouvelle procédure civile et espace judiciaire européen, 2012, p. 35). 2.3 L' art. 145 al. 2 let. a CPC exclut la suspension des délais dans le cadre de la "procédure de conciliation" ( Schlichtungsverfahren, procedura di conciliazione ). Cette même notion de "procédure de conciliation" ( Schlichtungsverfahren, procedura ) forme l'intitulé du chapitre englobant les art. 202 à 207 CPC; ces dispositions règlent la procédure de conciliation proprement dite. Le chapitre suivant, intitulé "conciliation et autorisation de procéder" ( Einigung und Klagebewilligung, intesa e autorizzazione ad agire ), précise à l' art. 208 CPC , sous l'intitulé "conciliation" ( Einigung, avvenuta conciliazione ), la suite de la procédure en cas d'aboutissement de la conciliation, respectivement à l' art. 209 CPC , sous l'intitulé "autorisation de procéder" ( Klagebewilligung, autorizzazione ad agire ), la suite de la procédure en cas d'échec de la conciliation. L' art. 209 CPC se trouve ainsi dans un chapitre de la loi qui ne règle pas la procédure de conciliation, mais en précise les suites. Il n'y a aucune raison de considérer que la notion de "procédure de conciliation" n'aurait pas la même portée à l' art. 145 al. 2 let. a CPC que dans l'intitulé du chapitre englobant les art. 202 à 207 CPC; tel semble aussi avoir été l'avis des experts ayant rédigé l'avant-projet (voir ci-après). Le délai de l' art. 209 CPC commence à courir avec la notification de l'autorisation de procéder, à savoir à un moment où il n'y a plus de procédure de conciliation en cours. Ce délai, à fortiori, s'écoule alors que cette procédure est close et l'autorité de conciliation dessaisie. On ne saurait dès lors admettre sans autre qu'il est un élément de la procédure de conciliation. La consultation des travaux législatifs n'appelle pas une autre conclusion. L'avant-projet des experts de juin 2003 incluait déjà l'équivalent de l'actuel art. 145 al. 2 let. a CPC , en ce sens que les règles sur les féries ne devaient pas s'appliquer à la "procédure de conciliation" (cf. art. 138 al. 2 let. a AP-CPC). Après la délivrance de BGE 138 III 615 S. 619 l'autorisation de procéder, le demandeur disposait d'un délai de deux mois pour porter l'action devant le tribunal; il était expressément précisé que ce "délai ne peut pas être suspendu" ("diese Frist kann nicht stillstehen"; art. 202 al. 3 phrase 2 AP-CPC). Le rapport explicatif soulignait qu'il n'était pas question d'accorder un délai plus long, car il s'agissait de favoriser la rapidité de la procédure (Rapport accompagnant l'avant-projet de la commission d'experts, juin 2003, p. 100 ad art. 202, accessible sur le site internet de l'Office fédéral de la justice [ www.ejpd.admin.ch ], en sélectionnant les rubriques Thèmes/Etat & Citoyen/Législation/Projets terminés). Toutefois, dans le cadre de la procédure de consultation, d'aucuns ont préconisé de porter ce délai à trois mois, respectivement de suspendre le délai pendant les féries (cf. Classement des réponses à la procédure de consultation, 2004, p. 526 ss ad art. 202). Dans son projet, le Conseil fédéral a augmenté le délai à trois mois et a supprimé la clause qui excluait toute suspension du délai (FF 2006 7019, 7064, art. 206 al. 3 du projet). Il a simplement précisé que la raison d'être du délai était d'éviter que le défendeur ne reste pendant une période indéterminée sans savoir si la procédure allait se poursuivre ou non (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse [CPC], FF 2006 6841, 6941 ch. 5.13 ad art. 206). Au vu de ce qui précède, la volonté de ne pas retarder la procédure doit être relativisée. Les féries peuvent prolonger le délai ordinaire d'un mois supplémentaire au maximum (cf. art. 145 al. 1 let. b CPC ), ce qui ne paraît pas aller à l'encontre du but de la loi. Dans cette mesure, l'intérêt du défendeur à être fixé sur la poursuite du litige peut céder le pas face à l'intérêt du demandeur à ne pas devoir déposer une demande pendant les féries, sachant par ailleurs que si cette écriture devait être produite dans le délai non suspendu de l' art. 209 CPC , la procédure judiciaire n'en serait pas moins ralentie par les féries (cf. SUTTER-SOMM, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2 e éd. 2012, p. 187 n. 750; EGLI, op. cit., n° 21 ad art. 209 CPC ; KARIN FISCHER, Vom Friedensrichteramt zur Schlichtungsbehörde, 2008, p. 62, à propos de l'ancienne procédure zurichoise). Et si la suspension s'applique au délai ordinaire de trois mois, il en va nécessairement de même pour le délai plus court concernant les litiges en matière de bail ( art. 209 al. 4 CPC ). Une différenciation entre les divers délais de l' art. 209 CPC n'entre pas en ligne de compte, d'autant moins que le délai de 30 jours de l'alinéa 4 n'a été introduit qu'au cours des débats devant le parlement (BO 2008 CN 956-958, CE 728). L'on ne saurait dès lors BGE 138 III 615 S. 620 accorder une importance particulière au fait que, sous l'ancien droit, le délai de 30 jours imparti par le droit fédéral (ancien art. 274f al. 1 CO ; RO 1990 822) pour saisir le juge après un acte de non-conciliation dans un litige de bail à loyer n'était pas suspendu par les féries du droit cantonal (cf. ATF 123 III 67 consid. 2). Au demeurant, la Conseillère nationale et avocate Anita Thanei, qui a oeuvré pour maintenir une réglementation semblable aux anciens art. 274 ss CO (cf. BO 2008 CN 957), admet elle-même que le délai de 30 jours de l' art. 209 al. 4 CPC est suspendu pendant les féries (THANEI, Auswirkungen der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung auf die mietrechtlichen Verfahren, insbesondere auf das Schlichtungsverfahren, mp 2009 p. 189 s.). Enfin, même si le fait de restreindre l'application de l' art. 145 al. 2 let. a CPC à la procédure de conciliation proprement dite ( art. 202-207 CPC ) avait pour conséquence qu'aucun délai légal impératif ne tombe sous le coup de cette disposition, elle n'en serait pas pour autant dépourvue de portée. Car elle s'applique aux délais fixés aux parties par l'autorité de conciliation (cf. p. ex. art. 202 al. 4 CPC ) et aux délais à tenir par l'autorité elle-même. L'objection est, pour ce motif déjà, infondée. 2.4 En résumé, il y a lieu de retenir que les délais pour ouvrir action ensuite de la délivrance d'une autorisation de procéder ( art. 209 al. 3 et al. 4 CPC ) sont suspendus pendant les féries ( art. 145 al. 1 CPC ).
null
nan
fr
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e0c6a345-8600-4eaa-bb98-eebfcd470b23
Urteilskopf 93 I 338 42. Auszug aus dem Urteil vom 20. September 1967 i.S. Fricker gegen Gemeinderat Meggen und Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Bauverbot für die Zeit zwischen der öffentlichen Auflegung eines kommunalen Bau- und Strassenlinienplans und der Genehmigung desselben durch die kantonale Behörde. Voraussetzungen, unter denen ein solches Bauverbot mit der Eigentumsgarantie vereinbar ist und ohne Entschädigung hingenommen werden muss. Änderung der Rechtslage, wenn das an sich vorübergehende Bauverbot schon verhältnismässig lange (hier: seit über 5 Jahre) besteht?
Sachverhalt ab Seite 338 BGE 93 I 338 S. 338 Aus dem Tatbestand: A.- Das Baugesetz für den Kanton Luzern vom 25. Mai 1931 (BG) ermächtigt die Gemeinden, für ihr Gebiet Bebau ungspläne und Baureglemente aufzustellen (§ 68). Diese unterliegen der Genehmigung des Regierungsrates (§ 70). Die Bebauungspläne, in denen u.a. die vorgesehenen Strassen, Plätze, Bau- und Niveaulinien einzutragen sind (§ 71), sind öffentlich aufzulegen und dann mit den eingegangenen Einsprachen dem Regierungsrat einzureichen; ihre Rechtswirkungen beginnen mit der öffentlichen Bekanntmachung des Genehmigungsbeschlusses BGE 93 I 338 S. 339 des Regierungsrates (§§ 72, 73). Ferner bestimmt § 76 unter dem Randtitel "Baubann": "Vom Tage der öffentlichen Auflage eines Bebauungsplanes an dürfen auf dessen Geltungsgebiet keinerlei mit der fernern Zweckbestimmung des Landes in Widerspruch stehende oder sie erschwerende Dienstbarkeiten errichtet sowie keine Neubauten erstellt oder bauliche Veränderungen vorgenommen werden, welche nach Inhalt des Planes nicht zulässig sind oder dessen Ausführung beeinträchtigen würden. Aus dieser Eigentumsbeschränkung steht dem Grundeigentümer ein Entschädigungsanspruch nicht zu." B.- Der Gemeinderat Meggen legte am 25. August 1962 einen Bebauungsplan für das "Teilgebiet Kreuzbuchstrasse-Ebnetweiher-Schlösslistrasse" öffentlich auf und überwies ihn am 31. Mai 1963 mit den unerledigten Einsprachen dem Regierungsrat. Dessen Entscheid steht noch aus. Der Beschwerdeführer Heinrich Fricker ist Eigentümer einer etwa 870 m2 haltenden Parzelle in Meggen, die durch eine der Parzellengrenze entlang führende Privatstrasse mit der Schlösslistrasse verbunden ist. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohnhaus, das hinter der Baulinie steht, die gemäss dem genannten Bebauungsplan im Abstand von etwa 11 m von der Südgrenze durch das ganze Grundstück verläuft. Am 24. März 1966 ersuchte der Beschwerdeführer um die Bewilligung, zwischen dem Haus und der Strasse, d.h. vor der Baulinie, ein 10 m langes und 5 m breites Schwimmbecken zu erstellen. Der Gemeinderat wies das Gesuch unter Hinweis auf den seit dem 25. August 1962 bestehenden Baubann ab. Der Beschwerdeführer rekurrierte hiegegen an den Regierungsrat des Kantons Luzern, wurde aber durch Entscheid vom 24. November 1966 abgewiesen, im wesentlichen mit folgender Begründung: Das Gebiet, in dem das Schwimmbecken errichtet werden solle, sei seit dem 25. August 1962 mit einem Baubann gemäss § 76 BG belegt. Dieser Baubann sei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht durch Zeitablauf dahingefallen, sondern daure weiter, bis der Bebauungsplan ausgeführt oder vom Regierungsrat abgelehnt oder von der Gemeinde zurückgezogen worden sei. Wenn ein Grundeigentümer finde, die infolge des Baubanns bestehende Rechtsunsicherheit daure übermässig lange, so stehe es ihm frei, bei der Genehmigungsbehörde unter Berufung auf Rechtsverzögerung einen unverzüglichen BGE 93 I 338 S. 340 Entscheid über den Bebauungsplan zu verlangen. Wäre hier ein solches Begehren gestellt worden, so wäre es abgewiesen worden, da die Zeit von vier Jahren angesichts der sich stellenden vielen und komplexen Fragen nicht als übermässig lang bezeichnet werden könne und eine gründliche Abklärung der mit der Verkehrserschliessung zusammenhängenden Fragen im Interesse der Grundeigentümer liege. Sodann sei der Baubann für den Beschwerdeführer auch deshalb nicht unzumutbar, weil er seine Parzelle nur teilweise betreffe und eine zweckmässige und angemessene Überbauung derselben keineswegs verhindert habe. C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt Heinrich Fricker den Antrag, den Entscheid des Regierungsrates vom 24. November 1966 aufzuheben und die Sache zur Erteilung der Baubewilligung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht Verletzung von Art. 4 BV und § 9 KV (Eigentumsgarantie) geltend. D.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Gemeinderat Meggen beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 3. - (Prozessuales). 4. Der Baubann, auf Grund dessen die vom Beschwerdeführer nachgesuchte Baubewilligung verweigert wurde, ist eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung. Eine solche ist vor der Eigentumsgarantie haltbar, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und, falls der Eingriff in der Wirkung einer Enteignung gleichkommt, gegen volle Entschädigung erfolgt ( BGE 90 I 340 mit Verweisungen). Nach § 76 Abs. 1 BG dürfen vom Tage der öffentlichen Auflage eines Bebauungsplans an auf dessen Geltungsgebiet keine Neubauten erstellt oder bauliche Veränderungen vorgenommen werden, welche nach dem Inhalt des Plans nicht zulässig sind oder dessen Ausführungen beeinträchtigen, was hinsichtlich der in einem Plan vorgesehenen Baulinien bedeutet, dass vor diesen grundsätzlich nicht mehr gebaut werden darf. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass § 76 Abs. 1 BG die Eigentumsgarantie verletze, noch behauptet er dies für Abs. 2, der einen Entschädigungsanspruch für die sich aus dem Baubann ergebende Eigentumsbeschränkung ausnahmslos verneint. Er stellt auch nicht in Abrede, dass der Baubann, der sein Grundstück belegt, anfänglich gesetz- und verfassungsmässig war. Dagegen BGE 93 I 338 S. 341 bestreitet er insofern das Vorliegen einer gesetzlichen Grundlage, als er geltend macht, angesichts der übermässig langen Dauer des Verfahrens werde der Baubann nicht mehr durch § 76 BG gedeckt. Ferner behauptet er, dass die in diesem Fall bestehende Periode der Rechtsunsicherheit nicht mehr durch das öffentliche Interesse gedeckt sei. Endlich kann die Beschwerde dahin verstanden werden, dass darin auch geltend gemacht wird, in einer so langen Dauer des Baubanns liege eine materielle Enteignung. 5. Die Frage, ob die von der kantonalen Behörde angerufene gesetzliche Grundlage genüge, kann das Bundesgericht dann, wenn der Eingriff besonders schwer ist, frei, andernfalls nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür prüfen ( BGE 91 I 332 ). Im vorliegenden Falle sind von dem etwa 870 m2 haltenden Grundstück rund 300 m2 oder etwas mehr als ein Drittel mit dem Baubann belegt, und zwar seit dem 25. August 1962. Ob hierin ein besonders schwerer Eingriff in das Eigentum liegt, erscheint fraglich, da die Baulinie das Haus nicht berührt und das mit dem Baubann belegte Land weiterhin als Garten benutzt werden kann (vgl. nicht veröffentliches Urteil vom 26. Januar 1966 i.S. Rudin c. Regierungsrat Baselland, Erw. 5 a, wo ein entsprechendes, zeitlich unbeschränktes Bauverbot als nicht besonders schwerer Eingriff betrachtet wurde). Die Frage kann offen bleiben, da die Rüge, es fehle an einer gesetzlichen Grundlage, auch dann unbegründet ist, wenn die Auslegung von § 76 BG frei überprüft wird. Bei dem mit dem Tage der öffentlichen Auflage eines Bebauungsplans beginnenden Baubann handelt es sich um eine ihrer Natur nach vorübergehende Eigentumsbeschränkung. Das Ende des Baubanns wird im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber ohne weiteres aus dem Wortlaut und insbesondere aus dem Zweck der Bestimmung. Mit dem Baubann soll verhindert werden, dass während des mit dem Genehmigungsverfahren verbundenen Schwebezustands Bauten errichtet werden, welche die Verwirklichung des Plans verunmöglichen oder erschweren könnten. Der Baubann endet daher mit dem Schwebezustand, d.h. wenn die Gemeinde auf die Ausführung des Bebauungsplans verzichtet, wenn der Regierungsrat dessen Genehmigung verweigert oder wenn der Plan genehmigt wird und mit der Veröffentlichung des Genehmigungsbeschlusses in Kraft tritt. Eine andere zeitliche Grenze des Baubanns ist der Bestimmung BGE 93 I 338 S. 342 nicht zu entnehmen und würde ihrem Sinne zuwiderlaufen; denn die Notwendigkeit eines Bauverbotes besteht während der ganzen Dauer des Schwebezustandes in gleicher Weise. Das heisst nicht, dass der Baubann dadurch zu einem dauernden Bauverbot gemacht werden könnte, dass der Gemeinderat die Einholung der regierungsrätlichen Genehmigung unterlässt oder der Regierungsrat die Genehmigung ohne stichhaltige Gründe auf unbestimmte Zeit verschiebt. Auch in diesem Falle ist zwar dem Baubann die gesetzliche Grundlage nicht entzogen. Dagegen haben die von ihm Betroffenen die Möglichkeit, auf dem Wege einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Rechtsverzögerung das Ende des Schwebezustandes herbeizuführen. 6. Der Beschwerdeführer scheint die Auffassung zu vertreten, die Periode der Rechtsunsicherheit sei durch das öffentliche Interesse nicht mehr gedeckt, wenn sich die Genehmigung des Bebauungsplans übermässig verzögere. Inwiefern infolge solcher Verzögerung das anfänglich vorhandene öffentliche Interesse entfallen oder sich vermindern soll, wird indes in der Beschwerde nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Von der Auflegung des Bebauungsplans bis zur regierungsrätlichen Genehmigung, durch die er definitiv wird, hat das Gemeinwesen ein erhebliches und die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegendes Interesse daran, dass in der Zwischenzeit auf dem für die Anlage von Strassen bestimmten Lande nicht Bauten errichtet werden, die in der Folge enteignet werden müssten. Dieses öffentliche Interesse fällt erst dahin, wenn aus irgendeinem Grunde nicht mehr mit der Genehmigung oder der Ausführung des Planes zu rechnen ist. Dass es sich hier so verhalte, wird in der Beschwerde nicht geltend gemacht. 7. Ob ein bestimmter Eingriff in das Eigentum wie eine Enteignung wirkt und daher nur gegen Entschädigung erfolgen darf, ist eine Frage, die das Bundesgericht frei prüft ( BGE 89 I 384 /5). Nach der neuern Rechtsprechung wird eine materielle Enteignung angenommen, wenn der bisherige oder ein voraussichtlicher künftiger Gebrauch der Sache verboten oder in besonders schwerer Weise eingeschränkt wird oder wenn ein weniger schwerer Eingriff lediglich einen oder wenige Eigentümer trifft, so dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit nicht zumutbar erscheint ( BGE 91 I 338 /9). Das Grundstück des Beschwerdeführers wurde mit einem BGE 93 I 338 S. 343 Baubann belegt, als das Wohnhaus bereits erstellt war. Die Baulinie berührt dieses nicht, so dass dem Beschwerdeführer nicht nur der wichtigste Gebrauch des Grundstücks, das Bewohnen des Hauses, erhalten bleibt, sondern auch ein allfälliger Um- oder Ausbau des Hauses möglich ist. Mit dem Baubann belegt ist, wie bereits ausgeführt, nur etwas mehr als ein Drittel des Grundstücks, und dieses Land kann wie bisher weiter als Garten verwendet werden; ausgeschlossen ist nur die Überbauung. Einen derart nach seinem Inhalt und Umfang beschränkten Eingriff muss sich ein Grundeigentümer selbst dann ohne Entschädigung gefallen lassen, wenn er definitif ist, d.h. wenn die Baulinie in Kraft tritt und auf unbestimmte Zeit gilt, denn er trifft ihn nicht stärker, als es normalerweise bei Bau- und Strassenlinien der Fall ist. In diesem Sinne hat das Bundesgericht schon im erwähnten Urteil vom 26. Januar 1966 i.S. Rudin für eine definitive Bau- und Strassenlinie entschieden, durch welche fast 2/5 eines Grundstücks mit einem Bauverbot belegt wurden (Erw. 5 c). Dabei wurde auf die ständige, von der Rechtslehre gebilligte Rechtsprechung des Bundesgerichts verwiesen, wonach das mit der Festlegung solcher Bau- und Strassenlinien verbundene Bauverbot die Eigentumsgarantie auch dann nicht verletzt, wenn das kantonale Recht nicht vorschreibt, dass das Strassenprojekt innert einer bestimmten Frist ausgeführt oder doch die dazu gehörige Enteignung vollzogen werden muss, ansonst die Bau- und Strassenlinie dahinfällt (BGE 2 S. 97, 5 S. 538, 17 S. 59/60, 31 II 553/4, 69 I 241 und zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile; KIRCHHOFER, Eigentumsgarantie, ZSR 1939 S. 171 f.; REICHLIN, Rechtsfragen der Landesplanung, ZSR 1947 S. 324/26 a; MEIER-HAYOZ, Komm. zu Art. 641 ff. ZGB , Systemat. Teil N. 250 bis d). Auch das luzernische BG verpflichtet das Gemeinwesen nicht zu einer Entschädigung für das durch definitive Baulinien bewirkte Bauverbot oder zur Ausführung der Strasse innert einer bestimmten Frist und gibt dem Eigentümer nur dann Anspruch auf Enteignung seines Grundstücks nach einer gewissen Zeit, wenn dieses von Baulinien so zerschnitten wird, dass auf keinem der freibleibenden Abschnitte eine ordentliche Baute erstellt werden kann, oder wenn der grössere Teil des Grundstücks zwischen die Baulinien fällt (§ 79). Dass ein Bauverbot, das nur für den dritten Teil eines Grundstücks gilt, keine materielle Enteignung bedeute, sondern im Rahmen dessen bleibe, was noch als BGE 93 I 338 S. 344 "gewöhnliche" öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung gelten kann, wurde auch in BGE 82 I 164 Erw. 3 entschieden. Läge somit im streitigen Bauverbot selbst dann, wenn der Bebauungsplan vom Regierungsrat genehmigt worden und endgültig wäre, keine materielle Enteignung, so kann es eine solche noch weniger als bloss vorübergehende Massnahme darstellen, auch wenn der Baubann, auf Grund dessen es besteht, nun schon mehr als 5 Jahre dauert. Es verhält sich in dieser Beziehung gleich wie in dem vom Bundesgericht im nicht veröffentlichten Urteil vom 21. Februar 1951 i.S. Krieger und Mozzatti gegen Regierungsrat Luzern beurteilten Falle, wo ein Baubann ebenfalls auf Grund von § 76 BG seit mehr als 5 Jahren bestanden und zur Folge gehabt hatte, dass ein erheblicher Teil des betroffenen Grundstücks nicht überbaut werden konnte (Erw. 5). Von einer materiellen Enteignung kann umso weniger die Rede sein, als der Baubann den Beschwerdeführer nicht oder doch nicht wesentlich härter trifft als alle andern Grundeigentümer im Geltungsgebiet des am 25. August 1962 aufgelegten Bebauungsplans. Schliesslich darf darauf verwiesen werden, dass dem Beschwerdeführer die Erstellung des geplanten Schwimmbeckens auf dem mit dem Baubann belegten Lande wohl nicht verwehrt wird, wenn er sich durch einen ins Grundbuch aufzunehmenden Revers verpflichtet, den früheren Zustand auf eigene Kosten wieder herzustellen für den Fall, dass der Bebauungsplan definitiv wird. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
e0c880cf-1197-4ddd-acc0-68ff60124b4c
Urteilskopf 88 IV 62 19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Juni 1962 i.S. St. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen.
Regeste Art. 194 Abs. 1 StGB . 1. Verführen im Sinne dieser Bestimmung setzt nicht voraus, dass der Unmündige aktiven oder ausdrücklichen Widerstand leiste (Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Auch bei fortgesetzter Begehung muss das objektive Tatbestandsmerkmal der Verführung in jedem Einzelfall erfüllt sein.
Erwägungen ab Seite 62 BGE 88 IV 62 S. 62 Aus den Erwägungen: 1. Das Bundesgericht hat den Begriff des Verführens gestützt auf den Schutzzweck des Art. 194 Abs. 1 StGB und den Wortlaut der romanischen Gesetzestexte in jahrelanger Rechtsprechung weit ausgelegt ( BGE 70 IV 30 , BGE 85 IV 221 und zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile). Darnach verführt, wer auf den Unmündigen einen bestimmenden Einfluss ausübt und ihm gegenüber eindeutig die treibende Kraft darstellt, und zwar auch dann, wenn der BGE 88 IV 62 S. 63 Unmündige der Verlockung zu gleichgeschlechtlicher Unzucht keinen erkennbaren Widerstand entgegensetzt. Mit dem im Strafgesetzbuch niedergelegten Gedanken des Jugendschutzes vertrüge es sich schlecht, und insbesondere wäre der in Art. 194 Abs. 1 verfolgte Zweck, Unmündige über 16 Jahren vor homosexuellen Verirrungen zu bewahren, in Frage gestellt, wenn nur diejenigen Jugendlichen geschützt würden, die dank ihrer Charakterveranlagung und sittlichen Erziehung der Verführung aktiven Widerstand leisten, die vielen andern aber, die leicht beeinflussbar, willensschwach oder sittlich gefährdet sind und deshalb unzüchtigen Zumutungen leicht erliegen, des Schutzes, dessen sie am meisten bedürfen, beraubt wären. Verführt werden können daher auch Unmündige, die zwar geneigt sind, sich auf homosexuelle Handlungen einzulassen, selber aber keine eigene Initiative ergreifen, sondern ihre letzten Hemmungen erst auf Anstoss von aussen verlieren. In solchen Fällen bleibt trotz der vorhandenen Bereitschaft des Jugendlichen noch Raum, auf ihn einen bestimmenden Einfluss auszuüben und ihn dadurch ins Verderben zu führen. Die Entstehungsgeschichte des Art. 194 Abs. 1 StGB steht dieser Auslegung nicht im Wege, wie der Beschwerdeführer behauptet. Bei der Gesetzesberatung war nur umstritten, ob nicht auch die homosexuelle Betätigung unter Erwachsenen, zumindest die beischlafsähnlichen Handlungen, unter Strafe gestellt werden sollte. Diese Meinungsverschiedenheiten führten dazu, dass der von der nationalrätlichen Kommissionsmehrheit gutgeheissene bundesrätliche Entwurf, der die Bestrafung mündiger Personen, die mit einem Unmündigen von über 16 Jahren widernatürliche Unzucht treiben, vorsah, nochmals an die Kommission zurückgewiesen wurde (Sten. Verh. Ber. NR S. 375-406). Die neue, mit dem heutigen Art. 194 Abs. 1 übereinstimmende Vorlage, die dem Vorschlag Hafters entsprechend die Altersgrenze des Täters fallen liess, anderseits den Gedanken der Verführung in den Vordergrund stellte, BGE 88 IV 62 S. 64 wurde hierauf gegen die Stimmen der für eine erweiterte Bestrafung der Homosexualität Eintretenden im Nationalrat mit grösserem Mehr und im Ständerat knapp angenommen (Sten. Verh. Ber. NR S. 519-527; StR S. 185-191). Dass Jugendliche im Alter von 16-20 Jahren vor homosexuellen Umtrieben wirksam geschützt werden müssen, ist jedoch in den eidgenössischen Räten nie und von keiner Seite bestritten worden. Insbesondere kann der Beratung nicht entnommen werden, dass der Begriff der Verführung nach dem Willen des historischen Gesetzgebers eng ausgelegt werden sollte. Gegen die Aufnahme dieses Ausdruckes wurden im Gegenteil Bedenken laut, und es herrschte offensichtlich die Meinung vor, dass die Entscheidung darüber, was unter Verführung zu verstehen sei, dem Richter zu überlassen sei, was übrigens auch LUCK, auf dessen Aufsatz (SJZ 1955 S. 84) sich der Beschwerdeführer beruft, ausdrücklich anerkennt. Auch HAFTER, dessen Abhandlung über Homosexualität den Gang der Gesetzesberatung entscheidend beeinflusst hat, setzte nicht voraus, dass der Jugendliche dem Verführer aktiven oder ausdrücklichen Widerstand entgegengesetzt haben müsse, sondern er erachtete die Verführung schon dann als gegeben, wenn "der Jugendliche der Initiative und den Einwirkungen des Täters erlegen ist" (ZStR 1929 S. 66). Der weitere Einwand, dass die in den romanischen Gesetzestexten anstelle von "séduire" und "sedurre" verwendeten Ausdrücke "induire" und "indurre" im Gesetze nicht einheitlich gebraucht würden und deshalb für die Auslegung des Verführungsbegriffes ungeeignet seien, ist bereits in BGE 85 IV 223 als unzutreffend abgelehnt worden. Der Begriff des Verführens braucht nicht bei allen Tatbeständen, wo er Verwendung findet, inhaltlich übereinzustimmen, sondern es muss der wahre Sinn dieses ohnehin nicht eindeutigen Wortes in jedem Einzelfall auf dem Wege der Auslegung ermittelt werden, weshalb z.B. die Auslegung des Art. 213 Abs. 3 StGB nicht ohne weiteres auf Art. 194 Abs. 1 übertragbar ist, ganz abgesehen BGE 88 IV 62 S. 65 davon, dass in Art. 213 Abs. 3 der französische und italienische Wortlaut sich mit dem deutschen decken. Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, wenn er aus den Worten des französischen Berichterstatters LOGOZ ("... séduite, c'est-à-dire entraînée, induite ...") ableitet, dieser habe die in einem Atemzug aufgezählten drei Ausdrücke ohne begriffliche Unterscheidung gebraucht und damit Verführung im eigentlichen Sinne gemeint. Die Verwendung verschiedenartiger Ausdrücke zur Kennzeichnung derselben Handlung lässt viel eher darauf schliessen, dass auch Logoz nur eine abgeschwächte Form der Verführung vorgeschwebt hat, wie dies dann in den romanischen Texten zum Ausdruck gebracht worden ist. An der bisherigen Rechtsprechung ist daher festzuhalten. Von ihr abzuweichen, besteht umsoweniger Anlass, als die Gefahr, dass Jugendliche in das Treiben Homosexueller hineingezogen werden, seit Erlass des Gesetzes zugenommen hat. 2. ... 3. Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass bei wiederholter widernatürlicher Unzucht mit einem Unmündigen nicht schon dann ein fortgesetztes Delikt vorliegt, wenn der Täter von Anfang an entschlossen war, den Unmündigen bei sich bietender Gelegenheit erneut zu verführen. Ausser dem generellen Vorsatz, der in den hier in Betracht kommenden Fällen verbindlich und daher unanfechtbar festgestellt ist, ist weiteres Erfordernis, dass der Tatbestand des Art. 194 Abs. 1 StGB in jedem Einzelfall auch objektiv erfüllt ist, wozu auch die Verführung gehört. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht habe das Vorliegen einer Verführung beim zweiten und bei den folgenden Vorfällen nicht nachgewiesen oder nicht oder nur ungenügend überprüft, so dass er infolgedessen jeweils nur wegen des ersten Vorkommnisses hätte bestraft werden dürfen. (Zusammengefasst.) Auf einen bestimmenden Einfluss des Beschwerdeführers ist die spätere Hingabe der Verführten BGE 88 IV 62 S. 66 nicht nur in denjenigen Fällen zurückzuführen, in denen der Beschwerdeführer erneut durch Geschenke, Einladungen, sexuelle Reizung usw. auf die Jugendlichen einwirkte, um sie zur Duldung unzüchtiger Handlungen gefügig zu machen, sondern auch dort, wo die Jugendlichen, die er unter Ausnutzung ihres Geldstrebens jedes Mal mit einem Geldbetrag entschädigte, ihn aus eigener Initiative aufsuchten. Die regelmässigen und in kürzeren Zeitabständen erfolgten Zahlungen waren hier nicht nur Entgelt für die geleisteten Dienste, sondern zugleich auch Lockmittel, um die Jugendlichen zu veranlassen, die Beziehungen mit ihm aufrechtzuerhalten und bei künftigen Gelegenheiten ihm neuerdings zur Unzucht zur Verfügung zu stehen. Dadurch hat der Beschwerdeführer das Verhalten seiner unmündigen Partner stets von neuem bestimmt und sie immer wieder verführt.
null
nan
de
1,962
CH_BGE
CH_BGE_006
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Federation
e0cab082-3987-4ba8-95b7-86ff35bc7a93
Urteilskopf 98 Ia 258 40. Auszug aus dem Urteil vom 7. Juni 1972 i.S. X. gegen Kanton Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Regeste Art. 4 BV ; kant. Erbschafts- und Schenkungssteuer. Rechtsnatur einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, wonach der ausscheidende Gesellschafter ohne Berücksichtigung der stillen Reserven nur aufgrund der Buchwerte abzufinden ist. Unter welchen Voraussetzungen darf die gestützt auf eine solche Klausel erfolgte Überlassung stiller Reserven an die verbleibenden Gesellschafter als steuerpflichtige Schenkung behandelt werden?
Sachverhalt ab Seite 259 BGE 98 Ia 258 S. 259 Aus dem Sachverhalt: A.- Die Geschwister O. S., geb. 1897, und H. S., geb. 1899, waren Gesellschafter einer Kollektivgesellschaft mit Sitz in Zürich. Am 15. November 1955 wurde ein neuer Gesellschafts vertrag abgeschlossen, welcher dem 1924 geborenen X., dem Sohn von O. S., die Stellung eines weiteren geschäftsführenden Gesellschafters mit Einzelunterschrift einräumte. Am Gewinn und Verlust hatten die drei Gesellschafter gleichen Anteil. Jedem Gesellschafter wurde ein festes Salär angesetzt, das beim Übertritt in den Ruhestand dahinfallen sollte. Weiter wurde im Gesellschaftsvertrag vereinbart: "8. Scheidet ein Teilhaber zufolge Tod oder Kündigung aus, so wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt. Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so kann dieser das Geschäft als Einzelkaufmann fortsetzen. 9. Der ausscheidende Gesellschafter bzw. seine Erben werden auf Grund der Buchwerte abgefunden, mit Ausnahme von X. (bzw. seiner Erben), bei welchem die seit 1. Januar 1951 erfolgten Änderungen der stillen Warenreserven (gemäss Inventaren nach bisherigen Grundsätzen) entsprechend seinen jeweiligen Gewinnanteilen zu berücksichtigen sind..." Nachdem O. S. 1959 gestorben war, wurde die Gesellschaft von X. und dessen Tante H. S. weitergeführt. In einem Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag von 1955 vereinbarten die beiden am 30. November 1965 unter anderem, dass H. S. in den Ruhestand trete und nicht mehr geschäftsführend sei; ausserdem wurde die Gewinnbeteiligung von H. S. neu geordnet. B.- Am 21. Februar 1968 starb H. S. und hinterliess als gesetzlichen Erben u.a. den einzig noch verbleibenden Gesellschafter X. In dem daraufhin von den zürcherischen Behörden BGE 98 Ia 258 S. 260 eingeleiteten Steuerveranlagungsverfahren war unbestritten, dass X. für den kraft Erbrechts erworbenen Anteil am Vermögen seiner Tante H. S. eine Erbschaftssteuer zu entrichten hatte. Gestützt auf einen Rekursentscheid des zürcherischen Verwaltungsgerichtes vom 23. März 1971 nahm die Finanzdirektion des Kantons Zürich an, X. habe darüber hinaus aufgrund des Gesellschaftsvertrages mit dem Tode von H. S. am 21. Februar 1968 einen Anteil an den stillen Reserven der Kollektivgesellschaft im Betrage von Fr. 197'625.-- erworben, welcher als Schenkung von Todes wegen zu betrachten sei und daher ebenfalls der kantonalen Erbschaftssteuer unterstehe. X. bestreitet die Zulässigkeit dieser letzteren Betrachtungsweise und führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes und die entsprechende Veranlagungsverfügung der Finanzdirektion vom 24. Februar 1972 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV . Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, u.a. aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. a) Die §§ 1 und 2 lit. a des zürcherischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer von 1936/1947 (ESchG) lauten: "§ 1. Der Kanton erhebt eine Erbschafts- und eine Schenkungssteuer. § 2. Der Erbschaftssteuer unterliegen: a) Vermögensanfälle und Zuwendungen kraft gesetzlichen Erbrechts oder auf Grund einer Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung, Vermächtnis, Erbvertrag, Schenkung auf den Todesfall), sofern der Erbgang im Kanton Zürich eröffnet worden ist. Der Schenkung auf den Todesfall sind gleichgestellt: 1. das einer Stiftung auf den Todesfall gewidmete Vermögen, 2. die Zuwendungen von infolge Todes fällig werdenden Versicherungsbeträgen." Nach § 5 unterliegen der Schenkungssteuer bestimmte Zuwendungen unter Lebenden und diesen gleichgestellte Rechtsgeschäfte. b) Gemäss der angefochtenen Verfügung der Finanzdirektion hat der Beschwerdeführer "nach den Gesellschaftsverträgen und der letztwilligen Verfügung" aus dem Nachlass seiner am 21. Februar 1968 verstorbenen Tante H. S. erhalten: BGE 98 Ia 258 S. 261 a) Zum voraus den Anteil an den stillen Reserven der Kollektivgesellschaft: Fr. 197'625.-- b) Erbteil: Fr. 151'748.-- Total: Fr. 349'373.-- Hievon erhebt der Kanton Zürich (unter Berücksichtigung der interkantonalen Steuerausscheidung) eine Erbschaftssteuer von Fr. 80'721.75. Dass der Beschwerdeführer für den Teilbetrag von Fr. 151'748.-- eine Erbschaftssteuer zu entrichten hat, ist unbestritten. Streitig ist einzig, ob eine Erbschaftssteuer auch auf dem ihm gemäss Gesellschaftsvertrag vorweg zugekommenen Anteil von Fr. 197'625.-- an den stillen Reserven der Firma erhoben werden darf. Im Urteil des Verwaltungsgerichtes wurde festgestellt, dass die Zuwendung dieses Anteils entgegen der früheren Annahme der Steuerbehörde nicht der Schenkungssteuer unterliege. Es ist daher bloss zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht ohne Willkür annehmen konnte, sie unterliege der Erbschaftssteuer. Da dieser Vermögensanfall nicht kraft gesetzlichen Erbrechts erfolgte, kann nur fraglich sein, ob es sich um eine Zuwendung "auf Grund einer Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung, Vermächtnis, Erbvertrag, Schenkung auf den Todesfall)" handelt. c) Das Rechtsgeschäft, aufgrund dessen dem Beschwerdeführer der Anteil an den stillen Reserven zufiel, ist der Gesellschaftsvertrag vom 15. November 1955 mit dem Nachtrag vom 30. November 1965. Das Verwaltungsgericht hat dieses Geschäft als Schenkung von Todes wegen betrachtet ( Art. 245 Abs. 2 OR ), bei der der Schenker ein der Annahme bedürftiges Schenkungsversprechen abgibt, der Vollzug dagegen auf den Augenblick des Todes aufgeschoben wird und nur dann erfolgt, wenn der Beschenkte alsdann noch lebt (Komm. TUOR, 2. A., N. 5 Einleitung zum 14. Titel des ZGB). Der Gesellschaftsvertrag ist an sich keine Schenkung von Todes wegen, und es wäre offenbar auch die Form nicht eingehalten, welche für solche Schenkungen vorgeschrieben ist ( Art. 245 Abs. 2 OR , Art. 512 ZGB ; Komm. TUOR, a.a.O.). Es ist indessen möglich, dass der vorliegende Gesellschaftsvertrag mit Nachtrag ein gemischtes Rechtsgeschäft darstellt, das im Zusammenhang mit den das Gesellschaftsverhältnis ordnenden Klauseln eine Schenkung auf den Todesfall mitumfasst. In Lehre und Rechtsprechung wird die Ansicht vertreten, dass gesellschaftsvertragliche BGE 98 Ia 258 S. 262 Vereinbarungen über Umfang und Berechnungsart der Abfindungssumme, welche die Gesellschaft bzw. die Gesellschafter zum Nachteil der Erben des Ausgeschiedenen begünstigen, eine verdeckte Verfügung von Todes wegen zugunsten der verbleibenden Gesellschafter darstellen können (nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichtes vom 22. Mai 1957 i.S. Sch. gegen Staat Bern; VON GREYERZ, Die Unternehmernachfolge in den Personengesellschaften, in: Die Erhaltung der Unternehmung im Erbgang, Bern 1972, S. 87; SOMMER, Steuerbare Einkünfte aus Erbschaft, Vermächtnis, Schenkung und Unterstützung, ZBl 58, 1957, S. 258; MOSER, Fragen, die sich aus dem Verhältnis zwischen den die Kollektivgesellschaft fortsetzenden Gesellschaftern und dem ausgeschiedenen Teilhaber ergeben, Diss. Zürich 1948, S. 47; EHRSAM, Gesellschaftsvertrag und Erbrecht, Diss. Lausanne 1943, S. 163; Verwaltungsgericht Basel-Land, ZBl 62, 1961, S. 402). Das Verwaltungsgericht verfiel demnach nicht in Willkür, wenn es annahm, der Erwerb eines Anteils an den stillen Reserven durch den Beschwerdeführer könne auf einer Schenkung von Todes wegen beruhen, obgleich das massgebende Rechtsgeschäft sich äusserlich nur als Gesellchaftsvertrag darstellt. Als haltbar erweist sich auch die weitere Annahme des Verwaltungsgerichts, es sei nicht entscheidend, ob das Rechtsgeschäft in der Form abgeschlossen worden sei, die für Schenkungen auf den Todesfall vorgeschrieben ist, solange die wirtschaftlichen Folgen der Schenkung nicht beseitigt seien. Der Nichtbeachtung von Formvorschriften kommt im Steuerrecht nicht die gleiche Bedeutung zu wie im Zivilrecht; es lässt sich mit sachlichen Gründen die Auffassung vertreten, steuerrechtlich sei nur massgebend, ob der Beschwerdeführer den Vorteil, der ihm nach dem Willen der Beteiligten allenfalls zukommen sollte, ungeachtet des Formmangels tatsächlich erlangt hat. Schliesslich ging das Verwaltungsgericht offenbar stillschweigend davon aus, es spiele keine Rolle, dass die fragliche Klausel des Gesellschaftsvertrages allenfalls auch zu einer unentgeltlichen Zuwendung unter Lebenden hätte führen können, nämlich dann, wenn einer der Beteiligten nicht durch Tod, sondern infolge Kündigung ausgeschieden wäre. Da gegebenenfalls auch dieser Tatbestand der Erbschafts-bzw. Schenkungssteuer unterliegen würde und die steuerrechtlich massgebenden Kriterien, wie sich zeigen wird, in beiden Fällen dieselben sind, konnte das Verwaltungsgericht BGE 98 Ia 258 S. 263 den genannten Eventualfall ohne Willkür ausser acht lassen und, in Anlehnung an den tatsächlichen Verlauf der Dinge, lediglich prüfen, ob eine Schenkung auf den Todesfall vorliege. Es hat dabei zutreffend auf Ziff. 9 des Gesellschaftsvertrages von 1955 abgestellt. Im Nachtrag von 1965 war zwar vorgesehen, dass diese Vertragsklausel dahinfallen sollte, wenn der Beschwerdeführer vor seiner Tante stürbe. Der Fall trat nicht ein, weshalb es in diesem Punkt bei der Vereinbarung von 1955 blieb. 3. Laut Ziff. 9 des Vertrages von 1955 wird der ausscheidende Gesellschafter (bzw. seine Erben) aufgrund der Buchwerte abgefunden; für den Beschwerdeführer gilt insoweit eine Ausnahme, als bei ihm die seit 1. Januar 1951 erfolgten Änderungen der stillen Warenreserven entsprechend seinem jeweiligen Gewinnanteil zu berücksichtigen sind. Wie das Bundesgericht in BGE 65 I 211 ff. ausgeführt hat, ist zivil- und steuerrechtlich eine Schenkung nicht denkbar ohne den Willen der einen Partei, der andern eine unentgeltliche Zuwendung zu machen. Gemäss Art. 580 OR hat der ausscheidende Gesellschafter einen Anspruch auf Abfindung, der sich vorbehältlich anderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach der Vermögenslage der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens richtet. Bei der Ermittlung dieser Vermögenslage sind grundsätzlich auch die Reserven der Gesellschaft in Rechnung zu stellen. Wenn ein Gesellschafter darauf verzichtet, dass dieser Vermögensteil bei der Festsetzung seines Abfindungsanspruchs berücksichtigt wird, so hat er sich damit in entsprechendem Ausmass entreichert. Er erspart auf diese Weise den verbleibenden Gesellschaftern die Auszahlung eines Kapitalbetrages, weshalb die Verschaffung eines solchen Vorteils eine unentgeltliche Zuwendung sein kann. Ob dies zutrifft, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalles ab. Massgebend ist, ob der Wille unentgeltlicher Zuwendung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestand und für diesen wesentlich war ( BGE 65 I 213 ). Eine Klausel, wonach die Abfindungssumme nach dem Buchwert zu bestimmen sei, kann sich aus rein betrieblichen Gründen, d.h. zum Schutze der Unternehmung als solcher aufdrängen, was, auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Annahme einer Schenkung ausschliesst. Als betrieblich begründet kann eine derartige Klausel zum Beispiel dann erscheinen, wenn für die nächsten Jahre mit einer BGE 98 Ia 258 S. 264 rückläufigen Entwicklung des Unternehmens gerechnet werden muss oder wenn nur sehr geringe Reserven vorhanden sind (MOSER, a.a.O. S. 51; EHRSAM, a.a.O. S. 163). Dass die vorliegend in Frage stehende Bewertungsklausel einzig auf derartige, jede Schenkungsabsicht zum vornherein ausschliessende betriebliche Überlegungen zurückzuführen ist, konnte vom Verwaltungsgericht ohne Willkür verneint werden, zumal die Klausel einen der Gesellschafter in besonderer Weise begünstigt, was die Annahme einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schenkung an sich nahe legt (EHRSAM, a.a.O. S. 163). Doch darf die aufgrund einer solchen Bewertungsklausel erfolgte Überlassung eines Anteils an den stillen Reserven in jedem Falle nur dann als steuerpflichtige Schenkung (sei es auf den Todesfall oder unter Lebenden) behandelt werden, wenn eine Begünstigung des nunmehr bereicherten Gesellschafters schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses beabsichtigt gewesen war. Nehmen beispielsweise drei ungefähr gleichaltrige, gesunde Gesellschafter in den Vertrag eine Klausel auf, wonach jeder Gesellschafter bei einem allfälligen Ausscheiden aufgrund der Buchwerte abzufinden sei, so erhalten beim Tod des einen Gesellschafters die beiden verbleibenden klarerweise keine Schenkung. Als der Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde, hatte in diesem Beispiel keiner der Gesellschafter den Willen unentgeltlicher Zuwendung. Jeder besass für den Fall eines Ausscheidens infolge Todes nach menschlichem Ermessen praktisch die gleiche Chance, dass er den Vorteil erhält, und das gleiche Risiko, dass er bzw. seine Erben den Nachteil erleiden. Der aleatorische Charakter der Klausel schliesst die Annahme einer Schenkung aus (MOSER, a.a.O. S. 48; EHRSAM, a.a.O. S. 164; gleich die deutsche Doktrin, die erwähnt wird bei: HAUSHEER, Erbrechtliche Probleme des Unternehmers, S. 119 Anm. 1). An diesem grunsätzlich aleatorischen Charakter des Rechtsgeschäftes vermag auch ein gewisser Altersunterschied zwischen den Gesellschaftern nichts zu ändern, sofern nicht mit dem baldigen Ableben eines der Gesellschafter gerechnet werden muss; ein allfälliger Altersunterschied fällt umso weniger ins Gewicht, wenn die Bewertungsklausel auch bei einem freiwilligen Ausscheiden infolge Kündigung Anwendung findet. In der Rechtslehre wird zum Teil sogar die Ansicht vertreten, von einer Schenkung könne überhaupt nlcht gesprochen werden, wenn die Klausel über die Berechnung der BGE 98 Ia 258 S. 265 Abfindungssumme für jeden Gesellschafter in gleicher Weise gelte (EHRSAM, a.a.O. S. 164). Wäre im hier zu beurteilenden Fall allgemein vereinbart worden, dass beim Ausscheiden jedes Gesellschafters die Abfindungssumme aufgrund der Buchwerte zu bestimmen sei, so erschiene es unhaltbar, auf dem dem Beschwerdeführer nunmehr zugefallenen Anteil an den stillen Reserven eine Erbschaftssteuer zu erheben. Auch wenn zwischen den beiden andern Gesellschaftern und dem jüngern Beschwerdeführer ein wesentlicher Altersunterschied bestand, so wusste doch im Zeitpunkt der Abmachung keiner von ihnen, ob er der Benachteiligte oder Begünstigte sein werde. Die beiden ältern Gesellschafter waren bei Vertragsschluss erst 58 bzw. 56 Jahre alt, weshalb eine längere Weiterdauer des Gesellschaftsverhältnisses durchaus möglich war und keineswegs feststand, wie sich die künftige Entwicklung gestalten würde (vgl. KÄNZIG, Die Unternehmernachfolge als Steuerrechtsproblem, in: Die Erhaltung der Unternehmung im Erbgang, Bern 1972, S. 178). Sodann konnte ab 1960 jeder Gesellschafter auch durch Kündigung aus der Gesellschaft ausscheiden. Ein vorzeitiges Ausscheiden eines jüngeren Gesellschafters ist keineswegs unwahrscheinlich; gerade im zu beurteilenden Fall war es durchaus denkbar, dass der Beschwerdeführer als junger, akademisch gebildeter Unternehmer das Geschäft verlässt und eine andere Stelle sucht, wenn er findet, dass ihm die älteren Gesellschafter zu wenig Entwicklungsmöglichkeiten lassen. 4. a) In Wirklichkeit wurde im Gesellschaftsvertrag jedoch nicht vereinbart, dass beim Ausscheiden jeder Gesellschafter allein aufgrund der Buchwerte abzufinden sei. Eine dahingehende Vorschrift galt nur für die beiden älteren Gesellschafter, nicht aber für den Beschwerdeführer. Bei ihm waren bei der Bestimmung der Abfindungssumme "die seit 1. Januar 1951 erfolgten Änderungen der stillen Warenreserven (gemäss Inventaren nach bisherigen Grundsätzen) entsprechend seinem jeweiligen Gewinnanteil zu berücksichtigen". Während die beiden andern Gesellschafter bei ihrem Ausscheiden keinen Anspruch auf irgendwelche Reserven hatten, besass der Beschwerdeführer in jedem Falle einen Anspruch auf einen seiner Gewinnbeteiligung entsprechenden Anteil an den stillen Warenreserven. Darin liegt klarerweise eine Begünstigung des Beschwerdeführers, und was er dagegen vorbringt, schlägt nicht durch. Der Vorteil wurde ihm unentgeltlich zugewendet. Soweit BGE 98 Ia 258 S. 266 die stillen Warenreserven in Frage standen, verzichteten die beiden andern Gesellschafter auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens auf den ihrer Gewinnbeteiligung entsprechenden Anteil, ohne dass der Beschwerdeführer auch seinerseits auf diesen Teil der Reserven verzichtet hätte. Er erbrachte also insoweit keine "Gegenleistung". Es lag auch kein Unsicherheitsfaktor vor, da der Beschwerdeführer in jedem Fall einen Anteil an den stillen Warenreserven zu beanspruchen hatte. b) Nach dem Gesagten verzichteten alle Gesellschafter für den Fall ihres Ausscheidens auf einen Anteil an den stillen Reserven, soweit es sich nicht um stille Warenreserven handelte. In diesem Ausmass galt die Klausel für jeden Gesellschafter, weshalb es insoweit gemäss Ziff. 3 der Erwägungen vor Art. 4 BV nicht zulässig war, eine Schenkung von Todes wegen anzunehmen und eine Erbschaftssteuer zu erheben. Mit Bezug auf die stillen Warenreserven hingegen war der Beschwerdeführer begünstigt, und in diesem Rahmen lässt sich mit sachlichen Gründen die Auffassung vertreten, es sei ihm eine Schenkung von Todes wegen zugekommen.
public_law
nan
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1,972
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CH_BGE_002
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Federation
e0cfb4d8-9569-466f-96f2-5cda514da280
Urteilskopf 91 IV 37 11. Urteil des Kassationshofes vom 25. März 1965 i.S. Kalt gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
Regeste 1. Art. 1 Abs. 4 VRV . Auf Strassen, die beidseits mit einem Trottoir versehen sind, erstreckt sich die Fahrbahn auch dann auf die ganze Verkehrsfläche zwischen den Trottoirs, wenn der Strassenrand zum Parkieren von Fahrzeugen benützt werden darf. 2. Art. 41 Abs. 1 VRV . "Schmal" ist die Fahrbahn nur, wenn schon das Parkieren auf einer Fahrbahnseite den Verkehr behindern würde.
Sachverhalt ab Seite 37 BGE 91 IV 37 S. 37 A.- Der Stauffacherquai in Zürich 4 ist 10,5 m breit, auf beiden Seiten mit einem Trottoir versehen und zwischen Stauffacherstrasse und Sihlbrücke nur als Einspurstrecke befahrbar. Auf der einen Seite sind schräggestellte, auf der andern parallel zum Trottoir verlaufende Parkfelder auf der Fahrbahn markiert. Dadurch verschmälert sich bei besetzten Parkfeldern die für den Fahrverkehr frei bleibende Fahrbahn auf 3,85 m. BGE 91 IV 37 S. 38 Am Nachmittag des 24. Juni 1964 parkierte Kalt, weil kein Parkfeld frei war, ein Personenauto während mehr als vier Stunden auf dem 5,05 m breiten Trottoir vor dem Hause Stauffacherquai 8. B.- Der Polizeirichter der Stadt Zürich verurteilte Kalt wegen unerlaubtem Parkieren in Anwendung von Art. 43 Abs. 2 SVG und Art. 41 Abs. 1 VRV zu einer Busse von Fr. 20.-. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich bestätigte am 4. Februar 1965 Schuldspruch und Busse. C.- Kalt führt gegen das Urteil des Einzelrichters Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Er macht geltend, er sei berechtigt gewesen, auf dem Trottoir zu parkieren. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 43 Abs. 2 SVG ist das Trottoir den Fussgängern vorbehalten. Ausnahmsweise darf es als Abstellfläche für Fahrzeuge benützt werden, wenn für die Fussgänger genügend freier Raum bleibt, für Motorwagen nur unter den weitern Voraussetzungen, dass die Fahrbahn schmal und das Trottoir genügend tragfähig ist ( Art. 41 Abs. 1 VRV ). Es versteht sich von selbst, dass diese Ausnahmeregelung nur Anwendung findet, wenn das Aufstellen auf dem Trottoir nicht durch besondere Anordnungen untersagt ist ( Art. 27 Abs. 1 Satz 2 SVG ), sei es durch entsprechende Bodenmarkierungen (Art. 55 Abs. 4 und 5 lit. a + b SSV), sei es durch Halte- oder Parkverbotsignale, die am Fahrbahnrand stehen ( Art. 27 Abs. 1 und 2 SSV ). 2. Im vorliegenden Falle sind von den drei erwähnten Voraussetzungen zwei erfüllt, indem das Trottoir, auf dem der Beschwerdeführer ein Personenauto parkierte, nach der Feststellung der Vorinstanz genügend tragfähig war und eine Breite von 5,05 m aufwies, bei der den Fussgängern neben einem am Trottoirrand aufgestellten Motorwagen hinreichend freier Raum für die Benützung des Trottoirs blieb. Streitig ist einzig, ob die Fahrbahn "schmal" gewesen sei. a) Fahrbahn ist der dem Fahrverkehr dienende Teil der Strasse ( Art. 1 Abs. 4 VRV ). Nicht dem Fahrverkehr dienen vor allem Verkehrsflächen, die dem Fussgängerverkehr vorbehalten sind, so das Trottoir. Der an das Trottoir angrenzende Teil der Strasse dagegen ist auch dann für den Fahrverkehr BGE 91 IV 37 S. 39 bestimmt, wenn auf ihm das Abstellen von Fahrzeugen gestattet ist. Durch das Parkieren von Fahrzeugen wird nicht die Zweckbestimmung dieser Verkehrsfläche aufgehoben, sondern bloss deren Benützbarkeit durch den fliessenden Verkehr zeitweise eingeschränkt. Das gilt auch, wenn auf dem an das Trottoir angrenzenden Teil der Strasse Parkfelder markiert sind. Die Markierungen bedeuten nur, dass ausserhalb der Parkfelder kein Fahrzeug abgestellt werden darf ( Art. 55 Abs. 1 SSV ). Unter Fahrbahn ist daher auf Strassen, die auf beiden Seiten mit einem Trottoir versehen sind, die ganze Verkehrsfläche zwischen den Trottoirs zu verstehen, gleichgültig, ob am Fahrbahnrand Fahrzeuge abgestellt sind oder nicht und ob allenfalls das Parkieren durch markierte Parkfelder geordnet wird oder nicht. Art. 18 Abs. 1 Satz 2 VRV , der sich auf das erlaubte Anhalten und Abstellen von Fahrzeugen auf Strassen mit und ohne Trottoir bezieht und vorschreibt, dass Fahrzeuge am Rand der "Fahrbahn" und parallel dazu angehalten und aufgestellt werden müssen, bestätigt, dass auch diese Stellen zur Fahrbahn zählen. b) Ob eine Fahrbahn im Sinne des Art. 41 Abs. 1 VRV schmal sei, bestimmt sich somit nach ihrer Gesamtbreite, gemessen von einem Fahrbahnrand zum andern, unabhängig von der Breite des Fahrstreifens, der dem fliessenden Verkehr offen bleibt, wenn die auf einer oder auf beiden Seiten der Fahrbahn erlaubten Parkierungsmöglichkeiten voll ausgenützt werden. Hier war die Fahrbahn des Stauffacherquai zehn Meter breit, also auf keinen Fall schmal. Demzufolge durften dort keine Motorwagen auf dem Trottoir abgestellt werden. Die Unzulässigkeit des Vorgehens des Beschwerdeführers ergibt sich auch aus dem Zweck des Art. 41 Abs. 1 VRV , der das Abstellen von Motorwagen auf dem Trottoir nur dort ermöglichen will, wo die Fahrbahn schon an sich so schmal ist, dass der Verkehr behindert wäre, wenn auf ihr Motorwagen parkiert würden. Von einer schmalen Fahrbahn im Sinne dieser Bestimmung kann deshalb zum vornherein keine Rede sein, wenn die Breite der Fahrbahn das Parkieren von Motorwagen auf mindestens einer der beiden Seiten ohne Behinderung des Verkehrs zulässt. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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1,965
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CH_BGE_006
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e0d23810-0082-4661-8789-789ba588bd9d
Urteilskopf 103 IV 146 42. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 28 septembre 1977 dans la cause B. contre Procureur général du canton de Genève
Regeste Art. 11 und 64 letzter Abs. StGB; Strafmilderung. Die letztere Bestimmung fällt nur in Betracht, wenn das Alter des Täters die Ursache dafür ist, dass er nicht die volle Einsicht in das Unrecht seiner Tat besass. Liegt die Ursache in einer Beeinträchtigung der geistigen Gesundheit, dann ist ausschliesslich Art. 11 anwendbar.
Erwägungen ab Seite 147 BGE 103 IV 146 S. 147 Considérant en droit: 2. a) La recourante reproche ensuite à la Cour cantonale de n'avoir pas retenu en sa faveur la circonstance atténuante de l'art. 64 in fine CP, qui permet au juge d'atténuer la peine lorsque l'auteur - comme elle - était âgé de 18 à 20 ans et ne possédait pas encore pleinement la faculté d'apprécier le caractère illicite de ses actes. Elle soutient qu'à côté de l'art. 11 CP, qui a été appliqué en sa faveur, l'art. 64 in fine CP aurait dû être aussi appliqué, car elle était à la fois affectée dans sa faculté d'apprécier le caractère illicite de ses actes et dans sa possibilité de se déterminer d'après l'appréciation donnée. b) La Cour cantonale a constaté en fait - et cela lie la Cour de cassation - que la recourante avait parfaitement conscience de l'illicéité de ses actes en dépit de ses 19 ans et demi, mais qu'un trouble dans sa santé mentale l'avait empéchée de se déterminer d'après la conscience qu'elle avait de ses actes. Elle en a conclu que les premiers juges avaient à juste titre atténué la peine en application de l'art. 11 CP, et non pas de l'art. 64 in fine CP. Cette manière de voir est irréprochable. La faculté pour le juge d'atténuer la peine en vertu de l'art. 64 in fine CP n'existe que si, en raison de son âge, l'auteur âgé de 18 à 20 ans ne possédait pas encore pleinement la faculté d'apprécier le caractère illicite de son acte. Or, comme il ressort des faits précités que l'âge de la recourante non seulement n'a joué aucun rôle dans la faculté qu'elle avait d'apprécier le caractère illicite de ses actes, mais encore qu'en dépit de son âge, elle avait parfaitement conscience de cette illicéité, l'art. 64 ch. 9 CP ne saurait trouver d'application en l'espèce. La recourante invoque, certes, une phrase du rapport d'expertise psychiatrique, selon laquelle "elle ne pouvait réaliser la portée de ses actes, se défendant contre un sentiment de culpabilité qui apparaîtra par la suite". Mais cet élément - que la Cour cantonale était d'ailleurs en droit d'écarter - est sans rapport avec l'âge de la recourante. Il se réfère clairement BGE 103 IV 146 S. 148 a un trouble de la santé mentale, qui ne peut entraîner que l'application de l'art. 11 CP. Comme cette disposition a été appliquée et que la responsabilité restreinte de la recourante a été reconnue, celle-ci n'a pâti d'aucune violation de la loi. De toute manière, lorsque la responsabilité restreinte est reconnue à un délinquant de 18 à 20 ans, en application de l'art. 11 CP, on peut se demander s'il n'est pas alors superflu - comme dénué de toute conséquence pratique - d'examiner encore si, parallèlement aux troubles constatés, l'âge a aussi joué un rôle dans la diminution de la responsabilité. La faculté d'atténuation conférée par l'art. 11 CP étant plus large que celle prévue à l'art. 64 CP, le délinquant ne saurait en effet prima facie subir aucun préjudice. Il est toutefois superflu de résoudre cette question in casu.
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Urteilskopf 84 IV 80 24. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 21 mars 1958 dans la cause Ministère public fédéral contre Michaud.
Regeste Art. 336 LMV . Die Bezeichnung "CHATEAUVIEUX" ist unzulässig für einen Wein, der weder von einem Ort noch aus einem Gut stammt, die diesen Namen tragen.
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 84 IV 80 S. 80 A.- En 1946, Provins a déposé au Bureau fédéral de la propriété intellectuelle une marque mixte, à la fois verbale et figurative, qui contient en particulier le mot "CHATEAUVIEUX" et représente en outre un château entouré de quelques arbres et dominant une vigne. Dès 1947, Provins mit sur le marché un vin de dôle dans des bouteilles munies de cette étiquette et coiffées d'une capsule qui porte l'inscription: "Concours de capsule dorée". Cette capsule est réservée aux produits choisis des vignes les mieux exposées sur le versant nord de la vallée du Rhône, entre Fully et Loèche. Le vin "CHATEAUVIEUX", dont une réclame coûteuse a assuré l'écoulement, est d'une qualité réputée. B.- Le 2 novembre 1956, le Service lausannois du contrôle des denrées alimentaires préleva trois bouteilles portant l'étiquette "CHATEAUVIEUX" dans un commerce, à Lausanne. Le 15 mars 1957, sur dénonciation du chimiste cantonal vaudois, le Préfet de Lausanne frappa Michaud, directeur responsable de Provins, de 500 fr. d'amende pour infraction aux art. 15 et 336 ODA. Le condamné ayant fait opposition, le Juge d'instruction du canton de Vaud transmit l'affaire aux autorités valaisannes, qu'il estimait compétentes. C.- Statuant les 25 octobre et 13 novembre 1957, le Tribunal cantonal valaisan prononça l'acquittement de Michaud, mais condamna la maison Provins aux frais. BGE 84 IV 80 S. 81 D.- Le Ministère public de la Confédération s'est pourvu en nullité contre ce jugement et conclut au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision. Michaud conclut au rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'art. 15 al. 1 ODA prescrit que les dénominations, indications, vignettes, emballages etc. doivent exclure toute tromperie quant à la nature, à l'origine, à la quantité ou au poids des denrées alimentaires. Formulant la même règle de façon différente, l'art. 15 al. 2 ODA interdit l'emploi des signes, vignettes ou marques propres à tromper autrui. Il précise que l'interdiction touche aussi les noms de fantaisie, même enregistrés comme marque. L'art. 336 ODA applique ces principes au commerce des vins. Selon son premier alinéa, les indications de provenance, d'origine, de cépage ou autres "doivent être conformes à la réalité et exclure toute possibilité de confusion". Quant au deuxième alinéa, il prescrit que des noms de fantaisie, des marques verbales, de même que "Des vignettes de caractère régional ou local ne peuvent être employés que pour des vins qui, conformément au premier alinéa, peuvent porter une indication relative à leur origine ou au cépage et qui la portent effectivement". Il ne prévoit pas expressément que les noms de fantaisie, etc., qu'il vise, doivent exclure toute confusion. Mais cela n'était pas nécessaire; la prescription reste subordonnée à la règle générale de l'art. 15 al. 1, qui formule une telle exigence. Aussi bien, ayant prohibé, à l'art. 336 al. 1, toutes mentions trompeuses au sujet de la provenance, de l'origine ou du cépage des vins, le législateur n'avait aucune raison de se montrer moins rigoureux pour les signes distinctifs qu'il énumère à l'art. 336 al. 2. 2. L'étiquette dont il s'agit combine le mot "CHA-TEAUVIEUX" avec des éléments figuratifs sous la forme d'un château qui domine une vigne. Provins a manifesté l'intention de modifier cette image, mais de conserver l'élément BGE 84 IV 80 S. 82 verbal, que la juridiction cantonale trouve admissible. Elle estime que ce mot constitue une appellation de fantaisie. Il n'est cependant pas nécessaire de trancher cette question en l'espèce. Qu'il s'agisse d'une indication d'origine (art. 336 al. 1 ODA) ou d'un nom de fantaisie (art. 336 al. 2 ODA), dans l'un comme dans l'autre cas, on l'a montré, toute possibilité de confusion doit être exclue. Or le mot "château" évoque l'idée d'un bâtiment, c'est-à-dire d'un lieu. Il se retrouve dans le nom de nombreuses localités. La désignation "CHATEAUVIEUX" fait nécessairement penser à un château existant dans un lieu donné, à un nom du cadastre ou à une localité. En tant qu'elle désigne un vin, elle suggère qu'il s'agit du produit de vignes sises à Châteauvieux, soit d'un cru spécial, d'autant plus que le terme château se retrouve dans un grand nombre de dénominations désignant des crus. Or il est constant que le vin vendu sous la désignation "CHATEAU-VIEUX" ne provient pas d'un domaine de ce nom. La marque prête donc à confusion et se heurte aux prescriptions de l'ordonnance réglant le commerce des denrées alimentaires. Le Tribunal fédéral a du reste déjà jugé que les dénominations "Château-Brillant" et "Clos des Rayons" ne sont pas admissibles dès lors qu'elles ne se rapportent pas à un lieu topographiquement défini, dont proviendrait le vin qu'elles désignent (arrêts Mühlematter du 19 février 1938, consid. 2, et Sartoretti, du 16 mars 1950, non publiés). Peu importe que le recourant ait écrit sa marque en un seul mot ("CHATEAUVIEUX" au lieu de "CHATEAU-VIEUX"). Elle n'en suggère pas moins l'idée d'un cru bien localisé. Peu importe, de même, qu'il n'ait pas mis d'accent circonflexe sur l'a de CHATEAU. Ce n'est pas l'usage de mettre des accents sur des lettres capitales. 3. La désignation "CHATEAUVIEUX" est d'autant moins admissible en l'espèce qu'elle se combine avec l'image d'un château et d'une vigne, ce qui doit nécessairement renforcer le consommateur dans l'idée que le vin est BGE 84 IV 80 S. 83 le produit d'un domaine appartenant au château représenté. Peu importe que le château soit imaginaire, comme le constate l'autorité cantonale. Cela n'est pas reconnaissable pour tous les acheteurs. 4. La capsule qui décore les bouteilles de vin de "CHATEAUVIEUX", bien qu'elle porte l'inscription "Concours de capsule dorée", ne supprime pas toute possibilité de confusion. Tout acheteur ne sait pas nécessairement que la capsule caractérise des produits sélectionnés de vendanges récoltées dans différentes localités. De plus, s'il commande la bouteille dans un restaurant, il n'apercevra pas toujours la capsule, qui peut être arrachée ou déchirée par l'enlèvement du bouchon. En tout cas, il s'intéressera moins à la capsule qu'à l'étiquette. 5. L'enregistrement de la marque "CHATEAU-VIEUX" ne prouve nullement qu'elle soit conforme aux prescriptions touchant les denrées alimentaires. Sans doute le Bureau fédéral de la propriété intellectuelle doit-il refuser l'inscription des marques contraires à la législation fédérale et de celles qui contiennent "une indication de provenance évidemment fausse" (art. 14 al. 1 ch. 2 et 4 LMF). Mais il n'est pas tenu à une vérification approfondie (arrêt Mühlematter, précité). De plus, l'enregistrement n'a qu'un effet déclaratif; il ne crée pas le droit à la marque (RO 31 II 321). C'est pourquoi l'art. 15 al. 2 ODA interdit expressément toutes les indications trompeuses, fussentelles enregistrées comme marques. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision.
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Urteilskopf 103 V 44 10. Auszug aus dem Urteil vom 8. Februar 1977 i.S. Arbeitslosenversicherungskasse ARLO Laufen gegen Kantonales Arbeitsamt Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern betreffend Chopra
Regeste Art. 53 AlVG . Die Arbeitslosenversicherungskasse ist nicht befugt, eine auf ihr Ersuchen von der zuständigen kantonalen Amtsstelle erlassene Verfügung anzufechten.
Erwägungen ab Seite 44 BGE 103 V 44 S. 44 Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: ... 1. Am 20. September 1975 teilte die Kasse dem Versicherten mit, dass sie seinen "Fall für die Zeit vom 1.8. - 20.9.75" dem kantonalen Arbeitsamt unterbreite, weil er seit dem 1. August 1975 arbeitslos sei. Sie verwies dabei ausdrücklich auf die Vorschrift des AlVG, dass die Kasse, die an der Anspruchsberechtigung eines Versicherten zweifelt, den Fall der zuständigen kantonalen Amtsstelle unterbreiten muss, welche die entsprechende Verfügung erlässt ( Art. 24 Abs. 3 AlVG ). Gleichentags stellte die Kasse auf dem Formular "Entscheid in Zweifelsfällen" dem kantonalen Arbeitsamt die Frage: "Ist Herr Chopra anspruchsberechtigt und, wenn ja, für wieviele Tage?" Diese Tatsachen lassen ohne weiteres erkennen, dass die Kasse im Verfahren in Zweifelsfällen die Anspruchsberechtigung im Sinn von Art. 24 Abs. 2 AlVG geklärt haben wollte. Im besondern ging es ihr darum, zu wissen, wie lange die Anspruchsberechtigung nach Art. 29 BGE 103 V 44 S. 45 AlVG allenfalls eingestellt sein soll. Dies allein konnte der Zweck ihrer Anfrage beim Arbeitsamt gewesen sein, denn da am 20. September 1975 nicht feststand, wie lange der Versicherte in Zukunft noch arbeitslos sein werde, wäre es sinnlos gewesen, nach der Dauer der Anspruchsberechtigung zu fragen. 2. Nach Art. 29 Abs. 3 AlVG hat die zuständige kantonale Amtsstelle die Einstellung in der Anspruchsberechtigung zu verfügen, wenn die Kasse einen Versicherten nicht von sich aus einstellt, obschon ein Grund dazu vorliegt. Alsdann steht der Kasse das Recht nicht zu, sich bei der kantonalen Rekursbehörde zu beschweren. Wer in einem solchen Fall beschwerdelegitimiert ist, wird in Art. 53 Abs. 1 AlVG geregelt. Danach können gegen Verfügungen der kantonalen Amtsstellen gemäss Art. 29 Abs. 3 AlVG nur die Versicherten und die von ihnen unterstützten oder unterhaltenen Personen Beschwerde erheben. Art. 29 Abs. 3 AlVG gehört auch nicht zu den Bestimmungen, bei deren Anwendung die Kassen nach Art. 53 Abs. 2 AlVG ausnahmsweise beschwerdeberechtigt sind (ARV 1954 Nr. 43). Anderseits steht der Kasse das Recht zu, jene Verfügung einer kantonalen Amtsstelle beschwerdeweise an die Rekursbehörde weiterzuziehen, mit welcher die Amtsstelle eine Einstellungsverfügung der Kasse nachträglich abgeändert hat (ARV 1958 Nr. 36). Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsamt am 27. Oktober 1975 nicht etwa deshalb die Einstellung in der Anspruchsberechtigung verfügt, weil die Kasse - im oben umschriebenen Sinn - untätig geblieben wäre oder eine rechtswidrige Verfügung erlassen hätte, sondern nur darum, weil es von der Kasse in einem "Zweifelsfall" darum ersucht worden war. In Art. 53 Abs. 1 und 2 AlVG , wo die Beschwerdelegitimation auch der Kassen geordnet wird, ist aber dieser Fall nicht vorgesehen. Indessen liesse es sich nicht rechtfertigen, die Aktivlegitimation der Arbeitslosenkassen verschieden zu regeln, je nachdem, ob die kantonale Amtsstelle gemäss Art. 29 Abs. 3 AlVG oder deshalb die Einstellung verfügte, weil die Kasse im Zweifelsfall sie darum ersucht hat. Die Beschwerdelegitimation der Kasse stellt ohnehin eine gesetzliche Ausnahme dar (vgl. Art. 53 Abs. 2 AlVG ). Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Arbeitslosenversicherungskasse ARLO nicht legitimiert war, sich gegen die BGE 103 V 44 S. 46 Verfügung des Arbeitsamtes vom 27. Oktober 1975 zu beschweren. Die Vorinstanz hat daher ihre Beschwerde mit Recht durch Nichteintreten erledigt. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Kasse wird abgewiesen.
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Urteilskopf 81 IV 145 31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. Mai 1955 i.S. Berger gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 9, 24 Abs. 2 StGB . Falsches Zeugnis ( Art. 307 StGB ) ist auch dann Verbrechen, wenn es von einem Jugendlichen abgelegt wird.
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 81 IV 145 S. 145 Berger vollzog im September 1953 mit der am 15. März 1938 geborenen M. S. den Beischlaf, und im Oktober 1953 wiederholte er die Tat. Im Strafverfahren wegen Unzucht mit einem Kinde gab er seine Verbrechen vor dem Untersuchungsrichter zu, und M. S. sagte in der Untersuchung ihrerseits als Zeuge wahrheitsgemäss aus. In der Folge ersuchte Berger sie erfolglos, alles abzuleugnen. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte ihn daher am 30. November 1954 ausser wegen Unzucht mit einem Kinde auch wegen Versuchs der Anstiftung zu falscher Zeugenaussage. Berger führte Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung von der Anschuldigung des Versuchs der Anstiftung zu falschem Zeugnis. Sie wurde abgewiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe gegenüber M. S. keinen strafbaren Versuch der Anstiftung zu falschem Zeugnis begangen, weil das Mädchen, wenn es als Zeuge falsch ausgesagt hätte, nicht zu Zuchthaus, sondern lediglich zu einer Massnahme gemäss Art. 89 ff. BGE 81 IV 145 S. 146 StGB hätte verurteilt werden können, also nicht ein Verbrechen im Sinne des Art. 9 StGB verübt hätte. Er verkennt, dass die Würdigung einer Tat als Verbrechen oder Vergehen nicht von der Strafe abhängt, die gegen den konkreten Täter ausgesprochen wird oder werden kann, sondern von der Strafe, die auf Handlungen dieser Art ohne Rücksicht auf besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, die die Strafbarkeit des konkreten Täters mindern, erhöhen oder ausschliessen, angedroht ist (vgl. Art. 9 StGB ; BGE 72 IV 51 , BGE 74 IV 16 ). Einzig von der für Erwachsene angedrohten Strafe hängt die Würdigung der Tat als Verbrechen oder Vergehen insbesondere auch dann ab, wenn sie von einem Jugendlichen begangen wird. Würde auf die gegenüber Jugendlichen anwendbaren Massnahmen abgestellt, so wären die Handlungen dieser Personen weder Verbrechen noch Vergehen, könnten also z.B. auch Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 StGB nicht angewendet werden. Wer einen Jugendlichen anstiftet oder ihm Hülfe leistet, wäre also straflos. Das kann das Gesetz nicht wollen. Dass die von Jugendlichen begangenen Handlungen Verbrechen oder Vergehen sein können, obschon der Täter nicht zu Zuchthaus bezw. Gefängnis verurteilt werden kann, ergibt sich auch aus Art. 95 Abs. 1 StGB , der die beiden Begriffe verwendet, ferner daraus, dass Art. 9 in einem Titel steht, der überwiegend (Ausnahmen siehe BGE 76 IV 274 ) Bestimmungen enthält, die für Handlungen von Jugendlichen so gut gelten wie für solche von Erwachsenen. Wären demnach falsche Aussagen des Mädchens Verbrechen gewesen, so fällt der Versuch des Beschwerdeführers, es zu solchen zu bestimmen, unter Art. 24 Abs. 2 StGB .
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Urteilskopf 105 IV 114 31. Urteil des Kassationshofes vom 7. Mai 1979 i.S. R. gegen Schachgesellschaft Allschwil und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 173 StGB . 1. Diese Bestimmung setzt nicht voraus, dass der Betroffene in der ehrverletzenden Äusserung namentlich genannt werde; es genügt, dass nach den Umständen erkennbar ist, auf wen sie sich bezieht (E. 1). 2. Wer eine Äusserung durch die Presse verbreiten will, hat ihren Wahrheitsgehalt besonders sorgfältig zu überprüfen. Der Richter kann indessen bei der Beurteilung der persönlichen Verhältnisse der beruflichen Stellung und dem besonderen Auftrag des Journalisten Rechnung tragen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 114 BGE 105 IV 114 S. 114 A.- Am 21. November 1976 fanden in Winterthur die Endspiele in der schweizerischen Schachmeisterschaft statt. Um den Verbleib in der Nationalliga A kämpften u.a. die Schachgesellschaft Allschwil und der Schachklub Luzern, die beide nebst Basel abstiegsgefährdet waren. Dank einem Unentschieden gegen Allschwil konnte sich Luzern den Verbleib in der obersten Spielklasse sichern, während Allschwil in die untere Klasse absteigen musste. BGE 105 IV 114 S. 115 Am 27. November 1976 erschien im Sportteil der "Luzerner Neuesten Nachrichten" ein von R. verfasster Artikel, der folgende Sätze enthielt: Als Teilüberschrift: "Der SK Luzern vermied mit einem harterkämpften Unentschieden gegen Allschwil in Winterthur den Abstieg..." Text, zweiter Abschnitt: "Bedauerlicherweise scheint sich die "Lockheed-Mentalität" auch im geistigen Sport einzunisten. Dass von Allschwiler Seite versucht worden sein soll, einen Luzerner Spitzenspieler mit Geld zu bestechen, mutet widerlich an..." B.- Das Amtsgericht Luzern-Stadt sprach R. am 7. Juli 1978 von der Anklage der üblen Nachrede, eventuell der Verleumdung frei, auferlegte ihm aber einen Teil der Kosten. Am 29. November 1978 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern R. wegen übler Nachrede zu einer Busse von Fr. 100.- und auferlegte ihm die gesamten Verfahrenskosten, ausmachend Fr. 1'900.- und die Parteikosten der Privatklägerin im Betrag von Fr. 3'531.60. C.- R. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- Die Schachgesellschaft Allschwil beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft Luzern hat keine Gegenbemerkungen eingereicht. E.- Eine von R. eingereichte staatsrechtliche Beschwerde hat der Kassationshof am 19. April 1979 abgewiesen, soweit auf sie einzutreten war. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst die Aktivlegitimation der Schachgesellschaft Allschwil. Er macht geltend, die strafbare Ehrverletzung müsse sich stets gegen bestimmte oder eindeutig bestimmbare natürliche oder juristische Personen richten. Das könne zwar auch der Fall sein, wenn der Täter sich mit einer Kollektivbezeichnung gegen eine Mehrheit von Personen wende, doch müsse eine solche Bezeichnung so lauten, dass über die Zugehörigkeit einer Einzelperson zu den Betroffenen kein Zweifel bestehe. Ähnlich habe das BGE 105 IV 114 S. 116 Bundesgericht in BGE 100 IV 43 den allgemeinen Grundsatz aufgestellt, dass der gegen eine grössere Zahl von Personen gerichtete allgemeine Angriff nicht geeignet sei, den Ruf des Einzelnen zu schädigen, wenn keine Abgrenzung es erlaube, einen engeren Personenkreis festzustellen, der sich von der Gesamtheit unterscheide. Die Kollektivbezeichnung "Allschwiler Seite" lasse in ihrer Unbestimmtheit gar nicht eindeutig auf eine bestimmte Einzelperson, insbesondere auf die Schachgesellschaft Allschwil schliessen. Sie meine weder alle noch bestimmte Personen aus der Gegend von Allschwil und erlaube es nicht, einen engeren Personenkreis abzugrenzen, zumal die Bezeichnung "Allschwiler Seite" auch nicht in der Gegend von Allschwil wohnende Nichtmitglieder, Gönner oder irgendwelche Fanatiker umfassen könne. Weder der Durchschnittsleser noch der Kenner der Verhältnisse dürfte den Eindruck gewonnen haben, die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Äusserung richte sich gegen die Schachgesellschaft Allschwil. Auch wäre es niemandem eingefallen, den Vorwurf eines Bestechungsversuches per Telefon, der nur durch eine Einzelperson begangen werden könne, mit einem Verein in Verbindung zu bringen. Sodann sei die hier verwendete Kollektivbezeichnung "Allschwiler Seite" für den mit den konkreten Verhältnissen Vertrauten nicht weniger allgemein als der vom Journalisten B. in seinem Bericht im "Luzerner Tagblatt" gewählte Ausdruck "aus Richtung Nord", der wegen seiner Unbestimmtheit von einem Gericht als zulässig erkannt worden sei. Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, er habe weder gewusst noch in Kauf genommen und auch nicht gewollt, dass der Leser von der Bezeichnung "Allschwiler Seite" auf die Schachgesellschaft Allschwil schliesse. Er habe überhaupt nicht eine bestimmte Person treffen wollen, sondern es sei ihm als begeistertem Schachspieler um die Bekämpfung schändlicher Bestechungsmethoden gegangen. a) Der fragliche Zeitungsartikel enthält in der Teilüberschrift den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Schachklub Luzern "mit einem harterkämpften Unentschieden gegen Allschwil" den Abstieg vermieden habe. Der erste Textabschnitt enthält die Feststellung, dass es in den hinteren Regionen hektischer zugegangen sei, "wo Basel, Luzern oder Allschwil noch als Absteiger in Frage kamen". Darauf folgt der inkriminierte zweite Abschnitt mit der Wendung, dass von BGE 105 IV 114 S. 117 "Allschwiler Seite versucht worden sein soll, einen Luzerner Spitzenspieler zu bestechen" und der dritte Abschnitt wird mit dem Satz eingeleitet: "Die Nerven der Luzerner waren begreiflicherweise schon vor Kampfbeginn gegen Allschwil strapaziert." Die Vorinstanz hat Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie erkannte, der unbefangene Leser dieser Sätze habe unwillkürlich auf die Schachgesellschaft Allschwil als Urheberin des Bestechungsversuches schliessen müssen. Einmal ergab sich für ihn aus dem Zeitungsartikel unmittelbar das Interesse der Schachgesellschaft Allschwil an einer Niederlage des Schachklubs Luzern, um sich in der Nationalliga A halten zu können. Sodann lag es nach dem gesamten Kontext nahe, den Versuch, dieses Ergebnis auf unlautere Weise herbeizuführen, dem abstiegsgefährdeten Allschwiler Verein zuzuschreiben, stand doch die Verdächtigung eines Bestechungsversuchs von Allschwiler Seite im Zusammenhang mit verschiedenen Ausführungen, in welchen für jedermann erkennbar auf die Schachgesellschaft Allschwil hingewiesen wurde. Der Einwand des Beschwerdeführers, wonach die inkriminierte Äusserung sich auf irgendeine Person aus der Gegend von Allschwil habe beziehen können, geht daher fehl. Es entspricht überdies dem allgemeinen Sprachgebrauch gerade auch in Sportmeldungen, zur Bezeichnung eines Sportvereins vereinfachend "Allschwil", "die Allschwiler", "auf/von Allschwiler Seite" zu schreiben: "Auf Allschwiler Seite spielten... besonders gut"; "Von Allschwiler Seite wurde Rekurs erhoben", etc. Schliesslich ist dem Beschwerdeführer auch nicht beizupflichten, wenn er behauptet, ein Bestechungsversuch per Telefon könne nur von einer Einzelperson, d.h. von einem Menschen begangen werden, weshalb es niemandem einfallen würde, die Verdächtigung auf einen Verein zu beziehen. Abgesehen davon, dass juristische Personen notwendig durch Menschen, nämlich ihre Organe handeln, war es im vorliegenden Fall nach dem gesamten Inhalt des Zeitungsartikels und den sich daraus ergebenden Zusammenhängen keineswegs wirklichkeitsfremd, die unmittelbar interessierte Schachgesellschaft Allschwil als Urheberin des behaupteten Bestechungsversuchs anzusehen. Damit war aber der Angriff in seiner Zielrichtung deutlich genug, um bei objektiver Betrachtung die Beschwerdegegnerin von der Gesamtheit der natürlichen und juristischen Personen BGE 105 IV 114 S. 118 aus der Gegend von Allschwil abzuheben und als in ihrer Ehre Verletzte zu individualisieren. Deshalb muss auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf BGE 100 IV 43 versagen. Damals handelte es sich im Unterschied zu der R. zur Last gelegten Äusserung um einen allgemeinen Angriff gegen eine weitreichende Personengesamtheit, deren zahlreiche Individuen einzig durch das Merkmal der mehr oder weniger regelmässigen Ausübung der Jagd gekennzeichnet waren, was eine Begrenzung auf eine sich vom Ganzen abhebende Gruppe oder auf bestimmte Einzelpersonen ausschloss. Der Vergleich mit dem Fall B. hilft deswegen nichts, weil hier allein die vorinstanzliche Würdigung des vom Beschwerdeführer geäusserten Verdachts zur Entscheidung steht und nicht eine von einem Dritten in anderer Form vorgebrachte und von einem anderen Gericht beurteilte Äusserung. b) Die Einwände des Beschwerdeführers, mit denen er das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes bestreitet, sind ebenfalls unbegründet. Gegen wen sich eine ehrenrührige Äusserung richtet, entscheidet sich nach objektiven Gesichtspunkten und nicht danach, was der Täter wollte (nicht veröffentlichte Urteile des Kassationshofes i.S. P. vom 17.10.1958 E. 1 und i.S. Sch. vom 20.2.1959 E. VII, 2a). Der Vorsatz hat demnach mit der Frage der Berechtigung zum Strafantrag nichts zu tun. Soweit er vom Beschwerdeführer bestritten wird, geschieht es überdies mit einer untauglichen Begründung. Insbesondere verkennt R., dass die Beleidigungsabsicht nicht Tatbestandsmerkmal der strafbaren Ehrverletzung ist. Es genügt, dass der Täter sich der Ehrenrührigkeit seiner Äusserung bewusst gewesen ist und sie dennoch getan hat ( BGE 92 IV 97 , 79 IV 22). Das aber ist hier unzweifelhaft der Fall gewesen. 2. Nach dem angefochtenen Urteil hat der Beschwerdeführer weder den Wahrheitsbeweis noch den Gutgläubigkeitsbeweis erbracht. Das erstere wird von R. nicht in Abrede gestellt. Dagegen macht er geltend, in zureichendem Masse dargetan zu haben, dass er ernsthafte Gründe hatte, seine Äusserung in guten Treuen für wahr zu halten. a) Der Gutgläubigkeitsbeweis ist erbracht, wenn der Täter nachweist, dass er die ihm nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen zumutbaren Schritte unternommen hat, um die Richtigkeit seiner Äusserung zu überprüfen und sie für gegeben zu erachten. Dabei ist besondere Sorgfalt BGE 105 IV 114 S. 119 geboten, wo die Äusserung durch die Presse verbreitet werden soll. Die in der Verbreitung durch das Presseerzeugnis liegende weite Streuung der Äusserung erhöht die suggestive Kraft des gedruckten Textes und verschärft damit den Angriff auf die Ehre des Betroffenen. Deshalb muss in solchen Fällen die Pflicht zu sorgfältiger Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Äusserung strikte beachtet werden ( BGE 104 IV 16 /17). Der Journalist geniesst im Bereich der Ehrverletzungen keine Vorzugsstellung. Der Richter kann lediglich bei der Beurteilung der persönlichen Verhältnisse der beruflichen Stellung und dem besonderen Auftrag des Journalisten Rechnung tragen ( BGE 104 IV 14 E. 1c). b) Das hat die Vorinstanz nicht verkannt. Sie stellt für den Kassationshof verbindlich fest, R. habe sich bei seiner Äusserung ausschliesslich auf Vermutungen Dritter gestützt, obschon ihm seit der Mitteilung durch Dr. M., wonach gegenüber J. telephonisch ein Bestechungsversuch unternommen worden sei, für Recherchierarbeiten rund 14 Tage zur Verfügung gestanden hätten. Überdies hätte auch die Möglichkeit bestanden, anlässlich der Schachfinalrunde vom 21. November 1976 mit vielen Schachspielern - auch denjenigen von Allschwil - den Sachverhalt eingehend zu erörtern. Anschliessend hätte R. bis zum 27. November Zeit gehabt, allfälligen Unklarheiten mit einer entsprechenden vorsichtigen Formulierung Rechnung zu tragen. Die Vorinstanz hat Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie gestützt auf diesen Sachverhalt zum Schluss gelangte, R. habe seiner journalistischen Informationspflicht nicht genügt und die Schachgesellschaft Allschwil leichtfertig eines nicht bewiesenen unehrenhaften Verhaltens bezichtigt. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, hält nicht. Soweit seine Sachdarstellung von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweicht, ist er nicht zu hören ( Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277 bis BStP ). Fehl geht sein Einwand, nach dem Gespräch mit Dr. M. sei eine Kontaktnahme mit J. überflüssig gewesen, weil ihm die genannte Gewährsperson als glaubwürdig bekannt gewesen sei. R. verkennt, dass auch Dr. M. sich hinsichtlich der Urheberschaft des Bestechungsversuchs nur auf Vermutungen stützen konnte und dass er insbesondere nicht selber der Adressat des Telefonanrufs war. Über den Anruf hätte nur J. genauere Auskunft geben können. BGE 105 IV 114 S. 120 Eine Erkundigung bei ihm hätte dem Beschwerdeführer auch klar gemacht, dass besondere Zurückhaltung am Platz sei. Noch weniger als auf die Vermutung von Dr. M. durfte sich der Journalist R. auf das angeblich in Luzerner Schachkreisen kursierende Gerücht, dass Allschwil hinter dem Bestechungsversuch stehe, verlassen. Dass es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, am Schachturnier selber mit Spielern von Allschwil den Sachverhalt zu erörtern, bestreitet er nicht. Angesichts dieser Unterlassungen kann nicht gesagt werden, R. habe alles ihm Zumutbare unternommen, um sich von der Begründetheit seiner Verdächtigung zu überzeugen. Er hat seiner journalistischen Informationspflicht nicht genügt. Auch Beweisschwierigkeiten machen eine ehrverletzende Äusserung nicht erlaubt; wer solchen begegnet, muss sich hüten, ehrenrührige Vorwürfe zu erheben ( BGE 92 IV 98 ), zumal dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - zur Orientierung der Öffentlichkeit über gewisse Missbräuche die Nennung einer bestimmbaren Person überhaupt nicht erforderlich ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Urteilskopf 104 Ib 194 33. Urteil vom 10. November 1978 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Entzug des Führerausweises; Fehlen der gesetzlichen Grundlage. Die Vereitelung der Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG stellt mangels gesetzlicher Grundlage keinen Entzugsgrund dar.
