Datasets:
rcds
/

decision_id
stringlengths
36
36
header
stringlengths
59
550
regeste
stringlengths
7
5.41k
text
stringlengths
350
179k
law_area
stringclasses
1 value
law_sub_area
stringclasses
1 value
language
stringclasses
3 values
year
int32
1.95k
2.02k
court
stringclasses
1 value
chamber
stringclasses
7 values
canton
stringclasses
1 value
region
stringclasses
1 value
dcd97c67-ffa6-4978-be44-7344780f5c3d
Urteilskopf 83 III 131 35. Entscheid vom 18. Oktober 1957 i.S. S.
Regeste Widerspruchsverfahren. Wenn der Schuldner nicht den ausschliesslichen Gewahrsam hat, sondern den Gewahrsam mit dem Drittansprecher teilt, ist das Widerspruchsverfahren nach Art. 109 SchKG durchzuführen und dem Schuldner nicht gemäss Art. 106 SchKG Frist zur Bestreitung der Ansprache zu setzen. Geben die Gläubiger der Fristansetzung nach Art. 109 SchKG keine Folge, so fallen die angesprochenen Gegenstände ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage aus der Pfändung. Absehen von der Verwertung, wenn ihr Ergebnis unzweifelhaft nicht einmal die Kosten decken würde. Nachpfändung von Amtes wegen; Voraussetzungen.
Sachverhalt ab Seite 131 BGE 83 III 131 S. 131 In den Betreibungen der Gruppe Nr. 5870 und in der Betreibung Nr. 93077 gegen Dr. S. nahm das Betreibungsamt Bern 2 an, infolge unangefochtener Drittansprachen BGE 83 III 131 S. 132 seien nur ein Studentenschläger und ein Kirschkrug im Schätzungswerte von je Fr. 1.- (Nrn. 4 und 5 der Pfändungsurkunde für die Gruppe Nr. 5870) bzw. eine Flasche Marc im Schätzungswerte von Fr. 6.- (Nr. 6 der Pfändungsurkunde für die Betreibung Nr. 93077) in der Pfändung geblieben. In der zur Gruppe Nr. 5870 gehörenden Betreibung Nr. 74875, deren Gläubiger (Staat Bern) das Verwertungsbegehren gestellt hatte, verfügte es daher am 6. September 1957, von einer Verwertung werde im Sinne von Art. 127 SchKG abgesehen, weil die verbleibenden Gegenstände die Verwertungskosten nicht decken würden. In der Betreibung Nr. 93077 (Gläubigerin: Chapatte SA) gewährte es dem Schuldner gleichen Tages gegen die Zusicherung von Abschlagszahlungen einen Aufschub der Verwertung im Sinne von Art. 123 SchKG . Hierauf führte der Schuldner Beschwerde mit den Begehren, das Betreibungsamt sei anzuweisen, ihm in den Betreibungen der Gruppe Nr. 5870 für die Gegenstände Nr. 1-9, 64 und 65 und in der Betreibung Nr. 93077 für die Gegenstände Nr. 1-53 Frist gemäss Art. 106 SchKG anzusetzen; die Verwertungsbegehren des Staates Bern und der Chapatte SA seien bis zum Austrag des Widerspruchsverfahrens abzuweisen; das Betreibungsamt sei ferner anzuhalten, in den Betreibungen Nr. 74875 und 93077 "erst nach erfolgloser bzw. ungenügender Verwertung Verlustscheine auszustellen". Mit Entscheid vom 24. September 1957 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde abgewiesen. Mit dem vorliegenden Rekurs an das Bundesgericht erneuert der Schuldner seine Beschwerdebegehren. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Soweit das Betreibungsamt die im Beschwerde- und Rekursantrag genannten Gegenstände als aus der Pfändung gefallen betrachtet, beruht dies darauf, dass sie von der Ehefrau des Schuldners zu Eigentum angesprochen BGE 83 III 131 S. 133 wurden und dass die Gläubiger auf Fristansetzung gemäss Art. 109 SchKG hin gegen sie keine Klage anhoben. Dass die von der Ehefrau beanspruchten Gegenstände sich nicht im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners, sondern im (Mit-)Gewahrsam der Ehefrau befanden, ist unbestritten. Daher hat das Betreibungsamt mit Recht das Widerspruchsverfahren nach Art. 109 SchKG eröffnet ( BGE 83 III 28 und dortige Zitate). Mit der durch Art. 109 SchKG vorgeschriebenen Fristansetzung an die Gläubiger zur Klage gegen den Dritten eine Fristansetzung an den Schuldner zur Bestreitung der Drittansprache gemäss Art. 106 SchKG zu verbinden, falls wie hier der Dritte und der Schuldner sich in den Gewahrsam teilen, ist entgegen der Auffassung des Rekurrenten ausgeschlossen. Das Widerspruchsverfahren kann mit Bezug auf einen und denselben Gegenstand nur entweder nach Art. 106/107 oder nach Art. 109 SchKG durchgeführt werden, und bei nicht ausschliesslichem Gewahrsam des Schuldners ist eben Art. 109 SchKG massgebend. 2. Es kann keine Rede davon sein, dass ausser dem Studentenschläger und dem Kirschkrug (Nr. 4, 5), welche die Ehefrau nicht beansprucht hat, auch die in der Beschwerde und im Rekurs erwähnten insgesamt 38 Flaschen Rotwein aus den Positionen 10, 12 und 16 der Pfändungsurkunde für die Gruppe Nr. 5870 in der Pfändung geblieben seien. Die Ehefrau des Schuldners hat diese Positionen in vollem Umfang zu Eigentum angesprochen. Da die Gläubiger nicht gegen sie geklagt haben, hat ihr Anspruch gemäss Art. 109 SchKG als anerkannt zu gelten mit der Folge, dass alle zu den erwähnten Positionen gehörenden Flaschen ohne Rücksicht darauf, ob die der Ansprache zugrundeliegende Vereinbarung mit dem Schuldner vom 23. Januar 1957 materiell wirksam sei und sich auf alle diese Flaschen beziehe oder nicht, aus der Pfändung ausschieden. Im übrigen widerspricht die heutige Behauptung des Schuldners, dass ein Teil dieser Flaschen von der Vereinbarung nicht erfasst worden und daher in der Pfändung BGE 83 III 131 S. 134 geblieben sei, seiner eigenen Erklärung gegenüber dem Betreibungsamt vom 17. Februar 1957, wonach es auf einem Versehen beruht, wenn die Pfändungsurkunde für die Gruppe Nr. 5870 mehr Flaschen aufführt als die Pfändungsurkunde Nr. 93077, die die gleichen Zahlen nennt wie die Vereinbarung vom 23. Januar 1957. Sind nur der Studentenschläger und der Kirschkrug im Schätzungswerte von je Fr. 1.- in der Pfändung für die Gruppe Nr. 5870 geblieben, so hat das Betreibungsamt mit Recht von einer Verwertung abgesehen. Der von ihm angerufene Art. 127 SchKG gilt zwar seinem Wortlaut nach nur dann, wenn anzunehmen ist, dass gemäss Art. 126 SchKG , d.h. mangels eines die vorgehenden pfandversicherten Forderungen übersteigenden Angebotes, ein Zuschlag nicht möglich sein werde. Von der Verwertung soll aber erst recht abgesehen werden, wenn ihr Ergebnis unzweifelhaft nicht einmal die Kosten decken würde. Diese Voraussetzung konnte hier als gegeben angesehen werden, nachdem alle gepfändeten Gegenstände bis auf zwei im Schätzungswerte von zusammen nur Fr. 2.- von der Ehefrau des Schuldners mit Erfolg vindiziert worden und demzufolge aus der Pfändung gefallen waren. Wären von Anfang an nur Gegenstände von so geringem Wert vorhanden gewesen, so hätte gemäss Art. 92 Ziff. 1 SchKG schon die Pfändung unterbleiben müssen. 3. Der Umstand, dass fast alle gepfändeten Gegenstände wegen erfolgreicher Vindikation aus der Pfändung fielen, und die vom Rekurrenten weiter hervorgehobene Tatsache, dass seine Liegenschaft, die mit Rücksicht auf die den Schätzungswert übersteigende Belastung nicht gepfändet worden war, nachträglich höher geschätzt wurde, waren für das Betreibungsamt kein Grund, von Amtes wegen eine Nachpfändung vorzunehmen. Art. 110 Abs. 1 SchKG lässt ergänzende Pfändungen von Amtes wegen nur während oder unmittelbar nach Ablauf der - hier längst verstrichenen - Anschlussfrist zu ( BGE 80 III 78 Erw. 4), und Art. 145 SchKG greift nur ein, wenn die BGE 83 III 131 S. 135 Pfändung nach Massgabe der amtlichen Schätzung genügende Deckung zu bieten schien und bei der Verwertung deswegen ein Ausfall entsteht, weil der Erlös den Schätzungswert nicht erreicht ( BGE 70 III 46 f.), welche Voraussetzungen im vorliegenden Falle nicht gegeben sind. Sonst ist eine Nachpfändung nur auf Begehren eines Gläubigers zulässig ( BGE 80 III 79 ). Sich darüber zu beschweren, dass einem solchen Begehren nicht entsprochen worden sei, ist der Schuldner nicht legitimiert. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
dce3aa07-ace7-406b-98d6-bfcf59c05eb4
Urteilskopf 84 III 13 4. Entscheid vom 28. März 1958 i.S. T.
Regeste Rechtsvorschlag. Hat der Schuldner nachweisbar Rechtsvorschlag erhoben, so kann ihm die Angabe im Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls, es sei kein Rechtsvorschlag erfolgt, nicht schaden. Die Unrichtigkeit dieser Angabe kann durch einen Bericht des Betreibungsamtes nachgewiesen werden.
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 84 III 13 S. 13 In der Betreibung Nr. 3436 stellte das Betreibungsamt der Gläubigerin am 18. Januar 1958 das Doppel des am 16. Januar dem Schuldner zugestellten Zahlungsbefehls zu. Darauf war vermerkt, es sei kein Rechtsvorschlag erhoben worden. Hierauf stellte die Gläubigerin am 30. Januar 1958 (also sechs Tage vor Ablauf der Frist von Art. 88 Abs. 1 SchKG ) das Fortsetzungsbegehren. Am 3. Februar 1958 sandte ihr das Betreibungsamt dieses zurück mit der Begründung, es könne ihm keine Folge geben, weil der Betriebene auf den Zahlungsbefehl hin Rechtsvorschlag erhoben habe. Hierauf führte die Gläubigerin Beschwerde mit dem Begehren, das Betreibungsamt sei anzuweisen, dem Fortsetzungsbegehren zu entsprechen, weil das Betreibungsamt auf dem Zahlungsbefehl bestätigt habe, dass kein Rechtsvorschlag erhoben worden sei. Dazu erklärte das Betreibungsamt in seiner Vernehmlassung vom 8. Februar 1958, die Ehefrau des Schuldners sei am 18. Januar im Amtsbüro BGE 84 III 13 S. 14 erschienen und habe für ihren Ehemann mündlich Rechtsvorschlag erhoben; dieser Rechtsvorschlag sei auf dem Betreibungsbegehren und auf dem Schuldnerdoppel des Zahlungsbefehls sowie im "Hauptbuch" (d.h. offenbar: im Betreibungsbuch im Sinne von Art. 30 der Verordnung Nr. I zum SchKG vom 18. Dezember 1891) eingetragen worden; auf dem gleichentags (also vor Ablauf der zehntägigen Rechtsvorschlagsfrist) versandten Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls sei aus Versehen vermerkt worden, es sei kein Rechtsvorschlag erfolgt; die Gläubigerin hätte schon beim Vergleich der Daten feststellen können, dass ein Irrtum vorliegen müsse. In Übereinstimmung mit der ersten Instanz stellte die obere kantonale Aufsichtsbehörde auf Grund der Auskünfte des Betreibungsamtes, die sie als zuverlässig betrachtete, fest, dass in der streitigen Betreibung am 18. Januar 1958, also fristgerecht, Rechtsvorschlag erhoben worden sei. Demgemäss hat sie mit Entscheid vom 8. März 1958 die Beschwerde abgewiesen. Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht beantragt die Gläubigerin, ihre Beschwerde sei gutzuheissen und das Betreibungsamt anzuweisen, ihrem Fortsetzungsbegehren Folge zu leisten. Das Bundesgericht weist den Rekurs ab. Erwägungen Begründung: Der Rechtsvorschlag erfolgt nach Art. 74 Abs. 1 SchKG durch mündliche oder schriftliche Erklärung an das Betreibungsamt und bewirkt nach Art. 78 Abs. 1 SchKG die Einstellung der Betreibung. Aus diesen klaren Bestimmungen ergibt sich zweifelsfrei, dass die gegenüber dem Betreibungsamt abgegebene Erklärung des Schuldners oder seines Vertreters, er erhebe Rechtsvorschlag, ohne weiteres zur Folge hat, dass die Betreibung mindestens einstweilen (d.h. solange der Rechtsvorschlag nicht beseitigt ist) nicht weitergeführt werden kann. Ob das Betreibungsamt diese Erklärung dem Gläubiger auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls gemäss BGE 84 III 13 S. 15 Art. 76 Abs. 1 SchKG richtig mitteilt oder nicht, kann auf ihre Wirkung keinen Einfluss haben. Insbesondere macht es den Rechtsvorschlag nicht ungeschehen, wenn das Betreibungsamt auf dieser Ausfertigung versehentlich vermerkt, es sei kein Rechtsvorschlag erhoben worden. Das Gesetz enthält keine Bestimmung, aus der sich ableiten liesse, dass sich der Gläubiger auf einen solchen Vermerk ähnlich wie ein gutgläubiger Dritter auf einen Eintrag im Grundbuch ohne Rücksicht darauf, ob er richtig sei oder nicht, unbedingt verlassen dürfe, und es liesse sich auch sachlich in keiner Weise rechtfertigen, wenn ein Betriebener, der Rechtsvorschlag erhoben hat, wegen eines dem Betreibungsamt unterlaufenen Übermittlungsfehlers wehrlos der Durchführung der ganzen Betreibung ausgesetzt wäre. Beim Vermerk auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls handelt es sich um eine amtliche Beurkundung, die nach Art. 8 Abs. 3 SchKG und Art. 9 ZGB für die durch sie bezeugten Tatsachen solange - und nur solange - Beweis schafft, als nicht nachgewiesen ist, dass sie inhaltlich unrichtig ist. Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden ( Art. 9 Abs. 2 ZGB , JAEGER N. 7 zu Art. 8 SchKG ). Er kann insbesondere durch einen von der kantonalen Aufsichtsbehörde als zuverlässig erachteten Bericht des Betreibungsamtes (der entgegen der von der Rekurrentin im kantonalen Verfahren vertretenen Ansicht nicht eine unbewiesene Parteibehauptung, sondern eine amtliche Auskunft darstellt) erbracht werden. In diesem Sinne hat sich das Bundesgericht mit aller Deutlichkeit schon in den Entscheiden BGE 25 I Nr. 100 und namentlich 26 I Nr. 44 (= Sep.ausg. 2 Nr. 51, 3 Nr. 22) ausgesprochen, auf die JAEGER an der von der Rekurrentin selber angerufenen Kommentarstelle hinweist (N. 5 a zu Art. 70 SchKG ). Im vorliegenden Falle haben die kantonalen Instanzen auf Grund des Amtsberichtes des Betreibungsamtes festgestellt, dass die Ehefrau des Schuldners für diesen am 18. Januar 1958 und damit fristgerecht Rechtsvorschlag BGE 84 III 13 S. 16 erhoben habe. Die Rekurrentin bestreitet das vor Bundesgericht mit Recht nicht mehr. Aus dieser Tatsache folgt nach dem Gesagten ohne weiteres, dass das Fortsetzungsbegehren der Rekurrentin zurückzuweisen war, wie es geschehen ist.
null
nan
de
1,958
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
dce485a2-ece1-47a2-82c6-375312e66a0b
Urteilskopf 97 I 190 30. Extrait de l'arrêt du 17 février 1971 dans la cause Schuwey contre Etat de Fribourg.
Regeste Art. 12 und 13 EntG . Ausdehnung der Enteignung oder Berichtigung des Perimeters der Enteignung?
Sachverhalt ab Seite 190 BGE 97 I 190 S. 190 Résumé des faits: En vue de construire la route de jonction de Guin à la route nationale No 12 Berne-Vevey, l'Etat de Fribourg a dû exproprier divers terrains, notamment la parcelle No 2706 b, propriété de dame Schuwey. Cette parcelle mesure 962 m2 et comprend un jardin, une place et un bâtiment. La demande d'expropriation portait sur 415 m2 et l'envoi en possession BGE 97 I 190 S. 191 anticipé a été accordé pour un terrain de cette surface. Finalement, l'emprise nécessaire à la route et aux trottoirs s'est révélée n'être que de 339 m2 sur la parcelle 2706 b, mais le tracé de la route a coupé de la parcelle-mère un triangle de 63 m2, inutilisable pour la propriétaire. L'Etat de Fribourg s'est déclaré disposé à inclure cette surface dans le périmètre de l'expropriation. Erwägungen Extrait des motifs: 4. a) La Commission d'estimation a prononcé l'expropriation de 339 m2 des 962 m2 que comportait la parcelle 2706 b. Elle a refusé d'exproprier un triangle de terrain de 63 m2, séparé de la parcelle-mère par la route. A son avis, l'expropriée aurait sollicité cette extension tardivement au regard de l'art. 41 LEx. et de la jurisprudence (RO 91 I 155). L'accord de l'expropriant serait inopérant, car les conditions d'application de l'art. 13 LEx. n'étaient pas réalisées (RO 75 I 206)... L'arrêt cité Michel c. EMD (RO 75 I 206) concerne une espèce différente, soit l'extension de l'expropriation à l'immeuble entier si la dépréciation de toute la partie restante excède le tiers de sa valeur (art. 13 LEx.). En l'occurrence, où il s'agit d'une portion de terrain inutilisable pour l'expropriée à dire d'experts, on n'a pas affaire à une extension de l'expropriation au sens des art. 12 et 13 LEx., mais simplement à une rectification du périmètre d'expropriation, telle qu'il en apparaît couramment lors des mensurations définitives de l'ouvrage. De telles rectifications doivent être comprises dans l'expropriationlorsque les deux parties le demandent, comme ici. Juger différemment constituerait un vain formalisme, contraire à une application raisonnable de la loi. Ainsi, faute d'extension, l'arrêt Müller c. EOS (RO 91 I 155) est invoqué à tort. L'expropriation des 63 m2 litigieux s'impose d'autant plus que la surface totale expropriée de 402 m2 reste inférieure à celle de 415 m2 pour laquelle la procédure d'expropriation a été ouverte et l'envoi en possession anticipé prononcé.
public_law
nan
fr
1,971
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
dce53a52-3fe3-4f66-b505-310e24fa588d
Urteilskopf 124 II 75 11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Februar 1998 i.S. Verkehrsclub der Schweiz VCS gegen Flughafen-Immobilien-Gesellschaft FIG und Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 37 LFG und Art. 37a LFG , Art. 2 VIL und Art. 9 VIL ; Erteilung einer luftfahrtrechtlichen Baukonzession für die Erstellung einer Parkdeckanlage im Flughafen Zürich. Zulässiges Rechtsmittel (E. 1). Die im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb stehenden Anlagen des Landverkehrs auf dem Areal öffentlicher Flugplätze gehören grundsätzlich ebenfalls zu den Flugplatzanlagen. Deren Bau bedarf - sofern keine andere Spezialgesetzgebung anwendbar ist - einer luftfahrtrechtlichen Konzession (E. 4). Eine Baukonzession kann in Anwendung von Art. 9 VIL nur dann auf einen Dritten übertragen werden, wenn dieser in die Rechtsstellung des Flugplatzhalters einzutreten vermag und dessen Verpflichtungen übernehmen kann (E. 5 und 6). Als luftfahrtrechtlich einheitliches Gebilde gelten Flugplatzanlagen im Sinne der Vorschriften über Luftreinhaltung und Lärmschutz als Verkehrsanlage, und zwar als eine aus verschiedenen Verkehrsarten zusammengesetzte, "gemischte" Verkehrsanlage, deren Besonderheit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung Rechnung zu tragen ist (E. 7a und b). Mehrbelastung bei blossem Ersatz von Parkplätzen (E. 7c)? Frage der betrieblichen Auflagen für ein konkretes Projekt (E. 7d).
Sachverhalt ab Seite 76 BGE 124 II 75 S. 76 Der Flughafen Zürich befindet sich seit seiner Eröffnung in ständigem Ausbau. Zur Zeit sollen neben den in einer fünften Bauetappe zusammengefassten Bauvorhaben, für die das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED, heute: Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) am 5. Februar 1997 eine Rahmenkonzession erteilt hat, verschiedene weitere Projekte zur Behebung betrieblicher Engpässe oder zur Vornahme dringend nötiger technischer Anpassungen realisiert BGE 124 II 75 S. 77 werden. So ersuchte die Flughafen-Immobilien-Gesellschaft FIG (im folgenden: FIG) das EVED am 4. Oktober 1996 um eine Baukonzession für die Erstellung von zwei Parkgeschossen mit gesamthaft 298 Parkplätzen auf einem Teil der bestehenden Parkfläche P 40 (Butzenbühl), die bisher 630 Autoabstellplätze aufwies. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die dem Personal zur Verfügung stehende Parkfläche P 16 für den Bau des Autobahnhalbanschlusses "Fracht" der Nationalstrasse N 11 beansprucht werde und die aufgehobenen 298 Parkfelder ersetzt werden müssten. Auf der Parkfläche P 40 soll daher eine provisorische, aus vier Halbgeschossen bestehende offene Parkdeckanlage erstellt werden. Das Konzessionsgesuch wurde den interessierten eidgenössischen, kantonalen und städtischen Behörden unterbreitet sowie am 19. November 1996 im Bundesblatt, am 21. November 1996 im Stadtanzeiger Kloten und am 22. November 1996 im Amtsblatt des Kantons Zürich publiziert. Der Verkehrsclub der Schweiz VCS, Sektion Zürich, erhob hierauf Einwendungen gegen das Bauvorhaben und machte im wesentlichen geltend, es dürften keine zusätzlichen Parkplätze im Flughafenareal bewilligt werden, solange es an einem Konzept zur Erhöhung des öffentlichen Verkehrs-Anteils sowie an einem restriktiven Bewirtschaftungskonzept für alle Parkflächen fehle. Das EVED erteilte der FIG am 2. April 1997 die Baukonzession zur Erweiterung der Parkfläche P 40 mit den Auflagen, die im Anhörungsverfahren beantragt worden waren. Gegen diesen Konzessionsentscheid hat der Verkehrsclub der Schweiz beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Diese wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, soweit auf sie eingetreten wird, und die Sache wird in Aufhebung des angefochtenen Entscheides an das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation zurückgewiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Angefochten ist eine Baukonzession, die gestützt auf die am 18. Juni 1993 revidierten bzw. neu eingeführten Artikel 37 und 37a des Bundesgesetzes über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0) sowie Art. 8 Abs. 1 und Art. 17 der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt vom 23. November 1994 (VIL; SR 748.131.1) erteilt worden ist. Konzessionen und Bewilligungen für Flugplatzbauten und andere Luftfahrtanlagen BGE 124 II 75 S. 78 unterliegen gemäss Art. 99 Abs. 1 lit. e und Abs. 2 lit. c OG der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher zulässig. 4. Das EVED hat die Bewilligung für den Bau des Parkdecks P 40 im luftfahrtrechtlichen Konzessionsverfahren erteilt, das heisst die in erster Linie dem Strassen- bzw. Automobilverkehr dienende Baute als Flugplatzanlage behandelt. Der Beschwerdeführer hat sich diesem Vorgehen zu Recht nicht widersetzt: Nach dem im Jahre 1993 neu ins Luftfahrtgesetz aufgenommenen Art. 37a werden bei der Projektierung öffentlicher Flugplätze alle Belange im luftfahrtrechtlichen Konzessionsverfahren geprüft und sind keine zusätzlichen Bewilligungen nach Raumplanungsgesetz und nach kantonalem Recht erforderlich (Abs. 1). Dem kantonalen Bewilligungsverfahren untersteht dagegen der Bau von Anlagen, die nicht ganz oder überwiegend dem Flugplatzbetrieb dienen (Abs. 5). Gemäss dieser Regelung, die sich an die eisenbahnrechtliche Ordnung anlehnt (vgl. Art. 18 und 18a des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957, SR 742.101), unterliegen einzig noch betriebsfremde Bauten auf dem Flugplatzareal dem kantonalen Bau- und Planungsrecht und erfasst das Luftfahrtrecht auch Anlagen, welche bloss "überwiegend" dem Flugplatzbetrieb zugerechnet werden können. Die im neuen Verordnungsrecht umschriebenen Begriffe des "Flugplatzes" und der "Flugplatzanlagen" sind denn auch relativ weit gefasst. Nach Art. 2 VIL ist der "Flugplatz" ein "festgelegtes Gebiet auf dem Lande oder Wasser einschliesslich der als Flugplatzanlagen bezeichneten Bauten und Anlagen für die Ankunft und den Abflug von Luftfahrzeugen, für deren Stationierung und Wartung, für den Verkehr der Passagiere und für den Umschlag von Gütern". Als "Flugplatzanlagen" gelten "Bauten und Anlagen", "die aufgrund seiner (recte: ihrer) Zweckbestimmung örtlich und funktionell zum Flugplatz gehören und seinem ordnungsgemässen und reibungslosen Betrieb dienen". Gemäss dieser auf gesamtheitlicher und funktionaler Betrachtungsweise beruhenden Umschreibung gehören nicht nur die dem eigentlichen Flugverkehr dienenden Bauten, sondern auch die im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb stehenden Anlagen des sogenannten landseitigen Verkehrs zu den "Flugplatzanlagen". Demnach unterstehen die für den ordnungsgemässen Flugplatzbetrieb erforderlichen Autoabstellplätze, das heisst die für die Angestellten, Lieferanten, Besucher und Flugpassagiere bestimmten Parkflächen und Parkhäuser ebenfalls den luftfahrtrechtlichen Vorschriften. Projekte für solche Anlagen BGE 124 II 75 S. 79 auf dem Areal öffentlicher Flugplätze bedürfen nach Art. 37 Abs. 1 und 2 LFG einer Konzession. 5. Gemäss Art. 9 VIL haben Konzessionen und Bewilligungen auf den Namen des Flugplatzhalters zu lauten. Sie können mit Genehmigung des Departementes oder des Bundesamtes auf einen Dritten übertragen werden. Art. 9 VIL gehört zu den gemeinsamen Bestimmungen über Konzessionen und Bewilligungen und bezieht sich somit auch auf die Baukonzessionen. Die gleiche Regelung galt übrigens bereits unter dem früherem Recht; schon die Artikel 38 und 44 der Verordnung über die Luftfahrt vom 14. November 1973 (LFV; AS 1973 II 1856) sahen vor, dass die Bau- und Betriebskonzessionen bzw. die Bau- und Betriebsbewilligungen auf den Namen des Flughafenhalters auszustellen sind und nur mit behördlicher Genehmigung auf einen Dritten übertragen werden können. Halter des Flughafens Zürich ist der Kanton Zürich. Er ist als solcher für die Führung des Flughafenbetriebes generell verantwortlich. Die hier angefochtene Baukonzession lautet indessen auf den Namen der FIG, die im Konzessionsverfahren als Gesuchstellerin aufgetreten ist. Das EVED hat ihr die Konzession erteilt, ohne sich mit der Bestimmung von Art. 9 VIL und dem Problem der Trägerschaft auseinanderzusetzen. Die erteilte Konzession erscheint daher mit dem Bundesrecht nur schlecht vereinbar. Allerdings statuiert Art. 9 VIL die grundsätzliche Übertragbarkeit von Konzessionen und Bewilligungen an Dritte. Deshalb könnte sich fragen, ob ein Dritter mit Einwilligung des Flugplatzhalters nicht auch direkt als Gesuchsteller auftreten dürfe. Wie dem sei, kann hier jedoch offen gelassen werden, da eine - sofortige oder nachträgliche - Übertragung einer Konzession an einen Dritten allgemein nur dann zulässig sein kann, wenn der Dritte in die Rechtsstellung des Flugplatzhalters einzutreten vermag und in der Lage ist, die mit der Konzession verbundenen Verpflichtungen zu übernehmen. Das ist jedoch für die FIG nicht der Fall. a) Das Luftfahrtgesetz verlangt in Art. 37 Abs. 1 sowohl für die Anlage wie auch für den Betrieb eines Flugplatzes eine Konzession. Damit steht fest, dass es bei der Neuerstellung eines Flugplatzes und dessen Inbetriebnahme der (doppelten) Konzessionierung bedarf. Unklar bleibt dagegen, was für den Umbau eines Flugplatzes und dessen betriebliche Auswirkungen gilt. Das Gesetz sagt hierüber nichts. Auch das heutige Verordnungsrecht enthält - im Gegensatz zum früheren (vgl. Art. 36 Abs. 2 der Verordnung über die Luftfahrt vom 14. November 1973, AS 1973 II 1856) - keine Bestimmungen BGE 124 II 75 S. 80 über bauliche Änderungen, insbesondere Erweiterungen, der Flugplatzanlagen. Es umschreibt zwar in Art. 27 VIL ein vereinfachtes Verfahren für "Bauvorhaben und betriebliche Änderungen untergeordneter Bedeutung", schränkt jedoch die Konzessionierungspflicht nicht ein. Aufgrund dieser Rechtslage könnte angenommen werden, dass es nach Art. 37 Abs. 1 LFG zumindest für wesentliche Änderungen der Flugplatzanlagen einer Bau- und einer Betriebskonzession bzw. der Anpassung der Konzessionen bedürfe. In ständiger Praxis werden jedoch für Neu- und Umbauten auf dem Areal eines bestehenden Flugplatzes nur Baukonzessionen und keine Betriebskonzessionen erteilt. Nach den Bestimmungen von Art. 19 und 20 VIL über den Inhalt, die Änderung und den Entzug der Betriebskonzessionen beziehen sich diese nur auf den eigentlichen Flugverkehr und nicht auf den gesamten Betrieb des Flugplatzes. Auf die Frage nach dem Gegenstand der Betriebskonzession ist hier jedoch nicht weiter einzugehen. Wesentlich ist für das vorliegende Verfahren, dass für die vorgesehene Änderung der Flugplatzanlagen nur eine Baukonzession ausgestellt wird und daher in deren Rahmen alle umweltschutzrechtlich bedeutsamen Fragen, auch jene des Betriebs, zu prüfen und zu regeln sind. Dementsprechend sieht Anhang Nr. 14 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV; SR 814.011) zwar für Flughäfen grundsätzlich eine mehrstufige Prüfung vor, hält aber gleichzeitig fest, im Falle, dass bloss das Baukonzessionsverfahren (oder das Betriebskonzessionsverfahren) durchgeführt werde, sei die Umweltverträglichkeitsprüfung in diesem vorzunehmen. Die hier umstrittene Baukonzession enthält denn auch nicht nur bauliche, sondern ebenfalls betriebliche Auflagen, insbesondere die Anordnung, dass die im kantonalen "Luftprogramm" vorgesehenen Massnahmen realisiert werden müssten. b) Die Flughafen-Immobilien-Gesellschaft FIG ist eine 1948 gegründete Aktiengesellschaft mit dem ausschliesslichen Zweck, die für den Flughafen Zürich erforderlichen Hochbauten, soweit sie nicht durch den Kanton zur Verfügung gestellt werden, zu errichten, zu unterhalten und zu vermieten. Der Kanton Zürich hat ihr hiezu auf dem Areal des Flughafens ein selbständiges und dauerndes Baurecht eingeräumt. Die öffentliche Hand ist mit 50 Prozent am Aktienkapital beteiligt; der Kanton Zürich ist berechtigt, einen Viertel der ausgegebenen Aktien zu übernehmen, ein weiterer Viertel steht den Städten Zürich, Winterthur und Kloten sowie der Zürcher Kantonalbank gemeinsam zu (vgl. die Botschaft des Bundesrates über die Gewährung eines Bundesbeitrages an die Baukosten der BGE 124 II 75 S. 81 dritten Ausbaustufe des Flughafens Zürich vom 1. März 1965, BBl 1965 I 865, 872 f.; s.a. ANDRES HODEL, Rechtsfragen und wirtschaftliche Probleme der schweizerischen Flughäfen am Beispiel des Flughafens Zürich, in Schweizerisches Archiv für Verkehrswissenschaft und Verkehrspolitik, Bd. 24/1969 S. 122, 132 f.). Die FIG betreibt somit die von ihr erstellten Bauten nicht selbst und kann den Betrieb des hier umstrittenen Parkdecks nicht beeinflussen. Sie wäre daher gar nicht in der Lage, ein konkretes Parkplatzbewirtschaftungskonzept, wie es vom Beschwerdeführer verlangt wird, zu erstellen und umzusetzen. Ebensowenig ist sie imstande, den mit der angefochtenen Baukonzession verbundenen Auflagen nachzukommen, nämlich Marketingstrategien zur Steigerung des öffentlichen Verkehrs-Anteils zu entwickeln und die Parkplatzgebühren zu erhöhen. Die FIG hat übrigens im bundesgerichtlichen Verfahren betreffend die Aufstockung des Parkhauses A (1A.266/1997) selbst darauf hingewiesen, dass sie keinen Einfluss auf die Entwicklung des öffentlichen und des Individual-Verkehrs oder auch nur auf die Parkgebührengestaltung habe, welche im Kompetenzbereich des Kantons Zürich liege. Kann die FIG jedoch keinerlei Verantwortung für den Betrieb der von ihr erstellten Bauten übernehmen, so bestehen ernsthafte Zweifel daran, ob sie überhaupt als Trägerin einer luftfahrtrechtlichen Konzession oder Bewilligung in Betracht fallen könne. Jedenfalls ist im vorliegenden Fall die Annahme, die FIG sei in die Rechtsstellung des Kantons Zürich als Konzessionär eingetreten und das EVED habe diese "Übertragung" der Konzession im Sinne von Art. 9 VIL stillschweigend genehmigt, ausgeschlossen. 6. Nach dem Gesagten könnte somit einzig der Kanton Zürich in das Verfahren eintreten und seinerseits um die Baukonzession ersuchen. Ob er zu diesem Vorgehen bereit sei, ist nicht im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren, sondern vor der Konzessionsbehörde selbst abzuklären. Diese wird gegebenenfalls auch die Frage der erforderlichen Auflagen und Bedingungen neu zu untersuchen haben. Die Sache ist daher in Gutheissung der Beschwerde an das Departement zurückzuweisen. 7. Da kaum anzunehmen ist, es werde auf das Parkdeck-Projekt verzichtet, und sich die aufgeworfenen Probleme im neuen oder "verbesserten" Konzessionsverfahren wiederum stellen könnten, rechtfertigt sich aus prozessökonomischen Gründen, hiezu einige Bemerkungen anzubringen. a) Der Beschwerdeführer beanstandet den Umfang der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung sowie der Konzessionierung BGE 124 II 75 S. 82 und macht geltend, diese hätten sich nicht auf die geplante Parkdeckanlage beschränken dürfen. Durch die Erweiterungsbaute werde die Parkplatzzahl auf der bestehenden Parkfläche P 40 von 630 um 298 auf 928 erhöht. Demzufolge sei mit höheren Emissionen zu rechnen und müsse die Parkanlage im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (LRV; SR 814.318.142.1) als neue Anlage gelten, was auch eine Neukonzessionierung der ganzen Parkfläche P 40 bedinge. Das EVED hat hiezu in seiner Vernehmlassung ausgeführt, die umstrittene Baukonzession beziehe sich nicht auf ein eigenständiges Objekt; die Parkdeckanlage sei weder für sich allein, noch als Bestandteil der Parkfläche P 40, sondern als Teil der ganzen Flughafenanlage zu betrachten. Die Flughafenanlage bilde unabhängig davon, dass sie aus zahlreichen Bauten bestehe, eine Einheit, zu der alle unlösbar mit ihrem Betrieb verbundenen Anlagen gehörten. Mit der Konzession sei daher eine bauliche Veränderung der Flughafenanlage bewilligt worden. Nach den bereits angestellten Erwägungen ist dem Departement darin zuzustimmen, dass die Flugplatzanlagen luftfahrtrechtlich eine Einheit bilden und dass das projektierte Parkgebäude Teil der Flughafenanlage Zürich darstellt. Die Errichtung der Parkdeckanlage oder eines Parkhauses im Flughafenareal darf aus dieser Sicht als Änderung der bestehenden Gesamtanlage gelten. Stellen Flugplatzbauten luftfahrtrechtlich eine Einheit dar, so hat dies aber auch zur Folge, dass die geplanten Änderungen der Anlagen - seien sie in Teilprojekte gegliedert oder zusammengefasst - in gesamtheitlicher Betrachtung vorbereitet und geprüft werden müssen. Steht fest, dass ein Änderungsprojekt, wie etwa die Vergrösserung der Parkplatzzahl im Flughafenkopf, in relativ rasch aufeinanderfolgenden Etappen verwirklicht werden soll, oder liegen den Behörden Konzessionsgesuche für verschiedene Teil-Umbauten vor, die sich gesamthaft auf die Umwelt auswirken könnten, so ist die Umweltverträglichkeit des einzelnen Vorhabens unter Einbezug der anderen Teile zu prüfen und erscheint die auf ein Einzelprojekt beschränkte Behandlung unzulässig. Das gilt sowohl für die Frage, ob überhaupt eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von Art. 9 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (USG; SR 814.01) durchzuführen sei, wie für den Inhalt und Umfang dieser Prüfung selbst. b) Damit ist auch bereits beantwortet, ob die projektierte Baute mit Blick auf die Luftreinhaltung als stationäre Baute oder als BGE 124 II 75 S. 83 Verkehrsanlage zu behandeln sei. Stellt ein Flugplatz luftfahrtrechtlich ein einheitliches Gebilde dar, so ist er im Lichte der Bestimmungen über die Luftreinhaltung und den Lärmschutz als Verkehrsanlage zu qualifizieren, was übrigens durch die Begriffsbestimmungen in den entsprechenden Verordnungen bestätigt wird (vgl. Art. 2 Abs. 1 der Lärmschutzverordnung [LSV; SR 814.41], Art. 2 Abs. 3 LRV ). Das EVED betont denn auch in seiner Stellungnahme, der Flughafen müsse als Schnittstelle verschiedener Verkehrsträger (Luft/Land) als Verkehrsanlage gelten. Die Emissionen rührten überwiegend von den Luft- bzw. Strassenfahrzeugen her und nicht etwa von stationären Anlagen. Dementsprechend sei für den Flughafen als Gesamtverkehrsanlage - also auch für Parkplatzprojekte - nach Art. 19 und 31 ff. LRV , das heisst über eine Massnahmenplanung, vorzugehen. Dem ist grundsätzlich beizupflichten, doch kommt gerade der Tatsache, dass der Flugplatz eine "Schnittstelle" zwischen Luft- und Landverkehr bildet, umweltschutzrechtlich eine besondere Bedeutung zu. Flugplätze, insbesondere die Landesflughäfen, stellen aus verschiedenen Verkehrsarten zusammengesetzte, sozusagen "gemischte" Verkehrsanlagen dar, in deren Bereich sich Einwirkungen aus verschiedenen Quellen kumulieren und teils überlagern. Bei Umweltverträglichkeitsprüfungen ist aber den Eigenheiten jeder Verkehrsart Rechnung zu tragen; sie erfordern eine je nach Situation differenzierte Betrachtungsweise. Im Umweltverträglichkeitsbericht für die neue Parkdeckanlage ist demnach zu Recht die erwartete projektbedingte Mehrbelastung nicht allein der heutigen Gesamtbelastung durch den ganzen Flug- und Landverkehr, sondern in erster Linie der im Bereich des Flughafens herrschenden Strassenverkehrsbelastung gegenübergestellt worden. Jedenfalls ist zu bedenken, dass die Mehrbelastung durch eine zusätzliche Anlage des landseitigen Verkehrs nicht als vernachlässigenswert eingestuft werden darf, nur weil sie im Vergleich zur gewaltigen Belastung durch den Luftverkehr als gering erscheint. c) Ist die umstrittene Parkdeckbaute als Teil der Flughafenanlage bzw. als Teil der zum Flughafen gehörenden Anlagen für den motorisierten Strassenverkehr zu betrachten, so durfte das Departement entgegen der Meinung des Beschwerdeführers im Konzessionsentscheid berücksichtigen, dass die neu zu schaffenden Parkplätze lediglich aufzuhebende Plätze ersetzen sollen und daher zu keiner spürbaren Mehrbelastung führen werden. Es ist nicht einzusehen, inwiefern die blosse Verlegung von Parkplätzen, welche bisher zeitweise BGE 124 II 75 S. 84 auch Besuchern und Passagieren offenstanden, gemäss Konzessionsauflage aber in Zukunft nur noch den Angestellten dienen sollen, eine Verschlechterung der Luftverhältnisse bedingen sollte. Im übrigen darf mit dem BUWAL festgestellt werden, dass die Parkplatznot im Flughafenkopf erfahrungsgemäss zu einer Intensivierung des Bring- und Holverkehrs führt und deshalb eine Reduktion der Parkplätze nicht als das ideale Mittel zur Verringerung des motorisierten Individualverkehrs erscheint. d) Was schliesslich die betrieblichen Massnahmen zur Verminderung des Individualverkehrs und dessen Einwirkungen betrifft, so wird die in der Baukonzession als Auflage verfügte Umsetzung der Massnahme L2 gemäss dem kantonalen Massnahmenplan erst im Rahmen der fünften Ausbauetappe des Flughafens erfolgen können. Auch weist das Departement in den Erwägungen zur Baukonzession darauf hin, dass das - vom Beschwerdeführer heute verlangte - Parkplatzbewirtschaftungskonzept ja auf die in der fünften Bauetappe geplante Erstellung des Parkhauses C hin erarbeitet werden müsse. Andererseits haben FIG und Kanton Zürich stets betont, dass die Erweiterung der Parkhäuser A und B sowie die Errichtung der Parkdeckanlage P 40 nicht vom weiteren Ausbau des Flughafens abhingen und schon heute dringend nötig seien. Es ist daher nur schwer verständlich, weshalb für die vorweggenommenen, von der fünften Ausbauetappe unabhängigen Parkhaus-Projekte nur betriebliche Massnahmen angeordnet worden sind, die erst im Rahmen dieser fünften Etappe verwirklicht werden können oder sollen. Angesichts der Grosszahl der bereits heute auf dem Flughafenareal bestehenden Parkplätze - je nach Quelle 13'000 bis 14'000 - besteht offensichtlich ein Bedürfnis nach einem möglichst rasch, unabhängig vom Projekt für das Parkhaus C, zu erarbeitenden Parkplatzbewirtschaftungskonzept.
public_law
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dce643ad-984c-4c5b-937d-2bdd0e2e74c2
Urteilskopf 91 II 489 65. Arrêt de la Ire Cour civile du 22 décembre 1965 dans la cause Walch contre Navazza.
Regeste Kartellähnliche Organisation ( Art. 3 KG ). Begriff des "Marktes für bestimmte Waren oder Leistungen".
Sachverhalt ab Seite 489 BGE 91 II 489 S. 489 A.- Pierre Fred Navazza, à Genève, est le représentant exclusif pour la vente en Suisse des whiskies "Black and White" et des cognacs "Martell". Max Walch exerce à Zurich le commerce de gros des spiritueux. Le 16 avril 1964, le premier a informé le second qu'il ne lui livrerait plus les articles dont il assure seul la vente. B.- Walch a ouvert action contre Navazza en paiement d'une indemnité de 8050 fr.; il requérait en outre une astreinte mensuelle, autant que la contravention durerait au-delà du 1er juillet 1964. Le défendeur a conclu à libération. Il a expliqué que le demandeur avait détourné à son profit sa clientèle. Il aurait notamment concédé à cette fin au restaurant genevois "Jour et nuit" des prix inférieurs aux montants usuels. Confirmant le jugement rendu le 19 janvier 1965 par le Tribunal de première instance du canton de Genève, la Cour de justice a débouté le demandeur le 15 octobre suivant par un arrêt très succinctement motivé, se bornant à constater que la mesure prise par Navazza était justifiée par des intérêts légitimes. C.- Agissant par la voie du recours en réforme, le demandeur prie le Tribunal fédéral de lui allouer ses conclusions. Il reproche à la cour cantonale d'avoir violé l'art. 8 CC en admettant l'existence d'intérêts légitimes à la décharge du défendeur. Celui-ci propose le rejet du recours. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. BGE 91 II 489 S. 490 Erwägungen Extrait des considérants: 2. L'arrêt attaqué règle le sort de l'action en affirmant simplement que l'intimé a agi licitement parce que son refus se fondait sur des intérêts légitimes prépondérants (art. 5 de la loi sur les cartels). Sa brièveté procède d'une technique juridique discutable. En effet, pour juger du seul point traité par la cour cantonale, il fallait comparer, en constatant des faits précis, les buts du cartel ou de l'organisation analogue et l'entrave consécutive au boycott, en vue de confronter les intérêts en présence. Il était en outre logique de rechercher préalablement si la mesure prise émanait d'une organisation qui domine le marché de certains biens ou de certains services ou l'influence d'une manière déterminante (art. 3 de la loi) et si elle était illicite parce qu'elle visait à écarter le recourant de la concurrence ou à l'entraver notablement dans l'exercice de celle-ci (art. 4 al. 1). Au demeurant, si l'on se place - avec la cour cantonale - dans l'hypothèse que l'éviction du demandeur est une entrave illicite à la concurrence, le jugement déféré viole l'art. 5 de la loi sur les cartels et l'art. 8 CC lorsqu'il répartit le fardeau de la preuve des circonstances exceptionnelles visées par la première disposition. Il se borne en effet, en vuede déductions hasardeuses, à constater que le motif sur lequel le défendeur fonde son attitude "apparaît comme vraisemblable" parce que le demandeur n'a pas offert de preuves sur ce point. Or c'était au défendeur et intimé d'exposer et d'établir les faits qui justifiaient à ses yeux, exceptionnellement, une éviction du recourant. Certes, un fait établi peut constituer un indice dont le juge déduira le fait à prouver. Mais l'annulation d'une commande effectuée auprès de Navazza et présentée ensuite à ce dernier par l'entremise de Walch ne permet pas de conclure sans autres que le second a commis un acte déloyal qui porte atteinte à un intérêt légitime prépondérant du premier. A cela s'ajoute que la cour cantonale n'a pas examiné si l'intimé ne pouvait sauvegarder efficacement ses intérêts légitimes sans refuser de traiter avec le recourant. Or le principe de la subsidiarité du boycott ressort implicitement de l'art. 5 de la loi (DESCHENAUX, L'esprit de la loi sur les cartels, Mélanges Carry, p. 218). Enfin, l'arrêt attaqué relève incidemment que le refus de l'intimé "ne restreignait certainement pas la libre concurrence BGE 91 II 489 S. 491 de manière excessive par rapport au but visé". La cour cantonale affirme ainsi que la condition de proportionnalité, expressément exigée par la loi (art. 5 al. 1), est réalisée. Mais elle n'étaye cette opinion sur aucun fait établi, le but visé n'est pas constaté et l'on ne sait quelle est l'ampleur de l'entrave et son incidence sur l'exercice par le boycotté de son activité économique. 3. Ces lacunes entraîneraient l'annulation de l'arrêt déféré et le renvoi de la cause à la juridiction cantonale, n'était l'absence manifeste d'une condition nécessaire de l'action. En vertu de l'art. 3 litt. a de la loi, en effet, l'entreprise isolée n'est réputée une organisation analogue à un cartel que si elle domine le marché de certains biens ou de certains services ou l'influence d'une manière déterminante. Or le demandeur et recourant n'a pas prouvé que la maison Navazza exerce une telle domination. Une organisation analogue à un cartel est celle qui, par la position qu'elle occupe, peut exclure ou entraver la concurrence au même titre que le cartel défini à l'art. 2 de la loi. Celle-ci ayant pour but de réaliser le postulat de la concurrence possible, le "marché de certains biens" ("Markt für bestimmte Waren") que l'organisation analogue à un cartel doit dominer ou influencer d'une manière déterminante ne saurait être le seul commerce des produits d'une entreprise déterminée lorsque le choix du consommateur peut s'exercer entre ceux-ci et d'autres marchandises identiques ou analogues, soit entre des biens ou services qui, selon l'appréciation raisonnable de l'acheteur, sont interchangeables parce qu'ils ont la même destination et les mêmes propriétés. Celui qui produit ou distribue l'une de ces marchandises, effectivement concurrencée par d'autres produits analogues, ne domine pas "le marché de certains biens" au sens de l'art. 3 de la loi; il peut se réserver un monopole privé. Cette définition est admise par la pratique et la doctrine allemandes lorsqu'elles interprètent la même notion (MÜLLER-HENNEBERGER et SCHWARTZ, Kommentar, no 18 et sv. ad § 22 des Gesetzes gegen die Wettbewerbsbeschränkungen), et dans son arrêt Du Pont de Nemours and Co. du 11 juin 1956, la Cour suprême des USA a nié que cette société exerçât un monopole quand bien même elle produit le 75% des emballages de cellophane, le "marché" à considérer étant celui de tous les emballages non rigides (Wirtschaft und Wettbewerb, 1956, p. 616). Notre loi diffère en revanche à cet égard de l'art. 85 du Traité de BGE 91 II 489 S. 492 Rome instituant la Communauté économique européenne (CEE), du moins selon l'interprétation qu'en a donnée la Commission de la Communauté (décision du 23 septembre 1964, dans l'affaire Grundig/Consten; GRVR 1964, Ausland, p. 582 sv.): viole cette disposition un contrat de représentation exclusive pour un territoire déterminé, quand bien même la marchandise (appareils de radio et de télévision) est l'objet d'une concurrence serrée. Sans doute, le principe esquissé appelle-t-il des précisions et des distinctions que la pratique apportera dans la mesure nécessaire à la solution des litiges futurs. Cette tâche pourra se révéler délicate (cf. les exemples donnés dans le commentaire allemand cité, no 23 ad § 22). La définition qui vient d'être donnée suffit néanmoins en l'espèce à résoudre le différend de façon certaine, voire évidente. 4. En effet, bien loin d'alléguer et d'offrir de prouver que le défendeur et intimé domine le marché des whiskies et celui des cognacs (et c'est peut-être là encore une notion trop étroite du "marché de certains biens" au sens de l'art. 3 de la loi suisse), le demandeur et recourant a exposé au cours des deux premières instances que l'exclusivité conférée à Navazza porte uniquement sur les whiskies de marque "Black and White" et les cognacs de marque "Martell", et que les représentants des autres marques offertes sur le marché lui livrent leurs marchandises. Or il est notoire qu'il existe dans le commerce, à des prix et des qualités qui supportent la concurrence, bien d'autres marques de whiskies et de cognacs. Le demandeur et recourant n'a pas offert de prouver le contraire. Il s'ensuit que le défendeur et intimé ne domine pas le marché de ces biens. Pour cette raison déjà, l'action est mal fondée.
public_law
nan
fr
1,965
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dce71d68-8ced-4c49-bf89-e058f183a868
Urteilskopf 96 IV 9 3. Urteil des Kassationshofes vom 23. Februar 1970 i.S. X. gegen Jugendamt des Kantons Zürich.
Regeste Art. 91, 92 StGB . Verhältnis dieser Bestimmungen zu Art. 95 StGB . Sind die Voraussetzungen zur Einweisung des Jugendlichen in eine Erziehungsanstalt i.S. von Art. 91 Ziff. 1 erfüllt, ist diese Massnahme anzuordnen; an deren Stelle darf nicht eine Strafe ausgesprochen werden.
Sachverhalt ab Seite 10 BGE 96 IV 9 S. 10 A.- Der heute siebzehnjährige X., der infolge erheblicher Schwierigkeiten in der Schule und Entweichens aus dem Elternhaus seit 1962 wiederholt in Heimen untergebracht war, wurde am 21. September 1967 wegen Diebstahls verurteilt und der eigenen Familie zur Erziehung überlassen. Da sich diese Massnahme nicht bewährte - X. wurde wieder straffällig -, verfügte die Jugendanwaltschaft des Bezirkes Zürich am 11. Juni 1968 vorsorglich die Einweisung des Jugendlichen in die Beobachtungsstation Enggistein zur psychiatrischen Begutachtung. Am 21. November 1968 wurde X. vom Jugendgericht des Bezirksgerichtes Zürich wegen wiederholten vollendeten und versuchten Diebstahls, wiederholter Störung des öffentlichen Verkehrs, wiederholten Hausfriedensbruches, Sachbeschädigung und einer Reihe von Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz in eine Erziehungsanstalt für Jugendliche eingewiesen, weil bei ihm Anzeichen einer schweren Verwahrlosung in Erscheinung getreten waren und die eigene Familie der Erziehungsaufgabe nicht mehr zu genügen vermochte. X. wurde zuerst im Pestalozziheim "Neuhof" untergebracht, aus dem er indessen wiederholt entwich, weshalb er am 20. Mai 1969 in die Aufnahmestation des Basler Jugendheims versetzt wurde. Nachdem er mehrmals erfolglos versucht hatte, auch aus dieser Anstalt zu entweichen, tat er sich mit anderen Insassen zusammen, um einen Aufseher niederzuschlagen und diesem die Schlüssel abzunehmen, welches Vorhaben teilweise ausgeführt wurde. Wegen dieses Vorfalles wurde X. Ende Juli 1969 in die Erziehungsanstalt Aarburg versetzt, aus der er erneut entwich. B.- Während der kurzen Aufenthalte ausserhalb der verschiedenen Anstalten beging X. zahlreiche strafbare Handlungen. Am 27. März 1969 wurde er deshalb vom Jugendgericht des Bezirksgerichtes Zürich der wiederholten vollendeten und BGE 96 IV 9 S. 11 versuchten Entwendung von Motorfahrzeugen, des wiederholten Führens eines Motorfahrzeuges ohne Führerausweis, der Widerhandlung gegen Art. 36 Abs. 4 SVG , des pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall, des wiederholten Diebstahls, des Hausfriedensbruchs, der Hehlerei und der Entwendung eines Fahrrades zum Gebrauch schuldig erklärt und in eine Erziehungsanstalt für Jugendliche eingewiesen. Auf Berufung der Jugendstaatsanwaltschaft und des Verurteilten, die statt der Einweisung in eine Erziehungsanstalt die Bestrafung des X. mit 41 Tagen Einschliessung, abzüglich 7 Tage Untersuchungshaft, bzw. dessen Übergabe an eine vertrauenswürdige Familie verlangten, erkannte das Obergericht des Kantons Zürich am 16. Oktober 1969 auf Bestrafung des Fehlbaren im Sinne des Antrages der Jugendstaatsanwaltschaft. Im Jugendstrafrecht sei zwar, so führte das Obergericht zur Begründung aus, in allen Fällen, in denen der Jugendliche sittlich verwahrlost oder sittlich gefährdet sei, eine entsprechende Massnahme anzuordnen. Nur wo sich eine solche erübrige, sei der Jugendliche zu bestrafen. Aus diesem Grunde spreche denn auch Art. 95 StGB von den nichtverwahrlosten bzw. nichtgefährdeten Jugendlichen. Der Gesetzgeber habe aber dabei nicht an jene seltenen Fälle gedacht, in denen sich Massnahmen als sinnlos erwiesen, weil diese schon auf Grund früherer Urteile angeordnet worden seien. Würde diesfalls nämlich wieder die gleiche Massnahme verhängt, so müsste sich dem Fehlbaren die Überlegung aufdrängen, dass auch weitere strafrechtliche Verfehlungen nicht geahndet werden können, was als Anreiz zur Wiederholung wirken würde. Aus diesen Gründen sei im vorliegenden Fall gemäss Art. 95 StGB eine Strafe zu verhängen. Die Erziehung in einer Familie aber falle ausser Betracht, weil die bereits früher angeordnete Einweisung in eine Erziehungsanstalt weiterdauere und nicht anzunehmen sei, dass X. zu Hause oder in einer anderen Familie besser erzogen werden könnte. C.- X. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie ihn einer vertrauenswürdigen Familie zur Erziehung übergebe. D.- Die Jugendstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde, eventuell Rückweisung der Sache zur Anordnung der Anstaltsversorgung. BGE 96 IV 9 S. 12 Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Wie der Kassationshof in seinem Urteil BGE 94 IV 19 dargelegt hat, kommt Art. 95 StGB im Verhältnis zu Art. 91 und 92 StGB subsidiäre Bedeutung zu und erlaubt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut die Bestrafung Jugendlicher nur, wenn sie nicht sittlich verwahrlost, sittlich verdorben oder gefährdet sind, wenn sie kein Verbrechen oder schweres Vergehen begangen haben, das einen hohen Grad der Gefährlichkeit offenbart, und wenn sie auch keiner besonderen Behandlung bedürfen. Das schweizerische Jugendstrafrecht, das vom Gedanken der Erziehung und Besserung beherrscht ist und der Sühne und Vergeltung eine völlig untergeordnete Rolle zuweist ( BGE 94 IV 58 ), folgt im Falle fehlbarer Jugendlicher, die erziehungs- oder behandlungsbedürftig sind, dem Prinzip der Ausschliesslichkeit der Massnahme. Es unterscheidet sich insoweit vom österreichischen Jugendstrafrecht, das Strafe und Massnahme zugleich vorsieht, wo die Voraussetzungen für beide gegeben sind (§ 2 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz von 1961), aber auch vom deutschen Recht, dem zufolge aus Anlass der Straftat eines Jugendlichen Erziehungsmassregeln oder an ihrer Stelle Zuchtmittel oder Jugendstrafe angeordnet werden können, wenn die Massnahme nicht ausreicht (§ 5 Abs. 1 und 2 Jugendgerichtsgesetz von 1953). Dem schweizerischen Richter steht es nicht zu, an Stelle oder neben einer nach seiner Meinung nicht ausreichenden Massnahme eine Strafe zu verhängen ( BGE 68 IV 38 ; ebenso GERMANN, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Anmerkungen zu Art. 91). Diese soll nur gegenüber normalen jungen Rechtsbrechern zur Anwendung kommen, die als Gelegenheitsdelinquenten aus Unwissenheit, Sorglosigkeit, Leichtsinn und dergleichen einen Fehltritt begangen haben (HAFTER, Allgemeiner Teil S. 475; LOGOZ, N. 1 zu Art. 95 StGB ; THORMANN - VON OVERBECK, N. 7 der Vorbemerkungen zu Art. 82-100 StGB ; Botschaft des Bundesrates über die Teilrevision des StGB vom 1. März 1965; BBl 1965 I 586). Solche Jugendliche wissen, dass sie eine Strafe zu gewärtigen haben, wenn sie gegen die Strafrechtsordnung verstossen. Sie empfinden die Vergeltung als etwas Natürliches, weshalb bei ihnen die Strafe in der Regel ausreicht, um eine Besserung herbeizuführen (vgl. WEGMANN, Einschliessung und bedingter Strafvollzug, SJZ 1961 S. 90). Am Gesagten vermag auch der Umstand nichts zu ändern, BGE 96 IV 9 S. 13 dass - wie die Staatsanwaltschaft geltend macht - Art. 95 des Gesetzesentwurfes des Bundesrates betreffend das Schweizerische StGB (BBl 1965 I 625) eine dem angefochtenen Urteil entsprechende Lösung vorsieht. Abgesehen davon, dass es sich dabei um einen blossen Entwurf handelt, würde mit der Verwirklichung der Revision in dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Sinne ein grundsätzlicher Wechsel im System des Jugendstrafrechtes vollzogen, was aber nur auf dem Weg der Gesetzgebung geschehen kann. Dem Richter steht es nicht zu, die geltende gesetzliche Ordnung abzuändern. 2. Nach der Aktenlage hat man es im vorliegenden Fall beim Beschwerdeführer mit einem teils stark milieugeschädigten, teils neurotisierten Jugendlichen zu tun, dem es offensichtlich an Geborgenheit fehlt. Dass er sittlich verwahrlost ist, wird von der Vorinstanz verbindlich festgestellt. Demzufolge ist der Jugendliche erziehungsbedürftig. Daraus folgt, dass für die Anwendbarkeit des Art. 95 StGB kein Raum bleibt; vielmehr kommt nur eine der in Art. 91 StGB genannten Erziehungsmassnahmen in Betracht, sofern der Beschwerdeführer nicht gemäss Art. 92 StGB einer besonderen Behandlung bedarf. 3. Welche der in Art. 91 StGB vorgesehenen Massnahmen im Einzelfall den Vorrang verdient, entscheidet die zuständige Behörde nach ihrem Ermessen ( BGE 88 IV 98 mit Verweisungen). a) Im vorliegenden Fall ist das Obergericht davon ausgegangen, dass die früher angeordnete Einweisung des Beschwerdeführers in eine Erziehungsanstalt noch andauere und dass deshalb dessen Erziehung in der eigenen oder in einer anderen vertrauenswürdigen Familie nur in Frage käme, wenn die laufende Massnahme nicht die geeignete wäre. Das hat die Vorinstanz mit sachlich vertretbaren Gründen verneint. Erfahrungsgemäss erfüllt die Familienerziehung bei fehlbaren Jugendlichen in der Regel nur in Fällen leichterer Gefährdung ihre Aufgabe, weshalb sie mit Vorsicht anzuwenden ist (SCHATZMANN, Anstaltsversorgung und Familieneinweisung nach schweizerischem Jugendstrafrecht, ZStR 1953, S. 206 f.). Tatsächlich hat die eigene Familie ihrer Erziehungsaufgabe gegenüber dem Beschwerdeführer nicht zu genügen vermocht; da dieser sittlich nicht nur leicht gefährdet, sondern bereits schwer verwahrlost ist und bis anhin erzieherisch erhebliche Schwierigkeiten bereitet hat, überschritt somit die Vorinstanz das ihr zustehende Ermessen BGE 96 IV 9 S. 14 nicht, wenn sie das Begehren des Beschwerdeführers auf Erziehung in einer vertrauenswürdigen Familie abwies. Soweit das Obergericht dabei die laufende Anstaltsversorgung bloss vergleichsweise zur Bewertung der Erfolgsaussichten einer Familienerziehung herangezogen hat, ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden. b) Dagegen hält dieser sachlich in dem Masse nicht stand, als darin die erneute Einweisung des Beschwerdeführers in eine Erziehungsanstalt als sinnlos abgelehnt wird, weil die gleiche Massnahme früher schon erfolglos verfügt worden sei und ihre nochmalige Anordnung beim Fehlbaren die Überlegung aufdrängen müsste, auch weitere strafrechtliche Verfehlungen blieben ungeahndet. Diese Auffassung verkennt, dass im Jugendstrafrecht der Sühnegedanke gegenüber den erzieherischen Bedürfnissen des Fehlbaren zurückzutreten hat. Sie geht aber auch an der Erfahrungstatsache vorbei, dass bei sittlich verwahrlosten oder verdorbenen Jugendlichen, die Gefahr laufen, ins Gewohnheitsverbrechertum abzugleiten, regelmässig eine lange erzieherische Betreuung notwendig ist und dass die Wirksamkeit der Massnahme gerade in solchen Fällen häufig von der Beharrlichkeit abhängt, mit der sie durchgeführt wird (BBl 1965 I 590). Dem hat übrigens der Gesetzgeber ebenfalls Rechnung getragen, indem er einerseits in Art. 91 Ziff. 1 Abs. 2 StGB für die Anstaltserziehung eine Minimaldauer von einem Jahr vorgeschrieben und anderseits die Möglichkeit des Vollzuges dieser Massnahme bis zum 22. Altersjahr des Anstaltszöglings ausgedehnt hat. Zieht man im vorliegenden Fall in Betracht, dass der Beschwerdeführer erstmals mit Urteil des Bezirksgerichtes Zürich vom 21. November 1968 in eine Erziehungsanstalt eingewiesen wurde, dass also im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides (16. Oktober 1969) die Massnahme nicht einmal ein Jahr gedauert hatte und ihr Vollzug überdies wiederholt durch Entweichungen des Beschwerdeführers aus den verschiedenen Anstalten unterbrochen wurde, so kann nicht gesagt werden, der bisherige Misserfolg mache eine nochmalige Anordnung der Anstaltsversorgung sinn- und zwecklos. Die Auffassung der Vorinstanz lässt sich umso weniger halten, als Art. 93 Abs. 2 StGB eine Fortsetzung dieser Massnahme in Form einer strafferen erzieherischen Betreuung vorsieht. Danach hat der Jugendliche, der sich als unverbesserlich erweist, indem er beispielsweise trotz strenger Aufsicht wiederholt aus der Anstalt entweicht, BGE 96 IV 9 S. 15 mit Erreichen des 18. Altersjahres die Versetzung in eine Strafanstalt zu gewärtigen ( BGE 91 IV 180 , BGE 85 IV 16 ). Da im vorliegenden Fall dieses Erziehungsmittel für die Zukunft noch zur Verfügung steht, ist unter Vorbehalt von Art. 92 StGB eine erneute Einweisung des Beschwerdeführers in eine Erziehungsanstalt durchaus sinnvoll. Schon der Umstand, dass diesem eine Versetzung in eine Strafanstalt droht, dürfte seine Wirkung nicht verfehlen. Dazu kommt, dass die Annahme des Bezirksgerichtes, wonach der Beschwerdeführer die Familienerziehung durch sein wiederholtes Entweichen aus den Erziehungsanstalten erzwingen wollte, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Mit der erneuten Anordnung der Anstaltsversorgung aber dürfte dem Jugendlichen für die Zukunft auch die Erfolglosigkeit eines solchen Unterfangens klar werden; der Eingewiesene soll sich der Anstaltserziehung nicht durch schlechte Führung entziehen und die Familienversorgung erzwingen können, wenn er diese für vorteilhafter hält ( BGE 92 IV 85 E. 2). Sofern also der Beschwerdeführer nicht im Sinne von Art. 92 StGB behandlungsbedürftig ist und deshalb in eine besondere Anstalt eingewiesen werden muss, ist daher erneut im Sinne des Art. 91 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu verfahren. 4. Die Frage, ob X. einer besonderen Behandlung gemäss Art. 92 StGB bedürfe, hat die Vorinstanz nicht geprüft. Das hätte jedoch geschehen müssen, nachdem im Gutachten der Beobachtungsstation Enggistein vom 12. November 1968 abschliessend ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass bei wiederkehrenden Entweichungen aus der Erziehungsanstalt das weitere Vorgehen erneut geplant und allenfalls auch eine psychotherapeutisch-medikamentöse Behandlung ins Auge gefasst werden müsse, weil die Entweichungen dann nicht mit strengeren Massnahmen zu bekämpfen wären, sondern höchstens mit dem Versuch einer "Beeinflussung von innen her". Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers abkläre ( Art. 90 StGB ). Sollte sich dabei die Notwendigkeit einer besonderen Behandlung des Beschwerdeführers ergeben, diese jedoch ambulant oder auch in einer Erziehungsanstalt durchgeführt werden können, so wird die Vorinstanz die beiden Massnahmen ( Art. 91 Ziff. 1 Abs. 1 und 92 StGB ) kumulativ anzuordnen haben ( BGE 88 IV 99 , BGE 92 IV 85 ). Sollte X. jedoch einer Behandlung bedürfen, die eine gleichzeitige Einweisung in eine Erziehungsanstalt BGE 96 IV 9 S. 16 ausschliesst, so käme nur Art. 92 StGB zur Anwendung. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich - I. Strafkammer - vom 16. Oktober 1969 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dceec708-312b-42af-962b-ff8d5e9ebc44
Urteilskopf 87 I 37 6. Arrêt du 15 mars 1961 dans la cause Couchepin contre Grand Conseil du canton du Valais.
Regeste Obligatorisches Gesetzes- und Finanzreferendum. Art. 30 Ziff. 3 lit. a und Ziff. 4 Walliser KV. a) Wann ist ein Erlass "von allgemeiner Tragweite"? (Erw. 1). b) Unter welchen Voraussetzungen ist eine Ausgabe ausserordentlich und kann nicht aus dem Ertrage der gewöhnlichen Einnahmen des Voranschlags gedeckt werden? (Erw. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 37 BGE 87 I 37 S. 37 A.- Le Grand Conseil du canton du Valais a adopté le 19 novembre 1960 un décret sur l'aide complémentaire à la vieillesse et aux survivants. Selon l'art. 8, un crédit de 600 000 fr. doit être inscrit chaque année au budget pour être affecté à l'aide complémentaire et selon l'art. 20 al. 2, la durée d'application sera de trois ans. L'art. 20 al. 1 prévoit que ce décret, n'étant pas de portée permanente, ne sera pas soumis à la votation populaire. B.- Par recours de droit public du 9 décembre 1960, Bernard Couchepin, avocat, exerçant ses droits de citoyen à Martigny-Ville, a requis l'annulation dudit décret, pour BGE 87 I 37 S. 38 violation de l'art. 30 ch. 3 litt. a et ch. 4 de la constitution valaisanne, dont la teneur est la suivante: "Sont soumis à la votation du peuple: ... 3. Les lois et décrets élaborés par le Grand Conseil, excepté: a) Les décrets qui ont un caractère d'urgence ou qui ne sont pas d'une portée générale et permanente. Cette exception doit, dans chaque cas particulier, faire l'objet d'une décision spéciale et motivée. b) ... 4. Toute décision entraînant une dépense extraordinaire de 200 000 fr., si cette dépense ne peut être couverte par les recettes ordinaires du budget." Selon le recourant, il est impossible que l'aide complémentaire prévue dans le décret ne soit pas permanente; personne ne songera à la supprimer, ainsi que cela ressort des débats du Grand Conseil; si l'on a limité la durée d'application du décret à trois ans, c'est uniquement en vue d'éluder la votation populaire. Au reste, pour autant que le décret n'est pas permanent, la dépense prévue de 600 000 fr. est alors extraordinaire et tombe sous le coup du ch. 4 de l'art. 30 Cst. val.; elle ne peut, en effet, être couverte par les recettes ordinaires du budget, puisque celui-ci prévoit un déficit de 6 695 000 fr. C.- Le Conseil d'Etat, agissant par mandat du Grand Conseil, conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'art. 30 ch. 3 Cst. val. prévoit trois cas dans lesquels il n'est pas nécessaire de soumettre les lois et décrets à la votation populaire: premièrement, si le texte législatif est urgent, deuxièmement, s'il n'a pas une portée générale et troisièmement, s'il n'est pas permanent. Il suffit que l'une de ces hypothèses soit réalisée pour que le référendum ne s'impose pas (arrêt non publié du 20 décembre 1950, Walther Perrig et Société d'électricité de Martigny-Bourg c. Grand Conseil du canton du Valais). En l'espèce, le Conseil d'Etat ne prétend pas qu'il y ait BGE 87 I 37 S. 39 urgence et il ne conteste pas la portée générale du décret, si bien que la seule question litigieuse sur ce point est de savoir si le décret est ou n'est pas de portée permanente. A la forme, tel n'est pas le cas, puisque l'application du décret est expressément limitée à trois ans. Cependant, le recourant prétend que cette limitation dans le temps est destinée à éluder la votation populaire. Il est évident, dit-il, que l'aide à la vieillesse sera permanente; rien, dans le texte du décret, ne permet de penser qu'elle ne sera nécessaire que pour une courte durée; elle devra donc être poursuivie. Comme le Tribunal fédéral l'a déclaré dans l'arrêt Perrig déjà cité (p. 15 et 16), des mesures provisoires peuvent devenir permanentes si elles sont renouvelées périodiquement et l'on ne pourrait admettre que le recours à la votation populaire soit évité par ce moyen. L'objection du recourant doit donc être examinée. Le Conseil d'Etat ne conteste pas la possibilité et même la probabilité qu'une aide permanente à la vieillesse doive suivre celle qui est accordée temporairement par le décret. Mais il prétend que le moment n'est pas venu d'établir une loi durable, parce que l'aide cantonale n'est que le complément d'une aide fédérale, elle-même temporaire. L'arrêté fédéral du 3 octobre 1958 réglant la matière (ROLF 1959 p. 81) ne doit être appliqué que jusqu'à l'épuisement du fonds constitué à cet effet. Or, selon le message adressé par le Conseil d'Etat au Grand Conseil, ce fonds sera épuisé en 1964 ou 1965. C'est pour s'adapter à ce caractère provisoire de l'aide fédérale que le législateur cantonal a pris une mesure limitée dans le temps. Ainsi est justifié le caractère temporaire du décret. Le recours ne peut, par conséquent, être admis sur ce point. 2. Il reste à examiner si le référendum s'imposait du point de vue financier, en vertu du ch. 4 de l'art. 30 Cst. val., qui soumet à la votation du peuple "toute décision entraînant une dépense extraordinaire de BGE 87 I 37 S. 40 200 000 fr., si cette dépense ne peut être couverte par les rceettes ordinaires du budget". Le Conseil d'Etat reconnaît avec raison que la dépense de 600 000 fr. par an prévue dans le décret est nouvelle et doit être considérée comme "extraordinaire", dans l'acception donnée à ce terme par la constitution. Il admet également que, même sans comprendre cette dépense nouvelle, le budget pour l'année 1961 présente un déficit de 6 695 000 fr. En revanche, s'écartant de la lettre de la constitution, il voudrait considérer comme dépenses extraordinaires, seulement celles qui nécessitent un emprunt. Il relève en outre que, depuis plusieurs années, les comptes. bouclent par un excédent actif, alors que les budgets étaient déficitaires. Les chiffres budgétaires, ajoute-t-il, calculés avec prudence et régulièrement démentis par les faits, ne sont pas un critère valable pour déterminer à l'avance si une dépense sera ou non couverte par les recettes ordinaires de l'Etat. Or pareille interprétation modifie le sens du texte constitutionnel, qui exige, de façon claire, que la dépense soit couverte par les recettes ordinaires "du budget" (en allemand: "des Voranschlages"). Et cette exigence paraît fondée: comme les comptes de l'Etat ne sont pas connus au moment où la dépense est décidée, ils ne peuvent en procurer la justification financière. Quant à l'opinion selon laquelle la dépense n'est soumise au référendum que si elle nécessite un emprunt, on ne lui trouve aucun appui dans le texte constitutionnel. L'interprétation du Conseil d'Etat enlèverait d'ailleurs à la règle constitutionnelle toute sa portée pratique. En définitive, le seul critère ferme et logique pour apprécier à l'avance si une dépense peut être couverte par les recettes ordinaires est bien le budget. Et c'est ce critère qu'a admis le texte constitutionnel. Il n'y a pas lieu de s'en écarter. 3. On pourrait se demander si le référendum financier prévu à l'art. 30 ch. 4 Cst. val. ne se rapporte pas uniquement aux dépenses inscrites au budget sans être fondées BGE 87 I 37 S. 41 sur un texte légal, loi ou décret. Mais déjà l'examen de l'art. 30 paraît indiquer que telle n'a pas été l'intention des auteurs de la constitution; le système que ceux-ci ont admis tend, en effet, à soumettre au peuple toutes les dépenses dépassant un certain montant, le référendum financier du ch. 4 devant s'appliquer à tous les cas de dépenses dans lesquels le référendum ne serait pas obligatoire en vertu du ch. 3, 1er alinéa. Cette interprétation est confirmée par le fait que la constitution de 1875 prévoyait déjà l'obligation de soumettre au peuple toutes les dépenses supérieures à 60 000 fr., alors que le référendum législatif n'existait pas encore. Enfin, la question a été nettement élucidée lors des débats au Grand Conseil concernant l'art. 30 de la constitution de 1907. Le rapporteur de la commission a déclaré: "Le référendum financier. .. ne s'applique qu'aux décisions budgétaires prises par le Grand Conseil ou aux lois et décrets soustraits au référendum en vertu des alinéas précédents, car il est certain que toutes les fois que la dépense sera le fait ou la conséquence d'une loi, elle sera eo ipso soumise à la sanction du peuple". Et plus loin: "C'est ainsi qu'un décret, alors même qu'il serait urgent ou d'une portée locale, devra être soumis au vote populaire si, en raison de la dépense prévue, il rentre dans le cas du no 4, soit du référendum financier". Enfin le président du Conseil d'Etat a déclaré: "Nous admettons parfaitement que les dépenses dépassant 60 000 fr. soient soumises à la votation du peuple, même lorsqu'elles présenteraient un caractère d'urgence" (Bulletin des séances du Grand Conseil, session prorogée de novembre 1905, p. 40, 196 et 197). Il est ainsi établi que l'art. 30 ch. 4 Cst. val. concerne toute dépense qui ne résulte pas d'une loi ou d'un décret votés par le peuple, pourvu que la dépense atteigne 200 000 fr. et ne soit pas couverte par les recettes ordinaires du budget. Il s'applique dès lors au crédit de 600 000 fr. qui résulte du décret du 29 décembre 1960 ici en cause. Ce qui entraîne l'admission du recours. BGE 87 I 37 S. 42 Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Admet le recours et annule le décret du Grand Conseil du canton du Valais du 19 novembre 1960 sur l'aide complémentaire à la vieillesse et aux survivants.
public_law
nan
fr
1,961
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
dcf108cc-6b0e-4079-bba2-4811383f893c
Urteilskopf 122 II 221 31. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 1er mars 1996 dans la cause Administration fédérale des contributions, Division principale de l'impôt fédéral direct, contre Tribunal administratif du canton de Vaud et Masse en faillite de la Société immobilière X. SA (recours de droit administratif)
Regeste Art. 262 SchKG und Art. 53 BdBSt ; Kapitalgewinnsteuer als Masseschuld. Zu den Schulden der Konkursmasse gehören insbesondere öffentlichrechtliche Verbindlichkeiten, die nach Konkurseröffnung entstanden sind. Diese Regel gilt auch für Steuerschulden (E. 3). Die besondere Jahressteuerschuld entsteht unter einem oder mehreren Malen. Zur Qualifikation der Steuer ist einzig darauf abzustellen, ob sich die steuerbegründenden Ereignisse vor oder nach der Konkurseröffnung realisiert haben (E. 4). Verhältnis zwischen Art. 114 Abs. 3 BdBSt und der besonderen Jahressteuer als Masseschuld (E. 5a und b). Gleichbehandlung mit den andern Gläubigern (E. 5c).
Sachverhalt ab Seite 222 BGE 122 II 221 S. 222 La faillite de la Société immobilière X. SA à Lausanne (ci-après: la Société) a été prononcée le 25 septembre 1990. Les actifs de la Société se composaient d'un immeuble locatif sis au chemin A., à Lausanne, ainsi que d'une somme répartie entre deux comptes bancaires. Le 5 novembre 1990, l'Administration cantonale des impôts du canton de Vaud a produit des créances d'impôts directs contre la Société. Elle informait également l'Office des faillites de Lausanne que l'impôt sur les bénéfices en capital réalisés lors de l'aliénation des actifs sociaux devrait être considéré comme une dette de la masse et serait établi une fois les actifs réalisés. L'immeuble du chemin A. a été vendu aux enchères le 22 mars 1991. Par décisions des 27 septembre ainsi que 1er et 2 octobre 1991, l'Administration cantonale des impôts du canton de Vaud a arrêté le bénéfice en capital imposable de la Société et l'impôt dû sur les plans cantonal et communal ainsi que sur le plan fédéral. Elle rappelait qu'il s'agissait de dettes de la Masse en faillite de la Société (ci-après: la Masse). En matière d'impôt fédéral direct, l'Administration cantonale des impôts du canton de Vaud a rejeté la réclamation de la Masse par décision du 11 décembre 1992. La Commission cantonale des personnes morales du canton de Vaud a rejeté la réclamation déposée contre les taxations cantonale et communale le 9 février 1993. BGE 122 II 221 S. 223 La Masse a recouru contre les décisions précitées des 11 décembre 1992 et 9 février 1993 devant le Tribunal administratif du canton de Vaud, en faisant valoir que les créances d'impôts sur les bénéfices en capital n'étaient pas des dettes de la Masse, mais bien des dettes de la Société. Par arrêt du 12 décembre 1994, le Tribunal administratif du canton de Vaud a admis les recours de la Masse et a réformé les décisions sur réclamation des 11 décembre 1992 et 9 février 1993. Agissant par la voie du recours de droit administratif, l'Administration fédérale des contributions, Division principale de l'impôt fédéral direct, a demandé au Tribunal fédéral de rétablir la décision sur réclamation rendue le 11 décembre 1992 par l'Administration cantonale des impôts statuant que la dette d'impôt résultant du bénéfice de liquidation imposable selon l'art. 53 al. 2 de l'arrêté du Conseil fédéral du 9 décembre 1940 sur la perception d'un impôt fédéral direct (AIFD; RS 642.11 ancien) est une dette de la Masse et non pas une dette de la Société. Le Tribunal fédéral a admis le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Outre les frais de faillite proprement dits au sens de l' art. 262 al. 1 LP , les dettes de la masse comprennent les obligations contractuelles conclues ou reprises par la masse elle-même, ainsi que les obligations de droit public dont l'origine se trouve dans un fait réalisé après l'ouverture de la faillite. Cette règle vaut également pour les créances d'impôt, notamment d'impôt sur les gains immobiliers et de droits de mutation, lorsque la vente de l'immeuble en cause s'est produite après la déclaration de faillite ( ATF 120 III 153 consid. 2b p. 156; ATF 111 Ia 86 consid. 2c p. 89 et les références). Dans un arrêt récent, tout en relevant que son examen se restreignait aux éventuels litiges portant sur l'interprétation des décisions au fond rendues par les autorités compétentes, la Chambre des poursuites et faillites du Tribunal fédéral a jugé que l'impôt vaudois sur les bénéfices en capital, lié à la réalisation d'une plus-value lors de la vente aux enchères d'un immeuble appartenant à une société faillie, faisait partie des dettes de la masse, l'adjudication étant le fait générateur engendrant la créance fiscale ( ATF 120 III 153 consid. 2b p. 156). Or les dettes de la masse, à l'instar des frais occasionnés par l'ouverture de la faillite et la liquidation ( art. 262 al. 1 LP ), sont payées intégralement sur le produit brut de la vente des biens, BGE 122 II 221 S. 224 avant la répartition aux créanciers, c'est-à-dire avant la distribution des deniers ( ATF 120 III 153 consid. 2b p. 156 et les références). Dès lors il s'agit de savoir dans quelle mesure les principes dégagés par cette jurisprudence s'appliquent également à l'impôt annuel entier dû par les sociétés en liquidation conformément à l' art. 53 al. 2 AIFD , en particulier lorsque cet impôt a son origine dans des faits réalisés après l'ouverture de la faillite. Les principes du droit fiscal sont déterminants à cet égard ( ATF 107 Ib 303 consid. 3 p. 308). 4. a) Selon la doctrine (WALTER RYSER/BERNARD ROLLI, Précis de droit fiscal suisse, Berne 1994, p. 13/14; JEAN-MARC RIVIER, Droit fiscal suisse - L'imposition du revenu et de la fortune, Neuchâtel 1980, p. 348; ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des Steuerrechts, 5e éd., Zurich 1995, p. 273 ss, p. 458 ss), une créance d'impôt se fonde dans tous les cas sur la loi. Elle naît lorsque l'état de fait auquel la loi fiscale rattache l'apparition de la créance d'impôt est réalisé. Ainsi pour qu'un assujettissement fiscal conduise dans un cas d'espèce à la naissance de la créance d'impôt, il faut que les faits générateurs auxquels la loi rattache la perception d'un impôt déterminé soient réunis. Le moment de la naissance de la créance dépend des caractéristiques de l'objet de l'impôt. En matière d'impôt sur les bénéfices en capital, le fait générateur est la réalisation d'un gain. La décision de taxation ne fait que contrôler quelle est la quotité de la créance fiscale et constitue en règle générale une condition de l'exécution forcée. b) L'impôt annuel entier prévu à l' art. 53 al. 2 AIFD que doivent payer, en plus de l'impôt ordinaire, en particulier les sociétés anonymes entrées en liquidation frappe le bénéfice de liquidation au sens étroit du terme, c'est-à-dire l'ensemble des bénéfices en capital et des augmentations de valeur comptabilisées obtenus pendant la procédure de liquidation, ainsi que les autres bénéfices en capital et augmentation de valeur obtenus pendant les périodes de calcul et de taxation (ERNST KÄNZIG, Die direkte Bundessteuer, IIe partie, 2e éd., Bâle 1992, n. 17/18, p. 612/613, ad art. 53). Ce qu'il faut entendre par bénéfice en capital et augmentation de valeur ressort de l'art. 21 al. 1 lettres d et f AIFD (HEINZ MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2e éd., Zurich 1985, n. 5 , p. 338, ad art. 53). Selon l'art. 21 al. 1 lettre d AIFD, sont imposables les bénéfices en capital obtenus par l'aliénation ou la réalisation de biens, tels que les bénéfices sur immeubles, la plus-value provenant de l'aliénation de titres, les bénéfices de liquidation en cas de remise ou BGE 122 II 221 S. 225 d'aliénation d'une entreprise, etc. Il y a aliénation lorsque le contribuable transfère à un tiers, en échange d'une contre-prestation, une partie ou l'ensemble de sa fortune commerciale. Sont en particulier considérés comme des aliénations, la vente, le contrat d'entreprise, l'expropriation, l'obtention d'une indemnité d'assurance destinée à remplacer un bien détruit, l'exécution forcée. Le bénéfice est obtenu au moment où l'aliénateur fournit la prestation promise contractuellement et obtient ainsi un droit ferme à la contre-prestation de l'acheteur (ERNST KÄNZIG, op.cit., Ie partie, 2e éd., Bâle 1982, n. 164, p. 383, et 167, p. 386, ad art. 21; JEAN-MARC RIVIER, op.cit., p. 202). c) Au vu de ces éléments, la créance d'impôt annuel entier naît en une ou plusieurs fois selon que les faits qui la génèrent engendrent un seul ou plusieurs bénéfices en capital (ou augmentations de valeur). Comme sont additionnés, pour son calcul, tous les bénéfices en capital et les augmentations de valeur réalisés pendant les périodes de calcul et de taxation, la créance d'impôt peut reposer sur des faits générateurs antérieurs ou, au contraire, postérieurs à la déclaration de faillite d'une société, selon la date de celle-ci. Les facteurs personnels dont l'impôt annuel tient compte, tels que les pertes des périodes précédentes (ERNST KÄNZIG, op.cit., IIe partie, n. 19, p. 613, ad art. 53), sont sans incidence sur la réalisation des faits générateurs de celui-ci et ne sauraient influencer sa qualification sur le plan de l'exécution forcée. En particulier, un impôt ne saurait représenter une dette de la masse lorsqu'il a un caractère objectif, tel que l'impôt sur les gains immobiliers, et constituer une dette de la société faillie lorsque les bénéfices en capital sont frappés d'un impôt personnel, à l'instar de l'impôt fédéral direct ou de l'impôt de liquidation du droit vaudois. Pour la qualification de l'impôt, il y a lieu de se fonder uniquement sur le moment où sont réalisés les faits générateurs, car ceux-ci permettent seuls de déterminer si l'obligation fiscale résulte de mesures prises dans le cadre de l'activité de l'administration de la société faillie, déployée en vue de liquider la masse et qui sont nécessairement postérieures à l'ouverture de la faillite, ou s'il s'agit de dettes nées antérieurement, en relation avec l'activité de la société faillie et qui entrent dans la masse passive (DOMINIQUE RIGOT, Le recouvrement forcé des créances de droit public selon le droit de poursuite pour dettes et la faillite, thèse Lausanne 1991, p. 306). d) Dans le cas particulier, l'impôt annuel entier litigieux repose exclusivement sur le bénéfice en capital réalisé le 22 mars 1991 lors de la vente aux enchères de l'immeuble sis au chemin A. Il ne fait pas de doute BGE 122 II 221 S. 226 qu'il s'agissait d'une mesure prise par la Masse. L'impôt a son origine dans des faits postérieurs à l'ouverture de la faillite intervenue le 25 septembre 1990. Dès lors la créance d'impôt représente une dette de la Masse qui doit être payée intégralement avant la distribution des deniers. La question de savoir si, dans certains cas, l'impôt annuel entier devrait être ventilé en une part représentant une dette de la société faillie et en une part constituant une dette de la masse, selon que les faits qui la génèrent sont antérieurs ou postérieurs au prononcé de la faillite, n'a pas à être résolue ici. 5. a) Selon l'autorité intimée, l'impôt annuel entier représenterait une dette de la Société, car l' art. 114 al. 3 AIFD prévoit en particulier que si le contribuable est déclaré en faillite, le montant annuel de l'impôt échoit au moment de l'ouverture de la faillite. C'est confondre la naissance de la créance d'impôt et son échéance. Alors qu'une dette d'impôt naît lorsque les faits qui la génèrent sont réunis, son échéance correspond au terme auquel la dette déjà née doit être payée et auquel le paiement peut être exigé, ce terme étant fixé par la loi (JEAN-MARC RIVIER, op.cit., p. 354; ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, op.cit., p. 280). Dès lors, une créance d'impôt ne saurait en principe être échue avant d'être née. Que la faillite rende exigible les dettes du failli ( art. 208 al. 1 LP ) ne saurait avoir pour effet de rendre celui-ci débiteur de nouvelles dettes d'impôt dont les conditions objectives ne seraient pas encore réalisées. Cela vaut également dans le cas de l' art. 114 al. 3 AIFD qui fixe une échéance anticipée de l'impôt lorsque son état et son montant ne peuvent encore être fixés (ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, op.cit., p. 281). b) Il est vrai que la Masse considère que l' art. 114 al. 3 AIFD avancerait à la fois la naissance et l'exigibilité de la créance d'impôt au jour de la faillite, car il s'agirait d'imposer des éléments acquis antérieurement à la déclaration de faillite (réserves latentes accumulées) et sans relation avec l'activité de l'administration de la faillite (cf. DOMINIQUE RIGOT, op.cit., p. 321, qui défend la même opinion). Cette conception méconnaît le fait qu'aucune conséquence fiscale n'est attachée à la simple formation de réserves latentes. Tant que celles-ci ne sont pas réalisées, en particulier par un acte d'aliénation, elles ne sont pas imposables. A cet égard, l'ouverture de la faillite ne saurait être assimilée à un acte de réalisation, car même si le failli perd la libre disposition de son patrimoine, il en demeure propriétaire (ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, op.cit., p. 458/459). A ce moment, aucun bien n'est transféré à un tiers en échange d'une contre-prestation (cf. consid. 4b ci-dessus). Par ailleurs, BGE 122 II 221 S. 227 il n'y a pas lieu d'assimiler la déclaration de faillite à une autre forme de réalisation ("Verwertung"), telle que le transfert de tout ou partie de biens commerciaux dans la fortune privée du contribuable; d'ailleurs, les sociétés sont dépourvues d'un tel patrimoine (ERNST KÄNZIG, op.cit., Ie partie, n. 169, p. 389, ad art. 21, et IIe partie, n. 8, p. 607, ad art. 53). Au demeurant, il suffit de songer aux rigueurs qu'entraînerait une imposition des réserves latentes à un tel moment, en l'absence d'aliénation ultérieure, par exemple en cas de sursis concordataire ( art. 301a LP ) ou de révocation de la faillite ( art. 195 ss LP ). c) Enfin, avec DOMINIQUE RIGOT (op.cit., p. 298/299), l'autorité intimée considère que seul serait compatible avec le principe de l'égalité de traitement entre les créanciers du failli, la qualification de l'impôt annuel entier de dette du failli, car cela éviterait d'accorder au fisc un "superprivilège" injustifié. Une décision ou un arrêté viole le principe de l'égalité de traitement lorsqu'il établit des distinctions juridiques qui ne se justifient par aucun motif raisonnable au regard de la situation de fait à réglementer ou lorsqu'il omet de faire des distinctions qui s'imposent au vu des circonstances, c'est-à-dire lorsque ce qui est semblable n'est pas traité de manière identique et lorsque ce qui est dissemblable ne l'est pas de manière différente ( ATF 118 Ia 1 consid. 3a p. 2). Dans la mesure où l'impôt annuel entier de l' art. 53 al. 2 AIFD est dû en raison de l'activité de liquidation déployée par la masse en faillite après l'ouverture de celle-ci, rien ne justifie de traiter les dettes d'impôt différemment des autres obligations financières qui incombent à cette masse. A cet égard, la position du fisc n'est pas différente de celle des autres créanciers de la masse, avec lesquels il est mis sur pied d'égalité. Si, comme le laisse entendre l'autorité intimée, la dette fiscale était née avant l'ouverture de la faillite, par exemple au moment de la constitution des réserves latentes, rien n'expliquerait que sa perception soit retardée à un moment où la société est insolvable; dans un tel système, le fisc aurait pu vraisemblablement percevoir - en tout ou en partie - l'impôt dû à un moment où les facultés financières de la société auraient été encore intactes, de sorte qu'il se trouverait de toute manière dans une situation peut-être plus avantageuse, mais en tout cas différente de celle des créanciers dont les dettes sont nées, mais non échues, avant la déclaration de faillite. Le motif que l'autorité intimée entend tirer d'une éventuelle inégalité de traitement est dès lors dénué de pertinence.
public_law
nan
fr
1,996
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dcf1c8f1-fc9c-4d4e-b26e-67bcd2d43c8d
Urteilskopf 84 II 314 42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Mai 1958 i.S. Schindler & Cie. A.-G. gegen Ingold.
Regeste Verwechselbarkeit von Wortmarken, Art. 6 Abs. 1 MSchG . Allgemeine Voraussetzungen. Die Marken "Compact" und "COM-PACTUS" sind verwechselbar (Erw. 1). Gänzliche Warenverschiedenheit, Art. 6 Abs. 3 MSchG , Anforderungen. Archivierungsanlagen und Fahrtreppen sind nicht gänzlich verschiedenartige Waren (Erw. 2). Unterlassungsklage, Art. 24 MSchG , Voraussetzungen (Erw. 3, 4).