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 104 Ib 194 S. 194 Am 20. Oktober 1976, etwa um 00.40 Uhr, lenkte X. seinen Personenwagen auf der Weinbergstrasse in Zürich zum Central, wo er auf der Höhe der Einmündung der Stampfenbachstrasse die Herrschaft über sein Fahrzeug verlor und mit einem Inselschutzpfosten kollidierte. Ohne sich um den entstandenen Schaden zu kümmern, fuhr er weiter. Nachdem ein Zeuge die Kollision der Polizei gemeldet hatte, konnte X. etwa um 02.30 Uhr in seiner Wohnung ausfindig gemacht und kontrolliert werden. Später führte der auf der Polizeiwache vorgenommene Atemlufttest zu einem positiven Resultat; deshalb wurde um etwa 04.00 Uhr eine Blutprobe entnommen, deren Auswertung einen Blutalkoholgehalt von 1,42 bzw. 1,43 Gewichtspromillen ergab. X. erklärte, nach der Rückkehr in seine Wohnung ungefähr zweizweidrittel Flaschen Bier getrunken zu haben; vor dem Unfall habe er vor 19.30 Uhr drei Becher Bier zu je 3 dl getrunken; er verneinte, sein Fahrzeug in angetrunkenem Zustand gelenkt zu haben. Zudem machte er geltend, nach der Kollision den Schaden am Kandelaber nicht bemerkt zu haben. BGE 104 Ib 194 S. 195 Am 27. April 1977 erklärte das Bezirksgericht Zürich den X. schuldig der Vereitelung einer Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1958 über den Strassenverkehr (SVG; SR 741.01), des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 3 SVG sowie der Verletzung einer Verkehrsregel im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 SVG . Es verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 1'000.-. Von der Anklage des Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG wurde X. freigesprochen. In der Folge entzog die Polizeidirektion des Kantons Zürich dem X. den Führerausweis für die Dauer von drei Monaten. Sie legte dieser Massnahme die Sachverhaltsfeststellungen des Strafrichters zugrunde. Der Regierungsrat des Kantons Zürich wies den gegen die Entzugsverfügung erhobenen Rekurs am 1. Februar 1978 ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde begehrt X. die Aufhebung des regierungsrätlichen Entscheides und den Verzicht auf administrative Massnahmen. Eventuell sei eine Verwarnung auszusprechen; subeventuell sei ein Entzug auf kurze Dauer anzuordnen, beschränkt auf den Führerausweis der Kategorie B, damit er weiter seinen Beruf ausüben könne. Der Regierungsrat beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements stellt den Antrag, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei teilweise gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da die Sachverhaltsfeststellungen des Strafrichters unbestritten sind, ist davon auszugehen, dass der Nachweis des Fahrens in angetrunkenem Zustand nicht erbracht ist. Hingegen hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine sofortige und genaue Blutprobe verunmöglicht. Zu prüfen bleibt deshalb, ob die Vereitelung einer Blutprobe nach Wortlaut, Sinn und Zweck des SVG einen Entzugsgrund darstellen kann. 2. Gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. b SVG muss der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer in angetrunkenem Zustand gefahren ist. Ihrem Wortlaut nach lässt sich diese BGE 104 Ib 194 S. 196 Bestimmung nicht auf die Vereitelung der Blutprobe anwenden. Auch die anderen in Art. 16 SVG aufgezählten Entzugsgründe lassen sich nicht auf diesen Tatbestand ausdehnen. Die Vorinstanz gelangt indessen auf dem Wege der Auslegung zum Schluss, dass der Ausweis auch in diesem Fall zu entziehen sei. Sie verweist sinngemäss darauf, dass Art. 91 SVG unter dem Randtitel "Fahren in angetrunkenem Zustand" sowohl das Führen eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand (Abs. 1) als auch die Vereitelung der Blutprobe (Abs. 3) erfasst und für beide Delikte ausdrücklich dieselbe Strafe androht. Art. 91 Abs. 3 SVG sei eine Sondernorm für das Gebiet des Strassenverkehrsrechts, die verhindern solle, dass der sich einer Blutprobe unterziehende Lenker schlechter wegkomme als jener, der flüchtet oder ihren Zweck vereitelt. Mit anderen Worten schützt Art. 91 Abs. 3 SVG nach Auffassung der Vorinstanz das Rechtsgut der Verkehrssicherheit. Daraus sei der Schluss zu ziehen, dass Art. 16 Abs. 3 lit. b SVG sich sowohl auf Art. 91 Abs. 1 wie auch auf Art. 91 Abs. 3 SVG beziehe. a) Die massgebliche Lehre beurteilt jedoch die strafrechtliche Bedeutung von Art. 91 Abs. 3 SVG anders. Sie bezeichnet den geordneten Gang der Rechtspflege als das durch die Bestimmung geschützte Rechtsgut (SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr vom 19. Dezember 1948, S. 207; STAUFFER, Der Entzug des Führerausweises, Diss. Bern 1966, S. 61). Die Bundesgerichtspraxis weist ebenfalls ausdrücklich auf die Verwandtschaft zwischen Art. 91 Abs. 3 SVG und den Delikten der Hinderung einer Amtshandlung, des Ungehorsams und des Handelns gegen die Rechtspflege hin und bezeichnet diese Bestimmung insofern als Sondernorm, als die vorherige amtliche Anordnung der Blutprobe nicht Voraussetzung für den Tatbestand der Vereitelung der Blutprobe sei ( BGE 95 IV 147 ). Der Hinweis des Regierungsrats auf dieses Urteil geht daher fehl. Aber selbst wenn Art. 91 Abs. 3 SVG primär dem Schutz der Verkehrssicherheit dienen würde, könnte daraus nicht notwendigerweise gefolgert werden, dass die Vereitelung der Blutprobe im Entzugstatbestand des Fahrens in angetrunkenem Zustand ( Art. 16 Abs. 3 lit. b SVG ) mit inbegriffen sei (vgl. Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide (AGVE) 1974, S. 214 f.). b) Sinn und Zweck von Art. 16 Abs. 3 SVG gestatten die weite Auslegung der Vorschrift, wie sie der Regierungsrat befürwortet, BGE 104 Ib 194 S. 197 nicht. Der Führerausweisentzug ist eine administrative Massnahme präventiven und erzieherischen Charakters, die der Hebung der Verkehrssicherheit dienen soll ( BGE 102 Ib 60 mit Hinweisen). Somit kommt der Ausweisentzug in der Regel nur bei Delikten in Frage, die einen unmittelbaren Bezug zum Verkehrsgeschehen haben. Dies trifft bei der Vereitelung der Blutprobe nicht oder nur in beschränktem Masse zu. Der Straftatbestand des Art. 91 Abs. 3 SVG dient, wie erwähnt, in erster Linie der geordneten Rechtspflege, zu deren Schutz strafrechtliche Sanktionen zweckmässiger erscheinen als administrative Massnahmen. c) Die Polizeiabteilung weist darauf hin, dass anlässlich der letzten Revision des SVG Begehren zur Aufnahme der Vereitelung der Blutprobe unter die Entzugsgründe vorgelegen hätten. Nach einlässlicher Diskussion sei aber auf einen entsprechenden Zusatz zu den Entzugsgründen verzichtet worden. Die Materialien zur Revision des SVG (BG vom 20. März 1975) erwähnen diese Vorstösse nicht. Ob aus verwaltungsinternen Vorarbeiten und Beratungen in den parlamentarischen Kommissionen auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers geschlossen werden kann, mag offen bleiben (vgl. AGVE 1974, S. 215 f.). Es erscheint aber als unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber die Vereitelung der Blutprobe bei der Aufzählung der Entzugstatbestände aus Versehen weggelassen haben soll, nachdem er denselben Tatbestand im gleichen Gesetz unter den Strafbestimmungen mit einem eigenen Absatz bedacht hat. Die Gesetzessystematik erlaubt eher den Schluss, der Gesetzgeber habe für die Vereitelung der Blutprobe absichtlich keinen Entzugstatbestand schaffen wollen. 3. Eine Ergänzung der Entzugstatbestände durch den Verwaltungsrichter ist unter diesen Umständen nicht möglich. Der Führerausweisentzug ist eine der strafrechtlichen Sanktion ähnliche Massnahme, und er wird auch oft als Strafe empfunden ( BGE 96 I 772 ). Vor allem wenn der Betroffene beruflich auf die Verwendung eines Motorfahrzeuges angewiesen ist, handelt es sich um einen einschneidenden Eingriff. Nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz gesetzmässiger Verwaltung darf eine solche Massnahme nicht ohne gesetzliche Grundlage erlassen werden ( BGE 104 Ib 105 E. 1 mit Hinweisen). Insbesondere können Gründe der Analogie oder der administrativen Zweckmässigkeit einen derartigen Eingriff nicht rechtfertigen. BGE 104 Ib 194 S. 198 Falls sich die Prognose des Regierungsrats bewahrheiten sollte, dass Fahrer in angetrunkenem Zustand durch die bestehende Rechtslage vermehrt zur Vereitelung der Blutprobe ermutigt werden, so wird es Sache des Gesetzgebers sein, durch einen entsprechenden Zusatz zum SVG diesen Tatbestand unter die Entzugsgründe einzureihen. Daraus ergibt sich, dass Art. 16 Abs. 3 lit. b SVG im vorliegenden Fall als Entzugsgrund entfällt. Der Regierungsrat hat im angefochtenen Beschluss darauf verzichtet, zu prüfen, ob das Nichtbeherrschen des Fahrzeugs und das pflichtwidrige Verhalten nach einem Unfall für sich allein einen Entzug des Führerausweises gerechtfertigt hätten oder ob die Aussprechung einer blossen Verwarnung angemessen gewesen wäre. Auch die Polizeidirektion ist auf diese Frage nicht eingegangen. Aus diesem Grund ist die Sache zu neuer Verfügung an die Entzugsbehörde zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verfügung an die Polizeidirektion des Kantons Zürich zurückgewiesen.
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Urteilskopf 135 II 238 24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Erbengemeinschaft A. und Mitb. gegen Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern und Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_409/2008 vom 8. April 2009
Regeste Art. 10 und 10a Abs. 2 USG , Art. 2 Abs. 1 UVPV ; UVP-Pflicht bei Änderung einer bestehenden UVP-pflichtigen Anlage. Lärmsanierung eines Nationalstrassenabschnitts, der zwischen aufeinander folgenden Tunneln liegt: Prüfung der UVP-Pflicht unter dem Blickwinkel des Katastrophenschutzes (E. 3). Einbezug der Richtlinie des Bundesamts für Strassen zur Lüftung der Strassentunnel (E. 3.3-3.5).
Sachverhalt ab Seite 238 BGE 135 II 238 S. 238 Die Nationalstrasse A2 überquert in der Stadt Luzern den Fluss Reuss auf den sogenannten Sentibrücken. An diese Brücken schliessen sich nördlich bzw. rechts der Reuss der Reussporttunnel und südlich bzw. links der Reuss der Sonnenbergtunnel mit Vortunnel an. BGE 135 II 238 S. 239 Im Bereich der Sentibrücken befindet sich zusätzlich der Halbanschluss "Luzern Zentrum" mit der Autobahnausfahrt nach Luzern (aus Richtung Norden) und der Autobahneinfahrt aus Luzern (in Richtung Norden). Die Abzweigung der Autobahnausfahrt nach Luzern liegt im Reussporttunnel. Die Ausfahrt verläuft zunächst über die Sentibrücke; daran anschliessend unterquert sie die Transitspuren im Vortunnelbereich des Sonnenbergtunnels. Die Autobahneinfahrt mit dem sog. Stadttunnel bzw. einer Galerie folgt dem linken Reussufer, bevor sie auf die Sentibrücke gelangt. Im Rahmen der Gesamterneuerung der A2 im Raum Luzern soll das selbstständige Teilprojekt "Lärmsanierung Sentibrücken" verwirklicht werden. Bezüglich dieses Teilprojekts unterbreitete das Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement des Kantons Luzern (BUWD) dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) am 6. Dezember 2006 das Ausführungsprojekt zur Plangenehmigung. Dieses Ausführungsprojekt sieht im Wesentlichen folgende Massnahmen vor: Die bestehenden, drei Meter hohen Lärmschutzwände auf den Brücken sollen durch fünf Meter hohe Wände ersetzt werden. Zwischen der Autobahneinfahrt aus Luzern und den Transitspuren in Richtung Norden soll eine zusätzliche, fünf Meter hohe Lärmschutzwand errichtet werden. Seitliche Öffnungen bei der Galerie der Autobahneinfahrt sowie im Portalbereich von Reussport-, Sonnenberg- und Stadttunnel sollen geschlossen werden, ebenso die Lüftungsöffnungen beim Vortunnel zum Sonnenbergtunnel. Ferner soll ein lärmarmer Fahrbahnbelag auf den Transitspuren eingebaut werden. Das Projekt war in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) erarbeitet worden. Während der öffentlichen Auflage des Lärmsanierungsprojekts gingen Einsprachen aus der Anwohnerschaft ein. Am 13. September 2007 genehmigte das UVEK das Ausführungsprojekt unter Auflagen zu Baulärm und Güte des Fahrbahnbelags. Die Erbengemeinschaft A. und weitere Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer, die erfolglos Einsprache erhoben hatten, fochten den Entscheid des UVEK mit gemeinsamer Eingabe beim Bundesverwaltungsgericht an. Die Abteilung I des Bundesverwaltungsgerichts wies die Beschwerde mit Urteil vom 10. Juli 2008 ab. Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts reichen die Erbengemeinschaft A. und Mitbeteiligte beim Bundesgericht Beschwerde BGE 135 II 238 S. 240 in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein. Sie beanstanden unter anderem, es sei zu Unrecht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) verzichtet worden. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zu neuem Entscheid an das UVEK zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Bei Lärmsanierungsprojekten, die sich auf die Errichtung bzw. Erhöhung von Lärmschutzwänden an einem Abschnitt einer Nationalstrasse beschränken, ist im Regelfall keine UVP nötig. Anders verhält es sich bei der Überdeckung bzw. Einhausung solcher Abschnitte; in solchen Fällen ist die UVP-Pflicht näher zu prüfen, so z.B. bezüglich Luftreinhaltung, Katastrophenschutz und Grundwasserschutz (vgl. PETER M. KELLER, UVP-Pflicht bei Änderung bestehender UVP-pflichtigen Anlagen, 2007, S. 20 f.). Im Hinblick auf den Katastrophenschutz gemäss Art. 10 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01) ist zu beachten, dass Nationalstrassen der Störfallverordnung vom 27. Februar 1991 (StFV; SR 814.012) unterstehen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. d StFV in Verbindung mit Art. 1 der Durchgangsstrassenverordnung vom 18. Dezember 1991 [SR 741.272]). Im Rahmen der UVP ist eine Risikobeurteilung gemäss den Vorgaben dieser Verordnung vorzunehmen (vgl. HANSJÖRG SEILER, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 1999, N. 96 f. zu Art. 10 USG ). 3.2 Das fragliche Vorhaben betrifft nicht nur Aufbauten auf den Sentibrücken zu Lärmschutzzwecken. Vielmehr werden im Rahmen dieses Projekts auch mehrere Öffnungen bei den angrenzenden Tunneln geschlossen (siehe Sachverhalt); damit werden die ganz überdeckten Strassenbereiche geringfügig vergrössert. In diesem Umfang sind die Veränderungen vergleichbar mit einer Einhausung. Ausserdem rücken die zugedeckten Bereiche im Ergebnis näher aneinander heran. Nach oben offen bleiben die Fahrspuren in der Breite des Flusses. Der Abstand zwischen den Tunneln ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht. Der Stellungnahme des ASTRA vom 21. März 2005 ist zu entnehmen, dass eine Eindeckung der Sentibrücken 100 Meter lang wäre, wobei die Tunnelverlängerungen gemäss Sanierungsprojekt nicht berücksichtigt sind. Gemäss dem ergänzenden Bericht zum Grobvariantenvergleich BGE 135 II 238 S. 241 vom 14. Juli 2006, der unter der Projektleitung der kantonalen Dienststelle für Verkehr und Infrastruktur verfasst wurde, liegen die Tunnelportale - unter Berücksichtigung des Sanierungsprojekts - in einem Abstand von "nur rund 85 Metern" auseinander. Von diesem Abstand ist auszugehen. Das ASTRA hat Varianten mit einer Überdeckung der Sentibrücken aus Überlegungen der Sicherheit beim Reussporttunnel verworfen. Für eine derartige Tunnelverlängerung müsse bei diesem eine Zwischendecke mit Brandklappen eingebaut werden; dies würde unverhältnismässige Kosten verursachen. Im technischen Bericht zum Lärmsanierungsprojekt vom 8. September 2006 wird konkret auf die Gefahr eines Überströmens von Rauch und Brandgasen von der einen in die andere Fahrtrichtung im Ereignisfall hingewiesen. Ebenso wird die Gefahr angesprochen, dass es infolge der Lärmschutzmassnahmen zu einem lüftungstechnischen "Kurzschluss" zwischen Reussport- und Sonnenbergtunnel kommen könne. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern das Projekt die bestehende Umweltbelastung der Nationalstrasse im Hinblick auf die Tunnelsicherheit bzw. den Katastrophenschutz verstärkt. 3.3 Die Beschwerdeführer bezweifeln, dass das Projekt mit der Richtlinie des ASTRA zur Tunnellüftung vereinbar sei. Das UVEK hat dazu ausgeführt, es gebe beim vorliegenden Projekt keinen Hinweis auf eine Abweichung von dieser Richtlinie. Das angefochtene Urteil befasst sich mit diesem Punkt nicht. Diesem muss jedoch im Hinblick auf die Frage der UVP-Pflicht nachgegangen werden. 3.4 Die Richtlinie des ASTRA mit dem Titel "Lüftung der Strassentunnel" in der Fassung von 2004 (Version 1.2), Abschnitt 7.2.6, befasst sich mit der Vermeidung von Strömungskurzschlüssen zwischen richtungsgetrennten Röhren. Dafür genügt es gemäss dieser Vorgabe in der Regel, eine Einströmzone von 30 Metern Länge (vor der einen Röhre) durch eine ebenso lange Trennwand mit der Höhe des Fahrraums von einer Ausströmzone (vor der anderen Röhre) abzutrennen, während die Ausströmzone auf eine Länge von 100 Metern zu bemessen ist. Dabei sind bei hohen Lärmschutzwänden diese Dimensionen zu vergrössern. Was die lüftungstechnische Unabhängigkeit von zwei aufeinander folgenden Tunneln angeht, soll der Abstand zwischen den Portalen bei Querung eines Tals mindestens 60 Meter betragen. Ein Tunnelabstand von 200 Metern wird empfohlen bei einer einseitigen Galerie zwischen den Tunneln. BGE 135 II 238 S. 242 Die betreffende Richtlinie ist in der Zwischenzeit revidiert und auf den 1. Juni 2008 in der Version 2.0 in Kraft getreten. Das angefochtene Urteil ist nach diesem Zeitpunkt ergangen. Entsprechend der Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Änderung umweltrechtlicher Erlasse auf noch nicht letztinstanzlich abgeschlossene Verfahren (vgl. BGE 133 II 181 E. 11.2.2 S. 206 mit Hinweisen) ist die neue Fassung der Richtlinie zu beachten. Abschnitt 7.2.6 gemäss der Version 2.0 enthält mit Blick auf die Kurzschlussproblematik zwischen den Röhren desselben Tunnels unveränderte Vorgaben. Bezüglich der Abfolge von zwei Tunneln werden die Werte indessen wie folgt angehoben: Bei Querung eines Tals soll der Abstand zwischen den Portalen 100 Meter betragen, BGE 133 II 200 Meter bei Führung der Strasse in einem tiefen Einschnitt zwischen den Tunneln und 250 Meter bei einer einseitigen Galerie. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie einen Standard festlegt. Abweichungen zu diesen Festlegungen sollen ausdrücklich zulässig sein, wenn sie mit projektspezifischen Besonderheiten ausreichend begründet werden (vgl. Abschnitt 1.2 der Richtlinie in den beiden Fassungen). 3.5 Ins Gewicht fällt der Umstand, dass die Distanz zwischen den mitbetroffenen Strassentunneln unterhalb des Grenzbereichs der Vorgaben der Richtlinie zur Lüftung der Strassentunnel gemäss der Version 2.0 liegt, weil von einem Abstand von nur rund 85 Metern auszugehen ist (vgl. E. 3.2 hiervor). Dies ist von besonderer Bedeutung vor dem Hintergrund, dass der Reussporttunnel nicht genügend lüftungstechnische Sicherheitsreserven für eine Tunnelverlängerung im Sinne der Überdeckung der Sentibrücken aufweist (vgl. E. 3.2 hiervor). Das Zusammenspiel der hier geplanten baulichen Massnahmen ist insgesamt als erhebliche Verstärkung der Umweltbelastung im Hinblick auf den Katastrophenschutz zu werten. Mit Blick auf die fragliche Richtlinie geht es nicht um gängige Standardmassnahmen gemäss technischen Normen. Vielmehr handelt es sich um projekt- und standortspezifische Massnahmen. Im Lichte von Art. 10a Abs. 2 USG und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung vom 19. Oktober 1988 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV; SR 814.011) unterliegt die strittige Änderung an der bestehenden Nationalstrassenanlage somit der UVP-Pflicht. Hingegen kann es nicht einfach genügen, dass Fachbehörden wie das ASTRA und das BAFU das konkrete Projekt für vertretbar erachten und insbesondere das BAFU einer UVP ablehnend gegenübersteht. BGE 135 II 238 S. 243 3.6 Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass für das Lärmsanierungsprojekt eine UVP der 3. Stufe notwendig ist. Als diesbezüglich mangelhaft erweist sich zur Hauptsache die Risikoeinschätzung gemäss Störfallverordnung. Wie diesbezüglich vorzugehen ist, muss nicht im Einzelnen erörtert werden. Jedenfalls kann auf die Behandlung von Aspekten des Katastrophenschutzes im Rahmen einer UVP der 3. Stufe nicht verzichtet werden (vgl. dazu Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bundesamt für Strassenbau, Vereinigung Schweizerischer Verkehrsingenieure: Mitteilungen zur Umweltverträglichkeitsprüfung Nr. 7, UVP bei Strassenverkehrsanlagen, Anleitung zur Erstellung von UVP-Berichten, 1992, S. 70). Dass derartige Untersuchungen vorliegend vorgenommen worden wären, ist weder behauptet noch ersichtlich. Insoweit dringen die Beschwerdeführer mit ihrem Anliegen nach einer UVP durch.
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Urteilskopf 112 II 245 43. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 2 mai 1986 dans la cause Dame P. contre Fondation de prévoyance collective de la Compagnie d'assurances X. (recours en réforme)
Regeste Personalvorsorge durch Gruppenversicherungsvertrag ( Art. 331 Abs. 1 OR ); Deckung im Todesfall des Arbeitnehmers. 1. Rechtsbeziehungen zwischen den im vorliegenden Fall an der Personalvorsorge Beteiligten (E. I). 2. Doppelte Deckung: Vorläufige Deckungszusage bis zum Höchstbetrag von Fr. 300'000. - ab Beitritt zur Versicherung, endgültige - höhere - Deckung erst aufgrund einer ärztlichen Untersuchung. Erleidet der Versicherte einen tödlichen Unfall, bevor die ärztliche Untersuchung stattgefunden hat, haben die Begünstigten nur Anspruch auf den Betrag der vorläufigen Deckung (sowie auf die Rückvergütung der Freizügigkeitsleistung und der Prämie) (E. II).
Sachverhalt ab Seite 245 BGE 112 II 245 S. 245 A.- En 1966, la compagnie d'assurances X. (ci-après: la Compagnie) a créé à Genève une fondation (ci-après: la Fondation) dont le but est la prévoyance en faveur du personnel des entreprises domiciliées dans le canton de Genève ayant passé BGE 112 II 245 S. 246 convention avec elle. Pour atteindre ce but, la Fondation conclut avec la fondatrice des contrats d'assurance dont elle est, en vertu de ses statuts, "preneur et bénéficiaire". a) Le 29 avril 1980, la Fondation a signé avec l'entreprise S. une convention aux termes de laquelle cette dernière, se conformant à l' art. 331 al. 1 CO , a adhéré à la Fondation afin de procurer à son personnel les prestations prévues par un règlement de prévoyance qui fait partie intégrante de la convention. Le règlement de l'assurance-vieillesse, décès et invalidité en faveur du personnel de l'entreprise S. précise que, avant d'être admis dans l'assurance, le collaborateur à assurer doit remplir un questionnaire de la Compagnie (déclaration de santé) et que, selon les circonstances ou le montant des prestations assurées, un examen médical peut être exigé; l'entreprise notifie au collaborateur son admission en lui remettant un certificat d'assurance délivré par l'assureur (art. 8). L'art. 13 du règlement dispose que la Fondation ne répond pas dans une mesure dépassant le montant des prestations dues par la Compagnie. En cas de décès avant l'âge de la retraite, la Fondation verse au conjoint le capital prévu lors de la mise à la retraite, et à chaque enfant de moins de 20 ans une rente d'orphelin égale à 10% du salaire annuel assuré, au maximum 4'000 fr. (art. 16). Enfin, les cotisations tant des affiliés que patronales sont versées à la Fondation, qui assume le paiement à la Compagnie (art. 22). b) Conformément à la convention du 29 avril 1980, la Fondation, pour le compte de S., conclut le même jour avec la Compagnie un contrat d'assurance de groupe, qui prévoit que la première est preneur d'assurance et la seconde assureur. S. reçut de l'assureur les nouveaux tarifs et conditions générales des assurances-vie et invalidité collectives (CGA), ainsi qu'une circulaire relative aux "dispositions d'acceptation" pour ces assurances, auxquelles renvoie l'art. 4 al. 2 CGA et dont il résulte que l'assureur accorde une couverture provisoire jusqu'à concurrence d'un montant global de 300'000 fr. Au-delà, la couverture définitive prend effet lorsque la confirmation écrite en est donnée ou lorsqu'est remis un document ayant valeur de confirmation (art. 5 CGA); un examen médical est exigé (art. 2 des dispositions d'acceptation). c) Le 18 avril 1983, S. avisa la Compagnie qu'elle avait engagé dès le 5 avril 1983 P., avec un salaire annuel de 130'000 fr.; elle lui adressa le même jour la demande, signée par celui-ci, d'affiliation BGE 112 II 245 S. 247 à l'assurance collective. P. déclarait qu'il était en bonne santé et indiquait qu'il avait subi antérieurement des maladies infantiles, une fracture des vertèbres en 1971, sans séquelles, et une opération du genou en 1979. L'intéressé ayant quitté une autre entreprise genevoise, la Fondation demanda à cette entreprise de lui faire parvenir la prestation de libre-passage. Le 26 mai, la Compagnie informa S. qu'elle avait pris note de l'affiliation de P. dès le 1er avril 1983 et qu'elle lui accordait la couverture provisoire de 300'000 fr., la décision quant à la couverture définitive devant intervenir après examen du rapport médical. L'assureur joignait un certificat d'assurance valable dès le 1er avril 1983, prévoyant en cas de décès un capital de 986'518 fr.; la mention suivante y figurait, apposée par un timbre humide: "Couverture provisoire La couverture définitive sera confirmée par écrit." Par lettre du 10 juin, la Compagnie indiqua à S. qu'elle avait reçu une créance de libre-passage de 14'919 fr. 65, ce qui augmentait les prestations en cas de décès à 1'020'143 fr., de sorte qu'elle envoyait un nouveau certificat d'assurance valable dès le 1er mai 1983. Ce certificat ne reproduisait pas la mention relative aux couvertures provisoire et définitive. B.- Le 11 juin 1983, P. fut victime d'un accident de la circulation, dans lequel il trouva une mort immédiate. S. adressa un certificat de décès à l'assureur, qui répondit qu'il était en mesure de libérer la somme de 300'000 fr. et demandait l'adresse de la veuve. L'assureur indiqua à S. que le décompte de règlement se montait à 320'769 fr. 65, soit la couverture provisoire, le remboursement de la créance de libre-passage et le remboursement de la prime à concurrence de 5'850 fr. S. contesta ce décompte, faisant valoir que la couverture définitive avait pris effet lors de la confirmation écrite du 10 juin, ce que contesta l'assureur. Un échange ultérieur de lettres ne modifia pas les points de vue. La Compagnie versa la somme de 320'769 fr. 65 au conseil de la veuve. C.- Dame P. intenta contre la Fondation, sur la base de l' art. 89 al. 5 CC , une action tendant, pour l'essentiel, à "Condamner la défenderesse à lui verser la somme de Frs 705.223,35 BGE 112 II 245 S. 248 plus intérêts à 5% du 14 juillet 1983 et la somme de Frs 4.315,40 (représentant les intérêts sur Frs 305.850 du 14 juillet au 25 octobre 1983); Condamner la défenderesse à lui verser, en sa qualité de représentant légal de ses deux enfants mineurs, Frs 8.000.-- plus intérêts au 5% dès le 1er juillet 1983 et Frs 8.000.-- plus intérêts au 5% dès le 1er juillet 1984." Le 20 août 1985, statuant comme Tribunal cantonal des assurances, la Cour de justice du canton de Genève condamna la Fondation à payer, par 4'526 fr., les intérêts moratoires réclamés du 14 juillet au 25 octobre 1983, déboutant la demanderesse de ses autres conclusions. D.- Dame P. a recouru en réforme au Tribunal fédéral, reprenant les conclusions formulées dans l'instance cantonale. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: I. L'ensemble des rapports juridiques issus de la prévoyance professionnelle instituée dans le cadre de l'entreprise S. se divise en diverses relations liant des parties différentes (cf. RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 1985, p. 98 ss, cité "Lehrbuch", et le Commentaire bernois, partie systématique ad art. 89-89bis CC , spéc. n. 336 ss; MAURER, Einführung in das schweizerische Privatversicherungsrecht; p. 351/352; SUTER, Untersuchungen zur Rechtsstellung des Destinatärs von Personalvorsorgestiftungen - geltendes und werdendes Recht, in RJB 1973, spéc. p. 352 ss; ZULAUF, Rechtsgrundsätze des Gruppenversicherungsvertrages unter besonderer Berücksichtigung der Personalgruppenversicherung, thèse Zurich 1971; MAUCH, Der Kollektiv-Lebensversicherungsvertrag, seine Rechtsnatur und seine Funktion in der schweizerischen Privatwirtschaft, thèse Zurich 1961). a) La Fondation intimée est une institution de prévoyance collective indépendante, qui reçoit les contributions de l'entreprise et de ses travailleurs affiliés, puis redistribue aux bénéficiaires, sur sa fortune, les prestations reçues de sa fondatrice, en exécution d'un contrat d'assurances (art. 6 lettres a, b et d, art. 7 lettre b des statuts). Pour respecter la loi ( art. 331 al. 1 CO , art. 343bis ancien), S. a donné mandat à la Fondation de conclure, en qualité de preneur, un contrat d'assurance de groupe auprès de la Compagnie, conformément BGE 112 II 245 S. 249 à un règlement de prévoyance qui est partie intégrante de la convention (art. 1er et 2 de ce document). En vertu de ses statuts (art. 3 al. 3 et 7 lettre a), ainsi que de la Convention (art. 6 al. 1) et du règlement (art. 3 al. 2) qui la lient à l'entreprise, la Fondation est devenue preneur et bénéficiaire, auprès de la Compagnie, d'une assurance de groupe - un contrat distinct et réglé par des conditions générales ad hoc (ci-après: CGA). Les membres du personnel cadre et du personnel stable de S. affiliés à la Fondation sont les assurés (art. 3 al. 1; cf. ATF 101 Ib 238 ). Lorsque, comme en l'espèce, l'assurance inclut le risque décès, elle est une assurance au décès d'autrui, à laquelle l'assuré doit consentir ( art. 74 LCA ). L'assureur n'est en principe sujet d'aucun lien juridique avec l'assuré ou son employeur, ou encore avec les bénéficiaires de l'institution de prévoyance ( ATF 101 Ib 238 ). Les rapports de celle-ci avec l'assureur et les bénéficiaires de ses prestations sont naturellement ordonnés l'un à l'autre. C'est ainsi que selon l'art. 13 du règlement, la Fondation ne répond en aucun cas des obligations découlant pour elle dudit règlement dans une mesure dépassant le montant des prestations dues par l'assureur; si l'assuré omet de fournir des renseignements qu'il devait donner, lui-même et les autres bénéficiaires de son assurance en supportent seuls les conséquences. b) Les employés assurés sont liés à la Fondation par un contrat innommé (sui generis), distinct des rapports de travail et d'assurance, le contrat de prévoyance, en l'espèce bilatéral ( ATF 101 Ib 238 consid. 3c). Ce contrat est réglé par la loi (in casu les art. 89bis al. 2, 3, 5 CC , 331a-c, 341 al. 1 et 362 CO) et par des actes juridiques: les statuts et règlements de la Fondation auxquels l'employé se soumet expressément ou par actes concluants (ainsi en conservant le règlement reçu, en payant des cotisations ou en acceptant la déduction correspondante sur son salaire); le cas échéant, une convention particulière. C'est de ce contrat que naissent les prestations en faveur des bénéficiaires de la Fondation ( art. 89bis al. 5 CC ). Le règlement de prévoyance est le contenu préformé du contrat de prévoyance, à savoir ses conditions générales. Il s'interprète selon le principe dit de la confiance (RIEMER, Commentaire bernois, Systematischer Teil n. 86, et Lehrbuch, p. 103 et les références de la n. 16), avec les particularités propres aux conditions générales. On peut se référer, le cas échéant, par analogie, à certaines BGE 112 II 245 S. 250 dispositions du contrat d'assurance (RIEMER, Commentaire bernois, Systematischer Teil n. 338 in fine). Le règlement détermine les ayants droit (destinataires ou bénéficiaires) en cas de décès de l'employé assuré (art. 16 al. 2), lesquels ne reçoivent pas la prestation de la Fondation en vertu d'une prétention successorale, ni (dans le rapport de prévoyance) en raison de la clause bénéficiaire des art. 76 ss LCA , mais au titre d'une stipulation dite "parfaite" pour autrui au sens de l' art. 112 al. 2 CO (cf. ATF 112 II No 8, consid. 3; SZS 27/1983 p. 39 ss et SZS 26/1982 p. 316; ZULAUF, op.cit., p. 29/30 et 105/106; RIEMER, Lehrbuch, p. 121 n. 36; REYMOND, Les prestations des fonds de prévoyance en cas de décès prématuré, SZS 26/1982, p. 178 ss; SUTER, op.cit., p. 358 n. 73). Selon les art. 7 al. 1 et 2 de la convention et 11 et 16 du règlement, la Fondation verse les prestations échues directement aux ayants droit, mais elle peut le faire par l'intermédiaire de l'entreprise. c) S'agissant du contrat d'assurance, la Fondation doit, en sa qualité de preneur, transmettre à la Compagnie les demandes d'admission et délivrer les certificats d'assurance (art. 5 de la convention et 41 CGA), qui sont notifiés au collaborateur par l'entreprise (art. 8 al. 2 du règlement). Selon l'art. 42 CGA, la Compagnie s'engage à assurer toutes les personnes qui lui sont annoncées et que le contrat d'assurance prévoit d'assurer, si leur état de santé le permet; le cas échéant, elle demandera, à ses frais, un examen médical; au besoin, elle fixe des conditions spéciales d'acceptation qui, pour être valables, doivent être agréées, en la forme écrite, par le preneur et par l'assuré. Ainsi, le preneur et la Compagnie, laquelle applique un tarif de groupe, se sont obligés par convention, le premier à annoncer tous les membres du groupe concerné, la seconde à les admettre dans l'assurance si les conditions contractuelles en sont réalisées, car elle s'est réservé la faculté d'examiner tel risque individuel déterminé. L'assurance qui incombe au preneur est une obligation légale, à peine de dommages-intérêts en cas d'inexécution ou d'exécution imparfaite; de même l'acceptation de l'assureur, qui doit intervenir dans un délai convenable (cf. ZULAUF, op. cit., p. 81-87). d) Dès la conclusion de la convention du 29 avril 1980, S. et la Compagnie ont correspondu directement et la première a payé en main de la seconde les cotisations dues par son personnel assuré. De plus, celle-ci a versé la couverture provisoire, non à la Fondation, mais au mandataire de la recourante. La seule intervention de la Fondation paraît avoir consisté à obtenir de BGE 112 II 245 S. 251 l'ancien employeur du défunt la prestation de libre-passage. Ce n'est pas avec elle que S. a été en relation pour la transmission des demandes d'affiliation, le paiement des primes et le versement des prestations. Mais cela n'a pas modifié les rapports juridiques entre les intéressés, et pas davantage le fait que la Fondation peut s'acquitter à l'égard des ayants droit par l'entremise de l'employeur (art. 7 al. 2 de la convention). e) La recourante a donc qualité pour agir, en vertu de la stipulation pour autrui contenue dans le contrat de prévoyance, contre la Fondation et non contre l'assureur, vu qu'il n'y a pas clause bénéficiaire et que l' art. 87 LCA est applicable seulement à l'assurance-accidents (ZULAUF, op.cit., p. 103-106). Le contenu de la prétention déduite en justice peut être double: d'abord la prestation même de l'assureur au preneur, qui détermine l'obligation primaire du second envers l'ayant droit (art. 13 al. 1 du règlement); subsidiairement une indemnité fondée sur la responsabilité de la Fondation (RIEMER, Lehrbuch, p. 74/75), non pas pour un acte illicite (art. 55 al. 2 in fine CC, en relation avec les art. 41 ss CO ), mais en raison d'une faute contractuelle, la sienne propre d'abord (art. 55 al. 2 initio CC, en relation avec les art. 97 ss CO et les dispositions particulières du contrat de prévoyance), le cas échéant celle de l'assureur "qui l'a relevée", a-t-elle dit, "de toute indemnité qui pourrait être due à dire d'un tribunal"; les conditions et le contenu de l'obligation d'indemniser pourraient en soi différer d'une hypothèse à l'autre. En l'espèce, il faut rechercher si, à un titre ou à un autre, la responsabilité de l'intimée s'étend ou non à la couverture définitive. La couverture provisoire, en effet, a été honorée sans retour. Il s'agissait d'une couverture provisoire au sens propre ("vorläufige Deckungszusage"), à raison d'un accord indépendant, plutôt que d'une garantie provisoire ("provisorischer Versicherungsschutz"; cf. ZULAUF, op.cit., p. 67 et 95/96), autant que les deux institutions se distinguent l'une de l'autre (cf. ROELLI/KELLER, Kommentar zum Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, p. 177-179, qui ne semblent pas l'admettre). II. 1. Consensuel, le contrat d'assurance est parfait lorsque les parties ont, réciproquement et d'une manière concordante, BGE 112 II 245 S. 252 manifesté leur volonté ( art. 1er CO ). Mais l'offre et l'acceptation sont soumises à des règles particulières. a) Aux termes de l' art. 1er al. 1, 2 et 4 LCA , celui qui fait à l'assureur une proposition d'assurance est lié pendant quatorze jours s'il n'a pas fixé un délai plus court pour l'acceptation; il est lié pendant quatre semaines si l'assurance exige un examen médical; le proposant est dégagé si l'acceptation de l'assureur ne lui parvient pas avant l'expiration du délai. L'assureur qui se tait ne viole donc aucun devoir; simplement, le proposant n'est plus lié, l'offre n'est plus susceptible d'acceptation. Si le risque assuré se produit dans le délai légal, l'offre devient pareillement caduque, autant du moins que l'objet du contrat n'en est pas seulement réduit (ROELLI/KELLER, p. 44, H). S'agissant en revanche des propositions spéciales qui tendent à prolonger ou à modifier un contrat en force, ou à remettre en vigueur un contrat suspendu, le silence de l'assureur vaut acceptation ( art. 2 LCA ), le second alinéa, relatif à l'éventualité où un examen médical est exigé par les conditions générales de l'assurance, ne faisant qu'étendre le délai, en écho à l'art. 1er. Ces situations ne sont pas réalisées en l'espèce, car la règle ne s'applique pas à la proposition d'augmenter la somme assurée (al. 3); or c'est cette situation qui pourrait présenter quelque analogie avec le passage de la couverture provisoire à la couverture définitive. En l'espèce, un contrat indépendant était conclu, pour la somme de 300'000 fr., dès réception par la Compagnie de la demande d'affiliation (art. 4 al. 1 in fine CGA). C'était là un mode d'acceptation de la part de l'assureur, sous réserve d'une couverture définitive plus élevée. Au demeurant, si l'on devait considérer la proposition contenue dans la demande d'affiliation comme caduque, faute d'acceptation à temps, la remise du certificat (en guise de police) avec effet au 1er avril 1983 aurait constitué une contre-proposition (une offre) de l'assureur, acceptée par actes concluants, notamment par la prise d'un rendez-vous en vue de subir l'examen médical exigé pour la couverture définitive (KÖNIG, Versicherungsrecht, 2e éd., 1942, p. 37). En effet, aucune forme spéciale n'est exigée pour l'acceptation, même pas la remise de la police lorsqu'elle émane de l'assureur (ROELLI/KELLER, p. 47), remise liée en revanche à l'entrée en vigueur de l'assurance ( art. 19 al. 2 LCA ). b) Selon l' art. 9 LCA , le contrat d'assurance est nul si, au moment où il a été conclu, le sinistre était déjà survenu. Pour éviter BGE 112 II 245 S. 253 cet effet au cours de la procédure de la conclusion du contrat, qui peut durer un certain temps, l'assureur s'engage parfois, comme en l'espèce, à accorder immédiatement une certaine couverture du risque, quand bien même les parties ne se sont pas encore entendues sur tous les points essentiels de la couverture définitive et, notamment, sans examen de la santé de l'assuré (art. 4 al. 1 CGA). D'ordinaire, la couverture provisoire dure jusqu'à la décision finale. L'application de l' art. 9 LCA est alors écartée, car un contrat indépendant a été conclu avant la survenance du risque (ROELLI/KELLER, p. 177 à 179; KÖNIG, Der Versicherungsvertrag, in Schweizerisches Privatrecht, VII/2, p. 509/510, et Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3e éd., p. 74 ss). En l'espèce, la couverture définitive était liée à un examen médical. Ce n'est pas là une condition au sens des art. 151 ss CO et l' art. 156 CO n'est pas applicable; mais la personne qui propose l'assurance s'engage à se soumettre à l'examen (KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 73). Cet examen était exigé par les "dispositions d'acceptation", auxquelles renvoie l'art. 4 al. 2 CGA; il est prévu tant par les art. 2 al. 2 et 42 al. 1 CGA que par l'art. 8 al. 1 du règlement de prévoyance. La recourante ne conteste pas que son mari et S. aient eu connaissance du règlement et des conditions générales. c) Celui qui veut déduire des droits du contrat d'assurance doit en prouver l'existence et le contenu. La remise de la police (in casu, le certificat d'assurance) constitue déjà l'exécution du contrat ( art. 11 al. 2 LCA ), non pas une forme nécessaire à sa perfection, mais seulement un moyen de preuve de l'existence et du contenu de l'accord (KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 79; ROELLI/KELLER, p. 194 A). Sa teneur est considérée comme acceptée lorsque, comme en l'espèce, le preneur ou le destinataire n'en a pas demandé la rectification dans les quatre semaines dès sa réception ( art. 12 al. 1 LCA ). Les règles générales sur l'interprétation des contrats ( art. 2 al. 1 CC , art. 18 CO ) s'appliquent dans l'assurance privée (ROELLI/KELLER, p. 456 par. 2), pour déterminer la volonté des parties dans chaque espèce, à savoir la portée de leurs déclarations selon le principe dit de la confiance et les règles de la bonne foi, ce qui relève de l'application du droit ( ATF 90 II 455 en haut). Ces déclarations doivent être interprétées d'après le sens que le destinataire pouvait raisonnablement leur attribuer en les considérant comme réellement voulues, vu leur but (ATF 37 II BGE 112 II 245 S. 254 82/83) et l'ensemble des circonstances connues des parties ou qui pouvaient l'être ( ATF 107 II 418 consid. 6), notamment en raison de l'attitude antérieure du déclarant ( ATF 90 II 454 consid. 3). Peu importe en l'espèce la portée exacte de l'adage "in dubio contra assecuratorem", appliqué si la clarté fait défaut, ou encore le mode d'interprétation des conditions générales ( ATF 92 II 348 et les citations, ATF 97 II 73 ss, ATF 99 II 75 /76 consid. 3; cf. KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 83/84; ROELLI/KELLER, p. 457 ss): en effet, le résultat de l'interprétation est certain, ainsi qu'on va le voir. d) L'objet de l'interprétation consiste en deux certificats apparemment clairs, auxquels étaient jointes deux lettres d'accompagnement calquées l'une sur l'autre. aa) Le premier certificat attestait la couverture provisoire par l'apposition d'un timbre humide. Il confirmait l'affiliation, en vigueur depuis le 1er avril 1983, et fixait primes et prestations de la couverture définitive. La lettre d'accompagnement du 26 mai était explicite: "Nous avons pris note de l'affiliation à l'assurance dès le 1er avril 1983 de M. P. La couverture provisoire d'un montant maximum de Fr. 300.000.-- lui est accordée. La décision quant à la couverture définitive interviendra après examen du rapport médical." Ces deux documents n'ont fait l'objet d'aucune rectification de la part du preneur ou de l'assuré. Ainsi qu'on l'a vu, l'affiliation pour la couverture provisoire était acquise dès la réception de la demande (art. 4 al. 1 CGA); si tel n'avait pas été le cas, la remise du certificat eût constitué une contre-proposition de l'assureur, manifestement acceptée par la prise d'un rendez-vous pour l'examen médical exigé. bb) Vint ensuite un second certificat, qui ne portait pas de timbre humide. La recourante l'interprète à tort, pour cette raison, comme une renonciation à l'examen médical et l'acceptation de la couverture définitive. En effet, hors l'absence du tampon, le texte même du certificat ne comporte qu'une modification du capital assuré et de la date d'entrée en vigueur du nouveau montant. Calquée sur la première lettre d'accompagnement, la seconde - datée du 10 juin 1983 - n'a qu'un seul objet, qui est d'expliquer l'augmentation du capital assuré: "Nous vous signalons que nous avons utilisé la créance de libre-passage de Fr. 14.919,65, qui nous a été versée par la Banque ..., pour augmenter les prestations d'assurance de M. P." La réserve de l'examen médical, rappelée expressément le 26 mai précédent, BGE 112 II 245 S. 255 n'est pas mentionnée parce que l'objet de la lettre du 10 juin est tout différent et restreint. Bien plus, le tampon apposé sur le premier certificat ajoutait que la couverture définitive serait "confirmée par écrit". C'était là une référence manifeste à l'art. 5 CGA. Cette disposition prévoit en effet deux modes d'acceptation de la couverture définitive, à savoir la confirmation écrite, précisément, et la remise d'un document ayant valeur de confirmation: c'est donc le premier mode que l'assureur avait déclaré adopter; la comparaison montre à l'évidence que la remise d'un certificat à une autre fin ne constituait pas la confirmation écrite opposée à la remise d'un document en lieu et place, sur lequel l'absence d'un tampon aurait représenté un acte concluant à la renonciation à l'examen médical exigé. Tout doute est donc exclu; il n'y a ni erreur de l'assureur ni matière à interpréter le second certificat "contra assecuratorem". L'arrêt du Tribunal fédéral des assurances auquel la recourante se réfère (SJ 1985 p. 38 ss) n'y saurait rien changer: il ne faut pas donner la préférence aux termes d'un certificat d'assurance si, ce qui serait le cas, il contient manifestement une erreur et que celle-ci soit aisément reconnaissable par un assuré de bonne foi. Au demeurant, S. - qui d'ailleurs n'était vraisemblablement qu'un messager - n'a reçu la lettre du vendredi 10 juin 1983 que le lundi 13. Or P. est mort le 11. Postérieure à la réalisation du risque, dite lettre ne pouvait modifier la couverture afférente à ce risque (ROELLI/KELLER, p. 44, H. déjà cité). 2. On a vu que l' art. 156 CO n'est pas applicable. Mais, comme dans l'instance cantonale, la recourante prétend à la réparation d'un dommage, s'élevant à la différence entre les couvertures provisoire et définitive; elle le fait à un double titre: la responsabilité propre de la Fondation; celle de l'assureur assumée par elle. C'est la première que visait la demande. Mais peu importe le titre, car dans les faits le point de départ est identique d'après les moyens présentés, à savoir: l'assureur devait se prononcer plus tôt; il incombait à la Fondation mandatée par l'employeur et preneur au contrat d'assurance de veiller à ce que l'assurance s'acquittât de ce devoir à l'égard de P., son partenaire dans le contrat de prévoyance. a) Selon la Cour cantonale, il faut se demander si l'annonce de l'affiliation doit être suivie d'une réponse de l'assureur; la solution dépend de ce qui a été convenu; d'une manière générale, l'acceptation de la Compagnie doit parvenir dans un délai BGE 112 II 245 S. 256 raisonnable et, à défaut de dispositions contractuelles, il y a lieu d'appliquer les délais de l' art. 1 LCA , un retard injustifié pouvant entraîner réparation du dommage causé (ZULAUF, op.cit., p. 86; MAUCH, op.cit., p. 71). Cela dit, la Cour se borne à affirmer que les art. 1 et 2 LCA ne sont pas applicables à titre supplétif, après avoir admis que les art. 4 al. 2 des statuts de l'intimée et 2 al. 1 de la convention conclue avec S. se référaient au règlement de prévoyance, dont l'art. 13 limite précisément la responsabilité de la Fondation au montant des prestations dues par la Compagnie. Cette affirmation doit être démontrée; la constatation se limite au fait que l'intimée a assumé la responsabilité de l'assureur en précisant par les pièces qu'elle a produites que celui-ci la relèverait de toute indemnité qui pourrait être due. b) Ainsi qu'on l'a vu, l'assureur est en général libre de contracter; il ne commet pas une culpa in contrahendo s'il ne répond pas à la proposition ou s'il tarde à le faire et que le sinistre survienne (ROELLI/KELLER, p. 48/49; KÖNIG, Schweizerisches Privatrecht, VII/2, p. 508). Mais en l'espèce, l'art. 42 des conditions générales oblige la Compagnie à assurer les personnes annoncées, si leur état de santé le permet et, le cas échéant, sur le vu d'un examen médical. L'affilié à la Fondation a donc droit à l'acceptation de l'assureur, autant que les conditions en sont réalisées. Aussi bien l'obligation correspondante doit-elle être exécutée dans un délai convenable, à peine de dommages-intérêts en cas de retard injustifié (ZULAUF, loc.cit.). La durée du délai ni son point de départ n'ont été convenus expressément. Selon l'art. 4 al. 1 CGA, les employés de S. bénéficient de la couverture provisoire, à concurrence de 300'000 fr., dès la réception par l'assureur de la demande d'affiliation. L'acceptation n'était donc pas nécessaire pour ce premier contenu du contrat: la lettre d'accompagnement du 26 mai 1983 se bornait à prendre note de l'affiliation pour la couverture provisoire. Il faut dès lors se demander comment les art. 1 et 2 LCA pourraient s'appliquer en l'espèce, par analogie, pour justifier une prétention correspondant à la couverture définitive. aa) Selon l' art. 2 LCA , l'absence de refus vaut acceptation lorsque la proposition tend à prolonger ou à modifier un contrat ou à remettre en vigueur un contrat suspendu. Cette disposition légale ne saurait s'appliquer à l'espèce, même par analogie. En effet, le passage de la couverture provisoire à la couverture définitive n'est que l'augmentation de la somme assurée, qui est BGE 112 II 245 S. 257 exceptée par la loi (art. 2 al. 3). N'était cette exception, l'analogie pourrait être envisagée. La couverture provisoire est certes octroyée par un contrat déjà parfait. Mais elle ne devient pas définitive par l'effet d'un second contrat distinct; le contrat, unique, reçoit successivement deux contenus (KÖNIG, Schweizerisches Privatrecht, VII/2 p. 510/511); il est donc modifié. L'analogie résiderait dans le fait que l'assureur doit se prononcer dans les quatre semaines, dans un cas de par la loi, dans l'autre en raison du devoir d'assurer imposé par les conditions générales. Mais le sort de la cause n'en serait pas changé: s'agissant d'une modification, le délai courrait dès le 26 mai; or P. est mort le 11 juin. bb) Seule demeure donc possible, pour l'acceptation en cas d'affiliation obligatoire à une fondation de prévoyance en faveur du personnel, une analogie avec les délais pendant lesquels le proposant est lié ( art. 1 al. 1 et 2 LCA ): le contrat serait conclu si l'assureur n'a pas refusé la proposition dans le délai de quatre semaines, ce qui équivaudrait à une acceptation. Mais toute analogie ne peut être pratiquée que dans le cadre et les circonstances où la transposition s'opère. Comme le remarque l'intimée, l' art. 1er LCA tend à éviter que le proposant demeure dans l'incertitude un temps indéterminé (durée fixe et point de départ des délais); de même, la couverture provisoire est assurée d'emblée pour qu'il n'ait pas à supporter les aléas des pourparlers en vue d'obtenir la couverture définitive. Or cette incertitude et ces aléas n'existaient pas, en l'espèce, à concurrence d'une somme de 300'000 fr. Le besoin ne se faisait donc pas sentir de faire partir les délais de l' art. 1er LCA dès l'envoi, le 18 avril 1983, de la demande d'affiliation. De par le règlement de prévoyance (art. 8 al. 1), l'assuré savait que "selon [...] le montant des prestations assurées, un examen médical [...] peut être exigé". L'obligation d'assurer existe si l'état de santé de l'affilié le permet; c'est pourquoi la Compagnie demandera, "le cas échéant [...] un examen médical" (art. 42 al. 1 CGA), le rapport des médecins examinateurs constituant alors une base de l'assurance (art. 2 al. 2); la couverture provisoire est donnée sans ledit examen; elle est limitée selon les dispositions d'acceptation (art. 4 al. 1 et 2), qui exigent l'examen médical lorsque les prestations contractuelles en cas de décès ou d'incapacité s'élèvent à plus de 300'000 fr. Il suit de là que l'assureur doit décider s'il exigera un examen médical. Sa décision BGE 112 II 245 S. 258 a été communiquée le 26 mai 1983. A réception de cet avis, P. n'a pas protesté ni exercé son droit de rectification pour prétendre que la couverture définitive était acquise, plus de quatre semaines s'étant écoulées depuis le 18 avril. Il a au contraire admis implicitement la procédure suivie en prenant rendez-vous peu après le 9 juin pour le 22. Il n'en reste pas moins que l'assureur ne devait pas trop tarder et respecter un délai convenable tant après le 18 avril qu'après le 26 mai. La durée de quatre semaines fixée à l' art. 1er al. 2 LCA ne saurait constituer qu'une direction, un indice de ce qui convient (ZULAUF, op. cit., p. 86). De plus, le système même de la double couverture implique une réglementation conventionnelle en ce sens que la couverture provisoire dure, sauf accord contraire, jusqu'à la décision sur la couverture définitive (ROELLI/KELLER, p. 178), à savoir un temps indéterminé. Aussi bien les conditions générales peuvent-elles prévoir une autre durée que celle qui peut être fixée par analogie avec l' art. 1er LCA (p.ex., un mois: KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 75). Il suit de là que P. a admis la procédure suivie jusqu'au 26 mai et que d'ailleurs le délai de cinq semaines environ depuis la demande d'affiliation n'était pas exagéré, vu la couverture provisoire octroyée. Quant à l'examen médical requis, l'assurance a fait tenir le questionnaire au médecin dès le 9 juin et rendez-vous a été pris par P. - donc avec son accord et avant le 10 - pour le 22, à savoir moins de quatre semaines plus tard. Cela étant, point n'est besoin de se demander si P., son employeur ou la Fondation eussent dû, de leur côté, être plus diligents (rien n'ayant été fait depuis l'engagement le 5 avril jusqu'au 18 avril; acceptation d'un rendez-vous pour le 22 juin seulement).
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1,986
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e0ee9211-613d-4d5a-b301-e6cfeee161d9
Urteilskopf 120 III 138 47. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 27. September 1994 i.S. H. (Rekurs)
Regeste Grundpfandverwertung; ausserordentliche Verwaltungsmassnahme ( Art. 18 Abs. 2 VZG ). Die Verwaltung und Bewirtschaftung eines Pfandgegenstandes erlaubt dem Betreibungsamt selbst mit Zustimmung der kantonalen Aufsichtsbehörde nicht, die zu verwertende Liegenschaft im Rahmen einer ausserordentlichen Verwaltungsmassnahme zu parzellieren (E. 2a und b). Darf das Betreibungsamt bei der Festlegung der Steigerungsbedingungen eine Neuparzellierung der Liegenschaft vornehmen? (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 139 BGE 120 III 138 S. 139 In dem gegen H. laufenden Verfahren auf Grundpfandverwertung stimmten alle Gläubiger der vom Betreibungsamt vorgeschlagenen Neuparzellierung der Liegenschaft R. zu; einzig die Grundpfandgläubigerin im letzten Rang und der Schuldner lehnten ein solches Vorgehen ab. Daraufhin gelangte das Betreibungsamt an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern, welche mit Entscheid vom 27. Juli 1994 dem Gesuch um Bewilligung einer ausserordentlichen Verwaltungsmassnahme im Sinne von Art. 18 Abs. 2 VZG (SR 281.42) entsprach und das Betreibungsamt ermächtigte, die zu verwertende Liegenschaft in eine Parzelle, umfassend das Wohnhaus mit Umschwung von maximal 24 Aren und in eine weitere, nicht überbaute Parzelle aufzuteilen. H. hat sich mit Rekurs vom 21. August 1994 an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts gewandt; er beantragt, den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde aufzuheben, dem Betreibungsamt die Neuparzellierung zu untersagen und dieses aufzufordern, die Liegenschaft R. innert zwei Monaten zu versteigern. M., Grundpfandgläubigerin im letzten Rang, vertritt sinngemäss den Standpunkt des Rekurrenten. Das Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern verzichten unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid und die kantonalen Akten auf eine Stellungnahme. Der Rekurs wird gutgeheissen Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. Anlass zum Rekurs gibt die Anordnung als ausserordentliche Verwaltungsmassnahme durch die kantonale Aufsichtsbehörde, womit das Betreibungsamt ermächtigt wird, die zu verwertende Liegenschaft vorgängig der Steigerung in zwei Parzellen aufzuteilen. a) Das Betreibungsamt sorgt von Amtes wegen für die Verwaltung und Bewirtschaftung des Grundstücks, solange die Pfändung besteht. Dies gilt in gleicher Weise im Pfandverwertungsverfahren von der Stellung des BGE 120 III 138 S. 140 Verwertungsbegehrens an ( Art. 102 Abs. 3 SchKG , Art. 16 Abs. 1 VZG , Art. 101 Abs. 1 VZG ). Demnach hat es alles vorzukehren, was zur Erhaltung des Grundstücks und seiner Ertragsfähigkeit sowie zur Gewinnung der Früchte und Erträgnisse angebracht ist ( Art. 17 VZG ). Erfordert die Verwaltung aussergewöhnliche und umgehend zu treffende Massnahmen, so ordnet das Betreibungsamt Entsprechendes an und benachrichtigt die Beteiligten, unter Hinweis auf ihr Beschwerderecht ( Art. 18 Abs. 1 VZG ). Ist keine Gefahr im Verzug, so holt das Betreibungsamt die Zustimmung der Beteiligten ein. Soweit dies nicht möglich ist, ersucht es die Aufsichtsbehörde um die nötige Weisung ( Art. 18 Abs. 2 VZG ). b) Diese einlässliche Regelung entspricht der Verantwortung des Betreibungsamtes für die zur Verwertung bestimmte Liegenschaft, über die der Schuldner seinerseits nicht unbewilligterweise verfügen darf ( Art. 96 Abs. 1 SchKG ; BGE 64 III 197 E. S. 199/200; BGE 83 III 108 E. 1 S. 110; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, Bern 1911, S. 377 ff.; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5.A. Bern 1993, S. 172/173 N. 73 ff.). Die Verwaltungstätigkeit des Betreibungsamtes ist nie auf Dauer angelegt, sie findet ihren Abschluss mit der grundsätzlich vom Gläubiger zu beantragenden Verwertung ( Art. 116 SchKG ) und ihre sorgfältige Ausübung kann zweifellos zur Steigerung des Verwertungserlöses beitragen. Gleichwohl darf eine Verwaltungshandlung nie über die Erhaltung und Bewahrung der Sache hinausgehen. Damit hat vor allem jede Änderung der Nutzung und jeder Eingriff in die Substanz der Sache, erscheinen sie aus wirtschaftlicher Sicht auch noch so sinnvoll, zu unterbleiben. Die vom Betreibungsamt vorgeschlagene Neuparzellierung darf im Rahmen einer Verwaltungshandlung nicht vorgenommen werden; daran ändert auch eine Qualifizierung als ausserordentliche Massnahme nichts. c) Die von der kantonalen Aufsichtsbehörde bewilligte Neuparzellierung stellt ihrem Wesen nach eine Vorbereitungshandlung im Hinblick auf die Steigerung dar. Die Art und Weise der Steigerung wird vom Betreibungsamt in den Steigerungsbedingungen festgelegt und zwar im Hinblick auf eine bestmögliche Berücksichtigung aller Interessen ( Art. 125 Abs. 2 SchKG , Art. 134 Abs. 1 SchKG ; AMONN, a.a.O., S. 244 N. 45; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, 3.A. Zürich 1984, S. 439 N. 6). Dies kommt nicht zuletzt auch in den BGE 120 III 138 S. 141 Steigerungsbedingungen zum Ausdruck, die vorsehen können, ob mehrere Grundstücke einzeln oder gesamthaft zu versteigern sind ( Art. 45 Abs. 1 lit. b VZG ). Ob das Betreibungsamt - wenn schon nicht im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit - dann immerhin bei der Festlegung der Steigerungsbedingungen eine Neuparzellierung vorsehen kann, braucht an dieser Stelle allerdings nicht entschieden zu werden.
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e0f02a53-d9d3-4d2b-8321-628c7d2cd936
Urteilskopf 136 V 239 29. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_121/2010 vom 8. Juli 2010
Regeste Art. 16b Abs. 3 EOG und Art. 29 lit. b EOV ; Art. 9 Abs. 3, Art. 9b Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 AVIG ; Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung bei Arbeitslosigkeit. Damit die Mutter im Zeitpunkt der Geburt als arbeitslos gilt, ist nicht vorausgesetzt, dass sie beim Arbeitsamt angemeldet ist (E. 2.1). Die für den Bezug eines Taggeldes nach dem AVIG erforderliche Beitragsdauer, deren Erfüllung Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung gibt, wenn die Mutter nicht bis zur Geburt des Kindes Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezogen hat ( Art. 29 lit. b EOV ), muss während der ordentlichen zweijährigen Rahmenfrist für die Beitragszeit nach Art. 9 Abs. 3 AVIG zurückgelegt worden sein. Eine Verlängerung der Rahmenfrist analog zu Art. 9b Abs. 2 AVIG (bei Versicherten, die sich der Erziehung ihrer Kinder gewidmet haben), fällt ausser Betracht (E. 2.2-2.4).
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 136 V 239 S. 240 A. Die 1967 geborene A. arbeitete von Januar 1995 bis Ende Dezember 2007 bei der Firma P. GmbH, wobei sie vom 1. August 2006 bis 31. Dezember 2007 unbezahlten Urlaub bezogen hatte. Sie ist Mutter dreier Kinder. Nach der Geburt des dritten Kindes am 14. Januar 2008 meldete sie sich am 23. Januar 2008 für eine Mutterschaftsentschädigung an. Gestützt auf eine Auskunft des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO) vom 21. April 2008 lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Zürich den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung mit Verfügung vom 5. Mai 2008 mangels ausreichender Beitragsdauer für den Bezug von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung ab, woran sie auf Einsprache von A. hin gestützt auf neuerliche Abklärungen beim SECO mit Entscheid vom 25. August 2008 festhielt. B. Die von A. hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 17. Dezember 2009 ab. C. A. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihr Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung anzuerkennen. Ferner ersucht sie um die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung. Während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherungen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das EOG (SR 834.1) regelt unter Ziff. IIIa., eingefügt durch Ziff. I des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 2003 (AS 2005 1429, 1432), in Kraft seit 1. Juli 2005, die Mutterschaftsentschädigung. Anspruchsberechtigt ist nach Art. 16b Abs. 1 EOG eine Frau, die: a) während der neun Monate unmittelbar vor der Niederkunft im Sinne des AHVG obligatorisch versichert war; b) in dieser Zeit mindestens fünf Monate lang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat; und c) im Zeitpunkt der Niederkunft: 1. Arbeitnehmerin im Sinne von Art. 10 ATSG ist; 2. Selbstständigerwerbende im Sinne von Art. 12 ATSG ist; oder 3. im Betrieb des Ehemannes mitarbeitet und einen Barlohn bezieht. BGE 136 V 239 S. 241 Nach Abs. 3 regelt der Bundesrat: (...) die Anspruchsvoraussetzungen für Frauen, die wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit: a) die Voraussetzungen von Absatz 1 Buchstabe a nicht erfüllen; b) im Zeitpunkt der Niederkunft nicht Arbeitnehmerinnen oder Selbstständigerwerbende sind. 2. Die in Art. 16b Abs. 1 lit. a-c EOG genannten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Mutterschaftsentschädigung ist grundsätzlich auf Frauen beschränkt, die im Zeitpunkt der Niederkunft erwerbstätig waren, d.h. die bei der Niederkunft noch in einem gültigen privat- oder öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis oder Lehrverhältnis stehen oder als Selbstständigerwerbende im Zeitpunkt der Niederkunft von der AHV als solche anerkannt sind ( Art. 16b Abs. 1 lit. c EOG ; BBl 2002 7543 f.; BGE 133 V 73 E. 4.1 S. 77 f.; Urteil 9C_171/2008 vom 28. Mai 2008 E. 4.2). Ausnahmen sollen nur dann gemacht werden, wenn eine Frau wegen Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Niederkunft nicht als erwerbstätig gilt ( Art. 16b Abs. 3 EOG ; BBl 2002 7544). Nach Art. 29 EOV (SR 834.11) hat eine Mutter, die im Zeitpunkt der Geburt arbeitslos ist oder infolge Arbeitslosigkeit die erforderliche Mindesterwerbsdauer nach Art. 16b Abs.1 lit. b EOG nicht erfüllt, Anspruch auf Entschädigung, wenn sie bis zur Geburt ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung bezog (lit. a) oder am Tag der Geburt die für den Bezug eines Taggeldes nach dem AVIG erforderliche Beitragsdauer erfüllt (lit. b). 2.1 Gemäss Ingress von Art. 16b Abs. 3 EOG und Art. 29 EOV ist Voraussetzung für den ausnahmsweisen Leistungsanspruch trotz Fehlens einer Erwebstätigkeit, dass die Mutter im Zeitpunkt der Geburt arbeitslos ist. Nach Art. 10 Abs. 1 und 2 AVIG (SR 837.0) gilt als ganz bzw. teilweise arbeitslos, wer in keinem oder nur einem teilzeitlichen Arbeitsverhältnis steht und eine Vollzeit- bzw. eine weitere Teilzeitbeschäftigung sucht. Gemäss Art. 10 Abs. 3 AVIG gilt der Arbeitsuchende erst dann als arbeitslos, wenn er sich beim Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung gemeldet hat. Die Vorinstanz hat gestützt auf diese Bestimmung erwogen, die Beschwerdeführerin sei gar nicht arbeitslos, weil sie, was unbestritten ist, im Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes nicht beim Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung gemeldet gewesen sei. Nach der Entstehungsgeschichte von Art. 16b Abs. 3 EOG soll allerdings nicht verlangt werden, dass eine Frau BGE 136 V 239 S. 242 im Zeitpunkt der Niederkunft auch tatsächlich Arbeitslosenentschädigung bezieht. Ein Anspruch soll auch dann bestehen, wenn ohne Bezug von Arbeitslosenentschädigung im Zeitpunkt der Geburt eine Rahmenfrist für den Leistungsbezug eröffnet ist, unabhängig davon, ob unmittelbar vor der Niederkunft Arbeitslosenentschädigung bezogen wird, oder wenn unmittelbar vor oder unmittelbar nach der Niederkunft eine nach dem AVIG genügende Beitragszeit nachgewiesen ist oder ein Grund für die Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit vorliegt. Im Sinne einer konsequenten Leistungsabgrenzung und Koordination zwischen AVIG und EOG soll damit vermieden werden, dass sich Versicherte zur Wahrung ihrer Ansprüche auf Mutterschaftsentschädigung zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung anmelden müssen. Eine solche Anmeldung könnte angesichts des starren Rahmenfristensystems in der Arbeitslosenversicherung zu einer massiven Beeinträchtigung ihrer Ansprüche im Falle einer späteren Arbeitslosigkeit führen. Zudem verlangt das Gebot der Gleichbehandlung eine solche Regelung, weil ansonsten die Kategorie der beitragsfrei versicherten Personen ungleich behandelt würde, je nachdem, ob im Zeitpunkt der Niederkunft ein Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt worden ist oder nicht (BBl 2003 1121 f.; vgl. auch AB 2003 S 541). Nach diesen Ausführungen ist also der Begriff "arbeitslos" gemäss Art. 16b Abs. 3 EOG und Art. 29 EOV nicht im Sinne von Art. 10 Abs. 3 AVIG zu verstehen. Eine Abweichung ist jedoch nur vom formellen Erfordernis der Anmeldung beim Arbeitsamt zulässig. Materiell muss Arbeitslosigkeit vorliegen. 2.2 Vorausgesetzt ist des Weiteren für die Mutter, die nicht bis zur Geburt ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung bezogen hat ( Art. 29 lit. a EOV ), dass sie am Tag der Geburt die für den Bezug eines Taggeldes nach dem AVIG erforderliche Beitragsdauer erfüllt ( Art. 29 lit. b EOV ). Umstritten ist, ob dieses Erfordernis im Falle der Beschwerdeführerin erfüllt ist. Fest steht, dass sie innerhalb der ordentlichen Rahmenfrist für die Beitragszeit von zwei Jahren vor der Geburt ( Art. 9 Abs. 3 AVIG ) nicht während mindestens 12 Monaten eine beitragspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat ( Art. 13 Abs. 1 AVIG ), da sie ab August 2006 keinen Lohn mehr bezog. Anrechnungen nach Art. 13 Abs. 2 lit. d AVIG werden nicht geltend gemacht. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die massgebliche Rahmenfrist nach Art. 9b Abs. 2 AVIG verlängert werden kann. Dieser Bestimmung zufolge beträgt die Rahmenfrist für die Beitragszeit von Versicherten, die sich der Erziehung ihrer Kinder gewidmet haben, vier Jahre, BGE 136 V 239 S. 243 sofern zu Beginn der einem Kind unter zehn Jahren gewidmeten Erziehung keine Rahmenfrist für den Leistungsbezug lief. 2.3 Nach dem Wortlaut von Art. 29 lit. b EOV ist nicht ohne weiteres klar, worauf sich die Beitragsdauer bezieht, d.h. in welchem Zeitraum sie erfüllt worden sein muss. Indessen ist die Verordnung gesetzeskonform auszulegen, mit Blick auf die in den neuen Bestimmungen des EOG zum Ausdruck kommende Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers, wonach nur erwerbstätige Frauen Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung haben sollen. Diesen gleichgestellt sind Frauen, die wegen Arbeitslosigkeit (oder Arbeitsunfähigkeit) im Zeitpunkt der Niederkunft nicht erwerbstätig waren. Nur für diese Fälle ermächtigt Art. 16b Abs. 3 EOG den Bundesrat, von den in Abs. 1 genannten Voraussetzungen abzuweichen. Würde der Bundesrat die Anspruchsberechtigung auf weitere Fälle nicht erwerbstätiger Frauen ausdehnen, wäre die Verordnung gesetzwidrig (vgl. auch BBl 2003 1121). 2.4 Wer wie die Beschwerdeführerin seit längerer Zeit keine bezahlte Erwerbstätigkeit mehr ausübt, ohne sich bei der Arbeitslosenversicherung anzumelden, ist nicht wegen Arbeitslosigkeit nicht erwerbstätig, sondern aus anderen, beispielsweise familiären Gründen. Eine gesetzeskonforme Auslegung der Verordnung führt daher dazu, dass unter Beitragsdauer im Sinne von Art. 29 lit. b EOV nur diejenige, die in der ordentlichen zweijährigen Rahmenfrist zurückgelegt wurde, verstanden werden kann. 3. In sachverhaltlicher Hinsicht kritisiert die Beschwerdeführerin, die Annahme der Vorinstanz, sie sei im Zeitpunkt der Niederkunft nicht auf Stellensuche gewesen, sei willkürlich. Bei der dargelegten rechtlichen Ausgangslage ist diese Rüge irrelevant.
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Urteilskopf 136 V 339 39. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit social dans la cause Helsana Accidents SA contre F. (recours en matière de droit public) 8C_445/2009 du 22 juillet 2010
Regeste Art. 3 Abs. 1, 2 und 4 UVG ; Beginn und Ruhen der obligatorischen Unfallversicherung. Begriff der ausländischen obligatorischen Unfallversicherung im Sinne von Art. 3 Abs. 4 UVG (E. 5.1). Festhalten an der Rechtsprechung, wonach ein Arbeitnehmer, der zuerst bezahlte Ferien bezieht, bevor er die Arbeit antritt, für diese Zeit nicht obligatorisch unfallversichert ist (E. 6.1 und 6.2). Dies gilt ebenso bei einem vorangegangenen Ruhen des Arbeitsverhältnisses infolge unbezahlten Urlaubs (E. 6.3 und 6.4).
Sachverhalt ab Seite 340 BGE 136 V 339 S. 340 A. F. a été engagé dès le 1 er mars 2004 au service de l'étude X. en qualité de collaborateur à plein temps. A ce titre, il était assuré obligatoirement contre le risque d'accident auprès d'Helsana Accidents SA par l'intermédiaire d'Helsana Assurances SA. Du 1 er juillet 2006 au 30 juin 2007, l'intéressé, d'entente avec son employeur, a interrompu son activité professionnelle afin de suivre une formation complémentaire à l'Université de Y., en Australie. L'employeur lui a payé son salaire du mois de juin 2006, ainsi qu'une indemnité correspondant à dix jours de vacances qui n'avaient pas été pris. Le Département australien de l'immigration fait dépendre la délivrance des visas d'étudiants étrangers de l'existence d'une couverture d'assurance des soins médicaux. Comme ces étudiants ne peuvent toutefois pas s'affilier au système public australien d'assurance, F. a souscrit la couverture d'assurance qui leur est spécifiquement destinée, à savoir Overseas Student Health Cover (OSHC). La conservation de cette couverture d'assurance est une condition obligatoire pour l'autorisation du séjour d'études en Australie. Selon les conditions générales d'assurance, la couverture prend fin au premier des termes suivants: départ d'Australie, expiration du visa d'étudiant ou date indiquée dans le certificat d'assurance, en l'occurrence le 24 juillet 2007. L'intéressé a quitté l'Australie le 24 juin 2007. Le 14 juillet 2007, F. a été victime d'un accident alors qu'il pratiquait le surf en Indonésie. Dans un rapport du 30 juillet 2007, le docteur B., médecin adjoint à l'Hôpital Z., a fait état de fractures de la paroi interne et du plancher de l'orbite droite, ainsi que d'une cécité totale de l'oeil droit. Par décision du 9 octobre 2007, confirmée sur opposition le 11 septembre 2008, Helsana Accidents SA a refusé l'octroi de prestations pour les suites de cet accident, motif pris que l'intéressé n'était pas assuré au moment de sa survenance. B. Saisi d'un recours, le Tribunal cantonal des assurances sociales de la République et canton de Genève a annulé les décisions des BGE 136 V 339 S. 341 9 octobre 2007 et 11 septembre 2008 et renvoyé la cause à Helsana Accidents SA pour nouvelle décision. Il a considéré, en résumé, que l'intéressé était assuré auprès de l'assureur susmentionné au moment de la survenance de l'accident, de sorte qu'il a droit aux prestations de l'assurance-accidents pour les suites de cet événement (jugement du 7 avril 2009). C. Helsana Accidents SA interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement et demande l'octroi de l'effet suspensif. F. conclut à l'irrecevabilité du recours, subsidiairement à son rejet, le tout sous suite de frais et dépens. Il s'en rapporte à justice au sujet de la demande d'effet suspensif. De son côté, l'Office fédéral de la santé publique (OFSP) a renoncé à présenter des déterminations. D. Par ordonnance du 28 juillet 2009, le juge instructeur a admis la requête d'effet suspensif. Le recours a été admis. Erwägungen Extrait des considérants: 4. 4.1 Aux termes de l' art. 3 LAA (RS 832.20), l'assurance produit ses effets ("beginnt"; "inizia") dès le jour où le travailleur commence ou aurait dû commencer le travail en vertu de l'engagement, mais en tout cas dès le moment où il prend le chemin pour se rendre au travail (al. 1); elle cesse de produire ses effets ("endet"; "termina") à l'expiration du trentième jour qui suit celui où a pris fin le droit au demi-salaire au moins (al. 2). L' art. 3 al. 4 LAA dispose que l'assurance est suspendue lorsque l'assuré est soumis à l'assurance militaire ou à une assurance-accidents obligatoire étrangère. 4.2 A l'appui de sa décision de refus de prestations, l'assureur-accidents a considéré que l'intéressé avait cessé d'être assuré obligatoirement contre le risque d'accident le 13 août 2006, soit à l'expiration du délai de trente jours après la fin du droit au salaire, y compris les dix jours de vacances indemnisés. Pour la période subséquente, il ne pouvait pas se prévaloir du régime de suspension de l'assurance, dès lors que l'assurance australienne OSHC n'est pas une assurance-accidents obligatoire au sens de l' art. 3 al. 4 LAA . Par ailleurs, le fait que l'intéressé avait droit à un salaire depuis le mois de juillet 2007 en vertu de l'accord conclu avec l'employeur ne fait pas renaître la BGE 136 V 339 S. 342 couverture d'assurance dès le début de ce mois, du moment qu'il n'avait pas recommencé le travail à ce moment-là. De son côté, la juridiction cantonale considère que l'assurance OSHC est une assurance-accidents obligatoire au sens de l' art. 3 al. 4 LAA et qu'elle a pris le relais de l'assurance LAA durant la période du 24 juillet 2006 au 24 juin 2007, date du départ d'Australie. Avec le droit au salaire convenu dès le 1 er juillet 2007, la couverture d'assurance LAA a repris effet ex lege à cette date, de sorte que l'intéressé en bénéficiait le 14 juillet 2007, jour de l'accident. Selon la recourante, le simple fait que l'assurance OSHC soit exigée pour l'obtention et le maintien du visa d'étudiant en Australie, ne lui confère pas le caractère d'assurance obligatoire au sens de l' art. 3 al. 4 LAA . Au demeurant, la suspension de l'assurance LAA ne concerne pas les personnes qui ne sont pas parties à une relation de travail. Dans sa réponse au recours, l'intimé soutient que la couverture d'assurance LAA n'a pas été interrompue, mais seulement suspendue durant la période d'assurance obligatoire en Australie, de sorte qu'elle a repris immédiatement le lendemain de la fin de l'obligation d'assurance étrangère, à savoir le 25 juin 2007. Au surplus, il fait valoir que l'assurance OSHC ayant débuté le 24 juillet 2006, soit le neuvième jour de la période de prolongation de la couverture d'assurance LAA, le solde de vingt et un jours doit être reporté sur la période suivant la fin de l'assurance OSHC le 24 juin 2007, de sorte que la période de prolongation de la couverture d'assurance a recommencé à courir le 25 juin suivant pour s'éteindre le 15 juillet 2007, soit postérieurement à la survenance de l'accident. 5. 5.1 Le second cas de suspension de l'assurance-accidents, prévu à l' art. 3 al. 4 LAA en cas d'assujettissement à une assurance-accidents obligatoire étrangère, est une règle de coordination territoriale de l'assurance en matière de sécurité sociale. Il tend à éviter une double couverture d'assurance et concerne principalement la situation des travailleurs détachés à l'étranger, qui restent assurés en Suisse en vertu de l' art. 4 OLAA (RS 832.202) pendant deux ans, voire six ans au maximum (ALFRED MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 1989, p. 153 s.; DANIEL GUIGNARD, Le début et la fin de l'assurance-accidents [LAA], 1998, p. 243). Dans ces cas, l'assurance suisseest suspendue au profit de l'assurance étrangère. Potentiellement, il y BGE 136 V 339 S. 343 a une double couverture avec une clause de priorité en faveur du droit étranger. Par "assurance-accidents obligatoire étrangère", il faut entendre, en regard de cet objectif de coordination, une assurance qui soit comparable à l'assurance-accidents obligatoire LAA. Il doit s'agir d'une affiliation automatique à un régime de sécurité sociale correspondant, c'est-à-dire en particulier une assurance des travailleurs . L'assurance doit avoir pour objet la couverture étatique des accidents du travail et des maladies professionnelles et couvrir par ailleurs de manière appropriée les conséquences des accidents non professionnels. L'assurance est obligatoire avant tout en raison de l'activité professionnelle et des risques liés à cette activité. Cette condition n'est pas remplie s'agissant, comme en l'espèce, d'une assurance pour soins médicaux privée conclue à l'étranger par un étudiant ou une personne dite "non active", quand bien même la conclusion de cette assurance serait obligatoire pour obtenir un permis de séjour. Elle ne serait pas non plus remplie, par exemple, dans le cas d'un travailleur qui a été affilié à l'assurance-accidents obligatoire LAA et qui va passer sa retraite à l'étranger où il est soumis au régime de sécurité sociale de l'Etat de résidence pour la couverture des soins en cas de maladie et d'accident. 5.2 Vu ce qui précède, il y a lieu d'admettre, en l'espèce, que la couverture d'assurance LAA n'a pas été suspendue en raison de l'assujettissement à une assurance-accidents obligatoire étrangère. Elle a cessé de produire ses effets le 13 août 2006, soit à l'expiration du délai de trente jours après la fin du droit au salaire, y compris les dix jours de vacances indemnisés. Cela étant, il n'y a pas lieu de trancher le point de savoir si, en cas de suspension de l'assurance, le délai de trente jours recommence à courir à concurrence du solde le jour suivant la fin de l'assujettissement à l'assurance militaire ou à l'assurance-accidents étrangère (voir à ce propos MAURER, op. cit., p. 152 ss; GUIGNARD, op. cit., p. 242 ss; UELI KIESER, Unfallversicherung, in Stellenwechsel und Entlassung, Geiser/Münch [éd.], 1997, p. 402 s.n. 14.32). 6. Dans sa réponse au recours, l'intimé allègue que le nouveau rapport d'assurance a commencé le 1 er juillet 2007, date à partir de laquelle il avait droit au salaire, cela indépendamment du fait que la relation de travail a commencé par des vacances payées. 6.1 Selon l' art. 3 al. 1 LAA , le début de l'assurance ne relève pas d'un rapport juridique mais dépend d'un fait, à savoir le début effectif du BGE 136 V 339 S. 344 travail ou, pour la personne déjà au bénéfice d'un engagement, le moment où elle prend le chemin pour se rendre au travail ( ATF 119 V 220 consid. 3 p. 221 s.; ATF 118 V 177 consid. 1a p. 178 s.). En particulier, le travailleur engagé le premier jour d'un mois, qui est un samedi, et qui commence son activité le lundi suivant n'est pas assuré s'il est victime d'un accident (non professionnel) le samedi. De même, un travailleur qui obtient des vacances payées au début ou à la reprise des rapports de travail n'est pas assuré obligatoirement contre le risque d'accident durant cette période (RAMA 2001 p. 317, U 6/99 consid. 3a). Cette conception de la couverture d'assurance fondée sur le commencement effectif de l'activité trouve son origine dans le fait que l'assurance-accidents est aussi - et historiquement surtout - une assurance des accidents et des maladies professionnels . Il y a, dans une certaine mesure tout au moins, une coïncidence temporelle nécessaire entre l'assurance non professionnelle et l'assurance professionnelle. 6.2 Les critiques de doctrine (cf. CHRISTIAN SCHÜRER, Der Beginn des Versicherungsschutzes nach dem Unfallversicherungsgesetz, in Sozialversicherungsrechtstagung 2002, Schaffhauser/Schlauri [éd.], p. 173 s.; GUIGNARD, op. cit., p. 95 ss) ne justifient pas de modifier la jurisprudence susmentionnée, comme le demande l'intimé. D'ailleurs, dans son message du 30 mai 2008 relatif à la modification de la loi fédérale sur l'assurance-accidents, le Conseil fédéral propose de maintenir la réglementation actuelle, selon laquelle l'assurance commence à produire ses effets en règle générale dès le jour où commence ou aurait dû commencer le travail en vertu de l'engagement, mais au plus tard dès le moment où le travailleur se met en chemin pour se rendre à son lieu de travail. Le projet d' art. 3 al. 1 LAA réserve toutefois la compétence du Conseil fédéral de régler différemment le début de l'assurance dans des cas spéciaux, notamment lorsque le rapport de travail commence par des vacances ou des jours fériés. C'est le cas, par exemple, du personnel enseignant engagé depuis le 1 er août mais qui ne commence son activité qu'à la rentrée scolaire (FF 2008 4905 s.). Certains milieux consultés, en particulier la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents (CNA), ont exprimé le regret que la question du début de la couverture d'assurance lorsque le premier jour du mois d'activité est un samedi ou un jour férié ne soit pas réglée par la loi (cf. résumé des résultats de la procédure de consultation [synthèse des résultats] publié par l'OFSP, septembre 2007, BGE 136 V 339 S. 345 http://www.admin.ch/ch/f/gg/pc/documents/1383/Ergebnis.pdf ). En définitive, c'est au législateur qu'il appartient d'apporter les modifications qui seraient nécessaires à cet égard. 6.3 L'intéressé fait valoir également qu'il n'a pas mis fin à son activité au service de son employeur en Suisse. Après avoir complété sa formation à l'étranger pendant une durée d'un an, déterminée à l'avance, il a continué cette activité conformément à ce qui avait été convenu avant son départ. Dès lors son contrat de travail n'a pas pris fin et les principales obligations qui en découlent ont été suspendues durant le congé non payé. L'intéressé est d'avis que dans ces conditions, la couverture d'assurance a été réactivée dès la reprise des rapports de travail, le 1 er juillet 2007, sans qu'il soit nécessaire qu'il recommence effectivement son activité. Ce faisant, il voudrait que l'on distingue entre le fait de bénéficier de vacances payées avant l'entrée en service et le fait de recevoir un salaire pour des vacances au terme d'un congé non payé. 6.4 Ce point de vue est mal fondé. Il est incontesté qu'une personne n'est pas assurée pendant un congé non payé, dès lors que l'assurance prend fin conformément à l' art. 3 al. 2 LAA (URS CH. NEF, Arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte des Bildungsurlaubs, RSAS 1993 p. 75). En effet, la circonstance qu'une personne bénéficie d'un congé non payé - ce qui entraîne la suspension des rapports de travail - est un élément juridique lié au rapport de travail, qui n'est pas décisif au regard de la couverture d'assurance LAA. La conception de la LAA fondée sur le commencement effectif de l'activité (cf. consid. 6.1) ne permet pas de réserver un traitement particulier aux personnes bénéficiant d'un congé non payé, au motif qu'elles ont déjà, une première fois, commencé l'activité au service de leur employeur. Cela conduirait à des inégalités, en premier lieu avec les salariés qui, au début ou à la reprise des rapports de travail, bénéficient tout d'abord de vacances ( ATF 119 V 220 ; ATFA 1963 p. 233), ainsi qu'avec les travailleurs saisonniers au service d'un même employeur pour chaque saison (par exemple les professeurs de ski, les employés des remontées mécaniques, les employés de l'hôtellerie) et les travailleurs temporaires ou encore les travailleurs liés par des contrats successifs de durée déterminée. Le fait que l'intimé a bénéficié d'un congé non payé ne permet dès lors pas d'admettre que la couverture d'assurance a repris ex lege dès la fin de ce congé. BGE 136 V 339 S. 346 7. Vu ce qui précède, la recourante était fondée, par sa décision sur opposition du 11 septembre 2008, à refuser ses prestations pour les suites de l'accident du 14 juillet 2007. Le recours se révèle ainsi bien fondé.
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e0f55457-5c00-4fd0-a28b-2befb670e0a7
Urteilskopf 98 V 23 6. Urteil vom 20. Januar 1972 i.S. Tresch gegen Ausgleichskasse des Kantons Uri und Kantonale Rekurskommission Uri für die AHV
Regeste Art. 43bis AHVG und 66bis AHVV. Voraussetzungen einer Hilflosenentschädigung der AHV (Zusammenfassung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 23 BGE 98 V 23 S. 23 A.- Die 1906 geborene, verwitwete Ida Tresch, Bezügerin einer einfachen Altersrente und einer Ergänzungsleistung, ist seit ihrer Kindheit vollständig blind. Sie leidet ausserdem an Hypertonie, Arthritis beider Hüftgelenke und reaktiver Depression mit tagelang dauernden Kopfschmerzen. Die Versicherte bedarf vollständig oder grösstenteils der Hilfe Dritter und der persönlichen Überwachung bei der Kontaktaufnahme mit der Umwelt sowie beim Fortbewegen in der Wohnung und im Freien. Auf keine oder nur geringe Hilfe angewiesen ist sie dagegen beim An- und Auskleiden, Absitzen, Aufstehen und Abliegen, Essen, Baden, bei der täglichen Toilette, der Nahrungsaufnahme sowie beim Verrichten der Notdurft. Mit Verfügung vom 8. Januar 1971 lehnte die Ausgleichskasse ein Gesuch der Versicherten um Ausrichtung einer Hilflosenentschädigung der AHV ab. B.- Die kantonale Rekurskommission Uri für die AHV wies mit Entscheid vom 28. Juli 1971 eine von der Versicherten gegen die Verfügung der Ausgleichskasse erhobene Beschwerde ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Ida Tresch, es sei ihr eine Hilflosenentschädigung der AHV zuzusprechen. BGE 98 V 23 S. 24 Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. ... 2. Nach Art. 43bis Abs. 1 AHVG haben in der Schweiz wohnhafte Männer und Frauen, denen eine Altersrente zusteht und die in schwerem Grade hilflos sind, Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Der Anspruch entsteht am ersten Tag des Monats, in dem sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind und die Hilflosigkeit schweren Grades ununterbrochen mindestens 360 Tage gedauert hat ( Art. 43bis Abs. 2 AHVG ). Begriff und Bemessung der Hilflosigkeit bestimmen sich sinngemäss nach den Normen des Invalidenversicherungsgesetzes. Die Bemessung der Hilflosigkeit zuhanden der Ausgleichskassen obliegt den Invalidenversicherungs-Kommissionen. Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften erlassen ( Art. 43bis Abs. 5 AHVG und Art. 66bis Abs. 1 AHVV ). Laut Art. 42 Abs. 2 IVG gilt als hilflos, wer wegen der Invalidität für die alltäglichen Lebensverrichtungen dauernd der Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung bedarf. Zu diesen Verrichtungen gehören nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie das An- und Auskleiden, die Körperpflege, die Nahrungsaufnahme und das Verrichten der Notdurft (EVGE 1969 S. 112 f., 1966 S. 133 Erw. 1), ferner aber auch das normalmenschliche, der Gemeinschaft angepasste und an diese gewöhnte Verhalten, wie es der Alltag mit sich bringt. Wer zu solchem Verhalten nicht oder nicht mehr fähig ist, muss grundsätzlich als hilflos betrachtet werden (EVGE 1969 S. 112 Erw. 1). In diesem Zusammenhang ist ferner die Herstellung des K ontaktes zur Umwelt zu berücksichtigen. Es ist jedoch zu beachten, dass die notwendige Hilfe bei der Herstellung dieses Kontaktes in der Regel nur als zusätzliches Element, neben anderen nötigen Hilfeleistungen, einen Anspruch auf die Entschädigung zu begründen vermag (EVGE 1969 S. 113). Art. 39 Abs. 2 IVV kennt drei Grade der Hilflosigkeit, nämlich den leichteren, den mittleren und den schweren Grad. Der leichtere Grad gilt als erfüllt, wenn der Versicherte weniger als zur Hälfte, aber mindestens zu einem Drittel hilflos ist. Eine Hilflosigkeit mittleren Grades liegt vor, falls der Versicherte mindestens zur Hälfte, jedoch weniger als zu zwei Dritteln hilflos BGE 98 V 23 S. 25 ist. Bei einer Hilflosigkeit von mindestens zwei Dritteln ist der schwere Grad erreicht, der nach Art. 43bis Abs. 1 AHVG den Altersrentnern Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV verleiht. Dabei ist die jeweils zu beurteilende Hilflosigkeit mit jener zu vergleichen, welche ein vollständig Hilfloser aufweist. Da unter den alltäglichen Lebensverrichtungen vor allem das An- und Auskleiden, die Körperpflege, die Nahrungsaufnahme, das Verrichten der Notdurft und das normal-menschliche Verhalten zu verstehen sind, ist der Grad der Hilfs- und Überwachungsbedürftigkeit in erster Linie nach diesen Tätigkeiten zu schätzen. Ob Hilfe und persönliche Überwachung notwendig sind, ist objektiv, nach dem Zustand des Versicherten zu beurteilen. Grundsätzlich unerheblich ist die Umgebung, in welcher sich der Versicherte aufhält. Es darf hinsichtlich der Bemessung der Hilflosigkeit keinen Unterschied ausmachen, ob ein Versicherter allein oder in der eigenen Familie, in der offenen Gesellschaft oder in einem Spital bzw. in einer Anstalt lebt (EVGE 1966 S. 134 f. Erw. 2). Würde anders entschieden, d.h. die Hilflosigkeit nach der Mühe bemessen, die im Rahmen der jeweiligen Umgebung erwächst, so wären stossende Konsequenzen unumgänglich, insbesondere dann, wenn ein Wechsel von der Haus- in die Spitalpflege stattfände (EVGE 1969 S. 115 Erw. 3). Das Gericht hat wiederholt festgestellt, dass die gesetzliche Ordnung und die Natur der Sache dem Ermessen der Verwaltung bei der Würdigung der Umstände des Einzelfalles für die Ermittlung des Grades der Hilflosigkeit einen weiten Spielraum lassen, sofern der massgebende Sachverhaltmit hinreichen der Zuverlässigkeit abgeklärt worden ist (EVGE 1969 S. 119; ferner EVGE 1966 S. 243 und dort zitierte Rechtsprechung und Literatur). 3. Auf den vorliegenden Fall angewendet, führen diese Grundsätze zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Hilflosenentschädigung der AHV bei Erlass der angefochtenen Verfügung ( BGE 96 V 141 , EVGE 1968 S. 16/17, 1965 S. 202) nicht erfüllt waren. Der Entscheid der Vorinstanz ist daher nicht zu beanstanden. Da die Beschwerdeführerin für die alltäglichen Lebensverrichtungen (An- und Auskleiden, Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Verrichten der Notdurft) nur in geringem Masse oder überhaupt nicht hilfsbedürftig ist, fehlt es im massgebenden Zeitpunkt andervom Gesetzgeforderten Schwere der Hilflosigkeit. Die Behinderungen der Versicherten bei der BGE 98 V 23 S. 26 Kontaktaufnahme mit der Umwelt und beim Fortbewegen im Freien und in der Wohnung sind weitgehend auf ihre Blindheit zurückzuführen, welche indessen nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts noch keinen Anspruch auf die Hilflosenentschädigung zu begründen vermag. Denn der blinde Versicherte ist in der Regel nicht von vorneherein als selbst in leichtem Grade hilflos zu betrachten (EVGE 1969 S. 115; ZAK 1970 S. 36). Eine Späterblindung, der gebührend Rechnung zu tragen wäre (ZAK 1970 S. 39 Erw. 3 c), liegt bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Sollte der Grad der Hilflosigkeit in letzter Zeit erheblich zugenommen haben, so wird sich die Verwaltung auf neue Anmeldung hin erneut mit der Sache zu befassen haben; der Beschwerdeführerin bleiben daher auch nach Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde alle Rechte gewahrt. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 100 IV 108 28. Urteil des Kassationshofes vom 5. April 1974 i.S. Hafner und Vögtlin gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.
Regeste I. Art. 251 StGB . 1. Bei Anwendung dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, ob der Täter zur Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache befugt sei; entscheidend ist, ob die beurkundete Tatsache inhaltlich wahr ist (Erw. 1). 2. Die vom bisherigen Markeninhaber zuhanden des Amtes für geistiges Eigentum gemäss Art. 16 MSchG in Verbindung mit Art. 19 MSchV beglaubigte Erklärung, die Marke sei auf einen neuen Inhaber übergegangen, hat Urkundencharakter im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB (Erw. 2). II. Art. 159 StGB . Ein einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat, der für das Vermögen der Aktiengesellschaft durch Abschluss von Rechtsgeschäften zu sorgen hat, muss sich die von ihm vorgenommene unbefugte Übertragung einer im Register eingetragenen und zum Vermögen der Aktiengesellschaft gehörenden Marke auf einen Dritten als Schädigung fremden Vermögens zurechnen lassen (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 109 BGE 100 IV 108 S. 109 A.- Hafner, Vögtlin und Misteli gründeten am 28. Juni 1966 in Zürich die Hafner AG mit Sitz in Basel. Die drei Gesellschafter, die den Verwaltungsrat der Gesellschaft bildeten, übernahmen je 20 Aktien zu Fr. 1000.--. Jeder Gesellschafter war einzelzeichnungsberechtigt. Die Beschlüsse des Verwaltungsrates bedurften, um rechtsgültig zu sein, gemäss Art. 6 Abs. 4 der Statuten der Einstimmigkeit. Der Gesellschaftszweck bestand im Bau und Vertrieb von wärme- und lufttechnischen Anlagen, insbesondere des Trocknungsapparates mit der Bezeichnung "Hafner-Trockner". Diese Marke wurde namens der Hafner AG am 15. Dezember 1966 hinterlegt, unter Nr. 222620 im Markenregister eingetragen und am 9. März 1967 im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht. Unter den Gesellschaftern kam es in der Folge zu Auseinandersetzungen, die schliesslich zu einer Vereinbarung der Beteiligten vom 19. Juni 1967 über das Ausscheiden von Hafner und Vögtlin aus der Aktiengesellschaft auf Ende August 1967 und die Weiterführung der Hafner AG durch Misteli führten. Im Hinblick auf die bevorstehende gesellschaftliche Auseinandersetzung entschlossen sich Hafner und Vögtlin im Frühsommer 1967, die genannte Handelsmarke noch vor der Trennung BGE 100 IV 108 S. 110 der Gesellschafter hinter dem Rücken des Misteli auf Hafner zu übertragen. Am 16. Juni 1967 unterzeichnete Vögtlin namens der Hafner AG eine Übertragungserklärung, in der er beurkundete, die Hafner AG erkläre hiermit, die Marke Nr. 222620 an Hafner in Basel abgetreten zu haben. Notar Hoog beglaubigte auf dieser Erklärung, dass Vögtlin namens der Aktiengesellschaft und als Vizepräsident gehandelt habe. Am gleichen Tag unterzeichnete Hafner ein entsprechendes Markenübertragungsgesuch zu Handen des Amtes für geistiges Eigentum. Dieses beanstandete jedoch am 13. Juli 1967, dass Vögtlin auf der Übertragungserklärung nicht - durch Streichung vorgedruckter Worte -angegeben hatte, ob die Marke "Hafner-Trockner" mit dem Geschäft der Hafner AG oder nur mit einem Geschäftszweig derselben übertragen worden sei. Es ersuchte deshalb Hoog um entsprechende Präzisierung bis zum 16. Oktober 1967. Hafner nahm daraufhin die gewünschte Einschränkung vor, indem er auf der Übertragungserklärung den Passus "mit dem Geschäft" strich. Mitte Oktober 1967 erhielt Misteli von den Machenschaften der beiden Gesellschafter Kenntnis. Er benachrichtigte das Amt für geistiges Eigentum und konnte die Übertragung der Marke im Register verhindern. Im November 1967 änderte Misteli die Marke in "Hafag-Trockner" ab. B.- Am 19. Januar 1973 verfällte das Strafgericht Basel-Stadt Hafner wegen versuchter ungetreuer Geschäftsführung sowie unlauteren Wettbewerbs, und Vögtlin wegen versuchter ungetreuer Geschäftsführung in eine Busse von je Fr. 2000.--. Dagegen sprach es die beiden Gebüssten von der Anklage der Urkundenfälschung frei. Auf Appellation der Verurteilten und der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt hin sprach das Appellationsgericht dieses Kantons am 19. Dezember 1973 Hafner der Urkundenfälschung, der versuchten ungetreuen Geschäftsführung sowie des unlauteren Wettbewerbs, und Vögtlin der Urkundenfälschung sowie der versuchten ungetreuen Geschäftsführung schuldig. Es verurteilte Hafner zu drei und Vögtlin zu zwei Monaten Gefängnis und gewährte in beiden Fällen den bedingten Strafvollzug unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren. C.- Die Verurteilten führen Nichtigkeitsbeschwerde. Hafner beantragt Freisprechung von der Anschuldigung der BGE 100 IV 108 S. 111 Urkundenfälschung. Vögtlin beantragt Freisprechung in allen Punkten. D.- Die Staatsanwaltschaft beantragt Abweisung beider Beschwerden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten mit der Übertragungserklärung keine Lugurkunde hergestellt; Vögtlin habe die Marke namens der Hafner AG auf Hafner übertragen wollen und in dem für das Amt bestimmten Formular eine seinem wirklichen Willen entsprechende Erklärung abgegeben. Als Einzelzeichnungsberechtigter sei er befugt gewesen, die Marke zu übertragen und die entsprechende Erklärung dem Markenregister abzugeben. Ob er seine Vertretungsbefugnis überschritten habe oder nicht und ob er auch im internen Gesellschaftsverhältnis zur Abgabe der fraglichen Erklärung befugt gewesen sei, könne offen bleiben, da die Erklärung durch die Vertretungsmacht gedeckt sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass Vögtlin auf dem Übertragungsformular erklärte, die Aktiengesellschaft als Markeninhaberin übertrage die Marke auf Hafner. Vögtlin wusste jedoch, dass die Aktiengesellschaft die Marke nicht übertragen wollte, zumal für ein solches Geschäft nach den Statuten ein einstimmiger Beschluss aller drei Verwaltungsräte erforderlich gewesen wäre. Die von Vögtlin abgegebene Erklärung war demnach inhaltlich unwahr. Daran ändert nichts, dass er einzelunterschriftsberechtigt war. Seine Befugnis zur Vertretung der Aktiengesellschaft nach aussen bedeutete nicht, dass alle von ihm namens der Gesellschaft vorgenommenen Handlungen dem Willen derselben entsprachen und seine Erklärungen von vornherein inhaltlich richtig waren. Bei der Anwendung von Art. 251 StGB kommt es nicht darauf an, ob der Täter zur Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache befugt sei; entscheidend ist, ob die beurkundete Tatsache sich ereignet hat. Die Vorinstanz hat deshalb die Übertragungserklärung mit Recht als inhaltlich falsch bezeichnet. 2. Unter Hinweis auf Art. 16 MSchG und Art. 19 MSchV wendet Vögtlin ein, der Übertragungserklärung fehle die Urkundenqualität, da die Voraussetzung der Nennung und Spezifizierung des Geschäftsübertragungsaktes nicht erfüllt BGE 100 IV 108 S. 112 gewesen sei. Das Schriftstück habe sich wegen diesem Mangel nicht geeignet, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Nach Art. 16 MSchG wird die Übertragung einer Marke auf Einreichung einer genügenden Beweisurkunde hin im Register eingetragen und veröffentlicht. Art. 19 MSchV bestimmt, dass die Übertragung einer Marke auf schriftliches Gesuch des Erwerbers bei der bisherigen Eintragung der Marke vorgemerkt wird, wobei dem Amt ausser dem Gesuch eine beglaubigte Erklärung des bisherigen Markeninhabers, wonach diese mit dem Geschäft oder Geschäftszweig, dessen Erzeugnissen oder Waren sie zur Unterscheidung dient, an den neuen Inhaber übergegangen ist, oder eine andere diesen Nachweis erbringende Urkunde eingereicht werden muss. Die Beschwerdeführer haben sich für die Zustellung einer notariell beglaubigten Erklärung entschieden. Eine Falschbeurkundung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB liegt nur dann vor, wenn die Schrift entsprechend der Begriffsumschreibung des Art. 110 Ziff. 5 StGB dazu bestimmt oder geeignet ist, gerade die erlogene Tatsache zu beweisen ( BGE 96 IV 51 ErW. I 2, BGE 88 IV 34 ). Die von den Beschwerdeführern verfasste und beglaubigte Erklärung war vom Standpunkt des Amtes für geistiges Eigentum aus bestimmt und geeignet, die Übertragung zu beweisen und die Eintragung mit deren Folgen zu rechtfertigen. Da keine zusätzlichen Unterlagen zum Nachweis der Übertragung nötig waren, stellte die Erklärung eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB dar. Der in Art. 16 MSchG verwendete Ausdruck "Beweisurkunde" steht mit dieser Betrachtungsweise denn auch im Einklang. Der Umstand, dass die am 16. Juni 1967 von Vögtlin unterzeichnete Erklärung mangels Streichung einer wesentlichen Textstelle unvollständig war, ändert an der Bestimmung und Eignung des Schriftstücks zum Beweise nichts. Der Urkundenbegriff setzt nicht voraus, dass der fraglichen Schrift erhöhte Beweiskraft zukommt. Es genügt, wenn sie sich im Zusammenwirken mit anderen Mitteln eignet, eine Tatsache zu beweisen ( BGE 97 IV 213 /214). Das von Vögtlin am 16. Juni 1967 ausgefüllte Formular genügte dem Amt als Beweis für die Übertragung der Marke. Gewiss erforderte die fehlende Streichung der vorgedruckten BGE 100 IV 108 S. 113 nichtzutreffenden Textstelle noch den Nachweis - anhand eines weiteren Schriftstücks oder der entsprechenden Streichung auf der Erklärung selbst - des Überganges mit dem Geschäft oder eines Zweiges desselben. Das ändert aber nichts daran, dass die Erklärung bestimmt war und sich eignete, zum Beweis der Übertragung der Marke zu dienen. Dies bestätigen auch die tatsächlichen Verhältnisse; es genügte nämlich, die Erklärung an den Beauftragten der Beschwerdeführer zurückzusenden und an Hafner weiterzuleiten, damit die erforderliche Streichung vorgenommen wurde und das Schriftstück hierauf beim Amt seine Beweiskraft in allen wesentlichen Punkten entfaltete. 3. Ob das Appellationsgericht die von Hafner vorgenommene Streichung des Textes "mit dem Geschäft" auf der Übertragungserklärung nicht hätte berücksichtigen dürfen, da dieser Punkt in der Anklageschrift nicht aufgeführt war, ist eine Frage des kantonalen Verfahrensrechtes. Eine solche kann dem Bundesgericht mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht unterbreitet werden, da diese nur wegen Verletzung eidgenössischen Rechts zulässig ist (Art. 269 Abs. 1, 273 Abs. 1 lit. b BStP). 4. Vögtlin macht geltend, er sei zu Unrecht wegen versuchter ungetreuer Geschäftsführung verurteilt worden. Der Registereintrag habe bloss formelle Bedeutung und vermöge nichts über das Eigentum an einer Marke zu beweisen. Durch sein Vorgehen sei die Gesellschaft nicht geschädigt worden. Das ergebe sich daraus, dass Misteli bereits im November 1967 die neue Marke "Hafag-Trockner" verwendet habe, weshalb dieser selbst die Bezeichnung "Hafner-Trockner" nicht als Vermögenswert der Aktiengesellschaft betrachtete. Nach Art. 159 StGB macht sich der ungetreuen Geschäftsführung schuldig, wer jemanden am Vermögen schädigt, für das er infolge einer gesetzlichen oder einer vertraglich übernommenen Pflicht sorgen soll. Diese Umschreibung trifft auf die Verwaltung der Aktiengesellschaft zu, da sie Gesellschaftsorgan ist, dem die auf Erreichung des Gesellschaftszwecks gerichtete tatsächliche Führung der internen Geschäfte und die Vertretung der Gesellschaft nach aussen obliegt ( BGE 97 IV 13 ). In diesem Rahmen hat die Verwaltung auch für die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens zu sorgen. Das ergibt sich aus ihrer im Gesetz verankerten allgemeinen Treuepflicht BGE 100 IV 108 S. 114 ( Art. 722 OR ), die eine strenge Wahrung der Gesellschaftsinteressen verlangt. Vögtlin hatte - wie Hafner - als einzelzeichnungsberechtigter Verwaltungsrat für das Vermögen der Hafner AG durch Abschluss von Rechtsgeschäften zu sorgen. Es kam ihm die zur Anwendung des Art. 159 StGB gehörende Stellung zum Vermögen der Gesellschaft zu ( BGE 95 IV 65 , BGE 81 IV 279 , BGE 80 IV 246 /247). Soweit seine Handlungen zur Schwächung des Gesellschaftsvermögens führten, fallen sie somit unter Art. 159 StGB ( BGE 97 IV 13 /14). Entgegen der von Vögtlin vertretenen Auffassung ist die Eintragung der Marke, bzw. deren Übertragung nach Art. 159 StGB rechtlich erheblich. Wer als Inhaber der Marke im Register steht, geniesst nach Art. 9 ZGB und Art. 5 MSchG die gesetzliche Vermutung, die Marke rechtmässig erworben zu haben; wer das Gegenteil behaupten will, muss beweisen, dass die Marke nichtig ist oder der eingetragene Inhaber seine Rechte an der Marke nicht erworben oder wieder verloren hat ( BGE 89 II 102 ). Die Eintragung bewirkt zudem, dass der Berechtigte den gerichtlichen Schutz der Marke beanspruchen kann ( Art. 4 MSchG ). Diese rechtlichen Wirkungen erhöhen den Vermögenswert der Marke. Wer dem Eingetragenen den durch die Eintragung entstandenen Vorteil unbefugterweise entzieht, schädigt ihn deshalb am Vermögen. Vögtlin war sich des Wertes der Marke denn auch bewusst, sonst wäre ihm nicht daran gelegen gewesen, sie im Register auf Hafner übertragen zu lassen, als die Aktiengesellschaft von Misteli übernommen werden sollte. Indem er die zum Vermögen der Hafner AG gehörende Marke "Hafner-Trockner" auf Hafner zu übertragen versuchte, verletzte er seine Pflicht als an der Geschäftsführung der Aktiengesellschaft Beteiligter. Der Umstand, dass die Marke im November 1967 in "Hafag-Trockner" abgeändert und entsprechend im Register eingetragen wurde, ändert nichts daran, dass die ursprüngliche Marke im Juni desselben Jahres zum Gesellschaftsvermögen gehörte. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerden des Hafner und des Vögtlin werden abgewiesen.
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Urteilskopf 138 IV 161 24. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) 6B_770/2011 vom 12. Juli 2012
Regeste Art. 134 Abs. 2 StPO ; Wechsel der amtlichen Verteidigung. Nach der früheren bundesgerichtlichen Rechtsprechung war ein Gesuch um Auswechslung der amtlichen Verteidigung zu bewilligen, wenn aus objektiven Gründen eine sachgemässe Vertretung der Interessen des Beschuldigten nicht mehr gewährleistet war. Die Regelung in der Schweizerischen Strafprozessordnung, wonach ein Wechsel der amtlichen Verteidigung beansprucht werden kann, sofern das Vertrauensverhältnis zwischen der beschuldigten Person und ihrer amtlichen Verteidigung erheblich gestört oder eine wirksame Verteidigung aus anderen Gründen nicht mehr gewährleistet ist, geht über diese Praxis hinaus (E. 2.4). Hält die amtliche Verteidigung einer nicht geständigen beschuldigten Person gegenüber dem Gericht fest, dass sie nicht an die Unschuld ihres Mandanten glaubt, weist dieses Verhalten auf einen Vertrauensverlust hin. Kommt das Gericht dem Begehren um Entlassung des amtlichen Verteidigers sowie Bestellung eines neuen Verteidigers nicht nach, missachtet es seine richterliche Fürsorgepflicht und verletzt Art. 134 Abs. 2 StPO (E. 2.5).
Sachverhalt ab Seite 162 BGE 138 IV 161 S. 162 A. Am 24. Juni 2007 hielt X. im Verlaufe einer vorerst verbalen und später tätlichen Auseinandersetzung eine Faustfeuerwaffe mit ausgestrecktem Arm aus einer Entfernung von mindestens einem Meter gegen seine frühere Freundin A.A. und drückte ab. Sie erlitt eine Durchschussverletzung an der linken Schulter. In der Folge richtete er die Waffe gegen deren Schwester B.A., ohne jedoch den Abzug zu betätigen. B. Das Obergericht des Kantons Zürich sprach X. mit Urteil vom 14. Oktober 2011 zweitinstanzlich der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig. Gleichzeitig stellte es fest, dass der erstinstanzliche Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 9. März 2011 insbesondere betreffend den Schuldspruch der einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Drohung, der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG; SR 514.54) sowie betreffend die Zivilforderungen von A.A. und B.A. in Rechtskraft erwachsen war. Das Obergericht verurteilte X. zu einer Freiheitsstrafe von 10 1⁄2 Jahren unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 983 Tagen. C. X. führt Beschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt, die Sache sei zur Wiederholung des Berufungsverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei er vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung freizusprechen und wegen einfacher BGE 138 IV 161 S. 163 Körperverletzung und den bereits rechtskräftigen Schuldsprüchen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen. Subeventualiter sei er wegen versuchter vorsätzlicher Tötung mit einer Freiheitsstrafe von höchstens fünf Jahren zu bestrafen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. D. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde und lässt sich im Übrigen nicht vernehmen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich gab dem Beschwerdeführer am 11. Februar 2009 Rechtsanwalt C. als amtlichen Verteidiger bei. Der Beschwerdeführer gelangte erstmals im Juni 2009 und darauf wiederholt schriftlich und mündlich an die Untersuchungsbehörde respektive an die Anklagekammer. Er machte insbesondere geltend, das Vertrauen in Rechtsanwalt C. verloren zu haben, und ersuchte um einen Verteidigerwechsel. Mit Verfügungen vom 29. Juni 2009 und 16. November 2009 wies die Anklagekammer das Begehren um Entlassung des bisherigen amtlichen Verteidigers und um Bestellung eines neuen Offizialverteidigers ab. Am 22. Juli 2011 ersuchte der Beschwerdeführer die Vorinstanz um Zustellung verschiedener Akten, und am 17. August 2011 monierte er unter anderem, von seinem Verteidiger ignoriert zu werden. Mit Schreiben vom 22. und 26. September 2011 erwähnte der Beschwerdeführer abermals, kein Vertrauen in Rechtsanwalt C. zu haben und erneuerte sein Gesuch. Die Vorinstanz wies seinen Antrag mit Präsidialverfügung vom 11. Oktober 2011 ab. Wenige Tage, nachdem die Vorinstanz ihr Urteil in der Sache gefällt und eröffnet hatte, mandatierte der Beschwerdeführer am 24. Oktober 2011 Fürsprecher N. 2.2 Zum Hauptpunkt der versuchten vorsätzlichen Tötung hielt der Beschwerdeführer stets daran fest, der Schuss habe sich versehentlich gelöst. Zur Begründung seines Antrages auf Rückweisung der Sache zur Wiederholung der Berufungsverhandlung macht er geltend, Rechtsanwalt C. habe bereits mit Schreiben vom 7. Juni 2010 an die Anklagekammer zu erkennen gegeben, dass er ihn als schuldig erachte. Auch in der schriftlichen Berufungsbegründung vom 4. Mai 2011 habe der amtliche Verteidiger ausgeführt, dass er ihm mehrfach (ohne Erfolg) empfohlen habe, den Vorhalt der versuchten BGE 138 IV 161 S. 164 eventualvorsätzlichen Tötung anzuerkennen. Zudem habe Rechtsanwalt C. darin festgehalten, er (Rechtsanwalt C.) nehme an, dass auch die Vorinstanz von einem Tötungsversuch ausgehe. Die Kommunikation zwischen ihm und seinem früheren Verteidiger sei erheblich gestört gewesen. Am 11. Oktober 2011 habe die Vorinstanz Gründe, welche eine wirksame Verteidigung nicht mehr gewährleisten würden, verneint. Damit habe es sein Bewenden gehabt, obwohl die Vorinstanz von den fraglichen Ausführungen in der Berufungsbegründung Kenntnis gehabt habe. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 14. Oktober 2011 habe der Verteidiger ausgeführt, es leuchte einem Juristen ein, dass ein Mann mit einer geladenen Schusswaffe in der Hand eine Schussabgabe zumindest in Kauf nehme. Zudem habe der Verteidiger in seinem Plädoyer erneut festgehalten, dass er ihm (dem Beschwerdeführer) ein vollumfängliches Geständnis nahegelegt habe. Es sei unzulässig, dass die Verteidigung einer nicht geständigen Person andeute oder zu erkennen gebe, sie sei persönlich von der Schuld des Klienten überzeugt. Bedenklich sei weiter, dass die Vorinstanz im Oktober 2011 den amtlichen Verteidiger habe plädieren lassen, nachdem dieser im Mai 2011 letztmals instruiert worden sei. Die Vorinstanz hätte den amtlichen Verteidiger unter Wahrnehmung ihrer Fürsorgepflicht ersetzen müssen. Sie habe Art. 128 und 134 Abs. 2 StPO (SR 312.0), Art. 32 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK verletzt. 2.3 Die Vorinstanz erwog mit Präsidialverfügung vom 11. Oktober 2011, eine konkrete Erklärung für das fehlende Vertrauen und worin die behaupteten Fehler des Verteidigers bestanden hätten, führe der Beschwerdeführer nicht an und sei auch nicht ersichtlich. Der amtliche Verteidiger habe gemäss seiner Darstellung seinen Mandanten über alle wesentlichen Schritte des Verfahrens informiert, die wichtigsten Rechtsschriften übersetzen lassen etc. Jener sei fähig und gewillt, seine Aufgaben pflichtgemäss zu erfüllen. Es seien keine Hinweise ersichtlich, wonach das Vertrauensverhältnis zwischen dem Verteidiger und dem Beschwerdeführer erheblich gestört sein soll. Ebenso wenig lägen Gründe vor, die eine wirksame Verteidigung nicht mehr gewährleisten würden. 2.4 Nach der Praxis des Bundesgerichts zu Art. 29 Abs. 3 und Art. 32 Abs. 2 BV hat der amtlich verteidigte Beschuldigte einen grundrechtlichen Anspruch auf sachkundige, engagierte und effektive Wahrnehmung seiner Parteiinteressen ( BGE 126 I 194 E. 3d S. 198). Ein Begehren um Auswechslung des amtlichen Verteidigers ist zu BGE 138 IV 161 S. 165 bewilligen, wenn aus objektiven Gründen eine sachgemässe Vertretung der Interessen des Beschuldigten durch den bisherigen Rechtsanwalt nicht mehr gewährleistet ist ( BGE 116 Ia 102 E. 4b/aa S. 105 mit Hinweisen). Dass der Beschuldigte ihm lediglich aus subjektiven Motiven das Vertrauen abspricht, reicht für einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Auswechslung des Offizialverteidigers nicht aus ( BGE 114 Ia 101 E. 3 S. 104 mit Hinweis). Wird von den Behörden untätig geduldet, dass der amtliche Verteidiger seine anwaltlichen Berufs- und Standespflichten zum Nachteil des Beschuldigten in schwerwiegender Weise vernachlässigt, kann darin eine Verletzung der von Verfassung und EMRK gewährleisteten Verteidigungsrechte liegen ( BGE 126 I 194 E. 3d S. 198 f. mit Hinweisen). Nach der Bestimmung in Art. 134 Abs. 2 StPO , welche hier zur Anwendung gelangt ( Art. 454 Abs. 1 StPO ), überträgt die Verfahrensleitung die amtliche Verteidigung einer anderen Person, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen der beschuldigten Person und ihrer amtlichen Verteidigung erheblich gestört oder eine wirksame Verteidigung aus andern Gründen nicht mehr gewährleistet ist. Die Regelung in der Schweizerischen Strafprozessordnung geht damit über die bisherige Praxis hinaus. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass eine engagierte und effiziente Verteidigung nicht nur bei objektiver Pflichtverletzung der Verteidigung, sondern bereits bei erheblich gestörtem Vertrauensverhältnis beeinträchtigt sein kann. Dahinter steht die Idee, dass eine amtliche Verteidigung in jenen Fällen auszuwechseln ist, "in denen auch eine privat verteidigte beschuldigte Person einen Wechsel der Verteidigung vornehmen würde" (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1180 Ziff. 2.3.4.2). Wird die subjektive Sichtweise des Beschuldigten in den Vordergrund gestellt, bedeutet dies aber nicht, dass allein dessen Empfinden für einen Wechsel der Verteidigung ausreicht. Vielmehr muss diese Störung mit konkreten Hinweisen, die in nachvollziehbarer Weise für ein fehlendes Vertrauensverhältnis sprechen, belegt und objektiviert werden (NIKLAUS RUCKSTUHL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 8 zu Art. 134 StPO ; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 2 zu Art. 134 StPO ). Der blosse Wunsch des Beschuldigten, nicht mehr durch den ihm beigegebenen Verteidiger vertreten zu werden, reicht für einen Wechsel nicht aus (a.M. LÜDERSSEN/JAHN, in: Die Strafprozessordnung und das BGE 138 IV 161 S. 166 Gerichtsverfassungsgesetz, 26. Aufl. 2007, N. 9 f. zu § 143 StPO /D). Zudem ist der amtliche Verteidiger nicht bloss das unkritische Sprachrohr seines Mandanten ( BGE 126 I 194 E. 3d S. 199; Urteil 1B_645/2011 vom 14. März 2012 E. 2.3; je mit Hinweisen). Für einen Verteidigerwechsel genügt deshalb nicht, wenn die Verteidigung eine problematische, aber von der beschuldigten Person gewünschte und verlangte Verteidigungsstrategie nicht übernimmt, oder wenn sie nicht bedingungslos glaubt, was die beschuldigte Person zum Delikt sagt, und das nicht ungefiltert gegenüber den Behörden vertritt (RUCKSTUHL, a.a.O., N. 8 zu Art. 134 StPO ; SCHMID, a.a.O., N. 2 zu Art. 134 StPO ). Gleiches gilt betreffend die Weigerung, aussichtslose Prozesshandlungen vorzunehmen (WALTER HAEFELIN, Die amtliche Verteidigung im schweizerischen Strafprozess, 2010, S. 286 f.). Mit LIEBER, auf dessen Meinung sich der Beschwerdeführer beruft, ist hingegen der Anspruch auf eine wirksame Verteidigung verletzt, wenn die Verteidigung einer nicht geständigen beschuldigten Person andeutet, sie halte ihren Mandanten für schuldig (VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, N. 21 zu Art. 134 StPO ). 2.5 2.5.1 Aus den Akten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am Tag seiner Verhaftung polizeilich und durch die Staatsanwaltschaft befragt und im Laufe der Untersuchung weiter siebenmal durch den Untersuchungsrichter zur Sache einvernommen wurde. Er stellte sich wiederholt auf den Standpunkt, der Schuss habe sich aus Versehen respektive zufällig gelöst. Er habe den Abzug nicht bewusst betätigt und habe nicht gewollt, dass sich ein Schuss löse. Entsprechendes behauptete der Beschwerdeführer auch anlässlich der erstinstanzlichen Verhandlung sowie an der vorinstanzlichen Berufungsverhandlung bei seiner Befragung. Der amtliche Verteidiger hielt seinerseits mit Schreiben an die Anklagekammer vom 7. Juni 2010 zur Zuständigkeit des Geschworenengerichts respektive Obergerichts fest, der Beschwerdeführer anerkenne den eingeklagten Sachverhalt nicht. Vielmehr habe er fahrlässig gehandelt. Diese Erklärung erfolge "auf den ausdrücklichen Wunsch des Angeklagten und nachdem dem Angeklagten in mehreren Gesprächen die möglichen Konsequenzen aufgezeigt worden sind". Im Rahmen der schriftlichen Berufungsbegründung vom 4. Mai 2011 äusserte sich die Verteidigung folgendermassen: "Dem Beschuldigten wurde während des Untersuchungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft wie auch durch die Verteidigung mehrfach empfohlen, BGE 138 IV 161 S. 167 den Vorhalt des eventualvorsätzlichen Tötungsversuches zu anerkennen. Der Beschuldigte konnte sich aber mit dem Gedanken nicht anfreunden, diesbezüglich ein Eingeständnis zu machen. Er argumentierte damit, dass er nicht etwas zugeben könne, was er tatsächlich nicht getan bzw. im konkreten Fall nicht gewollt habe." An der Berufungsverhandlung wiederholte der amtliche Verteidiger, er habe dem Beschwerdeführer im Hinblick auf ein milderes Strafurteil mehrfach nahegelegt, den Tötungsversuch vollumfänglich zu gestehen. 2.5.2 Die Eingabe der amtlichen Verteidigung vom 7. Juni 2010 an die Anklagekammer erfolgte im Zusammenhang mit der abzuklärenden Zuständigkeit des Geschworenengerichts respektive Obergerichts. Sie lässt für sich genommen nicht darauf schliessen, dass eine sachgemässe Vertretung der Interessen des Beschwerdeführers nicht mehr gewährleistet war. 2.5.3 Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Rechtsanwalt C. war mit Blick auf die schriftliche Berufungsbegründung vom 4. Mai 2011 erheblich gestört (E. 2.5.4 nachfolgend). Diese ging der Vorinstanz am 5. Mai 2011 zu. Der Vertrauensverlust war dannzumal für die Verfahrensleitung erkennbar, nachdem der Beschwerdeführer bereits im Jahre 2009, wenige Monate nach der Bestellung des amtlichen Verteidigers, einen solchen Mangel geltend gemacht und dies in der Folge mehrfach wiederholt hatte. Demnach wäre ein Einschreiten der Verfahrensleitung geboten gewesen. Zudem hielt der Beschwerdeführer gegenüber der Vorinstanz mit Schreiben vom 22. und 26. September 2011 (somit vor der Berufungsverhandlung) abermals fest, kein Vertrauen in Rechtsanwalt C. zu haben. Damit hat er rechtzeitig und innert angemessener Frist reagiert (vgl. zur Obliegenheit, verfahrensrechtliche Einwendungen frühzeitig zu erheben: BGE 135 III 334 E. 2.2 S. 336 mit Hinweisen). 2.5.4 Der Offizialverteidiger hielt im Rahmen der schriftlichen Berufungsbegründung vom 4. Mai 2011 fest, seinem Mandanten die Anerkennung des eventualvorsätzlichen Tötungsversuchs nahegelegt zu haben. Mit seiner Vorgehensweise verteidigte er den Beschwerdeführer nicht mehr engagiert und effizient. Anwältinnen und Anwälte haben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft auszuüben (Art. 12 lit. a des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61]). Der Anwalt hat den Klienten insbesondere über Chancen und Risiken des Prozesses aufzuklären BGE 138 IV 161 S. 168 (WALTER FELLMANN, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 29a zu Art. 12 BGFA ; MICHEL VALTICOS, in: Loi sur les avocats, 2010, N. 21 zu Art. 12 BGFA ). Wenn er seinen Mandanten entsprechend informiert und die Konsequenzen einer Bestreitung des Anklagevorwurfs respektive eines Geständnisses aufzeigt, so ist dies Teil der anwaltlichen Fürsorgepflichten und nicht zu beanstanden. Hingegen liess es Rechtsanwalt C. nicht mit dieser Empfehlung an die Adresse seines Mandanten bewenden, sondern legte sie gegenüber der Vorinstanz offen. Dieses Vorgehen stand nicht im Interesse des Beschwerdeführers. Nach Art. 128 StPO ist die Verteidigung in den Schranken von Gesetz und Standesregeln allein den Interessen der beschuldigten Person verpflichtet (vgl. auch Art. 127 Abs. 3 StPO ). Die Verteidigung ist die alleine auf Entlastung gerichtete Interessenvertretung der beschuldigten Person (vgl. BGE 106 Ia 100 E. 6b S. 104 ff.; RUCKSTUHL, a.a.O., N. 5 zu Art. 128 StPO ; HARARI/ALIBERTI, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 4 zu Art. 128 StPO ; eingehend WOLFGANG WOHLERS, Die Pflicht der Verteidigung zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person, ZStrR 130/2012 S. 55 ff.; PETER ALBRECHT, in: Strafverteidigung, Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd. 7, 2002, S. 13 ff.). Weiss oder vermutet der Verteidiger, dass sein Mandant trotz der Bestreitung schuldig ist, hat er sich gegenüber den Behörden jeder diesbezüglichen Äusserung zu enthalten. Das Wissen oder die Meinung des Verteidigers hat in jedem Fall vor dem Auftrag zur Verteidigung zurückzutreten (DELNON/RÜDY, Untersuchungsführung und Strafverteidigung, ZStrR 106/1989 S. 53 f.). Rechtsanwalt C. hielt im Rahmen der schriftlichen Berufungsbegründung (wie auch später mündlich vor Schranken) gegenüber dem Gericht fest, dass er den Beschwerdeführer betreffend das versuchte eventualvorsätzliche Tötungsdelikt für schuldig hielt. Damit stand der behauptete Mangel an Vertrauen nicht nur als blosse Möglichkeit im Raum. Vielmehr waren konkrete Hinweise vorhanden, die den vom Beschwerdeführer mehrmals behaupteten Vertrauensverlust unterstrichen. Indem die Vorinstanz nach Eingang der Berufungsschrift vom 4. Mai 2011 nicht einschritt und dem letztmals im September 2011 deponierten Begehren um Entlassung des amtlichen Verteidigers sowie Bestellung eines neuen Verteidigers nicht nachkam, hat sie ihre richterliche Fürsorgepflicht missachtet und Art. 134 Abs. 2 StPO verletzt. 2.6 Es erübrigt sich, auf die weiteren vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der amtlichen Verteidigung als verletzt gerügten BGE 138 IV 161 S. 169 Bestimmungen näher einzugehen. Ebenso wenig ist auf die Beschwerde einzutreten, soweit der Beschwerdeführer die Verletzung der Unschuldsvermutung unter Hinweis auf Art. 32 Abs. 1 BV , Art. 6 Ziff. 2 EMRK und Art. 10 Abs. 3 StPO geltend macht und die Strafzumessung beanstandet.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e108e39f-119c-4904-a962-56b26fb88e0b
Urteilskopf 100 V 126 31. Auszug aus dem Urteil vom 18. Juli 1974 i.S. Martin gegen Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste Art 45 VwG. Eine Zwischenverfügung, wonach die Akteneinsicht nicht dem Versicherten selber, sondern für ihn nur seinem Vertreter gewährt wird, ist nicht selbständig anfechtbar.
Sachverhalt ab Seite 126 BGE 100 V 126 S. 126 Aus dem Tatbestand: Gestützt auf einen Bericht der medizinischen Poliklinik X. lehnte die Invalidenversicherungs-Kommission ein Rentenerhöhungsgesuch des Versicherten ab, was diesem mit Kassenverfügung vom 30. November 1973 eröffnet wurde. Advokat Dr. S. rekurrierte und wendete ein, das Zeugnis der Poliklinik sei nicht schlüssig. Mit ausführlicher Vernehmlassung erklärte die Invalidenversicherungs-Kommission, der Versicherte solle beruflichen Eingliederungsmassnahmen zustimmen, und beantragte Abweisung der Beschwerde. Als der Anwalt die kantonale Rekurskommission ersuchte, ihm die Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission zur Einsicht zu senden, verfügte der Vizepräsident der Rekurskommission am 15. März 1974 wie folgt: "Dem Vertreter von Paul Martin, Herrn Dr. S., Advokat, wird gegen Revers Einsicht in die Vernehmlassung der IV-Kommission vom 28.1.1974 gewährt." Dr. S. führt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er verlangt, dass die Verfügung des Vizepräsidenten wegen Verletzung BGE 100 V 126 S. 127 des rechtlichen Gehörs ( Art. 4 BV ) aufgehoben und die Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission seinem Klienten "ohne jede Auflage zur Einsichtnahme zugestellt werde". Paul Martin müsse sich gegen die Sozialversicherung wehren können und habe Anspruch darauf, von seinem Anwalt umfassend orientiert zu werden. Die Rekurskommission nimmt wie folgt Stellung: " Art. 4 BV erscheint jedenfalls dann nicht verletzt, wenn ein schützenswertes Interesse einer Einsichtnahme durch den Versicherten persönlich entgegensteht. Ein solches scheint dann vorhanden zu sein, wenn in dem strittigen Aktenstück Tatsachen oder Meinungsäusserungen wiedergegeben sind, die ihrer Natur nach dem Versicherten persönlich gegenüber geheimzuhalten sind. Hier kommen vorab in Betracht medizinische Angaben über Diagnose, Prognose - namentlich im Falle einer unheilbaren Krankheit -, aber auch die Schilderung eines Verhaltens bzw. von Äusserungen oder Willenserklärungen des Versicherten, die auf einen eventuellen Mangel an Arbeits- oder Eingliederungswillen schliessen lassen... Die Akten bieten nun ernsthafte Anhaltspunkte für die Annahme, dass ein solcher Fall hier vorliegt. Deshalb schien es... geboten, die Einsicht auf den Vertreter des Versicherten zu beschränken." Das Bundesamt für Sozialversicherung beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten. Ob die Verfügung ihres Vizepräsidenten zu bestätigen sei, könne die Rekurskommission ohne Nachteil für den Beschwerdeführer im Rahmen ihres Urteils entscheiden. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: Verfahrensleitende oder andere Zwischenverfügungen sind nur dann selbständig durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar, wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 45 Abs. 1 und 3 VwG; BGE 98 V 116 Erw. 1). Laut Präsidialverfügung der kantonalen Rekurskommission vom 15. März 1974 erhält der Anwalt des Beschwerdeführers die verlangte Einsicht in die Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission vom 28. Januar 1974 nur "gegen Revers". Darnach soll sich Advokat Dr. S. verpflichten, seinem Klienten "keine Kenntnis vom Inhalt zu geben und in allfälligen Rechtsschriften nur allgemein darauf zu verweisen", BGE 100 V 126 S. 128 wie am Schluss jener Vernehmlassung wörtlich ausgeführt ist. Eine solche verfahrensrechtliche Verfügung hat für Paul Martin keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge. Ob es mit Art. 4 BV vereinbar sei, die Einsicht in die Vernehmlassung der Invalidenversicherungs-Kommission dem Beschwerdeführer zu versagen und seinem Anwalt nur mit der erwähnten Auflage zu gestatten, kann ohne Rechtsnachteil für Paul Martin das Plenum der kantonalen Rekurskommission und, wenn dieses bejaht haben sollte, auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin das Eidg. Versicherungsgericht entscheiden, wie das Bundesamt für Sozialversicherung zutreffend darlegt ( BGE 99 V 60 f.). Aus diesem Grunde ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig und daher auf sie nicht einzutreten. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e10a455a-3a76-4556-8eb3-32f02f3ed055
Urteilskopf 120 Ia 209 31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 24. August 1994 i.S. O. und Mitb. gegen Kanton Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 6 Ziff. 1 EMRK , Art. 4 BV ; Anspruch auf gerichtliche Überprüfung von Planungszonen; Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung. Ein Rechtsmittelsystem mit Einsprache und anschliessender Beschwerde gegen Planungszonen führt nicht von sich aus zwingend zu verfassungswidrigen Rechtsverzögerungen. Gleiches gilt hinsichtlich des dem Grundsatze nach vorgesehenen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels (E. 4 und 5). Zusammenfassung der Rechtsprechung zu dem sich aus der Bundesverfassung und aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergebenden Anspruch auf gerichtliche Prüfung von Planungsakten und bei Enteignungen (E. 6a und b). Die Festsetzung einer Planungszone stellt im Regelfall eine Eigentumsbeschränkung bzw. einen Eingriff in "civil rights" gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar. Der Zugang zu einem Gericht darf daher nicht generell ausgeschlossen werden (E. 6c und d).
Sachverhalt ab Seite 210 BGE 120 Ia 209 S. 210 Die Stimmbürger des Kantons Luzern nahmen an der Volksabstimmung vom 28. November 1993 eine Teilrevision des Planungs- und Baugesetzes vom 7. März 1989 (PBG) an. Diese umfasst auch eine Neuordnung des Rechtsschutzes gegenüber Planungszonen. Die fraglichen Bestimmungen der Gesetzesnovelle haben folgenden Wortlaut: § 84 Absätze 3 und 4 3 Während der Auflagefrist kann gegen Planungszonen bei der Behörde, welche sie bestimmt hat, Einsprache eingereicht werden. Der Einspracheentscheid des Gemeinderates kann mit Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat, der Einspracheentscheid des Regierungsrates mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden. 4 Beschwerden und Einsprachen haben keine aufschiebende Wirkung. § 206 Abs. 2 lit. a 2 Die Entscheide des Regierungsrates können mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden. Davon ausgeschlossen sind die Entscheide folgenden Inhalts: a. Planung (§§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 3, 14 Abs. 4, 17 Abs. 4, soweit der Gemeinderat Planungszonen erlässt, 17 Abs. 5, 18, 31 Abs. 5, 64 Abs. 2, 82 Abs. 1, 83-85)." O. und Mitbeteiligte führen gegen die Gesetzesnovelle staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die §§ 84 Abs. 3 und 4 sowie 206 Abs. 2 lit. a PBG aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. BGE 120 Ia 209 S. 211 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Gemäss § 81 Abs. 1 PBG dienen Planungszonen in Übereinstimmung mit Art. 27 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) der Sicherstellung der Nutzungsplanung. Mit der Bestimmung von Planungszonen sind zugleich die provisorischen Bau- und Nutzungsvorschriften festzulegen ( § 81 Abs. 2 PBG ). Innerhalb einer Planungszone darf nichts unternommen werden, was die Nutzungsplanung erschweren könnte ( Art. 27 Abs. 1 RPG ; BGE 116 Ia 449 E. 4a S. 453; BGE 113 Ia 362 ; BGE 105 Ia 223 E. 2a-d S. 225 ff.). Die Planungszone kann entweder vom Gemeinderat oder vom Regierungsrat bestimmt werden ( § 82 PBG ). Sie erlischt, wenn nicht innert zwei Jahren seit der Planauflage der Nutzungsplan und die Bau- und Nutzungsvorschriften öffentlich aufgelegt werden. In begründeten Fällen kann die Frist um ein Jahr erstreckt werden ( § 83 Abs. 1 PBG ). Ferner erlischt die Planungszone, wenn die Nutzungspläne nicht innert fünf Jahren seit der Auflage der Planungszone in Kraft treten. Der Regierungsrat kann die Frist "bei ausgewiesener Notwendigkeit" um höchstens zwei Jahre verlängern ( § 83 Abs. 2 PBG ). Neue Nutzungspläne und neue Bau- und Nutzungsvorschriften gelten vom Tag der öffentlichen Auflage an als Planungszone. Gleichzeitig treten die provisorischen Pläne und Vorschriften ausser Kraft ( § 85 PBG ). b) In der angefochtenen Gesetzesnovelle wird bestimmt, dass gegen eine Planungszone bei der Behörde, die sie erlassen hat, Einsprache erhoben werden kann. Einspracheentscheide des Gemeinderates unterliegen der Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat; Einspracheentscheide des Regierungsrates können neu mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht angefochten werden. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde bleibt gegenüber gemeinderätlichen Planungszonen ausgeschlossen ( § 84 Abs. 3 PBG in Verbindung mit § 206 Abs. 2 lit. a PBG ). Schliesslich sieht § 84 Abs. 4 PBG neu vor, dass Beschwerden und Einsprachen keine aufschiebende Wirkung haben. 4. a) Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten in bezug auf die Anfechtung von Planungszonen schlechte Erfahrungen gemacht. Über Beschwerden sei nicht rechtzeitig entschieden und die Verfahren seien nach Auflage der neuen Bau- und Nutzungsvorschriften als gegenstandslos abgeschrieben worden. Durch die Einführung des Einspracheverfahrens nach BGE 120 Ia 209 S. 212 Erlass der Planungszone gemäss § 84 Abs. 3 PBG habe sich die Situation noch verschlimmert. Der Regierungsrat sei praktisch gar nicht mehr in der Lage, vor Ablauf der Zweijahresfrist gemäss § 83 Abs. 1 PBG zu entscheiden. b) Es kann offenbleiben, ob die staatsrechtliche Beschwerde hinsichtlich dieser Vorbringen Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügt. Die Rüge vermag ohnehin nicht durchzudringen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Behörden generell - und nicht nur in den von den Beschwerdeführern erwähnten Fällen - ausserstande sein sollten, sowohl über die Einsprache als auch über die allfällig danach erhobene Beschwerde rechtzeitig vor Ablauf der Planungszone zu entscheiden. Der Regierungsrat stellt in Abrede, dass die von den Beschwerdeführern aufgezeigten Beispiele den Regelfall darstellen. Zudem ist es nicht aussergewöhnlich, dass die Behörden Rechtsmittel gegen zeitlich befristete Massnahmen - wozu auch die Planungszonen gehören - ausserhalb der Reihe behandeln und den Verfahrensbeteiligten kurze, nicht verlängerbare Fristen ansetzen, um Mitwirkungsrechte zu wahren. Solches dürfte auch im vorliegenden Sachzusammenhang zuweilen nötig sein. Im Einzelfall wäre dies mit einer Rechtsverzögerungs- bzw. Rechtsverweigerungsbeschwerde durchzusetzen. Jedenfalls kann nicht gesagt werden, die für Planungszonen neu vorgesehene Rechtsmittelordnung führe zwingend zu verfassungswidrigen Rechtsverzögerungen, so dass hinreichender Anlass bestünde, aus diesem Grunde im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle einzuschreiten. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. 5. Nicht gefolgt werden kann auch der Meinung, der in § 84 Abs. 4 PBG vorgesehene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Einsprachen und Beschwerden führe unweigerlich zu einer mit Art. 4 BV nicht zu vereinbarenden Rechtsverweigerung, und zwar um so mehr, als aus § 84 Abs. 4 PBG gefolgert werden müsse, die Rechtsmittelinstanz dürfe im Einzelfall und gestützt auf § 45 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG) nicht abweichend entscheiden. Die Planungszone bezweckt, einen Zustand mit Blick auf die neue Nutzungsordnung einstweilen zu sichern (vorstehende Erw. 3a). Mit Rücksicht darauf macht eine Bestimmung Sinn, die einer gegen die Planungszone gerichteten Rechtsvorkehr im Regelfall keine aufschiebende Wirkung beilegt. Der Sicherungszweck wäre regelmässig gefährdet, wenn Planungszonen nicht BGE 120 Ia 209 S. 213 grundsätzlich sofort wirksam würden (vgl. in diesem Zusammenhang das Urteil des Bundesgerichtes vom 3. November 1982, publiziert in ZBl 84/1983 S. 544). Anders als die Beschwerdeführer meinen, ergibt sich aus § 84 Abs. 4 PBG nicht, dass es der Rechtsmittelinstanz verwehrt wäre, unter besonderen Umständen gestützt auf § 45 VRG ausnahmsweise dennoch der Rechtsvorkehr gegen die Planungszone aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Das Verwaltungsrechtspflegegesetz enthält keine Vorschrift, die ausschliessen würde, dass die Rechtsmittelinstanz im Einzelfall eine § 84 Abs. 4 PBG gegenläufige Anordnung trifft (vgl. insbesondere § 131 Abs. 3 VRG). § 84 Abs. 4 PBG hält somit verfassungsrechtlicher Prüfung stand. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet. 6. Die Beschwerdeführer bringen vor, das neue Rechtsmittelsystem verletze bei Entscheiden zu kommunalen Planungszonen Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Die Gesetzesnovelle schliesse ausdrücklich aus, dass der Entscheid über eine kommunale Planungszone vor ein Gericht gebracht werden könne. Der Regierungsrat bestreitet, dass die Anordnung einer Planungszone den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK betreffe. a) In seiner Rechtsprechung zur Bundesverfassung hielt das Bundesgericht schon vor Erlass des Art. 22ter BV fest, die Eigentumsgarantie verpflichte die Kantone, ein gerichtliches Verfahren vorzusehen, in welchem die von einer materiellen Enteignung Betroffenen ihre Ansprüche geltend machen könnten. In einem weiteren Schritt wurde von den Kantonen verlangt, der Weg zum Richter müsse aus verfassungsrechtlicher Sicht gewährleistet sein, wenn eine formelle Expropriation in Frage stehe ( BGE 112 Ib 176 E. 3a S. 177 f. mit Hinweisen; zur Frage, ob in gewissen Fällen zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheide aus Art. 4 BV ein Anspruch auf eine gerichtliche Beurteilung abgeleitet werden kann, das Urteil des Bundesgerichtes vom 7. Dezember 1993, E. 2c, publiziert in ZBl 95/1994 S. 279). b) In der Praxis zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK hielt das Bundesgericht hinsichtlich formeller Enteignungen nach Bundesrecht fest, der Zugang zum Richter müsse nicht nur bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung, sondern auch im vorangehenden Verfahren gewährleistet werden, in welchem über die Zulässigkeit des enteignenden Eingriffs entschieden wird ( BGE 112 Ib 176 E. 3a S. 178; BGE 111 Ib 227 E. 2e S. 231 f. mit Hinweisen auf Entscheide des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte [EGMR]). Dieser Anspruch wurde in BGE 115 Ia 66 für kantonalrechtliche Expropriationen bestätigt. BGE 120 Ia 209 S. 214 Aus dieser Rechtsprechung wurde - was Verfügungen über Pläne betrifft - gefolgert, dass bei der Festsetzung von (Sonder)-Nutzungsplänen für ein konkretes Projekt, mit deren Genehmigung zugleich das Recht zur (formellen) Enteignung verliehen wird, den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK entsprochen werden müsse. Die Kontrolle solcher Planungen sei im kantonalen oder eidgenössischen Verfahren einem alle Sachverhalts- und Rechtsfragen frei prüfenden Richter anzuvertrauen ( BGE 119 Ia 321 E. 6 S. 328 ff.; BGE 118 Ia 223 E. 1c S. 227 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR; BGE 118 Ia 331 E. 3b S. 334; BGE 114 Ia 114 E. 4c/ch S. 127 f.). Gleiches gilt für Einleitungsbeschlüsse zu einer Landumlegung und die Abgrenzung des Perimeters, da der Einbezug eines Grundstücks in die Umlegung jedenfalls zu Eigentumsbeschränkungen und allenfalls auch zu enteignenden Eingriffen führt ( BGE 118 Ia 353 E. 2a S. 355 f.; BGE 117 Ia 378 E. 5a S. 383 f. mit Hinweisen auf Entscheide des EGMR). Dass der Anspruch des Grundeigentümers auf umfassenden gerichtlichen Rechtsschutz auch bei drohender materieller Enteignung bestehe, erwähnte das Bundesgericht in BGE BGE 118 Ia 372 E. 6b S. 382 ausdrücklich, wo es um den Erlass eines Verkehrsbaulinienplanes zur Freihaltung des künftigen Strassenraumes und Sicherung des Landerwerbs ging. Die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist sodann auf die Unterschutzstellung einer Baute bejaht worden, und zwar angesichts dessen, dass diese Massnahme im konkreten Fall enteignungsähnlichen Charakter ("un caractère quasi expropriatif") habe ( BGE 119 Ia 88 E. 4b S. 94). Bereits in BGE 116 Ib 169 (E. 2b S. 174) wurde erkannt, auf kantonales Recht gestützte vorbereitende Handlungen für eine zukünftige Enteignung fielen in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Und erst jüngst bestätigte das Bundesgericht in einem Entscheid betreffend die Verlegung von Baulinien beim Ausführungsprojekt der Nationalstrasse N2 die hiervor dargestellte Rechtsprechung zum gerichtlichen Rechtsschutz bei Planungsmassnahmen, die Enteignungen oder enteignungsgleiche Eigentumsbeschränkungen bewirken können ( BGE 120 Ib 138 E. 1; zum Ganzen CLAUDE ROUILLER, La protection juridique en matière d'aménagement du territoire par la combinaison des art. 6 par. 1 CEDH, 33 LAT et 98a OJ: complémentarité ou plénitude?, SJZ 90/1994 S. 23 ff.). c) Wo eine bauliche Nutzungsmöglichkeit besteht, führt die Anordnung einer Planungszone zu einer sachlich und zeitlich befristeten Bausperre. Diese kann unterschiedlich lang andauern; nach der Regelung im Luzerner Planungs- BGE 120 Ia 209 S. 215 und Baugesetz maximal sieben Jahre. Ob eine Planungszone enteignungsgleich wirkt, dürfte zumeist fraglich sein, kann aber nicht ausgeschlossen werden (BGE BGE 109 Ib 20 E. 4 S. 22 f.; Urteil des Bundesgerichtes vom 8. Mai 1968, E. 3, publiziert in ZBl 69/1968 S. 452 f.; ENRICO RIVA, Hauptfragen der materiellen Enteignung, Bern 1990, S. 290 ff.). Eine aus ortsplanerischen Gründen angeordnete Bausperre von wenigen Jahren stellt aber jedenfalls eine Eigentumsbeschränkung dar ( BGE 118 Ia 510 E. 4d S. 513 f.). Zwar wiegt sie im Lichte von Art. 22ter BV normalerweise nicht besonders schwer ( BGE 109 Ib 20 E. 4 S. 22 f.; Urteil des Bundesgerichtes vom 3. November 1982, publiziert in ZBl 84/1983 S. 544). Ein Eingriff in private Rechte ("civil rights/droits et obligations de caractère civil") ist damit aber allemal verbunden. Dass (theoretisch) Planungszonen denkbar sind, die aufgrund der konkreten Sachlage zu keiner Eigentumsbeschränkung führen, ist hier nicht weiter von Belang. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle reichen die aufgezeigten Formen möglicher Eigentumsbeschränkungen beim Erlass von Planungszonen aus, um zu bejahen, dass solche Vorkehren in der Regel in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallen. Der von einer Planungszone Betroffene hat somit grundsätzlich einen Anspruch, die Sache von einem unabhängigen Gericht beurteilen zu lassen. d) In Beachtung der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtes geht es nicht an, im Planungs- und Baugesetz gegenüber kommunalen Planungszonen generell den Weg zu gerichtlicher Prüfung auszuschliessen (vgl. BGE 119 Ia 321 E. 6c S. 332). Der Regierungsrat ist kein "unabhängiges und unparteiisches Gericht" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ( BGE 120 Ia 19 E. 4a S. 28). Der von dieser Vorschrift verlangte gerichtliche Rechtsschutz zählt zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Bundesrechts, denen die Kantone Rechnung zu tragen haben ( BGE 118 Ia 223 E. 1c S. 227; BGE 118 Ia 331 E. 3b S. 334). Die neuere Praxis des Bundesgerichts verpflichtet die Kantone, einen Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügenden gerichtlichen Rechtsschutz auch in Fällen sicherzustellen, in denen er nach der massgebenden kantonalen Gesetzgebung noch nicht besteht. In dieser Situation haben sie die gerichtliche Überprüfung direkt gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu gewährleisten, sei es durch den Erlass einer Übergangsregelung auf dem Verordnungsweg, sei es durch die Bezeichnung des Gerichts im Einzelfall ( BGE 120 Ia 19 E. 4 und 5 S. 28 ff.; 118 Ia 223 E. 1c S. 227; BGE 118 Ia 331 E. 3b S. 334 ff.). BGE 120 Ia 209 S. 216 Wohl unterliegen die Entscheide des Regierungsrates grundsätzlich der staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 34 Abs. 3 RPG ) und vermag die staatsrechtliche Beschwerde zuweilen den verlangten gerichtlichen Rechtsschutz sicherzustellen ( BGE 119 Ia 411 E. 5 S. 419 ff.; BGE 117 Ia 497 E. 2c-e S. 501 ff.; vgl. aber BGE 120 Ia 19 E. 4c S. 30). Diese Rechtsprechung gilt jedoch für Anwendungsakte im Einzelfall. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist dafür zu sorgen, dass kantonale Verfahrensvorschriften mit der Bundesverfassung und/oder der EMRK im Einklang stehen oder zumindest verfassungs- bzw. konventionskonform ausgelegt und angewendet werden können (vorstehende Erw. 2). Das ist nach dem Gesagten in bezug auf § 206 Abs. 2 lit. a PBG insoweit nicht der Fall, als gegenüber einer kommunalen Planungszone ein Rechtsmittel an ein kantonales Gericht in jedem Falle ausgeschlossen ist. e) Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher im hier fraglichen Punkt gutzuheissen. Der Satzteil "§ 17 Abs. 4, soweit der Gemeinderat Planungszonen erlässt, ist aus § 206 Abs. 2 lit. a PBG zu streichen. Es bleibt dem Luzerner Gesetzgeber überlassen, zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie er den dadurch entstehenden zweistufigen kantonalen Instanzenzug wiederum zum einstufigen machen will. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle hat es bei der erwähnten Korrektur sein Bewenden, zumal nicht gesagt werden kann, die Zweistufigkeit vereitle aus sich selber heraus zeitgerechten richterlichen Rechtsschutz; solcher erscheint möglich, wenn die vorstehend aufgezeigten Mittel disziplinierter Prozessführung beachtet werden. Der vom Regierungsrat vorgeschlagene Weg, die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ohne die genannte Streichung eines Satzteiles in § 206 Abs. 2 lit. a PBG direkt gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK zuzulassen, ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit abzulehnen. Der Bürger muss aufgrund des Wortlautes der Rechtsmittelbestimmungen im Planungs- und Baugesetz zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchen Fällen er eine Rechtsvorkehr an ein Gericht ergreifen kann.
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nan
de
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CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
e10a8527-17eb-448a-9bfc-9ce3c9228206
Urteilskopf 119 V 111 16. Urteil vom 2. April 1993 i.S. B. gegen Schweizerische Ausgleichskasse und Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen
Regeste Art. 6 IVG ; Art. 2 und Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Abkommens vom 8. Juni 1962 über Sozialversicherung; Art. 33 und Art. 36 der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21); Art. 4 ANAG . - Der ausländische Arbeitnehmer, der in der Schweiz verunfallt oder erkrankt und keine Arbeitsbewilligung hat, darf grundsätzlich vorübergehend während der medizinischen Behandlung hier bleiben ( BGE 118 V 84 E. 4b). Er hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird; auch das schweizerisch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen vermittelt keinen solchen Anspruch. Es steht im freien Ermessen der zuständigen fremdenpolizeilichen Behörden, ob sie im Einzelfall eine Koordination von fremdenpolizeilicher und sozialversicherungsrechtlicher Regelung anstreben wollen oder nicht. Es ist daher nicht Aufgabe der Sozialversicherungsverwaltung und -justiz, bei der Beurteilung der Versicherteneigenschaft vorfrageweise über die Rechtmässigkeit des fremdenpolizeilichen Entscheids zu befinden (E. 7c). - Für die Versicherteneigenschaft im Rahmen von Art. 8 lit. f des Abkommens kann auf das Erfordernis des tatsächlichen Aufenthalts in der Schweiz bis zum Eintritt des Versicherungsfalles verzichtet werden, wenn der Leistungsansprecher aufgrund eines fremdenpolizeilichen Entscheids die Schweiz verlassen musste. Voraussetzung ist allerdings, dass der Leistungsansprecher in der Schweiz geblieben wäre, wenn er eine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbewilligung erhalten hätte, und dass das Verlassen der Schweiz seinen Grund in der unfall- oder krankheitsbedingten Aufgabe der Erwerbstätigkeit hat. Ist die Beendigung der Aufenthaltsbewilligung auf andere Gründe zurückzuführen oder auf Tatbestände, für welche der Leistungsansprecher selbst einzustehen hat, kann er sich nicht auf Art. 8 lit. f des Abkommens berufen. Die Absicht des weiteren Hierbleibens hat sich aus objektiven Umständen zu ergeben und muss nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargetan sein (E. 7c).
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 119 V 111 S. 113 A.- Der 1932 geborene M. B., Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien, arbeitete in den Jahren 1971 bis 1975 und ab 1978 als saisonbeschäftigter Bauarbeiter in der Schweiz und entrichtete in dieser Zeit Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung. Am 4. Juli 1985 erlitt er beim Anheben einer Last einen plötzlich einschiessenden Rückenschmerz. In der Folge BGE 119 V 111 S. 114 wurde nebst massiven degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule eine schwere Spondylarthrose L 4/5 diagnostiziert, weshalb er sich am 3. August 1985 einer Laminektomie unterziehen musste (Berichte des Dr. med. C. vom 4. Dezember 1985 und der Neurologischen Klinik des Kantonsspitals Aarau vom 12. Februar 1986). Am 16. August 1985 meldete sich M.B. bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die Invalidenversicherungs-Kommission klärte die medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab und kam am 13. März 1986 zum Schluss, dass M.B. vollständig invalid sei und ab 1. Juli 1986 Anspruch auf eine ganze Invalidenrente habe; hingegen könne das als Hilfsmittel beantragte Lendenmieder mangels Erwerbsfähigkeit nicht abgegeben werden. Am 18. März 1986 teilte die Fremdenpolizei des Kantons Nidwalden der Invalidenversicherungs-Kommission mit, M. B. sei nach Jugoslawien abgereist. Die Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes holte daraufhin Auskünfte ein über die Dauer des Aufenthalts des M. B. in der Schweiz und über die Art der Aufenthaltsbewilligung. Am 17. April 1986 überwies sie die Akten an die Schweizerische Ausgleichskasse. Mit unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung vom 16. Juni 1986 wies die Schweizerische Ausgleichskasse das Begehren um Abgabe eines Lendenmieders ab. Ferner holte sie eine Auskunft ein über die Beitragszeiten des M. B. bei der jugoslawischen Sozialversicherung und erliess gestützt darauf am 28. April 1987 eine weitere Verfügung, womit sie den Anspruch auf eine Invalidenrente verneinte, weil M. B. bei Eintritt des Versicherungsfalles am 3. Juli 1986 nicht versichert gewesen sei. B.- M. B. liess Beschwerde erheben mit dem Antrag auf Zusprechung einer Invalidenrente. Unter Einreichung verschiedener Arbeitsbestätigungen liess er insbesondere geltend machen, dass er ab 1. April 1986 in einem privaten Maurerbetrieb und vom 1. Juni 1986 bis 15. Januar 1987 im Unternehmen "1. Mai" angestellt gewesen sei und in dieser Zeit auch Beiträge an die jugoslawische Sozialversicherung entrichtet habe. In der Folge gelangte die Schweizerische Ausgleichskasse nochmals verschiedentlich an die jugoslawische Sozialversicherung, welche am 22. März 1988, am 20. Juni 1988 und am 3. Mai 1989 bestätigte, dass M. B. im fraglichen Zeitraum der jugoslawischen Sozialversicherung nicht angehört habe. Mit Entscheid vom 8. Dezember 1989 wies die Eidg. Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen die BGE 119 V 111 S. 115 Beschwerde mangels Erfüllens der versicherungsmässigen Voraussetzungen ab. C.- Mit Eingabe vom 6. April 1990 lässt M. B. Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und beantragen, es sei auf das Rechtsmittel einzutreten und ihm - in Aufhebung der angefochtenen Verfügung - eine Invalidenrente zuzusprechen. Die Schweizerische Ausgleichskasse äussert sich zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne einen Antrag zu stellen, das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Auf die einzelnen Vorbringen in den Rechtsschriften wird - soweit erforderlich - in den Erwägungen eingegangen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. - u. 2.- (Eintretensfrage) 3. (Kognition) 4. Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch hat auf Zusprechung einer Rente der schweizerischen Invalidenversicherung (vgl. BGE 119 V 98 E. 3). 5. a) Nach Art. 4 Abs. 1 IVG gilt als Invalidität die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit. Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat ( Art. 4 Abs. 2 IVG ). Im Falle einer Rente gilt die Invalidität in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Anspruch nach Art. 29 Abs. 1 IVG (in der hier massgeblichen, bis Ende 1987 gültig gewesenen Fassung) entsteht, d.h. wenn der Versicherte mindestens zur Hälfte bleibend erwerbsunfähig geworden ist (Variante I) oder während 360 Tagen ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich zur Hälfte arbeitsunfähig war und weiterhin mindestens zur Hälfte erwerbsunfähig ist (Variante II). b) (Vgl. BGE 119 V 98 E. 4b) Ferner sind gemäss Art. 8 lit. b des schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens jugoslawische Staatsangehörige, die der jugoslawischen Versicherung angehören oder die vor Verlassen der Schweiz eine ordentliche Invalidenrente bezogen haben, BGE 119 V 111 S. 116 den Versicherten gemäss schweizerischer Gesetzgebung gleichgestellt. 6. a) Es steht nach der Aktenlage fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer wegen seines Rückenleidens, das am 4. Juli 1985 beim Anheben einer Last zum Ausbruch kam und am 3. August 1985 die Vornahme einer Laminektomie erforderte, bis mindestens Februar 1986 vollständig arbeitsunfähig war (Berichte des Dr. med. C. vom 4. Dezember 1985 und der Neurologischen Klinik des Kantonsspitals Aarau vom 30. Dezember 1985 und 12. Februar 1986). Anderseits hat die Vorinstanz zutreffend festgestellt, dass vor dem letzten Arbeitstag am 5. Juli 1985 keine massgebliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vorlag (Bericht der Arbeitgeberfirma Ch. vom 24. Februar 1986). Ein allfälliger Versicherungsfall kann demnach gestützt auf Art. 29 Abs. 1 Variante II IVG frühestens 360 Tage nach der Arbeitsniederlegung, mithin am 1. Juli 1986 entstanden sein. b) Der Beschwerdeführer hielt sich in den Jahren 1971 bis 1975 und ab 1978 mit einer Saisonbewilligung in der Schweiz auf, wobei die letzte Aufenthaltsbewilligung bis Ende August 1985 gültig war. Nachdem er die Erwerbstätigkeit wegen des Rückenleidens am 6. Juli 1985 eingestellt hatte, erteilte ihm die Fremdenpolizei des Kantons Nidwalden am 24. September 1985 eine bis 30. November 1985 befristete Kuraufenthaltsbewilligung, die sie am 12. Dezember 1985 bis 31. Januar 1986 und in der Folge bis 28. Februar 1986 verlängerte mit dem Vermerk, der Beschwerdeführer könne "bis zur Reisefähigkeit" in der Schweiz verbleiben. Am 19. Februar 1986 setzte sie ihm Frist zur Ausreise bis am 22. Februar 1986, welcher Aufforderung der Beschwerdeführer rechtzeitig nachkam. Damit steht fest, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles am 1. Juli 1986 in der Schweiz weder Wohnsitz hatte noch hier erwerbstätig war, womit die Versicherteneigenschaft unter dem Gesichtspunkt von Art. 6 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 1 IVG und Art. 1 Abs. 1 lit. a und b AHVG entfällt. c) Sodann haben die Abklärungen der Schweizerischen Ausgleichskasse ergeben, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Jugoslawien trotz der Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit keine Beiträge an die jugoslawische Alters- und Invalidenversicherung bezahlte. Verwaltung und Vorinstanz haben daher zu Recht auch die Versicherteneigenschaft des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 8 lit. b des Abkommens verneint. 7. a) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und in der nach Einsichtnahme in die Akten am 27. Juni 1990 erfolgten Beschwerdeergänzung BGE 119 V 111 S. 117 wird insbesondere auf das stossende Ergebnis dieser Rechtslage hingewiesen. Im Zeitpunkt des Invaliditätseintritts im Juli 1986 sei der Beschwerdeführer in der Schweiz nicht mehr versichert gewesen, weil er fremdenpolizeilich zur Ausreise gezwungen worden sei, und in Jugoslawien sei er nicht versichert gewesen, weil er nur eine Beschäftigung bei einem Arbeitgeber gefunden habe, der ihn bei keiner Pensionskasse versicherte. Man müsse sich daher fragen, ob die verfassungsmässig und durch das Sozialversicherungsabkommen mit Jugoslawien garantierte Rechtsgleichheit nicht zu einer feineren Anwendung der Versicherungsklausel führen sollte. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung sollte der Versicherungsschutz auch gewährt sein, wenn ein jugoslawischer Staatsangehöriger, der die erforderlichen Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung geleistet habe, krank werde oder verunfalle, die Aufenthaltsbewilligung wegen dieses Gesundheitsschadens verliere, in der Folge - ohne dass ein Verstoss gegen die Fremdenpolizeigesetzgebung vorliege - die Schweiz auf Weisung der Fremdenpolizei verlassen müsse und bei der Rückkehr in sein Heimatland aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht mehr versichert sei. Art. 8 lit. f des Abkommens müsse daher auch dann zur Anwendung gelangen, wenn der jugoslawische Staatsangehörige fremdenpolizeilich zum Verlassen der Schweiz gezwungen werde, die Wartezeit von 360 Tagen aber erstellt sei. Ansonsten hätten die schweizerischen Behörden es in der Hand, den Aufenthalt in der Schweiz mittels fremdenpolizeilicher Wegweisung jederzeit zu unterbrechen. Es genüge dann, dass der jugoslawische Staatsangehörige in seinem Land keine Arbeit mehr finde oder nicht mehr versichert sei, damit der Versicherungsschutz entfalle. Ein solches Ergebnis widerspreche offensichtlich dem Sinn und Zweck des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 2 des Abkommens, wie er in Art. 8 lit. f präzisiert sei. b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat im vom heutigen Tag datierten Urteil Z. ( BGE 119 V 98 ) entschieden, dass mit dem in Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens enthaltenen Ausdruck "dableiben" (im französischen Originaltext: "demeurer") nicht der zivilrechtliche Wohnsitz gemeint ist, sondern der "gewöhnliche Aufenthalt". Unter diesem Begriff ist der Aufenthalt von einer gewissen Dauer am Ort zu verstehen, wo sich der "Schwerpunkt der Lebensverhältnisse" befindet ( BGE 112 V 166 E. 1a). Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts ist für den "gewöhnlichen Aufenthalt" der tatsächliche Aufenthalt in der Schweiz und der Wille, diesen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, BGE 119 V 111 S. 118 massgebend; zusätzlich dazu muss sich der Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz befinden ( BGE 112 V 166 E. 1a mit Hinweisen, vgl. auch BGE 115 V 448 E. 1b). Ferner hat das Eidg. Versicherungsgericht im selben Urteil festgestellt, dass Art. 8 lit. f des Abkommens nicht den ununterbrochenen Aufenthalt in der Schweiz verlangt. Das Erfordernis des Dableibens gilt in der Regel dann als erfüllt, wenn sich die Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz im Rahmen von drei Monaten hält oder wenn sie diese Zeitspanne höchstens unwesentlich überschreitet. Ausnahmsweise ist eine längerdauernde Toleranzfrist zuzubilligen, wenn die Auslandabwesenheit mit dem krankheits- oder unfallbedingten Gesundheitsschaden, der zur Einstellung der Erwerbstätigkeit geführt hat, in direktem Zusammenhang steht. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Leistungsansprecher nach einem Spitalaufenthalt auf eine weitere Hospitalisation warten muss und die Ärzte gegen eine vorübergehende Rückkehr in das Heimatland aus medizinischen Gründen nichts einzuwenden haben. Als Ausnahmetatbestand vorbehalten bleiben ferner besondere Umstände zwingender Art, wie höhere Gewalt oder ein medizinisch indizierter Auslandaufenthalt von wesentlich mehr als drei Monaten, unabhängig davon, ob dieser mit dem Gesundheitsschaden, der die Erwerbsaufgabe ausgelöst hat, zusammenhängt oder nicht. c) Im vorliegenden Fall stellt sich nun die Frage, ob für die Anwendung von Art. 8 lit. f des Abkommens unter Umständen vom Erfordernis des tatsächlichen Aufenthalts in der Schweiz abgesehen werden kann. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 118 V 84 E. 4b ausgeführt hat, darf ein ausländischer Arbeitnehmer, der in der Schweiz verunfallt oder erkrankt und keine Arbeitsbewilligung hat, grundsätzlich vorübergehend während der medizinischen Behandlung hier bleiben. Art. 36 der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21) sieht diesbezüglich vor, dass anderen (als den in Art. 31 bis 35 BVO erwähnten) nichterwerbstätigen Ausländern Aufenthaltsbewilligungen erteilt werden können, "wenn wichtige Gründe es gebieten". Ferner können nach Art. 33 BVO unter bestimmten Voraussetzungen Kuraufenthaltsbewilligungen ausgestellt werden. Sodann werden Ausländer, die in der Schweiz invalid geworden sind und ihre bisherige Tätigkeit nicht weiterführen können, gemäss Art. 13 lit. b BVO nicht an die vom Bundesrat periodisch festzusetzende Höchstzahl der erwerbstätigen Ausländer angerechnet. Dasselbe gilt, wenn ein BGE 119 V 111 S. 119 schwerwiegender persönlicher Härtefall oder staatspolitische Gründe vorliegen ( Art. 13 lit. f BVO ), sowie für Saisonniers, deren Saisonbewilligung in eine Jahresbewilligung umgewandelt wird ( Art. 13 lit. h BVO ). Anderseits ist zu beachten, dass gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG; SR 142.20) die zuständige Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung entscheidet. Der Ausländer hat damit grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird ( BGE 118 Ib 155 E. 1a). Ferner hat das Bundesgericht im unveröffentlichten Urteil V. vom 26. Juni 1991 ausgeführt, dass auch das schweizerisch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen keinen Anspruch auf eine Anwesenheitsbewilligung vermittelt. Es steht demnach im freien Ermessen der zuständigen fremdenpolizeilichen Behörden, ob sie im Einzelfall eine Koordination von fremdenpolizeilicher und sozialversicherungsrechtlicher Regelung anstreben wollen oder nicht. Fehlt es aber an einem zwingenden gesetzlichen Auftrag und steht den Behörden der kantonalen Fremdenpolizei ein derart umfassender Ermessensspielraum in bezug auf die Bewilligungserteilung offen, kann die Erfüllung der versicherungsmässigen Voraussetzungen nicht von der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abhängig gemacht werden. Der in der Schweiz verunfallte oder erkrankte Arbeitnehmer, der aus diesem Grund die Erwerbstätigkeit unterbrechen muss und bis zum Eintritt des Versicherungsfalles oder darüber hinaus dabliebe, wenn er fremdenpolizeilich dazu befugt wäre, soll jenem gleichgestellt werden, der trotz Fehlens der Erwerbstätigkeit eine Spezial- oder Ausnahmebewilligung zum weiteren Aufenthalt in der Schweiz erhält. Andernfalls hinge die Versicherteneigenschaft von der Praxis der kantonalen Fremdenpolizei ab, was zu manifester Ungleichbehandlung in versicherungsrechtlicher Hinsicht führen kann. Angesichts des der kantonalen Fremdenpolizei offenstehenden weiten Ermessensspielraums ist es nicht Aufgabe der Sozialversicherungsverwaltung und -justiz, bei der Beurteilung der Versicherteneigenschaft vorfrageweise über die Rechtmässigkeit des fremdenpolizeilichen Entscheids zu befinden. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob der Leistungsansprecher, der die Schweiz während der Wartezeit gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG aufgrund einer fremdenpolizeilichen Weisung verlassen musste, tatsächlich BGE 119 V 111 S. 120 die Absicht hatte, weiterhin hier zu bleiben. Diese Absicht kann allerdings nur relevant sein, wenn das Verlassen der Schweiz, sei es endgültig oder vorübergehend, seinen Grund in der unfall- oder krankheitsbedingten Aufgabe der Erwerbstätigkeit hat. Ist die Beendigung der Aufenthaltsbewilligung auf andere Gründe zurückzuführen oder auf Tatbestände, für welche der Leistungsansprecher selbst einzustehen hat, kann er sich nicht auf Art. 8 lit. f des Abkommens berufen. Es fehlt diesfalls an der Kausalität zwischen dem durch das Abkommen privilegierten Tatbestand von Unfall oder Krankheit und der Nichterfüllbarkeit der Versicherungsklausel. Sodann genügt es in beweismässiger Hinsicht nicht, dass der Leistungsansprecher lediglich behauptet, er wäre bis zum Eintritt des Versicherungsfalles in der Schweiz geblieben, wenn ihm die erforderliche Bewilligung erteilt worden wäre. Die Absicht des weiteren Hierbleibens hat sich vielmehr aus objektiven Umständen zu ergeben, wie beispielsweise der Dauer des bisherigen Aufenthalts, aus dem Zeitraum zwischen dem Eintritt des Gesundheitsschadens und dem Verlassen der Schweiz, aus dem Nachsuchen um eine Erneuerung oder Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und allenfalls aus der Wiedereinreise in die Schweiz in einem späteren Zeitpunkt, und muss nach dem im Sozialversicherungsrecht allgemein gültigen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargetan sein. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien, der gegen seinen Willen aufgrund eines fremdenpolizeilichen Entscheids die Schweiz verlassen musste, den Versicherungsschutz von Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens in Anspruch nehmen. 8. Im vorliegenden Fall hat die Schweizerische Ausgleichskasse nicht abgeklärt, ob der Beschwerdeführer die Absicht hatte, in der Schweiz zu verbleiben. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird diese Absicht zwar behauptet, die Akten enthalten indes keine Anhaltspunkte dafür. Die Sache ist daher an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie die erforderlichen Abklärungen treffe und hernach über die Erfüllung der versicherungsmässigen Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Erwägung neu befinde. Gelangt die Ausgleichskasse, gestützt auf das Abklärungsergebnis, zum Schluss, dass der Beschwerdeführer mit entsprechender fremdenpolizeilicher Bewilligung bis mindestens Juli 1986 in der Schweiz geblieben wäre, hat sie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass M. B. in Jugoslawien wieder eine Erwerbstätigkeit BGE 119 V 111 S. 121 ausüben konnte, den Invaliditätsgrad zu bemessen und über die Zusprechung einer allfälligen Invalidenrente zu verfügen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Eidg. Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 8. Dezember 1989 und die angefochtene Verfügung vom 28. April 1987 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, neu verfüge.
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e10df9cf-e562-4a10-8eca-d709093f0e53
Urteilskopf 118 III 52 16. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 18. November 1992 i.S. Möbel Suter AG (Rekurs)
Regeste Zuschlag eines Grundstücks an der Steigerung (Art. 258 SchK, Art. 60 VZG ). Das letzte und höchste Angebot muss vom Gantleiter dreimal ausgerufen werden. Folgt auf den dritten Ausruf nicht unverzüglich ein weiteres Angebot, so hat der letzte Bieter - sofern er die Steigerungsbedingungen erfüllt - Anspruch auf den Zuschlag.
Erwägungen ab Seite 53 BGE 118 III 52 S. 53 Aus den Erwägungen: 3. a) Nach den im angefochtenen Entscheid getroffenen Feststellungen wurde das erste Steigerungsangebot von einer Million Franken mehrmals überboten, bis beim dreizehnten Angebot auf einer Höhe von Fr. 1'520'000.-- kein höherer Betrag mehr geboten wurde. Der Gantleiter forderte darauf den letzten Bieter, die Möbel Suter AG, zur Leistung der in den Steigerungsbedingungen genannten Barzahlung auf. Noch bevor diese geleistet wurde, machte die Kantonalbank Schwyz ein weiteres Angebot in der Höhe von Fr. 4'400'000.--, und der Gantleiter setzte die Steigerung fort. Nachdem kein weiteres Angebot eingegangen war, leistete die Kantonalbank Schwyz die Barzahlung von Fr. 150'000.--. Die Steigerung wurde hierauf für zehn Minuten unterbrochen. Danach wurde das Verfahren fortgesetzt und den Interessenten nochmals Gelegenheit zur Steigerung geboten. Nachdem keine weiteren Angebote gemacht worden waren, schlug der Gantleiter das Grundstück GB Nr. 1077 Wangen der Kantonalbank Schwyz für Fr. 4'400'000.-- zu. In rechtlicher Hinsicht führt die obere kantonale Aufsichtsbehörde aus, die Beschwerdeführerin setze den dritten Ausruf gleich mit dem Zuschlag unter der Resolutivbedingung, dass die Formalitäten des Verfahrens erfüllt würden. Diese Bedeutung komme dem dritten Ausruf jedoch nach konstanter Praxis ( BGE 55 III 72 f., BGE 83 III 41 ) nicht zu. Der dritte Ausruf habe nur die Bedeutung der letzten Gelegenheit zum Höherbieten. Dieser Ausruf könne auch ohne Nennung der betreffenden Ordnungszahl erfolgen, wenn für die Bietinteressenten klar sei, dass es sich um den dritten Ausruf handle, zum Beispiel wenn der Letztbietende zur Barzahlung aufgeboten werde mit der Ankündigung, dass danach der Zuschlag erfolge. Art. 60 VZG bedeute demnach nicht, dass der Bieter, dessen Angebot "zum Dritten" ausgerufen worden ist, Anspruch auf den Zuschlag habe, beziehungsweise dass mit dem dritten Ausruf ein weiteres Bieten BGE 118 III 52 S. 54 ausgeschlossen werde. Der Regelungsgehalt von Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VZG beschränke sich im Gegenteil auf die Anweisung an den Steigerungsleiter, dass das Steigerungsobjekt dem Höchstbietenden ohne unnötigen Verzug und unabhängig vom erzielten Erlös zugeschlagen werde; vorbehalten bleibe lediglich Art. 126 SchKG . Es sei somit unerheblich - erklärt die Vorinstanz weiter -, ob es sich beim letzten Ausruf des Angebots der Beschwerdeführerin von Fr. 1'520'000.-- um den zweiten oder den dritten Ausruf gehandelt habe. Nach der Auffassung der Vorinstanz erweist sich das Angebot der Kantonalbank Schwyz noch unter einem andern Gesichtspunkt als zulässig. Es sei nämlich unbestritten, dass der Steigerungsleiter zu Beginn der Steigerung alle Anwesenden darauf aufmerksam gemacht habe, "dass vor dem definitiven Zuschlag ein zehnminütiger Unterbruch erlassen werde, damit sich allfällige Interessenten und Bieter nochmals erforderliche Überlegungen machen können oder allenfalls mittels telefonischer Rückfragen bei ihren Auftraggebern sich noch weitere Kompetenzen einholen können". Das habe nichts anderes heissen können, als dass Angebote bis nach der Pause bzw. bis zum eigentlichen "Zuschlag" entgegengenommen würden. Als der Steigerungsleiter nach dieser Bekanntgabe die Frage gestellt habe, ob Unklarheiten bestünden, habe sich niemand verlauten lassen. Die Bietinteressenten hätten sich folglich darauf verlassen können, dass sie mit neuen Angeboten bis zum Zuschlag - das heisst, auch noch während bzw. bis unmittelbar nach der zehnminütigen Pause - zugelassen würden. Nachdem sich auch die Beschwerdeführerin stillschweigend mit diesem Verfahrensgang einverstanden erklärt und selbst mehrere Angebote gemacht habe, sei sie im Beschwerdeverfahren mit Einwendungen gegen diesen Verfahrensablauf, insbesondere auch hinsichtlich der anberaumten Pause, ausgeschlossen ( BGE 109 III 109 E. 2). b) Nach der Darstellung der Rekurrentin verkennt das Kantonsgericht, dass sie den dritten Ausruf keineswegs mit dem resolutiv bedingten "Zuschlag" gleichgesetzt habe. Vielmehr habe sie - diesbezüglich in Übereinstimmung mit der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde - geltend gemacht, die Formel "zum dritten" beendige usanzgemäss den dritten Ausruf und schliesse ein weiteres Angebot (im Sinne eines bedingten Anspruchs auf den Zuschlag) aus. Entgegen der Meinung der Vorinstanz besage die Rechtsprechung des Bundesgerichts nichts anderes. Gemäss BGE 55 III 70 bestehe Anspruch auf den Zuschlag, "nachdem das letzte Angebot BGE 118 III 52 S. 55 dreimal öffentlich aufgerufen ist"; zumindest mit der Aufforderung zur Anzahlung seien die Möglichkeiten zum Bieten vorbei. BGE 83 III 41 stelle noch weiter klar, dass mit den Worten "zum dritten" die Gelegenheit zum Weiterbieten ausgeschlossen sei, indem mit diesen Worten (sogar) "zugeschlagen" werde (gemeint im resolutiv bedingten Sinn). Dagegen stehe nicht zur Diskussion, dass nach dem dritten Ausruf "Fr. 1.52 Mio." selbst noch die letzte Gelegenheit zum Überbieten bestehe, nämlich bis zum Schlusspunkt "zum dritten" u.ä. Die Auslegung durch das Kantonsgericht - meint die Rekurrentin - widerspreche somit Art. 258 SchKG , Art. 60 VZG und Ziff. 10 der Steigerungsbedingungen. Daran vermöchten die Erwägungen im angefochtenen Entscheid bezüglich des zehnminütigen Unterbruchs nichts zu ändern, macht die Rekurrentin weiter geltend. Die Unterbrechung der Steigerung würde - nota bene nach dem dritten Ausruf und der Aufforderung zur Anzahlung - den Verlauf gemäss Steigerungsbedingungen wesentlich verändern, was die Rekurrentin mit ihrer Beschwerde fristgerecht gerügt habe. 4. Gemäss Art. 258 SchKG wird der Verwertungsgegenstand nach dreimaligem Ausruf dem Meistbietenden zugeschlagen. Diese Gesetzesvorschrift wird durch Art. 60 VZG präzisiert, wonach jedes Angebot dreimal auszurufen und dabei jeweilen anzugeben ist, ob es sich um den ersten, zweiten oder dritten Ausruf handelt. Das Betreibungsamt ist verpflichtet, demjenigen Bieter, der das letzte und höchste Angebot gemacht hat, sofort öffentlich den Zuschlag zu erteilen. a) Aus der von der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde zitierten Rechtsprechung geht unmissverständlich hervor, dass nur zugeschlagen werden darf, nachdem das letzte Angebot dreimal öffentlich ausgerufen worden ist ( BGE 55 III 70 E. 1). Mit den Worten "zum dritten" kann vom Gantleiter der dritte und letzte Ausruf gemacht werden, welcher noch mit einem Angebot beantwortet werden kann; aber die gleichen Worte können - was vom Ausruf zu unterscheiden ist - auch den nachfolgenden Zuschlag bedeuten ( BGE 83 III 41 ). Wenngleich die Rekurrentin ihr Angebot von Fr. 1'520'000.-- durchaus schon auf den zweiten Ausruf hin machen konnte, musste vom Gantleiter dreimal ausgerufen werden und durfte der Zuschlag erst erfolgen, nachdem auch auf den dritten Ausruf hin keine weiteren Angebote gemacht worden waren. Der kantonalen Aufsichtsbehörde kann daher nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, es sei unerheblich, ob es sich beim letzten Ausruf des Angebots BGE 118 III 52 S. 56 der Möbel Suter AG um den zweiten oder den dritten Ausruf gehandelt habe. Ist nach dem letzten und höchsten Angebot der Zuschlag erteilt worden, so ist - vom Fall abgesehen, wo die in den Steigerungsbedingungen verlangte Barzahlung oder Sicherheitsleistung unterbleibt ( Art. 60 Abs. 2 VZG ) - kein weiteres Angebot mehr möglich. Es ist daher nicht angängig, dass nach dem dritten Ausruf, wie es im vorliegenden Fall möglicherweise geschehen ist, eine zehnminütige Pause eingeschaltet wird; vielmehr ist demjenigen Bieter, der das letzte und höchste Angebot gemacht hat, sofort öffentlich der Zuschlag zu erteilen ( Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VZG ). Entgegen der Auffassung der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde kann die Rekurrentin das unrechtmässige Vorgehen nach Massgabe von Art. 136bis SchKG beanstanden; in BGE 109 III 109 E. 2, der im angefochtenen Entscheid zitiert wird, gereichte es dem Rekurrenten zum Vorwurf, dass er sich erst nach der Steigerung gegen die Steigerungsbedingungen wandte, jedoch konnte er die bundesrechtswidrige Auslegung und Anwendung der Steigerungsbedingungen durch den Gantleiter rügen. Wenn also im vorliegenden Fall das Angebot der Möbel Suter AG in der Höhe von Fr. 1'520'000.-- dreimal ausgerufen worden sein sollte, ohne dass unmittelbar darauf von der Schwyzer Kantonalbank die Fr. 4'400'000.-- geboten wurden, so hätte das Grundstück der Rekurrentin zu jenem Preis zugeschlagen werden müssen. b) Aus dem Sachverhalt im angefochtenen Entscheid geht nun nicht klar hervor, ob die Kantonalbank Schwyz ihr Angebot von Fr. 4'400'000.-- gemacht hat, bevor mit den Worten "zum dritten" der Zuschlag an die Möbel Suter AG erfolgte. Sollte dies zutreffen - wovon insbesondere auch auszugehen wäre, wenn das Angebot der Möbel Suter AG nur zweimal ausgerufen worden wäre -, so bliebe es beim Zuschlag an die Kantonalbank Schwyz. Demgegenüber müsste das Grundstück, nach Leistung der in den Steigerungsbedingungen genannten Barzahlung, der Rekurrentin für Fr. 1'520'000.-- zugeschlagen werden, wenn deren Angebot dreimal ausgerufen wurde, ohne dass unmittelbar darauf die Schwyzer Kantonalbank ihr Angebot von Fr. 4'400'000.-- machte. Zur Vervollständigung des Sachverhalts in diesem Punkt und zu neuer Entscheidung wird deshalb die Sache an das Kantonsgericht des Kantons Schwyz zurückgewiesen (Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 81 OG ).
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Urteilskopf 112 V 89 16. Estratto della sentenza del 25 febbraio 1986 nella causa Cassa svizzera di compensazione contro Specia e Commissione federale di ricorso in materia d'AVS/AI per le persone residenti all'estero
Regeste Art. 1 IVG , Art. 1 Abs. 1 lit. b AHVG ; Art. 2 des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit. - Anwendbares Recht bei Doppelbürgerschaft. - Italienische Bürgerin, die durch Heirat das schweizerische Bürgerrecht erworben, es nach der endgültigen Rückkehr nach Italien und Ehescheidung mit ausdrücklicher konsularischer Erklärung beibehalten hat und sich mit einem italienischen Bürger erneut verheiratet: Im Rahmen des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit unter Anwendung der Kriterien des vorwiegenden (oder effektiven) Bürgerrechts Anerkennung des italienischen Bürgerrechts (Änderung der Rechtsprechung; Erw. 2). - Für Schweizer im Ausland ist das Doppelbürgerrecht im Hinblick auf die Zugehörigkeit zur freiwilligen AHV/IV unbeachtlich (Erw. 2b in fine). Art. 8 lit. b des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit; Ziff. 2 lit. a des Schlussprotokolls zur Zusatzvereinbarung zum Abkommen (in Kraft seit 1. Juli 1973). Mit der Entrichtung von Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung der obligatorischen oder freiwilligen italienischen Versicherung erfüllt der italienische Bürger die Versicherungsklausel gemäss Art. 8 lit. b des Abkommens, wenn beim Eintritt des versicherten Invaliditätsfalls nach schweizerischem Recht das Versicherungsverhältnis bereits besteht und insoweit es durch die Beitragsleistungen des italienischen Bürgers innert den von seinem Heimatrecht gesetzten Fristen aufrechterhalten wird (Präzisierung der Rechtsprechung; Erw. 5).