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 84 II 314 S. 315 A.- Ingenieur Ingold in Zürich hinterlegte am 18. Mai 1949 beim Eidgen. Amt für geistiges Eigentum unter Nr. 129 120 die schwarz umrahmte Wortmarke "COM-PACTUS" für "Vorrichtungen zum Archivieren, Magazinieren und Garagieren". Am 12. Juni 1953 hinterlegte er ferner das gleiche Wortzeichen, ohne Umrahmung, für "Vorrichtungen zum Archivieren und Magazinieren von Gegenständen, insbesondere von Dokumenten, und zum Garagieren von Autos, Bestand- und Zubehörteilen von solchen". Am 30. Juni 1951 liess er die Marke "COM-PACTUS" auch unter Nr. 154 627 im internationalen Register eintragen; ferner hinterlegte er sie in einer Anzahl Staaten, die dem Madrider Abkommen nicht angehören. Die Aufzüge- und Elektromotorenfabrik Schindler & Cie A.-G. in Luzern liess am 10. Januar 1957 unter Nr. 163 880 im schweizerischen Markenregister das Wortzeichen "Compact" für Fahrtreppen eintragen. Sie machte in der ersten Hälfte des Jahres 1957 in Tageszeitungen und Monatsschriften für ihre Fahrtreppe "Compact" Reklame. Mit Schreiben vom 23. Januar 1957 erhob Ingold gegen die Verwendung der Marke "Compact" durch die Firma Schindler Einspruch. Diese bestritt jedoch eine Verwechselbarkeit der beiden Marken. Ein weiterer Briefwechsel führte zu keiner Einigung. B.- Am 29. Juli 1957 reichte Ingold gegen die Firma Schindler Klage ein mit den Begehren um Nichtigerklärung der Marke der Beklagten und Untersagung ihres weiteren Gebrauches in der Schweiz, in den übrigen Mitgliedstaaten des Madrider Abkommens und in den weiteren Staaten, in denen der Kläger seine Marke "COMPACTUS" hatte eintragen lassen. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. C.- Mit Urteil vom 30. Januar 1958 erkannte das Obergericht Luzern: "1. Die Ungültigkeit der Schweizer Marke No. 163 880 "Compact" der Beklagten wird gerichtlich festgestellt. BGE 84 II 314 S. 316 2. Der Beklagten wird unter Androhung von Haft oder Busse nach Art. 292 StGB gerichtlich untersagt, das Wort "Compact" im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Anbieten und dem Verkauf von Fahrtreppen zu verwenden: In der Schweiz, in den andern Mitgliedstaaten der Madrider Übereinkunft, sowie in Argentinien, Australien, Brasilien, Canada, Dänemark, Ostdeutschland, Finnland, Irland, Mexiko, Norwegen, Österreich, Schweden, Südafrika, Türkei und den Vereinigten Staaten von Amerika." D.- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der Klage, eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung des Tatbestandes. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beklagte hält daran fest, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz zwischen ihrer Marke "Compact" und der älteren Marke der Klägerin "COMPACTUS" keine Verwechslungsgefahr bestehe. a) Gegen die Verwechselbarkeit sollen nach der Ansicht der Beklagten die ganz verschiedene Schreibweise der zu vergleichenden Zeichen und die bei der einen Marke des Klägers angebrachte Umrandung sprechen. Der letztere Unterschied fällt aber schon ausser Betracht, weil er sich nur bei der einen der klägerischen Marken vorfindet, nicht dagegen auch bei der andern. Die Verschiedenheiten des Druckes sodann - auseinandergezogene Blockschrift bei der Marke des Klägers, zusammengedrängte Druckschrift bei derjenigen der Beklagten - sind nicht derart, dass sie ernstlich ins Gewicht zu fallen vermöchten, zumal bei Wortmarken für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr in erster Linie der Wortklang massgebend ist ( BGE 82 II 234 , BGE 79 II 222 , BGE 78 II 381 ). b) Hinsichtlich des Wortklanges behauptet die Beklagte hinlängliche Verschiedenheit, weil der Kläger seine Marke mit der Endsilbe "-us" latinisiert habe, während es sich bei der ihrigen um ein englisches Wort handle. Die BGE 84 II 314 S. 317 französische Sprache kennt jedoch das Wort "compacte" ebenfalls, und auch in der deutschen Sprache ist das Fremdwort "kompakt" gebräuchlich, so dass kaum jemand auf den Gedanken verfallen könnte, das Markenwort der Beklagten englisch auszusprechen. Aber ganz abgesehen hievon vermag die Weglassung der Endsilbe "us" die völlige Übereinstimmung der übrigen Teile nicht zu verdecken, besonders wenn man berücksichtigt, dass der Käufer die beiden Marken nicht nebeneinander sieht, sondern sich auf das Erinnerungsbild verlassen muss. Die von der Beklagten weiter geltend gemachte Verschiedenheit der Silbenzahl vermag nach der Rechtsprechung eine im übrigen vorhandene Ähnlichkeit der Klangwirkung ebenfalls nicht zu beseitigen ( BGE 82 II 540 , BGE 77 II 324 , BGE 72 II 185 ). Der von der Beklagten erhobene Einwand, eine Verwechselbarkeit der beiden Marken entfalle, weil die Betonung auf verschiedenen Silben liege, trifft zum mindesten für die deutsche Aussprache nicht zu. Verwechselbarkeit von Wortmarken auch nur in einem Sprachgebiet genügt aber, um die jüngere Marke für das ganze Gebiet der Schweiz unzulässig zu machen. c) Die Beklagte bestreitet die Verwechslungsgefahr ferner mit dem Hinweis darauf, dass nach der Rechtsprechung ( BGE 61 II 57 , BGE 73 II 60 ) schon verhältnismässig geringe Abweichungen zweier Zeichen genügen, wenn die Abnehmerschaft aus Fachkreisen besteht, bei denen eine erhöhte Unterscheidungsfähigkeit vorausgesetzt werden darf. Wie jedoch die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, darf im vorliegenden Falle nicht allein auf die Verkehrsauffassung der nicht sehr zahlreichen fachkundigen Interessenten für Fahrtreppen abgestellt werden, sondern es muss auch diejenige der bedeutend breiteren Schicht von möglichen Abnehmern raumsparender Archivierungs- und Magazinierungsanlagen berücksichtigt werden. Das Verzeichnis der in der Schweiz ausgeführten "COMPACTUS"-Anlagen zeigt nun, dass neben Grossbanken, Versicherungen BGE 84 II 314 S. 318 und bedeutenden Industrieunternehmen auch zahlreiche kleinere Betriebe, sowie viele Gemeindeverwaltungen kleiner Ortschaften auf dem Lande solche Anlagen bezogen haben. Es kann daher nicht von einer ausschliesslichen oder auch nur überwiegenden Abnehmerschaft mit besonderen Fachkenntnissen gesprochen werden. Dass auch beim allgemeinen Publikum bei einmaligen grösseren Anschaffungen eine das gewöhnliche Mass übersteigende Aufmerksamkeit bei der Unterscheidung von Marken erwartet werden dürfe, wie die Beklagte weiter behauptet, ist in der neueren Rechtsprechung nicht mehr aufrecht erhalten worden ( BGE 73 II 60 ). Abgesehen hievon ist die Verschiedenheit der beiden hier in Frage stehenden Marken so gering, dass sie auch bei sorgfältiger Prüfung leicht übersehen werden kann. d) Zu Unrecht glaubt die Beklagte sodann, sich darauf berufen zu können, dass es sich bei den beiden Wortmarken nicht um reine Phantasiebezeichnungen handelt, sondern um Bezeichnungen, die ohne eigentliche Sachbezeichnungen zu sein, doch auf gewisse Eigenschaften, nämlich auf die Raumersparnis, hinweisen. Wenn auch an Zeichen dieser Art weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als an eigentliche Phantasiemarken, so darf doch die Ähnlichkeit nicht so weit reichen, wie es hier der Fall ist, wo die beiden Zeichen bis auf die Endung vollständig miteinander übereinstimmen. e) Der Hinweis der Beklagten darauf, dass sie die Marke "Compact" nie für sich allein, sondern immer im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Fahrtreppe" und dem Firmanamen Schindler brauche, ist ebenfalls unbehelflich. Denn dadurch wird die Gefahr nicht beseitigt, dass jemand, der die Inserate der Beklagten gesehen hat und nachher eine "COMPACTUS"-Anlage des Klägers zu Gesicht bekommt, auch diese als ein Erzeugnis der Beklagten ansehen könnte. Abgesehen hievon ist unter dem Gesichtspunkt des Markenrechts allein massgebend, ob sich die Marke der Beklagten so, wie sie eingetragen ist, BGE 84 II 314 S. 319 von der älteren Marke der Klägerin durch wesentliche Merkmale unterscheidet. Die Vorinstanz hat somit zu Recht Verwechselbarkeit der beiden Marken angenommen. 2. Die Beklagte macht geltend, ihre Marke sei trotz der Verwechselbarkeit mit derjenigen des Klägers gleichwohl zulässig, weil die beiden Zeichen entgegen der Auffassung der Vorinstanz für gänzlich verschiedenartige Waren im Sinne von Art. 6 Abs. 3 MSchG bestimmt seien. Bei der Beurteilung dieser Frage ist die Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, dass Warenverschiedenheit im Sinne der Ausnahmebestimmung von Art. 6 Abs. 3 MSchG schon dann zu verneinen ist, wenn die massgebenden Abnehmerkreise die beiden Erzeugnisse dem gleichen Hersteller zuschreiben könnten ( BGE 77 II 333 und dort erwähnte Entscheide). a) Die Beklagte behauptet, die Vorinstanz habe eine solche Verwechselbarkeit in Bezug auf den Hersteller zu Unrecht bejaht, obschon jeder Anhaltspunkt dafür fehle, dass irgendwo in der Schweiz oder im Ausland ein Unternehmen bestehe, das beide Erzeugnisse herstelle. Dieser Einwand geht jedoch am Kern der Sache vorbei. Dass jemals Erzeugnisse der beiden in Frage stehenden Arten vom selben Fabrikanten hergestellt worden sind, ist nicht erforderlich. Es genügt, wenn der Käufer oder Interessent einer "Compactus"-Anlage durch die Tatsache, dass die Beklagte für ihre Fahrtreppe die Bezeichnung "Compact" verwendet, in den Irrtum verfallen kann, die Beklagte sei auch die Herstellerin der "COMPACTUS"-Archivierungsanlagen. Diese Voraussetzung ist aber mit der Vorinstanz zu bejahen. b) Bei der Entscheidung dieser Frage fällt ins Gewicht, dass die beiden streitigen Marken nicht bloss eine entfernte Ähnlichkeit aufweisen, sondern - von der Endung der klägerischen Marke abgesehen - vollständig gleich lauten. Ein Irrtum des Publikums über die Herkunft der Ware wird aber um so eher eintreten, je näher sich die beiden BGE 84 II 314 S. 320 Marken sind. Die Verwechselbarkeit der Marken und die Frage der Warenverschiedenheit stehen zu einander in einem wechselseitigen Verhältnis in dem Sinne, dass an die Warenverschiedenheit ein um so strengerer Massstab angelegt werden muss, je ähnlicher die Marken einander sind (REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl. S. 242). c) Für die Möglichkeit einer Verwechslung der Hersteller spricht im vorliegenden Fall auch die von beiden Parteien gemachte Reklame. Denn beide legen grosses Gewicht auf die dank ihrem Erzeugnis erzielbare Raumersparnis. Dieses Anpreisen des gleichen Vorzuges bei zwei an sich verschiedenen Erzeugnissen, die unter einer beinahe gleich lautenden Marke in den Verkehr gelangen, ist zweifellos geeignet, bei den beteiligten Verkehrskreisen die Vorstellung zu erwecken, dass die beiden Produkte vom selben Hersteller stammen. d) Die Beklagte macht geltend, es sei belanglos, dass sie vor nahezu 10 Jahren einmal einen Motor und eine Antriebsmaschine für eine klägerische Anlage geliefert habe; denn die Antriebskonstruktion der heutigen Anlagen des Klägers weiche von der früher verwendeten grundlegend ab und sei der Beklagten fremd und unbekannt, was die Vorinstanz völlig ausser acht gelassen habe. Dieser Einwand stösst jedoch schon deswegen ins Leere, weil die Vorinstanz die seinerzeitige einmalige Lieferung entgegen der Behauptung der Beklagten nicht als Anhaltspunkt für die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer Herstellung von Archivierungsanlagen durch die Beklagte verwertet hat (vgl. Urteil S. 12 oben). Im übrigen schliesst technische Verschiedenheit des Herstellungsverfahrens zweier Erzeugnisse zum mindesten bei nicht technisch geschulten Abnehmerkreisen eine Verwechslung in Bezug auf den Hersteller nicht aus ( BGE 77 II 334 Erw. 3). Bei den vom Kläger hergestellten Anlagen handelt es sich zudem nicht um Erzeugnisse, die völlig ausserhalb des Tätigkeitsgebiets der Beklagten liegen, BGE 84 II 314 S. 321 wie aus deren Geständnis erhellt, dass sie nach entsprechenden konstruktiven Arbeiten die Herstellung von Archivierungsanlagen nach dem klägerischen System aufnehmen könnte. Selbst bei technisch gebildeten Interessenten ist es somit denkbar, dass sie wegen der Ähnlichkeit der Marken die Beklagte als Herstellerin der raumsparenden Archivierungsanlagen des Klägers ansehen könnten. Dass die Antriebmaschine nur einen relativ geringen Teil der Anlage des Klägers ausmacht, schliesst einen Irrtum der Abnehmerkreise über den Hersteller entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus, da es nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz nicht auf die einzelnen Teile, sondern auf die Anlage als Ganzes ankommt. e) Die Beklagte hält eine Verwechslung bezüglich des Herstellers für ausgeschlossen, weil es sich sowohl bei Archivierungsanlagen als auch bei Fahrtreppen um teure Einrichtungen handle, die Fr. 10'000.-- und mehr kosten. Bei Ausgaben in dieser Höhe pflege sich der Interessent den Hersteller genau anzusehen; auch trete er mit ihm durch den Abschluss eines Werkvertrages in direkte Beziehung, was eine Verwechslung unmöglich mache. Die genannten Umstände sind zwar geeignet, die Gefahr eines Irrtums über den Hersteller geringer erscheinen zu lassen, als es z.B. bei Gegenständen des täglichen Gebrauches mit ähnlichen Marken der Fall wäre. Aber angesichts der fast völligen Übereinstimmung der beiden Marken wird die Verwechslungsmöglichkeit doch nicht ausgeschlossen. Ein Interessent kann einmal irgendwo eine "COMPACTUS"-Archivierungsanlage gesehen haben, ohne sich nach dem Hersteller zu erkundigen. In Erinnerung geblieben ist ihm die Marke "COMPACTUS". Wenn er später in einer Zeitung ein Inserat für die "Compact"-Fahrtreppe der Beklagten sieht, in welchem auf die Raumersparnis einer solchen hingewiesen wird, so liegt es nahe, dass die Ähnlichkeit des Namens in Verbindung mit dieser BGE 84 II 314 S. 322 Anpreisung ihn zum Schlusse veranlasst, auch die "COM-PACTUS"-Archivierungsanlage werde von der Beklagten hergestellt. Will er nun aus irgendwelchen Gründen mit der Beklagten keine Geschäftsbeziehungen anknüpfen, so kommt eine "COMPACTUS"-Archivierungsanlage zum vorneherein für ihn nicht in Frage, und daher wird er auch den Irrtum über den Hersteller nicht entdecken. Eine Gefahr der Verwechslung der beiden Hersteller ist mithin trotz allen Einwänden der Beklagten nicht von der Hand zu weisen. Das genügt aber für die Verneinung der gänzlichen Warenverschiedenheit. f) Die Beklagte ist der Meinung, mit der Verneinung der Warenverschiedenheit zwischen den Archivierungsanlagen des Klägers und ihrer Fahrtreppe werde dem Kläger praktisch das Monopol für das Wort "kompakt" für alle Erzeugnisse der Maschinenindustrie eingeräumt, was vor dem Gesetz nicht haltbar sei. Diese Befürchtung ist unbegründet. Die im vorliegenden Falle als vorhanden betrachtete Verwechslungsgefahr bezieht und beschränkt sich auf die oben dargelegten besonderen Verhältnisse. Ob und inwieweit die Verwendung einer das Wort "kompakt" enthaltenden Marke für andere Erzeugnisse der Maschinenindustrie durch die klägerische Marke ausgeschlossen würde, bleibt offen und ist heute nicht zu entscheiden. 3. Die Vorinstanz hat neben der Nichtigerklärung der Marke der Beklagten deren weitere Verwendung verboten. Die Beklagte bestreitet die Zulässigkeit eines solchen Verbots, da sie die Marke "Compact" überhaupt noch nie markenmässig, sondern nur in der Reklame verwendet habe und bei Schutz der Nichtigkeitsklage jede künftige Verwendung der Marke durch sie ausgeschlossen sei. Allein selbst beim Fehlen eines bereits erfolgten markenmässigen Gebrauches des unzulässigen Zeichens ist die Unterlassungsklage gleichwohl begründet, wenn der Inhaber der beanstandeten Marke deren Unzulässigkeit bestreitet ( BGE 58 II 172 ). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Obwohl die Beklagte mit Schreiben vom 23. Januar und BGE 84 II 314 S. 323 22. Februar 1957 auf die Unzulässigkeit ihrer Marke aufmerksam gemacht worden war, hielt sie an dieser fest und liess in der Aprilnummer der Zeitschrift "Die Wirtschaft" eine längere Beschreibung ihrer "Compact"-Fahrtreppe erscheinen mit der Ankündigung, dass diese an der Muba ausgestellt sei. 4. Die Beklagte wendet sich schliesslich gegen das von der Vorinstanz in Ziffer 2 ihres Urteilsspruchs ausgesprochene Verbot, nicht nur die Marke, sondern das Wort "Compact" überhaupt im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Anbieten und dem Verkauf von Fahrtreppen zu verwenden; sie macht geltend, dieses Verbot gehe zu weit und sei darum unzulässig. Aus den Erwägungen des angefochtenen Urteils ist jedoch ersichtlich, dass sich das Verbot trotz seiner etwas missverständlichen Formulierung nur auf die Marke "Compact" bezieht. Das Verbot erstreckt sich nach dem Urteil auf das Gebiet der Schweiz, der Mitgliedstaaten des Madrider Abkommens und einer Reihe weiterer Staaten. Da die Berufung diesen Teil des Urteils nicht anficht, hat sich das Bundesgericht mit der Frage des territorialen Geltungsgebietes des Verbots nicht zu befassen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer, bestätigt.
public_law
nan
de
1,958
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dcf25aa2-2f3a-4ce7-9c72-d3f017f9c707
Urteilskopf 141 II 169 12. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Staatssekretariat für Migration (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_146/2014 vom 30. März 2015
Regeste Aufsichtsfunktion des Staatssekretariats; Zustimmungsverfahren; Anforderungen an die Gesetzesdelegation; Beschwerderecht; Art. 99 AuG in Verbindung mit Art. 85 VZAE ; Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Art. 89 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 111 Abs. 2 BGG . Die Übertragung der Zustimmungsbefugnis für die Erteilung oder Verlängerung einer ausländerrechtlichen Bewilligung an das Staatssekretariat durch den Bundesrat verletzt in den Fällen von Art. 85 Abs. 1 lit. a und b VZAE die Delegationsgrundsätze von Art. 99 AuG . Nach Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung in einem kantonalen Rechtsmittelverfahren kann das Staatssekretariat die Zustimmung gestützt auf die genannten Verordnungsbestimmungen nicht verweigern (E. 4.4); demgegenüber ist dies im Verfahren vor einer erstinstanzlichen Ausländerbehörde wie nach bisheriger Praxis möglich (E. 4.3). Konsequenzen für die Aufsichtstätigkeit des Staatssekretariats; Verhältnis zwischen Zustimmungsverfahren und Behördenbeschwerde (E. 4.4.3 und 4.4.4).
Sachverhalt ab Seite 170 BGE 141 II 169 S. 170 A. (geb. 1978) stammt aus Jordanien. Er heiratete am 10. Oktober 2000 eine Schweizerin (geb. 1976), woraufhin er im Kanton Basel-Stadt eine Aufenthaltsbewilligung erhielt. Im April 2002 verlegte er zusammen mit seiner Gattin und der gemeinsamen Tochter (geb. 2001) seinen Wohnsitz in den Kanton Aargau. Die ihm dort erteilte Aufenthaltsbewilligung wurde letztmalig bis zum 30. September 2011 verlängert. Während des Zeitraums Mai 2004 bis März 2009 wurde A. mehrfach strafrechtlich verurteilt, unter anderem zweimal wegen Raubes und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, was zu Freiheitsstrafen von zwölf und vierzehn Monaten führte. Die in diesem Zeitraum erfolgten Verurteilungen nahm das Migrationsamt des Kantons Aargau zum Anlass, A. am 14. Juli 2009 ausländerrechtlich zu verwarnen. Nach einer ersten Trennung im Jahr 2005 nahmen die Ehegatten ihr Zusammenleben im Jahr 2009 wieder auf; eine zweite Trennung fand gegen Ende 2010 statt. Das Gerichtspräsidium Rheinfelden bestätigte das Getrenntleben am 15. Juni 2011. Die Obhut über die gemeinsame Tochter beliess es - offenbar entsprechend der früheren Regelung - bei der Ehegattin. Gemäss weiteren Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ergaben sich keine Bemühungen von A. um Kontakt zu seinem Kind; aus diesem Grund wurde davon abgesehen, eine Besuchsregelung zu treffen. BGE 141 II 169 S. 171 Ein Gesuch von A. um Erteilung der Niederlassungsbewilligung wies das Migrationsamt am 30. Juli 2010 ab. Es erwog indessen, die Aufenthaltsbewilligung von A. zu verlängern. Den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung legte es dem Bundesamt für Migration (ab 1.1.2015: Staatssekretariat für Migration [SEM]; in der Folge: Staatssekretariat) zur Zustimmung vor. Nach drei weiteren Strafen, darunter eine Verurteilung vom 30. Januar 2012 zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe (wegen einfacher Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand, einfacher Körperverletzung, Sachbeschädigung, mehrfachen Hausfriedensbruchs, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes), verweigerte das Staatssekretariat am 12. April 2012 die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A. und wies ihn aus der Schweiz weg. Am 6. Januar 2014 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde von A. ab. Mit Eingabe vom 6. Februar 2014 beantragt A. dem Bundesgericht, das Migrationsamt des Kantons Aargau sei anzuweisen, seine Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG bzw. Art. 8 EMRK zu verlängern. Es sei festzustellen, es fehle der verweigerten Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Staatssekretariats an einer gültigen gesetzlichen Grundlage. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Gemäss Art. 5 Abs. 1 BV bedarf jedes staatliche Handeln einer gesetzlichen Grundlage. Das Legalitätsprinzip besagt, dass ein staatlicher Akt sich auf eine materiellgesetzliche Grundlage stützen muss, die hinreichend bestimmt und vom staatsrechtlich hierfür zuständigen Organ erlassen worden ist. Es dient damit einerseits dem demokratischen Anliegen der Sicherung der staatsrechtlichen Zuständigkeitsordnung, anderseits dem rechtsstaatlichen Anliegen der Rechtsgleichheit, Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit staatlichen Handelns ( BGE 128 I 113 E. 3c S. 121). 3.2 Art. 164 Abs. 1 BV konkretisiert dieses Prinzip für die Bundesgesetzgebung. Danach sind die wichtigen Recht setzenden BGE 141 II 169 S. 172 Bestimmungen in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen. Dazu gehören insbesondere die Einschränkung verfassungsmässiger Rechte sowie die grundlegenden Bestimmungen über Rechte und Pflichten von Personen ( Art. 164 Abs. 1 lit. b und c BV ) und kantonale Vollzugszuständigkeiten ( Art. 164 Abs. 1 lit. f BV ). Die grundlegenden Bestimmungen als dem formellen Gesetzgeber vorbehaltene Befugnisse dürfen nicht delegiert werden. Andere Rechtsetzungsbefugnisse können jedoch durch Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die Bundesverfassung ausgeschlossen wird ( Art. 164 Abs. 2 BV ). 3.3 Die Kompetenz zum Erlass gesetzesvertretender Verordnungen setzt eine entsprechende Delegationsnorm im Gesetz voraus ( Art. 164 Abs. 2 BV ). Auch wenn der Gesetzgeber davon abgesehen hat, der Exekutive derartige (beschränkte) Legislativfunktionen zu übertragen, obliegt es dem Bundesrat, die Gesetzgebung zu vollziehen ( Art. 182 Abs. 2 BV ). Der Anwendungsbereich von Ausführungs- und Vollziehungsverordnungen ist indes darauf beschränkt, die Bestimmungen des betreffenden Bundesgesetzes durch Detailvorschriften näher auszuführen und mithin zur verbesserten Anwendbarkeit des Gesetzes beizutragen. Ausgangspunkt sind Sinn und Zweck des Gesetzes; sie kommen in grundsätzlicher Weise durch die Bestimmung im formellen Gesetz zum Ausdruck (vgl. BGE 139 II 460 E. 2.1 S. 462 f.; BGE 133 II 331 E. 7.2.2 S. 348; BGE 126 II 283 E. 3b S. 291; BGE 124 I 127 E. 3b S. 132 f.). 3.4 Vor dem Hintergrund dieser Kompetenzausscheidung kann das Bundesgericht Rechtsverordnungen des Bundesrates vorfrageweise (inzident, im Einzelfall), aber inhaltlich eingeschränkt auf ihre Rechtmässigkeit prüfen. Gesetzesvertretende Rechtsverordnungen und Vollziehungsverordnungen sind zunächst auf ihre Gesetzmässigkeit ( BGE 137 III 217 E. 2.3 S. 220 f.; BGE 137 V 321 E. 3.3.2 S. 331; BGE 136 II 337 E. 5.1 S. 348 f.) und hernach, soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Bundesverfassung abzuweichen, auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen ( BGE 139 II 460 E. 2.3 S. 463 f.; BGE 137 V 321 E. 3.3.2 S. 331; BGE 131 II 271 E. 4 S. 276; BGE 128 II 247 E. 3.3 S. 252; BGE 126 II 283 E. 3b S. 290). In vorfrageweiser Normenkontrolle unterzieht das Bundesgericht die bundesrätliche Rechtsverordnung vorab einer Geltungskontrolle. Die Gesetzmässigkeit der Rechtsverordnung prüft es anhand dessen, ob der Bundesrat die Grenzen der ihm gesetzlich eingeräumten Befugnisse eingehalten hat ( Art. 164 Abs. 2 BV ; BGE 137 II 409 E. 6.4 S. 413; BGE 130 I 26 BGE 141 II 169 S. 173 E. 5.1 S. 43). Es konzentriert seine Prüfung darauf, ob die Verordnung den Rahmen der dem Bundesrat gesetzlich delegierten Kompetenzen offensichtlich sprengt ( BGE 137 III 217 E. 2.3 S. 220 f.; BGE 137 V 321 E. 3.3.2 S.331; BGE 136 II 337 E. 5.1 S. 348 f.; BGE 131 II 562 E. 3.2 S. 566). 3.5 Die sogenannte Subdelegation ist in der Bundesverfassung nicht ausdrücklich geregelt. Eine solche liegt vor, wenn der Bundesrat eine ihm delegierte Befugnis weiterdelegiert ( BGE 139 I 280 E. 5.4.2 S. 289; Urteile 2C_64/2013 vom 26. September 2014 E. 2.3.5; 2C_391/2013 vom 13. November 2013 E. 3.2; vgl. GIOVANNI BIAGGINI, BV, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [...], 2007, N. 10 zu Art. 182 BV ). Gemäss Art. 48 Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010) ist die Übertragung von Rechtsetzungskompetenzen vom Bundesrat an ein Departement zulässig, wobei der Bundesrat die Tragweite der Rechtssätze zu berücksichtigen hat. Auch die Weiterübertragung von Rechtsetzungsbefugnissen an Gruppen und Ämter ist zulässig; hierfür setzt Art. 48 Abs. 2 RVOG jedoch die Ermächtigung durch ein Bundesgesetz oder einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss voraus (vgl. Urteil 2C_391/2013 vom 13. November 2013 E. 3.3.3). 4. 4.1 Gemäss Art. 121 Abs. 1 BV steht dem Bund die umfassende Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Ausländerrechts zu. Aufgrund des in Art. 46 Abs. 1 BV enthaltenen Grundsatzes, dass die Kantone das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz umsetzen, hat folglich der Bundesgesetzgeber zu bestimmen, inwieweit die Kantone auf dem Gebiet des Ausländerrechts mit dem Vollzug des Bundesrechts betraut werden ( Art. 164 Abs. 1 lit. f BV ; vgl. BGE 127 II 49 E. 3a S. 51 f.; Urteil 2C_100/2014 vom 22. August 2014 E. 3.1; MARTIN NYFFENEGGER, in: Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Caroni/Gächter/Thurnherr [Hrsg.], 2010, N. 4 zu Art. 99 AuG ). Die kantonal zuständige Behörde erteilt die Bewilligungen gemäss Art. 32-35 und 37-39 AuG (SR 142.20); vorbehalten bleibt die Zustimmung des Staatssekretariats in den dafür vorbehaltenen Fällen ( Art. 40 Abs. 1 AuG in Verbindung mit Art. 99 AuG und Art. 86 Abs. 2 lit. a-c der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; RS 142.201] ). Aufgrund der gesetzlichen Regelung sind die Kantone somit befugt, eine ausländerrechtliche Bewilligung in eigener BGE 141 II 169 S. 174 Zuständigkeit zu verweigern. Deren Erteilung bedarf jedoch in den dafür vorgesehenen Fällen der Zustimmung des Staatssekretariats (Urteil 2C_774/2008 vom 15. Januar 2009 E. 4.2, in Fortführung einer unter dem ANAG [BS 1 121] entwickelten Rechtsprechung, vgl. dazu BGE 127 II 49 E. 3 S. 51 ff.). 4.2 Das Ausländergesetz enthält keine eigenständige Regelung für das Zustimmungsverfahren, sondern delegiert diese an den Verordnungsgeber. So ermächtigt Art. 99 AuG den Bundesrat festzulegen, "in welchen Fällen Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen sowie kantonale arbeitsmarktliche Vorentscheide dem SEM zur Zustimmung zu unterbreiten sind". In Art. 85 Abs. 1 VZAE erklärt der Verordnungsgeber das Staatssekretariat für die Zustimmung zur Erteilung der Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung sowie zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für zuständig, wenn: "a. es ein Zustimmungsverfahren zur Koordination der Praxis im Rahmen des Gesetzesvollzugs für bestimmte Personen- und Gesuchskategorien als notwendig erachtet; b. es die Unterbreitung zur Zustimmung in einem Einzelfall verlangt; c. eine vorzeitige Erteilung der Niederlassungsbewilligung nach Artikel 34 Absätze 3 und 4 AuG erfolgen soll; d. Bewilligungen zur Erwerbstätigkeit bis zu längstens vier Monaten nach Artikel 19 Absatz 4 Buchstabe a erteilt werden." Auch arbeitsmarktliche Vorentscheide ( Art. 83 VZAE ) sind dem Staatssekretariat zur Zustimmung zu unterbreiten ( Art. 85 Abs. 2 VZAE ). Art. 85 Abs. 3 VZAE sieht schliesslich vor, dass die kantonale Ausländerbehörde ( Art. 88 Abs. 1 VZAE ) dem Staatssekretariat zudem einen kantonalen Entscheid für die Überprüfung der bundesrechtlichen Voraussetzungen zur Zustimmung unterbreiten kann . Das Staatssekretariat verweigert die Zustimmung zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung insbesondere, wenn Widerrufsgründe nach Art. 62 AuG vorliegen ( Art. 86 Abs. 2 lit. a VZAE ). 4.3 Die Vorinstanz erachtet die Regelung in Art. 85 Abs. 1 lit. a VZAE für unzulässig, möchte sie aber aus Gründen der Rechtssicherheit weiterhin zur Anwendung bringen. Für Streitigkeiten wie die vorliegende sind indessen zwei Konstellationen grundlegend zu unterscheiden, und zwar einerseits die behördliche Zusammenarbeit zwischen dem Staatssekretariat und den kantonalen Ausländerbehörden wie vorliegend (hierzu nachfolgend E. 4.3.1 ff.) und BGE 141 II 169 S. 175 andererseits das Zustimmungsverfahren, wenn eine Entscheidung im Kanton im Rechtsmittelverfahren getroffen wird (nachfolgend E. 4.4). 4.3.1 Im Rahmen der behördlichen Zusammenarbeit zwischen dem Staatssekretariat und den kantonalen Ausländerbehörden (vgl. Art. 97 Abs. 1 AuG ) ist der Bundesrat für die Koordination und den Vollzug der ausländerrechtlichen Regelungen ausserhalb der Gesetzesdelegation jederzeit auch ohne spezifische Ermächtigung berechtigt, Vollziehungsbestimmungen zu erlassen ( Art. 182 Abs. 2 BV ; oben E. 3.3), die inhaltlich die gesetzliche Regelung des AuG konkretisieren (vgl. BGE 139 II 460 E. 2.1 S. 462 f.; BGE 133 II 331 E. 7.2.2 S. 348). Vom Bundesrat erlassene Vollzugsbestimmungen sollen nicht in die Kompetenzordnung eingreifen, wie sie sich aus Verfassung und Gesetz ergibt (vgl. hiervor E. 3.3 f.). Vollziehungsverordnungen dürfen weder die Rechte der Bürgerinnen und Bürger (zusätzlich) beschränken noch ihnen (weitere) Pflichten auferlegen, und zwar selbst dann nicht, wenn dies durch den Gesetzeszweck gedeckt wäre ( BGE 139 II 460 E. 2.2 S. 463; BGE 136 I 29 E. 3.3 S. 33; BGE 130 I 140 E. 5.1 S. 149 mit Hinweisen). Sowohl das Erfordernis der Zustimmung des Staatssekretariats als auch die Möglichkeit, Ansprüche auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung einzuschränken, ergeben sich bereits aus den einschlägigen Bestimmungen des Bundesrechts (vgl. etwa Art. 62 und 63 AuG ). Es besteht diesbezüglich keine ausschliessliche Zuständigkeit der Kantone (vgl. E. 4.1); auch kann das Staatssekretariat grundsätzlich nach Kenntnis einer Bewilligungserteilung durch das ZEMIS-System (vgl. Art. 5 lit. a der Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem [SR 142.513]) und insbesondere nach einem letztinstanzlichen kantonalen Bewilligungsentscheid (vgl. Art. 112 Abs. 4 BGG in Verbindung mit Art. 1 der Verordnung vom 8. November 2006 über die Eröffnung letztinstanzlicher kantonaler Entscheide in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten [SR 173.110.47]) Beschwerde gegen die Aufenthaltserlaubnis führen ( Art. 89 Abs. 2 lit. a und Art. 111 Abs. 2 BGG ; vgl. BGE 136 II 359 E. 1.2 S. 362 f.; BGE 134 II 201 E. 1.1 S. 203; Urteile 2C_280/2014 vom 22. August 2014 E. 1.2; 2C_801/2013 vom 18. März 2014 E. 1.1; 2C_326/2013 vom 20. November 2013 E. 1.1). 4.3.2 Das Staatssekretariat kann demnach Verwaltungsweisungen erlassen, die die Vorgaben des AuG konkretisieren und sich an weitere Vollzugsbehörden richten. Kraft seiner spezifischen Aufsicht im BGE 141 II 169 S. 176 Ausländerbereich kann es auch festlegen, dass ihm die kantonalen Vollzugsbehörden gewisse Fälle zu unterbreiten haben. Wenn die kantonale Ausländerbehörde die Angelegenheit demnach wie vorliegend dem Staatssekretariat unterbreitet, ist dies zulässig: Die Anrufung von Art. 85 VZAE beschränkt sich in dieser Konstellation darauf, die (Vollzugs-)Bestimmungen des AuG, die in grundsätzlicher Weise durch die Bestimmung im formellen Gesetz zum Ausdruck kommen (vgl. hiervor E. 4.3.1; BGE 139 II 460 E. 2.1 S. 462 f.), im erstinstanzlichen Verfahren besser zu koordinieren. Der kantonalen Migrationsbehörde war es vorliegend im Rahmen der allgemeinen Vollzugskompetenz und im Sinne einer Zusammenarbeit der Behörden somit nicht verwehrt, die Angelegenheit dem Staatssekretariat zu unterbreiten. 4.4 Anders verhielte es sich, wenn das Staatssekretariat nicht im Rahmen der Zusammenarbeit mit der kantonalen Ausländerbehörde über die Zustimmung zu einer Bewilligung befindet, sondern eine Rechtsmittelbehörde die Bewilligung verbindlich anordnet und für die Bewilligungserteilung gleichwohl - kumulativ - die Zustimmung des Staatssekretariats erforderlich ist. Gegenüber einem Entscheid der kantonalen Rechtsmittelinstanz kann sich das Staatssekretariat für die Eröffnung eines Zustimmungsverfahrens nicht auf die in seinen Weisungen definierten Sachverhaltskonstellationen berufen. Vielmehr müssten diese im Sinne von Art. 99 AuG vom Verordnungsgeber präzise umschrieben und die Delegationsgrundsätze in Art. 85 Abs. 1 lit. a und b VZAE eingehalten werden. Nach der geltenden Rechtslage sind diese Voraussetzungen, wie die Vorinstanz für Art. 85 Abs. 1 lit. a VZAE bereits ausgeführt hat, nicht eingehalten: 4.4.1 Soweit die Zustimmung gestützt auf Art. 85 Abs. 1 lit. a VZAE ("Koordination der Praxis im Rahmen des Gesetzesvollzugs für bestimmte Personen- und Gesuchskategorien") verweigert worden wäre, könnte die Bestimmung keine gültige gesetzliche Grundlage für die Zustimmungsverweigerung darstellen: Gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a VZAE ist das Staatssekretariat zuständig für die Zustimmung zur Erteilung der Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligung sowie zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn es ein Zustimmungsverfahren zur Koordination der Praxis im Rahmen des Gesetzesvollzugs für bestimmte Personen- und Gesuchskategorien als notwendig erachtet. Die generell-abstrakte BGE 141 II 169 S. 177 Umschreibung der zustimmungserforderlichen Konstellationen wird auf das Staatssekretariat übertragen, welches diese in seinen Weisungen vornimmt; vgl. etwa die dort angeführte Kategorie der ausländischen Personen, die "schwerwiegend oder wiederholt straffällig geworden sind" (Ziff. 1.3.1.4 der "Weisungen und Erläuterungen Ausländerbereich", S. 37; www.bfm.admin.ch , zuletzt besucht am 5. Januar 2015). Es liegt damit eine Rechtsetzung durch das Staatssekretariat, mithin eine Subdelegation vor. Da hierfür keine Ermächtigung in einem Bundesgesetz besteht (und auch kein allgemeinverbindlicher Bundesbeschluss erging), ist die Subdelegation unzulässig ( Art. 48 Abs. 2 RVOG ; oben E. 3.5; Urteil 2C_391/2013 vom 13. November 2013 E. 3.3.3). 4.4.2 Dasselbe gilt für die Bestimmung von Art. 85 Abs. 1 lit. b VZAE , die das Staatssekretariat in seiner Stellungnahme hilfsweise als gesetzliche Grundlage für die Verweigerung der Zustimmung heranzieht. Indem der Verordnungsgeber das Staatssekretariat in Art. 85 Abs. 1 lit. b VZAE für alle Fälle zur Erteilung der Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung sowie zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung als zuständig erklärt, in welchen "es die Unterbreitung zur Zustimmung in einem Einzelfall verlangt", kommt er den sich aus dem Bundesgesetz ergebenden Pflichten, die Fallkategorien von Zustimmungserfordernissen positiv - mithin für die betroffenen Personen und Ämter vorhersehbar - festzulegen, nicht nach. Auch mit der Übertragung sämtlicher Entscheidungsbefugnisse im Einzelfall in Art. 85 Abs. 1 lit. b VZAE sind (mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmung der Materie gemäss Art. 99 AuG ) die Anforderungen an eine Gesetzesdelegation durch den Verordnungsgeber nicht eingehalten worden. Die Bestimmungen von Art. 85 Abs. 1 lit. a und b VZAE genügen dem Legalitätsprinzip nicht und könnten daher keine Grundlage für die Verweigerung der Zustimmung durch das Staatssekretariat sein, wenn ein Rechtsmittelentscheid des Kantons vorliegt. 4.4.3 Das Bundesgericht hat bis anhin das Bewilligungsverfahren und das Zustimmungsverfahren als zwei voneinander getrennte Verfahren betrachtet und das Erfordernis der Zustimmung des Staatssekretariats auch dort als zulässig angesehen, wo eine kantonale Rechtsmittelbehörde bereits über die Bewilligungsfrage entschieden hat (vgl. Urteile 2C_774/2008 vom 15. Januar 2009 E. 4.2; 2C_176/2011 vom 12. September 2011 E. 3.2; 2C_505/2013 vom 4. Oktober 2013 E. 3; 2C_100/2014 vom 22. August 2014 E. 3.3; vgl. bereits BGE 141 II 169 S. 178 zum alten Recht BGE 120 Ib 6 E. 2 und 3 S. 8 ff.; BGE 127 II 49 E. 3c S. 54 f.). Zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten und in Änderung der bisherigen Rechtsprechung ist nunmehr zu beachten, dass ein Zustimmungsverfahren nach dem Erlass eines kantonalen Rechtsmittelentscheids dort nicht angestrengt werden kann, wo es dem Staatssekretariat offensteht, selbst Beschwerde zu führen; in solchen Fällen wäre gestützt auf die Kompetenzordnung die Erhebung einer Behördenbeschwerde die richtige Vorgehensweise ( Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG ). Diese ist, da im bundesgerichtlichen Verfahren vorgesehen, grundsätzlich in sämtlichen kantonalen Verfahren zulässig (vgl. Art. 111 Abs. 2 BGG ; vgl. zur Kenntnisnahme des Staatssekretariats insbesondere nach dem obersten kantonalen Gerichtsentscheid vorne E. 4.3.1). 4.4.4 Eine Behördenbeschwerde ist indessen nur im Zusammenhang mit Bewilligungen gegeben, auf welche ein Anspruch besteht ( Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ), bzw. dann, wenn gerade die Frage nach dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Bewilligungsanspruchs Streitgegenstand bildet (vgl. BGE 130 II 137 E. 1.2 S. 140 f.). In allen andern Fällen ergibt sich für das Staatssekretariat weder im bundesgerichtlichen Verfahren noch vor der kantonalen Rechtsmittelinstanz die Möglichkeit der Beschwerde ( Art. 89 Abs. 2 lit. a und Art. 111 Abs. 2 BGG e contrario). Es kann hier seine eigenständige Kontrolle gegenüber kantonalen Rechtsmittelentscheiden ausschliesslich auf dem Weg des Zustimmungsverfahrens wahren. Ein solches zu eröffnen muss ihm diesfalls auch im Rechtsmittelverfahren nach wie vor gestattet sein (vgl. insoweit bereits BGE 120 Ib 6 E. 2 und 3 S. 8 ff.; BGE 127 II 49 E. 3c S. 54 f.). Dafür aber bedarf es einer Regelung in der bundesrätlichen Verordnung, die unter Beachtung der Delegationsgrundsätze präzise umschreibt, für welche Kategorien von Bewilligungen (vorab für solche ohne Bewilligungsanspruch) das Zustimmungsverfahren vorgeschrieben ist. 4.4.5 Es liesse sich einwenden, dass das Bundesgericht die Handhabung des Zustimmungsverfahrens auch unter der Geltung des AuG bisher nicht beanstandet hat (vgl. die nicht publizierten Urteile hiervor in E. 4.4.3). Indessen springt die diesbezügliche Kompetenzordnung und Rechtslage nicht in die Augen und hat noch nie ein Rechtsunterworfener substanziiert geltend gemacht, die bundesrätliche Verordnung verletze die Delegationsgrundsätze. Das Bundesgericht kam deshalb im hier zu beurteilenden Fall erstmals in die Lage, sich damit einlässlich zu befassen. BGE 141 II 169 S. 179 4.5 Angesichts der voranstehenden Ausführungen ergibt sich für die zu beurteilende Sachverhaltskonstellation demnach Folgendes: Vorliegend hat die kantonale Ausländerbehörde die Angelegenheit noch vor der Fällung eines eigenen positiven Bewilligungsentscheids dem Staatssekretariat unterbreitet. Im Rahmen einer Zusammenarbeit der Vollzugsbehörden war dies - im Unterschied zu Konstellationen, wo die Rechtsmittelbehörde die Bewilligungserteilung verbindlich angeordnet hat - zulässig. Im Ergebnis durfte die Vorinstanz demnach hier von einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage ausgehen und es stand ihr offen, die Bewilligungsfrage in materieller Hinsicht zu überprüfen. 5. Zu beurteilen bleibt, ob das Bundesverwaltungsgericht einen Anspruch des Beschwerdeführers nach Art. 50 Abs. 1 AuG zu Recht verneinte. Unstrittig ist, dass die Ehegemeinschaft des Beschwerdeführers mehr als drei Jahre gedauert hat. Zu untersuchen ist demnach zunächst im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG , ob der Beschwerdeführer in der Schweiz integriert ist. 5.1 Zu Recht hat die Vorinstanz gestützt auf die Kontinuität und Art der Delikte (u.a. Verurteilungen wegen Gewaltdelikten) sowie die Tatsache, dass im Verlauf von siebeneinhalb Jahren gegen den Beschwerdeführer Freiheitsstrafen von insgesamt 42 Monaten ausgesprochen werden mussten, eine erfolgreiche Integration in der Schweiz verneint (vgl. Art. 77 Abs. 4 VZAE ): Delikte wie Raub oder räuberische Erpressung wie auch Verstösse gegen das Waffengesetz lassen sich entgegen der Vorbringen des Beschwerdeführers nicht einfach auf "Drogensucht und Beschaffungskriminalität" zurückführen. Soweit der Beschwerdeführer das Urteil des EGMR Udeh gegen die Schweiz vom 16. April 2013 (Nr. 12020/09) heranzieht und damit aufzeigen möchte, dass "eine positive Entwicklung seit der Delinquenz" zu berücksichtigen sei, verkennt er die Tragweite des Urteils hinsichtlich seiner prozessrechtlichen Konstellation. Der EGMR hat dort keinen Grundsatzentscheid gefällt, sondern die Umstände des konkreten Einzelfalls berücksichtigt, die teilweise erst nach der Beurteilung durch das Bundesgericht eintraten und in verschiedenerlei Hinsicht nicht mit der vorliegenden Angelegenheit vergleichbar sind (vgl. hierzu BGE 139 I 325 E. 2.4 S. 327 ff.; Urteile 2C_366/2014 vom 6. Juni 2014 E. 2.3.2; 2C_245/2014 vom 28. Mai 2014 E. 3.3.3; je mit Hinweisen). Dass der Beschwerdeführer im März 2012 eine Drogentherapie begonnen hat, ist ihm BGE 141 II 169 S. 180 zugutezuhalten, vermag indessen die fehlende Integration nicht entscheidend infrage zu stellen. Ohnehin erging die neueste Verurteilung des Beschwerdeführers aus dem Jahr 2012 noch während der Hängigkeit des vorliegenden Verfahrens. Eine "positive Entwicklung" lässt sich vor diesem Hintergrund nicht erkennen. In Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Erwägungen liegt demnach ein Verlängerungsanspruch für seine Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG nicht vor ( BGE 136 II 113 E. 3.3.3 S. 119; BGE 137 II 345 E. 3.1.3 S. 347). 5.2 Der Beschwerdeführer beruft sich schliesslich auf einen Anspruch gestützt auf die Beziehung zu seiner in der Schweiz aufenthaltsberechtigten Tochter nach Art. 8 EMRK . 5.2.1 Das in Art. 8 EMRK bzw. in Art. 13 BV geschützte Recht auf Privat- und Familienleben ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen ( BGE 140 I 145 E. 3.2 S. 147; BGE 139 I 330 E. 2.2 S. 319; BGE 137 I 247 E. 4.1.2 S. 249 f.). Bei nicht sorgeberechtigten ausländischen Elternteilen eines hier aufenthaltsberechtigten Kindes, welche aufgrund einer inzwischen aufgelösten ehelichen Gemeinschaft mit einem/-er schweizerischen Staatsangehörigen bereits eine Aufenthaltsbewilligung besassen, besteht nach der Rechtsprechung ein Anspruch nach Art. 8 EMRK , wenn der persönliche Kontakt im Rahmen eines nach heutigem Massstab üblichen Besuchsrechts ausgeübt wird, eine in wirtschaftlicher Hinsicht enge Beziehung zum aufenthaltsberechtigten Kind besteht und die um Aufenthalt suchende Person zu keinerlei wesentlichen Klagen Anlass gegeben hat ( BGE 139 I 315 E. 2.5 S. 321 f.; Urteile 2C_547/2014 vom 5. Januar 2015 E. 3.2; 2C_606/2013 vom 4. April 2014 E. 6.3). 5.2.2 Gemäss den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen steht die Tochter des Beschwerdeführers unter der Sorge und Obhut ihrer Mutter. Aufgrund der fehlenden Kontaktaufnahmen zu seinem Kind wurde dem Beschwerdeführer anlässlich der gerichtlichen Regelung des Getrenntlebens von seiner Frau im Jahr 2011 kein Besuchsrecht eingeräumt. Der Beschwerdeführer substanziiert in seiner Beschwerdeschrift keine gegenteiligen Anhaltspunkte oder eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz BGE 141 II 169 S. 181 hinsichtlich des Kontakts zu seinem Kind (vgl. nicht publ. E. 1.2). Es ist auch nicht ersichtlich und wird von ihm auch nicht behauptet, dass er in den vergangenen Jahren Unterhaltszahlungen an seine Tochter geleistet hätte. Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 8 EMRK besteht bereits deswegen und ebenso aufgrund der zahlreichen Verurteilungen nicht ( BGE 139 I 315 E. 2.5 S. 321 f.; Urteil 2C_582/2013 vom 2. April 2014 E. 2.1 f.). Das Vorliegen eines Härtefalls im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG (vgl. hierzu BGE 137 II 345 E. 3.2.1 S. 348; Art. 31 Abs. 1 VZAE ) wird im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr geltend gemacht. 6. 6.1 Zusammenfassend ergibt sich demnach, dass die kantonale Ausländerbehörde eine beabsichtigte positive Bewilligungsentscheidung gestützt auf die allgemeine Vollzugs- und Koordinationsregelung dem Staatssekretariat - im Rahmen einer Zusammenarbeit der mit dem Vollzug betrauten Behörden - vorlegen kann. Dies ist anders zu beurteilen, sobald ein kantonaler Entscheid einer Rekursbehörde oder ein Gerichtsentscheid vorliegt (vgl. hiervor E. 4.4). Gegenüber einem Entscheid einer Rechtsmittelbehörde kann sich das Staatssekretariat hingegen für die Beanspruchung des Zustimmungsverfahrens nicht auf seine Weisungen berufen; vielmehr sind für diesen Fall die zustimmungsbedürftigen Bewilligungen unter Wahrung der Delegationsgrundsätze neu zu umschreiben (E. 4.4.1 und 4.4.2) bzw. ist - soweit es sich um einen Anspruchstatbestand handelt - der Rechtsmittelweg einzuschlagen (vgl. hiervor E. 4.4.3) Für die vorliegende Konstellation der Behördenzusammenarbeit durfte das Bundesverwaltungsgericht demnach - im Ergebnis - davon ausgehen, das Legalitätsprinzip sei nicht verletzt, womit die Bewilligungsfrage in materieller Hinsicht zu überprüfen war. In diesem Rahmen hat das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erkannt, dass die Zustimmung zu einer Bewilligungsverlängerung nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AuG bzw. Art. 8 EMRK zu verweigern war.
public_law
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dcf34c92-3e02-4b84-ac93-08b5b4cc8719
Urteilskopf 124 V 82 13. Urteil vom 30. Januar 1998 i.S. Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit St. Gallen gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 97 und 128 OG ; Art. 1 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 45 Abs. 1, Art. 55 Abs. 1 und 2 VwVG ; Art. 30 Abs. 3 Satz 4 und Art. 103 Abs. 6 AVIG ; Art. 97 Abs. 2 AHVG . - Art. 97 Abs. 2 AHVG ist auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung analog anzuwenden; in diesem Bereich ergangene kantonale Zwischenentscheide über die Gewährung oder Verweigerung der aufschiebenden Wirkung beruhen daher auf einer bundesrechtlichen Grundlage. - Die vom kantonalen Gericht einer Beschwerde gegen eine Verfügung betreffend die Einstellung in der Anspruchsberechtigung gewährte aufschiebende Wirkung bewirkt für die Verwaltung der Arbeitslosenversicherung in jedem Fall einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, weil die Einstelltage bei gerichtlicher Anfechtung aufgrund der gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG nach sechs Monaten eintretenden Vollstreckungsverwirkung kaum je getilgt werden könnten. Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG schliesst die Gewährung des Suspensiveffekts der Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung aus (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 83 BGE 124 V 82 S. 83 A.- Mit Verfügung vom 14. Mai 1996 stellte das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, St. Gallen (KIGA), den 1969 geborenen B. wegen Missachtung einer Weisung betreffend eine ihm zugewiesene Arbeit und den Besuch eines Kurses ab 17. April 1996 für 20 Tage in der Anspruchsberechtigung ein. Mit einer weiteren Verfügung vom 22. November 1996 stellte das KIGA den Versicherten ab 19. Juni 1996 für die Dauer von 45 Tagen in der Bezugsberechtigung ein, weil er einen Integrations- und Weiterbildungskurs, zu dessen Besuch er angewiesen worden sei, ohne entschuldbaren Grund abgebrochen habe. B.- B. liess beide Verfügungen beschwerdeweise anfechten mit dem Begehren um deren Aufhebung. In der gegen die Verfügung vom 22. November 1996 gerichteten Beschwerde liess er überdies u.a. beantragen, im Sinne einer vorsorglichen Massnahme sei das KIGA anzuweisen, die seit April 1996 aufgelaufenen und noch nicht abgerechneten Arbeitslosentaggelder umgehend abzurechnen und die ausstehenden Beträge zuzüglich 5% Verzugszins auszuzahlen. Mit Zwischenentscheid vom 5. März 1997 wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen das KIGA an, B. "in Nachachtung der aufschiebenden Wirkung der Rekurse die aufgrund der angefochtenen Einstellungsverfügungen nicht ausgezahlten Taggelder vorderhand auszurichten bzw. deren Ausrichtung zu veranlassen" (Dispositiv-Ziffer 1), während es die übrigen Begehren abwies (Dispositiv-Ziffer 2). C.- Das KIGA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, Dispositiv-Ziffer 1 des vorinstanzlichen Zwischenentscheides sei aufzuheben. Während B. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, unterstützt das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (ab 1. Januar 1998: Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, nachfolgend: BWA) das Rechtsbegehren des KIGA. BGE 124 V 82 S. 84 D.- Auf Aufforderung des Instruktionsrichters reichte das BWA am 18. August 1997 eine weitere Vernehmlassung ein, in der es u.a. vor dem Hintergrund von Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG am Antrag auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde festhielt. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Die Vorinstanz hat das Gesuch des Versicherten um Anordnung vorsorglicher Massnahmen, d.h. um Ausrichtung der von den Einstellungsverfügungen erfassten Taggelder, unter dem Gesichtswinkel der aufschiebenden Wirkung geprüft. Sie hat festgehalten, die Frage des Suspensiveffekts beurteile sich gemäss Art. 103 Abs. 6 AVIG nach kantonalem Recht; laut Art. 51 des Gesetzes des Kantons St. Gallen über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai 1965 habe der Rekurs aufschiebende Wirkung. Das KIGA habe in den beiden angefochtenen Einstellungsverfügungen den Entzug der aufschiebenden Wirkung nicht angeordnet, weshalb das Begehren um Leistungsausrichtung "zur Gewährleistung der aufschiebenden Wirkung" zu schützen sei. Das KIGA macht im wesentlichen geltend, bei den Einstellungsverfügungen handle es sich um negative Verfügungen, welche nach der Rechtsprechung ( BGE 123 V 41 Erw. 3, BGE 117 V 185 ) der aufschiebenden Wirkung nicht zugänglich seien. Dieser Einwand geht fehl. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in einem neuesten Urteil in Sachen S. vom 7. Mai 1997 (SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 327) dargelegt hat, stellt der Verwaltungsakt betreffend die Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosentaggelder keine negative Verfügung dar, bei der sich die Frage der aufschiebenden Wirkung von vornherein gar nicht stellen kann. Die entsprechende Verfügung ist vielmehr eine Anordnung, die eine teilweise Verweigerung, eine zeitweilige Einstellung des laufenden Taggeldes zum Gegenstand hat, welche vollstreckt werden muss und daher einem Aufschub durchaus zugänglich ist (vgl. BGE 117 V 188 Erw. 1b). Denn damit kann bei Verfügungen über die Einstellung in der Anspruchsberechtigung erreicht werden, dass die im Verfügungs-Dispositiv angeordnete Rechtsfolge vorläufig nicht eintritt, sondern die Taggelder vollumfänglich ausbezahlt werden (vgl. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 241). Mit der Einstellungsverfügung wird somit nicht - wie dies bei einer negativen Verfügung zutrifft ( BGE 123 V 41 Erw. 3) - ein Leistungsanspruch verweigert, sondern das dem Versicherten an sich BGE 124 V 82 S. 85 zustehende Taggeld wird für eine bestimmte Dauer nicht ausgerichtet (SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 327). b) Somit ist zu prüfen, ob der kantonale Zwischenentscheid selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann. Der Beschwerdegegner bestreitet dies mit dem Argument, dass sich die vorinstanzliche Verfügung ausschliesslich auf kantonales Recht stütze, weshalb die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht zulässig sei. 2. Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidg. Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG . Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (und im übrigen noch weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher umschriebene Voraussetzungen erfüllen). Verfügungen im Sinne dieser Umschreibung können nach dem Wortlaut des zweiten Absatzes von Art. 5 VwVG auch Zwischenverfügungen sein, insoweit sie den Anforderungen des vorangehenden ersten Absatzes entsprechen. Zudem verweist Art. 5 Abs. 2 VwVG bezüglich der Zwischenverfügungen auf Art. 45 des gleichen Gesetzes, laut welchem nur solche Zwischenverfügungen anfechtbar sind, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können ( Art. 45 Abs. 1 VwVG ). Dieser grundsätzliche Vorbehalt gilt als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines selbständigen, der Endverfügung vorangehenden Beschwerdeverfahrens, insbesondere für alle in Art. 45 Abs. 2 VwVG - nicht abschliessend - aufgezählten Zwischenverfügungen. Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offensteht ( BGE 116 V 132 f. Erw. 1, BGE 110 V 354 f. Erw. 1a, BGE 109 V 231 Erw. 1, BGE 105 V 267 Erw. 1, BGE 104 V 176 Erw. 1, BGE 98 V 220 f. mit Hinweisen; GYGI, a.a.O., S. 140 ff.; KNAPP, Précis de droit administratif, 4. Aufl., S. 236 Nr. 1059). 3. Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die vom Eidg. Versicherungsgericht in SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 328 f. Erw. 3 sowie im unveröffentlichten Urteil M. vom 29. März 1994 offengelassene Frage, ob sich für die im Bereich der Arbeitslosenversicherung ergangenen kantonalen BGE 124 V 82 S. 86 Zwischenentscheide über die Gewährung oder Verweigerung der aufschiebenden Wirkung eine bundesrechtliche Grundlage finden lässt oder ob sie ausschliesslich auf selbständigem kantonalem Prozessrecht beruhen und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde deshalb unzulässig ist (vgl. BGE 123 I 277 Erw. 2b). a) Gemäss Art. 103 Abs. 6 AVIG bestimmt sich das kantonale Verfahren - unter Vorbehalt der bundesrechtlichen Minimalvorschriften laut Abs. 2 bis 5 - nach kantonalem Recht; für das Verfahren der letzten kantonalen Instanz bleibt Art. 1 Abs. 3 VwVG vorbehalten. Gemäss dieser Bestimmung finden auf Verfahren letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches Recht des Bundes nicht endgültig verfügen, nur die Art. 34 bis 38 VwVG und 61 Abs. 2 und 3 VwVG über die Eröffnung von Verfügungen und Art. 55 Abs. 2 und 4 VwVG über den Entzug der aufschiebenden Wirkung Anwendung. Aus dieser Ordnung könnte geschlossen werden, dass durch die fehlende Verweisung auf Art. 55 Abs. 1 VwVG , wonach die Beschwerde aufschiebende Wirkung hat, Beschwerden, die sich gegen eine AlV-rechtliche Verfügung richten, die nicht eine Geldleistung zum Gegenstand hat, keine aufschiebende Wirkung zukommt. b) Gemäss Art. 97 Abs. 2 AHVG kann die Ausgleichskasse in ihrer Verfügung einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen, auch wenn die Verfügung auf eine Geldleistung gerichtet ist; im übrigen gilt Art. 55 Abs. 2 bis 4 VwVG. Das Eidg. Versicherungsgericht hat diese im AHV-Bereich geltende Regelung, wo vorinstanzliche Verfügungen über die aufschiebende Wirkung immer auf Bundesrecht beruhen, auf dem Gebiet der Krankenversicherung nach KUVG als analog anwendbar erklärt (RSKV 1981 Nr. 445 S. 80 ff. Erw. 2). Es erscheint naheliegend, Art. 97 Abs. 2 AHVG auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung ebenfalls sinngemäss anzuwenden, zumal der in RSKV 1981 Nr. 445 S. 82 Erw. 2 für diese Lösung unter Berufung auf die im wesentlichen gleichlautenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AHVG (Art. 85 Abs. 2) und des KUVG (Art. 30bis Abs. 3) angeführte Grund - eine möglichst weitgehende Vereinheitlichung der bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften auf dem Gebiete der Sozialversicherung - auch im Verhältnis zwischen AHV und Arbeitslosenversicherung gilt. Mit der Annahme einer bundesrechtlichen Grundlage kann sodann - wie in BGE 117 V 190 Erw. 1c in fine dargelegt wurde - eine Gabelung des Rechtsweges vermieden BGE 124 V 82 S. 87 werden, die sich mit dem nicht nur für das einzelne Verfahrensstadium, sondern für den Verfahrensablauf insgesamt geltenden Einfachheitsgebot im Sinne von Art. 103 Abs. 4 AVIG nicht vereinbaren lässt. 4. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Zwischenverfügung im Sinne von Art. 45 VwVG . Da Endverfügungen letzter kantonaler Instanzen im Bereich der Arbeitslosenversicherung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht unterliegen ( Art. 101 lit. d AVIG ), ist die vorinstanzliche Zwischenverfügung gemäss Art. 45 Abs. 1 VwVG nur unter der Voraussetzung selbständig anfechtbar, dass sie für den Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht nur anhand eines einzigen Kriteriums. Vielmehr prüft das Gericht jenes Merkmal, das dem angefochtenen Entscheid am besten entspricht. Namentlich beschränkt sich das Gericht nicht nur darauf, allein den Nachteil als nicht wieder gutzumachend zu betrachten, den auch ein für den Beschwerdeführer günstiges Endurteil nicht vollständig zu beseitigen vermöchte ( BGE 121 V 116 unten, mit Hinweisen). Für die Verwaltung kann die Zwischenverfügung über den Suspensiveffekt einen irreparablen Nachteil bewirken, wenn - bei Ausrichtung der streitigen Taggelder - die Wiedereinbringlichkeit der vom Versicherten allenfalls zu Unrecht bezogenen und deswegen zurückzuerstattenden Betreffnisse gefährdet ist (unveröffentlichte Erw. 1 des in BGE 123 V 39 auszugsweise publizierten Urteils N. vom 11. Februar 1997; BGE 110 V 43 Erw. 4a; SCARTAZZINI, Zum Institut der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde in der Sozialversicherungsrechtspflege, in: SZS 1993 S. 319 f. mit weiteren Hinweisen). 5. a) Im Urteil S. vom 7. Mai 1997 (SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 329 Erw. 4b) hielt das Eidg. Versicherungsgericht dafür, dass die aus der Gewährung der aufschiebenden Wirkung durch die Vorinstanz resultierende vorläufige Auszahlung der mit der verfügten Einstellung in der Anspruchsberechtigung gesperrten Taggelder für die Arbeitslosenkasse keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könne, weil kaum die Gefahr der Uneinbringlichkeit des in Frage stehenden Betrages (rund Fr. 5'380.--) bestehe, zumal die Arbeitslosenkasse gegebenenfalls die Möglichkeit hätte, ihre Rückforderung der zu Unrecht ausbezahlten Arbeitslosenentschädigung BGE 124 V 82 S. 88 später mit dem laufenden Taggeld zu verrechnen ( Art. 94 Abs. 2 AVIG ). Dementsprechend trat das Gericht mangels Vorliegens eines irreparablen Nachteils auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Arbeitslosenkasse nicht ein. b) Indessen fällt gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG die Einstellung in der Anspruchsberechtigung binnen sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist dahin. Diese Ordnung ist Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung, ein an sich einstellungswürdiges Verhalten nach Ablauf von sechs Monaten nicht mehr als kausal für die Arbeitslosigkeit zu betrachten ( BGE 122 V 45 Erw. 3c/bb mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung handelt es sich um eine Vollstreckungsfrist, und der Anspruch auf Vollstreckung geht mit dem unbenütztem Ablauf der Frist infolge Verwirkung unter ( BGE 114 V 352 Erw. 2b, BGE 113 V 73 Erw. 4b in fine). c) Gestützt auf das erwähnte Urteil S. vom 7. Mai 1997 müssten im vorliegenden Fall die beiden ab 17. April (20 Tage) und 19. Juni 1996 (45 Tage) verfügten Einstellungen in der Anspruchsberechtigung infolge der von der Vorinstanz am 5. März 1997 angeordneten aufschiebenden Wirkung der Beschwerden von der Verwaltung zurückgenommen werden, da sie aufgrund von Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG nicht mehr vollstreckt werden könnten. Mit der Gewährung des Suspensiveffekts für Beschwerden gegen Einstellungsverfügungen wird somit das Institut der Einstellung in der Anspruchsberechtigung infolge der innert sechs Monaten eintretenden Vollstreckungsverwirkung faktisch ausser Kraft gesetzt, da die verfügten Einstelltage bei gerichtlicher Anfechtung kaum je innert dieser Frist getilgt werden könnten. Aus diesem Grund bewirkt die Gewährung des Suspensiveffekts für die gegen die Einstellungsverfügung gerichtete Beschwerde durch das kantonale Gericht für die Verwaltung der Arbeitslosenversicherung in jedem Fall einen irreparablen Nachteil. Dem Eintreten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde steht somit auch unter diesem Gesichtswinkel nichts entgegen. 6. a) Nach der Rechtsprechung zu Art. 97 Abs. 2 AHVG und Art. 55 Abs. 1 VwVG ist es Sache der zuständigen Behörde zu prüfen, ob die Gründe, die für die sofortige Vollstreckbarkeit der Verfügung sprechen, gewichtiger sind als jene, die für die gegenteilige Lösung angeführt werden können. Dabei steht der Behörde ein gewisser Beurteilungsspielraum zu ( BGE 110 V 45 Erw. 5b). Im allgemeinen wird sie ihren Entscheid auf den Sachverhalt stützen, BGE 124 V 82 S. 89 der sich aus den vorhandenen Akten ergibt, ohne zeitraubende weitere Erhebungen anzustellen. Bei der Abwägung der Gründe für und gegen die sofortige Vollstreckbarkeit können auch die Aussichten auf den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache ins Gewicht fallen, sie müssen allerdings eindeutig sein. Im übrigen darf die verfügende Behörde die aufschiebende Wirkung nur entziehen, wenn sie hiefür überzeugende Gründe geltend machen kann ( BGE 105 V 268 f. Erw. 2 mit Hinweisen). b) Eine solche Interessenabwägung hat zwar grundsätzlich auch Platz zu greifen, wenn über die Frage (des Entzuges) der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung zu entscheiden ist. Dabei hat das Gericht indessen im Hinblick auf die kurze Verwirkungsfrist von sechs Monaten gemäss Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG das Interesse der Verwaltung an der Vollstreckung regelmässig stärker zu gewichten als das Interesse des Versicherten an der vorläufigen Auszahlung der gesperrten Taggelder. Im Ergebnis bedeutet dies, dass Art. 30 Abs. 3 Satz 4 AVIG , wonach die Einstellung in der Anspruchsberechtigung binnen sechs Monaten nach Beginn der Einstellungsfrist zu tilgen ist, als Ausdruck einer gesetzgeberischen Entscheidung verstanden werden muss, die im Bereich der vorsorglichen Massnahmen zu respektieren ist und folglich die Gewährung des Suspensiveffekts der Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung ausschliesst. In diesem Sinne ist die Rechtsprechung gemäss SVR 1997 ALV Nr. 106 S. 327 zu ändern.
null
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dcf6eb79-b774-4351-9e7b-c732301b4b3d
Urteilskopf 123 III 246 40. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. April 1997 i.S. S. gegen X. (Berufung)
Regeste Änderungskündigung; Missbräuchliche Kündigung und deren Folgen ( Art. 336 ff. OR ). Eine Änderungskündigung ist nicht bereits als solche missbräuchlich, kann es jedoch nach den Umständen des Einzelfalls sein (E. 3-5). Kriterien für die Festsetzung einer Entschädigung gemäss Art. 336a OR (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 123 III 246 S. 247 A.- S. trat am 1. September 1983 eine Stelle als Sachbearbeiterin bei X. an. Ab 1990 traten bei ihr gesundheitliche Probleme auf, welche verschiedene Operationen erforderlich machten und sich auf die Arbeitsleistung negativ auswirkten. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1993 unterbreitete ihr die X. einen neuen Arbeitsvertrag, welcher eine Lohnreduktion von monatlich Fr. 500.-- mit Wirkung ab dem 1. Januar 1994 vorsah. Sie nahm diesen Arbeitsvertrag nicht an. In der Folge kündigte die X. mit Schreiben vom 28. Dezember 1993 das Arbeitsverhältnis fristgerecht auf den 30. April 1994 und bot S. am gleichen Tag einen neuen Arbeitsvertrag für die Zeit ab dem 1. Mai 1994 an, welcher aber schlechtere Bedingungen vorsah. Dem Kündigungsschreiben war ein handschriftlicher Text beigefügt, wonach die Änderungskündigung zurückgezogen werde, falls S. den Brief vom 10. Dezember 1993 bis zum 30. Dezember 1993 unterzeichnet zurücksende. S. nahm die Vertragsofferte nicht an und sandte den Brief vom 10. Dezember 1993 nicht zurück. Aufgrund gesundheitlicher Probleme verlängerten die Parteien gestützt auf die gesetzlichen Bestimmungen das Arbeitsverhältnis bis zum 31. Oktober 1994. Mit Schreiben vom 21. September 1994 erhob S. bei der X. formell Einsprache im Sinn von Art. 336b OR wegen Missbräuchlichkeit der ausgesprochenen Kündigung. Die Parteien einigten sich in der Folge nicht auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. B.- Mit Klage vom 24. November 1994 verlangte S. von der X. neben der Ausstellung eines neuen Arbeitszeugnisses die Zahlung von Fr. 18'000.-- wegen Missbräuchlichkeit der Kündigung gemäss Art. 336 Abs. 1 lit. d OR . Die Beklagte bestritt die Missbräuchlichkeit der Kündigung. Mit Urteil vom 26. Juni 1995 verpflichtete das Arbeitsgericht des Kantons Luzern die Beklagte zur Ausstellung eines neuen, vom Gericht formulierten BGE 123 III 246 S. 248 Arbeitszeugnisses und wies die Klage im übrigen ab. Im anschliessenden Appellationsverfahren sprach das Obergericht des Kantons Luzern am 11. Juni 1996 der Klägerin Fr. 5'000.-- wegen missbräuchlicher Kündigung. C.- Gegen das Urteil vom 11. Juni 1996 gelangt die Klägerin mit Berufung an das Bundesgericht und beantragt im wesentlichen, der zugesprochene Betrag sei auf Fr. 18'000.-- zu erhöhen. Die Beklagte erklärt Anschlussberufung und verlangt die vollständige Abweisung der Forderungsklage. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz hat eine Missbräuchlichkeit der Kündigung gestützt auf Art. 336 Abs. 1 lit. d OR bejaht. Sie hat erwogen, dass eine Änderungskündigung an sich nicht missbräuchlich sei. Die Beklagte habe vorliegend zwar nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wohl aber die Änderungskündigung davon abhängig gemacht, dass die Klägerin mit sofortiger Wirkung einer Lohneinbusse von monatlich Fr. 500.-- zustimme. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung sei die unmittelbare Folge davon, dass die Klägerin nicht bereit gewesen sei, auf Rechte aus ihrem Arbeitsvertrag zu verzichten. Damit werde der Tatbestand von Art. 336 Abs. 1 lit. d OR erfüllt. Das Bundesgericht hat das Recht von Amtes wegen anzuwenden ( Art. 63 Abs. 3 OG ). Vorliegend ist die Überprüfung nicht auf die von der Vorinstanz abgegebene Begründung beschränkt, sondern es ist auch zu klären, ob der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt allenfalls aus einem anderen Grund eine missbräuchliche Kündigung darstellt. 3. Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die zur Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses führt. Als Gestaltungsrecht ist sie bedingungsfeindlich. Bedingungen hingegen, deren Eintritt allein vom Willen des Erklärungsgegners abhängt, sind zulässig. Im Arbeitsvertragsrecht besteht die Möglichkeit der sogenannten Änderungskündigung (REHBINDER, Berner Kommentar, N. 1a zu Art. 335 OR ). Eine Änderungskündigung im engeren Sinn liegt vor, wenn eine Partei den Arbeitsvertrag kündigt, aber gleichzeitig eine neue Vertragsofferte mit geänderten Bedingungen unterbreitet. Mit der Änderungskündigung wird in erster Linie nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezweckt, sondern dessen Weiterführung mit veränderten BGE 123 III 246 S. 249 Pflichten und Rechten (vgl. VISCHER, Der Arbeitsvertrag, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. VII/1, III, S. 163). Von einer änderungskündigung im weiteren Sinn kann gesprochen werden, wenn die beiden Rechtsgeschäfte nicht unmittelbar miteinander verknüpft werden und einer Partei gekündigt wird, weil sie zu einer einverständlichen Änderung der Arbeitsbedingungen nicht bereit war. Fraglich ist, ob das Vorgehen bei einer Änderungskündigung als missbräuchlich bezeichnet werden muss und allenfalls unter die Regelung von Art. 336 OR fällt. a) Zur Frage, ob dieses Vorgehen an sich als missbräuchliche Rachekündigung anzusehen ist, äussert sich die Rechtsprechung uneinheitlich. Das Tribunale di appello del Ticino scheint eine Änderungskündigung grundsätzlich als missbräuchlich anzusehen (Urteil vom 10. Oktober 1991, in JAR 1992 S. 245 ff. E. 7; wohl auch Urteil vom 2. März 1993, in JAR 1994 S. 308 ff. E. 9.2). Demgegenüber verneinen andere Gerichte die Missbräuchlichkeit einer Änderungskündigung im allgemeinen und sehen einen solchen Tatbestand nur dann als gegeben, wenn damit ohne Einhaltung der Kündigungsfrist oder gar rückwirkend eine Änderung der Arbeitsbedingungen erzwungen werden soll (Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. September 1989, in SJZ 87/1991 S. 304 f. E. 4; Urteil des Gewerblichen Schiedsgerichts Basel-Stadt vom 11. September 1989, in JAR 1992 S. 239 f.). Das Bundesgericht hat erwogen, eine Änderungskündigung sei als missbräuchlich anzusehen, wenn die angebotene Änderung als unbillig bezeichnet werden müsse ( BGE 118 II 157 E. 4b/bb). Allerdings hat es die Frage nicht abschliessend beantwortet, weil im konkreten Fall die Kündigung auch aus einem anderen Grund als missbräuchlich anzusehen war ( BGE 118 II 157 E. 4b/bb am Ende und E. 4b/cc). In einem neuen Urteil hat das Bundesgericht diese Frage wiederum aufgegriffen, jedoch auch hier nicht abschliessend entschieden (nicht veröffentlichtes Urteil vom 17. Dezember 1996 i.S. D. und A. gegen I. SA). Während in den allgemeinen Erörterungen des Urteils vom 17. Dezember 1996 der Auffassung zugestimmt wird, dass die Änderungskündigung wegen des Grundsatzes der Kündigungsfreiheit nicht rechtsmissbräuchlich sein kann (E. 4b/bb), hat das Bundesgericht im weiteren geprüft, ob die neuen Arbeitsbedingungen wesentlich ungünstiger waren als die alten (E. 4c/cc). Die Lehre geht überwiegend davon aus, dass eine Änderungskündigung grundsätzlich zulässig ist und es nicht Aufgabe des Gerichts sein kann, die betriebliche Angemessenheit der Änderung zu überprüfen BGE 123 III 246 S. 250 (GEISER, Der neue Kündigungsschutz im Arbeitsrecht, in BJM 1994 S. 169 ff., 187 [zitiert: BJM 1994]; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER, Commentaire du contrat de travail, 2. Aufl., 1996, N. 7 zu Art. 336 OR ; JÜRG BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2. Aufl., 1996, N. 5 zu Art. 336 OR ; THOMAS KOLLER, Ordentliche, fristlose und missbräuchliche Kündigung des Arbeitsvertrages, in AJP 1995 S. 1251 ff., 1259). Soweit ersichtlich nimmt einzig DIETER M. TROXLER Missbräuchlichkeit an, wenn die Änderung sachlich, d.h. betrieblich nicht gerechtfertigt erscheint (Der sachliche Kündigungsschutz nach Schweizer Arbeitsvertragsrecht, Diss. Basel 1992, S. 99 f.). b) Eine Anpassung eines Arbeitsvertrages an veränderte wirtschaftliche oder betriebliche Bedürfnisse muss möglich und zulässig sein. Es widerspricht sowohl dem Interesse der Parteien als auch der Öffentlichkeit, die Arbeitgeberin vor die Alternative zu stellen, entweder die Arbeitnehmerin zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen oder das Arbeitsverhältnis zu beenden. Daher ist die Änderungskündigung nicht in jedem Fall als missbräuchlich zu bezeichnen. Der zitierten Rechtsprechung des Tribunale di appello del Ticino kann insoweit nicht gefolgt werden. Der Grund des Missbrauchs des Kündigungsrechts liegt bei der sogenannten Änderungskündigung darin, dass die kündigende Partei eine Vertragsbeendigung gar nicht will und die Kündigung nur erklärt, um eine für sie günstigere und entsprechend für die Gegenpartei schlechtere Vertragsregelung durchzusetzen. Die Verknüpfung dieser beiden Erklärungen - Antrag auf Vertragsänderung einerseits und (mögliche) Kündigung anderseits - ist missbräuchlich, wenn die Kündigung als Druckmittel dient, um eine für die Gegenseite belastende Vertragsänderung herbeizuführen, die sich sachlich nicht rechtfertigen lässt. Das Arbeitsverhältnis ist nicht nur von gegenseitigen Loyalitätspflichten (Treue- und Fürsorgepflicht; Art. 321a, 328 OR ) geprägt, sondern auch auf Dauer angelegt. Die gesetzlichen Kündigungsfristen ( Art. 335c OR ), die Lohnfortzahlungspflicht bei unverschuldeter Verhinderung des Arbeitnehmers ( Art. 324a OR ) und teilweise auch die Lohnhöhe hängen von der Anzahl der Dienstjahre ab. In einem gewissen Umfang leisten erfahrene, mit den betrieblichen Gepflogenheiten, den Kunden usw. vertraute Mitarbeiter in der Regel wertvollere Arbeit als unerfahrene und neue Mitarbeiter. Wird die Kündigung ohne betriebliche Notwendigkeit gegenüber einer Arbeitnehmerin für den Fall ausgesprochen, dass sie eine unbillige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nicht BGE 123 III 246 S. 251 annimmt, so wird das jederzeitige und freie Kündigungsrecht ebenso missbraucht wie dies in den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen missbräuchlicher Kündigungen ( Art. 336 OR ) festgehalten ist. Der Missbrauch der Kündigung liegt darin, dass ohne sachlich schutzwürdigen Grund die Kündigung ausgesprochen wird, dass für die Änderung der Lohn- und Arbeitsbedingungen keine betrieblichen oder marktbedingten Gründe bestehen. Die Aufzählung der Missbrauchstatbestände in Art. 336 OR ist nicht abschliessend (VISCHER, a.a.O., S. 167; STREIFF/VON KAENEL, Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5. Aufl., 1992, N. 3 zu Art. 336 OR ; REHBINDER, Berner Kommentar, N. 10 zu Art. 336 OR ; STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 7 zu Art. 336 OR ). Der Missbrauch der Kündigung zur Durchsetzung von Lohn- und Arbeitsbedingungen, die sachlich jeder betrieblichen Begründung entbehren, ist mindestens so verwerflich wie die Kündigung zur Verhinderung der Entstehung von Ansprüchen, die von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig sind ( Art. 336 Abs. 1 lit. c OR ; STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 23 zu Art. 336 OR ). 4. Die Tatsache, dass die Beklagte vorliegend eine Änderungskündigung mit einer erheblichen Veränderung der Arbeitsbedingungen ausgesprochen hat, lässt nicht ohne weiteres auf die Missbräuchlichkeit der Kündigung schliessen. Es ist zu prüfen, ob sich aus dem Umstand, dass die Arbeitgeberin eine sofortige Lohnreduktion vorschlug, ein Missbrauchstatbestand herleiten lässt. a) Sofern kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt, kann ein auf unbestimmte Zeit geschlossenes Arbeitsverhältnis nur unter Einhaltung der vertraglichen bzw. gesetzlichen Fristen und Termine gekündigt werden. Während der Kündigungsfrist hat die Arbeitnehmerin zwar keinen Anspruch auf Beschäftigung, wohl aber einen festen Anspruch auf Lohn, sofern sie ihrerseits ihren vertraglichen Pflichten nachkommt (vgl. Art. 324 ff. OR ). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses während der Kündigungsfrist trotz Art. 341 Abs. 1 OR verzichtet werden kann ( BGE 118 II 58 E. 2b). Die Weigerung, eine Lohnreduktion ohne Einhaltung der Kündigungsfrist anzunehmen, stellt somit die Geltendmachung eines Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis dar. Die Arbeitnehmerin beharrt auf ihrer Lohnforderung für die Dauer der Kündigungsfrist. Damit ist die ausgesprochene Kündigung vom 28. Dezember 1993 gemäss Art. 336 Abs. 1 lit. d OR missbräuchlich (siehe auch Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 2. September 1989, in SJZ 87/1991 BGE 123 III 246 S. 252 S. 304 f.; Urteil des Gewerblichen Schiedsgerichts Basel-Stadt vom 11. September 1989, in JAR 1992 S. 239 f.). b) Die Beweislast für die Missbräuchlichkeit der Kündigung trägt die Gekündigte ( Art. 8 ZGB ; BGE 121 III 60 E. 3b S. 62 oben; STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 16 zu Art. 336 OR ; STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 36 ff. zu Art. 336 OR ; REHBINDER, Berner Kommentar, N. 11 zu Art. 336 OR ; TERCIER, Les contrats spéciaux, 2. Aufl., 1995, Rz. 2862). Ob dieser Beweis erbracht ist, betrifft die Sachverhaltsfeststellung und ist damit im Berufungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen. Soweit sich die Beklagte mit ihrer Anschlussberufung gegen die Annahme der natürlichen Kausalität zwischen der Weigerung der Klägerin, eine sofortige Lohnreduktion anzunehmen, und der Kündigung wendet, ist sie somit nicht zu hören. Im übrigen ist die Kausalität offensichtlich. Die Änderungskündigung ist der Klägerin nur rund 18 Tage nach der Weigerung, eine sofortige Lohnreduktion von Fr. 500.-- monatlich anzunehmen, zugestellt worden. Dabei enthielt die mit der Änderungskündigung verbundene neue Vertragsofferte nicht etwa bloss die genannte Lohnkürzung, sondern zusätzlich weitere Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen. Zudem wurde der Klägerin ausdrücklich in Aussicht gestellt, die Änderungskündigung zurückzunehmen, wenn sie mit einer sofortigen Lohnreduktion einverstanden wäre. Damit hat die Arbeitgeberin unmissverständlich und in rechtlich bindender Weise zum Ausdruck gebracht, dass das Arbeitsverhältnis auf den in der Kündigung genannten Termin beendet werde, wenn die Klägerin auf ihrem Lohnanspruch während der Kündigungsfrist beharre. Die Beklagte hat sich bei dieser Erklärung behaften zu lassen. c) Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung nur geschuldet ist, wenn die von der Kündigung betroffene Person rechtzeitig Einsprache erhebt und die darauf folgenden Verhandlungen nicht zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses führen ( Art. 336b OR ). Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die gekündigte Person der Weiterführung des Arbeitsverhältnisses unter beliebigen Bedingungen zustimmen müsste. Es kann nicht massgebend sein, ob die Arbeitnehmerin die veränderten Arbeitsbedingungen in gerechtfertigter oder ungerechtfertigter Weise ablehnt. Art. 336b OR enthält nur die Obliegenheit, der Rücknahme der Kündigung zuzustimmen; es geht nicht darum, veränderte Arbeitsbedingungen anzunehmen. Der Klägerin kann somit nicht entgegengehalten werden, dass sie BGE 123 III 246 S. 253 anlässlich der Einigungsverhandlungen nicht mit einer Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit veränderten Bedingungen einverstanden war. Die Beklagte wirft der Klägerin vor, mit der Einsprache und anlässlich den Einigungsverhandlungen nicht den Grund für die ihrer Ansicht nach missbräuchliche Kündigung angegeben zu haben. In der Lehre werden an die Formulierung der Einsprache keine allzu hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn die betroffene Partei gegenüber der kündigenden Person schriftlich zum Ausdruck bringt, mit der Kündigung nicht einverstanden zu sein (STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 3 zu Art. 336b OR ; Staehelin, Zürcher Kommentar, N. 3 zu Art. 336b OR ; JÜRG BRÜHWILER, a.a.O., N. 1 zu Art. 336b OR ). Die Einsprache muss nicht begründet werden und in den nachfolgenden Einigungsverhandlungen kann nicht verlangt werden, dass die Arbeitnehmerin darlegt, warum sie die Kündigung für missbräuchlich hält. Zweck dieser Verhandlungen ist es, die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen, und nicht, die Arbeitgeberin oder die Arbeitnehmerin rechtlich zu beraten. Im übrigen handelt es sich bei der Beklagten um ein Unternehmen mit einer eigenen Personalabteilung, welche in diesem Bereich über genügend Rechtskenntnisse verfügen dürfte. Jedenfalls hat die Klägerin ihre Ansprüche nicht dadurch verwirkt, dass sie nicht sofort bekannt gegeben hat, aus welchem Grund sie die Kündigung als missbräuchlich betrachtet hat. Vorliegend ist der Inhalt der Einigungsgespräche im angefochtenen Urteil nicht wiedergegeben und es finden sich hierüber keine weiteren Feststellungen. Die Argumentation der Beklagten kann sich somit nicht auf den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt stützen. d) Schliesslich erachtet die Beklagte die Strafzahlung gemäss Art. 336a OR selbst dann als nicht geschuldet, wenn die Kündigung missbräuchlich sein sollte, da das Verhalten der Klägerin als rechtsmissbräuchlich im Sinn von Art. 2 Abs. 2 ZGB angesehen werden müsse. Die Beklagte stützt sich damit nicht auf den in Art. 336 Abs. 1 lit. d OR gemachten Vorbehalt, dass die Rachekündigung nur dann missbräuchlich ist, wenn die andere Partei "nach Treu und Glauben" Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht hat. Diese Formulierung präzisiert, dass nicht nur die Geltendmachung tatsächlich bestehender Ansprüche gemeint ist, sondern auch vermeintlicher Ansprüche. Diesfalls muss aber die Arbeitnehmerin wenigstens in guten Treuen daran geglaubt haben, dass ihre Ansprüche bestehen BGE 123 III 246 S. 254 (vgl. STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 8 zu Art. 336 OR ; STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 24 zu Art. 336 OR ; HUMBERT, Der neue Kündigungsschutz im Arbeitsrecht, Diss. Zürich 1990, S. 89; DIETER M. TROXLER, a.a.O., S. 95 f.). Vorliegend stellt sich die Frage der Gutgläubigkeit insofern nicht, weil der geltend gemachte Anspruch - Lohn während der Kündigungsfrist - unbestritten und zweifellos gegeben ist. Die Beklagte macht vielmehr geltend, das Verhalten der Klägerin verstosse gegen Treu und Glauben, weil sie mit einer Veränderung der Arbeitsbedingungen habe rechnen müssen und sich dabei nicht kooperativ gezeigt habe. Mit diesem Vorbringen sucht die Beklagte ein weit über Art. 2 Abs. 2 ZGB hinausgehendes zusätzliches Erfordernis für den Entschädigungsanspruch einzuführen. Es ist - wie bereits im Zusammenhang mit der Einsprache ausgeführt - nicht Aufgabe der Gekündigten, der kündigenden Partei Kompromissvorschläge zu unterbreiten. Die Partei, welche sich mit ihrer Kündigung rechtswidrig verhalten hat, kann von jener, die von dieser Rechtswidrigkeit betroffen ist, nicht verlangen aufzuzeigen, wie die Folgen der Rechtswidrigkeit beseitigt werden könnten. Die Betroffene muss nicht von sich aus Vorschläge unterbreiten. Sie ist nach Art. 336b OR nur gehalten, angemessene Vorschläge der kündigenden Partei ernstlich zu prüfen. Der Vorwurf des Verhaltens wider Treu und Glauben ist vorliegend somit ungerechtfertigt. e) Gemäss den vorstehenden Ausführungen ist die Kündigung wegen des konkreten Vorgehens der Beklagten und nicht wegen des Ausmasses der Änderung der Arbeitsbedingungen missbräuchlich. Entsprechend kann es nicht darauf ankommen, ob die Lohnreduktion angemessen war oder nicht. Die Ausführungen der Beklagten darüber, dass die Entlöhnung der Klägerin im Quervergleich mit anderen Arbeitnehmerinnen nicht mehr angemessen war, sind unbeachtlich. Zudem handelt es sich um neue und damit unzulässige Vorbringen. 5. Nach Darstellung der Beklagten war der Grund für die Lohnreduktion und die Änderungskündigung der krankheitsbedingte Leistungsabfall der Klägerin. Es fragt sich, ob sich daraus ein zusätzlicher Missbrauchstatbestand ergibt. Eine Krankheit ist eine persönliche Eigenschaft, welche gemäss Art. 336 Abs. 1 lit. a OR für den Kündigungsschutz relevant sein kann (STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 15 zu Art. 336 OR ; VISCHER, a.a.O., S. 168; REHBINDER, Berner Kommentar, N. 3 zu Art. 336 OR ). Zu beachten ist, dass der sachliche Kündigungsschutz entfällt, wenn die persönliche BGE 123 III 246 S. 255 Eigenschaft die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt. Insofern schränkt Art. 336 Abs. 1 lit. a OR den Persönlichkeitsschutz ein (STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 5 zu Art. 336 OR ). Die Kündigung wegen Krankheit hat zur Folge, dass für die Zukunft die Lohnfortzahlungspflicht entfällt, wenn die Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit führt. Insofern kann es sich um eine Vereitelungskündigung im Sinn von Art. 336 Abs. 1 lit. c OR handeln. Aufgrund der Systematik des gesamten Kündigungsschutzes ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber nicht soweit gehen wollte. Daher scheint es zulässig, nach Ablauf des zeitlichen Kündigungsschutzes jemandem wegen einer die Arbeitsleistung beeinträchtigenden Krankheit zu kündigen (GEISER, Kündigungsschutz bei Krankheit, in AJP 1996 S. 550 ff., 556; DIETER M. TROXLER, S. 49 ff.). Vorliegend ergibt sich somit aus dem für die Lohnreduktion angegebenen Motiv keine zusätzliche Begründung für die Missbräuchlichkeit der Kündigung. 6. a) Art. 336a OR sieht als Sanktion für eine missbräuchliche Kündigung eine Strafzahlung von maximal sechs Monatslöhnen vor. Sie wird vom Gericht nach pflichtgemässem Ermessen, aufgrund der Umstände des Einzelfalls festgesetzt. Wie bei allen Ermessensentscheiden setzt das Bundesgericht auch bei der vom kantonalen Gericht aufgrund von Art. 336a OR zugesprochenen Entschädigung nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Vorinstanz. Es greift nur mit Zurückhaltung ein und prüft den kantonalen Entscheid insbesondere daraufhin, ob die Vorinstanz grundlos von den in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Bemessungskriterien abgewichen ist oder Tatsachen berücksichtigt hat, die für die Entschädigungshöhe keine Rolle hätten spielen dürfen, oder umgekehrt Umstände beiseite gelassen hat, die zwingend zu beachten gewesen wären. Es hebt einen auf Ermessen beruhenden Entscheid ausserdem auf, wenn sich dieser als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweist (121 III 64 E. 3c, 119 II 157 E. 2a am Ende, 118 II 50 E. 4 S. 55 f.). Nach Lehre und Rechtsprechung sind für eine Entschädigung nach Art. 336a Abs. 2 OR insbesondere die Schwere des Eingriffs in die Persönlichkeit der gekündigten Partei, die Enge der vertraglichen Beziehungen sowie die Art und Weise der Kündigung des vertraglichen Verhältnisses zu berücksichtigen ( BGE 118 II 157 E. 4b/ee mit Hinweisen). Das Bundesgericht geht vom Strafcharakter der Entschädigung aus und leitet daraus ab, dass der Betrag von der Leistungskraft der pflichtigen Partei abhängt. Ein besonders rücksichtsloses BGE 123 III 246 S. 256 Vorgehen bei der Kündigung kann sich auf das Strafgeld erhöhend auswirken; eine Mitverantwortung der gekündigten Partei kann reduzierend berücksichtigt werden ( BGE 119 II 157 E. 2b am Ende). Uneinheitlich ist die Rechtsprechung zur Frage, ob die Dauer des Arbeitsverhältnisses sich auf die Höhe der Entschädigung auswirken kann (bejahend: BGE 118 II 157 E. 4b/ee; verneinend: BGE 119 II 157 E. 2c); jedenfalls darf eine besonders kurze Dauer nicht als Argument für eine Kürzung der Entschädigung dienen. Unberücksichtigt bleiben indes die wirtschaftlichen Folgen, welche die missbräuchliche Kündigung für die entlassene Person hat, weil diese nach Art. 336a Abs. 2 letzter Satz OR zusätzlich zu entschädigen sind ( BGE 119 II 157 E. 2b S. 160 f.). b) Die Klägerin ist der Meinung, das Obergericht habe zwar die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Festsetzung der Entschädigung nach Art. 336a OR zutreffend wiedergegeben, habe aber die einzelnen aufgeführten Kriterien nicht konkret angewendet. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil verbindlich festgestellt, dass die Klägerin, die seit 1983 bei der Beklagten gearbeitet hatte, mit ihren Leistungen zusehends nachgelassen und offenbar auch zu Beanstandungen Anlass gegeben hat. Anlässlich einer Mitarbeiterqualifikation im Juni 1993 sei die Qualität der Arbeitsleistung und die fachliche Entwicklungsmöglichkeit als unter den Erwartungen und das persönliche Verhalten der Klägerin als teilweise ungenügend bezeichnet worden, wobei dieser letzte Vorwurf von der Klägerin nicht akzeptiert wurde. Diese Vorwürfe führten schliesslich zur vorgeschlagenen Lohnreduktion. Die Beklagte wollte mit diesem Vorschlag ihre Verantwortung als Arbeitgeberin wahrnehmen und der Klägerin die Arbeitsstelle weiterhin zur Verfügung stellen. Gestützt auf diese verbindlichen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Beklagte die Kündigung eigentlich ausgesprochen hätte, darauf aber letztlich im Interesse der Klägerin verzichten wollte. Hat die Vorinstanz bei dieser Sachlage berücksichtigt, dass die vorgeschlagene Änderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen zu Lasten der Klägerin sachlich - infolge mangelnder Leistung - begründet war, und hat sie bei der Bemessung der Entschädigung nach Art. 336a OR in Betracht gezogen, dass allein die Modalität der Änderungskündigung, das Vorgehen der Beklagten missbräuchlich war, hat sie ihr Ermessen nicht bundesrechtswidrig ausgeübt. Das angefochtene Urteil ist somit zu bestätigen.
null
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
dcffe1a0-ba1f-4833-a089-51f3a13c3c0d
Urteilskopf 119 V 468 67. Urteil vom 23. April 1993 i.S. A. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 28 Abs. 2 IVG , Art. 18 Abs. 2 UVG : Zur Koordination der Invaliditätsschätzung von Invalidenversicherung und Unfallversicherung. - An der Rechtsprechung gemäss BGE 106 V 88 Erw. 2b und 112 V 175 Erw. 2a kann insoweit nicht festgehalten werden, als der Vorrang der SUVA bei der Feststellung der Invalidität damit begründet wird, dass die Anstalt über einen eigenen, gut ausgebauten Apparat zur Invaliditätsbemessung verfüge, was für die Invalidenversicherung nicht in gleichem Masse zutreffe (Erw. 3a-c). - Frage offengelassen, ob die Koordination der Invaliditätsbemessung unter Umständen auch so zu verstehen ist, dass der Invalidenversicherung der Vorrang vor der Unfallversicherung zukommt (Erw. 3d).
Sachverhalt ab Seite 469 BGE 119 V 468 S. 469 A.- Der 1958 geborene J. A. arbeitete seit 1982 bei der Firma R. und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Am 4. November 1985 stürzte er bei der Arbeit aus einer Höhe von 5 bis 6 m von einem Dach, wobei er sich eine LWK 1-Kompressionsfraktur mit ventralem Einbruch und eine LWK 5-Fraktur zuzog. Seit 1. Oktober 1986 bezieht J. A. bei einem Invaliditätsgrad von 100% eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Mit Verfügung vom 15. Dezember 1989 sprach die SUVA, welche die Heilbehandlung übernommen und bis 30. September 1988 Taggelder ausgerichtet hatte, dem Versicherten für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 4. November 1985 rückwirkend ab 1. Oktober 1988 eine Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 50% zu. In teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Einsprache setzte die SUVA den Invaliditätsgrad mit Entscheid vom 6. Juni 1990 auf 70% fest. Die entsprechende Verfügung, mit der J. A. ab 1. Oktober 1988 eine als Komplementärrente zur ganzen Rente der Invalidenversicherung berechnete Invalidenrente auf der Basis einer Erwerbsunfähigkeit von 70% zugesprochen wurde, erging am 18. Juni 1990. B.- J. A. liess gegen den Einspracheentscheid vom 6. Juni 1990 Beschwerde führen und im wesentlichen die Zusprechung einer Invalidenrente auf der Grundlage einer Erwerbsunfähigkeit von 100% beantragen. Mit Entscheid vom 31. Januar 1991 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt J. A. das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern. Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Das kantonale Gericht hat die vorliegend massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf eine Invalidenrente des Unfallversicherers ( Art. 18 Abs. 1 UVG ), die Bemessung BGE 119 V 468 S. 470 des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode ( Art. 18 Abs. 2 UVG ) und die Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der Invaliditätsschätzung ( BGE 114 V 314 Erw. 3c, BGE 105 V 158 Erw. 1) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 2. Im vorliegenden Fall ist die Höhe des Invaliditätsgrades streitig, welcher der Invalidenrente zugrunde zu legen ist, die der Beschwerdeführer für die Folgen des Unfalles vom 4. November 1985 von der SUVA beanspruchen kann. a) Im Einspracheentscheid ging die SUVA gestützt auf die beigezogenen Arztberichte, insbesondere das zuhanden der Invalidenversicherung erstattete Gutachten der Rheumatologischen Universitätsklinik des Inselspitals Bern (vom 8. Februar 1990), davon aus, dass der Beschwerdeführer wegen der Folgen des versicherten Unfalles in seinem Beruf als Hilfsdachdecker nicht mehr einsatzfähig sei, hingegen trotz seines Gesundheitsschadens in der Lage wäre, eine körperlich leichte Erwerbstätigkeit im Umfang von 50% einer Vollzeitbeschäftigung auszuüben. Mit einer entsprechenden leidensangepassten Arbeit könnte der Versicherte nach Ansicht der Anstalt Einkünfte von rund Fr. 1'100.-- im Monat (Fr. 13'200.-- im Jahr) erzielen. Verglichen mit dem hypothetischen Einkommen ohne Invalidität von Fr. 43'100.-- im Jahr, das er als Hilfsdachdecker erreichen könnte, ergebe sich ein Invaliditätsgrad von rund 70%. Die Vorinstanz schloss sich dieser Betrachtungsweise an. Der Beschwerdeführer wendet im wesentlichen ein, es bestehe kein Grund dafür, dass die SUVA den Invaliditätsgrad abweichend von der Invalidenversicherung festgelegt habe. Im weiteren wirft er der Vorinstanz vor, sie habe nicht geprüft, welche Verweisungsberufe in Betracht fielen. Die ärztlich attestierte Teilarbeitsfähigkeit von 50% lasse sich unter den gegebenen Umständen nicht mehr verwerten, so dass ein Invaliditätsgrad von 100% resultiere. b) Der Invaliditätsbegriff in der Invalidenversicherung stimmt mit demjenigen in der obligatorischen Unfallversicherung (und in der Militärversicherung) grundsätzlich überein, weshalb die Schätzung der Invalidität mit Bezug auf den gleichen Gesundheitsschaden praxisgemäss den gleichen Invaliditätsgrad zu ergeben hat ( BGE 116 V 249 Erw. 1b, BGE 113 V 144 oben mit Hinweisen). In BGE 106 V 88 Erw. 2b hat das Eidg. Versicherungsgericht die Verwaltungspraxis (Rz. 288.1 der Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit, gültig ab 1. Januar 1979) bestätigt, wonach es den Invalidenversicherungs-Kommissionen verwehrt ist, von sich aus für den gleichen Gesundheitsschaden einen von der SUVA (oder der Militärversicherung) BGE 119 V 468 S. 471 abweichenden Invaliditätsgrad festzulegen. Das Gericht erachtete es als naheliegend, dass der SUVA (bzw. der Militärversicherung) der Vorrang bei der Feststellung der Invalidität eingeräumt wird, da diese Sozialversicherungszweige über einen eigenen, gut ausgebauten Apparat zur Beurteilung dieser Frage verfügten, was für die Invalidenversicherung nicht in gleichem Masse zutreffe. In BGE 109 V 24 Erw. 2a legte das Eidg. Versicherungsgericht unter Bezugnahme auf dieses Urteil dar, dass die genannte Verwaltungsweisung nicht mehr als eine Koordinationsregel zuhanden der Durchführungsorgane der Invalidenversicherung beinhaltet. Die unterschiedliche gesetzliche Regelung oder Rechtspraxis könne jedoch ungeachtet des übereinstimmenden Invaliditätsbegriffes zu einer abweichenden Invaliditätsbemessung führen. Dies könne sich beispielsweise daraus ergeben, dass die Renten der SUVA nach geltendem Recht nur beschränkt ( Art. 80 Abs. 2 KUVG ), diejenigen der Invalidenversicherung aber gemäss Art. 41 IVG grundsätzlich jederzeit revidierbar sind (EVGE 1968 S. 190, BGE 106 V 89 oben). Eine unterschiedliche Beurteilung könne sich auch dann rechtfertigen, wenn die SUVA gemäss Gerichts- und Verwaltungspraxis die Rente bereits anlässlich ihrer Festsetzung abstuft oder befristet ( BGE 106 V 50 ), wogegen in der Invalidenversicherung eine antizipierte Invaliditätsschätzung grundsätzlich nicht zulässig ist ( BGE 97 V 58 ). Schliesslich könne ein Entscheid der SUVA (oder der Militärversicherung) dann für die Invalidenversicherung nicht massgebend sein, wenn die Invaliditätsschätzung auf einem Rechtsfehler oder einer nicht vertretbaren Ermessensausübung beruht. In BGE 112 V 175 Erw. 2a hat das Eidg. Versicherungsgericht im Zusammenhang mit der Feststellung, dass für den gleichen Gesundheitsschaden in der Invalidenversicherung grundsätzlich kein anderer Invaliditätsgrad angenommen werden darf als in der Unfallversicherung, die in BGE 106 V 88 Erw. 2b angeführte Begründung für den Vorrang von SUVA und Militärversicherung bei der Invaliditätsschätzung - den eigenen, gut ausgebauten Apparat dieser Sozialversicherungszweige zur Beurteilung dieser Frage - wiederaufgenommen (BGE BGE 112 V 176 Erw. 2a). Überdies wurde entschieden, dass die Rechtfertigung dafür, die Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung an diejenige der SUVA zu binden, auch dann entfalle, wenn der Invaliditätsgrad von der SUVA durch einen Vergleich festgesetzt wird. 3. An der Rechtsprechung gemäss BGE 106 V 88 Erw. 2b und BGE 112 V 175 Erw. 2a kann insoweit nicht festgehalten werden, als der BGE 119 V 468 S. 472 Vorrang der SUVA bei der Feststellung der Invalidität damit begründet wird, dass die Anstalt über einen eigenen, gut ausgebauten Apparat zur Invaliditätsbemessung verfüge, was für die Invalidenversicherung nicht in gleichem Masse zutreffe. a) Die SUVA verfügt anerkanntermassen über einen gut ausgebauten Apparat für die medizinisch-theoretische Beurteilung von Gesundheitsschäden. Für die Belange der Invaliditätsschätzung, bei welcher die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigung auf die Erwerbsfähigkeit festzustellen sind, gilt dies jedoch nicht in gleicher Weise. Vielmehr besteht die Gefahr, dass die SUVA der medizinischen Beurteilung eine zu grosse Bedeutung beimisst und sich bei der Invaliditätsschätzung in erster Linie vom Ausmass der Gesundheitsschädigung leiten lässt, wodurch die nach Gesetz und Rechtsprechung entscheidenden wirtschaftlichen Auswirkungen des Gesundheitsschadens, die anhand eines Einkommensvergleichs ( Art. 18 Abs. 2 UVG ; BGE 116 V 248 Erw. 1b mit Hinweisen) zu ermitteln sind, vernachlässigt oder in den Hintergrund gedrängt werden. Das Eidg. Versicherungsgericht hat im übrigen schon wiederholt auf diese Tatsache hingewiesen und das nicht gesetzeskonforme Vorgehen der SUVA beanstandet (vgl. statt vieler BGE 116 V 249 Erw. 2a, BGE 114 V 312 Erw. 3a; vgl. dazu auch ABEGG, Aus der Praxis der beruflichen Abklärungsstellen der Invalidenversicherung [BEFAS], in: ZAK 1985 S. 249 f.). Demgegenüber kann sich die Invalidenversicherung schon seit langem auf Einrichtungen stützen, die gerade im Hinblick auf die Invaliditätsbemessung wesentliche Entscheidungsgrundlagen erarbeiten: Regionalstellen seit 1960 ( Art. 61 ff. IVG in der bis Ende 1991 gültig gewesenen Fassung) bzw. IV-Stellen ( Art. 57 Abs. 1 IVG in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung), medizinische Abklärungsstellen seit 1974, 1978 und 1980 ( Art. 72bis IVV ; vgl. ZAK 1980 S. 529) sowie berufliche Abklärungsstellen seit 1981 (vgl. ZAK 1980 S. 550 ff.). Schliesslich bleibt zu bemerken, dass die SUVA den Invaliditätsgrad regelmässig ohne Rücksicht auf bevorstehende oder allenfalls bereits abgeschlossene berufliche Eingliederungsbemühungen festlegte, die seit jeher zum Aufgabenbereich der Invalidenversicherung gehören. b) Die Einwendungen gegen die Priorität der SUVA vor der Invalidenversicherung gelten um so mehr für die Zeit ab Inkrafttreten des UVG (am 1. Januar 1984). Da sich seither neben der SUVA auch andere Versicherer an der Durchführung der obligatorischen Unfallversicherung beteiligen können, stellt sich mit Bezug auf die Invaliditätsschätzung BGE 119 V 468 S. 473 zusätzlich die Frage nach dem Verhältnis zwischen einem sogenannten anderen Versicherer (gemäss Art. 68 UVG ), insbesondere einer privaten Versicherungseinrichtung, und der Invalidenversicherung. Denn die Argumente, welche das Gericht für den Vorrang der SUVA anführte, können erst recht keine Geltung beanspruchen, wenn der Invalidenversicherung die Invaliditätsschätzung eines anderen Versicherers im Sinne von Art. 68 UVG vorliegt. c) Zu beachten gilt es ferner, dass das UVG - im Gegensatz zum KUVG - im Rentenbereich Regeln über das Verhältnis zwischen Unfallversicherung und Invalidenversicherung enthält. So ergibt sich aus Art. 18 Abs. 2 UVG , dass der Unfallversicherer den Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung der Ergebnisse der von der Invalidenversicherung durchgeführten Eingliederung festzulegen hat. Steht der Entscheid der Invalidenversicherung über die berufliche Eingliederung bei Abschluss der ärztlichen Behandlung noch aus, so ist von diesem Zeitpunkt an aufgrund einer provisorischen Ermittlung des Invaliditätsgrades eine Übergangsrente auszurichten, welche nach abgeschlossener beruflicher Eingliederung durch eine neue Rente zu ersetzen ist ( Art. 30 UVV ; BGE 116 V 246 ; MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 371). Dabei ist es durchaus möglich, dass die Invalidenversicherung die Rente vor der Unfallversicherung festsetzt mit der Folge, dass sich alsdann fragt, ob sich die Unfallversicherung an den von der Invalidenversicherung ermittelten Invaliditätsgrad zu halten hat, soweit diese keine unfallfremden Faktoren zu berücksichtigen hatte. Das gleiche Problem stellt sich sodann bei der Anwendung von Art. 34 UVV ; danach hat in Fällen, in denen eine Invalidenrente als Folge der Revision geändert wird, auch eine Revision der Rente oder Komplementärrente der Unfallversicherung zu erfolgen. d) Aus diesen Gründen liesse sich die Auffassung vertreten, dass die Koordination der Invaliditätsschätzung auch in umgekehrter Richtung möglich ist und damit unter Umständen der Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung der Vorrang zukommt. Als Argument gegen die Priorität der Invalidenversicherung könnte eingewendet werden, dass diese sich aufgrund der Rentenabstufung gemäss Art. 28 Abs. 1 und 1bis IVG - im Gegensatz zur Unfallversicherung - in Extremfällen, wenn der für den Rentenanspruch massgebende Grenzwert von 40%, 50% oder 66 2/3% klar unter- oder überschritten wird, mit relativ ungenauen Angaben zum Invaliditätsgrad (ein Zweitel, mehr als zwei Drittel usw.) begnügen könne (vgl. BGE 104 V 137 Erw. 2b in fine). BGE 119 V 468 S. 474 Ob die Koordinationsregel unter Umständen auch so zu verstehen ist, dass die Unfallversicherung den von der Invalidenversicherung ermittelten Invaliditätsgrad als massgeblich zu betrachten hat, braucht im vorliegenden Fall jedoch nicht abschliessend beurteilt zu werden; denn auch wenn diese Frage zu bejahen wäre, müssten die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen, die ein Abweichen rechtfertigen (Erw. 2b hievor), beachtet werden. 4. a) Im vorliegenden Fall kann der Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass die Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad auf 100% festgelegt hat, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Denn selbst unter der Annahme, dass der von der Invalidenversicherung ermittelte Invaliditätsgrad für die SUVA grundsätzlich verbindlich wäre und die Invalidenversicherung keine unfallfremden Faktoren berücksichtigt hat, wäre die Anstalt befugt gewesen, einen tieferen Invaliditätsgrad (von 70%) festzulegen. Die Invaliditätsschätzung gemäss Einspracheentscheid vom 6. Juni 1990 geht von schlüssigen fachärztlichen Stellungnahmen zur Arbeitsunfähigkeit sowie zu den zumutbaren Arbeitsleistungen aus und beruht auf einem korrekt durchgeführten Einkommensvergleich, der den von der Invalidenversicherung angenommenen Invaliditätsgrad von 100% als unvertretbar erscheinen lässt. b) Soweit der Beschwerdeführer einwendet, die Vorinstanz habe die Invaliditätsschätzung der SUVA bestätigt, ohne konkret in Betracht fallende Verweisungsberufe zu nennen, muss er sich entgegenhalten lassen, dass im Einspracheentscheid vom 6. Juni 1990, auf welchen sich das kantonale Gericht bezieht, verschiedene Hilfstätigkeiten wie Kontroll-, Sortier-, Montage- und Überwachungsarbeiten in der Industrie aufgezählt sind. Diese Tätigkeiten könnte der Beschwerdeführer zumutbarerweise halbtägig verrichten und damit Einkünfte in der Höhe von mindestens 30% des hypothetischen Einkommens ohne Invalidität erzielen. Wenn er bis anhin nicht in der Lage war, die fachärztlich attestierte Restarbeitsfähigkeit von 50% - bezogen auf leichtere Tätigkeiten - in diesem Umfang zu verwerten, ist dies auf invaliditätsfremde und insbesondere unfallfremde Faktoren zurückzuführen, für welche die SUVA nicht einzustehen hat. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd06305a-1307-4c36-a5a2-73ed9ed4191e
Urteilskopf 86 IV 115 31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. April 1960 i.S. Boss gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 46 Abs. 1 und 3 MFV . Die zum Überholen erforderliche Strassenstrecke ist nicht frei, wenn nach der Verkehrslage mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, dass während des Überholens ein Hindernis in die Fahrbahn treten könne; eine längere Autokolonne mit einer Geschwindigkeit von 100 km/Std. in einem Zug zu überholen, ist unvorsichtig.