Erwägungen ab Seite 90 BGE 112 V 89 S. 90 Estratto dai considerandi: 1. Nella presente controversia due sono i temi da esaminare: il primo è quello di definire la cittadinanza dell'opponente, determinante per l'applicazione del diritto svizzero o delle disposizioni convenzionali ai fini dell'adempimento del requisito assicurativo ( art. 1 e 6 cpv. 1 LAI in relazione con gli art. 1 e 2 LAVS ; art. 8 lett. b Convenzione italo-svizzera relativa alla sicurezza sociale del 14 dicembre 1962). Il secondo è quello di stabilire se e quando essa abbia realizzato il rischio d'invalidità assicurabile giusta la legislazione BGE 112 V 89 S. 91 svizzera, determinante ai fini dell'assegnazione della rendita in lite ( art. 4, 28 e 29 cpv. 1 LAI ). 2. a) Pierina Specia è al beneficio della doppia cittadinanza svizzera e italiana. Essa ha contribuito all'assicurazione sociale svizzera sino al 1958 ( art. 1 cpv. 1 lett. b LAVS ) e dopo il rimpatrio, pur mantenendo la cittadinanza svizzera acquisita per matrimonio, non ha aderito all'assicurazione facoltativa per l'AVS/AI degli svizzeri all'estero ( art. 2 cpv. 1 LAVS e art. 9 cpv. 2 della relativa ordinanza d'applicazione; OAF). Ne consegue che come cittadina svizzera, con il rimpatrio, l'opponente ha cessato di essere assicurata presso l'assicurazione sociale svizzera ai sensi dell' art. 6 cpv. 1 LAI . Come tale quindi essa non può pretendere una prestazione dell'assicurazione svizzera per l'invalidità per carenza del requisito assicurativo richiesto dalla disposizione legale anzi menzionata. Tuttavia, possedendo Pierina Specia la doppia cittadinanza, rimane da esaminare se le possa essere riconosciuta quella italiana, nel qual caso dovrà essere stabilito se e per quale periodo essa ha adempiuto, dopo il rimpatrio, il requisito assicurativo richiesto in regime convenzionale. b) Il Tribunale federale delle assicurazioni, in una sentenza del 7 marzo 1966 in re V. (RCC 1966 pag. 353, in particolare pag. 355), aveva affermato che, carenti disposizioni contrarie della LAI o della Convenzione, uguale trattamento spettava a due cittadini svizzeri anche quando uno di essi possedeva un'altra nazionalità e che, pertanto, ambedue dovevano essere considerati di nazionalità svizzera. In una sentenza non pubblicata dell'8 febbraio 1984 in re Restituto, con riferimento alla giurisprudenza anzi citata, il Tribunale federale delle assicurazioni non l'ha confermata, lasciando indeciso il tema, non essenziale ai fini decisionali. Nel querelato giudizio il primo giudice, con riferimento a un precedente giudizio della Commissione di ricorso in re C. del 7 gennaio 1981, ha asserito che per quanto concerne le prestazioni delle assicurazioni sociali svizzere un cittadino italiano con doppia nazionalità può essere considerato come cittadino di uno solo dei due Stati. Adottando il criterio della "preponderanza" il primo giudice ha precisato che la scelta della nazionalità secondo questo criterio non dipende dalla libera scelta dell'interessato, né si determina secondo la soluzione che gli è più favorevole. Come preponderante deve essere considerata la nazionalità dello Stato con cui l'interessato intrattiene le relazioni personali ed economiche più strette. Quando un cittadino con BGE 112 V 89 S. 92 doppia nazionalità risiede in uno dei due Stati dei quali egli possiede la cittadinanza, bisogna presumere che egli intrattenga con questo Stato i legami più stretti. Presunzione da ammettere per il cittadino svizzero fino a quando egli non è immatricolato presso la rappresentanza svizzera del Paese dove vive e di cui possiede pure la nazionalità, ma non decisiva per la determinazione della nazionalità preponderante. Sul tema della doppia cittadinanza, AUBERT (Traité de droit constitutionnel suisse, vol. I, pag. 353 n. 933) tra l'altro afferma, con riferimento a dottrina, che l'idea moderna della nazionalità effettiva o preponderante tende a sostituirsi al principio tradizionale della nazionalità del foro ed asserisce che la Svizzera tratta il cittadino con doppia nazionalità come uno svizzero o come uno straniero a seconda che egli abbia dei legami più stretti con uno o l'altro dei due Stati. Nel Messaggio concernente una legge federale sul diritto internazionale privato (d.i.pr.) del 10 novembre 1982 il Consiglio federale trattando il tema della pluricittadinanza così si è espresso: "In caso di pluricittadinanza, il d.i.pr. assegna tradizionalmente la priorità alla cittadinanza secondo la lex fori. Giusta tale concezione, per le autorità svizzere un cittadino austro-svizzero sarebbe sempre e soltanto svizzero. Nel caso di una persona con doppia cittadinanza straniera nella prassi si usa dare la priorità all'ultima cittadinanza acquisita, ovvero alla cittadinanza dello Stato in cui la persona in causa è domiciliata (cfr. W. Niederer, Einführung, p. 158; F. Vischer/A. von Planta, IPR, p. 31). Fra le diverse possibilità di trattamento giuridico della pluricittadinanza, nella dottrina si fa viepiù strada la tendenza ad attenersi alla cittadinanza effettiva; si considera cioè determinante la cittadinanza con la quale una persona è più strettamente connessa (cfr. L. Raape/F. Sturm, ibid. p. 133 segg.). Questa concezione ha trovato in parte accoglienza anche nella giurisprudenza del Tribunale federale ( DTF 89 I 303 ). Per poter decidere se e in qual misura il principio della cittadinanza effettiva o preponderante debba essere applicato anche nei confronti degli Svizzeri non ci si deve attenere a rigidi principi, bensì ai bisogni concreti del singolo caso (cfr. messaggio del 2 lug. 1965 per un complemento della Costituzione federale con un art. 45bis concernente gli Svizzeri all'estero; FF 1965 II 435). Giova qui osservare che la problematica della pluricittadinanza si pone in termini diversi secondo che si tratti della questione della competenza o di quella della determinazione della legge applicabile, e che una diversa disciplina s'impone anche nell'ambito della delibazione e dell'esecuzione di una sentenza o di un atto giuridico stranieri (FF 1983 I 298 seg.)". Nel progetto di legge medesimo esso ha previsto che "salvo diversa disposizione)... la legge applicabile ai pluricittadini è BGE 112 V 89 S. 93 determinata in base allo Stato nazionale con cui essi sono più strettamente legati" (art. 21 cpv. 2; FF 1983 I 450). Confrontata all'evoluzione della dottrina ed alle nuove tendenze in materia di diritto pubblico e di diritto internazionale privato la giurisprudenza instaurata dal Tribunale federale delle assicurazioni con la sentenza in re V. del 7 marzo 1966, non confermata, come già si è detto, nel 1984, non può essere tutelata e necessita una modificazione nel senso che, nei casi di doppia cittadinanza, applicabile è il principio della cittadinanza preponderante o effettiva, avuto riguardo, nel singolo caso, all'intensità di tutti i rapporti fondamentali dell'individuo con l'uno o l'altro Stato. Il che non pregiudica la pretesa del cittadino svizzero all'estero, anche se al beneficio di doppia nazionalità, di chiedere l'affiliazione alle assicurazioni facoltative AVS/AI. c) Alla luce dei principi sopra esposti nell'evenienza concreta ricorrono i presupposti per riconoscere la preponderanza della cittadinanza italiana di Pierina Specia, cittadina nata in Italia, divenuta svizzera per matrimonio, divorziata, rimpatriata e nuovamente sposata con un cittadino italiano, la quale dopo il rimpatrio ha mantenuto i contatti con la Svizzera solo attraverso notifiche consolari aventi valore puramente formale. Se in queste condizioni deve essere condiviso il parere del primo giudice per quanto attiene al riconoscimento della cittadinanza preponderante, in concreto può rimanere insoluta la questione di sapere se Pierina Specia debba essere considerata, nei rapporti con l'assicurazione sociale svizzera, soltanto come cittadina italiana come l'ha ritenuto il primo giudice stesso. Infatti, non avendo essa aderito tempestivamente all'assicurazione facoltativa per l'AVS/AI degli svizzeri all'estero ai sensi delle disposizioni dell' art. 2 cpv. 1 LAVS in relazione con l' art. 9 cpv. 2 OAF , la sua posizione assicurativa nei confronti dell'assicurazione sociale svizzera non può più essere perfezionata con agevolazioni che spettano soltanto ai cittadini svizzeri all'estero che abbiano aderito all'assicurazione facoltativa loro riservata. 3. Dato che l'opponente è da considerare come cittadina italiana ai fini del presente controllo giudiziario e che per costante giurisprudenza il giudice delle assicurazioni sociali esamina la decisione amministrativa deferitagli sulla base della situazione di fatto e di diritto esistente al momento in cui essa venne resa ( DTF 109 V 179 , DTF 107 V 5 , DTF 105 V 141 e 154), deve quindi essere stabilito se il 30 luglio 1982 fossero dati i presupposti per riconoscere a Pierina Specia BGE 112 V 89 S. 94 il diritto a rendita dell'assicurazione svizzera per l'invalidità. 4. Per avere diritto a rendita ordinaria dell'assicurazione svizzera per l'invalidità il cittadino italiano deve avere contribuito all'assicurazione sociale svizzera per almeno un anno intero ( art. 36 cpv. 1 LAI ), deve essere invalido ai sensi della legislazione svizzera ( art. 4, 28 e 29 LAI ) e deve essere assicurato al verificarsi del rischio invalidante presso l'assicurazione sociale svizzera ( art. 6 cpv. 1 LAI in relazione con l' art. 1 LAI ), oppure "iscritto" all'assicurazione sociale italiana ai sensi dell'art. 8 lett. b Convenzione, condizione quest'ultima che egli adempie quando sono versati dei contributi nell'assicurazione obbligatoria, nella prosecuzione volontaria dell'assicurazione obbligatoria o nell'assicurazione facoltativa italiane (cifra 2 lett. a del Protocollo finale all'Accordo aggiuntivo alla Convenzione del 4 luglio 1969, in vigore dal 1o luglio 1973) o quando egli ha diritto a una pensione d'invalidità delle assicurazioni sociali italiane ( art. 1 del Protocollo aggiuntivo all'Accordo aggiuntivo italo-svizzero del 4 luglio 1969, in vigore dal 25 febbraio 1974). 5. Nell'evenienza concreta non è controverso e risulta dagli atti che l'opponente abbia contribuito per oltre un anno intero all'assicurazione sociale svizzera. Le condizioni di cui all' art. 36 cpv. 1 LAI sono pertanto adempiute. Prima di determinare il grado della sua invalidità si giustifica tuttavia di stabilire se all'epoca dell'ipotetico verificarsi dell'evento assicurabile giusta il diritto svizzero essa fosse stata assicurata giusta l' art. 6 cpv. 1 LAI , oppure "iscritta" all'assicurazione sociale italiana ai sensi dell'art. 8 lett. b Convenzione in quanto la non appartenenza all'assicurazione sociale svizzera o un eventuale inadempimento del requisito assicurativo richiesto in regime convenzionale comporterebbero l'accoglimento del gravame della Cassa svizzera di compensazione qualunque fosse il grado invalidante dell'opponente accertato dopo il suo rimpatrio. Con il rimpatrio avvenuto nel 1958 Pierina Specia ha cessato di essere assicurata obbligatoriamente in Svizzera e non avendo dopo il divorzio tempestivamente aderito all'assicurazione facoltativa degli svizzeri all'estero essa non adempie, come già si è detto, il requisito assicurativo di cui all' art. 6 cpv. 1 LAI . In Italia, come risulta dalle attestazioni ufficiali dell'INPS, l'opponente non è titolare di pensione d'invalidità e la sua richiesta intesa ad ottenere la prosecuzione volontaria dell'assicurazione BGE 112 V 89 S. 95 obbligatoria italiana è stata accolta con autorizzazione a procedere al versamento di contributi a decorrere dal 1o luglio 1978. A partire da questa data essa ha versato regolarmente contributi trimestrali sino ed oltre la data della controversa decisione del 30 luglio 1982. Secondo una costante giurisprudenza, da ultimo confermata e precisata nella sentenza del 15 settembre 1983 in re Di Matteo ( DTF 109 V 176 ), l cittadino italiano è considerato iscritto alle assicurazioni italiane ai sensi dell'art. 8 lett. b della Convenzione se sono versati contributi nell'assicurazione obbligatoria, nella prosecuzione volontaria dell'assicurazione obbligatoria o dell'assicurazione facoltativa italiane (cifra 2 lett. a del Protocollo finale all'Accordo aggiuntivo alla Convenzione del 4 luglio 1969, in vigore dal 1o luglio 1973) prima del verificarsi dell'evento assicurabile giusta il diritto svizzero o se sono accreditati - sempre per il momento del verificarsi del rischio - periodi assimilati, che devono essere comprovati prima della resa della decisione amministrativa. Questa giurisprudenza si riferisce a situazioni di fatto in cui il cittadino italiano al momento in cui si realizza l'evento assicurabile giusta il diritto svizzero si trova in costanza di un rapporto assicurativo instaurato, con effetto retroattivo, dopo l'evento stesso, rapporto che per essere giustificato necessita che i relativi contributi siano versati. Diversa è la situazione quando l'evento assicurabile giusta il diritto svizzero si verifica in costanza di un rapporto instaurato prima del suo avverarsi. Se in concreto si ammette che un ipotetico diritto a rendita dell'assicurazione svizzera per l'invalidità dell'opponente sia insorto nel maggio del 1982, deve essere osservato che la prosecuzione volontaria nell'assicurazione obbligatoria italiana si è avverata, come risulta dall'attestato concernente la carriera assicurativa dell'opponente in Italia, dal 1o luglio 1978 sino almeno al 25 giugno 1983 e che il primo versamento, valido per il periodo dal luglio 1978 al dicembre 1979, ebbe luogo nel dicembre del 1979. Quindi la giurisprudenza sopra richiamata sarebbe in concreto applicabile soltanto nella misura in cui l'evento assicurabile giusta il diritto svizzero si fosse verificato prima del dicembre 1979 e la contribuzione volontaria non fosse stata regolarmente continuata. Ma a partire dal mese di dicembre del 1979 l'opponente era in costanza di un rapporto assicurativo che essa avrebbe soddisfatto ulteriormente solvendo nel futuro i contributi, da pagare secondo le disposizioni vigenti in Italia trimestralmente, durante il trimestre seguente quello cui essi erano BGE 112 V 89 S. 96 destinati. Ne consegue che, avendo Pierina Specia versato i contributi secondo le modalità indicate, con il versamento effettuato il 28 luglio 1982 essa ha coperto il trimestre precedente comprendente il maggio 1982. Potrebbe invero essere argomentato che con il versamento si era ottenuta una copertura assicurativa con effetto retroattivo e che quindi solo dal momento del versamento era realizzato il requisito assicurativo richiesto in regime convenzionale. Ma simile deduzione contrasta se non con la lettera quantomeno con la ratio del diritto convenzionale. Se infatti la giurisprudenza ha inteso e intende impedire la costituzione con effetto retroattivo di un rapporto assicurativo con il versamento di contributi posteriore all'evento assicurabile giusta il diritto svizzero, che deve essere comprovato prima della decisione dell'organo amministrativo svizzero competente, altrettanto non può essere inteso quando il rapporto assicurativo già sussiste e quando esso permane nella misura in cui il cittadino italiano soddisfa un obbligo nei termini impostigli dal diritto patrio. In queste condizioni Pierina Specia deve essere considerata iscritta alla patria assicurazione sociale ai sensi dell'art. 8 lett. b Convenzione per il tempo in cui ha versato regolarmente contributi nella prosecuzione volontaria dell'assicurazione obbligatoria italiana ossia dal 1o luglio 1978 al 25 giugno 1983. Essa ha pertanto adempito il requisito assicurativo richiesto in regime convenzionale durante questo periodo, quindi sino alla data della decisione amministrativa del 30 luglio 1982, che delimita nel tempo, come già si è detto, la cognizione giudiziaria nella presente procedura.
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Urteilskopf 98 V 265 67. Urteil vom 15. Dezember 1972 i.S. Maurer gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Invaliditätsschätzung bei einer Frau, die bis zur Heirat trotz Gesundheitsschädigung voll erwerbsfähig war, seither aber wegen des (unveränderten) Gesundheitsschadens nur noch den ehelichen Haushalt zu besorgen vermag ( Art. 5 Abs. 1 und 28 IVG ).
Sachverhalt ab Seite 266 BGE 98 V 265 S. 266 A.- Hildegard Maurer leidet im wesentlichen an den Folgen einer im Kindesalter durchgemachten Poliomyelitis. Sie war von 1964-1969 in vollem Umfang als Büroangestellte tätig. Ende August 1969 verehelichte sie sich und seit dem 3. Februar 1970 ist sie Mutter eines Knaben. Im Juni 1970 ersuchte die Versicherte um eine Invalidenrente. Den Haushalt und ihr Kind könne sie nur mit der Hilfe ihres Ehemannes besorgen und den Beruf einer Büroangestellten nicht mehr ausüben. Pro Infirmis stellte fest, dass Hildegard Maurer, die mit ihrer Familie eine Vierzimmerwohnung bewohnt, weder schwere Reinigungsarbeiten verrichten noch schwere Lasten tragen könne. Bei verschiedenen Tätigkeiten müsse darum der Ehemann ihr behilflich sein. Sie habe Mühe beim Treppensteigen und vermöge im Freien höchstens eine halbe Stunde zu gehen. Während des Winters würden fast alle Einkäufe vom Ehemann besorgt. Ärztlicherseits wurde festgestellt, dass noch vermehrte Schwäche im rechten Unterschenkel und Fuss bestehe; im übrigen sei der Vorzustand wieder hergestellt. Die Beantwortung der von der Invalidenversicherungs-Kommission gestellten Frage, ob die Versicherte wegen der Beinschwäche mindestens zur Hälfte bei der Besorgung des Haushalts eingeschränkt sei, bezeichnete der Orthopäde als äusserst schwierig. Das Ausmass der Behinderung bzw. der Zumutbarkeit lasse sich kaum vom Sprechzimmer aus beantworten, da es sich um einen Grenzfall handle, bei dem es auch auf die psychische Einstellung der Patientin ankomme. Die Gesamtinvalidität auf 75% zu veranschlagen, wie die Versicherte meine, gehe bestimmt zu weit, wenn auch die Umstellung von der Büroarbeit zur Haushalttätigkeit sicher Probleme verursache, welche durch die ihr von der Invalidenversicherung abgegebenen Hilfsmittel nicht vollständig kompensiert würden. Die Invalidenversicherungs-Kommission nahm an, dass Hildegard Maurer ohne Behinderung keiner ausserhäuslichen Tätigkeit nachgehen würde, da sie ein Kleinkind zu besorgen habe. In ihrem Tätigkeitsbereich als Hausfrau und Mutter sei sie aber nicht mindestens zur Hälfte behindert, weshalb ihr keine Rente zustehe. In diesem Sinn verfügte die Ausgleichskasse des Kantons Bern am 27. Juli 1971. B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hat die Beschwerde der Versicherten mit Entscheid vom 24. November BGE 98 V 265 S. 267 1971 abgewiesen. Es behandelte Hildegard Maurer als Hausfrau, die in ihrem Tätigkeitsbereich nicht mindestens zur Hälfte gesundheitlich behindert sei. Ein Rentenanspruch bestehe demnach nicht. C.- Hildegard Maurer reicht Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein mit dem Begehren um Ausrichtung einer halben Invalidenrente. Im wesentlichen macht sie geltend, sie habe einmal versucht, mit Heimarbeit etwas zum Lohn ihres Mannes hinzuzuverdienen. Aber dann müsse wegen ihrer Gehbehinderung der Haushalt darunter leiden. Ihren Beruf habe sie aufgeben müssen, weil sie geheiratet habe, Mutter geworden sei und für den Haushalt mehr Zeit benötige als eine gesunde Frau. Schwerere Arbeiten müssten von ihrem Ehemann verrichtet werden, der auch einen Teil der Einkäufe besorge. Ihre Wohnung befinde sich 20 Minuten vom nächsten Geschäft und von der Busendstation entfernt. Die Ausgleichskasse verzichtet ausdrücklich auf eine Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung meint, Hildegard Maurer müsse als Hausfrau behandelt werden, da ihre Leistungsfähigkeit erst mit der Eheschliessung deutlich beeinträchtigt worden sei. Es sei aber nicht zum vornherein von der Hand zu weisen, dass sie ohne Invalidität noch einer bescheidenen Erwerbstätigkeit nachginge, die im Rahmen des Betätigungsvergleichs angemessen zu berücksichtigen wäre. Aber selbst dann würde kein Invaliditätsgrad von 50% erreicht, und ein möglicher Härtefall könne ausgeschlossen werden. Das Bundesamt beantragt deshalb die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) ... b) Eine Hausfrau ist als Erwerbstätige zu behandeln, wenn sie vor der Invalidierung neben der Besorgung ihres Haushaltes mindestens den überwiegenden Teil dessen erwarb, was sie bei ganztägiger Erwerbstätigkeit gleicher oder ähnlicher Art hätte verdienen können (EVGE 1964 S. 262 und ZAK 1969 S. 520). Nach der neuesten Rechtsprechung muss ferner die Erwerbstätigkeit, die eine hauptsächlich im eigenen Haushalt und mit der Kindererziehung beschäftigte Versicherte für Drittpersonen BGE 98 V 265 S. 268 ausübt, bei der Invaliditätsschätzung nach der spezifischen Methode des Art. 27 IVV angemessen berücksichtigt werden, sofern die erwerbliche Betätigung zum Aufgabenbereich der betreffenden Hausfrau gehört. Dies trifft dann zu, wenn das Erwerbseinkommen, welches die Versicherte ohne Invalidität wahrscheinlich erzielen würde, einen wesentlichen Teil des gesamten Familieneinkommens bildet ( BGE 98 V 259 ). c) Die soeben unter lit. b zitierte Praxis galt bisher indessen nicht für eine Versicherte, die als Ledige trotz ihres prekären Gesundheitszustandes in vollem Umfang erwerbsfähig war und daher keine Invalidenrente beanspruchen konnte, mit ihrer Verehelichung aber die Berufstätigkeit aufgeben muss, weil sie wegen ihrer (unveränderten) Gesundheitsschädigung ausserstande ist, neben der Besorgung des Haushalts auch noch einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es lässt sich jedoch nicht rechtfertigen, eine solche Versicherte im Hinblick auf die Schätzung ihrer Invalidität zum vornherein als Nichterwerbstätige zu behandeln mit der Begründung, sie habe sich mit ihrer Verehelichung aus eigenem Willensentschluss in die Kategorie der Nichterwerbstätigen eingeordnet. Das Eidg. Versicherungsgericht hat denn auch im Falle einer Versicherten, die vor ihrer Verehelichung eine ganze Invalidenrente bezog, erkannt, dass das vor der Heirat angewandte Kriterium für die Bestimmung der Bemessungsmethode nicht mehr unbedingt auch für die Invaliditätsschätzung nach der Heirat entscheidend sei. Massgebend sei vielmehr jene Tätigkeit, welche die Versicherte seit der Verehelichung ausüben würde, wenn sie nicht invalid wäre. Ebenso müsse bei einer invaliden Ehefrau, die - unter Umständen gestützt auf ihren freien Willensentschluss - von ihrem Mann getrennt lebt, untersucht werden, ob sie, wäre sie gesund, angesichts ihrer konkreten persönlichen Verhältnisse wahrscheinlich einer Erwerbstätigkeit nachginge oder sich auf die Führung ihres Haushaltes beschränken würde ( BGE 97 V 243 , BGE 98 V 262 ). In analoger Weise ist bei einer trotz Gesundheitsschädigung bisher erwerbstätig gewesenen Versicherten, die heiratet und nunmehr bloss noch den Haushalt zu bewältigen oder nur in geringem Umfang eine Erwerbstätigkeit auszuüben vermag, zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass sie angesichts ihrer persönlichen Verhältnisse einem Beruf nachginge, wenn sie gesund wäre. Vom Ergebnis dieser Prüfung hängt BGE 98 V 265 S. 269 die Wahl der Bemessungsmethode ( Art. 28 Abs. 2 IVG oder Art. 5 Abs. 1 IVG bzw. 27 IVV) ab. Wo die Methode des Betätigungsvergleichs zur Anwendung kommt, fragt sich - im Sinn des Urteils BGE 98 V 259 - weiter, ob die hauptsächlich im eigenen Haushalt beschäftigte Versicherte eine erwerbliche Nebenbeschäftigung ausüben würde, die bei der Invaliditätsschätzung angemessen berücksichtigt zu werden verdient. 2. Trotz ihrer Restlähmungen war die Beschwerdeführerin bis zum Sommer 1969 in vollem Umfang erwerbstätig. Nach ihren eigenen Angaben in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gab sie ihren Beruf auf, als sie im August 1969 heiratete und nun gesundheitlich ausserstande war, neben der Besorgung des Haushalts und der Pflege ihres im Februar 1970 geborenen Kindes weiterhin erwerbstätig zu sein; Versuche, Heimarbeit zu übernehmen, seien gescheitert. Anscheinend wollte die Beschwerdeführerin auch nach ihrer Heirat einem Erwerb nachgehen. Nach den Darlegungen in Erwägung 1 lit. c ist daher zu prüfen, ob und allenfalls in welchem Ausmass sie angesichts ihrer konkreten persönlichen Verhältnisse trotz Verehelichung weiterhin einer Erwerbstätigkeit nachginge, wenn die Gesundheit ihr dies erlauben würde. Das Resultat dieser Prüfung wird bestimmend sein für die Wahl der Invaliditätsbemessungsmethode. Gelangt man zur Anwendung des Betätigungsvergleichs, wird sich weiter fragen, ob die Beschwerdeführerin ohne ihre Invalidität neben der Betätigung im Haushalt wenigstens einen wesentlichen Teil des gesamten Familieneinkommens erwerben würde, der bei der Invaliditätsschätzung angemessen zu berücksichtigen wäre. Die Verwaltung wird die erforderlichen Abklärungen noch vornehmen und alsdann über den Rentenanspruch neu verfügen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 24. November 1971 sowie die Kassenverfügung vom 27. Juli 1971, diese soweit sie den Rentenanspruch zum Gegenstand hat, aufgehoben, und es wird die Sache an die Ausgleichskasse zurückgewiesen, damit diese nach Abklärung im Sinn der Erwägungen neu verfüge.
null
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
e119ee84-24c1-4db8-8fd0-0157866d1ce0
Urteilskopf 119 II 147 31. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. April 1993 i.S. Andrea G. gegen Rudolf K. (Berufung)
Regeste Art. 257d OR ; Zahlungsrückstand des Mieters; Fristansetzung und Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter. 1. Bestimmung des Beginns der dreissigtägigen Zahlungsfrist (E. 2). 2. Der Vermieter hat den Ablauf der Zahlungsfrist abzuwarten, bevor er die Kündigung aussprechen darf (E. 3). Eine während laufender Zahlungsfrist erfolgte Kündigung ist indessen nicht nichtig, sondern lediglich gemäss Art. 273 Abs. 1 OR anfechtbar (E. 4). 3. Verneinung eines stillschweigenden, neuen Vertragsschlusses nach erfolgter Kündigung (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 147 BGE 119 II 147 S. 147 A.- Andrea G. ist seit Juni 1990 Mieterin einer 3-Zimmer-Wohnung in Zürich. Nachdem sie den Mietzins für den Monat November 1991 nicht rechtzeitig bezahlt hatte, wurde sie vom Vermieter, Rudolf K., mit eingeschriebenem Brief vom 22. November 1991 aufgefordert, BGE 119 II 147 S. 148 den Mietzins innerhalb von dreissig Tagen zu bezahlen, ansonst das Mietverhältnis gekündigt werde. Dieser Brief wurde am 4. Dezember 1991 mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an den Absender zurückgesandt, worauf ihn der Vermieter am folgenden Tag als nicht eingeschriebene Sendung nochmals zustellen liess. Mit eingeschriebenem Brief vom 27. Dezember 1991 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis unter Verwendung des amtlichen Formulars auf den 31. Januar 1992. Zur Begründung der Kündigung wurde auf Art. 257d OR und auf "unbezahlte Mietzinse" hingewiesen. Nachdem der Brief am 9. Januar 1992 mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an den Absender zurückgesandt worden war, wurde er der Mieterin am folgenden Tag uneingeschrieben nochmals zugestellt. B.- Auf Gesuch des Vermieters wies der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich die Mieterin am 3. Februar 1992 an, die gemietete Wohnung unverzüglich zu räumen. Die Mieterin erhob Einsprache, worauf die Vizepräsidentin des Bezirksgerichts Zürich als Einzelrichterin das Ausweisungsbegehren mit Verfügung vom 22. April 1992 abwies. Die Verfügung wurde im wesentlichen damit begründet, die am 27. Dezember 1991 ausgesprochene Kündigung sei ungültig, weil sie vor Ablauf der dreissigtägigen Zahlungsfrist erfolgt sei. Auf Rekurs des Klägers hob das Obergericht des Kantons Zürich die Verfügung vom 22. April 1992 mit Beschluss vom 16. September 1992 auf und wies die Beklagte an, die gemietete Wohnung unverzüglich zu räumen. Das Obergericht ging im Gegensatz zur Vizepräsidentin des Bezirksgerichts davon aus, dass die Kündigung trotz damals noch laufender Zahlungsfrist wirksam erfolgt sei, das Mietverhältnis allerdings erst auf Ende Februar 1992 beendet habe. Eine von der Beklagten gegen den Beschluss des Obergerichts erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 9. Dezember 1992 abgewiesen, soweit es auf sie eintrat. C.- Die Beklagte hat den Beschluss des Obergerichts mit Berufung angefochten, die vom Bundesgericht abgewiesen wird, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Erwägungen: 1. Im angefochtenen Urteil wird festgehalten, der erforderliche Berufungsstreitwert von wenigstens achttausend Franken ( Art. 46 OG ) BGE 119 II 147 S. 149 sei erreicht, weil eine ordentliche Kündigung erst auf Ende März 1993 möglich gewesen wäre und der monatliche Brutto-Mietzins Fr. 1'821.-- betrage. Diese mit der Praxis des Bundesgerichts ( BGE 111 II 385 f. E. 1) übereinstimmende Streitwertberechnung wird zu Recht von keiner Partei in Frage gestellt. Zulässig ist die Berufung sodann auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 48 Abs. 1 OG (vgl. BGE 103 II 249 ff. E. 1). Unbeachtlich sind indessen die Ausführungen der Beklagten zum Sachverhalt, soweit sie den tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts widersprechen und keine gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. d und Art. 64 OG zulässigen Sachverhaltsrügen enthalten, sondern sich in blosser Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung erschöpfen. Insoweit ist auf die Berufung nicht einzutreten. 2. Ist der Mieter nach der Übernahme der Mietsache mit der Zahlung fälliger Mietzinse im Rückstand, so kann ihm der Vermieter schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde; diese Frist beträgt im Fall der Wohnraummiete mindestens dreissig Tage ( Art. 257d Abs. 1 OR ). Die dreissigtägige Zahlungsfrist beginnt nach einhelliger Lehrmeinung, die sich auf die Botschaft des Bundesrates zur Mietrechtsrevision stützen kann, mit dem Empfang der Zahlungsaufforderung durch den Mieter zu laufen (BBl 1985 I 1427; ZIHLMANN, Das neue Mietrecht, S. 53; LACHAT/MICHELI, Le nouveau droit du bail, 2. Aufl., S. 150 Ziff. 6.5; LACHAT/STOLL, Das neue Mietrecht für die Praxis, 2. Aufl., S. 135 Rz. 6.5; SVIT-Kommentar Mietrecht, N. 28 zu Art. 257d OR ). Einigkeit besteht sodann auch darüber, dass in Übereinstimmung mit einem Urteil des Bundesgerichts zum heute ausser Kraft gesetzten Art. 18 Abs. 1 BMM ( BGE 107 II 192 ff. E. 2) die sog. Empfangstheorie lediglich in eingeschränkter Form zur Anwendung kommt. Abzustellen ist nämlich nicht auf den Zeitpunkt, in dem die Mitteilung in die Machtsphäre des Empfängers gelangt ist. Massgebend ist vielmehr der Tag, an dem der Mieter die Zahlungsaufforderung tatsächlich in Empfang genommen hat. Kann ein eingeschriebener Brief dem Empfänger nicht sofort übergeben werden, so ist deshalb auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem er ihn auf dem Postbüro abholt. Wird die Mitteilung auch innerhalb der von der Post gesetzten, siebentägigen Frist (vgl. Art. 169 Abs. 1 lit. d und e Verordnung [1] zum Postverkehrsgesetz, SR 783.01) nicht abgeholt, so wird fingiert, sie sei am letzten Tag dieser Frist in Empfang genommen worden (ZIHLMANN, a.a.O., S. 53; LACHAT/STOLL, a.a.O., S. 135 BGE 119 II 147 S. 150 Fn. 45; SVIT-Kommentar, N. 28 zu Art. 257d OR : abweichend aber N. 5 Vorbemerkungen zu Art. 266-266o OR in bezug auf die Kündigung). Ob es sich anders verhält, wenn die Mitteilung nochmals uneingeschrieben versendet und dann vom Empfänger entgegengenommen wird (vgl. dazu BGE 118 V 190 mit Hinweisen), braucht im vorliegenden Fall nicht geprüft zu werden, da die Frage für den Ausgang des Verfahrens unerheblich ist. Im angefochtenen Urteil fehlt zwar eine Feststellung darüber, wann die von der Post angesetzte siebentägige Abholfrist abgelaufen ist. Aufgrund des Datums des Briefes mit der Zahlungsaufforderung (22. November 1991) und der Rücksendung des Briefes an den Absender (4. Dezember 1991) lässt sich jedoch schliessen, dass dies frühestens am 29. oder 30. November und spätestens am 3. Dezember 1991 der Fall gewesen sein muss. Die Kündigung vom 27. Dezember 1991 erfolgte jedenfalls noch während laufender dreissigtägiger Zahlungsfrist. Welche Rechtsfolgen eine solche Kündigung nach sich zieht, muss im folgenden durch Auslegung von Art. 257d OR geprüft werden. 3. Zu entscheiden ist somit über die Frage, ob der Vermieter die Kündigung erst dann aussprechen darf, wenn ihm bekannt ist, dass der Mieter den Mietzins innerhalb der ihm gemäss Art. 257d Abs. 1 OR gesetzten Nachfrist nicht bezahlt hat. a) Der Wortlaut von Art. 257d OR ist eindeutig. Aus der Formulierung, der Vermieter könne eine Zahlungsfrist setzen und dem Mieter androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde (Abs. 1), ergibt sich klar die Vorstellung des Gesetzgebers von einem zweistufigen Vorgehen des Vermieters. Nach dieser Vorstellung hat der Vermieter in einem ersten Schritt den Mieter zur fristgemässen Zahlung des Mietzinses aufzufordern, und zwar mit dem Hinweis darauf, dass er, falls die Zahlung ausbleibt, die Kündigung aussprechen werde. Nachdem der Vermieter den Ablauf der Frist abgewartet hat, steht ihm dann die Möglichkeit zu, in einem zweiten Schritt das Mietverhältnis durch ausserordentliche Kündigung zu beenden (Abs. 2: "Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter ... kündigen."). Im französischen Text kommt die Zweistufigkeit ebenfalls klar zum Ausdruck (Abs. 1: ... "le bailleur peut ... lui signifier qu'à défaut de paiement dans ce délai il résiliera le bail."). Eine entsprechende Formulierung findet sich auch in der italienischen Fassung von Art. 257d Abs. 1 OR (... "il locatore può ... avertirlo che, scaduto infruttuosamente questo termine, il rapporto di locazione sarà disdetto."). In BGE 119 II 147 S. 151 die gleiche Richtung deutet im übrigen der Wortlaut von Art. 266n OR , denn dort ist von der "Ansetzung einer Zahlungsfrist mit Kündigungsandrohung" die Rede (frz. Fassung: "fixation d'un délai de paiement assorti d'une menace de résiliation"; ital. Fassung: "l'imposizione di un termine di pagamento con comminatoria di disdetta"). b) Gemäss ständiger Rechtsprechung ist eine Gesetzesbestimmung in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. An einen klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut ist das Bundesgericht als rechtsanwendende Behörde grundsätzlich gebunden. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut kann sich zwar in Einzelfällen aufdrängen. Voraussetzung ist aber, dass die allgemeinen Auslegungsregeln zum Ergebnis führen, der Wortlaut der Norm gebe ihren wahren Sinn nicht richtig wieder ( BGE 116 II 578 , 662 E. 4, je mit Hinweisen). aa) Nach altem Mietrecht konnte der Vermieter bei Zahlungsverzug dem Mieter eine vom Gesetz festgelegte, je nach Dauer des Mietverhältnisses unterschiedlich lange Zahlungsfrist setzen mit der Androhung, dass nach unbenutztem Fristablauf der Mietvertrag aufgelöst sei (Art. 265 Abs. 1 aOR). Wie aus der Botschaft des Bundesrates zur Revision des Mietrechts hervorgeht (BBl 1985 I 1427 f.), sollte diese Regelung grundsätzlich den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts über den Schuldnerverzug ( Art. 107 ff. OR ) angepasst und inhaltlich in zweierlei Hinsicht geändert werden. Zum einen sollte sich die minimale Zahlungsfrist nicht mehr nach der Dauer des Mietverhältnisses, sondern nach der Art der Mietsache richten. Für Wohn- und Geschäftsräume sollte die Zahlungsfrist neu in jedem Fall dreissig Tage betragen (Art. 265 Abs. 1 aOR: sechs oder dreissig Tage). Zum andern sollte dem Vermieter die Möglichkeit eingeräumt werden, nach unbenutztem Ablauf der Zahlungsfrist zu wählen, ob er auf der Vertragserfüllung beharren oder den Vertrag kündigen wolle. In der Botschaft wurde aber auch auf die Unterschiede zur allgemeinen Verzugsregelung hingewiesen. So wurde hervorgehoben, dass der Vermieter keinesfalls auf die Ansetzung einer Zahlungsfrist verzichten könne (analog Art. 108 OR ); ausgeschlossen sei zudem die dritte in Art. 107 Abs. 2 OR vorgesehene Möglichkeit, auf die nachträgliche Leistung zu verzichten und den aus der Nichterfüllung entstandenen Schaden geltend zu machen. In der Botschaft findet sich demnach keine ausdrückliche Stellungnahme zur hier interessierenden Frage. Die zitierten Ausführungen lassen aber doch mit genügender Klarheit erkennen, dass der Bundesrat von einem zweistufigen Vorgehen des Vermieters ausgegangen BGE 119 II 147 S. 152 ist, wie es auch in Art. 107 OR vorgesehen ist. Das zeigt sich insbesondere am Hinweis darauf, dass der Vermieter gemäss neuem Mietrecht im Gegensatz zur früheren Regelung nach unbenutztem Ablauf der Zahlungsfrist immer noch die Möglichkeit habe, am Vertrag festzuhalten, anstatt ihn durch einseitige Willenserklärung zu beenden. Insoweit lässt sich eine wörtliche Auslegung von Art. 257d OR somit auch auf die Entstehungsgeschichte stützen. bb) Die Äusserungen anlässlich der parlamentarischen Beratungen sind sodann für die hier zu prüfende Frage wenig aussagekräftig. Von Interesse ist einzig, dass die heutige Fassung von Art. 257d Abs. 1 OR insofern auf einen erst im Nationalrat gestellten Antrag zurückgeht, als darin die Androhung der Kündigung erwähnt wird, die nach dem Gesetz mit der Ansetzung der Zahlungsfrist zu verbinden ist. Dieser Zusatz war im Entwurf des Bundesrates nicht vorgesehen (vgl. BBl 1985 I 1502: Art. 256c Abs. 1 E OR ). Inhaltlich sollte aber am Entwurf nichts geändert, sondern lediglich dessen Sinn präzisiert werden, wie in beiden Räten hervorgehoben worden ist (Amtl.Bull. 1989 NR 478/79: Voten Guinand und BR Koller; Amtl.Bull. 1989 SR 422: Jelmini). cc) In der Literatur finden sich, abgesehen von einem einzigen Fall, keine direkten Stellungnahmen zur hier zu entscheidenden Auslegungsfrage. Ausdrücklich äussern sich lediglich LACHAT/STOLL, die eine Kündigung, welche vor Ablauf der Zahlungsfrist erfolgt, für "ungültig und im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens aufhebbar" betrachten (a.a.O., S. 136 Rz. 6.5). Daraus lässt sich ableiten, dass diese Autoren davon ausgehen, dem Vermieter werde vom Gesetz zwingend vorgeschrieben, den Ablauf der Zahlungsfrist abzuwarten, bevor er die Kündigung aussprechen dürfe. Als absolut zwingend wird Art. 257d OR sodann im SVIT-Kommentar bezeichnet (N. 5 zu Art. 257d OR ), dem aber im übrigen nichts Eindeutiges zur hier interessierenden Frage entnommen werden kann. Bestimmte Äusserungen deuten allerdings darauf hin, dass der Kommentierung ebenfalls die Vorstellung eines zweistufigen Vorgehens des Vermieters zugrunde liegt (vgl. z.B. N. 26, 32 und 33 zu Art. 257d OR ). Den gleichen Schluss legen auch einzelne Ausführungen von ZIHLMANN nahe (a.a.O., S. 53 f.). dd) Im angefochtenen Urteil wird zwar anerkannt, dass Art. 257d OR ein zweistufiges Vorgehen des Vermieters vorsieht. Eine Kündigung vor Ablauf der Zahlungsfrist ist aber nach Auffassung des Obergerichts trotzdem wirksam, weil sie in Übereinstimmung mit der Praxis des Bundesgerichts zu Art. 107 OR ( BGE 103 II 106 mit BGE 119 II 147 S. 153 Hinweisen) und mit Art. 266a Abs. 2 OR auch für einen Zeitpunkt nach Ablauf der Zahlungsfrist gelte; der Schutzzweck von Art. 257d OR stehe einer solchen Umdeutung der verfrühten Kündigung in eine rechtzeitige nicht entgegen. Im Ergebnis gleich wurde Art. 257d OR in einem Urteil des Kantonsgerichts Waadt vom 25. November 1991 (veröffentlicht in Cahiers du bail, 4/1992, S. 107 ff.) und des Kantonsgerichts Wallis vom 15. Juli 1992 ausgelegt. Eine gefestigte und ständige Rechtsprechung scheint aber bei keinem der drei erwähnten kantonalen Gerichte zu bestehen. c) Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass es sich aufgrund der bisher erörterten Auslegungselemente nicht aufdrängt, Art. 257d OR entgegen seinem klaren Wortlaut auszulegen. Das gilt umso mehr, als auch diejenigen Argumente, die im angefochtenen Urteil zur Stützung der gegenteiligen Ansicht vorgebracht werden, bei näherer Prüfung nicht zu überzeugen vermögen. Wie aus der Entstehungsgeschichte hervorgeht und der Vergleich mit Art. 265 Abs. 1 aOR ohne weiteres zeigt, bezweckte der Gesetzgeber mit Art. 257d OR einen verbesserten Schutz des Mieters im Falle des Zahlungsverzuges. Von Bedeutung ist sodann, dass es ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers war, die alte Regelung, nach der die Rechtsfolge der Auflösung des Mietverhältnisses von selbst, d.h. ohne weitere Willenserklärung des Vermieters, eintrat, in Anlehnung an Art. 107 OR differenzierter zu gestalten. Der Vermieter sollte nach revidiertem Gesetz auch dann, wenn der Mieter nicht fristgemäss bezahlt hatte, immer noch die Wahl haben, entweder den Vertrag trotzdem aufrechtzuerhalten oder ihn zu kündigen. Nach altem Mietrecht stand ihm dieses - dem Mieter tendenziell günstige - Wahlrecht nicht zu, denn er musste bereits bei der Fristansetzung mitteilen, dass der Vertrag bei Nichtbezahlung innert der Frist aufgelöst werde, wie in der Botschaft des Bundesrates besonders hervorgehoben wird (BBl 1985 I 1427). Das Wahlrecht kann der Vermieter aber erst dann bewusst und sinnvoll ausüben, wenn er sicher weiss, dass der Mieter den ausstehenden Mietzins nicht bezahlt hat. Von diesem Gesichtspunkt aus, dem die klar erkennbare Gewichtung der sich gegenüberstehenden Interessen durch den Gesetzgeber zugrunde liegt, verbietet sich somit eine analoge Anwendung der erwähnten Praxis zu Art. 107 OR . Gegen die Auslegung des Obergerichts spricht darüber hinaus der Umstand, dass die Kündigungserklärung klare Verhältnisse schaffen soll. Das stimmt mit einem in der Lehre anerkannten Grundsatz überein (vgl. VON TUHR/ESCHER, Allg. Teil OR, Bd. II, S. 262), auf BGE 119 II 147 S. 154 den auch anlässlich der parlamentarischen Beratungen hingewiesen worden ist (Amtl.Bull. 1989 NR 480, BR Koller: "Kündigungen verlangen klare Rechtsverhältnisse. Sie sind deshalb bekanntlich auch 'bedingungsfeindlich'."). Dieser Anforderung wird eine Kündigung, die vor Ablauf der Zahlungsfrist erfolgt, indessen nicht gerecht, denn sie kann zu Missverständnissen zwischen Vermieter und Mieter führen. So ist es nicht auszuschliessen, dass ein Mieter eine solche Kündigung unter den gegebenen Umständen als bedingungslos ausgesprochen betrachtet, obschon sie nach der Meinung des Vermieters unter der stillschweigenden Bedingung fristgemässer Bezahlung des ausstehenden Mietzinses erfolgt ist. Da eine Kündigung sodann von Gesetzes wegen erst auf Verlangen der Gegenpartei, d.h. nicht von Anfang an begründet werden muss ( Art. 271 Abs. 2 OR ; vgl. dazu ZIHLMANN, a.a.O., S. 190 f.), sind auch insoweit Missverständnisse denkbar. So kann ein Mieter, der noch innerhalb der Zahlungsfrist eine nicht begründete Kündigung zugestellt erhält, unter Umständen irrtümlich annehmen, diese sei nicht wegen des Zahlungsverzugs, sondern aus anderen Gründen ausgesprochen worden. 4. a) Im neuen Mietrecht wird klar unterschieden zwischen nichtigen und lediglich gemäss Art. 273 Abs. 1 OR anfechtbaren Kündigungen. die Gründe, welche eine Kündigung nichtig machen, sind in den Art. 266l, Art. 266m und Art. 266n OR genau umschrieben. Sie betreffen die Form und den Inhalt der Kündigungserklärung sowie deren Zustellungsart. Eine Kündigung, die während einer Sperrfrist ausgesprochen wird, ist dagegen im Gegensatz zur früheren Regelung nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar. Das gilt sowohl für die Kündigungen, die während eines mit dem Mietverhältnis zusammenhängenden Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens erfolgen ( Art. 271a Abs. 1 lit. d OR gegenüber Art. 24 BMM ), wie auch für jene, die in die Sperrfrist nach Abschluss eines solchen Verfahrens fallen ( Art. 271a Abs. 1 lit. e OR gegenüber Art. 28 Abs. 3 BMM ). Diese Milderung der Rechtsfolge gegenüber dem alten Mietrecht wird denn auch in der Botschaft des Bundesrates ausdrücklich hervorgehoben (BBl 1985 I 1460). Die Gesetzessystematik spricht somit dafür, eine vor Ablauf der Zahlungsfrist im Sinne von Art. 257d Abs. 1 OR erfolgte Kündigung lediglich als anfechtbar und nicht als nichtig zu betrachten. Dass die Nichtigkeitsgründe im Gegensatz zum alten Mietrecht auf die in den Art. 266l-266n OR aufgezählten Sachverhalte beschränkt sind, ergibt sich im übrigen nicht nur aus der Gesetzessystematik, sondern BGE 119 II 147 S. 155 auch aus der Entstehungsgeschichte des neuen Mietrechts, wie eindeutige Äusserungen in der Botschaft des Bundesrates zeigen (vgl. BBl 1985 I 1416f. und 1459). Gestützt wird diese Auffassung schliesslich durch den allgemeinen Grundsatz, dass eine Gesetzesverletzung nur dann zur Nichtigkeit der betreffenden Handlung führt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder sich aus Sinn und Zweck der verletzten Norm ergibt ( BGE 117 II 48 , 287, je mit Hinweisen). Letzteres ist für Art. 257d OR aber zu verneinen, da die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit durchaus geeignet ist, den Vermieter dazu zu veranlassen, den Ablauf der Zahlungsfrist abzuwarten. Die Rechtsfolge der Nichtigkeit erscheint dagegen als unangemessen, denn es sind Sachverhalte denkbar, wo der Vermieter die Kündigung nicht in bewusster Missachtung des Gesetzes, sondern irrtümlich bereits vor Ablauf der Zahlungsfrist ausspricht. b) Eine im erwähnten Sinne verfrühte Kündigung muss somit gemäss Art. 273 Abs. 1 OR innerhalb von dreissig Tagen angefochten werden, sonst ist sie als wirksam zu betrachten. Daraus ergibt sich zum einen, dass in bezug auf die Festlegung des Beginns der Kündigungsfrist für eine analoge Anwendung von Art. 266a Abs. 2 OR kein Raum bleibt. Zum andern kann sich der Mieter, falls er die Kündigung nicht fristgemäss angefochten hat, im Rahmen des Ausweisungsverfahrens nicht mehr darauf berufen, die Kündigung sei gesetzeswidrig erfolgt, weil sie vor Ablauf der Zahlungsfrist ausgesprochen worden sei. Dagegen drängt es sich wohl auf, andere gegen die Kündigung gerichtete Einwände oder Einreden noch im Ausweisungsverfahren zuzulassen, wenn sie wegen der verfrüht abgegebenen Kündigungserklärung vom Mieter nicht vorher geltend gemacht werden konnten. Diese Frage braucht indessen im vorliegenden Fall nicht näher geprüft zu werden, da die Beklagte keine solchen Einwendungen erhebt. Festzuhalten ist schliesslich, dass es dem Vermieter unbenommen bleibt, nach erfolgter Anfechtung der verfrüht ausgesprochenen Kündigung durch den Mieter ein zweites Mal gestützt auf Art. 257d OR zu kündigen, sofern die nach dieser Bestimmung erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind. Eine solche Kündigung kann gemäss Art. 271a Abs. 3 lit. b OR nicht ihrerseits wegen Verletzung von Art. 271a Abs. 1 lit. d OR angefochten werden. Nicht zu prüfen ist im übrigen, welche Abwehrmöglichkeiten dem Mieter im Anfechtungsverfahren allgemein zur Verfügung stehen, da diese Frage (vgl. dazu LACHAT/STOLL, a.a.O., S. 137, Rz. 6.7) für den Ausgang des Verfahrens unerheblich ist. BGE 119 II 147 S. 156 c) Nach dem Urteil des Obergerichts hat die Beklagte die Kündigung vom 27. Dezember 1991 nicht innerhalb der von Art. 273 Abs. 1 OR vorgeschriebenen Frist angefochten. Die Kündigung ist deshalb wirksam geworden, und zwar unabhängig davon, ob sie der Beklagten damals schon zur Kenntnis gelangt ist. Ihre bereits im kantonalen Verfahren erhobene und vor Bundesgericht erneuerte Behauptung, sie habe von der Kündigung erst später erfahren, hilft ihr nicht, da der Empfang der Kündigung gemäss vorangehender Erwägung 2 fingiert wird. Der genaue Zeitpunkt, dessen Bestimmungsweise in der Lehre kontrovers ist (vgl. dazu LACHAT/STOLL, a.a.O., S. 300, Rz. 6.1 im Gegensatz zu SVIT-Kommentar, N. 5 Vorbemerkungen zu Art. 266-266o OR ), spielt im vorliegenden Fall keine Rolle. Aus prozessrechtlichen Gründen ist es zudem unerheblich, ob die Kündigung tatsächlich erst auf Ende Februar 1992 erfolgen konnte, wie das Obergericht angenommen hat. Eine Schlechterstellung der Beklagten (reformatio in peius) durch das Bundesgericht ist nämlich ausgeschlossen, da der Kläger nicht seinerseits ein Rechtsmittel eingelegt hat mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts zu Lasten der Beklagten abzuändern ( Art. 63 Abs. 1 OG ; MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, S. 160 f., Rz. 119). 5. Haltlos ist schliesslich der Einwand der Beklagten, das Ausweisungsbegehren sei missbräuchlich, weil der Kläger durch sein Verhalten - vorbehaltlose Entgegennahme von Mietzinszahlungen seit anfangs Januar 1992, Ankündigung einer Mietzinserhöhung - zu erkennen gegeben habe, dass er das Mietverhältnis auch nach der Kündigung vom 27. Dezember 1991 habe weiterführen bzw. ein neues Mietverhältnis habe eingehen wollen. In der Lehre wird zwar auf die Möglichkeit eines stillschweigenden Vertragsabschlusses nach erfolgter Kündigung hingewiesen. Als unerlässliche Voraussetzung gilt indessen zu Recht, dass der Vermieter die Kündigung und den sich daraus ergebenden Rückgabeanspruch während längerer Zeit nicht durchsetzt (SVIT-Kommentar, N. 46 zu Art. 257d OR , LACHAT/STOLL, a.a.O., S. 391 Rz. 8.1; SCHMID, N. 35 f. zu Art. 265 aOR). Diese Voraussetzung fehlt aber im vorliegenden Fall, denn der Vermieter hat nach dem Zeitpunkt, auf den die Kündigung nach seiner Ansicht wirksam wurde, unverzüglich das Ausweisungsverfahren eingeleitet und dadurch der Mieterin in unmissverständlicher Weise zu erkennen gegeben, dass er am Abschluss eines neuen Mietvertrages nicht interessiert sei. Unter diesem Gesichtspunkt muss auch das spätere Verhalten des Vermieters beurteilt werden. Die Beklagte scheint nicht wahrhaben zu wollen, dass in der Zeit nach der BGE 119 II 147 S. 157 Kündigung ein Ausweisungsverfahren gerichtlich hängig war, in dem in Übereinstimmung mit Art. 274g Abs. 1 OR auch über die unter den Parteien streitige Gültigkeit der ausserordentlichen Kündigung entschieden wurde (vgl. dazu BGE 118 II 302 ff. insbes. E. 4). Wenn der Vermieter aber während der Hängigkeit eines solchen Prozesses Mietzinszahlungen ohne ausdrücklichen Vorbehalt entgegennimmt und vorsorglich, d.h. im Hinblick auf eine allfällige Unwirksamkeit der Kündigung, eine Mietzinserhöhung ankündigt, kann sein Verhalten nicht als stillschweigende Zustimmung zum Abschluss eines neuen Mietvertrages gedeutet werden.
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de
1,993
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Urteilskopf 88 I 107 17. Auszug aus dem Urteil vom 20. Juni 1962 i.S. AHV-Ausgleichskasse "Musik und Radio" gegen H. A. G. und Rekursrichter für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantonsgerichts St. Gallen.
Regeste Art. 88 OG . Legitimation öffentlichrechtlicher Körperschaften zur staatsrechtlichen Beschwerde. Eine AHV-Ausgleichskasse kann gegen die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung für von ihr in Betreibung gesetzte Beiträge staatsrechtliche Beschwerde erheben.
Erwägungen ab Seite 108 BGE 88 I 107 S. 108 Aus den Erwägungen: Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach der Umschreibung ihrer Voraussetzungen in Verfassung ( Art. 113 Ziff. 3 BV ) und Gesetz ( Art. 88 OG ) ein Rechtsbehelf zum Schutze der natürlichen und juristischen Personen gegen Übergriffe der öffentlichen Gewalt und kann daher nicht dazu benutzt werden, um umgekehrt Entscheidungen anzufechten, die gegen den Inhaber dieser Gewalt ergangen sind. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch für Gemeinden und staatliche oder kommunale Behörden, wenn sie als Inhaber staatlicher Gewalt handeln. Sie sind zur staatsrechtlichen Beschwerde zwar legitimiert, wenn ein Erlass oder ein Entscheid sie in gleicher Weise trifft wie eine Privatperson. Als Trägerin öffentlicher Gewalt dagegen steht der Gemeinde das Beschwerderecht nur zu, wenn sie ihre Autonomie, ihren eigenen selbständigen Wirkungskreis gegenüber dem Staat als dem übergeordneten Träger öffentlicher Gewalt verteidigen will ( BGE 87 I 214 Erw. 2 mit Verweisungen). Diese Grundsätze gelten auch für öffentlichrechtliche Körperschaften, die einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck verfolgen und eine Aufgabe erfüllen, die eigentlich dem Staat obliegen würde, deren Verfolgung er aber ganz oder zum Teil den betreffenden Körperschaften übertragen hat; denn sie sind wie ein Staatsorgan mit staatlicher Gewalt ausgestattet und üben öffentliche Befugnisse aus ( BGE 83 I 269 E. 2). Die Beschwerdeführerin ist eine Verbandsausgleichskasse BGE 88 I 107 S. 109 im Sinne von Art. 53 ff. AHVG . Ihr Kassenreglement ist gemäss Art. 56 Abs. 3 AHVG und Art. 100 AHVV vom Eidg. Volkswirtschaftsdepartement genehmigt worden,womit sie das Recht der Persönlichkeit erlangt hat. Sie hat die in Art. 63 AHVG genannten öffentlichen Aufgaben zu erfüllen. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts steht ihr die staatsrechtliche Beschwerde nach dem Gesagten unter den gegebenen Umständen nur dann zu, wenn sie durch den angefochtenen Entscheid in gleicher Weise betroffen wird wie eine Privatperson. Diese Voraussetzung erachtet die Rechtsprechung unter anderem als erfüllt, wenn die Befugnisse und Pflichten des Gemeinwesens als Eigentümer seines Finanz- oder Verwaltungsvermögens oder sein Eigentumsrecht daran in Frage gestellt sind (vgl. nicht veröffentlichte Urteile vom 3. Juli 1947 i.S. Einwohnergemeinde Luzern, Erw. 1, vom 13. November 1947 i.S. Einwohnergemeinde Liestal, Erw. 2, und vom 29. Juni 1960 i.S. Gemeinde Küblis, Erw. 1). Zu den Aufgaben der Verbandsausgleichskassen wie der Ausgleichskassen überhaupt gehört der Bezug der Beiträge und damit auch die Durchführung des Betreibungsverfahrens gegen säumige Beitragspflichtige ( Art. 63 lit. e AHVG ). In diesem Vollstreckungsverfahren tritt die Kasse dem Schuldner in gleicher Weise gegenüber wie ein privater Betreibungsgläubiger; sie hat die nämlichen Rechte und Pflichten wie er und wird demgemäss durch die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung nicht anders betroffen als ein Privater. Sie kann demzufolge wie ein solcher gegen einen derartigen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde erheben. (Aus den selben Gründen hat das Bundesgericht in BGE 79 I 329 Erw. 1 die Schweiz. Verrechnungsstelle zur staatsrechtlichen Beschwerde zugelassen gegen die Verweigerung der definitiven Rechtsöffnung in einer Betreibung wegen Beiträgen, die auf Grund von Clearing- und Verrechnungsabkommen an die Schweiz. Nationalbank einzuzahlen waren.) Auf die Beschwerde ist mithin einzutreten.
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Urteilskopf 117 Ib 481 57. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. Oktober 1991 i.S. Schweiz. Bankiervereinigung gegen EVD (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 29, 31 und 37 Abs. 1 des BG vom 20. Dezember 1985 über Kartelle und ähnliche Organisationen (KG); Untersuchung über die gesamtschweizerisch wirkenden Vereinbarungen im Bankgewerbe; Aufhebung der Konvention IV betreffend einheitliche Gebührenrechnung für offene Depots. Verfahrensrechtliche Probleme. 1. Auf das Verfahren vor der Kartellkommission findet das Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG) nur insoweit sinngemäss Anwendung, als dies in Art. 31 KG vorgesehen ist (E. 4). Weil die Untersuchung der Kartellkommission nach Art. 32 Abs. 1 KG zu von den Betroffenen frei annehmbaren Empfehlungen und keinen eigentlichen Verfügungen führt (vgl. Art. 37 KG ), können die Verfahrensbeteiligten keine weitergehenden Parteirechte geltend machen (Bestätigung der Rechtsprechung in BGE 113 Ib 90 ff.) (E. 4). 2. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat im Verfahren nach Art. 37 Abs. 1 KG die aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz fliessenden Parteirechte zu gewähren, doch kann es im Rahmen dieses Gesetzes den Besonderheiten des Kartellverfahrens Rechnung tragen (E. 5): Prüfungs- und Begründungspflicht (E. 6). Recht auf Akteneinsicht (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 482 BGE 117 Ib 481 S. 482 Im Juni 1985 beschloss die Kartellkommission, die wettbewerbsrelevanten Auswirkungen der gesamtschweizerischen Vereinbarungen im Bankgewerbe zu prüfen. Aufgrund der Resultate dieser Untersuchung empfahl sie unter anderem, die Konvention IV betreffend einheitliche Gebührenrechnung für offene Depots aufzuheben, weil sich die Ausschaltung des Preiswettbewerbes im Depotgeschäft als volkswirtschaftlich schädlich erweise (vgl. Untersuchung der Kartellkommission, "Die gesamtschweizerisch wirkenden Vereinbarungen im Bankgewerbe", publiziert in: Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission und des Preisüberwachers (VKKP) 1989/3 S. 7 ff.). Die Schweizerische Bankiervereinigung, in deren Rahmen das Übereinkommen ausgearbeitet worden war, lehnte am 6. Juli 1989 diese Empfehlung grundsätzlich ab, kündigte aber gewisse Anpassungen der Konvention IV an. Auf den 1. Januar 1990 hob sie die unterschiedliche Tarifierung für In- und Ausländer auf, indem sie den Satz für Inland- auf jenen für Auslanddepots erhöhte. Die Berechnung einer Minimalgebühr pro Posten und Depot wurde in BGE 117 Ib 481 S. 483 Art. 2 den unterzeichnenden Banken neu freigestellt und die Rabattstruktur in Art. 7 erweitert und verfeinert. Am 31. August 1989 stellte die Kartellkommission dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement den Antrag, die Konvention IV aufzulösen. Trotz der (damals erst angekündigten) Änderungen hielt die Kommission an ihrer Ansicht fest, dass die Ausschaltung des Preiswettbewerbes im Depotgeschäft volkswirtschaftlich schädlich und daher aufzuheben sei. Das Departement schloss sich dieser Beurteilung an und verfügte am 10. September 1990 die Auflösung der Konvention bis spätestens 31. Dezember 1992. Hiergegen reichte die Schweizerische Bankiervereinigung am 11. Oktober 1990 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Sie beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, soweit sie die Konvention IV und den Kostenpunkt betreffe; eventuell sei die Sache zur Durchführung eines dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021) konformen Vorgehens an das Departement zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 3. Nach Art. 29 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1985 über Kartelle und ähnliche Organisationen (KG, Kartellgesetz; SR 251) untersucht die Kartellkommission im Auftrag des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes oder von sich aus, ob ein Kartell oder eine ähnliche Organisation volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen zeitigt. Art. 31 KG regelt das Verfahren wie folgt: "1 Die Kommission ersucht die Personen, die zur Feststellung des Sachverhalts beitragen können, um die erforderlichen Auskünfte und Urkunden. Sie kann Sachverständige beiziehen. 2 Kann der Sachverhalt auf diesem Weg nicht abgeklärt werden, vernimmt die Kommission die Beteiligten und Dritte als Zeugen und verlangt von ihnen die notwendigen Urkunden. Die Artikel 15-19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten sinngemäss. 3 Die Kommission erlässt die Beweisanordnung in Form einer Verfügung. 4 Die Kommission gibt vor Abschluss des Verfahrens den Beteiligten Gelegenheit, zu den tatsächlichen Feststellungen ihres Berichtes Stellung zu nehmen. Die Beteiligten haben den Bericht geheimzuhalten, solange das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement nicht dessen Veröffentlichung BGE 117 Ib 481 S. 484 bewilligt hat." Stellt die Kommission volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen fest, empfiehlt sie den Beteiligten, Kartellbestimmungen oder unter das Gesetz fallende Abreden abzuändern oder aufzuheben, oder bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen ( Art. 32 Abs. 1 KG ). Die Betroffenen haben binnen der ihnen gesetzten Frist schriftlich zu erklären, ob sie die Empfehlung annehmen ( Art. 32 Abs. 2 KG ). Ändern sich die tatsächlichen Verhältnisse wesentlich, so kann die Kartellkommission von sich aus oder auf Antrag von Beteiligten die Empfehlung widerrufen oder ändern ( Art. 32 Abs. 3 KG ). Art. 33 und 37 KG regeln das Verfahren vor dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement bei Ablehnung der Empfehlung: "Art. 33 Bericht an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement 1 Nach Abschluss des Verfahrens erstattet die Kommission Bericht und Antrag an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement. 2 Erachtet dieses eine ergänzende Untersuchung als notwendig, beauftragt es die Kommission damit. 3 Die Berichte der Kommission werden veröffentlicht, sofern das Departement nicht anders entscheidet. Art. 37 1 Nehmen die Beteiligten Empfehlungen nach den Artikeln 32 Absatz 1 und 43 Absatz 1 nicht an, kann das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Antrag der Kommission binnen dreier Monate seit Eingang der Ablehnung durch Verfügung die erforderlichen Massnahmen anordnen. Es hört die Beteiligten zuvor an. 2 Bei Nichtbefolgung angenommener Empfehlungen ordnet das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Antrag der Kommission durch Verfügung die erforderlichen Massnahmen an." Über die allgemeine Anwendbarkeit der Regeln des Verwaltungsverfahrensgesetzes spricht sich das Kartellgesetz nicht aus. Das Verhältnis zwischen den beiden Gesetzen ist deshalb durch Auslegung zu ermitteln. 4. a) aa) Im Entscheid vom 10. April 1987 in Sachen E.G. Portland gegen die Kartellkommission befand das Bundesgericht, dass im Rahmen des Untersuchungsverfahrens der Kartellkommission eine Berufung auf die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes ausgeschlossen erscheine ( BGE 113 Ib 95 f. E. d/aa und bb). Zum Verfügungsbegriff nach Art. 5 VwVG gehöre, dass Rechte und Pflichten der Adressaten gestaltet bzw. festgestellt würden. Den Untersuchungen der Kartellkommission komme keine solche Wirkung zu. Erst wenn die Empfehlungen abgelehnt BGE 117 Ib 481 S. 485 oder nicht befolgt würden, könne das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement zu Massnahmen greifen, die in Form von Verfügungen zu ergehen hätten. Da die Beteiligten erst in diesem Stadium zu einem bestimmten Vorgehen verpflichtet würden, sei es sachgerecht, ihnen die Garantien des Verwaltungsverfahrensgesetzes von hier weg zuteil werden zu lassen. Das Kartellgesetz selber stecke den Rahmen des rechtlichen Gehörs ab, weshalb das Bundesgericht aufgrund von Art. 114bis Abs. 3 BV nicht befugt sei, den Beteiligten im Untersuchungsverfahren weitere als die im Kartellgesetz vorgesehenen Mitwirkungsrechte einzuräumen. bb) Dieses Urteil des Bundesgerichtes stiess in der Doktrin zum Teil auf Kritik. Das Untersuchungsverfahren gemäss Art. 31 ff. des Kartellgesetzes führe - sofern es nicht eingestellt oder ohne Empfehlungen abgeschlossen werde - in jedem Fall zu Ergebnissen, welche die rechtliche Stellung der Beteiligten berührten, weil die Kartellkommission anregen könne, Kartellbestimmungen oder unter das Gesetz fallende Abreden abzuändern oder aufzuheben, oder bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen. Nähmen die Beteiligten die Empfehlungen an, so würden diese verbindlich und zöge ihre Nichtbefolgung nach Art. 39 lit. a KG strafrechtliche Sanktionen nach sich. Trotz Zustimmungserfordernis liege in den Empfehlungen eine einseitige hoheitliche Anordnung (Verfügung), die zur Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes bereits im Untersuchungsverfahren führen müsse (ERIC HOMBURGER, in: Schweizerische Aktiengesellschaft (SAG) 60/1988 S. 31 ff.; ERIC HOMBURGER, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Zürich 1990, S. 367, Rz. 5 ff. zu Art. 31 KG ; KLAUS A. VALLENDER, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung, Bern 1991, S. 294, N 23; MARKUS GEMPERLE, Das Zusammenspiel zwischen Versicherungsaufsicht und Kartellaufsicht im schweizerischen Recht, Diss. St. Gallen 1990, S. 133, FN 473 und S. 168 f.). b) Trotz dieser Kritik ist an der Rechtsprechung in BGE 113 Ib 90 ff. festzuhalten. aa) Die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes finden nach Art. 1 Abs. 1 dieses Erlasses nur Anwendung auf Verwaltungssachen, die durch Verfügung von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde hin zu erledigen sind. Als Verfügungen gelten behördliche Anordnungen im Einzelfall, durch welche eine konkrete verwaltungsrechtliche Rechtsbeziehung rechtsgestaltend oder feststellend in verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt wird ( BGE 104 Ia 29 E. d). Dies ist BGE 117 Ib 481 S. 486 im verwaltungsrechtlichen Kartellverfahren erst bei der Anordnung der erforderlichen Massnahmen durch das Departement nach Art. 37 KG der Fall. Daran vermag auch die Strafandrohung bei Missachtung von angenommenen Empfehlungen in Art. 39 lit. a KG nichts zu ändern, womit der Rechtsmissbrauch geahndet werden soll, der darin liegt, dass Beteiligte freiwillig einer Empfehlung zustimmen, dieser dann aber keine Folge leisten (vgl. Amtl.Bull. 1985 N 56, Votum von Kommissionssprecher Auer). Art. 37 Abs. 2 KG sieht auch für diesen Fall vor, dass das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Antrag der Kommission durch Verfügung die erforderlichen Massnahmen anordnet. Dass den Empfehlungen der Kartellkommission nach der Ansicht des Gesetzgebers kein Verfügungscharakter zukommt, macht gerade die Einführung von Art. 39 lit. a KG deutlich, erwies sich doch die Tatsache, dass Art. 292 StGB notwendigerweise an eine Verfügung zu knüpfen ist und eine solche bei angenommenen Empfehlungen der Kartellkommission gerade fehlt, als wichtiges Argument für die Schaffung eigener Straftatbestände im Kartellgesetz (vgl. Sitzungsprotokoll der ständerätlichen Kommission vom 4. Mai 1982, S. 45 ff., und vom 2. September 1982, S. 3 ff., insbesondere S. 5; Sitzungsprotokoll der nationalrätlichen Kommission vom 20. Februar 1984, S. 16 ff.). Der Gedanke, im Gesetz ausdrücklich festzuhalten, dass die schriftliche Annahme von Empfehlungen einer Verfügung des Departementes gleichkomme, wurde bereits in der ständerätlichen Kommission verworfen (Protokoll der Sitzung der Kommission des Ständerates vom 2. September 1982, S. 4 ff.). bb) Neben diesen mehr formellen sprechen auch materielle Gründe dafür, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz auf das Untersuchungsverfahren der Kartellkommission keine allgemeine Anwendung findet. Das Kartellgesetz sieht für das verwaltungsrechtliche Verfahren einen zweistufigen Ablauf vor, dessen erste Etappe auf dem Prinzip einer konsensorientierten Zusammenarbeit zwischen Kartellkommission und privater Wirtschaft beruht (vgl. CARL BAUDENBACHER, Funktionszuwachs des Staates als wirtschaftsrechtliches Problem, in: SAG 57/1985 S. 57 ff.; insbesondere S. 66 ff.; PAUL RICHLI, Zu den Gründen, Möglichkeiten und Grenzen für Verhandlungselemente im öffentlichen Recht, in: ZBl 92/1991 S. 381 ff.). Es ist Ausdruck dieses partnerschaftlichen Modelles, dass die Kommission nach Art. 31 Abs. 1 KG die Personen, die BGE 117 Ib 481 S. 487 zur Feststellung des Sachverhaltes beitragen können, um die erforderlichen Auskünfte und Urkunden "ersucht" und nur falls der Sachverhalt auf diesem Weg nicht abgeklärt werden kann, die Beteiligten und Dritte als Zeugen vernimmt und von ihnen die notwendigen Urkunden verlangt, wobei die Art. 15-19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sinngemäss gelten ( Art. 31 Abs. 2 KG ). Eine umfassende Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist mit einem solchen, einem partnerschaftlichen, nicht hoheitlichen Grundgedanken verpflichteten System staatlichen Verwaltungshandelns, bei dem es nach Vorliegen des Berichtes der Kartellkommission auch noch zu Gesprächen mit den Betroffenen über die Art und Weise der Verwirklichung allfälliger Empfehlungen und (zum Teil auch) noch über deren Inhalt kommt (vgl. BBl 1981 II 1359 und 1364; PAUL RICHLI, Begutachtung von Rechtsfragen, in: VKKP 1987/1 S. 74; LEO SCHÜRMANN/WALTER R. SCHLUEP, Kommentar zum Kartell- und Preisüberwachungsgesetz, Zürich 1988, S. 731 I. Abs. 1), kaum vereinbar und würde die entsprechenden Bemühungen der Kartellkommission übermässig erschweren. Hätte der Gesetzgeber im Untersuchungsverfahren vor der Kartellkommission generell das Verwaltungsverfahrensgesetz als anwendbar erklären wollen, so hätte er dies zum Ausdruck gebracht. Damit regelt das Kartellgesetz aber die im Untersuchungsverfahren einzuräumenden Rechte abschliessend dahin gehend, dass die Kommission vor Beendigung des Verfahrens den Beteiligten nur Gelegenheit zu bieten hat, zu den tatsächlichen Feststellungen ihres Berichtes Stellung zu nehmen. Falls die Abklärung des Sachverhaltes nicht einverständlich erfolgen kann und damit ein hoheitliches Auftreten des Staates erforderlich wird, hat die Kommission sinngemäss die Art. 15-19 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zur Anwendung zu bringen (vgl. ANDRÉ GRISEL, Avis de droit pour la Commission des cartels, in: VKKP 1987/1 S. 107 ff., insbesondere S. 109; LEO SCHÜRMANN/WALTER R. SCHLUEP, a.a.O., S. 701, FN 3). 5. Wenn die Kartellkommission in ihren Bemühungen scheitert, durch Empfehlungen an die Beteiligten zu einer Lösung zu finden, sieht das Gesetz vor, dass das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Antrag binnen dreier Monate seit Eingang der Ablehnung die erforderlichen Massnahmen durch Verfügung anordnen kann ( Art. 37 Abs. 1 KG ). Es stellt sich die Frage, ob das Verwaltungsverfahrensgesetz in diesem Verfahrensabschnitt BGE 117 Ib 481 S. 488 Anwendung findet, wie dies BGE 113 Ib 95 E. d/aa andeutet, oder ob der Gesetzgeber damit, dass er in Art. 37 Abs. 1 KG die Pflicht aufgenommen hat, die Beteiligten vor Erlass der Verfügung anzuhören, weitergehende Verfahrensrechte ausdrücklich ausschliessen wollte. a) aa) Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist im Rechtsstaat von grundsätzlicher Bedeutung. Er dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt er ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift ( BGE 116 Ia 99 E. b; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 128 ff.). Sein Umfang bestimmt sich bei Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügung von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde hin zu erledigen sind, grundsätzlich nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes ( Art. 1 Abs. 1 VwVG ; GEORG MÜLLER, in: Kommentar BV, Art. 4, Rz. 99; vgl. auch PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, Basel 1979, S. 139, 16.23). Mit dessen Inkrafttreten sind vorbehältlich ergänzender Erlasse im Sinne von Art. 4 VwVG mit der neuen Regelung im Widerspruch stehende Bestimmungen des Bundesrechtes aufgehoben worden. Abweichende Verfahrensbestimmungen in Spezialgesetzen schliesst Art. 4 VwVG dagegen nicht aus, doch sind sie "VwVG-konform" zu interpretieren (PETER SALADIN, a.a.O., S. 41, 8.2). bb) Aus den Materialien zum Kartellgesetz ergeben sich keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber für das ganze verwaltungsrechtliche Verfahren eine eigenständige Regelung treffen und auf die im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgesehenen Parteirechte verzichten wollte (vgl. PAUL RICHLI, Begutachtung, a.a.O., S. 91 ff.). Der Expertenentwurf vom 25. September 1978 sah in Art. 42 vor, dass die Kartellkommission, wenn die Beteiligten die Empfehlungen im Sinne von Art. 32 Abs. 1 ablehnen sollten, die erforderlichen Massnahmen binnen drei Monaten seit Eingang der Ablehnung verfügen könne (vgl. Materialien 1978 zur Revision des Schweizerischen Kartellgesetzes, veröffentlicht in: Wirtschaft und Recht (WuR) 31/1979 S. 77 ff.; S. 97). Der Bundesrat räumte die Verfügungsbefugnis in seiner Vorlage dagegen dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement ein. Er wollte dadurch eine zu grosse Machtkonzentration bei der Kartellkommission verhindern und dem Departement Gelegenheit bieten, die Wettbewerbspolitik BGE 117 Ib 481 S. 489 mit der übrigen schweizerischen Wirtschaftspolitik zu koordinieren (BBl 1981 II 1364). Weder aus der Botschaft des Bundesrates noch aus den parlamentarischen Beratungen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Änderung eine Verkürzung des rechtlichen Gehörs der Beteiligten gegenüber dem im Verwaltungsverfahren Üblichen verbunden sein sollte. Es ist daher davon auszugehen, dass das verwaltungsrechtliche Kartellverfahren als Ganzes den rechtsstaatlichen Anforderungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu genügen hat; dies um so mehr, als der Bundesrat bereits in seiner Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Kartelle und ähnliche Organisationen vom 18. September 1961 festgestellt hatte, dass "die verwaltungsrechtliche Repression in Kartellsachen einen aussergewöhnlichen Eingriff in private Verhältnisse" darstelle, was ein formstrenges (damals prozessuales) Verfahren (vor dem Bundesgericht) rechtfertige (BBl 1961 II 608). cc) Der Bestimmung, wonach das Departement die Beteiligten vor seiner Verfügung anhört ( Art. 37 Abs. 1 Satz 2 KG ), kommt unter diesen Umständen nicht die Bedeutung zu, dass über die Anhörung hinausgehende, im Verwaltungsverfahrensgesetz verankerte Parteirechte grundsätzlich beschnitten werden sollten. Die entsprechende Regelung hat entweder keine eigenständige Bedeutung (BBl 1981 II 1364; ERIC HOMBURGER, Kommentar, a.a.O., S. 397, Rz. 3 zu Art. 37 KG ), oder sie verankert sogar ein absolutes Anhörungsrecht in dem Sinn, dass Gründe, die nach Art. 30 Abs. 2 VwVG zum Verzicht auf eine Anhörung führen können, im Rahmen des Verfahrens nach Art. 37 Abs. 1 KG unerheblich sind (PAUL RICHLI, Begutachtung, a.a.O., S. 92). Die Frage, welche dieser beiden Auslegungen zutrifft, braucht hier nicht entschieden zu werden; es genügt festzustellen, dass dem zwingenden Charakter der nach dem Scheitern der Empfehlungen der Kartellkommission zu erlassenden Verfügung entsprechend das Verwaltungsverfahrensgesetz auf das Verfahren nach Art. 37 Abs. 1 KG grundsätzlich Anwendung findet (LEO SCHÜRMANN/WALTER R. SCHLUEP, a.a.O., S. 732; ERIC HOMBURGER, Kommentar, a.a.O., S. 396 ff.; MARKUS GEMPERLE, a.a.O., S. 133; PAUL RICHLI, Verfahrensfragen, in: ROGER ZÄCH (Hrsg.), Kartellrecht auf neuer Grundlage, Bern, Stuttgart 1989, S. 221; ROGER ZÄCH, Begutachtung, a.a.O., S. 91 ff.; André Grisel, a.a.O., S. 116 f.). b) In der Doktrin wird kritisiert, die im Gesetz vorgesehene Frist von drei Monaten, innert welcher das Departement seine Verfügung zu erlassen habe, verunmögliche praktisch die Durchführung BGE 117 Ib 481 S. 490 eines VwVG-konformen Verfahrens (ERIC HOMBURGER, in: SAG 60/1988 S. 32; PAUL RICHLI, Verfahrensfragen, a.a.O., S. 222 f.; PAUL RICHLI, Begutachtung, a.a.O., S. 73, 93, 125). Dieser Einwand entbehrt unabhängig davon, dass es sich bei dieser Frist lediglich um eine Ordnungsfrist handeln dürfte (vgl. die Übersicht über die Lehrmeinungen bei ERIC HOMBURGER, Kommentar, a.a.O., S. 398, Rz. 4 zu Art. 37 und FN 6), nicht einer gewissen Berechtigung. Er wird einerseits aber dadurch relativiert, dass bereits die Kartellkommission - ohne dass das Verwaltungsverfahrensgesetz Anwendung findet - ihr Verfahren so ausrichten kann, dass dem Departement ein möglichst geringer Aufwand erwächst. Der Kommission steht es beispielsweise frei, im Moment der Fristansetzung zur Stellungnahme nach Art. 32 Abs. 2 KG eine gewisse Akteneinsicht zu gewähren (vgl. PAUL RICHLI, Begutachtung, a.a.O., S. 84/85; PAUL RICHLI, Verfahrensfragen, a.a.O., S. 223/224; dagegen ANDRÉ GRISEL, a.a.O., S. 113), was zudem die Akzeptanzbereitschaft der Beteiligten erhöhen könnte. Andererseits schliesst die grundsätzliche Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes vor dem Departement - wie zu zeigen sein wird (vgl. nachstehend E. 6) - die Berücksichtigung kartellrechtlicher Besonderheiten nicht schlechterdings aus. Das Verfahrensrecht verfolgt keinen Selbstzweck, sondern dient der Verwirklichung des materiellen Rechtes (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Auflage, S. 17 ff.). Das Verfahren vor der Kartellkommission, zu dem die Beteiligten unter verschiedenen Gesichtspunkten beitragen (vgl. Art. 31 Abs. 1 und Abs. 4 KG ), kann nicht ohne Einfluss auf dasjenige vor dem Departement bleiben. Das verwaltungsrechtliche Kartellverfahren als Ganzes soll rechtsstaatlichen Minimalgarantien genügen, ohne dass seine Zweiteilung in ein kooperativ orientiertes Empfehlungs- sowie ein hoheitliches Verfügungsverfahren es verunmöglicht, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen (vgl. Art. 31bis Abs. 3 lit. d BV ) rasch und zweckmässig zu sanktionieren ( Art. 37 Abs. 1 KG ). Unter diesen Umständen dürfte es dem Departement möglich sein, auch ohne formelle Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes schon vor der Kartellkommission, zumindest im Dispositiv fristgerecht zu verfügen (ANDRÉ GRISEL, a.a.O., S. 117). 6. a) Der Kartellkommission kommt als verwaltungsunabhängiger Fachkommission bei der Realisierung des verwaltungsrechtlichen BGE 117 Ib 481 S. 491 Teiles des Kartellgesetzes zentrale Bedeutung zu (vgl. ERIC HOMBURGER, Kommentar, a.a.O., S. 283 ff.; LEO SCHÜRMANN/WALTER R. SCHLUEP, a.a.O., S. 611 ff.). Dies ergibt sich aus den Art. 20 ff. KG , welche Organisation, Aufgabe und Verfahren der Kartellkommission regeln, insbesondere aus Art. 27, wonach die Kommission zuhanden von Gerichten und Verwaltungsbehörden Gutachten erstattet. Obwohl diese den Richter oder die Behörde nicht zu binden vermögen, sind sie dennoch - auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung - von Gewicht (vgl. BGE 109 II 262 E. 3d). Ist die Kartellkommission damit als Fachkommission für Wettbewerbsfragen anerkannt, erscheint es sinnvoll, und entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, wenn das Departement in der Regel seinen Entscheid auf ihren in Zusammenarbeit mit den Betroffenen (vgl. Art. 31 Abs. 4 KG ) erarbeiteten Bericht abstützt. Dieser kommt einem Expertengutachten gleich und sollte grundsätzlich, was die Sachverhaltsfeststellung und die rechtliche Würdigung betrifft, aus sich selber heraus verständlich sein. Soweit der Bericht der Kartellkommission dieser Anforderung genügt, hat das Departement nach Art. 12 VwVG den Sachverhalt nicht noch einmal von Amtes wegen zu ermitteln, zumal die Beteiligten nach Art. 31 Abs. 4 KG bereits Gelegenheit hatten, sich vor der Kartellkommission dazu zu äussern, und Art. 33 Abs. 2 KG festhält, dass das Departement, falls es eine ergänzende Untersuchung als notwendig erachtet, wiederum die Kommission damit beauftragt. Es erschiene überdies widersprüchlich, die Kartellkommission in Art. 31 Abs. 2 KG zu ermächtigen, in analoger Anwendung der Art. 15-19 VwVG Beteiligte sowie Dritte als Zeugen zu vernehmen und Urkunden herauszuverlangen, wenn das Departement selber gehalten wäre, den Sachverhalt umfassend von Amtes wegen festzustellen. b) aa) Dem Departement obliegt aber, auf der Grundlage des Berichtes der Kartellkommission und der Vorbringen der Beteiligten ( Art. 37 Abs. 1 Satz 2 KG ), nach Art. 32 Abs. 1 und Art. 35 Abs. 1 VwVG eine eigenständige Prüfungs- und Begründungspflicht. Nach Art. 37 Abs. 1 KG kann es, falls die Beteiligten die Empfehlungen nicht annehmen, auf Antrag der Kommission durch Verfügung die erforderlichen Massnahmen anordnen. Damit liegt die Verantwortung für den behördlichen Entscheid, welcher die strittige Rechtsbeziehung in verbindlicher und erzwingbarer Weise regelt, beim Departement. Der Gesetzgeber wollte - wie erwähnt - mit dieser Übertragung der Verfügungsbefugnis eine BGE 117 Ib 481 S. 492 Machtkonzentration bei der Kartellkommission verhindern und einer politischen Behörde im Hinblick auf die Koordination der Wettbewerbs- mit der übrigen schweizerischen Wirtschaftspolitik Entschliessungsermessen einräumen (vgl. BBl 1981 II 1364; Amtl.Bull. 1982 S 549, Votum von Bundesrat Honegger; zum Entschliessungsermessen vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zürich 1990, Rz. 348 f.). Diese beiden Ziele lassen sich aber nur verwirklichen, wenn das Departement sich nicht zum blossen Vollzugsorgan der Kartellkommission macht, sondern gestützt auf deren Vorarbeiten und die Vorbringen der Beteiligten eine eigenständige Würdigung vornimmt (vgl. LEO SCHÜRMANN/WALTER R. SCHLUEP, a.a.O., S. 731, I. Abs. 1 1.). bb) Kehrseite der Prüfungspflicht bildet die Begründungspflicht ( Art. 35 VwVG ; MARK E. VILLIGER, Die Pflicht zur Begründung von Verfügungen, in: ZBl 90/1989 S. 137 ff.; insbesondere S. 160). Ob die Behörde ihrer Prüfungspflicht nachgekommen ist, ergibt sich in erster Linie aus der Begründung der Verfügung oder des Entscheides (ARTHUR HAEFLIGER, a.a.O., S. 147). Die Begründung muss so abgefasst sein, dass der Betroffene sie gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihre Verfügung stützt ( BGE 112 Ia 110 mit Hinweisen). Die Begründung braucht nicht in der Verfügung selbst enthalten zu sein ( BGE 113 II 205 E. 2), noch ist nötig, dass sich die Behörde mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken. c) Die angefochtene Verfügung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes vom 10. September 1990 wird weder der Prüfungs- ( Art. 32 VwVG ) noch der Begründungspflicht ( Art. 35 VwVG ) gerecht. aa) Sie hält lediglich standardisiert fest, "dass in casu der von der Kartellkommission ermittelte Sachverhalt, wie er aus dem Bericht Bankengewerbe hervorgeht, als erstellt gelten muss und von den Beteiligten heute auch nicht grundlegend bestritten ist, wobei den zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen gebührend Rechnung zu tragen ist, diese laut Kartellkommission aber BGE 117 Ib 481 S. 493 am Ergebnis der volkswirtschaftlichen Schädlichkeit nichts zu ändern vermögen". Das Departement gehe in seiner rechtlichen Würdigung "nicht ohne Not" von der Meinung der Kartellkommission ab. Die Beteiligten brächten nichts vor, was deren Beurteilung als "schlechterdings unhaltbar" erscheinen lasse; insbesondere könne es nicht darum gehen, die von der Kartellkommission gewählte Beurteilungsmethode (sog. Saldomethode) anderen möglichen Vorgehensweisen gegenüberzustellen. bb) Das Departement setzt sich damit in seiner Verfügung mit den zum Bericht gemachten Ausführungen der Beteiligten nicht auseinander (vgl. MARK E. VILLIGER, a.a.O., S. 153 Ziff. 24). Es ist ihr nicht zu entnehmen, weshalb die Vorinstanz diese Vorbringen als irrelevant bewertet und weshalb den beantragten Beweismitteln im Zusammenhang mit der Auflösung der Konvention IV keine Bedeutung zukommt. Ebensowenig setzt sich das Departement mit der Frage auseinander, weshalb trotz des bestehenden - und nach Angaben der Beschwerdeführerin durch die Anpassung vom 1. Januar 1990 erhöhten - Restwettbewerbs die Konvention IV volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen zeitigt. Wenn das Departement in diesem Punkt auch der der Beschwerdeführerin bekannten Auffassung der Kommission folgt und deshalb an die Begründungspflicht weniger hohe Anforderungen zu stellen sind, hat es sich dennoch zumindest kurz mit den entsprechenden Parteivorbringen auseinanderzusetzen. Die Ansicht, es könne nicht darum gehen, die Saldo- anderen Beurteilungsmethoden gegenüberzustellen, überzeugt ebenfalls nicht. Der Gesetzgeber hat in Art. 29 Abs. 2 KG nach intensiver Beratung einen Kriterienkatalog erstellt, den die Kartellkommission bei der Prüfung der volkswirtschaftlichen oder sozialen Schädlichkeit eines Kartelles oder einer ähnlichen Organisation berücksichtigen muss (vgl. ERIC HOMBURGER, Kommentar, a.a.O., S. 311 ff.; LEO SCHÜRMANN/WALTER R. SCHLUEP, a.a.O., S. 657 ff.). Soweit die Beteiligten im Verfahren vor dem Departement eine falsche Anwendung von Art. 29 KG durch die Kartellkommission geltend machen, hat sich das Departement mit der Auslegung dieser Bestimmung zu beschäftigen und kann sich nicht damit begnügen, auf die Ansicht der Kartellkommission zu verweisen. 7. Die Beschwerdeführerin verlangt weiter eine umfassende Akteneinsicht, d.h. im vorliegenden Fall die Möglichkeit, die schriftlichen (38 Schriftsätze) und mündlichen Befragungen BGE 117 Ib 481 S. 494 (21 Hearings) der Beteiligten sowie die Protokolle der zwölf Expertengespräche konsultieren zu können. a) Ist das Verwaltungsverfahrensgesetz auf das Verfahren vor dem Departement anwendbar, so besteht grundsätzlich in diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Akteneinsicht ( Art. 26 ff. VwVG ). Dabei ist aber auch hier dem besonderen zweistufigen Charakter des verwaltungsrechtlichen Kartellverfahrens - und damit dem Bericht der Kartellkommission, dem in der Regel bereits alle wesentlichen tatbestandsmässigen und rechtlichen Elemente entnommen werden können - Rechnung zu tragen. aa) Nach Art. 26 Abs. 1 VwVG besteht ein Akteneinsichtsrecht in Eingaben von Parteien und Vernehmlassungen von Behörden (lit. a), in alle als Beweismittel dienenden Aktenstücke (lit. b) und in die Niederschriften eröffneter Verfügungen (lit. c). Die Gewährung der Akteneinsicht ist der Grundsatz, deren Verweigerung die Ausnahme (vgl. die Randtitel zu Art. 26 f. VwVG). Nach Art. 27 Abs. 1 lit. a und b VwVG darf die Akteneinsicht zum Schutz "wesentlicher" öffentlicher und privater Interessen verweigert werden. Im Falle der Verweigerung der Einsichtnahme in ein Aktenstück darf auf dieses zum Nachteil der Partei nur abgestellt werden, wenn ihr die Behörde von seinem für die Sache wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis und ihr ausserdem Gelegenheit gegeben hat, sich zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen ( Art. 28 VwVG ; BGE 115 V 300 E. 2c). Der Begriff des "wesentlichen Interesses" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der den Behörden einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt. Welches Interesse als wesentlich zu gelten hat, bestimmt sich nicht generell, sondern im konkreten Einzelfall (PETER SALADIN, a.a.O., S. 140, 16.231). Dabei kann dem Gebot der Anonymität von Zeugen, Informanten oder Experten, aber auch dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen beteiligter Unternehmungen Rechnung getragen werden (vgl. BGE 100 Ia 102 E. 5b; VPB 1983, Nr. 15; WILLY HUBER, Das Recht des Bürgers auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren, Diss. St. Gallen 1980, S. 176-195). bb) Die Anerkennung eines Akteneinsichtsrechts im Rahmen der Art. 26 ff. VwVG führt nicht dazu, dass das Departement sämtliche beantragten Unterlagen, die dem Bericht der Kartellkommission zugrunde liegen, auch einer Beurteilung nach Art. 27 VwVG zu unterziehen hätte. Die Akten der Kommission sind im Verfahren vor dem Departement nur insoweit beweisrelevant, als die Ausführungen und Würdigungen im Bericht selbst nicht BGE 117 Ib 481 S. 495 nachvollzogen und kontrolliert werden können, eine sinnvolle Stellungnahme daher ohne Kenntnis der Berichtsgrundlagen nicht möglich erscheint. Die Beteiligten haben darzulegen, welche sachverhaltsmässigen und tatbeständlichen Punkte des Berichtes sie inwiefern bestreiten, worauf das Departement die entsprechenden Unterlagen beiziehen und allenfalls zusätzliche Beweisanordnungen treffen kann. Erachtet es weitere Zeugeneinvernahmen als nötig, so gelten die Regeln von Art. 18 VwVG . Weder aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz noch aus Art. 4 BV erwächst den Beteiligten aber ein allgemeiner Anspruch darauf, zur rechtlichen Sachverhaltswürdigung besonders angehört zu werden ( BGE 108 Ia 295 ), noch ein solcher, am verwaltungsinternen Entscheidfindungsverfahren teilzunehmen ( BGE 101 Ia 311 E. a). b) Im vorliegenden Fall besteht ein Anspruch auf Akteneinsicht nur noch in - im Zusammenhang mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin oder im Rahmen der eigenständigen Prüfung des Departementes - relevant werdende Akten der Kartellkommission, welche die Konvention IV betreffen. Um welche Akten es sich konkret handelt und unter welchen Auflagen in diese Einsicht gewährt werden kann, hat das Departement bei seinem neuen Entscheid über den Antrag um Aufhebung der Konvention IV zu beurteilen. Dabei kann es der Tatsache Rechnung tragen, dass der Sachverhalt, wie ihn die Kartellkommission ihrer Würdigung zugrunde gelegt hat, von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme an die Kommission am 30. August 1988 weitgehend anerkannt worden ist, wenn sie dort festhält, dass "im wesentlichen und in den meisten Einzelheiten" die Ausführungen auch aus ihrer Sicht zutreffen, und sie bezüglich der Konvention IV keine weiteren Bemerkungen anbringt; somit heute vor allem noch Fragen der rechtlichen Würdigung zur Diskussion stehen. 8. a) Die verschiedenen im vorliegenden Fall festgestellten Verletzungen des rechtlichen Gehörs könnten nach der Rechtsprechung nur geheilt werden, wenn dem Bundesgericht die gleiche Überprüfungsbefugnis wie dem Departement zustünde ( BGE 114 Ia 314 E. 4a). Dies ist nicht der Fall, weil das Bundesgericht die Angemessenheit der Verfügung des Departementes nicht überprüfen kann ( Art. 104 lit. c OG ), diesem Entschliessungsermessen zusteht und es dem Gericht ohne rechtsgenügende Begründung der Verfügung überdies nicht möglich ist, die Frage einer Überschreitung oder eines Missbrauchs des Ermessens nach Art. 104 lit. a OG zu beurteilen. Unter diesen Umständen ist die Verfügung des BGE 117 Ib 481 S. 496 Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, soweit sie die heute noch strittige Konvention IV über einheitliche Gebührenrechnung für offene Depots betrifft, aufzuheben und im Sinne der Erwägungen gemäss Art. 114 Abs. 2 OG zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Departement wird dabei, soweit der Kostenpunkt unter Ziff. 5 der Verfügung die Konvention IV und die Beschwerdeführerin betrifft, auch über die Kosten neu zu befinden haben.