Sachverhalt ab Seite 116 BGE 86 IV 115 S. 116 A.- Am Nachmittag des 20. Mai 1959 fuhr ein schwerer Lastwagen mit Anhänger, dem ein Möbelauto und hinter diesem noch 3-4 Personenwagen folgten, auf der Durchgangsstrasse von Wohlen Richtung Lenzburg. Der Führer des Lastenzuges beabsichtigte, auf der geraden und übersichtlichen Strecke nach links in die nach Ammerswil führende Verbindungsstrasse abzubiegen. Er kündigte sein Vorhaben etwa 150 m vor der Abzweigung durch Blinklichter und Richtunganzeiger an und setzte zugleich seine Geschwindigkeit auf 15-20 km/Std. herab, was bewirkte, dass die nachfolgenden Fahrzeuge die Fahrt ebenfalls verlangsamten und sich eine aufgeschlossene Kolonne bildete. Kurz nachdem zwei von Lenzburg entgegenkommende Autos den Lastenzug gekreuzt hatten, schwenkte dieser nach links ab. Im gleichen Augenblick holte Boss mit seinem rasch fahrenden Personenwagen die Autokolonne ein, die er, ohne die Geschwindigkeit herabzusetzen, in einem Zug zu überholen begann. Obschon er nach der Wahrnehmung des abbiegenden Lastenzuges soweit als möglich nach links hielt und bremste, konnte er nicht mehr vermeiden, dass sein Fahrzeug mit dem hintern Teil des Lastwagens auf dessen linker Längsseite zusammenstiess, so dass erheblicher Sachschaden entstand und die beiden Insassen des Personenwagens leichte Verletzungen erlitten. Boss machte geltend, er habe vor dem Überholen weder die durch den Möbelwagen verdeckten Richtungsanzeiger des ganz rechts fahrenden Lastenzuges, noch die Abzweigung sehen können, die wegen des hohen Grases nicht erkennbar und auf der linken Strassenseite auch nicht BGE 86 IV 115 S. 117 durch einen Wegweiser markiert gewesen sei; ebensowenig habe er festgestellt, dass die ganze Kolonne die Geschwindigkeit verlangsamt hatte. Die Strasse sei für ihn daher frei und übersichtlich gewesen. B.- Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte Boss am 29. Oktober 1959 wegen Übertretung von Art. 25 Abs. 1 und Art. 26 Abs. 3 MFG zu einer bei Bewährung vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 30.-. Das Obergericht des Kantons Aargau nahm in seinem Urteil vom 31. Dezember 1959 eine Übertretung von Art. 26 Abs. 3 MFG nicht an, bestätigte aber die ausgefällte Busse wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 3 MFV und damit subsidiär auch von Art. 25 Abs. 1 MFG. C.- Gegen dieses Urteil führt Boss Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: (1. - Ausführungen darüber, dass der Überholende das Verbot des Überholens an Strassenkreuzungen und Einmündungen nur dann objektiv nicht verletzt und gegenüber dem nach links Abbiegenden vortrittsberechtigt ist, wenn dieser an einer Stelle abschwenkt, die nicht als Strassenkreuzung oder Einmündung im Sinne des Art. 26 Abs. 3 MFG gilt (vgl. dazu BGE 84 IV 33 , 109 Erw. 1, 169 Erw. 1; BGE 85 IV 38 Erw. 1), nicht schon dann, wenn der Überholende, wie die Vorinstanz annimt, die Abzweigung bloss nicht sehen konnte; im letztern Falle fällt nicht das Überholverbot als solches dahin, sondern es fehlt einzig am Verschulden; wie es sich bei dem nicht abgeklärten Verhältnis zwischen Ammerswilerstrasse und Hauptstrasse verhielt, konnte aus den nachfolgenden Erwägungen offen bleiben.) 2. Nach Art. 46 Abs. 1 MFV darf auf jeden Fall nur überholt werden, wenn die dazu erforderliche Strassenstrecke frei und übersichtlich ist. Frei ist sie aber nicht, wenn nach der Verkehrslage mit der nahen Möglichkeit gerechnet werden muss, dass während des Überholens ein BGE 86 IV 115 S. 118 Hindernis in die Fahrbahn treten, das Manöver also nicht gefahrlos zu Ende geführt werden könne. Mit dieser Möglichkeit hatte der Beschwerdeführer zu rechnen. Wenn die Führer der drei oder vier Personenwagen auf der geraden und übersichtlichen Strecke auf den Lastenzug und den Möbelwagen, die sich mit einer Geschwindigkeit von höchstens 20 km/Std. fortbewegten, aufgeschlossen hatten, ohne selber das Überholen zu versuchen, so hatten sie hiezu offensichtlich einen besonderen Grund, der vor allem darin bestehen konnte, dass die Kolonne entweder einem auf der rechten Strassenseite befindlichen Hindernis nach links ausweichen musste oder dass der Führer eines der beiden ersten Fahrzeuge die Absicht angekündigt hatte, nach links abzubiegen. Um das zu erkennen, bedurfte es keiner Hellseherei, wie der Beschwerdeführer geltend macht, sondern einfacher, pflichtgemässer Überlegung. Freilich ist nicht zu bestreiten, dass es immer wieder Motorfahrzeugführer gibt, die zwei hintereinander fahrende Grosswagen nicht zu überholen wagen und damit zur Bildung einer Autokolonne Anlass geben. Auch wenn man diese Erfahrungstatsache berücksichtigt, so durfte jedoch der Beschwerdeführer die andere, mindestens ebenso nahe liegende Möglichkeit nicht ausser acht lassen, dass die Stauung auf ein drohendes Hindernis in der Überholungsstrecke zurückzuführen sei. Unter diesen Umständen gebot die Vorsicht, das Überholen der Kolonne solange nicht durchzuführen, als die Lage nicht abgeklärt war. Selbst wenn man von den erwähnten Besonderheiten absieht, die auf ein bevorstehendes Hindernis hinwiesen, so war es aber auch unvorsichtig, mit einer Geschwindigkeit, die nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers gegen 100 km/Std. oder sogar mehr betrug, die ganze Kolonne in einem Zug zu überholen. Bei so hohen Geschwindigkeiten ist es dem Überholenden nicht mehr möglich, ausser der gesamten Verkehrssituation auch noch das Verhalten jedes einzelnen der nacheinander zu überholenden Kolonnenfahrer zu überblicken und der zu gewärtigenden BGE 86 IV 115 S. 119 Gefahr, dass ein Fahrzeug der Kolonne zum Überholen nach links ausbiegt, wirksam begegnen zu können. Wollte der Beschwerdeführer das Überholungsmanöver schon in Angriff nehmen, so musste er jedenfalls die Geschwindigkeit so bemessen, dass sie ihm erlaubte, sich nötigenfalls wieder zurückfallen zu lassen und hinter den letzten Wagen oder in eine Lücke einzubiegen. Wäre er dieser Vorsichtspflicht nachgekommen, so hätte er nicht nur rechtzeitig die auffallend geringe Geschwindigkeit der Kolonne festgestellt, sondern auch das Abbiegen des Lastenzuges und schon vorher dessen Blinklichter und Richtungsanzeiger frühzeitig genug bemerkt, um das begonnene Manöver abbrechen zu können. Die Vorinstanz hat demzufolge den Beschwerdeführer mit Recht der Übertretung von Art. 46 Abs. 3 MFV schuldig erklärt. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd067b7e-74db-4e65-8371-e309f3430aa0
Urteilskopf 125 II 629 63. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Dezember 1999 i.S. H. AG gegen Kantonales Labor Zürich, Gesundheitsdirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 5 VEDALG ; Lebensmittelpolizei; Anordnungen betreffend importierte Güter; interkantonale Zuständigkeit. Auch nach neuem Recht sind alle Kantone befugt, Massnahmen bezüglich der Waren zu ergreifen, die auf ihrem Territorium vertrieben werden. Zusätzlich können gegebenenfalls die Behörden des Sitzkantons des Importeurs Anordnungen treffen; dies insbesondere dann, wenn nicht nur eine bestimmte Sendung betroffen ist, sondern Massnahmen von weiter reichender Bedeutung in Frage stehen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 630 BGE 125 II 629 S. 630 A.- Die H. AG ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in X. (ZH). Sie bezweckt den Handel mit Artikeln aller Art, vornehmlich mit Körperpflegeprodukten und chemisch-technischen Produkten für den Haushalt und das Gewerbe. Am 24. September 1997 importierte sie eine Sendung "Chitosan" von Deutschland in die Schweiz; beim Wirkstoff "Chitosan" handelt es sich um einen Ballaststoff, der aus den Schalen von Meeresfrüchten gewonnen wird. Er wird als Nahrungs- bzw. Schlankheitsmittel angepriesen, weil er über die Fähigkeit verfügt, Fette und Öle zu binden. Das Zollamt Kreuzlingen/Emmishofen hatte Zweifel an der Zulässigkeit der Einfuhr und entnahm eine Probe. B.- Das Kantonale Labor Zürich nahm Abklärungen zum importierten "Chitosan" vor; nach Konsultation verschiedener Studien kam es zum Schluss, dieses Produkt müsse als gesundheitsgefährdend eingestuft werden. Es belegte sämtliche "Chitosan"-Vorräte der H. AG mit Beschlag; dabei untersagte es dieser, die Vorräte zu verändern, zu verschieben, anzubieten oder auszuliefern sowie ohne seine vorgängige Einwilligung Exporte oder Importe dieses Produkts vorzunehmen (Verfügung vom 7. November 1997). Nach erfolglosem kantonalem Rechtsmittelverfahren gelangte die H. AG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie stellt den Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 22. April 1999 aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Das Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz [LMG]; SR 817.0) bezweckt insbesondere, die Konsumenten vor Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen zu schützen, welche die Gesundheit gefährden können ( Art. 1 lit. a LMG ); dabei erfasst es auch die Einfuhr solcher Produkte ( Art. 2 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 LMG ). Der Gesetzesvollzug obliegt teils dem Bund ( Art. 32 ff. LMG ) und teils den Kantonen ( Art. 39 ff. LMG ). Am 1. März 1995 hat der Bundesrat die Verordnung über die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen (VEDALG; SR 817.41) erlassen. Gemäss deren Art. 4 prüfen die Zollämter stichprobenweise, ob die eingeführten Waren den Anforderungen der Lebensmittelgesetzgebung entsprechen. Erheben sie eine Probe, so senden BGE 125 II 629 S. 631 sie diese zur Untersuchung an die Lebensmittelkontrolle im Bestimmungskanton der Waren ( Art. 5 Abs. 3 VEDALG ). b) Vorliegend ist einzig streitig, ob die Zürcher Behörden örtlich zuständig sind, Anordnungen bezüglich des importierten "Chitosan" zu treffen. Die Vorinstanz hat dies mit der Begründung bejaht, dass der Sitz der Beschwerdeführerin im Kanton Zürich liege. Letztere rügt nun, diese Auffassung verstosse gegen Art. 5 Abs. 4 VEDALG , der eine abschliessende Zuständigkeitsregelung enthalte: Einzig die Behörden am Bestimmungsort der eingeführten Waren seien - neben den Bundesbehörden - befugt, gestützt auf das Lebensmittelrecht Massnahmen zu ergreifen. Da vorliegend weder der Aufbewahrungsort (M./TG) noch der Bestimmungsort (S./SG) der "Chitosan"-Sendung im Kanton Zürich lägen, mangle es sowohl dem Verwaltungsgericht als auch den unterinstanzlichen kantonalen Behörden an der örtlichen Zuständigkeit. c) Die Argumente der Beschwerdeführerin überzeugen nicht: Die örtliche Zuständigkeit der kantonalen Behörden ist weder im Lebensmittelgesetz noch in den zugehörigen Verordnungen ausdrücklich geregelt. Mit dem neuen Recht verhält es sich insoweit nicht anders als mit dem alten Lebensmittelgesetz vom 8. Dezember 1905 (aLMG; BS 4 459; in Kraft bis zum 30. Juni 1995). Deshalb kann diesbezüglich die Praxis zum alten Recht übernommen werden. In BGE 117 Ib 441 E. 4b S. 448 hat das Bundesgericht festgehalten, es seien alle Kantone verpflichtet, auf ihrem Gebiet die Bestimmungen der Lebensmittelpolizei zu vollziehen. Es bejahte die Zuständigkeit jener Kantone, auf deren Territorium die Ware vertrieben wird, bezüglich welcher Massnahmen zu ergreifen sind. Daraus lässt sich aber nicht folgern, es seien nur diese befugt, zu handeln; eine entsprechende Beschränkung der parallelen Zuständigkeiten wäre nicht sachgerecht. Dem Kanton, in welchem der Importeur einer Ware seinen Sitz hat, muss je nach Sachlage ebenfalls die Kompetenz zukommen, lebensmittelpolizeiliche Massnahmen anzuordnen. Dies zeigt gerade der vorliegende Sachverhalt, bei dem es vorab darum geht, die Beschwerdeführerin am Vertrieb des beanstandeten Produkts zu hindern: Das Kantonale Labor hat nicht nur jene Waren mit Beschlag belegt, die am 24. September 1997 importiert und kontrolliert worden sind, sondern sämtliche "Chitosan"-Vorräte, die sich allenfalls im Besitz der Beschwerdeführerin befinden; auch das dieser auferlegte Vertriebsverbot hat umfassenden Charakter. Solche Anordnungen werden zweckmässigerweise vom Kanton erlassen, in welchem die ins Recht gefasste BGE 125 II 629 S. 632 Unternehmung ansässig ist. Wenn ausschliesslich die Kompetenz zur Beschlagnahme einer bestimmten Menge von Waren in Frage steht, mag es zwar naheliegen, den Kanton der gelegenen Sache (oder eventuell den Kanton des Bestimmungsortes der betreffenden Produkte) für zuständig zu erklären. Geht es aber um Massnahmen von weiter reichender Bedeutung, so kann, wie vorliegend, auch der Sitzkanton der betroffenen Unternehmung zuständig sein. Wie die Vorinstanz zu Recht bemerkt, sprechen dafür Überlegungen der Effizienz und der Koordination des Vorgehens. Aus Art. 5 Abs. 4 VEDALG ergibt sich nichts anderes: Das Bundesgericht hat bezüglich des inhaltsgleichen Art. 30 Abs. 1 aLMG festgehalten, dabei gehe es um eine Kompetenzausscheidung zwischen kantonalen und Bundesorganen und gerade nicht um eine Regelung der interkantonalen Zuständigkeit ( BGE 117 Ib 441 E. 4b S. 449). Daran ist vorliegend auch bezüglich Art. 5 Abs. 4 VEDALG festzuhalten.
public_law
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dd081863-f0a2-43f9-8d9b-071db0bbf8f9
Urteilskopf 91 I 161 27. Extrait de l'arrêt du 10 septembre 1965 dans la cause Pelet et Flocard contre Bureau d'assistance judiciaire du Département de justice et police du canton de Vaud.
Regeste Art. 4 BV ; unentgeltliche Rechtspflege. Wenn in einem Vaterschaftsprozess die Vaterschaft durch die Blutuntersuchung nicht ausgeschlossen wird und sie nach der anthropologisch-erbbiologischen Expertise wenig wahrscheinlich ist, besteht die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB zugunsten der klägerischen Partei weiter. Diese hat daher kein Interesse am Begehren um Anordnung einer zweiten anthropologisch-erbbiologischen Expertise, weshalb das von ihr zu diesem Zweck nachgesuchte Armenrecht verweigert werden darf.
Sachverhalt ab Seite 161 BGE 91 I 161 S. 161 Au printemps 1962, Micheline Flocard et sa fille illégitime Pascale Pelet, née le 4 juillet 1961, introduisirent devant les tribunaux vaudois une action en recherche de paternité contre Jacques Bielmann. En cours de procédure, le professeur M. H. Thélin, de l'Université de Lausanne, procéda à une expertise BGE 91 I 161 S. 162 du sang qui lui permit d'aboutir à la conclusion que la paternité de Bielmann ne pouvait pas être exclue. Il procéda ensuite à une expertise anthropobiométrique sur la base de laquelle il affirma que la paternité de Bielmann était improbable. Conformément à l'art. 234 PC vaud., un délai fut fixé aux parties pour requérir le cas échéant une seconde expertise anthropobiométrique. Les demanderesses présentèrent une requête dans ce sens. Comme elles plaidaient au bénéfice de l'assistance judiciaire totale, elles sollicitèrent le Bureau de l'assistance judiciaire de faire l'avance des frais d'expertise. Le 23 juin 1965, le Bureau rejeta cette requête. Rappelant le résultat de la premièreexpertise anthropobiométrique, il considéra qu'une seconde expertise ne serait pas utile à la cause des demanderesses. Celles-ci ont formé un recours de droit public. Elles requièrent le Tribunal fédéral d'annuler la décision du Bureau. Elles se plaignent d'une violation de l'art. 4 Cst. Le Bureau conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Procédure.) 2. L'art. 4 Cst. confère un droit à l'assistance judiciaire au citoyen qui est dans le besoin et se trouve impliqué dans un procès où ses conclusions ne sont pas dépourvues de chances de succès. Il lui permet, moyennant ces conditions, d'être dispensé notamment de l'avance des frais (RO 89 I 2, 161). Un procès est dépourvu de chances de succès lorsque les risques de le perdre l'emportent nettement sur les chances de le gagner, de sorte qu'une personne raisonnable et de condition aisée renoncerait à s'y engager à cause des frais auxquels elle s'exposerait (RO 78 I 195, 196). Ces principes sont applicables par analogie lorsque l'octroi de l'assistance judiciaire est litigieux non pas pour le procès dans son ensemble, mais pour l'administration d'une preuve déterminée (arrêt non publié Messori du 1er juin 1965, consid. 3). Il s'agit en l'espèce de faire administrer, dans un procès en recherche de paternité, une expertise anthropologique. Les demanderesses, dont l'indigence n'est pas en cause, sont en mesure d'établir que le défendeur a cohabité avec la mère entre le trois centième et le cent quatre-vingtième jour avant la naissance. En effet, interrogé par la gendarmerie le 18 novembre 1961, le défendeur a reconnu qu'il avait entretenu des relations BGE 91 I 161 S. 163 intimes avec la mère du début d'août jusqu'au milieu de septembre 1960. Or la période critique a débuté le 6 septembre. Les demanderesses sont donc au bénéfice de la présomption découlant de l'art. 314 al. 1 CC. Selon une jurisprudence constante, cette présomption ne peut être renversée que si le défendeur parvient à établir, avec une vraisemblance confinant à la certitude, qu'il n'est pas le père de l'enfant (RO 88 II 394, 87 II 70). Pour aboutir à ce résultat, le défendeur, d'accord d'ailleurs avec les demanderesses, a fait procéder successivement à une expertise du sang et à une expertise anthropologique. Il s'agit de savoir si ces expertises permettent d'exclure la paternité du défendeur avec une vraisemblance confinant à la certitude. C'est là une question scientifique, qu'il appartient à l'expert de résoudre (RO 88 II 394). L'expertise du sang n'a pas abouti à un résultat; de l'avis de son auteur, elle "ne permet pas d'exclure la paternité" du défendeur. Elle est donc impuissante à renverser la présomption de l'art. 314 al. 1 CC. Quant à l'expertise anthropologique, l'expert la conclut dans les termes suivants: "Le résultat statistique global, ainsi que l'analyse détaillée des éléments d'information observés... permet de conclure à une paternité improbable. En d'autres termes, il tend à infirmer assez nettement la présomption de paternité établie à l'encontre du défendeur". Le résultat auquel aboutit ainsi l'expertise anthropologique n'est pas suffisant pour considérer que la paternité du défendeur est exclue avec une vraisemblance confinant à la certitude. Les termes parfaitement clairs de l'expert ne sont pas infirmés par le logarithme - 3.24 qui, selon l'échelle figurant au dossier, correspondrait à une paternité impossible. Les recourantes demeurent ainsi au bénéfice de la présomption découlant de l'art. 314 al. 1 CC. Elles n'ont dès lors aucun intérêt à requérir une seconde expertise. On peut dire à tout le moins que, placée dans les mêmes conditions que les demanderesses, une personne raisonnable et de condition aisée renoncerait à solliciter une nouvelle expertise, car elle s'exposerait à devoir supporter des frais sans utilité pour la défense de sa cause. Le Bureau pouvait dès lors refuser l'assistance judiciaire sans violer pour autant l'art. 4 Cst... Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,965
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
dd09e718-b540-48e8-b547-cd614a69a605
Urteilskopf 117 Ia 270 43. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Mai 1991 i.S. X. u. Mitb. gegen Staat Bern und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV ; gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit; Berner Arbeitslehrerinnen. 1. Tragweite von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV . Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (E. 2). 2. Ein Vorsprung in der Ausbildung kann einen höheren Lohn rechtfertigen, sofern die bessere Ausbildung vom Arbeitsplatz gefordert oder für die Arbeit, die verrichtet werden muss, von Nutzen ist. Entsprechend den Fächern, in denen die Primarlehrer nach dem bernischen Recht unterrichtsberechtigt sind, ist deren Ausbildung breiter als jene der Arbeitslehrerinnen. Die Unterschiede in der Ausbildung sind auf die berufliche Tätigkeit ausgerichtet, die beim Primarlehrer mehr und breitere Fachkenntnisse voraussetzt als bei der Arbeitslehrerin (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 271 BGE 117 Ia 270 S. 271 Nach Art. 3 Abs. 1 des Dekretes vom 15. November 1972 über die Lehrerbesoldung (BSG 430.251.1) sind die Arbeitslehrerinnen im Kanton Bern lohnmässig niedriger eingestuft als die Haushaltungslehrerinnen und die Primarlehrer. Die Besoldungsdifferenz beträgt bei der Anfangsbesoldung rund Fr. 250.-- pro Monat, bei der Höchstbesoldung etwa Fr. 350.--. Am 6. April 1989 beantragten X. und zehn weitere im Kanton Bern tätige Arbeitslehrerinnen der Erziehungsdirektion, sie besoldungsmässig den Hauswirtschafts- und Primarlehrkräften gleichzustellen. Ihre lohnmässig tiefere Einstufung liege ausschliesslich darin begründet, dass es sich beim Beruf der Arbeitslehrerin um einen sogenannten "typischen Frauenberuf" handle. Die Erziehungsdirektion wies das Gesuch am 26. Mai 1989 ab, da die beanstandete Lohndifferenz von der noch unterschiedlichen Ausbildungsdauer der betroffenen Lehrberufe herrühre. Diesen Entscheid bestätigte der Regierungsrat des Kantons Bern am 23. August 1989, worauf X. und ihre Kolleginnen am 19. Januar 1990 verwaltungsrechtliche Klage beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern einreichten. Dieses wies die Klage am 9. Juli 1990 ab, da zwischen dem Ausbildungsgang für Arbeitslehrerinnen und jenem für Primar- bzw. Haushaltungslehrkräfte im massgeblichen Zeitraum neben Differenzen bei der Aufnahme bedeutende Unterschiede hinsichtlich Ausbildungsdauer, -qualität und -anforderungen sowie der Abschlussqualifikationen bestünden. Diese Unterschiede rechtfertigten eine lohnmässige Ungleichbehandlung. Die niedrigere Besoldungseinreihung der Arbeitslehrerinnen verletze unter diesen Umständen den in Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV verankerten Grundsatz der Lohngleichheit von Mann und Frau bei gleichwertiger Arbeit nicht. BGE 117 Ia 270 S. 272 Hiergegen erhoben sieben Arbeitslehrerinnen am 13. August 1990 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2 BV . Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus den folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. Nach Art. 4 Abs. 2 BV sind Mann und Frau gleichberechtigt (Satz 1). Sie haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit (Satz 3). a) Die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Verfassungsbestimmung besagt, dass Mann und Frau ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhältnisse und Vorstellungen grundsätzlich in allen Bereichen gleich zu behandeln sind; die hergebrachten Anschauungen über die Rollen der Geschlechter sind rechtlich nicht mehr entscheidend. Dem kantonalen wie dem eidgenössischen Gesetzgeber ist es seit dem Inkrafttreten der Verfassungsbestimmung am 14. Juni 1981 grundsätzlich verwehrt, Normen zu erlassen, die Mann und Frau ungleich behandeln. Art. 4 Abs. 2 schliesst die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für rechtliche Differenzierungen aus. Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur noch zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische und funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung absolut ausschliessen (Urteil des Bundesgerichtes vom 10. Oktober 1986 i.S. D.B., E. 3a, veröffentlicht in ZBl 88/1987, 308; BGE 108 Ia 26 E. 5a; GEORG MÜLLER, in Kommentar BV, Art. 4, Rz. 136; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 81 ff.; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 229 ff.; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Auflage, N 1557 ff.; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Auf dem Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau - Erste Erfahrungen mit Art. 4 Abs. 2 BV , in ZSR 104/1985, S. 8 ff.; CHARLES-ALBERT MORAND, L'érosion jurisprudentielle du droit fondamental à l'égalité entre hommes et femmes, in: L'égalité entre hommes et femmes, Lausanne 1988, S. 79). b) Nach Satz 3 von Art. 4 Abs. 2 BV kann, wer gleichwertige Arbeit verrichtet wie ein Arbeitnehmer des anderen Geschlechts, verlangen, dass er gleich entlöhnt werde wie dieser. Bereits vor der Ergänzung von Art. 4 BV durch den Abs. 2 leitete das Bundesgericht aus dem Prinzip der Rechtsgleichheit die Verpflichtung ab, BGE 117 Ia 270 S. 273 im öffentlichen Dienstverhältnis gleichwertige Arbeit gleich zu entlöhnen (BGE BGE 105 Ia 120 ff., BGE 103 Ia 517 ff.). Neu wurde mit Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV auch gegenüber dem privaten Arbeitgeber ein subjektiver Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit von Mann und Frau begründet. Soweit es um die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau geht, gilt Art. 4 Abs. 2 BV heute als Spezialnorm unmittelbar in beiden Bereichen ( BGE 113 Ia 110 E. 1a, BGE 117 Ia 265 E. 2c; Urteil vom 11. November 1983 i.S. R.D. u. Mitb., E. 3, veröffentlicht in ZBl 85/1984, S. 164). Geschlechtsunabhängig ergibt sich das Postulat der Lohngleichheit im öffentlichen Dienstverhältnis aber nach wie vor aus Art. 4 Abs. 1 BV (GEORG MÜLLER, a.a.O., Rz. 141 ff.; ARTHUR HAEFLIGER, a.a.O., S. 106; JÖRG PAUL MÜLLER, a.a.O., S. 234; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, a.a.O., Rz. 1562 f.; THOMAS SUTTER, Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, in: recht 1986 S. 122; CHARLES-ALBERT MORAND, a.a.O., S. 90 ff.; MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, N 7 zu Art. 322 OR ). Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV darf das Geschlecht des Arbeitnehmers für die Bestimmung des Lohnes grundsätzlich nicht massgebend sein. Untersagt sind damit Lohnunterschiede, die auf geschlechtsspezifische Umstände wie geringere Körperkraft, generell höhere Absenzen, früheres Pensionierungsalter und zugunsten der weiblichen Arbeitnehmer geltende Schutzvorschriften abstellen, da diese sich nicht auf die Arbeit selbst beziehen (THOMAS SUTTER, a.a.O., S. 124). Individuell begründete Differenzierungen, die auch zwischen Arbeitnehmern gleichen Geschlechts zu unterschiedlicher Entlöhnung Anlass geben, verletzen Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV dagegen nicht (MANFRED REHBINDER, a.a.O., N 7 zu Art. 322 OR ; THOMAS SUTTER, a.a.O., S. 124/125; STEPHAN HEGNER, Salaire égal pour un travail de valeur égale, Zürich 1981, S. 11). Unter gleichwertiger Arbeit ist nicht nur gleiche Arbeit zu verstehen. Der Begriff umfasst nicht bloss ähnliche, d.h. gleichartige Arbeiten, sondern kann sich darüber hinaus im Zusammenhang mit sogenannten versteckten Lohndiskriminierungen auch auf den Vergleich zwischen Arbeiten verschiedenartiger Natur beziehen (vgl. Urteil vom 14. Mai 1987 i.S. R.D. u. Mitb., E. 4, Zusammenfassung in ZBl 90/1989, 205; ARTHUR HAEFLIGER, a.a.O., S. 109; ALEXANDRE BERENSTEIN, Der Lohn für gleichwertige Arbeit, in ZBJV 120/1984, S. 508). Die Frage, ob Arbeiten gleichwertig sind, BGE 117 Ia 270 S. 274 ist bisweilen schwer zu beantworten und zwingt den Richter praktisch, die betreffenden Tätigkeiten einer Arbeitsplatzbewertung zu unterziehen (vgl. THOMAS SUTTER, a.a.O., S. 124). c) Das Bundesgericht prüft die Rüge der Verletzung von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV grundsätzlich frei. Die tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung der kantonalen Instanz untersucht es dagegen lediglich auf Willkür hin ( BGE 113 Ia 111 E. 1c mit Hinweisen). Massgebend ist der Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides. Vorgesehene Korrekturen, die in der Zukunft zu einer gleichen Entlöhnung durch eine Anpassung der Klassierung oder einer stärkeren Qualifizierung der ungleich besoldeten Tätigkeit führen sollen, sind nicht geeignet, dem aus Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV fliessenden, unmittelbar und direkt anwendbaren Anspruch zu genügen (vgl. BGE 117 Ia 262 ff.). 3. Die Beschwerdeführerinnen rügen nicht, sie würden weniger verdienen als ein Arbeitslehrer. Sie machen dagegen geltend, dass die Primar- und die Haushaltungslehrkräfte besser entlöhnt seien als sie selber, und erblicken darin eine Verletzung von Art. 4 Abs. 2 BV . Der Lohn der Arbeitslehrerin sei tiefer, da es sich um einen typischen Frauenberuf handle. Zu prüfen ist demnach, ob die Arbeit einer Arbeitslehrerin im Verhältnis zur Arbeit, welche die Angehörigen der beiden anderen Lehrerkategorien erbringen, gleichwertig ist und ob im tieferen Lohn der Arbeitslehrerin eine versteckte Diskriminierung liegt (vgl. ALEXANDRE BERENSTEIN, a.a.O., S. 502 ff.). a) Arbeitslehrerinnen, Primarlehrer und Haushaltungslehrerinnen sind an den gleichen Schulstufen unterrichtsberechtigt (Primarstufe und Sekundarstufe I). Für die Lehrkräfte aller drei Kategorien gilt die gleiche Pflichtlektionenzahl (vgl. Art. 11 und 14 der Verordnung vom 5. September 1973 über die Pflichtlektionen der Lehrer; BSG 430.252.1). Hinsichtlich der pädagogischen Anforderungen, der persönlichen Belastung und der Verantwortung sind nach dem angefochtenen Entscheid keine bedeutsamen Unterschiede festzustellen. b) Das Verwaltungsgericht geht aber davon aus, die unterschiedliche Lohnklassierung rechtfertige sich aufgrund der Ausbildungsgänge. Diesbezüglich seien wesentliche Unterschiede in quantitativer wie qualitativer Hinsicht (Dauer der Ausbildung, Lektionentotal, Unterrichtsart, Qualifikationsgrad) festzustellen. Zur Beurteilung der Lohnforderungen der Beschwerdeführerinnen ist davon auszugehen, dass ihre Seminarausbildung im Regelfall BGE 117 Ia 270 S. 275 drei Jahre, bei vorgängigem Absolvieren einer Berufslehre fünf Jahre (davon zwei Jahre am Seminar) dauert. Sich noch nicht auswirkende künftige sowie verschiedene Änderungen im Ausbildungsgang vor dem 1. Mai 1986 - Datum, ab dem die Beschwerdeführerinnen ihre Ansprüche erheben - sind dabei nicht zu berücksichtigen (vgl. E. 2c). Für Primarlehrer beträgt die Seminarausbildung in der Vergleichsperiode wie jene für Haushaltungslehrerinnen fünf Jahre, wobei Interessenten mit Matura eine verkürzte Ausbildung von zwei Jahren angeboten wird. Die Aufnahmeprüfung für Arbeitslehrerinnen ins Seminar ist weniger anforderungsreich als jene für Primar- und Haushaltungslehrkräfte. Der Vergleich der Ausbildungen bezüglich Lektionentotal zeigt auf, dass die Primar- und Haushaltungslehrkräfte im Verlauf ihrer Seminarausbildung fast doppelt so viele allgemeinbildende Lektionen besuchen wie die Arbeitslehrerinnen und ungefähr anderthalbmal so viele Lektionen mit berufsbildendem Inhalt. Die fachwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlich-didaktischen Anteile sind bei der Ausbildung zur Arbeitslehrerin geringer als bei den anderen Ausbildungsgängen. Im Unterschied zu den Primarlehrern ist für die Arbeitslehrkräfte ein obligatorischer Unterricht in einer zweiten Fremdsprache, in Geographie, Religion und Philosophie im Lehrplan nicht vorgesehen. c) Gemäss Art. 26 Abs. 1 des bernischen Gesetzes vom 2. Dezember 1951 über die Primarschule (BSG 432.211) wird an der Primarschule in den Fächern Religion/Lebenskunde, Muttersprache, zweite Landessprache, Mathematik, Heimatunterricht, Geschichte/Bürgerkunde, Geographie, Naturkunde, Singen/Musik, Zeichnen/Gestalten, Geometrisch-Technisches Zeichnen, Schreiben, Turnen/Sport, Handarbeit/Werken und Hauswirtschaft unterrichtet. Der Primarlehrer und die Primarlehrerin erwerben ein Vollpatent, das sie ermächtigt, in all diesen Fächern Unterricht zu erteilen. Das bernische Primarlehrerpatent gilt zugleich als Arbeitslehrerinnenpatent (Art. 7 des Reglementes vom 20. März 1959 für die Mädchenarbeitsschulen des Kantons Bern, BSG 432.231). Haushaltungslehrerinnen sind für eine Gruppe von fünf Fächern unterrichtsberechtigt; neben der Hauswirtschaft, der Handarbeit/Werken textil/nichttextil sowie dem Gartenbau noch in zwei weiteren Gebieten. Auch das Haushaltungslehrpatent schliesst jenes für bernische Arbeitslehrerinnen/-lehrer mit ein (Art. 2 der Verordnung vom 7. August 1985 über den Erwerb des Lehrerpatentes für Haushaltungslehrerinnen und -lehrer des BGE 117 Ia 270 S. 276 Kantons Bern am deutschsprachigen staatlichen Seminar, BSG 430.217.311). Das Arbeitslehrpersonal schliesslich wird durch seine Bewilligung ermächtigt, in den Fächern Handarbeit/Werken textil/nichttextil sowie Turnen zu unterrichten (vgl. das Reglement vom 20. März 1959 für die Mädchenarbeitsschulen des Kantons Bern, BSG 432.231). 4. Die Frage, ob es sich beim Primarlehrer- im Vergleich zum Arbeitslehrerinnen-Beruf um einen typischen Männerberuf handelt, obwohl 1972 wie 1989 mehr Frauen als Männer im Kanton Bern das Primarlehrerpatent erwarben und an Primarschulen unterrichteten, kann offengelassen werden, da sich die beiden Tätigkeiten nicht als gleichwertig im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV erweisen. a) In BGE 113 Ia 116 E. 4a hat das Bundesgericht festgehalten, dass Unterschiede in der Entlöhnung das Verfassungsrecht auf gleichen Lohn von Mann und Frau dann nicht verletzen, wenn sie nicht auf dem Geschlecht, sondern auf objektiven Gründen wie Alter, Dienstalter, familiären Belastungen, Qualifikationsgrad, Risiken usw. beruhen. Diesen objektiven Gründen stellt das angefochtene Urteil die unterschiedliche Ausbildung gleich. Die Auffassung, dass unter anderem ein Vorsprung in der Ausbildung einen höheren Lohn zu rechtfertigen vermag, wird auch in der Literatur vertreten (ARTHUR HAEFLIGER, a.a.O., S. 110; THOMAS SUTTER, a.a.O., S. 124 f.; MANFRED REHBINDER, a.a.O., N 7 zu Art. 322 OR ; STEPHAN HEGNER, a.a.O., S. 11; vgl. auch HERBERT PLOTKE, Schweizerisches Schulrecht, Bern 1979, S. 403; kritisch im Zusammenhang mit dem Schauspielberuf: ISABELL MAHRER, "Zum Problem der Gleichwertigkeit der Arbeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2, 3. Satz BV, Überlegungen zu BGE 113 Ia 107 ff.", in: SJZ 85/1989, S. 42). Ob dies generell gilt, erscheint fraglich; nichts spricht aber dagegen, auf dieses Kriterium abzustellen, sofern die bessere Ausbildung vom Arbeitsplatz gefordert oder für die Arbeit, die verrichtet werden muss, von Nutzen ist. Es handelt sich dann um ein Merkmal, das - ähnlich wie die im erwähnten Bundesgerichtsurteil angegebenen Kriterien - bei Arbeitsplatzbewertungen Anwendung findet und zu unterschiedlichen Werten an sich vergleichbarer Arbeitsplätze führen kann. b) Entsprechend der umfassenderen Lehrberechtigung (vgl. E. 3) erweist sich die Ausbildung der Primarlehrer gegenüber jener der Arbeitslehrerinnen als breiter. Die Unterschiede in den Lehrgängen BGE 117 Ia 270 S. 277 sind auf die berufliche Tätigkeit ausgerichtet, die beim Primarlehrer mehr und grössere Fachkenntnisse voraussetzt als bei der Arbeitslehrerin. Damit weist aber nicht nur die Ausbildung, sondern bereits die Berufstätigkeit des Primarlehrers einen höheren Qualifikationsgrad auf. Die betroffenen Tätigkeiten können somit nicht als gleichwertig angesehen werden, weshalb ihre unterschiedliche Einstufung vor Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV standhält.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
dd152ec3-eea4-449a-adca-9c4ec49a20fc
Urteilskopf 112 V 280 49. Estratto della sentenza del 31 ottobre 1986 nella causa Postizzi contro Cassa di compensazione VATI e Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino
Regeste Art. 28 Abs. 1 IVG , Art. 28bis Abs. 2 IVV : Härtefall. Für den Art. 28bis IVV ist das Einkommen von Bedeutung, welches der Versicherte aufgrund der konkreten Situation (tatsächlicher Arbeitsmarkt und besondere Gegebenheiten des Versicherten) unter bestmöglicher Ausnützung seiner restlichen Arbeitskräfte erzielen kann. Insoweit Art. 28bis Abs. 2 Satz 1 IVV auf Art. 28 Abs. 2 IVG Bezug nimmt, ist er mit dem Begriff des Härtefalls i. S. des Art. 28 Abs. 1 IVG nicht vereinbar und daher gesetzwidrig.
Erwägungen ab Seite 281 BGE 112 V 280 S. 281 Estratto dai considerandi: 1. Giusta l' art. 28 cpv. 1 LAI il diritto alla rendita intera è dato quando l'assicurato è invalido per almeno due terzi e il diritto alla mezza rendita quando egli è invalido per almeno la metà. Nei casi rigorosi, la mezza rendita può già essere assegnata quando l'assicurato è invalido per almeno un terzo. Secondo la giurisprudenza che si applica alle decisioni rese prima del 1o gennaio 1984, ossia fino all'entrata in vigore del nuovo art. 28bis OAI , è dato il caso di rigore economico ai sensi dell'art. 28 cpv. 1 seconda frase LAI, qualora l'assicurato affetto da un'invalidità di un terzo almeno ma inferiore alla metà non sia in grado di conseguire, pur utilizzando al meglio le sue superstiti energie lavorative, gli estremi del reddito stabilito giusta l' art. 2 LPC . Il calcolo del reddito deve essere determinato applicando per analogia i disposti della LPC, segnatamente gli art. 3 e 4, quando si precisi che un'eventuale rendita per caso di rigore non è da prendere in considerazione quale elemento del reddito ( DTF 108 V 221 consid. 2 e le sentenze ivi citate). Secondo il diritto in vigore dal 1o gennaio 1984 esiste un caso rigoroso ai sensi dell' art. 28 cpv. 1 LAI se l'assicurato è invalido per almeno un terzo e se il suo reddito non raggiunge il limite fissato nell' art. 42 cpv. 1 LAVS ( art. 28bis cpv. 1 OAI ). È determinante il reddito che l'assicurato potrebbe conseguire come invalido, secondo l' art. 28 cpv. 2 LAI . Esso è stabilito secondo le norme degli art. 56-62 OAVS . In deroga all' art. 60 cpv. 2 OAVS , al reddito è aggiunto un decimo della sostanza computabile. Vengono conteggiati i due terzi di questo totale ( art. 28bis cpv. 2 OAI ). Un'eventuale rendita per casi rigorosi non è conteggiata nel reddito ( art. 28bis cpv. 3 OAI ). 2. a)... b) Per il periodo di tempo disciplinato dalla nuova normativa vigente dal 1o gennaio 1984, il ricorrente in sostanza si prevale del fatto secondo cui sarebbe da conferire un'interpretazione diversa all' art. 28 cpv. 1 LAI a seconda che tale disposto si applichi nell'ambito della valutazione del grado d'invalidità o dell'esame relativo al caso di rigore. In particolare egli sostiene che con l'introduzione dell' art. 28bis OAI si intendeva tener conto della possibilità reale di un parziale reinserimento dell'invalido in rapporto alla sua condizione di età e di formazione professionale, nonché alla situazione effettiva del mercato del lavoro nel BGE 112 V 280 S. 282 cantone di residenza o comunque nell'ambiente entro il quale è chiamato a operare. 3. Né il testo legale né relative regole di esecuzione definiscono il concetto del caso di rigore di cui all' art. 28 cpv. 1 LAI . Dalla costante giurisprudenza deve però essere desunto che intenzione del legislatore era stato di tenere in considerazione la concreta situazione e le circostanze particolari dell'assicurato le quali, pur utilizzando egli al meglio le sue superstiti energie lavorative, lo impediscono di sovvenire al proprio sostentamento malgrado il fatto che il suo grado d'invalidità sia inferiore alla metà (STFA 1962 pag. 79 seg., 1969 pag. 171 consid. 3; RCC 1983 pag. 253 consid. 1). È invece incorso in un errore l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali nella misura in cui ha indicato, in merito all' art. 28bis OAI (RCC 1983 pag. 411), che la nuova norma riflette l'attuale prassi giudiziaria. Per l' art. 28bis OAI è di rilievo, a causa del richiamo dell' art. 42 cpv. 1 LAVS indicato al primo capoverso e degli art. 56-62 OAVS menzionati al secondo, il reddito che l'assicurato può, utilizzando al meglio le sue superstiti energie lavorative, effettivamente ottenere in base alla concreta situazione del caso. Il contemporaneo richiamo dell' art. 28 cpv. 2 LAI contenuto nell' art. 28bis cpv. 2 OAI , disposto legale che non prende in considerazione il reddito effettivo né tien conto dell'assenza di un'occupazione lucrativa per ragioni estranee all'invalidità, bensì prevede il confronto di redditi ipotetici conseguibili su un mercato del lavoro equilibrato, risulta pertanto incompatibile con il concetto del caso di rigore ai sensi dell' art. 28 cpv. 1 LAI . Ne consegue che, nella misura in cui l'art. 28bis cpv. 2 prima frase OAI fa riferimento all' art. 28 cpv. 2 LAI , esso non è conforme alla legge.
null
nan
it
1,986
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd16e8f3-8150-4cca-85b5-ee2980bcfc25
Urteilskopf 94 I 525 74. Urteil vom 18. Dezember 1968 i.S. Erny und Mitbeteiligte gegen Verfassungsrat der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft
Regeste Wiedervereinigung der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Volksabstimmung in den beiden Halbkantonen über die vom gemeinsamen Verfassungsrat ausgearbeitete Verfassung für den wiedervereinigten Kanton. Staatsrechtliche Beschwerde gegen die vom Verfassungsrat angeordnete getrennte Abstimmung über die Verfassung und die nach § 57 bis der KV von Baselland in die Übergangsbestimmungen der neuen Verfassung aufzunehmenden "Hauptgrundzüge der künftigen Gesetzgebung". 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 7). 2. Zuständigkeit des Verfassungsrates zur Festsctzung der Abstimmungsfrage (Erw. 8). 3. Tragweite des § 57 bis der KV von Baselland und Verbindlichkeit dieser Bestimmung für den Verfassungsrat (Erw. 9). 4. Rechtsnatur der "Hauptgrundzüge" (Erw. 10). 5. Zulässigkeit - der Verweisung der "Hauptgrundzüge" in einen besonderen Erlass (Erw. 11 a). - der getrennten Abstimmung über Verfassung und "Hauptgrundzüge", sofern das Inkrafttreten der Verfassung von der Annahme der "Hauptgrundzüge" abhängig gemacht wird. (Erw. 11 b).
Sachverhalt ab Seite 527 BGE 94 I 525 S. 527 Aus dem Tatbestand: A.- Durch Beschluss vom 26. August 1833 hatte die Eidg. Tagsatzung der Trennung des Kantons Basel in zwei besondere Gemeinwesen unter dem Vorbehalt freiwilliger Wiedervereinigung zugestimmt. Gestützt auf diesen Vorbehalt wurden 100 Jahre später in den beiden Halbkantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft gleichlautende Initiativen auf Wiedervereinigung eingeleitet. Entgegen der ablehnenden Haltung des Regierungsrates von Basel-Landschaft erklärte das Bundesgericht die Initiative in BGE 61 I 166 ff. als zulässig, weil sie nicht direkt die Wiedervereinigung vorschlage, sondern lediglich die in der Kantonsverfassung zurzeit noch fehlende Grundlage schaffen wolle, um einen späteren Entscheid über die Wiedervereinigung herbeizuführen (E. 6 und 7). Hierauf wurde in beiden Halbkantonen je eine fast gleichlautende Verfassungsbestimmung ausgearbeitet, die im wesentlichen dem (im zitierten Urteil in lit. B wiedergegebenen) Text der Initiativen entspricht: in Basel-Stadt durch den Grossen Rat ein § 58 KVBS, in Basel-Landschaft durch einen besonderen Verfassungsrat ein § 57 bis KVBL. Ziff. 1 des ersteren lautet: "Zur Ausarbeitung einer Verfassung für den Kanton Basel, samt den erforderlichen Einführungs- und Übergangsbestimmungen, wird, in Verbindung mit dem Kanton Basel-Landschaft, ein Verfassungsrat von 150 Mitgliedern gewählt. Davon wählt der Kanton Basel-Stadt nach den Vorschriften für die Grossratswahlen 75 Mitglieder...". Entsprechend lautet Ziff. 1 von § 57 bis KVBL; doch fügte hier der Verfassungsrat nach den Worten "Einführungs- und Übergangsbestimmungen" noch ein: "welche die Hauptgrundzüge der künftigen Gesetzgebung zu enthalten haben". Im Rat bestand die einhellige Auffassung, dass das keine materielle Änderung, sondern nur eine Verdeutlichung sei, weil man in beiden Halbkantonen darüber einig sei, dass die Stimmbürger vor der Abstimmung über die neue Kantonsverfassung nicht BGE 94 I 525 S. 528 nur die formellen Verfassungsgrundsätze, sondern auch den wesentlichen Inhalt der nun für den ganzen Kanton zu vereinheitlichenden Gesetze kennen müssten. Im Grossen Rat von Basel-Stadt herrschte die gleiche Ansicht; doch konnte dort kein solcher Zusatz aufgenommen werden, weil es sich nach basel-städtischem Recht um eine formulierte Initiative handelte, die keine Änderungen zulässt. Die neuen Verfassungsbestimmungen wurden in beiden Halbkantonen in Volksabstimmungen vom 2. Oktober 1938 angenommen. Die Gewährleistung durch die Bundesversammlung wurde zunächst verweigert, dann aber auf einen Wiedererwägungsantrag hin durch Bundesbeschluss vom 22. Juni 1960 erteilt. Hierauf wurde der "Verfassungsrat der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft" (nachstehend kurz Verfassungsrat) bestellt. In fast acht Jahren arbeitete er vier Vorlagen aus: Verfassung des Kantons Basel, "Hauptgrundzüge der Gesetzgebung" (nachstehend kurz "Hauptgrundzüge" genannt), Wahlgesetz für den Kanton Basel und Gesetz über die Geschäftsordnung des Kantonsrates des Kantons Basel. Die "Hauptgrundzüge" stellen Richtlinien auf für die Gesetzgebung des vereinigten Kantons über die Gebietseinteilung, die kantonalen Behörden und ihre Funktionen, die öffentlichen Aufgaben sowie über das Verhältnis von Staat und Kirche. Die Verfassung enthält in ihrem letzten Abschnitt "Übergangsordnung" u.a. folgenden Art. 81: "Die zusammen mit der vorliegenden Verfassung gutgeheissenen Hauptgrundzüge der künftigen Gesetzgebung sind während zehn Jahren nach Inkrafttreten der vorliegenden Verfassung für den Gesetzgeber verbindlich. Ein mit den Hauptgrundzügen nicht übereinstimmendes Ausführungsgesetz erlangt nur Gültigkeit, wenn es sowohl im Gebiet des Kantons Basel-Stadt als auch im Gebiet des Kantons Basel-Landschaft eine getrennte Mehrheit erhalten hat. Solche Ausführungsbestimmungen unterliegen in jedem Fall auch dann der Volksabstimmung, wenn es sich um blosse Änderungen handelt, die in einzelnen Teilen ein bestehendes Gesetz revidieren." Nach der Annahme der vier Vorlagen in der ersten Lesung fasste der Verfassungsrat folgenden "Vollziehungsbeschluss": "Die Verfassung für den Kanton Basel, die Hauptgrundzüge der Gesetzgebung, das Wahlgesetz für den Kanton Basel und das Gesetz über die Geschäftsordnung des Kantonsrates des Kantons BGE 94 I 525 S. 529 Basel sind, und zwar jede Vorlage einzeln, gleichzeitig im Kanton Basel-Stadt und im Kanton Basel-Landschaft zur Abstimmung zu bringen. Nach der Schlussabstimmung im Verfassungsrat sind die vier Vorlagen beförderlichst in den beiden kantonalen Amtsblättern zu publizieren". Nachdem sie in der Schlussabstimmung vom 6. September 1968 angenommen worden waren, wurden dieser Beschluss im Amtsblatt des Kantons Basel-Landschaft vom 18. September 1968 und die vier Vorlagen in einer Beilage dazu veröffentlicht. In gleicher Weise wurde im Kanton Basel-Stadt vorgegangen. B.- Am 24. September 1968 erhoben 47 stimmberechtigte Bürger des Kantons Basel-Landschaft staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von § 57 bis KVBL mit dem Antrag auf: 1. Aufhebung der vom Verfassungsrat gutgeheissenen Verfassung des Kantons Basel und der "Hauptgrundzüge" und Rückweisung dieser Erlasse an den Verfassungsrat mit der Anweisung, die "Hauptgrundzüge" in die Verfassung aufzunehmen. 2. Aufhebung des Vollziehungsbeschlusses. Zur Begründung wird ausgeführt, der in § 57 bis KVBL eingefügte Zusatz schreibe vor, dass die "Hauptgrundzüge" in die Übergangsbestimmungen der neuen Verfassung aufzunehmen seien, damit der Gesetzgeber daran gebunden sei und den Stimmbürgern bei der Abstimmung über die Wiedervereinigung deren Tragweite erkennbar sei. Im Verfassungsrat sei wiederholt über den rechtlichen Charakter der "Hauptgrundzüge" - Verfassungs- oder Gesetzesrecht oder blosse politische Richtlinien - diskutiert und schliesslich einem Bericht des Büros zugestimmt worden, wonach es sich um Gesetzesrecht handle und deshalb darüber getrennt von der Verfassung abzustimmen sei - in der Meinung, dass bei Annahme der Verfassung und gleichzeitiger Verwerfung der "Hauptgrundzüge" das Gesetzesrecht vom Kanton frei (genauer im Rahmen des Bundesrechts und der Kantonsverfassung) zu schaffen sei. Die auf dieser Ansicht beruhende formelle Trennung der Vorlagen in die eigentliche Verfassung inkl. Übergangsordnung einerseits und die "Hauptgrundzüge" anderseits sowie die Anordnung getrennter Volksabstimmungen darüber im Vollziehungsbeschluss stünden im Widerspruch zu § 57 bis KVBL. Der Verfassungsrat BGE 94 I 525 S. 530 sei daher anzuweisen, die "Hauptgrundzüge" als weiteren Abschnitt IX in die Verfassung aufzunehmen und diese so dem Stimmbürger zur Abstimmung vorzulegen. Der Vollziehungsbeschluss überschreite zudem die Kompetenz des Verfassungsrates, da nach den Verfassungen beider Halbkantone die Anordnung von Abstimmungen dem Regierungsrat zustehe. Die Beschwerdeführer legen ein Gutachten von Prof. Hans Marti über die Frage der getrennten Abstimmung ein und erklären es zum integrierenden Bestandteil der Beschwerde. Darin wird ebenfalls die Ansicht vertreten, dass nach § 57 bis KVBL die "Hauptgrundzüge" einen Bestandteil der Verfassung bilden müssen. Die nähere Begründung der Beschwerde ist aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich. C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, soweit sie sich gegen diesen Kanton richte. E.- Der Verfassungsrat beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Er schildert zunächst einlässlich die - oben in lit. A zusammengefasste - Entstehung von § 57 bis KVBL. Sodann stellt er dar, wie sich in seinen Beratungen allmählich die Auffassung durchsetzte, die "Hauptgrundzüge" seien als blosses - freilich qualifiziertes - Gesetzesrecht zu erlassen. Er vertritt die Ansicht, der pouvoir constituant (Aktivbürgerschaft und Verfassungsrat) habe seine Aufgabe frei von jeder inhaltlichen Bindung zu erfüllen. So wenig wie nach BGE 61 I 77 die in der Initiative enthaltenen "Grundsätze", so wenig sei der Zusatz in § 57 bis KVBL für den Verfassungsrat verbindlich. Dieser sei daher berechtigt, jene Klausel zu übergehen; weder seine basellandschaftlichen noch gar seine baselstädtischen Mitglieder seien daran gebunden. Gerade das Argument, die Stimmbürger müssten vor der Abstimmung nicht nur die Verfassung selbst, sondern auch die gestützt darauf zu erwartende Gesetzgebung kennen, zeige, dass die "Hauptgrundzüge" Gesetzesrecht seien. Der vom Bundesgericht geübte Verzicht auf die Nachprüfung kantonaler Verfassungen unter dem Gesichtspunkt der derogatorischen Kraft des Bundesrechts verliere seine Berechtigung, wenn ein Kanton dazu übergehe, in Überschreitung BGE 94 I 525 S. 531 jedes Normalmasses umfangreiche Partien typischer Gesetzesregeln auf Verfassungsstufe zu heben, wie das hier nach Auffassung der Beschwerdeführer geschehen solle. Um den kleineren Fusionspartner zu schützen, bestimme Art. 81 der Verfassung, dass innert 10 Jahren nach ihrem Inkrafttreten ein von den "Hauptgrundzügen" abweichendes Gesetz einer Mehrheit im Gebiet jedes früheren Halbkantons bedürfe - im Unterschied zu der qualifizierten Mehrheit für Verfassungsänderungen nach Art. 97 (Mehrheit der Stimmberechtigten oder 2/3 der abgegebenen Stimmen). Damit seien die "Hauptgrundzüge" unzweideutig ausserhalb des formellen Verfassungsrechtes gestellt, aber auch vom ordentlichen Gesetzesrecht abgehoben; das Erfordernis der paritätischen Mehrheit sei wohl für Gesetzesrecht zulässig, wäre dagegen für Verfassungsrecht nicht mit Art. 6 BV vereinbar. Da die "Hauptgrundzüge" Gesetzesrecht seien, müssten sie nach der Gewährleistungspraxis des Bundes der Volksabstimmung getrennt unterbreitet werden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: I. Eintretensfragen 1./6. - (Zulässigkeit der Beschwerde nur gegen den Vollziehungsbeschluss, nicht auch gegen die Verfassung und die "Hauptgrundzüge" selbst; Aktiv- und Passivlegitimation usw.). II. Materielle Beurteilung 7. Die Beschwerdeführer machen geltend, der Vollziehungsbeschluss verstosse in mehrfacher Hinsicht gegen § 57 bis KVBL. Die Auslegung kantonaler Verfassungsbestimmungen prüft das Bundesgericht im allgemeinen, namentlich aber bei Abstimmungsbeschwerden nach Art. 85 lit. a OG , grundsätzlich frei ( BGE 91 I 239 Erw. 3 und BGE 94 I 124 Erw. 2 je mit Hinweisen auf frühere Urteile). Eine gewisse Zurückhaltung pflegt sich das Bundesgericht, und zwar auch bei Abstimmungsbeschwerden ( BGE 89 I 374 Erw. 2), lediglich insofern aufzuerlegen, als es der Handhabung kantonaler Verfassungssätze durch das oberste zur Auslegung der Verfassung berufene kantonale Organ ein besonderes Gewicht beilegt und nicht ohne Not davon abweicht. Zu solcher Zurückhaltung besteht im vorliegenden Falle schon deshalb kein Anlass, weil der Verfassungsrat, gegen den sich die Beschwerde richtet, nicht die oberste, zur Auslegung der Verfassung BGE 94 I 525 S. 532 des Kantons Basel-Landschaft berufene Behörde, ja überhaupt keine Behörde dieses Kantons ist, sondern eine gemeinsame Behörde der beiden Halbkantone, die lediglich den ihm durch die §§ 58 KVBS und 57 bis KVBL erteilten Auftrag zu erfüllen hat. Ob er dabei die letztere Bestimmung verletzt habe, ist daher vom Bundesgericht völlig frei zu prüfen. 8. Die Beschwerdeführer machen geltend, der Verfassungsrat sei zum Erlass des Vollziehungsbeschlusses gar nicht zuständig gewesen, da die Anordnung von Abstimmungen nach den Verfassungen beider Halbkantone Sache des Regierungsrates sei. Diese Rüge ist vorweg zu prüfen; denn wenn sie sich als begründet erweist, ist jener Beschluss schon aus diesem Grunde aufzuheben und erübrigt sich die Prüfung der weiteren dagegen erhobenen Rügen. Nach § 58 KVBS und § 57 bis KVBL obliegt dem Verfassungsrat die "Ausarbeitung einer Verfassung des Kantons Basel samt den erforderlichen Einführungs- und Übergangsbestimmungen". § 57 bis KVBL enthält überdies den Zusatz, dass diese Bestimmungen "die Hauptgrundzüge der Gesetzgebung zu enthalten haben". Obwohl dieser Zusatz in § 58 KVBS fehlt, sind alle Beteiligten darüber einig, dass es zur Aufgabe des Verfassungsrates gehörte, neben der Verfassung auch die "Hauptgrundzüge" auszuarbeiten. Die Rüge der Kompetenzüberschreitung wird nur inbezug auf den Vollziehungsbeschluss erhoben. Die Aufgabe des Verfassungsrates kann sich indessen nicht in der Redaktion der Verfassung und der "Hauptgrundzüge" erschöpfen, sondern muss sich notwendig auf alles erstrecken, was erforderlich ist, damit sie in beiden Halbkantonen der Volksabstimmung unterbreitet werden können und deren Ergebnis nicht trotz äusserer Übereinstimmung an inneren Widersprüchen leidet. Das ergibt sich, auch wenn es die angeführten Verfassungsbestimmungen nicht ausdrücklich sagen, aus den gesamten Umständen, namentlich daraus, dass der Verfassungsrat das einzige gemeinsame Organ der beiden Halbkantone ist und deshalb allein für die erforderliche Koordination sorgen kann. Jene Bestimmungen schreiben selber vor, dass die Abstimmung in beiden Halbkantonen gleichzeitig durchzuführen ist (Ziff. 6). Noch wichtiger und selbstverständlich ist, dass die Abstimmungsfragen in beiden gleich lauten müssen, da sonst das Ergebnis trotz Annahme in beiden unklar oder sogar BGE 94 I 525 S. 533 widersprüchlich sein könnte. Es war deshalb Pflicht des Verfassungsrates, nicht nur den Text der Verfassung und der "Hauptgrundzüge" zu redigieren, sondern auch deren Verhältnis zueinander sowie die Art, wie darüber - in beiden Halbkantonen gleich - abzustimmen ist, zu ordnen. Der Vollziehungsbeschluss, in dem er das getan hat, hält sich somit im Rahmen seiner Zuständigkeit. Zu prüfen bleibt, ob der von ihm gewählte Abstimmungsmodus, die getrennte Abstimmung über die Verfassung und die "Hauptgrundzüge", seinem Auftrag und den §§ 58 KVBS und 57 bis KVBL entspricht. 9. Der Verfassungsrat hält dem Vorwurf, er habe § 57 bis KVBL verletzt, in erster Linie entgegen, dass er seine Aufgabe frei von jeder inhaltlichen Bindung zu erfüllen habe; der nur in § 57 bis KVBL enthaltene Zusatz "involviere eine unzulässige Bindung des pouvoir constituant" und sei daher für den gemeinsamen Verfassungsrat unbeachtlich. Bei der Untersuchung der Frage, ob die verfassunggebende Gewalt bei der Verfassungsrevision inhaltliche Schranken zu beachten habe, wird u.a. zwischen heteronomen und autonomen Schranken unterschieden (vgl. AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse S. 130 ff. und dort angeführte Literatur). Als heteronom bezeichnet man die von einem fremden Willen gesetzten Schranken wie z.B. die den kantonalen Verfassunggeber bindenden Normen des Bundesrechts. Als autonom gelten Schranken, die in der zu revidierenden Verfassung ausdrücklich vorgesehen sind oder sich durch Auslegung derselben ergeben. Ob es im eidgenössischen und kantonalen Recht autonome Schranken der Verfassungsrevision gebe, ist in der Rechtslehre umstritten. Während neuere Autoren (NEF, GIACOMETTI, KÄGI u.a.) solche Schranken nachzuweisen suchen, lehnt AUBERT sie in Übereinstimmung mit der älteren Lehre (BURCKHARDT, FLEINER, MAX HUBER) und dem Bundesrat (BBl 1948 III 917 ff., 1954 I 704 ff.) ab (vgl. AUBERT a.a.O., insb. Nr. 332). Wie es sich damit verhält, braucht hier nicht geprüft zu werden. Wollte man annehmen, dass § 57 bis KVBL die verfassunggebende Gewalt nicht binde, so würde das (abgesehen von der Möglichkeit der Abänderung oder Aufhebung dieser Bestimmung) nur bedeuten, dass die Gesamtheit der Stimmberechtigten des Kantons Basel-Landschaft dem wiedervereinigten Kanton eine Verfassung geben könnte, die in Missachtung des dort vorgeschriebenen Weges ausgearbeitet worden ist oder inhaltlich BGE 94 I 525 S. 534 gegen diese Bestimmung verstösst. Davon ist hier nicht die Rede. Angefochten ist nicht die Verfassung, sondern ausschliesslich der Vollziehungsbeschluss des Verfassungsrates, und es kann sich daher nur fragen, ob der Verfassungsrat, d.h. eine Behörde, jene Bestimmung zu beachten hatte. Das ist zu bejahen, Um die Grundlage und das Verfahren für einen späteren Entscheid über die Wiedervereinigung herbeizuführen (vgl. BGE 61 I 175 ), haben die beiden Halbkantone am 2. Oktober 1936 gleichlautende Initiativen angenommen und daraufhin die §§ 58 KVBS bzw. 57 bis KVBL in ihre Verfassungen aufgenommen, aufgrund deren der Verfassungsrat bestellt wurde und die neue Kantonsverfassung auszuarbeiten hatte. Bei dieser Sachlage kann es nicht zweifelhaft sein, dass der Verfassungsrat an diese Bestimmungen und den ihm darin erteilten Auftrag gebunden war. Der Verfassungsrat beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf BGE 61 I 176 /7, wo die in Ziff. I der Initiative enthaltenen Grundsätze als "blosse, den Verfassungsrat nicht bindende Direktiven" bezeichnet worden sind. Selbst wenn diese nicht näher begründete Bemerkung in den Urteilserwägungen richtig sein sollte, wäre sie für die hier streitige Frage nicht entscheidend. Sie besagt nur, dass ein Teil des Inhalts der (im Kanton Basel-Landschaft in der Form der allgemeinen Anregung eingereichten) Initiative den Verfassungsrat nicht bindet. Dagegen lässt sich daraus nicht ableiten, dass die in der Folge in Kraft getretenen und vom Bunde gewährleisteten Verfassungsbestimmungen unverbindlich seien, durch die der Verfassungsrat als gemeinsames Organ der beiden Halbkantone geschaffen und der ihm erteilte Auftrag umschrieben wurde. Diese Vorschriften binden den Verfassungsrat als Behörde, weshalb seine Ausführungen über "Instruktionen" und darüber, dass weder seine basellandschaftlichen noch gar seine baselstädtischen Mitglieder durch § 57 bis KVBL verpflichtet seien, fehl gehen. Unbehelflich ist auch sein Hinweis darauf, dass der Zusatz, wonach die Einführungs- und Übergangsbestimmungen der neuen Verfassung "die Hauptgrundzüge der künftigen Gesetzgebung zu enthalten haben", sich nur in § 57 bis KVBL findet und in § 58 KVBS fehlt. Es war durchaus möglich und zulässig, dass der eine Halbkanton seine Zustimmung zur Einleitung des Wiedervereinigungsverfahrens von einer Bedingung abhängig machte, von welcher der andere aus irgendwelchen BGE 94 I 525 S. 535 Gründen absah. Angesichts des nur in § 57 bis KVBL enthaltenen Zusatzes besteht freilich, was im Gewährleistungsverfahren seinerzeit zu wenig beachtet worden sein mag, ein nicht unerheblicher Unterschied zwischen den Aufträgen welche die beiden Halbkantone dem Verfassungsrat erteilt haben. Dieser Unterschied wäre jedoch für die Frage der Verbindlichkeit des Zusatzes nur von Bedeutung, wenn die beiden Aufträge infolgedessen im Widerspruch zueinander stünden. Gerade das ist aber nicht der Fall. Schon der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt war bei der Beratung über § 58 KVBS der Auffassung, dass der im andern Halbkanton angenommene Zusatz mit dieser Bestimmung vereinbar sei und nur eine Verdeutlichung darstelle, und der Verfassungsrat ist derselben Meinung. 10. Nach Auffassung der Beschwerdeführer verstösst die im Vollziehungsbeschluss angeordnete getrennte Abstimmung über die Verfassung und die "Hauptgrundzüge" deshalb gegen § 57 bis KVBL, weil die Hauptgrundzüge nach dieser Bestimmung ein wesentlicher Bestandteil der Verfassung seien und daher mit dieser zusammen Gegenstand einer einzigen Abstimmungsvorlage sein müssten. Hiegegen wendet der Verfassungsrat ein, die getrennte Abstimmung sei nicht nur zulässig, sondern sogar notwendig, weil es sich bei den "Hauptgrundzügen" um blosses, wenn auch im Hinblick auf ihre in Art. 81 der neuen Verfassung umschriebene Bedeutung "qualifiziertes" Gesetzesrecht handle und nach der Gewährleistungspraxis des Bundes über Verfassung und Gesetze getrennt abgestimmt werden müsse. Beide Parteien begründen demnach ihren Standpunkt mit der Rechtsnatur der "Hauptgrundzüge". Diese ist daher zunächst zu prüfen. Nach § 57 bis KVBL wie auch nach § 58 KVBS obliegt dem Verfassungsrat die Ausarbeitung einer Verfassung "samt" den erforderlichen Einführungs- und Übergangsbestimmungen. Es ist klar und wird von keiner Seite bestritten, dass diese Einführungs- und Übergangsbestimmungen Bestandteil der Verfassung bilden. Der Verfassungsrat hat denn auch in diese als Abschnitt VIII eine "Übergangsordnung" aufgenommen, die u.a. den oben in lit. A wiedergegebenen Art. 81 über die Bedeutung der "Hauptgrundzüge" und einen Art. 97 über Verfassungsänderungen in der Übergangszeit enthält. Nach § 57 bis KVBL haben die Einführungs- und Übergangsbestimmungen jedoch auch BGE 94 I 525 S. 536 die "Hauptgrundzüge" zu enthalten. Hievon ist der Verfassungsrat abgewichen, indem er sie in einen besondern Erlass verwiesen hat und diesem die Bedeutung von Gesetzesrecht beimisst. Er hat wiederholt und lange darüber beraten, ob die "Hauptgrundzüge" Verfassungs- oder Gesetzesrecht oder blosse unverbindliche Richtlinien sein sollen. Er hat sich schliesslich für die mittlere Lösung entschieden, indem er in der Sitzung vom 20. Februar 1967 "in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen" hat von einem Bericht seines Büros vom 13. Dezember 1966, der die "Hauptgrundzüge" als Gesetzesrecht bezeichnete, daraus die Notwendigkeit der getrennten Abstimmung über Verfassung und "Hauptgrundzüge" ableitete und zum Schlusse kam, "ihre Verwerfung bei gleichzeitiger Annahme der Verfassung würde bedeuten, dass das Gesetzesrecht vom Kanton frei zu schaffen ist, genauer im Rahmen des Bundesrechts und der Kantonsverfassung". Das widerspricht offensichtlich dem klaren Wortlaut und Sinn von § 57 bis KVBL. Denn damit, dass die Einführungs- und Übergangsbestimmungen die "Hauptgrundzüge" zu enthalten haben, ist unzweideutig gesagt, dass diese einen Bestandteil derselben und damit der Verfassung zu bilden, also ebenfalls Verfassungsrecht zu sein haben. Nach dem ihm in den §§ 58 KVBS und 57 bis KVBL erteilten Auftrag kann der Verfassungsrat überhaupt kein Gesetzesrecht, auch kein "qualifiziertes" schaffen, sondern nur Verfassungsrecht. Der Erlass von Gesetzen für den wiedervereinigten Kanton wird Aufgabe der gesetzgebenden Organe desselben sein. Bei der Ausarbeitung der "Hauptgrundzüge" ist der Verfassungsrat freilich immer mehr in Einzelheiten gegangen, die der Sache nach nicht in eine Verfassung gehören, sondern besser der Gesetzgebung vorbehalten blieben, also in diesem Sinne "materielles Gesetzesrecht" enthalten. Das ändert aber nichts daran, dass sie nach der ausdrücklichen Vorschrift in § 57 bis KVBL "formelles Verfassungsrecht" sein müssen. Der Grund hiefür liegt darin, dass sie für den Gesetzgeber, der nach der Annahme und Gewährleistung der neuen Verfassung zahlreiche Gesetze zu erlassen hat, verbindlich sein und damit den kleineren Fusionspartner für eine gewisse Übergangszeit (die in Art. 81 der Verfassung auf zehn Jahre festgesetzt wurde) vor der Majorisierung durch den grösseren schützen sollen. Diesen Zweck können die "Hauptgrundzüge" nur erfüllen, wenn sie BGE 94 I 525 S. 537 als formelles Verfassungsrecht erlassen und gleich wie die Verfassung von der Mehrheit der Stimmberechtigten in beiden Kantonen angenommen werden. Die Auffassung des Verfassungsrates, dass die Wiedervereinigung auch bei Verwerfung der "Hauptgrundzüge" zustandekommen könne und der Gesetzgeber des wiedervereinigten Kantons in diesem Falle frei bzw. nur an das Bundesrecht und die Kantonsverfassung gebunden sei, ist unhaltbar, denn gerade das will die Vorschrift, dass die "Hauptgrundzüge" in den Einführungs- und Übergangsbestimmungen enthalten sein sollen, vermeiden. Was der Verfassungsrat gegen die Auffassung, dass die "Hauptgrundzüge" formelles Verfassungsrecht sein müssen, vorbringt, ist nicht stichhaltig. Der Einwand, dass eine Trennung von Verfassung und "Hauptgrundzügen" deshalb notwendig sei, weil nach der Gewährleistungspraxis des Bundes über Verfassung und Gesetze getrennt abgestimmt werden müsse, beruht auf der falschen Prämisse, dass die "Hauptgrundzüge" nicht Verfassungs-, sondern Gesetzesrecht seien, und bedarf keiner weiteren Widerlegung. Sollten sich einzelne der in den "Hauptgrundzügen" enthaltenen Grundsätze später infolge der Veränderung der Verhältnisse als unzweckmässig oder gar undurchführbar erweisen, so ist entgegen der Auffassung des Verfassungsrates nicht unbedingt eine Verfassungsänderung mit anschliessendem Gewährleistungsverfahren notwendig. Art. 81 der neuen Verfassung gestattet vielmehr ausdrücklich den Erlass von Gesetzen, die von den "Hauptgrundzügen" abweichen, sofern sie im Gebiet beider Halbkantone eine getrennte Mehrheit erhalten. Insofern können die "Hauptgrundzüge" als nachgiebiges Verfassungsrecht bezeichnet werden, was aber nichts daran ändert, dass sie als formelles Verfassungsrecht zu gelten haben. Angesichts dieser Rechtsnatur der "Hauptgrundzüge" stellt sich allerdings die Frage, ob auch für sie die Gewährleistung des Bundes nach Art. 6 BV erforderlich ist und ob sie, nach der ständigen, in BGE 89 I 391 ff. bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichts, der Anfechtung durch staatsrechtliche Beschwerde entzogen sind. Wie es sich damit verhält, ist hier nicht zu prüfen. Ob sie der Gewährleistung bedürfen und diese zu erteilen ist (vgl. dazu BURCKHARDT, Komm. der BV S. 64 und BERNHARD SCHAUB, Die Aufsicht des Bundes über die BGE 94 I 525 S. 538 Kantone, Diss. Zürich 1957 S. 151 ff.), wird im Falle ihrer Annahme die Bundesversammlung zu entscheiden haben, und über die Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen sie das Bundesgericht bei der Beurteilung der Beschwerde, die gegen einen in den "Hauptgrundzügen" enthaltenen Grundsatz eingereicht worden, aber erst nach der Abstimmung über sie zu behandeln ist. Hier ist nur zu prüfen, ob der Verfassungsrat anordnen durfte, dass über die Verfassung und die "Hauptgrundzüge" getrennt abzustimmen sei. 11. Die Beschwerdeführer ziehen daraus, dass die "Hauptgrundzüge" Verfassungsrecht sind, den Schluss, dass sie als besonderer Abschnitt in die Verfassung aufzunehmen seien oder doch mit dieser zusammen Gegenstand einer einzigen Abstimmungsfrage zu bilden haben. a) Wieso es erforderlich sein soll, die "Hauptgrundzüge" in die Verfassung einzufügen, ist nicht ersichtlich. Nach dem Wortlaut und Sinn des § 57 bis KVBL genügt es, wenn sie "formelles" Verfassungsrecht sind und wie der als Verfassung bezeichnete Erlass von der Mehrheit der Stimmberechtigten beider Halbkantone angenommen werden müssen. Es ist keineswegs erforderlich, dass das gesamte formelle Verfassungsrecht eines Staates in einer einzigen Urkunde vereinigt sei. Verschiedene Kantone haben ihre Verfassungsurkunden mitunter durch den Erlass von Spezialgesetzen revidiert (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 34 bei Anm. 14 und 15). Insbesondere für Bestimmungen, deren Geltung, wie die der "Hauptgrundzüge", zeitlich beschränkt ist, erscheint die Verweisung in einen separaten Erlass als gerechtfertigt, weshalb denn auch der BV gelegentlich befristete Bestimmungen beigefügt wurden, die weder in die Verfassung noch in die Übergangsbestimmungen aufgenommen, sondern als besondere "Zusätze" erlassen wurden (vgl. AS 1915 S. 336, 1939 S. 565, 1950 S. 1463, 1964 S. 1425). Ernstlich fragen kann sich nur, ob § 57 bis KVBL eine getrennte Abstimmung über die Verfassung und die "Hauptgrundzüge" ausschliesst. b) Diese Bestimmung (wie auch § 58 KVBS) schreibt in Ziff. 6 lediglich vor, dass über die vom gemeinsamen Verfassungsrat beschlossene Verfassung in den beiden Halbkantonen "gesondert, aber gleichzeitig" abgestimmt werde, wobei der Begriff der "Verfassung" nach dem Gesagten neben der eigentlichen Verfassung samt den erforderlichen Einführungs- und BGE 94 I 525 S. 539 Übergangsbestimmungen auch die "Hauptgrundzüge" umfasst. Dass das in diesem Sinne verstandene Verfassungsrecht Gegenstand einer einzigen Abstimmungsvorlage sein müsste, ist dagegen nirgends gesagt. Eine solche Vereinigung mag angesichts des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen Verfassung, Einführungs- und Übergangsbestimmungen und "Hauptgrundzügen" als wünschbar erscheinen. Aus den §§ 58 KVBS und 57 bis KVBL folgt jedoch nur, dass alles, was danach formelles Verfassungsrecht sein muss, also auch die "Hauptgrundzüge", in beiden Halbkantonen zur Abstimmung zu bringen ist und die Wiedervereinigung nur zustande kommt, wenn das gesamte Verfassungsrecht in beiden Halbkantonen angenommen wird. Dagegen schliessen es jene Bestimmungen nicht aus, einen Teil des Verfassungsrechts wie die "Hauptgrundzüge" zum Gegenstand einer besondern Abstimmungsfrage zu machen. Eine solche Zweiteilung lässt den Willen der Stimmberechtigten besser zum Ausdruck kommen (vgl. BGE 80 I 168 ff.) und im Falle der Verwerfung einer oder beider Vorlagen erkennen, welche von ihnen auf mehr Widerstand gestossen ist. Ferner hat sie den weiteren Vorteil, dass der dann neu zu wählende Verfassungsrat, sofern nur eine Vorlage verworfen werden sollte, sich unter Umständen darauf beschränken kann, auf die in den §§ 58 KVBS und 57 bis KVBL vorgeschriebene zweite Abstimmung hin nur diese Vorlage neu auszuarbeiten. Es wird gegen die Trennung der Vorlagen zu Unrecht eingewendet, dass nach den Verfassungen beider Halbkantone bei einer Totalrevision die neue Verfassung als Ganzes zur Abstimmung zu bringen und dass eine kapitelweise Annahme oder Verwerfung auch nach "gemeinschweizerischem Recht" ausgeschlossen sei. Einmal handelt es sich nicht um die Totalrevision der Verfassungen der beiden Halbkantone, sondern um die Schaffung einer Verfassung für den wiedervereinigten Kanton, wofür die getrennte Abstimmung nach Sinn und Zweck der massgebenden Bestimmungen nicht ausgeschlossen ist. Sodann erwähnt GIACOMETTI (a.a.O. S. 460) ausdrücklich die Möglichkeit, den Verfassungsentwurf gruppenweise zur Abstimmung zu bringen, und verweist dafür auf die §§ 82/83 der Zuger KV, die dies ausdrücklich vorsehen mit der Wirkung, dass bei Verwerfung einzelner Teile der Entwurf als Ganzes dahinfällt. Ferner halten BURCKHARDT (Komm. der BV S. 820) und ihm folgend BORN (Das Verfahren der Verfassungsrevision, BGE 94 I 525 S. 540 Diss. Bern 1947 S. 72/3) für die Totalrevision der BV eine Abstimmung nach Abschnitten für zulässig, wenn dabei der Volkswille besser zum Ausdruck kommt (a.A. FLEINER-GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 714/5 und wohl auch AUBERT a.a.O. Nr. 406). 12. Obwohl die getrennte Abstimmung über Verfassung und "Hauptgrundzüge", die im angefochtenen Vollziehungsbeschluss angeordnet wird, nach dem Gesagten nicht gegen § 57 bis KVBL (und § 58 KVBS) verstösst, ist dieser Beschluss in teilweiser Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde aufzuheben, weil er auf der unhaltbaren Annahme beruht, dass die Wiedervereinigung auch bei Verwerfung der "Hauptgrundzüge" zustandekomme und der Gesetzgeber des wiedervereinigten Kantons in diesem Falle innerhalb der Schranken des Bundesrechts und der neuen Kantonsverfassung frei sei. Der Verfassungsrat wird einen neuen Vollziehungsbeschluss zu erlassen haben. Darin hat er das Inkrafttreten der neuen Verfassung von der Annahme der "Hauptgrundzüge" abhängig zu machen, sofern er an der getrennten Abstimmung festhalten und nicht die beiden Vorlagen, wozu er ebenfalls befugt ist, zum Gegenstand einer einzigen Abstimmungsfrage machen will. Im einen wie im andern Falle hat er die Möglichkeit, die "Hauptgrundzüge" im Hinblick darauf, dass sie entgegen seiner bisherigen Auffassung formelles Verfassungsrecht sind, anders zu fassen und allenfalls den sich auf sie beziehenden Art. 81 des Verfassungsentwurfs zu ändern, sofern er dies für angezeigt erachten sollte. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde gegen den Vollziehungsbeschluss des Verfassungsrates der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft vom 28. Juni 1968 wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen. Der Vollziehungsbeschluss wird insoweit aufgehoben, als er eine getrennte Abstimmung über die Verfassung und über die Hauptgrundzüge der Gesetzgebung anordnet, ohne das Inkrafttreten der Verfassung von der Annahme der Hauptgrundzüge der Gesetzgebung abhängig zu machen.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
dd1805e5-3125-437d-9072-62f5fb381589
Urteilskopf 107 IV 200 57. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 6 novembre 1981 dans la cause X. c. Ministère public du canton du Valais (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 113 Abs. 3 BV . Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts betreffend die Gesetzmässigkeit einer kantonalen Ausführungsbestimmung zum Bundesrecht, die kraft einer Kompetenzdelegation des Bundesrates erlassen wurde. Art. 54 LMG und Art. 368 LMV . Das auf Art. 368 LMV gestützte kantonale Verbot der Bezeichnung "Dôle blanche" für weissen Walliserwein, welcher aus vollständig süss gekelterten Trauben der Rebsorte "Pinot noir" hergestellt wird, dient nicht der Verhütung einer Täuschung und ist daher mit Art. 54 LMG nicht vereinbar.
Sachverhalt ab Seite 200 BGE 107 IV 200 S. 200 A.- X., propriétaire-vigneron à Leytron, produit et vend un vin blanc issu de raisin rouge, cépage Pinot noir. L'étiquette BGE 107 IV 200 S. 201 apposée sur les bouteilles de ce vin porte comme mentions: "Dôle blanche" en grands caractères, puis dessous "Pinot noir" en caractères moyens, puis encore dessous "pressé doux" en caractères fins, et plus bas l'identité du producteur en caractères gras. Dénoncé à plusieurs reprises de 1975 à octobre 1980, X. a été condamné, le 1er avril 1981, par le Tribunal cantonal du canton du Valais siégeant comme section des denrées alimentaires, à une amende de 500 fr. pour contravention à l'Ordonnance fédérale sur les denrées alimentaires (ODA) et à l'arrêté du Conseil d'Etat valaisan du 7 juillet 1971 concernant la protection de la Dôle et les appellations des autres vins rouges issus des plants Pinot noir et Gamay (ci-après: l'arrêté cantonal). B.- X. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à l'annulation du jugement du Tribunal cantonal et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale afin qu'elle le libère de toute peine. Dans ses observations, le procureur du Bas-Valais conclut à l'admission du recours. Parallèlement, X. a interjeté un recours de droit public, sur lequel il sera statué séparément en tant que de besoin. Erwägungen Considérant en droit: 2. a) Le recourant fait valoir en substance que l'art. 7 de l'arrêté cantonal, dans la mesure où il interdit la désignation "Dôle blanche", sort du cadre fixé par la loi fédérale sur le commerce des denrées alimentaires et de divers objets usuels (LCDA), et que, n'étant pas couvert par cette dernière, il n'a aucun effet juridique propre. Il invoque dès lors une violation du principe "nulla poena sine lege", consacré par l' art. 1er CP . b) Pour juger du bien-fondé de la condamnation prononcée contre le recourant, on doit tout d'abord examiner, à titre préjudiciel, la question de la validité de la norme en vertu de laquelle cette condamnation est intervenue. Selon l' art. 113 al. 3 Cst. , le Tribunal fédéral est tenu d'appliquer les lois et les arrêtés de portée générale qui ont été votés par l'Assemblée fédérale, ainsi que les traités que celle-ci aura ratifiés. Le droit fédéral dont le Tribunal fédéral est chargé d'assurer la juste application en dernière instance comprend, outre les actes législatifs émanant des Chambres fédérales ou sanctionnés par elles, toutes les dispositions d'application prises dans les ordonnances du Conseil fédéral ou par d'autres autorités fédérales - voire, dans certains cas tels BGE 107 IV 200 S. 202 qu'en l'espèce, cantonales - en vertu d'une délégation expresse de compétence, à la condition qu'elles trouvent leur fondement dans les actes législatifs précités. Il appartient donc au Tribunal fédéral de décider si les dispositions d'application des actes législatifs respectent le principe de la légalité et d'interdire leur application si tel n'est pas le cas (voir notamment ATF 103 IV 194 avec renvois). Dans l'examen auquel il procède à cette occasion, le juge ne doit toutefois pas substituer sa propre appréciation à celle de l'autorité dont émane la réglementation en cause. Il doit au contraire se borner à vérifier si la disposition litigieuse est propre à réaliser objectivement le but visé par la loi, sans se soucier, en particulier, de savoir si elle constitue le moyen le plus approprié pour atteindre ce but ( ATF 98 IV 135 , ATF 92 IV 109 , ATF 87 IV 34 , 85 IV 71, ATF 84 IV 76 /77). c) Selon le jugement attaqué, le recourant aurait enfreint l'art. 7 al. 2 de l'arrêté cantonal, qui interdit la désignation "Dôle blanche" pour les vins issus des cépages rouges "Pinot noir" et "Gamay", peu ou pas cuvés. L'arrêté cantonal est fondé sur l' art. 368 ODA qui dispose que, sous réserve de l'approbation du Conseil fédéral, les cantons sont autorisés à édicter, lorsque les circonstances l'exigent, des prescriptions spéciales sur le contrôle des vins et des moûts de vin. L'ODA tire elle-même sa source de la LCDA, dont l'art. 54 al. 1, plus particulièrement, autorise le Conseil fédéral à édicter les dispositions propres à sauvegarder la santé publique et à prévenir toute fraude dans le commerce des marchandises et objets soumis au contrôle de la loi. Concernant le commerce de denrées alimentaires, l'al. 2 de cette même disposition précise encore que le Conseil fédéral prescrira l'emploi de désignations qui rendent impossible toute erreur sur la nature et la provenance de la marchandise. L'ODA édictée par le Conseil fédéral constitue une ordonnance dépendante (unselbständige Verordnung), ne reposant pas directement sur la constitution, mais bien sur la loi qu'elle a pour fonction de préciser et de compléter. Ses dispositions ne doivent dès lors pas s'écarter ni aller au-delà de la base légale dont elles procèdent (AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, vol. II, No 1520; VON GUGELBERG, Der Staatsinterventionismus in der schweizerischen Weinwirtschaft, thèse Zurich 1952, p. 91). C'est ainsi que l'ODA ne poursuit pas des buts de politique économique (VON GUGELBERG, ibidem). On doit se demander en l'espèce si la disposition incriminée de l'arrêté cantonal, édicté par le conseil d'Etat valaisan en vertu de BGE 107 IV 200 S. 203 la délégation de compétence prévue à l' art. 368 ODA , est conforme au but poursuivi par la LCDA, en particulier si elle ne traite pas d'un objet qui irait au-delà des exigences auxquelles doivent répondre les dispositions d'exécution pour atteindre le but de la loi. d) Le premier objectif que poursuit la LCDA concerne, ainsi qu'il ressort de son art. 54 al. 1, la sauvegarde de la santé publique. Ce n'est à l'évidence pas ce but que cherche à atteindre la disposition cantonale en question. Celle-ci tend au contraire, dans l'esprit de ses auteurs, à réaliser le second but visé par la loi, qui est de prévenir toute fraude et toute erreur dans le commerce des marchandises. L'autorité cantonale admet, pour sa part, que l'interdiction de la désignation "Dôle blanche" est propre à réaliser ce but, du moment qu'elle prévient une erreur possible sur la nature du vin. En effet, dit-elle, la "Dôle" étant unanimement reconnue comme un vin rouge, l'utilisation de cette désignation pour un vin blanc pourrait créer une confusion dans l'esprit du consommateur moyen. La détermination de l'existence d'une tromperie ou d'une fraude, au sens de la LCDA et de l'ODA, n'est pas une question de fait, mais au contraire une question relevant de l'expérience de la vie qui, comme telle, peut être revue librement par le Tribunal fédéral ( ATF 104 IV 21 , 45, 193 consid. 2a, avec renvois). En l'occurrence, on doit rechercher si une tromperie ou un risque d'erreur existe ou non à l'égard du consommateur moyen, étant entendu, comme le relève l'autorité cantonale, que l'oenologue averti, lui, ne saurait être trompé par une telle appellation et n'a dès lors pas besoin de la protection de la loi. e) Il y a lieu d'abord de relever que la "Dôle blanche" produite par le recourant est un vin blanc issu de raisins rouges pressurés avant toute fermentation, au sens de l' art. 334 al. 3 ODA . Elle se distingue nettement de l'"Oeil-de-Perdrix", dont la désignation ne peut être employée que pour un vin rosé issu de raisins indigènes provenant exclusivement de cépages pinot noir, selon l' art. 334 al. 4 ODA . L'affirmation de l'autorité cantonale selon laquelle une nette séparation des désignations, consistant à réserver aux vins issus de plants pinot noir l'appellation "Dôle" pour les rouges et celle d'"Oeil-de-Perdrix" pour les blancs, serait parfaitement à même de prévenir les risques d'erreur et, partant, de réaliser le but visé par la loi, est donc inexacte. En effet, en vertu des prescriptions de l'ODA précitées, les appellations "Dôle blanche" et "Oeil-de-Perdrix" ne peuvent entrer en compétition pour un vin blanc. On remarquera ensuite que l'étiquette utilisée par le recourant sur ses BGE 107 IV 200 S. 204 bouteilles exclut toute tromperie, au sens de l' art. 15 ODA , et toute possibilité de confusion au sens de l' art. 336 al. 1 ODA ancienne teneur, en ce qui concerne la présentation du vin. Elle mentionne en effet expressément qu'il s'agit de vin blanc, que celui-ci est issu d'un cépage de pinot noir et qu'il est pressé doux, c'est-à-dire avant toute fermentation. Outre que ces indications sont conformes à la réalité, elles présentent toutes les caractéristiques du vin en question. En tout état de cause, l'épithète "blanche" accolée au mot "Dôle" ne peut qu'inciter un consommateur qui éprouverait des doutes à se renseigner sur la nature du vin qu'on lui offre. Enfin, on ne saurait ignorer le fait que, à la suite d'une interpellation déposée par le recourant - en sa qualité de député - devant le Grand Conseil valaisan, ce dernier a, en 1975, voté à l'unanimité une résolution invitant le Conseil d'Etat à modifier son arrêté du 7 juillet 1971 afin que soit réintroduite l'appellation "Dôle blanche". C'est là un élément supplémentaire permettant de retenir que le consommateur de "Dôle blanche" ne risque pas d'être induit en erreur par cette appellation. f) Pour toutes ces raisons, on doit admettre, contre l'avis de l'autorité cantonale, que la désignation "Dôle blanche" n'est pas de nature à créer un risque de confusion dans l'esprit du public. Il s'ensuit que l'interdiction formulée à l'art. 7 al. 2 de l'arrêté cantonal n'est pas propre à prévenir une erreur possible sur la nature du vin en question, selon l' art. 54 LCDA , et qu'elle ne repose dès lors sur aucune base légale. C'est donc à tort que le recourant a été condamné en vertu de cette disposition et le pourvoi doit être admis pour ce motif déjà.
null
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd18dc0a-4f95-47d4-9941-3dac61d23873
Urteilskopf 81 IV 25 4. Urteil des Kassationshofes vom 28. Januar 1955 i.S. Oklé gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden.
Regeste Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . a) Die Veruntreuung im Sinne dieser Bestimmung beginnt erst mit der Verwendung des Gutes, nicht schon mit einer unzulässigen Verrechnungserklärung (Erw. 1). b) Sie setzt die Absicht unrechtmässiger Bereicherung voraus (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 25 BGE 81 IV 25 S. 25 A.- Maria Tschupp war mit dem in der Heil- und Pflegeanstalt Waldhaus untergebrachten bevormundeten Paul Caviezel verlobt. Um ihn heiraten zu können, beauftragte sie im Oktober 1950 seinen Vormund Josef Oklé, der in Chur den Beruf eines Rechtsanwaltes ausübt, sich um die Entlassung Caviezels aus der Vormundschaft und aus der Anstalt zu bemühen. Sie versprach Oklé, ihn für BGE 81 IV 25 S. 26 die Ausführung des Auftrages angemessen zu honorieren und ihm seine Auslagen zu ersetzen, und leistete ihm bis im Juli 1951 für die Bemühungen, die er bis dahin gehabt hatte, insgesamt Fr. 800.--. Im August 1951 erklärte ihr Oklé, um die Entlassung aus der Vormundschaft zu befördern, sollten die von der Gemeinde Tomils vorgeschossenen Anstaltskosten und die Gerichtskosten eines gegen Caviezel durchgeführten Strafverfahrens wenigstens teilweise bezahlt werden. Maria Tschupp überwies daher dem Oklé am 6. August 1951 Fr. 2000.-- und am 29. September 1951 Fr. 1000.-- mit der Weisung, ersteren Betrag zur Bezahlung der Anstaltskosten und letzteren zur teilweisen Bezahlung der Gerichtskosten zu verwenden. Oklé leistete an die Anstaltskosten Fr. 1900.-- und an die Gerichtskosten Fr. 70.-. Am 1. Juli 1952 stellte er Maria Tschupp Rechnung, wobei er die behaltenen Beträge mit seinen Honoraransprüchen verrechnete und einen Saldo zu seinen Gunsten von Fr. 66.40 geltend machte. B.- Am 29. Juli 1954 erklärte das Kantonsgericht Graubünden Oklé gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB der Veruntreuung schuldig, weil er von dem zur Deckung von Gerichtskosten empfangenen Gelde Fr. 930.-- für sich behalten habe, und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von drei Monaten. C.- Oklé führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an das Kantonsgericht zurückzuweisen. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden verzichtet auf Gegenbemerkungen. Das Kantonsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 125 Ziff. 1 OR können "Verpflichtungen zur Rückgabe oder zum Ersatze hinterlegter, widerrechtlich entzogener oder böswillig vorenthaltener Sachen" BGE 81 IV 25 S. 27 nicht wider Willen des Gläubigers durch Verrechnung getilgt werden. Ob diese Bestimmung dem Beschwerdeführer verbot, die in bewusster Verletzung des erhaltenen Auftrages behaltenen Fr. 930.-- mit seinem Honoraranspruch zu verrechnen, kann dahingestellt bleiben. Denn eine unzulässige Verrechnungserklärung erfüllt den Tatbestand der Veruntreuung im Sinne des Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB selbst dann nicht, wenn der Täter sich der Unzulässigkeit einseitiger Verrechnung bewusst ist. Diese Unzulässigkeit macht die Erklärung rechtlich unwirksam. Wer eine solche abgibt, begeht aber nicht einmal einen untauglichen Versuch der Veruntreuung. Nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB besteht das vollendete Vergehen darin, dass jemand "anvertrautes Gut, namentlich Geld, unrechtmässig in seinem oder eines andern Nutzen verwendet"; folglich kann ein Versuch erst mit dem entscheidenden Schritt zur (unrechtmässigen) Verwendung des Gutes beginnen. Die Abgabe einer Verrechnungserklärung enthält diesen Schritt noch nicht; er kann erst darin liegen, dass der Täter das Geld zu verbrauchen beginnt. Dass der Beschwerdeführer das getan habe, wirft ihm jedoch das Kantonsgericht nicht vor. Es erklärt lediglich, dass er das Geld in die eigene Tasche habe fliessen lassen, sich daraus in unzulässiger Weise selbst bezahlt gemacht habe. Das heisst nur, dass er sich fortan der Verpflichtung, es auftragsgemäss zu verwenden oder es zurückzugeben, enthoben betrachtet habe. Wer einen solchen Willen in Bezug auf eine fremde Sache bekundet, eignet sie sich im Sinne des Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB an, auch wenn er objektiv in der Lage bleibt, sie jederzeit zurückzugeben. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 geht jedoch weniger weit; er lässt nicht schon die Aneignung genügen, sondern verlangt ausdrücklich, dass der Täter das Gut verwende. Von einer Aneignung im eigentlichen Sinne könnte denn auch keine Rede sein, wenn das Gut schon mit dem Anvertrauen in das Eigentum des Täters übergegangen ist und nur wirtschaftlich weiterhin einem andern gehört hat. Wer sich entschliesst, dieses sein Eigentum BGE 81 IV 25 S. 28 zu behalten, eignet es sich nicht an, sondern nimmt sich einfach vor, seine Verpflichtung auf Rückgabe oder Ablieferung nicht zu erfüllen. Damit allein macht er sich nicht der Veruntreuung schuldig und versucht er auch noch nicht, es zu tun. Der Beschwerdeführer muss deshalb freigesprochen werden. Damit soll nicht gesagt sein, dass er wegen seines dem erhaltenen Auftrage widersprechenden und gegen Treu und Glauben verstossenden Verhaltens nicht nach kantonalem Anwaltsrecht allenfalls disziplinarisch bestraft werden dürfe. 2. Der Tatbestand der Veruntreuung ist übrigens auch insofern nicht erfüllt, als dem Beschwerdeführer die Absicht unrechtmässiger Bereicherung, wie sie auch im Falle des Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB vorliegen muss ( BGE 74 IV 30 , BGE 77 IV 12 ), gefehlt hat. Indem der Beschwerdeführer die Verrechnung erklärt hat, hat er sich für seine Forderung bezahlt gemacht oder zu machen versucht, ist er aber nicht darauf ausgegangen, sich unrechtmässig zu bereichern. Dass Maria Tschupp im Strafverfahren seine Forderung nicht anerkannt, sondern adhäsionsweise ausser der Rückgabe der Fr. 1000.-- die Rückerstattung von Fr. 600.-- Honorarvorschuss sowie Ersatz ihrer Anwaltskosten von Fr. 700.-- verlangt hat, ändert nichts. Daraus ergibt sich nicht, dass der Beschwerdeführer seine in der Abrechnung vom 1. Juli 1952 gestellte Honorarforderung nicht für berechtigt gehalten habe, und auch das Kantonsgericht nimmt das nicht an. Dann wollte er sich aber mit der Verrechnung nur verschaffen, was ihm nach seiner Meinung zukam. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 29. Juli 1954 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd195be2-1a03-47e7-96b1-8c8a3161ad62
Urteilskopf 102 V 145 33. Arrêt du 9 juin 1976 dans la cause Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents contre Perego et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 78 Abs. 4 KUVG . Massgebender Verdienst für die Berechnung der einem verunfallten Lehrling zukommenden Rente.
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 102 V 145 S. 145 A.- Perego, né en 1950, entra en apprentissage de mécanicien le 26 avril 1965 dans un garage soumis à l'assurance-accidents obligatoire. Le 5 mai 1965, il fut renversé par une automobile alors qu'il circulait à vélomoteur. Du fait de cet accident, il acheva sa formation professionnelle en novembre 1971, au lieu de la terminer à fin mai 1969. Le 8 juillet 1974, la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents lui alloua dès le 10 février 1974 une rente d'invalidité de 20%, calculée sur la base d'un gain annuel de 11'644 fr. Ce montant représente ce que gagnait durant l'année ayant précédé l'accident un mécanicien qui sortait d'apprentissage. B.- Perego recourut par l'entremise de Me D. Il demandait que le gain déterminant fût porté à 24'000 fr., salaire auquel il pouvait raisonnablement prétendre en 1974. Le Tribunal des assurances du canton de Vaud admit partiellement le recours. Par jugement du 1er septembre 1975, il prit en considération ce que l'assuré aurait pu gagner de juin 1969 à mai 1970, s'il était devenu mécanicien qualifié le 31 mai 1969; dit en conséquence que la rente serait calculée sur la base d'un gain annuel de 13'500 fr.; mit à la charge de la Caisse nationale les frais de procédure, fixés à 180 fr., et la condamna à verser au recourant 1'000 fr. à titre de dépens. C.- La Caisse nationale a formé en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Elle conclut au rétablissement de sa décision du 8 juillet 1974. L'avocat de l'intimé conclut au rejet du recours. BGE 102 V 145 S. 146 Erwägungen Considérant en droit: 1. En l'occurrence, la seule question litigieuse est celle de la date de la période d'une année dont le revenu est déterminant pour le calcul de la rente revenant à l'intimé. Selon les premiers juges, il s'agit des douze premiers mois au cours desquels l'assuré aurait reçu le salaire d'un mécanicien titulaire du certificat de capacité s'il n'avait pas eu d'accident; donc des mois de juin 1969 à mai 1970 dans le cas particulier, puisque, dans le cours normal des choses, il aurait terminé son apprentissage le 31 mai 1969. L'intéressé se rallie à cette opinion. Selon la recourante, cette date du 31 mai 1969 détermine uniquement le jour à partir duquel la rente ne doit plus être calculée sur une rémunération d'apprenti mais sur le salaire d'un jeune mécanicien titulaire du certificat de capacité, ce salaire étant celui que gagnait ce jeune mécanicien, dans l'entreprise soumise à l'assurance, durant l'année qui a précédé l'accident de l'assuré. 2. En vertu de l'art. 77 LAMA, la rente est fixée à 70% du gain annuel de l'assuré pour une invalidité totale; si l'invalidité est partielle, la rente subit une réduction proportionnelle. Selon l'art. 78 al. 1 LAMA, le gain déterminant n'est pas celui que l'assuré aurait réalisé s'il n'était pas devenu invalide mais le salaire qu'il a gagné, dans l'entreprise soumise à l'assurance, durant l'année qui a précédé l'accident (v. MAURER, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2e éd., pp. 234-235, ch. 3). Le cas des apprentis est prévu par l'art. 78 al. 4 de la loi. Aux termes de cette disposition si, au jour de l'accident, l'assuré ne gagnait pas encore le salaire d'une personne de sa profession arrivée à son plein développement, son gain annuel se calcule d'après ce salaire-là "dès l'époque où il l'aurait probablement atteint s'il n'avait pas eu d'accident" ("von dem Zeitpunkt an, wo er ohne den Unfall diesen Lohn mutmasslich bezogen hätte"). Afin de s'écarter le moins possible du principe de l'art. 78 al. 1, la jurisprudence a défini la personne arrivée à son plein développement comme étant le travailleur fraîchement sorti de la période primaire de la formation professionnelle (ATFA 1963, p. 93, consid. 1, p. 95). Or, comme l'a déjà déclaré le Tribunal fédéral des assurances, l'art. 78 al. 4 LAMA doit être BGE 102 V 145 S. 147 interprété en corrélation avec l'al. 1er de cette disposition. Il est destiné à permettre de traiter l'assuré, dès le moment où il atteint son plein développement - c'est-à-dire dès qu'il a acquis sa formation primaire - de la même façon qu'il l'aurait été s'il avait terminé son apprentissage lors de l'accident. Il s'agit donc d'éviter que l'intéressé ne subisse un préjudice. Mais il ne faut pas non plus lui réserver un traitement de faveur, par ce moyen (cf. p.ex. ATFA 1963 p. 93; LAUBER, "Praxis", Nos 73, 114 et 115; voir également MAURER, op.cit., pp. 235-237). 3. Cette solution jurisprudentielle, confirmée le 10 mars 1967 dans l'arrêt non publié Nobs cité par la recourante, mérite d'être maintenue. Contrairement à l'avis des premiers juges et de l'intimé, elle n'est pas contraire au texte clair de la loi. Ce dernier peut fort bien se comprendre dans ce sens que, dès l'époque où, à défaut d'accident, l'assuré aura probablement atteint le gain d'un salarié sorti du stade primaire de la formation professionnelle, la rente se calcule sur le gain d'un tel salarié durant une année, celle-ci étant située dans le temps selon la règle générale de l'art. 78 al. 1 (v. MAURER, op.cit., p. 237). Car, s'il est équitable de ne pas traiter les très jeunes assurés leur vie durant en apprentis, il n'existe aucun motif de leur accorder, à eux seuls, une rente fondée sur la perte de gain effective. Cela créerait de graves inégalités de traitement. La Caisse nationale en fournit un exemple éloquent: si l'on suivait la thèse du tribunal des assurances, le jeune ouvrier travaillant dans la même entreprise qui aurait aussi été victime d'un accident le 5 mai 1965 aurait droit à une rente calculée sur le salaire réalisé du 5 mai 1964 au 4 mai 1965, alors que l'intimé - du seul fait de son statut d'apprenti au moment de l'événement assuré - pourrait prétendre une rente fondée sur le revenu d'un jeune ouvrier pendant la période s'étendant de juin 1969 à mai 1970. Il n'en reste pas moins que le système de l'art. 78 al. 1 LAMA n'échappe pas, de lege ferenda, à toute critique, comme le Tribunal fédéral des assurances a déjà eu l'occasion de le relever (v. RO 99 V 16, consid. 3 lit. b, p. 18). Quant à l'arrêt RO 96 V 29 dont se prévaut l'intimé, il concerne la fixation du taux de l'invalidité et non celle du salaire déterminant. BGE 102 V 145 S. 148 Par conséquent, c'est bien sur un gain annuel de 11'644 fr., comme l'a décidé la recourante, qu'il importe de fonder la rente en cause... Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est admis. Le jugement attaqué est annulé.
null
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd278225-d62a-483d-9a5b-299a1f3b485b
Urteilskopf 122 V 19 4. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1996 i.S. S. gegen Amt für AHV und IV des Kantons Thurgau, Ausgleichskasse, und AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau
Regeste Art. 27 Abs. 1 ELV : Rückerstattung. Bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages ist von den Verhältnissen auszugehen, wie sie im Rückerstattungszeitraum tatsächlich bestanden haben. Namentlich sind alle anspruchsrelevanten, das anrechenbare Einkommen erhöhenden und vermindernden Tatsachenänderungen ( Art. 25 ELV ) zu berücksichtigen. Eine Nachzahlung von Ergänzungsleistungen ist jedoch ausgeschlossen (vgl. Rz. 7034 WEL).
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 122 V 19 S. 19 A.- Die 1912 geborene S. meldete sich im Juni 1990 zum Bezug von Ergänzungsleistungen (EL) zu ihrer einfachen AHV-Altersrente an. Im Anmeldeformular gab sie u.a. an, im Pflegeheim X zu wohnen und Eigentümerin einer Liegenschaft zu sein. Mit Verfügung vom 13. November 1990 sprach ihr die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau ab 1. Mai 1990 eine monatliche Ergänzungsleistung von Fr. 460.-- zu, welche später auf Fr. 382.-- (ab Januar 1992) und Fr. 284.-- (ab Januar 1993) angepasst wurde. Im Dezember 1992 teilte S. der Ausgleichskasse mit, dass sie sich im Altersheim Y aufhalte. Die näheren Abklärungen zeigten, dass sie bereits im August 1990 von der Pflege- auf die Altersabteilung im Alters- und Pflegeheim X übergetreten und Ende September 1992 ins Alters- und Pflegeheim Y umgezogen war. In der Folge sistierte die Ausgleichskasse die EL-Auszahlung ab Februar 1993 und nahm eine Neuberechnung der Ergänzungsleistung auf Grundlage der jeweiligen Heimtaxen vor. Dabei ergab BGE 122 V 19 S. 20 sich, dass von August 1990 bis Mai 1993 kein EL-Anspruch bestanden hatte. Daraufhin verpflichtete die Ausgleichskasse S. zur Rückerstattung der im Zeitraum August 1990 bis Januar 1993 ausgerichteten Ergänzungsleistungen von insgesamt Fr. 13'388.--; gleichzeitig sprach sie ihr ab 1. Juni 1993 eine monatliche Ergänzungsleistung von Fr. 123.-- zu (Verfügungen vom 11. Juni 1993). B.- Beschwerdeweise liess S. die Aufhebung der Rückerstattungsverfügung, die Zusprechung einer monatlichen Ergänzungsleistung von Fr. 1'159.-- ab 1. Juni 1993, eventuell die Rückweisung der Sache an die Ausgleichskasse beantragen. Es wurde geltend gemacht, bei der EL-Neuberechnung seien neben den Heimwechseln auch andere Veränderungen zu berücksichtigen, wie die Verminderung der Sparguthaben, die Kosten der seit Februar 1992 täglich benötigten Insulin-Spritzen sowie die unentgeltliche Veräusserung ihrer Liegenschaft in H. an ihren Sohn im November 1990. Im übrigen sei die EL-Ansprecherin nicht in der Lage, den zurückgeforderten Betrag zu bezahlen, weshalb "zuhanden der Ausgleichskasse ein Erlassgesuch" gestellt werde. Die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau wies die Beschwerde ab und die Sache zur "Neubeurteilung des per November 1990 vollzogenen Vermögensverzichts" an die Ausgleichskasse zurück (Entscheid vom 25. Oktober 1993). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt S. beantragen, es sei festzustellen, dass keine Rückerstattungspflicht bestehe; eventuell sei die Sache zur "Ergänzung" an die Ausgleichskasse zurückzuweisen; subeventuell sei ihr die Rückerstattung ganz oder teilweise zu erlassen. Die Ausgleichskasse äussert sich in ablehnendem Sinne zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde; das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Stellungnahme. D.- Auf Ersuchen hat das BSV mit Eingabe vom 24. Februar 1995 die bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung zur Ermittlung des Rückforderungsbetrages anwendbare Verwaltungspraxis erläutert. E.- Am 31. Januar 1996 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) BGE 122 V 19 S. 21 2. Streitig und zu prüfen ist die Rückerstattung der von der Beschwerdeführerin vom 1. August 1990 bis 31. Januar 1993 bezogenen Ergänzungsleistungen. 3. Gemäss Art. 47 Abs. 1 AHVG sind unrechtmässig bezogene Renten und Hilflosenentschädigungen zurückzuerstatten; bei gutem Glauben und gleichzeitigem Vorliegen einer grossen Härte kann von der Rückforderung abgesehen werden. Art. 27 Abs. 1 ELV erklärt diese Ordnung für den Bereich der Ergänzungsleistungen als sinngemäss anwendbar. a) Die Rückforderung nach Massgabe dieser Bestimmungen ist nur unter den Voraussetzungen der Wiedererwägung oder prozessualen Revision der formell rechtskräftigen Verfügung, mit welcher die betreffende Leistung zugesprochen worden ist, zulässig ( BGE 110 V 179 Erw. 2a). Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist ( BGE 119 V 183 Erw. 3a, 477 Erw. 1). Im Rahmen der prozessualen Revision, die von der Wiedererwägung unterschieden werden muss, ist die Verwaltung verpflichtet, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel entdeckt werden, die geeignet sind, zu einer andern rechtlichen Beurteilung zu führen ( BGE 119 V 184 Erw. 3a, 477 Erw. 1a). b) Nach Art. 25 Abs. 1 lit. c ELV ist die Ergänzungsleistung zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben bei Eintritt einer voraussichtlich längere Zeit dauernden Verminderung oder Erhöhung des anrechenbaren Einkommens. Massgebend sind das neue, auf ein Jahr umgerechnete dauernde Einkommen und das bei Eintritt der Änderung vorhandene Vermögen. Macht die Änderung weniger als 120 Franken im Jahr aus, so kann auf eine Anpassung verzichtet werden. Die Ergänzungsleistung ist neu zu verfügen: bei Verminderung des anrechenbaren Einkommens auf den Beginn des Monats, in dem die Änderung gemeldet wurde, frühestens aber des Monats, in dem diese eingetreten ist; bei Erhöhung des anrechenbaren Einkommens, spätestens auf den Beginn des Monats, der auf die neue Verfügung folgt. Vorbehalten bleibt Artikel 27 bei Verletzung der Meldepflicht ( Art. 25 Abs. 2 lit. b und c ELV ). Art. 25 ELV hat die Revision der Ergänzungsleistung im Sinne der Anpassung an geänderte tatsächliche Verhältnisse zum Gegenstand, BGE 122 V 19 S. 22 regelt also Veränderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des EL-Bezügers während des Leistungsbezuges ( BGE 119 V 193 unten; vgl. U. MEYER-BLASER, Die Abänderung formell rechtskräftiger Verwaltungsverfügungen in der Sozialversicherung, in: ZBl 95 (1994) S. 337 ff., S. 349). Gemäss der in Art. 24 Satz 1 ELV statuierten Meldepflicht hat der Anspruchsberechtigte, sein gesetzlicher Vertreter oder gegebenenfalls die Drittperson oder die Behörde, welcher eine Ergänzungsleistung ausbezahlt wird, der kantonalen Durchführungsstelle von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich Mitteilung zu machen. c) Es steht fest, dass der Beschwerdeführerin im Zeitraum August 1990 bis Januar 1993 Ergänzungsleistungen ausgerichtet wurden in der unrichtigen Annahme, dass sie sich ständig auf der Pflegeabteilung des Alters- und Pflegeheims X aufhalte und dort eine Tagestaxe von Fr. 128.10 zu bezahlen habe. Tatsächlich wechselte sie im August 1990 - noch vor Erlass der Verfügung vom 13. November 1990 - auf die Altersabteilung jenes Heimes und im September 1992 ins Alters- und Pflegeheim Y, wobei hier wie dort wesentlich geringere Tagestaxen (zwischen Fr. 79.-- und Fr. 94.--) anfielen. Dass tiefere Heimkosten regelmässig weniger Ausgaben und damit geringere Ergänzungsleistungen zur Folge haben, musste auch der Beschwerdeführerin bekannt sein, wie Ausgleichskasse und kantonale Rekurskommission richtig festhalten. Für die EL-Berechnung ist sodann von Bedeutung, ob ein EL-Ansprecher oder -Bezüger sich in einem Alters- oder einem Pflegeheim aufhält. Denn der Kanton Thurgau behandelt im Rahmen der ihm gemäss Art. 2 Abs. 1bis und Art. 4 Abs. 1 lit. d, e ELG zustehenden Kompetenzen Altersrentner in Pflegeheimen oder Altersheimen zum Teil stark unterschiedlich: - Erhöhung der Einkommensgrenzen um einen weiteren Drittel ( Art. 4 Abs. 1 lit. d ELG ) bei Pflegeheiminsassen; - Erhöhung des Vermögensverzehrs auf einen Fünftel ( Art. 4 Abs. 1 lit. e ELG ) bei Pflegeheiminsassen; - Begrenzung der Kosten, die wegen des Heimaufenthaltes berücksichtigt werden ( Art. 2 Abs. 1bis ELG ), bei (alleinstehenden) Altersheiminsassen; - Begrenzung der anrechenbaren persönlichen Auslagen ( Art. 2 Abs. 1bis ELG ) auf 15%/25% der massgebenden Einkommensgrenze bei BGE 122 V 19 S. 23 (alleinstehenden) Pflegeheim/Altersheiminsassen (vgl. §§ 2, 3bis und 4bis des Gesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 25. August 1971, in der Fassung gemäss GRV vom 8. Dezember 1986, Thurgauer Rechtsbuch IV Nr. 831.3). d) Nach dem Gesagten stellt die nicht rechtzeitige Meldung des Heimwechsels im September 1992 eine Verletzung der Meldepflicht im Sinne von Art. 24 ELV dar und kann nach Art. 25 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. c ELV eine Rückerstattung nach sich ziehen. Dagegen liegt in bezug auf die Umplazierung im August 1990 keine Meldepflichtverletzung vor, da sie vor der EL-Zusprechung am 13. November 1990 stattgefunden hatte (unveröffentlichtes Urteil S.-I. vom 10. Februar 1993). Indessen ist diese erst Ende 1992 bekanntgewordene neue Tatsache nach den Regeln über die prozessuale Revision rückwirkend und damit allenfalls rückerstattungsbegründend zu berücksichtigen. Die Rückerstattungspflicht der Beschwerdeführerin ist somit grundsätzlich zu bejahen. 4. a) Bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages berücksichtigte die Ausgleichskasse die Umplazierung (August 1990) und den Heimwechsel (September 1992) sowie - ab Januar 1993 - den Verbrauch des Sparguthabens (1991/92). Dies ergab (jährliche) Einnahmenüberschüsse von Fr. 3'759.-- (August 1990 bis Dezember 1991), Fr. 2'456.-- (Januar 1992 bis September 1992), Fr. 6'733.-- (Oktober 1992 bis Dezember 1992) und Fr. 359.-- (Januar 1993), weshalb im fraglichen Zeitraum überhaupt kein EL-Anspruch bestanden habe. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Verbrauch des Sparguthabens (1990: Fr. 13'225.--, 1991: Fr. 9'584.--, 1992: Fr. 18'296.--), Krankheitskosten (Insulinspritzen, Blutzuckerbestimmungen ab Februar 1992) sowie die Liegenschaftsübertragung an ihren Sohn unter Einräumung des Wohnrechts im November 1990 seien als das anrechenbare Einkommen vermindernde Änderungen ebenfalls in die Neuberechnung miteinzubeziehen. b) Die kantonale Rekurskommission hat die Rechtsauffassung der Ausgleichskasse, wonach bei der EL-Neuberechnung lediglich das anrechenbare Einkommen erhöhende Änderungen rückwirkend zu berücksichtigen seien, geschützt mit dem Hinweis auf Art. 25 Abs. 2 lit. b ELV . Da die Beschwerdeführerin die geltend gemachten einkommensvermindernden Umstände erstmals in der kantonalen Beschwerde vom 9. Juli 1993 gemeldet habe, BGE 122 V 19 S. 24 könnten sie, so die Vorinstanz weiter, frühestens ab diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. In diesem Sinne sei die nicht gemeldete Liegenschaftsübertragung an den Sohn im November 1990 unter dem Titel Vermögensverzicht nur in die EL-Neuberechnung miteinzubeziehen, wenn und soweit dadurch das anrechenbare Einkommen erhöht worden sei. 5. a) Bei der Prüfung der Frage, wie der Rückforderungsbetrag zu berechnen sei, ist davon auszugehen, dass die Ergänzungsleistungen eine angemessene Deckung des Existenzbedarfs bedürftiger Rentner der Alters- und Hinterlassenen- sowie der Invalidenversicherung bezwecken (vgl. Art. 34quater Abs. 2 BV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 ÜbBest. BV; BGE 108 V 241 Erw. 4c). Dabei geht es darum, die laufenden Lebensbedürfnisse, soweit sie die gesetzlich massgebende Einkommensgrenze übersteigen ( Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 ELG ), abzudecken (EVGE 1968 S. 132 Erw. 2). Es sind deshalb, abgesehen vom Tatbestand des Vermögensverzichts gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG , bei der Anspruchsberechtigung nur tatsächlich vereinnahmte Einkünfte und vorhandene Vermögenswerte zu berücksichtigen, über die der Leistungsansprecher ungeschmälert verfügen kann ( BGE 115 V 353 Erw. 5c mit Hinweisen; AHI 1994 S. 216 Erw. 3a). Dieser Grundsatz gilt auch bei der in Art. 25 ELV positivrechtlich normierten Anpassung (Erhöhung, Herabsetzung, Aufhebung) der Ergänzungsleistung an geänderte tatsächliche Verhältnisse. Dies bedeutet insbesondere, dass der EL-Neuberechnung der im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes und der dem EL-Bezüger obliegenden Mitwirkungspflicht ( BGE 119 V 211 Erw. 3b mit Hinweisen) festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen ist. b) Die gleichen Überlegungen müssen auch bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung im Hinblick auf eine Rückforderung von zuviel bezogenen Ergänzungsleistungen nach Art. 27 Abs. 1 ELV gelten. aa) Dem steht nicht entgegen, dass nach Art. 25 Abs. 2 lit. b ELV die Nachzahlung von Ergänzungsleistungen ausgeschlossen ist, wenn der EL-Bezüger Umstände, die eine voraussichtlich längere Zeit dauernde Verminderung des anrechenbaren Einkommens im Sinne von Art. 25 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 lit. b ELV zur Folge haben, verspätet meldet oder solche Änderungen erst nach deren Eintritt der Verwaltung bekannt werden ( BGE 119 V 193 f. Erw. 2c, d). Dieses anpassungsrechtliche Nachzahlungsverbot ist im Rückerstattungsverfahren nach Art. 27 ELV lediglich insofern von Bedeutung, BGE 122 V 19 S. 25 als der Versicherte im günstigsten Fall keine Ergänzungsleistungen rückzuerstatten hat. bb) Diese Auffassung stimmt sodann überein mit der Verwaltungspraxis gemäss Rz. 7034 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL] in der seit 1. Januar 1987 geltenden Fassung. Diese Verwaltungsweisung lautet wie folgt: "Stellt sich bei der Neuberechnung heraus, dass einzelne Berechnungsposten zugunsten des Versicherten ausfallen, können diese in die Neuberechnung miteinbezogen werden. Eine Nachzahlung ist jedoch zu unterlassen." Verwaltungsweisungen sind für den Sozialversicherungsrichter zwar nicht verbindlich. Er soll sie jedoch bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen ( BGE 119 V 259 Erw. 3a mit Hinweisen). Dies ist hier zu bejahen. Rz. 7034 WEL stellt nicht bloss eine Sonderregelung zur Verhinderung von Härtefällen dar, wie das BSV in seiner Vernehmlassung ausführt. Vielmehr ermöglicht diese Praxis eine rechtsgleiche Regelung der Rückerstattungsfrage (vgl. EVGE 1968 S. 133 oben), indem der Rückforderungsbetrag ungeachtet des Meldeverhaltens der EL-Bezüger und unabhängig davon, dass allenfalls die Verwaltung von einer Tatsachenänderung zufällig Kenntnis erhält, festgesetzt wird. Namentlich wird damit eine Besserstellung derjenigen EL-Bezüger verhindert, die, aus welchen Gründen auch immer, lediglich anspruchserhöhende Tatsachenänderungen melden. cc) Im weitern ist zu berücksichtigen, dass das anrechenbare Einkommen als für die Anspruchsberechtigung als solche wie auch für die Höhe der Ergänzungsleistung relevante Grösse ( Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 ELV ) das Ergebnis einer Berechnung ist (vgl. Art. 3 ELG ). Da eine Tatsachenänderung unter Umständen mehrere Positionen in der EL-Berechnung berührt, wie insbesondere beim Wechsel von der eigenen Wohnung in ein Heim oder in eine Mietwohnung bei gleichzeitiger Veräusserung der Wohnliegenschaft, steht meist erst nach Durchführung der Neuberechnung fest, ob eine Erhöhung oder eine Verminderung des anrechenbaren Einkommens vorliegt (unveröffentlichtes Urteil K. vom 1. April 1971). In solchen Fällen bei der EL-Neuberechnung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages lediglich die für den EL-Bezüger ungünstigen Berechnungsfaktoren zu ändern, wäre stossend. BGE 122 V 19 S. 26 dd) Schliesslich ist zu beachten, dass die nicht oder nicht rechtzeitige Meldung einer das anrechenbare Einkommen - im Ergebnis - vermindernden und damit ergänzungsleistungserhöhenden Tatsachenänderung die Nichtausschöpfung des EL-Anspruchs bedeutet, somit nicht eine Auszahlung von unrechtmässigen, zu hohen Ergänzungsleistungen bewirkt. Es würde dem Grundsatz der Rückerstattungspflicht als einer an das Recht gebundenen versicherungsmässigen Sanktion ohne pönalen Charakter ( BGE 118 V 220 unten), die lediglich verhindern will, dass der Versicherte von der Versicherung mehr erhält, als dem Gesetz entspricht (EVGE 1968 S. 144 Erw. 2f), widersprechen, wenn der EL-Bezüger im Rückforderungsprozess nicht Tatsachenänderungen zu seinen Gunsten "einredeweise" geltend machen könnte. c) Zusammenfassend ist festzustellen, dass im Sinne der Verwaltungspraxis gemäss Rz. 7034 WEL bei der Neuberechnung der Ergänzungsleistung zur Ermittlung des Rückerstattungsbetrages alle anspruchsrelevanten, das anrechenbare Einkommen erhöhenden und vermindernden Tatsachenänderungen zu berücksichtigen sind. Eine Nachzahlung ist jedoch ausgeschlossen. 6. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Änderungen im Rückerstattungszeitraum August 1990 bis Januar 1993: Verbrauch des Sparguthabens, Krankheitskosten (Insulinspritzen, Blutzuckerbestimmungen ab Februar 1992), Liegenschaftsübertragung an ihren Sohn unter Einräumung des Wohnrechts im November 1990, sind, soweit ausgewiesen, bei der EL-Neuberechnung mitzuberücksichtigen. Namentlich sind die Krankheitskosten nach Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG abziehbar. Denn Insulin-Injektionen und Blutzuckerbestimmung sind wissenschaftlich anerkannte Massnahmen im Sinne von Art. 5 lit. a ELKV in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 ELV und Art. 3 Abs. 4bis ELG . Dabei sind alle im Rückerstattungszeitraum angefallenen Kosten zu berücksichtigen. Dass nach Art. 2 lit. a ELKV die Kosten abziehbar sind, wenn der Abzug innert 15 Monaten nach Rechnungsstellung geltend gemacht wird, ist im Rückerstattungsprozess ohne Belang (vgl. Erw. 5c). Im übrigen wird die Ausgleichskasse, an welche die Sache zur Neufestsetzung des Rückforderungsbetrages zurückgewiesen wird, zu beachten haben, dass sie bisher unter dem Titel "Mietwert der eigenen Wohnung" einen (jährlichen) Betrag von Fr. 2'700.-- zum anrechenbaren Einkommen gezählt hat. Gemäss Art. 12 ELV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG gilt jedoch lediglich der (nach steuerlichen Grundsätzen bemessene) Mietwert einer vom Eigentümer BGE 122 V 19 S. 27 oder Nutzniesser bewohnten Wohnung als anrechenbares Einkommen aus unbeweglichem Vermögen. Die Beschwerdeführerin lebt jedoch erwiesenermassen seit 25. Mai 1990 dauernd in einem Heim.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd2a0ec9-950b-47e9-9375-3f77ced4720d
Urteilskopf 106 Ib 8 2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. März 1980 i.S. Jerie gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Erleichterte Einbürgerung ( Art. 28 BüG ). Die alternativen Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 lit. a BüG müssen auch noch im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheides erfüllt sein.
Sachverhalt ab Seite 8 BGE 106 Ib 8 S. 8 Die Schweizer Bürgerin Beatrix Elisabeth Schneider heiratete am 29. Oktober 1974 den tschechoslowakischen Staatsangehörigen Marek Jerie. Sie erklärte, das Schweizer Bürgerrecht beibehalten zu wollen. Die Ehegatten lebten seit ihrer Heirat bis Ende 1978 nicht zusammen. Der Ehemann wohnte in der Tschechoslowakei, die Ehefrau blieb in Basel. Seit dem 24. November 1978 wohnen sie zusammen in Arlesheim. Am 11. April 1977 wurde in Basel die gemeinsame Tochter Renata Veronika geboren. Am 6. Juli 1978 reichte sie ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung gemäss Art. 28 BüG ein. Sie führte darin aus, sie erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen; insbesondere lebten die Eltern seit mehr als drei Jahren getrennt. Mit Entscheid Vom 4. Dezember 1979 trat das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) auf das Gesuch nicht ein. Das Bundesgericht weist die gegen diesen Entscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: Gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. a BüG können unmündige Kinder, deren Mutter bei der Heirat mit einem Ausländer das Schweizerbürgerrecht beibehalten hat, erleichtert eingebürgert werden, wenn sie in der Schweiz wohnen und der Vater gestorben ist oder die Ehe der Eltern ungültig erklärt oder geschieden wurde oder wenn die Ehegatten gerichtlich dauernd getrennt worden sind oder seit drei Jahren getrennt leben. Das EJPD BGE 106 Ib 8 S. 9 führt in seiner Vernehmlassung zu Recht aus, dass im vorliegenden Fall geprüft werden muss, in welchem Zeitpunkt die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sein müssen. In BGE 106 Ib 1 ff erkannte das Bundesgericht, dass es genügt, wenn das Kind im Zeitpunkt der Einreichung des Einbürgerungsgesuches unmündig ist, dass dagegen das Erfordernis des Wohnsitzes in der Schweiz auch noch im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheides gegeben sein muss, weil das Wohnsitzerfordernis nach dem Willen des Gesetzgebers einen Hinweis auf die Verbundenheit des Gesuchstellers mit der Schweiz geben soll und diese Verbundenheit auch noch im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheides gegeben sein muss. Das Bundesgericht hatte bisher noch keine Gelegenheit, zur Frage Stellung zu nehmen, in welchem Zeitpunkt die andern alternativen Voraussetzungen des Art. 28 BüG erfüllt sein müssen (Tod des Vaters, Ungültigkeit oder Scheidung der Ehe, dauernde gerichtliche Trennung oder faktisches Getrenntleben während drei Jahren). Sowohl der deutsche als auch der französische Text verwenden bei der Umschreibung der letzten Voraussetzung die Gegenwartsform ("wenn die Ehegatten ... seit drei Jahren getrennt leben", "que les parents sont séparés de fait depuis trois ans", "dopo una separazione di fatto di tre anni"). Bereits aus diesem Umstand ist zu schliessen, dass die letzte Voraussetzung nicht schon erfüllt ist, wenn die Ehegatten drei Jahre getrennt gelebt haben, sondern erst, wenn sie auch noch im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheides getrennt leben. Tatsächlich verwendet das Gesetz stets die Vergangenheitsform, wenn der Gesuchsteller eine Voraussetzung lediglich in der Vergangenheit einmal erfüllt haben muss (vgl. Art. 15, 27, 29 BüG ). Die Art. 27 und 28 BüG regeln die Voraussetzungen, unter denen das Kind einer schweizerischen Mutter, welche einen Ausländer geheiratet hat, erleichtert eingebürgert werden kann (vgl. aber auch Art. 5 BüG ). Sofem die Eltern verheiratet sind, zusammen leben und der Vater nicht staatenlos ist, kann das Kind erleichtert eingebürgert werden, wenn es mindestens 10 Jahre in der Schweiz gelebt hat ( Art. 27 BüG ). Art. 28 BüG sieht nur dann eine noch weiter erleichterte Einbürgerung vor, wenn das Kind staatenlos geworden ist oder wenn angenommen werden kann, dass die Bindung des Kindes zum Vater nicht oder nicht mehr besteht. Das ist nach der gesetzlichen BGE 106 Ib 8 S. 10 Vorschrift dann der Fall, wenn die Ehe aufgelöst ist (durch Tod, Ungültigkeit oder Scheidung), oder wenn die Ehegatten dauernd gerichtlich oder während einer bestimmten Frist faktisch getrennt sind. In diesem Fall braucht das Kind nicht 10 Jahre zu warten, sondern kann sofort erleichtert eingebürgert werden, wenn es zur Zeit der Einbürgerung in der Schweiz wohnt. Die unterschiedliche Behandlung zwischen Kindern, die 10 Jahre in der Schweiz wohnen müssen, bevor sie erleichtert eingebürgert werden können und solchen, für die eine solche Frist nicht besteht, erklärt sich aus der Sorge des Gesetzgebers, dem Kinde grundsätzlich nur die Staatsangehörigkeit des Vaters zu geben, um doppelte Bürgerrechte nach Möglichkeit zu vermeiden. Der Gesetzgeber wollte einem Kind nur dann auch die schweizerische Staatsangehörigkeit der Mutter geben, wenn entweder angenommen werden kann, dass die Beziehung des Kindes zur Schweiz besonders eng ist ( Art. 27 BüG ) oder aber nachgewiesen ist, dass zumindest keine Beziehung zum Vater und dessen Heimatstaat besteht ( Art. 28 Abs. 1 lit. a BüG ). Es liefe dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwider, wenn das Kind geschiedener, gerichtlich getrennter oder tatsächlich getrennt lebender Eltern, welche nachträglich wieder heiraten oder die Trennung aufheben, nach wie vor unter den zusätzlich erleichterten Voraussetzungen des Art. 28 BüG eingebürgert werden könnte. Die Ansicht, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der erleichterten Einbürgerung auch noch im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheides erfüllt sein müssen, wird auch in der Lehre vertreten (BURGER, Die erleichterte Einbürgerung, Diss. Bern 1971, S. 76/77).
public_law
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
dd312c45-59d0-4fc8-bb09-580ed6f6fe4b
Urteilskopf 110 Ia 59 11. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 16 avril 1984 dans la cause Y. contre X. (recours de droit public)
Regeste Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit; Ernennung eines Schiedsrichters, Gültigkeit der Schiedsabrede, Verweisungsklausel. 1. Befugnis der zuständigen richterlichen Behörde, die ordnungsgemässe Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu prüfen (E. 2). 2. Analoge Anwendung der Art. 23 Abs. 2 und 12 des Konkordates, falls die von den Parteien beauftragte Stelle sich weigert, den Schiedsrichter zu ernennen (E. 3). 3. Gültigkeit der Schiedsabrede vorliegend bejaht, in Rücksicht auf den Willen der Parteien, sich selbst in einem solchen Fall an das Schiedsgericht zu wenden (E. 4a). 4. Verweisung auf die Vergleichs- und Schiedsordnung der IHK; aus dieser Ordnung ergibt sich durch Auslegung die Befugnis des Schiedsgerichts der IHK, nötigenfalls den Schiedsrichter zu ernennen (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 110 Ia 59 S. 59 A.- Le 22 avril 1975, X. a conclu avec Y. un accord en vertu duquel elle était chargée de concevoir, d'étudier et de soumettre à son cocontractant, dans un certain délai, les plans relatifs à la BGE 110 Ia 59 S. 60 construction, la gestion et l'organisation, du point de vue du personnel, de cinq hôpitaux en Iran, pour le prix de 900'000 £. L'accord contient notamment la clause compromissoire suivante: (traduction) "Tous différends découlant du présent "accord épistolaire", qui ne pourraient être réglés à l'amiable, seront tranchés définitivement suivant le Règlement de conciliation et d'arbitrage de la Chambre de Commerce internationale par un collège de trois arbitres. Chacune des parties désignera un arbitre; le troisième arbitre sera nommé par le directeur général de l'Organisation mondiale de la santé. Le siège du Tribunal arbitral est fixé à Genève, et la législation iranienne s'appliquera à tous les aspects du présent "accord épistolaire"." Estimant avoir exécuté ses obligations et n'obtenant pas le paiement du prix convenu, X. a mis en oeuvre la procédure arbitrale, en s'adressant, selon acte du 21 décembre 1978, à la Chambre de commerce internationale (CCI). Le directeur général de l'OMS ayant refusé de nommer le troisième arbitre, la Cour d'arbitrage a considéré que la clause arbitrale contenue dans le contrat du 22 avril 1975 était dépourvue d'effets à cet égard et que la lacune résultant de cette situation était comblée par les dispositions de l'art. 2.4 du règlement de la CCI, relatif à la nomination du président du tribunal arbitral. En conséquence, la Cour d'arbitrage a elle-même procédé à la désignation dudit arbitre. B.- Par sentence du 17 février 1982, approuvée le 19 mai 1982 par la Cour d'arbitrage de la CCI et transmise ensuite aux parties, le tribunal arbitral a admis sa compétence pour trancher le litige et condamné Y. à payer 900'000 £ à X. La partie défenderesse avait contesté la validité de la nomination des arbitres et, partant, leur compétence. Par arrêt du 21 décembre 1983, la Cour de justice du canton de Genève a rejeté un recours en nullité formé contre cette sentence par Y. C.- Contre cet arrêt, Y. interjette un recours de droit public. Se fondant sur l'art. 84 al. 1 lettres a et b OJ, elle se plaint d'une violation du Concordat intercantonal sur l'arbitrage et conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué. En bref, elle fait grief à la cour cantonale d'avoir admis la compétence des arbitres, alors qu'à son avis le refus du directeur général de l'OMS de désigner le troisième arbitre entraînait la caducité de la clause compromissoire. A titre subsidiaire, elle invoque une fausse application de l'art. 12 CIA quant au mode de désignation adopté. BGE 110 Ia 59 S. 61 X. propose le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 2. a) Les parties ayant fixé le siège du tribunal arbitral dans le territoire d'un des cantons concordataires, il est à juste titre incontesté que le contrat d'arbitrage litigieux est soumis au concordat (art. 1er al. 1 CIA), à l'exclusion du droit iranien. L'allusion de la recourante au droit iranien de procédure est, à cet égard, sans portée propre. Comme le permet le concordat (art. 1er al. 2 CIA), les parties se sont soumises au règlement de la CCI, ce qui est valable en tant qu'il n'est pas dérogé aux normes impératives du concordat (art. 1er al. 3 CIA). b) Selon l'art. 8 CIA, les arbitres statuent eux-mêmes sur leur propre compétence, par une décision incidente ou dans le jugement au fond. C'est ce qu'ils ont fait, en l'occurrence, dans leur sentence finale du 17 février 1982. Lorsqu'une partie prétend n'être pas ou plus liée par un contrat d'arbitrage, elle dénie de ce fait la compétence du tribunal arbitral et elle peut recourir contre un prononcé des arbitres admettant leur compétence, dans le cadre de l'art. 36 lettre b CIA ( ATF 108 Ia 311 ; cf. ATF 96 I 334 ). Lorsque, en revanche, seule est contestée la constitution du tribunal arbitral, le moyen peut être invoqué dans le cadre de l'art. 36 lettre a CIA. C'est donc à juste titre que la cour cantonale a examiné le moyen de la recourante dans le cadre de l'art. 36 CIA. Avec raison, elle ne s'est pas tenue pour liée par la décision de l'organe chargé de désigner un arbitre, en l'occurrence la Cour d'arbitrage de la CCI. En effet, même lorsque cet organe est judiciaire, sa décision, rendue en procédure non contentieuse, ne jouit pas de l'autorité de la chose jugée; celle-ci laisse donc aux arbitres, puis aux instances de recours, la faculté d'examiner de manière indépendante la compétence et la régularité de la constitution du tribunal ( ATF 108 Ia 311 et renvois; cf. JOLIDON, Commentaire du Concordat suisse sur l'arbitrage, n. 31 ad art. 12; HABSCHEID, RSJ 1982, p. 321 ss, notamment p. 325, à propos des arbitres désignés par la Cour d'arbitrage de la CCI; MANN, Zur Ernennung von Schiedsrichtern, in Liber amicorum A. Schnitzer, p. 325 ss, spéc. pp. 329-331, 334-336; RÜEDE-HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, p. 114). BGE 110 Ia 59 S. 62 3. On doit examiner, d'une part, si le concordat contient des dispositions se rapportant à la caducité du contrat d'arbitrage dans l'hypothèse où l'organe de nomination refuse de désigner l'arbitre et, d'autre part, s'il règle, dans un tel cas de refus, à titre subsidiaire, la nomination de l'arbitre. a) L'art. 23 al. 2 CIA indique que la défection d'un arbitre entraîne la faculté de le faire remplacer ou la caducité du contrat. En revanche, le concordat ne contient aucune règle expresse équivalente pour l'hypothèse où l'organe choisi par les parties ne désigne pas l'arbitre. La recourante veut en inférer que, selon le concordat, le contrat d'arbitrage serait alors caduc de plein droit. Dans l'arrêt susmentionné ATF 108 Ia 312 , le Tribunal fédéral s'est référé par analogie à l'art. 23 al. 2 CIA pour admettre que l'autorité judiciaire pouvait, dans cette hypothèse, procéder, à titre supplétif, à la désignation d'un arbitre lorsque les parties entendaient soumettre leur différend à une juridiction arbitrale sans qu'il apparaisse d'une importance essentielle que la désignation du troisième arbitre se fasse par un organe déterminé. Cette solution doit être confirmée. Elle s'impose déjà au regard de l'art. 3 lettre a CIA, qui déclare que l'autorité judiciaire a la compétence de "nommer les arbitres (...) qui n'auraient pas été désignés par l'organe de leur choix"; cette disposition montre donc que le concordat consacre en principe la possibilité d'un remplacement non prévu par les parties (sans pour autant préciser dans quelle éventualité). Une telle solution est aussi conforme au principe de l'autonomie de la volonté régissant le contrat d'arbitrage (cf. art. 1er al. 2, 4, 10 et 11 CIA), sous réserve du respect des règles de droit impératif (art. 1er al. 3 CIA); en effet, s'il résulte de l'interprétation du contrat que, malgré la caducité de la clause relative à la désignation de l'arbitre par un organe de choix, la volonté hypothétique des parties est de soumettre néanmoins le différend à l'arbitrage, il n'y a point de raison de ne pas respecter cette volonté (cf. art. 20 al. 2 CO par analogie). Par ailleurs, au regard du texte clair de l'art. 3 lettre a CIA, l'absence de disposition expresse comparable à l'art. 23 al. 2 CIA ne saurait être interprétée a contrario. Il s'impose donc d'appliquer ici par analogie cette disposition pour déterminer si le contrat est caduc (cf. RÜEDE-HADENFELDT, op.cit., p. 89 n. 5b et p. 116 n. 4). Il y a lieu à désignation d'un arbitre par l'autorité compétente, selon l'art. 23 al. 2 CIA, "à moins qu'il ne résulte de la convention d'arbitrage qu'elle doit être considérée comme caduque". A cet BGE 110 Ia 59 S. 63 effet, il convient d'interpréter la convention des parties - en tant que contrat de procédure ( ATF 101 II 170 ) - selon les principes régissant la nullité partielle des contrats. On doit ainsi rechercher, en se plaçant au moment de la conclusion du contrat, ce dont les parties seraient convenues de bonne foi si elles avaient envisagé cette hypothèse; le juge s'inspire de l'économie du contrat et de son but et il tient compte de l'ensemble des circonstances (cf. ATF 107 II 149 , 218, 414). b) L'art. 12 CIA dispose que si les parties ne peuvent s'entendre sur la désignation de l'arbitre unique, si l'une d'entre elles omet de procéder à la désignation d'arbitres qui lui incombe, ou si les arbitres désignés ne peuvent s'entendre sur le choix du surarbitre, l'autorité judiciaire prévue à l'art. 3 procède à la nomination (...) à moins que la convention n'ait prévu un autre organe de désignation. Cet article est lui aussi applicable par analogie, pour des motifs comparables à ceux qui viennent d'être exposés ci-dessus à propos de l'art. 23 al. 2 CIA, à la situation où le tiers ne procède pas à la nomination d'un des arbitres, telle que la lui ont confiée les parties (cf. RÜEDE-HADENFELDT, op.cit., p. 186 n. 2e; POUDRET, L'application du concordat de 1969 à l'arbitrage international en Suisse, in "Les étrangers en Suisse", Lausanne 1982, pp. 247 ss, spécialement p. 256 n. 43, avec référence à l'arrêt paru aux ATF 78 I 360 consid. 4, antérieurement à l'entrée en vigueur du concordat). Si la recourante admet, dans l'éventualité d'une caducité partielle de la clause compromissoire, une telle application analogique de l'art. 12 CIA, elle soutient cependant que la réserve exprimée à la fin de cette disposition en faveur d'un "autre organe de désignation" serait inapplicable en l'espèce, dès lors que la convention prévoyait un organe de désignation spécifique, soit le directeur de l'OMS, lequel n'a pas rempli sa fonction. L'argumentation est manifestement spécieuse. En effet, du moment qu'il y a lieu de suppléer à une défection, on ne saurait avoir en vue un mode de désignation qui ne permet précisément pas le remplacement de l'organe défaillant. On doit donc bien plutôt se demander si la convention entre parties permettait éventuellement la désignation de l'arbitre d'une autre manière et si la réserve exprimée à l'art. 12 CIA pouvait ainsi avoir effet. Il s'avère à cet égard qu'à côté du mode de désignation de l'arbitre qu'elles avaient choisi, les parties se sont référées à des conditions générales, soit le règlement de conciliation et BGE 110 Ia 59 S. 64 d'arbitrage de la CCI, permettant la désignation supplétive d'un arbitre par un autre organe. Un tel renvoi implique une convention des parties qui, selon l'art. 12 CIA, prime la désignation par l'autorité judiciaire. Contrairement à ce que voudrait la recourante, la loi n'exige pas, sur ce point, une référence expresse des parties à la règle supplétive relative à la désignation de l'arbitre (cf., par analogie, l'arrêt Tradax du 7 février 1984, ATF 110 II 58 consid. 3c, en application de l'art. II de la Convention de New York, RS 0.277.12; cf. également ATF 102 Ia 500 ). Il n'en irait pas autrement si l'on appliquait par analogie les règles du droit privé, car une pareille clause ne comporte pour les parties rien d'inhabituel (cf. ATF 108 II 418 ). Contrairement à ce que soutient la recourante, cette solution n'est pas contraire au caractère impératif de l'art. 12 CIA, puisque cette disposition réserve précisément l'accord des parties quant à l'organe de désignation. 4. a) En l'occurrence, les parties ne se sont pas prononcées expressément sur le sort de la clause compromissoire au cas où l'organe choisi par elles ne désignerait pas le troisième arbitre. L'arrêt cantonal ne contient, lui non plus, aucune constatation relative à la volonté interne des parties à ce sujet. Aussi convient-il de déterminer la volonté hypothétique des parties selon les principes susmentionnés. La convention d'arbitrage a été conclue sous la forme d'une clause compromissoire (et non d'un compromis ad hoc) insérée dans un contrat économique important dont il y a tout lieu de penser que des partenaires raisonnables l'eussent conclu même s'ils avaient su que le directeur général de l'OMS ne pourrait pas désigner le troisième arbitre. Dans cette dernière hypothèse, on peut admettre que de tels partenaires eussent aussi inséré dans leur contrat une clause compromissoire. Du reste, dans la clause litigieuse, la volonté de compromettre apparaît au premier plan, tandis que la personne devant fonctionner comme troisième arbitre n'a apparemment pas semblé décisive aux parties; celles-ci n'ont en effet pas elles-mêmes désigné nommément à cette fonction une personne déterminée, mais elles s'en sont remises à la décision d'un tiers, alors qu'elles-mêmes se réservaient de nommer chacune un des deux premiers arbitres. Formellement, la volonté de compromettre et les règles relatives à la nomination des arbitres sont aussi exprimées dans deux phrases séparées, sans que la première soit subordonnée au respect des règles prévues dans la BGE 110 Ia 59 S. 65 seconde. Dans une telle situation, la cour cantonale a admis à juste titre que, selon la volonté hypothétique des parties, l'impossibilité d'obtenir la désignation du troisième arbitre par le directeur général de l'OMS ne devait pas entraîner la caducité de la convention d'arbitrage (cf. JOLIDON, op.cit., n. 21 ad art. 23; WIGET, dans Sträuli-Messmer, par. 243 n. 4, 7, 11; RÜEDE-HADENFELDT, op.cit., p. 116; en droit allemand: sic REAT, Der Schiedsrichtervertrag, thèse Cologne 1983, p. 91; contra: FRENZ, Auswahl und Bestellung von Schiedsrichter durch Dritte, thèse Bonn 1980, pp. 68 ss et références). b) La clause par laquelle les parties se sont référées au règlement de conciliation et d'arbitrage de la CCI doit être interprétée selon les règles de la bonne foi en affaires. Ainsi, ce renvoi implique l'application du règlement de la CCI selon le sens qui lui est donné au sein de cet organisme par les organes compétents, pour autant que ceux-ci n'agissent pas arbitrairement en prêtant à ses dispositions une signification à laquelle les parties ne pouvaient raisonnablement penser. Le règlement de la Cour d'arbitrage de la CCI prévoit notamment à l'art. 2 al. 3, à propos de la désignation d'un arbitre unique, que "faute d'entente entre les parties dans un délai de trente jours à partir de la notification de la demande d'arbitrage à l'autre partie, l'arbitre sera nommé par la Cour" et à l'art. 2 al. 4, à propos de la désignation de trois arbitres, pour l'arbitre à choisir par chaque partie: "Si l'une des parties s'abstient, la nomination est faite par la Cour" et pour la désignation du troisième arbitre: "Si, à l'expiration du délai fixé par les parties ou imparti par la Cour, les arbitres désignés par les parties n'ont pu se mettre d'accord, le troisième arbitre est nommé par la Cour." Enfin, l'art. 26 dudit règlement prévoit à titre de "règle générale": "Dans tous les cas non visés expressément ci-dessus, la Cour d'arbitrage et l'arbitre procèdent en s'inspirant de ce Règlement et en faisant tous leurs efforts pour que la sentence soit susceptible de sanction légale." Par ailleurs, il appert qu'interprétant par analogie l'art. 2 du règlement, selon l'art. 26, la Cour d'arbitrage procède également à la désignation de l'arbitre, faute d'accord des parties, lorsque l'organe choisi par celles-ci à cette fin ne peut ou ne veut y procéder (sic DERAINS, Journal de droit international 1975, p. 939). Au regard de ces dispositions réglementaires, une telle interprétation ne comporte rien d'insoutenable et d'inattendu. BGE 110 Ia 59 S. 66 Aussi la désignation du surarbitre par la Cour d'arbitrage de la CCI, à défaut du directeur de l'OMS, était-elle conforme aux normes réglementaires de la CCI auxquelles se référait le contrat d'arbitrage (cf. idem ATF 102 Ia 502 ss dans le cadre d'un examen limité à l'arbitraire). Le recours se révèle dès lors mal fondé.
public_law
nan
fr
1,984
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
dd33df93-0735-46b0-99b5-f5a89fe3d3d3
Urteilskopf 117 II 13 4. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Januar 1991 i.S. E. gegen E. (Berufung)
Regeste Art. 152 ZGB . Rente an die geschiedene Ehefrau. Ein ehewidriges Verhalten eines Ehegatten, das vom andern Gatten verziehen worden ist, kann trotzdem als Zerrüttungsursache in Betracht fallen. Die Verzeihung bewirkt nicht Schuldlosigkeit im Sinne von Art. 152 ZGB .
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 117 II 13 S. 13 Mit Urteil vom 30. Dezember 1988 wurde die Ehe von H. und M. E.-A. in Gutheissung der Klage des Ehemannes und der Widerklage der Ehefrau geschieden. Der Kläger wurde verpflichtet, der Beklagten gestützt auf Art. 152 ZGB einen zeitlich abgestuften monatlichen Unterhaltsbeitrag zu bezahlen. Beide Parteien fochten das bezirksgerichtliche Urteil mit einer Berufung beim Obergericht an. Der Kläger verlangte die Aufhebung seiner Verpflichtung zur Bezahlung einer Rente, während die Beklagte die Zusprechung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von Fr. 3'000.-- ohne zeitliche Befristung gestützt auf Art. 151, eventuell auf Art. 152 ZGB , beantragte. Das Obergericht hiess die BGE 117 II 13 S. 14 Berufung des Klägers mit Urteil vom 6. November 1989 gut und wies den Rentenanspruch der Beklagten ab. Die Beklagte führt Berufung an das Bundesgericht mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Aktenergänzung und zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventuell sei der Kläger zu verpflichten, ihr gestützt auf Art. 152 ZGB einen monatlichen indexierten Unterhaltsbeitrag von Fr. 3'000.-- zu bezahlen. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht hat im angefochtenen Urteil festgestellt, den eigentlichen Grund für das zwischen den Parteien entstandene Zerwürfnis habe die Beklagte gesetzt, indem sie im Mai anlässlich der Reise nach X. und Ende Juni 1985 je einen Ehebruch mit H. W. begangen habe. Diese Seitensprünge hätten die entscheidende negative Zäsur im Eheleben der Parteien gebildet und die bis dahin noch nicht zerrüttete Ehe in eine Krise gestürzt. Das ungeschickte, die Beklagte ihrerseits verletzende Verhalten des Klägers sei nur als Reaktion auf ihre Eheverfehlungen aufzufassen und falle nicht als selbständige und schuldhaft herbeigeführte Zerrüttungsursache in Betracht. Diese sei vielmehr allein im ehebrecherischen Verhalten der Beklagten zu erblicken. Aufgrund des Beweisergebnisses könne keine Rede davon sein, dass die Ehe 1985 bei der Reise nach X. durch ein schuldhaftes Verhalten des Klägers bereits schwer angeschlagen gewesen sei. Die Beklagte könne daher nicht als schuldlos gelten, weshalb ihr Begehren auf Zusprechung einer Bedürftigkeitsrente abzuweisen sei. Demgegenüber stellt sich die Beklagte auf den Standpunkt, dass ihr der Kläger ihre beiden Seitensprünge vom Mai und Juni 1985 mit H. W. - zumindest durch konkludentes Verhalten - verziehen habe. Es verbiete sich daher, diese Ehewidrigkeiten bei der Prüfung der Frage, ob ihr eine Rentenberechtigung zukomme, als anspruchshemmendes Verschulden zu berücksichtigen. Sie habe vielmehr mangels anderer tauglicher Vorwürfe als schuldlos im Sinne von Art. 152 ZGB zu gelten. 3. Die Feststellungen des Obergerichts über die Zerrüttungsursachen betreffen tatsächliche Verhältnisse ( BGE 92 II 140 E. 2 und BGE 87 II 2 ff. E. 2 und 3, je mit Hinweisen) und sind daher für das Bundesgericht verbindlich, nachdem die Beklagte weder BGE 117 II 13 S. 15 geltend macht, sie seien unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen, noch sie würden offensichtlich auf Versehen beruhen ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Die weitere, in der Berufungsschrift an diesen Feststellungen geäusserte Kritik ist nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG unzulässig. Es bleibt daher die Frage zu prüfen, ob die von der Beklagten behauptete Verzeihung ihrer Fehltritte durch den Kläger für den Entscheid über ihre Rentenberechtigung von Bedeutung sei. Das Obergericht hat sich darüber nicht in erkennbarer Weise geäussert. Durch Verzeihung gibt der verletzte Ehegatte zu erkennen, dass er die ihm durch die eheliche Verfehlung des andern Gatten zugefügte Kränkung nachsehe und die Ehe trotz dieses Verhaltens seines Partners fortsetzen wolle (BÜHLER/SPÜHLER, Einleitung, N 77). In den Art. 137 und 138 ZGB wird je in Absatz 3 ausdrücklich festgehalten, dass der Verzeihung eine klageausschliessende Wirkung zukommt. Da es sich dabei um ein allgemeines Rechtsprinzip handelt, gilt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch im Zusammenhang mit Eheungültigkeitsklagen ( BGE 54 II 355 mit Hinweis). Hingegen schliesst die Verzeihung nicht aus, dass das verziehene ehewidrige Verhalten den allgemeinen Scheidungsgrund der tiefen Zerrüttung zu erfüllen vermag, wenn es trotz der Verzeihung Nachwirkungen äussert oder mit weiteren Ursachen zusammenfällt, welche die Ehe zerrütten und das Zusammenleben unerträglich machen ( BGE 50 II 324 f. und BGE 39 II 183 E. 1; BÜHLER/SPÜHLER, Einleitung, N 59); denn aus dem Zustand der ehelichen Zerrüttung entsteht fortwährend das Recht auf Scheidung, und das Verschulden als Ursache bestehender Zerrüttung wird durch Verzeihung nicht ungeschehen gemacht, sowenig als die Verfehlung selber. Die Bedeutung der Verzeihung erschöpft sich vielmehr in der unmittelbaren Verwirkung des Klagerechts ( BGE 53 II 440 und BGE 50 II 324 ; LIENERT, Die Schuld bei der Ehescheidung nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1950, S. 48, und ZEHNDER, Die Verzeihung im schweizerischen Ehescheidungs- und Erbrecht, Diss. Zürich 1953, S. 79). Der Ehegatte, dem eine zum Verschulden gereichende eheliche Verfehlung verziehen worden ist, gilt daher nicht als schuldlos, sondern muss sich bei einer späteren Scheidung sowohl im Rahmen von Art. 142 wie auch von Art. 152 ZGB sein Verschulden entgegenhalten lassen. Mit dem Obergericht ist davon auszugehen, dass sich die Beklagte mit ihren Seitensprüngen gegen die eheliche Treuepflicht schwer vergangen hat. Es ist ihr daher ein erhebliches Verschulden BGE 117 II 13 S. 16 im Sinne von Art. 152 ZGB anzulasten. Nach dem Ausgeführten würde sie auch dann nicht als schuldlos gelten, wenn ihr der Kläger die beiden Ehebrüche verziehen haben sollte. Die Beklagte kann somit - wie das Obergericht zutreffend erkannt hat - keinen Anspruch auf eine Bedürftigkeitsrente geltend machen. Damit fallen aber auch ihre andern Begehren dahin. Ihre Berufung ist deshalb abzuweisen, soweit auf sie überhaupt einzutreten ist.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dd34d439-f4f1-4ac7-8201-ef26630f46f9
Urteilskopf 139 V 88 13. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit social dans la cause Office juridique et de surveillance (OJSU) du Service de l'emploi contre L. (recours en matière de droit public) 8C_385/2012 du 4 février 2013
Regeste Art. 8 Abs. 1 lit. e, Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 3 AVIG ; Art. 1 Abs. 1 Anhang II des Abkommens über die Personenfreizügigkeit (FZA); Art. 67 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71; Art. 80 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72; Art. 31 Ziff. 1 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge; Anrechnung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten. Fall eines Versicherten, welcher, nachdem er seine Beschäftigung in der Schweiz verloren hatte, eine Erwerbstätigkeit in Dänemark ausübte, ohne bei der dänischen Arbeitslosenversicherung versichert zu sein, und in die Schweiz zurückgekehrt ist, hier eine vorübergehende Beschäftigung von einigen Tagen gefunden hat und dann ein Gesuch um Arbeitslosenentschädigung einreicht. Die Berücksichtigung der in einem andern Mitgliedstaat zurückgelegten ausländischen Beschäftigungszeit (Anrechnung von Versicherungszeiten) als Anspruchsvoraussetzung für die schweizerische Arbeitslosenentschädigung ist ausgeschlossen, wenn der Versicherte von der durch die Gesetzgebung des andern Mitgliedstaates gebotenen Möglichkeit eines Anschlusses an die freiwillige Arbeitslosenversicherung keinen Gebrauch gemacht hat (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 89 BGE 139 V 88 S. 89 A. L., de nationalité française, au bénéfice d'un permis d'établissement en Suisse, y a travaillé depuis le mois de novembre 1983. A la fin de l'année 2006, il s'est annoncé à l'assurance-chômage, à la suite de la faillite de la société dans laquelle il travaillait. Durant sa période de chômage, il a trouvé un emploi, à l'étranger, au service de la société X. pour laquelle il a travaillé du 19 novembre 2007 au 31 mai 2009. Le 25 juin 2009, l'autorité compétente de ce pays lui a délivré l'imprimé E 301, dans lequel elle a attesté une période d'emploi correspondante en précisant que l'intéressé ne comptait pas de période d'assurance à l'étranger, car il n'avait pas été affilié à l'assurance-chômage. BGE 139 V 88 S. 90 De retour en Suisse, L. a été engagé temporairement, du 5 au 8 juin 2009, par la société Y. Sàrl. Le 9 juin suivant, il s'est annoncé à l'assurance-chômage. Il a été indemnisé par la Caisse cantonale neuchâteloise d'assurance-chômage (ci-après: la caisse ou la CCNAC). Dès le mois d'août 2009, il a réalisé des gains intermédiaires. Le 21 décembre 2009, il a transmis à la caisse la formule "Indications de la personne assurée" pour ce même mois, accompagnée d'une facture pour un montant de 36'028 fr. adressée par lui à la société X. pour une activité de vente commencée en mai 2009. Le 5 janvier 2010, la caisse a invité l'Office juridique et de surveillance (ci-après: l'OJSU) à statuer sur l'aptitude au placement de l'intéressé depuis juin 2009 et, au besoin, sur la répartition en fonction de la période d'activité de la somme de 36'028 fr., ainsi que sur les conséquences de l'annonce jugée tardive de l'activité indépendante. Par décision du 8 février 2010, l'OJSU a refusé le droit à l'indemnité de chômage de l'intéressé avec effet rétroactif au 9 juin 2009. Il a retenu que ce dernier ne s'était pas affilié à l'assurance-chômage à l'étranger, laquelle était facultative. Pour cette raison il ne remplissait pas, au moment déjà de son inscription, les conditions permettant la prise en compte, pour l'accomplissement de la période minimale de cotisation, des périodes d'assurance ou d'emploi accomplies sous la législation de ce pays à l'étranger. L. a formé une opposition, que l'OJSU a rejetée par une nouvelle décision du 23 mars 2010. Le 9 juin 2010, la CCNAC a rendu une décision par laquelle elle a demandé à L. de lui rembourser un montant de 33'779 fr. 30 au titre d'indemnités perçues, selon elle à tort, du 9 juin 2009 au 30 novembre 2009. B. L. a recouru contre la décision sur opposition de l'OJSU du 23 mars 2010 devant la Cour de droit public du Tribunal cantonal de la République et canton de Neuchâtel. Par jugement du 22 mars 2012, le tribunal cantonal a admis le recours. Il a annulé cette décision et a renvoyé la cause à l'OJSU pour nouvelle décision au sens des motifs. Il a considéré, en bref, que l'administration était tenue de prendre en compte la période d'emploi effectuée à l'étranger (assimilation des périodes d'assurance), ce qui avait pour conséquence que l'assuré avait droit à l'indemnité de chômage. Il appartenait dès lors à l'OJSU de statuer sur les questions soulevées par la CCNAC dans sa demande du 5 janvier 2010. BGE 139 V 88 S. 91 C. L'OJSU exerce un recours en matière de droit public dans lequel il conclut à l'annulation du jugement cantonal et à la confirmation de sa décision sur opposition. L. conclut au rejet du recours. Le Secrétariat d'Etat à l'économie (SECO) s'est également déterminé. Il s'est rallié aux arguments et aux conclusions de l'OJSU. Le recours a été admis. Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 L'assuré a droit à l'indemnité de chômage si, entre autres exigences, il remplit les conditions relatives à la période de cotisation ( art. 8 al. 1 let . e LACI [RS 837.0]). Selon l' art. 13 al. 1 LACI , celui qui, dans les limites du délai-cadre prévu à cet effet (soit deux ans; art. 9 al. 3 LACI ), a exercé durant douze mois au moins une activité soumise à cotisation remplit les conditions relatives à la période de cotisation. Cette disposition se rapporte à l'obligation de cotiser et implique donc, par principe, l'exercice d'une activité soumise à cotisation en Suisse ( ATF 128 V 182 consid. 3b p. 186). 3.2 En l'espèce, il est constant qu'au moment où il s'est à nouveau annoncé à l'assurance-chômage, le 9 juin 2009, l'intimé ne pouvait se prévaloir d'une activité soumise à cotisation en Suisse d'une année au moins dans les deux années précédentes. La question est de savoir si, comme l'ont admis les premiers juges, l'Accord du 21 juin 1999 entre la Confédération suisse, d'une part, et la Communauté européenne et ses Etats membres, d'autre part, sur la libre circulation des personnes (ALCP; RS 0.142.112.681), ainsi que les règlements auxquels il est fait référence, permettent de prendre en compte les périodes d'emploi accomplies à l'étranger. 4. 4.1 Selon l'art. 1 er al. 1 annexe II ALCP - intitulée "Coordination des systèmes de sécurité sociale", fondée sur l'art. 8 de l'Accord et faisant partie intégrante de celui-ci ( art. 15 ALCP ) -, en relation avec la section A de cette annexe, les Parties contractantes appliquaient entre elles, jusqu'au 31 mars 2012, le Règlement (CEE) n° 1408/71 du Conseil du 14 juin 1971 relatif à l'application des régimes de sécurité sociale aux travailleurs salariés, aux travailleurs non salariés et aux membres de leur famille qui se déplacent à l'intérieur de la Communauté (ci-après: règlement n° 1408/71; RO 2004 121). Une BGE 139 V 88 S. 92 décision n° 1/2012 du Comité mixte du 31 mars 2012 (RO 2012 2345) a actualisé le contenu de l'annexe II précitée avec effet au 1 er avril 2012, en prévoyant, en particulier, que les parties appliqueraient désormais entre elles le Règlement (CE) n° 883/2004 du Parlement européen et du Conseil du 29 avril 2004 portant sur la coordination des systèmes de sécurité sociale, modifié par le Règlement (CE) n° 988/2009 du Parlement européen et du Conseil du 16 septembre 2009 (RS 0.831.109.268.1). 4.2 Le Règlement n° 883/2004 - qui a donc remplacé le règlement n° 1408/71 - n'ouvre toutefois aucun droit pour la période antérieure à la date de son application (art. 87 par. 1). Conformément à la jurisprudence constante, l'examen du juge se limite à la période précédant le prononcé de la décision administrative (ici la décision sur opposition); les modifications ultérieures de l'état de fait ou de droit ne peuvent normalement pas être prises en considération. Il n'y a donc pas lieu d'examiner, à ce stade, la situation juridique qui prévaudrait à l'égard de l'intimé à partir du 1 er avril 2012 ( ATF 128 V 315 consid. 1 p. 316 ss). Comme l'ont admis avec raison les premiers juges, le litige doit donc être tranché au regard du règlement n° 1408/71, alors applicable (cf. aussi ATF 138 V 392 consid. 4.1.3 p. 396). 5. 5.1 Conformément à l'art. 67 par. 3 du règlement n° 1408/71, l'Etat compétent pour l'octroi des prestations de chômage est celui du dernier emploi, sauf exceptions (art. 71 par. 1 let. a point ii et let. b point ii du règlement) qui n'entrent pas en considération en l'espèce. La compétence du dernier pays d'emploi - en l'occurrence la Suisse - est donnée même si l'intéressé n'y a travaillé qu'un jour (BORIS RUBIN, Assurance-chômage, 2 e éd. 2006, p. 991 n. . 15.2.2.1; cf. aussi ATF 132 V 196 ). 5.2 L'art. 67 du règlement n° 1408/71 exige par ailleurs la totalisation des périodes d'assurance ou d'emploi. Le règlement opère en outre une distinction, pour la totalisation, entre les systèmes nationaux exigeant des périodes d'assurance et les régimes fondés sur des périodes d'emploi. Les par. 1 et 2 de cette disposition, qui expriment cette différence, sont ainsi libellés: "1. L'institution compétente d'un Etat membre dont la législation subordonne l'acquisition, le maintien ou le recouvrement du droit aux prestations à l'accomplissement de périodes d'assurance tient compte, dans la mesure nécessaire, des périodes d'assurance ou d'emploi accomplies en qualité de travailleur salarié sous la législation de tout Etat membre, BGE 139 V 88 S. 93 comme s'il s'agissait de périodes d'assurance accomplies sous la législation qu'elle applique, à condition toutefois que les périodes d'emploi eussent été considérées comme périodes d'assurance si elles avaient été accomplies sous cette législation. 2. L'institution compétente d'un Etat membre dont la législation subordonne l'acquisition, le maintien ou le recouvrement du droit aux prestations à l'accomplissement de périodes d'emploi tient compte, dans la mesure nécessaire, des périodes d'assurance ou d'emploi accomplies en qualité de travailleur salarié sous la législation de tout Etat membre, comme s'il s'agissait de périodes d'emploi accomplies sous la législation qu'elle applique." 5.3 Par ailleurs, l'art. 80 du Règlement (CEE) n° 574/72 du Conseil, du 21 mars 1972, fixant les modalités d'application du règlement (CEE) n° 1408/71 (RO 2005 3909) prévoit que pour bénéficier des dispositions de l'art. 67, par. 1 ou 2 du règlement n° 1408/71, l'intéressé est tenu de présenter à l'institution compétente une attestation mentionnant les périodes d'assurance ou d'emploi accomplies en qualité de travailleur salarié sous la législation à laquelle il a été soumis antérieurement en dernier lieu (imprimé E 301). 5.4 L'intimé a travaillé en dernier lieu à Z., avant de s'annoncer au chômage. La Suisse est donc l'Etat compétent pour le versement éventuel des prestations. S'agissant de la distinction entre les régimes nationaux, le régime suisse se réfère à des périodes d'assurance, attendu que le droit aux prestations dépend d'une activité soumise à cotisation. C'est donc la première éventualité envisagée ci-dessus (art. 67 par. 1 du règlement n° 1408/71) qui entre ici en considération (cf. THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in Soziale Sicherheit, SBVR vol. XIV, 2 e éd. 2007, p. 2484 s. n. 990 in fine). Il ne fait pas de doute, par ailleurs, que l'activité exercée à l'étranger aurait été soumise à cotisations en Suisse et, partant, considérée comme une période d'assurance (art. 67 par. 1 in fine). Il est enfin constant que l'assurance-chômage est facultative à l'étranger et que l'intimé n'y a pas été affilié comme en atteste l'imprimé E 301. 6. Pour l'essentiel, le recourant invoque la Circulaire du SECO relative aux conséquences des règlements (CE) n° 883/2004 et n° 987/2009 (ce dernier [RS 0.831.109.268.11] fixant les modalités d'application du règlement n° 883/2004) sur l'assurance-chômage (Circulaire IC 883 http://www.espace-emploi.ch/publikationen/kreisschreiben:fre ). Le chiffre A16 de cette circulaire (valant mutatis mutandis pour l'application de l'art. 67 du règlement n o 1408/71) est ainsi libellé: BGE 139 V 88 S. 94 "Les périodes relatives à une activité qui justifient le rattachement à un système de prestations en cas de chômage, mais qui, suite à la non-affiliation à l'AC volontaire, ne débouchent pas véritablement sur un tel rattachement, ne sont considérées ni comme des périodes d'assurance ni comme des périodes d'emploi." Selon le recourant, s'il devait en être autrement, l'assuré "gagnerait sur tous les fronts". Non seulement il ne cotiserait pas dans l'Etat dans lequel il travaille dans un premier temps, mais il profiterait, dans un deuxième temps, dans l'Etat de totalisation d'un principe de reconnaissance et de solidarité auquel précisément il n'a pas voulu adhérer. Dans ses déterminations, le SECO s'exprime dans le même sens, soulignant que la Suisse ne saurait reconnaître un avantage que l'assuré n'aurait pas eu à l'étranger. En d'autres termes, le déplacement des travailleurs dans l'espace couvert par l'ALCP ne saurait servir à la reconnaissance de droits qui n'existent pas dans l'Etat de provenance. 7. 7.1 Pour l'interprétation du règlement n° 1408/71, il y a lieu de se conformer aux règles d'interprétation habituelles déduites de la Convention de Vienne du 23 mai 1969 sur le droit des traités (CV; RS 0.111). En particulier, l' art. 31 par. 1 CV prescrit que les traités doivent s'interpréter de bonne foi suivant le sens ordinaire à attribuer aux termes du traité dans leur contexte et à la lumière de son objet et de son but ( ATF 138 V 258 consid. 5.3.2 p. 267 et les références citées; ATF 133 V 329 consid. 8.4 p. 339). 7.2 Selon la Cour de justice des Communautés européennes [CJCE](arrêt du 12 mai 1989 388/87 Warmerdam-Steggerda , Rec. 1989 p. 1203), il résulte du libellé de l'art. 67 par. 1 du règlement n° 1408/71 que, dans l'hypothèse où la législation de l'Etat membre sur le territoire duquel se trouve l'institution compétente fait dépendre le bénéfice du droit aux prestations de chômage de l'accomplissement de périodes d'assurance, des périodes d'assurance accomplies dans tout autre Etat membre doivent être prises en compte dans l'Etat membre où les prestations ont été demandées, comme si ces périodes d'assurance avaient été accomplies sous la législation de ce dernier Etat membre. Dans la même hypothèse, les simples périodes d'emploi, sans affiliation à un régime de chômage, accomplies sous la législation de tout autre Etat membre, doivent être prises en compte dans l'Etat membre où les prestations ont été demandées, comme si ces périodes d'emploi avaient été accomplies sous la législation BGE 139 V 88 S. 95 de ce dernier Etat membre, à condition que, d'après la loi de celui-ci, ces périodes d'emploi eussent été considérées comme périodes d'assurance (point 17). La Cour (point 22) en a déduit que la disposition précitée ne subordonne pas la totalisation, par l'institution compétente d'un Etat membre, de périodes d'emploi accomplies dans un autre Etat membre à la condition que ces périodes soient considérées comme périodes d'assurance pour la même branche de sécurité sociale par la législation sous laquelle elles ont été accomplies. Il suffit que la personne concernée ait été affiliée, par exemple, à l'assurance-accidents par cette législation (voir aussi KESSLER/LHERNOULD, Code annoté européen de la protection sociale, 3 e éd. 2005, p. 263; PATRICIA USINGER-EGGER, Die soziale Sicherheit der Arbeitslosen in der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 und in den bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten, 2000, p. 70). Dans cette affaire , il s'agissait d'une personne qui demandait des prestations de chômage aux Pays-Bas et qui avait travaillé en Ecosse comme salariée (stagiaire) sans avoir été assurée contre le chômage en raison de la modicité de ses revenus. 7.3 La situation envisagée par cette jurisprudence peut se présenter lorsque la personne a exercé une activité soumise à cotisation dans l'Etat compétent pour verser les prestations, mais n'a pas exercé d'activité soumise à l'assurance-chômage dans l'autre Etat membre parce que cet Etat ne connaît pas l'assurance-chômage (au sens technique du terme) ou que l'activité en cause y était considérée comme une activité indépendante ou encore que l'activité était trop peu importante pour être soumise à l'assurance, comme dans l'affaire Warmerdam-Stegerda (voir EBERHARD EICHENHOFER, in Europäisches Sozialrecht, Maximilian Fuchs [éd.], 5 e éd. 2010, n° 8 ad art. 61 du règlement n o 883/2004). 7.4 Cette jurisprudence est critiquée en doctrine. En effet, le but de la totalisation est d'éviter que les travailleurs ressortissants des Etats membres, qui ont exercé des activités couvertes par un régime de sécurité sociale dans plusieurs de ces Etats, ne subissent un traitement plus défavorable dans le domaine de la sécurité sociale que s'ils avaient exercé ces mêmes activités dans un seul Etat membre. Il s'agit, en d'autres termes, d'éviter que la libre circulation ne porte atteinte au maintien de droits et avantages acquis ou en cours d'acquisition sous la législation d'un Etat membre. Admettre la totalisation de périodes d'emploi qui ne sont pas propres à fonder des droits ou avantages en matière d'assurance-chômage dans chacun des Etats membres a BGE 139 V 88 S. 96 pour conséquence qu'un seul jour d'activité soumis à cotisation dans l'Etat compétent suffit à ouvrir un droit originaire à des prestations de l'assurance-chômage en faveur de personnes qui n'étaient pas assurées contre le risque de chômage (RAINER SCHLEGEL, Koordinierendes Arbeitsförderungsrecht für Wanderarbeitnehmer, in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, Spellbrink/Eicher [éd.], 2003, p. 1622 n. 129; NUSSBAUMER, op. cit., p. 2483 n. 988). 7.5 Si, on l'a vu, la CJCE a adopté une interprétation large de l'art. 67 par. 1 du règlement n° 1408/71, on peut penser que la jurisprudence européenne vise ici des situations où l'intéressé n'avait pas la possibilité de s'assurer contre le chômage dans l'Etat membre en question (tel le cas de l'assurée dans l'affaire Warmerdam-Steggerda) . Cette jurisprudence ne saurait en revanche s'appliquer de manière encore plus étendue à des situations où l'intéressé ne fait pas usage de la possibilité de s'affilier à une assurance-chômage facultative. Dans un tel cas, la personne concernée ne peut se prévaloir des règles de coordination du droit communautaire. En renonçant à bénéficier d'une couverture d'assurance-chômage, alors qu'elle aurait pu s'y soumettre par le paiement de cotisations, elle renonce du même coup au maintien de droits et d'avantages qui seraient acquis à ce titre sous la législation de cet Etat en vue de leur transfert éventuel dans un autre Etat membre. On doit ainsi admettre qu'une totalisation est exclue dans ce cas, contrairement à ce que retient la juridiction cantonale. 7.6 Les premiers juges ont certes aussi trouvé un appui à leur raisonnement dans les dispositions de l' art. 14 al. 3 LACI . Dans sa version en vigueur depuis le 1 er juin 2002, cette disposition prévoit que les Suisses de retour au pays après un séjour de plus d'un an dans un pays non-membre de la Communauté européenne ou de l'Association européenne de libre-échange (AELE) sont libérés des conditions relatives à la période de cotisation durant une année, à condition qu'ils justifient de l'exercice d'une activité salariée à l'étranger. Il en va de même pour les ressortissants des Etats membres de la Communauté européenne ou de l'AELE dont l'autorisation d'établissement n'est pas échue. L'exonération du paiement des cotisations pour les personnes de retour en Suisse en application de cette disposition est toujours possible lorsqu'une activité salariée a été exercée à l'étranger mais qu'elle n'a pas été prise en considération du point de vue du droit des cotisations; la raison pour laquelle les cotisations n'ont pas été payées est BGE 139 V 88 S. 97 sans importance: le versement de cotisations à l'étranger n'est, en effet, pas une condition à la libération de la période de cotisations au sens de l' art. 14 al. 3 LACI (arrêt du Tribunal fédéral C 52/06 du 26 juillet 2007 consid. 3.4; NUSSBAUMER, op. cit., p. 2254 n. 249). Selon les premiers juges, il serait insoutenable de considérer que si l'intimé avait exercé son activité dans un Etat non membre de l'Union européenne ou de l'AELE, il aurait pu invoquer l' art. 14 al. 3 LACI en revenant en Suisse, alors qu'après avoir exercé une activité salariée de 18 mois à l'étranger, il serait privé de tout droit à l'indemnité de chômage. Cette situation n'a toutefois rien de paradoxal ni d'anormal du moment qu'en vertu du droit communautaire l'intimé aurait eu droit, en s'affiliant au régime d'assurance-chômage facultatif danois, aux prestations de son dernier pays d'emploi. L' art. 14 al. 3 LACI s'applique à des cas où une totalisation des périodes accomplies à l'étranger n'est pas possible. 7.7 Dans ces conditions, c'est à tort que les premiers juges ont retenu que la période d'emploi à l'étranger devait être prise en compte pour la détermination des droits de l'assuré. Sous réserve de ce qui suit (consid. 8 non publié), il ne pouvait prétendre à des indemnités de l'assurance suisse.
null
nan
fr
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd37391a-5b59-417b-9296-7d9eb86007e9
Urteilskopf 117 IV 54 14. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 25 mars 1991 dans la cause L. c. Département de l'Economie publique du canton du Valais (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 2 Abs. 1 AV . Der Hinweis "unbeschränkt gültig", der sich - auch wenn er nur in kleiner Schrift angebracht ist - auf Gutscheinen befindet, die Bestandteil einer in einer Zeitung gedruckten öffentlichen Ankündigung bilden, verhindert, dass der durchschnittliche Leser glaubt, es handle sich um vorübergehende Vergünstigungen, die der Verkäufer sonst nicht gewährt.
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 117 IV 54 S. 54 A.- L. exploite l'entreprise X. TV SA, dont le but social est l'achat et la vente d'appareils de radio, de télévision et de tout ce qui concerne la haute fidélité. Il a fait paraître dans un journal valaisan du 19 décembre 1989 une annonce publicitaire sur environ 4/5 d'une page. En haut à gauche, sous la raison sociale, figure la photographie d'un homme tenant une flûte et une bouteille de champagne à côté des mots: "Au nom de toute l'équipe X. TV je vous souhaite un joyeux Noël..." Sur le reste de la surface utilisée sont présentés différents appareils (caméscopes, postes de télévision et de radio, jeux électroniques, etc.); l'accent est mis sur leur prix avantageux par les formules "Prix sensationnel", "Sensationnel, jamais vu!", "La super affaire". Plus de la moitié de l'annonce est constituée par 9 bons que le lecteur peut découper et qui lui permettent d'obtenir un rabais lors de l'achat d'objets déterminés, dont l'image est reproduite à côté du texte. Chacun de ces bons porte, en petits caractères (2 mm environ), la mention "Validité illimitée". BGE 117 IV 54 S. 55 B.- Le Département de l'Economie publique du canton du Valais (ci-après: le Département) a condamné L. à une amende de 2'000 francs pour avoir fait publier cette annonce, jugée contraire à l'Ordonnance fédérale sur les liquidations (OL; RS 241.1). Le Juge-instructeur I du district de Sion a rejeté l'appel du contrevenant. C.- L. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il soutient que l'annonce publicitaire litigieuse ne contrevient pas aux règles de l'OL et demande l'annulation du jugement ainsi qu'une indemnité en application de l' art. 278 al. 3 PPF . D.- Invité à présenter des observations, le Département a insisté sur quelques aspects de la décision attaquée mais n'a pas pris de conclusions. Le Juge-instructeur a renoncé à se déterminer. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) L' art. 21 al. 1 LCD (RS 241) prévoit qu'aucune liquidation ou opération analogue tendant à accorder temporairement des avantages particuliers aux acheteurs ne peut être annoncée publiquement ou exécutée sans une autorisation du service cantonal compétent. L'article 25 LCD punit des arrêts ou de l'amende jusqu'à 20'000 francs celui qui, intentionnellement, aura commis une infraction aux prescriptions sur les liquidations; si l'auteur a agi par négligence, la peine sera l'amende. L'article 21 al. 4 LCD charge le Conseil fédéral d'édicter par voie d'ordonnance les dispositions d'exécution nécessaires. Sur cette base, le Conseil fédéral a adopté l'OL (RS 241.1). Aux termes de l' art. 2 al. 1 OL , constitue une opération analogue à une liquidation (donc soumise à une autorisation) "une vente au détail à l'occasion de laquelle l'acheteur se voit offrir, par des annonces publiques, des avantages momentanés que le vendeur ne lui accorderait pas ordinairement" (voir ATF 116 IV 168 consid. 3). Il n'est pas contesté que le recourant a fait paraître une annonce publique et qu'il n'avait pas demandé d'autorisation pour cela. Ainsi, la seule question à résoudre est celle de savoir si le texte publicitaire offrait au lecteur des avantages momentanés que le vendeur n'accorderait pas ordinairement. b) On observera en premier lieu que l' art. 2 al. 1 OL ne vise en tant que tels ni le caractère tapageur d'une publicité ni le système BGE 117 IV 54 S. 56 des bons ou des cadeaux. Ce qui est déterminant, c'est de savoir si le vendeur offre "temporairement des avantages particuliers aux acheteurs" comme l'exprime l' art. 21 al. 1 LCD . Face à une annonce publiée dans un journal, il convient de rechercher non pas le sens que le commerçant voulait donner à son texte mais celui que le lecteur moyen lui a attribué ( ATF 116 IV 167 , ATF 112 IV 49 consid. 2 et la jurisprudence citée). Il suffit que le lecteur puisse croire que le vendeur offre des conditions spéciales, lesquelles ne vaudront plus quelque temps plus tard. Ce caractère temporaire de l'avantage offert peut être suggéré par l'indication qu'il s'agit de vêtements de la saison écoulée ou d'un stock limité d'objets; la proximité de la période des soldes autorisés peut également jouer un rôle dans ce sens. c) Dans l'annonce litigieuse, le recourant évoque la fête de Noël; rien ne permet cependant de penser, à la lecture de l'article, qu'il offre des prix spéciaux pendant la seule période de Noël; on observe en particulier qu'il n'utilise pas le procédé des prix biffés, lequel donne à croire qu'il ne s'agit pas des prix habituellement pratiqués. L'autorité cantonale a d'ailleurs admis avec raison que la référence à la fête de Noël était ici sans pertinence; le commerçant se borne à rappeler, de manière implicite, qu'il s'agit d'une période de cadeaux, afin d'inciter les lecteurs à faire des achats. L'emploi de formules telles que "Prix sensationnel" ou "Super affaire" ne permet en aucune façon de penser que ces conditions prétendument avantageuses ne sont pas celles offertes habituellement par le commerçant. En ce qui concerne les bons, il s'agit manifestement d'une offre particulière. En effet, on doit comprendre que seuls les porteurs de bons bénéficieront des rabais mentionnés; or, les bons ne sont pas disponibles en tout temps et à profusion. La question est cependant de savoir si ces conditions sont temporaires. Sur ce point, la réponse est simple: chaque bon porte la mention "validité illimitée". Le droit au rabais n'est donc pas limité dans le temps et l'acheteur n'a aucune raison de se précipiter au magasin pour bénéficier d'un prix qui ne lui serait plus offert après quelques jours. Ainsi, cette opération ne correspond donc pas à la définition des art. 21 al. 1 LCD et 2 al. 1 OL, de sorte qu'aucune autorisation n'était nécessaire. d) Comme l'observe justement l'autorité cantonale, il ne faut pas se livrer à une exégèse attentive du texte, mais rechercher de quelle manière l'annonce est perçue par le lecteur moyen. Il est vrai BGE 117 IV 54 S. 57 que le lecteur est souvent inattentif et il n'est pas rare que la publicité utilise différents caractères typographiques pour éveiller des idées fausses. La difficulté du cas d'espèce tient au fait que la mention "validité illimitée", qui est décisive du point de vue juridique, figure certes sur chaque coupon, mais en petits caractères. Il est vrai qu'un lecteur distrait ne la remarquera pas. On doit donc se demander si le lecteur, malgré la mention "validité illimitée", n'est pas incité à croire qu'il doit se précipiter au magasin pour bénéficier de rabais qui ne seront accordés que pendant la période de Noël. Pour trancher cette question, il faut analyser de manière concrète la réaction probable d'un lecteur moyen en fonction de l'opération publicitaire telle qu'elle a été conçue. Il comprend d'emblée qu'il n'obtiendra un rabais que s'il achète l'un des appareils proposés et remet le bon correspondant. Il faut donc que l'un des appareils offerts présente de l'intérêt pour lui et qu'il soit disposé à l'acheter. Dès lors, le lecteur intéressé lira le bon avec attention car il y trouvera la description de l'objet sur lequel un rabais est accordé. Ainsi, on ne peut pas imaginer que n'importe quel lecteur, après une lecture superficielle de l'annonce, se précipite sans autre au magasin, puisque rien alors ne lui permet d'espérer des conditions particulières. D'ailleurs, toute personne qui veut faire valoir un bon s'inquiète naturellement d'en connaître les conditions de validité. Le système mis en place amène immédiatement à faire une distinction entre les lecteurs qui ne sont pas intéressés par l'annonce et qui ne seront donc en aucune façon trompés et ceux qui s'y intéressent et devront nécessairement, pour bénéficier des bons, examiner l'annonce avec une certaine attention. Or, un minimum d'attention permet de constater que les bons ont une validité illimitée. On ne peut en conséquence pas dire que la nature véritable de l'opération a été masquée au public par une présentation trompeuse. Le recourant n'a donc pas suggéré de manière fallacieuse des avantages temporaires. Ainsi, le pourvoi doit être admis. En raison du caractère cassatoire de cette voie de droit, la cour de céans ne peut pas prononcer elle-même un acquittement, mais doit renvoyer à cet effet la cause à l'autorité cantonale ( art. 277ter PPF ; ATF 106 IV 197 consid. 1a).
null
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd3ab60a-e58d-4a08-a022-8d4c6d3f4fd2
Urteilskopf 141 IV 108 15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Unbekannt (Beschwerde in Strafsachen) 1B_344/2014 vom 14. Januar 2015
Regeste Art. 1 lit. d, Art. 18 Abs. 1 lit. b und Abs. 3, Art. 23, 25 Abs. 4, Art. 26, 29, 30, 31 und 32 des Internationalen Cybercrime-Übereinkommens (CCC); Art. 54, 265 und 273 StPO ; Art. 14 BÜPF ; Art. 1 Abs. 1 lit. b und Art. 67a IRSG . Grenzüberschreitende rückwirkende Datenerhebung (mit Teilnehmeridentifikation) bei einem ausländischen Internetservice-Provider (digitales "soziales Netzwerk"). Rechtliche Grundlagen des Landes- und Völkerrechtes (E. 4). Bei der Erhebung der sogenannten "IP-History" von Teilnehmern eines sozialen Netzwerkes im Internet handelt es sich um Kommunikations-Randdaten (E. 5.1 und 5.2). Grundsatz der Territorialität bei Fernmeldedienst-Überwachungen im Ausland (E. 5.3). Ziele des Cybercrime-Übereinkommens, Instrumentarium der internationalen Zusammenarbeit (E. 5.4-5.6). Ob und inwieweit (im Hinblick auf ein Rechtshilfeersuchen) Gesuche der inländischen Strafverfolgungsbehörde um vorsorgliche umgehende Sicherung (Art. 29 CCC) zu bewilligen sind und ob eine umgehende Weitergabe von Verkehrsdaten erfolgen kann, welche aufgrund des vorsorglichen Ersuchens gesichert wurden (Art. 30 CCC), hat die zuständige Behörde des ersuchten Staates zu entscheiden (E. 5.7). Die Voraussetzungen von Art. 32 CCC einer grenzüberschreitenden rückwirkenden Erhebung von Verkehrsdaten sind hier nicht erfüllt. Als Zustimmungsberechtigte kommen zwar auch ausländische Personen und Gesellschaften in Frage, insbesondere Internetservice-Provider, welche sich in ihren Allgemeinen Nutzungsbedingungen das Recht auf Datenweiterleitung an in- und ausländische Strafverfolgungsbehörden gegenüber ihren Kunden ausbedungen haben (E. 5.9 und 5.10). Die freiwillige Zustimmung eines Berechtigten liegt hier jedoch nicht vor (E. 5.11). Die streitige Randdatenerhebung in den USA ist daher auf dem Rechtshilfeweg zu beantragen (E. 5.12). Unterscheidung zwischen Verkehrsdaten (Art. 1 lit. d CCC, Art. 273 StPO ) und blossen Bestandesdaten (Art. 18 Abs. 3 CCC, Art. 14 BÜPF ) (E. 6.1 und 6.2). Rechtshilferechtliches Institut der unaufgeforderten Übermittlung von Beweismitteln und Informationen (E. 6.3). Aus Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC ergibt sich (über Art. 32 CCC hinaus) kein zusätzlicher Anspruch auf grenzüberschreitende Bestandesdatenerhebung (E. 6.4). Für Gesuche um Herausgabe von Bestandesdaten bei in den USA domizilierten Anbieterinnen ist das von den US-amerikanischen Behörden anzuwendende Amts- und Rechtshilferecht massgeblich (E. 6.5).