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Urteilskopf 98 Ia 271 42. Arrêt du 7 juin 1972 dans la cause Etienne contre Commune municipale de Péry.
Regeste Baurecht; Grundsatz der Verhältnismässigkeit; Art. 4 BV . 1. Geht es darum, die Höhe eines Gebäudes zu bestimmen, und lässt das Gericht zu diesem Zweck eigene Messungen durchführen, deren Richtigkeit von den anwesenden Parteien nicht in Zweifel gezogen worden ist, so verstösst es nicht gegen das Willkürverbot, auf diese Messungen statt auf die widersprüchlichen Ergebnisse von bei den Akten liegenden Gutachten abzustellen (Erw. 3). 2. Darf die Gebäudehöhe nach den kantonalen und kommunalen Vorschriften 10 m nicht übersteigen, und wird bei Hanglagen eine Überschreitung um 1 m geduldet, so stellt es keinen überspitzten Formalismus dar, die Baubewilligung für ein Gebäude von 11 m 90 Höhe zu verweigern (Erw. 3). 3. Die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit setzt den guten Glauben desjenigen voraus, der sich darauf berufen will (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 272 BGE 98 Ia 271 S. 272 A.- Le 16 novembre 1967, le préfet du district de Courtelary a octroyé à André Etienne l'autorisation de bâtir une maison d'habitation de 9 appartements sur son terrain no 669 à Péry; les dimensions en étaient fixées à 16,80 m de longueur, 13,70 m de largeur et 10 m de hauteur. Un deuxième permis de bâtir a été accordé à Etienne le 14 mars 1968 pour l'aménagement d'un appartement supplémentaire dans les combles du bâtiment. Lors d'un contrôle effectué le 27 juin 1968, le Conseil communal de Péry a constaté que le bâtiment ne correspondait, notamment quant à la hauteur, ni aux plans déposés ni aux BGE 98 Ia 271 S. 273 permis de bâtir. Dès le lendemain, il a ordonné la suspension immédiate des travaux. Puis, le 6 août 1968, il a ordonné que la construction soit réduite d'un étage de façon à correspondre aux autorisations. De plus, il a dénoncé le maître de l'oeuvre au juge pénal, le 28 août suivant. Les poursuites pénales ont été étendues contre Vedani, architecte à Bienne. Le 16 septembre, le Tribunal III de Bienne a reconnu les deux accusés coupables d'avoir fait procéder à la construction d'un bâtiment en violation du permis de bâtir et d'avoir apporté au projet autorisé des modifications essentielles sans requérir à temps un nouveau permis; il a relevé notamment qu'il se ralliait aux conclusions du rapport d'expertise, d'où il résultait que le bâtiment avait été construit en violation du permis en ce qui concernait la hauteur et les façades est, ouest et sud. B.- Se fondant sur de nouveaux plans, Etienne a sollicité un nouveau permis de bâtir pour les modifications apportées au bâtiment. Cette requête a été rejetée, le 10 mars 1970, par le préfet du district de Courtelary qui a estimé que seule une nouvelle publication prévoyant un étage de moins pouvait résoudre le problème. Etienne a recouru devant le Conseilexécutif qui, le 27 janvier 1971, admettant son recours lui a accordé un permis de construire pour un immeuble de dix logements sur la parcelle no 669 à Péry, selon plan des façades du 24 août 1970 portant remblayage du terrain, plan en coupe "construction nouvelle" du 9 octobre 1970 et selon les trois plans du 11 novembre 1969, sous réserve, d'une part, des droits des tiers et des autorisations spéciales légalement nécessaires, ainsi que, d'autre part, d'un abaissement de la gouttière (corniche) d'environ 20 cm, selon les indications du géomètre. Quant à la hauteur, le Conseil-exécutif a relevé qu'en l'absence de prescriptions communales et cantonales, il y a lieu de se référer au "règlement-norme de construction" qui exige l'observation sur tous les côtés de la construction des prescriptions relatives à la hauteur, cette dernière étant mesurée au milieu des façades et celle côté vallée bénéficiant d'un mètre supplémentaire. Il a de plus constaté qu'en l'espèce, puisqu'il y avait pente sur deux côtés l'augmentation d'un mètre devait être admise aussi bien pour la façade Sud que pour la façade Est et que dès lors le petit dépassement de 20 cm sur le côté Est pouvait être toléré, la façade ne présentant qu'une hauteur de 10 m 30. Il a ajouté que pour le surplus d'autres méthodes de BGE 98 Ia 271 S. 274 calcul (hauteur moyenne de toutes les façades, mesures prises aux angles de la maison) ne donnaient aussi que des dépassements peu importants, de 20 à 25 cm, et qu'en vertu du principe de proportionnalité ni le refus du permis de bâtir ni l'ordre de démolition ne se justifiaient. Quant au nombre d'étages, appliquant les principes du "règlement-type" qui ne compte le soussol comme un étage que s'il dépasse le terrain fini de 1 m 20, il a constaté que les nouveaux plans avaient supprimé ce défaut. Contre cette décision, la commune municipale de Péry a recouru au Tribunal administratif, en soutenant que les mesures admises n'étaient pas valables, qu'il n'existait qu'un et non deux côtés-vallée, soit la façade Sud, et que dès lors le dépassement de la hauteur de construction sur le côté Est se montait à 1 m 90, respectivement à 1 m 20, ce qui ne pouvait être toléré. Quant au nombre d'étages, il était supérieur à celui autorisé; à la suite de l'élévation du sol dans les caves, les 1 m 20 au-dessus du terrain fini étaient dépassés, vice qui ne pouvait être supprimé par un remblayage supplémentaire. Le Conseil-exécutif et le maître de l'oeuvre ont conclu au rejet de ce recours et ils se sont référés à un mesurage complémentaire établi par le géomètre Meister le 29 avril 1971, d'où il résulte en particulier une hauteur de 11 m 03 côté Est. C.- Etienne avait également recouru dans l'intervalle, au Tribunal administratif contre la décision du Conseil municipal de Péry du 6 août 1968, lui imposant de réduire son immeuble d'un étage et d'établir un nouveau projet. Il contestait avoir dérogé à la hauteur fixée et prétendait que la hauteur moyenne était de 9 m 96. Ce recours avait été laissé en suspens par le Tribunal administratif jusqu'à décision connue sur le nouveau permis de bâtir requis par Etienne, soit jusqu'à la décision du Conseil-exécutif de 27 janvier 1971, attaquée par le recours de la commune de Péry. Le président du Tribunal administratif, par ordonnance du 21 mai 1971, a joint alors les deux procédures. D.- Le Tribunal administratif a rendu son arrêt le 11 octobre 1971; le dispositif quant au fond en est le suivant: "1. Le recours introduit par la commune de Péry dans la procédure concernant la demande de permis de bâtir supplémentaire est déclaré fondé; en conséquence, le jugement du Conseil-exécutif faisant l'objet du recours est annulé et la demande de permis de bâtir y relative est rejetée dans la mesure où elle est litigieuse. BGE 98 Ia 271 S. 275 2. André Etienne est condamné à réduire d'un étage, dans les trois mois à compter de la notification du présent jugement, le bâtiment locatif actuellement à l'état de gros-oeuvre érigé sur la parcelle no 669 de la commune de Péry, sous commination d'une exécution du travail par substitution et de sanctions pénales (amende et arrêts) en cas d'inexécution." Cet arrêt est motivé en substance comme suit: Le règlement communal et plan de zones et d'alignement du quartier "Nord-Quest" ne contient qu'une disposition sur la mensuration de la hauteur d'un bâtiment: celle-ci doit être prise "depuis le niveau du sol jusqu'à la corniche" (ch. 3). Selon l'art. 17 de la loi sur la réglementation des constructions de 1958 (LRC) la hauteur déterminante est comptée à partir du sol naturel. Mais il s'impose de procéder à un mesurage de tous les côtés et de concéder un supplément de hauteur sur le côté-vallée ou côté-pente du bâtiment, sinon celui qui construit sur un terrain en pente serait placé dans une situation moins avantageuse que celui qui bâtit une maison sur un terrain plat. Cependant, ce principe ne figure ni dans la LRC ni dans le règlement communal et il n'y a pas davantage à ce sujet d'usage local. Il faut donc combler cette lacune. On peut à cet égard se référer au nouveau règlement-type cantonal (art. 34 al. 1), bien qu'il ne soit pas applicable en l'espèce, pour décider que la hauteur des bâtiments doit être mesurée au milieu de la façade à partir du sol naturel jusqu'à l'arête supérieure de la gouttière (corniche) et que la hauteur prescrite ne doit être dépassée sur aucun côté, sous réserve d'une tolérance de 1 m sur le côté-vallée des constructions érigées sur une pente (art. 19 al. 3 du décret du 10 février 1970 concernant le règlement-norme sur les constructions). En l'espèce, toutes les mesures prises (par le géomètre d'arrondissement, par la commune et par la Direction cantonale des travaux publics, par une délégation du tribunal) diffèrent l'une de l'autre en raison du fait que le terrain originaire ne peut être reconstitué exactement. Mais toutes concordent pour constater l'existence d'un dépassement de la hauteur permise du côté Est (côté pente) de la construction, même en tenant compte de la marge de tolérance. Les mesures fixées par la délégation du Tribunal administratif en présence des parties et de la Direction des travaux publics ont été prises aux quatre coins du bâtiment à partir du sol naturel jusqu'à l'arête supérieure de la gouttière et ont donné les résultats suivants: Nord-Quest BGE 98 Ia 271 S. 276 9 m, Sud-Quest 9 m 60, Sud-Est 12 m 60 et Nord-Est 11 m 20. Si on admet que la pente est uniforme, on obtient les hauteurs suivantes au milieu des façades de chacun des côtés: Nord 10 m 10, Quest: 9 m 30, Sud 11 m 10, Est: 11 m 90. Il en résulte que le dépassement du côté Est est considérable. Le dépassement du côté Est est également net au vu des mesurages effectués le 13 août 1970 en présence du maître de l'ouvrage, de la Direction des travaux publics et d'une délégation de la commune. Ceux-ci constatent effectivement une hauteur de 11 m 90 côté Est. Quant aux mesures du géomètre Meister, en septembre 1968, elles donnent, s'agissant de la hauteur de la dalle des combles au terrain, les résultats suivants: côté Sud-Est: 12 m 50, milieu du bâtiment côté Sud: 10 m 90, côté sud-Quest: 9 m 20. Un nouveau calcul fondé sur la moyenne des hauteurs des quatre coins, de mai 1971, indique les chiffres suivants: Nord: 10 m 02, Quest: 9 m 08, Sud: 10 m 09, Est: 11 m 03. Mais à ces mesures il faut ajouter 25 cm représentant la largeur de la dalle supérieure brute sur façade sud. Ainsi, la hauteur de façade de 11 m permise du côté Est est aussi dépassée selon ces résultats, même s'ils diffèrent considérablement - et de façon inexpliquée - du premier mesurage du géomètre. Quoi qu'il en soit le dépassement de la hauteur permise va au-delà de la marge de tolérance admise pour une maison construite dans une pente. Cette marge ne peut en aucune circonstance être dépassée sous peine de violation du principe de l'égalité de traitement. Un dépassement quelconque ne peut pas être corrigé par un abaissement de la gouttière (corniche) ni par un prolongement de l'avant-toit. Dès lors, le projet de construction viole le chiffre 3 du règlement communal pour le quartier "Nord-Quest" de 1966, de sorte que le permis de bâtir demandé ultérieurement doit être refusé. E.- Agissant par la voie du recours de droit public, André Etienne requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du Tribunal administratif du 11 octobre 1971. Se prévalant de la violation du droit d'être entendu et d'un déni de justice formel, il reproche à l'instance cantonale d'avoir apprécié arbitrairement les preuves. Tant la Commune de Péry dans sa réponse que le Tribunal administratif du canton de Berne dans ses observations concluent au rejet du recours. BGE 98 Ia 271 S. 277 Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant se plaint en premier lieu de la violation de son droit d'être entendu. Selon lui, dans la deuxième procédure de recours relative au nouveau permis de bâtir il avait fait valoir des faits nouveaux et indiqué des moyens de preuve correspondants, sur lesquels le Tribunal administratif ne serait pas entré en matière. Il regrette notamment que l'inspection locale, qu'il avait requise et qui devait lui permettre de se déterminer oralement sur ces faits prétendument nouveaux n'ait pas été ordonnée. Le recourant ne précise toutefois nullement quels seraient ces faits nouveaux ni ne démontre dans quelle mesure l'inspection locale aurait pu être décisive à ce sujet; de plus, il admet que le Tribunal administratif a organisé une inspection locale, en présence des parties, le 19 mai 1969, aménagée il est vrai dans le cadre de la première procédure de recours qui lui était soumise. Mais comme dans les deux recours, les seuls points litigieux portent sur le maintien de la hauteur du bâtiment et du nombre d'étages, le recourant a eu la faculté de faire valoir à cet égard tous ses moyens auprès du Tribunal administratif, déjà lors de l'inspection locale du 19 mai 1969. En outre, le Tribunal administratif, par cette inspection locale, a pu recueillir tous les éléments lui permettant de se déterminer en toute connaissance de cause sur l'objet de litige. Dès lors, dans la mesure où ce grief est suffisamment motivé, on ne saurait parler de violation du droit d'être entendu. 2. Selon le ch. 3 de l'arrêté de 1966 de la commune de Péry concernant le plan de zone et d'alignement du quartier "Nord-Quest", dans lequel est située la parcelle no 669 du recourant, la hauteur des bâtiments, mesurée depuis le niveau du sol jusqu'à la corniche, est fixée au maximum à 10 m pour les bâtiments de trois étages (2 étages sur rez-de-chaussée). La législation cantonale contient en outre diverses dispositions au sujet de la hauteur des constructions et de la façon de la mesurer. La loi sur la réglementation des constructions de 1958 (LRC), encore applicable en l'espèce, précise à l'art. 17 que le mesurage de la hauteur s'effectue à compter du sol naturel. La nouvelle loi sur les constructions de 1970, entrée en vigueur le 1er janvier 1971, renvoie au règlement-norme en ce qui concerne la hauteur permise (art. 16 al. 1 lit. c). L'art. 19 de ce règlement-norme - entré en vigueur également le 1er janvier BGE 98 Ia 271 S. 278 1971 - prescrit que la hauteur du bâtiment se mesure au milieu de la façade, qu'elle est calculée à compter du sol naturel jusqu'à l'arête supérieure du chevron dans le plan de la façade, lorsque le toit est incliné, cette hauteur pouvant être majorée de 1 m pour la façade aval d'un bâtiment sur pente. En outre, le projet du règlement-type (Musterbaureglement) du 30 juillet 1971 prévoit des dispositions analogues concernant la hauteur et spécifie que la hauteur autorisée ne peut être dépassée par aucun côté du bâtiment et ne peut pas l'être par des excavations ultérieures (art. 19). Il faut encore relever que d'après l'art. 153 de l'ordonnance sur les constructions, portant exécution de la loi de 1970, on entend par sol naturel la surface de la parcelle à bâtir telle qu'elle existe avant le début des travaux de construction. S'il y a eu surélévation par des remblais, on considère comme sol naturel la surface telle qu'elle se présentait avant le remblayage. 3. Concernant la hauteur totale à prendre en considération, plusieurs mesurages ont été opérés, mais si le tribunal administratifles a mentionnés pour être complet, il s'est bien davantage fondé, pour constater le dépassement non autorisé, sur les mesures déterminées par sa propre délégation, lors de l'inspection locale du 19 mai 1969. Il relève qu'au vu de celles-ci il existe, même compte tenu de la marge de tolérance de 1 m, un dépassement aussi bien du côté Sud que du côté Est, dépassement qui, s'il est de peu d'importance du côté Sud, se révèle considérable du côté Est. Ces mesures sont basées sur des mensurations faites aux quatre coins du bâtiment à partir du sol naturel jusqu'à l'arête supérieure de la gouttière (corniche). Elles ont été fixées par la délégation du Tribunal administratif en présence des parties et de leurs avocats et en présence des représentants du Conseil-exécutif, MM. Siegenthaler, juriste à la direction des travaux, et Mühlemann, architecte cantonal adjoint. Il n'est ni allégué ni établi que ces mesures ou la méthode par laquelle elles ont été déterminées aient été contestées par les parties. Le recourant notamment se limite à se référer au dernier rapport Meister de mai 1971, qu'il considère comme décisif, sans formuler aucune critique à l'égard des mesures fixées par la délégation du Tribunal administratif. Certes, il déplore que les mesurages effectués le 13 août 1970, sur l'initiative de la Direction cantonale des travaux publics en présence des parties, n'aient pas été opérés au moyen d'un théodolite. Il résulte BGE 98 Ia 271 S. 279 cependant du procès-verbal de l'inspection locale que le terrain naturel a été relevé ce jour-là à l'aide d'un instrument de nivellement et que tant les parties que leurs avocats, reconnaissant que ces mesures représentaient une base de discussion valable, ont renoncé à leur vérification par le géomètre. Le recourant est dès lors malvenu de s'en plaindre après coup. Quant aux mesurages de MM. Wieser et Buffat, si le Tribunal administratif n'en a pas expressément parlé, c'est manifestement parce qu'il les considérait comme moins convaincants que le sien propre. Quoi qu'il en soit, les constatations du Tribunal administratif quant aux dimensions du bâtiment litigieux constituent une appréciation de preuves. Or les autorités cantonales jouissent en ce domaine d'une grande liberté. Le Tribunal fédéral ne revoit leurs décisions à cet égard que si elles sont évidemment fausses ou arbitraires ou si elles reposent sur une inadvertance manifeste. En l'espèce on ne saurait prétendre que le Tribunal administratif est tombé dans l'arbitraire, en retenant comme déterminants les mesurages qui ont été effectués sous son autorité, avec le concours de l'architecte cantonal adjoint, et en présence des parties et de leurs mandataires, lesquels n'ont formulé ni objections ni réserves. Le Tribunal administratif n'a pas davantage agi arbitrairement, en admettant que le dépassement de hauteur du côté Est est considérable. En effet, la hauteur fixée dans l'autorisation de bâtir était de 10 m au maximum, alors que la hauteur du bâtiment atteint actuellement 11 m 90 à l'Est et 11 m 10 au Sud. Il est vrai qu'on admet de déduire la marge de tolérance de 1 m "sur le côté-vallée" prévue par le règlement-type cantonal, mais en tout état de cause le dépassement de hauteur est au moins de 90 cm à l'Est et de 10 cm au Sud. On peut dès lors soutenir sans arbitraire que le dépassement est important notamment du côté Est et que la marge de "tolérance" ne peut en aucune circonstance être dépassée, pour ne pas favoriser d'une manière contraire à l'égalité juridique celui qui construit sur un terrain en pente. Le recourant soutient encore que le Tribunal administratif n'indique pas avec précision de combien de centimètre le bâtiment litigieux dépasse la hauteur autorisée. C'est inexact. Le Tribunal administratif s'est fondé on l'a vu, sur les mesurages effectués sous son autorité et de ce fait il a bien spécifié que le BGE 98 Ia 271 S. 280 dépassement était de 90 cm à l'Est et de 10 cm au Sud. Certes, on ne peut souscrire entièrement à son opinion lorsqu'il affirme qu'un dépassement quelconque ne peut pas être corrigé par un abaissement de la corniche et par un prolongement de l'avanttoit. Mais il n'est nullement insoutenable de rejeter une telle correction lorsque le dépassement est, comme en l'espèce, de 90 cm. On ne saurait dès lors reprocher au Tribunal administratif d'avoir admis le recours de la commune de Péry demandant à cet égard de refuser au recourant le permis de bâtir dans la mesure où il est litigieux, soit dans la mesure où la hauteur autorisée est dépassée. 4. Le recourant voit une violation du principe de l'égalité juridique dans le fait que pour une construction voisine - le bâtiment Sartori - on n'a pas tenu compte des excavations pour mesurer la hauteur du bâtiment. Mais il s'agissait de la tranchée creusée pour l'accès du garage, qui n'est pas prise en considération dans le calcul de la hauteur de la construction, selon une pratique constante codifiée ultérieurement dans le décret cantonal du 10 février 1970 concernant le règlementnorme sur les constructions (art. 17 et 19). En l'espèce, la situation du recourant Etienne est différente puisqu'il ne s'agit pas d'une excavation relative à une entrée de garage. On ne saurait parler d'inégalité de traitement. 5. Dans la décision attaquée, le Tribunal administratif, se fondant sur le fait que le permis de bâtir pour la construction du projet modifié doit être refusé dans le sens des motifs développés ci-devant, arrive pour le surplus à la conclusion que l'ordonnance de démolition de la commune de Péry du 6 août 1968 doit être maintenue et que, partant, le recourant doit réduire sa construction d'un étage. L'instance cantonale se réfère à ce sujet à bon droit aux dispositions de l'art. 40 de la LRC - dispositions reprises par les art. 60 et 61 de la nouvelle loi sur les constructions du 7 juin 1970 -, selon lesquelles lorsqu'une construction est établie notamment en violation des dispositions du permis de bâtir, le Conseil communal ordonne la suspension des travaux. Si le vice ne peut être corrigé par une autorisation donnée après coup, il ordonne l'enlèvement ou la modification des travaux exécutés en vue du rétablissement de l'état antérieur, sous commination des conséquences de droit pénal et de l'exécution du travail par substitution. Dès lors que le dépassement de 90 cm sur l'une des façades n'est pas susceptible BGE 98 Ia 271 S. 281 d'être corrigé par le biais d'une autorisation ultérieure, la suppression du vice doit nécessairement entraîner la disparition de l'étage supérieur. En sanctionnant sa démolition pour rétablir un état conforme aux dispositions légales applicables, le Tribunal administratif n'a donc pas violé le principe de proportionnalité, comme le prétend le recourant. On ne saurait admettre de maintenir par une nouvelle autorisation ce qui a été exécuté sciemment de façon illégale et en violation des autorisations accordées. Or, en dépit de l'ordonnance de suspension des travaux du 28 juin 1968 et notifiée le même jour, l'entrepreneur du recourant ne les a pas moins poursuivis jusqu'au 10 juillet. Il résulte en outre du dossier que le recourant est quelque peu coutumier de ce procédé, puisqu'en 1965 déjà, alors qu'il était au bénéfice d'un permis de bâtir une maison familiale sur le no 715 de la commune de Péry, il a construit au mépris de celui-ci une terrasse et une piscine. Un tel comportement, ajouté au fait que les plans remis aux autorités ont été sans cesse modifiés, rendant tout contrôle difficile, n'est guère compatible avec l'application du principe de proportionnalité, qui requiert la bonne foi de celui qui entend s'en prévaloir. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
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1,972
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CH_BGE_002
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e11f5b14-4e1b-491a-8c8b-6aae7b3a87d2
Urteilskopf 140 III 598 88. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre A.Y. et consorts (recours en matière civile) 4A_201/2014 du 2 décembre 2014
Regeste Miete von Wohnräumen; Mitmieter; Aktivlegitimation zur Anfechtung der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung. Gemeinsame Mieter bilden eine notwendige Streitgenossenschaft hinsichtlich der Anfechtung einer Kündigung. Es genügt, wenn alle Mitmieter als Parteien am Prozess beteiligt sind; sind sie sich uneinig, so ist ein Mitmieter zur alleinigen Anfechtung legitimiert, sofern er neben dem Vermieter auch die Mitmieter ins Recht fasst, welche die Kündigung nicht anfechten wollen (E. 3).
Erwägungen ab Seite 598 BGE 140 III 598 S. 598 Extrait des considérants: 3. 3.1 La question de savoir si les colocataires doivent agir en commun pour requérir l'annulation du congé en application des art. 271 et 271a CO fait l'objet d'une controverse doctrinale, qui n'a pas été tranchée par la jurisprudence fédérale (cf. arrêts 4A_240/2014 du 28 août 2014 consid. 4.3, non publié in ATF 140 III 491 ; 4C.37/2001 du 30 mai 2001 consid. 2b/bb). Lorsque le bail porte sur le logement de la famille, le Tribunal fédéral a toutefois jugé que chaque époux colocataire peut contester seul le congé, en relevant notamment que l' art. 273a al. 1 CO accorde la qualité pour agir dans ce domaine même au conjoint non locataire ( ATF 118 II 168 consid. 2b p. 170; cf. également ATF 136 III 431 consid. 3.1 p. 433). En revanche, les colocataires, indépendamment de leur état civil, doivent agir ensemble BGE 140 III 598 S. 599 pour contester le loyer; à cette occasion, le Tribunal fédéral a laissé ouverte la question de savoir si le colocataire qui n'entend pas contester le loyer doit être assigné comme défendeur ( ATF 136 III 431 consid. 3.3 p. 435). Deux courants de pensée se distinguent dans la doctrine. Certains auteurs mettent l'accent sur le caractère uniforme du bail commun, qui n'existe juridiquement que comme un tout et pour toutes les parties. En conséquence, la contestation du congé est soumise au principe de l'action commune des colocataires, qui ont le statut procédural de consorts nécessaires (MARCO GIAVARINI, Anfechtung einer Mietzinserhöhung durch mehrere Mitmieter - Aktivlegitimation, MietRecht Aktuell 2011, p. 55 ss; Le droit suisse du bail à loyer, Commentaire, adaptation française par Burkhalter/Martinez-Favre, 2011, n° 10 ad art. 273 CO p. 742; PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4 e éd. 1996, n° 33 ad art. 273 CO ; JACQUES MICHELI, Les colocataires dans le bail commun, in 8 e Séminaire sur le droit du bail, 1994, p. 13; HANS SCHMID, Der gemeinsame Mietvertrag, SJZ 87/1991 p. 376 s.). Une autre partie de la doctrine est d'avis en revanche que chaque colocataire peut contester individuellement la résiliation. Elle considère comme déterminant le but de protection sociale visé par les normes sur l'annulabilité des congés abusifs et relève que, dans un cas déterminé, la loi autorise même un tiers - le conjoint du locataire - à exercer seul les droits du locataire en cas de congé (cf. art. 273a al. 1 CO ). Pour respecter les règles sur la consorité nécessaire, ces auteurs préconisent toutefois l'implication dans le procès, aux côtés du bailleur, du colocataire qui ne conteste pas le congé (PATRICIA DIETSCHY-MARTENET, Le bail d'habitation des concubins, 2014, p. 122 s.; ROGER WEBER, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. I, 5 e éd. 2011, n° 3 ad art. 273a CO ; le même , Der gemeinsame Mietvertrag, 1993, p. 187 s.; BOHNET/DIETSCHY, in Droit du bail à loyer, Bohnet/Montini [éd.], 2010, n° 36 ad art. 253 CO ; HANS PETER WALTER, in OR, 2008, n° 5 ad art. 271 CO ; THOMAS KOLLER, Die miet- und arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2004, RJB 141/2005 p. 321; LAURA JACQUEMOUD-ROSSARI, Jouissance et titularité du bail ou quelques questions choisies en rapport avec le bail commun, CdB 1999 p. 104 s.; cf. également DAVID LACHAT, Le bail à loyer, 2008, p. 72 s. et note 19 p. 73, lequel ne prend pas clairement position mais admet en tout cas que la demande en constatation de la nullité d'un congé peut émaner d'un seul colocataire). BGE 140 III 598 S. 600 3.2 La consorité (matérielle) nécessaire est imposée par le droit matériel, qui détermine les cas dans lesquels plusieurs parties doivent agir ou défendre ensemble ( ATF 138 III 737 consid. 2 p. 738 et consid. 4.1 p. 741). Sous sa forme active, elle est réalisée lorsque plusieurs personnes sont ensemble titulaires du droit en cause, de sorte que chacune ne peut pas l'exercer seule en justice ( ATF 136 III 123 consid. 4.4.1 p. 127, ATF 136 III 431 consid. 3.3 p. 434). Sont ainsi consorts nécessaires les membres d'une communauté du droit civil - telle la société simple - qui sont ensemble titulaires d'un même droit ( ATF 137 III 455 consid. 3.5 p. 459). Il y a aussi consorité nécessaire en cas d'action formatrice, soit lorsque l'action tend à la création, la modification ou la dissolution d'un droit ou d'un rapport de droit déterminé touchant plusieurs personnes (cf. art. 87 CPC ; STAEHELIN/SCHWEIZER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2 e éd. 2013, n° 42 ad art. 70 CPC p. 585; GROSS/ZUBER, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, n° 17 ad art. 70 CPC ; NICOLAS JEANDIN, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 7 ad art. 70 CPC p. 230 s.; FABIENNE HOHL, Procédure civile, tome I, 2001, n. 488 ss p. 106 s.). Le bail commun est un rapport juridique uniforme, qui n'existe que comme un tout et pour toutes les parties au contrat ( ATF 136 III 431 consid. 3.1 p. 434; ATF 140 III 491 consid. 4.2.1 p. 493). La partie qui résilie le bail exerce un droit formateur résolutoire. En contestant ledit congé, l'autre partie cherche à maintenir le rapport de droit. En tant qu'elle est propre à influer sur un rapport de droit déterminé, la demande en annulation de la résiliation se présente donc comme une action formatrice (FRANÇOIS BOHNET, Actions civiles, Conditions et conclusions, 2014, § 75 n. 6 p. 928). En cas de pluralité de parties, une action formatrice ne peut pas conduire à un jugement qui n'aurait force qu'entre certains intéressés, par exemple le bailleur et l'un des colocataires. C'est dire que les colocataires forment une consorité nécessaire dans l'action en annulation du congé notifié par le bailleur (FRANÇOIS BOHNET, Procédure civile, 2 e éd. 2014, p. 125; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n. 3.40 p. 89). Cette conclusion s'impose que l'action ait été ouverte avant - comme en l'espèce - ou après l'entrée en vigueur du CPC, dont l'art. 70 contient une définition de la consorité nécessaire recouvrant en tout cas la notion de consorité matérielle nécessaire (cf. JACQUES HALDY, Procédure civile suisse, 2014, p. 98). BGE 140 III 598 S. 601 Les consorts nécessaires doivent agir ensemble ou être mis en cause ensemble (cf. art. 70 al. 1 CPC ). Lorsque l'action n'est pas introduite par toutes les parties tenues de procéder en commun ou qu'elle n'est pas dirigée contre celles-ci, il y a défaut de légitimation active ou passive et la demande sera rejetée ( ATF 138 III 737 consid. 2 p. 738; ATF 137 III 455 consid. 3.5 p. 459). Le principe de l'action commune souffre toutefois des tempéraments. En particulier, la présence de tous les consorts comme demandeurs ou comme défendeurs n'est pas toujours exigée; la consorité nécessaire peut parfois se limiter à la participation au procès de tous les consorts, répartis d'un côté et de l'autre de la barre (JEANDIN, op. cit., n° 10 ad art. 70 CPC p. 231; HOHL, op. cit., n. 501 p. 107), notamment dans les actions formatrices (CRISTINA VON HOLZEN, Die Streitgenossenschaft im schweizerischen Zivilprozess, 2006, p. 118). Le droit de s'opposer à un congé abusif répond à un besoin de protection sociale particulièrement aigu lorsqu'un local d'habitation est en jeu (LUSCHER/KINZER, Colocation [...], CdB 2006 p. 119). Il faut dès lors reconnaître au colocataire le droit d'agir seul en annulation du congé. Mais comme l'action, formatrice, implique que le bail soit en définitive maintenu ou résilié envers toutes les parties, le demandeur doit assigner aux côtés du bailleur le ou les colocataires qui n'entendent pas s'opposer au congé, sous peine de se voir dénier la qualité pour agir. Sur le vu de ce qui précède, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en admettant la légitimation active de l'intimée A.Y., laquelle a dirigé à bon droit son action en annulation du congé non seulement contre le bailleur mais également contre les autres colocataires. Le recours sera dès lors rejeté.
null
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2,014
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e12259ad-0932-41d3-b598-1827f689ce22
Urteilskopf 104 IV 32 10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. April 1978 i.S. C. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden
Regeste Art. 35 Abs. 2 SVG . Gleichzeitiges Überholen und Kreuzen. Der Überholende behindert den Entgegenkommenden, wenn er diesen zum Ausweichen auf den Pannenstreifen nötigt.
Erwägungen ab Seite 32 BGE 104 IV 32 S. 32 Aus den Erwägungen: Gleichzeitiges Überholen und Kreuzen ist auf einer übersichtlichen Strecke nicht verboten, wenn die Breite der Strasse soviel Platz bietet, dass andere Strassenbenützer, namentlich der Überholte und der Entgegenkommende, nicht behindert werden ( BGE 101 IV 78 f.). Nach den Feststellungen der Vorinstanz BGE 104 IV 32 S. 33 wäre es zu einer Kollision zwischen dem Beschwerdeführer und dem Fahrer aus der Gegenrichtung gekommen, wenn dieser seinen Wagen nicht auf den Pannenstreifen gelenkt hätte. Daraus folgt, dass der Entgegenkommende behindert und gefährdet wurde, musste er doch zur Vermeidung eines Unfalls über den rechten Fahrbahnrand hinaus auf den Pannenstreifen ausweichen, der nur in Notfällen, nicht aber im normalen Fahrverkehr benutzt werden darf ( Art. 36 Abs. 3 VRV ). Der Beschwerdeführer hätte auf das Überholen verzichten müssen und ist deshalb zu Recht wegen Verletzung von Art. 35 Abs. 2 SVG gebüsst worden.
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1,978
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Urteilskopf 99 Ib 430 58. Sentenza 27 settembre 1973 della II Corte civile nella causa Klein contro Dipartimento di giustizia del Cantone Ticino.
Regeste Verwertung beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. Art. 68 ff. VZG und 74 ff. KV sind analog anwendbar auf die Verwertung von Liegenschaften beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. Stehen jedoch keine Interessen Dritter entgegen, so kann mit Zustimmung aller Beteiligter auch ein einfacheres, den Interessen des Erwerbers der Liegenschaft eher entsprechendes Verfahren gewählt werden. In casu: Übergabe von Eigentümerschuldbriefen an den Erwerber (Erw. 1). Art. 842 ff. ZGB . Tragweite der Angabe des Namens des Schuldners auf dem Schuldbrief. Die Grundbuchverwalter sind nicht verpflichtet, an Stelle des früheren Eigentümers des Grundstücks den Erwerber als Schuldner einzutragen (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 431 BGE 99 Ib 430 S. 431 A.- Alla morte di Romolo Sutter, Ascona, i suoi eredi accettarono l'eredità con beneficio d'inventario e poterono successivamente beneficiare di un concordato con abbandono dell'attivo. Mediante contratto 8 giugno 1972, la massa concordataria vendette a trattative private la part. 1812 di Ascona a Hugo Klein e Anneliese Klein n. Glarner, che comperarono in comproprietà in parti uguali. Il prezzo venne stabilito in fr. 350 000.--, da pagarsi in contanti. Il liquidatore si obbligò a utilizzare il relativo importo per pagare anzitutto i debiti della somma complessiva di fr. 305 000.-- garantiti da 10 cartelle ipotecarie gravanti sul fondo venduto, nonchè ad esigere dai creditori la restituzione dei relativi titoli. Contemporaneamente all'iscrizione della compra-vendita, il liquidatore si obbligò inoltre a chiedere all'ufficio dei registri di sostituire sulle cartelle il nome dei nuovi proprietari come debitori solidali, a quello del precedente proprietario. Dopo di che avrebbe consegnato i titoli ai compratori. BGE 99 Ib 430 S. 432 Con istanza 31 luglio 1972, il notaio chiese all'Ufficio dei registri di Locarno di iscrivere il contratto, producendo le dieci cartelle per l'aggiornamento del nome della parte debitrice. L'Ufficio dei registri respinse l'istanza, dichiarando che l'iscrizione avrebbe potuto aver luogo solo previa estinzione delle cartelle ipotecarie. B.- Con decisione 10 ottobre 1972, il Dipartimento cantonale di giustizia ha respinto un ricorso dei compratori e confermato la decisione dell'Ufficio dei registri. C.- Hugo e Anneliese Klein hanno interposto al Tribunale federale un ricorso di diritto amministrativo, chiedendo che sia disposta l'iscrizione del contratto e fatto obbligo all'Ufficio dei registri di provvedere alla sostituzione dei proprietari-debitori sulle cartelle ipotecarie. Il Dipartimento cantonale di giustizia propone di respingere il ricorso. Nella sua risposta, il Dipartimento federale di giustizia nega che l'esigenza di cancellare le cartelle ipotecarie sia giustificata ed afferma che pure la pretesa di far figurare il cambiamento del nome del debitore-proprietario sulle cartelle è contraria al sistema e alla pratica del registro fondiario. Non formula tuttavia delle proposte precise. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Secondo giurisprudenza e dottrina predominante, la vendita a trattative private di fondi della massa fallimentare (art. 256 LEF) è un contratto di natura civile (RU 50 III 110 consid. 2; LEEMANN in SJZ 1931/32 p. 257; MEIER-HAYOZ n. 102 all' art. 656 e 28 all'art. 657 CC). Se trattasi di beni immobili, la validità di tale contratto presuppone pertanto la stipulazione nella forma di atto pubblico (art. 216 CO). Le stesse regole valgono evidentemente anche quando l'operazione viene effettuata, come in concreto, nell'ambito della liquidazione dei beni appartenenti ad una massa concordataria con abbandono dell'attivo in applicazione dell'art. 316 h LEF. Non si può tuttavia inferirne, come fanno i ricorrenti che, almeno in quanto si tratti di un concordato con abbandono dell'attivo, la liquidazione dei rapporti fra la massa e il terzo stipulante possano essere regolati liberamente senza tener conto degli art. 68 ss RFF. In realtà, come fatto rilevare dall'autorità cantonale, le BGE 99 Ib 430 S. 433 disposizioni disciplinanti il fallimento devono essere applicate analogicamente anche nel procedimento di liquidazione della massa nel concordato con abbandono dell'attivo (RU 92 III 30). Lo devono essere in principio quelle norme che, come gli art. 68 ss RFF e 74 ss RUF, sono intese ad appurare la situazione giuridica dei beni realizzati. Non si può invece condividere l'opinione dell'autorità cantonale sulla rigidità formale che dovrebbe esser adottata nell'applicazione di tali norme regolamentari. Le medesime mirano sia a garantire all'aggiudicatario l'integrità dell'oggetto aggiudicato, rispettivamente venduto, sia (art. 76 RUF) a tutelare gli interessi dei creditori chirografari contro ripetute pretese che potessero essere fatte valere dall'aggiudicatario in possesso di cartelle ipotecarie a titolo di pegno manuale (cfr. RU 52 III 170; SCHELLENBERG CHRISTOF, Die betreibungsrechtlichen Wirkungen des Eigentümergrundpfandes nach Schweizerischen Recht, p. 31, 60 in fine), Qualora interessi di terzi siano fuori causa non vi è d'altronde motivo di impedire che, con l'accordo di tutti gli interessati, possano essere adottate delle soluzioni più semplici e più conformi agli interessi dell'acquirente (SCHELLENBERG, o.c. p. 80). Nonostante l'art. 76 RUF, il Tribunale federale ha peraltro già statuito che, previo accordo fra l'aggiudicatario dell'immobile e il creditore procedente garantito da pegno manuale, il primo può, invece di pagare in contanti, assumere il debito del fallito, lasciando lo stesso pegno a garanzia dell'importo corrispondente nelle mani del creditore (RU 52 III 171 consid.2). Il caso particolare è diverso in quanto l'aggiudicatario ha previamente pagato in contanti e si tratta solantto di mettere i compratori nella situazione del proprietario del fondo che ha liberato la sua cartella ipotecaria e la lascia sussistere nell'intenzione di poterla ulteriormente negoziare (art. 863 CC). Ma anche in questo caso non si vede perchè, pur non sussistendo alcun pericolo di pregiudicare interessi di terzi, le cartelle ipotecarie debbano essere estinte. Risulta infatti che i creditori hanno consegnato le cartelle ai compratori, per il tramite del liquidatore, dopo che il loro credito è stato completamente soddisfatto. È la situazione in cui verrebbero a trovarsi i compratori se, estinte le precedenti cartelle, procedessero a farne iscrivere delle nuove. Non si vede neppure per quale ragionevole motivo la richiesta avrebbe potuto essere ammessa solo - come pretende BGE 99 Ib 430 S. 434 l'autorità cantonale - se i compratori avessero pagato direttamente i creditori e preso in consegna le cartelle dai medesimi. Ne sarebbe stata conseguita una situazione giuridica non diversa da quella di cui qui si tratta. D'altronde è evidente che l'interesse del fisco all'incasso delle tasse pe1 la costituzione di nuove cartelle ipotecarie, non giustifica il rifiuto di iscrivere il contratto di compra-vendita. Ciò stante e visto che nel caso particolare esiste accordo fra le parti e non può essere pregiudicato alcun interesse di terzi, la decisione impugnata, in quanto intesa ad impedire il trasferimento ai compratori delle cartelle ipotecarie, è fondata su un'interpretazione eccessivamente formalistica, e quindi erronea, degli art. 68 cpv. 1 lett. b, 69 cpv. 1 RFF e 74 cpv. 1 RUF. In conseguenza è ingiustificata pure la condizione posta dall'Ufficio dei registri di Locarno di annullare le cartelle per poter esigere l'iscrizione del contratto di compra-vendita. A questo riguardo, la decisione cantonale deve perciò essere annullata. 2. Nella decisione impugnata, l'autorità cantonale non si è espressa in modo esplicito sulla richiesta di rettificare i titoli in questione, sostituendovi, come debitore, il nome dei compratori a quello del precedente proprietario. L'ha però implicitamente respinta, esigendo l'annullamento delle cartelle. I ricorrenti la ripropongono in questa sede, senza tuttavia indicare quali disposizioni legali l'autorità cantonale, negando di effettuare l'operazione richiesta, avrebbe violato. In concreto, la fattispecie è pacifica e non concerne questioni sulle quali il Tribunale federale deve esprimere un giudizio di adeguatezza. Il ricorso può perciò essere accolto solo in quanto la decisione impugnata violi il diritto federale o sia fondata su un eccesso o un abuso del potere di apprezzamento (art. 104 lett. a OG). a) Le argomentazioni del ricorrente potrebbero essere riferite all'art. 68 RRF, il quale dispone che devono essere iscritte sui titoli le modificazioni che risultano dalle iscrizioni e dalle cancellazioni operate nelle altre divisioni del foglio del registro e che influiscono sul diritto di pegno. Tale non è il caso in concreto, perchè la vendita dell'immobile non influisce sull'anzidetto diritto. Infatti, il pegno sussiste per il creditore in buona fede indipendentemente dalla persona del debitore (LEEMANN, N. 37 all'art. 832 CC e 24 all'art. 874 CC). Nè il BGE 99 Ib 430 S. 435 registro fondiario nè il titolo di pegno precisano chi è il debitore del credito garantito dalle cartelle ipotecarie. Nessun terzo può quindi fidarsi che il nome indicato sulla cartella corrisponda al debitore dell'obbligazione (RU 42 II 457 ss, 68 II 89, 89 II 392). L'intestazione della cartella ipotecaria concerne esclusivamente una personale dichiarazione di debito per la quale non è neppure richiesta la forma dell'atto pubblico (BECKER, n. 9 all'art. 175) e il cui cambiamento può verificarsi in modo indipendente dal registro fondiario; come è il caso quando il debito vien assunto da un terzo senza che siano modificati i rapporti di proprietà o di pegno. Ne consegue che, rifiutandosi di cambiare il nome del debitore sui titoli in questione, l'autorità cantonale non può aver violato l'art. 68 cpv. 2 RFF nè altra norma di diritto federale. b) Visto che il diritto federale neppure vieta di effettuare l'operazione richiesta, ci si può nondimeno chiedere se l'autorità cantonale, rifiutandola, non abbia abusato del suo potere di apprezzamento o vi abbia ecceduto. Tale sarebbe il caso se la decisione impugnata fosse fondata su un eccesso di formalismo, o fosse priva di qualsiasi ragionevole fondamento. In realtà, la pratica della grande maggioranza dei cantoni nega agli interessati il diritto alla modificazione dell'intestazione delle cartelle ipotecarie. Questa regola può trovare fondamento nel fatto che, il cambiamento del personalmente obbligato potendo comunque verificarsi indipendentemente dal registro fondiario, non esiste la garanzia che l'intestazione del titolo corrisponda alla reale situazione di un momento determinato. D'altronde è certo che il riconoscimento di un diritto come quello invocato dai ricorrenti, rappresenterebbe per gli uffici dei registri l'assunzione di un onere lavorativo molto gravoso che, in assenza di una esplicita norma di diritto federale in tal senso, non può essere richiesto ai cantoni. La relativa domanda dei ricorrenti deve perciò essere respinta. 3. Ciò non toglie che - conformemente alla pratica adottata in alcuni cantoni - nei casi in cui il cambiamento del nome del debitore non può in alcun modo pregiudicare gli interessi degli aventi diritto o di terzi, il cambiamento del nome del debitore possa essere effettuato. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è accolto e le decisioni 7 febbraio 1973 del Dipartimento BGE 99 Ib 430 S. 436 cantonale di giustizia e 10 ottobre 1972 dell'Ufficio dei registri di Locarno sono annullate.
public_law
nan
it
1,973
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
e125c3f2-6e44-4acf-bbcd-251753a5becf
Urteilskopf 141 III 68 11. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_414/2014 vom 16. Januar 2015
Regeste Art. 88 i.V.m. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO ; Klage des Betreibungsschuldners auf Feststellung des Nichtbestands der Forderung; hinreichendes Feststellungsinteresse. Lockerung der Voraussetzungen, unter denen die negative Feststellungsklage des betriebenen Schuldners, der Rechtsvorschlag erhoben hat, zuzulassen ist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 141 III 68 S. 68 A. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 teilte die Inkassoagentur A. AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) B. (Kläger, Beschwerdegegner) mit, dass sie sich eine Forderung über Fr. 41'705.- von C. und D. habe abtreten lassen. Sie forderte ihn auf, die offene Forderung innerhalb von acht Tagen zu begleichen. C. und D. hatten am 23. Februar 2009 ein Grundstück in U. von der E. AG gekauft. Der geltend BGE 141 III 68 S. 69 gemachte Anspruch steht im Zusammenhang mit diesem Grundstückkauf und soll angeblich im Jahre 2005 entstanden sein. Der Kläger bestreitet, dass zwischen C. und D. und ihm ein Rechtsverhältnis bestand und stellt demzufolge auch das Bestehen einer Forderung in Abrede, die gestützt auf Art. 165 Abs. 1 OR hätte abgetreten werden können. Er kam der Zahlungsaufforderung der Beklagten nicht nach. Mit Zahlungsbefehl vom 9. November 2012 leitete die Beklagte eine Betreibung über Fr. 41'843.35 nebst Zins ein, wobei sie als Forderungsurkunde die Forderung C. und D., U., und diverse offene Rechnungen bezeichnete. Der Kläger erhob Rechtsvorschlag. B. Am 28. Februar 2013 klagte der Kläger beim Bezirksgericht Winterthur gegen die Beklagte auf Feststellung, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht bestehe und die Betreibung ohne Schuldgrund angehoben worden sei. Das Bezirksgericht Winterthur hiess die Klage insofern gut, als es feststellte, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Rechts- und Schuldverhältnis besteht und dass demzufolge der Kläger der Beklagten den Betrag von Fr. 41'843.35 nebst Zins zu 5 % auf Fr. 30'000.- seit 7. November 2012 nicht schuldet. Auf den Antrag, es sei ausserdem festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die Betreibung ohne Schuldgrund habe zustellen lassen, trat es nicht ein. Dagegen erhob die Beklagte Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich und verlangte im Hauptantrag, auf die Klage sei mangels Feststellungsinteresse über den Nichtbestand der Betreibungsforderung nicht einzutreten. Mit Urteil vom 27. Mai 2014 wies das Obergericht den Hauptantrag der Berufung ab und bestätigte insoweit das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur. In teilweiser Gutheissung der Berufung reduzierte es sodann die erstinstanzliche Parteientschädigung von Fr. 6'640.- auf Fr. 5'509.- zuzüglich MWSt von 8 %. C. Die Beschwerdeführerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Obergerichts vom 27. Mai 2014 aufzuheben und auf die Klage des Beschwerdegegners nicht einzutreten. Der Beschwerdegegner schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 141 III 68 S. 70 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz erblickte ein schutzwürdiges Interesse des Beschwerdegegners an der anbegehrten Feststellung darin, dass die eingeleitete Betreibung über den nicht unbedeutenden Betrag von Fr. 41'843.35 und der damit verbundene Eintrag im Betreibungsregister den Beschwerdegegner in dessen Kredit- und Vertrauenswürdigkeit beeinträchtige. Dabei sei von einer gesteigerten Empfindlichkeit des Beschwerdegegners auszugehen, der als wirtschaftlicher Akteur im Immobilienbereich tätig sei und als Gesellschafter in zwei an seinem Wohnort in V. domizilierten Immobilienunternehmen fungiere. Hinzu komme, dass für einen Hypothekarschuldner wie den Beschwerdegegner Betreibungen wenig vorteilhaft seien. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe Art. 88 ZPO i.V.m. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO verletzt, indem sie aufgrund dieser Erwägungen ein schutzwürdiges Feststellungsinteresse des Beschwerdegegners bejahte. 2.1 Es entspricht einer Besonderheit des schweizerischen Vollstreckungsrechts, dass der (angebliche) Gläubiger eine Betreibung einleiten kann, ohne den Bestand seiner Forderung nachweisen zu müssen ( Art. 69 SchKG ). Der Zahlungsbefehl als Grundlage des Vollstreckungsverfahrens kann grundsätzlich gegenüber jedermann erwirkt werden, unabhängig davon, ob tatsächlich eine Schuld besteht oder nicht ( BGE 125 III 149 E. 2a mit Hinweisen; vgl. dazu auch BGE 134 III 115 E. 4.1). Dies führt dazu, dass auch ungerechtfertigte Betreibungen Eingang in das Betreibungsregister finden können, das interessierten Dritten zur Einsicht offensteht (Art. 8 f. SchKG). Das Betreibungsrecht stellt es ins Belieben des Gläubigers, ob und zu welchem Zweck er Betreibung einleiten will. Der Schuldner seinerseits kann Rechtsvorschlag erheben ( Art. 74 SchKG ) mit der Wirkung, dass die Betreibung einstweilen nicht fortgesetzt werden darf und der Gläubiger auf den Rechtsweg verwiesen wird (Art. 78 f. SchKG; BGE 110 II 352 E. 2a S. 358). 2.2 Unternimmt der Gläubiger daraufhin keine weiteren Schritte, um die Fortsetzung der Betreibung zu erwirken, steht dem Betriebenen die allgemeine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der in Betreibung gesetzten Forderung offen. Sofern sich aus dem Urteil über diese Klage ergibt, dass die Betreibung zu Unrecht erfolgt ist, führt dies nach Art. 8a Abs. 3 lit. a SchKG zur Verweigerung der BGE 141 III 68 S. 71 Kenntnisgabe der Betreibung an Dritte ( BGE 140 III 41 E. 3.2.2 S. 44; BGE 128 III 334 S. 335; BGE 125 III 149 E. 2d S. 153). Nachdem die Feststellungsklage schon vor Inkrafttreten der ZPO als Institut des Bundesrechts anerkannt war (vgl. BGE 77 II 344 E. 2 S. 350; 136 III 523 E. 5 S. 524; 123 III 414 E. 7b S. 429), stellt die schweizerische ZPO die Feststellungsklage nunmehr ausdrücklich zur Verfügung: Mit der Feststellungsklage verlangt die klagende Partei die gerichtliche Feststellung, dass ein Recht oder ein Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht ( Art. 88 ZPO ). Die klagende Partei muss dartun, dass sie ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung hat (vgl. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO ). 2.3 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der ZPO ist die Feststellungsklage zuzulassen, wenn der Kläger an der sofortigen Feststellung ein erhebliches schutzwürdiges Interesse hat, welches kein rechtliches zu sein braucht, sondern auch bloss tatsächlicher Natur sein kann. Diese Voraussetzung ist namentlich gegeben, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien ungewiss sind und die Ungewissheit durch die richterliche Feststellung behoben werden kann. Dabei genügt nicht jede Ungewissheit; erforderlich ist vielmehr, dass ihre Fortdauer dem Kläger nicht mehr zugemutet werden darf, weil sie ihn in seiner Bewegungsfreiheit behindert. Namentlich bei negativen Feststellungsklagen ist zudem auch auf die Interessen des Beklagten Rücksicht zu nehmen. Wer auf Feststellung klagt, dass eine Forderung nicht besteht, zwingt damit den beklagten Gläubiger zu vorzeitiger Prozessführung. Damit wird die Regel durchbrochen, dass grundsätzlich der Gläubiger und nicht der Schuldner den Zeitpunkt der Geltendmachung eines Anspruchs bestimmt. Der vorzeitige Prozess kann den Gläubiger benachteiligen, wenn er zur Beweisführung gezwungen wird, bevor er dazu bereit und in der Lage ist ( BGE 136 III 523 E. 5; BGE 135 III 378 E. 2.2 S. 380; BGE 131 III 319 E. 3.5 S. 324 f.; BGE 123 III 414 E. 7b S. 429; BGE 120 II 20 E. 3a S. 22; je mit Hinweisen). Während nach dieser Rechtsprechung für die Zulassung der negativen Feststellungsklage ein erhebliches schutzwürdiges Interesse erforderlich ist, verlangt die Bestimmung von Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO bloss ein schutzwürdiges Interesse, wobei es sich dabei um eine allgemeine Vorschrift über die Prozessvoraussetzungen handelt, die sich nicht speziell auf die Feststellungsklage bezieht. Ob die bisherige Rechtsprechung auch unter Art. 88 ZPO i.V.m. Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO Gültigkeit behält, wurde vom Bundesgericht bisher nicht BGE 141 III 68 S. 72 ausdrücklich entschieden. Es wandte diese Rechtsprechung in verschiedenen Entscheiden auf negative Feststellungsklagen an, die in der ZPO unterstehenden Verfahren behandelt worden waren, ohne dies näher zu begründen (Urteile 4A_364/2014 vom 18. September 2014 E. 1.2.1; 5A_264/2013 vom 28. November 2013 E. 4.2; 4A_145/2013 vom 4. September 2013 E. 2.2; befürwortend: FRANÇOIS BOHNET, Procédure civile, 2. Aufl. 2014, S. 263 f. Rz. 1042; derselbe, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 88 ZPO ). In einem weiteren Entscheid liess es die Frage nach der Weitergeltung der Rechtsprechung offen (5A_107/2013 vom 7. Juni 2013 E. 1.3). Die Frage braucht im vorliegenden Fall nicht weiter erörtert zu werden, da zur vorliegend strittigen Feststellungsklage nach Einleitung einer Betreibung durch die Beschwerdeführerin besondere Grundsätze zur Anwendung zu bringen sind, nach denen jedenfalls hier ein erhebliches schutzwürdiges Interesse zu bejahen ist. 2.4 In BGE 120 II 20 setzte sich das Bundesgericht eingehend mit der Frage auseinander, unter welchen Voraussetzungen der (angebliche) Schuldner ein hinreichendes Interesse auf Feststellung des Nichtbestehens einer Forderung hat, nachdem gegen ihn eine Betreibung eingeleitet wurde und er Rechtsvorschlag erhoben hat, aber bevor der angebliche Gläubiger Schritte zur Weiterverfolgung der Betreibung unternommen hat. Es anerkannte zunächst, dass der Rechtsvorschlag die Nachteile nicht zu beseitigen vermag, die dem Betriebenen daraus entstehen, dass die gegen ihn angehobene Betreibung im Betreibungsregister eingetragen ist und damit Dritten, die Betreibungsauskünfte einholen, zur Kenntnis gelangt. Es betonte, dass Registereinträgen über Betreibungen im Geschäftsleben eine erhebliche Tragweite zukomme, da Betreibungsregisterauskünfte im Allgemeinen im Lichte der Erfahrungstatsache interpretiert würden, dass nur in einer verschwindend kleinen Anzahl von Fällen völlig grundlos betrieben werde (Hinweis auf BGE 115 III 81 E. 3b S. 87 f.). Dies führe dazu, dass die Kredit- und Vertrauenswürdigkeit des Betriebenen leide, unabhängig davon, ob die eingeleitete Betreibung begründet sei oder nicht. Allein schon die Tatsache, dass gegen jemanden Betreibungen erfolgt seien, deren Grundlosigkeit nicht in jeder Hinsicht feststehe, könne das Vertrauen Dritter in seine Zahlungsmoral und -fähigkeit belasten. Dies gelte jedenfalls, wenn namhafte Summen in Betreibung gesetzt würden, mithin nicht bloss einzelne Betreibungen über unbedeutende Beträge in Frage stünden. Der Betriebene könne in solchen Fällen ein BGE 141 III 68 S. 73 erhebliches Interesse daran haben, in einem Feststellungsprozess ein Urteil zu erwirken, mit dem er gegenüber Dritten die Grundlosigkeit der Betreibung jederzeit einwandfrei belegen könne. Grundsätzlich vermöge - in Abkehr von der vorherigen Rechtsprechung ( BGE 110 II 352 E. 2a S. 358) - bereits die blosse Tatsache der Betreibung ein hinreichendes Feststellungsinteresse des Betriebenen zu begründen ( BGE 120 II 20 E. 3b S. 23 f. und E. 3c in fine; vgl. auch Urteil 4A_459/2009 vom 25. März 2010 E. 2.1). Weiter erwog das Bundesgericht im zitierten Entscheid, dem Interesse des Schuldners an einem Feststellungsurteil, das die Grundlosigkeit der Betreibung festhält, stehe das Interesse des Gläubigers gegenüber, sich der betreibungsrechtlichen Vorkehren bedienen zu können, ohne sich damit der Gefahr auszusetzen, den Prozess über seinen Anspruch auf eine negative Feststellungsklage des Betriebenen hin vorzeitig führen zu müssen; die Betreibung stelle für den Gläubiger ein legitimes Mittel dar, seine Forderung durchzusetzen, den Verzug des Betriebenen zu bewirken und die Verjährung zu unterbrechen ( Art. 135 Ziff. 2 OR ). Angesichts des Gewichts der Nachteile, welche Betreibungen für den Betriebenen nach sich ziehen könnten, rechtfertige es sich indessen, vom Gläubiger, der sich einem Feststellungsbegehren des Betriebenen widersetzen wolle, zu verlangen, dass er hinreichend dartue, weshalb ihm unzumutbar sei, den Beweis seines Anspruches anzutreten. Unzumutbarkeit in diesem Sinne sei namentlich anzunehmen, wenn einzig drohende Verjährung den Gläubiger veranlasst habe, zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung Betreibung einzuleiten, bevor er willens und in der Lage sei, die eigentliche rechtliche Auseinandersetzung über seinen Anspruch aufzunehmen. An das vom Gläubiger nachzuweisende Interesse, einen vorzeitigen Prozess zu verhindern, seien dabei umso höhere Anforderungen zu stellen, je gewichtiger im konkreten Einzelfall das Interesse des Betriebenen an einem Feststellungsurteil erscheine ( BGE 120 II 20 E. 3b S. 24 f.). Im konkreten Fall erachtete es das Bundesgericht aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Betriebenen und des Umstands, dass er nicht bloss für Bagatellbeträge, sondern für namhafte Summen betrieben wurde, als dargetan, dass ihn die Betreibungen in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit behinderten. Er müsse damit rechnen, dass Dritte aufgrund der Betreibungsregistereinträge an seiner Kredit- und Vertrauenswürdigkeit zweifelten. Demgegenüber sei weder dargetan noch ersichtlich, weshalb dem Beklagten die Führung BGE 141 III 68 S. 74 des Prozesses über seine Ansprüche im jetzigen Zeitpunkt nicht zuzumuten sein solle ( BGE 120 II 20 E. 3c S. 25). Wer wie der Beklagte eine Betreibung anhebe, die den Betriebenen in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit empfindlich beeinträchtige, solle sich einem negativen Feststellungsbegehren nicht entziehen können, ohne den Nachweis triftiger Gründe zu erbringen, aus welchen ihm die Beweisführung gegenwärtig nicht zuzumuten ist ( BGE 120 II 20 E. 3d/dd). 2.5 Nach der bestehenden Praxis ist demnach von einer für den Betreibungsschuldner unzumutbaren, ein Feststellungsinteresse begründenden Ungewissheit auszugehen, wenn namhafte Beträge und nicht bloss Bagatellbeträge in Betreibung gesetzt wurden und wenn er darzutun vermag, dass er konkret aufgrund der Betreibung in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit behindert wird. Dem Gläubiger bleibt allerdings der Nachweis offen, dass ihm die Beweisführung gegenwärtig aus triftigen Gründen nicht zuzumuten ist. Diese Rechtsprechung, nach der ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Feststellung des Nichtbestandes einer Betreibungsforderung gegenüber der vorhergehenden Praxis unter erleichterten Voraussetzungen anerkannt wird, findet in der Literatur grundsätzlich Zustimmung. Verschiedene Autoren plädieren allerdings für eine noch grosszügigere Haltung, indem eine unzumutbare Ungewissheit nicht davon abhängig gemacht werden sollte, ob die klagende Partei im eigentlichen Sinn in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist, und wirklich nur verneint werden sollte, wenn mit Blick auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Klägers ein Bagatellbetrag in Frage steht (ISAAK MEIER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 211; DANIEL FÜLLEMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 10 und 17 zu Art. 88 ZPO ; MARC WEBER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 14 zu Art. 88 ZPO ; s. auch BOHNET, a.a.O., N. 26 zu Art. 88 ZPO ). FÜLLEMANN und OBERHAMMER sprechen sich überdies dafür aus, die Unzumutbarkeit immer dann zu bejahen, wenn ein Betreibungsverfahren eingeleitet wurde und das Einsichtsrecht Dritter ins Betreibungsregister noch besteht, wobei es keinen Unterschied machen könne, ob die Betreibung lediglich zum Zweck der Verjährungsunterbrechung eingeleitet wurde, da auch diesfalls der Eintrag ins Betreibungsregister fortbestehe; der Gläubiger, der den Schuldner betreibe, habe kein schutzwürdiges Interesse daran, dass er den Prozess erst zu einem späteren Zeitpunkt BGE 141 III 68 S. 75 führen müsse (FÜLLEMANN, a.a.O., N. 17 zu Art. 88 ZPO ; PAUL OBERHAMMER, in: ZPO, Oberhammer und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 15 und 26 ff. zu Art. 88 ZPO , der sich darüber hinaus generell für eine weite Zulassung der negativen Feststellungsklage ausspricht; vgl. dagegen ALEXANDER R. MARKUS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 13 und 16 zu Art. 88 ZPO , der eine restriktive Zulassung der negativen Feststellungsklage für angebracht hält). 2.6 Die in der Lehre erhobene Forderung nach einer weiteren Lockerung der Voraussetzungen für die Zulassung der negativen Feststellungsklage erscheint mit Blick auf verschiedene Entwicklungen seit dem Ergehen von BGE 120 II 20 im Jahr 1994 als gerechtfertigt. 2.6.1 Am 1. Januar 1997 trat die Teilrevision des SchKG vom 16. Dezember 1994 in Kraft. 2.6.1.1 Im Rahmen derselben wurde das Einsichtsrecht in das Betreibungsregister in Art. 8a SchKG neu geregelt. Nach Art. 8a Abs. 3 lit. a SchKG , der im Rahmen des Erlasses der ZPO redaktionell leicht geändert wurde ("gerichtlicher Entscheid" statt "Urteil"), gibt das Betreibungsamt Dritten von einer Betreibung dann keine Kenntnis, wenn sie nichtig ist oder aufgrund einer Beschwerde oder eines gerichtlichen Entscheids aufgehoben worden ist. Im letzteren Fall ist dabei hinreichend, dass sich aus dem Ergebnis eines Verfahrens ohne Weiteres ergibt, dass die Betreibung bei ihrer Einleitung ungerechtfertigt war, was namentlich bei Gutheissung einer negativen Feststellungsklage der Fall ist ( BGE 125 III 335 E. 3; Urteil 4A_440/2014 vom 27. November 2014 E. 2, mit Literaturhinweisen). Nach der Regelung von Art. 8a SchKG soll auf der einen Seite das Betreibungsregister interessierten Dritten als Informationsquelle über die Kreditwürdigkeit einer Person zur Verfügung stehen, indem es Rückschlüsse auf deren Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit zulässt. Auf der anderen Seite soll mit der Regelung den Interessen des (angeblichen) Schuldners daran Rechnung getragen werden, dass die Betreibungsdaten keinen falschen Eindruck über seine Kreditwürdigkeit erwecken und nicht jedermann zugänglich sind (JAMES T. PETER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 1 ff. zu Art. 8a SchKG ; URS MÖCKLI, in: SchKG, Daniel Hunkeler [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 2 ff. zu Art. 8a SchKG ). In der Botschaft vom 8. Mai 1991 über BGE 141 III 68 S. 76 die Änderung des SchKG (BBl 1991 III 1 ff., 29 Ziff. 201.14) wurde dabei anerkannt, dass die Auskunfterteilung über die finanzielle Situation oder die Zahlungsgepflogenheiten der verzeichneten Personen deren wirtschaftlichen Ruf trifft, also einen Bestandteil ihrer rechtlich geschützten Persönlichkeit, und dass ihr Kredit leidet, was im Rechtsalltag vor allem bei engen Marktverhältnissen (z.B. im Wohnungsmarkt) mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden sein kann (vgl. auch BGE 121 III 81 E. 4a). Eine auf Vermögensschutz verpflichtete Auskunftserteilung müsse deshalb im Grundsatz auf Einträge beschränkt sein, die einschlägige Gefährdungssachverhalte zuverlässig und zutreffend offenlegten; der Sachverhalt müsse eine wesentliche Gefährdung für das Vermögen eines künftigen Geschäftspartners dokumentieren, denn die Auskunftserteilung könne mit erheblichen Nachteilen für die verzeichnete Person verbunden sein. Von diesem Grundsatz - Auskunftserteilung nur über wesentliche, zutreffende Gefährdungssachverhalte - wurden allerdings die laufenden Betreibungen ausgenommen, da hängige Verfahren in einem Rechtsstaat grundsätzlich öffentlich und dem hinreichend interessierten Dritten damit zugänglich seien. Immerhin wurde eingeräumt, dass diese Ausnahme weit gehe, stehe ja in einer laufenden Betreibung noch nicht fest, ob man es tatsächlich mit einem "gefährlichen" (z.B. insolventen) Schuldner zu tun habe. Schon daraus wird ersichtlich, dass es für den betriebenen (angeblichen) Schuldner von eminenter Wichtigkeit ist, dass an die Zulassung der negativen Feststellungsklage während des laufenden, durch Rechtsvorschlag gehemmten Betreibungsverfahrens keine hohen Anforderungen gestellt werden. 2.6.1.2 Weiter wurde mit der Teilrevision des SchKG vom 16. Dezember 1994 die Bestimmung von Art. 85a SchKG eingeführt. Nach deren Wortlaut kann der Betriebene jederzeit vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers liegt der Zweck dieser Bestimmung allerdings einzig darin, zu verhindern, dass ein Schuldner, der sich gegen die Betreibung nicht rechtzeitig verteidigt, eine Nichtschuld bezahlen muss (Botschaft, a.a.O., BBl 1991 III 6 Ziff. 111, 69 zu Art. 85a). Die Klage nach Art. 85a SchKG ist demnach als "Notbehelf" konzipiert und kann danach nur angehoben werden, wenn der Betriebene es unterliess, rechtzeitig Rechtsvorschlag zu erheben, bzw. nachdem der Rechtsvorschlag rechtskräftig beseitigt wurde, nicht dagegen wenn der Lauf der Betreibung BGE 141 III 68 S. 77 - wie vorliegend - durch Rechtsvorschlag gehemmt worden ist ( BGE 140 III 41 E. 3.2.2; BGE 128 III 334 S. 335; BGE 125 III 149 E. 2c S. 152 f.). Mit Blick auf den klaren gesetzgeberischen Willen folgte das Bundesgericht in BGE 125 III 149 E. 2d der Ansicht verschiedener Autoren nicht, wonach die Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG auch mit Blick auf das Interesse des Betriebenen zugelassen werden sollte, das Einsichtsrecht Dritter in die Betreibung auszuschliessen. An dieser Praxis hielt das Bundesgericht seither fest, was es auch damit rechtfertigte, dass dem Schuldner die Klage nach Art. 85 SchKG sowie die allgemeine Feststellungsklage zur Verfügung stehe; auch mit der Klage auf Aufhebung der Betreibung nach Art. 85 SchKG , die jederzeit (schon vor der Rechtskraft des Zahlungsbefehls) zulässig sei, könne einer der "gerichtlichen Entscheide" erwirkt werden, damit das Betreibungsamt Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis gebe ( BGE 140 III 41 E. 3.2.2 S. 43 f.). Auch mit der Klage nach Art. 85 SchKG darf der Betriebene nach der neuesten Rechtsprechung über den Wortlaut der Bestimmung hinaus den Nachweis des Nichtbestehens der Betreibungsforderung führen, wobei er allerdings auf den strikten Urkundenbeweis beschränkt ist ( BGE 140 III 41 E. 3.3.1/3.3.2 S. 45). Verfügt er - wie das bei zu Unrecht Betriebenen oftmals der Fall ist - über keine Urkunden, mit denen er den strikten Beweis des Nichtbestands der Forderung führen kann, steht ihm demnach einzig die allgemeine negative Feststellungsklage zur Verfügung. Angesichts der für den Betriebenen einschneidenden Wirkungen des Registereintrags mit Blick auf dessen Kreditwürdigkeit, erscheint es auch deshalb angebracht, das Feststellungsinteresse grundsätzlich ohne Weiteres zu bejahen. 2.6.2 Mit Blick auf die wenig befriedigende Rechtslage mit Bezug auf die Mitteilung von Registereinträgen über laufende Betreibungen gegenüber Dritten, die für den zu Unrecht Betriebenen gewichtige Nachteile mit sich bringen kann (z.B. beim Abschluss eines Mietvertrages, einer Kreditaufnahme oder der Stellensuche), sind seit dem Jahr 2009 auf eine parlamentarische Initiative (09.530) hin, die verlangte, dass ungerechtfertigte Zahlungsbefehle rasch "gelöscht" werden können, gesetzgeberische Bestrebungen zur Revision der Regelungen von Art. 8a und 85a SchKG im Gange. Am 25. April 2013 verabschiedete die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates einen dazu ausgearbeiteten Vorentwurf samt Bericht, mit BGE 141 III 68 S. 78 dem Änderungen im SchKG vorgeschlagen werden, mit dem Ziel, den Schutz betroffener Personen vor nachteiligen Wirkungen ungerechtfertigter Betreibungen zu erhöhen. Dazu wird zunächst die Einführung einer neuen Bestimmung Art. 8b VE-SchKG vorgeschlagen, die das Einsichtsrecht in das Betreibungsregister unter gewissen Voraussetzungen und unabhängig von einem gerichtlichen Entscheid über den Bestand der Forderung einschränkt (vgl. dazu JEAN-DANIEL SCHMID, Der Ausschluss des Einsichtsrechts in das Betreibungsregister gemäss Art. 8b VE-SchKG, Jusletter 7. Oktober 2013; ERIC MUSTER, Les renseignements [Art. 8a LP], BlSchK 2014 S. 161 ff., 176 f.). Weiter wird eine Ergänzung von Art. 85a SchKG vorgeschlagen, mit der "die einschränkende Rechtsprechung des Bundesgerichts zu dieser Bestimmung korrigiert werden" soll (Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 25. April 2013 [Bericht], S. 9). Nach der vorgeschlagenen Neufassung der Bestimmung kann der Betriebene, solange die Betreibung für Dritte aus dem Register ersichtlich ist, vom Gericht des Betreibungsortes feststellen lassen, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Solange die Betreibung für Dritte aus dem Register ersichtlich ist, soll das Rechtsschutzinteresse der betriebenen Person damit von Gesetzes wegen vermutet werden und die entsprechende Klage erhoben werden können. Betroffen ist insbesondere der Fall, in dem die betriebene Person Rechtsvorschlag erhoben hat und die betreibende Partei untätig bleibt (a.a.O.). Namentlich was den im vorliegenden Zusammenhang bedeutenden Vorschlag zur Änderung von Art. 85a SchKG angeht, wurde dieser im Vernehmlassungsverfahren, das bis zum 20. September 2013 dauerte, grossmehrheitlich begrüsst (Bericht des Bundesamtes für Justiz über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens 09.530 vom Januar 2014, S. 7; MUSTER, a.a.O., S. 177). 2.7 Angesichts dieser Entwicklungen und unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Lehrmeinungen, die eine weitere Zulassung der Feststellungklage fordern, erscheint es sachgerecht und gerechtfertigt, die in BGE 120 II 20 eingeleitete Praxis weiter zu lockern und das schutzwürdige Interesse an der Feststellung des Nichtbestands der Forderung grundsätzlich zu bejahen, sobald diese in Betreibung gesetzt wurde, ohne dass der Feststellungskläger konkret nachweisen muss, dass er wegen der Betreibung in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit empfindlich beeinträchtigt wird. In diese Richtung geht auch das Urteil 5A_890/2012 vom 5. März 2013 E. 5.4, wo BGE 141 III 68 S. 79 festgehalten wird, den betriebenen Parteien stehe die negative Feststellungsklage offen, ohne dass dazu ein Vorbehalt hinsichtlich des erforderlichen Feststellungsinteresses gemacht wurde. Für den (angeblichen) Gläubiger, der eine Forderung ohne vorherigen Prozess in Betreibung setzt, obwohl sie bestritten ist und er daher mit der Erhebung eines Rechtsvorschlages rechnen muss, ist es zumutbar, diese Forderung in einem Zivilprozess zu verteidigen. Sein Interesse, sich mit der prozessualen Auseinandersetzung bis nach Ablauf der Frist nach Art. 88 Abs. 2 SchKG Zeit zu lassen, hat demjenigen des betriebenen Schuldners, der durch die Betreibung in seiner Kreditwürdigkeit und Reputation beeinträchtigt wird, zu weichen. Zu beachten ist dabei, dass der (angebliche) Gläubiger allemal die Möglichkeit hat, die Betreibung zurückzuziehen; damit entfällt das Rechtschutzinteresse an der negativen Feststellungsklage mit Blick auf die Bestimmung von Art. 8a Abs. 3 lit. c SchKG (BOHNET, a.a.O., N. 28 zu Art. 88 ZPO ). Vorzubehalten ist einzig der Fall, in dem die Betreibung nachweislich einzig zur Unterbrechung der Verjährung einer Forderung nach Art. 135 Ziff. 2 OR eingeleitet werden musste, nachdem der (angebliche) Schuldner die Unterzeichnung einer Verjährungsverzichtserklärung verweigert hat (zur Gültigkeit einer solchen: BGE 132 III 226 ), und die Forderung vom (angeblichen) Gläubiger aus triftigen Gründen nicht sofort im vollen Umfang gerichtlich geltend gemacht werden kann. 2.8 Nachdem im vorliegenden Fall nicht festgestellt ist, dass die Betreibung einzig zur Unterbrechung der Verjährung erfolgte, ist hier das Feststellungsinteresse des Beschwerdegegners nach dem vorstehend Ausgeführten ohne Weiteres zu bejahen. Auf die im vorinstanzlichen Entscheid dazu diskutierten - nach der bisherigen Rechtsprechung massgeblichen - Gesichtspunkte und die dagegen erhobene Kritik der Beschwerdeführerin kommt dabei nichts mehr an, weshalb darauf nicht weiter eingegangen zu werden braucht.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e12e1643-7a9c-4c5a-b747-2bd7f57f440e
Urteilskopf 102 Ia 493 68. Extrait de l'arrêt du 17 mars 1976 en la cause Bucher-Guyer A.G. contre Cour de justice du canton de Genève et Meikli Co. Ltd
Regeste Schiedsgerichtsbarkeit des Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer (IHK); Interkantonales Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit vom 27. März 1969; Art. 58 BV , Art. 1 UWG . 1. Bestellung eines einzigen Schiedsrichters durch das Schiedsgericht der IHK gemäss Art. 7 (2) Abs. 3 der Vergleichs- und Schiedsordnung der IHK (VSO). Art. 58 BV (E. 2). 2. Legitimation zur Geltendmachung einer Verletzung des Konkordats. Die Bestimmungen der VSO über Zahl und Bestellung der Schiedsrichter durch die Parteien gehen denjenigen des Konkordats (Art. 10 und 11) vor (E. 4). 3. Überprüfung der Anwendung von Art. 7 (2) Abs. 3 VSO durch das Bundesgericht (E. 5). 4. Art. 1 UWG . Abmachung über die Befugnis gewisse Maschinen herzustellen. Vertragsbruch. Schiedsurteil, das die Herstellung und den Verkauf von Maschinen verbietet, solange diese gewisse Merkmale aufweisen, die von der Abmachung erfasst werden (E. 12). 5. Wirkungen der Gutheissung einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Entscheid einer kant. Behörde, die die Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Schiedsurteil abgewiesen hat (E. 13).