Sachverhalt ab Seite 111 BGE 141 IV 108 S. 111 A. Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung wegen Vergehen nach Art. 259 und Art. 261 bis StGB . Sie wirft der noch unbekannten Täterschaft vor, im Sommer 2014 rassistische Postings auf einer Website eines sozialen Netzwerks veröffentlicht zu haben. Gegenüber einer in den USA domizilierten Internetservice-Providerin und deren Mitarbeitern verfügte die Staatsanwaltschaft am 27. August 2014 (gestützt auf Art. 273 StPO und Art. 32 lit. b des Internationalen Cybercrime-Übereinkommens) rückwirkend für sechs Monate die Herausgabe der sogenannten "IP-History" (der fraglichen Website und der beteiligten Teilnehmer-Profile) sowie der Registrierungsdaten der betreffenden Kunden. Ein entsprechendes Überwachungsgesuch der Staatsanwaltschaft vom 27. August 2014 wies das Obergericht des Kantons Zürich, Zwangsmassnahmengericht, mit Verfügung vom 8. September 2014 ab, soweit es darauf eintrat. B. Gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichtes gelangte die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit Beschwerde vom 10. Oktober 2014 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Genehmigung des Überwachungsgesuches. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) regelt die Verfolgung und Beurteilung der Straftaten nach Bundesrecht durch die Strafbehörden des Bundes und der Kantone ( Art. 1 Abs. 1 StPO ). Die Verfahrensvorschriften anderer Bundesgesetze bleiben vorbehalten ( Art. 1 Abs. 2 StPO ). Die Gewährung der internationalen Rechtshilfe und das Rechtshilfeverfahren richten sich nur so weit nach der StPO, als andere Gesetze des Bundes und völkerrechtliche Verträge dafür keine Bestimmungen enthalten ( Art. 54 StPO ). 4.2 Das Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) regelt, soweit andere Gesetze oder internationale Vereinbarungen nichts anderes bestimmen, alle BGE 141 IV 108 S. 112 Verfahren der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in Strafsachen, insbesondere die Rechtshilfe zur Unterstützung eines Strafverfahrens im Ausland nach dem dritten Teil IRSG ( Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG ). Gemäss dem Staatsvertrag vom 25. Mai 1973 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen (RVUS; SR 0.351.933.6) verpflichten sich die Vertragsparteien, gestützt auf die Bestimmungen dieses Vertrags einander Rechtshilfe zu leisten in Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen strafbarer Handlungen, deren Ahndung unter die Gerichtsbarkeit des ersuchenden Staats oder eines seiner Gliedstaaten fällt ( Art. 1 Ziff. 1 lit. a RVUS ). Im ersuchten Staat dürfen bei Ausführung eines Ersuchens nach dem RVUS nur Zwangsmassnahmen angewendet werden, die sein Recht für Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen einer seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Handlung vorsieht ( Art. 4 Ziff. 1 RVUS ). Soweit der RVUS nichts anderes bestimmt, werden Ersuchen nach den üblichen Vorschriften ausgeführt, die für Ermittlungen oder Verfahren im ersuchten Staat hinsichtlich einer unter seine Gerichtsbarkeit fallenden Straftat anzuwenden sind ( Art. 9 Ziff. 1 RVUS ). (...) Wenn ein im RVUS vorgesehenes Verfahren die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Vertragsparteien nach einem anderen Abkommen oder nach dem Recht im ersuchten Staat erleichtern würde, so wird für die Leistung solcher Rechtshilfe das Verfahren nach dem RVUS angewendet. Rechtshilfe und Verfahren nach irgendeinem anderen internationalen Vertrag oder Übereinkommen oder nach dem innerstaatlichen Recht in den Vertragsstaaten bleiben vom RVUS unberührt und werden dadurch weder ausgeschlossen noch eingeschränkt ( Art. 38 Ziff. 1 RVUS ). Die Bestimmungen des RVUS gehen abweichenden Vorschriften des innerstaatlichen Rechts in den Vertragsstaaten vor ( Art. 38 Ziff. 2 RVUS ). Vertreter der Zentralstellen können, wenn es ratsam erscheint, ihre Meinungen über die Auslegung, Anwendung oder Durchführung des RVUS im Allgemeinen oder in Bezug auf besondere Fälle schriftlich austauschen oder sich für einen mündlichen Meinungsaustausch treffen ( Art. 39 Ziff. 1 RVUS ). 4.3 Am 1. Januar 2012 ist das Übereinkommen vom 23. November 2001 über die Cyberkriminalität (CCC; SR 0.311.43) für die Schweiz in Kraft getreten. Auch die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) haben das Übereinkommen ratifiziert; es ist für die USA seit 1. Januar 2007 in Kraft. BGE 141 IV 108 S. 113 4.3.1 In der Präambel zum CCC weisen die Mitgliedstaaten des Europarates und die übrigen Vertragsstaaten des Übereinkommens unter anderem darauf hin, dass zur wirksamen Bekämpfung der Computerkriminalität eine verstärkte, zügige und gut funktionierende internationale Zusammenarbeit in Strafsachen nötig sei. Zweck des Übereinkommens ist es (laut Art. 39 Abs. 1 CCC), die zwischen den Vertragsparteien bestehenden zwei- oder mehrseitigen Verträge oder Übereinkünfte in diesem Sinne zu ergänzen, insbesondere auch das Europäische Übereinkommen vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1). 4.3.2 In Kapitel II des Übereinkommens (Art. 2-22 CCC) werden die "innerstaatlich zu treffenden Massnahmen" geregelt. Zu den (gemäss Abschnitt 2: "Verfahrensrecht") innerstaatlich zu erlassenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen (Art. 14-21 CCC) gehören insbesondere Regeln für die Erhebung von in elektronischer Form vorhandenem Beweismaterial für Straftaten im Sinne von Art. 14 Abs. 2 lit. a-b CCC (Art. 14 Abs. 2 lit. c CCC). Jede Vertragspartei hat sodann die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen zu treffen, damit ihre zuständigen Behörden die umgehende Sicherung (Art. 16-17 und Art. 29 CCC) bestimmter Computerdaten einschliesslich Verkehrsdaten (Art. 1 lit. d CCC), die mittels eines Computersystems gespeichert wurden, anordnen oder in ähnlicher Weise bewirken können, insbesondere wenn Gründe zu der Annahme bestehen, dass bei diesen Computerdaten eine besondere Gefahr des Verlusts oder der Veränderung besteht (Art. 16 Abs. 1 CCC). Führt eine Vertragspartei ihre Verpflichtung nach Art. 16 Abs. 1 CCC so durch, dass eine Person im Wege einer Anordnung aufgefordert wird, bestimmte gespeicherte Computerdaten, die sich in ihrem Besitz oder unter ihrer Kontrolle befinden, sicherzustellen, so trifft diese Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um diese Person zu verpflichten, die Unversehrtheit dieser Computerdaten so lange wie notwendig, längstens aber 90 Tage, zu sichern und zu erhalten, um den zuständigen Behörden zu ermöglichen, deren Weitergabe zu erwirken. Eine Vertragspartei kann vorsehen, dass diese Anordnung anschliessend verlängert werden kann (Art. 16 Abs. 2 CCC). Jede Vertragspartei trifft in Bezug auf Verkehrsdaten (Art. 1 lit. d CCC), die nach Art. 16 CCC zu sichern sind, auch die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um sicherzustellen, (a) dass die umgehende Sicherung von Verkehrsdaten unabhängig davon möglich ist, ob ein oder BGE 141 IV 108 S. 114 mehrere Diensteanbieter an der Übermittlung dieser Kommunikation beteiligt waren, und (b) dass Verkehrsdaten in einem solchen Umfang umgehend an die zuständige Behörde der Vertragspartei oder an eine von dieser Behörde bezeichnete Person weitergegeben werden, dass die Vertragspartei die Diensteanbieter und den Weg feststellen kann, auf dem die Kommunikation übermittelt wurde (Art. 17 Abs. 1 CCC). 4.3.3 Ebenfalls unter Kapitel II, Abschnitt 2 des Übereinkommens (innerstaatlich zu erlassende verfahrensrechtliche Normen) bestimmt Art. 18 Abs. 1 CCC (unter dem Titel: " Anordnung der Herausgabe ") Folgendes: "Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um ihre zuständigen Behörden zu ermächtigen anzuordnen: a. dass eine Person in ihrem Hoheitsgebiet bestimmte Computerdaten, die sich in ihrem Besitz oder unter ihrer Kontrolle befinden und die in einem Computersystem oder auf einem Computerdatenträger gespeichert sind, vorzulegen hat; und b. dass ein Diensteanbieter, der seine Dienste im Hoheitsgebiet der Vertragspartei anbietet, Bestandsdaten in Zusammenhang mit diesen Diensten, die sich in seinem Besitz oder unter seiner Kontrolle befinden, vorzulegen hat." 4.3.4 Art. 18 Abs. 3 CCC definiert Bestandesdaten (im Sinne von Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC) wie folgt: "Im Sinne dieses Artikels bedeutet der Ausdruck 'Bestandsdaten' alle in Form von Computerdaten oder in anderer Form enthaltenen Informationen, die bei einem Diensteanbieter über Teilnehmer seiner Dienste vorliegen, mit Ausnahme von Verkehrsdaten oder inhaltsbezogenen Daten, und durch die Folgendes festgestellt werden kann: a. die Art des genutzten Kommunikationsdienstes, die dafür getroffenen technischen Massnahmen und die Dauer des Dienstes; b. die Identität des Teilnehmers, seine Post- oder Hausanschrift, Telefon- und sonstige Zugangsnummer sowie Angaben über Rechnungsstellung und Zahlung, die auf der Grundlage des Vertrags oder der Vereinbarung in Bezug auf den Dienst zur Verfügung stehen; c. andere Informationen über den Ort, an dem sich die Kommunikationsanlage befindet, die auf der Grundlage des Vertrags oder der Vereinbarung in Bezug auf den Dienst vorliegen." 4.3.5 In Kapitel III des Übereinkommens (Art. 23-35 CCC) wird die "Internationale Zusammenarbeit" geregelt. Gemäss Art. 23 CCC arbeiten die Vertragsparteien untereinander (im Einklang mit Kapitel III BGE 141 IV 108 S. 115 des Übereinkommens) "im grösstmöglichen Umfang zusammen, indem sie einschlägige völkerrechtliche Übereinkünfte über die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen sowie Übereinkünfte , die auf der Grundlage einheitlicher oder auf Gegenseitigkeit beruhender Rechtsvorschriften getroffen wurden, und innerstaatliche Rechtsvorschriften für Zwecke der Ermittlungen oder Verfahren in Bezug auf Straftaten in Zusammenhang mit Computersystemen und -daten oder für die Erhebung von Beweismaterial in elektronischer Form für eine Straftat anwenden" . 4.3.6 Art. 25 Abs. 4 (Satz 1) CCC legt Folgendes fest: Soweit in den Artikeln des Kapitels III des Übereinkommens "nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, unterliegt die Rechtshilfe den im Recht der ersuchten Vertragspartei oder in den anwendbaren Rechtshilfe verträgen vorgesehenen Bedingungen einschliesslich der Gründe, aus denen die ersuchte Vertragspartei die Zusammenarbeit ablehnen kann". 4.3.7 Art. 26 Abs. 1 CCC regelt die unaufgeforderte Übermittlung von Informationen wie folgt: "Eine Vertragspartei kann einer anderen Vertragspartei, soweit ihr innerstaatliches Recht es erlaubt und ohne vorheriges Ersuchen, Informationen übermitteln , die sie im Rahmen eigener Ermittlungen gewonnen hat, wenn sie der Auffassung ist, dass die Übermittlung dieser Informationen der anderen Vertragspartei bei der Einleitung oder Durchführung von Ermittlungen oder Verfahren wegen nach diesem Übereinkommen umschriebener Straftaten helfen oder dazu führen könnte, dass diese Vertragspartei ein Ersuchen um Zusammenarbeit nach diesem Kapitel [III]stellt." 4.3.8 Unter dem Titel 1: "Rechtshilfe bei vorläufigen Massnahmen" (Art. 29-30 CCC) bestimmt Art. 29 CCC ("Umgehende Sicherung gespeicherter Computerdaten") Folgendes: " 1 Eine Vertragspartei kann eine andere Vertragspartei um Anordnung oder anderweitige Bewirkung der umgehenden Sicherung von Daten ersuchen, die mittels eines Computersystems gespeichert sind, das sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei befindet, und derentwegen die ersuchende Vertragspartei beabsichtigt, ein Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung oder Weitergabe der Daten zu stellen . (...) 3 Nach Eingang des von einer anderen Vertragspartei gestellten Ersuchens trifft die ersuchte Vertragspartei alle geeigneten Massnahmen zur BGE 141 IV 108 S. 116 umgehenden Sicherung der bezeichneten Daten in Übereinstimmung mit ihrem innerstaatlichen Recht. Für die Zwecke der Erledigung eines Ersuchens wird die beiderseitige Strafbarkeit als Voraussetzung für die Vornahme dieser Sicherung nicht verlangt." 4.3.9 Art. 30 CCC ermöglicht eine umgehende Weitergabe gesicherter Verkehrsdaten (aufgrund eines Ersuchens nach Art. 29 CCC) wie folgt: " 1 Stellt die ersuchte Vertragspartei bei der Erledigung eines Ersuchens nach Artikel 29 um Sicherung von Verkehrsdaten bezüglich einer bestimmten Kommunikation fest, dass ein Diensteanbieter in einem anderen Staat an der Übermittlung dieser Kommunikation beteiligt war, so gibt die ersuchte Vertragspartei Verkehrsdaten in so ausreichender Menge an die ersuchende Vertragspartei umgehend weiter, dass dieser Diensteanbieter und der Weg, auf dem die Kommunikation übermittelt wurde, festgestellt werden können. 2 Von der Weitergabe von Verkehrsdaten nach Absatz 1 darf nur abgesehen werden, wenn: a. das Ersuchen eine Straftat betrifft, die von der ersuchten Vertragspartei als politische oder als mit einer solchen zusammenhängende Straftat angesehen wird; oder b. die ersuchte Vertragspartei der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, ihre Souveränität, Sicherheit, öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentlichen Interessen zu beeinträchtigen." 4.3.10 Titel 2 regelt die "Rechtshilfe in Bezug auf Ermittlungsbefugnisse" (Art. 31-34 CCC): Gemäss Art. 31 CCC ("Rechtshilfe beim Zugriff auf gespeicherte Computerdaten") kann eine Vertragspartei "eine andere Vertragspartei um Durchsuchung oder ähnlichen Zugriff, um Beschlagnahme oder ähnliche Sicherstellung und um Weitergabe von Daten ersuchen , die mittels eines Computersystems gespeichert sind, das sich im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei befindet, einschliesslich Daten, die nach Artikel 29 gesichert worden sind" (Abs. 1). "Die ersuchte Vertragspartei erledigt das Ersuchen, indem sie die in Artikel 23 bezeichneten völkerrechtlichen Übereinkünfte, sonstigen Übereinkünfte und Rechtsvorschriften anwendet und die anderen einschlägigen Bestimmungen dieses Kapitels [III] einhält" (Abs. 2). Es handelt sich hier um eine (im Verhältnis zum RVUS) spezialrechtliche Regelung der förmlichen Rechtshilfe zwischen der Schweiz und den USA im Bereich der Cyber-Kriminalität (vgl. Art. 38 Ziff. 1 Satz 2 RVUS ). BGE 141 IV 108 S. 117 4.3.11 Schliesslich sieht das Übereinkommen in Art. 32 CCC auch noch gewisse grenzüberschreitende Strafverfolgungsbefugnisse vor, bei denen (ausnahmsweise) der förmliche Rechtshilfeweg (über Art. 29-31 CCC) vermieden werden kann. Art. 32 CCC ("Grenzüberschreitender Zugriff auf gespeicherte Computerdaten") lautet wie folgt: "Eine Vertragspartei darf ohne die Genehmigung einer anderen Vertragspartei: a. auf öffentlich zugängliche gespeicherte Computerdaten (offene Quellen) zugreifen, gleichviel, wo sich die Daten geographisch befinden; oder b. auf gespeicherte Computerdaten, die sich im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei befinden, mittels eines Computersystems in ihrem Hoheitsgebiet zugreifen oder diese Daten empfangen, wenn sie die rechtmässige und freiwillige Zustimmung der Person einholt, die rechtmässig befugt ist, die Daten mittels dieses Computersystems an sie weiterzugeben." 4.3.12 Am 28. Januar 2003 wurde ein Zusatzprotokoll zum Internationalen Cybercrime-Übereinkommen abgeschlossen, welches rassistische und fremdenfeindliche Handlungen über Computersysteme zum Gegenstand hat (Additional Protocol to the Convention on Cybercrime, concerning the criminalisation of acts of a racist and xenophobic nature committed through computer systems, ETS Nr. 189). Dieses Zusatzprotokoll wurde von der Schweiz am 9. Oktober 2003 unterzeichnet. Es trat am 1. März 2006 (nach den ersten fünf Ratifikationen) für diverse Vertragsstaaten in Kraft. Die Schweiz hat das Zusatzprotokoll zum Cybercrime-Übereinkommen bisher noch nicht ratifiziert. Die USA haben es nicht unterzeichnet. 4.4 Neben der eigentlichen geheimen (inhaltlichen) Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Art. 270-272 i.V.m. Art. 269 StPO ) sieht Art. 273 StPO die Möglichkeit vor, dass die Staatsanwaltschaft (ebenfalls zunächst geheime) Auskünfte einholt betreffend Verkehrs- und Rechnungsdaten bzw. Teilnehmeridentifikation ( Art. 273 StPO ). Auskünfte über solche sogenannten Randdaten des Fernmeldeverkehrs (seitens der Fernmeldedienst-Anbieterinnen) können sich darauf erstrecken, wann und mit welchen Personen oder Anschlüssen eine überwachte Person über den Fernmeldeverkehr Verbindungen gehabt hat ( Art. 273 Abs. 1 lit. a StPO ). Zudem können Erhebungen über Verkehrs- und Rechnungsdaten erfolgen ( Art. 273 Abs. 1 lit. b StPO ). Voraussetzung für solche Massnahmen ist erstens der BGE 141 IV 108 S. 118 dringende Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens (oder einer Übertretung nach Art. 179 septies StGB ). Zweitens müssen hier die Voraussetzungen von Art. 269 Abs. 1 lit. b und c StPO erfüllt sein (Art. 273 Abs. 1 Ingress StPO). Wie die inhaltliche Kommunikationsüberwachung (Art. 272 Abs. 1 i.V.m. Art. 270 StPO ) bedürfen Massnahmen nach Art. 273 StPO der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht ( Art. 273 Abs. 2 StPO ). Entsprechende Auskünfte können unabhängig von der Dauer einer Überwachung und bis 6 Monate rückwirkend verlangt werden ( Art. 273 Abs. 3 StPO , Art. 15 Abs. 3 BÜPF ). 4.5 Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF; SR 780.1) regelt die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, die angeordnet und durchgeführt wird: (a) im Rahmen eines Strafverfahrens des Bundes oder eines Kantons, (b) zum Vollzug eines Rechtshilfeersuchens nach dem IRSG und (c) im Rahmen der Suche und Rettung vermisster Personen ( Art. 1 Abs. 1 BÜPF ). Im Rahmen dieses Geltungsbereiches ist das BÜPF auf alle staatlichen, konzessionierten oder meldepflichtigen Anbieterinnen von Post- und Fernmeldedienstleistungen sowie Internet-Anbieterinnen anwendbar ( Art. 1 Abs. 2 BÜPF ). 4.6 Wird (nach Art. 269-273 StPO ) eine Überwachung des Fernmeldedienstes angeordnet, prüft der Dienst des Bundes für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (nachfolgend: Dienst) unter anderem, ob die Überwachung eine gemäss dem anwendbaren Recht überwachungsfähige Straftat betrifft und von der zuständigen Behörde angeordnet worden ist (Art. 13 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 2 Abs. 1 BÜPF ). Er weist die Anbieterinnen von Fernmeldediensten an, die für die Überwachung notwendigen Massnahmen zu treffen ( Art. 13 Abs. 1 lit. b BÜPF ). Der Dienst nimmt von den Anbieterinnen den umgeleiteten Fernmeldeverkehr der überwachten Person entgegen, zeichnet diesen auf und liefert der anordnenden Behörde die Dokumente und Datenträger aus ( Art. 13 Abs. 1 lit. c BÜPF i.V.m. Art. 269 f. StPO). Er nimmt von den Anbieterinnen Teilnehmeridentifikationen sowie Verkehrs- und Rechnungsdaten entgegen und leitet diese an die anordnende Behörde weiter ( Art. 13 Abs. 1 lit. d BÜPF i.V.m. Art. 273 StPO ). 4.7 Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten liefern dem Dienst auch sogenannte Bestandesdaten über "bestimmte" BGE 141 IV 108 S. 119 Fernmeldeanschlüsse. Dazu gehören insbesondere Name und Adresse der Teilnehmerin oder des Teilnehmers ( Art. 14 Abs. 1 BÜPF ). Auf Gesuch hin erteilt der Dienst Auskünfte über solche Bestandesdaten an die eidgenössischen und kantonalen Behörden, welche eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs anordnen oder genehmigen dürfen, zur Bestimmung der zu überwachenden Anschlüsse und Personen ( Art. 14 Abs. 2 lit. a BÜPF ). Art. 14 Abs. 4 BÜPF bestimmt für die strafrechtliche Verfolgung von Internetdelikten Folgendes: "Wird eine Straftat über das Internet begangen, so ist die Internet-Anbieterin verpflichtet, der zuständigen Behörde alle Angaben zu machen, die eine Identifikation des Urhebers oder der Urheberin ermöglichen." 4.8 Die Anbieterinnen von Fernmeldediensten sind verpflichtet, dem Dienst auf Verlangen den Fernmeldeverkehr der überwachten Person sowie die Teilnehmeridentifikation und Verkehrs- und Rechnungsdaten zuzuleiten. Ebenso haben sie die zur Vornahme der Überwachung notwendigen Informationen zu erteilen ( Art. 15 Abs. 1 BÜPF i.V.m. Art. 269-273 StPO ). Weiter sind sie verpflichtet, die für die Teilnehmeridentifikation notwendigen Daten sowie die Verkehrs- und Rechnungsdaten während sechs Monaten aufzubewahren ( Art. 15 Abs. 3 BÜPF i.V.m. Art. 273 Abs. 3 StPO ). Sie liefern die verlangten Teilnehmeridentifikationen sowie Verkehrs- und Rechnungsdaten so rasch als möglich und den Fernmeldeverkehr der überwachten Person soweit möglich in Echtzeit. Von ihnen angebrachte Verschlüsselungen müssen sie entfernen ( Art. 15 Abs. 4 BÜPF ). Die Anbieterinnen gewährleisten auch die Mitteilung der in Art. 14 Abs. 1 BÜPF genannten Bestandesdaten ( Art. 15 Abs. 5 BÜPF ). Sie müssen während mindestens zwei Jahren nach Aufnahme der Kundenbeziehung die Auskünfte nach Art. 14 BÜPF auch über Personen erteilen können, welche die Kundenbeziehung für Mobiltelefone nicht über ein Abonnementsverhältnis aufgenommen haben ( Art. 15 Abs. 5 bis BÜPF ). 5. Zunächst ist zu prüfen, ob und inwieweit das Zwangsmassnahmengericht (gestützt auf Art. 32 CCC i.V.m. Art. 273 StPO ) die grenzüberschreitende rückwirkende Erhebung von Verkehrs- und Verbindungsdaten ("IP-History") beim ausländischen Provider durch die Staatsanwaltschaft hätte bewilligen müssen. 5.1 Bei Internetadressen ist die Angabe eines registrierten Inhabers des Fernmelde-Anschlusses bzw. eines Rechnungsadressaten (vgl. BGE 141 IV 108 S. 120 Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 lit. d BÜPF ) schon aus technischen Gründen nicht ohne weiteres möglich, da der Internetservice-Provider dem Internet-User in der Regel für jede Session eine neue IP-Adresse zuweist. Um den Teilnehmer zu identifizieren , muss der Provider somit zusätzlich alle zugewiesenen IP-Adressen abspeichern (vgl. dazu THOMAS HANSJAKOB, Wichtige Entwicklungen der Bundesgerichtspraxis zu Überwachungen des Post- und Fernmeldeverkehrs, forum poenale 2013 S. 173 ff., 176; SYLVAIN MÉTILLE, Mesures techniques de surveillance et respect des droits fondamentaux, en particulier dans le cadre de l'instruction pénale et du renseignement, 2011, S. 40 ff.; NICOLAI SEITZ, Strafverfolgungsmassnahmen im Internet, Köln 2004, S. 9 ff.; Botschaft vom 27. Februar 2013 zum Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs [nachfolgend: Botschaft BÜPF], BBl 2013 2683, 2702 Ziff. 1.4.16, 2732 f., 2736, 2742 f., 2746, 2769 f.). Bei Straftaten, die über das Internet begangen werden, sind die dem schweizerischen Recht unterworfenen Dienstanbieterinnen verpflichtet, der Polizei und der Staatsanwaltschaft alle (auch rückwirkenden) Angaben zu machen, die eine Identifikation des Urhebers ermöglichen (Art. 14 Abs. 4 i.V.m. Art. 1 Abs. 1-2 BÜPF sowie Art. 24b und Art. 27 VÜPF [SR 780.11]; vgl. BGE 139 IV 98 E. 4.8 S. 101 f., BGE 139 IV 195 E. 2.2 S. 197). Gewisse Abgrenzungsfragen stellen sich, wenn der (Internet-)Anschluss den Strafverfolgungsbehörden nicht bereits bekannt ist, also wenn kein "typischer" Fall einer Bestandesdaten-Abfrage (im Sinne von Art. 14 Abs. 1 BÜPF ) vorliegt (vgl. dazu unten, E. 6). Falls bei Untersuchungen wegen Internetdelikten bereits eine E-Mail-Adresse (bzw. ein Internetanschluss) bekannt ist, stellt die Ermittlung der betreffenden Registrierungsdaten grundsätzlich eine Bestandesdaten-Abfrage im Sinne von Art. 14 Abs. 4 BÜPF dar (vgl. HANSJAKOB, forum poenale 2013 S. 177; ders. , in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO] [nachfolgend: Kommentar], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 273 StPO ). Wenn den Strafverfolgungsbehörden hingegen lediglich strafbare Internet- Kommunikationsaktivitäten bekannt geworden sind (zum Beispiel Postings auf sozialen Netzwerken) und über die Verbindungs-Randdaten der betreffenden Internet-Kommunikation die zugewiesenen IP-Adressen und registrierten Kunden erst eruiert werden sollen (sogenannte "IP-History"), sind bei Überwachungen in der Schweiz die Vorschriften von Art. 273 StPO anwendbar (vgl. Botschaft BÜPF, BBl 2013 2683, 2743; BGE 126 I 50 E. 5-6 S. 60-67; BGE 141 IV 108 S. 121 s.a. unten, E. 6.2). Das Genehmigungsgesuch der Staatsanwaltschaft und die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft stützen sich denn auch ausdrücklich auf diese Bestimmung. 5.2 Zusätzliche (rechtliche und technische) Hindernisse ergeben sich, wenn inländische Strafverfolger - wie im vorliegenden Fall - auf Verbindungsdaten aus Internet-Kommunikation zugreifen wollen, die bei im Ausland domizilierten Providern gespeichert sind. Die (Ober-)Staatsanwaltschaft vertritt die Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen eines direkten Zugriffs auf die von einer in den USA domizilierten Internetservice-Providerfirma gespeicherten Verkehrs- und Verbindungsdaten ("IP-History") gemäss Art. 32 lit. b CCC erfüllt seien. Ein Rechtshilfeersuchen sei daher nicht erforderlich. 5.3 Vorbehältlich abweichender völkerrechtlicher Bestimmungen ist ein Staat aufgrund des Grundsatzes der Territorialität nicht berechtigt, eigene Strafverfolgungsmassnahmen auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates vorzunehmen. Dies gilt namentlich für strafprozessuale Beweismittelbeschlagnahmungen oder Fernmeldeüberwachungen im Ausland (vgl. Botschaft BÜPF, BBl 2013 2683, 2689, 2708, 2742 unten; CHARLET/BOQUET, De l'application de la LSCPT aux fournisseurs de services de VoIP, Jusletter 10. November 2014 Rz. 37; DONATSCH/HEIMGARTNER/SIMONEK, Internationale Rechtshilfe, 2011, S. 4, 34 f.; ALEXANDRE DYENS, Territorialité et ubiquité en droit pénal international suisse, 2014, S. 19 f.; SABINE GLESS, Internationales Strafrecht, 2011, Rz. 258; STEFAN HEIMGARTNER, Die internationale Dimension von Internetstraffällen - Strafhoheit und internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in: Internet-Recht und Strafrecht, Schwarzenegger/Arter/Jörg [Hrsg.], 2005, S. 117 ff., 120 ff., 135; LUKAS MORSCHER, Aktuelle Entwicklungen im Technologie- und Kommunikationsrecht, ZBJV 147/2011 S. 177 ff., 214 f.; DOMINIC RYSER, "Computer Forensics", eine neue Herausforderung für das Strafprozessrecht, in: Internet-Recht und Strafrecht, Schwarzenegger/Arter/Jörg [Hrsg.], 2005, S. 553 ff., 575 f.; SANDRA SCHWEINGRUBER, Cybercrime-Strafverfolgung im Konflikt mit dem Territorialitätsprinzip, Jusletter 10. November 2014 Rz. 4; SEITZ, a.a.O., S. 366 f.; LEA UNSELD, Internationale Rechtshilfe im Steuerrecht, 2011, S. 6 f.; ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 4. Aufl. 2014, Rz. 568; s.a. BGE 139 III 236 E. 4.2 S. 237 f.; BGE 120 Ib 97 E. 6b S. 111). Diesbezüglich ist BGE 141 IV 108 S. 122 grundsätzlich der ordentliche Weg der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen zu beschreiten, im Bezug auf die sogenannte "akzessorische" Rechtshilfe mit den USA namentlich gestützt auf Art. 29-31 CCC bzw. Art. 1 Ziff. 1 lit. a RVUS (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 und Art. 54 StPO i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG ). 5.4 Die Vertragsstaaten des Internationalen Cybercrime-Übereinkommens (darunter die meisten europäischen Staaten, die USA, Kanada, Australien und Japan) haben festgestellt, dass die modernen Kommunikations- und Datenverarbeitungstechnologien eine Herausforderung für die Bekämpfung der Computer- und Internetkriminalität darstellen. Elektronische Daten werden, unabhängig vom Herkunfts- oder Aufbewahrungsort, innert Sekunden an beliebige Empfänger auf der ganzen Welt versandt oder an eine Vielzahl von Personen und Einrichtungen verbreitet. In Computersystemen gespeicherte Informationen können für einen bestimmten oder unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht, gezielt gesucht und entsprechend heruntergeladen werden. Staatsgrenzen bilden für den Informationsfluss im Internetzeitalter keine Hindernisse mehr, und die neuen Technologien führen in steigendem Masse dazu, dass die Aktivitäts- und die Erfolgsorte von deliktischem Verhalten geographisch weit auseinanderliegen können. Da der Anwendungsbereich der staatlichen Gesetzgebungen demgegenüber vom Territorialitätsgrundsatz begrenzt wird (vgl. oben, E. 5.3), muss die Strafverfolgung im Bereich des Cybercrime über adäquate Instrumente des internationalen Strafrechts unterstützt werden (vgl. Präambel CCC; Council of Europe, Explanatory Report to the Convention on Cybercrime [Explanatory Report CCC], Ziff. 6, publ. auf: http://conventions.coe.int/treaty/en/reports/html/185.htm ; Botschaft vom 18. Juni 2010 über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über die Cyberkriminalität [nachfolgend: Botschaft CCC], BBl 2010 4697, 4700 Ziff. 1.1; s.a. ANNINA BALTISSER, Datenbeschädigung und Malware im Schweizer Strafrecht: Der Tatbestand des Art. 144 bis StGB im Vergleich mit den Vorgaben der Cybercrime Convention und der deutschen Regelung, 2013, S. 147-151; HEIMGARTNER, a.a.O., S. 142 ff.; ERIC HILGENDORF, Tendenzen und Probleme einer Harmonisierung des Internetstrafrechts auf Europäischer Ebene, in: Internet-Recht und Strafrecht, Schwarzenegger/Arter/Jörg [Hrsg.], 2005, S. 257 ff., 268 ff.; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, Die internationale Harmonisierung des Computer- und Internetstrafrechts durch die Convention on Cybercrime BGE 141 IV 108 S. 123 vom 23. November 2001, in: Strafrecht, Strafprozessrecht und Menschenrechte, Donatsch/Forster/Schwarzenegger [Hrsg.], Festschrift für Stefan Trechsel zum 65. Geburtstag, 2002, S. 305 ff.; SEITZ, a.a.O., S. 357 ff.). 5.5 Die international vereinheitlichten und spezifizierten Instrumente des Cybercrime-Übereinkommens (vgl. dazu oben, E. 4.3.1-4.3.11) versuchen insbesondere den Umständen Rechnung zu tragen, dass förmliche Rechtshilfeverfahren sich regelmässig aufwändig, kompliziert und langwierig gestalten und diverse Staaten keine oder nur eine relativ kurze "Vorratsdatenspeicherung" in Bezug auf die rückwirkende Erhebung von Randdaten des elektronischen Fernmeldeverkehrs kennen (vgl. Art. 273 Abs. 3 StPO ; s.a. Art. 16 Abs. 2 CCC), weshalb der Ablauf der gesetzlichen Überwachungsfrist droht, noch bevor über ein hängiges Rechtshilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. dazu HEIMGARTNER, a.a.O., S. 134 ff.; SCHWEINGRUBER, a.a.O., Rz. 5; SEITZ, a.a.O., S. 355-357). Das Übereinkommen sieht diesbezüglich spezifische Instrumente vor, darunter die vorsorgliche umgehende Sicherung gespeicherter Computerdaten im Hinblick auf ein späteres Rechtshilfeersuchen ("Expedited preservation of stored computer data", Art. 29 CCC; s. dazu HEIMGARTNER, a.a.O., S. 144 f.; SEITZ, a.a.O., S. 358), die umgehende Weitergabe von Verkehrsdaten , welche aufgrund eines vorsorglichen Ersuchens (nach Art. 29 CCC) gesichert wurden (Art. 30 CCC, "Expedited disclosure of preserved traffic data") sowie den direkten grenzüberschreitenden Zugriff in jenen Fällen, bei denen ein Berechtigter (etwa ein ausländischer Internetservice-Provider) der Datenerhebung zugestimmt hat (Art. 32 lit. b CCC, "Trans-border access to stored computer data with consent"). 5.6 Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft am 22. Juli 2014 (über die Einsatzzentrale des Fedpol) bei den zuständigen US-Behörden ein Gesuch um vorläufige umgehende Sicherung (Art. 29 CCC) der fraglichen Randdaten des Internetverkehrs gestellt ("Expedited preservation request", Art. 29 Abs. 2 CCC). Im Betreff des Gesuches wird auch noch eine umgehende Weitergabe von vorläufig gesicherten Verkehrsdaten (im Sinne von Art. 30 CCC) erwähnt. Art. 1 lit. d CCC definiert als "Verkehrsdaten" ("Traffic data") im Sinne des Übereinkommens "alle Computerdaten in Zusammenhang mit einer Kommunikation unter Nutzung eines Computersystems, die von einem Computersystem, das Teil der BGE 141 IV 108 S. 124 Kommunikationskette war, erzeugt wurden und aus denen der Ursprung, das Ziel, der Leitweg, die Uhrzeit, das Datum, der Umfang oder die Dauer der Kommunikation oder die Art des für die Kommunikation benutzten Dienstes hervorgeht". Die vom Übereinkommen verlangte (innerstaatliche) Zugriffsmöglichkeit auf solche Verkehrsdaten wird in der Schweiz (durch Art. 273 StPO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 lit. d und Art. 15 Abs. 1-4 BÜPF ) gewährleistet. In der Schweiz domizilierte und zugelassene Anbieterinnen müssen während sechs Monaten Randdaten des Fernmeldeverkehrs speichern und (in den Fällen von Art. 273 StPO ) auch rückwirkend Auskünfte geben. 5.7 Ob und inwieweit im Hinblick auf ein Rechtshilfeersuchen (Art. 31 CCC) das Gesuch der Staatsanwaltschaft um vorsorgliche "umgehende Sicherung" (Art. 29 CCC) zu bewilligen ist und ob eine "umgehende Weitergabe von Verkehrsdaten" erfolgen kann, welche aufgrund des vorsorglichen Ersuchens gesichert wurden (Art. 30 CCC), hat nach den Bestimmungen des Übereinkommens die zuständige (nach Art. 29 CCC ersuchte) US-Behörde zu entscheiden (vgl. oben, E. 4.3.8-4.3.9). Diese Frage bildet denn auch nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheides. Zu prüfen bleibt, ob hier die Voraussetzungen einer direkten grenzüberschreitenden Randdatenerhebung durch die Schweizer Strafverfolgungsbehörden erfüllt sind (Art. 32 CCC). Die Frage wird von der Staatsanwaltschaft und der Oberstaatsanwaltschaft bejaht, von der Vorinstanz hingegen verneint. 5.8 Art. 32 lit. a CCC ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das Ersuchen der Staatsanwaltschaft um Randdatenerhebung des Internet-Verkehrs bezieht sich nicht auf öffentlich zugängliche Daten (wie z.B. per Internet einsehbare offene Kommunikationsforen oder unbeschränkt zugängliche Webseiten und Dateien; vgl. dazu SEITZ, a.a.O., S. 361-366). 5.9 Gemäss Art. 32 lit. b CCC darf eine Vertragspartei des Übereinkommens ohne die Genehmigung einer anderen Vertragspartei auf gespeicherte Computerdaten, die sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei befinden, mittels eines Computersystems in ihrem Hoheitsgebiet zugreifen oder diese Daten empfangen, wenn sie die ("rechtmässige und freiwillige") Zustimmung der Person einholt, die ("rechtmässig") befugt ist, die Daten mittels dieses Computersystems an sie weiterzugeben. Der Explanatory Report nennt als Beispiel den Fall einer von einem Internetservice-Provider im Ausland BGE 141 IV 108 S. 125 gespeicherten E-Mail (vgl. Explanatory Report CCC, Ziff. 294; s.a. HEIMGARTNER, a.a.O., S. 146; eingehend SEITZ, a.a.O., S. 370-378.). In der Botschaft zum Cybercrime-Übereinkommen wird die Auffassung vertreten, Art. 32 lit. b CCC sei in dem Sinne "eng" auszulegen, dass jeweils die Zustimmung "einer Person im Inland " einzuholen sei, welche rechtmässig befugt ist, die Daten "an eine inländische Strafverfolgungsbehörde weiterzuleiten" (Botschaft CCC, BBl 2010 4697, 4738). Dieser Formulierung in der bundesrätlichen Botschaft kann nicht gefolgt werden. Sie findet weder im Wortlaut noch in den einschlägigen Materialien des Übereinkommens oder der Fachliteratur eine Stütze. Zudem widerspricht sie dem dargelegten Sinn und Zweck des multilateralen Vertrages (vgl. oben, E. 5.4-5.5). Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, setzt die Zustimmungsvoraussetzung von Art. 32 lit. b CCC dem Anwendungsbereich einer grenzüberschreitenden Erhebung von Daten bereits sehr enge Schranken (vgl. E. 5.10-5.11). Mit Art. 32 CCC haben sich die Vertragsstaaten auf einen minimalen (restriktiven) gemeinsamen Konsens für einen grenzüberschreitenden ("extraterritorialen") Zugriff geeinigt (vgl. Explanatory Report CCC, Ziff. 293; Vorentwurf und Erläuternder Bericht des EJPD vom März 2009 betreffend Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarates über die Cyberkriminalität [nachfolgend: Bericht EJPD CCC], S. 43 Ziff. 2.3.11,Fn. 212; SEITZ, a.a.O., S. 373 f.). Wenn zusätzlich (und entgegen dem Wortlaut von Art. 32 lit. b CCC) auch noch die Zustimmung einer (berechtigten) Person im Inland verlangt würde, würden die Hauptanliegen des CCC (Verbesserung der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Cyberkriminalität, Erleichterung der Rechtshilfe bzw. partielle Lockerung des Erfordernisses des förmlichen Rechtshilfeweges) unterlaufen. Ausländische E-Mail-Konten oder Accounts von sozialen Netzwerken würden dem in Art. 32 lit. b CCC vorgesehenen direkten Zugriff praktisch vollständig entzogen, indem (bei im Ausland gespeicherten Daten) nur in seltenen Fällen auch noch eine zustimmungsberechtigte inländische Person eruierbar sein dürfte, die dann auch noch ihre Zustimmung zur Datenerhebung erteilen müsste (vgl. auch SCHWEINGRUBER, a.a.O., Rz. 13 f.). 5.10 Nach dem Gesagten kommen auch ausländische Personen bzw. Gesellschaften als Zustimmungsberechtigte im Sinne von Art. 32 lit. b CCC in Frage. Die rechtmässige Befugnis der Person, über die Daten zu verfügen und sie an eine staatliche Stelle weiterzuleiten , BGE 141 IV 108 S. 126 beurteilt sich primär nach dem nationalen Recht des Staates, in welchem die betreffende Person handelt (Botschaft CCC, BBl 2010 4697, 4738). Zustimmungs- und weiterleitungsberechtigt sind namentlich ausländische Internetprovider bzw. Anbieter von sozialen Netzwerken, welche sich in ihren Allgemeinen Nutzungsbedingungen bzw. Datenverwendungsrichtlinien ein solches Weiterleitungsrecht an in- und ausländische Strafverfolgungsbehörden gegenüber ihren Kunden ausbedungen haben (vgl. Explanatory Report CCC, Ziff. 294; SCHWEINGRUBER, a.a.O., Rz. 16-18). Dass eine betroffene ausländische Providerfirma in diesem Sinne grundsätzlich berechtigt wäre, ihre Zustimmung zu einer direkten Datenherausgabe zu erklären, reicht indessen (nach dem klaren Wortlaut von Art. 32 lit. b CCC) für einen grenzübergreifenden Zugriff noch nicht aus: Vielmehr ist weiter zu prüfen, ob die anfragende Strafverfolgungsbehörde eine rechtswirksame "freiwillige Zustimmung" gegenüber der ausländischen Providerfirma eingeholt hat. Eine konkludente freiwillige Zustimmung kann insbesondere angenommen werden, wenn der angefragte Internet-Provider (oder auch der Inhaber des betroffenen Kontos selbst) die Daten ohne Weiteres herausgibt (vgl. SCHWEINGRUBER, a.a.O., Rz. 20; Botschaft CCC, BBl 2010 4697, 4738). 5.11 Im angefochtenen Entscheid wird hierzu Folgendes dargelegt: Die Staatsanwaltschaft habe ein Schreiben vom 1. Juli 2014 der betroffenen amerikanischen Internetservice-Providerfirma eingereicht. Dieses Schreiben beziehe sich zwar auf einen anderen untersuchten Fall, betreffe aber die analoge Frage der freiwilligen Zustimmung zur Datenherausgabe. Dem Schreiben sei zu entnehmen, dass das Unternehmen einen hoheitlichen Entscheid zur Frage erwarte, ob es gezwungen werden könne, die Daten direkt herauszugeben. Andernfalls bestehe es auf der Einhaltung des Rechtshilfeweges. Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass in der fraglichen Äusserung keine freiwillige Zustimmung zur direkten Datenherausgabe gesehen werden kann. Die Internet-Providerin besteht vielmehr auf dem förmlichen Rechtshilfeweg , sofern sich aus dem hier anwendbaren Recht, insbesondere aus Art. 32 lit. b CCC i.V.m. Art. 273 StPO , keine Verpflichtung zur direkten Datenherausgabe ergibt. Ohne freiwillige Zustimmung einer dazu berechtigten Person oder Gesellschaft besteht eine solche rechtliche Verpflichtung aber gerade nicht. Zwar beruft sich die Oberstaatsanwaltschaft in ihrer Beschwerde auf eine (weitere) E-Mail des Rechtsdienstes der Providerfirma vom 11. Juli BGE 141 IV 108 S. 127 2014. Auch diesem Schreiben lässt sich jedoch keine bedingungslose freiwillige Zustimmung zur Datenherausgabe entnehmen. Ebenso wenig liegt hier eine konkludente Zustimmung durch faktische Datenherausgabe vor. 5.12 Nach dem Gesagten sind die Voraussetzungen (von Art. 32 CCC) eines direkten grenzüberschreitenden Zugriffs auf Internetkommunikations-Randdaten (der vom Zwangsmassnahmengericht nach Art. 273 StPO zu bewilligen wäre) hier nicht erfüllt. Aus Art. 23, Art. 25 Abs. 4 und Art. 39 Abs. 3 CCC folgt, dass in allen Fällen, bei denen die (Ausnahme-)Voraussetzungen von Art. 32 CCC nicht gegeben sind, die fragliche Datenerhebung bzw. rückwirkende Überwachung im Ausland auf dem förmlichen Rechtshilfeweg (hier gestützt auf Art. 31 CCC bzw. das RVUS) zu beantragen ist. Die Vertragsstaaten des Übereinkommens haben sich (über die Bestimmungen von Art. 32 CCC hinaus) nicht auf weitergehende "extraterritoriale" Zugriffe von Strafverfolgungsbehörden einigen können (vgl. Explanatory Report CCC, Ziff. 293; Bericht EJPD CCC, S. 43 Ziff. 2.3.11, Fn. 212; SEITZ, a.a.O., S. 373 f.). Vielmehr kamen sie überein, allfällige weitere direkte Zugriffsmöglichkeiten erst in einem späteren Stadium und aufgrund der bis dann erlangten Erfahrungen in Erwägung zu ziehen (vgl. Explanatory Report CCC, Ziff. 293). Die am 22. Juli 2014 von der Staatsanwaltschaft beantragte vorläufige Sicherung der einschlägigen Verkehrsdaten (Art. 29 CCC) dient denn auch (primär) der Sicherstellung einer allfälligen Beweiserhebung auf dem förmlichen Rechtshilfeweg (Art. 31 CCC). 5.13 Auch das Schweizer Landesrecht enthält keine materielle Grundlage für die von der Staatsanwaltschaft beantragte direkte Randdatenerhebung (bzw. rückwirkende Fernmeldeüberwachung) im Ausland: Art. 273 StPO regelt entsprechende Zwangsmassnahmen im Inland, nämlich gegenüber (in der Schweiz domizilierten bzw. dem schweizerischen Recht unterworfenen) Fernmeldedienst-Anbieterinnen, welche (nach Art. 1 Abs. 1-2 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 lit. d und Art. 15 Abs. 1-4 BÜPF ) verpflichtet sind, entsprechende Randdaten des Fernmeldeverkehrs zu speichern und den zuständigen Behörden zur Verfügung zu halten. Für rechtshilfeweise Untersuchungshandlungen im Ausland sind hingegen die völkerrechtlichen Bestimmungen über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen massgeblich ( Art. 54 StPO i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG ; analog für das deutsche Landesrecht s.a. SEITZ, a.a.O., S. 371). BGE 141 IV 108 S. 128 6. Schliesslich bleibt noch zu prüfen, ob und inwieweit das Zwangsmassnahmengericht (gestützt auf Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC i.V.m. Art. 14 BÜPF ) die grenzüberschreitende Erhebung von blossen Bestandesdaten ("Registrierungsdaten" von Internetkunden) beim ausländischen Provider durch die Staatsanwaltschaft hätte bewilligen müssen. 6.1 Die (Ober-)Staatsanwaltschaft beruft sich diesbezüglich auf Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC. Diese Bestimmung verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, "gesetzgeberische und andere Massnahmen" zu treffen, damit ihre Behörden anordnen können, dass ein Diensteanbieter, der seine Dienste in ihrem Hoheitsgebiet anbietet, "Bestandsdaten in Zusammenhang mit diesen Diensten, die sich in seinem Besitz oder unter seiner Kontrolle befinden, vorzulegen hat". Dies ist im schweizerischen Recht (gestützt auf Art. 14 i.V.m. Art. 15 Abs. 5 und Abs. 5 bis BÜPF i.V.m. Art. 265 StPO ) gewährleistet (vgl. Botschaft CCC, BBl 2010 4697, 4721). Die Bestandesdaten (im Sinne von Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC) werden in Art. 18 Abs. 3 CCC näher definiert (vgl. oben, E. 4.3.4). 6.2 Die Erhebung von Verbindungs -Randdaten bzw. die Teilnehmeridentifikation im Sinne von Art. 273 Abs. 1 StPO (dazu oben, E. 5) ist zu unterscheiden von der blossen Bestandesdaten -Auskunft (nach Art. 14 BÜPF ) über registrierte Fernmeldeanschlüsse: Bei der Teilnehmeridentifikation (nach Art. 273 Abs. 1 lit. a StPO ) werden Teilnehmer an konkreten Fernmeldeverbindungen über einen gewissen Zeitraum hinweg identifiziert ("Verbindungen hat oder gehabt hat"). Das heisst, es werden Verkehrsdaten von Kommunikationen erhoben und gestützt darauf Anschlüsse und Teilnehmer identifiziert. Hier muss nach schweizerischem Recht der dringende Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens ( Art. 273 Abs. 1 StPO ) vorliegen. Ausserdem muss die Verbindungsdaten-Erhebung richterlich bewilligt werden ( Art. 273 Abs. 2 StPO ). Bei blossen Bestandesdaten -Auskünften (nach Art. 14 Abs. 1 BÜPF ) hingegen sind die Anschlüsse den Strafverfolgungsbehörden bereits bekannt ("bestimmte Fernmeldeanschlüsse"), und es wird den auskunftsberechtigten Behörden lediglich mitgeteilt, wer als Inhaber bzw. Rechnungsadressat dieses Anschlusses bei den Anbieterinnen registriert ist. Es werden hier also lediglich Bestandesdaten mitgeteilt, aber keine Verbindungsdaten zu Kommunikationen erhoben. Blosse Auskünfte über bekannte Anschlüsse (nach Art. 14 Abs. 1 BÜPF ) BGE 141 IV 108 S. 129 werden daher nicht nur zu Strafverfolgungszwecken an die Staatsanwaltschaft erteilt, sondern auch an die Polizei zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben ( Art. 14 Abs. 2 lit. a-b BÜPF ). Eine richterliche Bewilligung ist hier nicht erforderlich (vgl. HANSJAKOB, forum poenale 2013 S. 176 f.). Eine Bestandesdatenerhebung kann (nötigenfalls) über eine Editionsverfügung erfolgen ( Art. 265 StPO ). Bei Straftaten, die über das Internet begangen werden, sind die dem schweizerischen Recht unterworfenen Dienstanbieterinnen verpflichtet, der Polizei und der Staatsanwaltschaft alle (auch rückwirkenden) Angaben zu machen, die eine Identifikation des Urhebers ermöglichen (Art. 14 Abs. 4 i.V.m. Art. 1 Abs. 1-2 BÜPF sowie Art. 24b und Art. 27 VÜPF ; zur Abgrenzung gegenüber der Randdatenerhebung nach Art. 273 StPO s.a. oben, E. 5.1). Bei Erhebungen gemäss Art. 14 Abs. 4 BÜPF wird allerdings nur abgeklärt, wer einen bestimmten Internet-Anschluss benützt hat. Entsprechende Bestandesdaten müssen 10 Jahre rückwirkend ediert werden. Randdatenerhebungen nach Art. 273 StPO liegen demgegenüber vor, wenn eruiert werden soll, "wer wann mit wem" über das Internet "kommuniziert" hat (HANSJAKOB, Kommentar, a.a.O., N. 8 zu Art. 273 StPO ). Als Ausfluss des Territorialitätsgrundsatzes (vgl. oben, E. 5.3) sind in der Schweiz ansässige Tochter- oder Partnergesellschaften von ausländischen Providerfirmen, die in der Schweiz Daten speichern (sogenannte "Server Farms"), dem schweizerischen Recht (StPO/BÜPF) unterworfen (vgl. MORSCHER, a.a.O., S. 214 f.). 6.3 Zur "anderen Rechtshilfe" (im dritten Teil IRSG) gehört auch die sogenannte unaufgeforderte Übermittlung von Beweismitteln und Informationen ( Art. 67a IRSG ). Auch in diesem Bereich ist das IRSG anwendbar, soweit internationale Vereinbarungen nichts anderes bestimmen ( Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG ). Soweit Schweizer Strafverfolgungsbehörden (gestützt auf Art. 14 i.V.m. Art. 1 Abs. 1-2 BÜPF ) Bestandesdaten bei Providern in der Schweiz direkt erheben können, dürfen sie die Daten unter den Voraussetzungen des einschlägigen Rechtshilferechts (insbesondere von Art. 26 Abs. 1 CCC i.V.m. Art. 67a IRSG ) auch unaufgefordert (ohne förmliches Rechtshilfeersuchen) an eine interessierte ausländische Strafverfolgungsbehörde übermitteln. Im Falle einer zulässigen unaufgeforderten Übermittlung durch Schweizer Ermittlungsbehörden ist keine vorgängige Bewilligung durch eine Schweizer Rechtshilfebehörde oder das Zwangsmassnahmengericht nötig (vgl. BGE 140 IV 123 ; BGE 139 IV 137 E. 4.3-4.6 S. 141 ff.; BGE 130 II 236 E. 6.1-6.2 S. 244 f.; BGE 129 II 544 ; BGE 141 IV 108 S. 130 BGE 125 II 238 ). Umgekehrt (und auf den vorliegenden Fall bezogen) könnten die zuständigen US-Strafverfolgungsbehörden (unter den Voraussetzungen von Art. 26 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 CCC bzw. der einschlägigen Strafverfahrens- und Rechtshilfenormen des US-Rechts) ihnen in den USA zugängliche Bestandesdaten (oder andere von ihnen ermittelte Informationen) "unaufgefordert" an die Zürcher Staatsanwaltschaft oder an das Bundesamt für Justiz (Zentralstelle USA) übermitteln (vgl. auch Art. 39 Ziff. 1 RVUS ). 6.4 Die (Ober-)Staatsanwaltschaft stellt sich auf den Standpunkt, Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC sei (über das Dargelegte hinaus) auf alle - auch im Ausland domizilierten - Internet-Provider anwendbar, die in der Schweiz ihre Dienste "anbieten". Insofern dürfe die Staatsanwaltschaft auch ausländische Anbieterinnen direkt anweisen , ihr (im Ausland erhältliche) Bestandesdaten auszuliefern (so auch SCHWEINGRUBER, a.a.O., Rz. 25-28). Dieser Auslegung ist nicht zu folgen: Da das Cybercrime-Übereinkommen über die Fälle von Art. 32 CCC hinaus keinen grenzüberschreitenden direkten Zugriff im Ausland erlaubt (vgl. dazu oben, E. 5.12), kann sich Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC nur auf im Inland domizilierte und zugelassene Fernmeldedienst-Anbieterinnen beziehen, welche dort über registrierte Bestandesdaten ihrer Kunden verfügen. Dabei kann es sich auch um "Server Farms" von ausländischen Internetservice-Providern handeln, welche im Inland Daten speichern. Art. 18 Abs. 1 lit. b CCC regelt (anders als Art. 32 CCC) keinen Fall einer zulässigen grenzüberschreitenden Strafverfolgungsmassnahme. Nach dem Wortlaut der Bestimmung und ihrer systematischen Stellung (in Kapitel II, Abschnitt 2 des Übereinkommens) bezieht sie sich auf die innerstaatlich zu erlassenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen (vgl. dazu oben, E. 4.3.2-4.3.3 und 6.1). Auch der Wortlaut von Art. 25 Abs. 4 Satz 1 CCC (vgl. oben, E. 4.3.6) lässt keinen Zweifel daran, dass die rechtshilferechtlichen strafprozessualen Zugriffsmöglichkeiten (insbesondere die grenzüberschreitenden) im Kapitel III des Übereinkommens abschliessend geregelt sind (vgl. auch Bericht EJPD CCC, S. 43 Ziff. 2.3.11, Fn. 212). 6.5 Für die Herausgabe von Bestandesdaten bei in den USA domizilierten Anbieterinnen ist folglich (gemäss Art. 23, Art. 25 Abs. 4 und Art. 31 CCC sowie dem RVUS) das von den US-amerikanischen Behörden anzuwendende Amts- und Rechtshilferecht massgeblich. Ob und inwieweit eine unaufgeforderte Übermittlung solcher Daten (ohne förmliches Rechtshilfeersuchen im Sinne von Art. 31 CCC) BGE 141 IV 108 S. 131 nach Art. 26 CCC (bzw. US-Recht) möglich und geboten wäre, hat nicht das kantonale Zwangsmassnahmengericht (grenzübergreifend) zu entscheiden, sondern (auf entsprechende informelle Anfrage der Schweizer Behörden hin) die sachlich zuständigen Behörden der USA (vgl. auch Art. 54 StPO i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG ). Auch Art. 26 Abs. 1 CCC verweist für dessen Anwendbarkeit ausdrücklich auf das innerstaatliche Recht des übermittelnden Staates (vgl. oben, E. 4.3.7; s.a. Art. 38 Ziff. 1 Satz 2 RVUS ). Nachdem weder im Völkerrecht noch im schweizerischen Landesrecht eine entsprechende Rechtsgrundlage besteht, kann ein extraterritorialer Bestandesdaten-Zugriff auch nicht über ein schweizerisches Gerichtsurteil im Sinne einer "anderen Massnahme" (Art. 18 Abs. 1 Ingress CCC) erfolgen. Für eine "Genehmigung" eines Gesuches um Erhebung von Bestandesdaten war das Zwangsmassnahmengericht im Übrigen weder nach der StPO zuständig (Bestandesdaten im Inland, vgl. dazu oben, E. 6.1-6.2) noch nach dem hier anwendbaren Rechtshilferecht bzw. US-Recht (Bestandesdaten im Ausland). 7. Zusammenfassend ergibt sich, dass für die von der Staatsanwaltschaft beabsichtigten Datenerhebungen (bzw. rückwirkenden Überwachungen) in den USA der Weg der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen zu beschreiten ist. Das Zwangsmassnahmengericht hat das Gesuch um Genehmigung einer direkten grenzüberschreitenden Erhebung von Randdaten des Internetverkehrs (gestützt auf Art. 32 CCC i.V.m. Art. 273 StPO ) zu Recht abgewiesen. Für eine "Genehmigung" der rechtshilfeweisen Herausgabe von Bestandesdaten war es gar nicht zuständig. Die Beschwerde gegen den abschlägigen Entscheid der Vorinstanz ist folglich als unbegründet abzuweisen. (...)
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd3eb2c6-c3d2-4fb8-a330-e8b10fe2bf6e
Urteilskopf 101 IV 129 34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. April 1975 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Oberlandes-Bern und Geschworenengericht des I. Bezirks des Kantons Bern
Regeste Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB . Es ist ein Verstoss gegen Art. 4 BV gegeben, wenn das Gericht in Fragen, deren Beantwortung besondere Fachkenntnisse voraussetzt, von den Folgerungen einer Expertise gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB abweicht, ohne dass begründete Tatsachen deren Überzeugungskraft ernstlich erschüttern.
Erwägungen ab Seite 129 BGE 101 IV 129 S. 129 Aus den Erwägungen: 3. Nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB setzt eine Verwahrung voraus, dass der Täter infolge seines Geisteszustandes die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise gefährdet und diese Massnahme notwendig ist, um ihn vor weiterer Gefährdung anderer abzuhalten. Seinen Entscheid trifft der Richter dabei "auf Grund von Gutachten über den körperlichen und geistigen Zustand des Täters und über die Verwahrungs-, Behandlungs- oder Pflegebedürftigkeit" (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3). Ob der Täter wegen seines Geisteszustandes die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise gefährdet und ob er nur durch eine Verwahrung von der Gefährdung anderer abgehalten werden kann, ist zum Teil Tatfrage, welche der Richter mit Hilfe von Gutachten abzuklären hat. Rechtsfrage ist, ob der vom Experten und Sachrichter festgestellte Sachverhalt die Voraussetzungen des Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllt. X. macht geltend, die Vorinstanz habe diese Tatfrage in willkürlicher Weise bejaht. Beide über ihn im Jahre 1967 und 1973 eingeholten psychiatrischen Expertisen von Dr. Yürüker verneinten nämlich übereinstimmend sowohl, dass der Beschwerdeführer die öffentliche Sicherheit gefährde, als auch BGE 101 IV 129 S. 130 dass nur eine Verwahrung ihn von der weiteren Gefährdung anderer abzuhalten vermöchte. Auch das Beweisverfahren vor dem Geschworenengericht habe zu keinem anderen Ergebnis geführt. Insbesondere habe sich Dr. Menzi anlässlich seiner Einvernahme hinsichtlich der Frage der Verwahrungsbedürftigkeit mit keinem Wort von Dr. Yürükers Gutachten distanziert. a) Zieht der Richter mangels eigener Fachkenntnisse einen Experten bei, so ist er zwar grundsätzlich in der Würdigung des Gutachtens frei (vgl. Art. 249 BStP und BGE 96 IV 98 ). Weicht er jedoch von den Folgerungen des Gutachters ab, so hat er dies zu begründen. Dabei darf er nicht ohne triftige Gründe in Fachfragen seine eigene Meinung anstelle derjenigen des Experten setzen ( BGE 87 I 90 , BGE 55 II 225 E. 1 und BGE 81 II 263 ; ferner M. KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Auflage, S. 116 ff. Im Zivil- und Strafprozess gelten insoweit dieselben Grundsätze). Verlangt sogar das Gesetz den Beizug eines Gutachtens - wie dies in Art. 43 Ziff. 1 Abs. 3 StGB der Fall ist (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 14. April 1972 i.S. Cherix) -, so darf das Gericht nur dann von den Folgerungen des Experten abweichen, wenn wirklich gewichtige zuverlässig begründete Tatsachen oder Indizien deren Überzeugungskraft ernstlich erschüttern. Andernfalls würde er gegen Art. 4 BV verstossen. Der Richter wird namentlich dann von den Schlussfolgerungen eines Gutachters abweichen dürfen, wenn dieser schon in seinem Gutachten sich widersprüchlich äussert oder bei einer nachfolgenden Einvernahme in wichtigen Punkten von der im Gutachten vertretenen Auffassung abweicht. Dasselbe gilt, wenn ein vom Gericht eingeholtes Obergutachten zu anderen Schlussfolgerungen gelangt. Auch dort, wo ein Gutachten ausdrücklich auf bestimmte Akten oder Zeugenaussagen gestützt wird, deren Beweiswert oder Gehalt vom Richter anders bewertet werden, ist dieser in seinem Entscheid weitgehend frei. b) Aus den Erwägungen des angefochtenen Urteils geht hervor, dass die Vorinstanz aus dem auch von Dr. Yürüker keineswegs verkannten, sondern gegenteils deutlich hervorgehobenen Zusammentreffen eines Angst- und Aggressionsdrucks beim Beschwerdeführer auf eine höchst bedenkliche Situation schloss. Der stark rückfallsgefährdete Angeklagte bilde in der BGE 101 IV 129 S. 131 Tat eine schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Bei diesen Überlegungen stützt sich die Vorinstanz entscheidend auf angebliche Äusserungen von Dr. Menzi. Hiezu ist festzustellen, dass die protokollierten Aussagen Dr. Menzis keineswegs so eindeutig lauten, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint. Der Psychiater erklärte, er könne nicht beurteilen, ob X. den Kopf verloren habe, als er den Polizisten mit der Waffe bedrohte: "Ich kenne ihn zu wenig" und "ich habe keinen Akteneinblick gehabt". Zur Frage, warum X. 1967 in mittlerem Grade und 1973 bei gleicher Veranlagung bloss in leichtem Masse als vermindert zurechnungsfähig betrachtet worden sei, erklärte Dr. Menzi: "Ich kann nur Vermutungen äussern" und "Weiteres kann ich dazu nicht sagen". Zur Frage aber, ob X. am 6. April 1973 aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur hätte wirklich schiessen können, antwortete Dr. Menzi: "Denkbar ist schon, dass X. geschossen hätte" und "Bei seinem unheimlichen Aggressionsdruck und Angst könnte die Aggression einmal überhand nehmen". Das ist wohl das Kernstück der Aussagen des Psychiaters, auf welches sich die Vorinstanz bei der Anordnung der Massnahme stützte. Sie verschweigt jedoch, dass Dr. Menzi dem erwähnten Satz sofort eine wesentliche Einschränkung angefügt hat, nämlich: "Ich muss selbstverständlich einen Vorbehalt machen, da ich nicht sagen kann, ob X. in konkreto geschossen hätte". Daraus wird ersichtlich, dass der befragte Psychiater um grosse Zurückhaltung in der Beurteilung des Beschwerdeführers bemüht war. Angesichts dessen war es sachlich nicht vertretbar, die Ablehnung des vom Gutachter Dr. Yürüker vertretenen Standpunktes auf jene Aussagen zu stützen, zumal Dr. Menzi vor Gericht die Schlussfolgerungen des von seinem Kollegen verfassten Gutachtens jedenfalls nicht ausdrücklich zurückgewiesen hat. c) Unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV ist letztlich die Tatsache entscheidend, dass das Geschworenengericht seine grundlegende Annahme, der Beschwerdeführer sei verwahrungsbedürftig, auf die Einvernahme eines Arztes gestützt hat, welcher nach seinen eigenen Aussagen X. ungenügend kannte und auch keinerlei Akteneinsicht hatte. Wenn die Vorinstanz das schriftliche Gutachten Dr. Yürükers näher erläutern lassen wollte, hätte sie Dr. Yürüker zu diesem Zwecke vorladen sollen. Im Gegensatz zu Dr. Menzi kannte er den Beschwerdeführer BGE 101 IV 129 S. 132 - schon von einem früheren Strafverfahren her - wie auch die ganzen Akten über den vorliegenden Straffall sehr genau. Die persönliche Befragung von Dr. Yürüker war im Hinblick auf die in Frage stehende sehr einschneidende Massnahme von so erheblicher Bedeutung, dass sie keinesfalls durch den Beizug eines noch so qualifizierten und verantwortungsbewussten anderen Arztes, welcher weder den Angeklagten noch die Strafakten kannte und auch nicht selber an der Verfassung des zu erläuternden schriftlichen Gutachtens beteiligt war, ersetzt werden durfte. Erschien der Vorinstanz das Gutachten in seinem fachlichen Teil nicht schlüssig, so hätte sie eine Oberexpertise anordnen sollen. Indem sie ohne Obergutachten und ohne erläuternde Einvernahme Dr. Yürükers von dessen Fachurteil abwich, hat sie Art. 4 BV verletzt.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd3f8110-9fa3-49b3-8988-826e34c678ee
Urteilskopf 107 II 151 20. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. März 1981 i.S. Metro Bank AG, in Nachlassliquidation, gegen X. (Berufung)
Regeste Organhaftung, Verjährung ( Art. 60 Abs. 2 OR ). Wird vom Organ einer juristischen Person eine strafbare Handlung begangen, so gilt die längere Verjährungsfrist des Strafrechts nicht nur für den Zivilanspruch gegen den Täter selbst, sondern auch für den Anspruch gegen die juristische Person aus Organhaftung, sofern zwischen dem fehlbaren Organ und der juristischen Person wirtschaftliche Identität besteht (E. 4). Bindung des Zivilrichters an das Strafurteil ( Art. 53 Abs. 2 OR ). Der Zivilrichter ist bei der Beurteilung der Frage der Haftbarkeit von Bundesrechts wegen verpflichtet, über die Schuldfrage und die Schadensfeststellung ohne Rücksicht auf ein vorausgegangenes Strafurteil frei zu entscheiden. Im übrigen steht es dem kantonalen Recht frei, die Verbindlichkeit des Strafurteils für den Zivilrichter vorzusehen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 152 BGE 107 II 151 S. 152 A.- X. macht gegen die in Nachlassliquidation befindliche Metro Bank AG gestützt auf Art. 718 Abs. 3 OR bzw. Art. 55 Abs. 2 ZGB einen Schadenersatzanspruch aus ausservertraglicher Schädigung geltend, den er aus einer von Hugo S. begangenen unerlaubten Handlung ableitet. Dieser war im Jahre 1965 Delegierter des Verwaltungsrates und Direktor der Metro Bank AG, deren Aktien zu 95% in seinem Besitze standen. Im gleichen Umfang war Hugo S. auch am Aktienkapital der Profinanz AG beteiligt. Fernanda S., die Ehefrau von Hugo S., betrieb in San Remo ein Blumengeschäft und wickelte nebenbei Finanzgeschäfte ab. Partner dieser Geschäfte war unter anderen X., dem Fernanda S. per Oktober 1965 Fr. 300'000.- schuldete. Als Sicherheit liess sie ihm drei Checks (Nr. A 486108, Nr. A 486109 und Nr. A 486110) im Nominalwert von je Fr. 100'000.- übergeben. Diese drei Checks waren von der Profinanz AG (mit der Unterschrift von Hugo S.) auf die Schweizerische Bankgesellschaft gezogen und wurden auf der Banca Weiss (Weisscredit) in Chiasso deponiert. Am 30. November 1965 gab X. die drei Checks an Fernanda S. zurück, gegen Übergabe eines auf drei Monate kündbaren Einlageheftes (Nr. 4404) der Metro Bank AG, welches auf den Inhaber lautete und eine Einlage von Fr. 300'000.- auswies. Die Bank Weisscredit hatte sich auf Ersuchen des X. bei der Metro Bank AG erkundigt, ob dieses Einlageheft in jeder Beziehung in Ordnung sei. Dies wurde durch zwei Angestellte der Metro Bank AG, L. und Z., auf Geheiss von Hugo S. schriftlich bestätigt, nachdem L. dieselbe Auskunft am 30. November 1965 bereits mündlich am Telephon gegeben hatte. Die Kündigung des Anlageheftes, welche am 6. Dezember 1965 durch die Bank Weisscredit auf den 6. März 1966 erfolgte, wurde durch die nämlichen (nichtzeichnungsberechtigten) Angestellten bestätigt, nachdem sich diese vorgängig auch darüber bei Hugo S. BGE 107 II 151 S. 153 abgesichert hatten. Mit Schreiben vom 28. Februar 1966 erklärte die Metro Bank AG, dass sie an den Inhaber des Einlageheftes Nr. 4404 nicht bezahlen werde, weil das Guthaben in vollem Umfange durch Verrechnung getilgt worden sei und sich das Anlageheft missbräuchlich im Verkehr befinde. In der Folge führten Hugo S., X. und dessen Rechtsvertreter Verhandlungen, um zu einer gütlichen Einigung zu gelangen. Diese schlugen indessen fehl. Daraufhin zedierte X. das Anlageheft an die Giropa S.A., mit der Verpflichtung, dieses zurückzunehmen, sofern keine Zahlung erfolge. Die Klage der Giropa S.A. gegen die Metro Bank AG wurde vom Handelsgericht des Kantons Zürich am 4. März 1970 abgewiesen. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft und die Giropa S.A. zedierte die Forderung vereinbarungsgemäss an X. zurück. Dieser ging - mit Erfolg - strafrechtlich gegen Fernanda und Hugo S. vor, denn mit Urteil vom 18. Mai 1973 bestrafte die Corte delle Assise Criminali di Mendrisio die beiden wegen Betruges zum Nachteil des X. mit je 15 Monaten Gefängnis und verpflichtete sie solidarisch zur Bezahlung von Fr. 300'000.-, zuzüglich Zins zu 5% seit 30. November 1965, als Schadenersatz. Das Urteil wurde von der Corte die Cassazione e Revisione Penale del Ticino am 28. Januar 1974 und vom Schweizerischen Bundesgericht am 17. Mai 1974 bestätigt. Die Verurteilung zu Fr. 300'000.- Schadenersatz (zuzüglich 5% Zins) wurde von der Camera Civile del Tribunale di Appello am 21. Mai 1975 rechtskräftig bestätigt. Da X. seine Forderung von Fr. 300'000.-, zuzüglich Zins, bei Hugo s. nicht eintreiben konnte, gab er sie am 16. Juli 1975 im Nachlassverfahren gegen die Metro Bank AG ein, wurde aber mit Verfügung der Liquidatorin vom 24. Januar 1976 abgewiesen. B.- Mit Klageschrift vom 9. Februar 1976 erhob X. beim Einzelrichter im beschleunigten Verfahren des Bezirksgerichtes Zürich gegen die Metro Bank AG, in Nachlassliquidation, eine Kollokationsklage mit folgendem Rechtsbegehren: "Es sei die vom Kläger im Nachlassverfahren gegenüber der Metro Bank AG angemeldete Forderung im Betrage von Fr. 450'000.- als begründet im Kollokationsplan zuzulassen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten." Mit Urteil vom 29. Dezember 1978 verwarf der Einzelrichter die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede und hiess BGE 107 II 151 S. 154 die Klage vollumfänglich gut. In einem Vorentscheid vom 11. Juli 1977 hatte er bereits die von der Beklagten erhobene Einrede der abgeurteilten Sache verworfen. Dieser Entscheid war auf Rekurs der Beklagten hin vom Obergericht des Kantons Zürich bestätigt worden, und das Kassationsgericht des Kantons Zürich war auf eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen den obergerichtlichen Entscheid nicht eingetreten. Mit Entscheid vom 9. Mai 1980 wies das Obergericht des Kantons Zürich die von der Beklagten gegen das einzelrichterliche Urteil eingereichte Berufung ab und liess die vom Kläger im Nachlassverfahren der Beklagten angemeldete Forderung von Fr. 450'000.- zu. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich trat auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Beklagten gegen den obergerichtlichen Entscheid mit der Begründung nicht ein, dass es sich bei den erhobenen Rügen um Fragen des Bundesrechts handle, die vom Bundesgericht als Berufungsinstanz geprüft werden könnten. C.- Die Beklagte hat gegen das obergerichtliche Urteil ausser der Nichtigkeitsbeschwerde Berufung an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, die Klage sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils vollumfänglich abzuweisen; eventuell sei die Streitsache zur weiteren Abklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen; die Vorinstanz sei überdies anzuweisen, für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren einen neuen Kostenentscheid zu erlassen. Der Kläger beantragt die Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die Sache im Sinne der Erwägungen zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Vorinstanz hat die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede verworfen, indem sie auf die eingeklagte Forderung nicht die einjährige Verjährungsfrist des Art. 60 Abs. 1 OR , sondern die längere Verjährung des Strafrechts zur Anwendung brachte, davon ausgehend, die Klage werde im Sinne von Art. 60 Abs. 2 OR aus einer strafbaren Handlung hergeleitet. Es ist unbestritten und trifft zu, dass die längere Verjährungsfrist des Strafrechts im vorliegenden Fall zehn Jahre beträgt und dass diese Frist, wenn sie rechtlich massgebend BGE 107 II 151 S. 155 ist, rechtzeitig unterbrochen worden ist. Die Beklagte bestreitet jedoch, dass die längere Verjährungsfrist des Art. 60 Abs. 2 OR auf den ihr gegenüber erhobenen Anspruch anwendbar sei. a) Nach feststehender Rechtsprechung und herrschender Lehre gilt die längere Verjährungsfrist des Strafrechts nicht nur für die (absolute) Verjährung von zehn Jahren, die mit dem Tage der schädigenden Handlung beginnt, sondern auch für jene von einem Jahr, die mit der Kenntnis des Geschädigten vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen zu laufen beginnt ( BGE 106 II 215 E. 2 mit Hinweisen). b) Das Bundesgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung in Übereinstimmung mit dem grössten Teil der Lehre angenommen, dass Art. 60 Abs. 2 OR grundsätzlich nur Anwendung finde auf die Verjährung der Forderung gegen den Täter selbst, nicht aber auch auf jene des Ersatzanspruches gegenüber Dritten, die zivilrechtlich für den Schaden einstehen müssten ( BGE 55 II 28 mit Hinweisen; VON TUHR/PETER, a.a.O. S. 439; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 15 zu Art. 60 OR ; BECKER, N. 4 zu Art. 60 OR ). Dieser Auffassung ist in neuester Zeit Widerspruch erwachsen. Mit beachtlichen Gründen wird die Meinung vertreten, die längere strafrechtliche Verjährung müsse auch jenen Ersatzpflichtigen gegenüber Platz greifen, die einzig aufgrund ihrer Beziehung zum Täter für die Folgen von dessen Verhalten einzustehen hätten, wie dies vor allem bei der Haftung der juristischen Person für ihre Organe der Fall sei (SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. I, S. 209; THOMAS BÄR, Gedanken zur praktischen Anwendung der strafrechtlichen Verjährungsfristen im Zivilprozess, SJZ 61/1965, S. 75 f.). Dies stünde in der Tat mit dem Organbegriff des schweizerischen Rechts in Einklang, nach welchem die Organe Teil der juristischen Person selbst sind und ihr Handeln deshalb nicht als Handeln für eine andere Person aufzufassen ist. Mit dem Wortlaut des Gesetzes wäre eine etwas extensivere Auslegung von Art. 60 Abs. 2 OR ebenfalls durchaus vereinbar, da dort von der Klage die Rede ist, die aus einer strafbaren Handlung hergeleitet wird. Die neuere bundesgerichtliche Rechtsprechung hat zur Anwendung von Art. 60 Abs. 2 OR auf ersatzpflichtige Dritte indessen noch nicht Stellung genommen. So wurde die Frage, ob die längere strafrechtliche Verjährung auch gegenüber BGE 107 II 151 S. 156 den Erben eines Täters oder gegenüber einer (direkt belangbaren) Haftpflichtversicherung gelte, ausdrücklich offen gelassen ( BGE 93 II 502 , 90 II 435 E. 4). c) Wie es sich mit diesem Problem verhält, braucht im vorliegenden Fall indessen nicht entschieden zu werden. Bereits die bisherige Rechtsprechung hat nämlich einen Vorbehalt wenigstens für den Fall angebracht, dass zwischen dem fehlbaren Organ und der Gesellschaft selber wirtschaftliche Identität besteht; unter dieser Voraussetzung soll gegenüber der Gesellschaft die gleiche Verjährungsfrist Anwendung finden wie gegenüber dem Organ als solchem ( BGE 55 II 28 ). Diese Lösung ist in der Lehre auf Zustimmung gestossen (vgl. die bei SPIRO, a.a.O., S. 209 Anm. 19 zitierten Autoren). Es rechtfertigt sich, daran festzuhalten und jedenfalls überall dort in gleichem Sinne zu entscheiden, wo eine entsprechend enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen einem Organ und der Gesellschaft besteht. Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass Hugo S. im massgebenden Zeitraum Mehrheitsaktionär, geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied und Direktor der Beklagten war und dass er faktisch die Verfügungsmacht über diese besass. Sie hat deshalb die in BGE 55 II 28 getroffene Lösung mit Recht auch im vorliegenden Fall als anwendbar betrachtet. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung kann es nicht darauf ankommen, dass sich die Klage hier im Unterschied zu dem in BGE 55 II 23 ff. beurteilten Fall gegen eine Bank richtet und dass diese durch das Verhalten ihres Organs offenbar nicht direkt bereichert wurde. Die Rechtfertigung für die Anwendung der längeren Verjährungsfrist des Strafrechts gegenüber der beklagten Gesellschaft ist darin zu erblicken, das diese von S. dank dessen Verfügungsmacht als blosses Instrument gebraucht werden konnte, weshalb es nicht richtig wäre, wenn sie sich dem Zugriff des Klägers gegenüber auf ihre juristische Selbständigkeit berufen könnte. Dass sich die Beklagte heute in Nachlassliquidation befindet und sie sich im Interesse der übrigen Gläubiger gegen den Anspruch des Klägers zur Wehr setzt, vermag sodann ihre Rechtsstellung selbstverständlich nicht zu verbessern. d) Ist der angefochtene Entscheid in bezug auf die Verwerfung der Verjährungseinrede aus den dargelegten Gründen zu bestätigen, kann offen gelassen werden, ob die Verjährung BGE 107 II 151 S. 157 auch deshalb nicht eingetreten wäre, weil der Kläger die einjährige Verjährungsfrist des Art. 60 Abs. 1 OR gegenüber dem als Solidarschuldner für die gleiche Forderung haftenden Hugo S. immer wieder rechtzeitig unterbrochen habe, wie in der Berufungsantwort eventualiter geltend gemacht wird. 5. Die Beklagte vertritt des weiteren gestützt auf Art. 53 OR die Auffassung, sie habe Anspruch darauf, dass der Zivilrichter den Sachverhalt bei der Beurteilung der Frage ihrer Haftbarkeit umfassend prüfe und diesbezüglich nicht einfach auf das Strafurteil gegen Hugo und Fernanda S. abstelle, wie dies die Vorinstanz getan habe. Es müsse dies hier umso eher gelten, als die Beklagte am Strafverfahren gegen die Eheleute S. selber nicht beteiligt gewesen sei und ihre Interessen somit nicht habe wahren können. Das angefochtene Urteil sei auch insofern mangelhaft, als es den massgebenden Sachverhalt nur unvollständig wiedergebe; so fehle es an Feststellungen über Tatbestandselemente, die für die Beurteilung des Verschuldens von Hugo S. und des (adäquaten) Kausalzusammenhangs wesentlich seien. Die von der Beklagten angebotenen Beweise seien im übrigen in Verletzung von Art. 4 BV nicht abgenommen worden. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, eine Bindung des Zivilrichters an strafrechtliche Erkenntnisse sei soweit gegeben, als darin festgestellt werde, dass der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Handlungen begangen habe und diese Handlungen widerrechtlich seien. Selbst wenn indessen in bezug auf die Bindung des Zivilrichters weniger weit gegangen werden wollte, sei es doch geboten, in diesen Punkten nicht ohne sehr gewichtige Gründe vom Strafurteil abzuweichen. Im vorliegenden Verfahren habe daher als erwiesen zu gelten, dass Hugo S. zuhanden des Klägers ein nicht gedecktes Einlageheft ausgestellt habe, dieses dem Kläger habe zukommen lassen und es sodann wider besseres Wissen als gültig erklärt habe. Zu prüfen sei daher lediglich noch, ob S. die betrügerischen Machenschaften als Organ der Beklagten begangen und in dieser Eigenschaft den Kläger geschädigt habe. Diesen Problemkreis aber habe die Beklagte in üblichem Ausmass im Prozess zur Geltung bringen können. a) Auf die von der Beklagten erhobene Rüge, es sei ihr das rechtliche Gehör verweigert worden, indem auf ihren vom Strafurteil gegen Hugo S. abweichenden Standpunkt von den BGE 107 II 151 S. 158 kantonalen Instanzen zu wenig eingegangen und die Abnahme angebotener Beweise verweigert worden sei, kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht eingetreten werden. Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte - wie hier des Art. 4 BV - kann nicht mit der Berufung, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden ( Art. 43 Abs. 1 OG ). Im Falle der Nichtabnahme von Beweisen kann das Bundesgericht als Berufungsinstanz nur prüfen, ob dadurch der sich aus Art. 8 ZGB ergebende Anspruch einer Partei auf Beweisführung verletzt worden sei. b) Art. 53 Abs. 2 OR bestimmt, ein strafgerichtliches Erkenntnis sei mit Bezug auf die Beurteilung der Schuld und die Bestimmung des Schadens für den Zivilrichter nicht verbindlich. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellt diese Vorschrift einen auf die Schuldfrage und die Schadensbestimmung beschränkten Eingriff des Bundesgesetzgebers in das sonst den Kantonen vorbehaltene Prozessrecht dar; in bezug auf diese beiden Problemkreise ist demnach eine Bindung des Zivilrichters an ein vorausgegangenes Strafurteil im Interesse des materiellen Bundesrechts ausgeschlossen. Im übrigen steht es jedoch den Kantonen von Bundesrechts wegen frei, die Verbindlichkeit eines Strafurteils für den Zivilrichter vorzusehen, insbesondere was die Feststellung der Tat als solcher und deren Widerrechtlichkeit anbetrifft ( BGE 57 II 32 E. 1, BGE 56 II 438 /439; vgl. auch BGE 79 II 148 E. 1 und BGE 77 II 306 lit. c). Im gleichen Sinne hat sich auch die neuere Lehre ausgesprochen, dies im Unterschied zur älteren, welche durch Umkehrschluss aus Art. 53 Abs. 2 OR eine sich aus Bundesrecht ergebende Bindung des Zivilrichters bezüglich der in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich erwähnten Fragen ableiten wollte (vgl. vor allem VON TUHR/PETER, a.a.O. S. 437, insb. N. 22a und 22b; OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, Bd. I, Allgem. Teil, 4. Aufl., S. 156 f., insbesondere N. 115 und 117; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, S. 205 f.; P. ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, S. 386; G. SCYBOZ, L'effet de la chose jugée au pénal sur le sort de l'action civile, S. 110 ff., insbesondere S. 141; etwas abweichend GULDENER, a.a.O., S. 384 f.). Es trifft somit nicht zu, wie im angefochtenen Urteil ausgeführt wird, dass der Zivilrichter nach Bundesrecht an ein verurteilendes Straferkenntnis mindestens insoweit gebunden sei, als BGE 107 II 151 S. 159 dieses die Tat und deren Widerrechtlichkeit feststelle. Richtig ist hingegen, dass die kantonale Rechtsprechung von einer solchen Bindung ausgehen kann, ohne dadurch Bundesrecht zu verletzen. Wenn im Kanton Zürich eine dahingehende Gerichtspraxis besteht, wie die Vorinstanz hervorhebt und wofür auch der in ZR 65/1966 Nr. 113 wiedergegebene Entscheid spricht, ist unter dem Gesichtspunkt des Bundesrechts dagegen nichts einzuwenden. Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass die Annahme einer solchen Bindung sich dort nicht rechtfertigt, wo wie hier die Auswirkungen eines Strafurteils auf einen Dritten, der am Strafverfahren nicht beteiligt war, in Frage stehen (so ausdrücklich GULDENER, a.a.O. s. 385). Ein Verstoss gegen diesen Grundsatz verletzt indessen keine Bestimmung des Bundeszivilrechts, sondern höchstens Art. 4 BV ; er könnte deshalb nur mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden. Aus Art. 53 Abs. 2 OR ergibt sich aber wie gesehen die Verpflichtung des Zivilrichters, mindestens über die Schuldfrage und die Schadensbestimmung frei zu entscheiden, ohne sich dabei durch ein vorausgegangenes Strafurteil gebunden zu fühlen. Es bleibt zu prüfen, ob die Vorinstanz diesem bundesrechtlichen Grundsatz nachgekommen ist. c) Im Rahmen ihrer Erwägungen zur Tragweite von Art. 53 Abs. 2 OR hat die Vorinstanz eine Bindung des Zivilrichters an ein vorausgegangenes Strafurteil an sich nur insoweit bejaht, als darin festgestellt wird, dass der Verurteilte die ihm zur Last gelegten Handlungen begangen habe und diese Handlungen als widerrechtlich zu betrachten seien. Von einer Bindung auch in bezug auf die Schuldfrage hat sie zu Recht nicht gesprochen, stünde dies doch in direktem Widerspruch zum Gesetzeswortlaut. Bei der Anwendung ihrer allgemeinen Überlegungen auf den vorliegenden Fall bezeichnete es die Vorinstanz indessen unter blossem Hinweis auf das Strafurteil gegen die Eheleute S. als erwiesen, dass Hugo S. mit der Ausstellung und der Aushändigung eines Einlageheftes der Beklagten an den Kläger eine widerrechtliche Handlung begangen habe. Zur Frage seines Verschuldens nahm sie dabei überhaupt nicht Stellung. Dies läuft aber darauf hinaus, dass die Vorinstanz das Strafurteil auch diesbezüglich als für sie verbindlich betrachtete. Ein solches Vorgehen ist mit Art. 53 Abs. 2 OR nicht vereinbar. Der BGE 107 II 151 S. 160 Zivilrichter, der über einen bereits vom Strafrichter beurteilten Sachverhalt zu entscheiden hat, muss die Frage der Schuld selbständig und frei prüfen. Wie weit er dabei auf Ermittlungen und tatsächliche Feststellungen des Strafrichters abstellen darf und will, ist eine Frage des kantonalen Prozessrechts und der Beweiswürdigung, die sich der Kontrolle durch das Bundesgericht als Berufungsinstanz entzieht. Der Zivilrichter muss aber in seinem Entscheid zum Ausdruck bringen, von welchen Feststellungen tatsächlicher Natur er bei der Beurteilung der Schuldfrage ausgeht und aus welchen Gründen er zur Bejahung eines Verschuldens gelangt. Nur wenn das Urteil diesen Erfordernissen entspricht, kann von einer selbständigen Beurteilung der Schuldfrage durch den Zivilrichter die Rede sein. Der angefochtene Entscheid genügt diesen Anforderungen offensichtlich nicht und muss deshalb aufgehoben werden. Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese unabhängig von der Beurteilung der Schuldfrage durch den Strafrichter prüft, ob und allenfalls aus welchen Gründen angenommen werden muss, Hugo S. habe dem Kläger absichtlich oder fahrlässig Schaden zugefügt, was Voraussetzung für eine Haftung der Beklagten gemäss Art. 718 Abs. 3 OR bzw. Art. 55 Abs. 2 ZGB bildet. Dabei wird auch dem sich aus Art. 8 ZGB ergebenden Anspruch der Beklagten auf Antretung des Gegenbeweises angemessen Rechnung zu tragen sein. Eine sorgfältige Prüfung der Beweisanträge der Beklagten rechtfertigt sich umso eher, als diese im Strafprozess nicht Partei war und auf dessen Ausgang somit keinen Einfluss hatte. d) Auch die Frage des Kausalzusammenhangs hat die Vorinstanz nicht selbständig geprüft. Die Beklagte hatte schon im kantonalen Berufungsverfahren bestritten, dass das Verhalten des S. als Organs der Beklagten die adäquate Ursache des dem Kläger erwachsenen Schadens darstelle. Die Vorinstanz hat sich hiezu nicht geäussert. Sie hat aber auch nicht angenommen, die Bindung des Zivilrichters an das Strafurteil erstrecke sich nach zürcherischem Prozessrecht auch auf diesen Punkt. Offenbar hat sie den Kausalzusammenhang zwischen der strafbaren Handlung des S. und dem Schaden des Klägers trotz der Einwendungen der Beklagten aufgrund des Strafurteils als selbstverständlich erachtet. Selbständige Feststellungen hat sie jedoch nicht getroffen. Auch das wird im Rückweisungsverfahren nachzuholen sein. BGE 107 II 151 S. 161 e) Zu bestätigen sind hingegen die Überlegungen der Vorinstanz zur Frage, ob Hugo S. eine allfällige unerlaubte Handlung als Organ der Beklagten begangen habe. In dieser Hinsicht kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden, gegen welche die Beklagte keine Einwendungen erhoben hat.
public_law
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dd423482-9926-4f5b-9e82-632d0891aed9
Urteilskopf 106 Ia 249 47. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Oktober 1980 i.S. Doster gegen Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Gesetzliche Grundlage von Gerichtsgebühren. - Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 1). - Hinweise auf eidgenössische und kantonale Regelungen betreffend die gesetzliche Grundlage von Gerichtsgebühren (E. 2). - Haben Gerichtsgebühren, die nur dem Grundsatz nach, nicht aber hinsichtlich der Gebührenhöhe im Gesetz verankert sind, eine genügende gesetzliche Grundlage? (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 249 BGE 106 Ia 249 S. 249 Martin und Thomas Doster sind Eigentümer der Liegenschaft Römerstrasse 32 in Winterthur. Am 16. November 1977 teilte ihnen die Aufzugskontrolle der Stadt Winterthur mit, sie hätten den in der Liegenschaft befindlichen Personenaufzug bis zum 30. Juni 1978 der SIA-Norm 106 anzupassen oder ausser Betrieb zu setzen. Die Hauseigentümer gelangten hierauf an den Stadtrat und alsdann an den Bezirksrat Winterthur, die jedoch die Rechtsmittel verwarfen. Den Beschluss des Bezirksrates fochten Martin und Thomas Doster beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich an. Dieses hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 30. April 1980 gut und wies die Sache "zur weiteren Untersuchung und zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an den Bezirksrat Winterthur" zurück. Die Gerichtskosten, bestehend aus einer Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- und den Zustellungskosten, auferlegte es den beiden Beschwerdeführern je zu einem Viertel BGE 106 Ia 249 S. 250 "unter Solidarhaft eines jeden bis zur Hälfte". Die andere Hälfte der Gerichtskosten wurde auf die Gerichtskasse genommen. Wegen Verletzung von Art. 4 BV führen Martin und Thomas Doster beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde. Sie stellen den Antrag, der verwaltungsgerichtliche Entscheid sei insoweit aufzuheben, als ihnen mit diesem Entscheid Gerichtskosten auferlegt werden. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, und zwar aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Gemäss § 40 des zürcherischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRG) erlässt das Verwaltungsgericht eine Verordnung über die Gerichtsgebühren, die vom Kantonsrat zu genehmigen ist. Die Beschwerdeführer behaupten vor Bundesgericht, weil nicht das Gesetz, sondern nur die Verordnung etwas über die Bemessung der Gebühren sage, fehle diesen die nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erforderliche gesetzliche Grundlage. Gerichtsgebühren sind Verwaltungsgebühren; sie werden vom Abgabenpflichtigen wegen einer ihm zurechenbaren Amtshandlung erhoben (VALLENDER, Grundzüge des Kausalabgabenrechts, Bern und Stuttgart 1976, S. 51). Grundsätzlich gelten auch für die Gebühren die verfassungsmässigen Grundprinzipien des Abgabenrechts, d.h. öffentliche Abgaben dürfen nur auf Grund und Rahmen eines Gesetzes im formellen Sinne erhoben werden. Wohl können nach der Rechtsprechung einzelne Fragen in einer Verordnung geregelt werden, doch hat das Gesetz in solchen Fällen den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand der Abgabe und deren Bemessung in Grundzügen selber festzulegen. Delegiert der Gesetzgeber rechtsetzende Befugnisse im Abgabenrecht an die Exekutive oder an eine richterliche Behörde, dann muss in der Regel zumindest der Höchstbetrag der geschuldeten Leistung im Gesetz verankert sein. Der verfassungsmässige Grundsatz der Gesetzmässigkeit ist somit verletzt, wenn wesentliche Elemente einer Abgabe nicht durch den Gesetzgeber festgesetzt werden ( BGE 105 Ia 4 E. 1b, BGE 104 Ia 117 E. 3, BGE 103 Ia 243 E. 2a mit Hinweisen). Eine Ausnahme gilt für sogenannte Kanzleigebühren. Darunter fallen aber nur Abgaben für einfache Tätigkeiten BGE 106 Ia 249 S. 251 der Verwaltung, die ohne besonderen Prüfungs- und Kontrollaufwand erbracht werden und sich in der Höhe in einem bescheidenen Rahmen halten ( BGE 104 Ia 115 E. 3). Solche Kanzleigebühren stehen hier indessen nicht in Frage, geht es doch um eine Gebühr von Fr. 500.--, mit der die Aufwendungen des Staates für eine anspruchsvolle Leistung, die Beurteilung eines Streitfalles, entgolten werden soll. Freilich handhabt das Bundesgericht den Gesetzmässigkeitsgrundsatz im Gebührenrecht nicht mit aller Strenge. Auf Grund der Rechtsprechung von BGE 104 Ia 117 E. 4 wird im Abgaberecht bei den Anforderungen an die gesetzliche Grundlage nach der Natur der in Frage stehenden Leistung an den Staat unterschieden, wobei der Einzelfall zu betrachten ist. Die Anforderungen an die gesetzliche Grundlage dürfen dort herabgesetzt werden, wo dem Bürger die Überprüfung der Gebühr an Hand anderer verfassungsrechtlicher Prinzipien (Kostendeckungsprinzip, Äquivalenzprinzip) ohne weiteres offen steht, nicht aber, wenn spezifisch der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt. Der Legalitätsgrundsatz darf dabei weder seines Gehaltes entleert, noch auf der andern Seite in einer Weise überspannt werden, dass er mit der Rechtswirklichkeit und dem Erfordernis der Praktikabilität in einen unlösbaren Widerspruch gerät. Von dieser Rechtsprechung ist auszugehen. 2. Auch wenn die verwaltungsgerichtliche Verordnung vom Kantonsrat genehmigt wurde, ist sie doch kein Gesetz im formellen Sinn, da die Gesetze im Kanton Zürich der Volksabstimmung unterstellt werden müssen ( BGE 105 Ia 4 E. 1b). Doch ist festzuhalten, dass die Rechtssetzungsdelegation in § 40 VRG weitgehender Übung im Bund und in den Kantonen entspricht. In den meisten kantonalen Gesetzen wird, ähnlich wie bei der hier in Frage stehenden zürcherischen Regelung, nur festgelegt, dass Gerichtsgebühren erhoben werden könnten, wobei deren nähere Ausgestaltung einem oberen kantonalen Gericht oder der Regierung übertragen wird. Verbreitet ist auch die Lösung, dass Umfang und Ausmass der Gerichtsgebühren vom Parlament durch Dekret festgelegt werden. Nur in wenigen Kantonen ist der Höchstbetrag für die Gerichtsgebühren im Gesetz selbst festgelegt. Das trifft vor allem auf die Prozessordnungen der Kantone Schaffhausen und Tessin sowie auf das neue Walliser Verwaltungsrechtspflegegesetz zu. Selbst die Kantone Luzern und Basel-Stadt, die eigentliche BGE 106 Ia 249 S. 252 Gebührengesetze kennen, haben auf Gesetzesstufe keine Richtlinien für die Bemessung der Gebühren aufgestellt. Demgegenüber gehen die Richtlinien des Gebührengesetzes des Kantons Jura aus dem Jahre 1978 bis in die Einzelheiten, wiewohl auch dieses Gesetz die Festsetzung der Gebührensätze nicht dem Gesetzgeber vorbehält, sondern dem Parlament überlässt. Auch der Bundesgesetzgeber hat davon abgesehen, die Gebührensätze oder den zulässigen Höchstbetrag der Gerichtsgebühren im Gesetz zu verankern. So sind in Art. 153 Abs. 1 lit. b OG die Höchstbeträge für die Gerichtsgebühren zwar gesetzlich auf Fr. 10'000.-- bzw. Fr. 20'000.-- festgelegt, doch kann das Bundesgericht über diese Beträge hinausgehen, wenn "Besonderheiten des einzelnen Falles... es angezeigt erscheinen lassen". Im neuen Bundesgesetz über den Militärstrafprozess (MStP) vom 23. März 1979 wird schliesslich nicht einmal ausdrücklich erklärt, dass der Bundesrat es sei, der die Gebührensätze festzulegen habe. So bestimmen die Art. 151, Art. 171, Art. 182, Art. 193, Art. 199 und Art. 207 MStP lediglich, dass dem Verurteilten bzw. dem Rechtsmittelkläger "die Kosten" des Verfahrens auferlegt werden können. Einzig gestützt auf Art. 218 MStP , der dem Bundesrat die Kompetenz zum Erlass von Vollzugsvorschriften überträgt, hat der Bundesrat in Ziff. 9 des Anhanges 3 zur Verordnung über die Militärstrafrechtspflege vom 24. Oktober 1979 umschrieben, was die im Gesetz erwähnten Kosten alles umfassen, nämlich die verschiedenen Auslagen der Gerichtskasse sowie eine Gerichtsgebühr von Fr. 100.-- bis Fr. 3'000.-- "als Beitrag an die Kosten der Gerichtskasse für Vorladungen, Zustellungen, Urteilsausfertigung usw.". 3. a) Gleich wie für die Verwaltungsgebühren ist für die ihnen entsprechenden Gerichtsgebühren wesentlich, dass sich der Betroffene hinsichtlich ihrer Bemessung sowohl auf das Kostendeckungsprinzip als auch auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit bzw. der Äquivalenz berufen kann ( BGE 100 Ia 116 ). Nach dem Kostendeckungsprinzip dürfen die Gesamteinnahmen einer Gebühr die Gesamtkosten der betreffenden Amtshandlungen nicht übersteigen ( BGE 104 Ia 116 ). In seiner Vernehmlassung legt das Verwaltungsgericht dar, seine Einnahmen hätten im Jahre 1979 etwa Fr. 272'000.-- und seine Ausgaben etwa Fr. 1'252'000.-- betragen. Es ist notorisch, dass ganz allgemein die von den Gerichten über die Gebührenerhebung BGE 106 Ia 249 S. 253 erzielten Einnahmen die Ausgaben bei weitem nicht zu decken vermögen. Von da her ruft jedenfalls das Schutzbedürfnis des Einzelnen keiner Regelung der Gerichtsgebühren in einem formellen Gesetz (vgl. BGE 104 Ia 118 E. 4b). Nach dem Äquivalenzprinzip darf die Gebühr sodann zum objektiven Wert der Leistung nicht in ein offensichtliches Missverhältnis geraten und muss sich in vernünftigen Grenzen bewegen. Die Gebührensätze dürfen nur nach sachlich vertrebaren Gesichtspunkten ausgestaltet sein und keine Unterscheidungen treffen, für die ein vernünftiger Grund nicht ersichtlich ist. Insbesondere darf die Höhe der Gebühr die Inanspruchnahme gewisser Institutionen nicht verunmöglichen oder übermässig erschweren ( BGE 104 Ia 116 , BGE 103 Ia 89 mit Hinweisen). Art. 59 der KV des Kantons Zürich bestimmt ausdrücklich, dass das Prozessverfahren "im Sinne möglichster Rechtssicherheit sowie rascher und wohlfeiler Erledigung" geordnet werden soll. Da die von den Gerichten zu erbringende Leistung in der Regel um so bedeutsamer ist, je höher der Streitwert liegt, wird bei Gerichtsgebühren der Streitwert regelmässig als Massstab für die Berechnung der Gebühr herangezogen. Diesen Anforderungen des Äquivalenzgrundsatzes genügt die verwaltungsgerichtliche Verordnung vom 18. Juni 1976 über die Gerichtsgebühren, wird doch dort erklärt, die Gerichtsgebühr bemesse sich in erster Linie nach dem Streitwert oder, wenn dieser nicht bestimmbar sei, nach der Tragweite, die dem Entscheid im Einzelfall zukommt. Wenn § 2 der erwähnten Verordnung Gerichtsgebühren zwischen Fr. 50.-- (bei Streitwerten bis Fr. 500.--) und Fr. 20'000.-- (bei Streitwerten über Fr. 2'000'000.--) vorsieht, sind das Ansätze, die sich ohne weiteres im Rahmen des Äquivalenzprinzips halten. Auch wenn im Kanton Zürich das obligatorische Gesetzesreferendum besteht, ist sodann der Umstand, dass die verwaltungsgerichtliche Verordnung vom Kantonsrat genehmigt wurde, wenigstens ein Indiz dafür, dass auch der Gesetzgeber, wenn seine Zuständigkeit gegeben gewesen wäre, im Jahre 1976 Gebührensätze gewählt hätte, die mit den vom Verwaltungsgericht gewählten ungefähr übereinstimmen. b) Die zürcherische Ordnung, wonach die Gerichtsgebühren nur dem Grundsatze nach im Gesetz, im übrigen aber, namentlich bezüglich ihrer Höhe und Bemessung, in einer Verordnung festgelegt sind, entspricht, wie dargelegt, einer in der Schweiz BGE 106 Ia 249 S. 254 allgemein verbreiteten Regelung. Sie lässt sich rechtfertigen, weil es um Gebühren geht die von einem Gericht festzusetzen sind d.h. von einer den Streitfall als neutrale Instanz beurteilenden Behörde, die vom Ausgang des jeweiligen Rechtsstreites nicht betroffen und mit Ermessensentscheiden vertraut ist, und diese Ermessensentscheidungen lassen sich im Einzelfall wiederum an Hand der verfassungsmässigen Grundsätze der Kostendeckung und der Äquivalenz überprüfen. Die angefochtene zürcherische Regelung verletzt das verfassungsmässige Gesetzmässigkeitsprinzip nicht, da es unter solchen Umständen genügen muss, wenn die Gebühren wenigstens dem Grundsatze nach im Gesetz verankert sind. Die Schutzfunktion für den Einzelnen, die dem Gesetzesvorbehalt zukommt, gebietet nicht, an die gesetzliche Grundlage der Gerichtsgebühren höhere Anforderungen zu stellen. Solches hiesse vielmehr, den Gesetzmässigkeitsgrundsatz in einer Weise zu überspannen, dass er mit der Rechtswirklichkeit und dem Erfordernis der Praktikabilität in einen unlösbaren Widerspruch geriete (vgl. BGE 104 Ia 117 E. 4).
public_law
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
dd47f061-c851-4740-b22d-d5cc40dc8ea1
Urteilskopf 95 III 47 10. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Juni 1969 i.S. Wirtschaftsbank Zürich gegen Konkursmasse W. Fuchs & Co.
Regeste Anfechtungsklage ( Art. 285 ff. SchKG ). 1. Begriff der unentgeltlichen Verfügung ( Art. 286 Abs. 1 SchKG ) und des Rechtsgeschäfts, bei dem zwischen Leistung und Gegenleistung ein Missverhältnis besteht ( Art. 286 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG ). Die innert der letzten 6 Monate vor der Konkurseröffnung vorgenommene Sicherstellung einer fremden Schuld ist nach Art. 286 SchKG anfechtbar, wenn der Gemeinschuldner dazu rechtlich nicht verpflichtet war und dafür keine Gegenleistung oder nur eine solche erhielt, die wirtschaftlich erheblich weniger wert war als seine eigene Leistung (Erw. 2). 2. Pflicht zur Sicherstellung? (Erw. 3). 3. Fremde oder eigene Schuld? Verletzt die Konkursmasse Treu und Glauben, indem sie sich auf die rechtliche Selbständigkeit der Gesellschaften beruft, deren Schulden der Gemeinschuldner sicherstellte? (Erw. 4). 4. Ist die Errichtung eines Grundpfandes für eine fremde Schuld eine entgeltliche Verfügung, weil im Falle, dass der Pfandgläubiger durch Ablösung oder Verwertung des Pfandes aus dem Vermögen des Pfandeigentümers befriedigt wird, die Forderung des Pfandgläubigers nach Art. 827 Abs. 2 ZGB auf den Pfandeigentümer übergeht? Kann der Pfandeigentümer diese Forderung im Konkurs des Pfandschuldners mit Forderungen desselben gegen ihn verrechnen? ( Art. 213 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG ). Entsprechende Anwendung von Art. 215 Abs. 1 SchKG ? (Erw. 5). 5. Kann eine Leistung an eine dem Pfandeigentümer nahestehende Person oder Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt von Art. 286 SchKG als Entgelt für die Pfandbestellung in Betracht kommen? (Frage offen gelassen). Missverhältnis zwischen der Leistung des Pfandeigentümers (Gemeinschuldners) und dem wirtschaftlichen Vorteil, den ihm ein Stillehalteversprechen der Pfandgläubigerin gegenüber ihm nahestehenden Gesellschaften möglicherweise mittelbar verschafft (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 49 BGE 95 III 47 S. 49 A.- Die Wirtschaftsbank Zürich gewährte der Ladenstadt in Köln AG mit Sitz in Zürich (Ladenstadt), deren Aktien grösstenteils der vom Bauunternehmer Werner Fuchs beherrschten IBZ Finanz AG in Zürich (IBZ) gehörten, am 1. September 1964 auf Gesuch ihres Verwaltungsratsmitglieds Willy Müller, der den Verwaltungsrat der Ladenstadt präsidierte, einen bis 10. November 1964 zurückzuzahlenden Kontokorrentkredit bis Fr. 300'000.--. Am 11. September 1964 räumte sie der Ladenstadt einen weitern kurzfristigen Kredit bis Fr. 200'000.-- ein. Am 2. Oktober 1964 eröffnete sie der Ladenstadt und der IBZ gemeinsam gegen Verpfändung von BGE 95 III 47 S. 50 Inhaberschuldbriefen einen Kontokorrentkredit bis zu Fr. 1'000,000.--. Am 3. März 1965 betrieb sie die Ladenstadt für eine Kontokorrentschuld der Ladenstadt und der IBZ von rund Fr. 552'000.--. Am 4. Mai 1965 verlangte sie von den beiden Schuldnerinnen die Begleichung von Zinsen, Kommissionen und Spesen im Gesamtbetrag von rund Fr. 78'500.-- und ersuchte dringend um zusätzliche Sicherheiten. Am 14. Mai 1965 ersetzte sie die frühere Betreibung durch eine Betreibung auf Faustpfandverwertung für rund Fr. 588'500.--. Am 2. Juni 1965 errichtete die Kommanditgesellschaft W. Fuchs & Co. zur Sicherstellung der Forderungen der Wirtschaftsbank gegen die Ladenstadt und die IBZ zulasten ihrer Liegenschaft Bernerstrasse 150 in Zürich-Altstetten eine im 5. Rang stehende Grundpfandverschreibung für Fr. 500'000.--. Am 25. Oktober 1965 wurde über die IBZ, am 5. November 1965 über die Kommanditgesellschaft W. Fuchs & Co. und am 13. Mai 1966 über die Ladenstadt der Konkurs eröffnet. B.- Im Konkurs der Firma W. Fuchs & Co. machte die Wirtschaftsbank für ihre Forderungen von rund Fr. 603'000.-- und Fr. 629'000.-- gegen die Ladenstadt bzw. gegen diese und die IBZ als Solidarschuldner das Pfandrecht aus der erwähnten Grundpfandverschreibung geltend. Die Konkursverwaltung wies diesen Anspruch unter Berufung auf Art. 286 und 287 Ziff. 1 SchKG ab. Die Wirtschaftsbank klagte hierauf gegen die Konkursmasse W. Fuchs & Co. beim Einzelrichter für das beschleunigte Verfahren des Bezirkes Zürich auf Zulassung der streitigen Grundpfandverschreibung im Lastenverzeichnis. Die Beklagte machte geltend, die Errichtung dieses Pfandrechts sei nach Art. 286, 287 und 288 SchKG anfechtbar. Der Einzelrichter wies die Klage am 5. März 1968 in Anwendung von Art. 287 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG ab. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte diesen Entscheid am 18. Oktober 1968 mit der Begründung, die Pfandbestellung falle unter Art. 286 SchKG , weil die Gemeinschuldnerin damit innerhalb der letzten sechs Monate vor der Konkurseröffnung ihr Vermögen belastet habe, ohne eine wirtschaftlich gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. C.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf BGE 95 III 47 S. 51 Zulassung der streitigen Grundpfandverschreibung, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. ... (Streitwert ca. Fr. 80'000.--). 2. Nach Art. 286 Abs. 1 SchKG sind mit Ausnahme gebräuchlicher Gelegenheitsgeschenke alle Schenkungen und unentgeltlichen Verfügungen anfechtbar, die der Schuldner innerhalb der letzten sechs Monate vor der Pfändung oder Konkurseröffnung vorgenommen hat. Den Schenkungen sind nach Art. 286 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG gleichgestellt "Rechtsgeschäfte, bei denen der Schuldner eine Gegenleistung angenommen hat, die zu seiner eigenen Leistung in einem Missverhältnisse steht". Diese Bestimmungen wollen verhüten, dass die Gläubiger durch Freigebigkeiten oder unwirtschaftliche Geschäfte, die der Schuldner kurz vor dem Zusammenbruch vornimmt, geschädigt werden ( BGE 31 II 352 , BGE 49 III 30 ). Die Firma Fuchs hat die streitige Grundpfandverschreibung fünf Monate vor der Eröffnung des Konkurses über sie errichtet. Um eine eigentliche Schenkung handelt es sich dabei nicht. Der Gemeinschuldnerin fehlte nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich sind, die Schenkungsabsicht, und es liegt nichts dafür vor, dass sie eine solche Absicht gleichwohl geäussert und die Klägerin ihrerseits den Willen bekundet habe, die Grundpfandverschreibung als Geschenk entgegenzunehmen. Art. 286 SchKG erfasst jedoch nicht bloss eigentliche Schenkungen, sondern unentgeltliche Verfügungen aller Art und darüber hinaus Rechtsgeschäfte, bei denen die beidseitigen Leistungen zu Ungunsten des Schuldners in einem Missverhältnis stehen. Eine Verfügung ist im Sinne von Art. 286 Abs. 1 SchKG unentgeltlich, wenn der Schuldner damit, ohne eine Gegenleistung zu erhalten, eine Leistung erbringt, zu der er rechtlich nicht verpflichtet ist ( BGE 31 II 352 ; BLUMENSTEIN, Handbuch des schweiz. Schuldbetreibungsrechtes, 1911, S. 877; W. HANGARTNER, Die Gläubigeranfechtung im schweiz. Recht, Zürcher Diss. 1929, S. 56). Wenn in BGE 49 III 29 ff. nicht erwähnt BGE 95 III 47 S. 52 wurde, dass das Bestehen einer Rechtspflicht des Schuldners zu seiner Leistung die Anwendung von Art. 286 SchKG ausschliesst, so wohl deswegen, weil in jenem Fall eine solche Rechtspflicht nicht in Frage stand. Aus BGE 91 III 101 /102, wo über den Beginn der Klagefrist des Art. 292 SchKG zu befinden war, ergibt sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht, dass beim Entscheid darüber, ob eine Verfügung im Sinne von Art. 286 SchKG unentgeltlich sei, nichts darauf ankomme, ob der Schuldner zu seiner Leistung vertraglich verpflichtet war. Ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von Art. 286 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG liegt vor, wenn die Leistung, die der Schuldner erhält, erheblich geringer ist als seine eigene Leistung (vgl. den französischen Text: les actes par lesquels le débiteur a accepté un prix notablement inférieur à la valeur de sa prestation; BGE 49 III 30 ). Ob ein solches Missverhältnis bestehe, beurteilt sich nach dem wirtschaftlichen Wert der Leistungen ( BGE 31 II 353 , BGE 49 III 30 ). Ist die Leistung des Schuldners wirtschaftlich erheblich mehr wert als die Gegenleistung, so ist das Geschäft nach Art. 286 anfechtbar, wenn der Schuldner seine Mehrleistung ohne rechtliche Verpflichtung hiezu erbrachte. Ob das Missverhältnis der Leistungen und die Gefahr einer Schädigung der Gläubiger für den Empfänger der Leistung des Schuldners erkennbar waren, ist unerheblich ( BGE 49 III 30 ). Ebenso kommt nach der herrschenden Lehre nichts darauf an, ob der Schuldner selbst das Missverhältnis kannte oder erkennen konnte (C. JAEGER, N. 8 zu Art. 286 SchKG , S. 372; HANGARTNER a.a.O. S. 57/58; E. BRAND, Anfechtungsklage I, SJK Nr. 742, 1942, S. 4 mit Fussnote 11; H. GAUGLER, Die paulianische Anfechtung, Bd. I 1944, S. 112; Frage offen gelassen in BGE 49 III 30 ). Die Sicherstellung einer fremden Schuld kann nach Art. 286 SchKG anfechtbar sein ( BGE 31 II 352 Erw. 4, BGE 49 III 30 /31), wogegen die Sicherstellung einer eigenen Schuld nur beim Zutreffen der Voraussetzungen von Art. 287 (oder 288) SchKG angefochten werden kann (C. JAEGER, N. 3 zu Art. 286, S. 370). Die Errichtung der streitigen Grundpfandverschreibung war also nach Art. 286 SchKG anfechtbar, wenn die Firma Fuchs rechtlich nicht verpflichtet war, die Verbindlichkeiten der Ladenstadt und der IBZ sicherzustellen, und diese Verbindlichkeiten nicht etwa in Wirklichkeit eigene Schulden der Firma Fuchs waren, und wenn überdies die weitere Voraussetzung BGE 95 III 47 S. 53 erfüllt ist, dass die Firma Fuchs für die Verpfändung ihres Grundstücks keine Gegenleistung erhielt oder dass die Gegenleistung wirtschaftlich erheblich weniger wert war als ihre eigene Leistung. Das Bestehen einer Rechtspflicht zur Sicherstellung der fraglichen Schulden schliesst die Anfechtung der Grundpfandbestellung nach Art. 286 SchKG aus, auch wenn das Sicherstellungsversprechen nicht auf Bestellung eines Grundpfandes ging und dementsprechend nicht öffentlich beurkundet wurde (vgl. die zu Art. 287 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG ergangenen Entscheide BGE 62 III 64 Erw. 2, BGE 74 III 50 ). 3. Die Klägerin behauptete schon in der Klageschrift (S. 5) und in der Replik vor dem Einzelrichter (Prot. I S. 8), die Firma Fuchs habe sich ihr gegenüber verpflichtet, alle ihre Forderungen gegen die IBZ und die Ladenstadt sicherzustellen; diese Verpflichtung habe schon längst vor dem 2. Juni 1965, nämlich seit Beginn der geschäftlichen Beziehungen zwischen der IBZ, der Ladenstadt und der Klägerin bestanden. Sie anerbot hiefür den Beweis. Im Verfahren vor Obergericht wiederholte und verdeutlichte die Klägerin diese Darstellung. Sie berief sich auf Willy Müller als Zeugen. Im kantonalen Berufungsverfahren wurde jedoch über die Frage, ob sich die Firma Fuchs vertraglich zur Sicherstellung der Schulden der IBZ und der Ladenstadt gegenüber der Klägerin verpflichtet habe, so wenig wie im erstinstanzlichen Verfahren Beweis erhoben, weil das Obergericht annahm, Art. 286 SchKG könne auch angewendet werden, wenn eine solche Verpflichtung bestand. In Wirklichkeit ist in diesem Falle Art. 286 SchKG nicht anwendbar (Erw. 2 hievor) und kann sich nur noch fragen, ob die Grundpfandbestellung aus einem andern Grunde ( Art. 287, 288 SchKG ) anfechtbar sei. Die Sache ist daher zur Abklärung der Frage, ob die behauptete Sicherstellungspflicht bestand, an die Vorinstanz zurückzuweisen, sofern sich nicht etwa ergibt, dass Art. 286 SchKG schon deshalb nicht eingreift, weil die Firma Fuchs mit der streitigen Grundpfandverschreibung eine eigene Verbindlichkeit sicherstellte oder für die Errichtung dieses Grundpfandes eine gleichwertige Gegenleistung erhielt. 4. Die Firma Fuchs, die IBZ und die Ladenstadt waren rechtlich selbständige Unternehmen. Jedes davon hatte sein eigenes Aktivvermögen und seine eigenen Schulden. Von der rechtlichen Selbständigkeit dieser drei Unternehmen wäre bei BGE 95 III 47 S. 54 Beurteilung der Frage, ob die Firma Fuchs mit der streitigen Grundpfandverschreibung eigene oder fremde Verbindlichkeiten sichergestellt habe, nur abzusehen, wenn die Berufung auf diese Selbständigkeit infolge besonderer Umstände gegen Treu und Glauben verstiesse (vgl. BGE 92 II 164 mit Hinweisen). Solche Umstände sind nicht dargetan. Die von der Klägerin hervorgehobene Tatsache, dass die drei Unternehmen persönlich und wirtschaftlich eng verflochten waren, genügt nicht, um gegenüber der Beklagten den Vorwurfzu rechtfertigen, die Berufung darauf, dass jedes Unternehmen seine eigenen Schulden hatte, verstosse gegen Treu und Glauben. Die Klägerin hat denn auch nicht versucht, im Konkurs der Firma Fuchs geltend zu machen, diese müsse sich für die Kredite, welche die Klägerin der IBZ und der Ladenstadt gewährt hatte, unmittelbar belangen lassen. Mit ihrer Konkurseingabe vom 24. Januar 1966 machte sie vielmehr nur geltend, die Firma Fuchs habe ihr für diese Kredite bestimmte Sicherheiten bestellt, insbesondere zu ihren Gunsten die streitige Grundpfandverschreibung errichtet. Die Firma Fuchs hat also mit dieser Grundpfandverschreibung nicht eigene, sondern fremde Schulden gesichert. 5. Die Klägerin macht nicht geltend, und es liegt nichts dafür vor, dass die Klägerin der Firma Fuchs für die Errichtung der Grundpfandverschreibung eine für sie bestimmte Gegenleistung versprochen und in Erfüllung eines solchen Versprechens eine derartige Leistung erbracht habe. Aus den Akten ergibt sich nur, dass sie sich mit Rücksicht auf diese Pfandbestellung und auf Zusicherungen betreffend die baldige Rückzahlung ihrer Kredite "unter dem üblichen Vorbehalt" gegenüber der Ladenstadt und der IBZ bereit erklärte, bis Ende August 1965 von weitern rechtlichen Massnahmen gegen diese Gesellschaften abzusehen (Schreiben der Klägerin an diese Gesellschaften vom 2. Juni 1965). Die Klägerin behauptet jedoch, die Errichtung der Grundpfandverschreibung sei deshalb ein rein entgeltliches Geschäft, weil die Firma Fuchs im Falle der Inanspruchnahme des Pfandes eine Regressforderung gegen die IBZ erlange und diese - einstweilen bedingte - Regressforderung im Konkurs der IBZ schon vor der (die Entstehung der Forderung bewirkenden) Verwertung des Pfandes durch Verrechnung mit Gegenforderungen der IBZ geltend machen könne, wodurch sie volle Deckung erhalte. BGE 95 III 47 S. 55 Soweit ein Grundeigentümer, dessen Grundstück für eine fremde Schuld verpfändet ist, den Pfandgläubiger befriedigt, geht dessen Forderung von Gesetzes wegen auf ihn über ( Art. 827 Abs. 2 ZGB , Art. 110 Ziff. 1 OR ). Das geschieht auch dann, wenn der Pfandgläubiger nicht durch freiwillige Zahlung, sondern durch Zwangsverwertung des Pfandes aus dem Vermögen des Pfandeigentümers befriedigt wird (WIELAND N. 2d, LEEMANN N. 16 und 19 zu Art. 827 ZGB ; P. VIELI, Das Rechtsverhältnis bei der Grundpfandverschreibung im schweiz. ZGB, Berner Diss. 1916, S. 82; G. ROOS, Über die Subrogation nach schweiz. Recht, Berner Diss. 1928, S. 63 unter f). Die Forderung geht aber, wie aus dem Gesetz klar hervorgeht, in jedem Falle erst mit der Befriedigung des Gläubigers auf den Pfandeigentümer über. Bis dahin ist der Forderungsübergang nach Gesetz durch die Einlösung des Pfandes oder dessen Inanspruchnahme zur Befriedigung des Gläubigers bedingt ( BGE 49 III 30 unten) und besitzt der Pfandeigentümer folglich nur eine Anwartschaft auf eine Regressforderung (vgl. ROOS S. 80/81). Die Rechtsbedingung, von der die Entstehung einer Regressforderung der Firma Fuchs gegen die IBZ demnach abhing, ist bis zur Eröffnung des Konkurses über die IBZ nicht eingetreten. In der Begründung einer blossen Anwartschaft auf eine Regressforderung gegen den Pfandschuldner eine Gegenleistung des Pfandgläubigers für die Pfandbestellung zu erblicken, welche diese Verfügung zu einer entgeltlichen machen würde, erweckt Bedenken, auch wenn man davon absieht, dass die Regressforderung ohne Zutun des Pfandgläubigers von Gesetzes wegen (durch Subrogation) entsteht. Was der Pfandeigentümer möglicherweise auf dem Regressweg einbringen wird, ist in Wirklichkeit nicht das Entgelt für die Pfandbestellung, sondern für die Befriedigung des Pfandgläubigers. Für den Pfandeigentümer kann die Errichtung eines Pfandrechts zur Sicherung der Schuld eines Dritten im übrigen selbst dann einen Nachteil bedeuten, wenn das Pfand schliesslich nicht in Anspruch genommen wird; denn sie hindert ihn daran, über die vom Pfandrecht erfasste Quote des Werts der Pfandsache für eigene Zwecke zu verfügen. Dieser Nachteil wird durch die Begründung einer Anwartschaft auf eine allfällige Regressforderung nicht ausgeglichen, selbst wenn Aussicht auf Deckung dieser Forderung besteht. BGE 95 III 47 S. 56 Selbst wenn man aber annehmen wollte, die Begründung einer Anwartschaft auf die im Falle der Befriedigung des Pfandgläubigers von Gesetzes wegen entstehende Regressforderung des Pfandeigentümers könne, wenn auf ihre Deckung zu rechnen ist, als gleichwertige Gegenleistung für die Pfandbestellung gelten, so wäre der Vorinstanz darin beizustimmen, dass die Pfandbestellung auf jeden Fall dann unter Art. 286 SchKG (und zwar unter Abs. 2 Ziff. 1 dieser Bestimmung) fällt, wenn von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Pfandeigentümer für die Regressforderung voll oder auch nur annähernd voll befriedigt wird ( BGE 49 III 31 ; vgl. auch BGE 31 II 352 Erw. 4). So verhält es sich im vorliegenden Falle. Wie die Vorinstanz gestützt auf die Begründung des Konkurserkenntnisses gegen die IBZ vom 25. Oktober 1965 in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt hat ( Art. 63 Abs. 2 OG ), standen die IBZ und die Ladenstadt schon im Sommer 1965 so schlecht, dass die Firma Fuchs am 2. Juni 1965 (bei Errichtung der Grundpfandverschreibung) nicht damit rechnen konnte, "von der IBZ und/oder der Ladenstadt für eine allfällige Regressforderung je auch nur annähernd voll befriedigt zu werden." Die Auffassung der Klägerin, die Firma Fuchs bzw. ihre Konkursmasse könne sich für die zu erwartende Regressforderung gegen die IBZ durch Verrechnung mit den (höhern) Gegenforderungen der IBZ gegen die Firma Fuchs volle Deckung verschaffen, hält nicht stand. Die Firma Fuchs bzw. ihre Konkursmasse kann diese Regressforderung im Konkurs der IBZ nach Art. 213 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG nicht mit den Forderungen der IBZ gegen sie verrechnen, weil im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über die IBZ die Klägerin noch nicht durch Ablösung oder Verwertung des Pfandes aus dem Vermögen der Firma Fuchs befriedigt worden und die Forderung der Klägerin gegen die IBZ folglich noch nicht auf die Firma Fuchs übergegangen war. Dass die Klägerin damals eine Forderung gegen die IBZ besass, hindert die Anwendung von Art. 213 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG nicht; denn diese Bestimmung verbietet nach Wortlaut und Sinn dem Schuldner des Gemeinschuldners auch die Verrechnung solcher Forderungen gegen den Gemeinschuldner, die im Zeitpunkte der Konkurseröffnung zwar schon bestanden, aber noch nicht dem Schuldner, der sie zur Verrechnung bringen möchte, BGE 95 III 47 S. 57 zustanden (BLUMENSTEIN S. 646; JAEGER N. 9 zu Art. 213 SchKG , S. 106). Der Grundsatz, dass der Schuldner des Gemeinschuldners ihm zustehende Forderungen auch dann, wenn sie betagt oder bedingt sind, zur Verrechnung bringen kann (BLUMENSTEIN S. 644; JAEGER N. 3 zu Art. 213 SchKG ; BGE 21 S. 879; vgl. auch BGE 39 II 394 , wo es sich um die Verrechnung einer fälligen Forderung mit einer nicht fälligen Forderung des Gemeinschuldners handelte), hilft der Klägerin nicht; denn die Firma Fuchs besass als Eigentümerin des der Klägerin für eine Schuld der IBZ bestellten Grundpfandes bei Eröffnung des Konkurses über die IBZ gegen diese weder eine betagte noch eine bedingte Forderung im Sinne des erwähnten Grundsatzes, sondern nur eine Anwartschaft auf den Erwerb der grundpfandgesicherten Forderung der Klägerin gegen die IBZ. Nicht die Forderung als solche, sondern ihr Übergang auf die Firma Fuchs war bedingt. Da die Forderung im Zeitpunkte der Konkurseröffnung über die IBZ noch nicht der Firma Fuchs, sondern der Klägerin zustand, konnte sie nur mit allfälligen Forderungen der IBZ gegen die Klägerin verrechnet werden, nicht mit solchen gegen die Firma Fuchs. Die Verrechnung der bei Befriedigung der Klägerin auf die Firma Fuchs bzw. deren Masse übergehenden Forderung der Klägerin gegen die IBZ mit Forderungen der IBZ gegen die Firma Fuchs lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht auf eine entsprechende Anwendung von Art. 215 Abs. 1 SchKG stützen. Indem diese Vorschrift bestimmt, dass Forderungen aus Bürgschaften des Gemeinschuldners im Konkurs geltend gemacht werden können, auch wenn sie noch nicht fällig sind, regelt sie einen Sonderfall noch nicht fälliger Ansprüche gegen den Gemeinschuldner (BLUMENSTEIN S. 661). Die Frage, ob der Pfandeigentümer die ihm zur Zeit der Konkurseröffnung über den Pfandschuldner noch nicht zustehende, sondern erst später durch Subrogation auf ihn übergehende Forderung des Pfandgläubigers im Konkurs des Pfandschuldners mit Forderungen des Pfandschuldners gegen ihn verrechnen könne, hat mit der Frage, ob im Konkurs des Bürgen noch nicht fällige Bürgschaftsforderungen geltend gemacht werden können, nichts gemein. In der Forderung gegen die IBZ, welche die Firma Fuchs bzw. deren Konkursmasse bei Ablösung oder Verwertung des der Klägerin bestellten Grundpfandes erhält, liegt also keine BGE 95 III 47 S. 58 oder auf jeden Fall keine auch nur einigermassen gleichwertige Gegenleistung der Klägerin für die Errichtung der streitigen Grundpfandverschreibung, so dass dieses Geschäft nach Art. 286 SchKG anfechtbar ist, wenn die Firma Fuchs rechtlich nicht verpflichtet war, die Forderungen der Klägerin gegen die IBZ und die Ladenstadt sicherzustellen. Die Gesetzesauslegung, die zu diesem Ergebnis führt, hat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Folge, dass sogar jede Zahlung zur Tilgung eigener Schulden, die der Gemeinschuldner in den letzten sechs Monaten vor der Konkurseröffnung geleistet hat, nach Art. 286 SchKG angefochten werden könnte. Die Zahlung fälliger eigener Schulden lässt sich schon deshalb nicht unter Art. 286 SchKG ziehen, weil sie in Erfüllung einer Rechtspflicht erfolgt und aus diesem Grunde keine ganz oder teilweise unentgeltliche Verfügung im Sinne von Art. 286 SchKG darstellt, und die Anfechtung der Zahlung nicht verfallener Schulden in den letzten sechs Monaten vor der Konkurseröffnung setzt nach Art. 287 SchKG voraus, dass der Gemeinschuldner im Zeitpunkt ihrer Vornahme bereits überschuldet war. 6. Schliesslich macht die Klägerin geltend, angesichts der engen persönlichen und wirtschaftlichen Verflechtung zwischen der Firma Fuchs, der IBZ und der Ladenstadt habe sich die durch die Errichtung der Grundpfandverschreibung geförderte Gewährung von Krediten an die IBZ und die Ladenstadt "zugunsten auch und insbesondere der Gemeinschuldnerin auswirken" müssen. Sie betrachtet es als einen Verstoss gegen Treu und Glauben, dass sich die Beklagte unter Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit der drei Unternehmen diesen Vorteil nicht als Entgelt für die Bestellung des streitigen Grundpfandes anrechnen lassen will. Im deutschen Recht wird die Auffassung vertreten, die nichtgeschuldete Sicherung fremder Verbindlichkeiten könne sich nach der Willensmeinung der Beteiligten als unentgeltliche Verfügung darstellen; Verbürgung und Verpfändung seien aber entgeltlich, "wenn für die Haftübernahme als Gegenvorteil die Förderung eigener rechtlicher oder doch wirtschaftlicher Belange des Eintretenden angestrebt wird" (E. JAEGER, Die Gläubigeranfechtung ausserhalb des Konkursverfahrens, 2. Aufl. 1938, Anm. 53 zu § 3 des Anfechtungsgesetzes, S. 201; derselbe, Konkursordnung mit Einführungsgesetzen, 8. Aufl., I. Band BGE 95 III 47 S. 59 1958, Anm. 8 zu § 32 der Konkursordnung, S. 514). Als Beispiel eines Entgelts nennt E. JAEGER an der zuerst genannten Stelle einen Kredit an einen Angehörigen des Bürgen. Es kann dahingestellt bleiben, ob nach schweizerischem Recht eine Leistung an eine dem Pfandeigentümer nahestehende Person oder Gesellschaft unter dem Gesichtspunkte von Art. 286 SchKG unter Umständen als Entgelt für die Pfandbestellung anerkannt werden und die Anwendung dieser Bestimmung ausschliessen könne. Auch wenn man diese Frage grundsätzlich bejahen wollte, würde das der Klägerin im vorliegenden Falle nicht helfen. Die IBZ und die Ladenstadt erhielten nämlich im Zusammenhang mit der Errichtung der streitigen Grundpfandverschreibung keine neuen Kredite, sondern es handelte sich um die Sicherstellung bereits bestehender Schulden. Die Klägerin erklärte sich im Hinblick auf diese zusätzliche Sicherung ihrer "überfälligen" Kredite an die IBZ und die Ladenstadt lediglich bereit, während dreier Monate (bis Ende August 1965) von weitern rechtlichen Massnahmen gegen diese beiden Gesellschaften abzusehen, und zwar gab sie diese Erklärung nicht einmal vorbehaltlos, sondern "unter dem üblichen Vorbehalt" ab (vgl. das bereits erwähnte Schreiben der Klägerin vom 2. Juni 1965). Der wirtschaftliche Vorteil, den diese - prekäre - Zusicherung an die IBZ und die Ladenstadt der Firma Fuchs mittelbar geboten haben mag, stand zu ihrer eigenen Leistung auf jeden Fall in einem starken Missverhältnis. Die Pfandbestellung wäre also, wenn ohne Rechtspflicht dazu erfolgt, selbst dann nach Art. 286 SchKG anfechtbar, wenn man annehmen wollte, ein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil dieser Art könne an sich als Gegenleistung für die Pfandbestellung in Betracht fallen. Die Vorinstanz hat nach alledem zu prüfen, ob die Firma Fuchs rechtlich zur Sicherstellung der Schulden der IBZ und der Ladenstadt verpflichtet war. Trifft das nicht zu, so ist die Klage auf Zulassung der streitigen Grundpfandverschreibung im Lastenverzeichnis in Anwendung von Art. 286 SchKG abzuweisen. Wurde die Grundpfandverschreibung dagegen in Erfüllung einer Rechtspflicht zur Sicherstellung der genannten Schulden errichtet, so lässt sich die Pfandbestellung nicht auf Grund von Art. 286 SchKG anfechten und muss noch geprüft werden, ob diese Rechtshandlung aus einem andern Grunde, insbesondere nach Art. 288 SchKG , anfechtbar sei. BGE 95 III 47 S. 60 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. Oktober 1968 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
null
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
dd4e7034-7133-45ac-aa2e-468ae85db58a
Urteilskopf 138 III 145 22. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Stadt Zürich gegen X. und Betreibungsamt Bern Mittelland (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_404/2011 vom 26. Januar 2012
Regeste Art. 111 SchKG , Art. 289 Abs. 2 ZGB ; privilegierte Anschlusspfändung, Übergang des Privilegs auf das Gemeinwesen. Das Gemeinwesen ist nach Art. 289 Abs. 2 ZGB berechtigt, den privilegierten Anschluss an die Pfändung zu verlangen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 138 III 145 S. 145 A. In der gegen X. laufenden Betreibung der Krankenkasse A. vollzog das Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, am 10. Dezember 2010 die Pfändung (Gruppe Nr. x). Auf entsprechende Mitteilung hin gelangte die Stadt Zürich, Soziale Dienste/Alimentenstelle, am 5. Januar 2011 an das Betreibungsamt. Sie verlangte den privilegierten Anschluss an die Pfändung nach Art. 111 SchKG für Alimentenforderungen gegenüber dem Schuldner, die sie für dessen Sohn vom 1. Juli 2008 bis 1. Januar 2011 bevorschusst hatte. Darauf teilte das Betreibungsamt der Stadt Zürich am 14. Januar 2011 mit, dass Unterhaltsbeiträge, die durch das Gemeinwesen BGE 138 III 145 S. 146 bevorschusst werden, zur privilegierten Anschlusspfändung nicht berechtigt seien. B. Gegen die Verfügung des Betreibungsamtes erhob die Stadt Zürich Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, welche mit Entscheid vom 7. Juni 2011 abgewiesen wurde. C. Die Stadt Zürich ist am 16. Juni 2011 mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin verlangt, der Entscheid der Aufsichtsbehörde vom 7. Juni 2011 sei aufzuheben und das Betreibungsamt sei anzuweisen, den privilegierten Anschluss an die Pfändung vom 10. Dezember 2010 zu gewähren. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Begehren der Beschwerdeführerin, welche gestützt auf Art. 111 SchKG an der gegenüber dem Schuldner vollzogenen Pfändung teilnehmen will. Nach dieser Gesetzesbestimmung können bestimmte Personen an einer Pfändung ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen (Abs. 1), u.a. die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis (Abs. 1 Ziff. 2). Sodann bestimmt Art. 289 Abs. 2 ZGB , dass der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen übergeht, falls das Gemeinwesen für den Unterhalt aufkommt (Subrogation bzw. Legalzession nach Art. 289 Abs. 2 ZGB ; BGE 137 III 193 E. 2.1 S. 197). Dass die Beschwerdeführerin als Gemeinwesen bevorschusste Unterhaltsansprüche für das Kind des Schuldners geltend macht, steht nicht in Frage. Streitpunkt ist hingegen, ob sie infolge Subrogation die privilegierte Anschlusspfändung nach Art. 111 SchKG verlangen kann. 3.1 Die Beschwerdeführerin stellt zunächst die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde in Frage. Dieses Vorbringen ist nicht haltbar. Es geht hier nicht um die Entscheidung, ob der Beschwerdeführerin materiell ein Unterhaltsanspruch in der geltend gemachten Höhe zusteht, was im Anschlussprozess zu klären wäre ( Art. 111 Abs. 5 SchKG ), sondern darum, ob ein nach Art. 111 SchKG privilegierter Forderungsanspruch vorliegt. Der Streit dreht sich m.a.W. um die Legitimation eines Gläubigers zur Stellung des Anschlusspfändungsbegehrens. BGE 138 III 145 S. 147 Diese zu prüfen ist Sache des Betreibungsamtes, dessen Entscheid mit Beschwerde nach Art. 17 SchKG weitergezogen werden kann ( BGE 61 III 80 E. 2 S. 84; ZR 1905 Nr. 86 E. 1 S. 137). 3.2 Das Bundesgericht hat die Frage, ob das Unterhaltsbeiträge bevorschussende Gemeinwesen den privilegierten Pfändungsanschluss ( Art. 111 SchKG ) verlangen kann, noch nicht entschieden. In der Lehre und Praxis findet sich keine einheitliche Antwort. 3.2.1 Ein Teil der Autoren vertritt die Auffassung, dass zu "allen Rechten", die auf das Gemeinwesen übergehen ( Art. 289 Abs. 2 ZGB ), auch das Recht zum privilegierten Pfändungsanschluss gehört, weil es um die qualitative Sicherung der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs gehe (u.a. BREITSCHMID, Fragen um die Zwangsvollstreckung bei Alimentenbevorschussung [...], SJZ 1992 S. 64; HEGNAUER, Berner Kommentar, 1997, N. 97 zu Art. 289 ZGB ; HAUSHEER/SPYCHER, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, S. 386 Rz. 6.42; BASTONS BULLETTI, Les moyens d'exécution des contributions d'entretien après divorce et les prestations d'aide sociale, in: Droit patrimonial de la famille, 2004, S. 72; MATHEY, La saisie de salaire et de revenu, 1989, S. 211 Rz. 457). 3.2.2 Nach anderer Meinung handelt es sich beim Anschlussrecht nach Art. 111 SchKG um ein Vorzugsrecht, welches mit Blick auf die persönliche Rücksichtnahme untrennbar mit der Person des Abtretenden verbunden sei und nicht nach Art. 170 OR übergehe (u.a. JENT-SØRENSEN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 15 zu Art. 111 SchKG ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. II, 2000, N. 36 zu Art. 111 SchKG ; PROBST, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2003, N. 10 zu Art. 170 OR ; GIRSBERGER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 9 zu Art. 170 OR ). Die kantonale Rechtsprechung ist von dieser Auffassung bzw. von der Verweigerung des Anschlussprivilegs nicht überzeugt (ZR 1991 Nr. 40 E. 4a S. 126 obiter dictum ). 3.3 Nach dem Wortlaut von Art. 289 Abs. 2 ZGB geht der bevorschusste Unterhalt "mit allen Rechten" ("avec tous les droits", "con tutti i diritti") auf das Gemeinwesen über. Dies lässt den Einbezug des Übergangs des Rechts auf privilegierte Anschlusspfändung grundsätzlich zu. Nichts anderes ergibt sich aus der weiteren Auslegung der Bestimmung. BGE 138 III 145 S. 148 3.3.1 Den Materialien lässt sich entnehmen, dass die Subrogation "namentlich" die Unterhaltsklage ( Art. 279 ff. ZGB ), den Anspruch auf Schuldneranweisung ( Art. 291 ZGB ) und auf Sicherstellung ( Art. 292 ZGB ) erfasst (Botschaft vom 5. Juni 1974 über die Änderung des ZGB [Kindesverhältnis], BBl 1974 II 1, 64 Ziff. 322.6). Daraus kann ebenso wenig wie aus der systematischen Einordnung von Art. 289 Abs. 2 ZGB (im Kindesunterhaltsrecht) abgeleitet werden, dass der Übergang von zwangsvollstreckungsrechtlichen Vorzugsrechten ausgeschlossen sei. Der Revisionsgesetzgeber wollte die Geltendmachung und Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs erleichtern. Mit dem Ausbau der privatrechtlichen Regelung wurde auch klargestellt, dass es sich bei der Bevorschussung des Unterhaltsanspruchs durch das Gemeinwesen nicht um Sozialleistungen handelt. Das Kind soll nicht Anspruch auf Bevorschussung haben, weil es Not leidet, sondern weil der Unterhaltspflichtige säumig ist. Das Gemeinwesen erbringt die Leistung an Stelle des Pflichtigen, weshalb der privatrechtliche (Unterhalts-)Anspruch übergeht (Botschaft, a.a.O., 66 Ziff. 322.7). 3.3.2 Zweck der Subrogation ist demnach, dass der Unterhaltsschuldner nicht von seiner Nachlässigkeit profitieren soll. Aus diesem Grund kann das bevorschussende Gemeinwesen die Schuldneranweisung nach Art. 291 ZGB verlangen, wie das Bundesgericht kürzlich entschieden hat ( BGE 137 III 193 E. 3.4 S. 201). Die gleiche Überlegung gilt für das Recht des Gemeinwesens, die privilegierte Anschlusspfändung nach Art. 111 SchKG zu verlangen. Sie dient - ebenso wie die Schuldneranweisung - nicht dem unmittelbaren Unterhalt des Berechtigten, sondern vielmehr der Sicherung der Durchsetzung der Unterhaltsforderung (vgl. BREITSCHMID, a.a.O.). Demnach verlangt eine auf Art. 289 Abs. 2 ZGB bzw. die zivilrechtliche Funktion der Subrogation abgestimmte Handhabung von Art. 111 SchKG , dass das Anschlussprivileg ohne Weiteres an der Unterhaltsforderung haftet ( privilegium causae) und vom bevorschussenden Gemeinwesen geltend gemacht werden kann. 3.4 Betreibungs- oder obligationenrechtliche Aspekte stehen dieser Auslegung nicht entgegen. 3.4.1 Wohl hat das Anschlussprivileg nach Art. 111 SchKG seinen Grund in der für bestimmte Gläubiger bestehenden Schwierigkeit, wegen des familien- oder vormundschaftlichen Verhältnisses ihre Forderung durch selbständige Schuldbetreibung durchzusetzen ( BGE 72 I 151 S. 154). Um den Nachteil gegenüber Fremdgläubigern wettzumachen, erleichtert das Gesetz den betreffenden benachteiligten BGE 138 III 145 S. 149 Gläubigern die Teilnahme an einer bereits vollzogenen Pfändung durch ein doppeltes Vorrecht (Anschluss innert längerer Frist, ohne vorgängige Betreibung). Es ist jedoch nicht einzusehen, weshalb ein Schuldner, dessen Unterhaltsleistungen das Gemeinwesen bevorschussen muss, besser fahren soll (weil er nur mit vorgängiger Betreibung belangt werden kann) als ein Schuldner, dessen Gläubiger nicht auf die Bevorschussung angewiesen ist. Diese Unterscheidung, auf welche die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist, ist durch den Zweck von Art. 111 SchKG nicht geboten und lässt sich betreibungsrechtlich nicht rechtfertigen. 3.4.2 Zu Recht hat die Vorinstanz die Subrogation bzw. Legalzession nach Art. 289 Abs. 2 ZGB mit Blick auf Art. 170 Abs. 1 OR gewürdigt. Nach dieser Bestimmung ist der Übergang der Vorzugs- und Nebenrechte eingeschränkt: Diese Rechte gehen nicht über, wenn sie "untrennbar mit der Person des Abtretenden verknüpft sind". Die Verknüpfung kann sich aus dem Willen der Parteien oder der Natur der Rechte ergeben ( BGE 103 II 75 E. 4 S. 79; GIRSBERGER, a.a.O.; PROBST, a.a.O., mit weiteren Hinweisen). Für die Frage, ob das Anschlussrecht nach Art. 111 SchKG als "untrennbar mit der Person" betrachtet werden muss, ist auf die "Natur" bzw. den Sinn und Zweck der Legalzession von Art. 289 Abs. 2 ZGB abzustellen (vgl. BGE 137 III 193 E. 3.4 S. 201, betreffend Schuldneranweisung). Wie dargelegt soll der Unterhaltsschuldner nicht von seiner Nachlässigkeit profitieren (E. 3.3.2). Da mit der Bevorschussung der Unterhaltsleistung durch das Gemeinwesen nicht eine Entlastung des Schuldners eintreten soll, ist das Anschlussprivileg als privilegium causae aufzufassen bzw. kann es nicht an der Person des Gläubigers haften. Es überzeugt daher nicht, wenn die Aufsichtsbehörde der Beschwerdeführerin den Anschluss nach Art. 111 SchKG unter Hinweis auf Art. 170 OR verweigert hat. 3.4.3 Schliesslich kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz (sowie offenbar MEIER/STETTLER, Droit de filiation, 4. Aufl. 2009, S. 556 Fn. 2058) aus BGE 116 III 10 keine Verweigerung des Anschlussprivilegs abgeleitet werden. Nach der zitierten Rechtsprechung kann bei der Einkommenspfändung ( Art. 93 SchKG ) nur dann in das Existenzminimum des Schuldners eingegriffen werden, wenn die Pfändung (oder der Arrest) von unterhaltsberechtigten Familienmitgliedern verlangt wird, nicht aber, wenn das Gemeinwesen im Rahmen von Art. 289 Abs. 2 ZGB als Gläubiger auftritt ( BGE 106 III 18 E. 2 S. 20; zuletzt BGE 137 III 193 E. 3.9 S. 204). Dieser Rechtsprechung liegt die sozialpolitische Überlegung zugrunde, dass Schuldner und BGE 138 III 145 S. 150 Gläubiger den gleich schweren wirtschaftlichen Einschränkungen unterliegen sollen, wenn beide Einkommen den Notbedarf nicht zu decken vermögen ( BGE 116 III 10 E. 4 S. 15); es überwiegt die Verknüpfung mit der Person. Der Eingriff in den Notbedarf, der als Ausnahme zugelassen wird, haftet daher als privilegium personae am Unterhaltsberechtigten ( BGE 106 III 18 E. 2 S. 21). Dem steht jedoch nicht entgegen, dass andere betreibungsrechtliche Privilegien von der Subrogation nach Art. 289 Abs. 2 ZGB erfasst sind. Das Anschlussprivileg erleichtert zwar die betreibungsrechtliche Geltendmachung der Forderung (keine vorgängige Betreibung notwendig), ist jedoch mit dem Eingriff in das Existenzminimum des Schuldners nicht vergleichbar. Die privilegierte Anschlusspfändung gemäss Art. 111 SchKG wird daher von der Subrogation nach Art. 289 Abs. 2 ZGB erfasst, ebenso wie das Privileg im Kollokationsplan (Art. 219 Abs. 4 Erste Klasse lit. c SchKG), was allgemein anerkannt ist (vgl. BGE 57 II 10 E. 3 S. 13 sowie u.a. GILLIÉRON, a.a.O., Bd. III, 2001, N. 84 zu Art. 219 SchKG ; LORANDI, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, a.a.O., N. 247 zu Art. 219 SchKG ). 3.5 Nach dem Dargelegten ist mit Bundesrecht nicht vereinbar, wenn die Aufsichtsbehörde die Legitimation der Beschwerdeführerin zum Anschlussbegehren nach Art. 111 SchKG verweigert hat, weil sie eine Unterhaltsforderung gestützt auf Art. 289 Abs. 2 ZGB geltend macht. Die Rüge einer Rechtsverletzung ist begründet.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
dd536161-1bc5-4499-b6ef-e6580f00f680
Urteilskopf 107 V 122 26. Arrêt du 25 mai 1981 dans la cause Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail contre Tessier et Commission cantonale fribourgeoise de recours en matière d'assurance-chômage
Regeste Art. 15 Abs. 1 AlVV . - Um festzustellen, ob die Voraussetzung der genügenden beitragspflichtigen Beschäftigung erfüllt ist, muss die Zeit, die ein teilzeitbeschäftigter Lehrer für die Vorbereitung der Unterrichtsstunden, für Korrekturarbeiten und andere berufliche Obliegenheiten benötigt, mit berücksichtigt werden (Erw. 1a). Ermittlung der Zeitspanne, die dafür anzurechnen ist (Erw. 1b). - Ein Teilzeitbeschäftigter, der nachweist, dass er eine regelmässige Beschäftigung von wöchentlich 10 Stunden während 26 Wochen oder von wöchentlich 15 Stunden während 17 1/3 Wochen ausgeübt hat, erfüllt die Voraussetzung des Art. 15 Abs. 1 AlVV (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 123 BGE 107 V 122 S. 123 A.- Marianne Tessier est jardinière d'enfants. Elle a exercé sa profession en Suisse du 1er septembre 1972 au 30 juin 1975. D'octobre 1975 à février 1976, elle a résidé au Québec. De retour à Fribourg, elle s'est efforcée de trouver un emploi. A part une activité de quelque trois semaines en juillet 1976, elle n'a obtenu qu'un engagement à mi-temps pour l'année scolaire 1976/1977 (du 15 septembre au 30 juin). Ses heures de classe étaient au nombre de 8 (au lieu de 18) par semaine. Son traitement s'élevait à 620 fr. par mois. Sans travail depuis la rentrée scolaire, la prénommée - qui avait demandé le 16 février 1976 son affiliation à la Caisse publique d'assurance-chômage de la ville de Fribourg et avait été admise avec effet au 1er mars 1976 - s'est annoncée à l'assurance le 29 août 1977 aux fins d'être indemnisée de son chômage. Statuant dans le cadre d'une procédure pour cas douteux, le Service cantonal fribourgeois de l'assurance-chômage a considéré le 30 septembre 1977 que la situation de la requérante était très particulière et a invité la caisse à lui verser les prestations légales. B.- L'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail a recouru contre la décision du service précité, en soutenant que Marianne Tessier ne pouvait prétendre à des indemnités, son horaire hebdomadaire ne comptant pas au moins 15, ni même 10 heures de travail. La Commission cantonale de recours en matière d'assurance-chômage, Fribourg, a rejeté le recours, par jugement du 9 décembre 1977, en bref parce que l' art. 15 al. 1 OAC ne saurait, légalement, s'appliquer aux enseignants fribourgeois qui donnent moins de 15 heures de classe par semaine. C.- L'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail interjette recours de droit administratif, en reprenant ses BGE 107 V 122 S. 124 conclusions et motifs de première instance. Il met de plus en doute que l'intéressée fût apte à s'assurer, à son retour du Québec. Le Service cantonal de l'assurance-chômage conclut au rejet du recours. Le juge délégué a procédé à diverses mesures d'instruction. Marianne Tessier a fourni au tribunal des précisions relatives au travail de préparation que comporte son enseignement. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Dans le régime transitoire de l'assurance-chômage en vigueur depuis le 1er avril 1977, le droit d'être indemnisé est régi notamment par l' art. 15 al. 1 OAC , relatif aux travailleurs à temps partiel. Aux termes de cette disposition, ces derniers sont réputés exercer une activité suffisante soumise à cotisation au sens de l' art. 12 al. 1 OAC lorsqu'ils ont eu, durant au moins 26 semaines au cours de la période de référence de 365 jours (précédant immédiatement le chômage), une activité régulière d'au moins 15 heures par semaine. Très récemment, sur la base d'une décision de la Cour plénière, le Tribunal fédéral des assurances a jugé ( ATF 105 V 119 ) que le temps nécessaire à un enseignant pour préparer son enseignement doit être assimilé aux heures de classe proprement dites. Il est généralement reconnu en effet qu'un enseignant doit effectuer en dehors des heures de classe proprement dites un certain nombre de tâches (préparation de l'enseignement, correction de travaux, etc.) que le traitement alloué est également destiné à rémunérer. Le temps consacré à l'accomplissement de ces tâches peut être estimé; il est suffisamment contrôlable, au sens où l'entend la loi. b) Pour des raisons pratiques, on évaluera le temps consacré aux travaux dont l'enseignant est chargé en dehors des heures de classe à proprement parler de la manière suivante: le nombre d'heures d'école hebdomadaires d'un enseignant à plein temps ressortant de la loi ou des dispositions correspondantes applicables aux collaborateurs d'une école privée est réputé correspondre au temps de travail hebdomadaire normal dans l'administration ou dans le secteur privé. La différence entre le nombre d'heures hebdomadaires d'un enseignant (par exemple 28 heures) et le nombre d'heures hebdomadaires d'un fonctionnaire ou d'un salarié (que l'on fixera à 44 pour des raisons pratiques) est censée correspondre au temps nécessaire pour accomplir les tâches BGE 107 V 122 S. 125 annexes susmentionnées. Pour connaître le temps effectif de travail d'un enseignant à temps partiel, on multipliera le nombre d'heures de classe hebdomadaires dont il est chargé par le facteur résultant du rapport existant entre le temps normal de travail de 44 heures et le nombre d'heures correspondant d'un enseignant à plein temps. Si ce dernier nombre d'heures est de 28 par semaine, on obtiendra un facteur (arrondi) de 1,6. La personne chargée d'un enseignement comportant 12 heures de classe hebdomadaires exerce dès lors en fait une activité à temps partiel représentant 19 heures de travail par semaine, en chiffre rond. Il appartiendra au besoin à l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail d'édicter les directives nécessaires pour tenir compte des particularités liées aux divers degrés et sortes d'enseignements, catégorie d'enseignants, etc. 2. L'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail estime que la norme de 15 heures hebdomadaires pendant 26 semaines fixée à l' art. 15 al. 1 OAC doit, en application de sa circulaire no 22 du 25 novembre 1975, être abaissée aux deux tiers, soit à 10 heures pendant 26 semaines, si, en raison du chômage, une personne occupée à temps partiel n'est pas en mesure d'apporter une justification complète. La Cour de céans n'a pas de motif de s'opposer à cette réglementation, demeurée en vigueur jusqu'à la promulgation de l'Ordonnance du 24 août 1979 concernant la prise en compte de 50 jours de chômage pour la justification d'une activité soumise à cotisation. Elle a du reste déjà jugé que la norme susmentionnée pouvait être abaissée à 15 heures hebdomadaires pendant 17 semaines 1/3 ( ATF 107 V 113 ). 3. En l'espèce, Marianne Tessier est manifestement visée par la circulaire no 22 susmentionnée: il ressort des pièces qu'elle recherchait un emploi à plein temps et qu'elle n'a accepté un poste à mi-temps que pour échapper à un chômage total. Par ailleurs, il est évident que la prénommée a eu une activité hebdomadaire d'une durée supérieure à 10 heures pendant 26 semaines, si l'on tient compte comme il se doit des heures consacrées aux tâches annexes d'enseignante. C'est donc à tort que l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail entend fonder un refus de prestations sur le nombre d'heures de travail hebdomadaires de l'intéressée. BGE 107 V 122 S. 126 Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est admis dans le sens que le jugement attaqué et la décision litigieuse sont annulés et la cause, renvoyée au Service cantonal de l'assurance-chômage pour réexamen de l'affaire et nouvelle décision, conformément aux considérants.
null
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd66541f-5f7d-4f9c-a3e9-9d889ee44901
Urteilskopf 116 II 335 61. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Juni 1990 i.S. L. E. und A. K. gegen A. B. und Konsorten (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Einspruchsverfahren und Vorkaufsrecht ( Art. 19 und 21 Abs. 3 EGG ). Die Ausübung vertraglicher Vorkaufsrechte führt nicht zum Ausschluss des Einspruchsverfahrens gemäss Art. 21 Abs. 3 EGG . Frage offengelassen, welche Auswirkungen die Bestätigung des Einspruchs auf die Ausübung des Vorkaufsrechts zeitigt.
Sachverhalt ab Seite 335 BGE 116 II 335 S. 335 Mit Vertrag vom 16. Juni 1987 verkaufte Agnes B. der J. Eisenring AG das in der Gemeinde Hittnau gelegene Grundstück Kat. Nr. 2788 mit einer Fläche von 176,12 Aren zu einem Preis von Fr. 710'000.--. Die Verkäuferin hatte dieses Grundstück von ihrem bereits 1980 verschiedenen Gatten geerbt, dem es selbst von seinem verstorbenen Vater mit letztwilliger Verfügung vom 5. Juni 1957 zum Ertragswert zugesprochen worden war. In derselben Verfügung war den Schwägerinnen der Verkäuferin, Lydia E. und Annemarie K., ein ebenfalls auf den Ertragswert limitiertes Vorkaufsrecht am betreffenden Grundstück eingeräumt worden. Gegen den Kaufvertrag vom 16. Juni 1987 erhob das Landwirtschaftsamt des Kantons Zürich am 16. Juli 1987 Einspruch wegen BGE 116 II 335 S. 336 Spekulation im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG). Das Landwirtschaftsgericht des Kantons Zürich schützte diesen Einspruch mit Urteil vom 9. Oktober 1989. Dagegen haben die vorkaufsberechtigten Lydia E. und Annemarie K. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, verbunden mit der Anweisung, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das ihnen am fraglichen Grundstück zustehende Vorkaufsrecht auszusetzen. Mit Eventualbegehren verlangen sie die Aussetzung des Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahrens, bis über den Anspruch aus diesem Vorkaufsrecht endgültig entschieden ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Einspruchsverfahren im Sinne von Art. 19 ff. EGG ist gemäss Art. 21 Abs. 3 EGG nicht gegeben und ein bereits eingeleitetes Verfahren fällt dahin, wenn ein Vorkaufsrecht im Sinne der Art. 6 ff. EGG ausgeübt wird. Eine vergleichbare Bestimmung findet sich in Art. 63 Abs. 2 des Entwurfs zum Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) vom 19. Oktober 1988; danach soll ein eingeleitetes Einspracheverfahren dahinfallen, wenn ein Verwandter oder ein Miteigentümer ein Vorkaufsrecht nach diesem Gesetz ausübt und das Vorkaufsrecht anerkannt wird (vgl. BBl 1988 III 1127). a) Nach dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 3 EGG sowie demjenigen des gegenwärtig in den Räten diskutierten Art. 63 Abs. 2 des Entwurfs zum BGBB kann kein Zweifel bestehen, dass der Ausschluss des Einspracheverfahrens nur dann Platz greift, wenn ein bäuerliches Vorkaufsrecht ausgeübt wird. In der bundesrätlichen Botschaft zum BGBB wird denn auch ausdrücklich die Meinung vertreten, dass Erwerbsgeschäfte aufgrund vertraglicher Vorkaufsrechte dem Einspracheverfahren uneingeschränkt unterliegen (Botschaft zum BGBB vom 19. Oktober 1988, in BBl 1988 III 953 ff., insb. 1037). Diese Sichtweise beruht auf der Überlegung des Gesetzgebers, wonach die Durchführung eines Einspracheverfahrens nicht geboten ist, wenn ein der Zwecksetzung in Art. 1 EGG dienliches Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 6 ff. EGG ausgeübt wird. Wird demgegenüber mit der Veräusserung eines landwirtschaftlichen Gewerbes die Voraussetzung zur Ausübung eines BGE 116 II 335 S. 337 rechtsgeschäftlich begründeten und damit nicht notwendigerweise dem Leitgedanken des geltenden bäuerlichen Bodenrechts entsprechenden Vorkaufsrechts geschaffen, muss bezüglich jenes Geschäfts die Möglichkeit der Beurteilung im Lichte von Art. 19 EGG offenbleiben. b) Im Schrifttum ist aus praktischen Erwägungen vereinzelt die Meinung geäussert worden, dass das Einspracheverfahren - sofern dessen Voraussetzungen vorlägen - selbst bei Ausübung eines bäuerlichen Vorkaufsrechts durchzuführen sei, damit Klarheit über den Eintritt des Vorkaufsfalles entstehe (vgl. LIVER, Fragen des neuen landwirtschaftlichen Bodenrechts, in ZSR 68/1949, S. 49 f.; dagegen indessen JOST, Handkommentar zum EGG, 1951, N 2 zu Art. 21, S. 109 f.). Befürworter wie Gegner dieser Auffassung gehen mehr oder weniger stillschweigend davon aus, dass das durch die Bestätigung des Einspruchs bedingte Dahinfallen des Kaufvertrages mit Bezug auf das Vorkaufsrecht die Wirkungslosigkeit der Ausübungserklärung zur Folge hätte. Handelt es sich indessen beim geltend gemachten Vorkaufsrecht, wie erwähnt, nicht um ein landwirtschaftliches Zugrecht im Sinne von Art. 6 EGG , muss die Möglichkeit zur Durchführung des Einspruchsverfahrens unter allen Umständen garantiert werden und es mag offenbleiben, ob sich die vorstehend dargelegte Auffassung halten lässt oder ob sie bereits aufgrund bisheriger Rechtsprechung sowie der neueren Lehre als überholt bezeichnet werden muss (vgl. etwa MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar IV/I/1, 1975, N 188 zu Art. 681 ZGB ; THOMAS SUTTER, Einige Gedanken zum Vorkaufsrecht, in SJZ 81/1985, S. 281; KURT WISSMANN, Verwandte Verträge, in: Der Grundstückkauf, 1989, S. 494, Rz. 1466 f.; BGE 73 II 165 f.). Dass somit einer wörtlichen Auslegung von Art. 21 Abs. 3 EGG zu folgen ist, wird im übrigen als so selbstverständlich erachtet, dass im Schrifttum keine Worte darüber verloren werden (vgl. auch etwa ALBERT COMMENT, Grundstückkauf, SJK Nr. 228, S. 20, sowie BENNO STUDER, Der Kauf landwirtschaftlicher Grundstücke, in: Der Grundstückkauf, St. Gallen 1989, S. 346, Rz. 971).
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dd66de99-03d2-4786-8f7d-b6001afcd47c
Urteilskopf 101 V 91 16. Urteil vom 7. April 1975 i.S. Gemeinde Schötz gegen Ausgleichskasse des Kantons Luzern und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
Regeste Art. 5 Abs. 2 AHVG . Beitragsrechtliche Qualifikation des Taggeldes und der freien Verpflegung, die Zivilschutzinstruktoren erhalten.
Sachverhalt ab Seite 91 BGE 101 V 91 S. 91 A.- Eduard Amrhein hatte im Jahre 1972 22 Tage Dienst als Instruktor im Zivilschutz-Ausbildungszentrum Schötz geleistet und für jeden Diensttag Fr. 50.-- Taggeld sowie Fr. 15.-- Spesenersatz nebst freier Mittagsverpflegung bezogen. Am 21. März 1974 verfügte die Ausgleichskasse des Kantons Luzern, die Gemeinde Schötz müsse Fr. 72.30 Beitrag an AHV, Invalidenversicherung und Erwerbsersatzordnung nachzahlen, laut folgender Rechnung: Barlohn = 22 x Fr. 50.-- Fr. 1'100.-- Naturallohn = 22 x Fr. 3.-- Fr. 66.-- ------------ Gesamtlohn Fr. 1'166.-- 6,2% von Fr. 1'166.-- Fr. 72.30 BGE 101 V 91 S. 92 B.- Der Gemeinderat Schötz rekurrierte und bestritt jede Beitragspflicht. Was ein Zivilschutz-Instruktor von der Gemeinde erhalte, sei Sold und nicht Lohn. Eventuell schulde Eduard Amrhein allein die nachgeforderten Beiträge; denn ein Instruktor dürfe wählen, ob er das Taggeld oder die gewöhnliche Vergütung nebst Erwerbsersatz beziehen wolle (Art. 6 des BRB vom 17. November 1971 über die Funktionsstufen und Vergütungen im Zivilschutz). Mit Urteil vom 27. August 1974 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die Beschwerde ab. Es hielt sich an die Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über den massgebenden Lohn, die in Rz. 115 folgendes bestimmt: "Taggelder sind je Tag oder Halbtag bemessene Entgelte, durch die gewisse nebenberufliche Funktionäre wie Richter, Experten, Leiter von Kursen entlöhnt werden. Sie ... gehören zum massgebenden Lohn ... Wird den Funktionären ausser den Fahrtkosten keine besondere Unkostenvergütung gewährt, so können Unkosten abgezogen werden, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden." C.- Der Gemeinderat führt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ... das kantonale Urteil und die angefochtene Kassenverfügung aufzuheben. Weder die Vergütung für Zivilschutzpflichtige noch das Taggeld für Zivilschutz-Instruktoren habe Lohncharakter; eine Belastung des Taggeldes mit Beiträgen würde eine rechtsungleiche Behandlung zweckgleicher Entschädigungen bedeuten. Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Lohn ist gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG jedes wie immer bezeichnete Entgelt für Arbeit in unselbständiger Stellung. Dazu gehören auch regelmässige Naturalbezüge ( Art. 7 lit. f AHVV ). Hingegen gilt der Militärsold nicht als Erwerbseinkommen und ist daher beitragsfrei ( Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV ). In Rz. 3 seiner Wegleitung über den massgebenden Lohn stellt das Bundesamt für Sozialversicherung die den Zivilschutzpflichtigen gewährte tägliche Funktionsvergütung gemäss Art. 46 des Bundesgesetzes über den Zivilschutz dem Militärsold gleich. Im Gegensatz hiezu heisst es in Rz. 115 der Wegleitung, BGE 101 V 91 S. 93 das nebenberuflichen Funktionären ausgerichtete Taggeld habe Lohncharakter. Zu dieser Art Entschädigung zählt das Bundesamt auch das in Art. 6 des einschlägigen BRB vom 17. November 1971 für das in Zivilschutzkursen eingesetzte Lehrpersonal wahlweise vorgesehene Taggeld (ZAK 1966 S. 361 f. und 416). 2. a) Weil der Militärsold blossen Spesenersatz darstellt, ist er gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV beitragsfrei. Er ist ausserdem steuerfrei (KÄNZIG, Die eidgenössische Wehrsteuer, Basel 1962, Anmerkung 136 zu Art. 21 WStB). Es erscheint angezeigt, die tägliche Vergütung für Zivilschutzpflichtige sozialversicherungsrechtlich dem Militärsold gleichzustellen. Denn sie bewegt sich gestützt auf Art. 46 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Zivilschutz "im Rahmen der Soldansätze in der Armee" und ist ebenfalls steuerfrei, wie das Bundesamt für Zivilschutz am 11. Mai 1971 mit Zustimmung der Eidgenössischen Steuerverwaltung den kantonalen Zivilschutzstellen mitgeteilt hat. b) Hingegen haben das Taggeld und die freie Verpflegung für Zivilschutz-Instruktoren Lohncharakter, weil sie erwerbswirtschaftliche Bedeutung haben. Das Taggeld wird denn auch als Arbeitsentgelt gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB besteuert, wie der erwähnten Mitteilung des Bundesamtes für Zivilschutz zu entnehmen ist. 3. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin schafft diese Regelung keine rechtsungleiche Behandlung "zweckgleicher Entschädigungen". Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV , wenn erwerbswirtschaftlich ungleiche Sachverhalte rechtlich verschieden gewürdigt werden. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd6d4d62-857e-4b23-972b-2aca3405d64b
Urteilskopf 99 II 268 36. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. November 1973 i.S. Speissegger gegen Glogg AG.
Regeste Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen. Gilt ein Vertrag über ein Kaufsrecht, das erst nach dem Ableben des Verpflichteten ausgeübt werden kann, als Rechtsgeschäft unter Lebenden oder als solches von Todes wegen? Die Abgrenzung hat nicht schematisch auf Grund eines abstrakten Kriteriums, sondern einer Würdigung aller Umstände des konkreten Falles zu erfolgen.
Sachverhalt ab Seite 268 BGE 99 II 268 S. 268 Aus dem Tatbestand: A.- Georg Speissegger, geb. 1880, übertrug mit öffentlich beurkundetem "Kaufvertrag" vom 28. August 1962 der Firma Willy Glogg AG verschiedene Grundstücke mit den dazugehörenden Gebäuden. Unter den "weitern Bestimmungen" des Kaufvertrages räumte er der Firma Willy Glogg AG zudem für die Dauer von 15 Jahren, von der Eigentumsübertragung an gerechnet, an den Parzellen Nr. 439, 441, 488 und 492 sowie am Rest der Parzelle Nr. 437 ein Kaufsrecht ein. Hiezu vereinbarten die Vertragsparteien noch folgendes: "Für den Fall, dass der heutige Verkäufer beabsichtigt, auf dem Grundstück Parz. No. 492 ein Einfamilienhaus für seine eigenen Bedürfnisse zu erstellen, verzichtet die Kaufsberechtigte auf den spätern Erwerb dieser Parzelle. Das Kaufsrecht ist in diesem Falle mit Bezug auf dieses Grundstück zu löschen. Das Kaufsrecht ist unübertragbar. Es kann erst nach dem Ableben des Kaufsrechtsbelasteten ausgeübt werden, und ist für die Dauer von zehn Jahren, vom Datum der Eigentumsübertragung an gerechnet, im Grundbuch vorzumerken. BGE 99 II 268 S. 269 7. Der Verkäufer G. Speissegger verpflichtet sich, bei irgendwelchen Verhandlungen mit der Ausführungskommission der Meliorationsgenossenschaft Hittnau über die Neuzuteilung oder irgendwelche andern Fragen, welche den Grundbesitz des Verkäufers tangieren, die Käuferin beizuziehen." Am 8. Juli 1963 schloss Georg Speissegger mit der Firma Willy Glogg sodann noch einen öffentlich beurkundeten "Kaufrechtsvertrag" ab, worin er der genannten Firma an weitern Gebäuden sowie ca. 17 a Land ein Kaufsrecht einräumte. Der Vertrag enthielt unter anderem folgende Bestimmungen: "2. Das Kaufsrecht ist unübertragbar. Es kann erst nach dem Ableben des Kaufsrechtsbelasteten ausgeübt werden, und ist für die Dauer von zehn Jahren, vom Tage der Eigentumsübertragung der belasteten Liegenschaft an Georg Speissegger an gerechnet, bei der belasteten Liegenschaft im Grundprotokoll vorzumerken. Das Kaufsrecht selber dauert 15 Jahre vom obgenannten Tage der Eigentumsübertragung an gerechnet. 6. Der Kaufsrechtsbelastete verpflichtet sich, bei irgendwelchen Verhandlungen mit der Ausführungskommission der Meliorationsgenossenschaft Hittnau über die Neuzuteilung oder irgendwelche andern Fragen, welche den Grundbesitz des Belasteten tangieren, die Kaufsrechtsberechtigte beizuziehen." Georg Speissegger starb am 10. Juli 1970. In der Folge versuchte die Firma Willy Glogg AG, gegenüber seinen Erben ihre Kaufsrechte geltend zu machen. Die Erben stellten sich jedoch auf den Standpunkt, die Kaufrechtsverträge seien nichtig, weil sie nicht in den Formen des Erbvertrages (unter Mitwirkung zweier Zeugen) abgeschlossen worden seien. B.- Am 23. Juli 1971 leitete die Firma Willy Glogg AG beim Bezirksgericht Pfäffikon (ZH) gegen die Erben des Georg Speissegger Klage ein. Sie beantragte, es sei festzustellen, dass die öffentlich beurkundeten Kaufrechtsverträge zwischen Georg Speissegger und der Klägerin Geschäfte unter Lebenden und nicht Geschäfte von Todes wegen darstellen. Das Bezirksgericht Pfäffikon und das Obergericht des Kantons Zürich hiessen die Klage gut. Das Bundesgericht hat die Berufung der Beklagten abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes bestätigt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Das Bundesgericht hatte sich in BGE 84 II 247 ff. mit einem "Vorkaufsvertrag" zu befassen, der unter anderem die Bestimmung enthielt, dass das Vorkaufsrecht, sofern es innert BGE 99 II 268 S. 270 der gesetzlichen Maximaldauer von zehn Jahren nicht wirksam werden sollte, erst mit dem Ableben der Eigentümerin untergehe und dass der Vorkaufsberechtigte sich zu diesem Zeitpunkt entscheiden solle, ob er alsdann das Objekt antreten oder den gesetzlichen Erben überlassen wolle. Gestützt auf diesen Vertrag war im Grundbuch ein Vorkaufsrecht vorgemerkt worden. Das Bundesgericht nahm an, der Vertrag habe dem Berechtigten in Wirklichkeit neben dem Vorkaufsrecht auch ein beim Tode der Erblasserin wirksam werdendes Kaufsrecht eingeräumt. In diesem Zusammenhang führte es unter anderem aus, bei der Prüfung der Frage, ob man es bei der Bestellung dieses Kaufsrechtes mit einem Geschäft unter Lebenden oder mit einer Verfügung von Todes wegen (deren Form nicht gewahrt wäre) zu tun habe, dürfe dieser Akt nicht für sich allein betrachtet werden. Das Kaufsrecht hänge mit dem eingeräumten Vorkaufsrecht eng zusammen. Da der Vertrag eine Einheit bilde und darauf angelegt sei, neben dem sofort in Kraft tretenden Vorkaufsrecht auch das erst mit dem Tode der Erblasserin wirksam werdende Kaufsrecht schon zu Lebzeiten zu sichern, sei der ganze Vertrag als Geschäft unter Lebenden zu betrachten. MERZ (ZbJV 95/1959, S. 426 ff) erwähnte zu diesem Entscheid, das Bundesgericht setze in einer praktisch wichtigen und dogmatisch subtilen Frage die mitBGE 46 II 234f undBGE 50 II 373f begründete Praxis fort. GUISAN (Festgabe Lausanne 1934, S. 34/35 und 39) habe den dieser Praxis zugrunde liegenden Gedanken verallgemeinert und ein Geschäft unter Lebenden immer dann bejaht, wenn noch ein anderer Rechtsgrund als die blosse Zuwendung auf den Todesfall festgestellt werden könne, insbesondere wenn sie im Rahmen eines Geschäftes unter Lebenden und in funktionellem Zusammenhang mit dessen Bestimmungen stehe. Ob mit dem vieldeutigen Begriff des Rechtsgrundes eine saubere und praktikable Abgrenzung vorgenommen werden könne, sei allerdings fraglich. In grundsätzlicher Beziehung werde eher in Übereinstimmung mit Theorie und Praxis zu Art. 245 OR (Schenkung auf den Todesfall) danach zu unterscheiden sein, ob die Bindung schon das Vermögen oder erst den Nachlass betreffe. Die praktischen Ergebnisse beider Betrachtungsweisen dürften indessen weitgehend übereinstimmen. Ausnahmsweise dürfe ein aus Elementen der Zuwendung auf den Todesfall und des Geschäftes unter Lebenden bestehendes Rechtsgeschäft einheitlich geordnet werden. Wo nicht ein besonderes Schutzbedürfnis der Erben oder Gläubiger im Spiele stehe, BGE 99 II 268 S. 271 spreche die Rücksichtsnahme auf die Absichten des Erblassers für die Aufrechterhaltung seines Rechtsgeschäftes in der einen oder andern Form. b) In der Folge hat sich das Bundesgericht in BGE 93 II 223 ff. erneut mit der Abgrenzung des Rechtsgeschäftes unter Lebenden vom Rechtsgeschäft von Todes wegen befasst. Es näherte sich dabei der von Merz vertretenen Auffassung und führte unter anderem aus, zur Abgrenzung dieser beiden Arten von Rechtsgeschäften sei auf den Zeitpunkt abzustellen, "auf den das Geschäft seinem typischen Entstehungszweck und seiner juristischen Natur nach seine Wirkungen zu äussern bestimmt ist"; massgebend sei "ob diese Wirkungen beim Tod oder zu Lebzeiten des oder der Handelnden eintreten sollen". Da in jenem Fall das Geschäft gemäss dem eindeutigen Willen der Parteien erst nach dem Ableben des Erblassers wirksam werden sollte (die Parteien hatten den Vertrag mit der Aufschrift "Letztwillige Verfügung" versehen und verschlossen bei der Gemeinde hinterlegt), wurde es vom Bundesgericht als Rechtsgeschäft von Todes wegen qualifiziert. Dieser Entscheid wurde von MERZ (ZbJV 104/1968, S. 480) gebilligt. HAUSHEER (Grenzfragen des Erbrechts und ihre Reflexwirkung auf das Grundbuch, in ZBGR 1971 S. 259) bemerkte, dass gegen das vom Bundesgericht aufgestellte, weitgehend von TUOR übernommene Unterscheidungskriterium bei aller Verschiedenheit der Formulierung in der Lehre kein Widerstand zu erwarten sei. Er fügte unter anderem bei, schwierig sei im einzelnen Fall allerdings die Beurteilung der entscheidenden Frage, ob der rechtsgeschäftliche Wille der Parteien auf das Vermögen oder den Nachlass gerichtet sei; wenn in einem Vertrag der Erfüllungszeitpunkt auf den Tod des Zuwendenden oder später festgelegt werde, könne daraus noch nicht ohne weiteres auf ein Rechtsgeschäft mortis causa geschlossen werden. PIOTET (de la distinction entre actes entre vifs et actes à cause de mort in JdT 1968 I S. 354 ff) erklärte dagegen, das Problem sei komplexer als das Bundesgericht es dargestellt habe, und er wies den Praktiker darauf hin, "qu'il ne serait pas prudent de prendre à la lettre l'arrêt examiné et d'appliquer de manière simpliste le critère qu'il utilise". Ein Geschäft, das Wirkungen zu Lebzeiten des Erblassers entfalte, sei kein Rechtsgeschäft von Todes wegen; der Umkehrschluss sei jedoch nicht zulässig, denn ein Rechtsgeschäft unter Lebenden könne auch gewollt sein, wenn es erst Wirkungen nach dem Tod des Erblassers zeitige BGE 99 II 268 S. 272 (S. 355 oben); ob ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder ein solches von Todes wegen vorliege, könne nicht auf Grund eines abstrakten Unterscheidungskriteriums, sondern nur auf Grund einer Würdigung und Interpretation der im einzelnen Fall vorliegenden Beweise entschieden werden, wobei zur Erleichterung der Wahrheitsfindung auch auf tatsächliche Vermutungen zurückgegriffen werden dürfe (S. 357 oben). PIOTET hält dafür, ein zweiseitiges entgeltliches Rechtsgeschäft, das Leistungen beim Tod des Erblassers oder später vorsieht, sei in der Regel eher als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu qualifizieren; wenn es an die Bedingung des Überlebens des Zuwendungsempfängers geknüpft sei, spreche die Vermutung eher für ein Rechtsgeschäft von Todes wegen, ausgenommen wenn ein oder mehrere Elemente darauf hindeuteten, dass das Geschäft nach dem Willen der Parteien schon zu Lebzeiten des Erblassers Wirkungen entfalten solle. Als Beispiel führt er den Fall an, in dem die Parteien an einer Liegenschaft des Erblassers ein Kaufsrecht vereinbaren, dessen Ausübung zwar an die Bedingung des Überlebens des Zuwendungsempfängers geknüpft wird. das aber im Grundbuch vorzumerken ist. Die Vereinbarung der sofortigen Vormerkung deutet nach PIOTET darauf hin, dass ein Recht schon zu Lebzeiten des Erblassers existiert und das Geschäft demzufolge als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu qualifizieren ist (S. 358 f). Diese Ausführungen PIOTETS stellen keinen Widerspruch zu den Erwägungen des bundesgerichtlichen Urteils 93 II 223 ff. dar. Das Bundesgericht brachte bereits in diesem Entscheid (S. 226) sinngemäss zum Ausdruck, es sei jeweils auf Grund einer Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles, vor allem unter Mitberücksichtigung des Willens der Vertragsschliessenden (Entstehungszweck) zu beurteilen, ob das Geschäft von den Vertragsschliessenden dazu bestimmt worden sei, das Vermögen des Verpflichteten oder erst dessen Nachlass zu belasten, bzw. in welchem Zeitpunkt nach dem Willen der Vertragsschliessenden seine Wirkungen eintreten sollten. Die Abgrenzung des Rechtsgeschäftes unter Lebenden von den Verfügungen von Todes wegen ist somit auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht schematisch auf Grund eines abstrakten Kriteriums, sondern einer Würdigung aller Umstände des konkreten Falles vorzunehmen. 3. a) Die umstrittenen Kaufrechtsverträge hängen mit dem am 28. August 1962 abgeschlossenen Kaufvertrag eng zusammen. Das zuerst eingeräumte Kaufsrecht wurde mit dem BGE 99 II 268 S. 273 Kaufvertrag im gleichen Schriftstück verurkundet. Das würde nach der angeführten Meinung Guisans für die Annahme eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden bereits ausreichen. Sodann ging es der Klägerin, wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich feststellte, beim Abschluss der Kaufrechtsverträge um die Arrondierung ihres mit Kaufvertrag vom 28. August 1962 erworbenen Grundbesitzes, was ebenfalls für einen Zusammenhang der beiden Geschäfte spricht. b) Dass Speissegger die Klägerin zur Erbin habe einsetzen wollen, wird nicht behauptet. Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen haben die Parteien auch die Ausrichtung eines Vermächtnisses nicht gewollt. Erbrechtliche Ausdrücke, wie sie normalerweise in einem Rechtsgeschäft von Todes wegen Verwendung finden (wie "Erbeinsetzung", "Vermächtnis" usw.), fehlen in den streitigen Verträgen (im Gegensatz zu dem in BGE 93 II 223 ff. behandelten Falle). c) Die Vorinstanz gelangte auf Grund einer Würdigung der Umstände zum Ergebnis, es sei zu vermuten, dass der Wille der Vertragsparteien auf eine lebzeitige rechtsgeschäftliche Bindung Speisseggers gerichtet gewesen sei. Das ist eine auf Grund der Beweiswürdigung getroffene Feststellung tatsächlicher Art, die das Bundesgericht bindet ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Was die Beklagten dagegen vorbringen, ist Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung, die im Berufungsverfahren vor Bundesgericht nicht zulässig ist. Dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sei, behaupten die Beklagten zu Recht nicht. d) Die beiden Kaufrechtsverträge äusserten insofern Wirkungen zu Lebzeiten Speisseggers, als dieser verpflichtet war, bei Verhandlungen mit der Meliorationsgenossenschaft über die Neuzuteilung oder irgendwelche andere seinen Grundbesitz betreffende Fragen die Klägerin beizuziehen. e) Die Vertragsparteien haben das Kaufsrecht im Grundbuch vormerken lassen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, kann dies zusammen mit den andern angeführten Umständen als Indiz dafür gewertet werden, dass die Parteien ein Geschäft unter Lebenden abschliessen wollten. Die Vormerkung zeitigte schon zu Lebzeiten Speisseggers gewisse Wirkungen, sodass angenommen werden darf, der Parteiwille sei bereits auf derartige lebzeitige Wirkungen gerichtet gewesen. f) Schliesslich durfte die Vorinstanz bei ihrer Vertragsauslegung und Beweiswürdigung auch tatsächliche Vermutungen mitberücksichtigen (zum Problem der tatsächlichen Vermutungen: BGE 99 II 268 S. 274 vgl. KUMMER, N. 362 ffzu Art. 8 ZGB ). Es ist allgemein bekannt, dass Rechtsgeschäfte von Todes wegen besonderen Formvorschriften unterstehen. Wenn die Parteien diese Formvorschriften nicht einhalten, ist dies ein Indiz dafür, dass sie ein Rechtsgeschäft unter Lebenden abschliessen wollen (dazu PIOTET, a.a.O. S. 357 Ziff. 2). Nach dem Grundsatz des favor negotii ist sodann eher ein gültiges Rechtsgeschäft unter Lebenden als ein ungültiges Rechtsgeschäft von Todes wegen anzunehmen, wenn beide Arten von Rechtsgeschäften möglich sind (PIOTET, a.a.O., S. 358 Ziff. 4). g) Berücksichtigt man alle diese Momente in ihrer Gesamtheit, dann verstiess die Vorinstanz nicht gegen Bundesrecht, wenn sie die Kaufrechtsverträge als Rechtsgeschäfte unter Lebenden qualifizierte. 4. Die Beklagten stützen sich zur Begründung ihres gegenteiligen Standpunktes im wesentlichen auf den Wortlaut der Kaufrechtsklauseln und die Tatsache, dass die Haupt- und Gegenleistung erst nach dem Tode Speisseggers zu erfüllen war. Auf diese Punkte darf indessen nicht allein abgestellt werden, da die Abgrenzung zwischen den beiden Arten von Rechtsgeschäften auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände vorzunehmen ist. Nach der Ansicht der Beklagten darf aus der Vormerkung der Kaufsrechte nicht geschlossen werden, die Vertragsparteien hätten ein Rechtsgeschäft unter Lebenden tätigen wollen, da auch ein erbvertraglich begründetes Kaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt werden dürfe. Ob die letzte Behauptung richtig ist (was vom Notariatsinspektor bestritten wird), kann offen bleiben. Müsste ihr beigetreten werden, dann dürfte doch zumindest aus der erfolgten Vormerkung in Verbindung mit den andern angeführten Umständen abgeleitet werden, dass die Vertragsparteien ein Rechtsgeschäft unter Lebenden gewollt hatten. Selbst wenn aber die erfolgte Vormerkung nichts beitragen könnte zur Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder ein solches von Todes wegen gewollt gewesen war, bleiben immer noch genügend Anhaltspunkte für die Qualifizierung der fraglichen Kaufsrechtsverträge als Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Ob allgemein die Möglichkeit besteht, auf den Tod gestellte Kaufrechtsverträge in der Form eines Rechtsgeschäftes von Todes wegen abzuschliessen, ist hier nicht zu entscheiden. In BGE 99 II 268 S. 275 diesem Verfahren ist lediglich zu prüfen, ob die beiden Kaufrechtsverträge vom 28. August 1962 und 8. Juli 1963 Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder solche von Todes wegen sind. Die Ausführungen der Vorinstanz beziehen sich denn auch auf die beiden im Streite liegenden Kaufrechtsverträge. Aus dem angefochtenen Urteil kann deshalb, entgegen der Meinung der Beklagten, nicht abgeleitet werden, die Vorinstanz habe generell die Möglichkeit verneinen wollen, auf den Tod gestellte Kaufrechtsverträge als Rechtsgeschäfte von Todes wegen zu qualifizieren. Der Typus eines Vertrages ergibt sich nach Auffassung der Beklagten aus den sogenannten "essentialia negotii". Da in den Kaufrechtsverträgen die Klausel, dass die Kaufsrechte erst nach dem Ableben des Kaufrechtsbelasteten ausgeübt werden könnten, auf ein Rechtsgeschäft von Todes wegen hinweise, allen andern essentialia negotii und Nebenabreden sich nach Art ihrer Abfassung und ihrem Inhalt aber nicht entnehmen lasse, ob eine lebzeitige Verpflichtung von Speissegger im Sinne eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden beabsichtigt war, seien die Kaufrechtsverträge als Rechtsgeschäfte von Todes wegen zu qualifizieren. Bei dieser Argumentation stellen die Beklagten jedoch einseitig auf gewisse Formulierungen in den Verträgen ab und lassen dabei andere Vertragsbestimmungen sowie alle übrigen Umstände ausser Betracht, was nach der angeführten Rechtsprechung nicht zulässig ist. Dass alte Leute - (Speissegger war bei Abschluss der Kaufrechtsverträge 82 bzw. 83 Jahre alt) - "praktisch ohne Ausnahme keine lebzeitigen Verfügungen über ihr vorhandenes Eigentum mehr treffen", ist eine Behauptung, für welche die Beklagten den Beweis schuldig bleiben. Nach der verbindlichen vorinstanzlichen Feststellung schloss Speissegger die Kaufrechtsverträge ab, weil er die fraglichen Grundstücke zu Lebzeiten noch zu behalten wünschte. Ein solches Verhalten ist auch bei alten Leuten einfühlbar und liegt jedenfalls nicht ausserhalb jeder Norm. Wenn die Vorinstanzen demnach davon ausgingen, das hohe Alter Speisseggers spreche nicht zwingend dagegen, dass dieser ein Rechtsgeschäft unter Lebenden habe abschliessen wollen, kann darin keine Verletzung von Bundesrecht erblickt werden. Richtig ist, dass Speissegger am 14. August 1969 über das fragliche Land noch einen zehnjährigen Pachtvertrag mit Boller abschloss. Die Beklagten leiten daraus ab, Speissegger sei beim BGE 99 II 268 S. 276 Abschluss der Kaufrechtsverträge der Meinung gewesen, zu Lebzeiten noch frei zu sein und durch die Verträge lediglich seinen Nachlass zu belasten. Die Vorinstanz mass dem Abschluss des Pachtvertrages jedoch keine Bedeutung bei, weil sie annahm, Speissegger habe damals die Existenz der Kaufrechtsverträge einfach vergessen oder sich über deren Verhältnis zum Pachtvertrag keine Gedanken gemacht. Diese Annahme ist vertretbar und verletzt keine Bestimmung des Bundesrechts. Sofern Speissegger das Kaufrechtsobjekt (eine landwirtschaftliche Liegenschaft) nicht mehr selbst bewirtschaften wollte, war er zu dessen Verpachtung geradezu gezwungen. Machte der Pächter den Abschluss eines Pachtvertrages von einer zehnjährigen Vertragsdauer abhängig, musste Speissegger diese Bedingung wohl oder übel eingehen. Welche Rechtsfolgen sich daraus für seine Erben und die das Kaufsrecht ausübende Klägerin ergeben werden, konnte er der Zukunft überlassen. Der Abschluss des Pachtvertrages trägt demnach auch unter diesem möglichen Gesichtspunkt nichts zur Beantwortung der Frage bei, ob die Kaufrechtsverträge Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder solche von Todes wegen seien. Im Vertrag vom 28. August 1962 wurde bestimmt, dass das Kaufsrecht mit Bezug auf Parzelle Nr. 492 erlösche, falls Speissegger auf dieser Parzelle ein Einfamilienhaus für eigene Bedürfnisse zu erstellen beabsichtige. Dies beweist entgegen der Meinung der Beklagten nicht, dass die Kaufrechtsverträge Rechtsgeschäfte von Todes wegen gewesen seien, da beim allfälligen Bau eines Einfamilienhauses durch Speissegger das Kaufsrecht an den andern im Vertrag vom 28. August 1962 angeführten Grundstücken bestehen blieb. Speissegger schloss den Kaufrechtsvertrag vom 8. Juli 1963 unter dem Vorbehalt ab, dass der Kaufvertrag zwischen Frau Rosa Jucker-Furrer (als Verkäuferin) und ihm (als Käufer) vom 8. Juli 1963 zur Eintragung ins Grundprotokoll angemeldet werde. Er hatte demnach einen Kaufrechtsvertrag über ein Grundstück abgeschlossen, das sich in diesem Zeitpunkt noch nicht in seinem Eigentum befand. Inwiefern dieser Umstand gegen die Annahme eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden sprechen sollte, ist nicht ersichtlich. Die Rüge der Beklagten ist diesbezüglich nicht substanziert.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dd70ec8d-f68d-476c-803a-adaae4157ec1
Urteilskopf 80 III 3 2. Arrêt du 11 mars 1954 dans la cause Brand et Société immobilière des Bessards SA
Regeste In welchen Fällen steht es den Betreibungsbehörden zu, über die rechtzeitige Einreichung einer Klage zu befinden? Art. 63 SchKG kann nicht nur vom betriebenen Schuldner und vom betreibenden Gläubiger angerufen werden, sondern auch vom Drittansprecher, dem in einer Betreibung auf Pfandverwertung Frist zur Klage gesetzt worden ist.
Sachverhalt ab Seite 3 BGE 80 III 3 S. 3 A.- Le 2 février 1952, la Société de banque suisse a intenté une poursuite en réalisation de gage contre Louis Brand (Poursuite no 148.503). Le gage consistait en 50 actions de 1000 fr. chacune, formant le capital-actions de la Société immobilière des Bessards S. A. Brand a fait opposition tant pour le montant en poursuite que pour le droit de gage. L'opposition a été levée par un jugement du 1er octobre 1953 non frappé d'appel. Le 27 novembre 1953, la Société de banque suisse a requis la vente du gage. Par lettre du 9 décembre 1953, BGE 80 III 3 S. 4 Dame S. Drees a revendiqué un droit de propriété sur les actions de la S. I. des Bessards. La Société de banque suisse ayant contesté la revendication, l'Office des poursuites a imparti à Dame Drees, le 14 décembre 1953, un délai de dix jours pour faire reconnaître son droit en justice. Dame Drees a introduit une instance en revendication contre la Société de banque suisse le 4 janvier 1954. Le 8 octobre 1953, la Société de banque suisse avait intenté une seconde poursuite en réalisation de gage contre Louis Brand (poursuite no 69.801)'le gage étant cette fois-ci constitué par une cédule hypothécaire contre la S. I. des Bessards. Cette poursuite ne fut pas frappée d'opposition mais, dans les mêmes conditions que dans la poursuite précédente, Dame Drees a revendiqué également la propriété du gage, et un délai lui fut imparti, le 16 décembre 1953, pour intenter action en reconnaissance de son droit, ce qu'elle fit le 4 janvier également. Dans les deux cas, l'Office a avisé la Société de banque suisse, le 7 janvier 1954, qu'en raison de la revendication, la procédure se trouvait suspendue. Le 15 janvier 1954, dans la poursuite no 148.503 et le 16 janvier 1954, dans la poursuite no 69.801, la Société de banque suisse a porté plainte en demandant à l'Autorité de surveillance que ces deux poursuites suivent leur cours, les actions en revendication n'ayant pas été introduites dans le délai de dix jours imparti par l'Office et les dispositions concernant les féries n'étant pas applicables à son avis. Statuant par une seule et même décision sur les deux plaintes, l'Autorité de surveillance s'est prononcée dans les termes suivants: "Annule les avis de rejet de réquisition dans les poursuites nos 148.503 et 69.801 expédiés par l'Office le 7 janvier 1954; "Dit en conséquence que les susdites poursuites iront leur voie et que les gages mobiliers nantis à la Société de banque suisse au profit du débiteur Louis Brand BGE 80 III 3 S. 5 seront vendus aux enchères publiques conformément à la loi." B.- Louis Brand, d'une part, et la Société immobilière des Bessards S. A., de l'autre, ont recouru à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral, en concluant à ce qu'il plaise à celle-ci annuler la décision de l'Autorité de surveillance et dire en conséquence que les avis de rejet de réquisition seront maintenus jusqu'à droit jugé dans les instances en revendication pendantes entre Dame Drees et la Société de banque suisse. Erwägungen Considérant en droit: La question de savoir si la Société immobilière des Bessards a qualité pour recourir contre la décision attaquée peut demeurer indécise, car le débiteur Brand a qualité en tout cas pour le faire. Certes n'est-il pas partie dans l'instance en revendication et est-ce bien en définitive au tiers revendiquant à décider s'il entend faire valoir sa prétention de la manière et dans les conditions fixées par la loi. Mais, tant que le tiers n'a pas renoncé à sa prétention, soit expressément, soit en négligeant de la présenter dans le délai imparti, on doit reconnaître au débiteur qui convient du bien-fondé de cette prétention le droit d'exiger que la procédure de revendication soit menée d'une manière conforme à la loi. S'il n'use pas de ce droit, il risque d'encourir une responsabilité envers le tiers dans le cas où ce dernier n'aurait pas été mis en mesure de s'opposer lui-même à un procédé irrégulier. Or, en l'espèce, les recourants prétendent - et rien n'autorise à contester catte allégation - que Dame Drees n'a pas reçu communication de la décision attaquée. Le recours est donc recevable. A supposer que ce soit avec raison que l'autorité de surveillance ait estimé que l'art. 63 LP ne s'applique pas aux personnes qui ne sont pas intéressées à la poursuite en qualité de débiteur, sa décision ne pourrait en tout cas pas être attaquée pour la raison qu'elle se serait BGE 80 III 3 S. 6 attribué une compétence réservée au juge ordinaire. Lorsqu'il est patent qu'une instance en revendication, quoique introduite devant le juge compétent et selon la loi de procédure civile, demeurerait néanmoins sans effet sur la poursuite pour avoir été engagée après l'expiration du délai fixé par la LP, les autorités de poursuite doivent tenir compte de ce fait. Elles doivent en tenir compte en tout cas lorsque, comme en l'espèce, la question de savoir si l'action a été introduite à temps relève exclusivement de la LP, autrement dit de la question de savoir quelles sont les limites du champ d'application d'une disposition de procédure que l'Office des poursuites a pour mission de faire respecter. Le sort du recours dépend ainsi de la question de savoir si l'autorité de surveillance a fait ou non une saine application de l'art. 63 LP. La réponse ne peut être que négative. Il a été jugé que le bénéfice de cette disposition peut être invoqué non seulement par le débiteur, mais aussi par le créancier. A plus forte raison peut-il l'être par le tiers. Il n'y a aucune raison de refuser de prolonger en vertu de l'art. 63 LP le délai fixé au tiers pour faire valoir sa revendication si l'on peut prolonger le délai qui est imparti au créancier pour introduire son action. L'inverse serait plus compréhensible, car celui qui met en mouvement la procédure de poursuite ne saurait prétendre à plus d'égards qu'un tiers qui cherche simplement à se protéger contre une mesure qu'il estime porter atteinte à ses droits. Aussi bien l'autorité cantonale n'a-t-elle pas jugé que le tiers n'était pas recevable à demander d'être traité à l'égard du créancier; elle s'est contentée d'invoquer la jurisprudence antérieure à l'arrêt RO 67 III no 32, d'après laquelle le bénéfice de l'art. 63 LP était effectivement réservé au débiteur. Mais l'arrêt en question, modifiant cette jurisprudence, a étendu le bénéfice de cette disposition au créancier, et, comme on vient de le dire, il n'y a pas de raison de ne pas l'étendre également au tiers revendiquant. A l'appui de cette BGE 80 III 3 S. 7 opinion, on peut invoquer non seulement le texte tout général de l'art. 63, mais également la considération qu'il serait illogique et injuste d'obliger le créancier ou le tiers à agir avec promptitude à une époque où les délais légaux ont cessé momentanément de courir pour le débiteur. La solution contraire n'offrirait du reste d'avantage légitime pour personne. Dispositiv La chambre des poursuites et des faillites prononce: Le recours est admis et la décision attaquée réformée en ce sens que les plaintes de la Société de banque suisse sont rejetées.
null
nan
fr
1,954
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
dd75cc88-fffc-49f9-adcf-49eaa6fd1f9a
Urteilskopf 114 II 274 48. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Juni 1988 i.S. X. gegen Firma A. (Berufung)
Regeste Art. 324 OR . Lohnzahlungspflicht bei Unmöglichkeit der Arbeitsleistung. 1. Diese Pflicht bleibt bestehen, wenn der Arbeitgeber die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Bei beidseitigem Verschulden ist der Lohnanspruch des Arbeitnehmers im Ausmass seiner Ersatzpflicht verrechnungsweise zu kürzen (E. 4). 2. Umstände, die eine Kürzung zu zwei Dritteln rechtfertigen, weil der Arbeitnehmer durch Verbüssung einer Freiheitsstrafe verhindert worden ist, die versprochene Arbeit zu leisten, der Arbeitgeber die Verhinderung aber mitzuverantworten hat (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 275 BGE 114 II 274 S. 275 A.- Der jugoslawische Staatsangehörige X. wurde am 1. Dezember 1978 von der Firma A. insbesondere für den Export von Maschinen und Werkzeugen nach Jugoslawien angestellt. Die Anstellung stand unter dem Vorbehalt, "dass die behördliche Genehmigung" zu erhalten war. Es handelte sich dabei um eine Bewilligung, deren Personen mit Wohn- und Arbeitsort in Jugoslawien bedurften, wenn sie für ein ausländisches Unternehmen tätig waren. Diese Bewilligung wurde in der Folge nicht eingeholt. Von Dezember 1978 bis Mitte Februar 1979 weilte X. im Auftrag der Firma A. in Jugoslawien. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz kehrte er Ende Februar 1979 wiederum in seine Heimat zurück, wo ihm anfangs April 1979 der Reisepass abgenommen und die Geschäftsakten beschlagnahmt wurden. Er wurde daraufhin wegen Verletzung von Vorschriften über den Warenverkehr und Dienstleistungen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Man warf ihm vor, dass er nicht nur für die Firma A., sondern früher schon für die Schweizer Firma B. eine nach jugoslawischem Recht verbotene Tätigkeit ausgeübt habe. Am 30. Oktober 1980 wurde er aus der Strafe entlassen. B.- Im November 1981 klagte X. gegen die Firma A. auf Zahlung von Fr. 180'967.-- nebst Zins. BGE 114 II 274 S. 276 Das Bezirksgericht Wil schützte die Klage im Betrage von Fr. 34'051.80 nebst Zins und wies sie im Mehrbetrag ab. Auf Appellation hin beschränkte das Kantonsgericht St. Gallen am 27. Januar 1988 die Forderung auf Fr. 23'752.45 nebst Zins. C.- Der Kläger hat gegen das Urteil des Kantonsgerichts Berufung eingelegt, mit der er an einer Forderung von Fr. 148'214.-- nebst Zins festhält. Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. In rechtlicher Hinsicht geht die Vorinstanz davon aus, dass es an sich zu den Vorbereitungs- und Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers gehöre, die erforderliche Arbeitsbewilligung einzuholen; vorliegend habe indes vom Kläger als jugoslawischem Staatsangehörigen und wegen seines Einsatzes in Jugoslawien erwartet werden dürfen, dass er sich ebenfalls um die Arbeitserlaubnis bemühe. Er könne sich für seine Verhaftung und Verurteilung nicht auf Rechtsirrtum berufen, und dass er auch wegen seiner unbewilligten Tätigkeit für seine frühere Arbeitgeberin zur Rechenschaft gezogen worden sei, habe nicht die Beklagte zu vertreten. Das Kantonsgericht fand, dass der Kläger unter diesen Umständen das Scheitern seines Einsatzes zu zwei Dritteln selbst zu verantworten habe; es stellte dessen Lohnanspruch verrechnungsweise einen entsprechenden Schadenersatzanspruch der Beklagten gegenüber und schützte jenen noch zu einem Drittel. Der Kläger hält dagegen daran fest, dass ihn kein Mitverschulden treffe, er sich folglich auch keine Lohnkürzung gefallen lassen müsse. Das Kantonsgericht brauchte sich nicht zur umstrittenen Frage zu äussern, ob die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers gemäss Art. 324 OR wegen Umständen, für die der Arbeitnehmer einzustehen hat, ermässigt werden kann, wenn der Arbeitgeber sich mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug befindet; es hat die Frage vielmehr zu Recht offengelassen. Denn ein Annahmeverzug setzt jedenfalls voraus, dass der anbietende Arbeitnehmer auch in der Lage ist, die geschuldete Leistung zu erbringen. Unmöglichkeit schliesst einen Annahmeverzug zum vornherein aus, gleichviel ob die versprochene Leistung objektiv oder bloss subjektiv nicht erbringbar ist (VISCHER, in Schweiz. Privatrecht VII/1 S. 381 mit BGE 114 II 274 S. 277 Hinweisen). Diese Voraussetzung ist offensichtlich nicht erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer wie hier in Untersuchungshaft steht oder eine Freiheitsstrafe verbüsst. Das schweizerische Recht regelt die vom Schuldner verschuldete ( Art. 97 OR ) und die beidseits unverschuldete ( Art. 119 Abs. 2 OR ) nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung. Vom Gesetz nicht erwähnt wird dagegen der Fall, dass die Leistung des Schuldners durch einen Umstand, den der Gläubiger zu vertreten hat, verunmöglicht wird (VON TUHR/ESCHER, OR Allg. Teil II S. 134). Nach deutschem Recht behält der Schuldner in solchen Fällen den Anspruch auf Gegenleistung abzüglich des Betrages, den er durch das Unterbleiben seiner eigenen Leistung erspart (§ 324 BGB). Aus Art. 324 OR ergibt sich eine damit vergleichbare Lösung, die sinngemäss auch für den Fall gelten muss, dass der Arbeitgeber für die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung einzustehen hat (REHBINDER, N. 27 zu Art. 324 OR ). Die Folgen einer beidseitig, d.h. von Schuldner und Gläubiger zu vertretenden Unmöglichkeit sodann sind weder im deutschen noch im schweizerischen Recht geregelt. In Deutschland werden diesfalls entweder der Schadenersatzanspruch des Gläubigers, der Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung oder beide gekürzt (siehe insbesondere STAUDINGER/OTTO, N. 32 ff. zu § 324 BGB; MÜNCHKOMM-EMMERICH, N. 31 ff. zu § 324 BGB). Eine solche Lösung drängt sich auch für das schweizerische Recht auf, weil sie einen gerechten Interessenausgleich ermöglicht und dem Mitverschulden am Ausfall der Arbeitsleistung auf beiden Seiten Rechnung trägt. Das ist offenbar auch die Meinung von VISCHER (S. 382 f.). Die Lösung besteht darin, dass einerseits der Schuldner der unmöglich gewordenen Leistung seinen Anspruch auf die versprochene Gegenleistung behält, sich jedoch verrechnungsweise den Schadenersatzanspruch des Gläubigers entgegenhalten lassen muss, dass anderseits dieser Anspruch aber in dem Masse zu kürzen ist, als die Ersatzpflicht des Schuldners wegen Umständen, die der Gläubiger zu verantworten hat, zu ermässigen ist. Durch die Kürzung bloss einer der zur Verrechnung stehenden Forderungen wird vermieden, dass eine Partei für die von ihr zu vertretenden Umstände doppelt belastet wird (STAUDINGER/OTTO, N. 35 zu § 324 BGB; TEUBNER, in Neue Juristische Wochenschrift 1975 S. 2295 f.). Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers wird damit nicht etwa in analoger Anwendung von Art. 43/44 OR selbständig herabgesetzt, sondern im Ausmass seiner Ersatzpflicht und in den BGE 114 II 274 S. 278 Schranken von Art. 323b Abs. 2 OR bloss verrechnungsweise gekürzt (STAEHELIN, N. 23 zu Art. 324 OR ; REHBINDER, N. 16 zu Art. 324 OR ). 5. Wird ein Arbeitnehmer in einem Strafverfahren, das zu seiner Verurteilung führt, durch Untersuchungshaft oder daraufhin durch Verbüssung einer Freiheitsstrafe verhindert, die versprochene Arbeit zu leisten, so gilt die Verhinderung in der Regel als selbstverschuldet (STAEHELIN, N. 26 zu Art. 324a OR ). Ein Vorbehalt ist für den Fall zu machen, dass der Arbeitgeber die Verhinderung in erster Linie selber zu verantworten hat, z.B. weil er den Arbeitnehmer durch Weisungen zu Straftaten veranlasst. Das heisst nicht, dass diesfalls die eigene Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers, der rechtswidrige Weisungen nicht zu befolgen braucht und sich wegen einer Weigerung auch keine Kündigung gefallen lassen muss, leichthin zu verneinen sei; nimmt er strafrechtliche Sanktionen in Kauf, so hat er vielmehr die mit einem Freiheitsentzug verbundene Verhinderung an der Arbeitsleistung mitzuverantworten. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wurde der Kläger 1979 in Jugoslawien in Untersuchungshaft genommen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, weil er dort für die Beklagte und eine frühere Arbeitgeberin eine unbewilligte Tätigkeit ausgeübt hatte. Dass die Beklagte für die Folgen seines Verhaltens am früheren Arbeitsplatz nicht einzustehen hat, versteht sich von selbst. Fragen kann sich bloss, wie es sich damit für die Zeit vom 1. Dezember 1978 an verhält, als er für die Beklagte tätig war. Die Vorinstanz geht zutreffend davon aus, dass es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers ist, die erforderlichen Arbeitsbewilligungen zu besorgen (STAEHELIN, N. 11 zu Art. 324 OR ; REHBINDER, N. 8 zu Art. 324 OR ). Sie fügt aber zu Recht bei, dass vorliegend der Kläger dafür mitverantwortlich war, weil er um die vertraglich vorbehaltene Bewilligungspflicht wusste und als jugoslawischer Staatsangehöriger mit Arbeitsort im Heimatstaat die Bewilligung am besten beibringen konnte. Dass er der Meinung war oder sein durfte, die Bewilligung liege vor, ist den Feststellungen der Vorinstanz nicht zu entnehmen. Ebenso fehlen Feststellungen darüber, dass die Beklagte ihn zu unbewilligtem und damit rechtswidrigem Verhalten verpflichtet hätte. Er hätte daher eine Tätigkeit in Jugoslawien ablehnen dürfen, bis die Arbeitsbewilligung vorlag. In der Auseinandersetzung mit der Beklagten hat der Kläger all diese Umstände mindestens zur Hälfte selber zu vertreten, und die BGE 114 II 274 S. 279 Verantwortung für seine frühere Tätigkeit zugunsten der Firma B. geht in dieser Auseinandersetzung ausschliesslich zu seinen Lasten. Bei dieser Sachlage ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Verantwortung für die Folgen seines Verhaltens zu zwei Dritteln dem Kläger auferlegt und seinen Lohnanspruch im gleichen Verhältnis gekürzt hat.
public_law
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dd7964d0-315d-4c1f-937e-e98edf16fcb8
Urteilskopf 96 I 705 107. Auszug aus dem Urteil vom 23. Dezember 1970 i.S. Vischer und Schmid gegen Kantonsrat und Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Kantonales Gesetz, das zum Schutz der Flughafenanwohner vor Fluglärm entschädigungspflichtige Eigentumsbeschränkungen vorsieht und die Finanzierung solcher Entschädigungen durch Fonds regelt. 1. Finanzreferendum: a) Begriff der "gebundenen Ausgabe" (Bestätigung der Rechtsprechung); eine solche sind die gestützt auf das Fluglärmgesetz zu bezahlenden Entschädigungen (Erw. 3). b) Die Einlagen in einen Fonds sind wie Ausgaben zu behandeln und der Volksabstimmung zu unterstellen, sofern die dafür massgebenden Beträge erreicht sind (Erw. 4). 2. Delegation von Befugnissen der kantonalen gesetzgebenden Behörde an die kantonale Exekutive; Voraussetzungen für die Zulässigkeit (Erw. 5). 3. Derogatorische Kraft des Bundesrechts (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 706 BGE 96 I 705 S. 706 Aus dem Tatbestand: In der Volksabstimmung vom 27. September 1970 nahmen die Zürcher Stimmbürger das "Gesetz über Massnahmen gegen die Auswirkungen von Fluglärm und Abgasen in den Randgebieten des Flughafens Zürich (Fluglärmgesetz)" an. Nach diesem Gesetz (FLG) unterliegen die Erstellung von Neubauten und die Benützung bestehender Gebäude den Beschränkungen, die erforderlich sind, um bestehende und voraussehbare Auswirkungen des Lärms und der Abgase von Flugzeugen, die bei BGE 96 I 705 S. 707 dauernder Einwirkung unzumutbar oder gesundheitsschädlich sind, zu verhindern oder auf ein erträgliches Mass herabzusetzen. Im übrigen trifft der Regierungsrat im Rahmen der Bundesgesetzgebung alle jene Massnahmen, die geeignet sind, den vom Betrieb des Flughafens ausgehenden Lärm, namentlich in der Nacht, niedrig zu halten. Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Vorschriften (insbesondere ein Verbot für Starts und Landungen in der Nacht während einer bestimmten Zeitspanne) durch Verordnung, die durch den Kantonsrat zu genehmigen ist. Nach Anhören der betroffenen Gemeinden legt er Lärmschutzzonen fest mit den gebotenen Beschränkungen der Erstellung und Benützung von Gebäuden sowie mit den Verpflichtungen der Grundeigentümer zu Schallschutzmassnahmen an Gebäuden, wobei die so belasteten Gebiete in einem Zonenplan darzustellen sind (§§ 1-3). Die Belastungen des Grundeigentums durch die gestützt auf dieses Gesetz erlassenen Beschränkungen geben nach Massgabe der §§ 183 ff. EG/ZGB Anspruch auf Entschädigung, wenn sie in ihrer Wirkung einer Enteignung ähnlich sind. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Aufwendungen für Schallschutzmassnahmen zu ersetzen, und Mieter, deren Auszug verfügt wurde, haben Anspruch auf eine Entschädigung. Sodann kann der Regierungsrat ein Gebäude enteignen, wenn die Entschädigungen 30% des Verkehrswertes übersteigen. Ferner steht dem Grundeigentümer gegebenenfalls ein Heimschlagsrecht zu (§§ 4 und 5). § 6 bestimmt, dass für die Finanzierung von Massnahmen im Sinne dieses Gesetzes und von Entschädigungen für den Entzug von Nachbarrechten ein Fonds geschaffen wird. Die §§ 8 und 9 regeln die Äufnung des Fonds. Sie lauten wie folgt: "§ 8. Der Fonds wird aus den Überschüssen der Spezialrechnung für den Flughafen Zürich geäufnet. Für die ersten drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes werden diese Einlagen auf je zehn Millionen Franken festgesetzt. In den folgenden Jahren kann der Kantonsrat jährlich bis zu fünf Millionen Franken zuweisen. " Reichen die Erträgnisse der Spezialrechnung für den Flughafen Zürich während der ersten drei Jahre nicht aus, so ist der zusätzlich erforderliche Betrag der Ordentlichen Betriebsrechnung zu belasten. In den folgenden Jahren kann der Kantonsrat die Ergänzung der Zuweisung bis zum Höchstbetrag der jährlichen Quote zu Lasten der Ordentlichen Betriebsrechnung beschliessen. " Solange der Fonds nach Abzug der Einlagen der ersten drei Jahre einen Bestand von zehn Millionen Franken aufweist, ist die weitere Äufnung einzustellen. BGE 96 I 705 S. 708 " § 9. Der Regierungsrat verfügt im Rahmen der gesetzlichen Zweckbestimmung über die Mittel des Fonds." Bernhard Vischer und Hans H. Schmid haben staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 2 Übbest. BV, Art. 30 Abs. 1 Ziff. 2 KV und des Prinzips der Gewaltentrennung erhoben. Es wird beantragt, das Fluglärmgesetz sei teilweise (§ 2 Abs. 3 und 4, § 5 Abs. 3 und §§ 6-10), ev. ganz aufzuheben. Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach Art. 30 Abs. 1 Ziff. 2 KV sind Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als Fr. 3'000,000 oder über neue, jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als Fr. 300'000 der Volksabstimmung zu unterstellen. Diese Bestimmung ist nach Ansicht der Beschwerdeführer verletzt. Sie sehen in den Entschädigungen und Aufwendungen, die der Staat für die gestützt auf das Fluglärmgesetz erlassenen Beschränkungen des Grundeigentums und angeordneten Schallschutzmassnahmen zu leisten haben wird, eine neue Ausgabe, welche dem Volk in einem Kreditbeschluss hätte unterbreitet werden müssen. Wie das Bundesgericht in den letzten Jahren verschiedentlich ausgeführt hat, ist der Sinn des Begriffs der Neuheit einer Ausgabe aus dem verfassungspolitischen Zweck des Ausgabenreferendums zu gewinnen. Dieser besteht einmal darin, dass dem Bürger ein Mitspracherecht gewährleistet sein soll bei Ausgaben, deren Grösse seine Belastung als Steuerzahler betrifft. Ausserdem soll der Stimmberechtigte über die Art und Weise der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben von grosser finanzieller Tragweite mitbefinden dürfen. Das Finanzreferendum will somit dem Volk ein Mitspracherecht bei der Bewilligung von erheblichen Ausgaben sichern, wenn der Verwaltung nach der Rechtslage und den Umständen eine verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit zusteht, und nicht nur dann, wenn sie eine Ausgabe beschliesst, die ausserhalb der gesetzlichen Aufgaben liegt. Darf aber angenommen werden, das Volk habe mit einem Erlass auch die aus ihm folgenden Ausgaben bereits bewilligt, so gelten sie als gebunden und unterstehen nicht dem Finanzreferendum. Es wäre nicht sinnvoll, das Volk über die gleiche Ausgabe, über die BGE 96 I 705 S. 709 es bereits mit dem Grunderlass befunden hat, noch einmal zu befragen. Gebunden ist also jede Ausgabe für ein Mittel, das beim Entscheid über den Grunderlass voraussehbar war. Im Hinblick auf den umschriebenen staatspolitischen Zweck des Finanzreferendums ist indessen der Begriff der "gebundenen" Ausgabe eher eng und der Begriff der "neuen" Ausgabe eher weit zu fassen ( BGE 95 I 537 , 218, BGE 93 I 625 , mit Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung). Jedenfalls nach der zürcherischen Praxis wird eine Ausgabe als neu betrachtet, wenn sie nach ihrem Rechtsgrund, nach ihrem Umfang und nach dem Zeitpunkt, zu dem sie gemacht wird, dem die Ausgabe bewilligenden Organ ein Ermessen einräumt, das für die effektive Belastung des Staates von massgeblicher Bedeutung ist. Das trifft zum Beispiel zu bei den Aufwendungen für Bauten, die in Erfüllung gesetzlicher Aufgaben zu erstellen sind, wobei insbesondere hinsichtlich der Höhe der Ausgabe ein solches Ermessen besteht. Bei den Ausgaben, die das Fluglärmgesetz nach sich zieht, verhält es sich indessen anders. Trifft der Regierungsrat die im Gesetz vorgesehenen Massnahmen zum Schutz der Anwohner vor dem Fluglärm, so erwächst dem Kanton eine Leistungspflicht im Umfange der den betroffenen Grundeigentümern bzw. Mietern von Gesetzes wegen zustehenden Ansprüche auf Entschädigung. In den Fällen, da der Kanton etwa das Vorliegen eines enteignungsähnlichen Tatbestandes oder die Höhe einer Entschädigung bestreitet, entscheiden richterliche Instanzen darüber. Für eine Ermessensbetätigung des Regierungsrates bei der Erfüllung der ihm mit dem FLG übertragenen Aufgaben, die etwa die Höhe der damit verbundenen Auslagen beeinflussen könnte, bleibt kein Raum. Es kann sich somit nicht um eine Aufgabe handeln, bei der das Volk sinnvollerweise noch mitsprechen könnte. Zudem würde damit den Stimmbürgern nochmals unterbreitet, was sie bereits entschieden haben. Ist doch dem Fluglärmgesetz selbst zu entnehmen, dass mit seinem Vollzug der Kanton Zürich entschädigungspflichtig wird, und auch die Tragweite der finanziellen Verpflichtungen ist erkennbar, besonders deutlich an der Fondsregelung, welche Millionenbeträge vorsieht (§ 8). Diese Ausgaben waren schon beim Entscheid über das Fluglärmgesetz vorauszusehen, auch wenn ihr Umfang noch nicht bekannt ist. Die Stimmbürger haben mit der Annahme des Gesetzes auch die zu dessen Ausführung notwendigen Ausgaben gebilligt bzw. die zuständigen BGE 96 I 705 S. 710 Behörden ermächtigt, diese zu tätigen. Das Fluglärmgesetz selbst ist der Grunderlass, auf welchen sich die Finanzierung der darin vorgesehenen Lärmschutzmassnahmen und Enteignungsentschädigungen stützt. Es handelt sich somit um eine gebundene Ausgabe, die das Volk mit der Annahme des Fluglärmgesetzes bewilligt hat und die ihm nicht nochmals in einer Kreditvorlage zu unterbreiten ist (vgl. das heutige Urteil i.S. Zimmermann und Konsorten gegen Kanton Zürich betr. Volksabstimmung über Kreditbewilligung für den Flughafen Zürich, E. 4). Es ist deshalb auch nicht von Bedeutung, ob sich die Entschädigungssummen überhaupt abschätzen lassen. Etwas anderes können die Beschwerdeführer auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 13. Mai 1958 i.S. Keller und Konsorten betreffend die Verordnung zum Schutze des Katzensees (ZBl 60/1959 S. 100 f.) ableiten. In jenem Falle wurden die Entschädigungsansprüche der Grundeigentümer durch eine Verordnung begründet, welche der Regierungsrat gestützt auf § 182 EG/ZGB erliess. § 182 EG/ZGB ermächtigt den Kanton im Unterschied zum Fluglärmgesetz jedoch nicht zu solchen Ausgaben. Ein Gesetz, das derartige gebundene Ausgaben vorsieht, verletzt die KV nicht. 4. Zur Begründung ihres weiteren Vorbringens, die in den § § 6 ff. FLG getroffene Fondslösung zur Finanzierung der Entschädigungsleistungen stelle eine Umgehung des Finanzreferendums dar, gehen die Beschwerdeführer gleichfalls davon aus, dass es sich dabei um eine neue Ausgabe handle. Da sich diese Auffassung als unrichtig erweist, ist ihrer Rüge schon der Boden entzogen. Ob eine Ausgabe neu oder gebunden ist, kann indessen gar nicht ausschlaggebend sein für die Frage, ob ein Fonds, der zum Zwecke der Finanzierung dieser Ausgabe geschaffen wird, dem Referendum unterliege oder nicht. Die Ausgabe, die in der Äufnung eines Fonds gesehen wird, ist etwas grundsätzlich anderes als die - gebundene oder neue - Ausgabe im zuvor umschriebenen Sinne, die in Erfüllung einer staatlichen Aufgabe getätigt wird. Mit der Zuwendung von Mitteln an einen Fonds und damit deren Bindung für einen bestimmten Zweck, sei es, dass sie aus dem allgemeinen Staatsgut ausgeschieden werden, sei es, dass eine Einnahmequelle nicht ins Finanzvermögen fliesst, werden nämlich dem Staat Mittel entzogen, die sonst in das allgemeine Staatsgut flössen. Die Einlagen in den Fonds sind deshalb wie Ausgaben zu behandeln, die der Volksabstimmung BGE 96 I 705 S. 711 zu unterstellen sind, sofern die dafür massgebenden Beträge erreicht sind (HANS ESCHER, Das Finanzreferendum in den schweizerischen Kantonen, Diss. Zürich 1943, S. 67 f.; ERNST LAUR, Das Finanzreferendum im Kanton Zürich, Diss. Zürich 1966, S. 212). In diesem Sinne bedeutet die in § 8 FLG bestimmte Äufnung des Fonds mit jährlichen Millionenbeträgen aus den Überschüssen der Spezialrechnung für den Flughafen Kloten und, sofern diese nicht ausreichen, aus der Ordentlichen Betriebsrechnung, eine referendumspflichtige Ausgabe. Da die Zweckanweisung der Mittel grundsätzlich durch Gesetz zu erfolgen hat (ESCHER a.a.O. S. 78 ff.; LAUR, a.a.O. S. 212), sind die Bestimmungen über Schaffung und Äufnung des Fonds mit Recht ins Fluglärmgesetz aufgenommen worden. Mit der Abstimmung über das Gesetz hat das Volk sein Mitspracherecht ausgeübt. Allerdings konnten hier die Stimmberechtigten nicht über einen oder mehrere zahlenmässig festgelegte Beträge befinden, weil die jährliche Zuweisung der Millionenbeträge an den Fonds für eine nicht begrenzte Zahl von Jahren vorgesehen ist. Der Fonds ist aber dennoch nicht verfassungswidrig. In Fällen wie dem vorliegenden, wo die Aufwendungen aus dem Vollzug des Fluglärmgesetzes, insbesondere Höhe sowie Zeitpunkt der einzelnen Auszahlungen an die von Eigentumsbeschränkungen Betroffenen, ungewiss sind, liegt in einer derartigen Fondsregelung gerade die sachgerechte Lösung. In Anbetracht des Umstandes, dass die aus dem FLG zu erwartenden Entschädigungsansprüche nicht feststehen, erschiene es wenig sinnvoll, die zu deren Deckung abzuzweigenden Mittelbereits aufeine bestimmte Höhe festzulegen. Die vorliegend getroffene Regelung ermöglicht vielmehr, die ungleich hohen Aufwendungen über Jahre hinaus auszugleichen. Entscheidend ist, dass eine solche Reservestellung durch Fonds wie eine Ausgabe der Volksabstimmung unterstellt wird. Damit ist dem Referendumsrecht der Stimmbürger Genüge getan, und eine Mitsprache bei der Verwendung der Mittel durch die ermächtigte Behörde, die selbstverständlich im Rahmen des Zweckes zu erfolgen hat, ist - auch abgesehen davon, dass es sich hier um eine bereits gebundene Ausgabe handelt - nicht mehr erforderlich. Das Fluglärmgesetz verstösst somit auch unter diesem Gesichtspunkt in keiner Weise gegen Art. 30 Abs. 1 Ziff. 2 KV. 5. Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, mit § 2 BGE 96 I 705 S. 712 Abs. 3 des Fluglärmgesetzes, der den Regierungsrat mit der Festlegung von Lärmschutzzonen beauftragt, werde das Prinzip der Gewaltentrennung verletzt. Eine solche materielle Gesetzgebungskompetenz könne dem Regierungsrat nur durch ein Verfassungsgesetz und nicht durch ein einfaches Gesetz eingeräumt werden, weil damit die verfassungsmässige Kompetenzordnung im Sinne von Art. 28 KV geändert werde. Diese Rüge ist unbegründet. Zwar kann den Beschwerdeführern insoweit beigepflichtet werden, als die Lärmschutzzonen, die der Regierungsrat gestützt auf das FLG zu erlassen hat, vermöge des ihm eingeräumten Ermessens und ihrer Breitenwirkung von grossem Gewicht sind. Es lässt sich die Ansicht vertreten, dass eine Planfestsetzung von solcher Tragweite der gesetzgebenden Gewalt überantwortet werden solle; doch muss die Rechtsnatur solcher Planungsmassnahmen hier nicht untersucht werden (vgl. BGE 94 I 342 f. mit Verweisungen; IMBODEN, Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut S. 128). Auch bei Betonung des Rechtssatz-Charakters solcher Planungsmassnahmen ist in der Ermächtigung des Regierungsrates zur Planfestsetzung keine unzulässige Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen zu sehen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist selbst die Gesetzesdelegation - wo sie nicht ausdrücklich durch die Verfassung verboten ist - zulässig, sofern die Ermächtigung sich auf eine bestimmte Materie beschränkt ( BGE 88 I 33 f., BGE 92 I 45 mit Verweisungen; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 85). Die zürcherische Praxis erachtet die Gesetzesdelegation dann als unzulässig, wenn hinsichtlich einer bestimmten Materie die grundsätzlichen und primären Rechtssätze, der substantielle Gehalt der rechtlichen Regelung von der Exekutive ausgehen sollen (Entscheide des VerwG ZH vom 6. Mai 1965 (ZBl 66/1965 S. 347) und vom 20. Dezember 1968 (ZBl 70/1969 S. 275). Das ist beim Fluglärmgesetz nicht der Fall. Indem das Gesetz in den Randgebieten des Flughafens Zürich die Erstellung von Neubauten und die Benützung bestehender Gebäude den Beschränkungen unterstellt, die zum Schutz vor Fluglärm und Abgasen von Flugzeugen erforderlich sind und dabei die Belastung des Grundeigentums in den betreffenden Gebieten mit Bauverboten, Baubeschränkungen und Verpflichtungen zu Schallschutzmassnahmen vorsieht, enthält es die grundsätzliche Regelung der von ihm bezweckten Lärmschutzmassnahmen selbst. Die Lärmschutzzonen, die der Regierungsrat festzulegen BGE 96 I 705 S. 713 hat sowie die Darstellung der mit den verschiedenen Beschränkungen des Grundeigentums belasteten Gebiete in einem Zonenplan sind Vorschriften, die der Regierungsrat nicht in Ergänzung des Gesetzes, sondern im Sinne von dessen näheren Bestimmung zu erlassen hat, auch wenn ihm dabei ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt wird. 6. Als unbegründet erweist sich sodann die Rüge, Art. 5 Abs. 3 FLG missachte die derogatorische Kraft des Bundesrechts, weil er für Enteignungsstreitigkeiten die Anwendung des zürcherischen Gesetzes betreffend die Abtretung von Privatrechten und nicht des eidgenössischen Enteignungsrechts vorsieht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer folgt daraus, dass der Flughafen Zürich aufgrund einer eidgenössischen Konzession betrieben wird (Art. 37 Luftfahrtgesetz) nicht notwendig, dass das Enteignungsrecht nach den bundesrechtlichen Vorschriften auszuüben sei. Nach Art. 50 Luftfahrtgesetz kann der Bundesrat für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen sowie für Vorkehren zur Flugsicherung das Enteignungsrecht an Dritte übertragen, und nach Art. 119 EntG kann der Enteigner bestimmen, nach welchem Rechte die Enteignung durchzuführen ist, wenn diese sowohl nach eidgenössischem als nach kantonalem Rechte möglich ist. Vor allem aber haben die im Fluglärmgesetz vorgesehenen Beschränkungen des Grundeigentums nicht Anlage und Betrieb des Flughafens oder der Flugsicherung zu dienen, sondern sie bezwecken den Schutz der Anwohner vor Lärmeinwirkungen aus dem Luftverkehr. Dieser Gegenstand ist vom Bund nicht geregelt worden, weshalb die derogatorische Kraft des Bundesrechts entsprechende kantonale Rechtsnormen nicht ausschliesst ( BGE 93 I 518 mit Verweisungen).