Sachverhalt ab Seite 494 BGE 102 Ia 493 S. 494 La maison Meiki Co. Ltd (ci-après: Meiki), ayant son siège à Nagoya (Japon), a conclu le 9 juillet 1965 une convention avec la maison Bucher-Guyer S.A., Ateliers de construction BGE 102 Ia 493 S. 495 (ci-après: Bucher), à Niederweningen. Selon cette convention, Meiki a notamment conféré à Bucher le droit exclusif, la licence et le privilège de construire en Europe selon les plans et spécifications de Meiki et selon les brevets que Meiki possédait ou pouvait posséder à l'avenir certains types de machines à injecter des matières thermoplastiques et des presses à chaud pour laminer des feuilles plastiques. Elle lui a aussi conféré le droit de vendre ces machines en Europe. Meiki devait fournir à Bucher les données nécessaires à la fabrication (dessins, plans, descriptifs, know-how, etc.) ainsi que toute l'assistance technique requise (y compris le personnel adéquat). En contrepartie, Bucher s'est engagée à payer à Meiki une redevance initiale de 30'000 dollars des Etats-Unis d'Amérique dans les 30 jours dès la conclusion de la convention, ainsi que des royautés correspondant à 4% du prix de vente net de toute machine Meiki fabriquée et vendue par Bucher. Celle-ci était d'autre part autorisée à faire breveter les améliorations qu'elle pourrait apporter aux machines en question; elle devait octroyer à Meiki une licence exclusive et gratuite de fabrication et de vente des machines concernant les améliorations brevetées, pour les pays situés hors d'Europe et des Etats-Unis d'Amérique. La durée de la convention était fixée en principe à dix ans dès la date du paiement de la redevance initiale; la convention pouvait cependant être résiliée sans délai dans certains cas déterminés, notamment en cas de violation matérielle (material breach) de ses dispositions. Selon l'article H-3, tout différend relatif à la convention ou à sa violation devait être réglé par arbitrage de la Chambre de Commerce Internationale à Genève, Suisse. Les 19-28 mars 1968, les parties ont conclu une convention additionnelle, aux termes de laquelle de nouveaux modèles de machines Meiki, SJ-40 et RJ-100, étaient ajoutés à ceux qui figuraient dans la liste contenue dans la convention de base. Le 31 janvier 1969, Bucher écrivit à Meiki une lettre demandant la revision des conventions passées entre les parties. Elle indiquait que, pour pouvoir vendre en Europe les machines à injecter des matières thermoplastiques, elle avait été dans l'obligation de modifier celles qui étaient offertes par Meiki, et de créer et mettre sur le marché en avril 1967 une nouvelle machine, dénommée RJ 100, qui, sauf un petit nombre de composantes, était entièrement différente des machines fabriquées par Meiki. BGE 102 Ia 493 S. 496 Elle proposait donc à cette dernière de ne payer la redevance que sur les parties de ses machines qui avaient été fabriquées conformément aux spécifications de Meiki et elle versait, pour 34 machines vendues en 1968, un montant de 348 fr. 85 par machine, soit de 11'860 fr. 90 au total. Estimant que Bucher avait violé ses obligations contractuelles, Meiki, par télégramme du 30 avril 1970, a déclaré résilier les conventions intervenues entre les parties; elle a fait interdiction à Bucher de fabriquer et de vendre des machines à injecter appliquant la technique Meiki et ayant fait l'objet de la convention de licence, ainsi que de fabriquer et de vendre des machines similaires, en réservant tous droits de demander à Bucher l'accomplissement de ses obligations contractuelles. Le 28 mai 1970, Bucher déclara son accord pour la résiliation immédiate des conventions, affirmant qu'elle était désormais libre d'agir à sa guise. Par requête du 8 juillet 1971, Meiki a saisi la Cour d'arbitrage de la Chambre de Commerce Internationale (CCI), à Paris, d'une demande d'arbitrage sollicitant la désignation d'un arbitre unique, résumant l'objet du litige et concluant notamment à ce que d'une part il soit fait interdiction à Bucher de fabriquer et de vendre des machines à injecter des matières thermoplastiques de n'importe quel type, ainsi que d'utiliser et de divulguer le know-how acquis de Meiki, et à ce que d'autre part Bucher soit condamnée à lui payer certains montants à titre de royautés et de dommages-intérêts. Par lettre du 17 août 1971, Bucher a demandé l'ouverture de la procédure de conciliation, conformément aux dispositions du "règlement de conciliation et d'arbitrage" de la CCI (ci-après: règlement CCI). En cas d'échec de la procédure de conciliation, l'arbitrage devrait avoir lieu à Genève, conformément aux règles prévues dans le règlement, la défenderesse se réservant le droit d'interjeter appel selon la législation genevoise. Elle a ajouté qu'un arbitre unique pouvait être désigné si l'on trouvait une personne qui convint aux deux parties. Sinon, Bucher insistait pour la nomination de trois arbitres, chaque partie désignant le sien et les deux arbitres ainsi désignés nommant le surarbitre. Meiki refusa toute tentative de conciliation et précisa qu'elle se contentait d'un arbitre unique, indépendant et impartial, devant être choisi par la CCI. BGE 102 Ia 493 S. 497 La Cour d'arbitrage communiqua le 9 septembre 1971 cette proposition à Bucher, l'attention de cette dernière étant attirée sur la suggestion relative à la désignation d'un arbitre unique, avec invitation à se déterminer à ce sujet avant la réunion de la Cour d'arbitrage. Bucher ne réagit pas. La Cour d'arbitrage, siégeant le 22 septembre 1971, a prié le Comité national canadien de la CCI de désigner un arbitre unique, constaté l'accord des parties sur le choix de Genève comme le lieu de l'arbitrage et fixé la provision d'arbitrage. Par lettre du 11 octobre 1971, Bucher, observant qu'elle s'était réservé le droit de voir le différend jugé par un tribunal composé de trois arbitres, insista pour obtenir satisfaction, invoquant la "complexité des questions soulevées" et le montant "irréaliste" réclamé par la demanderesse. Le 10 novembre 1971, la Cour d'arbitrage décida "de ne pas donner suite à la demande de la partie défenderesse tendant à la constitution d'un tribunal arbitral composé de trois arbitres, au lieu d'un arbitre unique". Le 16 décembre 1971, elle avisa la défenderesse que l'arbitre désigné était M. J.G. Castel, professeur à la York University, Ontario (Canada). Tout en signalant qu'elle excipait, devant ledit arbitre, de l'incompétence du Tribunal arbitral, Bucher accepta, sous toutes réserves, de verser la provision demandée pour l'arbitrage. En réponse à la requête présentée par la défenderesse le 7 janvier 1972, par laquelle celle-ci soulevait un déclinatoire d'incompétence, l'arbitre l'avisa que ce problème serait inclus dans la mission arbitrale devant être précisée en conformité de l'art. 19 du règlement CCI. Par sentence préliminaire datée du 10 octobre 1972, l'arbitre a rejeté l'exception d'incompétence soulevée par la défenderesse. L'arbitre a rendu le 29 décembre 1972 sa sentence sur le fond. Le dispositif de cette sentence, rendue en anglais, est ainsi conçu: "Je condamne la défenderesse 1) ... 2) ... 3) ... 4) à cesser, dès la date de la présente sentence, la fabrication et la vente des machines de la demanderesse mentionnées sous BGE 102 Ia 493 S. 498 section A (1) (a) et (b) et (c) du contrat de licence y compris les machines de la défenderesse TS 100, 150, 160 et 180 dans la mesure où les machines de la défenderesse utilisent encore les composantes suivantes basées sur la technique de la demanderesse, à savoir circuit de temperol, minuterie, vis, tambour et ajutage. 5) à cesser dès la présente sentence, d'utiliser d'une manière quelconque sur ses produits les know-how, renseignements techniques, ou autre propriété industrielle acquis de la demanderesse et qui ne sont pas tombés dans le domaine public. 6) à ne pas divulguer, révéler, vendre ou communiquer autrement le know-how à qui que ce soit ou à en permettre l'utilisation pour autant que le know-how ne soit pas tombé dans le domaine public. 7) ..." Bucher a formé, devant la Cour de justice du canton de Genève des recours en nullité contre la sentence préliminaire et contre la sentence sur le fond. Ces recours ont été rejetés par arrêt du 30 mai 1975. Bucher a attaqué, par la voie du recours de droit public, l'arrêt rendu par la Cour de justice. Erwägungen Considérant en droit: II. Sentence préliminaire 2. La recourante reproche à la Cour de justice d'avoir violé l' art. 58 Cst. en rejetant le recours formé contre la sentence du 10 octobre 1972 par laquelle l'arbitre a admis sa propre compétence. a) La convention du 9 juillet 1965 contient une clause compromissoire par laquelle les parties ont convenu de soumettre à l'arbitrage de la Chambre de Commerce Internationale (CCI) les différends résultant de la convention ou de sa violation. Dans son texte original anglais, cette clause a la teneur suivante: "Any controversy or claim, arising out of and relating to this agreement or breach thereof shall be settled by arbitration by the International Chamber of Commerce in Geneva, Switzerland". La Cour d'arbitrage de la CCI ne tranche pas elle-même les différends, mais, sauf stipulation contraire, nomme ou confirme les arbitres. Selon l'art. 7 (2) al. 3 du Règlement de conciliation et d'arbitrage de la CCI, "si les parties n'ont pas fixé d'un commun accord quel serait le nombre des arbitres, la Cour nomme un arbitre unique, à moins BGE 102 Ia 493 S. 499 que l'une d'elles ne demande que le litige soit soumis à trois arbitres et que le différend ne paraisse à la Cour assez important pour justifier la désignation de trois arbitres...". Dans sa demande d'arbitrage, l'intimée avait requis la nomination d'un arbitre unique. La recourante insista en revanche pour que trois arbitres soient désignés, à moins que les parties ne puissent s'entendre sur la personne d'un seul arbitre. Elle n'a cependant pas réagi lorsque le Secrétaire général de la Cour d'arbitrage l'a invitée à se déterminer sur la réponse de l'intimée, qui confirmait requérir la nomination d'un arbitre unique; c'est à cette dernière solution que s'est arrêtée la Cour d'arbitrage, qui a maintenu sa décision après que la recourante lui eut demandé de la reconsidérer. b) L' art. 58 Cst. garantit au justiciable le droit de voir les litiges auxquels il est partie être soumis à un tribunal compétent et régulièrement constitué d'après les dispositions constitutionnelles, légales et réglementaires en vigueur ( ATF 92 I 275 , ATF 91 I 401 ). En l'espèce, le tribunal qui a statué tire sa compétence d'une clause compromissoire convenue par les parties. La validité de cette clause n'est pas discutée. La recourante ne soutient pas qu'elle serait inapplicable au litige. Elle conteste en revanche la régularité de la composition du tribunal arbitral, affirmant n'être pas liée à cet égard par le règlement CCI. C'est ainsi que, dans la lettre qu'elle adressa le 17 août 1971 à la Cour d'arbitrage, elle n'avait accepté de se soumettre à la décision d'un arbitre unique que si celui-ci était désigné par accord des parties; elle exigeait sinon la nomination de trois arbitres. La recourante relève en outre que la clause compromissoire adoptée par les parties ne reprenait pas la formule type recommandée par la CCI et ainsi conçue: "Tous différends découlant du présent contrat seront tranchés définitivement suivant le Règlement de Conciliation et d'Arbitrage de la Chambre de Commerce Internationale par un ou plusieurs arbitres nommés conformément à ce Règlement." c) L'arbitrage organisé par la CCI est un arbitrage institutionnel, créé par un organisme de droit privé de caractère international, régi par un règlement adopté par la Chambre afin de faire trancher rapidement les litiges commerciaux par BGE 102 Ia 493 S. 500 des personnes qualifiées, et auquel les commerçants de nombreux pays ont coutume de se soumettre ( ATF 84 I 50 , SIMON, Die Schiedsgerichtsbarkeit der Internationalen Handelskammer, in Die Schiedsgerichtsbarkeit in Zivil- und Handelssachen in Europa, publié par A. Schönke, Berlin 1944, t. I, p. 50 ss; KLEIN, Considérations sur l'arbitrage en droit international privé, p. 29; LALIVE, Problèmes relatifs à l'arbitrage international commercial, Recueil des Cours de l'Académie de droit international de La Haye, 1967 I 664). Les parties qui, sans formuler de réserve, déclarent vouloir se soumettre à l'arbitrage de la CCI acceptent de ce fait que les arbitres soient choisis conformément aux règles établies par cette Chambre. Dans la clause compromissoire qu'elles ont adoptée en l'espèce, les parties ne se sont certes pas référées expressément au règlement CCI; mais l'application de ce dernier était sous-entendue. L'art. 13 (1) du règlement dispose d'ailleurs que "lorsque les parties conviennent d'avoir recours à l'arbitrage par les soins de la Chambre de Commerce Internationale, elles se soumettent par là même au présent Règlement". A tort la recourante croit pouvoir tirer argument de la différence de texte entre la clause compromissoire adoptée et la formule type recommandée par la CCI. Si cette dernière a prévu, en dehors du texte de son règlement, une telle formule, dans le but de faciliter l'insertion de clauses compromissoires dans les contrats, cela ne saurait entraîner l'invalidité de toute autre formule choisie par les parties. Il convient en outre de relever que, dans sa lettre du 17 août 1971 à la Cour d'arbitrage, la recourante déclara expressément admettre l'application du règlement CCI, sous réserve seulement du droit d'appel selon la législation genevoise. C'est dès lors à juste titre que sa requête tendant à la désignation de trois arbitres a été examinée au regard de l'art. 7 (2) al. 3 du règlement CCI, applicable in casu. En écartant le grief fondé sur l' art. 58 Cst. , la Cour de justice n'a donc pas violé cette disposition. 4. La recourante soutient que la Cour de justice a admis la compétence d'un arbitre unique en violation des art. 10 et 11 du concordat intercantonal sur l'arbitrage, du 27 mars 1969, approuvé par le Conseil fédéral le 27 août 1969 (CIA); elle considère donc que l'autorité cantonale aurait dû déclarer le recours bien fondé en tant qu'il se basait sur les art. 36 lettres a et b CIA. BGE 102 Ia 493 S. 501 Selon un ancien arrêt, seuls les ressortissants des cantons concordataires ont qualité pour invoquer une violation du concordat ( ATF 54 I 148 ). La doctrine, qui se réfère à cette jurisprudence, assimile les concordats aux traités internationaux, qui n'accordent en général des droits qu'aux ressortissants des Etats liés entre eux (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 358; MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, p. 32/33; KIRCHOFER, Über die Legitimation zum staatsrechtlichen Rekurs, RDS 55, p. 180; VETSCH, Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Konkordaten, p. 53). En l'espèce, la recourante a son siège dans un canton qui n'a pas adhéré au CIA. Il convient cependant de relever qu'aux termes de l'art. 1er al. 1 CIA, ce concordat s'applique à toute procédure par-devant un tribunal arbitral dont le siège se trouve sur le territoire de l'un des cantons concordataires - ce qui est le cas en l'espèce - et que l'art. 369 de la loi genevoise de procédure civile, du 13 octobre 1920, prescrit que l'arbitrage est régi par les dispositions du concordat d'arbitrage, approuvé par le Conseil fédéral le 27 avril 1969 et entré en vigueur dans le canton le 12 janvier 1971. Le recours en nullité contre la décision arbitrale, prévu aux art. 36 ss CIA, pouvait ainsi être formé par les parties, qu'elles aient ou non leur domicile ou leur siège dans un canton concordataire. Elles doivent également pouvoir alléguer, devant le Tribunal fédéral, la violation des dispositions du concordat en formant, contre la décision rendue par l'autorité cantonale compétente au sens de l'art. 3 CIA, un recours de droit public pour violation du concordat ( art. 84 al. 1 lettre b OJ ). Peu importe à cet égard qu'elles soient domiciliées ou qu'elles aient leur siège dans un canton qui n'a pas adhéré au CIA ou à l'étranger (cf. ATF 98 Ia 230 consid. 2a, ainsi qu' ATF 100 Ia 422 ). Le grief de violation du concordat intercantonal d'arbitrage est ainsi recevable. Il est toutefois mal fondé. L'art. 1er al. 2 CIA réserve en effet l'application des règlements d'arbitrage d'institutions privées ou publiques ainsi que des compromis d'arbitrage et des clauses compromissoires, dans la mesure où ils ne contreviennent pas aux dispositions impératives du concordat; énumérées à l'art. 1er al. 3 CIA, celles-ci ne comprennent ni l'art. 10 (nombre des arbitres) ni l'art. 11 (désignation par les parties). Les dispositions du règlement d'arbitrage de la CCI priment donc sur ces points celles du concordat, de BGE 102 Ia 493 S. 502 telle sorte que ces deux articles ne sont pas applicables en l'espèce. 5. La recourante soutient subsidiairement que l'art. 7 du règlement CCI n'a pas été correctement appliqué; en rejetant ce grief, la Cour de justice aurait violé l' art. 4 Cst. ainsi que l'art. 36 lettres a et b CIA. a) Selon la jurisprudence, le Tribunal fédéral, saisi d'un recours de droit public formé pour violation d'un concordat ( art. 84 al. 1 lettre b OJ ), examine librement les griefs invoqués, quelle que soit la nature du concordat ( ATF 101 Ia 527 , ATF 100 Ia 422 consid. 3). Toutefois, le grief que la recourante soulève ne vise pas l'interprétation du concordat comme tel, mais celle du règlement CCI. Le Tribunal fédéral ne peut l'examiner que sous l'angle restreint de l'arbitraire. Il ne saurait en effet avoir à cet égard un pouvoir de cognition plus étendu que celui dont il dispose, dans le cadre de l' art. 58 Cst. , lorsqu'il se prononce sur l'application de la législation cantonale relative à la composition des tribunaux ( ATF 98 Ia 359 consid. 2). b) L'art. 7 (2) al. 3 du règlement CCI prévoit que lorsque les parties n'ont pas convenu elles-mêmes du nombre des arbitres, la Cour d'arbitrage nomme un arbitre unique, à moins que l'une des parties ne demande que le litige soit soumis à trois arbitres, et que le différend ne paraisse à la Cour assez important pour justifier l'admission de cette requête. Dans sa sentence préliminaire, l'arbitre désigné par la Cour a déclaré que celle-ci était seule compétente pour décider du nombre des arbitres, et que cette décision ne pouvait être contestée ni devant l'arbitre, ni devant les tribunaux genevois. Il est toutefois évident que la décision de la Cour d'arbitrage peut être soumise indirectement à l'autorité judiciaire genevoise, dans le cadre du recours en nullité formé contre la sentence arbitrale. La Cour de justice a effectivement reçu le recours, qu'elle a rejeté en déclarant que l'appréciation faite par la Cour d'arbitrage n'était pas arbitraire. c) La recourante reproche à la Cour de justice d'avoir relevé qu'elle avait omis de motiver clairement sa prétention concernant la nomination de trois arbitres. Ce grief n'est pas fondé. Au surplus, la constatation de la Cour de justice sur ce point n'a qu'un caractère accessoire. En effet, ni le Secrétaire BGE 102 Ia 493 S. 503 général de la Cour d'arbitrage, ni l'arbitre n'ont soutenu que c'est à la suite de la carence de la recourante que la Cour d'arbitrage avait décidé la nomination d'un arbitre unique. d) La recourante reproche à l'autorité cantonale de ne pas avoir examiné elle-même si l'importance du litige justifiait la désignation de trois arbitres, mais de s'être bornée à constater que la Cour d'arbitrage pouvait valablement faire application de l'art. 7 (2) al. 3 du règlement CCI et nommer un arbitre unique "puisqu'elle estimait que le différend ne paraissait pas assez important pour justifier la nomination de plusieurs arbitres". Il est certes exact que la valeur litigieuse était en l'espèce élevée. Mais on peut se demander si le règlement CCI, en se référant à l'importance du litige, vise nécessairement le montant des prétentions pécuniaires des parties. Tel paraît être l'avis de M. Frédéric Eisemann; alors qu'il était Secrétaire général de la Cour d'arbitrage de la CCI, il déclara, dans un exposé présenté en 1971 devant le Comité national autrichien de la CCI: "Wenn sich die Parteien darauf nicht einigen können, ist nach der gegenwärtigen Schiedsordnung der Schiedsgerichtshof sogar gezwungen, drei Schiedsrichter zu bestellen, sofern nur eine höhere Summe im Spiel steht, mag der Fall auch sonst keinerlei Komplexität aufweisen" (Welthandelsschiedsgerichtsbarkeit - heute, Vienne 1971, p. 8). Cette interprétation ne saurait toutefois engager la Cour d'arbitrage; elle ne résulte pas directement du texte du règlement, qui laisse à la Cour toute liberté d'appréciation. A moins que le litige ne lui paraisse "particulièrement important", la Cour préfère généralement désigner un arbitre unique, en partant de l'idée que, lorsque chaque partie désigne son arbitre, c'est en général, le surarbitre qui prend en réalité seul la décision (SIMON, loc.cit., p. 59; WEISBART, Vergleichs- und Schiedsgerichtsordnung der internationalen Handelskammer, in Internationales Jahrbuch für Schiedsgerichtswesen in Zivil- und Handelssachen, II 1928, n. 2 ad art. 11, p. 278; IV 1934, n. 2 ad art. 12, p. 37). Dans ces conditions, la sentence arbitrale n'aurait pu être annulée en raison de la désignation d'un arbitre unique que s'il avait été démontré, d'une façon indubitable, que, dans le cas particulier, l'importance du litige était telle qu'elle appelait nécessairement la présence de trois arbitres. La recourante ne BGE 102 Ia 493 S. 504 l'a pas établi; elle avait d'ailleurs elle-même considéré qu'un seul arbitre pouvait suffire si les parties s'entendaient sur son choix. La Cour de justice n'a donc pas commis arbitraire en considérant que la décision de la Cour d'arbitrage n'avait pas été rendue en violation du règlement CCI, et que la sentence préliminaire ne pouvait être annulée de ce chef. e) La recourante reproche à la Cour d'arbitrage, à l'arbitre et à la Cour de justice d'avoir omis de motiver leurs décisions quant au choix d'un arbitre unique, ce qui entraînerait l'annulation de l'arrêt entrepris. Ce grief n'est pas fondé. Il convient de relever tout d'abord que seules les décisions de la Cour d'arbitrage ne sont pas motivées. Cette cour considère en effet que "l'appréciation de l'importance du litige est un pouvoir discrétionnaire de la Cour" (cf. la lettre adressée à l'intimée le 14 décembre 1973 par le Secrétaire général de la Cour d'arbitrage). Aucune disposition du règlement CCI n'oblige la Cour à motiver ses décisions: par ailleurs, on peut admettre qu'une motivation n'est pas indispensable lorsque, comme en l'espèce, la décision de la Cour ne porte que sur le nombre des arbitres. En tant qu'il rejette les recours en nullité formés contre la sentence du 10 octobre 1972, l'arrêt de la Cour de justice ne viole ni les droits constitutionnels invoqués par la recourante, ni les dispositions du concordat intercantonal sur l'arbitrage. Le recours doit ainsi, sur ce point, être rejeté dans la mesure où il est recevable. III. Sentence sur le fond 12. Dans le point 4 du dispositif de sa sentence, l'arbitre a fait interdiction à la défenderesse de continuer à fabriquer et à vendre les machines visées par la convention, y compris les machines de la défenderesse TS 100, 150, 160 et 180, dans la mesure où ces machines utilisent encore les composantes suivantes basées sur la technique de la demanderesse, à savoir circuit de temperol, minuterie, vis et ajutage. Dans les points 5 et 6, il a fait interdiction à la défenderesse d'utiliser le know-how, les renseignements techniques ou autre propriété industrielle acquis de la demanderesse, ou à divulguer, révéler, vendre ou communiquer ce know-how ou à en permettre BGE 102 Ia 493 S. 505 l'utilisation; toutefois, en ce qui concerne ces deux points, l'interdiction ne vise que le know-how et les renseignements qui ne sont pas tombés dans le domaine public. En revanche, une telle réserve ne figure pas dans le point 4. a) Pour interdire à la défenderesse de continuer à fabriquer et à vendre les machines susvisées, l'arbitre s'est référé à l'art. 1er de la loi fédérale sur la concurrence déloyale, du 30 décembre 1943 (LCD), et plus particulièrement à la lettre d du deuxième al. de cette disposition; il a déclaré que le fait pour la défenderesse de continuer à fabriquer des machines similaires constituerait clairement un cas de concurrence déloyale au sens de la disposition légale précitée. Répondant au grief d'arbitraire invoqué par la recourante, la Cour de justice s'est contentée d'une motivation sommaire, déclarant que l'argumentation de l'arbitre, fondée sur des principes dégagés par la jurisprudence fédérale ( ATF 93 II 278 /279, ATF 92 II 206 ; JdT 1952 I 202) et par la doctrine (V. BÜREN, Kommentar, allgemeines No 78; Generalklausel No 60, p. 64; Nos 5 à 7 ad art. 1er lettres f et g), n'était nullement arbitraire, même si, en regard de certaines nuances, elle était peut-être discutable. La recourante affirme que la décision de la Cour de justice est, sur ce point, insoutenable. Selon la jurisprudence et la doctrine, l'imitation de procédés tenus secrets peut être interdite, mais non celle de procédés tombés dans le domaine public. Il y aurait contradiction entre la décision de l'arbitre qui lui interdit d'une manière absolue de fabriquer et de vendre les machines visées par la sentence et celle qui ne lui interdit d'utiliser ou de divulguer le know-how acquis de l'intimée qu'en tant que celui-ci n'est pas tombé dans le domaine public. b) Selon l' art. 1er al. 1 LCD (clause générale), est réputé concurrence déloyale tout abus de la concurrence économique résultant d'une tromperie ou d'un autre procédé contraire aux règles de la bonne foi. L'art. 1er al. 2 lettres a-k LCD énumère différents cas particuliers de violation de ces règles. En l'espèce, l'arbitre s'est expressément référé à l'art. 1er al. 2 lettre d, aux termes duquel enfreint les règles de la bonne foi celui qui "prend des mesures destinées ou de nature à faire naître une confusion avec les marchandises, les oeuvres, l'activité ou l'entreprise d'autrui". Il a d'autre part appliqué, sans le dire expressément, l' art. 2 al. 1 lettre b LCD , qui permet BGE 102 Ia 493 S. 506 à celui qui est atteint ou menacé par un acte de concurrence déloyale de demander la cessation de cet acte. Il convient de constater que ni l'arbitre, ni la Cour de justice n'expliquent en quoi l'art. 1er al. 2 lettre d LCD serait applicable en l'espèce. Il n'a pas été allégué devant l'arbitre que la défenderesse cherchait, par la fabrication et la vente de ses machines, à créer une confusion avec les produits de l'intimée, de sorte que la sentence ne peut se fonder sur la disposition précitée. Visant d'une manière générale l' art. 1er LCD , l'arbitre paraît toutefois avoir entendu faire application de la clause générale contenue au premier al. de cette disposition. Dans les motifs concernant l'interdiction d'utiliser et de divulguer le know-how, il s'est expressément référé aux arrêts rendus par le Tribunal fédéral dans les causes Widmer c. Rymann A.G. ( ATF 93 II 275 ) et Kunz c. Zürrer ( ATF 77 II 266 ), et l'on peut admettre qu'il a voulu se fonder sur les principes juridiques énoncés dans cette jurisprudence également en ce qui concerne l'interdiction de fabrication et de vente. Dans l'arrêt Kunz c. Zürrer, le Tribunal fédéral a considéré qu'un acte de concurrence déloyale peut résulter de la violation d'une obligation de fidélité assumée dans un contrat d'entreprise; ainsi, l'entrepreneur auquel la construction d'un appareil avait été confiée agissait contrairement à la bonne foi, au sens de l' art. 1er LCD , s'il exploitait l'idée de construction après la fin du contrat, alors même qu'il n'existait plus de secret à ce moment. Mais l'arbitre a omis de tenir compte des réserves que contient cet arrêt: en l'espèce, l'interdiction de fabriquer l'appareil en question était motivée par le fait que l'industriel qui fabriquait le produit le premier pouvait être en mesure de couvrir les besoins du marché pour une longue période, de sorte que le secret qui existait lors de la conception de l'appareil permettait à son constructeur d'éliminer pratiquement toute concurrence; l'arrêt précise au surplus que l'entrepreneur pourrait fabriquer et vendre l'objet en cause si un autre fabricant mettait sur le marché, sans son fait, un appareil de même nature (consid. 3b, publié in JdT 1952 I 208). Dans l'arrêt Widmer c. Rymann, le Tribunal fédéral a admis que l'obligation de conserver le secret devient sans objet si l'idée qui est à la base de ce secret est tombée dans le domaine public. Lorsque la collaboration entre le maître de BGE 102 Ia 493 S. 507 l'ouvrage et l'entrepreneur a pris fin et que le secret n'existe plus, il n'y a plus place pour une obligation de fidélité. Celle-ci ne survit au contrat que lorsque le maître de l'ouvrage rapporte la preuve de l'existence de son intérêt juridique dans ce sens, soit lorsque l'entrepreneur utilise à son profit une idée qui appartient encore audit maître. Mais l'intérêt de pur fait de ce dernier à ne pas être concurrencé ne saurait être pris en considération. Quant à l'auteur cité par la Cour de justice, il se réfère essentiellement à l'arrêt Kunz c. Zürrer. c) En l'espèce, l'arbitre s'est fondé sur l' art. 1er LCD et spécialement sur son al. 2 lettre d sans indiquer quels étaient les principes juridiques ou les circonstances particulières qui l'autorisaient à faire interdiction absolue à la défenderesse de continuer à fabriquer et à vendre ses machines aussi longtemps que celles-ci contiendraient certaines caractéristiques tirées des machines de la demanderesse. Ayant rompu le contrat, cette dernière ne pouvait en exiger la continuation. Il était donc exclu, en principe, qu'elle requît qu'il fût fait défense à Bucher de fabriquer ou de vendre des machines contenant lesdites caractéristiques, à moins de prouver que ces caractéristiques ou le mode de fabrication des machines constituent toujours un secret, preuve qu'elle n'a pas rapportée. L'arbitre à déclaré lui-même que le cylindre et la vis caractéristiques des machines Meiki ne pouvaient constituer un secret. Par ailleurs, se référant aux arrêts susmentionnés du Tribunal fédéral, l'arbitre a admis qu'il n'y avait lieu de faire défense à Bucher d'utiliser le know-how acquis de Meiki qu'aussi longtemps que celui-ci n'était pas "publiquement connu". Il n'a pas expliqué, comme le relève justement la recourante, pourquoi il n'appliquait pas la même règle à la défense de fabriquer des machines. La Cour de justice ne s'est pas non plus prononcée à ce sujet. C'est dès lors arbitrairement que, dans le point 4 du dispositif, l'arbitre a fait défense à Bucher de fabriquer et de vendre les machines en cause, aussi longtemps qu'elles contiendraient certaines caractéristiques, et ce sans aucune autre limitation. La Cour de justice a donc commis arbitraire en rejetant à cet égard le recours de la défenderesse. 13. Les sentences arbitrales ne peuvent être attaquées directement, par la voie du recours de droit public, devant le BGE 102 Ia 493 S. 508 Tribunal fédéral ( ATF 71 I 35 , ATF 67 I 34 ; arrêt du 8 mars 1974 en la cause Thönen; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 311). En revanche, ce dernier peut être saisi d'un recours formé contre la décision de l'autorité judiciaire prévue à l'art. 3 CIA et statuant sur un recours en nullité attaquant la sentence arbitrale. Lorsque, comme en l'espèce, le recours doit être admis, la décision attaquée est annulée. La cause est renvoyée à l'autorité cantonale, à laquelle il appartient de dire si elle annule la sentence dans son entier ou si l'annulation ne porte que sur certains chefs seulement. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral, 1. Rejette le recours en tant qu'il est dirigé contre la décision de la Cour de justice écartant les recours en nullité formés contre la sentence préliminaire du 10 octobre 1972. 2. Admet le recours dans la mesure où il est recevable et annule l'arrêt de la Cour de justice en tant qu'il a rejeté le recours en nullité formé contre la sentence sur le fond du 29 décembre 1972.
public_law
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
e13cbeec-5a5c-4009-8fe1-7a48ab05cfcc
Urteilskopf 116 IV 233 44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. November 1990 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 51 Abs. 1, Art. 92 Abs. 1 SVG , Art. 54 Abs. 2, Art. 96 VRV ; Sicherung der Unfallstelle; anwendbare Strafbestimmung. Art. 54 Abs. 2 VRV , der keine Verkehrsregel darstellt und sich auf Art. 106 Abs. 1 SVG stützt, begründet keine neue, selbständige Pflicht, sondern konkretisiert nur Art. 51 Abs. 1 SVG . Die Unterlassung der sofortigen Benachrichtigung der Polizei zum Zwecke der unverzüglichen Beseitigung einer Gefahr ist daher ausschliesslich nach Art. 92 Abs. 1 SVG zu bestrafen. Allein bei der Verletzung von VRV-Bestimmungen mit gesetzesvertretendem Charakter findet Art. 96 VRV Anwendung. Zwischen den Strafbestimmungen von 92 Abs. 1 SVG und Art. 96 VRV besteht kein qualitativer Unterschied, so dass die irrtümliche Anwendung der einen anstelle der anderen mangels Auswirkung auf das Strafmass im Ergebnis Bundesrecht nicht verletzt.
Sachverhalt ab Seite 234 BGE 116 IV 233 S. 234 A.- X. erlitt in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 1988 auf der Heimfahrt von einem geschäftlichen Weihnachtsessen in angetrunkenem Zustand (Blutalkoholkonzentration von rund 1,5 Gewichtspromillen) mit seinem Personenwagen einen Unfall. Er liess das stark beschädigte Fahrzeug auf der J 18 in Richtung Reinach vor dem Schänzlitunnel im Bereich einer scharfen Linkskurve am linken Strassenrand verkehrsbehindernd stehen, ging nach Hause und unterliess es, die Polizei zu benachrichtigen. B.- Das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft (Dreiergericht II) sprach X. am 20. Oktober 1989 des Autofahrens in angetrunkenem Zustand, der Vereitelung einer Blutprobe sowie des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall (im Sinne von Art. 54 Abs. 2 VRV ) schuldig und verurteilte ihn gemäss Art. 91 Abs. 1 und 3 sowie Art. 92 Abs. 1 SVG zu einer (unbedingten) Gefängnisstrafe von vier Wochen. Es sprach ihn in Abänderung des Strafbefehls in den übrigen Anklagepunkten frei, da dessen Aussagen, er habe nicht einen Selbstunfall erlitten, sondern sei mit einen unkorrekt fahrenden roten Auto kollidiert und habe seinen danach nicht mehr fahrbaren Wagen nur noch ausrollen lassen, nicht widerlegt werden konnten. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft hiess die von X. eingereichte Appellation am 3. April 1990 teilweise gut. Es sprach ihn vom Vorwurf der Vereitelung einer Blutprobe frei, bestätigte den Schuldspruch wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand ( Art. 91 Abs. 1 SVG ), sprach ihn in Abänderung des Entscheids des Strafgerichts gestützt auf Art. 96 VRV - statt gemäss Art. 92 Abs. 1 SVG - des pflichtwidrigen Verhaltens nach einem Unfall (im Sinne von Art. 54 VRV ) schuldig und verurteilte ihn zu einer (unbedingten) Gefängnisstrafe von drei Wochen. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Entscheid des Obergerichts vom 3. April 1990 sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung von X. auch wegen Vereitelung einer Blutprobe ( Art. 91 Abs. 3 SVG ) sowie wegen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall gemäss Art. 92 Abs. 1 SVG - statt gemäss BGE 116 IV 233 S. 235 Art. 96 VRV in Verbindung mit Art. 54 VRV - an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 92 Abs. 1 SVG wird mit Haft oder mit Busse bestraft, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt. Art. 51 SVG regelt das "Verhalten bei Unfällen": Ereignet sich ein Unfall, an dem ein Motorfahrzeug oder Fahrrad beteiligt ist, so müssen alle Beteiligten sofort anhalten. Sie haben nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen (Abs. 1). Sind Personen verletzt, so haben alle Beteiligten für Hilfe zu sorgen, ... . Die Beteiligten, in erster Linie die Fahrzeugführer, haben die Polizei zu benachrichtigen. ... (Abs. 2). Ist nur Sachschaden entstanden, so hat der Schädiger sofort den Geschädigten zu benachrichtigen und Namen und Adresse anzugeben. Wenn dies nicht möglich ist, hat er unverzüglich die Polizei zu verständigen (Abs. 3). Bei Unfällen auf Bahnübergängen haben die Beteiligten die Bahnverwaltung unverzüglich zu benachrichtigen (Abs. 4). Das "Verhalten bei Unfällen" wird auch in Art. 54-56 VRV geregelt. Art. 54 VRV betrifft die "Sicherung der Unfallstelle": Entstehen durch Unfälle, Fahrzeugpannen, herabfallende Ladungen, ausgeflossenes Öl usw. Verkehrshindernisse oder andere Gefahren, so müssen die Beteiligten, namentlich auch Mitfahrende, sofort Sicherheitsmassnahmen treffen (Abs. 1). Die Polizei ist sofort zu benachrichtigen, wenn eine Gefahr nicht unverzüglich beseitigt werden kann, namentlich auch wenn ausfliessende Flüssigkeiten offene Gewässer oder Grundwasser verunreinigen könnten. Wird der Bahnbetrieb behindert, z.B. wenn Fahrzeuge oder Ladungen auf Bahnanlagen fallen, so ist die Bahnverwaltung sofort zu verständigen (Abs. 2). Wer Vorschriften dieser Verordnung verletzt, wird, wenn keine andere Strafbestimmung anwendbar ist, gemäss Art. 96 VRV mit Haft oder mit Busse bestraft. a) Der infolge des Unfalls stark beschädigte, nach Darstellung des Beschwerdegegners nicht mehr fahrbare Personenwagen stand nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil und im erstinstanzlichen Entscheid im Bereich einer starken Linkskurve verkehrsbehindernd am linken Strassenrand. Die kantonalen Instanzen werfen dem Beschwerdegegner vor, dass er die ihm unter den gegebenen Umständen gemäss Art. 54 Abs. 2 VRV obliegende Pflicht zur sofortigen Benachrichtigung der Polizei zwecks unverzüglicher BGE 116 IV 233 S. 236 Beseitigung der vom liegengebliebenen Fahrzeug ausgehenden Gefahr verletzt habe. Das Strafgericht ist der Auffassung, dass der Beschwerdegegner durch die Verletzung dieser ihm nach Art. 54 Abs. 2 VRV obliegenden Pflicht zur Benachrichtigung der Polizei den Tatbestand von Art. 92 Abs. 1 SVG erfüllt habe. Das Obergericht hält demgegenüber dafür, dass die Verletzung einer in der VRV statuierten Pflicht betreffend das Verhalten nach einem Unfall nicht von Art. 92 Abs. 1 SVG erfasst werde, da in dieser Strafbestimmung nur von der Verletzung der Pflichten die Rede ist, die "dieses Gesetz" auferlegt, worunter einzig das SVG verstanden werden dürfe. Nach Meinung des Obergerichts ist daher der Beschwerdegegner wegen seines gemäss Art. 54 Abs. 2 VRV pflichtwidrigen Verhaltens nach dem Unfall nicht gestützt auf Art. 92 Abs. 1 SVG , sondern gestützt auf Art. 96 VRV , der ebenfalls Haft oder Busse androht, zu verurteilen. b) Die Staatsanwaltschaft macht in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zunächst geltend, der Beschwerdegegner habe dadurch, dass er sein beschädigtes Fahrzeug einfach an der fraglichen Stelle zurückliess und sich davonmachte, seine ihm nach Art. 51 Abs. 1 SVG obliegende Pflicht verletzt, "nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen"; allein schon aus diesem Grunde sei er gemäss Art. 92 Abs. 1 SVG zu verurteilen. Dem Beschwerdegegner wird indessen weder im angefochtenen Urteil noch im erstinstanzlichen Entscheid vorgeworfen, dass er nicht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 SVG nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs gesorgt habe, und es fehlen sowohl im angefochtenen Urteil als auch im erstinstanzlichen Entscheid tatsächliche Feststellungen, die es dem Kassationshof erlaubten, die Begründetheit eines solchen Vorwurfs zu prüfen. Dem Beschwerdegegner wird insoweit einzig zur Last gelegt, dass er nicht unverzüglich die Polizei benachrichtigte. Unter diesen Umständen hat sich der Kassationshof nicht mit der Frage zu befassen, ob der Beschwerdegegner allenfalls die Pflicht, nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen ( Art. 51 Abs. 1 SVG ) verletzt habe. Die Verletzung einer solchen Pflicht könnte im übrigen auch nicht Anknüpfungspunkt für eine Verurteilung wegen Vereitelung einer Blutprobe ( Art. 91 Abs. 3 SVG ) sein, um die es der Beschwerdeführerin offenbar in erster Linie geht. Entgegen den Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde ergibt sich die in Art. 54 Abs. 2 VRV statuierte Pflicht, sofort BGE 116 IV 233 S. 237 die Polizei zu benachrichtigen, wenn eine Gefahr nicht unverzüglich beseitigt werden kann, nicht unmittelbar aus Art. 51 Abs. 1 SVG . Von der Pflicht zum Beizug der Polizei ist lediglich in den Absätzen 2 und 3 von Art. 51 SVG die Rede, deren Voraussetzungen unstreitig nicht erfüllt sind. Art. 54 Abs. 2 VRV konkretisiert indessen die in Art. 51 Abs. 1 SVG festgelegte Pflicht, nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen, indem vorgeschrieben wird, dass die Polizei sofort zu benachrichtigen ist, wenn eine Gefahr nicht unverzüglich beseitigt werden kann. Diese Verordnungsbestimmung ist ohne Zweifel durch Art. 51 Abs. 1 in fine SVG in der Weise gedeckt, dass sie darin, in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 SVG , eine genügende gesetzliche Grundlage findet. Eine neue selbständige Pflicht für die Unfallbeteiligten, die eine entsprechende ausdrückliche Gesetzesdelegation voraussetzen würde und die Vorschrift zu einer gesetzesvertretenden Verordnungsbestimmung werden liesse (vgl. dazu BGE 103 IV 194 mit Hinweisen), enthält Art. 54 Abs. 2 VRV nicht (entgegen einer entsprechenden Formulierung in BGE 91 IV 211 zu Art. 56 Abs. 2 VRV ). Diese Bestimmung konkretisiert aber, wie gesagt, als Ausführungs- oder Vollziehungsvorschrift Art. 51 Abs. 1 SVG . Der Richter könnte schon auf dem Wege der teleologischen Auslegung von Art. 51 Abs. 1 in fine SVG auf eine Pflicht zum Beizug der Polizei erkennen, wie sie vom Verordnungsgeber in Art. 54 Abs. 2 VRV ausdrücklich statuiert wird. Art. 54 Abs. 2 VRV begründet mithin keine neue, d.h. keine nicht schon im Gesetz enthaltene Pflicht. Vielmehr verdeutlicht die VRV-Bestimmung in Konkretisierung von Art. 51 Abs. 1 SVG die nach einem Unfall bestehenden Pflichten. c) Den Tatbestand von Art. 92 Abs. 1 SVG erfüllt, wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm "dieses Gesetz" auferlegt. Art. 92 Abs. 1 SVG erwähnt im Unterschied zu Art. 90 Ziff. 1 SVG die Vollziehungsvorschriften des Bundesrates nicht. Die dem Beschwerdegegner einzig zur Last gelegte Unterlassung der sofortigen Benachrichtigung der Polizei zum Zweck der unverzüglichen Beseitigung der Gefahr, die von seinem nach dem Unfall liegengebliebenen Personenwagen ausging, verstösst nach den vorstehenden Ausführungen nicht nur gegen Art. 54 Abs. 2 VRV , sondern auch gegen Art. 51 Abs. 1 SVG . Der Beschwerdegegner hätte daher an sich gemäss Art. 92 Abs. 1 SVG bestraft werden müssen, zumal Art. 96 VRV nur zur Anwendung gelangt, "wenn keine andere Strafbestimmung anwendbar ist". Gleichwohl erweist sich BGE 116 IV 233 S. 238 der angefochtene Entscheid nicht als bundesrechtswidrig. In Fällen der vorliegenden Art kann auf eine Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils verzichtet werden, weil die Strafdrohungen in Art. 92 Abs. 1 SVG und in Art. 96 VRV gleich sind und die Pflicht, die der Beschwerdegegner missachtete, sowohl in Art. 51 Abs. 1 in fine SVG als auch in Art. 54 Abs. 2 VRV statuiert wird. Damit besteht keine qualitative Differenz zwischen den in Frage stehenden Strafnormen und ist auch eine Auswirkung auf das Strafmass auszuschliessen. Es ist auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es für die Entscheidung der vor allem interessierenden Frage, ob sich der Beschwerdegegner auch der Vereitelung einer Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG schuldig gemacht habe, entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft nicht erheblich ist, ob das ihm zur Last gelegte Verhalten gegen Art. 54 Abs. 2 VRV oder gegen Art. 51 Abs. 1 SVG verstosse und ob es gemäss Art. 96 VRV oder nach Art. 92 Abs. 1 SVG zu bestrafen sei. Der Vollständigkeit halber ist anzufügen, dass die Verletzung von VRV-Bestimmungen, die gesetzesvertretende Verordnungsvorschriften darstellen, aber nicht als Verkehrsregeln zu betrachten sind (dazu nachfolgend E. d), wie z.B. Art. 3a VRV (Tragen von Sicherheitsgurten), ausschliesslich gemäss Art. 96 VRV zu bestrafen sind. Hier enthält das SVG lediglich die Kompetenznorm - für das angeführte Beispiel Art. 54 Abs. 5 lit. a SVG -, während sich die den Verkehrsteilnehmer treffende Pflicht allein aus der VRV ergibt. d) Man kann sich zudem die - in der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgeworfene - Frage stellen, ob die in Art. 54 Abs. 2 VRV ausdrücklich statuierte und sich schon aus Art. 51 Abs. 1 in fine SVG ergebende Pflicht zur Benachrichtigung der Polizei zwecks Beseitigung von Gefahren eine "Verkehrsregel" im Sinne von Art. 90 SVG sei. Gemäss BGE 94 IV 28 , der einen Fall der Überschreitung der zulässigen Parkzeit betraf, gehören zu den Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 SVG sämtliche im III. Titel des Gesetzes ( Art. 26-57 SVG ) enthaltenen Bestimmungen und die gestützt darauf erlassenen bundesrätlichen Vollziehungsvorschriften (S. 32 E. 5). Demnach wären die in Art. 51 SVG und Art. 54 bis 56 VRV enthaltenen Vorschriften Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 SVG . Auch aus Art. 1 Abs. 2 SVG ergibt sich, dass die Art. 26-57 und damit eben auch Art. 51 SVG Verkehrsregeln enthalten. Eine BGE 116 IV 233 S. 239 solche Betrachtungsweise ist indessen zu absolut. Der Gesetzgeber hatte selber gewisse Zweifel, ob tatsächlich alle in Art. 26 bis 57 SVG enthaltenen Vorschriften und insbesondere auch die Pflichten betreffend das Verhalten bei Unfällen Verkehrsregeln seien, und er hat unter anderem gerade wegen dieser Zweifel die Verletzung der in Art. 51 SVG statuierten Pflichten in einer besonderen Strafbestimmung, Art. 92 SVG , geregelt (siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 1955 II S. 61; Sten.Bull. SR 1958 S. 133; vgl. auch SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des SVG, 1964, S. 156; BUSSY/RUSCONI, Code Suisse de la circulation routière, art. 92 LCR, n. 1.1). In der Tat mag man zwar die in Art. 51 Abs. 1 SVG bzw. Art. 54 Abs. 1 VRV statuierten Pflichten, sofort anzuhalten und nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen bzw. Sicherheitsmassnahmen zu treffen, noch als Verkehrsregeln qualifizieren; die Pflicht zur Benachrichtigung der Polizei kann aber nicht mehr als "Verkehrsregel" begriffen werden.
null
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e13f10a2-19f7-4b8c-bdcf-2770c77e1f54
Urteilskopf 121 III 460 89. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 6 décembre 1995 dans la cause B. et consorts contre Société coopérative C. (recours en réforme)
Regeste Einführung gesonderter Nebenkosten nach den tatsächlichen Aufwendungen des Vermieters mit Akontozahlungen. Amtliches Formular und Begründungspflicht (Art. 257a Abs. 2, 257b Abs. 1, 269d Abs. 3 OR, Art. 19 Abs. 1 lit. b VMWG ). Mangels einer besonderen Vereinbarung sind die Nebenkosten im Nettomietzins inbegriffen. Bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen kann dieses System vom Vermieter einseitig geändert werden, wobei dem Mieter die Anfechtungsmöglichkeiten offen stehen (E. 2). Art. 269d Abs. 3 OR macht einseitige Vertragsänderung nicht von veränderten Umständen abhängig (E. 3). Einseitige Vertragsänderungen müssen auf dem amtlichen Formular erklärt und begründet werden, wobei die Erfordernisse der qualifizierten Schriftform zu erfüllen sind (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 460 BGE 121 III 460 S. 460 A.- B., les époux P., J., F., D., les époux C., les époux L., ainsi que les époux M. sont tous locataires d'un appartement dans l'immeuble locatif appartenant à la société coopérative C., et ce depuis 1984 ou 1985 selon BGE 121 III 460 S. 461 les cas. Leurs contrats de bail fixent un loyer net minimum, ainsi qu'un montant d'acompte pour le chauffage et l'eau chaude. Sous réserve des charges de préférence et taxes publiques, d'autres frais accessoires n'ont pas été mis à leur charge. Par courrier recommandé du 8 novembre 1991, la société coopérative C. les a informés de l'introduction du système des coûts effectifs, avec versement d'acomptes, pour la perception de certains frais accessoires précédemment compris dans le loyer; y étaient annexées une formule de notification de nouvelles prétentions et une formule de notification de hausse de loyer. B.- Les locataires ont contesté cette modification de leurs contrats de bail devant la Commission de conciliation en matière de baux à loyer du district de Lausanne. La conciliation ayant échoué, la société coopérative C. a ouvert action devant le Tribunal des baux du canton de Vaud. Par jugement du 8 avril 1994, celui-ci a jugé que les nouvelles prétentions émises le 8 novembre 1991 n'étaient pas abusives et a confirmé les nouveaux loyers et acomptes de frais accessoires. Saisie d'un recours en réforme des défendeurs, la Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud l'a rejeté et a confirmé le jugement attaqué par arrêt du 26 juillet 1994. C.- Les défendeurs interjettent un recours en réforme au Tribunal fédéral contre cet arrêt, concluant à ce que les nouvelles prétentions de la demanderesse, qu'ils considèrent comme abusives, soient rejetées. La demanderesse conclut au rejet du recours et à la confirmation de l'arrêt attaqué. Le Tribunal fédéral a admis le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. D'après l'autorité cantonale, l' art. 269d al. 3 CO autorise la demanderesse à modifier unilatéralement le contrat et à introduire le système de la perception de certains frais accessoires selon la méthode des coûts effectifs. Les défendeurs lui reprochent d'avoir violé l' art. 257a CO , le principe "pacta sunt servanda" et le principe de la confiance. Ils soutiennent que les frais accessoires à la charge du locataire doivent être mentionnés de manière claire dans le contrat et que cet accord spécial ne peut pas être modifié unilatéralement par le bailleur. De plus, le locataire qui a accepté des frais accessoires inclus forfaitairement devrait pouvoir compter conserver un loyer régulier et, partant, toute modification unilatérale serait contraire au principe de la confiance. BGE 121 III 460 S. 462 a) aa) Selon l' art. 257a al. 2 CO , les frais accessoires ne sont à la charge du locataire que si cela a été convenu spécialement. Pour les baux d'habitations et de locaux commerciaux, ils comprennent les dépenses effectives du bailleur pour des prestations en rapport avec l'usage de la chose, telles que frais de chauffage, d'eau chaude et autres frais d'exploitation ( art. 257b al. 1 CO ). La loi exige donc que les parties s'entendent spécialement sur les frais accessoires, dont les postes effectifs doivent être détaillés (HIGI, Zürcher Kommentar, n. 13 ad art. 257a-257b CO ; USPI, Droit suisse du bail à loyer, n. 18 ad art. 257-257b CO ; OBERLE, Nebenkosten, Heizkosten, Zurich 1995, p. 32). Ces frais peuvent être perçus sur la base d'un décompte, que le bailleur doit établir au moins une fois par an ( art. 4 al. 1 OBLF ; RS 221.213.11), ou de manière forfaitaire, calculée sur la moyenne d'une période de trois ans ( art. 4 al. 2 OBLF ). Le bailleur ne peut facturer au locataire d'autres frais accessoires que ceux convenus (USPI, op.cit., n. 23 ad art. 257-257b CO ). A défaut de convention, ceux-ci sont donc compris dans le loyer (FF 1985 I 1464; HIGI, op.cit., n. 12 ad art. 257a-257b CO ; LACHAT/STOLL, Das neue Mietrecht, p. 153; ENGEL, Contrats de droit suisse, p. 154). bb) En vertu de l' art. 269d al. 3 CO , le bailleur peut apporter unilatéralement au contrat d'autres modifications (autres que la majoration du loyer) au détriment du locataire, par exemple diminuer ses prestations ou introduire de nouveaux frais accessoires, et ce en suivant les règles relatives à la majoration du loyer ( art. 269d al. 1-2 CO ). Alors que la modification unilatérale du contrat sur les frais accessoires par le bailleur est, en principe, inadmissible (HIGI, op.cit., n. 22 ad art. 257a-257b CO ), le législateur l'a, par cette disposition, expressément autorisée en matière de bail d'habitations et de locaux commerciaux (FF 1985 I 1464; HIGI, op.cit., n. 22 in fine ad art. 257a-257b CO ; USPI, op.cit., n. 20 ad art. 257-257b CO ; LACHAT/STOLL, op.cit., p. 155; OBERLE, op.cit., p. 43 et 48; GRATZ, Mietzinsgestaltung, Zurich 1995, p. 142-143). Dans ces cas en effet, il a choisi d'inverser les principes de base de la conclusion des contrats et dérogé au principe "pacta sunt servanda" pour protéger le locataire contre les résiliations notifiées dans le seul but d'adapter le bail aux conditions nouvelles (USPI, op.cit., n. 1-2 ad art. 269d CO ). Ainsi, puisque le bailleur ne peut pas résilier le bail pour ce motif ( art. 271a al. 1 let. b CO ), il peut le modifier unilatéralement ( art. 269d al. 3 CO ) et le locataire a le droit de contester une modification qu'il estime abusive ( art. 270b al. 2 CO ). L' art. 269d al. 3 CO mentionne d'ailleurs deux exemples de modifications unilatérales: BGE 121 III 460 S. 463 l'introduction de nouveaux frais accessoires et la diminution des prestations du bailleur. Une telle diminution est notamment réalisée lorsque le bailleur demande le paiement séparé de frais accessoires jusque-là compris dans le loyer, sans réduire pour autant le montant de celui-ci (USPI, op.cit., n. 46 ad art. 269d CO ). b) En l'espèce, dans chaque contrat de bail, les parties sont expressément convenues de la prise en charge par le locataire des frais de chauffage et d'eau chaude selon le système des coûts effectifs, avec versement d'un acompte à valoir sur le décompte final (ch. 3 du contrat). Sous réserve des charges de préférence et taxes publiques (ch. 12 du contrat), tous les autres frais accessoires sont donc compris dans le loyer. Ils n'y sont pas inclus forfaitairement, ce qui, en vertu de l' art. 4 al. 2 OBLF , impliquerait qu'un certain montant ait été fixé (LACHAT/MICHELI, Le nouveau droit du bail, p. 169 n. 2.1.3.). Par conséquent, le présent litige n'a pas pour objet le passage d'un système forfaitaire à un système basé sur la consommation effective, mais il porte sur l'introduction du système des coûts effectifs, avec paiement d'acomptes, pour la perception de certains frais accessoires précédemment compris dans le loyer net. En notifiant cette modification unilatérale du contrat, la demanderesse a fait usage du droit que lui accorde l' art. 269d al. 3 CO . Les locataires pouvaient la contester devant l'autorité de conciliation ( art. 270b al. 2 CO ). Les griefs de violation de l' art. 257a al. 2 CO et des principes "pacta sunt servanda" et de la confiance formulés par les défendeurs sont dès lors infondés. 3. Pour l'autorité cantonale, l' art. 269d al. 3 CO ne subordonne pas la modification unilatérale du contrat par le bailleur à un changement des circonstances. Les défendeurs considèrent que cette interprétation est contraire à la loi. Selon eux, seules les modifications rendues nécessaires par de nouvelles charges seraient admissibles. a) Selon son texte, l' art. 269d al. 3 CO s'applique à toutes les modifications au détriment du locataire, autres que la majoration du loyer visée par l'al. 1. A titre d'exemples, il mentionne la diminution des prestations du bailleur et l'introduction de nouveaux frais accessoires. Sous l'empire de l'ancien droit, le Tribunal fédéral n'a tranché que des cas de charges nouvelles ( ATF 108 II 140 , ATF 107 II 264 ); il n'a pas eu l'occasion de se prononcer sur la facturation séparée de frais précédemment compris dans le loyer. Selon la doctrine, le bailleur peut, en respectant les règles applicables aux majorations du loyer, non seulement modifier le BGE 121 III 460 S. 464 mode de paiement, la composition des frais accessoires, le montant du forfait ou de l'acompte (OBERLE, op.cit., p. 43), mais également introduire des frais accessoires nouvellement survenus et aussi facturer séparément des frais accessoires inclus jusqu'ici dans le loyer (OBERLE, op.cit., p. 44 et 48; GRATZ, op.cit., p. 143). b) La survenance de circonstances nouvelles n'est pas exigée par le texte de l' art. 269d al. 3 CO . La perception séparée de frais accessoires précédemment compris dans le loyer constitue même un cas de diminution des prestations du bailleur au sens de cette disposition si elle ne s'accompagne pas d'une baisse proportionnelle du montant du loyer. A fortiori, une modification des prestations du bailleur avec réduction proportionnelle du loyer est visée par l' art. 269d al. 3 CO . Cette modification peut donc être apportée unilatéralement par le bailleur et, s'il l'estime abusive, le locataire peut la contester. Partant, le recours des défendeurs est infondé sur ce point. 4. Pour l'autorité cantonale, l'obligation de motiver ne doit pas être aussi stricte pour une modification unilatérale du contrat que pour une hausse de loyer. Certes, la mention "introduction des frais accessoires selon les dépenses effectives" qui figure sur la formule officielle ne révèle pas les véritables motifs du changement proposé. Elle ne saurait cependant porter préjudice à la demanderesse parce que, d'une part, l' art. 269d al. 1 CO n'est applicable que par analogie et que, d'autre part, le locataire n'est de toute façon pas en mesure de vérifier le bien-fondé de ces prétentions, la loi ne lui fournissant aucun critère à cet effet. Selon les défendeurs, la distinction ainsi créée entre la motivation d'une hausse de loyer et celle des autres modifications unilatérales du contrat viole l' art. 269d al. 2 let. b et al. 3 CO , ainsi que l'art. 19 al. 1 let. b ch. 3 OBLF. a) aa) Aux termes de l' art. 269d al. 1-2 CO , l'avis de majoration du loyer, qui contient l'indication des motifs, doit être communiqué au locataire au moyen de la formule agréée par le canton; si l'avis n'indique pas les motifs de l'augmentation, il est nul. En vertu de l' art. 269d al. 3 CO , ces règles sont aussi applicables lorsque le bailleur envisage d'apporter unilatéralement au contrat d'autres modifications au détriment du locataire. L'art. 19 al. 1 let. b ch. 1-2-3 OBLF précise que la formule destinée à communiquer au locataire les modifications unilatérales du bailleur doit contenir, comme en matière de hausse de loyer, la désignation des prétentions, la date de leur entrée en vigueur et les motifs précis justifiant ces prétentions. BGE 121 III 460 S. 465 Selon la doctrine, les autres modifications unilatérales du contrat doivent respecter les règles applicables aux hausses de loyer (HIGI, op.cit., n. 22 ad art. 257a-257b CO ; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 263 n. 3.2.; LACHAT/STOLL, op.cit., p. 270 n. 3.4.; USPI, op.cit., n. 45 ad art. 269d CO ; GUHL/KOLLER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8e éd., p. 402; OBERLE, op.cit., p. 43). Celles qui ne sont pas notifiées sur formule officielle, qui ne sont pas motivées ou qui sont assorties d'une résiliation ou d'une menace de résiliation sont nulles (OBERLE, op.cit., p. 44 et 126). bb) La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre. L'autorité qui applique le droit ne peut s'écarter d'un texte clair que s'il existe des motifs sérieux de penser que ce texte ne correspond pas en tous points au sens véritable de la disposition visée. De tels motifs peuvent résulter des travaux préparatoires, du fondement et du but de la prescription en cause, ainsi que de sa relation avec d'autres dispositions ( ATF 121 III 214 consid. 3, 219 consid. 1d, ATF 117 II 523 consid. 1c, ATF 116 II 575 consid. 2b, 657 consid. 4, ATF 114 II 404 consid. 3). Le premier critère d'interprétation réside donc dans le texte même de la loi. Selon l' art. 269d al. 3 CO , les al. 1 et 2 sont aussi applicables aux autres modifications unilatérales du contrat au détriment du locataire. De plus, l' art. 19 al. 1 let. b OBLF exige expressément que la formule destinée à communiquer au locataire les modifications unilatérales du bailleur contienne la désignation des prétentions (ch. 1) et les motifs précis justifiant ces prétentions (ch. 3). Il ne résulte donc pas du texte de la loi que l'application de l' art. 269d al. 1-2 CO ne devrait se faire que par analogie. L'interprétation téléologique ne contredit nullement l'interprétation littérale. En matière d'augmentation du loyer, le Tribunal fédéral a jugé que l'exigence de la forme écrite qualifiée s'étend aussi à la motivation de la majoration. Les motifs figurant dans l'avis de majoration doivent être eux-mêmes précis; ils doivent permettre au locataire de saisir la portée et la justification de la majoration de manière à pouvoir apprécier en pleine connaissance de cause l'opportunité de la contester ou non ( ATF 121 III 6 consid. 3a et les arrêts cités). Or, le même but est visé par les art. 269d al. 3 CO et 19 al. 1 let. b ch. 3 OBLF s'agissant des autres modifications unilatérales du contrat; le locataire doit pouvoir en apprécier le bien-fondé, pour pouvoir décider, si elles devaient s'avérer abusives, de les contester. cc) Selon la jurisprudence rendue en matière de motivation des hausses de loyer, qui doit donc s'appliquer à toutes les autres modifications unilatérales du contrat par le bailleur, les renseignements donnés par un BGE 121 III 460 S. 466 autre moyen que la formule officielle peuvent préciser ou servir à l'interprétation des motifs mentionnés sur l'avis formel, mais non étendre ceux-ci ou remplacer une indication omise. Le droit du bail est un domaine juridique empreint de formalisme, dans lequel il convient de se montrer strict en matière de respect des prescriptions de forme; il ne faut en principe pas admettre d'exceptions aux règles édictées dans l'intérêt du locataire ( ATF 121 III 6 consid. 3a et les arrêts cités). Ainsi, lorsque les motifs ne sont pas mentionnés sur la formule officielle, mais sont indiqués uniquement dans une annexe ou dans une lettre d'accompagnement, la modification unilatérale du contrat est nulle ( ATF 120 II 206 consid. 3b). Il en va de même lorsque le contenu de la communication figurant sur la formule officielle n'est pas suffisamment précis ( ATF 121 III 6 consid. 3b). Si le sens et la portée de cette communication ne sont pas clairs, il y a lieu de l'interpréter comme toute manifestation de volonté du bailleur, selon le principe de la confiance. On examinera d'après les facultés de compréhension du locataire et au vu de toutes les circonstances du cas particulier si les motifs donnés sont suffisamment clairs et précis pour que l'intéressé puisse décider en toute connaissance de cause s'il veut s'opposer ou non aux nouvelles clauses contractuelles ( ATF 121 III 6 consid. 3c). b) En l'occurrence, la formule de notification de nouvelles prétentions précise, sous la rubrique "Désignation", qu'il s'agit de l'"introduction des frais accessoires selon les dépenses effectives ( art. 257a CO , art. 4 Ordonnance d'exécution)". La même indication figure sous la rubrique "Motifs". Dans sa lettre d'accompagnement, la demanderesse explique que feront l'objet d'un décompte annuel selon les coûts effectifs, les frais accessoires suivants: abonnement des ascenseurs, coûts de la conciergerie, consommation générale d'eau, consommation d'électricité des communs de l'immeuble, diminuée des montants encaissés pour les lessives, abonnement de la ventilation de l'immeuble. La formule de notification de hausse de loyer mentionne que le nouveau loyer sera perçu en trois postes distincts: le loyer net, l'acompte de chauffage et d'eau chaude et l'acompte de frais accessoires. On peut en outre déduire des chiffres indiqués que le loyer mensuel net est réduit d'un montant équivalent au nouvel acompte de frais accessoires. Un tel mode de procéder ne correspond manifestement pas aux exigences de la loi. Lorsque le bailleur entend mettre séparément à la charge des locataires différents postes de frais accessoires précédemment compris dans le loyer, il doit les désigner précisément sur la formule officielle, avec BGE 121 III 460 S. 467 indication des motifs les justifiant. Or, en l'espèce, ces différents frais accessoires ne sont pas détaillés sur la formule officielle, ce qui est déjà en soi une cause de nullité. Ensuite, les motifs à l'appui du nouveau mode de facturation ne sont pas simplement incomplets ou incorrects, mais font totalement défaut: ils ne résultent ni de la formule officielle, ni non plus de la lettre d'accompagnement. De plus, alors que la formule officielle est intitulée "hausse de loyer", il en ressort que le loyer net a été réduit d'un montant correspondant à l'acompte des nouveaux frais accessoires. Recevant une telle formule de "hausse de loyer", les défendeurs ne pouvaient pas déterminer si le montant du nouvel acompte correspondait à des coûts effectifs, ni non plus savoir si leur loyer net avait réellement subi une majoration, voire une majoration abusive. C'est à tort que la demanderesse soutient que l'exigence de motivation précise relèverait dans ce cas d'un formalisme excessif. En effet, on ne saurait taxer de formalisme excessif l'exigence imposée par la loi de renseigner le locataire de façon à lui permettre d'apprécier la portée de la modification et de décider en toute connaissance de cause de l'opportunité de la contester ou non. Partant, le recours en réforme est admis et l'arrêt attaqué est réformé en ce sens que les nouvelles prétentions émises par la demanderesse à l'égard des défendeurs le 8 novembre 1991 sont déclarées nulles.
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Urteilskopf 103 Ia 462 69. Extrait de l'arrêt du 9 février 1977 dans la cause Zefferer contre Grünig et Valais, Tribunal cantonal
Regeste Garantie des Wohnsitzrichters; Art. 59 BV , Art. 839 Abs. 3 ZGB . Leistet der Eigentümer zur Vermeidung eines gesetzlichen Bauhandwerkerpfandrechts Sicherheiten ( Art. 839 Abs. 3 ZGB ), die in einer einfachen Bankgarantie und nicht in der Hinterlegung eines Betrages beim Gericht oder einer Drittperson bestehen, so ist die Klage auf Anerkennung und Bezahlung der Restschuld für die Bauarbeiten am Wohnsitz des Eigentümers anzubringen.
Sachverhalt ab Seite 463 BGE 103 Ia 462 S. 463 Jean Zefferer a construit à Nax (VS) un chalet pour les époux Grünig domiciliés à Commugny (VD). Les parties n'ayant pas pu s'entendre sur le décompte final des frais de construction, Zefferer a requis du juge instructeur d'Hérens-Conthey l'inscription provisoire d'une hypothèque légale au sens de l' art. 837 al. 1 ch. 3 CC , pour un montant de 10'110 fr. Dans leur réponse du 4 mars 1975, les époux Grünig se sont opposés à cette inscription, alléguant que tous les travaux prévus au contrat avaient été payés; à toutes fins utiles, ils ont offert une garantie bancaire pour le solde qui pourrait encore être dû ( art. 839 al. 3 CC ). A l'audience du 11 mars 1975, le juge instructeur a attiré l'attention d'Ernest Grünig sur le fait que, si une garantie bancaire de 10'000 fr. n'était pas déposée le 19 mars au plus tard, l'hypothèque serait inscrite. Le 13 mars 1975, les époux Grünig ont déposé au greffe du Tribunal d'Hérens-Conthey une garantie bancaire ainsi rédigée: "Nous soussignés, BANQUE POUR LA PROPRIÉTÉ PRIVÉE (EIGENHEIM BANK) nous portons garants du paiement d'une somme de Fr. 10'000.- (dix mille cent francs) réclamée par M. Jean ZEFFERER, construction de chalets à Noes-sur-Sierre, à M. Ernest GRÜNIG-HURNI et son épouse..., tous deux domiciliés à Commugny/VD, dans le différend qui les oppose à M. Jean ZEFFERER. ... Bâle, le 13 mars 1975" Par décision du 13 mars 1975, le juge instructeur, constatant qu'une garantie bancaire de 10'000 fr. avait été déposée et qu'il n'y avait dès lors pas lieu de donner suite à la requête, a "donné acte à la partie requérante que le montant de 10'100 fr. est consigné au greffe du Tribunal" et a ordonné notamment: "Le montant de 10'100 fr. déposé par la "Banque pour la propriété privée" est bloqué au greffe du Tribunal jusqu'à décision définitive du cas. Cette consignation deviendra cependant caduque si l'action au fond n'est pas intentée dans un délai de six mois dès notification de la présente décision." Le 28 août 1975, Zefferer a ouvert action en paiement contre les époux Grünig devant le juge instructeur d'Hérens-Conthey, BGE 103 Ia 462 S. 464 en concluant en outre à ce que la somme de 10'100 fr. consignée au Tribunal d'Hérens-Conthey par la Banque pour la propriété privée soit débloquée en sa faveur jusqu'à due concurrence. Le juge a admis l'exception d'incompétence à raison du lieu soulevée par les défendeurs et fondée sur l' art. 59 Cst. ; il a dès lors renvoyé le demandeur à mieux agir. Saisi d'un recours en appel de Zefferer, le Tribunal cantonal du Valais a rejeté les conclusions de l'appelant relatives à la compétence à raison du lieu. Zefferer a formé auprès du Tribunal fédéral un recours tendant à faire annuler la décision du Tribunal cantonal sur la question du for et reconnaître la compétence du Tribunal d'Hérens-Conthey. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des motifs: 2. Il n'est pas contesté que les intimés soient des débiteurs solvables au sens de l' art. 59 Cst. , ni qu'ils aient leur domicile à Commugny, dans le canton de Vaud. Une dérogation conventionnelle à la garantie de l' art. 59 Cst. n'est pas alléguée. Pour savoir si l' art. 59 Cst. s'applique, c'est la nature juridique de la prétention litigieuse qui est décisive ( ATF 66 II 183 consid. 2, ATF 45 I 307 , ATF 41 I 292 consid. 2), nature qui résulte du contenu de la demande, des conclusions et des motifs qui les justifient ( ATF 91 I 122 ). a) Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, les actions fondées sur un contrat - qu'il s'agisse d'actions en exécution, d'actions en dommages-intérêts pour inexécution ou d'actions en annulation - sont de nature personnelle, même si le contrat se rapporte à des ouvrages faits à un immeuble ( ATF 92 I 203 ). Il en va différemment lorsqu'une créance litigieuse découlant de ce contrat est garantie par un gage, un droit de rétention ou une annotation au registre foncier, ou encore lorsque l'action tend à la fois à la reconnaissance d'une créance et à l'inscription d'une hypothèque légale destinée à garantir l'exécution de l'obligation personnelle ( ATF 95 II 33 , ATF 94 I 50 , ATF 93 I 551 ); en pareil cas, le défendeur ne peut pas se prévaloir du for de son domicile, même si le gage a une valeur BGE 103 Ia 462 S. 465 inférieure à la créance litigieuse, sauf cependant si le droit de gage est revendiqué manifestement en vue d'éluder l' art. 59 Cst. ( ATF 81 I 221 s.). b) L' art. 839 al. 3 CC dispose que l'hypothèque légale des artisans et entrepreneurs ne peut pas être requise si le propriétaire fournit des sûretés suffisantes au créancier. Lorsque ces sûretés consistent en la consignation d'un montant en justice ou en mains tierces, la doctrine et la jurisprudence admettent que le créancier possède sur le montant consigné un droit de gage, de sorte que s'il ouvre action pour se faire payer sur un tel montant, il exerce une action mixte qui n'est pas une réclamation personnelle au sens de l' art. 59 Cst. ( ATF 94 I 50 , ATF 93 I 551 ; cf. aussi, en matière de droit de rétention du bailleur, ATF 90 III 57 et les arrêts cités; LEHMANN, Sachenrecht, N. 32 ad art. 839 CC , p. 928; OFTINGER, Das Fahrnispfand, Syst. Teil, n. 203 ss, 206, 215; VON TUHR/PETER, Allg. Teil des schweiz. Obligationenrechts, Zurich 1974, vol. I p. 141 n. 13a; BONNANT, La consignation en droit civil suisse, thèse Genève 1950, p. 78; BURCKHARDT, Kommentar der Bundesverfassung, 3e éd., p. 553). En revanche, lorsque les sûretés consistent non pas en un gage mobilier mais en un cautionnement ou une garantie bancaire, soit une garantie fondée simplement sur le droit des obligations, elles n'ont qu'un caractère personnel et permettent au débiteur recherché en paiement d'invoquer l' art. 59 Cst. pour contester un autre for que celui de son domicile ( ATF 91 I 123 consid. 6; cf. aussi ATF 93 I 552 ). c) Il est vrai qu'une telle solution ne donne pas pleinement satisfaction, lorsque la fourniture d'une garantie bancaire en évitation de l'hypothèque légale ne fait pas l'objet d'un accord avec le créancier, mais est simplement autorisée par le juge qui, constatant la constitution des sûretés, rejette la requête d'inscription de l'hypothèque légale. Des motifs d'économie de procédure ou d'autres considérations d'opportunité pourraient plaider en faveur du for de situation de la chose pour ce cas également. D'ailleurs, dans l'arrêt Stalumag ( ATF 94 I 51 ), le Tribunal fédéral a mis en doute le bien-fondé de la jurisprudence relative aux garanties bancaires. Mais il n'y a pas lieu de déroger davantage au principe fondamental de l' art. 59 Cst. (cf. ATF 93 I 37 consid. 7c) ni, partant, de modifier la jurisprudence en cause, fondée sur la nature différente BGE 103 Ia 462 S. 466 des sûretés fournies (cf. VON TUHR/PETER, Allg. Teil des schweiz. Obligationenrechts, Zurich 1974, vol. I p. 140 s.). On pourrait d'ailleurs se demander si la véritable solution au problème ne consisterait pas à reconnaître au créancier la faculté de contester le caractère "suffisant" de sûretés qui le privent de la possibilité d'actionner le propriétaire au lieu de situation de l'immeuble, mais l'obligent à le rechercher en justice à son domicile (cf., en matière de sûretés destinées à remplacer les objets soumis au droit de rétention du bailleur, OFTINGER, op.cit., n. 14 ad art. 898 CC , p. 418). d) Ainsi, à défaut de droit de gage constitué par la consignation d'un montant à titre de sûreté, la cour cantonale a admis avec raison que l' art. 59 Cst. s'appliquait en l'espèce et que le juge instructeur d'Hérens-Conthey était incompétent pour se saisir de l'action ouverte par Zefferer contre les époux Grünig. Le recours doit donc être rejeté. 3. Il est vrai qu'en l'espèce, le dispositif de l'ordonnance présidentielle du 13 mars 1975 déclarait que "le montant de 10'100 fr. déposé par la Banque ... est bloqué au greffe du Tribunal jusqu'à décision définitive du cas", ce qui pouvait laisser croire à Zefferer qu'il bénéficiait d'une sûreté à caractère réel, lui permettant d'ouvrir au lieu de situation du gage l'action en reconnaissance et en paiement de sa créance. Mais, dans sa réponse du 4 mars 1975 à la requête en inscription provisoire, l'avocat des époux Grünig a déclaré qu'"au besoin, si le Tribunal devait retenir tout de même une possibilité d'inscription, une garantie bancaire est immédiatement fournie pour le solde qui pourrait être dû par Mme et M. Grünig après liquidation du litige"; d'autre part, les considérants de l'ordonnance du 13 mars 1975 précisent que ledit avocat s'est engagé, en séance du 11 mars, à déposer au Tribunal une garantie bancaire de 10'000 fr. pour éviter l'inscription provisoire d'une hypothèque légale et qu'il a déposé au greffe, le 13 mars 1975, la garantie fournie par la "Banque pour la propriété privée à Bâle". Le recourant devait se rendre compte qu'avait été déposé au greffe non pas le montant de 10'000 fr. qui, consigné à titre de sûreté, lui aurait permis d'ouvrir à ce for l'action en reconnaissance et en paiement de sa créance, mais une garantie bancaire à caractère purement personnel, fondée simplement BGE 103 Ia 462 S. 467 sur le droit des obligations, qui ne lui permettait pas de bénéficier, pour cette action, du for de situation de la chose. S'il avait des doutes sur ce point, en raison de la divergence entre les termes du dispositif et ceux des considérants de l'ordonnance, il aurait dû s'informer auprès du greffe, notamment en prenant connaissance du texte exact de la garantie bancaire, ce qui lui aurait permis de lever ses doutes; il aurait alors pu, soit demander aux époux Grünig de signer une clause de prorogation de for, soit éventuellement recourir contre l'ordonnance pour insuffisance de la sûreté fournie.
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1,977
CH_BGE
CH_BGE_002
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Federation
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Urteilskopf 134 III 489 78. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen X. Versicherungs-Gesellschaft (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_116/2008 vom 13. Juni 2008
Regeste Anrechnung der Leistungen der Sozialversicherungen auf den Schadenersatzanspruch des Geschädigten (Art. 42 und 43 aUVG; Art. 52 aIVG und Art. 48ter ff. aAHVG; Art. 16 und 72 ff. ATSG ; Art. 28a IVG ). Voraussetzungen, unter denen die Leistungen der Sozialversicherungen bei der Berechnung des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten anzurechnen sind (E. 4). Eine funktionale Kongruenz zwischen dem Haushaltschaden und IV-Leistungen besteht nur, soweit diese nicht ausschliesslich mit Blick auf die Erwerbseinbusse ausgerichtet werden (E. 4.5).
Sachverhalt ab Seite 490 BGE 134 III 489 S. 490 A. Am 22. Oktober 1994 verursachte ein bei der X. Versicherungsgesellschaft (Beschwerdegegnerin) versicherter Lenker eine Auffahrkollision, bei welcher A. (Beschwerdeführer) ein HWS-Schleudertrauma erlitt. Er bezieht deswegen ab dem 1. Oktober 1995 eine ganze Rente der Invalidenversicherung sowie eine Zusatzrente für seine Ehefrau und Kinderrenten seit Geburt seiner Kinder. Die Unfallversicherung sprach ihm ab dem 1. Oktober 1997 eine UVG-Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 70 % bzw. von 69 % seit dem 1. Dezember 1998 zu. B. Am 18. Juli 2002 belangte der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin vor dem Amtsgericht Luzern-Stadt, welches diese am 30. Juni 2006 verpflichtete, dem Beschwerdeführer Fr. 620'621.- nebst 5 % Zins seit 30. Juni 2006 sowie Fr. 15'321.- für aufgelaufenen Genugtuungszins zu bezahlen. Auf Appellation der Beschwerdegegnerin verpflichtete das Obergericht des Kantons Luzern die Beschwerdegegnerin, dem Beschwerdeführer Fr. 273'027.40 nebst 5 % Zins auf Fr. 40'000.- vom 22. Oktober 1994 bis 7. Mai 2002, auf Fr. 1'120.- seit 8. Mai 2002 und auf Fr. 271'907.40 seit 31. Dezember 2007 zu bezahlen. Der Beschwerdeführer hatte seinerseits gegen das erstinstanzliche Urteil Appellation erhoben, worauf jedoch wegen Fristversäumnis nicht eingetreten wurde. Auf seine sinngemäss erklärte Anschlussappellation trat das Obergericht mit Entscheid vom 11. Dezember 2006 nicht ein. Die hiergegen geführte staatsrechtliche Beschwerde blieb erfolglos. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen verlangt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht im Wesentlichen die Zusprechung von insgesamt Fr. 635'942.- nebst Zins. Die Beschwerdegegnerin und das Obergericht schliessen auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. BGE 134 III 489 S. 491 Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Die Vorinstanz hat den bisherigen Erwerbsschaden berechnet, indem sie vom gesamten bisherigen Erwerbsausfall des Beschwerdeführers von Fr. 1'132'758.60 die anrechenbaren Leistungen der ehemaligen Arbeitgeberin sowie der Sozialversicherungen und der Vorsorgestiftung von insgesamt Fr. 1'214'325.-, bestehend aus Lohnfortzahlungsleistungen der ehemaligen Arbeitgeberin von Fr. 125'799.- sowie Zahlungen der IV von Fr. 337'088.-, der UVG-Versichererin von Fr. 472'114.- und der Vorsorgestiftung der Arbeitgeberin von Fr. 279'324.-, abzog. Dabei stellte sie eine Überentschädigung von Fr. 81'566.40 fest. Diesen "Negativsaldo" hat die Vorinstanz mit Fr. 2'987.55 vom zukünftigen Erwerbsschaden und mit Fr. 78'578.85 vom bisherigen Haushaltschaden des Beschwerdeführers in Abzug gebracht. Der Beschwerdeführer rügt, mit der Anrechnung überschiessender Sozialversicherungsleistungen an andere Zeitperioden bzw. andere Schadenspositionen habe die Vorinstanz Art. 73 und 74 ATSG bzw. die inhaltsgleichen Art. 52 aIVG und Art. 42 und 43 aUVG verletzt. 4.2 Während im Sozialversicherungsrecht kein allgemeines Prinzip existiert, das eine Überentschädigung verbietet, sondern diese lediglich eine juristisch unerwünschte Erscheinung darstellt (FRÉSARD-FELLAY, Le recours subrogatoire de l'assurance-accidents sociale contre le tiers responsable ou son assureur, Diss. Freiburg 2007, Rz. 432 und 437 S. 138 ff. mit Hinweisen), gilt im Haftpflichtrecht seit jeher ein Bereicherungsverbot ( BGE 131 III 12 E. 7.1 S. 16 mit Hinweisen). Eine Überentschädigung des Geschädigten soll demnach vermieden werden. Eine solche liegt vor, wenn derselben Person verschiedene Leistungen zum Ausgleich des durch ein und dasselbe Ereignis verursachten Schadens für dieselbe Zeitspanne ausgerichtet werden und die Summe der Leistungen den Schaden übertrifft. Da die Sozialversicherungen nicht zu Gunsten des Schädigers eingerichtet wurden (vgl. schon BGE 54 II 464 E. 5 S. 468), sind indessen nur Leistungen Dritter anzurechnen, die ereignisbezogen, sachlich, zeitlich und personell kongruent sind und für welche daher auch Subrogations- oder Regressansprüche in Frage kommen ( BGE 132 III 321 E. 2.2.1 S. 324 mit Hinweisen). Die ersten vier Anrechnungsvoraussetzungen gelten grundsätzlich sowohl bei der sogenannten extrasystemischen Koordination mit Leistungen ausserhalb der BGE 134 III 489 S. 492 Sozialversicherung, der intrasystemischen Koordination (innerhalb eines Sozialversicherungszweiges) und der intersystemischen (zwischen den einzelnen Sozialversicherungszweigen; FRÉSARD-FELLAY, a.a.O., Rz. 1166, S. 387; zu den Begriffen vgl. KIESER, ATSG-Kommentar, N. 1 ff. zu Art. 63 ATSG ). Mit dem zuletzt genannten Erfordernis soll vermieden werden, dass die Anrechnung im Rahmen der extrasystemischen Koordination den Schädiger begünstigt ( BGE 54 II 464 E. 5 S. 468; SCHNYDER/PORTMANN, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Rz. 383 S. 148; FRÉSARD-FELLAY, a.a.O., Rz. 438 ff. S. 140 f. mit Hinweisen). Art. 73 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) , in Kraft getreten am 1. Januar 2003, sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass die Ansprüche, die nicht auf den Versicherungsträger übergehen, der versicherten Person und ihren Hinterlassenen gewahrt bleiben. Überentschädigungen, die im Sozialversicherungssystem angelegt sind, lassen sich nur durch eine Koordination innerhalb dieses Systems, d.h. intersystemisch, mit befriedigendem Ergebnis vermeiden (STUDHALTER, Gesamtschadenmethode, Saldoverrechnung und Kongruenzdivergenzen, in: Haftung und Versicherung [HAVE] 2006 S. 114 ff., 125). Die extrasystemische Koordination mit dem Haftpflichtrecht darf nicht zur Begünstigung des Schädigers auf Kosten der Sozialversicherungsträger führen. 4.3 Wie der Beschwerdeführer zutreffend anführt, ist für die Anwendbarkeit des ATSG übergangsrechtlich auf den Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses abzustellen ( Art. 82 Abs. 1 ATSG ; BGE 131 III 360 E. 7.1 S. 367 mit Hinweis). Da sich der Unfall des Beschwerdeführers am 22. Oktober 1994 zugetragen hat, kommen vorliegend nicht die Rückgriffsbestimmungen von Art. 72 ff. ATSG zum Zuge, sondern die damals in den einzelnen Sozialversicherungsgesetzen verankerten Koordinationsregeln (Art. 42 und 43 aUVG; Art. 52 aIVG und Art. 48 ter ff. aAHVG), was aber in der Sache nichts ändert ( BGE 131 III 360 E. 7.1 S. 367 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 132 III 321 E. 2.3.1 S. 325). Namentlich ist die zum alten Recht ergangene Rechtsprechung einschlägig. Danach setzt die Subrogation voraus, dass der Sozialversicherer mit seinen Leistungen einen entsprechenden Schaden ausgleicht. Daher tritt er nur insoweit in den Haftpflichtanspruch des Geschädigten ein, als er Leistungen erbringt, welche mit der Schuld des Haftpflichtigen in zeitlicher und funktionaler Hinsicht übereinstimmen ( BGE 126 III 41 E. 2 S. 43; BGE 124 III 222 E. 3 S. 225; BGE 124 V 174 E. 3b S. 177, je mit Hinweisen). Zeitliche BGE 134 III 489 S. 493 Kongruenz liegt vor, wenn die Leistung der Sozialversicherung für die gleiche Zeitspanne erfolgt, für die ein Schaden besteht, welchen der Haftpflichtige ersetzen muss ( BGE 126 III 41 E. 2 S. 43 f.). 4.4 Nach dem angefochtenen Urteil steht fest, dass dem Beschwerdeführer bis zum Rechnungstag (aktueller Schaden) kein ungedeckter Schaden (Direktschaden) verbleibt, wenn man die für diese Epoche erfolgten Leistungen Dritter zusammenzählt. Diesfalls besteht die erwähnte Überdeckung. Eine Subrogation kann aber von vornherein nur bis zur Höhe des Schadens stattfinden, der in der Zeitspanne, für welchen die Dritt- bzw. Sozialversicherungsleistungen bestimmt waren, aufgelaufen ist. Für Leistungen, die der Versicherer zur Deckung des in einem anderen Zeitraum entstehenden Schadens zu erbringen hat (zukünftiger Erwerbsschaden), kommt ein Regress nach dem Gesagten mangels zeitlicher Kongruenz von vornherein nicht in Frage. Soweit die Vorinstanz vom ungedeckten zukünftigen Erwerbsschaden von insgesamt Fr. 1'450'386.65 den Betrag von Fr. 2'987.55 abgezogen hat in der Meinung, damit werde die für den aktuellen Schaden errechnete Überdeckung reduziert, begünstigte sie im Ergebnis den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer: Dessen Zahlungspflicht wird im Umfang der Anrechnung herabgesetzt, ohne dass er insoweit regresspflichtig wird. Für ein derartiges Ergebnis besteht weder eine rechtliche Grundlage noch eine sachliche Rechtfertigung. Die Rechtsposition des Haftpflichtigen soll vielmehr durch die Subrogation unberührt und dieser durch die Aufteilung zwischen Geschädigtem und regressierendem Sozialversicherer weder besser noch schlechter gestellt werden ( BGE 124 III 222 E. 3 S. 225 mit Hinweisen). Mit der Übertragung des aufgrund der Sozialversicherungsleistungen beim aktuellen Schaden ermittelten Überschusses auf den zukünftigen Erwerbsschaden zu Lasten des Beschwerdeführers übersah die Vorinstanz, dass es insoweit an der erforderlichen zeitlichen Kongruenz fehlt. Sie verletzte dadurch Bundesrecht. Die Beschwerde ist in diesem Punkte ohne Weiteres begründet. 4.5 Was die Anrechnung der restlichen Überentschädigung von Fr. 78'578.85 an den bisherigen Haushaltschaden und dessen entsprechende Reduktion durch die Vorinstanz anbelangt, rügt der Beschwerdeführer mangelnde sachliche Kongruenz, soweit mit den Rentenleistungen des obligatorischen Unfallversicherers und der Pensionskasse verrechnet wurde. Er macht eine Verletzung von Art. 43 aUVG geltend. BGE 134 III 489 S. 494 4.5.1 Funktionale oder sachliche Kongruenz liegt vor, wenn sich die zuzuordnenden Leistungen unter wirtschaftlichem Gesichtspunkt nach Art und Funktion entsprechen ( BGE 131 III 360 E. 7.2 S. 367; BGE 126 III 41 E. 2 S. 43; KIESER, a.a.O., N. 2 zu Art. 74 ATSG , je mit Hinweisen). Die Taggelder und Invalidenrenten nach UVG werden in Prozenten des versicherten Verdienstes bemessen. Sie sind ausschliesslich dazu bestimmt, den Versicherten für den invaliditätsbedingten Erwerbsausfall zu entschädigen ( BGE 126 III 41 E. 4a S. 46; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. II, S. 467). Dem Ersatz des Haushaltschadens, der einkommensunabhängig mit dem Wertverlust durch die Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Haushaltführung anfällt und der haftpflichtrechtlich "normativ", ungeachtet der daraus konkret entstandenen Vermögenseinbusse, zu ersetzen ist ( BGE 132 III 321 E. 3.1 S. 332; BGE 131 III 360 E. 8.1 S. 369; BGE 127 III 403 E. 4b S. 405 f., je mit Hinweisen), dienen sie nicht ( BGE 125 V 146 E. 5c/cc S. 158, wo als wesentlicher Unterschied zur obligatorischen Unfallversicherung hervorgehoben wird, dass im Bereich der Invalidenversicherung auch gesundheitlich bedingte Behinderungen in nicht unter den Begriff der Erwerbstätigkeit im engeren Sinne fallenden Beschäftigungen, wie insbesondere die Hausarbeit, versichert sind). Dasselbe gilt für Invalidenrenten nach BVG (SR 831.40; BGE 129 V 150 E. 2.2 S. 154; vgl. STUDHALTER, a.a.O., S. 117 und 123). Obligatorisch berufsvorsorgerechtlich versichert sind gemäss Art. 7 Abs. 1 BVG Arbeitnehmer, welche bei einem Arbeitgeber einen Jahreslohn beziehen, der einen bestimmten Mindestbetrag übersteigt. Zu versichern ist derjenige Teil des Jahreslohnes, welcher den Mindestbetrag übersteigt, aber unter einem bestimmten Höchstbetrag liegt. Dieser Teil wird koordinierter Lohn genannt ( Art. 8 Abs. 1 BVG ), an welchen die BVG-Leistungen im Wesentlichen anknüpfen und dessen Verlust sie abdecken. Der Ersatz des Haushaltführungsschadens ist nicht vorgesehen (WEBER/SCHAETZLE, Entwicklungen, in: Verein Haftung und Versicherung [Hrsg.], Personen-Schaden-Forum 2002, Zürich 2002, S. 101 ff., 111). Ersatzleistungen für Haushaltschaden sind demnach weder mit BVG- noch mit UVG-Renten sachlich kongruent (SCHAETZLE, Wie künftig Lohn- und Kostenentwicklungen sowie Pensionskassenleistungen zu berücksichtigen sind, in: HAVE 2006 S. 136 ff., 143; FRÉSARD-FELLAY, a.a.O., Rz. 1443 S. 478). Es besteht mithin keine funktionale Kongruenz mit der Pflicht des Schädigers zum Ersatz des Haushaltschadens, weshalb eine Subrogation, wie sie für einen Regress vorausgesetzt ist, insoweit nicht in Frage kommt. BGE 134 III 489 S. 495 4.5.2 Demgegenüber ist, was auch der Beschwerdeführer anerkennt, die Anrechnung der IV-Renten an den Haushaltschaden nicht von vornherein ausgeschlossen, da damit, bei vor der Invalidität nicht oder nur teilweise erwerbstätigen Personen, Leistungen erbracht werden, die wirtschaftlich die Beeinträchtigung im Haushalt abdecken sollen und damit mit Blick auf den Haushaltschaden als sachlich kongruent erscheinen. In diesen Fällen ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine Anrechnung auf den Haushaltschaden denkbar. Ob dies auch für Personen gilt, die vor der Invalidität zu 100 % arbeitstätig waren, hat das Bundesgericht in BGE 131 III 360 E. 7.3 S. 368 ausdrücklich offengelassen unter Hinweis auf die Lehre, die sich in diesem Fall gegen eine Anrechnung auf den Haushaltschaden ausspricht (SCHAETZLE/WEBER, Kapitalisieren: Handbuch zur Anwendung der Barwerttafeln, Rz. 2.229 f. S. 113). 4.5.2.1 Nach Art. 16 ATSG wird für die Bestimmung des Invaliditätsgrades das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung der Invalidität gemäss Art. 28a IVG in Abweichung von Art. 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen. Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind, wird der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen bemessen und der Anteil der Tätigkeiten festgelegt. Eine entsprechende Regelung galt bereits unter altem Recht (vgl. hierzu BGE 125 V 146 E. 2a S. 149). 4.5.2.2 Das Bundesgericht hat bei der intersystemischen Koordination zwischen den Leistungen der IV und BVG-Renten die IV-Renten aufgrund 100%-iger Erwerbstätigkeit in konstanter Rechtsprechung voll an den Erwerbsausfall angerechnet und gefordert, dass bei teilweiser Erwerbstätigkeit festzustellen ist, welcher Anteil der Rente der Invalidenversicherung die Unmöglichkeit, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen, abgelten soll ( BGE 112 V 126 E. 2e S. 131; ebenso BGE 129 V 150 E. 2.2 S. 154). Nur dieser Anteil ist mit dem Haushaltschaden funktionell kongruent. Diese Rechtsprechung ist auch im Haftpflichtrecht zu berücksichtigen, geht es doch BGE 134 III 489 S. 496 darum, die Leistungen nach Möglichkeit sowohl inter- als auch extrasystemisch zu koordinieren, und setzt die Anrechnung einer Überentschädigung die Subrogation des Sozialversicherers voraus ( BGE 132 III 321 E. 2.2.1 S. 324 mit Hinweisen). Nichts anderes ist aus BGE 131 III 12 E. 7.3 abzuleiten. Dort hat das Bundesgericht die IV-Renten zwar unausgeschieden auf den Gesamtschaden angerechnet. Dieser Fall wurde aber in tatsächlicher Hinsicht von den Sozialversicherungsbehörden und dem für die Haftpflicht zuständigen Gericht unterschiedlich beurteilt. Dem hatte das Bundesgericht bei der Koordination Rechnung zu tragen. Eine Abweichung zur diesbezüglich konstanten Rechtsprechung im Sozialversicherungsbereich kann daraus nicht abgeleitet werden. 4.5.3 Dass für die Zusprechung der IV-Renten die Beeinträchtigung des vor dem Unfall voll erwerbstätigen Beschwerdeführers im Haushalt zumindest teilweise massgebend gewesen wäre, hat die Vorinstanz nicht festgestellt und macht die Beschwerdegegnerin nicht geltend. Daher fehlt es bezüglich der IV-Renten und des Haushaltschadens an der nötigen sachlichen Kongruenz. Ist aber den betreffenden Versicherungsträgern ein Rückgriff auf den Schädiger verwehrt, entfällt nach dem Gesagten in diesem Umfang eine Anrechnung der Einkünfte an den Schaden. Das bedeutet, dass die Position "bisheriger Haushaltschaden", die sich nach dem angefochtenen Urteil auf Fr. 104'821.45 beläuft, keiner weiteren Reduktion zu unterziehen ist. 4.5.4 Was die Verzinsung des bisherigen Haushaltschadens anbelangt, bringt der Beschwerdeführer zutreffend vor, diese habe ab mittlerem Verfall, d.h. zwischen Unfall- und Urteilstag zu erfolgen, was bei einer Rechnung per 31. Dezember 2007 den 26. Mai 2001 als "dies a quo" ergebe. Auf diese Weise lässt sich der Beschwerdeführer eine Korrektur am angefochtenen Urteil zu seinen Lasten gefallen. Die Vorinstanz hat nämlich den Zins ab mittlerem Verfall bis zum Urteilstag aufgerechnet, diese Summe dem Direktschaden zugerechnet und den Gesamtbetrag ab 31. Dezember 2007 erneut mit 5 % verzinst, was auf eine sowohl im Vertragsrecht ( BGE 122 III 53 E. 4) als auch im Haftpflichtrecht ( BGE 131 III 12 E. 9.4 S. 24 f.) verpönte Zusprechung von Zinseszins hinausläuft.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e14eed60-442a-4cf2-9af1-ac34293f0147
Urteilskopf 92 IV 14 5. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 18 mars 1966 dans la cause Froidevaux contre Procureur général du canton de Berne
Regeste Art. 11 Abs. 3 und 99 Ziff. 2 SVG . Nach diesen Bestimmungen ist der Halter auch strafbar, wenn er sein Fahrzeug nach Rückgabe der bisherigen Kontrollschilder mit solchen eines andern Kantons versieht, ohne dass er den Standort des Fahrzeugs in diesen Kanton verlegt.
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 92 IV 14 S. 14 A.- Marcel Froidevaux, Haute Route 54 à Bienne, est propriétaire d'une voiture Lancia, qui fut munie en 1964 des plaques de contrôle BE 55711. Il les rendit à la fin de l'année. Depuis le 25 mars 1965, sa voiture a été pourvue des plaques NE 51208, bien qu'elle n'ait pas cessé d'être stationnée à Bienne. C'est le 25 septembre 1965 seulement, après avoir été dénoncé par la police cantonale, qu'il a envoyé à l'Office cantonal de la circulation routière les pièces nécessaires à la délivrance de plaques bernoises. B.- Le 20 décembre 1965, le président du Tribunal III de Bienne l'a déclaré coupable de n'avoir pas immatriculé dans le canton de Berne une voiture stationnée dans ce canton, infraction commise du 25 mars au 25 septembre 1965; il lui a infligé une amende de 40 fr. en vertu des art. 11 al. 3, 99 ch. 2, 105 al. 2 LCR et 3 al. 2 de l'ACF du 8 novembre 1960 concernant la forme des permis. C.- Contre ce jugement, non susceptible d'appel, le condamné se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à libération. Erwägungen Considérant en droit: 2. Un nouveau permis de circulation doit être demandé lorsque le véhicule change de lieu de stationnement d'un canton BGE 92 IV 14 S. 15 dans un autre (art. 11 al. 3 LCR). Les permis sont délivrés par l'autorité administrative du canton de stationnement (art. 22 al. 1). Le détenteur qui, après avoir transféré d'un canton dans un autre le lieu de stationnement d'un véhicule automobile, ne sollicite pas à temps un nouveau permis est passible d'une amende de 100 fr. au plus (art. 99 ch. 2). Froidevaux conteste avoir transféré le lieu de stationnement de sa voiture; elle a toujours été stationnée à Bienne. Le jugement attaqué ne dit pas autre chose. Aussi bien le juge de première instance relève-t-il qu'il a appliqué les art. 11 al. 3 et 99 ch. 2 LCR "par analogie". Supposé qu'au début de l'année 1965 sa voiture Lancia eût été stationnée dans le canton de Neuchâtel, le recourant aurait été fondé à demander des plaques neuchâteloises; si, quelques semaines ou quelques mois plus tard, il en avait transféré le lieu de stationnement dans le canton de Berne, il eût été tenu de solliciter un nouveau permis de circulation. Dans cette hypothèse, sa passivité eût contrevenu à l'art. 11 al. 3 LCR et il aurait été punissable en vertu de l'art. 99 ch. 2. Il ne le nie du reste pas. En réalité, sa Lancia n'a été stationnée à aucun moment dans le canton de Neuchâtel. Ce fait, sur lequel il insiste, signifie qu'il a obtenu indûment, en mars 1965, des plaques neuchâteloises. Il n'y a pas lieu d'examiner ici s'il a, à cet effet, induit en erreur les autorités neuchâteloises, en leur donnant des renseignements inexacts (cf. art. 97 ch. 1 al. 4 LCR). Quoi qu'il en soit, son cas est évidemment moins favorable que si la voiture avait été stationnée, au moins quelque temps, dans le canton de Neuchâtel. Comme tel n'est pas le cas, il aurait dû demander sans délai un nouveau permis de circulation à l'autorité bernoise et, au plus tard, lorsqu'il abandonna le projet de s'établir dans le canton voisin. Une régularisation immédiate de la situation s'imposait d'autant plus que les conditions de la délivrance de plaques neuchâteloises n'avaient pas été remplies. Si l'on fait abstraction du changement de détenteur, l'idée à la base des art. 11 al. 3 et 99 ch. 2 LCR est qu'un véhicule automobile doit être au bénéfice d'un permis de circulation et muni de plaques de contrôle délivrés par l'autorité compétente du canton de stationnement. Un nouveau permis est, partant, nécessaire lorsque le véhicule n'a pas son lieu de stationnement dans le canton qui a délivré le permis. Il en est ainsi quand le détenteur BGE 92 IV 14 S. 16 a transféré ce lieu d'un canton dans un autre. Cette éventualité, de beaucoup la plus fréquente, est la seule que la loi mentionne explicitement. Il ne saurait toutefois en aller autrement lorsque le défaut d'identité entre le canton de stationnement et celui qui a délivré le permis n'est pas dû à un transfert du lieu de stationnement. Si rare que soit ce cas, le législateur n'a pas voulu le privilégier. Il s'agit là sans doute d'une interprétation extensive des art. 11 al. 3 et 99 ch. 2 LCR, mais qui est commandée par le sens profond et par le but de ces dispositions. Pareille interprétation n'est pas interdite en droit pénal (RO 80 IV 268 consid. 1, 81 IV 50 consid. 2 a, 83 IV 149). Il s'ensuit que Froidevaux a enfreint l'art. 11 al. 3 LCR et que le premier juge l'a condamné avec raison en vertu de l'art. 99 ch. 2. Peu importe que sa décision se réfère en outre aux art. 105 al. 2 LCR et 3 al. 2 de l'ACF du 8 novembre 1960 concernant la forme des permis. En effet, la condamnation prononcée se justifie même si le recourant n'a pas contrevenu à ces dispositions légales. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Rejette le pourvoi.
null
nan
fr
1,966
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e15335e8-3c8c-4eb6-a7ac-f24e92406acb
Urteilskopf 84 IV 54 18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. Mai 1958 i.S. Meier gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau.
Regeste Art. 26 Abs. 3 MFG. Darf auf Strecken, die durch Nebel unübersichtlich geworden sind, überholt werden?