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
dd7be308-7b1a-4d80-b2f7-2fee8006fcba
Urteilskopf 107 IV 94 28. Extraits de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 6 mars 1981 dans la cause R. contre Procureur général du canton du Jura (pourvoi en nullité).
Regeste Art. 64 und 65 StGB ; schwere Bedrängnis. 1. Der Richter muss einen Strafmilderungsgrund nicht schon immer dann berücksichtigen, wenn eine der Voraussetzungen des Art. 64 StGB erfüllt ist, sondern nur, wenn darüber hinaus die mildere Strafe, die gegebenenfalls gemäss Art. 65 StGB auszusprechen ist, sich rechtfertigt. Dabei hat der Richter das gleiche Ermessen wie im Rahmen von Art. 63 StGB . 2. Genauso wie in einer Notstandslage hat der Bedrängte eine gewisse Verhältnismässigkeit zwischen den Gründen, die ihn zur Tat veranlassen, und der Bedeutung des Rechtsguts, in das er eingreift, zu beachten. Diese ist nicht gewahrt, wenn jemand überlegt tötet, um sich schweren Kummer zu ersparen.
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 107 IV 94 S. 94 A.- Le 2 mars 1978 aux environs de 19 h, R., qui est fonctionnaire de police, s'est rendu avec son camarade H., pour BGE 107 IV 94 S. 95 une raison que l'on ignore, dans une maison abandonnée. A un moment donné, alors que les deux hommes se trouvaient dans l'habitation obscure, R., qui avait en main son pistolet privé Beretta 6,35, a tiré par accident trois coups de feu sur H., lui causant des lésions mettant sa vie en danger, mais dont la victime aurait éventuellement pu se remettre si elle avait été immédiatement secourue et transportée à l'hôpital. Le caractère accidentel de ces trois premiers coups de feu est admis au bénéfice du doute. Cinq minutes plus tard au moins, R. a encore tiré, intentionnellement, trois coups de feu sur son camarade, alors qu'il était encore en vie, dans l'intention de l'achever, visant la tête, à bout touchant et à bout portant, les deux premiers avec son Beretta, le dernier, qui fut immédiatement mortel, avec l'arme de service de H., un pistolet Walther de calibre 7,65. Lorsqu'il a tiré les trois derniers coups de feu, R. n'était pas en proie à la panique. Mais constatant qu'il avait abattu son camarade, comprenant que sa carrière était brisée, supputant les conséquences du drame pour lui-même et pour sa famille à laquelle il est attaché d'une façon exceptionnelle, il n'a plus vu d'autre issue que d'achever son camarade, pour tenter de camoufler l'accident en un crime dans lequel il allait soutenir n'être nullement impliqué. B.- Le 14 mars 1980, la Cour criminelle du canton du Jura a déclaré R. coupable d'assassinat et, retenant la circonstance atténuante de la détresse profonde, l'a condamné à vingt ans de réclusion et à la peine accessoire de dix ans d'incapacité de revêtir une charge ou une fonction officielle. C.- Tant le condamné que le Ministère public se sont pourvus en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Le procureur général conclut à l'annulation du jugement dans la mesure où il retient la circonstance atténuante de la détresse profonde. Erwägungen Extrait des considérants: 4. ... Les premiers juges ont admis que R. se trouvait dans une détresse profonde lorsqu'il a tiré sur son camarade H. pour l'achever, cinq minutes au moins après l'avoir atteint par accident de trois coups de feu. Le procureur général conteste que cette circonstance atténuante soit réalisée en l'espèce. a) La détresse profonde peut être aussi bien morale que matérielle (GAUTIER, P.v. 2e com. d'expr. I p. 363; LOGOZ/SANDOZ, BGE 107 IV 94 S. 96 n. 5b ad art. 64 CP p. 335; THORMANN-OVERBECK, n. 6 ad art. 64 CP ). Il faut que l'auteur soit poussé à violer la loi pénale par une situation proche de l'état de nécessité, savoir que, sous la pression d'une détresse particulièrement grave, il croit ne pouvoir trouver une issue que dans la commission de l'infraction ( ATF 83 IV 188 ). L'imputabilité de la détresse à une faute ou à une négligence de l'auteur ne suffit pas à exclure l'application de l' art. 64 CP ; le juge ne peut tenir compte de ces derniers éléments que pour déterminer si une atténuation se justifie dans le cadre de l' art. 65 CP (même arrêt). Cette jurisprudence est approuvée par la doctrine (SCHWANDER, n. 390 a 2; LOGOZ/SANDOZ, n. 5 lettre b ad art. 64 p. 355; SCHULTZ, AT. II p. 79). b) En l'espèce, pour admettre que R. s'est trouvé dans un état de détresse profonde après avoir tiré par accident trois coups de feu sur son camarade, l'autorité cantonale a considéré que l'auteur avait dû se trouver dans un état de détresse très marqué en envisageant toutes les conséquences qu'un tel drame pouvait entraîner pour lui et sa famille. Elle a relevé à ce sujet - et l' art. 277bis al. 1 PPF interdit de revenir sur cette constatation sur la psychologie de l'auteur - que la personnalité de R. est entièrement dominée par un attachement d'une force exceptionnelle à sa famille et à sa situation professionnelle et sociale. Pour les premiers juges, pris dans la situation dramatique où l'avait mis l'accident, R. n'a pas vu d'autre issue que d'achever son collègue; dès lors la détresse profonde serait établie. c) A l'appui de son pourvoi, le procureur général fait valoir que R., niant toute participation au drame, n'a pu se prononcer sur l'état d'esprit où il se trouvait après avoir tiré les trois premiers coups de feu par accident et avant d'achever son camarade. Il ajoute que même pendant la période de l'enquête - du 1er au 15 juin 1978 - où R. a avoué avoir tiré sur H., il a affirmé avoir tiré les six balles coup sur coup et n'a pas donné d'indication sur son état d'esprit entre deux séries de trois coups de feu. Dans la mesure où ces moyens tendent à démontrer que c'est à tort que les premiers juges ont constaté l'état d'esprit où se trouvait R. immédiatement après avoir tiré par accident, ils sont irrecevables. Ils tendent en effet à mettre en doute une situation de fait constatée par les premiers juges ( art. 277bis PPF ). Il n'est de plus pas exact de dire que les premiers juges ont retenu comme une hypothèse seulement l'état d'esprit de R. immédiatement avant sa décision d'achever son camarade. Les mots "il a dû se trouver dans un état BGE 107 IV 94 S. 97 de détresse très marquée" dont les premiers juges se sont servis n'expriment pas le doute, mais bien la nécessité. Les premiers juges ont d'ailleurs fait suivre immédiatement leur affirmation de la démonstration en évoquant l'attachement exceptionnellement fort que R. avait pour sa famille et sa situation. Lorsqu'on sait d'une part que R. venait de blesser mortellement par accident son collègue H. - et l'on ne saurait mettre en doute ce point sans violer l' art. 277bis PPF - et que l'on prend en considération les très graves ennuis qu'une telle situation ne pouvait manquer de comporter pour l'accusé en ce qui concerne sa carrière professionnelle et par voie de conséquence pour sa famille, on ne peut que constater l'évidence que R. s'est trouvé immédiatement après l'accident dans une situation inextricable, propre à provoquer une grande angoisse, à défaut de l'affolement et de la panique que l'autorité cantonale a expressément niés. En qualifiant cette situation de détresse profonde, les premiers juges n'ont donc pas violé le droit fédéral, puisqu'ils se sont prononcés sur un point de fait. Il n'en résulte toutefois pas que le pourvoi du Ministère public est mal fondé. En effet, le juge n'a pas à retenir une circonstance atténuante chaque fois que l'une des conditions de l' art. 64 CP est réalisée, mais seulement lorsqu'en outre, la peine plus douce qu'il y a eu lieu de prononcer selon l' art. 65 CP se justifie ( ATF 71 IV 79 ss.). En se prononçant sur ce point, le juge a le même pouvoir que dans le cadre de l' art. 63 CP ; il ne saurait sans violer le droit fédéral abuser de son pouvoir d'appréciation. Tel est le cas en l'espèce. En effet, la détresse profonde est certes de nature à expliquer des actes irrationnels et partant à excuser bien des comportements à l'auteur, mais pas d'une manière inconditionnelle (cf. ATF 83 IV 188 précité). De même que dans l'état de nécessité, l'auteur doit respecter une certaine proportionnalité entre les motifs qui le poussent et l'importance du bien qu'il lèse. C'est dire que d'une part il devra, dans la mesure que l'on peut exiger de lui compte tenu de son état psychologique - lequel toutefois rappelons-le ne justifie par définition pas l'application de l' art. 11 CP -, choisir la solution la moins préjudiciable pour autrui et que, d'autre part, il devra le cas échéant renoncer à faire prévaloir ses intérêts sur ceux des tiers, si la morale le commande. In casu, les ennuis que R. encourait pour avoir blessé accidentellement et non mortellement son camarade justifiaient BGE 107 IV 94 S. 98 sans doute une certaine appréhension, mais ils n'étaient pas tels que pour les éviter à soi-même ou à sa famille, il soit possible, sans faire preuve d'un égoïsme forcené, d'essayer de les éviter en tuant délibérément (en faisant usage successivement de deux armes) un être humain. L'autorité cantonale ne pouvait donc sans abuser de son pouvoir d'appréciation mettre R. au bénéfice de la circonstance atténuante de la détresse profonde sur la base des faits qu'elle a retenus. Elle n'aurait pu le faire que si elle avait constaté expressément que, dans la situation telle qu'il se la représentait, R. a respecté une proportionnalité raisonnable entre le but qu'il cherchait et le préjudice causé à la victime, autrement dit qu'il s'est conduit d'une manière que la morale ne réprouve pas totalement. La décision attaquée doit donc être annulée.
null
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dd86e4b8-5584-4d96-9838-d82d8e85e2cb
Urteilskopf 106 V 29 7. Urteil vom 28. Januar 1980 i.S. Züllig gegen Schweizerischen Verband für die erweiterte Krankenversicherung und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 3 Abs. 5 und Art. 12 ff. KUVG . Begriff der Lähmung des Zentralnervensystems gemäss dem Reglement (über die Durchführung der Lähmungsversicherung) des Schweizerischen Verbandes für erweiterte Krankenversicherung. Art. 1 Abs. 2 und Art. 4 KUVG . Statutarische oder reglementarische Bestimmungen einer Krankenkasse sind so auszulegen, wie sie der Versicherte bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit verstehen kann. Eine mangelnde Bestimmtheit der Kassenstatuten oder -reglemente darf sich nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 29 BGE 106 V 29 S. 29 A.- Der 1930 geborene und am 16. Oktober 1976 verstorbene Max Züllig war Mitglied der Krankenkasse Helvetia, die beim Schweizerischen Verband für die erweiterte Krankenversicherung (SVK) rückversichert ist. Er litt seit 1973 infolge eines Glioms in der Brücke des Hirnstammes an einer motorischen Lähmung beider Augen für die schläfengerichtete Bewegung des Augapfels und dazu an einer zuerst rechtsseitigen, später linksseitigen Gesichtslähmung. Ab Februar 1974 wurde eine zunehmende Gangunsicherheit beobachtet, die auf einer zentralnervösen Koordinationsstörung beruhte. Die Kraft der untern Extremitäten war aber nicht beeinträchtigt. BGE 106 V 29 S. 30 Im November 1974 konnte Max Züllig - trotz noch erhaltener Kraft in den Beinen - ohne Hilfe kaum mehr gehen und ab Jahresbeginn 1975 war er Vollständig steh- und gehunfähig. Die Koordinationsstörungen griffen vom Februar 1975 an auch auf die oberen Extremitäten über. Eine leichte Kraftlosigkeit in den Extremitäten (rechtes Bein und rechter Arm) trat erstmals im Mai 1976 auf. Mit Verfügung vom 29. Dezember 1976 wies der SVK das Begehren um Ausrichtung von Entschädigungen wegen lähmungsbedingter Invalidität mit der Begründung ab, dass sich das Leiden wohl vom Dezember 1975 an verschlimmert und Max Züllig im Sommer 1976 eine lähmungsbedingte Vollständige Invalidität aufgewiesen habe, dass aber damit die reglementarische Wartefrist von einem Jahr vor dem Tod des Versicherten nicht erfüllt gewesen sei. B.- Die gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Bern am 6. Juni 1978 ab. Es stützte sich in der Begründung im wesentlichen auf den Bericht (vom 17. März 1978) des Prof. M. von der Neurologischen Klinik des Inselspitals Bern, wonach unter Lähmung die Funktionsunfähigkeit eines Gliedes wegen Kraftlosigkeit zu verstehen sei. Bei Max Züllig habe jedoch nicht dieser Tatbestand vorgelegen, sondern eine Koordinationsstörung. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, den Erben des Max Züllig die reglementarischen Invaliditätsleistungen des SVK zuzusprechen. Das Eidg. Versicherungsgericht beauftragte Prof. W., Chefarzt der Neurologisch-Neurochirurgischen Klinik des Kantonsspitals St. Gallen, zur Sache in medizinischer Hinsicht umfassend Stellung zu nehmen und insbesondere die Frage zu beantworten, inwiefern und seit wann die gesundheitliche Schädigung bzw. die Invalidität des Max Züllig auf organisch bedingte motorische Lähmungen des Zentralnervensystems (Art. 5 des Reglements über die Durchführung der Lähmungsversicherung) bzw. unmittelbar auf die Lähmung des Zentralnervensystems (Art. 22 Abs. 1 Reglement) zurückzuführen sei. In der Stellungnahme zum Gutachten von Prof. W. erneuert der SVK den bereits in der Vernehmlassung eingebrachten Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die hochgradige Gangunsicherheit des Max Züllig seit November 1974 Sei nicht durch eine Kraftlosigkeit der Beine infolge BGE 106 V 29 S. 31 einer zentralnervösen Schädigung verursacht worden und könne deshalb nicht als organisch bedingte motorische Lähmung des Zentralnervensystems betrachtet werden. Erst im Mai 1976 habe Max Züllig über Schwäche in den Beinen geklagt. Das Bundesamt für Sozialversicherung gelangt gestützt auf seinen ärztlichen Dienst zur Auffassung, dass der Beginn der Lähmung im Sinne des SVK-Reglements auf Jahresbeginn 1975 festzusetzen sei. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig ist die Frage, ob den beschwerdeführenden Erben des Versicherten Invaliditätsentschädigungen nach dem Reglement des SVK über die Durchführung der Lähmungsversicherung zustehen. Dieses Reglement umschreibt in Art. 5 den Gegenstand der Versicherung wie folgt: "Die Leistungen der Lähmungsversicherung werden für alle organisch bedingten motorischen Lähmungen des Zentralnervensystems ausgerichtet. Der Verwaltungsausschuss kann die Leistungen der Lähmungspflegeversicherung auch in schweren Fällen von peripheren Lähmungen, die während längerer Zeit einer kostspieligen Behandlung bedürfen, ausrichten." In Art. 22 Abs. 1 lautet die Umschreibung: "Eine versicherte Invalidität liegt vor bei einer dauernden Schädigung der körperlichen Integrität, die durch eine Lähmung des Zentralnervensystems hervorgerufen worden ist." Bei Teilinvalidität wird eine dem Grade der Invalidität entsprechend verminderte Entschädigung ausbezahlt, wobei eine Invalidität von weniger als einem Viertel keinen Anspruch auf Entschädigung begründet (Art. 21 Abs. 2 und 3). Der Anspruch auf die Ausrichtung einer Invaliditätsleistung beginnt mit dem Monat, in welchem seit Beginn der Lähmungen ein Jahr verflossen ist (Art. 27 Abs. 5). 2. Zur Frage, ob und seit wann bei Max Züllig eine Invalidität begründende Lähmung gemäss den erwähnten Bestimmungen gegeben war, führt Prof. W. aus, dass die im Reglement verwendeten Begriffe "motorische Lähmungen des Zentralnervensystems "bzw." Lähmungen des Zentralnervensystems" nicht eindeutig bestimmbar seien und in einem engeren BGE 106 V 29 S. 32 oder weiteren Sinne aufgefasst werden könnten. In der engeren Begriffsbestimmung sei darunter eine Lähmung infolge einer Schädigung der motorischen Zentren und/oder Bahnen des Zentralnervensystems zu verstehen wie etwa die motorisch spastischen Lähmungen (mit Kraftlosigkeit der Gliedmassen) als Folge einer zentralnervösen Erkrankung. In einem weiteren Sinne lasse sich der Begriff "Lähmungen des Zentralnervensystems" als Lähmung der Funktionsfähigkeit des Zentralnervensystems, also als generelle Funktionsunfähigkeit des Zentralnervensystems interpretieren. Damit würden auch die zentralnervösen Koordinationsstörungen erfasst. Letztere kennzeichnen sich dadurch, dass sie allein noch keine Kraftlosigkeit der betroffenen Glieder hervorrufen. Sie haben vielmehr eine Störung des Bewegungsablaufs zur Folge. Beim Gehen beispielsweise lassen sich die Füsse nicht mehr ganggerichtet und geradspurig aufsetzen, was einen unsicheren Gang bewirkt (Gangataxie). Entsprechend den beiden Interpretationsmöglichkeiten gibt der Gutachter auf die ihm gestellte Frage Alternativantworten. Wenn der Ausdruck "Lähmung des Zentralnervensystems" mit der Umschreibung "Funktionsuntüchtigkeit des Zentralnervensystems" gleichgesetzt werde, so sei der Invalidität begründende Lähmungstatbestand - wenn man von der beidseitigen Augenmuskellähmung und der rechtsseitigen Gesichtslähmung im Juni/Juli 1973, die keine nennenswerte Erwerbsbeeinträchtigung verursacht haben, absieht - mit dem Auftreten der hochgradigen Gangunsicherheit im November 1974 als erfüllt zu betrachten. Wenn man dagegen den Begriff "Lähmung des Zentralnervensystems" als "motorische Lähmung infolge einer Schädigung der motorischen Zentren und/oder Bahnen des Zentralnervensystems" auffasse, so habe eine dauernde Schädigung der körperlichen Integrität wegen motorischer Lähmung - abgesehen von der erwähnten Augenmuskel- und Gesichtslähmung - erst im Mai 1976 im Bereiche der Extremitäten beobachtet werden können. Es sei Sache des Gerichts, zu entscheiden, welche der beiden Interpretationen auf den umstrittenen Begriff des Reglements anwendbar sein soll. 3. Aus dem Gesagten ist zu schliessen, dass die den Begriffen "motorische Lähmungen des Zentralnervensystems" bzw. "Lähmungen des Zentralnervensystems" zugrundeliegenden medizinischen Sachverhalte nicht klar abgrenzbar sind und aus BGE 106 V 29 S. 33 der Sicht des Mediziners eine Auslegung sowohl im engeren wie im weiteren Sinne vertretbar erscheint. In den bei den Akten liegenden ärztlichen Berichten werden denn auch - entsprechend den beiden Interpretationsmöglichkeiten - unterschiedliche Auffassungen geäussert. So sprechen sich Prof. M. und Dr. L., Vertrauensarzt des SVK, für den enger gefassten Begriff aus, während Dr. R., Oberarzt an der Neurologisch-Neurochirurgischen Poliklinik des Inselspitals Bern, und offenbar auch der Hausarzt des Versicherten sowie der ärztliche Dienst des Bundesamtes für Sozialversicherung den umstrittenen Begriff in dem vom Gutachter dargelegten weiteren Sinn auslegen. Es mag zutreffen, dass der SVK mit einer Delegation der Schweizerischen Gesellschaft für Neurologie den Gegenstand der Lähmungsversicherung in dem Sinne festgelegt hat, dass nur Paresen (Kraftverlust) versichert sein sollen, nicht aber alle andern neurologischen Störungen, insbesondere nicht die sogenannten extrapyramidalen Veränderungen. Indes kommt dieser Sachverhalt im Reglement des SVK nicht mit hinreichender Bestimmtheit zum Ausdruck. 4. Für das Krankenversicherungsrecht ist - wie für das gesamte Sozialversicherungsrecht - der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Nach diesem Grundsatz sind gemäss konstanter Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts kasseninterne Bestimmungen so auszulegen, wie sie der Versicherte bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit verstehen durfte und musste. Die mangelnde Klarheit einer Kassenbestimmung darf sich dabei nicht zum Nachteil des Versicherten auswirken ( BGE 104 V 14 mit Hinweisen). Nach dieser Überlegung muss die für die Leistungen der Versicherung ausschlaggebende Voraussetzung der organisch bedingten motorischen Lähmung des Zentralnervensystems so ausgelegt werden, wie sie ein Versicherter in guten Treuen verstehen durfte. Wohl müsste ein Versicherter, der über keine besondern medizinischen Kenntnisse Verfügt, vorliegend eine eindeutige Begriffsbestimmung durch den medizinischen Fachmann nach Treu und Glauben gegen sich gelten lassen. Er könnte sich nicht auf seine Auffassung als Nichtmediziner berufen. Da sich aber der umstrittene Begriff als nicht klar definierbar erwiesen hat und vertretbarerweise auch zugunsten des Patienten ausgelegt werden kann, rechtfertigt es sich, der für BGE 106 V 29 S. 34 ihn günstigeren Lösung den Vorrang einzuräumen. Ein Patient empfindet und beschreibt die vollständige Bewegungsunfähigkeit eines Gliedes denn auch als Lähmung, ob sie nun auf Kraftlosigkeit oder auf schwerer Koordinationsstörung beruht. Es wäre für einen Versicherten, der von einer Störung des Zentralnervensystems befallen wird, mangels einer genaueren Umschreibung nicht begreiflich, dass die Versicherung je nach dem Umstand nicht haftet, ob er beispielsweise seine Extremitäten deshalb nicht gebrauchen kann, weil es ihm an der Kraft gebricht, oder aber weil er sie nicht mehr zu koordinieren vermag. Es liesse sich daher mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht Vereinbaren, die aus einer zentralnervösen Schädigung der motorischen Koordination resultierenden Bewegungsstörungen nicht auch am Versicherungsschutz teilhaben zu lassen. Der Begriff der "organisch bedingten motorischen Lähmungen" ist somit in dem vom Gutachter umschriebenen weiteren Sinne zu verstehen. 5. Gemäss Art. 27 Abs. 5 des Reglements beginnt der Anspruch auf die Ausrichtung einer Invaliditätsentschädigung mit dem Monat, in welchem seit Beginn der Lähmungen ein Jahr verflossen ist. Nach dem Reglement ist davon auszugehen, dass der Beginn der Lähmung nicht jener Zeitpunkt sein muss, in welchem die Lähmung bereits eine Invalidität in entschädigungspflichtigem Ausmass bewirkt hat. Doch ist der Beginn der Invalidität nicht in einem früheren Zeitpunkt anzunehmen, als die Lähmung eine klare Beeinträchtigung jenes Körperteils mit sich bringt, aus dessen Funktionsuntüchtigkeit die Invalidität resultiert. Aus diesem Grunde kann die Gesichts- und Augenmuskellähmung im Juni/Juli 1973 nicht als Beginn der eine Entschädigung begründenden Lähmung angesehen werden. Der Beginn ist vielmehr auf den November 1974 festzusetzen, als nach der Feststellung des Gutachters erstmals eine schwere Gangstörung beobachtet wurde. Demnach besteht ein Leistungsanspruch vom November 1975 an. Die Höhe der Entschädigung richtet sich unter anderm nach dem Invaliditätsgrad (Art. 18, 21 Abs. 2 und 24 des Reglements). Aus dem Gutachten von Prof. W. ergibt sich, dass sich der Versicherte seit dem November 1974 nur noch fortbewegen konnte, wenn er gestützt wurde; dabei griff die Koordinationsstörung vom Februar 1975 an auch auf die oberen Extremitäten über. Nach Art. 23 des Reglements gilt Ganzinvalidität als BGE 106 V 29 S. 35 festgestellt "bei gänzlicher Gebrauchsunfähigkeit beider Arme oder Hände, beider Beine, eines Armes oder einer Hand und zugleich eines Beines oder wenn künftig jede Erwerbstätigkeit ausgeschlossen ist". Da der Versicherte seit dem November 1974 praktisch nur noch mit Hilfe Dritter gehen konnte - ab Februar 1975 kamen erschwerend die Koordinationsstörungen hinsichtlich der oberen Extremitäten hinzu -, muss angenommen werden, dass er bei Beginn des Leistungsanspruchs als ganz invalid angesehen werden muss. Es stand ihm deshalb von diesem Zeitpunkt an ein Anspruch auf eine volle Invaliditätsleistung zu. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 6. Juni 1978 und die Verfügung des Schweizerischen Verbandes für die erweiterte Krankenversicherung vom 29. Dezember 1976 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Schweizerische Verband für die erweiterte Krankenversicherung den Erben des Max Züllig die auf den Zeitraum vom November 1975 bis zu dessen Tod entfallenden reglementarischen Entschädigungen für Ganzinvalidität auszurichten hat.
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd87968f-3276-48eb-96fd-50ffb1c7324b
Urteilskopf 113 V 13 3. Arrêt du 25 mars 1987 dans la cause Caisse suisse de compensation contre F. et Commission fédérale de recours en matière d'AVS/AI pour les personnes résidant à l'étranger
Regeste Art. 46 Abs. 1 AHVG , Art. 7 Abs. 2 des schweizerisch-spanischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 13. Oktober 1969: Einmalige Abfindung und Verwirkung. Muss die Rente in der Form einer einmaligen Abfindung ausgerichtet werden, so verliert der Berechtigte nicht den Anspruch auf jede Leistung, wenn er sein Gesuch nicht innert der Frist des Art. 46 Abs. 1 AHVG einreicht. In dieser Hinsicht ist die Rechtsprechung zur Verwirkung der einmaligen Witwenabfindung im Sinne des Art. 24 AHVG nicht anwendbar.
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 113 V 13 S. 13 A.- Rogelio F., né en 1926, et Claudina F., née en 1928, tous deux de nationalité espagnole, se sont mariés en Espagne en 1955. Aucun enfant n'est issu de leur union. Au cours des années 1970 à 1972, le mari est venu travailler en Suisse et il a cotisé à l'AVS durant une année et onze mois. Il est décédé le 5 décembre 1976. Le 5 avril 1984, Claudina F., domiciliée en Espagne, a présenté une demande de rente de veuve. Comme la rente - partielle - à laquelle elle pouvait prétendre (16 francs par mois) était inférieure à dix pour cent de la rente ordinaire complète (781 francs), la Caisse suisse de compensation lui a alloué, en lieu et place d'une prestation mensuelle, une indemnité forfaitaire de 3154 francs (décision du 29 mai 1985). B.- Claudina F. a recouru contre cette décision devant la Commission fédérale de recours en matière d'AVS/AI pour les personnes résidant à l'étranger en concluant au versement d'une rente mensuelle. Par lettre du 11 décembre 1985, le juge délégué BGE 113 V 13 S. 14 à l'instruction de la cause l'a informée que la commission de recours envisageait de réformer à son détriment la décision susmentionnée et il l'a vainement invitée à se déterminer sur cette éventualité. Par jugement du 12 mars 1986, la commission de recours a rejeté le pourvoi dont elle était saisie et elle a réformé la décision litigieuse "en ce sens que toute prestation d'assurance est refusée à la recourante". En bref, elle a considéré que celle-ci ne pouvait pas prétendre une rente et que le droit à une indemnité forfaitaire était en l'occurrence "prescrit" en vertu de l'art. 46 al. 1 LAVS. C.- La Caisse suisse de compensation interjette recours de droit administratif contre ce jugement, dont elle demande l'annulation, en concluant au rétablissement de sa décision du 29 mai 1985. Invitée à se déterminer sur le recours, Claudina F. n'a pas fait usage de la faculté qui lui a été donnée. Quant à l'Office fédéral des assurances sociales, il propose d'admettre le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. (La Caisse suisse de compensation a qualité pour agir selon l'art. 103 let. c OJ en liaison avec l'art. 202 RAVS.) 2. a) Selon l'art. 29 al. 1 LAVS, tous les ayants droit qui ont payé des cotisations pendant une année entière au moins, ainsi que leurs survivants, peuvent prétendre une rente ordinaire. Ont notamment droit à une telle rente les veuves qui, au décès de leur conjoint, ont accompli leur 45e année et ont été mariées pendant cinq années au moins (art. 23 al. 1 let. d LAVS). Le droit à la rente de veuve prend naissance, dans ce cas, le premier jour du mois qui suit le décès du mari (art. 23 al. 3 LAVS). b) Les ressortissants espagnols ont droit aux rentes ordinaires et aux allocations pour impotents de l'assurance-vieillesse et survivants suisse aux mêmes conditions que les ressortissants suisses (art. 7 al. 1 de la convention de sécurité sociale entre la Suisse et l'Espagne du 13 octobre 1969). Toutefois, lorsque le montant de la rente ordinaire partielle que peut prétendre un ressortissant espagnol qui ne réside pas en Suisse est inférieur ou égal à dix pour cent de la rente ordinaire complète, celui-ci n'a droit qu'à une indemnité forfaitaire égale à la valeur actuelle de la rente due (art. 7 al. 2 de la convention, dans sa version modifiée par l'avenant du 11 juin 1982). BGE 113 V 13 S. 15 3. a) En l'espèce, il est constant que l'intimée pouvait en principe prétendre une rente de veuve au décès de son mari, prestation qui devait toutefois être remplacée par une indemnité unique, conformément aux dispositions de la convention susmentionnée entre la Suisse et l'Espagne. Les premiers juges ont cependant estimé, après avoir constaté que le droit de l'intimée à l'indemnité litigieuse avait pris naissance le premier jour du mois qui avait suivi le décès de l'assuré (soit le 1er janvier 1977), que la demande de prestation du 5 avril 1984 était tardive. Ils se sont fondés sur l'art. 46 al. 1 LAVS, selon lequel "le droit à des rentes et allocations pour impotents arriérées s'éteint cinq ans après la fin du mois pour laquelle la prestation était due"; ils ont au surplus invoqué l'ATFA 1955 p. 110, d'où il résulte que cette disposition légale est également applicable à l'allocation unique de veuve au sens de l'art. 24 LAVS. b) Cette argumentation n'est pas pertinente. En effet, il n'existe aucune analogie entre l'allocation unique de veuve et l'indemnité dont il est ici question: dans le premier cas, l'allocation est versée à la veuve qui ne remplit pas les conditions d'obtention d'une rente de veuve (sur ces conditions, voir l'art. 23 LAVS), alors que dans la seconde hypothèse l'intéressée peut au contraire prétendre une telle rente: la règle de droit international, qui prévoit la possibilité d'un versement en capital, en lieu et place de la rente, ne constitue qu'une simple prescription d'ordre administratif, destinée à permettre une gestion plus rationnelle de l'AVS, c'est-à-dire à éviter, dans certains cas, des frais d'administration disproportionnés au montant de la rente. Aussi ne saurait-on appliquer au cas d'espèce la jurisprudence invoquée par les premiers juges. En vérité, il faut bien plutôt considérer que si le montant de la rente avait en l'occurrence été supérieur à dix pour cent de la rente ordinaire complète, l'intimée aurait eu droit à une prestation mensuelle, dans les limites du délai quinquennal de l'art. 46 al. 1 LAVS; la situation n'eût pas été différente si l'intéressée avait été domiciliée en Suisse au moment où elle a présenté sa demande de rente de veuve. Par conséquent, si l'on suivait le raisonnement des premiers juges, cela reviendrait, pratiquement, à subordonner le droit de certains ressortissants étrangers à des prestations de l'AVS à des exigences plus rigoureuses que celles qui sont imposées aux assurés pour lesquels l'éventualité d'une conversion de la rente en capital n'entre pas en ligne de compte. Or cette différence de BGE 113 V 13 S. 16 traitement ne trouve un fondement ni dans la LAVS ni dans le droit conventionnel. Pour autant, cela ne veut pas dire que la péremption quinquennale ne joue aucun rôle lorsque la rente est versée sous la forme d'une indemnité forfaitaire: comme le souligne à juste titre la recourante, les règles de calcul de l'indemnité tiennent compte des exigences de l'art. 46 al. 1 LAVS en ce sens que le bénéficiaire perd son droit à une partie de la valeur capitalisée des rentes arriérées lorsqu'il présente sa demande en dehors du délai institué par cette norme légale (voir à ce sujet les Tables des valeurs actuelles pour le calcul des indemnités forfaitaires tenant lieu de rentes, édictées par l'Office fédéral des assurances sociales, dans leur version en vigueur depuis le 1er janvier 1979). c) Vu ce qui précède, le recours de droit administratif se révèle bien fondé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est admis et le jugement de la Commission fédérale de recours en matière d'AVS/AI pour les personnes résidant à l'étranger du 12 mars 1986 est annulé.
null
nan
fr
1,987
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dd8c78e0-da6d-4de5-a9a8-1afa041f121f
Urteilskopf 120 Ia 256 38. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Juni 1994 i.S. R. gegen X. Bank (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Auswirkungen der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde bei Rechtsöffnungen. Hebt das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin einen Entscheid auf, mit dem die Rechtsöffnung gewährt oder verweigert worden ist, so kann es in der Regel nicht auch selber über die Rechtsöffnung entscheiden. Eine Ausnahme von dieser Regel besteht, wenn das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid nicht nur auf Willkür hin überprüft und die Rechtslage als genügend klar betrachtet werden kann (Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 120 Ia 256 S. 257 A.- Mit Zahlungsbefehl Nr. 2360/1993 des Betreibungsamtes Luzern vom 9. März 1993 liess R. die X. Bank für Fr. ... nebst Zins betreiben. Die Betriebene erhob Rechtsvorschlag. Mit Entscheid vom 23. September 1993 erteilte der Amtsgerichtspräsident III von Luzern-Stadt R. die definitive Rechtsöffnung. Diesen Entscheid hob die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern mit Entscheid vom 7. Februar 1994 auf Rekurs der X. Bank hin auf und wies das Rechtsöffnungsgesuch ab. B.- R. gelangt mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Der Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid im Sinne von Art. 86 f. OG. Da kein anderes Rechtsmittel an das Bundesgericht offen steht, ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV grundsätzlich zulässig. b) Auf den Antrag des Beschwerdeführers, den angefochtenen Entscheid nicht nur aufzuheben, sondern die definitive Rechtsöffnung direkt zu erteilen, kann wegen der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde nicht eingetreten werden. Wohl hat das Bundesgericht in seiner neusten Rechtsprechung vereinzelt solche Anträge als grundsätzlich zulässig erklärt, wenn die Rechtslage als genügend klar betrachtet werden könne ( BGE 116 II 627 ; Entscheid v. 13. August 1993 i.S. F., zitiert bei SPÜHLER, Die Praxis der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1994, S. 27 Rz. 12a). Gleichzeitig hat es aber die entsprechenden Anträge bei provisorischen Rechtsöffnungen verweigert ( BGE 111 III 10 E. 1; BGE 98 Ia 350 ). Eine Begründung für diese unterschiedliche Behandlung findet sich in der Regel nicht ( BGE 116 II 627 ; BGE 111 III 10 E. 1; BGE 101 Ia 160 E. 4; BGE 98 Ia 323 E. 6; BGE 98 Ia 350 E. 1). Aus BGE 72 I 96 und BGE 98 Ia 537 ist aber ersichtlich, wie es zu dieser Rechtsprechung gekommen ist. Die über die blosse Aufhebung des angefochtenen Entscheides hinausgehenden Anträge werden dort nämlich nur als zulässig angesehen, wenn das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid nicht nur auf Willkür hin überprüft. Eine Verletzung anderer verfassungsmässiger Rechte als des Willkürverbotes wird aber regelmässig nur bei der definitiven Rechtsöffnung geltend gemacht werden können, sei BGE 120 Ia 256 S. 258 es, dass das zu vollstreckende Urteil gegen Art. 59 BV verstossen haben soll oder eine Verletzung eines Konkordates oder eines Staatsvertrages gerügt wird (Art. 84 Abs. 1 Bst. b und c OG). Das entscheidende Kriterium für die Zulässigkeit weitergehender Anträge ist somit die vorgebrachte Rüge und nicht die Art der verlangten Rechtsöffnung. Vorliegend rügt der Beschwerdeführer aber ausschliesslich eine Verletzung von Art. 4 BV . Das Bundesgericht kann deshalb auch bei einer Gutheissung der Beschwerde nicht über die Rechtsöffnung selber entscheiden.
public_law
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
dd9885c5-b8bb-490d-8ebb-b5347060fe18
Urteilskopf 85 IV 187 48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Oktober 1959 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 201 Abs. 1 StGB ist auch anwendbar, wenn sich der Ehemann aus dem unsittlichen Erwerb seiner Ehefrau eine höhere Lebenshaltung leistet, als ihm sein Einkommen erlauben würde, und die Ehefrau zufolge Gütertrennung über die Verwendung ihrer Einkünfte selbständig verfügt.
Erwägungen ab Seite 187 BGE 85 IV 187 S. 187 Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er seinen eigenen Unterhalt nie, auch nicht teilweise, aus dem unsittlichen Erwerb seiner Ehefrau gedeckt habe, trifft nicht zu. Zum Unterhalt gehören nicht nur Nahrung und Kleidung, sondern alles, was jemand zum Leben benötigt, also auch Wohnung, Gesundheitspflege, Erholung und die BGE 85 IV 187 S. 188 Befriedigung anderer Bedürfnisse. Die Ausstattung der ehelichen Wohnung mit Möbeln, Radio, Teppichen usw. und die Anschaffung eines Autos, das wie die Wohnungseinrichtung auch vom Beschwerdeführer benützt wurde, finanzierte ausschliesslich dessen Ehefrau aus den Einkünften ihres unsittlichen Gewerbes, aus denen sie ausserdem den grössten Teil des Unterhalts des Kindes und der Kosten des gemeinsamen Haushaltes bestritt (namentlich Miete, Telephon, Gas, Elektrisch, usw.). Der Beschwerdeführer hat sich somit zu einem erheblichen Teil im Sinne von Art. 201 Abs. 1 StGB aus dem unsittlichen Erwerb seiner Ehefrau unterhalten lassen. Daran ändert nichts, dass zwischen den Ehegatten auf Grund eines Ehevertrages Gütertrennung besteht, die Ehefrau demzufolge güterrechtlich über ihr Vermögen und ihren Arbeitserwerb selbständig verfügen kann und an die ehelichen Lasten einen angemessenen Beitrag zu leisten hat ( Art. 242, 246 ZGB ). Die allgemeinen Wirrkungen der Ehe, insbesondere die in Art. 160 ZGB dem arbeitsfähigen Ehemann auferlegte Pflicht, für den eigenen Unterhalt und denjenigen von Frau und Kind in erster Linie selber aufzukommen, werden durch die Art des ehelichen Güterstandes nicht berührt. Statt pflichtgemäss den lebensnotwendigen Bedarf der Familie durch ehrlichen Arbeitserwerb sicherzustellen, zog es der Beschwerdeführer vor, zweifelhaften Geschäften mit unsicherem Einkommen nachzugehen, wohl wissend, dass seine Ehefrau für den Unterhalt seiner Familie sorge. Sein Einwand, dass es nur deshalb dazu gekommen sei, weil seine Ehefrau sich mit einer seinem Einkommen entsprechenden einfachen Lebensführung nicht begnügt und gleichsam gegen seinen Willen eine höhere Lebenshaltung durchgesetzt habe, hilft nicht. Der Beschwerdeführer wusste, dass seine Ehefrau die hohen Beiträge nur auf dem Wege der gewerbsmässigen Unzucht zu leisten imstande war, und gegen diese verwerfliche Art des Gelderwerbes hätte er einschreiten können und müssen. Dass er das deswegen BGE 85 IV 187 S. 189 nicht tat, weil er nicht wollte, ergibt sich daraus, dass er das luxuriöse Leben seiner Ehefrau teilte, diese bei der Ausübung ihres Gewerbes gewähren liess, ja sogar, wie die Vorinstanz feststellt, zur Unzucht anhielt. Das Merkmal der Ausbeutung nach Art. 201 Abs. 1 StGB ist damit in ausgeprägter Form erfüllt.
null
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dda14a5c-c544-4b05-a132-c78e788f69d1
Urteilskopf 103 IV 208 60. Urteil des Kassationshofes vom 2. Juni 1977 i.S. Starthalteramt Zürich gegen M.
Regeste Art. 9 Abs. 1 der Verordnung I zum A VG. Gewerbsmässige Arbeitsvermittlung. Die gewerbsmässige Arbeitsvermittlung setzt voraus, dass der Vermittler den Abschluss eines Dienstvertrages fördert und im Falle eines Erfolges Anspruch auf Mäklerlohn hat (E. 1a). Nach den gleichen Merkmalen beurteilt sich, ob die Vermittlung von Temporärarbeit im eigentlichen Sinn oder nach dem "Try and hire"-System gewerbsmässig betrieben wird (E. 1b und e, E. 2).
Sachverhalt ab Seite 208 BGE 103 IV 208 S. 208 A.- Die Firma X. befasst sich gewerbsmässig mit der temporären Überlassung von Arbeitskräften an ihre Kunden. In neuerer Zeit wendet sie auch das sogenannte "Try and hire"-System an. Dieses besteht darin, dass die Firma X. von BGE 103 IV 208 S. 209 ihr angestellte und entlöhnte Arbeitskräfte fest für drei Monate zur Verfügung stellt, den Kunden und Arbeitnehmer aber nicht hindert, für die Zeit nach Ablauf der Vertragsdauer direkt miteinander einen Arbeitsvertrag abzuschliessen. Am 12. Juni 1975 erschienen im "Tages-Anzeiger" verschiedene Inserate mit dem Text "Firma X., überall wo es um Arbeit geht, auch Dauerstellen". Nach Intervention des Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit des Kantons Zürich wurde das Erscheinen dieser Inserate vorläufig eingestellt. Am 3. und 8. Juli 1975 erschienen jedoch auf Anordnung von Frau M., Direktorin der Firma X., erneut Inserate in der gleichen Aufmachung mit dem Zusatz "Try and hire". B.- Das Statthalteramt des Bezirkes Zürich büsste Frau M. am 12. Dezember 1975 wegen Verletzung von Art. 7 des Bundesgesetzes über die Arbeitsvermittlung vom 22. Juni 1951 mit Fr. 300.--, weil sie ohne Bewilligung gewerbsmässig Arbeitsvermittlung betrieben habe. Nachdem Frau M. gerichtliche Beurteilung verlangt hatte, verurteilte sie der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich am 25. August 1975 ebenfalls zu Fr. 300.-- Busse. Das Obergericht des Kantons Zürich sprach sie dagegen am 24. Februar 1977 frei. C.- Das Statthalteramt des Bezirks Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die gewerbsmässige Arbeitsvermittlung ist nach Art. 7 Abs. 1 AVG (SR 823.111) nur mit Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde gestattet. Als gewerbsmässige Arbeitsvermittlung gilt gemäss Art. 9 Abs. 1 der Verordnung I zum AVG vom 21. Dezember 1951 jede auf Gewinn gerichtete regelmässige Tätigkeit, mit der einem Auftraggeber Gelegenheit zum Abschluss eines Dienstvertrages oder einer dienstvertragsähnlichen Vereinbarung nachgewiesen oder der Abschluss eines solchen Vertrages vermittelt werden soll. Eine solche Tätigkeit fällt auch dann unter das Gesetz, wenn sie mittels der Herausgabe von besonderen Publikationsorganen, BGE 103 IV 208 S. 210 wie Stellenanzeigern, der Vermittlung von Adressen oder ähnlicher Vorkehren ausgeübt wird. a) Im Schrifttum besteht insoweit Übereinstimmung, dass Die Arbeitsvermittlung, wie sie in Art. 9 Abs. 1 der genannten Verordnung umschrieben ist, rechtlich die Merkmale des Mäklervertrages gemäss Art. 412 ff. OR aufweist (U. C. NEF, Temporäre Arbeit, Diss. Zürich 1971 S. 26/27; TH. WAEBER, Beitrag zur Geschichte und zum heutigen Begriff der Arbeitsvermittlung, Diss. Zürich 1976 S. 55). Wesentlich ist deshalb, dass der Arbeitsvermittler einerseits durch seine Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit den Abschluss eines Dienstvertrages oder einer dienstvertragsähnlichen Vereinbarung (z.B. einen Werkvertrag, Auftrag; vgl. WAEBER, a.a.O. S. 97) fördert und dass er anderseits, wenn zwischen dem Kunden und dem Arbeitnehmer ein Vertrag auf Arbeitsleistung abgeschlossen wird, für diesen Erfolg Anspruch auf Mäklerlohn hat (BRUNO v. BÜREN, Schweiz. Obligationenrecht, BT S. 204, BECKER, N. 1 zu Art. 413 OR ). b) Bei der Vermittlung von Arbeitskräften nach dem System der temporären Arbeit, bei welchem die vermittelnde Organisation die von ihr verpflichtete Arbeitskraft ihren Kunden für eine zeitlich begrenzte Dauer überlässt, fehlt es am Merkmal der Förderung des Hauptvertragsabschlusses zwischen Arbeitnehmer und Kunde (s. auch TH. BRENDER, Rechtsprobleme des befristeten Arbeitsvertrages Diss. Zürich 1976 S. 38). Die Organisation ist vielmehr daran interessiert, dass ihr die temporäre Arbeitskraft als solche erhalten bleibe, weshalb sie in der Regel Massnahmen vorkehrt, um einem solchen Vertragsabschluss zwischen Kunde und der ihm überlassenen Arbeitskraft entgegenzuwirken (R. VON BÜREN, Teilzeitarbeit und temporäre Arbeit als neue Formen von Dienstleistung im schweizerischen Recht, Diss. Bern 1971 S. 192 f.; NEF, a.a.O. S. 28 sowie S. 105 ff.). Aus diesem Grund wird die Vermittlung temporärer Arbeit nicht als Arbeitsvermittlung gemäss Art. 9 der Verordnung I zum AVG angesehen (R. VON BÜREN, a.a.O. S. 190; NEF, a.a.O. S. 29/30; WAEBER, a.a.O. S. 97, 101). c) Das "Try and hire"-System besteht ebenfalls in einer zeitlich beschränkten Überlassung von Arbeitskräften der vermittelnden Organisation an ihre Kunden. Im Unterschied zum System der temporären Arbeit im eigentlichen Sinne lässt es BGE 103 IV 208 S. 211 die Organisation jedoch zu, dass zwischen dem Kunden und dem Arbeitnehmer für die Zeit nach Ablauf der Temporärarbeit ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. Dass eine solche Geschäftstätigkeit, je nach ihrer konkreten Ausgestaltung, Arbeitsvermittlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 VO I zum AVG sein kann, ist deshalb nicht ausgeschlossen. Es muss demzufolge im Einzelfall näher geprüft werden, ob die Merkmale des Mäklervertrages wirklich gegeben seien oder nicht. 2. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz betreibt die Firma X. keine Dauerstellenvermittlung im üblichen Sinn. Sie wendet das erwähnte "Try and hire"-System so an, dass es Kunden und Arbeitnehmer nach Ablauf einer dreimonatigen Vertragsdauer anheimgestellt wird, miteinander direkt einen auf Dauer ausgerichteten Arbeitsvertrag abzuschliessen, ohne dass die Firma X. hiefür eine Konventionalstrafe, Entschädigung oder Vergütung verlangen könnte. Zwar ergibt sich daraus, dass die Firma X. über den Weg der temporären Arbeitsvermittlung oft Arbeitnehmern, die eine Dauerstelle suchen, und Arbeitgebern, die eine solche Stelle zu besetzen haben, die Möglichkeit zum Abschluss eines Arbeitsvertrages verschafft und insoweit Arbeit vermittelt. Diese Vermittlung von Dauerstellen fiele aber nur dann unter den Begriff der gewerbsmässigen Arbeitsvermittlung im Sinne des AVG, wenn sie entgeltlich wäre. Der Nachweis einer Entlöhnung ist indessen im vorliegenden Fall nicht erbracht. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Kunde, der den Arbeitnehmer nach Ablauf der drei Monate fest übernimmt, der Firma X. dafür keine besondere Entschädigung zu bezahlen; er muss ihr nur das für die dreimonatige Überlassung vereinbarte Entgelt entrichten, gleichgültig, ob ein Arbeitsvertrag zwischen ihm und dem Arbeitnehmer zustandekommt oder nicht. Auch steht fest, dass die Firma X. sowohl die Entlöhnung des Arbeitnehmers während der dreimonatigen Vertragsdauer als auch das vom Kunden für die Überlassung geschuldete Entgelt nach den gleichen Grundsätzen bemisst, die sie bei den Arbeitseinsätzen nach dem System der temporären Arbeit im eigentlichen Sinn anwendet. Es kann somit nicht gesagt werden, sie verlange eine Sonderentschädigung für die Vermittlung einer Dauerstelle, auch nicht in versteckter Form. Der Auffassung der Vorinstanz, dass die "Try and hire"-Anstellung keine gewerbsmässige Arbeitsvermittlung BGE 103 IV 208 S. 212 ist, wenn die Minimaldauer des temporären Einsatzes zum voraus festgelegt ist und für den allfälligen Übergang von der Temporär- zur Dauerarbeit keine zusätzliche Entschädigung bezahlt wird, ist daher beizupflichten. Der vorliegende Fall bietet keinen zwingenden Anlass, den Begriff der Arbeitsvermittlung anders als nach den Kriterien des Mäklervertrages auszulegen, um das "Try and hire"-System der Bewilligungspflicht zu unterstellen. Die im AVG geschaffene Ordnung soll vor allem dem Schutz des Arbeitnehmers gegen Ausbeutung dienen (Botschaft des Bundesrates, BBl 1950 II 341, 345, 360). Diese Gefahr besteht hier nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht. Auch gegen die Festlegung einer zeitlichen Mindestdauer von drei Monaten bestehen unter dem Gesichtspunkt des Arbeitnehmerschutzes keine Bedenken. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dda34217-694c-426b-91d6-89e46b7ae038
Urteilskopf 108 II 497 93. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Oktober 1982 i.S. Destinatäre der Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG und Mitbeteiligte gegen Gemeinschaftsstiftung für Alters- und Hinterlassenenvorsorge im Schweizerischen Gewerbe und Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Stiftungsaufsicht; Konkurrenz zwischen zivilrechtlicher Klage und Anrufung der Aufsichtsbehörde. Verweigert eine Personalfürsorgestiftung austretenden Destinatären die Auszahlung der geltend gemachten Abgangsansprüche, können die Betroffenen zivilrechtliche Klage erheben oder, falls die Ansprüche offensichtlich ausgewiesen sind, bei der zuständigen Aufsichtsbehörde die Erteilung entsprechender Weisungen an die Stiftung verlangen. Sind jedoch die geltend gemachten Ansprüche nicht offensichtlich ausgewiesen, ist nur der Weg der gerichtlichen Klage offen.
Sachverhalt ab Seite 498 BGE 108 II 497 S. 498 Als Mitglieder des Schweizerischen Maler- und Gipserverbandes (SMGV) unterstanden Hans Buess und verschiedene Arbeitnehmer seines Unternehmens, der Malerei Buess AG, dem Versicherungsobligatorium hinsichtlich der AHV-Zusatzversicherung des erwähnten Verbandes bei der Gemeinschaftsstiftung für Alters- und Hinterlassenenvorsorge im Schweizerischen Gewerbe (im folgenden Gemeinschaftsstiftung genannt). Nachdem die Buess AG eine eigene Personalfürsorgestiftung errichtet hatte, stellte sie ein Gesuch um Befreiung von der genannten Versicherungspflicht. Die Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes liess sie mit Schreiben vom 28. September 1977 wissen, dass dem Gesuch entsprochen worden sei, und zwar rückwirkend auf den 31. Dezember 1976. In der Folge überwies die erwähnte Ausgleichskasse der Buess AG gestützt auf Art. 21 des Reglementes für die AHV-Zusatzversicherung des SMGV den Betrag von insgesamt Fr. 25'950.--. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem vollen Rückerstattungswert zu Gunsten des als Verbandsmitglied ausscheidenden Hans Buess und der Summe der persönlich erbrachten Beiträge der Arbeitnehmer. Die Personalfürsorgestiftung der Buess AG erklärte sich mit der Abfindung der Arbeitnehmer nicht einverstanden. Ein Gesuch, auch für sie den vollen Rückerstattungswert, d.h. eine Nachzahlung von insgesamt Fr. 18'343.-- zu leisten, wurde jedoch abgewiesen. Mit Eingabe vom 6. Juni 1980 wandten sich die betroffenen Destinatäre der Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG (im folgenden Destinatäre genannt), die Personalfürsorgestiftung selbst und die Malerei Buess AG an das Bundesamt für Sozialversicherung und stellten das Gesuch, die Gemeinschaftsstiftung sei anzuweisen, den von ihnen geltend gemachten Betrag von Fr. 18'343.-- nebst Zins zu 5% ab 1. Januar 1977 an die Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG zu überweisen. Unter dem 25. März 1981 teilte ihnen das Bundesamt mit, dass dem Gesuch nicht entsprochen werden könne. Diesen Standpunkt bestätigte es mit Schreiben vom 9. Dezember 1981. Die Destinatäre, die Personalfürsorgestiftung und die Malerei Buess AG erhoben hiegegen Beschwerde beim Eidgenössischen Departement des Innern (EDI). Das EDI erliess am 22. April 1982 folgenden Entscheid: "1. Die Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt der Stiftungsaufsicht abgewiesen. 2. Den Beschwerdeführern bleibt hiermit unbenommen, die strittige Forderung von Fr. 18'343.-- vor dem Zivilrichter geltend zu machen. BGE 108 II 497 S. 499 3. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. 4. Die Parteikosten werden wettgeschlagen." Die Destinatäre, die Personalfürsorgestiftung und die Malerei Buess AG haben hiegegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben mit den Rechtsbegehren: "1. Die Beschwerde sei gutzuheissen und die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 22. April 1982 sei aufzuheben. 2. Die Gemeinschaftsstiftung für Alters- und Hinterlassenenvorsorge im Schweizerischen Gewerbe sei anzuweisen, den Beschwerdeführern bzw. der Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG das gesamte Vorsorgekapital der Destinatäre bzw. den noch ausstehenden Differenzbetrag von Fr. 18'343.-- zuzüglich Zins von 5% ab 1. Januar 1977 zu überweisen. Eventuell sei die Angelegenheit an die Beschwerdegegnerin oder direkt an das Bundesamt für Sozialversicherung zu neuer Beurteilung im Sinne des obigen Rechtsbegehrens zurückzuweisen." Die Gemeinschaftsstiftung beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; allenfalls sei sie abzuweisen. Das EDI schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Ihre Ansprüche gegenüber der Gemeinschaftsstiftung können die Destinatäre als frühere Begünstigte gemäss Art. 89bis Abs. 5 ZGB klageweise geltend machen. Das Bundesamt für Sozialversicherung und das EDI haben denn auch ausdrücklich auf diesen Weg hingewiesen. Zu prüfen ist indessen, ob die Destinatäre neben dem Zivilrichter auch die Aufsichtsbehörde anrufen können, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Letztlich geht es dabei darum zu entscheiden, ob das EDI die Gemeinschaftsstiftung zur Bezahlung der geltend gemachten Forderung anzuhalten befugt sei. 5. Die Kompetenzen der Aufsichtsbehörden ergeben sich aus Art. 84 Abs. 2 ZGB . Danach hat die Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. Sie hat darüber zu wachen, dass die Organe der Stiftung keine Verfügungen treffen, die der Stiftungsurkunde oder dem Reglement bzw. dem Gesetz widersprechen oder unsittlich sind (vgl. BGE 106 II 269 E. 3c; BGE 105 II 73 E. 3b). In diesem Rahmen ist die Aufsichtsbehörde befugt, den Stiftungsorganen bindende Weisungen zu erteilen und bei deren Nichtbeachtung Sanktionen zu ergreifen ( BGE 101 Ib 235 f. E. 2 mit Hinweisen). BGE 108 II 497 S. 500 Es ist indessen darauf hinzuweisen, dass die Stiftungsaufsicht nicht etwa einer Vormundschaft gleichkommt. Die Stiftung ist grundsätzlich voll handlungsfähig. Die Aufsichtsbehörde darf deshalb nicht einfach an Stelle des Stiftungsrates handeln. In reinen Ermessensfragen hat sie sich zurückzuhalten ( BGE 100 Ib 135 E. 3). Die Aufsichtsbehörde darf nur einschreiten, wenn die Stiftungsorgane das ihnen zustehende Ermessen überschritten oder missbraucht haben, mit andern Worten wenn einer ihrer Entscheide unhaltbar ist, d.h. auf sachfremden Kriterien beruht oder einschlägige Kriterien ausser acht lässt. Greift die Aufsichtsbehörde ohne gesetzliche Grundlage in den Autonomiebereich der Stiftungsorgane ein, so verletzt sie Bundesrecht ( BGE 101 Ib 236 oben). 6. Der Gemeinschaftsstiftung droht eine Forderungsklage der beschwerdeführenden Destinatäre. Für einen solchen Fall ist aus dem Gesagten abzuleiten, dass die Aufsichtsbehörde die Stiftung nur dann zur Anerkennung und Bezahlung ohne richterlichen Entscheid anhalten darf, wenn der geltend gemachte Anspruch ohne weiteres ausgewiesen ist. Lehnt nämlich die Stiftung unter solchen Umständen die Zahlung ab und lässt sie es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen, setzt sie sich der Gefahr aus, Verfahrenskosten und Prozessentschädigung entrichten zu müssen. Die Tragung der Kosten und Entschädigungsfolgen eines verlorenen Zivilprozesses stellt aber keine zweckgemässe Verwendung des Stiftungsvermögens dar. Bestehen dagegen an der Berechtigung der von Destinatären geltend gemachten Ansprüche ernsthafte Zweifel, so muss der Entscheid dem Zivilrichter überlassen bleiben (vgl. RIEMER, N. 141 und 142 zu Art. 84 ZGB ). Die Stiftung in einem solchen Fall anzuweisen, die Forderung anzuerkennen, ginge nicht an, würden doch dadurch unter Umständen die Ansprüche der übrigen Destinatäre gefährdet. Auf Grund des Gesagten ist festzuhalten, dass entgegen der Ansicht der Gemeinschaftsstiftung nicht in jedem Fall, da zivilrechtliche Klage erhoben werden kann, die Anrufung der Aufsichtsbehörde ausgeschlossen ist. Bei klaren Verhältnissen im oben erwähnten Sinn kann durchaus eine konkurrierende Zuständigkeit von Richter und Aufsichtsbehörde gegeben sein (vgl. RIEMER, N. 141 zu Art. 84 ZGB ; WALSER, Die Personalvorsorgestiftung, Diss. Zürich 1974, S. 49 ff.). Allerdings bleibt der richterliche Entscheid über einen strittigen Anspruch eines Destinatärs in jedem Falle vorbehalten (vgl. BGE 100 Ib 146 f.; WALSER, a.a.O., S. 50). BGE 108 II 497 S. 501 7. Von den Destinatären wird nicht bestritten, dass am 31. Dezember 1976, als sie aus der AHV-Zusatzversicherung austraten, um in die Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG einzutreten, d.h. als die strittigen Ansprüche entstanden, die Art. 331a-331c des revidierten OR für die Gemeinschaftsstiftung noch nicht in Kraft getreten waren. Die Gemeinschaftsstiftung unterstand damals noch dem früheren Art. 343bis OR . Diese Bestimmung sah in Abs. 3 vor, dass dem Dienstpflichtigen, der selbst auch Beiträge entrichtet hat, bei der Auflösung des Dienstverhältnisses mindestens die Summe der von ihm geleisteten Beiträge herauszugeben sei. Eine entsprechende Regelung fand sich denn auch in Art. 21 des Reglements von 1969 über die AHV-Zusatzversicherung des SMGV. Darauf beruhte die geleistete Barabfindung von insgesamt Fr. 25'950.--. Die Destinatäre, die mehr beanspruchen als nur die persönlich erbrachten Beiträge, sind der Ansicht, dass die erwähnten Bestimmungen des früheren OR und des Reglementes von 1969 auf ihren Fall nicht direkt zur Anwendung gelangen können, da der Grund ihres Austritts nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewesen sei, sondern der Wechsel zur Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG. Da dieser Sachverhalt im Gesetz nicht geregelt gewesen sei, müsse das Bestehen einer echten Lücke angenommen werden, die im Sinne von Art. 1 Abs. 2 ZGB unter Berücksichtigung der allgemeinen Zielvorstellungen des Personalfürsorgestiftungsrechtes auszufüllen sei. Die Destinatäre verweisen sodann auf die Stellungnahme des Amtes für Stiftungsaufsicht des Kantons Basel-Landschaft, dem die Personalfürsorgestiftung der Malerei Buess AG untersteht. Dieses Amt hat die Ansicht geäussert, es müsse von Gesetzes wegen das gesamte Vorsorgekapital ausbezahlt werden, das für die Destinatäre bei der AHV-Zusatzversicherung des SMGV bereit gestellt worden sei. Diese Lösung trägt jedoch allein dem Interesse der Destinatäre Rechnung, durch den Wechsel der Vorsorgeeinrichtung keine Schmälerung ihrer Ansprüche zu erleiden. Bei der Beurteilung der Ansprüche der Destinatäre muss indessen auch die Stellung der Gemeinschaftsstiftung denjenigen gegenüber berücksichtigt werden, die bei ihr weiterhin versichert bleiben. Weiter darf nicht ausser acht gelassen werden, dass die Gemeinschaftsstiftung dadurch bereits eine gewisse Leistung erbracht hat, dass sie den beschwerdeführenden Destinatären bis zu ihrem Austritt Versicherungsschutz gewährt hatte. BGE 108 II 497 S. 502 Aus dem Gesagten erhellt, dass die von den Destinatären geltend gemachten Ansprüche nicht als offensichtlich ausgewiesen erscheinen und dass sich die Gemeinschaftsstiftung nicht einem für sie von vornherein verlorenen Prozess aussetzt, wenn sie die Ansprüche nicht von sich aus anerkennt. Das EDI hat deshalb mit Recht davon abgesehen, eine entsprechende Weisung zu erteilen.
public_law
nan
de
1,982
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dda3842e-a12f-41f5-93bb-feaf3135813c
Urteilskopf 82 II 181 27. Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Mai 1956 i.S. Eheleute Schneider gegen Vormundschaftsbehörde O.
Regeste Entzug der elterlichen Gewalt. Art. 285 ZGB . Auch wenn die Gründe zu dieser Massnahme vornehmlich in der Person des einen Ehegatten liegen, ist sie gegen beide auszusprechen, wenn sie sonst wegen des Verhaltens des andern Ehegatten unwirksam bleiben müsste.
Sachverhalt ab Seite 181 BGE 82 II 181 S. 181 Aus dem Tatbestand: A.- Am 10. April 1953 heiratete Walter Schneider, geboren 1913, die im Jahr 1925 geborene Gertrud Sigg. Daher wurden die aus dem vorehelichen Verhältnis stammenden Kinder Paul, geboren am 21. Juni 1951, und Ursula, geboren am 8. Oktober 1952, ehelich. Im Jahre 1949 war eine gegen die Ehefrau angehobene Strafuntersuchung wegen Unzurechnungsfähigkeit eingestellt worden. Ein Gutachten der Anstalt Friedmatt, Basel, vom 5. April 1949 bezeichnete sie als eine triebhafte, impulsive Debile. In der Ehe kam es zu Streitigkeiten. Im Jahre 1955 klagte BGE 82 II 181 S. 182 die Ehefrau auf Trennung der Ehe. Die Vormundschaftsbehörde des Wohnortes beantragte am 2. Juli 1955 im Einverständnis mit der heimatlichen Vormundschaftsbehörde beim Bezirksstatthalteramt, die beiden Kinder seien unter Amtsvormundschaft zu stellen. Zur Begründung wurde angeführt, die Erziehung könne weder dem Vater noch der Mutter anvertraut werden; man müsse die Kinder im "... Kinderhus" oder an einem privaten Pflegeplatz unterbringen. B.- Nach einem ärztlichen Bericht ist die Ehefrau "eine wenig intelligente, debile und erregbare Persönlichkeit", der Ehemann "psychisch ebenfalls abnorm, zu mindest psychopathisch, wenn nicht psychotisch". Ferner ergab sich ungeordnete Haushaltführung und Streitsucht der Ehefrau; sie schreit die Kinder an, ohne sich damit Gehorsam verschaffen zu können. Für genügende Ernährung der Kinder ist sie besorgt. Gegen den Ehemann wird, was die Kindererziehung betrifft, nichts eingewendet. Indessen muss er die Kinder während der meisten Zeit der Ehefrau überlassen. Er ist arbeit- und sparsam, wechselt aber häufig die Stelle; gegen Behörden benimmt er sich eigensinnig, und, wie es in einem Leumundsbericht heisst: "sein aufbrausendes Wesen und seine Redensarten, die oft als gemein anzusprechen sind, stempeln ihn zu einem Menschen mit einem geistigen Defekt, weshalb er von der Nachbarschaft gemieden wird". C.- Auf Grund dieser Untersuchungsergebnisse hat der Regierungsrat beiden Ehegatten die elterliche Gewalt über die zwei Kinder entzogen. D.- Gegen diesen Entscheid haben die Eheleute Schneider-Sigg Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit den Anträgen, er sei gänzlich aufzuheben, eventuell sei die elterliche Gewalt nur der Mutter zu entziehen. Es wird bestritten, dass die Eltern nicht imstande seien, die elterliche Gewalt auszuüben. Möglicherweise sei Frau Schneider eine psychopathische Person, sicher aber nicht der Ehemann, wenigstens nicht in einem Masse, dass er die BGE 82 II 181 S. 183 Kinder nicht richtig erziehen könnte. Durch die Leumundsberichte werde der Ehemann viel weniger belastet als die Ehefrau. Jedenfalls ihm sei die elterliche Gewalt zu belassen. E.- Der Regierungsrat legt in einem die Aktensendung begleitenden Schreiben die Untersuchungsergebnisse näher dar. Er hebt die Passivität des Vaters in der Kindererziehung hervor. "Er ist auch nicht fähig, seine Ehefrau zur Ordnung anzuhalten." Die Vormundschaftsbehörde trägt auf Abweisung der Berufung an. Sie führt aus, immer wieder müsse die Gemeindebehörde oder die Polizei wegen "handgreiflicher Streitigkeiten der Ehegatten unter sich oder mit Hausnachbarn" zum Rechten sehen. "Schriftliche Verwarnungen wandern ungelesen ins Feuer. Auf behördliche Vorladungen folgt Schneider Walter höchstens mit Polizeigewalt..." Die Unfähigkeit der Ehefrau zur Kindererziehung gehe aus den Akten mit Sicherheit hervor. "Würde nur der Ehefrau die elterliche Gewalt entzogen, bliebe alles beim alten, denn Schneider Walter würde mit allen Mitteln versuchen, einer behördlichen Wegnahme und Versorgung der Kinder entgegen zu wirken." Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: "Sind die Eltern nicht imstande", die elterliche Gewalt auszuüben, so ist ihnen diese Gewalt nach Art. 285 ZGB zu entziehen. So verhält es sich namentlich bei Unfähigkeit, die Kinder richtig zu erziehen. Dabei ist unerheblich, worin die Unfähigkeit begründet liegt, und ob die Eltern ein Verschulden trifft oder nicht. Im vorliegenden Falle hat sich nun nach den dem angefochtenen Entscheide zugrunde liegenden Untersuchungsergebnissen die Mutter als zur Kindererziehung in solchem Grade ungeeignet erwiesen, dass die ihr gegenüber verfügte Entziehung der elterlichen Gewalt gerechtfertigt ist, wiewohl es ihr nicht an Mutterliebe und gutem Willen fehlt. Ihre ausgeprägte psychopathische Veranlagung und die sich daraus ergebenden BGE 82 II 181 S. 184 Charaktereigenschaften wirken sich so ungünstig aus, dass ihr die Erziehung nicht länger überlassen bleiben darf. Ist insofern der angefochtene Entscheid ohne weiteres zu bestätigen, so bleibt zu prüfen, ob der Gewaltentzug mit Recht auch dem Vater gegenüber erfolgt sei, oder ob ihm, wie es das Eventualbegehren der Berufung will, die elterliche Gewalt belassen werden dürfe und solle. Dass die auch bei ihm vorhandenen geistigen Mängel die Entwicklung der Kinder in hohem Masse schlecht beeinflusst hätten, ist nicht erwiesen. Diese negative Feststellung bedeutet jedoch nicht, dass er das unter den gegebenen Umständen Notwendige vorzukehren vermöge, um für eine gehörige Erziehung der Kinder Gewähr zu bieten. Es ist hier nicht zu entscheiden, ob ihm bei einer Trennung oder Scheidung der Ehe die Kinder vorderhand, allenfalls mit Vorbehalt einer Aufsicht der Vormundschaftsbehörde (vgl. BGE 60 II 16 ), zugewiesen werden könnten. Wie dem auch sei, ist jedenfalls bei der nun in der Absicht der Eheleute liegenden Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft der Entzug der elterlichen Gewalt auch dem Vater gegenüber unvermeidlich. Angesichts seiner Widersetzlichkeit wäre sonst zu befürchten, er möchte allen behördlichen Anordnungen entgegentreten und den gegenüber der Mutter verfügten Gewaltentzug praktisch unwirksam machen. Gewiss fehlt es ihm nicht an einer kritischen Einstellung hinsichtlich der Erziehereigenschaften der Ehefrau. Er verhält sich jedoch, nach den bisherigen Erfahrungen zu schliessen, viel zu passiv, um sie zur Ordnung anhalten und das sonst Fehlende durch eigene Erziehungsarbeit auszugleichen. Ausserdem hat er selbst erhebliche Charaktermängel, die, wenn sie auch für sich allein nicht wohl geeignet wären, das geistige Wohl der Kinder in erheblichem Masse zu gefährden, nun eben zu den in der Person der Mutter liegenden Gefährdungsmomenten hinzutreten und deren Auswirkungen verstärken. Der Entzug der elterlichen Gewalt muss daher, BGE 82 II 181 S. 185 um seinen Zweck erfüllen zu können, gegenüber beiden Eltern verfügt werden. Das ZGB fasst übrigens in Art. 285 zunächst die beiden Eltern miteinander ins Auge, ohne freilich den Entzug der Gewalt beiden gegenüber als Regel vorzuschreiben, wie sich aus Abs. 2 daselbst ergibt. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass der einem Elternteil gegenüber notwendige Gewaltentzug, um nicht wirkungslos zu bleiben, auch dem andern gegenüber auszusprechen ist, wenn dieser die Sachlage nicht zu meistern vermag (vgl. EGGER, N. 7 und SILBERNAGEL, N. 60 zu Art. 285 ZGB ; Zeitschrift für Vormundschaftswesen 6 S. 142 ff.). In der (dem Art. 313 Abs. 2 des Vorentwurfs entsprechenden) Bestimmung von Art. 296 Abs. 2 des bundesrätlichen Entwurfs, lautend: "Kann nach dem Ermessen der Behörde die Gewalt, wenn sie dem Vater entzogen wird, auch der Mutter nicht überlassen bleiben, so erhält das Kind einen Vormund," kam nebenbei zum Ausdruck, dass unter Umständen die Gewalt beiden Eltern zu entziehen ist, auch wenn die Veranlassung zum Einschreiten der Behörde nur im Verhalten des Vaters lag. Daran wollte die geltende Fassung von Art. 285 Abs. 2 ZGB , die von der gleichen Stellung beider Eltern ausgeht, nichts ändern. Auch wenn man den gegenüber dem Vater oder der Mutter nötigen Gewaltentzug nicht geradezu "regelmässig" gegen beide Eltern verfügt, wie es in einigen Kantonen Praxis ist (vgl. SJZ 21 S. 336 Nr. 281), muss doch in jedem Falle geprüft werden, ob sich, wenn ein Ehegatte Grund zu solchem Einschreiten bietet, die Massnahme füglich auf ihn beschränken lasse oder aber auf den andern Gatten ausgedehnt werden müsse, wie dies hier nach dem Gesagten zutrifft. Nach der soeben erwähnten Vorschrift wird den Kindern ein Vormund zu bestellen sein. Die Vormundschaftsbehörde wird zu bestimmen haben, ob und für wielange die Kinder den Eltern wegzunehmen sind und wann sie allenfalls auf BGE 82 II 181 S. 186 Zusehen hin wieder in den elterlichen Haushalt zurückkehren können. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Entscheid bestätigt.
public_law
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dda9e16c-2fe1-49f1-8d04-f2676138b4c7
Urteilskopf 142 III 36 5. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S A. gegen Obergericht des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_734/2015 vom 17. Dezember 2015
Regeste Art. 29 Abs. 3 BV ; Art. 117 lit. a ZPO ; Art. 159 Abs. 3 und Art. 163 ZGB ; keine Prozesskostenvorschusspflicht für den Konkubinatspartner. Die Pflicht, dem anderen in Rechtsstreitigkeiten durch Leistung von Prozesskostenvorschüssen beizustehen, ist eherechtlicher Natur und kann nur den Ehegatten treffen, nicht den Konkubinatspartner. Indes kann die Tatsache des gemeinsamen Haushaltes bei der Berechnung der Bedürftigkeit des prozessführenden Konkubinatspartners berücksichtigt werden (E. 2.3).
Sachverhalt ab Seite 36 BGE 142 III 36 S. 36 A. B. und A. (Mutter) haben die gemeinsamen Kinder C. und D. Mit Urteil vom 5. März 2014 wurde ihre Ehe geschieden. B. Im Rahmen eines Abänderungsverfahrens regelte das Bezirksgericht U. mit Verfügung vom 7. Juli 2015 den Wechsel des Aufenthaltsortes der Kinder (nach V./VD zum neuen Lebenspartner der Mutter) und das Besuchsrecht des Vaters. BGE 142 III 36 S. 37 Mit Urteil vom 14. August 2015 hob das Obergericht des Kantons Zürich diesen Entscheid auf und wies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Bezirksgericht zurück. Gleichzeitig beschloss es, das Gesuch der Mutter um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren abzuweisen. C. Gegen diesen Beschluss hat A. am 16. September 2015 eine Beschwerde erhoben, mit welcher sie dessen Aufhebung und die Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren verlangt. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde dahingehend gut, dass der Beschluss des Obergerichtes betreffend Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege aufgehoben und die Sache zur Prüfung der Vermögenssituation der Beschwerdeführerin an das Obergericht zurückgewiesen wird. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Streitfrage im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege für das Berufungsverfahren ist, ob den Konkubinatspartner der Beschwerdeführerin eine Prozesskostenvorschusspflicht trifft. 2.1 Das Obergericht hat auf die Angaben der Mutter im Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege verwiesen, wonach sie im Jahr 2014 als Lehrerin Fr. 28'720.- und als Mitglied der Kreisschulpflege W. Fr. 16'404.- verdient habe. Seit dem 23. September 2014 beziehe sie unbezahlten Urlaub, um sich nach der Geburt ihrer Tochter E. um diese sowie um C. und D. kümmern zu können. Im Anschluss an ihren Umzug nach V. werde sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen, sondern sich vollzeitig um die Kinder kümmern. Als Einkommen werde sie einzig noch die Kinderunterhaltsbeiträge von Fr. 2'200.- verbuchen können, jedoch einen Bedarf von Fr. 4'767.90 haben. Sie verfüge über Kontoguthaben von Fr. 7'011.50. Den am 4. April 2014 überwiesenen Betrag von Fr. 95'105.- aus Güterrecht habe sie sukzessive für den Lebensunterhalt und die Anschaffung neuer Familienautos verbraucht. Das Obergericht hat sodann erwogen, dass die Mutter keine Angaben zu den finanziellen Verhältnissen ihres neuen Partners in V. mache. Ein Konkubinatsverhältnis, aus welchem Kinder hervorgegangen sind, sei bei der Ermittlung des betreibungsrechtlichen Notbedarfs gleich zu behandeln wie ein eheliches Familienverhältnis. Unter BGE 142 III 36 S. 38 diesen Voraussetzungen gehe die Prozesskostenvorschusspflicht aus dem Einkommen und Vermögen des Konkubinatspartners der unentgeltlichen Rechtspflege vor. Es sei eine Gesamtrechnung mit voller Berücksichtigung der beidseitigen Einkommen und Vermögen sowie des gemeinsamen Bedarfs durchzuführen. Das gelte auch vorliegend. Es hätte an der Mutter gelegen, die finanziellen Verhältnisse auch ihres neuen Partners offenzulegen. Indem sie dies versäumt habe, sei sie ihren Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten nicht nachgekommen. 2.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die vom Obergericht zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung könne nicht unbesehen auf den vorliegenden Fall angewandt werden, zumal sie erst seit dem 11. Juli 2015, also gerade einmal einen Monat vor Erlass des angefochtenen Entscheides bei ihrem neuen Freund eingezogen sei. Von einem eheähnlichen Konkubinat, welches die Aufhebung einer Scheidungsrente erlaube, könne erst nach fünf Jahren ausgegangen werden. Jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt liege kein Konkubinat vor, welches zumindest aus moralischer Sicht eine Unterstützungspflicht analog jener gemäss Art. 159 ZGB begründe. Das Obergericht habe deshalb Art. 117 ZPO und Art. 29 Abs. 3 BV verletzt. 2.3 Die Beschwerdeführerin ist zu ihrem neuen Partner gezogen, mit welchem sie ein gemeinsames Kind hat, und sie wird zufolge Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit zwangsläufig vollständig von diesem unterstützt. In dieser Situation liegt zweifellos ein Konkubinat vor. Indes ist die Frage belanglos, ob dieses eheähnlich sei, denn es geht nicht um die Frage, ob in Analogie zu Art. 130 Abs. 2 ZGB der nacheheliche Unterhalt aufzuheben oder zu sistieren sei (zu dieser Frage sowie der Abgrenzung zur Rechtsprechung zu aArt. 153 Abs. 1 ZGB vgl. das Urteil 5C.93/2006 vom 23. Oktober 2006 E. 2). Vielmehr geht es um die Frage, ob der eine Partner aufgrund des Konkubinatsverhältnisses verpflichtet ist, den anderen Partner in dessen Prozess mit einem Kostenvorschuss bzw. einer Kostenübernahme zu unterstützen. Das Obergericht bejaht diese Frage. Die von ihm angeführte bundesgerichtliche Rechtsprechung ( BGE 106 III 11 ; BGE 130 III 765 ) bezieht sich indes auf die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums bei einem Konkubinatsverhältnis. Auf sie kann auch im Zusammenhang mit der Bedürftigkeitsrechnung für die unentgeltliche Rechtspflege abgestellt werden (Urteile 5D_121/2009 vom 30. November 2009 E. 7.1; 9C_859/2008 vom 15. Dezember 2008 BGE 142 III 36 S. 39 E. 3.4.1; 8C_1008/2012 vom 24. Mai 2013 E. 3.3). Bei dieser Rechtsprechung geht es aber nicht um die Frage, ob der eine Konkubinatspartner rechtlich verpflichtet ist, den anderen zu unterstützen, sondern allein um die Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kosten der gemeinsamen Lebensführung normalerweise auch im Konkubinat anteilsmässig getragen werden. In Frage steht bei der betreffenden Rechtsprechung mithin, in welcher Weise das Existenzminimum des prozessführenden Konkubinatspartners zu berechnen ist. Vorliegend geht die Beschwerdeführerin nach den Feststellungen im angefochtenen Beschluss keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Ihre einzigen "Einkünfte" sind die Kinderunterhaltsbeiträge, welche aber für die Bestreitung der Kinderkosten reserviert sind (vgl. 5A_207/2009 vom 21. Oktober 2009 E. 3.2) und nicht für die Prozessfinanzierung zweckentfremdet werden sollen. Verfügt aber die Beschwerdeführerin über gar kein Einkommen, stellt sich die Frage der Berechnung des Existenzminimums im Rahmen des Konkubinates nicht, weil die gemeinsamen Lebenskosten nicht anteilsmässig, sondern einseitig durch den erwerbstätigen Konkubinatspartner getragen werden. Es verbleibt einzig die - wie gesagt nicht von der vorstehend zitierten Rechtsprechung beantwortete - Rechtsfrage, ob dieser aufgrund des Konkubinatsverhältnisses in Analogie zu den entsprechenden eherechtlichen Pflichten den Prozess seiner Konkubine, welche über kein eigenes Einkommen verfügt, finanzieren muss. Als Ausfluss der ehelichen Unterhaltspflicht nach Art. 163 ZGB und der ehelichen Beistandspflicht nach Art. 159 Abs. 3 ZGB ist der eine Ehegatte gehalten, dem anderen in Rechtsstreitigkeiten durch Leistung von Prozesskostenvorschüssen beizustehen (Urteile 9C_432/2010 vom 8. Juli 2010 E. 5; 4A_661/2010 vom 16. Februar 2011 E. 3.5; 4A_423/2012 vom 10. September 2012 E. 2.2; 8C_1008/2012 vom 24. Mai 2013 E. 3.3.2; zum alten Eherecht: BGE 103 Ia 99 E. 4 S. 101). In der Lehre wird teilweise die Unterscheidung getroffen, dass sich die Kostenvorschusspflicht bei Angelegenheiten der Ehegemeinschaft aus Art. 163 ZGB und bei anderen Rechtsstreitigkeiten aus Art. 159 Abs. 3 ZGB ergebe; das Bundesgericht hat dazu nie Stellung genommen (vgl. Urteil 5P.346/2005 vom 15. November 2005 E. 4 mit weiteren Hinweisen) und die Unterscheidung ist auch vorliegend nicht relevant. Soweit eine Prozesskostenvorschusspflicht besteht, geht diese dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege vor ( BGE 119 Ia 11 E. 3a S. 12, BGE 119 Ia 134 E. 4 S. 135). BGE 142 III 36 S. 40 Pflichten, welche aus der ehelichen Unterstützungspflicht ( Art. 163 ZGB ) und aus der ehelichen Beistandspflicht ( Art. 159 Abs. 3 ZGB ) fliessen, können - was nicht mit dem Umstand zu verwechseln ist, dass in verschiedenen Konstellationen auf die tatsächlichen Verhältnisse abgestellt wird (vgl. beispielsweise betreffend Fürsorgeleistungen: Urteil 8C_232/2015 vom 17. September 2015 E. 5.2 mit weiteren Hinweisen; sodann für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums, siehe oben) - selbstredend nur den Ehegatten treffen. Für Konkubinatspartner bestehen grundsätzlich keine solchen Verpflichtungen (vgl. BGE 129 I 1 E. 3.2.4 S. 6; BGE 134 I 313 E. 5.5 S. 318), auch nicht im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. Urteile 9C_859/2008 vom 15. Dezember 2008 E. 3.4.1; 8C_1008/2012 vom 24. Mai 2013 E. 3.3.3). Für das Gegenteil bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, welche an die Konkubinatstatsache entsprechende rechtliche Obligationen knüpfen würde; der blosse Analogieschluss zum Eherecht kann die fehlende gesetzliche Grundlage nicht ersetzen. Die oberinstanzliche Ansicht, wonach der Konkubinatspartner die Kosten des den anderen Partner betreffenden Prozesses übernehmen muss, kann sich auf keine gesetzliche Grundlage stützen und verstösst insofern gegen Bundesrecht. Entsprechend durfte das Obergericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren nicht mit der Begründung abweisen, die Beschwerdeführerin habe es versäumt, das Einkommen des Konkubinatspartners offenzulegen. (...)
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
ddabdca9-c4e7-4fc0-b6e2-6a46faf3f5b9
Urteilskopf 103 III 97 19. Arrêt de la IIe Cour civile du 15 décembre 1977 dans la cause Blum contre Banque de commerce et de financement "Bancofin" S.A.