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 84 IV 54 S. 54 A.- Loreliese Meier führte am Abend des 17. Oktober 1956 bei Nacht und Nebel einen Personenwagen auf der 6,1 m breiten Hauptstrasse von Diessenhofen nach Schaffhausen. Als sie ausserhalb von Diessenhofen auf gerader Strecke mit ca. 40 km/Std. einen am rechten Strassenrand stehenden Personenwagen zu überholen begonnen und die Höhe der Hinterräder dieses Fahrzeugs erreicht hatte, stiess sie mit einem entgegenkommenden Motorrad zusammen, dessen Führer mit ca. 50 km/Std. der Leitlinie entlang gefahren und nicht nach rechts ausgewichen war, obschon ihm ein rund 2,5 m breiter Streifen zur Verfügung stand. Loreliese Meier will den abgeblendeten Scheinwerfer des Motorrades erst im letzten Augenblick wahrgenommen haben, während Gruber, der angetrunken war, seine ganze Aufmersamkeit auf die Leitlinie gerichtet und deshalb den vorfahrenden Personenwagen nicht gesehen hatte. Beide Fahrzeugführer und der Mitfahrer des Motorradfahrers wurden verletzt. B.- Das Bezirksgericht Diessenhofen sprach Loreliese Meier von Schuld und Strafe frei. Den Angeklagten Gruber verurteilte es in Anwendung von Art. 125, 237 Ziff. 2 StGB und Art. 59 Abs. 2 MFG zu drei Wochen Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 100.--. Auf Appellation der Staatsanwaltschaft erklärte das Obergericht des Kantons Thurgau am 23. Januar 1958 auch die Angeklagte Meier der fahrlässigen schweren Körperverletzung und der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs schuldig und verurteilte sie zu einer BGE 84 IV 54 S. 55 Busse von Fr. 150.--. Es wirft ihr Verletzung der Art. 26 Abs. 3 MFG und Art. 46 MFV vor, indem sie überholt habe, trotzdem die Sicht durch den Nebel stark behindert gewesen sei. C.- Loreliese Meier führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, sie sei freizusprechen. Sie macht geltend, das Überholen sei zulässig gewesen; sie habe den Motorradfahrer, der seinen Scheinwerfer abgeschirmt habe, erst erblicken können, als ihr Fahrzeug bereits auf der Höhe der Hinterräder des parkierten Wagens angelangt sei. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Die Auffassung der Staatsanwaltschaft und des Obergerichts, dass die Beschwerdeführerin wegen der durch den Nebel beeinträchtigten Sicht überhaupt nicht hätte überholen dürfen, sondern dass sie verpflichtet gewesen wäre, den Führer des stillstehenden Wagens zur Weiterfahrt aufzufordern, ist nicht haltbar. Ob eine unter normalen Umständen übersichtliche Strecke durch Nebel oder ähnliche atmosphärische Einflüsse zur unübersichtlichen Stelle im Sinne des Art. 26 Abs. 3 MFG bzw. des gleichlautenden Art. 46 Abs. 3 MFV werde oder ob unter diesem Begriff nur unübersichtliche örtliche Verhältnisse zu verstehen seien, wie STREBEL (N. 26 zu Art. 26 MFG) annimmt, kann dahingestellt bleiben. Das Überholen eines in zulässiger Weise am rechten Strassenrand stationierten Fahrzeuges muss im Interesse des Verkehrs in jedem Fall grundsätzlich gestattet sein, auch wenn Nebel die Sicht beschränkt. Müsste in solchen Verhältnissen immer und überall angehalten und das Freiwerden der rechten Strassenhälfte abgewartet werden, sooft zum Überholen die linke Strassenhälfte in Anspruch genommen werden muss, so würde der Ablauf des Verkehrs unnötig erschwert, ja in vielen Fällen geradezu verunmöglicht, BGE 84 IV 54 S. 56 insbesondere, wenn der Führer des stillstehenden Wagens nicht zur Stelle ist oder aus irgendeinem Grund sein Fahrzeug nicht in Bewegung setzen kann. Unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung entgegenkommender Fahrzeuge ist es auch nicht das Gleiche, ob auf gerader Strecke bei Nebel oder ob an einer durch die örtlichen Verhältnisse unübersichtlichen Stelle, wie z.B. vor einer Biegung, überholt wird. Im ersten Fall wirkt sich der Nebel auf die Sicht aller Verkehrsteilnehmer in gleicher Weise nachteilig aus, und es darf unter solchen Umständen vorausgesetzt werden, dass jeder Motorfahrzeugführer seine Geschwindigkeit der beschränkten Sichtweite pflichtgemäss anpasse, damit er auf kurze Distanz anhalten kann, während im zweiten Fall der Überholende mit dem plötzlichen Auftauchen rasch fahrender Fahrzeuge rechnen muss. 2. (Es frägt sich bloss, ob die Beschwerdeführerin das Überholen mit besonderer Vorsicht gemäss Art. 46 Abs. 3 MFV ausgeführt habe. In dieser Richtung kann ihr, wie näher ausgeführt wird, ein Vorwurf nicht gemacht werden.) Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Freisprechung der Beschwerdeführerin an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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1,958
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Federation
e15772ea-1d93-4a04-972e-5f15b5f7d7e5
Urteilskopf 98 II 96 13. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Mai 1972 i.S. Böhi gegen Bindschedler & Co.
Regeste Aktienkauf, Willensmängel, Genehmigung, Rechtsmissbrauch. Art. 31 OR . Genehmigung eines Kaufvertrages nach erfolgter Anfechtung? Frage offen gelassen (Erw. 3). Art. 2 ZGB . Der Aktionär, der den Streit über die Unverbindlichkeit des Kaufes ausnützt, um mit seinen Minderheitsstimmen die Kapitalerhöhung der Gesellschaft durchzuführen, handelt gegen Treu und Glauben (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 96 BGE 98 II 96 S. 96 A.- Die W. Bindschedler & Co., Kommanditgesellschaft für Getreide- und Futtermittel in Zürich, schloss am 15. Mai 1961 mit der Aktiengesellschaft Böhi, Mühle Bürglen/Thurgau, vertreten durch Hans Ulrich Böhi, eine Vereinbarung über die Gründung der "Futtermühle Bürglen AG" mit Sitz in Bürglen. Die Gesellschaft wurde am 18. Mai 1961 gegründet. Das Aktienkapital betrug Fr. 300'000.-- und war eingeteilt in 60 Inhaber-Aktien zu je Fr. 5000.--. Die W. Bindschedler & Co. übernahm 40, Böhi 20 Aktien. Am 6. April 1965 stellte der Verwaltungsrat, dessen Präsident Böhi war, auf Ende 1964 einen Verlust von Fr. 53'000.-- fest. Die Bindschedler & Co. wünschte, sich aus dem Geschäft mit der Gesellschaft zurückzuziehen. Sie bot Böhi ihre 40 Inhaberaktien zum Kauf an, der sie aufgrund einer Vereinbarung vom 15. September 1965 für BGE 98 II 96 S. 97 Fr. 200'000.-- erwarb. Die Parteien legten damals ausserdem fest, dass das Böhi mit Vereinbarung vom 18. März 1963 gewährte Darlehen frühestens auf den 30. September 1966 unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist zur Rückzahlung gekündigt werden könne. Mit Schreiben vom 25. März 1966 ersuchte Böhi die Bindschedler & Co., die Vereinbarung vom 15. September 1965 abzuändern, und behielt sich gleichzeitig die Anfechtung des Aktienkaufes vor. Die Bindschedler & Co. verwarf am 6. April 1966 den Standpunkt Böhis. Dieser focht mit Schreiben vom 25. Mai 1966 den Aktienkauf wegen Irrtums an und lehnte weitere Zahlungen ab. Am 13. Juni 1966 kündigte die Bindschedler & Co. das Darlehen auf den 30. September 1966 zur Rückzahlung. Böhi lehnte die Rückzahlung und weitere Verzinsung des Darlehens ab, weil dieses angeblich zur Finanzierung der Futtermühle Bürglen AG gewährt worden sei. Am 9. August 1966 forderte er von der W. Bindschedler & Co. die am 17. September 1965 vertragsgemäss geleistete Anzahlung für die Aktien von Fr. 40'000.-- zurück. B.- Am 9. Dezember 1966 klagte die Bindschedler & Co. gegen Böhi auf Zahlung von Fr. 100'000.-- nebst Zins zu 43/4% seit 18. Dezember 1965 aus Darlehen und Fr. 160'000.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Oktober 1965 aus Aktienkauf (Restforderung). Der Beklagte verlangte widerklageweise die geleistete Anzahlung von Fr. 40'000.-- zurück, nebst Zins zu 5% seit 17. September 1965. Das Bezirksgericht Zürich hiess die Klage gut und wies die Widerklage ab. Es verwarf gestützt auf das durchgeführte Beweisverfahren die Behauptung des Beklagten, das Darlehen sei in Wirklichkeit der Futtermühle Bürglen AG gewährt worden, und verneinte in Bezug auf den Aktienkauf einen Grundlagenirrtum. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 23. September 1971 das erstinstanzliche Urteil. C.- Der Beklagte beantragt mit der Berufung das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung des behaupteten Grundlagenirrtums an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin verlangt Abweisung der Berufung. BGE 98 II 96 S. 98 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1./2. - ... 3. Das Obergericht hat offen gelassen, ob sich der Beklagte zu Recht auf einseitige Unverbindlichkeit des Kaufvertrages berufen habe. Es ist der Auffassung, er habe durch die am 28. März 1969 beschlossene Kapitalerhöhung der Futtermühle Bürglen AG von Fr. 300'000.-- auf Fr. 600'000.-- durch Ausgabe von 60 voll einbezahlten Inhaberaktien zu Fr. 5000.-- den rechtlichen Charakter und die wirtschaftliche Substanz der 40 Aktien (die vor der Kapitalerhöhung eine 2/3-Mehrheit darstellten) wesentlich verändert, dadurch den Kaufvertrag genehmigt und die anfänglich allenfalls begründete Anfechtung unwirksam gemacht. Der Beklagte bestreitet, den Kaufvertrag genehmigt zu haben. Wer einen Vertrag unter dem Einfluss eines wesentlichen Irrtums oder absichtlicher Täuschung abschliesst, ist nicht gebunden ( Art. 23, 28 Abs. 1 OR ). Er kann ihn jedoch ausdrücklich oder stillschweigend genehmigen. Im EntscheidBGE 72 II 403führte das Bundesgericht unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung und die Lehre aus, dass die Anfechtungserklärung empfangsbedürftig, nicht aber annahmebedürftig sei und daher mit dem Eintreffen bei der Gegenpartei den Vertrag endgültig unwirksam mache. Sie sei unwiderruflich und schliesse daher, sofern die Voraussetzungen eines Willensmangels erfüllt seien, die nachträgliche Genehmigung des Vertrages aus. Einigten sich die Parteien nachträglich, den Vertrag aufrechtzuerhalten, so liege darin der Abschluss eines neuen Vertrages gleichen Inhalts (Betr. die Unwiderruflichkeit der Anfechtungserklärung, vergleiche GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweizerische Obligationenrecht, S 139; VON BÜREN, OR S 224/225). In BGE 88 II 412 wurde sodann ausgeführt, die Genehmigung sei auch nach erfolgter Anfechtung mit Zustimmung des Gegners möglich. Im vorliegenden Fall kann indessen offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen der Vertrag nach seiner Anfechtung wieder in Kraft tritt; denn die Klägerin bestreitet den Anfechtungsgrund. 4. Zu prüfen ist, ob die Berufung auf den angeblichen Irrtum Treu und Glauben widerspricht. BGE 98 II 96 S. 99 a) Nach Art. 703 OR fasst die Generalversammlung ihre Beschlüsse grundsätzlich mit der absoluten Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen. Gemäss öffentlicher Urkunde vom 28. März 1969, auf die das Obergericht Bezug nimmt, wurde der Beschluss über die Kapitalerhöhung der Futtermühle Bürglen AG nur mit den 20 vom Beklagten vertretenen Aktienstimmen gefasst. Der Beklagte behauptet, dieser Beschluss dürfe nur der Gesellschaft, nicht ihm persönlich zugerechnet werden. Es steht fest, dass er nach dem streitigen Aktienkauf die Futtermühle Bürglen AG als Alleinaktionär wirtschaftlich beherrschte. Die Einmannaktiengesellschaft hat grundsätzlich ihre eigene Rechtspersönlichkeit. Wegen der wirtschaftlichen Identität zwischen der Gesellschaft und dem einzigen Aktionär ist indessen diese formalrechtliche Selbständigkeit der Gesellschaft in ihren Beziehungen zu Dritten nicht zu beachten, wenn Treu und Glauben im Verkehr es erfordern ( BGE 81 II 459 und dort erwähnte Entscheide). b) Die Folge der Kapitalerhöhung der Gesellschaft war, dass die rechtliche und wirtschaftliche Macht einer jeden Aktie auf die Hälfte herabgesetzt wurde und die umstrittenen 40 Aktien nicht mehr 2/3, sondern nur noch 1/3 des Grundkapitals ausmachten. Freilich beruht diese Veränderung auf einem Beschluss, der ohne die zugekauften Aktien des Beklagten zustande gekommen ist. Das ist indessen belanglos. Entscheidend ist vielmehr, dass der Streit über die Gültigkeit des Kaufvertrages die 40 Aktien lahmgelegt und den Beklagten in die Lage versetzt hat, mit seinen Minderheitsstimmen die Kapitalerhöhung durchzusetzen. Es verhielt sich demnach so, wie wenn der Beklagte auch mit den zugekauften Aktien gestimmt hätte. Daran ändert der Umstand nichts, dass er die Klägerin zur Generalversammlung einlud und ihr das Bezugsrecht an den Aktien anbot. Die Klägerin schickte ihm die Einladung und die Zeichnungsscheine mit dem Hinweis darauf zurück, dass sie nicht mehr Aktionärin sei. Damit lehnte sie den behaupteten Anfechtungsgrund des Beklagten ab. Das war von ihrem Standpunkt aus gesehen folgerichtig. Denn mit der Teilnahme an der Generalversammlung und der Zeichnung neuer Aktien hätte sie sich unter Umständen dem Einwand des Beklagten ausgesetzt, sie habe den behaupteten Grundlagenirrtum und damit die Unverbindlichkeit des Kaufvertrages durch schlüssiges Verhalten anerkannt. Indem der Beklagte trotz der Stellungnahme BGE 98 II 96 S. 100 der Klägerin das Grundkapital erhöhte, nützte er den Streit um die Unverbindlichkeit des Kaufes gegen Treu und Glauben aus. c) Der Beklagte behauptet, er habe das Anfechtungsrecht nicht dadurch verwirkt, dass der Wert der Aktien durch die Kapitalerhöhung verändert worden sei. Er beruft sich auf BGE 97 II 48 . In diesem Entscheid führt das Bundesgericht aus, die Berufung auf einen wesentlichen Irrtum setze nicht voraus, dass die Leistung, die der Irrende erhalten hat, bei der Rückgabe mindestens gleichviel wert sei wie beim Empfang. Dieser Vergleich hält nicht stand, weil in jenem Falle die Rückerstattung des gesamten Aktienpakets in Frage stand, der Verkäufer somit als Alleinaktionär die Möglichkeit behielt, den sich auf Irrtum berufenden Käufer auf Schadenersatz zu belangen, falls er über Aktiven der Gesellschaft verfügt haben sollte. Im vorliegenden Fall erhielte die Klägerin bei der Rückerstattung der gegenseitig empfangenen Leistungen mit den 40 Aktien nur noch einen Drittel des gesamten Aktienpaketes, während dem Beklagten zwei Drittel verbleiben würden. Freilich hat der Aktionär kein wohlerworbenes Recht, dass sich die relative Grösse seiner Beteiligung nicht vermindere (JÄGGI, Zum Verfahren bei der Erhöhung des Aktienkapitals, in Festschrift Bürgi, S. 198). Dieser Grundsatz trifft hier indessen nicht zu, da sich die Klägerin durch Teilnahme an der Generalversammlung mit ihrem Standpunkt in Widerspruch gesetzt hätte. Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts, auf die das Obergericht verweist, soll W. Bindschedler dem Beklagten beim Abschluss des Kaufvertrages erklärt haben, die Klägerin wolle kein Geld mehr in die Gesellschaft stecken, sondern diese entweder liquidieren oder die Aktien ihm verkaufen. Daraus ist zu schliessen, dass der Beklagte die Klägerin mit der Zeichnung neuer Aktien veranlassen wollte, die Anfechtung des Kaufvertrages stillschweigend anzuerkennen und der finanzschwachen Gesellschaft neue Mittel zur Verfügung zu stellen. Das war rechtsmissbräuchlich. Die weitere Behauptung des Beklagten, es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, die Kapitalerhöhung der Gesellschaft wegen eines ihn persönlich betreffenden Streites auf Jahre hinauszuschieben, ändert daran nichts. Wohl trifft zu, dass der Beklagte als Verwaltungsratspräsident nach Art. 725 Abs. 3 OR verpflichtet war, eine Generalversammlung BGE 98 II 96 S. 101 einzuberufen und sie von der Sachlage zu unterrichten, wenn nach der letzten Jahresbilanz die Hälfte des Grundkapitals nicht mehr gedeckt war. Die Kapitalerhöhung war indessen nicht die einzige Möglichkeit, die Gesellschaft vor dem Konkurs zu bewahren. War der Beklagte in der Lage, das Aktienkapital um Fr. 300'000.-- zu erhöhen, so konnte er der Futtermühle Bürglen AG diesen Betrag ebensogut schenkungsweise überlassen, ihre Schulden tilgen oder übernehmen. Solche Sanierungsmassnahmen hätten zwar den inneren Wert der Aktien (der eigenen und der zugekauften) erhöht, das Stimmrechtsverhältnis aber nicht verändert. Die Klägerin hätte bei Aufhebung des Vertrages den Mehrwert der Aktien nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts ausgleichen müssen ( BGE 97 II 48 ). d) Endlich wendet der Beklagte ein, die aktienrechtlichen Folgen wären für die Klägerin die gleichen gewesen, wenn er die Aktien einem Dritten veräussert und dieser die Kapitalerhöhung durchgeführt hätte. Das ist an sich richtig. Doch kann sich der Beklagte bei den gegebenen Umständen nicht auf solche Hypothesen berufen. Er hat übrigens weder behauptet noch dafür Beweis angeboten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin ein Dritter die Aktien ebenfalls übernommen und die Kapitalerhöhung durchgeführt hätte. Müsste der Einwand des Beklagten in dem Sinne verstanden werden, dass er die Kapitalerhöhung durch einen Strohmann hätte besorgen können, so wäre ein solches Verhalten rechtmissbräuchlich gewesen. Hat somit der Beklagte das Anfechtungsrecht verwirkt, so kann mit der Vorinstanz offen bleiben, ob er sich in einem Grundlagenirrtum befunden habe. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 23. September 1971 bestätigt.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_004
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Federation
e1585931-8ee1-4513-b58f-6f32f133e210
Urteilskopf 86 III 15 8. Entscheid vom 9. März 1960 i.S. R. & Cie.
Regeste Art. 93 SchKG . Pfändung des Einkommens aus selbständiger Berufstätigkeit (Naturarztpraxis).
Sachverhalt ab Seite 15 BGE 86 III 15 S. 15 In der Betreibung, welche die Firma R. & Cie gegen X. führt, pfändete das Betreibungsamt Heiden am 28. November 1959 vom selbständigen Erwerb, den der Schuldner als Naturarzt erzielt und den es auf netto Fr. 15'000.-- pro Jahr schätzte, den Betrag von Fr. 500.-- pro Monat. Auf BGE 86 III 15 S. 16 Beschwerde des Schuldners hat die kantonale Aufsichtsbehörde diese Pfändung mit Entscheid vom 11. Februar 1960 aufgehoben, weil das Gesetz die Pfändung eines Teils des Gesamterwerbs aus freier Berufstätigkeit nicht gestatte. Diesen Entscheid hat die Gläubigerin an das Bundesgericht weitergezogen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Nach den Entscheiden BGE 84 IV 155 ff. und BGE 85 III 38 ff., welche die Vorinstanz übersehen hat, lässt Art. 93 SchKG die Pfändung des Arbeitseinkommens des Schuldners ohne Rücksicht darauf zu, ob es aus unselbständiger oder selbständiger Berufstätigkeit herrühre. Gleich wie die Einkünfte aus dem Betrieb eines Schönheitssalons oder einer Autofahrschule, auf welche die erwähnten Präjudizien sich beziehen, sind also nach Art. 93 SchKG auch die Honorareinnahmen eines Naturarztes aus der Behandlung von Patienten pfändbar, soweit sie den Notbedarf des Schuldners und die zu ihrer Erzielung notwendigen Auslagen (Gestehungskosten) übersteigen. Wenn aus den Akten nicht ersichtlich ist, wieviel der Schuldner unter diesem Titel einnimmt, so ist dies kein Grund, von einer Pfändung abzusehen. Vielmehr ist zu prüfen und nötigenfalls zu schätzen, wie hoch die Honorareinnahmen des Schuldners und die von ihm aufzuwendenden Gestehungskosten sich belaufen. Einen Anhaltspunkt kann dabei der Umstand bieten, dass der Schuldner bei einem Umsatz von rund Fr. 31'000.-- nur für rund Fr. 4500.-- Heilmittel eingekauft hat. Beim Entscheid darüber, welcher Teilbetrag des so errechneten Nettoeinkommens aus der Berufstätigkeit des Schuldners gepfändet werden könne, ist auf das Einkommen Rücksicht zu nehmen, dass der Schuldner nicht durch solche Tätigkeit, sondern anderswie erzielt. Soweit der Schuldner seinen Notbedarf aus anderweitigen Einkünften bestreiten kann, ist er zu dessen Deckung nicht auf sein Arbeitseinkommen angewiesen. BGE 86 III 15 S. 17 Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zur Bestimmung des allenfalls pfändbaren Einkommens an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
e15ccc86-fbcb-4f67-b6ff-39be41076f70
Urteilskopf 116 IV 175 33. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 24. September 1990 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 351 StGB ; Art. 264 BStP ; Inhalt des Gesuches. Anforderungen in bezug auf den Inhalt des Gesuches um Bestimmung des Gerichtsstandes.
Erwägungen ab Seite 175 BGE 116 IV 175 S. 175 Aus den Erwägungen: 1. Das an die Anklagekammer des Bundesgerichts gerichtete Gesuch um Feststellung des Gerichtsstandes ist an keine Form gebunden, muss aber so abgefasst sein, dass ihm ohne Durchsicht der kantonalen Akten die für die Bestimmung des Gerichtsstandes erforderlichen und wesentlichen Tatsachen entnommen werden können. Im Interesse eines raschen Verfahrens muss die Anklagekammer in der Regel davon absehen, allen beteiligten Kantonen ohne deren ausdrückliches Verlangen die kantonalen Akten, welche ihr mit dem Gerichtsstandsgesuch übermittelt werden, zuzustellen; dies gilt insbesondere dann, wenn dem oder den Verfolgten - wie hier - eine Vielzahl von Delikten vorgeworfen werden und die Akten schon aus diesem Grund sehr umfangreich sind. Dies setzt voraus, dass die beteiligten Kantone bereits aufgrund des blossen Gesuches in der Lage sind, zum Gesuch Stellung zu nehmen. Die ersuchende Behörde (oder andere Verfahrensbeteiligte) hat (haben) daher in ihrem Gesuch in kurzer, aber vollständiger Übersicht insbesondere darzulegen (vgl. auch BGE 112 IV 143 ; SCHWERI, Gerichtsstandsbestimmung, N 561 mit Kreisschreiben der BGE 116 IV 175 S. 176 Anklagekammer des Bundesgerichts vom 31.1.1946 im Anhang I), - welche strafbaren Handlungen dem Beschuldigten vorgeworfen werden, wann und wo sie ausgeführt wurden und wo allenfalls der Erfolg eintrat; bei einer Vielzahl von Delikten ist zweckmässigerweise eine Tabelle zu erstellen; - wie die aufgrund der Aktenlage in Frage kommenden strafbaren Handlungen rechtlich zu würdigen sind, wobei diese rechtliche Würdigung summarisch zu erfolgen hat; - welche konkreten Verfolgungshandlungen von welchen Behörden vorgenommen wurden und wann dies der Fall war. Die für die Gerichtsstandsbestimmung wesentlichen Akten sind zweckmässigerweise paginiert und geordnet in einem separaten Dossier beizulegen. Der blosse Hinweis auf die vollständig beigelegten kantonalen Akten ist unter diesem Gesichtspunkt unzulässig; dies gilt insbesondere in Fällen mit umfangreichen Akten, bei welchen an die Begründung des Gesuches entsprechend hohe Anforderungen zu stellen sind.
null
nan
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1,990
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CH_BGE_006
CH
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e15d38a4-5f7b-451d-b013-3b44eeaf2ce6
Urteilskopf 84 II 232 33. Urteil der H. Zivilabteilung vom 22. Mai 1958 i.S. Z. gegen Z.
Regeste Rückzug des in oberer kantonaler Instanz zugesprochenen Ehescheidungs- oder -trennungsbegehrens: 1. Der Rückzug ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils zulässig. 2. Auch wenn das kantonale Scheidungs- oder Trennungsurteil auf gemeinsamen Begehren beider Parteien beruht, tritt es nicht sofort in Rechtskraft, sondern erst nach schriftlicher Mitteilung gemäss Art. 51 lit. d OG und nach Ablauf der Berufungs- und Anschlussberufungsfrist nach Art. 54 Abs. 2 OG . 3. Gibt das kantonale Prozessrecht (Gesetz und Gerichtsgebrauch) dem kantonalen Gericht keine Befugnis, sein Urteil als durch nachträglichen Klagerückzug dahingefallen zu erklären, so kann der Rückzug binnen nützlicher Frist beim kantonalen Gericht zu Handen des Bundesgerichts oder direkt bei diesem erfolgen.
Sachverhalt ab Seite 233 BGE 84 II 232 S. 233 A.- Die Scheidungsklage des Ehemannes wurde in erster Instanz abgewiesen, weil er an der vom Bezirksgericht bejahten tiefen Zerrüttung der Ehe vorwiegend schuldig und daher zur Klage nicht berechtigt sei ( Art. 142 Abs. 2 ZGB ). Die Ehefrau hatte sich der Scheidung widersetzt. Vor Obergericht, an das der Kläger appellierte, schlossen die Parteien dann aber folgende Vereinbarung: "1. Die Parteien stellen ein gemeinsames Scheidungsbegehren gestützt auf Art. 142 ZGB . 2. Der Kläger verpflichtet sich, die Liegenschaft ... der Beklagten zu übertragen. 3. Die Beklagte übernimmt die Bezahlung der heute noch ausstehenden Rechnungen für die Erstellung der Schwemmkanalisation im Maximalbetrag von Fr. 1200.--. 4. ... bis 9. ..." (Hausrat, Wohnungsräumung, Entschädigungsrente, Prozesskosten). BGE 84 II 232 S. 234 B.- Das Obergericht, dem die Parteien diese Vereinbarung unterbreiteten, fällte am 24. März 1958 folgendes Urteil: "1. Die Ehe der Parteien wird auf Grund von Art. 142 ZGB geschieden. 2. Der Kläger ist verpflichtet, die Liegenschaft ... der Beklagten zu Eigentum zu übertragen. 3. Im übrigen wird die Vereinbarung der Parteien ... genehmigt. 4. ... bis 6. ..." (Prozesskosten und Mitteilung). C.- Das Urteil wurde den Parteien am 14. April 1958 zugestellt. Am 3. Mai reichte der Kläger beim Obergericht zu Handen des Bundesgerichts eine "Berufung" ein, mit dem Antrag, "es sei in Gutheissung der Berufung Dispositiv Ziffer 1 des angefochtenen Entscheides aufzuheben und vom Rückzug der Klage Vormerk zu nehmen." Die Begründung geht dahin: "Mit der Beklagten habe ich mich ausgesöhnt, und wir haben vereinbart, die eheliche Gemeinschaft fortzuführen. Demzufolge ziehe ich die Scheidungsklage zurück." Am Fusse der Berufungsschrift findet sich folgende mit dem Namenszug der Beklagten versehene Erklärung vor: "Zum Zeichen des Einverständnisses mit dem Klagerückzug unterzeichnet die Beklagte ebenfalls diese Eingabe." Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Als eigentliche Berufung kann die Eingabe des Klägers nicht gelten. Denn sie zielt nicht, wie es dem Zweck dieses Rechtsmittels entspricht, auf Änderung des obergerichtlichen Urteils zu seinen Gunsten ab. Es fehlt ein Antrag im Sinne von Art. 55 lit. b OG , und es kommt denn auch eine Weiterziehung durch den Kläger gemäss den Art. 43 ff. OR gar nicht in Frage, da das obergerichtliche Urteil seinen Anträgen in allen Teilen entspricht, so dass er durch dieses Urteil in keiner Weise beschwert und daher zur Weiterziehung nicht legitimiert ist. 2. Was die Eingabe zur Geltung bringen will, ist ein Rückzug der vom Obergericht zugesprochenen Scheidungsklage. BGE 84 II 232 S. 235 In Verbindung damit gibt die Ehefrau eine Erklärung ab, die besagt, dass sie das vor Obergericht gemeinsam mit dem Ehemann gestellte Scheidungsbegehren auch ihrerseits zurückzieht. Es ist zu prüfen, ob eine in oberer kantonaler Instanz geschützte Scheidungsklage bis zum Ablauf der Berufungsfrist noch wirksam zurückgezogen werden könne, und zwar beim Bundesgericht oder zu dessen Handen bei der Vorinstanz. 3. Es ist anerkannt, dass der Rückzug einer Scheidungsklage, solange die Scheidungsfrage noch rechtshängig ist, in jeder Instanz zulässig ist. Selbst ein Ehegatte, der in oberer kantonaler Instanz mit einem solchen Begehren obgesiegt hat, kann den Klagerückzug noch in der bundesgerichtlichen Instanz erklären. Fraglich ist indessen, ob er selbst auch beim Fehlen einer Beschwernis in der Lage ist, die Angelegenheit beim Bundesgericht hängig zu machen, nur eben zum Zweck des Klagerückzuges. Das wurde in BGE 43 II 454 ff. verneint, und es wurde ausgeführt, dem rückzugswilligen Kläger bleibe nichts anderes übrig, als die durch das obergerichtliche Urteil einzig beschwerte Gegenpartei ihrerseits zur Einlegung einer rechtzeitigen Berufung im Scheidungspunkte zu veranlassen, um hierauf seine Scheidungsklage noch zurückziehen zu können. Diese Bedingung des Rückzuges war in einem spätern Fall erfüllt ( BGE 51 II 81 /82). Auch in BGE 82 II 81 ff. liess sich die Berücksichtigung des nachträglichen Rückzuges einer in der obern kantonalen Instanz gutgeheissenen Scheidungsklage damit rechtfertigen, dass eine zulässige Berufung im Scheidungspunkt seitens der andern, mit ihrem eigenen Scheidungs- (Widerklage-)begehren vor Obergericht unterlegenen Partei vorlag. Einleitend wurde indessen die Frage aufgeworfen, ob der Klagerückzug nicht ohnehin zulässig wäre, d.h. "ob ein Scheidungskläger, der mit seinem Begehren vor dem obern kantonalen Gericht im Scheidungspunkt oder sogar vollständig (auch hinsichtlich der Nebenfolgen der Scheidung) obgesiegt hat, während der Frist für die Berufung an das Bundesgericht seine BGE 84 II 232 S. 236 Klage noch wirksam zurückziehen kann, selbst wenn die Gegenpartei das Urteil des obern kantonalen Gerichts nicht weiterzieht oder es doch wenigstens im Scheidungspunkt unangefochten lässt". Diese für das Schicksal des vorliegenden Klagerückzuges entscheidende Frage ist zu bejahen. Der im Vorentwurf des revidierten OG enthaltene Schlusspassus von Art. 55 lit. b ("... Neue Begehren sind ausgeschlossen, ausgenommen solche zum Zweck der Aufrechterhaltung der Ehe") fand zwar nicht Eingang in das Gesetz. Aber die Zulässigkeit eines diesem Zweck dienenden Klagerückzuges bis zum Eintritt der Rechtskraft im Scheidungspunkte wurde vom Gesetzgeber nicht etwa verneint oder auch nur in Zweifel gezogen. Vielmehr hielt man, laut der Vernehmlassung des Bundesgerichts zum Vorentwurf, eine derartige Erweiterung des Bereiches der Berufung für unnötig, weil der Klagerückzug durch einfache Abstandserklärung (bei der Vorinstanz), ohne Einlegung eines Rechtsmittels, erfolgen könne. Nun ist aber das obere kantonale Gericht jedenfalls nicht von Bundesrechts wegen verpflichtet, eine nach Ausfällung und Verkündung seines Endurteils bei ihm eingehende Abstandserklärung noch zu berücksichtigen und das Urteil als hinfällig zu betrachten oder zu widerrufen. In der Lehre des Prozessrechts wird auf der einen Seite freilich die Ansicht verfochten, zwecks Aufgabe der ausgesprochenen Scheidung bedürfe es keiner Weiterziehung des Urteils, sondern das Gericht, das die Scheidung aussprach, habe einen vor Eintritt der Rechtskraft erklärten Abstand als dem Urteil nachfolgenden Grund der Prozesserledigung zu beachten (LEUCH, N. 1 zu Art. 333 der bernischen ZPO, S. 313, Zeile 14 der 3. Auflage, und N. 6 zu Art. 397). Anderseits findet sich aber die Meinung vertreten, nach Verkündung der Endentscheidung könne der Kläger sein Begehren nur in der Weise zurückziehen, dass er vor Eintritt der Rechtskraft ein ordentliches Rechtsmittel einlege und dann in der obern Instanz den Rückzug der Klage erkläre (GULDENER, Das schweizerische Zivilprozessrecht I 247, N. 1 zu § 36). Nach dieser Ansicht BGE 84 II 232 S. 237 bleiben lediglich abweichende prozessuale Vorschriften vorbehalten wie etwa Art. 443 Abs. 3 der Genfer ZPO, der (in der Fassung der Novelle vom 12. Februar 1944) den Rückzug eines Scheidungs- oder Trennungsbegehrens in folgender Weise erleichtert: "Tout jugement ou arrêt prononçant le divorce ou la séparation de corps sera réputé nul et non avenu si les deux parties ont, dans le délai fixé pour l'opposition, l'appel ou le recours au Tribunal fédéral, ..., déclaré renoncer au divorce ou à la séparation de corps. Cette déclaration, qui est irrévocable en ce qui concerne le jugement ou l'arrêt rendu, doit être faite par écrit et déposée auprès du greffier de la juridiction chargée de communiquer le jugement ou l'arrêt en vue de transcription." Dass in ähnlichem Sinne auch der vorliegende beidseitige Rückzug der Scheidungsklagen nach zürcherischem Prozessrecht (Gesetz oder Gerichtsgebrauch) hätte entgegengenommen werden müssen, ist nicht dargetan. Das Obergericht hat die bei ihm eingereichte "Berufung", die sich in den beidseitigen Rückzugserklärungen und dem darauf gestützten Antrag auf Aufhebung des kantonalen Urteils erschöpft, ohne dahingehende Bemerkung an das Bundesgericht geleitet. Nach Art. 56 OG war es zu keinem andern Vorgehen verpflichtet. Die Zulässigkeit eines Rückzuges der Scheidungsklage bis zum Eintritt der Rechtskraft des obergerichtlichen Scheidungsurteils, also bis zum Ablauf der Berufungs- und einer allfälligen Anschlussberufungsfrist ( Art. 54 Abs. 2 OG ), ist aber um der Aufrechterhaltung der Ehe willen als Grundsatz des materiellen Bundesrechts anzuerkennen und unabhängig von der Gestaltung des kantonalen Prozessrechts zur Geltung zu bringen. Damit dies in allen Fällen geschehen kann, ist dem Kläger (oder Widerkläger), der sein in oberer kantonaler Instanz zugesprochenes Scheidungs- oder Trennungsbegehren zurückziehen will, zu gestatten, entsprechend den für die Einreichung der Berufung geltenden Vorschriften eine dahingehende Erklärung beim kantonalen Gericht zu Handen des Bundesgerichts ( Art. 54 Abs. 1 OG ) oder direkt bei diesem ( Art. 32 Abs. 3 OG am Ende) abzugeben. Das Bundesgericht BGE 84 II 232 S. 238 hat alsdann die sich aus dem Rückzug ergebende Prozesserledigung festzustellen und die Sache demgemäss abzuschreiben, sofern das kantonale Gericht sich nicht als befugt erachtet, einer bei ihm eingegangenen Rückzugserklärung selber die ihr gebührende materiellrechtliche Folge zu geben. Derartige Rückzugserklärungen sind um ihrer eherechtlichen Bedeutung willen auch dann zuzulassen, wenn, wie im vorliegenden Falle, keine Partei durch das Urteil der obern kantonalen Instanz beschwert ist, zur Einlegung einer eigentlichen Berufung also keine Partei berechtigt wäre. Schon die Möglichkeit, dass ein obsiegender Scheidungskläger nachträglich auf seinen Scheidungsanspruch verzichten will (und gleiches gilt für blosse Trennungsklagen), rechtfertigt es hinlänglich, das kantonale Scheidungsurteil auch in einem solchen Falle nicht etwa sofort mit seiner Ausfällung oder Verkündung, sondern erst mit dem Ablauf der Rechtsmittelfristen nach den ordentlichen Regeln rechtskräftig werden zu lassen. Diese Betrachtungsweise führt praktisch zum selben Ergebnis wie die in Deutschland zugelassene Einlegung des Rechtsmittels selbst, "lediglich zum Zwecke der Rücknahme der Scheidungsklage", wobei ausnahmsweise vom Erfordernis einer Beschwerung abgesehen wird (Entscheidungen des deutschen Reichsgerichts in Zivilsachen 115 S. 374/75; ROSENBERG, Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechts, 7. Auflage, § 161, Bem. V 2 a; STEIN/JONAS/SCHÖNKE/POHLE, 17. Auflage, N. II B 1 zu § 511 und N. IV zu § 545 der deutschen ZPO). 4. Mit dem Scheidungsdispositiv 1, worauf allein die Eingabe der Parteien Bezug nimmt, fallen notwendigerweise auch die Dispositive 2 und 3 des obergerichtlichen Urteils dahin; denn ausserhalb der Scheidung können sie keinen selbständigen Bestand haben. Insbesondere ist Disp. 2 nur die Wiederholung eines (wohl bloss zur grundbuchlichen Vollstreckung) aus der Scheidungskonvention herausgehobenen Bestandteils derselben. Zur Klarlegung der Verhältnisse ist daher ausdrücklich der Hinfall dieser BGE 84 II 232 S. 239 durch die Scheidung bedingten Dispositive gleichfalls festzustellen, was die Parteien nicht anders wollen können, und was daher nicht über ihre richtig verstandenen Anträge hinausgeht. Die nicht angefochtenen Kostendispositive 4 und 5 bleiben dagegen bestehen. 5. Der Abstand beendet den Rechtsstreit unmittelbar. Das obergerichtliche Urteil (mit Ausnahme der Disp. 4 und 5) ist daher infolge der beidseitigen Rückzugserklärungen der Parteien ohne weiteres dahingefallen, somit in feststellendem Sinn als dahingefallen zu erklären, so dass es keines Urteils mit gestaltender Wirkung bedarf. Die Prozesserledigung ohne Urteil führt zur Abschreibung der Sache ohne öffentliche Beratung, zumal bei der im vorliegenden Falle gegebenen Einstimmigkeit ( Art. 73 BZP /40 OG in Verbindung mit Art. 60 OG , insbesondere in Anlehnung an dessen Abs. 1 lit. c). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Vom Rückzug der Klage wird Kenntnis genommen und das Urteil der I. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 24. März 1958 als dahingefallen erklärt.
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e15dba7e-6172-48c7-8079-d1aa931f7cbb
Urteilskopf 113 II 283 53. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Juni 1987 i.S. St. Gallische Kantonalbank gegen Gläubigergemeinschaft der 6 1/2% Anleihe 1973-88 der Rheintalischen Gas-Gesellschaft (Berufung)
Regeste Befugnisse der Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen ( Art. 1164 Abs. 1 OR ). Die Gläubigergemeinschaft ist zur Erhebung einer Prospekthaftungsklage ( Art. 1156 Abs. 3, Art. 752 OR ) gegenüber einer Emissionsbank nicht aktivlegitimiert (E. 2-6).
Sachverhalt ab Seite 283 BGE 113 II 283 S. 283 A.- Im Jahre 1973 nahm die Rheintalische Gas-Gesellschaft AG, St. Margrethen (RGG) eine 6 1/2% Obligationenanleihe BGE 113 II 283 S. 284 von vier Millionen Franken auf. Die Anleihe wurde einem Bankenkonsortium, in welchem die St. Gallische Kantonalbank federführend war, fest übernommen und vom 5. bis zum 12. Dezember 1973 öffentlich zur Zeichnung aufgelegt. 1978 ersuchte die RGG um Nachlassstundung. Am 10. Januar 1979 wurde ein zwischen ihr und ihren Gläubigern abgeschlossener Liquidationsvergleich gerichtlich genehmigt. Mit Schreiben vom 11. Juli 1980 teilte der Liquidator den Gläubigern mit, es könne mit einer Dividende von rund 20% gerechnet werden. Die Liquidationsorgane hätten deshalb beschlossen, die privilegierten Gläubiger vollständig zu befriedigen und den Gläubigern der 5. Klasse eine Abschlagszahlung von 15% auszurichten. Nach der Verlustrechnung des Liquidators vom 29. Juni 1983 erbrachten die Aktiven einen Verwertungserlös von rund Fr. 5'353'000.--, welchem kollozierte Forderungen von insgesamt Fr. 13'221'000.-- gegenüberstanden. Unter den Forderungen der 5. Klasse (einschliesslich Pfandausfällen) von Fr. 9'585'000.-- befinden sich auch die vier Millionen Franken Obligationenkapital aus der erwähnten Anleihe zuzüglich Fr. 130'000.-- aufgelaufene Zinsen bis zum 30. Juni 1978. Am 18. März 1983 fand eine vom Liquidator einberufene Versammlung der Anleihensgläubiger statt. Sie wählte Conrad Marti zum Anleihensvertreter und beauftragte ihn mit der Erhebung einer Prospekthaftungsklage gegen die St. Gallische Kantonalbank. Als Marti während des Prozesses starb, trat sein Stellvertreter, Heinrich Schwegler, an seine Stelle. B.- Am 13. Juli 1983 klagte die Gläubigergemeinschaft gegen die St. Gallische Kantonalbank auf Bezahlung von drei Millionen Franken nebst 6 1/2% Zins seit dem 1. Juli 1978. Die Beklagte schloss auf Abweisung der Klage und erhob vorab die Einreden des falschen Rechtsweges (ausschliessliche Anwendbarkeit des kantonalen Verantwortlichkeitsgesetzes), der fehlenden Aktivlegitimation der Gläubigergemeinschaft sowie der Verwirkung und Verjährung. Das Bezirksgericht St. Gallen beschränkte das Verfahren auf diese Einreden und verwarf sie mit Urteil vom 21. Juni 1985. Eine dagegen erhobene kantonale Berufung der Beklagten wies das Kantonsgericht St. Gallen am 6. November 1986 ab. C.- Die Beklagte hat gegen das Urteil des Kantonsgerichts Berufung eingelegt mit dem Antrag, es aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung. BGE 113 II 283 S. 285 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 50 Abs. 1 OG ist gegen einen selbständigen Vor- oder Zwischenentscheid ausnahmsweise die Berufung zulässig, wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts als gerechtfertigt erscheint. Die Beklagte beruft sich nicht mehr auf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, hält hingegen daran fest, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert und die Forderung überdies verjährt. Wird eine dieser Einreden geschützt, so ist die Klage abzuweisen und erübrigt sich die Prüfung der Prospekthaftung, die sowohl hinsichtlich der Haftungsvoraussetzungen wie des Schadens eines zusätzlichen, nicht einfachen Beweisverfahrens bedürfte. Die Voraussetzungen des Art. 50 Abs. 1 OG sind somit erfüllt. 2. Die Gläubiger bilden von Gesetzes wegen eine Gemeinschaft, wenn die Anleihensobligationen aufgrund einheitlicher Anleihensbedingungen öffentlich zur Zeichnung aufgelegt werden ( Art. 1157 Abs. 1 OR ), der Anleihensschuldner Sitz oder Niederlassung in der Schweiz hat und dem privaten Recht unterstellt ist ( Art. 1157 Abs. 3 OR ). Die Gläubigergemeinschaft ist nicht als juristische Person ausgestaltet und damit nach herrschender Auffassung auch nicht rechtsfähig (vgl. BUCHER, N 43 ff. zu Art. 11 ZGB ; hinsichtlich der Rechtsfähigkeit anderer Meinung BECK, Die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen nach der Verordnung des Bundesrates vom 20. Februar 1918, S. 51). Wie anderen nicht mit juristischer Persönlichkeit ausgestatteten Rechtsgemeinschaften (z.B. Kollektiv- und Kommanditgesellschaft, Stockwerkeigentümergemeinschaft) sind ihr durch das Gesetz bestimmte Befugnisse verliehen, welche ihr erlauben, am Rechtsverkehr selbständig, unabhängig von den in ihr zusammengefassten Obligationären, teilzunehmen ( Art. 1164 Abs. 1 OR ). Damit wird ihr auch als nicht rechtsfähigem Gebilde von Bundesrechts wegen in bestimmtem Umfang Parteifähigkeit zuerkannt (vgl. BUCHER, N 80 ff. zu Art. 11 ZGB ; HÜPPI, Die Beschlüsse der Anleihensgläubigerversammlung, Diss. Freiburg 1950, S. 11). Insoweit ist die Gemeinschaft auch prozessfähig (BECK, a.a.O. S. 51; ZIEGLER, N 11 zu Art. 1159 OR ; HÜPPI, a.a.O. S. 11; F. HUBER, Der Schutz der Obligationäre nach den Entwürfen zum OR, Diss. Bern 1936, S. 127). BGE 113 II 283 S. 286 Der Umfang der Parteifähigkeit ist durch Auslegung insbesondere des Art. 1164 Abs. 1 OR zu bestimmen. Dabei muss das Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus, d.h. nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen ausgelegt werden. Auch die Materialien fallen ins Gewicht, wenn sie eine klare Antwort geben; sie können allerdings durch Zeitablauf an Bedeutung verlieren ( BGE 111 II 152 E. 4a mit Hinweisen). 3. Art. 1164 Abs. 1 OR bestimmt, die Gläubigergemeinschaft sei befugt, in den Schranken des Gesetzes die geeigneten Massnahmen zur Wahrung der gemeinsamen Interessen der Anleihensgläubiger, insbesondere gegenüber einer Notlage des Schuldners, zu treffen. Der Gesetzestext präzisiert nicht, was unter den gemeinsamen Interessen der Anleihensgläubiger zu verstehen ist. Allein aus dem Wortlaut der Bestimmung lässt sich daher die Zuständigkeit der Gläubigergemeinschaft nicht abgrenzen. 4. Das Bundesgesetz über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen vom 1. April 1949 ergänzte auf den 1. Januar 1950 das Obligationenrecht mit den heutigen Artikeln 1157 bis 1186. Die gesetzliche Regelung knüpft an Bestimmungen an, die bereits 1936 bei der Revision des Gesellschaftsrechts in das Obligationenrecht aufgenommen, indes nie in Kraft gesetzt wurden, weil in der Krisen- und Kriegszeit weitergehende notrechtliche Massnahmen nötig waren (Botschaft, BBl 1947 III S. 873 f.; Berichterstatter Renold im Nationalrat, Sten.Bull. Nationalrat 1948, S. 93). Der Bundesrat hatte schon am 20. Februar 1918 unter dem Druck der durch den Ersten Weltkrieg entstandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten die Verordnung betreffend die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen erlassen. Diese gab der Versammlung der Obligationäre die Befugnis, mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des im Umlauf befindlichen Kapitals eine Reihe bestimmt umschriebener Eingriffe in die Gläubigerrechte für alle Obligationäre verbindlich zu beschliessen, um dadurch den notleidenden Schuldner zu entlasten (Botschaft, BBl 1947 III S. 870). Diese Befugnis war dann angesichts der verschärften Wirtschaftskrise der dreissiger Jahre durch verschiedene Bundesratsbeschlüsse mehrfach erweitert worden (Botschaft, a.a.O., S. 870 ff.; Berichterstatter Renold im Nationalrat, Sten.Bull. Nationalrat 1948, S. 93). Die Vorlage von 1936 enthielt eine dem Art. 1164 OR entsprechende Bestimmung. Berichterstatter Zust führte dazu im Ständerat aus, die Notlage des Schuldners sei der wichtigste Fall, für den BGE 113 II 283 S. 287 die Gläubigergemeinschaft in Funktion trete. Indes solle die Gläubigerversammlung auch sonst Beschlüsse fassen können, die im gemeinsamen Interesse der Gläubiger lägen. Darin komme gerade die Eigenart dieses Rechtsinstituts gegenüber dem Nachlassverfahren zum Ausdruck. Es sei etwa an den Fall zu denken, wo bei einer durch Grundpfand sichergestellten Anleihe der Verkauf einzelner belasteter Objekte und im Anschluss daran deren Pfandentlassung in Frage stehe und das Zustandekommen des Geschäfts im Interesse der Gläubiger liege, ohne dass deshalb eine Notlage des Schuldners vorliegen müsse (Sten.Bull. Ständerat 1932, S. 50). Bei der Beratung des geltenden Gesetzes führte Berichterstatter Schmuki im Ständerat aus, grundsätzliche Neuerungen bringe die Vorlage nicht. Zweck der Bestimmungen bleibe nach wie vor, die Sanierung von Wirtschaftsunternehmungen dadurch zu ermöglichen, dass eine bestimmte Mehrheit von Anleihensgläubigern mit Wirkung auch für die nicht zustimmende Minderheit auf gewisse Gläubigerrechte verzichte (Sten.Bull. Ständerat 1948, S. 296). In der Botschaft von 1928 wird ebenfalls hervorgehoben, dass die Bestimmungen der Gläubigergemeinschaft sich als Notwendigkeit erwiesen hätten, da ohne sie Sanierungen verunmöglicht worden wären, deren Scheitern geradezu wirtschaftliche Katastrophen herbeigeführt hätte (BBl 1928 I S. 346). Hinsichtlich der Befugnisse der Gläubigerversammlung hält der Bundesrat fest, diese könne im Rahmen des Gesetzes die Massnahmen treffen, die zur Wahrung der gemeinsamen Interessen der ihr angehörenden Gläubiger geeignet seien. Der Gesetzesentwurf hebe insbesondere die Beschlüsse hervor, die gegenüber einer Notlage des Schuldners getroffen werden müssten. Daneben gebe es aber Beschlüsse, die von einer solchen Notlage unabhängig seien (BBl 1928 I S. 348). Die Botschaft von 1947 unterstreicht, dass der Bundesrat schon 1905 das Bedürfnis hervorgehoben habe, unter den zahlreichen Gläubigern aus dem gesamten Forderungsverhältnis eine nähere Verbindung herzustellen, die es ermögliche, gemeinsame Massregeln gegenüber dem Schuldner zu treffen (BBl 1947 III S. 874). Die Materialien lassen somit erkennen, dass die Zuständigkeit der Gläubigergemeinschaft als eine begrenzte empfunden wurde, vorab auf die Notlage des Schuldners, auf allfällige Sanierungen ausgerichtet, darüber hinaus aber auch für andere Massnahmen begründet, die sich aus den gemeinsamen Anliegen der Gläubiger rechtfertigen. Abgesehen davon, dass die Äusserungen ohnehin zum Teil zeitlich weit zurückliegen, lassen die Materialien indes BGE 113 II 283 S. 288 keinen eindeutigen Schluss zu. Insbesondere kann aus dem Umstand, dass Vorkehren wie die gemeinsame Anhebung einer Prospekthaftungsklage nicht erwähnt werden, nicht geschlossen werden, diese sei von vornherein von der Zuständigkeit der Gläubigergemeinschaft ausgeschlossen; denn bei Erlass des Gesetzes und der früheren Vorschriften stand die Sanierung des notleidenden Schuldners angesichts der damaligen Wirtschaftslage und der Erfahrungen der Kriegs- und Krisenzeit verständlicherweise im Vordergrund. 5. Entscheidend sind damit Sinn und Zweck der Bestimmung und die ihr zugrunde liegenden Wertungen. a) Die Anleihe ist ein in Teilbeträge aufgeteiltes Grossdarlehen auf einheitlicher Rechtsgrundlage (Zinssatz, Ausgabepreis, Laufzeit, Zeichnungsfrist und Liberierungsdatum). Gestützt auf seine Anleihensbedingungen schliesst der Anleihensnehmer mit einer Vielzahl von Darleihern selbständige Einzelverträge ab, wobei er für die Rückforderung jedes Teilbetrags dem Darleiher ein Wertpapier (Anleihensobligation) begibt (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, Wertpapierrecht, S. 269 Rz. 3; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 7. Aufl., S. 872). Die Gläubiger sind weder untereinander verbunden noch in der Regel dem Emittenten bekannt. Das wirkt sich nachteilig aus, namentlich wenn sich eine Änderung der Anleihensbedingungen aufdrängt. Die Gläubigergemeinschaft ermöglicht deshalb unter bestimmten Voraussetzungen ein gemeinsames Vorgehen der Gläubiger. Einerseits bezweckt sie die gemeinsame Wahrung der Gläubigerinteressen; andererseits ermöglicht sie dem Schuldner Sanierungsmassnahmen, ohne dass ein Nachlassverfahren eingeleitet werden muss (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O., S. 289 Rz. 103; GUHL/ MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 872; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, Wertpapierrecht, S. 92; MERZ, Obligationenrecht, Allg. Teil, in: Schweiz. Privatrecht, Bd. VI/1, S. 91). Das dürfte hauptsächlich bei finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners nötig sein, worauf Art. 1164 Abs. 1 OR ausdrücklich hinweist. Eine Anpassung an veränderte Verhältnisse kann sich aber auch sonst etwa bei unerwarteten Wertverminderungen eines zugunsten der Anleihensgläubiger bestellten Grundpfands aufdrängen (JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, a.a.O., S. 92). Auch wenn die Massnahmen im einzelnen nicht festgelegt sind, ist doch ihr Rahmen insoweit abgesteckt, als die Gläubigergemeinschaft wesensgemäss auf das Anleihensverhältnis beschränkt ist. Gemeinsame Interessen der Obligationäre im Sinn von Art. 1164 BGE 113 II 283 S. 289 Abs. 1 OR liegen deshalb nur vor, wenn sie auf das Anleihensverhältnis Bezug haben (STRAESSLE, Die Vorschriften über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen ( Art. 1157-1186 OR ) in ihrer Anwendbarkeit auf die Gläubigergemeinschaft bei Genussscheinen nach Art. 657 OR , Diss. Freiburg 1961, S. 70 mit Hinweisen). Daraus folgt, dass die Gläubigergemeinschaft darauf beschränkt ist, auf eine Änderung der Anleihensbedingungen hinzuwirken oder Massnahmen zu treffen, die für die Erhaltung des Haftungssubstrats des Anleihensschuldners geboten erscheinen. In diesem Sinn ist sie auch befugt, die Rechte der Obligationäre im Konkurs des Schuldners wahrzunehmen ( Art. 1183 OR ), nicht dagegen im Nachlassvertrag ( Art. 1184 OR ). Nicht auf das Anleihensverhältnis gerichtete Gläubigerinteressen, selbst wenn sie gemeinsame sein sollten, kann die Gläubigergemeinschaft demnach nicht in eigenem Namen wahrnehmen. Diese Beschränkung ergibt sich für die im Gesetz abschliessend genannten Möglichkeiten, in die Rechte der Gläubiger einzugreifen ( Art. 1170 OR ; BGE 96 II 202 E. 2), ohne weiteres. Aber auch für die sogenannten übrigen Befugnisse, d.h. die Beschlüsse betreffend das Rechtsverhältnis zum Schuldner ohne Eingriffe in die Gläubigerrechte ( Art. 1181 OR ), kann nichts anderes gelten, da sie im Verhältnis zu jenen von untergeordneter Bedeutung sind, wobei vorab an administrative Belange gedacht ist (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, a.a.O., S. 290 Rz. 114), und so Gewähr besteht, dass die Gewichte der Kompetenzenordnung nicht verschoben werden. b) Während offensichtlich ist, dass Ansprüche der Gläubiger im Verhältnis zum Anleihensschuldner auf das Anleihensverhältnis gerichtet sind, ist fraglich, wieweit das für Ansprüche gegenüber Dritten gilt. In der Literatur wird zum Teil die Auffassung vertreten, die Gläubigergemeinschaft könne ausschliesslich im Rahmen der Rechtsbeziehungen zwischen den Gläubigern und dem Schuldner tätig werden; soweit ihr eine Prozessführungsbefugnis zustehe, könne sich diese lediglich auf die Erfüllungsklage beziehen (OULEVEY, Le statut juridique des obligataires, Diss. Lausanne 1929, S. 114 f.; GUBLER, Vertretung und Treuhand bei Anleihen nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1938, S. 11 und 50). Andere Autoren bejahen auch die Möglichkeit, gegen Dritte vorzugehen, so etwa ZIEGLER (N 4 zu Art. 1181 OR ) im Rahmen eines Verantwortlichkeitsprozesses gegen einen Anleihensvertreter oder Pfandhalter, BECK (a.a.O. N 14 zu Art. 24 der Verordnung des Bundesrats vom 20. Februar 1918) für die Anhebung der Verantwortlichkeitsklage BGE 113 II 283 S. 290 gegen Verwaltungsräte der schuldnerischen Gesellschaft oder HÜPPI (a.a.O., S. 32), welcher allgemein von der Prozessführung gegen den Schuldner oder gegen Dritte spricht. Folgt man dieser Auffassung, so kann sich nach dem Dargelegten die Anspruchsberechtigung und Prozessführungsbefugnis gegenüber Dritten nur auf Forderungen beziehen, die ihrerseits zum Anleihensverhältnis in einem unmittelbaren, rechtlichen Zusammenhang stehen, insbesondere darauf ausgerichtet sind, das Haftungssubstrat für die Anleihe zu erhalten. Dies trifft beispielsweise für eine Klage gegen den Pfandeigentümer aus Art. 808 ZGB zu. Es gilt auch für Verantwortlichkeitsansprüche aus Art. 754 f. OR, soweit diese den mittelbaren, aus dem Schaden der schuldnerischen Gesellschaft abgeleiteten Schaden betreffen (Art. 755 f. OR; BGE 110 II 393 E. 1). In diesem Fall wird durch die Verantwortlichkeitsklage unmittelbar das Vermögen der Gesellschaft und damit das Haftungssubstrat der Gesellschaftsgläubiger berührt. Soweit hingegen eine direkte Schädigung der Gläubiger in Frage steht, fehlt dieser Bezug. Gleiches gilt für die Klage aus Prospekthaftung; bei dieser kommt von vornherein nur eine direkte Schädigung der Gläubiger in Frage ( Art. 752, Art. 1156 Abs. 3 OR ). Hinzu kommt, dass das Gebot der Gleichbehandlung die Berücksichtigung bloss einzelner Gläubiger oder Gläubigergruppen ausschliesst (STRAESSLE, a.a.O., S. 108). Verantwortlichkeitsansprüche müssen sich daher in gleichem Mass in jedem einzelnen Gläubigerverhältnis verwirklichen, was nur bei mittelbaren, nicht aber bei unmittelbaren, von den individuellen Haftungsvoraussetzungen abhängenden Ansprüchen zutrifft (dazu HUREAU, Les pouvoirs des assemblées d'obligataires, Paris 1948, S. 54 f.). Schliesslich ist zu beachten, dass der Schutz des Anleihensobligationärs sich in drei Phasen abwickelt. Zu unterscheiden sind der vorvertragliche Schutz der Obligationäre durch den Prospektzwang, sein Schutz während der Anleihensdauer, welcher auf den vertraglichen Beziehungen zum Schuldner und den daraus fliessenden Nebenrechten, insbesondere den Kontrollrechten, gründet, sowie der verantwortlichkeitsrechtliche Schutz bei Nichterfüllung (CARRY, La protection des obligataires, in: Semaine internationale de droit, Paris 1937, Diskussionsvotum S. 152 ff.). Dabei liegt die Bedeutung der Gläubigergemeinschaft im wesentlichen im Schutz der Gläubigerrechte während der laufenden Anleihe. Prospekt- und Verantwortlichkeitsschutz (jedenfalls im Bereiche direkter Schädigung) dagegen realisieren sich individuell, in der Regel auch BGE 113 II 283 S. 291 für die Gläubiger unterschiedlich, da sie von den individuell erforderlichen Haftungsvoraussetzungen abhängen (CARRY, a.a.O., S. 153 ff. Ziff. 2). Aus diesen Gründen ist es ausgeschlossen, dass die Gläubigergemeinschaft die Ansprüche aus Prospekthaftung gegenüber der Beklagten in eigenem Namen geltend macht. Dem steht die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Aktivlegitimation des Sachwalters eines in Liquidation stehenden Anlagefonds ( BGE 100 II 52 ff.) nicht entgegen. Das Bundesgericht hat diese nur insoweit bejaht, als der Sachwalter unmittelbar zum Fondsvermögen gehörende Forderungen und damit bloss mittelbare Ansprüche der Anleger geltend macht ( BGE 100 II 62 ). Auch aus dem zwischen den Parteien ergangenen Entscheid BGE 107 III 49 ff. ergibt sich nichts anderes, da das Bundesgericht damals nur zu entscheiden hatte, ob gültig Betreibung angehoben worden war und sich zum Umfang der Kompetenzen der Gläubigergemeinschaft nicht äusserte. 6. Die Klage ist somit mangels Aktivlegitimation der Gläubigergemeinschaft abzuweisen. Dabei kann offenbleiben, ob auch das dem Prozess anhaftende Kostenrisiko, verbunden mit dem Verbot der Gläubigerbelastung ( Art. 1173 OR ), das selbständige Vorgehen der Gläubigergemeinschaft ausschlösse, wie die Beklagte noch geltend macht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen (II. Zivilkammer) vom 6. November 1986 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
public_law
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CH_BGE
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Urteilskopf 126 III 192 34. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 3 mars 2000 dans la cause X. S.A. contre Y. S.A. (recours en réforme)
Regeste Hinterlegungsvertrag; Haftung des Aufbewahrers. Abgrenzung zwischen Speditionsvertrag ( Art. 439 OR ), Hinterlegungsvertrag ( Art. 472 OR ) und Lagergeschäft ( Art. 482 OR ). Bei Übergabe einer beweglichen Sache an einen Vertragspartner, der sich bereit erklärt, die Sache in einem Lager kostenlos aufzubewahren in Erwartung einer allfälligen Anordnung, sie zu versenden, liegt ein Hinterlegungsvertrag vor (E. 2a und b). Haftung des Aufbewahrers bei Diebstahl ihm anvertrauter Schmuckstücke (E. 2c und d).
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 126 III 192 S. 193 A.- W. S.A. (ci-après: W.), devenue par la suite Y. S.A., pratique le commerce des bijoux. Son fournisseur est la maison V. Celle-ci livrait les bijoux commandés par W. à X. S.A. (ci-après: X.), qui était chargée par W. de les conserver au port franc de Genève, jusqu'au moment où W. lui donnait pour instruction de les expédier à des destinataires finaux, clients de W. Pour être en mesure de répondre dans les plus brefs délais à des commandes, W. disposait toujours d'un stock dans l'entrepôt de X. à Genève. La durée de stockage variait de quelques jours à plusieurs mois. Lorsque X. a commencé à recevoir des bijoux susceptibles de rester un certain temps dans ses locaux, elle a discuté avec W. de la manière dont ils seraient conservés. W. était d'accord qu'ils soient entreposés au port franc dans un lieu sûr, mais elle n'a pas donné d'instructions particulières à ce propos. Les parties n'ont pas prévu de rémunération pour les frais d'entreposage, notamment en raison du fait que W. chargeait X. de l'expédition de toutes ses marchandises. Ainsi, X. n'a jamais facturé l'entreposage des bijoux, quelle que fût sa durée. Elle adressait régulièrement à W. une liste détaillée du stock, tenue à jour. Les 12 avril, 14 juin et 5 juillet 1996, X. a reçu dans ses locaux au port franc six paquets scellés contenant des bijoux, envoyés par V. à l'intention de W. Le 17 juillet 1996, un employé de X. s'est rendu dans le dépôt et a constaté la disparition des paquets, ainsi que d'autres bijoux en stock. B.- Par demande déposée devant les tribunaux genevois le 5 décembre 1996, W. a réclamé à X. la réparation de son préjudice. Par jugement du 15 février 1999, le Tribunal de première instance du canton de Genève a condamné X. à payer à Y. S.A. la somme de 1 404 752 fr. avec intérêts à 5% dès le 1er août 1996. Saisie d'un appel de X., la Chambre civile de la Cour de justice genevoise, par arrêt du 8 octobre 1999, a rectifié l'arrêt entrepris sur la question de la quotité du dommage et a condamné X. à verser à Y. S.A. la somme de 1'401'106 fr. avec intérêts à 5% dès le 1er août 1996. BGE 126 III 192 S. 194 C.- X. interjette un recours en réforme au Tribunal fédéral. Invoquant diverses violations du droit fédéral, elle conclut à la réforme de l'arrêt entrepris, en ce sens que sa condamnation devrait être limitée à 40'342 fr. avec intérêts à 5% dès le 1er août 1996. Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme l'arrêt attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) La recourante soutient qu'elle conservait les bijoux en qualité de commissionnaire-expéditeur et qu'il faudrait appliquer les conditions générales de l'Association Suisse des Maisons d'Expédition. Le contrat de commission-expédition est le contrat par lequel le commissionnaire-expéditeur s'engage contre rémunération à expédier ou réexpédier des marchandises à un tiers en son propre nom, mais pour le compte du commettant (cf. art. 439 CO ; TERCIER, Les contrats spéciaux, 2e éd., n. 4430 et 4636; GUHL/MERZ/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8e éd., p. 537). Pour qu'un tel contrat soit conclu, il faut que les parties soient convenues de l'expédition d'une marchandise; les conditions générales de la branche précisent d'ailleurs que le commettant doit indiquer l'adresse du destinataire et le lieu de la livraison (cf. J. Brunner, Erläuterungen zu den Allgemeinen Bedingungen des Schweizerischen Spediteur-Verbandes, Bâle 1972, p. 8). Le commissionnaire-expéditeur doit s'occuper de l'expédition et, en particulier, conclure, en son propre nom mais pour le compte du commettant, le contrat de transport avec le voiturier; il peut cependant choisir, sauf convention contraire, d'effectuer lui-même le transport ( art. 436 al. 1 CO applicable par le renvoi de l' art. 439 CO ; GUHL/MERZ/DRUEY, op. cit., p. 540; STAEHELIN, Commentaire bâlois, n. 17 ad art. 436 CO ; GAUTSCHI, Commentaire bernois, n. 7 ad art. 439 CO ; HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, 5e éd., p. 337 s.). Un tel contrat comporte le devoir accessoire, pour le commissionnaire-expéditeur, de recevoir la chose qu'il doit expédier et de la conserver jusqu'au moment où il peut la remettre au transporteur, ou effectuer lui-même le transport (GUHL/MERZ/DRUEY, op. cit., p. 537 s.; HONSELL, op. cit., p. 338). Cette phase peut évidemment durer un certain temps (GAUTSCHI, op. cit., n. 3a ad art. 439 CO ). Le devoir de conserver la marchandise n'est une obligation accessoire du contrat de commission-expédition que si un tel contrat a été conclu, ce qui suppose que le commissionnaire-expéditeur ait été BGE 126 III 192 S. 195 chargé d'expédier la marchandise en un lieu déterminé. Il doit alors conserver la chose pendant le temps qui lui est nécessaire avant de pouvoir achever sa mission, c'est-à-dire remettre la marchandise au transporteur (ou effectuer lui-même le transport). Les parties concluent cependant un contrat distinct si le commettant demande au commissionnaire-expéditeur de ne pas expédier la marchandise dès que possible, mais de la conserver pendant un certain temps dans un entrepôt (JEAN-PIERRE TSCHUDI, Die Verträge des Speditionsgeschäfts, thèse Zurich 1975, p. 115) ou s'il lui confie la marchandise sans lui donner aucune instruction permettant l'expédition (JOHN OCHSÉ, Der Speditionsvertrag im schweizerischen Recht, thèse Zurich 1933, p. 80). Un tel contrat doit être qualifié de dépôt au sens des art. 472 ss CO (OCHSÉ, op. cit., p. 62 et 80; TSCHUDI, op. cit., p. 114 s.). En l'espèce, il résulte des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral saisi d'un recours en réforme ( art. 63 al. 2 OJ ) - que la recourante a pris possession des six paquets contenant les bijoux pour les conserver dans le stock, conformément à l'accord général passé entre les parties, sans avoir pour mission de les expédier à un destinataire déterminé. En acceptant de prendre cette marchandise en stock sans ordre d'expédition, la recourante a conclu un contrat de dépôt au sens de l' art. 472 al. 1 CO . La qualification de contrat d'entrepôt ( art. 482 ss CO ) doit être exclue, parce qu'il a été constaté qu'aucune rémunération n'était prévue pour cette prestation spécifique (cf. TERCIER, op. cit., n. 4917). Il ne saurait être question d'une obligation accessoire d'un contrat de commission-expédition, puisqu'un tel contrat n'a pas été conclu au sujet des bijoux en cause. En effet, la recourante n'avait pas reçu pour mission de les expédier, mais seulement de les conserver en attendant un probable ordre d'expédition. Aussi longtemps que la recourante n'était pas chargée d'expédier la marchandise, il n'y avait pas de contrat de commission-expédition. Il ne ressort pas des constatations cantonales que la recourante ait reçu, avant le vol, l'ordre d'expédier ces bijoux, ce qui aurait supposé qu'on lui en indique la destination. b) La recourante fait valoir que l'intimée connaissait les destinataires des bijoux et que ceux-ci ne restaient dans son local que le temps nécessaire pour l'expédition. Il n'empêche que la cour cantonale n'a pas constaté que la recourante ait reçu l'ordre d'expédier cette marchandise, ce qui exclut la conclusion d'un contrat de commission-expédition. Les arguments invoqués sont donc dénués de fondement. BGE 126 III 192 S. 196 Selon la cour cantonale, l'intimée s'était constitué un stock dans le local de la recourante et la marchandise pouvait y rester plusieurs mois; ce sont là des constatations de fait, qui ne peuvent être contestées dans un recours en réforme ( art. 55 al. 1 let . c OJ). Comme les parties n'ont conclu que des contrats de dépôt à la réception des bijoux en cause, il apparaît d'emblée douteux que l'on puisse appliquer à ces conventions des conditions générales qui supposent des contrats de commission-expédition; de toute manière, ces conditions ne sont pas applicables parce que la recourante, comme elle l'explique elle-même, ne se référait à ces conditions générales qu'après avoir reçu un ordre d'expédition; or, précisément, il n'y a pas eu d'ordre d'expédition pour les bijoux volés. Il ne ressort pas des constatations cantonales que les parties aient adopté des clauses spéciales régissant leur contrat de dépôt. Savoir si la faute de la recourante doit être qualifiée de grave est une question sans pertinence, dès lors que le dépositaire répond de toute faute ( art. 99 al. 1 CO ). c) Le dépôt est un contrat par lequel le dépositaire s'oblige envers le déposant à recevoir une chose mobilière que celui-ci lui confie et à la garder en lieu sûr ( art. 472 al. 1 CO ). Le dépôt peut être conclu expressément ou par actes concluants ( ATF 108 II 449 consid. 3a p. 452). Le dépositaire a l'obligation de garder, de surveiller et de restituer la chose confiée ( ATF 120 II 252 consid. 2d). L'obligation de restitution est essentielle; elle suppose que l'objet confié soit identifié ( ATF 108 II 449 consid. 3a p. 452 s.). Le dépositaire ne peut exiger une rémunération que si elle a été expressément stipulée, ou si, eu égard aux circonstances, il devait s'attendre à être rémunéré ( art. 472 al. 2 CO ). En l'espèce, il a été constaté que la recourante avait accepté, à titre gratuit, de conserver les bijoux pour l'intimée en attendant d'autres instructions. Le contrat conclu doit être qualifié de dépôt. La recourante n'a pas été en mesure de restituer les bijoux confiés. Elle répond de cette inexécution, à moins qu'elle ne prouve qu'aucune faute ne lui est imputable ( art. 97 al. 1 CO ). La recourante n'ignorait pas la valeur des bijoux confiés. Elle les a placés sur une étagère et dans une armoire non fermée, dans un local accessible au moyen de deux clés qui se trouvaient dans un bureau administratif où tous les employés pouvaient venir les prendre. Il a même été constaté qu'un client est resté pendant environ deux heures dans le local sans aucune surveillance. Le Ministère public a d'ailleurs relevé qu'il y avait un va-et-vient incroyable dans ce local. Les réactions BGE 126 III 192 S. 197 de la recourante après le vol montrent qu'elle s'est bien rendu compte des imperfections de son dispositif. La cour cantonale n'a donc pas violé le droit fédéral en retenant que la recourante n'avait pas prouvé l'absence de faute dans la conservation des biens confiés. Ce manque de diligence était propre, d'après le cours ordinaire des choses et l'expérience de la vie, à entraîner un dommage du genre de celui qui s'est produit, à savoir un vol sans effraction. La recourante est donc tenue de réparer le dommage qui a été causé et dont la quotité (constatée par la cour cantonale) n'est plus contestée dans le recours en réforme. d) La recourante soutient que la réparation devrait être réduite en raison d'une faute concomitante (cf. art. 44 al. 1 CO ). Il n'y a faute concomitante que si le comportement reproché au lésé est en rapport de causalité naturelle et adéquate avec la survenance du dommage (cf. ATF 101 II 257 consid. 4 p. 265, ATF 99 II 308 consid. 9b; BREHM, Commentaire bernois, n. 19 ad art. 44 CO ; OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, vol. I, 5e éd., n. 137 ad § 5). En l'espèce, le vol a été facilité par l'absence de mesures de sécurité adéquates. Dans ces circonstances, il pouvait survenir à tout moment. Dès lors qu'il y avait constamment un stock de bijoux, on ne voit pas en quoi il serait pertinent de déterminer si tel ou tel bijou aurait pu être expédié plus rapidement. De toute manière, la recourante reproche en définitive à l'intimée de ne pas avoir conclu avec elle que des contrats de commission-expédition, mais d'avoir également conclu des contrats de dépôt, en attendant le moment où elle serait en mesure de donner un ordre d'expédition. La recourante a cependant accepté de conserver les valeurs, comme le lui demandait l'intimée. Dès lors qu'elle a choisi de conclure les contrats de dépôt, elle ne saurait maintenant s'exonérer des obligations incombant au dépositaire en soutenant que sa partie adverse aurait été mieux inspirée de ne pas conclure avec elle. Une telle argumentation confine à la témérité.
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Urteilskopf 83 IV 203 60. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 22 novembre 1957 dans la cause Ministère public de la Confédération contre Clerc.
Regeste Verbot der Spielbanken. Abgrenzung der Glückspielunternehmung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 von derjenigen des Art. 4 des Bundesgesetzes über die Spielbanken.
Sachverhalt ab Seite 203 BGE 83 IV 203 S. 203 A.- Depuis l'automne 1955 et jusqu'au 10 mars 1956 Clerc a offert et mis à la disposition d'un groupe de connaissances, pour jouer à la passe anglaise, un appartement dont il était locataire. Les réunions avaient lieu tous les vendredis avec un nombre de participants variable. Les joueurs se connaissaient tous de longue date. Les mises variaient entre 30 ct. et 2 fr. Clerc prenait aussi part au jeu, mais au même titre que les autres joueurs, sans exiger d'eux aucune prestation spéciale en sa faveur. Le 10 mars BGE 83 IV 203 S. 204 1956, lorsque la police intervint, une quinzaine de personnes étaient réunies. B.- Statuant sur ces faits, le 2 mai 1957, le Tribunal de police de Genève a condamné Clerc à 400 fr. d'amende, avec radiation anticipée au casier judiciaire après écoulement d'un délai d'épreuve d'un an, en vertu des art. 1, 2 et 6 de la loi fédérale du 5 octobre 1929 sur les maisons de jeu (LMJ), en bref par les motifs suivants: L'entreprise visée par l'art. 2 al. 1 LMJ comporte une organisation. Celle-ci existait en l'espèce du fait que Clerc a offert ses locaux et "a permis à ceux de ses amis qui n'ont rien trouvé de mieux pour meubler leurs loisirs de se retrouver régulièrement au même endroit, à l'abri des indiscrétions et des contrôles policiers". En outre, il a exploité cette entreprise, bien qu'il n'en ait retiré aucun avantage de plus que les autres joueurs. C.- Clerc ayant interjeté appel, la Cour de justice de Genève l'a libéré des fins de la poursuite, le 25 mai 1957, considérant qu'il n'a "tiré aucun profit matériel des jeux de hasard auxquels on s'adonnait dans ses locaux" et, partant, n'a pas "exploité" une maison de jeu selon les termes de l'art. 2 al. 1 LMJ, que l'art. 4 n'est pas non plus applicable, parce que chacun n'avait pas accès aux réunions. D.- Le Ministère public fédéral s'est pourvu en nullité. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour nouveau jugement. E.- Clerc conclut au rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. Il est constant que la passe anglaise est un jeu de hasard au sens de l'art. 2 al. 2 LMJ. Cette loi prohibe non pas les jeux de hasard en soi, mais les maisons de jeu, c'est-à-dire les entreprises exploitant des jeux de hasard (art. 1er et 2 al. 1). L'art. 4 y assimile les réunions de joueurs, se livrant habituellement aux jeux de hasard si, en fait, il est possible à chacun d'y participer. Tandis que BGE 83 IV 203 S. 205 la première forme d'entreprises est organisée, la deuxième ne l'est pas (Message du Conseil fédéral, FF 1929 I 369; RO 72 IV 187). 2. L'art. 4 LMJ n'est en tout cas pas applicable en l'espèce. D'après les constatations souveraines du juge cantonal, il n'était pas possible à chacun de participer aux jeux, chez Clerc. Les joueurs se connaissaient tous de longue date. Si l'un d'entre eux amenait une personne étrangère au cercle des habitués, c'était occasionnellement et il s'agissait d'un ami. La Cour de justice a donc correctement appliqué l'art. 4 LMJ. Elle s'est seulement trompée en ajoutant "que supposé qu'il y eût un doute sur l'interprétation de cette disposition légale, il devrait profiter à l'accusé". Le principe in dubio pro reo est une règle de procédure qui concerne uniquement l'appréciation des preuves; il ne s'applique pas à l'interprétation de la loi sur le fond. 3. Clerc sera néanmoins punissable s'il a créé une "entreprise exploitant des jeux de hasard" selon l'art. 2 al. 1 LMJ. A la différence de l'art. 4, qui règle un cas spécial, cette disposition légale n'exige ni explicitement, ni même implicitement que le public ait accès au jeu. Elle s'applique dès lors que l'exploitation des jeux de hasard est organisée, même d'une façon rudimentaire. Tel est le cas, selon la jurisprudence, sitôt qu'un appareil, fût-ce un simple jeu de cartes ou de dés, est mis à la disposition des joueurs par un entrepreneur, un croupier, un arrangeur, s'efforçant en général de tirer du jeu un profit (Message, FF 1929 I 368; RO 72 IV 187). On ne voit pas que Clerc ait fourni aucun objet servant au jeu; le juge cantonal du moins ne l'a pas constaté. Mais il a mis les locaux à la disposition de la compagnie. Sa participation, du reste, ne s'est pas bornée là. C'est pour le jeu qu'il a prêté son appartement et en vue de jeux qui devaient se répéter assez souvent et à dates fixes: les réunions étaient hebdomadaires. Il savait que les participants seraient relativement nombreux. Il y a là une organisation tout au moins rudimentaire à la tête de laquelle se trouvait Clerc BGE 83 IV 203 S. 206 et dont on pourrait même admettre qu'elle faisait de lui un arrangeur ou un entrepreneur. Cependant, ce qui achève de la caractériser comme un tripot, c'est-à-dire comme une maison de jeu, c'est que, d'après les constatations souveraines de l'autorité cantonale, les participants ne se réunissaient que pour jouer et se soustraire au contrôle. Ajouté aux autres, en tout cas, ce fait est décisif. 4. L'intimé objecte n'avoir tiré aucun profit particulier de l'activité retenue à sa charge. Après la Cour de justice, qui l'a libéré par ce motif, il en conclut qu'il n'a pas exploité des jeux de hasard, ce terme impliquant une idée de lucre. Cela est faux. Il peut y avoir exploitation d'une entreprise sans dessein de lucre. Les termes qu'emploient les textes allemand et italien (betreiben, esercitare) sont, à cet égard, encore plus nets. L'art. 35 Cst. et les autres dispositions de la loi du 5 octobre 1929, où le même terme se retrouve, ne suggèrent pas une autre interprétation. La loi vise, en tant que maison de jeu, "toute" entreprise exploitant des jeux de hasard, non pas seulement celle que l'on exploite dans un dessein de lucre, professionnellement ou encore publiquement. De telles circonstances ne créent, ni n'augmentent le danger en raison duquel le législateur a interdit ces établissements: il s'agit des dangers économiques et moraux qu'ils font courir non seulement aux joueurs eux-mêmes, mais aussi à la collectivité. Peu importe, dès lors, que l'entrepreneur, le croupier ou l'arrangeur agissent ou non pour se procurer un gain; ce but existera en général, mais cela n'est pas décisif (Message du Conseil fédéral, FF 1929 I 368; HAFTER, Bes. Teil I, p. 313; RO 72 IV 187). Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour condamner Clerc en vertu de l'art. 6 de la loi fédérale du 5 octobre 1929 sur les maisons de jeu.
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Urteilskopf 116 III 59 13. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 1. Oktober 1990 i.S. X. (Rekurs)
Regeste Zustellung einer Betreibungsurkunde an eine Postlagernd-Adresse ( Art. 64 ff. SchKG ). Die Praxis, wonach eine eingeschriebene Briefpostsendung, die vom Adressaten nicht entgegengenommen worden ist, als am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist gemäss Art. 169 Abs. 1 lit. d der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (PVV) zugestellt gilt, setzt voraus, dass im Sinne von Art. 157 PVV eine Abholungseinladung in den Briefkasten (oder das Postfach) des Adressaten gelegt worden ist. Bei postlagernd adressierten Sendungen ist letzteres naturgemäss nicht möglich. Frage offengelassen, ob für diesen Fall angenommen werden kann, eine nicht abgeholte Sendung gelte als am letzten Tag der einmonatigen Aufbewahrungsfrist gemäss Art. 166 Abs. 2 lit. a PVV zugestellt.
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 116 III 59 S. 60 In einer gegen X. hängigen Betreibung erstellte das Betreibungsamt am 15. Februar 1990 das Verwertungsprotokoll (samt Abrechnung). Es hat das für den Schuldner bestimmte Exemplar der Urkunde am 16. Februar 1990 sowohl eingeschrieben als auch mit gewöhnlicher Post mit dem Adressvermerk "postlagernd" nach A. gesandt. Mit einer der Post am 26. März 1990 übergebenen Eingabe vom 23. März 1990 erhob X. Beschwerde bei der unteren Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Diese entschied am 9. Mai 1990, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten werde, da sie verspätet sei. Den von X. gegen diesen Beschluss eingereichten Rekurs wies die obere kantonale Aufsichtsbehörde am 25. Juli 1990 ab. X. hat hiergegen an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert. Soweit auf den Rekurs einzutreten war, ist er gutgeheissen worden. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Beide kantonalen Instanzen sind gestützt auf eine Auskunft des Postamtes A. davon ausgegangen, dass am 17. Februar 1990 beim dortigen Dienst für postlagernde Sendungen für den Rekurrenten eine Abholungseinladung bezüglich der das angefochtene Verwertungsprotokoll vom 15. Februar 1990 enthaltenden Sendung hinterlegt worden sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, insbesondere auf BGE 115 Ia 15 Erw. 3a, haben sie sodann festgehalten, die Sendung gelte, zumal nicht früher abgeholt, als am letzten Tag der siebentägigen Abholfrist (vgl. Art. 157 und Art. 169 Abs. 1 lit. d der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (PVV); SR 783.01) zugestellt. An sich habe die erwähnte Frist bis zum 24. Februar 1990 gedauert, doch sei sie, da dieses Datum auf einen Samstag gefallen sei, bis zum Montag, 26. Februar 1990, verlängert worden. Die bei der Post zuhanden der unteren Aufsichtsbehörde am 26. März 1990 aufgegebene Beschwerde sei daher verspätet. BGE 116 III 59 S. 61 b) Nicht abgeholte eingeschriebene Sendungen, die bei der Zustellung keinem Bezugsberechtigten hatten ausgehändigt werden können und im Sinne von Art. 157 PVV zur Abholung angezeigt worden waren, gelten nach der von den kantonalen Aufsichtsbehörden angeführten Rechtsprechung in der Tat als am letzten Tag der erwähnten postrechtlichen Abholfrist von sieben Tagen zugestellt, wenn der Adressat mit der Zustellung hatte rechnen müssen. Diese Fiktion setzt jedoch klar voraus, dass eine Abholungseinladung gemäss Art. 157 PVV in den Briefkasten (gegebenenfalls in das Postfach) des Adressaten gelegt worden und damit in dessen Privatbereich gelangt ist (vgl. BGE 115 Ia 15 Erw. 3a). Bei postlagernd adressierten Sendungen ist dies naturgemäss nicht möglich. Wohl hat das Postamt A. für die hier in Frage stehende eingeschriebene Sendung des Betreibungsamtes ... am 17. Februar 1990 eine Abholungseinladung - ohne Fristvermerk - ausgestellt, was insofern durchaus seine Berechtigung hatte, als die eingeschriebenen Sendungen regelmässig separat aufbewahrt werden. Dass die Abholungseinladung nicht (nur) bei den für den Rekurrenten bestimmten Postlagernd-Sendungen, sondern (auch) an einem andern Ort hinterlegt oder dass sie dem Rekurrenten gar persönlich übergeben worden wäre, ist jedoch nicht dargetan. Die von den kantonalen Instanzen angerufene Rechtsprechung konnte unter diesen Umständen nach dem Gesagten nicht zum Tragen kommen. c) Postlagernd adressierte eingeschriebene Sendungen lagern bei der Bestimmungspoststelle einen Monat lang (Art. 166 Abs. 2 lit. a PVV). Holt sie der Adressat innert dieser Frist nicht ab, gelten sie als unzustellbar (Art. 169 Abs. 1 lit. g PVV), und sie werden dann - falls der Absender nichts anderes bestimmt hat - an den Aufgabeort zurückgeleitet (Art. 169 Abs. 2 PVV). Unter den genannten Umständen wäre allenfalls in Erwägung zu ziehen, ob in Analogie zu der von den kantonalen Instanzen - zu Unrecht - herangezogenen Rechtsprechung in Fällen der vorliegenden Art angenommen werden sollte, die Sendung gelte - falls sie nicht abgeholt wird - als am letzten Tag der einmonatigen Aufbewahrungsfrist gemäss Art. 166 Abs. 2 lit. a PVV zugestellt. Die Frage mag indessen dahingestellt bleiben. Die erwähnte Monatsfrist begann hier am 17. Februar 1990 zu laufen und endete, da der letzte Tag (17. März) auf einen Samstag fiel, am 19. März 1990 (Montag). Dass der Rekurrent die fragliche Sendung bzw. das darin enthaltene Verwertungsprotokoll schon zu einem früheren BGE 116 III 59 S. 62 Zeitpunkt entgegengenommen hätte, ist nicht dargetan. Selbst wenn deshalb davon ausgegangen wird, die zehntägige Beschwerdefrist gemäss Art. 17 Abs. 2 SchKG sei am 19. März 1990 ausgelöst worden und habe am 29. März 1990 geendet, war die vom Rekurrenten am 26. März 1990 aufgegebene Beschwerde rechtzeitig ...
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Urteilskopf 110 II 494 93. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. November 1984 i.S. Fürsorgestiftung für das Personal des Schweizerischen Serum- und Impfinstituts gegen Aral (Schweiz) AG (Berufung)
Regeste Erhöhung indexierter Mietzinse: Formularzwang, Rückwirkung, widersprüchliches Verhalten. Formularzwang für die Erhöhung indexierter Mietzinse gestützt auf Art. 18 Abs. 2 BMM in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 VMM bejaht (Bestätigung der Rechtsprechung); Zulässigkeit rückwirkender Erhöhung verneint (E. 2). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens schliesst nicht aus, dass der Mieter sich nach der Zahlung des erhöhten Mietzinses auf die Nichtigkeit der Erhöhung berufen kann ( Art. 2 ZGB ); Begründungspflichten des Berufungsklägers im Zusammenhang mit Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 Abs. 1 OG (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 494 BGE 110 II 494 S. 494 A.- Am 6. Juni 1966 vermietete die Fürsorgestiftung für das Personal des Schweizerischen Serum- und Impfinstituts der Esso-Standard eine Tankstelle, Wohnungen und Service-Station auf BGE 110 II 494 S. 495 ihrem Grundstück in Lyss zu einem jährlichen Zins von Fr. 20'000.--. Der Vertrag ist erstmals kündbar auf den 31. Dezember 1987, und der Mietzins konnte frühestens nach Ablauf der ersten zehn Kalenderjahre der Entwicklung des Schweizerischen Index der Konsumentenpreise angepasst werden, sofern der Durchschnittsindex eines vollen Kalenderjahres sich mindestens um sechs Punkte verändert hatte. 1971 trat die Aral (Schweiz) AG in den Mietvertrag ein. Die Fürsorgestiftung forderte ab 1979 gestützt auf die Indexklausel erhöhte Mietzinse; die Aral AG bezahlte sie bis und mit 1981. Am 13. Dezember 1982 teilte die Vermieterin die Mietzinserhöhungen erstmals auf amtlichem Formular mit, und zwar für die Jahre 1981, 1982 und 1983. Vor der Schlichtungsstelle focht die Mieterin die Erhöhungen an, ohne dass indes eine Einigung zustande gekommen wäre. B.- Daraufhin klagte die Fürsorgestiftung auf Feststellung, dass die Mietzinse von Fr. 35'280.-- für das Jahr 1981, von Fr. 37'600.-- für das Jahr 1982 und von Fr. 39'660.-- für das Jahr 1983 nicht missbräuchlich seien. Die Aral AG verlangte widerklageweise Feststellung, dass die Mietzinserhöhungen für die Jahre 1979 bis 1982 nichtig und ausserdem gleich wie die Erhöhung für 1983 missbräuchlich seien. Der Gerichtspräsident von Aarberg wies die Klage ab und stellte in Gutheissung der Widerklage die Nichtigkeit der Mietzinserhöhungen für die Jahre 1979 bis 1983 fest. Auf Appellation der Klägerin hin wies der Appellationshof des Kantons Bern am 27. Februar 1984 die Widerklage zurück. Die Mietzinserhöhung für das Jahr 1983 erkannte er als nicht missbräuchlich, wobei er sich am 14. März 1984 dahin berichtigte, dass die Klage "soweit weitergehend" abgewiesen werde. C.- Die Klägerin hat Berufung eingelegt mit dem Antrag festzustellen, dass die Mietzinserhöhungen für 1981 und 1982 nicht missbräuchlich seien. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Gerichtspräsident, dessen Erwägungen der Appellationshof übernahm, fand, dass die am 13. Dezember 1982 mit amtlichem Formular mitgeteilte Mietzinserhöhung nicht auf die BGE 110 II 494 S. 496 Jahre 1981 und 1982 zurückwirken könne und deshalb verspätet und nichtig sei. Die Klägerin erblickt darin eine Verletzung von Art. 9 und 18 BMM , weil Mitteilungen von Mietzinserhöhungen durchaus nachgeholt werden könnten; ausserdem bewirke bei indexierten Mietzinsen die Nichtverwendung des amtlichen Formulars keine Nichtigkeit der Erhöhung, sondern verhindere bloss, dass die Anfechtungsfrist zu laufen beginne. a) Die Frage, ob die Erhöhung indexierter Mietzinse auf amtlichem Formular anzuzeigen ist, wurde in BGE 103 II 270 E. 2 gestreift, jedoch nicht eindeutig beantwortet. Einerseits erwähnte das Bundesgericht den Grundsatz, dass gemäss Art. 18 Abs. 2 BMM der Vermieter Zinserhöhungen mittels amtlichen Formulars geltend zu machen habe (E. 2), anderseits warf es die Frage auf, ob die Mietzinserhöhung ohne besondere Ankündigung eintrete (E. 4). Der Formularzwang ergibt sich indes aus Art. 18 Abs. 2 BMM in Verbindung mit Art. 13 Abs. 2 VMM . In BGE 108 II 323 wurde das erstmals klar festgehalten, und auch die Lehre bejaht ihn (RENÉ MÜLLER, Der Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen vom 30. Juni 1972, Diss. Zürich 1976, S. 112 f., 126 und 134; RAISSIG/SCHWANDER, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, 4. Aufl., S. 94; BASTIAN, Pratique récente en matière d'AMLS, in 3e séminaire sur le bail à loyer, Université de Neuchâtel, 1984, S. 2). Die Klägerin hätte daher entgegen ihrer Behauptung durchaus erkennen können, dass auch für sie Formularzwang galt. b) Ganz offengelassen wurde in BGE 103 II 273 E. 4 die hier umstrittene, weitere Frage, ob die Erhöhungen rückwirkend erfolgen können. Die vorstehend genannten Autoren verneinen das mehrheitlich und sinngemäss, indem sie bloss erwägen, ob die 10tägige Frist von Art. 18 Abs. 1 BMM einzuhalten sei und ob die Erhöhung vor Ablauf der 30tägigen Anfechtungsfrist nicht in Kraft treten könne. Mit ZR 1977 Nr. 51 nehmen GMÜR/CAVIEZEL (Mietrecht-Mieterschutz, 2. Aufl., S. 93/94) eine unzulässige Rückwirkung dann an, wenn der Vermieter mit der Mitteilung über die Erhöhung ungewöhnlich lange zuwartet. Andeutungsweise sprach sich auch die nationalrätliche Kommission in diesem Sinne aus (Prot. Komm. NR vom 29./30. Mai 1972). Eine vorbehaltlose Rückwirkung scheinen lediglich RAISSIG/SCHWANDER (S. 94) für zulässig zu halten. Sie begründen ihre Ansicht indes nicht und lassen vor allem die entscheidenden Gesichtspunkte unberücksichtigt. BGE 110 II 494 S. 497 Der Zweck des BMM besteht darin, den Mieter vor missbräuchlichen Mietzinsen und anderen missbräuchlichen Forderungen des Vermieters zu schützen. Diesem Zweck widerspricht es, dass der Vermieter mit der Geltendmachung der Erhöhungen beliebig zuwarten kann. Die Rückwirkung führt zu Unsicherheiten im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien; sie zu vermeiden war für das Bundesgericht bereits entscheidend bei der Antwort auf die Frage, wann Begehren um Änderung der Bestimmungen von Mietverträgen, die erstreckt werden sollen, spätestens vorzubringen sind ( BGE 102 II 16 E. c). Die Befugnis des Vermieters, durch Mitteilung den Zins zu erhöhen, ist ein Gestaltungsrecht; Gestaltungsrechte wirken in der Regel allein für die Gegenwart oder Zukunft. Wirkungen für die Vergangenheit sind erst dann anzunehmen, wenn sich dafür im Gesetz selbst oder im Vertrag eine Grundlage finden lässt (L'HUILLIER, La notion du droit formateur en droit privé suisse, Genf 1947, S. 157 ff.; VON TUHR, Der allgemeine Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, Bd. II/1, S. 21 f.). Fehlen wie im vorliegenden Fall derartige Grundlagen, so bleibt die rückwirkende Erhöhung von Mietzinsen grundsätzlich ausgeschlossen. Ob diese Regel eine Ausnahme erleidet, wenn der Vermieter vertragliche Anpassungstermine nicht ausnutzen kann, weil er gemäss Art. 13 Abs. 2 VMM die Erhöhung frühestens nach der öffentlichen Bekanntmachung des neuen Indexstandes mitteilen darf, mag hier offenbleiben. Die Anzeige der Klägerin vom 13. Dezember 1982, mit der sie nachträglich die Mietzinse für die Jahre 1981 und 1982 erhöhen wollte, ist daher wirkungslos, womit das angefochtene Urteil insofern im Ergebnis zu bestätigen ist. 4. Die Zahlung der erhöhten Mietzinse bis und mit 1981 schloss es nach Ansicht der Vorinstanz nicht aus, dass die Beklagte sich nachträglich auf die Nichtigkeit der Erhöhungen für die Jahre 1981 und 1982 berief. Die Begründung im angefochtenen Urteil, ein widersprüchliches Verhalten sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, hält die Klägerin freilich für aktenwidrig. Sie übersieht dabei aber, dass das Berufungsverfahren die Rüge der Aktenwidrigkeit nicht kennt. Zulässig wäre allenfalls die Geltendmachung eines offensichtlichen Versehens (Art. 55 Abs. 1 lit. d, 63 Abs. 2 OG; BGE 104 II 74 E. b, 113 E. a). Die Klägerin nennt aber keine Aktenstelle, die übersehen oder unrichtig wahrgenommen worden sein soll. Sollte sie der Auffassung sein, der Tatbestand sei unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens zu ergänzen BGE 110 II 494 S. 498 ( Art. 64 Abs. 1 OG ), so hätte sie darlegen müssen, dass sie sich auf die entsprechenden Tatsachen bereits vor kantonaler Instanz berufen und im Bestreitungsfall dafür Beweis angeboten hat. Auch an diesem Nachweis fehlt es indes, so dass die Frage des widersprüchlichen Verhaltens allein aufgrund der im angefochtenen Urteil festgehaltenen Tatsachen zu überprüfen ist ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Widersprüchliches Verhalten liegt dann vor, wenn durch das frühere Verhalten bei einem Partner schutzwürdiges Vertrauen begründet worden ist, das diesen zu Handlungen veranlasst hat, die ihm angesichts der neuen Situation nunmehr zum Schaden gereichen ( BGE 106 II 323 E. 3a mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Offen bleibt namentlich, ob die Beklagte im Wissen um die Ungültigkeit der Zinserhöhung geleistet hat (dazu BGE 104 II 103 E. b und c; MERZ, N. 475 zu Art. 2 ZGB ; KNOEPFLER, Problèmes posés par les loyers payés à tort, in 2e séminaire sur le bail à loyer, Université de Neuchâtel, 1982, S. 8 f.). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem in Nr. 11 der Mitteilungen des Bundesamtes für Wohnungswesen zum Mietrecht veröffentlichten Entscheid Nr. 9, wo der Mieter in Kenntnis der Formschrift von Art. 18 BMM ausdrücklich auf deren Innehaltung verzichtet und die getroffene Vereinbarung freiwillig erfüllt hat.
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Urteilskopf 83 II 93 17. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. März 1957 i.S. X. gegen Dagmar R.
Regeste Vaterschaftsklage; Klageverwirkung, Art. 308 (und Art. 2 Abs. 2) ZGB. Die Geltendmachung der Verwirkung ist nicht rechtsmissbräuchlich, wenn die Klägerschaft sich durch bloss vage, ziffermässig unbestimmmmte Versprechungen des Schwängerers hatte hinhalten lassen; erst recht nicht, wenn letzterer schliesslich seine Ablehnung so zeitig kundgetan hatte, dass noch genügend Zeit zu fristgerechter Klageerhebung blieb. Unkenntnis der Verwirkungsfrist auf Seite der Klägerschaft ist ohne Belang.
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 83 II 93 S. 94 A.- Am 11. Oktober 1951 trat die 17jährige M. R. aus I. (Holstein) in der Bäckerei G. in Bern eine Stelle als Haushalthilfe an, wo der 19jährige Paul X. aus D. seine Bäckerlehre vollendete. Die beiden, im Hause G. wohnenden jungen Leute fingen bald ein Liebesverhältnis an und pflegten vom Dezember 1951 an auf ihren Zimmern häufig Geschlechtsverkehr. Anfangs Frühjahr 1952 stellte der Arzt bei M. R. eine Schwangerschaft im dritten Monat fest. Sie machte hievon dem X., der nach beendigter Lehrzeit am 1. April 1952 Bern verlassen hatte, Mitteilung. Nach kurzem Aufenthalt bei seinen Eltern in D. nahm er in Bern eine andere Stelle an und setzte das Verhältnis mit M. R. fort. Es wurde in Aussicht genommen, dass das Mädchen vorderhand in Bern bleibe, dann zur Niederkunft sich in seine Heimat begebe und nachher in die Schweiz zurückkehre. Nach der Erklärung der Kindsmutter nahm ihr X. damals das Versprechen ab, ihn nicht als Vater anzugeben, wogegen er sich verpflichtete, sie nicht im Stiche zu lassen und sich um das Kind zu kümmern. X. hatte seine Freundin mit seiner Familie bekannt gemacht, und diese hatte sie häufig in D. empfangen. Als Frau G. die Schwangerschaft ihrer Angestellten bemerkte, riet sie ihr, sich an den Amtsvormund der Stadt Bern zu wenden. M. R. tat dies jedoch nicht, worauf Frau G. dem Vater X. Mitteilung machte mit der Begründung, die Beziehungen der beiden seien beobachtet worden. BGE 83 II 93 S. 95 Der Vater X., der vom intimen Verkehr der jungen Leute Kenntnis hatte, kam nach Bern und stellte M. R. unter vier Augen, dann in Gegenwart der Frau G. zur Rede, ob das erwartete Kind von seinem Sohn sei. Die Schwangere verneinte dies. Am 9. Oktober 1952 verliess M. R. die Familie G. und kehrte, nach einem kurzen Aufenthalt bei den Eltern X. in D., nach I. zu ihrer Mutter heim. Am 7. Dezember 1952 gebar sie in Kiel das Mädchen Dagmar. Auch gegenüber dem Jugendamt der Stadt I. weigerte sie sich, den Namen des Vaters anzugeben. Vor und nach der Niederkunft blieb sie mit X. und seinen Eltern in Briefwechsel, der in sehr herzlichem Tone gehalten ist und darauf schliessen lässt, dass die Familie über die intimen Beziehungen des Sohnes mit der Kindsmutter im Bilde war und annahm, dieser könne sich an dem Kinde nicht desinteressieren. X. selbst versicherte ihr, er werde sie nicht im Stiche lassen und ihr im Rahmen seiner bescheidenen Möglichkeiten Geld schicken, behaftete sie aber nach wie vor bei ihrer Schweigepflicht. Auch die Mutter X. ermahnte sie zur Geduld unter Hinweis auf die beschränkten finanziellen Verhältnisse des Sohnes und der Familie. Die Kindsmutter erhielt im Jahre 1953 folgende Geldsendungen: 26. März 1953 20 DM vom Sohne X. 16. April 1953 17 DM vom Sohne X. 23. Juli 1953 19 DM vom Vater X. 3. Sept. 1953 14 DM vom Vater X. B.- Angesichts der Geringfügigkeit dieser Hilfe sah sich die Kindsmutter trotz ihrem Versprechen Ende Sommer 1953 veranlasst, sich an das Jugendamt I. zu wenden und X. als Vater zu nennen. Das Jugendamt schrieb am 7. September 1953 an den Vater X. und setzte dem Sohne bis Ende September Frist, sich formell zu Unterhaltsbeiträgen an das Kind zu verpflichten. Am 26. September 1953 bestätigte der Vater X. von Locarno aus den Empfang BGE 83 II 93 S. 96 dieses Schreibens und ersuchte um Erstreckung der Frist um einen Monat unter Hinweis darauf, dass er nicht vor der Rückkehr aus den Ferien mit seinem Sohne Rücksprache nehmen könne. In einem Briefe vom 27. Oktober 1953, dem Jugendamt I. am 2. November zugekommen, schrieb der Vater X. u.a.: "In Beantwortung Ihrer Zuschrift vom 7. September 1953 muss ich Ihnen leider die Mitteilung machen, dass ich mich zu dieser Vaterschaft nicht einverstanden erklären kann. Auch mein Sohn, der zu dieser Zeit in der gleichen Stelle wie M.R. in Bern in Stellung war, bestreitet die Vaterschaft. M. R. hat damals, als ich von Familie G. in Bern Mitteilung von der Schwangerschaft erhielt, mir gegenüber und auch unter Zeugen ausgesagt, dass mein Sohn als Schwängerer nicht in Frage käme. Ich habe sie damals dringend ermahnt, mir die Wahrheit zu sagen: sie blieb bei ihrer Aussage, mein Sohn sei nicht der Vater des zu erwartenden Kindes." Daraufhin lud das Jugendamt I. am 19. November die Kindsmutter auf den 21. November zur Stellungnahme zu dieser Antwort vor. Dabei erklärte M. R., sie habe dem Vater X. gegenüber die Vaterschaft des Sohnes nur deshalb verneint, weil dieser ihr versprochen habe, sie nicht im Stich zu lassen unter der Bedingung, dass sie ihn, namentlich seinen Eltern gegenüber, nicht als Vater angebe. Erst als X. seine Zusagen nicht gehalten, habe sie sich durch die Not gezwungen gesehen, über ihr Versprechen hinweg- und gegen ihn vorzugehen. Mit Schreiben vom 29. November 1953 wandte sich das Jugendamt I. direkt an X. und fragte ihn an, ob er die Vaterschaft in urkundlicher Form anerkennen oder es auf einen Vaterschaftsprozess ankommen lassen wolle; gefordert wurde ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 40 DM. Darauf antwortete X. am 17. Dezember 1953, er könne sich mit der Anerkennung des Kindes nicht einverstanden erklären; er bzw. sein Vater würden einen Rechtsanwalt und die Vormundschaftsbehörde zu Rate ziehen; über deren Stellungnahme werde er dem Jugendamt bis Ende des Jahres, spätestens bis Mitte Januar 1954 berichten. BGE 83 II 93 S. 97 Am 13. Januar 1954 lehnte Rechtsanwalt Hayoz namens des X. jede Verpflichtung ab. Dieser gab an, ein einziges Mal mit der Kindsmutter Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, der jedoch nicht zur Schwängerung habe führen können. Die Kindsmutter habe seinem Vater erklärt, das Kind stamme nicht von ihm. C.- Unterm 30. Januar 1954 reichte das Jugendamt I. namens des Kindes eine Vaterschaftsklage beim Zivilamtsgericht Bern ein, das sie am 3. Februar an den Präsidenten des zuständigen Amtsgerichts weiterleitete. Nach einem Vorverfahren betr. Bewilligung des Armenrechts für Mutter und Kind, in welchem der Beklagte sich von Anfang an auf die Verwirkung der Vaterschaftsklage gemäss Art. 308 ZGB berief, und fruchtlosem Friedensrichtervorstand erfolgte am 24. Mai 1954 die Zustellung der Klage für Mutter und Kind. Der Beklagte erhob die Einreden der Klageverwirkung, der erheblichen Zweifel an der Vaterschaft ( Art. 314 Abs. 2 ZGB ) und des unzüchtigen Lebenswandels der Kindsmutter (Art. 315). D.- Das Amtsgericht schützte die Einrede der Verwirkung bezüglich beider Klägerinnen und wies die Klage ab. In teilweiser Gutheissung der Appellation derselben hat das Kantonsgericht des Kantons Freiburg mit Urteil vom 30. Mai 1956 die Klage der Mutter zufolge Verwirkung abgewiesen, dagegen diejenige des Kindes Dagmar geschützt und den Beklagten zur Leistung monatlicher Unterhaltsbeiträge von Fr. 50.- bis zum vollendeten 18. Altersjahr desselben und zu den Kosten beider Instanzen verurteilt. In seinen Erwägungen verwirft das Kantonsgericht die Einreden aus Art. 314 Abs. 2 und 315 ZGB als unbegründet. Hinsichtlich der Verwirkung führt es aus, der Beklagte habe durch sein eigenes Verhalten die Klägerinnen zur Versäumung der Klagefrist veranlasst. Insbesondere durch seine Briefe und Geldzahlungen habe er die Kindsmutter in den Glauben versetzt, er anerkenne seine Vaterschaft und sei bereit, die sich daraus ergebenden BGE 83 II 93 S. 98 Pflichten zu erfüllen, ohne durch ein Urteil dazu gezwungen zu werden. Die Berufung auf Art. 308 ZGB stelle daher gegenüber dem Kinde einen Rechtsmissbrauch dar, nachdem für dieses eine als Klage im Sinne des Gesetzes zu würdigende Rechtsvorkehr immerhin schon am 30. Januar 1954 getroffen worden sei. Dagegen sei für die Kindsmutter aus unerfindlichen Gründen erst am 15./17. April 1954 durch Ladung zum Sühneversuch Klage erhoben worden; ihren Ansprüchen gegenüber dürfe sich deshalb der Beklagte auf die Verwirkung berufen. E.- Mit der vorliegenden Berufung mit dem Antrag auf Abweisung auch der Klage des Kindes wendet sich der Beklagte einzig gegen die Ablehnung der Einrede der Klageverwirkung, lässt also die Verwerfung der Einreden aus Art. 314 Abs. 2 und 315 ZGB stillschweigend gelten. Das berufungsbeklagte Kind trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts stellt die Geltendmachung der Klageverwirkung gemäss Art. 308 ZGB dann einen Rechtsmissbrauch dar, wenn der Vaterschaftsbeklagte durch sein eigenes Verhalten die Klägerin zu der sich schliesslich als falsch erweisenden Meinung verleitete, die Klage sei überflüssig, und sie damit zur Unterlassung fristgerechter Klageerhebung veranlasste ( BGE 46 II 90 ff., BGE 49 II 319 ff.). Dabei kommt nichts darauf an, ob der Beklagte während des Laufs der Klagefrist geradezu darauf ausging, die rechtzeitige Einreichung der Klage zu hintertreiben. Die Anrufung der Verwirkung gilt vielmehr schon dann als offenbarer Rechtsmissbrauch, wenn jener ohne Arglist durch seine Stellungnahme zur Vaterschaft ernstlichen Grund zur Annahme gab, er anerkenne sie und die daraus folgenden Pflichten. Der Dolus, welcher die Anwendung des Art. 2 Abs. 2 ZGB bzw. die Gewährung der replicatio doli rechtfertigt, braucht nicht im damaligen irreführenden Verhalten des Beklagten zu BGE 83 II 93 S. 99 liegen, sondern ist darin zu erblicken, dass er jetzt aus jenem Verhalten die Einrede der Verwirkung herleitet ( BGE 49 II 322 oben). Die Voraussetzung, dass der behauptete Vater der Klägerschaft ernstlichen Anlass zur Meinung, eine Klage erübrige sich, gegeben habe, kann indessen nur dann als erfüllt betrachtet werden, wenn eine vermeintlich gültige Anerkennung, sei es des Kindes mit Standesfolge im Sinne von Art. 303 ZGB , sei es blosser Alimentationspflicht, erfolgt war, oder jedenfalls nach den Umständen nicht irgendwelche unbestimmte, dem späteren Gutfinden des Vaters anheimgestellte, sondern ziffermässig bestimmte Leistungen erwartet werden durften. Hat man es dagegen nur mit unbestimmt gehaltenen Versprechungen oder gar nur mit einem auf eine bloss stillschweigende Vaterschaftsanerkennung deutenden Verhalten des Schwängerers zu tun, so kann nicht mit Fug gesagt werden, die Erhebung der Vaterschaftsklage habe überflüssig scheinen müssen. Zu mehr aber hat sich in casu der Beklagte auch zur Zeit seines entgegenkommendsten Verhaltens nie herbeigelassen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat X. nie die Leistung bestimmter Zahlungen in Aussicht gestellt, sondern im Gegenteil seine Zusagen und Vertröstungen in ganz vagen Ausdrücken gehalten und allgemein eine Gleichgültigkeit an den Tag gelegt, die vernünftigerweise die Erwartung einer gehörigen Erfüllung der einem ausserehelichen Vater obliegenden Verpflichtungen geradezu ausschloss; die vier geleisteten, kaum nennenswerten Zahlungen waren schon gar nicht dazu angetan, seine Emstellung in anderem Licht erscheinen zu lassen. Jedenfalls aber hat der Beklagte seine Absicht, keine bestimmte Verpflichtung anzuerkennen, so zeitig kundgetan, dass die Erhebung der Klage binnen der gesetzlichen Frist durchaus noch möglich war. Nachdem der Vater X. am 26. September 1953 dem Jugendamt von I. in Aussicht gestellt hatte, die Sache mit dem Sohne zu besprechen, schrieb er am 27. Oktober, dieser bestreite die Vaterschaft. BGE 83 II 93 S. 100 Die Vorinstanz nimmt an, dass diese Erklärung des Vaters im Einverständnis mit dem Beklagten erfolgt sei. Etwas anderes anzunehmen, nämlich dass der Sohn sich zu den Konsequenzen der Vaterschaft positiver einstelle, hatte auch das Jugendamt keinen Anlass. Das bisherige Verhalten des Beklagten, mochte es noch einiger Hoffnung Raum gelassen haben, konnte daher angesichts dieser unmissverständlichen Erklärung vom 27. Oktober keinen Grund mehr bieten, eine Klage als unnötig anzusehen. Vom Empfang des ablehnenden Bescheides (2. November 1953) bis zum Ablauf der Verwirkungsfrist (7. Dezember 1953) blieb nun aber dem Jugendamt noch genügend Zeit, um die Vaterschaftsklage zu erheben oder erheben zu lassen. Dass es sie erst später eingereicht hat, erklärt die Vorinstanz damit, dass das Jugendamt von der - dem deutschen Recht (abgesehen von der Verjährung des Anspruchs auf Kindbettkosten, § 1715 Abs. 3 BGB) unbekannten - Klagefrist des Art. 308 keine Kenntnis gehabt habe. Die kurze Verwirkungsfrist geht freilich von der Voraussetzung des Vorhandenseins eines Beistandes für das Kind gemäss Art. 311 aus, der dann von der Vormundschaftsbehörde verhalten wird, für die Wahrung der Frist zu sorgen. Vorliegend hat die Kindsmutter den Rat der Frau G., ihre Schwangerschaft der Amtsvormundschaft in Bern anzuzeigen, nicht befolgt und das Jugendamt I. die Sache selber geführt, statt sie rechtzeitig der deutschen Gesandtschaft in der Schweiz zu übergeben. Die Folgen weder jener Unkenntnis des Gesetzes noch dieser Unterlassungen können den Beklagten treffen; sie bilden keinen Grund zur Anwendung des Art. 2 Abs. 2 ZGB ( BGE 46 II 93 unten). Zu Unrecht nimmt die Vorinstanz an, auch bei Kenntnis der Verwirkungsfrist hätte das Jugendamt aus Gründen, die der Beklagte zu verantworten habe, mit der Einreichung der Klage zuwarten dürfen, weil dieser die Kindsmutter veranlasst habe, seinem Vater wahrheitswidrig zu erklären, der Sohn komme nicht als Erzeuger in Frage; diese dem BGE 83 II 93 S. 101 Jugendamt erst durch den Brief des Vaters vom 27. Oktober 1953 bekannt gewordene Angabe der Kindsmutter habe zu weiterer Abklärung des Sachverhaltes vor Einreichung einer Klage Anlass gegeben. Nach der eindeutigen Ablehnung der Vaterschaft mit dem Briefe vom 27. Oktober hätte sich als vorprozessuale Massnahme bei Kenntnis des drohenden Fristablaufs einzig noch die Einvernahme der Kindsmutter rechtfertigen lassen. Wäre diese unverzüglich erfolgt, so hätte die Zeit immer noch zur fristgemässen Klageerhebung gereicht. Statt dessen hat das Jugendamt die Kindsmutter erst am 19. November vorgeladen und nach deren am 21. November erfolgten Einvernahme erst noch den Versuch gemacht, durch einen Brief vom 29. November 1953 den Beklagten zur Anerkennung der Vaterschaft zu bewegen. Diese nicht anders als durch die - von der Vorinstanz ja festgestellte - Unkenntnis der Verwirkungsfrist erklärliche Saumseligkeit der Klägerschaft kann nicht dem Beklagten zur Last gelegt werden. Ob dieser selber von der Verwirkungsfrist Kenntnis gehabt hat oder nicht, ist ohne Belang. Auch der bösgläubige Schuldner kann sich wie auf die Verjährung, so auf die Verwirkung berufen, ohne dass ihm Rechtsmissbrauch entgegengehalten werden könnte ( BGE 58 II 146 ; VON TUHR/SIEGWART S. 664); nur die positive Verursachung der Fristversäumnis durch sein eigenes Verhalten, diese aber auch ohne Arglist, vermag jene Gegeneinrede zu rechtfertigen. Dieses Erfordernis ist, wie dargetan, hier nicht gegeben, nachdem der Schwängerer rechtzeitig genug Farbe bekannt hat, dass für die fristgerechte Klageerhebung noch Zeit blieb. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Urteilskopf 98 Ib 222 32. Urteil vom 21. September 1972 i.S. Senn gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement.
Regeste Entzug des Lernfahrausweises. Wird der Lernfahrausweis entzogen, weil die Führerprüfung nicht bestanden wurde, so kann mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Entzug des Ausweises angefochten, nicht aber die Beurteilungder Prüfungsergebnisse verlangt werden ( Art. 98 lit. b und Art. 99 lit. f OG , Art. 16 SVG ).
Sachverhalt ab Seite 223 BGE 98 Ib 222 S. 223 Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin legte am 7. Februar, 10. März und 11. April 1969 eine Führerprüfung (Kat. a, leichte Motorwagen) ab. Sie wies sich zwar über genügend theoretische Kenntnisse aus; ihr Verhalten im Strassenverkehr begründete jedoch ernsthafte Zweifel an ihrer Eignung als Motorfahrzeuglenkerin. Die Polizeidirektion des Kantons Zürich entzog ihr deshalb am 18. Mai 1969 den Lernfahrausweis auf unbestimmte Zeit und verfügte, dass sich die Beschwerdeführerin vor der Zulassung zu einer neuen Führerprüfung zur Abklärung ihrer Tauglichkeit als Motorfahrzeuglenkerin einer verkehrpsychologischen Untersuchung unterziehen müsse. Nachdem das Institut für angewandte Psychologie in seinem Gutachten vom 10. Mai 1970 empfohlen hatte, der Beschwerdeführerin den Lernfahrausweis wieder auszuhändigen und sie nach einer weiteren, gründlichen Ausbildung und nur im Einverständnis mit dem Fahrlehrer zu einer neuen Führerprüfung zuzulassen, erteilte die Polizeidirektion des Kantons Zürich der Beschwerdeführerin am 25. Mai 1970 den Lernfahrausweis. Die Beschwerdeführerin besuchte daraufhin erneut die Fahrschule und trat am 1. Juli 1971 zur vierten Führerprüfung an; wiederum bestand sie den praktischen Teil der Prüfung nicht. Die Polizeidirektion des Kantons Zürich entzog ihr daher am 19. Juli 1971 den Lehrfahrausweis auf unbestimmte Zeit. Gegen diese Massnahme beschwerte sich die Betroffene beim Regierungsrat des Kantons Zürich, der die Beschwerde am 9. September 1971 abwies. Diesen Entscheid focht die Beschwerdeführerin beim Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) an, welches die Beschwerde am 28. Juni 1972 abwies. BGE 98 Ib 222 S. 224 Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Beschwerdeführerin beantragt, es sei in Gutheissung der Beschwerde der angefochtene Entscheid aufzuheben, eventuell die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen; auch sei das Prüfungsergebnis der Experten aufzuheben und ihr der Fahrausweis auszuhändigen, eventuell sei ihr die Zulassung zu einer neuen Prüfung mit neuen Experten schon in absehbarer Zeit zu bewilligen. Das EJPD sowie der Regierungsrat des Kantons Zürich schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. Erwägungen Erwägungen: 1. Gegenstand der Anfechtung ist ein Beschwerdeentscheid des EJPD, der sich mit zwei Problemen auseinandersetzt: einerseits hat das EJPD zur vierten, von der Beschwerdeführerin nicht bestandenen Führerprüfung Stellung genommen; anderseits hat es über die Zulässigkeit des Ausweisentzugs befunden. Ein Entscheid des EJPD auf dem Gebiet der Administrativmassnahmen des SVG ist grundsätzlich nach Art. 98 lit. b OG mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anfechtbar (vgl. BGE 96 I 766 , Erw. 1). Unzulässig ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde jedoch dann, wenn eine der in den Art. 99bis 102 OG aufgezählten Ausnahmen zutrifft. Art 99 lit. f. OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen über das Ergebnis von Berufs-, Fach- oder andern Fähigkeitsprüfungen aus. Unter diese Bestimmung fällt der angefochtene Entscheid des EJPD, soweit er die von der Beschwerdeführerin nicht bestandene Führerprüfung zum Gegenstand hat (vgl. Urteil vom 14. Mai 1971 i.S. R., Erw. 2). In diesem Punkte ist daher auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dagegen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, soweit damit der Ausweisentzug angefochten wird; sie ist jedoch im vorliegenden Fall offensichtlich nicht begründet. 2. Nach Art. 16 Abs. 1 SVG ist der Lernfahrausweis zu entziehen, wenn der Führer die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt. Nach Abs. 3 lit. e daselbst muss der Lernfahrausweis u.a. entzogen werden, wenn der Führer nicht fähig ist, ohne Gefährdung oder Belästigung anderer zu fahren. BGE 98 Ib 222 S. 225 Die Beschwerdeführerin hat nach gründlicher Vorbereitung vier Führerprüfungen nicht bestanden. Nach den Prüfungsergebnissen, die vom Bundesgericht im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen sondern als Tatsachen hinzunehmen sind (vgl. vorne Erw. 2), hat sich die Beschwerdeführerin zwar stets über ausreichende theoretische Kenntnisse ausgewiesen, im praktischen Teil der Prüfungen jedoch nie vermocht, ein Motorfahrzeug sicher, d.h. ohne Gefährdung des Verkehrs, zu lenken. Die Experten, deren Prüfungsbefunde für das Bundesgericht verbindlich sind, haben grobe Fehler im Verkehrsverhalten der Beschwerdeführerin festgestellt. Wenn die Vorinstanzen bei diesem Sachverhalt zum Schluss gelangten, der Beschwerdeführerin müsse der Lernfahrausweis auf unbestimmte Zeit entzogen werden, haben sie damit weder Bundesrecht verletzt noch ihr Ermessen überschritten oder missbraucht. Die Massnahme, deren Angemessenheit im vorliegenden Verfahren nicht zu überprüfen ist ( Art. 104 lit. c OG ) entspricht den Richtlinien der interkantonalen Kommission für den Strassenverkehr (Ziff. 262). Die Beschwerdeführerin beklagt sich darüber, dass ihr durch die kantonalen Behörden kein Akteneinsichtsrecht gewährt worden sei. Den kantonalen Akten ist zu entnehmen, dass dem Ehemann der Beschwerdeführerin am 23. August 1971 von der Polizeidirektion des Kantons Zürich Einsicht in die Akten gewährt wurde. Ein Grund, die Zuverlässigkeit der Aktennotiz anzuzweifeln, besteht nicht. Überdies wäre eine allfällige Verletzung des Akteneinsichtsrechtes durch die Gewährung des rechtlichen Gehörs im Verfahren vor dem EJPD und vor dem Bundesgericht geheilt: Sowohl das EJPD als auch das Bundesgericht überprüfen die Tat- und Rechtsfragen des vorliegenden Falles frei; Ermessensfragen stehen nicht zur Diskussion, da nur streitig ist, ob der Lernfahrausweis entzogen werden muss oder nicht. Die Beschwerdeführerin wirft dem EJPD und den kantonalen Behörden im weitern "Amts- und Beamtenwillkür" vor, ohne jedoch näher darzulegen, worin diese Willkür - soweit sie den Ausweisentzug betreffen soll - liegt. Mit dieser nicht begründeten Rüge vermag sie nicht durchzudringen; vielmehr ist festzustellen, dass der angefochtene Entscheid - soweit er im vorliegenden Verfahren überprüft wird - rechtlich nicht zu beanstanden ist.
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Urteilskopf 105 IV 315 80. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. November 1979 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zug gegen A. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 148, 164 StGB . Verschweigt der Betrüger in der vom Geschädigten zur Durchsetzung des aus dem Betrug stammenden Schadenersatzanspruchs eingeleiteten Betreibung Vermögenswerte, so begeht er einen Pfändungsbetrug, nicht eine straflose Nachtat zum Betrug.
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 105 IV 315 S. 315 A.- Mit Urteil vom 29. August 1978 verurteilte das Strafgericht Basel-Stadt A. wegen Betruges zum Nachteil des D. zu 2 1/2 Jahren Gefängnis und behaftete den Verurteilten bei seiner Anerkennung der Entschädigungsforderung des D. im Betrage von Fr. 200'000.- zuzüglich 5% Zins ab 7. September 1977. In der Strafuntersuchung in Basel hat A. erklärt, das ertrogene Geld sei noch vorhanden, er habe es nach Tunis mitgenommen und dort einem Bekannten, welcher im Gemüsegeschäft tätig sei, gegeben bzw. ausgeliehen. Er weigerte sich, den Namen dieses Bekannten anzugeben. B.- Der Geschädigte D. leitete in der Folge gegen den sich im Strafvollzug befindenden A. Betreibung auf Fr. 200'000.- nebst Zins ein. Am 8. Januar 1979 vollzog das Betreibungsamt Menzingen die Pfändung und stellte dem Gläubiger einen Verlustschein aus, da der Schuldner erklärte, er besitze weder Einkommen, noch Vermögen, noch irgendwelche pfändbaren Gegenstände. Angesprochen auf die vermuteten Vermögenswerte von Fr. 200'000.- erklärte der Schuldner, diese existierten nicht mehr. D. erstattete darauf Strafanzeige wegen des Verdachts von Pfändungsbetrug. In der Strafuntersuchung erklärte A., er habe das Geld seinerzeit an Bekannte in Tunesien ausgeliehen BGE 105 IV 315 S. 316 und diese seien damit verschwunden, die Namen der Bekannten wisse er nicht mehr. C.- Das Strafgericht des Kantons Zug sprach A. am 1. August 1979 des Pfändungsbetrugs gemäss Art. 164 Ziff. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn deswegen mit fünf Monaten Gefängnis unter Anrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Das Strafobergericht wies am 13. September 1979 die dagegen eingereichten Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten ab und bestätigte das Urteil der ersten Instanz. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug führt gegen das Urteil des Strafobergerichts Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung im Sinne einer Bestrafung des Angeklagten gestützt auf Art. 323 Ziff. 2 StGB an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Staatsanwaltschaft macht in ihrer zu Gunsten des Verurteilten eingereichten Nichtigkeitsbeschwerde geltend, A. sei im angefochtenen Urteil wegen einer Nachtat bestraft worden, die zur Hauptsache bereits durch das Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt vom 29. August 1978 geahndet worden sei, das Strafobergericht habe den Grundsatz "ne bis in idem" verletzt und gegen Bundesrecht ( Art. 1 und 68 StGB ) verstossen. Diese Argumentation stützt sich auf die Überlegung, der Betrag von Fr. 200'000.- sei durch Betrug erlangt worden und dieser Betrug sei durch die Verurteilung in Basel abgegolten; der jetzt in Frage stehende Pfändungsbetrug betreffe den gleichen Schaden von Fr. 200'000.- zum Nachteil des gleichen Geschädigten. A. habe lediglich die bereits erreichte und strafrechtlich abgeurteilte Vermögensschädigung des D. zu erhalten und zu sichern versucht. Sowenig ein Dieb nachträglich noch Hehler an der von ihm gestohlenen Sache sein könne, sowenig könne ein Betrüger die von ihm ertrogenen Vermögenswerte noch einmal gegenüber dem gleichen Opfer ertrügen, etwa durch Verschweigen bei der Pfändung. Dieses Verschweigen sei daher lediglich als Ungehorsam des Schuldners im Betreibungsverfahren gemäss Art. 323 Ziff. 2 StGB zu bestrafen. BGE 105 IV 315 S. 317 3. Dass das A. zur Last gelegte Verschweigen der für die Pfändung einer ihm zustehenden Forderung wesentlichen Angaben zum Nachteil des Gläubigers D. erfolgte und an sich den Tatbestand von Art. 164 StGB erfüllt, ist in diesem Verfahren nicht streitig. Die Staatsanwaltschaft vertritt jedoch die Auffassung, diese Aufrechterhaltung eines betrügerisch erlangten Vorteils sei straflose Nachtat des Betruges und dürfe daher nicht als Pfändungsbetrug geahndet werden. a) Wie die Vorinstanz - unter Hinweis auf die einschlägige Literatur - zutreffend ausführt, kann von einer straflosen Nachtat nur die Rede sein, wenn die Vortat den Unrechtsgehalt des spätern Tatbestandes in jeder Hinsicht bereits miterfasst. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Mit dem Betrugstatbestand ist keineswegs als "übliche" Nachtat verbunden und daher mitabgegolten, dass der Betrüger sich in der vom Geschädigten eingeleiteten Betreibung durch unrichtige Angaben gegen den aus dem Betrug stammenden Schadenersatzanspruch zur Wehr setzt. Das rechtswidrige Verhalten im Betreibungsverfahren bildet ein selbständiges Delikt, das weder subjektiv noch objektiv durch den vorangehenden Betrug bereits determiniert ist. Während das Verheimlichen des Diebesgutes durch den Dieb gewissermassen notwendig mit dem Diebstahl verbunden ist und daher nicht zu einer separaten Bestrafung (Art. 137/144 StGB) führt, besteht zwischen Betrug und nachfolgendem Pfändungsbetrug keine derartige Verbindung. b) Gegen das Argument, Art. 164 StGB schütze nicht nur die Vermögensrechte der Gläubiger, sondern auch das Zwangsvollstreckungsverfahren, das geschützte Rechtsgut von Art. 148 und Art. 164 sei also nicht identisch, lässt sich einwenden, das Betreibungsverfahren als solches sei durch Art. 323 StGB geschützt; wenn keine Benachteiligung der Gläubiger zu ahnden sei, genüge die Anwendung dieser Norm. Dieser Einwand kann aber im vorliegenden Fall nicht zur Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde führen, weil eben die beabsichtigte Benachteiligung des Gläubigers nicht einfach eine notwendige Folge des vorangehenden Betruges darstellt, sondern eine in einer neuen Situation begangene selbständige Straftat. Dass im konkreten Fall das inkriminierte Schweigen gegenüber dem Betreibungsbeamten der Perpetuierung des durch den Betrug verursachten Vermögensschadens dient, vermag die Anwendung BGE 105 IV 315 S. 318 von Art. 164 StGB nicht auszuschliessen; denn es handelt sich um eine nachträgliche, neue deliktische Handlung, mit welcher im Zwangsvollstreckungsverfahren die Deckung oder teilweise Deckung des Betrugsschadens vorsätzlich be- oder verhindert wird. Dass der Dieb oder Betrüger, der das durch die Vortat Erlangte verbraucht hat und auch keine andern pfändbaren Objekte besitzt, in einem vom Geschädigten eingeleiteten Betreibungsverfahren keinen Pfändungsbetrug begehen kann, ist selbstverständlich und spricht nicht gegen die Strafbarkeit jenes Täters, der in einem solchen Verfahren durch unrichtige Angaben der Deckung des Deliktschadens bewusst entgegenwirkt. Die Auffassung der Beschwerdeführerin hätte zur Folge, dass ein Delinquent in dem vom Geschädigten eingeleiteten Zwangsvollstreckungsverfahren mit deliktischen Mitteln straflos die Eintreibung des vorher verursachten Deliktschadens verhindern könnte; denn ein völlig neuer Vermögensschaden wird damit ja nicht verursacht, sondern "nur" die durch einen andern Straftatbestand bereits erfasste Schädigung aufrecht erhalten. Der bereits durch ein Delikt Geschädigte wäre also gegen Benachteiligung bei der Eintreibung des Schadenersatzes strafrechtlich nicht geschützt. Ein sachlicher Grund für eine derartige Straflosigkeit von Konkurs- und Betreibungsdelikten, die zum Nachteil von bereits durch ein vorangehendes Vermögensdelikt geschädigten Gläubigern begangen werden, besteht nicht. c) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nicht nur die Verschiedenheit der geschützten Rechtsgüter - Vermögen einerseits ( Art. 148 StGB ), Anspruch des Gläubigers auf korrekte Durchführung der Betreibung anderseits ( Art. 164 StGB ) - der Annahme einer straflosen Nachtat entgegensteht, sondern dass die unrichtige Angabe in der Betreibung eine gegenüber dem vorangehenden Betrug selbständige, tatbestandsmässige Handlung ist, die von Art. 148 StGB keineswegs miterfasst wird. Im konkreten Fall hat der Täter zwar schon im Strafverfahren wegen Betruges exakte Angaben über das Schicksal des ertrogenen Geldes verweigert und diese Weigerung wirkte möglicherweise bei der damaligen Strafzumessung straferhöhend. Auch dieser Umstand steht jedoch der Bestrafung der inhaltlich gleichen Weigerung im Betreibungsverfahren gemäss Art. 164 StGB nicht entgegen. Bei der Bemessung der Strafe für den Pfändungsbetrug dürfte der Zusammenhang BGE 105 IV 315 S. 319 mit dem vorangehenden Betrug und dem durch das Basler Urteil erfassten Verschulden übrigens gebührend berücksichtigt worden sein. Im Strafmass von 5 Monaten kommt dies zum Ausdruck. Durch die Anwendung von Art. 164 StGB hat die Vorinstanz somit keine bundesrechtliche Vorschrift verletzt.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
e185d4a8-76fd-49a7-9785-d54d4f42fcee
Urteilskopf 110 V 393 64. Auszug aus dem Urteil vom 5. November 1984 i.S. Tschopp gegen Staatliche Arbeitslosenkasse Basel-Stadt und Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung des Kantons Basel-Stadt
Regeste Art. 54 AlVG : Revision kantonaler Beschwerdeentscheide. - Der Grundsatz, wonach gegen kantonale Beschwerdeentscheide die Revision wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel gewährleistet sein muss, gilt auch in Sozialversicherungszweigen, die eine dem Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG entsprechende Vorschrift nicht kennen (Erw. 2a). - Die Frist, innert der bei neuentdeckten Tatsachen oder Beweismitteln das Revisionsgesuch einzureichen ist, gehört dem kantonalen Recht an, welches das Eidg. Versicherungsgericht nur daraufhin prüft, ob seine Auslegung oder Anwendung zu einer Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 104 lit. a OG geführt hat (Erw. 2b).
Erwägungen ab Seite 393 BGE 110 V 393 S. 393 Aus den Erwägungen: 2. a) Der sechste Abschnitt des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ordnet den Vollzug und die Verwaltungsrechtspflege. Art. 54 AlVG insbesondere enthält gewisse Anforderungen, die BGE 110 V 393 S. 394 von Bundesrechts wegen im Verfahren vor der kantonalen Rekursbehörde zu beachten sind. Eine dem Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG entsprechende Norm, wonach gegen Rekursentscheide die Revision u. a. wegen Entdeckung neuer Tatsachen oder Beweismittel gewährleistet sein muss, kennt das Arbeitslosenversicherungsgesetz nicht (was übrigens auch auf die seit 1. Januar 1984 geltende Ordnung zutrifft; vgl. Art. 103 AVIG ). Anderseits hat das Eidg. Versicherungsgericht in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass der Sozialversicherungsträger (die Verwaltung) verpflichtet ist, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn sich diese aufgrund neuentdeckter Tatsachen oder Beweismittel als unrichtig erweist (BGE BGE 109 V 121 Erw. 2b, BGE 108 V 168 Erw. 2b mit Hinweisen; RKUV 1984 Nr. K 578 S. 110 Erw. 2b). Was den AHV-Bereich anbelangt, hat die Rechtsprechung diesen Grundsatz wesentlich mit dem Hinweis darauf begründet, dass Revisionsgründe, die kraft positivrechtlicher Bestimmung ( Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG ) zur Abänderung materiell rechtskräftiger Urteile in einer bestimmten Rechtsmaterie führen können, geeignet sein müssen, dieselbe Wirkung gegenüber bloss formell rechtskräftigen Verwaltungsakten zu entfalten (EVGE 1963 S. 85 Erw. 1). Der Grundsatz des revisionsweisen Zurückkommens auf Verwaltungsverfügungen ist in diesem Sinne Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG und den entsprechenden Bestimmungen in andern Sozialversicherungszweigen (vgl. z.B. Art. 30bis Abs. 3 lit. h KUVG , Art. 56 Abs. 1 lit. h MVG ), welche die Revision von Rekursentscheiden betreffen, nachgebildet ( BGE 110 V 178 Erw. 2a). Diese Betrachtungsweise kann indessen bei der Frage, ob die Kantone von Bundesrechts wegen verpflichtet sind, wegen neu entdeckter Tatsachen oder Beweismittel die Revision gegen Rekursentscheide auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung zuzulassen, nicht uneingeschränkt zur Anwendung gelangen. Denn aus dem bundesrechtlichen Grundsatz des revisionsweisen Zurückkommens auf Verfügungen des Sozialversicherers folgt nicht ohne weiteres, dass auch Entscheide der kantonalen Rekursbehörden unter den genannten Voraussetzungen der Revision unterliegen, kommt doch den Urteilen (verwaltungsexterner) Justizbehörden nach unbestrittener Auffassung gegenüber Verwaltungsverfügungen eine höhere Rechtsbeständigkeit zu (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. I, S. 254; vgl. auch BGE 109 Ia 105 Erw. 2 mit Hinweisen). Dessenungeachtet hat das Eidg. Versicherungsgericht BGE 110 V 393 S. 395 die Revision kantonaler Rekursentscheide wegen neu entdeckter Tatsachen oder Beweismittel als ungeschriebenen Grundsatz des Bundessozialversicherungsrechts anerkannt und daher auch in Gebieten zur Anwendung gebracht, in denen keine spezielle Bundesrechtsnorm eine solche Revision vorsieht. Dies hat das Gericht für die bis Ende 1983 in Kraft gewesene unfallversicherungsrechtliche Ordnung (nicht veröffentlichtes Urteil Rüegg vom 21. Dezember 1979) und das Arbeitslosenversicherungsrecht (nicht veröffentlichtes Urteil Bettschen vom 6. April 1984) festgehalten. Die Schiedskommission hat im vorliegend angefochtenen Entscheid dieser Rechtslage Rechnung getragen, indem sie den herangezogenen § 246 Ziff. 2 der baselstädtischen Zivilprozessordnung im Sinne der dargelegten bundesrechtlichen Revisionsgrundsätze auslegte und anwendete. b) Dem kantonalen Recht überlassen ist dagegen die Frist, innert der das Revisionsgesuch einzureichen ist. Mit kantonalem Recht hat sich das Eidg. Versicherungsgericht grundsätzlich nicht zu befassen. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob die Auslegung oder Anwendung des kantonalen Rechts zu einer Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 104 lit. a OG , der auch den Beschwerdegrund einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte umfasst (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 288), geführt hat. Das für die baselstädtische Schiedskommission geltende Geschäftsreglement vom 15. März 1983 sieht bezüglich der Frist - wie auch im Hinblick auf die vorliegend massgeblichen Revisionsgründe als solche - keine Regelung vor. Die Schiedskommission hat - lückenfüllend - § 247 der Zivilprozessordnung herangezogen, wonach das Revisionsgesuch innerhalb der Frist eines Monats seit dem Tage einzureichen ist, an welchem vom neuentdeckten Beweismittel Gebrauch gemacht werden konnte. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird diese Auslegung des kantonalen Rechts beanstandet und ausgeführt, "dass eine Anlehnung an Art. 66 VwVG dem Sachgebiet wohl angemessener wäre". Indessen vermag die Beschwerdeführerin in keiner Weise darzutun, dass die Lösung der Schiedskommission willkürlich ist. Vielmehr kann ihre Auffassung mit guten Gründen vertreten werden. Daran ändert nichts, dass Art. 67 Abs. 1 VwVG (wie im übrigen auch Art. 141 Abs. 1 lit. b OG ) in bundesrechtlichen Revisionsfällen wie dem vorliegenden eine 90tägige Frist vorsieht. Hierin liegt kein BGE 110 V 393 S. 396 ungeschriebener Grundsatz des Bundesrechts, welchen die Kantone auch für ihre Verfahren zu beachten hätten. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Rechtsauffassung der Schiedskommission, wonach Revisionsgesuche gegen ihre Entscheide innert Monatsfrist seit Entdeckung des neuen Beweismittels oder der neuen Tatsache einzureichen sind, weder willkürlich noch sonstwie bundesrechtswidrig ( Art. 104 lit. a OG ) ist.
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e1860537-fe17-4ffd-aa5f-313cf4fcc3f5
Urteilskopf 96 I 449 70. Arrêt du 22 juillet 1970 dans la cause Milcent contre Magerman et Cour correctionnelle du canton de Genève.
Regeste Willkür. Zivilrechtliche Ansprüche im Strafprozess. Arrestprosequierungsklage, mit der Schadenersatzansprüche aus strafbaren Handlungen geltend gemacht werden. Nachherige Strafanzeige und Beteiligung als Zivilpartei am Strafprozess. Einrede der Rechtshängigkeit.
Sachverhalt ab Seite 449 BGE 96 I 449 S. 449 A.- Les époux Milcent ont fait procéder à Genève, le 28 janvier 1964, au séquestre de certains biens détenus par Magerman, domicilié à Bruxelles. Ils invoquaient comme cause de leur créance "pour détournements de papiers-valeurs, lingots d'or et espèces". Ils ont suivi au séquestre par une poursuite puis, après opposition du débiteur, par une action civile devant le Tribunal de première instance de Genève. Après citation en conciliation du 5 mars 1964, la cause a été introduite le 1er mai 1964 devant le tribunal. B.- Le 25 mai 1964, les époux Milcent ont déposé contre Magerman une plainte pénale pour escroquerie, faux et abus de confiance, en main du Procureur général de Genève. Le 15 juin 1964, ils se sont portés partie civile. Par décision du 20 janvier 1965, confirmée par la Cour de justice le 4 juin 1965, le Tribunal civil, constatant que l'action civile tendait à la réparation des dommages causés par les infractions pénales reprochées à Magerman et reposait sur les mêmes faits que l'action pénale, a suspendu l'instruction de la cause civile. Ayant fait l'objet de renvois successifs, cette cause est restée pendante depuis lors. C.- Après une longue instruction, la Cour correctionnelle siégeant avec le jury a condamné Magerman, par arrêt du 16 octobre 1969, à trente mois d'emprisonnement pour faux. BGE 96 I 449 S. 450 Après le prononcé du verdict de culpabilité, les parties civiles ont pris des conclusions civiles en vertu de l'art. 339 du code de procédure pénale genevois (en abrégé: CPP), conclusions qui tendaient au paiement de sommes de l'ordre de 850 000 fr. Sur requête du défenseur de Magerman, qui discutait le montant du dommage et soulevait une question de litispendance, la Cour a renvoyé sa décision sur les prétentions civiles à une audience ultérieure, afin qu'il soit procédé conformément aux règles de la procédure civile, comme le prévoit l'art. 349 CPP. Après échange de mémoires et plaidoiries, la Cour a statué par arrêt du 17 avril 1970, accueillant l'exception de litispendance expressément soulevée par le défendeur dans son mémoire du 12 décembre 1969. D.- Les époux Milcent ont déposé, contre cet arrêt, un pourvoi en nullité à la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral, un recours en réforme et un recours de droit public pour arbitraire. Par arrêt du 22 mai 1970, la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le pourvoi en nullité, pour le motif que la décision critiquée n'a pas été prise en même temps que le jugement sur l'action pénale. Par arrêt du 14 juillet 1970, la Ire Cour civile a déclaré irrecevable le recours en réforme, les recourants ne faisant valoir aucun grief fondé sur une violation du droit civil fédéral. Dans leur recours de droit public, les époux Milcent concluent à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à la cour cantonale pour qu'elle statue sur les conclusions de la partie civile. Ils invoquent la violation de l'art. 4 Cst. Erwägungen Considérant en droit: 1. Comme l'ont admis la Cour de cassation pénale et la Ire Cour civile du Tribunal fédéral, le jugement qui rejette préjudiciellement une demande pour cause de litispendance est une décision finale, qui met fin à l'instance (RO 80 I 261). Il s'agit d'autre part d'une décision prise en dernière instance cantonale: il ressort en effet de l'art. 437 al. 2 CPP que le recours en cassation n'est ouvert, en ce qui concerne les irrégularités de procédure (art. 437 al. 1 lettre d), que contre les irrégularités de forme commises au cours de l'instruction, préparatoire ou principale. Les conditions posées par l'art. 87 OJ sont ainsi réunies. 2. Sous réserve de certaines exceptions qui ne concernent BGE 96 I 449 S. 451 pas la présente espèce, le recours de droit public ne peut tendre qu'à l'annulation de la décision attaquée. Les conclusions du présent recours sont dès lors irrecevables dans la mesure où elles tendent à autre chose qu'à cette annulation. 3. Une décision n'est arbitraire, selon la jurisprudence, que si elle viole la loi d'une façon manifeste. Aussi le Tribunal fédéral n'annule-t-il une décision que si elle est insoutenable, évidemment injuste, dépourvue de toute justification sérieuse, prise en violation d'un droit certain (RO 93 I 6 consid. 3, 77 I 4). D'autre part, en vertu de l'art. 90 OJ relatif à la motivation du recours de droit public, le recourant doit préciser en quoi consiste la violation des droits constitutionnels qu'il allègue. S'agissant d'un recours pour arbitraire fondé sur l'art. 4 Cst., le recourant ne peut se contenter de critiquer la décision attaquée comme il le ferait dans une procédure d'appel où l'autorité de recours peut revoir librement l'application du droit. Les recourants n'entreprennent nullement de démontrer en quoi la cour cantonale aurait fait une application arbitraire de règles déterminées de la loi cantonale. Ils commencent par contester, contre toute évidence, que la condition première de la litispendance, savoir l'existence d'une autre instance simultanée, soit réalisée. La loi de procédure pénale, qu'ils invoquent (art. 7 et 8), est parfaitement claire: l'action civile peut être intentée en même temps et devant le même tribunal que l'action publique, mais elle peut l'être aussi séparément. Dans cette seconde hypothèse, l'instruction de l'action civile est suspendue jusqu'à ce que le juge pénal ait statué définitivement. C'est cette seconde voie qui a été suivie en l'espèce: les demandeurs ont ouvert d'abord une action civile, puis ils ont provoqué l'ouverture d'une action pénale, ce qui a eu pour effet de faire suspendre l'action civile. C'est à la fin du procès pénal seulement - auquel ils ont participé sans prendre encore de conclusions comme parties civiles - qu'ils ont déposé des conclusions civiles. En l'absence de règle impérative, on ne saurait en aucun cas qualifier d'insoutenable, soit d'arbitraire, la décision du juge pénal genevois qui, constatant que l'action civile était pendante et qu'ainsi les demandeurs avaient opté pour la voie civile, a refusé de se saisir de l'action civile. Les griefs des recourants sont d'autant moins fondés que, bien loin d'abandonner leur action civile - dont seul le maintien BGE 96 I 449 S. 452 permet de valider le séquestre -, ils entendent la poursuivre afin de demeurer au bénéfice du séquestre. Selon eux, le juge pénal devrait statuer sur leurs prétentions civiles, et ensuite seulement l'action civile serait reprise pour valider le séquestre à concurrence du montant de la condamnation. Ils prétendent ainsi scinder le procès civil. Non seulement le refus de la cour cantonale de procéder de la sorte ne se heurte à aucune règle formelle de procédure, mais il apparaît parfaitement conforme aux dispositions de la loi genevoise de procédure pénale, qui laisse au lésé le choix entre les deux voies. L'argument tiré de l'absence de simultanéité des instances apparaît ainsi téméraire. 4. Les recourants soutiennent encore que l'intimé aurait tardivement excipé de la litispendance. Si les recourants se sont constitués partie civile dès le début du procès, ils n'ont en revanche pris des conclusions civiles qu'après le prononcé du verdict de culpabilité (cf. art. 339 CPP). On peut admettre sans arbitraire que la constitution de partie civile au début du procès pénal, ayant pour seul but de permettre aux lésés de sauvegarder leurs droits dans l'instruction pénale, ne lie pas l'instance civile et que, dès lors, c'est seulement lorsque des conclusions civiles sont déposées que le défendeur est tenu de se déterminer sur ces conclusions et de faire valoir ses moyens. Les recourants n'invoquent aucun texte ni aucune pratique jurisprudentielle qui infirmerait cette manière de voir. Or, dès l'annonce des conclusions civiles, le défendeur a déclaré qu'une question de litispendance se posait, et la Cour a renvoyé sa décision à une audience ultérieure afin qu'il soit procédé conformément aux règles de la procédure civile, comme le prescrit l'art. 349 CPP. C'est alors d'entrée de cause, dans son mémoire répondant au premier mémoire des demandeurs, que le défendeur a excipé de la litispendance. Les recourants n'entreprennent pas de démontrer qu'en recevant cette exception, la Cour aurait violé les règles de la procédure civile, applicables en l'espèce en vertu de l'art. 349 CPP. Le moyen pris de la tardiveté de l'exception de litispendance apparaît ainsi manifestement mal fondé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 103 V 74 20. Urteil vom 6. September 1977 i.S. L. gegen Allgemeine Krankenkasse Zürich und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 12 KUVG . Zur Leistungspflicht der Krankenkassen aus der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung bei ambulanter Behandlung in einer Heilanstalt.
Sachverhalt ab Seite 74 BGE 103 V 74 S. 74 A.- M. L. ist bei der Allgemeinen Krankenkasse Zürich für Krankenpflege und zusätzlich für Spitalkosten (Fr. 90.-- im Tag) sowie für Spitalbehandlungskosten (bis Fr. 5'000.--) BGE 103 V 74 S. 75 versichert. Am 13. April 1976 musste sie sich einer medizinisch indizierten Sterilisation unterziehen. Der Eingriff erfolgte nach der laparoskopischen Methode, wobei die Versicherte noch am gleichen Tag nach Hause entlassen werden konnte. Dr. med. M. stellte für die Operation und für Konsultationen Rechnung im Betrage von Fr. 725.--. Dazu kamen Rechnungen für die Narkose von Fr. 250.-- sowie für "Operationssaalbenützung, Narkosemittel, Lösungen, Verbandmaterial und Wäscheverbrauch" von Fr. 550.--. Die Versicherte überwies die Rechnungen im Gesamtbetrag von Fr. 1'525.-- der Krankenkasse in der Meinung, diese habe für die Kosten voll aufzukommen. Am 16. Juli 1976 teilte die Kasse dem Ehemann der Versicherten verfügungsweise mit, an die Behandlungskosten werde lediglich ein Beitrag von Fr. 300.-- geleistet. Massgebend sei die ärztliche Taxordnung der Krankenkassen im Kanton Zürich. Da jedoch für den durchgeführten Eingriff keine besondere Tarifposition bestehe, sei die Vergütung vom Vertrauensarzt unter Berücksichtigung des Aufwandes festgesetzt Worden. Leistungen aus der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung könnten nicht erbracht werden, weil die Behandlung ambulant erfolgt sei. B.- Beschwerdeweise machte der Ehemann der Versicherten geltend, die Operation habe nicht ausserhalb eines Spitals durchgeführt werden können. Eine Hospitalisation habe tatsächlich stattgefunden, auch wenn sie nur von kurzer Dauer gewesen sei. Dass die Versicherte das Spital gleichentags habe verlassen können, sei der neuartigen Operationsmethode und dem Umstand zu verdanken, dass keinerlei Komplikationen eingetreten seien. Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 24. September 1976 ab. Das Gericht stellte im wesentlichen fest, Leistungen der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung setzten einen Spitalaufenthalt voraus. Ein solcher liege nicht vor, wenn sich der Versicherte einer Behandlung im Spital unterziehe und noch gleichentags wieder nach Hause entlassen werde. Die Beschwerdeführerin habe daher keinen Anspruch auf Leistungen der Zusatzversicherung. Dass die Kasse die Leistungen aus der Krankenpflegeversicherung auf Fr. 300.-- beschränkt habe, sei nicht zu beanstanden. BGE 103 V 74 S. 76 C.- Vertreten durch ihren Ehemann, erhebt die Versicherte Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Krankenkasse sei zu verpflichten, die Kosten der Sterilisation voll zu übernehmen. Zur Begründung wird vorgebracht, nach dem einschlägigen Kassenreglement setzten die Leistungen der Zusatzversicherung keine Mindestdauer des Spitalaufenthaltes voraus. Auch sei unbeachtet geblieben, dass der Eingriff ausschliesslich in einem Spital mit entsprechenden zusätzlichen Kosten durchgeführt werden könne. Die Ausrichtung einer Pauschalvergütung von Fr. 300.-- erweise sich daher als willkürlich. Die Krankenkasse und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG umfassen die Leistungen der Krankenpflegeversicherung bei ambulanter Behandlung die ärztliche Behandlung, die vom Arzt angeordneten, durch medizinische Hilfspersonen vorgenommenen wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen, die vom Arzt verordneten Arzneimittel und angeordneten Analysen und die Behandlung durch einen Chiropraktor. Nach Ziffer 2 der Bestimmung haben die Kassen bei Aufenthalt in einer Heilanstalt die zwischen dieser und der Kasse vertraglich festgelegten Leistungen zu übernehmen, mindestens aber die ärztliche Behandlung, einschliesslich der wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen, der Arzneimittel und Analysen nach den Taxen der allgemeinen Abteilung sowie einen täglichen Mindestbeitrag an die übrigen Kosten der Krankenpflege. Das Gesetz enthält keine Bestimmungen darüber, nach welchen Kriterien die insbesondere für die Leistungsdauer ( Art. 12 Abs. 3 und 4 KUVG ) und die Kostenbeteiligung des Versicherten ( Art. 14bis KUVG ) wesentliche Abgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung zu erfolgen hat. Praxisgemäss liegt eine ambulante Behandlung auch dann vor, wenn die medizinische Massnahme in einer Heilanstalt durchgeführt wird, der Versicherte jedoch am gleichen Tag nach Hause zurückkehren kann (vgl. BONER/HOLZHERR, Die Krankenversicherung, S. 41). Stationäre Behandlung ist anzunehmen, BGE 103 V 74 S. 77 wenn sich der Versicherte während mehr als eines Tages unter Inanspruchnahme eines Spitalbettes in einer Heilanstalt zur Behandlung aufhält. Besondere Regeln gelten für partiellen Heilanstaltsaufenthalt (vgl. RSKV 1970 S. 233). 2. a) Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die streitige Operation als ambulante Behandlung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG zu gelten hat. Weil die Beschwerdeführerin das Spital noch am Tage des Eingriffs wieder verlassen konnte, steht ihr kein Anspruch auf Kassenleistungen nach den für stationäre Heilanstaltsbehandlung gültigen Regeln zu. b) Es stellt sich indessen die Frage, ob die Beschwerdeführerin aus den vereinbarten Zusatzversicherungen weitergehende Leistungen beanspruchen kann. Mit Bezug auf die Spitalkosten-Zusatzversicherung ist dies schon deshalb zu verneinen, weil ihr keine Unterkunfts- und Verpflegungskosten aus stationärer Behandlung entstanden sind. Fraglich erscheint dagegen, wie es sich hinsichtlich der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung verhält. Diesbezüglich läge es nahe, die Leistungen von einer stationären Behandlung im Sinne der für die Krankenpflegeversicherung massgebenden Abgrenzung abhängig zu machen. Damit bliebe jedoch unberücksichtigt, dass heute vermehrt Eingriffe, die der Arzt früher in der eigenen Praxis vorgenommen hat, ambulant im Spital durchgeführt werden. Anderseits hat sich die Zahl der ambulanten Spitalbehandlungen dadurch erhöht, dass Eingriffe, die bisher eine mehrtägige Hospitalisation notwendig machten, dank neuer Behandlungsmethoden ambulant durchgeführt werden können. Es ist offensichtlich, dass dem Versicherten dadurch zunehmend Lücken im Versicherungsschutz entstehen. die Anlass dazu geben können, den Spitalaufenthalt über das Notwendige hinaus zu verlängern. Unbefriedigend ist auch, dass der Arzt, welcher eine üblicherweise stationär durchgeführte Behandlung kostensparend ambulant vornimmt, den Versicherten mit Kosten belastet, die sonst ganz oder teilweise die Krankenkasse tragen müsste. Diese schon im Rahmen der Grundversicherung nicht befriedigenden Ergebnisse erweisen sich umso stossender, wenn der Versicherte Zusatzversicherungen abgeschlossen hat mit dem Zweck, sich auch gegen die von der Krankenpflegeversicherung nicht gedeckten Kosten einer im Spital durchgeführten BGE 103 V 74 S. 78 Behandlung abzusichern. Wie das Gesamtgericht entschieden hat, ist dem Versicherten daher ein Anspruch auf Leistungen aus der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung grundsätzlich auch für die in Heilanstalten vorgenommene ambulante Behandlung einzuräumen. Voraussetzung ist, dass eine Durchführung der Massnahme im Spital medizinisch notwendig ist. Vorbehalten bleiben statutarische Bestimmungen, mit welchen Leistungen aus der Zusatzversicherung bei ambulanter Spitalbehandlung ausgeschlossen werden. 3. Demnach bleibt lediglich zu prüfen, ob die Statuten und Reglemente der Allgemeinen Krankenkasse Zürich Leistungen der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung an die streitige Behandlung ausdrücklich ausschliessen. Laut Art. 1 des massgebenden Kassenreglementes bezweckt die Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung, die "für Krankenpflege versicherten Mitglieder in Ergänzung der Spitalkosten-Zusatzversicherung bei Aufenthalt in Akutspitälern ... zusätzlich zu versichern". Leistungen der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung setzen nach Art. 3 des Reglementes voraus, dass der Versicherte auch der Spitalkosten-Zusatzversicherung beigetreten ist; dagegen ergibt sich aus dem Kassenreglement nicht, dass Leistungen aus der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung nur erbracht werden, falls der Versicherte gleichzeitig auch Leistungen der Spitalkosten-Zusatzversicherung beanspruchen kann. Hiezu besteht auch keine sachliche Notwendigkeit, von welcher Annahme das Eidg. Versicherungsgericht schon in seinem Urteil vom 29. Mai 1972 i.S. Beaud ausgegangen ist (RSKV 1972 S. 175 Erw. 5b). Im übrigen enthalten weder die Statuten noch das Kassenreglement besondere Leistungsvoraussetzungen, die im vorliegenden Zusammenhang zu beachten wären. Namentlich verlangt das Kassenreglement keine Mindestdauer des Spitalaufenthaltes für die Leistungen der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung. Es kann daher nicht gesagt werden, die Kassenbestimmungen schlössen Leistungen der Zusatzversicherung bei ambulanter Spitalbehandlung ausdrücklich aus. 4. Demzufolge hat die Beschwerdeführerin grundsätzlich Anspruch auf Leistungen auch aus der Spitalbehandlungskosten-Zusatzversicherung. Damit ist nicht gesagt, dass die Kasse für die gesamten Kosten gemäss den ihr von der Versicherten eingereichten Rechnungen aufzukommen hat. BGE 103 V 74 S. 79 Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführerin - weil keine stationäre Heilanstaltsbehandlung im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG vorliegt - ein Selbstbehalt aufzuerlegen ist, bleibt offen, inwieweit die Rechnungen in tariflicher Hinsicht zu Recht bestehen. Wie es sich damit verhält, hat zunächst die Krankenkasse festzustellen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der vorinstanzliche Entscheid und die Kassenverfügung vom 16. Juli 1976 aufgehoben und die Krankenkasse verhalten, der Versicherten eine neue beschwerdefähige Verfügung über die ihr zustehenden Kassenleistungen zuzustellen.
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Urteilskopf 97 I 619 87. Urteil vom 13. Oktober 1971 i.S. Abegg gegen Leu und Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Namensänderung, rechtliches Gehör. Der unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleitete Anspruch des Vaters, zu einem Gesuch um Änderung des Namens seines bei der Ehescheidung der Mutter zugeteilten Kindes Stellung nehmen zu können ( BGE 83 I 239 , 89 I 155), besteht nur bis zur Mündigkeit des Kindes.
Sachverhalt ab Seite 619 BGE 97 I 619 S. 619 A.- Im Dezember 1950 wurde die 1944 geschlossene Ehe des Max Abegg mit Margrit Kägi durch das Bezirksgericht Bülach geschieden und das einzige, 1945 geborene Kind Hans-Peter der Mutter zugeteilt. Diese ging im Januar 1953 mit Ernst Leu eine neue Ehe ein. Der Knabe Hans-Peter Abegg lebte seither in der Familie seines Stiefvaters, der in Glattbrugg eine Garage betreibt. Im Jahre 1962 stellte Frau Leu-Kägi beim Regierungsrat des Kantons Zürich das Gesuch, es sei ihrem Sohn zu gestatten, den Familiennamen in Leu zu ändern. Das Gesuch wurde dem Vater Max Abegg zur Stellungnahme unterbreitet. Dieser widersetzte sich der Namensänderung, worauf das Gesuch zurückgezogen wurde. Hans-Peter Abegg arbeitet seit einigen Jahren im Geschäft seines Stiefvaters Ernst Leu und soll dieses später übernehmen. Unter Hinweis hierauf sowie darauf, dass er allgemein unter dem Namen "Leu" bekannt sei und sich im nächsten Jahre verheiraten werde, ersuchte er am 15. Juli 1970 den Regierungsrat des Kantons Zürich, ihm die Änderung des Familiennamens in "Leu" zu bewilligen. Das Gesuch wurde den Gemeinderäten seiner beiden Heimatgemeinden sowie der Wohnsitzgemeinde zur Stellungnahme zugestellt. Alle empfahlen, dem Gesuch zu BGE 97 I 619 S. 620 entsprechen. Am 17. Dezember 1970 beschloss der Regierungsrat, dem Gesuchsteller die Änderung des Familiennamens in "Leu" zu bewilligen. Diese Namensänderung wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich von 5. Januar 1971 veröffentlicht. Am 2. Juli 1971 schrieb Max Abegg an die Direktion des Innern des Kantons Zürich, er habe von der Namensänderung seines Sohnes Kenntnis erhalten und ersuche um eine Ausfertigung des regierungsrätlichen Entscheids. Sie wurde ihm am 5. Juli 1971 zugestellt. B.- Mit Eingabe vom 2. August 1971 erhebt Max Abegg staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 17. Dezember 1970 sei aufzuheben. Er machte geltend, der Regierungsrat habe ihm dadurch das rechtliche Gehör verweigert, dass er ihm vor seinem Entscheid keine Gelegenheit gegeben habe, zum Namensänderungsgesuch seines Sohnes Stellung zu nehmen ( BGE 83 I 239 , BGE 89 I 155 ). Der Umstand, dass sein Sohn volljährig sei, vermöge diese Unterlassung nicht zu rechtfertigen. Das Interesse und das Recht des Vaters, dass sein Kind seinen Namen behalte und er vor einer Namensänderung mindestens angehört werde, sei das gleiche, ob das Kind minderjährig oder volljährig sei. C.- Hans-Peter Leu beantragt, auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Regierungsrat hat seinen Entscheid dem Beschwerdegegner sowie den Gemeinderäten seiner Heimatgemeinden und seiner Wohnsitzgemeinde mitgeteilt und ihn gemäss Art. 30 Abs. 2 ZGB /§ 47 zürch. EG/ZGB im kantonalen Amtsblatt vom 5. Januar 1971 veröffentlicht. Es fragt sich, ob die 30-tägige Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 89 Abs. 1 OG ), für den Beschwerdeführer schon mit dieser Veröffentlichung oder erst mit der am 5. Juli 1971 erfolgten Zustellung einer Ausfertigung an ihn zu laufen begann. Sofern der Beschwerdeführer, wie er mit der Beschwerde geltend macht, einen Anspruch auf Anhörung zum Namensänderungsgesuch hatte, hätte ihm auch der Entscheid über dieses Gesuch persönlich mitgeteilt werden sollen. Die Veröffentlichung BGE 97 I 619 S. 621 im kantonalen Amtsblatt hätte diese persönliche Eröffnung oder Mitteilung nicht ersetzt. Es erscheint daher richtig, die Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht schon von der Veröffentlichung des Entscheids oder der zufälligen Kenntnisnahme des Beschwerdeführers an beginnen zu lassen, sondern erst von der Zustellung einer Ausfertigung an ihn am 5. Juli 1971 (vgl. BGE 35 I 105 E. 1; BIRCHMEIER, Handbuch des OG S. 384 N. 2 b). Die am 2. August 1971 eingereichte Beschwerde ist somit rechtzeitig. 2. Im Jahre 1962 hat die Mutter des damals noch unmündigen Beschwerdegegners für diesen ein Namensänderungsgesuch gestellt, zu dem der Beschwerdeführer Stellung nehmen konnte und auch nahm. Sofern der leibliche Vater auch bei Mündigkeit des Kindes einen Anspruch auf Anhörung zu dessen Gesuch um Namensänderung haben sollte, wäre diesem Anspruch nicht schon durch seine Anhörung in jenem früheren, durch Rückzug des Gesuchs dahingefallenen Verfahren Genüge getan. Da das zweite Verfahren nicht einfach die Fortsetzung des früheren, sondern ein neues selbständiges Verfahren ist, hätte er vielmehr Anspruch, im neuen Verfahren wiederum angehört zu werden, wobei er Gründe und Tatsachen vorbringen könnte, die er im früheren Verfahren nicht geltend machte oder die erst seither eingetreten sind ( BGE 89 I 157 /58). 3. Die II. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat in BGE 76 II 342 E. 2 ausgeführt, es sei nicht nur ein Recht des Kindes, den Namen des Vaters zu führen, sondern auch ein Recht des Vaters, dass seine Kinder keinen andern Namen als den seinen erhalten. Daher sei, wenn für ein Kind ein Namensänderungsgesuch gestellt werde, auch das Interesse des Vaters zu berücksichtigen und ihm Gelegenheit zu geben, zum Gesuch Stellung zu nehmen; werde dies unterlassen, so könne der Vater dies freilich nicht mit der in Art. 30 Abs. 3 ZGB vorgesehenen Klage, sondern "höchstens mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV " rügen. Die staatsrechtliche Kammer hat sich dieser Auffassung angeschlossen, ohne sich mitihr auseinanderzusetzen. Sie hat, obwohl in BGE 76 II 339 E. 1 dem Vater ein klagbarer zivilrechtlicher Anspruch darauf, dass sein Kind seinen Namen behalte, abgesprochen wurde, in ständiger Rechtsprechung stillschweigend angenommen, er habe doch ein schutzwürdiges Interesse hieran, und im Hinblick auf dieses Interesse habe er grundsätzlich BGE 97 I 619 S. 622 einen unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Anspruch darauf, von dem für das Kind gestellten Namensänderungsgesuch und seiner Begründung Kenntnis zu erhalten und dazu im einzelnen Stellung zu nehmen ( BGE 83 I 239 und BGE 89 I 155 E. 2 je mit Hinweisen auf weitere, nicht veröffentlichte Urteile). Ferner betrachtete es, wiederum ohne nähere Begründung, den Vater als legitimiert, die nach seiner Anhörung bewilligte Namensänderung mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Willkür anzufechten (nicht veröffentl. Urteile vom 17. Juni 1964 i.S. Schwegler, vom 30. Juni 1965 i.S. Roth und vom 4. Mai 1966 i.S. Letter). In allen diesen Fällen handelte es sich um die Namensänderung von Kindern, die noch unmündig waren. Dass der Vater solcher Kinder zu dem von der Mutter für sie gestellten Namensänderungsgesuch angehört werden muss, wird weder vom Regierungsrat des Kantons Zürich noch vom Beschwerdegegner bestritten, so dass kein Anlass besteht, die dahingehende bisherige Rechtsprechung zu überprüfen; bemerkt sei immerhin, dass der in BGE 76 II 342 E. 2 geäusserten Auffassung, beim Fehlen der Eltern müssten die Grosseltern und Geschwister angehört werden, kaum gefolgt werden könnte. Streitig ist einzig die bisher vom Bundesgericht offenbar noch nie beurteilte Frage, ob der Vater unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV Anspruch darauf hat, zu einem von seinem mündigen Sohn gestellten Namensänderungsgesuch Stellung nehmen zu können. 4. Der Entscheid hierüber hängt davon ab, ob zwischen dem Fall des unmündigen und dem des mündigen Kindes Unterschiede bestehen, im Hinblick auf die beim mündigen Kind ein Recht des Vaters auf Anhörung zu verneinen ist. a) Das Gesuch um Änderung des Namens des bei der Scheidung der Mutter zugeteilten Kindes kann von diesem, wenn es urteilsfähig ist, wohl nur mit Zustimmung der Mutter gestellt werden (EGGER N. 15 zu Art. 19 und N. 9 zu Art. 30 ZGB ) und wird in der Regel von der Mutter gestellt. Obwohl der Regierungsrat, der über das Gesuch entscheidet, von Amtes wegen zu prüfen hat, ob wichtige Gründe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB vorliegen, erscheint es geboten, auch den Vater dazu anzuhören. Dieser hat - neben der Beitragspflicht nach Art. 156 Abs. 2 ZGB - ein Recht auf angemessenen persönlichen Verkehr mit dem Kinde ( Art. 156 Abs. 3 ZGB ), das ihm nur aus schwerwiegenden Gründen entzogen werden BGE 97 I 619 S. 623 darf (vgl. BGE 89 II 4 ff.). Sodann besteht bis zur Mündigkeit des Kindes die Möglichkeit, dass die elterliche Gewalt wegen Änderung der Verhältnisse wieder dem Vater zugeteilt wird ( Art. 157 ZGB ), so vor allem, wenn die Mutter stirbt oder ihr die elterliche Gewalt entzogen wird (vgl. BGE 47 II 383 Nr. 64, BGE 82 II 474 ). b) Diese weiterbestehenden Rechtsbeziehungen zwischen dem Vater und dem der Mutter zugeteilten Kinde fallen mit der Mündigkeit der Kinder dahin. Die Beitragspflicht hört grundsätzlich auf (vgl. BGE 61 II 216 E. 2), und das Recht des Vaters auf den persönlichen Verkehr wird zum sittlichen Recht, dem eine sittliche Pflicht des Kindes entspricht (BELZA, Das Verhältnis zwischen dem Kinde und dem geschiedenen Elternteil, dem das Kind nicht zugewiesen wurde, Diss. Freiburg 1946 S. 24). Soweit zwischen dem Vater und dem mündigen Kind rechtliche Beziehungen bestehen bleiben, sind sie gegenseitig, so die Unterstützungspflicht nach Art. 328 ZGB , das Erbrecht (Art. 457/58 ZGB) und die Rücksichts- und Beistandspflicht nach Art. 271 ZGB . Das Kind erlangt mit der Mündigkeit die Fähigkeit, alle Rechte und namentlich seine Persönlichkeitsrechte, zu denen auch das Recht auf den Namen gehört, unabhängig von den Eltern auszuüben. Es kann insbesondere völlig frei wichtige Entscheidungen treffen, die jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht auch für die Beziehungen zu den Eltern von grosser Bedeutung sind, wie Heirat, Auswanderung, Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit, Anerkennung eines ausserehelichen Kindes, Adoption usw. Es kann sich schliesslich ohne Zustimmung seiner Eltern selber adoptieren lassen und dadurch einen andern Namen als den seines Vaters erwerben ( Art. 268 Abs. 1 ZGB ). Angesichts dieser weitgehenden Selbständigkeit des mündigen Kindes im Verhältnis zu seinen Eltern rechtfertigt es sich nicht, dann, wenn es ein Gesuch um Namensänderung stellt, seinem Vater (und seiner Mutter) ein Mitspracherecht in der Form eines unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleiteten Anspruchs auf Stellungnahme zum Gesuch und zu den darin als "wichtige Gründe" im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB geltend gemachten Umständen einzuräumen. Die vorliegende Beschwerde, mit der ein solcher Anspruch erhoben wird, ist daher abzuweisen.
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1,971
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e19a7459-51bd-4512-84e3-5fd4ca1dd7cb
Urteilskopf 103 II 276 46. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 4 octobre 1977 dans la cause Nerfin et Bezuchet contre Le Men
Regeste Verfahren für Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis. Art. 343 Abs. 4 OR , nach dem der Richter den Sachverhalt von Amtes wegen feststellt und die Beweise nach freiem Ermessen würdigt, ist nur auf Streitigkeiten anwendbar, deren Streitwert fünftausend Franken nicht übersteigt.
Erwägungen ab Seite 276 BGE 103 II 276 S. 276 Extrait des considérants: 6. ... d) Les défendeurs invoquent encore une violation de l'art. 343 al. 4 CO, aux termes duquel le juge établit d'office les faits et apprécie librement les preuves, en faisant valoir que les juges de première instance "n'ont pas suffisamment recherché le dommage subi, soi-disant, par l'intimé alors qu'ils avaient le devoir de le faire". L'art. 343 al. 4 CO ne s'applique toutefois qu'aux contestations dont la valeur litigieuse ne dépasse pas cinq mille francs, quand bien même la formulation des différents alinéas de l'art. 343 pourrait laisser penser le contraire (dans le même sens: REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, p. 198; STREIFF, Leitfaden zum neuen Arbeitsvertrags-Recht, p. 170 n. 9; contra: SCHWEINGRUBER, Commentaire du contrat de travail, traduction française d'Albert Laissue, Berne 1975, p. 253 ch. 6; VISCHER, Der Arbeitsvertrag, Schweizerisches Privatrecht VII/1, p. 487 n. 13, laisse la question indécise). Le projet du Conseil fédéral ne prévoyait l'établissement d'office des faits et la libre appréciation des preuves que pour les contestations dont la valeur litigieuse est inférieure au maximum fixé (qui était alors de 3'000 fr.) et qui sont soumises au principe d'une procédure simple et rapide (cf. l'art. 343 dudit BGE 103 II 276 S. 277 projet et le Message du Conseil fédéral, FF 1967 II, p. 416), et il ne ressort pas des délibérations de l'Assemblée fédérale que l'on ait voulu étendre cette règle à tous les litiges relevant du contrat de travail au sens de l'art. 343 al. 1 (cf. H. U. WALDER, Die Offizialmaxime, in Zürcher Schriften zum Verfahrensrecht, p. 22 n. 71). Les considérations sur lesquelles se fonde la règle de l'établissement d'office des faits valent d'ailleurs essentiellement pour les contestations de faible valeur litigieuse soumises à une procédure simple et rapide. L'art. 343 al. 4 CO n'est ainsi pas applicable en l'espèce, et il n'y a pas lieu de renvoyer la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle instruction.
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Urteilskopf 94 II 134 22. Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. Oktober 1968 i.S. Schweiz. Bundesbahnen gegen Daldrop.
Regeste Nichtigkeitsbeschwerde gemäs Art. 68 Abs. 1 lit. b OG Gerichtsstand für Schadenersatzklagen gegen die SBB aus einem durch ein Dienst-Motorfahrzeug verursachten Unfall.
Sachverhalt ab Seite 134 BGE 94 II 134 S. 134 A.- Am 3. Mai 1967 stiess in der Nähe von Sursee der Personenwagen des Ch. Daldrop mit einem Dienst-Motorfahrzeug der SBB zusammen. Daldrop reichte beim Amtsgericht Sursee gegen die SBB Klage auf Ersatz des an seinem Motorfahrzeug entstandenen Schadens im Betrage von Fr. 1'282.65 nebst Zins ein. Die SBB bestritten die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes und machten geltend, sie müssten gemäss Art. 5 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1944 über die Schweiz. Bundesbahnen (BBG) an ihrem Sitz in Bern belangt werden. BGE 94 II 134 S. 135 B.-Das Amtsgericht Sursee und das Obergericht des Kantons Luzern als Rekursinstanz verwarfen die Unzuständigkeitseinrede. C.- Die Beklagten fechten den Entscheid des Obergerichts vom 25. Juli 1968 beim Bundesgericht mit Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. b OG an. Sie beantragen, den Entscheid des Obergerichts wegen Verletzung einer Gerichtsstandsbestimmung des Bundesrechts ( Art. 5 BBG ) aufzuheben und festzustellen, dass sie sich auf die beim Amtsgericht Sursee eingereichte Klage nicht einzulassen haben. Der Beschwerdebeklagte und das Obergericht des Kantons Luzern beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Gemäss Art. 84 SVG sind Zivilklagen aus Motorfahrzeugunfällen beim Richter des Unfallortes anzubringen. Richter des Unfallortes ist im vorliegenden Fall das Amtsgericht Sursee. Die Beschwerdeführerinnen berufen sich demgegenüber auf Art. 5 BBG , wonach die SBB grundsätzlich an ihrem Sitz in Bern zu belangen sind. Sie vertreten die Auffassung, diese Gerichtsstandsbestimmung gehe der allgemeinen Vorschrift des Art. 84 SVG vor. Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Art. 84 SVG ist im Verhältnis zu Art. 5 BBG eine Sonderbestimmung. Art. 5 BBG lautet: "Die Bundesbahnen haben ihren Sitz in Bern. Sie können ausser an ihrem Sitz am Hauptort jedes Kantons von den Kantonseinwohnern belangt werden. Für dingliche Klagen gilt der Gerichtsstand der gelegenen Sache." Nach dieser Vorschrift befindet sich der ordentliche Gerichtsstand der SBB an ihrem Sitz, d.h. in Bern; die weiter vorgesehenen Gerichtsstände (Kantonshauptorte, Ort der gelegenen Sache) sind besondere Gerichtsstände. Diese Regelung entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass sich der ordentliche Gerichtsstand einer natürlichen Person an ihrem Wohnsitz, bezw. derjenige einer juristischen Person oder selbständigen Verwaltung an ihrem Sitz befindet. Art. 84 SVG dagegen bezeichnet in Abweichung von diesem Grundsatz den Unfallort als den ordentlichen Gerichtsstand für alle Zivilklagen, die mit einem Motorfahrzeugunfall im Zusammenhang stehen. An diesem BGE 94 II 134 S. 136 Gerichtsstand sind daher in der Regel der Halter, der Lenker und der Haftpflichtversicherer des Halters zu belangen. Mit der Schaffung dieses einheitlichen Gerichtsstandes sollte der Gefahr vorgebeugt werden, dass es infolge der Belangung des Halters, des Lenkers und der Haftpflichtversicherung vor verschiedenen Gerichten zu einander widersprechenden Urteilen über den gleichen Unfallkomme (BotschaftdesBundesrates zum SVG, vom24. Juni 1955, BBl 1955 II S. 59). Auch spielte die Überlegung mit, dass der Richter des Unfallortes am besten in der Lage sei, die gesamten Umstände und die Schwere eines Unfalles zu beurteilen. Alle diese Überlegungen treffen auch auf Unfälle zu, an denen ein Dienst-Motorfahrzeug der SBB beteiligt ist, weshalb nicht zu ersehen ist, warum die Gerichtsstandsvorschrift von Art. 84 SVG nicht auch für sie gelten sollte. Die Luzerner Gerichte haben somit zu Recht die von den Beschwerdeführerinnen erhobene Unzuständigkeitseinrede verworfen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 84 IV 32 12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. März 1958 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Kunz.
Regeste Art. 27 Abs. 1 MFG. Der auf einer grossen Durchgangsstrasse verkehrende Motorfahrzeugführer ist auch innerorts bei der Einmündung von Strässchen und Gässchen, die offensichtlich nicht für den durchgehenden Verkehr bestimmt und im Verhältnis zur Durchgangsstrasse praktisch ohne Verkehrsbedeutung sind, vortrittsberechtigt.
Sachverhalt ab Seite 32 BGE 84 IV 32 S. 32 A.- Kunz fuhr am 24. Juli 1956 mit einem Personenauto auf der Durchgangsstrasse Basel-Delsberg Richtung Laufen. Nach dem Dorfkern von Grellingen, aber noch innerorts, führt die über zehn Meter breite, eine weite BGE 84 IV 32 S. 33 Rechtskurve beschreibende Strasse auf der rechten Seite einem mit vereinzelten Einfamilienhäusern überbauten Hang entlang, den eine 1,7-1,8 m hohe Stützmauer gegen das Trottoir abgrenzt. Nach dem Haus Crelier mündet in einer Maueröffnung der 2,2 m breite sog. Birsblickweg ein, der in den untersten zehn Metern asphaltiert, im übrigen beschottert ist und steil, teils durch ein Wäldchen, zu einem alleinstehenden Mehrfamilienhaus hinaufführt. Als sich Kunz bis auf 21 m der unübersichtlichen Einmündung genähert hatte, fuhr ein Knabe auf einem Fahrrad in rascher Fahrt durch die Maueröffnung auf die Strasse hinaus. Er wurde durch den unvermeidlichen Zusammenstoss so schwer verletzt, dass er drei Tage später starb. B.- Das Amtsgericht Laufen und das Obergericht des Kantons Bern, dieses am 16. September 1957, sprachen Kunz von den Anschuldigungen der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs frei. Das Obergericht nahm an, dass der Radfahrer nicht vortrittsberechtigt gewesen sei, weil der Birsblickweg, gemessen an seiner Verkehrsbedeutung, rechtlich wie ein Feld- oder Karrenweg zu behandeln sei, dessen Einmündung daher keine Strassengabelung oder -kreuzung im Sinne des Art. 27 Abs. 1 MFG darstelle. C.- Der Generalprokurator des Kantons Bern macht mit der Nichtigkeitsbeschwerde unter anderem geltend, Kunz habe das Vortrittsrecht des Radfahrers verletzt. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Art. 27 Abs. 1 MFG verpflichtet den Motorfahrzeugführer, bei Strassengabelungen und -kreuzungen, denen Strasseneinmündungen gleichgestellt sind (vgl. BGE 81 IV 251 , BGE 82 IV 24 ), die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges zu mässigen und einem gleichzeitig von rechts kommenden Motorfahrzeug - und nach Art. 30 MFG auch einem Fahrrad - den Vortritt zu lassen. Nicht als Kreuzung (Einmündung) im Sinne dieser Bestimmung - wie auch des Art. 26 Abs. 3 MFG - gilt nach ständiger Rechtsprechung BGE 84 IV 32 S. 34 die Abzweigung von Privatstrassen (Zufahrtswege zu Garagen und Liegenschaften, Hausvorplätze) und blossen Feldwegen ( BGE 64 I 351 , BGE 64 II 318 , BGE 76 IV 58 , BGE 78 IV 183 , BGE 83 IV 165 sowie das Urteil des Kassationshofes vom 24. Juni 1955 i.S. Rietschi). Einen Unterschied, ob der Feldweg auch der Allgemeinheit zugänglich sei, macht die Rechtsprechung dabei nicht. Die Einmündung von Privatstrassen und Feldwegen wird von den Regeln der Art. 26 Abs. 3 und 27 Abs. 1 MFG ausgenommen, damit der Verkehr auf den öffentlichen Strassen nicht durch Abzweigungen behindert werde, die für den Motorfahrzeugverkehr praktisch keine oder nur sehr geringe Bedeutung haben. Daraus ergibt sich, dass die Einmündung eines Weges nicht notwendig schon deswegen unter Art. 26 Abs. 3 und Art. 27 Abs. 1 fällt, weil er im Sinne des Art. 1 Abs. 1 MFG ein öffentlicher ist. Ein von Motorfahrzeugen befahrbarer Weg kann, trotzdem er öffentlichen Charakter hat, für den Motorfahrzeugverkehr ohne massgebliche Bedeutung sein. Mit der Feststellung, dass der Birsblickweg dem Gemeingebrauch dient, ist daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers noch nicht entschieden, ob die Stelle, wo er mit der Hauptverkehrsstrasse zusammentrifft, eine Kreuzung im Sinne des Art. 27 Abs. 1 MFG sei. 2. Die ursprüngliche Natur des früher über unbesiedeltes Gebiet führenden Weges hat sich insofern gewandelt, als ihm seit dem Bau des Mehrfamilienhauses Birsblick vorwiegend die Aufgabe zukommt, dem Fussgänger- und Fahrzeugverkehr von und zu dieser Wohnsiedlung zu dienen. Trotz der veränderten Verhältnisse den Weg immer noch als blossen Feldweg zu bezeichnen, der in Wirklichkeit die Merkmale eines Quartiersträsschens trägt, ginge zu weit. Anderseits steht fest, dass das nicht für den durchgehenden Verkehr bestimmte Strässchen wegen seines sehr geringen Verkehrs im Verhältnis zur Durchgangsstrasse praktisch ohne Bedeutung ist und dass die Abzweigung auch nach dem äussern Erscheinungsbild, das sie dem Benützer BGE 84 IV 32 S. 35 der Durchgangsstrasse darbietet, als bedeutungslos eingeschätzt werden darf. Denn nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz erscheint der auf 50 m sichtbare Mauerdurchbruch zunächst als Garage- oder Hauseinfahrt, und erst auf eine Distanz von ca. 20 m wird erkennbar, dass dort überhaupt ein Weg einmündet. Auf seine geringe Verkehrsbedeutung lässt ausserdem die Gestaltung des Trottoirs schliessen, das durchgezogen ist und auf der Höhe der Ausfahrt lediglich einen vertieften Randstein hat. Dem auf einer grossen Durchgangsstrasse verkehrenden Motorfahrzeugführer kann auch innerorts nicht zugemutet werden, vor jedem Seitensträsschen oder Gässchen, das nach Anlage und Grössenordnung offensichtlich nicht für den durchgehenden Verkehr bestimmt und im Verhältnis zur Durchgangsstrasse ohne Verkehrsbedeutung ist, die gleiche Vorsicht walten zu lassen wie vor einmündenden Strassen mit Durchgangsverkehr, wo zum vornherein mit dem Einbiegen von Fahrzeugen gerechnet werden muss (STREBEL, Kommentar, N. 5 zu Art. 27 MFG). Müsste er innerorts überall, sogar auf den in Aussenquartieren oft anzutreffenden Strassen mit mehr als zwei Fahrbahnen vor jedem untergeordneten Seitensträsschen, das von rechts einmündet, die Geschwindigkeit so stark herabsetzen, dass er einem dort allenfalls Einbiegenden den Vortritt lassen kann, so würde dadurch die Abwicklung des auf Flüssigkeit angewiesenen dichten Durchgangsverkehrs in einem nicht zu rechtfertigenden Ausmass beeinträchtigt. Tatsächlich fällt keinem vernünftigen Automobilisten ein, beim Einbiegen aus einem bedeutungslosen Strässchen gegenüber den auf der Hauptverkehrsstrasse Fahrenden den Vortritt zu beanspruchen, wie umgekehrt diese mit einem solchen Verhalten rechnen. Dem ist rechtlich dadurch Rechnung zu tragen, dass solchen Einmündungen die Eigenschaft einer Strassenkreuzung im Sinne des Art. 27 Abs. 1 MFG nicht zuerkannt wird. Diese Ordnung ist überdies im Interesse der Verkehrssicherheit geboten, wenn BGE 84 IV 32 S. 36 man bedenkt, dass der grösste Teil der am Durchgangsverkehr Beteiligten ortsunkundig ist und dass die Abzweigung der nicht für den durchgehenden Verkehr bestimmten Wege und Strässchen häufig an unübersichtlichen Stellen liegt. Kunz war daher an der Einmündung des Birsblickweges vortrittsberechtigt.
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