Regeste Verkaufsversprechen ("promesse de vente") verbunden mit einem im Grundbuch vorgemerkten Kaufsrecht. Nachträglicher definitiver Vertragsschluss. Anfechtungsklage. 1. Art. 285 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG . Grundsätzlich kann nur der Gläubiger, der einen endgültigen Verlustschein erhalten hat, ein eine Anfechtungsklage gutheissendes Urteil erwirken (Bestätigung der Rechtsprechung) (E. 1). 2. Das öffentlich beurkundete Verkaufsversprechen ("promesse de vente"), in dem sich die Parteien über alle Vertragspunkte geeinigt haben, stellt einen Grundstückkaufvertrag, nicht einen Vorvertrag, dar: Der Umstand, dass sich der Käufer verpflichtet, "für sich oder für einen von ihm zu bezeichnenden Dritten" zu erwerben, und die Tatsache, dass die Grundbucheintragung für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen ist, haben nicht zur Folge, dass die Parteien einen weiteren Vertrag zu schliessen hätten (E. 2a). 3. Es ist zulässig, einen Grundstückkaufvertrag mit einem im Grundbuch vorgemerkten Kaufsrecht zu verbinden. Wurde der Vertrag in der Form eines Verkaufsversprechens ("promesse de vente") geschlossen, schliesst der definitive Vertragsschluss die Ausübung des Kaufsrechtes ein (E. 2b). 4. Wo die versprochene Leistung durch Vormerkung im Grundbuch dinglich gesichert worden ist, ist das Verpflichtungsgeschäft Gegenstand der Anfechtungsklage (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 98 BGE 103 III 97 S. 98 A.- Le 8 octobre 1973, la société anonyme Banque de commerce et de financement Bancofin S.A. (ci-après: Bancofin S.A.) a demandé la continuation de la poursuite No 308.356 de l'Office des poursuites de Genève contre Erwin-Jean Zurcher, alors domicilié à Genève, pour une créance de 15'816 fr. 15, avec intérêt et frais. Elle a ainsi participé à une BGE 103 III 97 S. 99 saisie de biens meubles et de salaire opérée par l'Office des poursuites les 26/28 septembre 1973. La saisie étant insuffisante et le débiteur déclarant ne pas posséder d'autres biens, le procès-verbal a eu valeur d'acte de défaut de biens. Lors de la saisie, Zurcher avait tu qu'il était propriétaire de la parcelle No 37 de la commune de Gingins, sur laquelle était construit un chalet. Il avait acheté cet immeuble le 17 mai 1972, pour le prix de 105'000 fr. L'immeuble était grevé de trois gages immobiliers constitués sous forme de cédules hypothécaires, savoir: en premier rang, une cédule hypothécaire de 50'000 fr. en faveur du Crédit foncier vaudois; en deuxième rang, une cédule hypothécaire au porteur de 15'000 fr. et en troisième rang, une cédule hypothécaire au porteur de 20'000 fr. Le 30 octobre 1973, Zurcher avait passé avec Robert Blum, en la forme authentique, un contrat intitulé "promesse de vente - droit d'emption", dans lequel Zurcher s'engageait à vendre l'immeuble et Blum à l'acquérir "pour soi ou son nommable", pour le prix de 120'000 fr. Blum a versé un acompte de 40'000 fr.; le solde du prix était payable comme il suit: 50'000 fr. par la reprise de la cédule hypothécaire en premier rang et 30'000 fr. en espèces, contre remise à l'acquéreur des deux cédules hypothécaires au porteur. L'acte définitif devait être passé au plus tard le 31 janvier 1974; à l'expiration de ce délai, chacune des parties pourrait assigner l'autre, moyennant préavis de dix jours, "pour procéder au transfert définitif". Au chiffre 11 de la promesse de vente, le vendeur Zurcher accordait à l'acheteur Blum un droit d'emption aux conditions énumérées ci-dessus; il était convenu que ce droit, dont l'échéance était fixée au 28 février 1974, serait annoté au registre foncier. L'annotation a eu lieu le 6 novembre 1973. Lors de la conclusion du contrat, le notaire Pavillon, qui instrumentait l'acte, a rendu les parties attentives au fait que le solde de 30'000 fr. à payer au moment de la passation de l'acte définitif ne suffirait pas à couvrir le montant nominal des deux cédules hypothécaires au porteur, de 35'000 fr. Mais Zurcher a assuré que les dettes étaient assez amorties pour que le montant de 30'000 fr. permît de satisfaire les créanciers. Blum et Pavillon se sont contentés de cette explication. Le 14 novembre 1973, Bancofin S.A. a obtenu du Juge de paix du cercle de Gingins un séquestre sur l'immeuble appartenant à Zurcher, pour une créance de 15'960 fr. 15, avec BGE 103 III 97 S. 100 intérêt à 5% dès le 12 février 1973. Sur la base de ce séquestre, une restriction du droit d'aliéner a été annotée au registre foncier le 16 novembre 1973. Bancofin S.A. a validé le séquestre le 3 décembre 1973, par poursuite No 372.478 de l'Office des poursuites de Genève. Opposition n'a pas été faite au commandement de payer. Bancofin S.A. a demandé continuation de la poursuite, le 25 janvier 1974 à l'Office des poursuites de Nyon, le 13 février 1974 à celui de Genève. Entre-temps, soit le 26 novembre 1973, l'immeuble de Zurcher avait été saisi par l'Office des poursuites de Genève sur requête d'autres créanciers. Lors de cette saisie, Zurcher avait tu que, le 30 octobre 1973, il avait reçu de Blum un acompte de 40'000 fr. sur le prix de vente. En revanche, au procès-verbal de saisie, figurait également, pour une valeur estimative de 2'000 fr., une automobile Alfa-Romeo, dont la société anonyme Aufina A.G., à Brugg, a revendiqué la propriété sur la base d'un contrat de vente avec réserve de propriété. Bancofin S.A. a été admise à participer à cette saisie le 21 mai 1974. Il est alors apparu que Blum et Zurcher avaient passé l'acte définitif de vente de l'immeuble le 22 février 1974. En vue de la passation de l'acte, le notaire Pavillon avait demandé aux créanciers hypothécaires de lui indiquer le montant dû par Zurcher à cette date. Ce montant s'élevait au total à 89'653 fr., dépassant ainsi de 9'653 fr. le solde de 80'000 fr. à payer par l'acheteur en vertu de la promesse de vente. Zurcher promit de se procurer ce montant jusqu'au 22 février 1974, mais il n'y parvint pas: il put seulement réunir 4'700 fr., disant qu'il s'agissait du prêt d'une parente. Le notaire Pavillon a avancé le solde de 4'953 fr., car il s'estimait responsable envers Blum. Le contrat de vente du 22 février 1974, dont l'inscription au registre foncier a été requise le 1er mars 1974, a été établi par le notaire Pavillon sur une formule de réquisition pour le registre foncier; il y est constaté que Zurcher vend l'immeuble à Blum "en exécution d'une promesse de vente". Pour le surplus, le contrat a le même contenu que celui du 30 octobre 1973, à l'exception de la clause sur le droit d'emption dont était demandée la radiation au registre foncier. Au moyen du paiement de 30'000 fr. effectué par Blum, de la somme de 4'700 fr. procurée par Zurcher et des 4'953 fr. qu'il avait avancés lui-même, le notaire Pavillon a payé les dettes garanties BGE 103 III 97 S. 101 par les cédules hypothécaires en deuxième et troisième rang, qui lui ont été remises. Il les a remises à son tour à Blum. Après un long échange de correspondance entre les parties et les offices de poursuite intéressés, l'Office de Genève a finalement été d'avis qu'ensuite de la vente intervenue le 22 février 1974 l'immeuble n'était plus soumis à la saisie et au séquestre; il a dès lors rejeté la demande de vente présentée par Bancofin S.A. Ce point de vue a été approuvé le 23 février 1976, dans le cadre de la procédure de plainte, par la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral ( ATF 102 III 20 ss). Le Tribunal fédéral a considéré, en substance, ce qui suit: En concluant le contrat du 22 février 1974, Blum a exercé son droit d'emption. Ce droit a été annoté au registre foncier avant la restriction du droit d'aliéner fondée sur le séquestre et la saisie qui s'est ensuivie. Partant, il la prime. L'exercice du droit d'emption a pour conséquence que l'immeuble n'est plus soumis au séquestre, respectivement à la saisie; celle-ci ne peut plus porter que sur la créance du propriétaire en paiement du prix de vente. Mais, en l'espèce, il ne pouvait être question de saisir la créance de Zurcher: en effet, le montant à payer par l'acheteur ne suffisait même pas pour couvrir les charges hypothécaires, antérieures tant au droit d'emption qu'à la restriction du droit d'aliéner. B.- Le 3 mai 1976, Bancofin S.A. a introduit action révocatoire contre Blum auprès de la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, demandant que le contrat du 30 octobre 1973 et celui du 22 février 1974 fussent annulés et qu'il fût dit par jugement que la saisie opérée sur la parcelle 37 du registre foncier de la commune de Gingins au profit de la demanderesse dans le cadre de la poursuite No 372.478 de l'Office de Genève "grève à nouveau" l'immeuble. La Cour civile a admis l'action le 29 juillet 1977. Ce jugement est motivé comme il suit: En ce qui concerne la qualité pour agir, force est de constater que, ni dans la poursuite ordinaire No 308.356, ni dans la poursuite en validation de séquestre No 372.478, un acte de défaut de biens définitif n'a été délivré à la demanderesse. Toutefois, il n'est pas établi que l'Office des poursuites de Genève ait délivré, dans la poursuite en validation de BGE 103 III 97 S. 102 séquestre du bien dissimulé lors de la saisie initiale, un acte de défaut de biens définitif qui rendrait sans effet l'acte de défaut de biens provisoire. En conséquence, la perte documentée dans l'acte de défaut de biens provisoire subsiste et celui-ci reste en force. Il s'ensuit que la demanderesse a qualité pour ouvrir action révocatoire. Sur le fond, on doit considérer qu'en concluant le contrat du 22 février 1974, Blum n'a pas exercé le droit d'emption qui lui avait été accordé le 30 octobre 1973: il y a eu conclusion du contrat principal prévu dans la promesse de vente. Le droit d'emption avait pour seul but de renforcer la prétention du promettant-acheteur à la passation du contrat de vente. Dès l'instant que Zurcher a coopéré de son plein gré à la conclusion du contrat principal, le but de sûreté réelle indirecte du droit d'emption n'a plus eu sa raison d'être et ce droit est devenu sans objet. C'est ce que le Tribunal fédéral a perdu de vue dans son arrêt du 23 février 1976. Dès lors, compte tenu des restrictions du droit d'aliéner annotées au registre foncier les 16/26 novembre 1973, ensuite du séquestre et de la saisie, Zurcher ne pouvait pas vendre son immeuble le 22 février 1974; la vente est nulle, vu les art. 96 al. 2 LP et 960 al. 2 CC. La poursuite aurait dû suivre son cours comme si le droit de propriété inscrit le 1er mars 1974 n'existait pas et aboutir à la réalisation de l'immeuble. Mais cela n'est plus possible du fait de la décision erronée du Tribunal fédéral; la situation ne peut pas être redressée, car le délai pour requérir la vente est périmé et la poursuite est tombée. Il est inutile d'examiner si le pacte d'emption du 30 octobre 1973 est révocable: le droit d'emption n'a pas été exercé et sa validité est échue le 28 février 1974. Le contrat de vente du 22 février 1974 n'est pas révocable selon les art. 286 et 287 LP , mais selon l' art. 288 LP . En le concluant, Zurcher a intentionnellement privé ses créanciers de leur droit réel sur l'immeuble et les a ainsi lésés; il y a en tout cas eu dol éventuel. L'intention frauduleuse était reconnaissable pour le défendeur, qui, comme mandant, répond de ce que le notaire Pavillon savait ou devait savoir. C.- Robert Blum a recouru en réforme au Tribunal fédéral, demandant que l'action de la demanderesse fût rejetée. Le Tribunal fédéral a admis le recours. BGE 103 III 97 S. 103 Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant nie que l'intimée ait qualité pour intenter action révocatoire. En effet, dit-il, elle n'a ni établi, ni même allégué qu'un acte de défaut de biens définitif lui ait été délivré dans l'une des deux poursuites introduites contre Zurcher. La question de savoir si, ce que l'intimée conteste et qui ne ressort pas des pièces du dossier, la recourante a déjà soulevé cette exception devant la Cour cantonale est sans importance. Le problème doit être examiné d'office, comme l'ont déjà fait les premiers juges ( ATF 37 II 504 ; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2e éd., II, p. 287). Aux termes de l' art. 285 al. 2 ch. 1 LP , l'action révocatoire appartient à tout créancier porteur d'un acte de défaut de biens provisoire ou définitif. Toutefois, depuis 1911, dans sa jurisprudence constante ( ATF 37 II 500 ss, ATF 39 II 385 s., ATF 47 III 93 , ATF 53 III 215 s., ATF 96 III 115 ), approuvée par la doctrine unanime (cf. les auteurs cités dans ATF 96 III 115 ), le Tribunal fédéral ne reconnaît qu'un caractère temporaire à la qualité pour agir découlant de l'acte de défaut de biens provisoire. Cette interprétation a pour raison d'être qu'un acte de défaut de biens provisoire ne permet pas de tenir pour établi que le créancier a subi une perte dans la poursuite. C'est seulement quand il est constaté sans objection possible que tel est le cas et quand on connaît le montant de la perte que doit être accordé au créancier le droit d'obtenir un jugement admettant une action révocatoire. Par conséquent, il faut que le créancier qui a reçu un acte de défaut de biens provisoire avant qu'intervienne le jugement sur l'action révocatoire obtienne délivrance d'un acte de défaut de biens définitif, soit sur la base d'une réquisition de vente faite par lui, soit ensuite de réalisation sur requête d'un autre créancier poursuivant. Ce principe n'est pas en contradiction avec le texte de l' art. 285 al. 2 ch. 1 LP . Le fait que, dans cette disposition légale, la qualité pour ouvrir action révocatoire est également reconnue au détenteur d'un acte de défaut de biens provisoire a une double raison. D'une part, il est ainsi clair que le créancier n'a pas à attendre de recevoir un acte de défaut de biens définitif pour ouvrir action révocatoire, mais qu'il peut l'introduire déjà après délivrance de l'acte provisoire, devant seulement faire en sorte qu'en cours d'instance cet acte provisoire BGE 103 III 97 S. 104 soit remplacé par un acte définitif ( ATF 37 II 502 ; cf. FRITZSCHE, op.cit., p. 288 et les références). D'autre part, il peut arriver que le caractère révocable d'un acte juridique doive être tranché par jugement dans le cadre d'une procédure de revendication, donc à un moment où le créancier n'a pas encore eu la possibilité de demander la réalisation et d'obtenir un acte de défaut de biens définitif. Dans un tel cas, il faut qu'il lui soit possible, sur la base de l'acte de défaut de biens provisoire, non seulement d'introduire action révocatoire, mais aussi de mener le procès jusqu'à jugement entrant en force (cas de ce type notamment dans ATF 39 II 380 ss). En l'espèce, selon le procès-verbal de saisie délivré à l'intimée le 31 octobre 1973, ont été saisis chez le débiteur Zurcher des meubles pour la valeur d'estimation de 19'340 fr. et un montant de 1'000 fr. par mois sur son salaire. Certes, la saisie était insuffisante, car la série dans laquelle se trouvait l'intimée comprenait cinq créanciers avec des créances de 40'000 fr. au total et les mêmes biens avaient déjà été saisis en faveur de créanciers antérieurs. Dans cette mesure, c'est à juste titre que le procès-verbal de saisie a eu valeur d'acte de défaut de biens provisoire. Toutefois, il ne donne aucun renseignement sur le point de savoir si, dans la poursuite No 308.356, l'intimée a finalement subi une perte et, dans l'affirmative, de quel montant. Seul un acte de défaut de biens définitif pourrait fournir des informations claires à ce sujet. L'intimée affirme que, dans la poursuite No 308.356 comme dans toutes les autres poursuites qu'elle a introduites contre Zurcher, elle a demandé la vente des biens saisis: elle n'a pas, dit-elle, à supporter les conséquences du fait que, par négligence, l'Office des poursuites de Genève n'a pas établi d'acte de défaut de biens définitif. On ne peut pas se rallier à cette argumentation. L'intimée ne l'a pas présentée dans la procédure cantonale. Dans sa demande devant la cour cantonale, elle a fait valoir que, sur la base de l'acte de défaut de biens provisoire, elle avait obtenu le séquestre de l'immeuble de Zurcher. Il n'a jamais été dit que, dans la poursuite No 308.356, la réalisation ait eu lieu ou qu'elle ait été demandée, ni qu'un acte de défaut de biens définitif ait été délivré ou que les conditions de la délivrance d'un tel acte aient été réalisées. Aussi la juridiction cantonale a-t-elle constaté, d'une BGE 103 III 97 S. 105 manière logique, que, au lieu de demander la réalisation, l'intimée a fait séquestrer l'immeuble de Zurcher. Il est ainsi établi, ce qui lie le Tribunal fédéral, que, dans la poursuite No 308.356, l'intimée n'a pas déposé de réquisition de vente. Cela étant, la poursuite No 308.356, conformément à l'art. 116 al. 2 en liaison avec l' art. 121 LP , est tombée à l'expiration du délai d'un an depuis que l'intimée avait déposé la réquisition de continuer la poursuite. Comme la saisie en faveur de l'intimée a eu lieu le 31 octobre 1973, Bancofin S.A. a dû déposer sa réquisition de continuer la poursuite avant cette date, si bien que le délai d'un an mentionné ci-dessus était expiré le 31 octobre 1974 en tout cas. Ainsi, lors de l'ouverture de la présente action révocatoire, le 3 mai 1976, la poursuite No 308.356 était tombée et le procès-verbal de saisie établi dans cette poursuite et valant acte de défaut de biens provisoire avait perdu sa validité. La qualité de l'intimée pour ouvrir action révocatoire ne saurait donc se fonder sur cet acte. Un acte de défaut de biens définitif n'a pas été non plus délivré dans la poursuite en validation de séquestre No 372.478. L'intimée ne l'a en tout cas jamais affirmé. Une poursuite en validation de séquestre n'aboutit normalement pas à la délivrance d'un acte de défaut de biens, car elle se limite aux biens séquestrés (FRITZSCHE, op.cit., p. 236). On peut, il est vrai, concevoir une exception à cette règle quand, comme en l'espèce, la poursuite en validation s'est opérée, non pas au lieu de séquestre, mais au lieu du domicile du débiteur. Le créancier a alors la possibilité de demander, dans la poursuite introduite en vue de valider le séquestre, que soient saisis également d'autres biens que les biens séquestrés et, par cette voie, on peut parvenir à la délivrance d'un acte de défaut de biens provisoire ou définitif. Mais, on l'a vu, tel n'a pas été le cas en l'espèce. La poursuite en validation de séquestre a été infructueuse du fait que la réquisition de vente présentée par la créancière a été rejetée en dernière instance par le Tribunal fédéral. Pour que, dans cette poursuite, un acte de défaut de biens définitif pût être délivré à la créancière, celle-ci aurait dû préalablement faire rechercher, par la voie d'une saisie complémentaire, si le débiteur avait encore d'autres biens. Comme tel n'a pas été le cas, la poursuite en validation de séquestre est, elle aussi, tombée un an après qu'avait été déposée la BGE 103 III 97 S. 106 réquisition de continuer la poursuite, savoir le 13 février 1975, si bien que l'action révocatoire, introduite le 3 mai 1976, ne pouvait pas non plus se fonder sur l'échec de cette poursuite. En outre, pour qu'un acte de défaut de biens définitif pût être délivré à la créancière dans la poursuite en validation de séquestre, il aurait fallu qu'on fût aussi au clair sur le sort de la voiture Alfa-Romeo englobée dans la saisie. C'est seulement si ce bien avait échappé à la saisie ensuite de la prétention du tiers revendiquant ou si le produit de sa réalisation avait été connu qu'il y aurait eu base suffisante pour que pût être jugée l'action révocatoire. On ne saurait se rallier à la cour cantonale quand elle dit que l'échec de la poursuite en validation de séquestre a eu pour effet que l'acte de défaut de biens provisoire délivré dans la poursuite initiale No 308.356 est demeuré en force. La poursuite en validation de séquestre ne pouvait pas avoir d'influence sur l'écoulement du délai d'un an de l' art. 116 LP dans le cadre de la poursuite ordinaire antérieure. Ainsi, on le voit, non seulement l'intimée ne disposait pas d'un acte de défaut de biens définitif au moment où a été rendu le jugement attaqué, mais, lors de l'ouverture d'action, elle n'avait pas d'acte de défaut de biens provisoire. C'est donc à tort que la cour cantonale lui a reconnu qualité pour agir. Le recours doit dès lors être admis pour ce motif et l'action révocatoire rejetée. 2. Tel devrait d'ailleurs être le cas même si l'intimée avait qualité pour agir. En effet, la cour cantonale a donné une version erronée de la situation juridique qui est à la base du litige: la IIe Cour civile ne peut que se rallier à l'interprétation de la Chambre des poursuites et des faillites, dans son arrêt du 23 février 1976. a) Tout d'abord, il y a lieu de déterminer la nature juridique du contrat passé devant notaire, le 30 octobre 1973, entre Zurcher et Blum. A première vue. il paraît s'agir, comme le pensent les premiers juges (cf. GILLIÉRON, JdT 1977 II 156), d'une promesse de contracter obligeant les parties à coopérer à la conclusion d'une vente immobilière, au sens des art. 22 et 216 al. 2 CO . Mais la question a été abondamment discutée par la doctrine de savoir si une telle promesse de contracter est concevable (GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweizerische Obligationenrecht, 6e éd., p. 113; VON TUHR/SIEGWART, Allgemeiner BGE 103 III 97 S. 107 Teil des schweizerischen Obligationenrechts, 2e éd., I, p. 252 ss; DÉNÉRÉAZ, Promesse de vente, pacte d'emption et pratique notariale vaudoise, thèse Lausanne 1941, notamment, p. 26 ss et 141 ss; CAVIN, La promesse de contracter, SJ 1970, p. 321 ss; MATILE, La forme des pactes d'emption en droit vaudois, JdT 1955 III, p. 10 ss; KUMMER, dans le compte rendu de l' ATF 97 II 48 in RJB 109/1973, p. 149). Selon ces auteurs, surtout Dénéréaz, Cavin et Kummer, on est en présence de l'alternative suivante: ou bien une convention contient tous les éléments essentiels de l'accord des volontés entre les parties et il n'y a pas promesse de contracter, mais, d'ores et déjà, contrat; ou bien les parties ne se sont pas entendues sur tous les éléments essentiels du contrat et il n'existe pas encore entre elles de lien générateur d'une obligation dont l'exécution puisse être exigée par action. Certes, pour convaincants que paraissent ces arguments, on peut se demander s'il n'est pas possible de concevoir certaines circonstances dans lesquelles il y aurait place pour une promesse de contracter. Mais la question n'a pas à être tranchée dans le cadre du présent litige: en l'espèce, il n'y a manifestement pas promesse de contracter, mais contrat, dans lequel les parties se sont mises d'accord sur tous les éléments, principaux et accessoires. Se conformant à une pratique notariale très répandue dans le canton de Vaud, elles n'ont pas conclu tout de suite un contrat de vente à inscrire immédiatement au registre foncier, selon toute probabilité parce qu'elles entendaient, d'une part, prévoir l'inscription au registre foncier seulement pour plus tard et, d'autre part, donner à l'acheteur Blum la possibilité de se substituer un tiers. Mais cela n'empêche pas de considérer le contrat du 30 octobre 1973 comme un contrat de vente d'ores et déjà définitif. Un contrat de vente peut prévoir que l'inscription au registre foncier aura lieu plus tard et que l'acheteur a la possibilité de se substituer un tiers. Certes, il y a là deux facteurs d'incertitude dans les rapports contractuels, mais ni l'un ni l'autre n'entraîne la nécessité pour les parties de conclure entre elles encore un autre contrat. Au moment de l'échéance de leurs prestations respectives, soit le 31 janvier 1974, les deux contractants pouvaient réclamer directement l'exécution du contrat. Au cas où l'acheteur Blum aurait voulu faire usage de la possibilité de se substituer un tiers, il n'aurait pas été nécessaire que fût conclu un contrat entre BGE 103 III 97 S. 108 Zurcher et ce tiers, mais seulement entre Blum et le tiers. Zurcher aurait pu réclamer l'exécution du contrat à Blum directement, le cas échéant au tiers. La convention passée devant notaire le 30 octobre 1973 et intitulée "promesse de vente - droit d'emption" n'était donc pas une promesse de contracter une vente immobilière, mais un contrat de vente immobilière (dans ce sens déjà ATF 42 II 497 ; les conventions faisant l'objet des arrêts ATF 56 I 195 ss et ATF 97 II 48 ss auraient également pu être qualifiées, de manière plus satisfaisante, de ventes, plutôt que de promesses de vente; cf. KUMMER, RJB 109/1973, p. 149). C'est d'ailleurs ce qui résulte des termes employés dans l'acte. Il y est dit qu'à l'expiration du délai au 31 janvier 1974 "chacune des parties pourra assigner l'autre ... pour procéder au transfert définitif". Or l'action fondée sur l' art. 665 al. 1 CC présuppose la conclusion du contrat principal ou le prononcé du jugement qui en tient lieu: quand on y voit un précontrat, la promesse de vente ne permet pas de demander d'emblée l'attribution de la propriété, mais seulement la passation du contrat principal ( ATF 97 II 52 b). b) Le droit d'emption convenu en faveur de l'acheteur et annoté au registre foncier conformément aux art. 683 et 959 CC avait pour objet de servir de sûreté réelle pour l'obligation du vendeur de transférer à Blum la propriété de l'immeuble, visant ainsi à empêcher que, durant la période intermédiaire entre la conclusion du contrat et l'inscription au registre foncier, donc entre l'acte générateur d'obligation et l'acte de disposition, pussent être annotées des restrictions du droit d'aliéner opposables également au titulaire du droit d'emption. C'est ce qui est assuré par l' art. 959 al. 2 CC , en vertu duquel un droit d'emption annoté devient opposable à tout droit postérieurement acquis sur l'immeuble. Certes, dans l'arrêt ATF 56 I 198 , rendu au sujet d'un cas identique, le Tribunal fédéral a dit que, lorsqu'il y a eu simple précontrat entre les parties et que la conclusion d'un contrat principal a été expressément réservée, il n'y a pas droit d'emption, car l'exercice d'un tel droit peut se faire sans conclusion d'un nouveau contrat, simplement par déclaration unilatérale du titulaire. Mais cette décision a été critiquée avec raison (DÉNÉRÉAZ, op.cit., p. 100; CAVIN, op.cit., p. 324). Le Tribunal fédéral a perdu de vue (contrairement à sa jurisprudence BGE 103 III 97 S. 109 antérieure: ATF 42 II 497 ) que, dans ce cas également, il y a, en réalité, non pas promesse de contracter, mais d'ores et déjà contrat. Au surplus, dans la mesure où elle est concevable, la promesse de contracter obligeant les parties à coopérer à la conclusion d'un contrat de vente contient, d'une part, la promesse du vendeur de vendre l'immeuble, d'autre part, la promesse de l'acheteur de l'acheter. La promesse du vendeur, à laquelle correspond le droit de l'acheteur d'acheter l'immeuble, n'est, dans son concept, qu'un droit d'emption qui, si les parties en sont convenues, peut être annoté au registre foncier sans que rien y fasse obstacle. Peu importe qu'ait été convenu en outre un droit du vendeur de vendre l'immeuble à l'acheteur et de réclamer à celui-ci le prix de vente, droit auquel font pendant les devoirs correspondants de l'acheteur (issus de la promesse d'achat) et dont l'annotation au registre foncier n'est pas concevable: cela n'entame en rien la possibilité de convenir d'un droit d'emption et de le faire annoter au registre foncier (cf. MEIER-HAYOZ, n. 23 ad art. 683 CC et les références; HAAB, n. 1 ad art. 683 CC ). Meier-Hayoz estime en revanche (n. 14a - 14c ad art. 683 CC ) que le droit, découlant d'un contrat principal, à ce que l'acheteur obtienne le transfert de la propriété ne peut pas être muni d'une sûreté réelle sous forme d'un droit d'emption. Toutefois, son argumentation n'est pas convaincante. Sans doute, il peut paraître, à première vue, contradictoire de convenir d'une part d'une vente, d'autre part d'un simple droit d'emption. Mais le droit d'emption à annoter contient un élément de plus que la prétention au transfert issue du contrat de vente: il peut être renforcé par sûreté réelle. Aussi ne comprendrait-on pas pourquoi un droit personnel découlant d'un précontrat (ainsi que d'autres droits personnels, cf. MEIER-HAYOZ, n. 8-13 ad art. 683 CC ) pourrait être garanti d'une sûreté réelle, mais pas la prétention, issue du contrat de vente, au transfert de la propriété. On ne saurait parler d'un acte juridique simulé. Comme le cas présent le démontre précisément, le droit d'emption doit protéger le titulaire non seulement pour empêcher qu'entre-temps le propriétaire ne transfère à un tiers la propriété du fonds, mais aussi pour éviter que le propriétaire ou, comme en l'espèce, ses créanciers agissant par la voie de la poursuite ne puissent créer sur l'immeuble des droits susceptibles d'être opposés au titulaire du droit d'emption. BGE 103 III 97 S. 110 Contrairement à ce que pense Meier-Hayoz, un effet réel n'est pas attribué à l'acte générateur d'obligation, mais cet acte est complété par un autre acte avec effet réel. En conclusion, il y a lieu de se rallier à l'Office fédéral du registre foncier (13 avril 1931: Jurisprudence des autorités administratives de la Confédération 1931, No 74, p. 109 = Revue suisse du notariat et du registre foncier 1936, No 18, p. 19) quand il estime qu'il est possible d'assortir le contrat de vente immobilière d'un droit d'emption à annoter au registre foncier. En l'espèce, dès l'instant que le droit d'emption avait pour but de munir d'une sûreté réelle les droits personnels de Blum découlant du contrat du 30 octobre 1973 et que cela est possible, il n'y a aucun doute que la conclusion de l'acte définitif du 22 février 1974 ne pouvait rien signifier d'autre que l'exercice du droit d'emption. Estimer, avec la cour cantonale, que Blum n'a pas fait usage de son droit d'emption (dans le même sens Gilliéron, JdT 1977 II 157) conduit à la conclusion paradoxale que, sans motif compréhensible, il a renoncé à la sûreté réelle qui lui était assurée par ce droit. Telle ne saurait en aucun cas avoir été la volonté des parties intéressées et du notaire Pavillon. Certes, Blum aurait pu exercer le droit d'emption sans conclure un nouveau contrat en la forme authentique. Mais le fait qu'il a accompli cette formalité supplémentaire ne saurait, bien évidemment, lui porter un préjudice. c) Dès lors que le droit d'emption prime la restriction du droit d'aliéner annotée postérieurement sur la base du séquestre et de la saisie, on ne peut pas dire, avec la cour cantonale, que le contrat du 22 février 1974 était nul en raison de la restriction du droit d'aliéner. Par ailleurs, point n'est besoin de rechercher si, le 22 février 1974, Blum connaissait la situation financière précaire de Zurcher. La seule question qui se pose est celle de savoir si les conditions d'une action révocatoire sont réalisées en ce qui concerne le contrat conclu le 30 octobre 1973. La cour cantonale ne s'est pas exprimée à ce sujet, mais le Tribunal fédéral peut trancher la question sur la base des faits constatés dans le jugement attaqué. Zurcher et Blum se sont connus au Rugby-Club de Nyon; c'est ainsi que Blum a su que Zurcher avait l'intention de vendre son immeuble. Le notaire Pavillon et Blum avaient accordé leur confiance à Zurcher, qui s'était présenté comme pasteur, BGE 103 III 97 S. 111 docteur en théologie et auteur de plusieurs ouvrages; ils ignoraient sa situation financière. Il ressort clairement de ces faits que, le 30 octobre 1973, les conditions de l' art. 288 LP n'étaient pas réalisées s'agissant de Blum (les art. 286 et 287 LP ne sont pas invoqués et n'ont visiblement pas à être pris en considération). L'action révocatoire devait donc, de ce fait aussi, être rejetée. On ne saurait objecter que, selon la doctrine et la jurisprudence (GAUGLER, Die paulianische Anfechtung, I p. 108; BERZ, Der paulianische Rückerstattungsanspruch, thèse Zurich 1960, p. 43/44; ATF 45 III 182 , 91 III 101), ans certains cas, seul l'acte d'exécution est soumis à l'action révocatoire, non l'acte générateur d'obligation. Ce principe n'est manifestement pas valable lorsque la prestation due en vertu de l'acte générateur d'obligation est garantie par une sûreté réelle sous la forme d'une annotation au registre foncier.
null
nan
fr
1,977
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
ddaf11a9-39ea-4cd8-84d0-c617f9ed5656
Urteilskopf 104 V 201 50. Urteil vom 22. September 1978 i.S. Wormser gegen Arbeitslosenversicherungskasse des Kantons Zürich und Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich
Regeste Art. 24 Abs. 2 lit. b AlVG , Art. 9 Abs. 2 AlVB und Art. 12 Abs. 1 AlVV 1977. Die Frage der Arbeitnehmereigenschaft in der Arbeitslosenversicherung ist grundsätzlich nach dem AHV-Beitragsstatut zu beantworten (Anpassung der Rechtsprechung an das seit 1. April 1977 geltende Recht; Erw. 1). Nicht anspruchsberechtigte Personen (Art. 31 Abs. 1 lit. c AlVV 1977). Der Ausschlussgrund dieser Bestimmung gilt nur so lange, als der bestimmende Einfluss auf die juristische Person tatsächlich ausgeübt werden kann; scheidet der Versicherte aus der Firma aus, so besteht der Ausschlussgrund nicht mehr (Erw. 2a).
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 104 V 201 S. 202 A.- Julius Wormser war seit 1973 Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Maschinenbau Wormser AG (nachfolgend: AG) und massgeblich an deren Aktienkapital beteiligt. Am 13. Juni 1977 wurde der AG Nachlassstundung gewährt. Vom 4. Juli bis 25. September 1977 arbeitete Julius Wormser für die Firma M. in Zürich. Ab 26. September 1977 besuchte er die Stempelkontrolle und stellte am 5. Oktober 1977 ein Taggeld-Gesuch. Mit Verfügung vom 21. Oktober 1977 verneinte die Arbeitslosenversicherungskasse des Kantons Zürich eine Anspruchsberechtigung Julius Wormsers, weil sich dieser nicht über die erforderlichen 150 vollen Arbeitstage als Arbeitnehmer auszuweisen vermöge. Die Tätigkeit als Verwaltungsratspräsident der AG könne nicht angerechnet werden, da er diese nicht in der Stellung eines Arbeitnehmers ausgeübt habe. B.- Dagegen erhob Julius Wormser Beschwerde und beantragte sinngemäss, die Anspruchsberechtigung ab 26. September 1977 sei zu bejahen. Die Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 23. Februar 1978 ab, im wesentlichen aus den gleichen Überlegungen, von denen sich die Arbeitslosenversicherungskasse hatte leiten lassen. C.- Mit der gegen diesen Entscheid gerichteten Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert Julius Wormser sein Rechtsbegehren. Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend, in Bezug auf seine Stellung bei der AG sei er als Arbeitnehmer zu betrachten. Die entsprechenden Arbeitstage seien daher anzurechnen. Während die Arbeitslosenversicherungskasse Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, schliesst das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit auf grundsätzliche Gutheissung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung setzt Art. 9 Abs. 2 AlVB voraus, dass der Versicherte "in den 365 Tagen vor der Geltendmachung während mindestens 150 vollen Arbeitstagen eine genügend überprüfbare Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt hat, für die er nach diesem Beschluss BGE 104 V 201 S. 203 beitragspflichtig war" (vgl. auch Art. 24 Abs. 2 lit. b AlVG und Art. 12 Abs. 1 AlVV vom 14. März 1977). Im vorliegenden Fall ist streitig, ob der Beschwerdeführer diese Voraussetzung erfüllte. a) Im massgebenden Zeitabschnitt vom 26. September 1976 bis 25. September 1977 fällt unbestrittenermassen die Zeit vor dem 1. April 1977 ausser Betracht, weil der Beschwerdeführer damals keiner Arbeitslosenversicherungskasse angehört hatte. In der zur Diskussion stehenden Zeitspanne vom 1. April bis 25. September 1977 sind die 71 Arbeitstage, die der Beschwerdeführer in der Firma M. geleistet hatte (4. Juli bis 25. September 1977), unbestrittenermassen anrechenbar. Umstritten dagegen sind die 80 Tage (vom 1. April bis 2. Juli 1977), da der Beschwerdeführer in der AG tätig war. b) Die Vorinstanz verneint die Arbeitnehmereigenschaft des Beschwerdeführers im Hinblick auf seinen massgeblichen Einfluss, den er dank seiner Stellung in der AG auf dieselbe auszuüben vermochte. Andererseits ist aber unbestritten, dass die AG für den Beschwerdeführer als Arbeitnehmer die paritätischen AHV-Beiträge abrechnete, womit ab 1. April 1977 automatisch auch die Arbeitslosenversicherungsbeiträge miterfasst wurden. Das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit vertritt die Meinung, mit dieser Beitragspflicht habe die in Art. 9 Abs. 2 AlVB verlangte Überprüfbarkeit der vorangegangenen Beschäftigung als gegeben zu gelten; der "Nachweis der beitragspflichtigen Beschäftigung" sei damit erbracht und daher seien die in der AG geleisteten Arbeitstage anzurechnen. Das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit verweist dazu auf die Antwort des Bundesrates auf eine einfache Anfrage aus dem Nationalrat, wonach die Tätigkeit des mitarbeitenden Aktionärs im Betrieb - "im Gegensatz zum eigentlichen Selbständigerwerbenden" - als "beitragspflichtige Beschäftigung" gelte (vgl. Sten. Bull. NR. 1977 S. 1741). In ähnlicher Weise argumentiert das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, das die vorherige "arbeitgeberähnliche Tätigkeit in der AG" als "beitragspflichtige Beschäftigung" angerechnet wissen will. Bei dieser Argumentation fällt auf, dass bloss von "beitragspflichtiger Beschäftigung" gesprochen und die in Art. 9 Abs. 2 AlVB vorausgesetzte Arbeitnehmereigenschaft unerwähnt BGE 104 V 201 S. 204 bleibt. In diesem Zusammenhange ist auf Art. 12 Abs. 1 AlVV hinzuweisen, der die Arbeitnehmereigenschaft ebenfalls nicht ausdrücklich anführt, jedoch "Arbeitstage im Sinne von Art. 9 Abs. 2 des Beschlusses" voraussetzt, womit eben die genügend überprüfbare Beschäftigung "als Arbeitnehmer" anvisiert wird; wäre dem nicht so, dann müsste diese Verordnungsbestimmung als gesetzeswidrig bezeichnet werden; denn es ist klar, dass die am 1. April 1977 in Kraft getretene Neuregelung nichts am Grundsatz geändert hat, wonach nur Unselbständigerwerbende gegen Arbeitslosigkeit versichert sein können (vgl. Art. 1 ff. AlVB). Es kann also keinesfalls die Meinung haben, dass von der Voraussetzung der Arbeitnehmereigenschaft abgerückt würde. c) Es fragt sich aber, ob die Arbeitnehmereigenschaft bereits aus dem Umstand abgeleitet werden kann, dass für einen mitarbeitenden Aktionär (seit der am 1. April 1977 in Kraft getretenen Neuregelung) de facto Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet wurden. Diese Beiträge werden von den Ausgleichskassen automatisch mit den paritätischen AHV-Beiträgen vom massgebenden Lohn erhoben. Wenn also für einen mitarbeitenden Aktionär Arbeitslosenversicherungsbeiträge erhoben werden, so heisst das, dass er von der Ausgleichskasse AHV-beitragsrechtlich als Unselbständigerwerbender taxiert worden ist. Da die Ausgleichskasse die für die Beurteilung dieser Frage zuständige Behörde ist, liegt es nahe, auch für die Arbeitslosenversicherung auf ihren diesbezüglichen Entscheid abzustellen. Das scheint denn auch die Auffassung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit zu sein, wenn es in ARV 1977 S. 16 ausführt, es komme nach der Neuregelung nur noch auf die "beitragspflichtige Beschäftigung" an, und in ARV 1977 S. 23 auf die Gleichschaltung der Beitragspflicht in AHV und Arbeitslosenversicherung hinweist. An der letztgenannten Stelle vertritt es dann allerdings die Meinung, in der AHV würden die mitarbeitenden Aktionäre durchwegs und unbesehen als Arbeitnehmer der AG behandelt. Dem ist indessen nicht so; vielmehr gilt der Aktionär, der in der AG in beherrschender Stellung mitarbeitet und die allgemein geltenden Kriterien des Unselbständigerwerbenden nicht erfüllt, als Selbständigerwerbender; die Frage muss von Fall zu Fall aufgrund der konkret gegebenen Verhältnisse beurteilt werden. Hat die Ausgleichskasse diesen Entscheid einmal getroffen, so wäre es BGE 104 V 201 S. 205 wenig sinnvoll, wenn im Rahmen der Arbeitslosenversicherung dieselbe Frage unter denselben Kriterien nochmals geprüft würde. Es erscheint daher gerechtfertigt, den von der Ausgleichskasse festgelegten Beitragsstatus des mitarbeitenden Aktionärs auch für die Arbeitslosenversicherung zu übernehmen. In diesem Sinne ist die in BGE 102 V 223 publizierte Rechtsprechung, wonach dem AHV-Beitragsstatut nur die Bedeutung eines unter mehreren Indizien zukam, der seit 1. April 1977 geltenden neuen Rechtslage anzupassen. d) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer AHV-beitragsrechtlich als Unselbständigerwerbender behandelt wurde. Er übte demnach in der AG eine "beitragspflichtige Beschäftigung" im oben besprochenen Sinne aus. Daher sind die streitigen 80 Arbeitstage anzurechnen, womit der Beschwerdeführer die Voraussetzung des Art. 9 Abs. 2 AlVB erfüllt. 2. Damit ist indes noch nicht entschieden, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt. Es bleibt zu prüfen, ob die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. a) Nicht anspruchsberechtigt sind gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. c AlVV Personen, die "im Betrieb einer juristischen Person tätig sind, deren Beschlüsse sie in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, Mitglieder oder Aktionäre, insbesondere infolge ihrer Kapitalbeteiligung, bestimmen oder massgeblich zu beeinflussen vermögen". Mit Recht geht das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit davon aus, dass dieser Ausschlussgrund nur so lange gilt, als der bestimmende Einfluss auf die juristische Person vom Versicherten tatsächlich ausgeübt werden kann; scheidet er aus der Firma (z.B. infolge Liquidation derselben) aus, so besteht der Ausschlussgrund nicht mehr (vgl. ARV 1977 S. 23). So verhielt es sich beim Beschwerdeführer. Im Zeitpunkt, da er zum ersten Mal die Stempelkontrolle besuchte, d.h. am 26. September 1977, hatte er keinen massgeblichen Einfluss mehr auf die AG. Zwar hatten ihm die gerichtlich bestellten Sachwalter das "Arbeitsverhältnis" erst auf den 30. September 1977 gekündigt; aber bereits mit der Einsetzung der Sachwalter durch den Nachlassrichter am 13. Juni 1977 war seine Dispositionsmöglichkeit entscheidend eingeschränkt worden ( Art. 295, 298 SchKG ), und bereits am 4. Juli 1977 hatte er eine Stelle in der Firma M. angetreten. Der Ausschlussgrund BGE 104 V 201 S. 206 gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. c AlVV ist somit im vorliegenden Fall nicht gegeben. Bei dieser Sachlage kann unerörtert bleiben, ob es sich - wie das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit annimmt - anders verhält, wenn ein mitarbeitender Aktionär nicht voll arbeitslos wird, sondern bloss teilarbeitslos (z.B. Kurzarbeit) und damit seine Einflussmöglichkeit auf die AG behält. b) Gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. c und Art. 26 Abs. 1 AlVG ist die Arbeitslosenentschädigung von einem anrechenbaren Verdienstausfall abhängig. Anrechenbar ist der Verdienstausfall u.a., wenn der Versicherte während der Dauer des Arbeitsausfalles vermittlungsfähig war. Ob dies vorliegend zutrifft, lässt sich auf Grund der Akten nicht beurteilen. Die Kasse wird deshalb diese Frage noch zu prüfen haben. c) Ausserdem wird die Kasse auch die übrigen in Betracht fallenden Anspruchsvoraussetzungen prüfen und, falls sie alle als erfüllt betrachtet, noch der in ihrer Vernehmlassung aufgeworfenen Frage näher nachgehen, ob der allfällige Anspruch am 27. September oder am 1. Oktober 1977 beginnt. Zwar lässt die Vereinbarung zwischen der Firma M. und dem Beschwerdeführer vom 3. Juli 1977 darauf schliessen, dass dieser - wie die Kasse und das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit annehmen - bis Ende September 1977 entlöhnt war. Indes ist die Vereinbarung derart summarisch, dass sich eine nähere Abklärung über Durchführung und Abschluss jenes Arbeitsverhältnisses rechtfertigt. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich vom 23. Februar 1978 und die Verfügung der Arbeitslosenversicherungskasse des Kantons Zürich vom 21. Oktober 1977 aufgehoben werden und die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen wird, damit sie nach der Abklärung im Sinne der Erwägungen neu verfüge.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ddb0a942-2099-4057-8d80-47545e6ab1e8
Urteilskopf 99 Ia 437 53. Urteil vom 17. Oktober 1973 i.S. X. gegen Y. und Instruktionsrichter von Leuk.
Regeste Art. 4 BV ; unentgeltliche Rechtspflege im Vaterschaftsprozess. Weder der Mutter noch dem Kind kann die unentgeltliche Rechtspflege wegen eines schuldhaften Verhaltens der Mutter (insbesondere wegen selbstverschuldeter Armut) verweigert werden. Wo die Klageeinreichung an eine Frist gebunden ist, kann dies auch nicht mit der Begründung geschehen, die Mutter sei imstande, die notwendigen Mittel für den Prozess selber zu verdienen.
Sachverhalt ab Seite 437 BGE 99 Ia 437 S. 437 A.- Im Vaterschaftsprozess der X. und ihres a.e. Sohnes gegen Y. traf der Instruktionsrichter von Leuk (VS) am 16. Februar 1973 folgende Verfügung: "1. Die Beweisanträge der Parteien werden angenommen, mit Ausnahme der [von den Klägern] verlangten Blutanalysen von B. und S., da die einjährige Klagefrist abgelaufen ist. 5. Der unentgeltliche Rechtsbeistand [für die Kläger] wird abgelehnt, da dies das zweite aussereheliche Kind ist und die Klägerin einer regelmässigen Arbeit nachgehen könnte. 6. Beide Parteien haben folgende Kostenvorschüsse zu leisten: a) für Fiskalmarken Fr. 300.--, b) für die Durchführung der Expertisen je Fr. 1000.--. Sämtliche Rechtsvorkehren sind unter Hinweis auf die Säumnisfolgen innert 10 Tagen zu treffen." B.- Gegen diese Verfügung haben X. und ihr a.e. Sohn gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben. BGE 99 Ia 437 S. 438 Sie verlangen die Aufhebung der Ziffern 1, 5 und 6 des angefochtenen Entscheids. C.- Am 22. Mai 1973 hat der Instruktionsrichter von Leuk dem Bundesgericht mitgeteilt, dass "die Partei X." am 18. Mai 1973 den verlangten Kostenvorschuss von Fr. 1300.-- beim Gericht hinterlegt habe. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschluss des Instruktionsrichters, den klägerischen Antrag auf Durchführung einer Blutanalyse bei zwei am Prozess nicht beteiligten Drittpersonen abzuweisen, ist ein Beweisbeschluss in einem hängigen Zivilprozessverfahren und damit ein Zwischenentscheid. Gegen einen solchen Entscheid ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV nur zulässig, wenn er kantonal letztinstanzlich ist und für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat ( Art. 87 OG ). Beide Voraussetzungen fehlen hier. Gemäss Art. 174 Abs. 3 der ZPO des Kantons Wallis ist gegen Zwischenentscheide des Instruktionsrichters über Beweiseinreden die Berufung an das Kantonsgericht zulässig, wenn der Haupthandel vor dieses Gericht gebracht werden kann oder muss. Letzteres trifft für den vorliegenden Vaterschaftsprozess zu, da der Streitwert gemäss dem Protokoll des Instruktionsrichters Fr. 20'000.-- beträgt (vgl. dazu Art. 4 und 5 ZPO ). Der angefochtene Beweisbeschluss ist demnach nicht ein letztinstanzlicher. Er ist aber auch nicht ein Entscheid, der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hätte. Beweisbeschlüsse in berufungsfähigen Streitsachen sind denn auch nach der neuern bundesgerichtlichen Rechtsprechung immer erst im Anschluss an den Endentscheid der letzten kantonalen Instanz anfechtbar ( BGE 96 I 364 ff. Erw. 3, BGE 97 I 2 Erw. 1a). Soweit also mit der vorliegenden Beschwerde der Beweisbeschluss des Instruktionsrichters (Ziff. 1 der Verfügung) angefochten wird, ist sie verfrüht und kann auf sie nicht eingetreten werden. Es mag immerhin beigefügt werden, dass die Auslegung, die der Instruktionsrichter in seiner Vernehmlassung dem Art. 250bis ZPO (Gesetz über die Abänderung der ZPO vom 23. Mai 1958, Art. 18) gegeben hat, fragwürdig erscheint. Die Annahme sodann, die einjährige Klagefrist von Art. 308 ZGB sei auch für die Nennung der Beweismittel (Zeugen, Blutentnahme BGE 99 Ia 437 S. 439 bei Dritten usw.) massgebend, dürfte kaum richtig sein (vgl. dazu Art. 168 ZPO ). Sollten jedoch die Beschwerdeführer unterlassen haben, den Beweisbeschluss des Instruktionsrichters rechtzeitig mit der kantonalen Berufung anzufechten, und kommt das Kantonsgericht bei der Behandlung der Streitsache zum Schluss, dass gegenüber B. und S. doch Blutuntersuchungen angeordnet werden sollten, so hat es nach Art. 268 ZPO ohne weiteres noch die Möglichkeit, von Amtes wegen eine entsprechende Beweisanordnung zu treffen. 2. Soweit der Instruktionsrichter den Beschwerdeführern die unentgeltliche Rechtspflege verweigerte, traf er einen Entscheid, der keinem kantonalen Rechtsmittel unterliegt (vgl. Art. 7 Abs. 4 des in der deutschsprachigen ZPO an Stelle der aufgehobenen Art. 320-325 abgedruckten Gesetzes vom 16. November 1938). Ob dieser Entscheid als Endentscheid oder als Zwischenentscheid zu betrachten ist, kann dahingestellt bleiben; denn selbst wenn letzteres angenommen würde, wäre es ein nach Art. 87 OG anfechtbarer Entscheid, da er angesichts der für den Fall der Nichtleistung der Kostenvorschüsse angedrohten Säumnisfolgen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat. Nun hat allerdings der Instruktionsrichter mitgeteilt, die Beschwerdeführer hätten inzwischen den verlangten Kostenvorschuss von Fr. 1'300.-- geleistet. Es fragt sich deshalb, ob die Beschwerde dadurch nicht gegenstandslos geworden ist (vgl. BGE 67 I 68 /69), zumal sich die Beschwerdeführer nur auf den bundesrechtlichen, aus Art. 4 BV fliessenden Armenrechtsanspruch zu berufen scheinen, der dem Bedürftigen kein Recht darauf gibt, von den Prozesskosten überhaupt befreit zu werden, sondern bloss darauf, dass der Richter in nicht aussichtslosen Prozessen ohne vorherige Hinterlegung oder Sicherstellung von Kosten tätig werde ( BGE 85 I 3 Erw. 2, BGE 89 I 161 , BGE 95 I 415 Erw. 2, 98 I a 341/42). Indessen folgt aus Art. 4 BV auch, dass die arme Partei einen nicht aussichtslosen Prozess nicht selbst, d.h. ohne Beizug eines amtlichen Vertreters (Armenanwalts) durchführen muss, wenn sie dieses Beistandes zur gehörigen Wahrung ihrer Rechte bedarf ( BGE 85 I 3 unten, BGE 89 I 2 Erw. 2 und 161, 98 I a 341/42). Der bundesrechtliche Anspruch ist somit auch verletzt, wenn der Richter es ablehnt, der bedürftigen Partei bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen einen unentgeltlichen Rechtsvertreter zu bestellen. Aus dem angefochtenen BGE 99 Ia 437 S. 440 Entscheid und den kantonalen Akten geht zwar nicht mit absoluter Klarheit hervor, worauf sich das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege bezog. Aufgrund der gesamten Umstände ist aber doch anzunehmen, dass sowohl um die Befreiung von der Pflicht zur Leistung von Prozesskostenvorschüssen als auch um die Ernennung eines Armenanwalts nachgesucht wurde, wie das nun vor Bundesgericht geschehen ist, und dass der Richter beide Begehren zusammen abgelehnt hat (vgl. dazu die Bemerkung des Instruktionsrichters in der Vernehmlassung, wonach es um den "vollständigen" unentgeltlichen Rechtsbeistand gehe, sowie Art. 11 und 12 des erwähnten Gesetzes vom 16. November 1938). Dem entsprechen auch die Ausführungen in der Beschwerdeschrift (S. 4 oben), wonach die Beschwerdeführer dem sie vertretenden Anwalt bisher keine Vorschüsse hätten leisten können und dieser sich allenfalls genötigt sähe, sein Mandat niederzulegen. Mindestens mit Bezug auf die Frage also, ob den Beschwerdeführern ein armenrechtlicher Anwalt beizugeben sei, ist die Beschwerde nicht gegenstandslos geworden. Auf den zweiten, die unentgeltliche Rechtspflege betreffenden Beschwerdepunkt ist deshalb einzutreten. 3. Der Instruktionsrichter hat das Gesuch um unentgeltlichen Rechtsbeistand abgelehnt, "weil dies das zweite aussereheliche Kind ist und die Klägerin einer regelmässigen Arbeit nachgehen könnte". In der Vernehmlassung wird zur Begründung ergänzend ausgeführt, X. lebe in gemeinsamem Haushalt mit ihrer Mutter und ihrer 25jährigen Schwester und keine dieser drei Frauen gehe einer regelmässigen Arbeit nach. Zur Betreuung zweier Kleinkinder und eines angenommenen Knaben im Alter von 12 Jahren genüge eine Person. Die Kindsmutter treibe sich Tag und Nacht auf der Strasse herum, statt zu arbeiten. Ihre amtlich bescheinigte Armut (Fr. 3000.-- Jahreseinkommen, kein Vermögen) beruhe deshalb auf Selbstverschulden. Die Beschwerdeführer bezeichnen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege als willkürlich und gegen Art. 4 BV verstossend. Dabei rufen sie keine besondere Bestimmung des kantonalen Rechts an, sondern machen ganz allgemein geltend, der Entscheid entbehre jeglicher sachlicher Begründung. Sinngemäss rügen sie damit nicht nur eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts, sondern auch - oder vielmehr - eine Verletzung des bundesrechtlichen, aus Art. 4 BGE 99 Ia 437 S. 441 BV fliessenden Armenrechtsanspruchs, hinsichtlich dessen dem Bundesgericht, was die Rechtsfragen angeht, eine freie Prüfungsbefugnis zusteht ( BGE 67 I 68 , BGE 89 I 2 /3 Erw. 2 und 3 und S. 161, BGE 95 I 415 Erw. 2, BGE 98 Ia 342 ). a) Es ist nicht streitig, dass die Beschwerdeführer bedürftig sind; streitig ist nur, ob die Bedürftigkeit selbstverschuldet ist und ob es auf ein solches Selbstverschulden überhaupt ankommt. Die Frage der persönlichen Würdigkeit der Gesuchsteller stellt sich sodann auch im Zusammenhang mit dem Vorwurf, es sei nun schon das zweite Mal, dass X. ein a.e. Kind zur Welt gebracht habe. b) Ein Selbstverschulden der Mutter - sei es nun dieser oder jener Art - kann auf alle Fälle nicht ein Grund zur Verweigerung des Armenrechts dem Kinde gegenüber sein. Dieses hat gegen den vermeintlichen Vater ein eigenes Klagerecht ( Art. 307 Abs. 2 ZGB ) und tritt im Prozess als selbständige Partei auf (HEGNAUER, Berner Kommentar, NN 55 - 63 zu Art. 307 ZGB ). Würde man ihm nun das Armenrecht verweigern, weil sich die Mutter irgendwie schuldig gemacht hat, hiesse das praktisch, ihm das Klagerecht von Art. 307 Abs. 2 ZGB entziehen, ohne dass es etwas dafür vermöchte. Das wäre mit dem Rechtsgleichheitssatz und dem Willkürverbot von Art. 4 BV und dem sich daraus ergebenden Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege schlechterdings unvereinbar. c) Aber auch der Mutter selber kann der unentgeltliche Rechtsbeistand nicht wegen eines schuldhaften Verhaltens versagt werden. Schwer verständlich ist die Auffassung des Instruktionsrichters, X. habe die Rechtswohltat der Unentgeltlichkeit deshalb nicht verdient, weil sie nun schon zum zweiten Mal ein aussereheliches Kind geboren habe. Abgesehen davon, dass diesbezüglich ein "Verschulden" erst noch nachgewiesen werden müsste, hiesse das wiederum, ein von Art. 307 ZGB gegebenes Klagerecht illusorisch machen und dadurch unter Umständen einen Vater seiner Verantwortung entziehen, der möglicherweise auch schon wiederholt aussereheliche Kinder gezeugt hat. Ausgerechnet die arme Mutter, die es am nötigsten hätte, müsste demnach auf die Alimentenklage verzichten, während eine reiche, nicht weniger "schuldige" Mutter sie anstrengen könnte. Eine derartige Benachteiligung der bedürftigen, unverheirateten Mutter widerspräche in krasser Weise BGE 99 Ia 437 S. 442 der schweizerischen Rechtsauffassung und insbesondere den Grundsätzen von Art. 4 BV . Verständlicher ist die Ansicht, das Armenrecht sei zu verweigern, wenn der Gesuchsteller zwar bedürftig ist, aber in der Lage wäre, genügend zu verdienen, um für die Prozesskosten aufzukommen. Indessen hält auch diese Überlegung vor Art. 4 BV nicht stand, da sie eindeutig der Rechtsgleichheit, wie sie im Zusammenhang mit dem von der Rechtsprechung anerkannten Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege verstanden wird, widerspricht. Auch derjenige, der seine Armut verschuldet hat, muss seine Rechte auf prozessualem Wege durchsetzen oder verteidigen können. Beraubt man ihn faktisch dieser Möglichkeit, indem man ihm wegen seines Verschuldens die unentgeltliche Rechtspflege verweigert, stösst man ihn womöglich in noch grössere Armut und lässt es zu, dass er vor dem Gesetz schlechter gestellt ist als ein finanziell Gutgestellter, der sich in ähnlicher oder anderer Weise (Verschwendungssucht, Kriminalität) ebenso oder noch mehr schuldig gemacht hat. Die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung darf deshalb nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Unfähigkeit des Gesuchstellers zur Bestreitung der Prozess- oder Anwaltskosten aufein Verschulden zurückzuführen ist oder nicht ( BGE 58 I 292 oben; ebenso CH. GUGGENHEIM, Die unentgeltliche Verbeiständung in den kantonalen Zivilprozessrechten, Diss. Zürich 1944, S. 76, H. HEUBERGER, Das Armenrecht der aargauischen Zivilprozessordnung, Diss. Bern 1947, S. 22, K. MEYER, Das zivilprozessuale Armenrecht im Kanton Zug, Diss. Freiburg 1953, S. 90/91). Massgebend sind die augenblicklichen Verhältnisse des Gesuchstellers. Es kommt auf die Mittel an, die er tatsächlich zur Verfügung hat. Dem Arbeitslosen darf die unentgeltliche Prozessführung nicht mit der Begründung verweigert werden, in seinem Berufsstande seien freie Stellen vorhanden und würden Löhne ausbezahlt, die es ihm ermöglichten, für die Prozesskosten aufzukommen (vgl. HEUBERGER S. 22, MEYER, S. 94). Dies wäre höchstens dann angängig, wenn der Gesuchsteller seine frühere Stelle nur deshalb aufgegeben oder eine neue nur aus dem Grunde nicht angetreten hätte, weil er einen Prozess im Armenrecht zu führen wünscht. Dass dies bei der Beschwerdeführerin zuträfe, wird nicht behauptet. Ob in gewissen Fällen dem Bedürftigen zugemutet werden kann, mit der Prozesseinleitung BGE 99 Ia 437 S. 443 zuzuwarten, bis er eine entsprechende Anstellung gefunden und genügend Mittel für die Prozessführung gespart hat (so das Kreisschreiben des Obergerichts des Kantons Bern an die Richterämter vom 20. Dezember 1948, in ZBJV 85, 1949, S. 37), mag dahingestellt bleiben; denn in Fällen wie dem vorliegenden, wo die Klage innert einer bestimmten Frist angehoben werden muss ( Art. 308 ZGB ) und diese Frist schon beinahe oder ganz abgelaufen ist, fällt eine solche Möglichkeit des Aufschubs ohnehin ausser Betracht. Hier ist der Rechtsuchende gezwungen, rasch zu handeln, und die Prozess- und in der Regel auch die Anwaltskosten muss er sofort vorschiessen, wenn er seiner Rechte bzw. der Hilfe eines Rechtsanwalts nicht verlustig gehen will. Eine Sistierung des bereits angehobenen Prozesses, um die arme Partei zu zwingen, sich die nötigen Mittel für die Bestreitung des Prozesses zu verdienen, käme zweifellos einer Rechtsverweigerung gleich (vgl. HEUBERGER, S. 22/23). Da die Beschwerdeführer an die peremptorische Frist von Art. 308 ZGB gebunden waren und mit der Bestellung des Anwalts nicht zuwarten konnten, erübrigt sich die Frage, ob - wie das im angefochtenen Entscheid angenommen wird - die Beschwerdeführerin ihre Kinder in die Obhut ihrer Mutter oder Schwester geben könnte, um einem Erwerb nachzugehen, der es ihr erlauben würde, für die Prozess- und Anwaltskosten aufzukommen. Die Gerichtskostenvorschüsse wurden jetzt verlangt, und der Anwalt macht sein Mandat ebenfalls von sofortigen Vorschüssen abhängig. Dass die Beschwerdeführer zur gehörigen Wahrung ihrer Interessen keines Anwalts bedürften, wird vom Instruktionsrichter nicht behauptet (das könnte bei der Rechtsunkundigkeit von Mutter, Kind und Beistand wohl höchstens angenommen werden, wenn der Vaterschaftsprozess vollständig von der Offizialmaxime beherrscht würde; vgl. dazuBGE 63 I 211Erw. 3, BGE 64 I 5 Erw. 2, BGE 78 I 5 Erw. 3, BGE 89 I 3 Erw. 4, nicht publ. Entscheid i.S. Viatte vom 6. Oktober 1954, Entscheid des Zürcher Obergerichts in ZR 13 1914 Nr. 65 und GUGGENHEIM, S. 71). 4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der angefochtene Entscheid wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben ist, soweit er den Beschwerdeführern den armenrechtlichen Anwalt verweigert (Ziffer 5 des Entscheids). Für eine Aufhebung der Ziffer 6 des Entscheids, womit die Gerichtskostenvorschüsse BGE 99 Ia 437 S. 444 verfügt wurden, besteht dagegen kein Grund, nachdem diese Vorschüsse geleistet sind und damit sichergestellt ist, dass die Beschwerdeführer den angehobenen Prozess durchführen können. Sollte der kantonale Richter bei der Neubeurteilung der Ziffer 5 im Lichte des bundesgerichtlichen Entscheids und aufgrund des kantonalen Rechts zum Schluss kommen, dass den Beschwerdeführern im Endentscheid auf keinen Fall Gerichtskosten auferlegt werden dürften (weil das Walliser Recht den Bedürftigen möglicherweise nicht nur von der Vorschusspflicht, sondern auch von der endgültigen Zahlung der Gerichtskosten befreit), kann er die Rückerstattung der Vorschüsse verfügen. Neue, zusätzliche Prozesskostenvorschüsse (z.B. für weitere Beweiserhebungen) könnten natürlich nur unter Beachtung der hier angestellten Erwägungen verlangt werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Soweit auf die Beschwerde einzutreten ist, wird sie im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und Ziffer 5 des angefochtenen Entscheids aufgehoben.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
ddb13c09-6c6b-4052-b06e-93b22d0f0b89
Urteilskopf 115 Ib 28 4. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Februar 1989 i.S. B. und F. gegen Gemeinde Fischenthal und Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 18 Abs. 1 GSchG , Art. 18 AGSchV . Voraussetzungen der Anschlusspflicht. 1. Zumutbarkeit der Anschlusskosten (E. 2b, bb). Sind auch die Kosten einer infolge der Erstellung des Kanalisationsanschlusses notwendig werdenden Verstärkung der Stromzuleitung zu berücksichtigen? (E. 2b, cc). 2. Fehlen wichtiger Gründe für eine ausnahmsweise Befreiung von der Anschlusspflicht (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 29 BGE 115 Ib 28 S. 29 Im Jahre 1983 erwarben B. und F. das mit einem Dreifamilienhaus überbaute Grundstück Assek. Nr. 889 "Riedtli" in Fischenthal. Die Liegenschaft ist in der Landwirtschaftszone, ausserhalb des generellen Kanalisationsprojekts (GKP) der Gemeinde Fischenthal und nahe beim Fischenthalerried gelegen, das mit Verordnung vom 18. September 1987 "als Lebensraum seltener und geschützter Tier- und Pflanzenarten und -gemeinschaften sowie als wesentliches Element der Landschaft und Zeuge früherer Bewirtschaftungsformen" zum Naturschutzgebiet von kantonaler Bedeutung erklärt wurde. Die Liegenschaft hat 12 Zimmer und wird heute von 3 Familien mit insgesamt 13 Personen bewohnt. Seit 1983 waren Abklärungen und Bemühungen für eine Abwassersanierung der Liegenschaft im Gang, doch konnten sich die Grundeigentümer und das kantonale Amt für Gewässerschutz über das zu wählende System nicht einigen. Mit Verfügung vom 8. Januar 1986 verpflichtete der Gemeinderat Fischenthal B. und F., die Liegenschaft "Riedtli" bezüglich der häuslichen Abwässer an die Kanalisation der Gemeinde anzuschliessen, wobei er von drei Varianten die kostengünstigste zur Ausführung empfahl. Den dagegen erhobenen Rekurs wiesen der Bezirksrat Hinwil am 6. Oktober 1987 und der Regierungsrat des Kantons Zürich am 23. März 1988 ab. Der Regierungsrat wies den Gemeinderat Fischenthal an, den Rekurrenten eine angemessene Ausführungsfrist anzusetzen. Er erwog, die von den Rekurrenten vorgeschlagene Bodenfiltrationsanlage samt Phosphateliminierung sei mit wesentlichen Unsicherheitsfaktoren und Risiken behaftet und dem Kanalisationsanschluss nicht ebenbürtig. Die veranschlagten Kosten von Fr. 37'000.-- (kostengünstigste Variante) seien durchaus zumutbar. Zwar erforderten die elektrisch betriebenen Anlageteile (Zerhackerpumpe) zusätzlich eine Verstärkung der Stromzuleitung. Da die Stromversorgung der Liegenschaft aber ohnehin unzureichend und früher oder später zu verbessern sei, habe die Erfüllung der Anschlusspflicht höchstens ein zeitliches Vorziehen einer in jedem Fall notwendigen, wertvermehrenden Investition zur Folge. Gegen den Beschluss des Regierungsrats haben B. und F. mit Eingabe vom 7. Mai 1988 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. BGE 115 Ib 28 S. 30 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich stützt sich auf Art. 18 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1971 über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (GSchG). Er ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid im Sinne von Art. 98 lit. g OG . Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 99 ff. OG liegt nicht vor. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit zulässig ( Art. 10 GSchG ). Das Bundesgericht hat die Anwendung des Bundesrechts ( Art. 104 lit. a OG ), einschliesslich die Angemessenheit der Verfügung ( Art. 10 GSchG ), zu überprüfen. Es kann, da als Vorinstanz der Regierungsrat entschieden hat, die Feststellung des Sachverhalts von Amtes wegen überprüfen ( Art. 105 OG ). 2. a) Gemäss Art. 18 Abs. 1 GSchG sind im Bereich der öffentlichen Kanalisationen alle Abwässer an diese anzuschliessen. Zum Kanalisationsbereich im Sinne dieser Bestimmung gehören das durch das GKP abgegrenzte Gebiet sowie die ausserhalb desselben bestehenden Bauten und Anlagen, soweit deren Anschluss an das Kanalisationsnetz zweckmässig und zumutbar ist (Art. 18 Allgemeine Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni 1972; AGSchV). Ausnahmsweise kann gemäss Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG für Abwässer, die für die zentrale Reinigung nicht geeignet sind oder für die diese aus andern wichtigen Gründen nicht angezeigt ist, die zuständige kantonale Behörde besondere Arten der Behandlung und Ableitung anordnen. Wie das Bundesgericht schon wiederholt festgestellt hat, beruht die in Art. 18 GSchG statuierte grundsätzliche Anschlusspflicht nicht nur auf Überlegungen der technischen Abwasserbeseitigung, sondern soll auch eine ausgewogene, gemeinschaftliche und rechtsgleiche Finanzierung der für den Gewässerschutz erforderlichen Kanalisations- und Reinigungsanlagen sicherstellen (vgl. dazu BGE 112 Ib 53 /54, BGE 107 Ib 118 E. 2a). b) Die Liegenschaft der Beschwerdeführer befindet sich in der Landwirtschaftszone, ausserhalb des GKP der Gemeinde Fischenthal. Sie gehört demnach nur dann zum Kanalisationsbereich, wenn der Anschluss zweckmässig und zumutbar ist ( Art. 18 AGSchV i.V.m. Art. 18 Abs. 1 GSchG ). aa) Zweckmässig ist ein Anschluss, wenn die topographischen Verhältnisse derart sind, dass er sich einwandfrei und mit normalem baulichem Aufwand herstellen lässt und durch einen solchen BGE 115 Ib 28 S. 31 Anschluss das Fassungsvermögen der Kanalisation nicht überstiegen wird (nicht veröffentlichte Entscheide des Bundesgerichts vom 2. April 1987 i.S. K., E. 4a, und vom 29. Oktober 1987 i.S. W., E. 3a). Die Zweckmässigkeit kann somit nicht, wie es die Beschwerdeführer tun, mit dem Argument bestritten werden, eine andere Art der Abwasserbeseitigung sei dem Kanalisationsanschluss ebenbürtig oder sogar überlegen. Das widerspräche dem gesetzgeberischen Willen der generellen Anschlusspflicht, die, wie bereits ausgeführt, auch aus Gründen der Finanzierung der Entsorgungsanlagen und der Rechtsgleichheit statuiert wurde. Sollte sich die Meinung durchsetzen, die häuslichen Abwässer liessen sich in gewissen Fällen durch Methoden wie die von den Beschwerdeführern propagierte Bodenfiltrationsanlage umweltschonender beseitigen als durch einen Kanalisationsanschluss und ein Absehen von der allgemeinen Anschlusspflicht sei in solchen Fällen gerechtfertigt, so müssten das Gewässerschutzgesetz und die dazugehörige Verordnung geändert werden; auf dem Wege der Auslegung von Art. 18 Abs. 1 GSchG und Art. 18 AGSchV kann dieses Ziel nicht erreicht werden (vgl. BGE 107 Ib 122 ; BGE vom 30.6.82 i.S. Spycher, publ. in BVR 1982 S. 334/35). Die Beschwerdeführer bestreiten im übrigen die Zweckmässigkeit des verfügten Kanalisationsanschlusses nicht. Auch das Bundesamt für Umweltschutz erachtet die Zweckmässigkeit als "offensichtlich gegeben". Das Amt für Raumplanung des Kantons Zürich stellte in seinem Schreiben vom 7. September 1988 die Genehmigung der Linienführung durch das geschützte Fischenthalerried in Aussicht. Dabei erwog es, dass der Eingriff in das Naturschutzgebiet minimal und eine nachhaltige Schädigung des Rieds kaum zu befürchten sei, dass andererseits ein Anschluss der Liegenschaft Riedtli an die ARA den Nährstoffeintrag ins Ried reduzieren dürfte. Auch unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes ist somit gegen den Kanalisationsanschluss nichts einzuwenden. bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Anschluss einer ausserhalb der Bauzone und des GKP gelegenen Liegenschaft zumutbar, wenn die Kosten jene für vergleichbare Anschlüsse innerhalb des Baugebiets nicht oder nicht wesentlich überschreiten (unveröffentlichte BGE vom 29. 10.87 i.S. W., E. 3b, vom 2.4.87 i.S. K., E. 4b). Das Bundesgericht überprüft den angefochtenen Entscheid auch auf Unangemessenheit ( Art. 104 OG i.V.m. Art. 10 GSchG ), doch hält es sich dort, wo es um die BGE 115 Ib 28 S. 32 Kenntnis der örtlichen Verhältnisse geht, zurück, was auch für die Beurteilung von Baukosten gilt. Die Kosten der vom Gemeinderat empfohlenen Anschlussvariante 2.1 (Schmutzwasserpumpwerk mit Zerhacker und Druckleitung NW 32 mm von ca. 290 m Länge) werden auf Fr. 37'000.-- veranschlagt. Daran zahlt die Gemeinde Fischenthal die Kosten für Projekt und Bauleitung (ca. Franken 6'000.--). Den Grundeigentümern verbleiben somit Kosten von ca. Fr. 31'000.--, d.h. von Fr. 2'600.-- pro Zimmer oder Einwohnergleichwert (EGW). Nach den Ausführungen des Bezirksrates Hinwil in seinem Entscheid vom 4. Februar 1987, S. 6, erachtet das kantonale Amt für Gewässerschutz und Wasserbau Zürich in seinen provisorischen Richtlinien, die auf Erfahrungszahlen beruhen, Anschlusskosten von im Mittel Fr. 5'000.-- pro EGW als zumutbar, wobei dieser Betrag bei Vorliegen besonderer Verhältnisse bis Fr. 10'000.-- erhöht bzw. auf Fr. 4'000.-- reduziert werden können. Das Bundesgericht hat seinerseits im Urteil vom 10. Februar 1986 i.S. Grau (auszugsweise publ. in BVR 1987 S. 88 ff.) die Praxis des Kantons Bern, Anschlusskosten von Fr. 3'000.-- bis Fr. 4'000.-- pro EGW für landwirtschaftliche Betriebe als zumutbar zu erklären, geschützt. Im unveröffentlichten Urteil vom 5. November 1985 i.S. B. und Mitbeteiligte führte es ferner aus, für (nichtlandwirtschaftliche) Einfamilienhäuser seien Kosten für Anschlussleitungen auch dann noch zumutbar, wenn sie sich "auf etwas über Fr. 20'000.--" beliefen, und verwies auf einen Entscheid der Berner Regierung, die für ein 5-Zimmer-Einfamilienhaus Kosten von Fr. 30'000.-- als zwar hoch, aber nicht offensichtlich unverhältnismässig erachtete (BVR 1981 S. 367). In einem Entscheid vom 9. April 1986 (publ. in BVR 1986 S. 463) bezeichnete der Regierungsrat des Kantons Bern Anschlusskosten für nichtlandwirtschaftliche Bauten von Fr. 5'000.-- pro EGW jedenfalls dann als zumutbar, wenn eine andere, zweckmässige Art der Abwasserbeseitigung nicht möglich sei. Es kann offenbleiben, ob beim heutigen Geldwert Anschlusskosten von bis zu Fr. 5'000.-- und mehr pro EGW auch für Bauten zumutbar wären, die im engeren oder weiteren Sinne zu einem Landwirtschaftsbetrieb gehören und deren Abwässer technisch einwandfrei zusammen mit der landwirtschaftlichen Jauche entsorgt werden könnten. In Fällen wie dem vorliegenden, wo es um ein alleinstehendes, nichtlandwirtschaftliches Gebäude geht, müssen Kosten in der erwähnten Grössenordnung grundsätzlich jedenfalls BGE 115 Ib 28 S. 33 noch als zumutbar gelten. Die rund Fr. 2'600.--, welche die Beschwerdeführer pro EGW aufzuwenden haben werden, liegen somit noch bei weitem nicht an der oberen Grenze des Zumutbaren. Das gilt selbst dann, wenn man die einmalige Einkaufsgebühr in die Abwasserversorgung der Gemeinde Fischenthal, die nach Angaben der Beschwerdeführer ca. Fr. 6'000.-- ausmachen wird, noch hinzurechnet, was eine Belastung von ca. Fr. 3'100.-- pro EGW ergibt. cc) Nun wenden die Beschwerdeführer allerdings ein, die Vorinstanz habe zu Unrecht die Kosten für die notwendige Verstärkung der Stromzuleitung nicht mitberücksichtigt. Diese Kosten würden sich laut Kostenvoranschlag der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich auf rund Fr. 18'000.-- belaufen. Dazu kämen, nach Angaben der Beschwerdeführer, noch Hausanschlusskosten von Fr. 9'600.--. Somit beliefen sich die Totalkosten einschliesslich Einkaufsgebühren auf Franken 64'600.--. Das ist zweifellos ein hoher Betrag. Bezogen aber auf das Dreifamilienhaus mit 12 Wohnräumen und einem Gebäudeversicherungswert von Fr. 546'000.-- im Jahre 1985 ergibt sich ein Betrag von rund Fr. 5'300.-- pro EGW, was nach dem unter Erwägung 2b, bb hievor Gesagten bei einem alleinstehenden, nichtlandwirtschaftlichen Gebäude noch als tragbar bezeichnet werden muss, zumal wenn noch das Folgende berücksichtigt wird: Wie die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich in einem Schreiben an den Gemeinderat Fischenthal vom 8. September 1988 bestätigen, besitzt die Liegenschaft "Riedtli" eine heute kaum mehr anzutreffende Elektroinstallation, die sich nur für Licht und Kleinapparate eignet. Erfahrungsgemäss werde sich auch hier früher oder später eine heute gebräuchliche Stromversorgung für Kochherd, Waschmaschine usw. aufdrängen. Die Vorinstanz hat daraus zu Recht den Schluss gezogen, die durch den Kanalisationsanschluss bedingte Verstärkung der Stromzuleitung bedeute höchstens ein Vorziehen des nach objektiven Gesichtspunkten ohnehin erforderlichen Ausbaus der Stromversorgung und trage überdies zur Wertvermehrung der Liegenschaft bei. Ob deswegen die entsprechenden Kosten für die Frage der Kanalisationsanschlusspflicht gänzlich ausser acht gelassen werden können, wie das die Vorinstanz meint, ist allerdings fraglich, kann hier aber offenbleiben. Jedenfalls sind sie nicht gleich stark zu gewichten wie die eigentlichen Baukosten für die Kanalisation, wird doch die Verbesserung der Stromversorgung nicht nur der Abwasserbeseitigung BGE 115 Ib 28 S. 34 dienen, sondern den Wert der Liegenschaft auch noch in anderer Hinsicht erhöhen. Die Beschwerdeführer machen freilich geltend, sie wollten gar keine Verbesserung der Elektrizitätsversorgung, einerseits weil sie mit einem Minimum an Energie auskommen möchten, andererseits weil sie Alternativenergien (Holz für Zentralheizung, Kochherd und Warmwasser, ergänzt durch einen Gasherd, geplante Sonnenkollektoren) einsetzten. Indessen können die momentanen Absichten der Bewohner der Liegenschaft hinsichtlich der Energieversorgung für die Frage der Kanalisationsanschlusspflicht nicht entscheidend sein. Diese Absichten können sich ändern, und auch die Eigentümer und Mieter einer Liegenschaft können im Laufe der Zeit wechseln. Die Vorinstanz hat deshalb zu recht auf objektive Gesichtspunkte abgestellt und gleich dem Gemeinderat und der Bezirkskommission den vom Bundesgericht nicht zu beanstandenden Schluss gezogen, eine Verbesserung der Stromversorgung würde sich früher oder später ohnehin aufdrängen. Von einem Verstoss gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip kann unter diesen Umständen - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - nicht die Rede sein. c) Da nach dem Gesagten der verfügte Kanalisationsanschluss als zweckmässig und zumutbar zu betrachten ist, gehört die Liegenschaft "Riedtli" zum Kanalisationsbereich gemäss Art. 18 AGSchV und unterliegt damit grundsätzlich der Anschlusspflicht gemäss Art. 18 GSchG . Eine Ausnahme wäre nur zulässig, wenn die Abwässer für die zentrale Reinigung nicht geeignet wären, was hier nicht zutrifft, oder wenn die zentrale Reinigung aus anderen wichtigen Gründen nicht angezeigt wäre ( Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GSchG ). aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann mit Blick auf die Zielsetzung des Art. 18 GSchG (s. oben E. 2a) eine Ausnahmebewilligung nur in Betracht fallen, wenn das Beharren auf der Anschlusspflicht zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Härte führen würde oder offensichtlich unzweckmässig wäre, d.h. wenn besondere Umstände vorliegen, die ein Abweichen von der Regel verlangen ( BGE 112 Ib 54 , BGE 107 Ib 122 E. 4b). Dass der Anschluss nicht als unzweckmässig bezeichnet werden kann, ergibt sich aus den vorstehenden Erwägungen. Demgegenüber bestehen gegen die von den Beschwerdeführern anstelle des Kanalisationsanschlusses vorgeschlagene Bodenfiltrationsanlage mit Blick auf das nahe gelegene Naturschutzgebiet nicht unbedeutende BGE 115 Ib 28 S. 35 betriebliche Bedenken. Zwar bezeichnet die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG) in ihrem Bericht vom 12. Dezember 1986, der in Kenntnis einer geotechnischen Untersuchung des Instituts für Grundbau und Bodenmechanik der ETH Zürich vom 3. November 1986 erging, den Bau einer Versickerungsanlage als gangbaren Weg zur Lösung der Abwasserbeseitigung. Indessen machte sie den Vorbehalt, dass es schwer abzuschätzen sei, wieviel Stickstoff auf dem Weg zum Ried durch Pflanzen aufgenommen und denitrifiziert und wieviel tatsächlich das Ried erreichen werde, wobei freilich die landwirtschaftliche Düngung der umliegenden Flächen insgesamt grössere Beiträge an das Ried abgeben dürfte als die Versickerungsanlage. Die geotechnische Untersuchung hatte ergeben, dass "die Grösse der zur Verfügung stehenden Versickerungszone noch weitgehend unbekannt" ist und dass diesbezüglich weitere Versuche angestellt werden müssten. Wenn nun die Vorinstanz aufgrund dieser Berichte zum Schluss kam, die vorgeschlagene Bodenfiltrationsanlage sei einem Kanalisationsanschluss nicht ebenbürtig und mit zu vielen Unbekannten behaftet, als dass sie verantwortet werden könnte, so ist das nicht zu beanstanden. Mit Recht weist der Gemeinderat Fischenthal darauf hin, dass angesichts der inzwischen erfolgten Unterschutzstellung des Fischenthalerrieds und der damit verbundenen starken Einschränkung der landwirtschaftlichen Düngung (absolutes Düngverbot in der Zone I, die bis ungefähr 50 m an die Liegenschaft der Beschwerdeführer heranreicht) eine Lösung angestrebt werden müsse, die jedes Risiko ausschliesse. bb) Nun sind die Beschwerdeführer aber der Meinung, der Regierungsrat hätte zwecks Abklärung dieses Risikos weitere wissenschaftliche (geologische) Untersuchungen veranlassen sollen, wie das auch das Bundesamt für Umweltschutz für den Fall der Bewilligung einer Bodenfiltrationsanlage für nötig erachtete. Die Beschwerdeführer werfen deshalb der Vorinstanz unrichtige oder zumindest unvollständige Feststellung des Sachverhalts, Verletzung des rechtlichen Gehörs und willkürliche Entscheidfindung vor. Zu Unrecht. Da eine Befreiung von der Pflicht zum Anschluss an die öffentliche Kanalisation nur auf dem Ausnahmeweg, d.h. bei offensichtlicher Unzweckmässigkeit des Kanalisationsanschlusses oder bei Vorliegen eines ausgesprochenen Härtefalls in Frage kommen kann (vgl. oben E. 2c, aa), durfte der Regierungsrat von weiteren kostspieligen Expertisen absehen, nachdem BGE 115 Ib 28 S. 36 er - wie dargelegt - zu Recht festgestellt hatte, der verfügte Kanalisationsanschluss sei grundsätzlich zweckmässig und auch zumutbar. cc) Nach Ansicht der Beschwerdeführer verstösst der angefochtene Entscheid gegen Treu und Glauben, weil das kantonale Amt für Gewässerschutz und Wasserbau ursprünglich eine Abwassergrube vorgeschlagen habe und dieses Projekt nur aufgrund der Bedenken der Beschwerdeführer nicht realisiert worden sei. Tatsächlich kann der Korrespondenz zwischen den Beschwerdeführern und besagtem Amt entnommen werden, dass das Amt anfänglich davon ausging, ein Anschluss an die öffentliche Kanalisation würde eine Leitung von ca. 750 m Länge (d.h. 2 1/2 mal so lang wie heute projektiert) erforderlich machen, was unverhältnismässig teuer zu stehen käme. Es schlug deshalb zunächst eine geschlossene Abwassergrube mit landwirtschaftlicher Verwertung vor, und als sich diese Lösung mangels landwirtschaftlichem Land bzw. entsprechender Abnahmeverträge als nicht realisierbar herausstellte, erwog es sogar die Überführung der Abwässer aus der Grube auf eine Kläranlage. Weshalb die Beschwerdeführer auf den letztern Vorschlag nicht eingingen, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Auch im späteren Verfahren kamen sie nie auf diesen Vorschlag zurück und verzichteten auf ein entsprechendes (Eventual-) Begehren. Offenbar sagte ihnen die Lösung einer geschlossenen Abwassergrube auch nicht zu. Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, inwiefern die Behörden Treu und Glauben verletzt haben sollten, indem sie den (nun wesentlich kürzer projektierten) Kanalisationsanschluss verfügten. Dieser Vorwurf ist um so weniger verständlich als die Beschwerdeführer selber 1986 dem Gemeinderat Fischenthal schrieben, eigentlich sähen sie den Kanalisationsanschluss als ideale Lösung an, die sie auf der Stelle vorziehen würden, wenn sie nicht teurer zu stehen käme als die auf Fr. 15'000.-- veranschlagte Bodenfiltrationsanlage. Diese Stellungnahme zeigt übrigens, dass die Beschwerdeführer in erster Linie an den hohen Kosten des Kanalisationsanschlusses Anstoss nahmen und dass es ihnen - anders als sie es heute darstellen - erst in zweiter Linie um die ökologisch beste Lösung geht. dd) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass kein Grund besteht, die Beschwerdeführer von der Pflicht zum Anschluss ihrer Liegenschaft an die öffentliche Kanalisation zu befreien. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
public_law
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
ddb2dba0-77d3-4c53-81ea-216bd98cf3df
Urteilskopf 119 IV 86 15. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 13. Januar 1993 i.S. Besonderer Untersuchungsrichter für den Kanton Bern gegen Verhöramt und Obergerichtskommission des Kantons Obwalden
Regeste Art. 352 StGB . Interkantonale Rechtshilfe; anwendbares Recht. Die interkantonal um Rechtshilfe ersuchte Behörde hat die materielle Zulässigkeit der prozessualen Vorkehr, um die sie ersucht wird, nicht zu prüfen; sie hat sich vielmehr darauf zu beschränken, diese unter Beachtung der Regeln ihres eigenen Verfahrensrechts zu treffen (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 86 BGE 119 IV 86 S. 86 A.- Der ausserordentliche Besondere Untersuchungsrichter für den Kanton Bern führt gegen den jugoslawischen Staatsangehörigen S. eine umfangreiche Strafuntersuchung wegen gewerbsmässigen Betruges, eventuell Veruntreuung. Es wird ihm vorgeworfen, er habe sich bei seiner Geschäftstätigkeit als Kreditvermittler durch betrügerische Machenschaften namhafte finanzielle Vorleistungen verschafft; für diese Zwecke habe der Angeschuldigte auch die Firma I. Holding AG mit Sitz an seiner Wohnadresse in Agra/TI eingesetzt. Es sei mit einem Deliktsbetrag von mindestens 10 Mio. Franken zu rechnen. BGE 119 IV 86 S. 87 Anlässlich einer in Abwesenheit des Angeschuldigten am 23. Oktober 1991 in Agra durchgeführten Hausdurchsuchung wurden zwei Mercedes 560SL bzw. 500SEC und ein Rolls-Royce Silver Spur vorgefunden; die anwesende Frau S. wurde durch den Besonderen Untersuchungsrichter angewiesen, die Fahrzeuge weder wegzuschaffen, noch sie wegschaffen zu lassen oder zu veräussern. Da der Rolls-Royce in der Folge an E., Sarnen/OW, übertragen wurde, beschlagnahmte der Besondere Untersuchungsrichter dieses Fahrzeug mit Verfügung vom 17. Juli 1992. Gestützt auf diese Verfügung erliess das Verhöramt Obwalden am 20. Juli 1992 rechtshilfeweise eine Beschlagnahmeverfügung für das bei E. in Sarnen stationierte Fahrzeug. B.- Auf Beschwerde von E. vom 3. August 1992 hin hob die Obergerichtskommission des Kantons Obwalden mit Entscheid vom 10. September 1992 die Beschlagnahmeverfügung des Verhöramtes auf; sie bejahte zwar die formelle Zulässigkeit der Beschlagnahme, erachtete sie indessen materiell als nicht zulässig, da keine begründete Erwartung einer späteren Einziehung des Fahrzeuges bestehe; das Fahrzeug wurde freigegeben. C.- Eine am 19. August 1992 gegen die Beschlagnahmeverfügung des Besonderen Untersuchungsrichters vom 17. Juli 1992 an die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern gerichtete Beschwerde wies diese mit Entscheid vom 21. Oktober 1992 ab. D.- Mit Eingabe vom 13. November 1992 beantragt der ausserordentliche Besondere Untersuchungsrichter für den Kanton Bern der Anklagekammer des Bundesgerichts, den Entscheid der Obergerichtskommission Obwalden aufzuheben und die zuständigen Strafverfolgungsbehörden des Kantons Obwalden anzuweisen, die nachgesuchte Rechtshilfe zu gewähren. Im übrigen seien unverzüglich die notwendigen Sicherheitsmassregeln zu treffen. Der Obergerichtspräsident des Kantons Obwalden beantragt sinngemäss, das Gesuch abzuweisen. E.- Mit Verfügung vom 17. November 1992 wies der Präsident der Anklagekammer des Bundesgerichts das Verhöramt Obwalden an, E. als heutigem mutmasslichem Eigentümer bis zum Vorliegen des Urteils in diesem Verfahren jegliche rechtliche Verfügung über das von der Beschlagnahme betroffene Fahrzeug zu untersagen und die Stationierung des Fahrzeuges beim jetzigen Eigentümer anzuordnen; Schlüssel und Ausweis seien sicherzustellen. BGE 119 IV 86 S. 88 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) In der Rechtshilfe zwischen Kantonen bestimmt sich zwar nach dem Prozessrecht des gemäss Art. 352 StGB zur Rechtshilfe verpflichteten ersuchten Kantons, welche Handlungen der ersuchende Kanton verlangen darf und in welcher Form sie vorzunehmen sind; durch die Anwendung dieses Prozessrechts durch die ersuchte Behörde beziehungsweise die zuständige Rechtsmittelinstanz darf indessen die Rechtshilfe nicht derart beschränkt werden, dass sie dem Begriff der Rechtshilfe, wie er Art. 352 StGB zugrunde liegt, nicht mehr entspricht (vgl. BGE 87 IV 141 E. 4; BGE 86 IV 140 E. 2a). Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn das Gesetz des verpflichteten Kantons für die verlangten Rechtshilfehandlungen, was Umfang und Form anbetrifft, erschwerende Vorschriften enthielte, also nicht gleiches Recht gelten liesse wie im innerkantonalen Strafverfahren; desgleichen verstiesse es gegen Art. 352 StGB , wenn die Behörden die Prozessvorschriften ihres Kantons im Rechtshilfeverkehr anders anwenden würden als im innerkantonalen Strafverfahren, oder wenn sie diese Vorschriften willkürlich auslegen würden, um die nachgesuchte Handlung zu verweigern; dazu kommen die Fälle, in denen der verpflichtete Kanton sich seiner Verpflichtung entzieht, indem er die Rechtshilfe schlechthin verweigert oder die nachgesuchten Handlungen ohne Grund oder ohne vernünftigen Grund ablehnt (vgl. BGE 71 IV 174 E. 1). b) Nach ständiger Rechtsprechung der Anklagekammer des Bundesgerichts ist das Prozessrecht des ersuchten Kantons lediglich für die Art und Form der interkantonalen Rechtshilfe (vgl. insb. BGE 71 IV 175 ; unveröffentlichtes Urteil der Anklagekammer vom 31. Mai 1990 i.S. Procura pubblica sottocenerina gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, E. 2) massgebend. Die Anklagekammer hat im Zusammenhang mit der interkantonalen Rechtshilfe im Hinblick auf Art. 58 StGB stets betont, ob die materiellen Voraussetzungen für eine Einziehung und damit zur Beschlagnahme vorliegen, diese gerechtfertigt und zweckmässig erscheine, sei den Behörden des ersuchten Kantons zu prüfen verwehrt, weil diese im Rechtshilfeverfahren einzig über die formelle Zulässigkeit der verlangten Massnahme nach ihrem Prozessrecht zu befinden hätten (vgl. unveröffentlichtes Urteil der Anklagekammer vom 25. August 1987 i.S. Giudice Istruttore della giurisdizione sottocenerina gegen Verhöramt und Justizkommission des Kantons Zug, E. 4b). Diese Auslegung von Art. 352 StGB wurde bereits von WAIBLINGER (Das BGE 119 IV 86 S. 89 Strafverfahren für den Kanton Bern, Bern 1942, Art. 25 N 1 und 2) vertreten. Sie hat auch in der späteren Lehre durchwegs Zustimmung gefunden (TRÜB, Die interkantonale Rechtshilfe im schweizerischen Strafrecht, Diss. Zürich 1950, S. 72 und 78; HÄFLIGER, Kommentar zur Militärstrafgerichtsordnung, Bern 1959, Art. 36 N 4 ; BRÜHLMEIER, Aargauische Strafprozessordnung, Kommentar, Aarau 1980, S. 158 ff.; TRECHSEL, Kurzkommentar StGB, Art. 352 N 2 ). c) Diese Rechtsprechung, die eine sich aus Bundesrecht ( Art. 352 StGB ) ergebende, beschränkte Überprüfbarkeit der ersuchten Rechtshilfehandlung durch die Rechtsmittelinstanzen des ersuchten Kantons zur Folge hat, wurde auch in verschiedenen veröffentlichten Entscheiden, die zwar die Rechtshilfe zwischen Bundesbehörden und kantonalen Behörden betrafen, bestätigt. Diese Fälle sind ebenfalls in Art. 352 StGB geregelt und daher ohne weiteres jenen der interkantonalen Rechtshilfe gleichzusetzen; denn wie für die ersuchten Kantone bestehen auch für die ersuchten Bundesbehörden eigene Prozessordnungen bzw. Verfahrensgesetze, die sie bei der Leistung der Rechtshilfe anzuwenden haben. So hielt die Anklagekammer in diesem Zusammenhang fest, die PTT-Betriebe, die von kantonalen Behörden um Herausgabe von Postsendungen, Auskunftserteilung usw. ersucht würden, hätten nicht zu prüfen, ob diese Massnahmen nach dem massgebenden kantonalen Strafprozessrecht zulässig, noch ob sie, aus dem Gesichtspunkt der in Frage stehenden Strafuntersuchung, zweckmässig und notwendig seien; sie hätten in dieser Beziehung auf die Angaben der ersuchenden Behörde abzustellen, die dafür allein verantwortlich sei; die PTT-Betriebe hätten die kantonalen Gesuche daher nur auf ihre formelle Zulässigkeit, das heisst daraufhin zu prüfen, ob die ersuchende Behörde zuständig und der angegebene Grund gesetzmässig sei (vgl. BGE 115 IV 71 E. 3b mit Hinweis auf BGE 79 IV 183 E. 3). Diese Auslegung entspricht auch dem Grundsatz, dass die gemäss Art. 352 Abs. 1 StGB für Strafsachen, auf welche das Strafgesetzbuch Anwendung findet, statuierte Rechtshilfepflicht eine umfassende ist, von der materiell einzig die in Abs. 2 dieser Bestimmung genannten Ausnahmen bestehen (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil der Anklagekammer vom 15. Dezember 1992 i.S. Polizeidirektion des Kantons Bern gegen Département de la justice, de la santé et des affaires sociales du canton du Jura, E. 3b; vgl. auch TRÜB, a.a.O., S. 78). Eine (ernstzunehmende) materielle Prüfung würde im übrigen eine umfassende Aktenkenntnis voraussetzen. Der ersuchten Behörde wäre es daher in der Regel gar nicht möglich, das Rechtshilfeersuchen BGE 119 IV 86 S. 90 materiell umfassend zu prüfen (vgl. dazu auch BGE 115 IV 71 ). Denn aus Gründen der Prozessökonomie und der Verfahrensbeschleunigung kann es nicht in Frage kommen, die in Verfahren, die interkantonale Rechtshilfe erfordern, meist umfangreichen Akten dem ersuchten Kanton vollständig zur notwendigen Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Dies gilt erst recht, wenn rechtshilfeweise Ermittlungen in verschiedenen Kantonen erforderlich sind. Meist sollten die Prozesshandlungen zudem in den verschiedenen Kantonen zeitlich zusammen oder zumindest nicht allzu weit auseinanderliegend erfolgen können. Dies würde verunmöglicht, müsste jedem ersuchten Kanton vorgängig vollständig Akteneinsicht gewährt werden. Wollte man anders entscheiden, so würde dies entweder zu unverhältnismässigen Aktenübermittlungen unter den Kantonen führen oder aber in Unkenntnis der gesamten Aktenlage getroffene und damit äusserst fragwürdige Entscheide über die Zulässigkeit von Rechtshilfemassnahmen bewirken. Der vorliegende Fall zeigt die Konsequenzen. Die Beschlagnahmeverfügung des Untersuchungsrichters wurde auch im Kanton Bern angefochten: Die bernische Anklagekammer kam in Kenntnis der "sachdienlichen" Untersuchungsakten zum Schluss, die Beschlagnahmeverfügung sei aufrechtzuerhalten. Gegenteilig die Obergerichtskommission Obwalden: Sie räumt aber ein, ihren Entscheid, mit welchem sie die Beschlagnahmeverfügung des Verhöramtes aufhebt, im wesentlichen allein auf die bernische Beschlagnahmeverfügung gestützt zu haben. Von einer materiellen Überprüfung im eigentlichen Sinn kann unter diesen Umständen, wie der Gesuchsteller zu Recht bemerkt, nicht die Rede sein; dazu wäre zumindest erforderlich gewesen, die ersuchende Behörde zur Stellungnahme einzuladen und die bisherigen beziehungsweise alle für den zu treffenden Entscheid wesentlichen Akten einzusehen. Die Konsequenz, dass in verschiedenen Kantonen über die materielle Begründetheit derselben verlangten Rechtshilfemassnahme mehrere voneinander abweichende Urteile gefällt werden, kann nicht hingenommen werden und entspricht nicht mehr dem Begriff der interkantonalen Rechtshilfe, wie er Art. 352 StGB zugrunde liegt. d) Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichts hat im übrigen der ersuchende Kanton Ansprüche auf Entschädigung für Nachteile aus strafprozessualen Massnahmen nach Massgabe seines Rechts zu beurteilen und eine allfällige Entschädigung zu bezahlen, da er für die Massnahmen verantwortlich ist (zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung vom BGE 119 IV 86 S. 91 17. September 1992 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, E. 1b). Wenn der ersuchende Kanton indessen für die ersuchte Massnahme allein verantwortlich ist, so ist auch einzig nach seinem Recht zu entscheiden, ob sie materiell zu Recht verlangt wurde oder nicht. 3. Im angefochtenen Entscheid wird auf die zum Teil von derjenigen der Anklagekammer abweichende und auch mit der eigenen in Widerspruch stehende Rechtsprechung der I. Öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hingewiesen ( BGE 117 Ia 5 und BGE 117 Ib 80 ); diese unklare verfahrensrechtliche Ausgangslage habe es nahegelegt, die Zulässigkeit der verlangten Beschlagnahme auch in materieller Hinsicht zu prüfen. a) Nachdem die I. Öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts in einer Reihe von unveröffentlichten Entscheiden in Abweichung von der Praxis der Anklagekammer den Grundsatz aufgestellt hatte, die Rechtsmittelbehörde des ersuchten Kantons habe auch die materielle Zulässigkeit der ersuchten Rechtshilfehandlung vollumfänglich zu prüfen, stellte sie in BGE 117 Ib 80 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung der Anklagekammer und TRECHSEL (a.a.O., Art. 352 N 2 ) sowie die bisher abweichende eigene Rechtsprechung (Hinweis auf BGE 105 Ib 214 ff. und BGE 86 IV 140 E. 2a, zudem nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 27. April 1989 i.S. U. AG und Kons., vom 10. April 1989 i.S. D., vom 6. Oktober 1988 i.S. D., vom 22. April 1988 i.S. H., vom 18. November 1987 i.S. U. AG und Kons. sowie H. und Kons.) fest, die Regeln über die interkantonale Rechtshilfe ( Art. 352 - 355 StGB ) enthielten keine Bestimmungen, nach welchen der interkantonal um Rechtshilfe ersuchte Kanton sich materiell mit dem vom ersuchenden Kanton geführten Verfahren zu befassen hätte; vielmehr habe er sich (abgesehen vom Ausnahmefall von Art. 352 Abs. 2 StGB ) darauf zu beschränken, die Prozesshandlungen, um welche er ersucht werde, unter Beachtung der Regeln seines eigenen Verfahrensrechts durchzuführen; interkantonale Rechtshilfe sei somit zu gewähren, ohne dass - wie dies bei der internationalen Rechtshilfe üblich sei - in einem formellen Verfahren und unter Beteilung der Betroffenen zuerst die Voraussetzungen für die Rechtshilfeleistung überprüft würden; selbst eine vorfrageweise Prüfung von Fragen materieller Natur (z.B. ob oder wie der dem Ersuchen zugrundeliegende Sachverhalt strafrechtlich zu qualifizieren sei) sei der um interkantonale Rechtshilfe ersuchten Behörde verwehrt; einzig könne gegenüber dieser Behörde die Verletzung des massgebenden örtlichen BGE 119 IV 86 S. 92 Strafverfahrensrechts und in diesem Zusammenhang die Verletzung von Verfassungs- bzw. Konventionsrecht gerügt werden. b) Dieses Urteil wurde in BGE 118 Ib 118 in bezug auf die im Rahmen von Art. 80 IRSG zu leistende interkantonale Rechtshilfe bestätigt. Soweit daher in BGE 117 Ia 5 von BGE 117 Ib 80 abgewichen wurde, ist daran nicht festzuhalten, ohne dass vorgängig ein Meinungsaustauschverfahren gemäss Art. 16 Abs. 1 OG durchgeführt werden müsste.
null
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ddb4f4dd-d50f-48ae-974e-e3892841edd8
Urteilskopf 82 IV 182 39. Urteil des Kassationshofes vom 20. September 1956 i.S. Arpagaus gegen Justizdirektion des Kantons Appenzell A.Rh.
Regeste Veruntreuung, begangen durch den Verkauf einer unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Sache. 1. Wiederaufnahme des Verfahrens; Begriff der erheblichen Tatsache im Sinne des Art. 397 StGB (Erw. 1). 2. Art. 184 OR . Hängt die Gültigkeit des Kaufvertrages und der damit verbundenen Nebenabreden davon ab, dass der Kaufgegenstand dem Verkäufer gehört? (Erw. 2). 3. Art. 715 Abs. 1 Z GB, Art. 7 VO betr. Eintragung der Eigentumsvorbehalte. Berührt es die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes, dass im Eigentumsvorbehaltsregister als Veräusserer nicht der Berechtigte, sondern ein Dritter eingetragen ist? (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 183 BGE 82 IV 182 S. 183 A.- Das Obergericht von Appenzell A.Rh. verurteilte am 28. September 1953 Julius Arpagaus wegen Veruntreuung zu drei Monaten Gefängnis, weil er am 13. Juni 1951 einen am 7. Juni 1951 von der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, St. Gallen, unter Eigentumsvorbehalt gekauften Personenwagen der Marke "Ford" an August Tschofen weiterverkauft habe. B.- Am 13. Dezember 1955 ersuchte Arpagaus um Wiederaufnahme des Verfahrens. Er machte geltend, er habe den Personenwagen nicht von der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, sondern von Arnold Graf gekauft. Ein Eigentumsvorbehalt zu Gunsten der genannten Firma habe daher nicht begründet werden können und ein solcher zu Gunsten des Graf sei nicht eingetragen worden, weshalb der Gesuchsteller den Wagen habe weiter veräussern dürfen, ohne sich dadurch einer Veruntreuung schuldig zu machen. C.- Das Obergericht wies das Gesuch am 27. Februar 1956 mit der Begründung ab, der beim Betreibungsamt Herisau eingetragene Eigentumsvorbehalt sei im Zeitpunkt des Weiterverkaufs des Wagens an Tschofen rechtsgültig gewesen, unbekümmert darum, ob Arpagaus das Fahrzeug von der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, oder von Graf gekauft habe. D.- Arpagaus führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde BGE 82 IV 182 S. 184 mit den Anträgen, er sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, die Verurteilung wegen Veruntreuung aufzuheben. Er macht geltend, das Obergericht habe Art. 140 StGB , sowie Art. 715 ff. ZGB und Art. 1 ff. der EigVorbV verletzt. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Unter welchen Voraussetzungen gegenüber einem rechtskräftigen Strafurteil die Wiederaufnahme des Verfahrens verlangt werden kann, bestimmt sich grundsätzlich nach kantonalem Recht, dessen Anwendung der Kassationshof des Bundesgerichts auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht nachzuprüfen hat ( Art. 269 Abs. 1, Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ). Das Bundesrecht, wegen dessen Verletzung der Kassationshof allein angerufen werden kann, greift durch den Art. 397 StGB in das kantonale Recht nur insofern ein, als es die Kantone verpflichtet, gegenüber Urteilen, die auf Grund des StGB oder eines anderen Bundesgesetzes ergangen sind, wegen erheblicher Tatsachen oder Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt waren, die Wiederaufnahme zu Gunsten des Verurteilten zuzulassen. Der Vorwurf, dass das angefochtene Urteil gegen diese Vorschrift verstosse, wird in der vorliegenden Beschwerde allerdings nicht ausdrücklich erhoben, obwohl Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP u.a. verlangt, dass in der Beschwerdeschrift anzugeben sei, welche Bundesrechtssätze verletzt seien. Über den erwähnten Mangel kann indessen hinweggesehen werden, da die Behauptung, das Obergericht habe den neuen Tatsachen aus unzutreffenden rechtlichen Gründen die Erheblichkeit abgesprochen, sinngemäss auf die Rüge hinausläuft, Art. 397 StGB sei verletzt. Sie wäre begründet, wenn die behauptete neue Tatsache, der Personenwagen "Ford" habe im Zeitpunkte des Verkaufes an den Beschwerdeführer nicht der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, gehört, geeignet wäre, ein für den Verurteilten wesentlich milderes Sachurteil herbeizuführen ( BGE 69 IV 139 Erw. 6; BGE 82 IV 182 S. 185 72 IV 45; 76 IV 39 Erw. 3; 77 IV 213 Erw. 1; 78 IV 55 ). Das ist aber nicht der Fall. 2. Für die Gültigkeit des am 7. Juni 1951 zwischen der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, und Julius Arpagaus abgeschlossenen Kaufvertrags ist es bedeutungslos, ob der Personenwagen zur Zeit des Kaufsabschlusses sich im Vermögen jener Firma befand oder einem Dritten gehörte, da grundsätzlich auch der Verkauf einer fremden Sache gültig ist (VON TUHR, Allg. Teil des OR, Anm. 72 zu § 31; OSER/SCHÖNENBERGER, OR Art. 184 N. 4; BECKER, Vorbemerkungen zu OR Art. 184-186 N. 12; HAFNER-GOLL, OR Art. 229 N. 3). Allerdings ist gemäss Art. 20 Abs. 1 OR ein solcher Vertrag nichtig, wenn die versprochene Leistung (objektiv) unmöglich erbracht werden kann (VON TUHR, Allg. Teil des OR, § 31 VI; OSER/SCHÖNENBERGER, OR Art. 20 N. 4 ff.). Dieser Vorbehalt trifft indessen hier nicht zu, da der Vertreter der Firma E. Wagner AG unmittelbar nach Vertragsabschluss dem Arpagaus den verkauften Wagen übergeben konnte. Berührt es demnach die Gültigkeit des Kaufvertrages vom 7. Juni 1951 nicht, ob damals der Personenwagen der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, oder einem Dritten gehörte, so muss dasselbe auch für die Nebenabreden gelten, die mit dem Kauf verbunden wurden. Zu diesen gehört gemäss Abs. 4 der auf der Rückseite des Vertragsformulars abgedruckten "Lieferungs- und Verkaufsbedingungen", die Arpagaus durch eigenhändige Unterschrift als Vertragsinhalt anerkannt hat, auch die Klausel, dass "der Verkäufer das Eigentumsrecht bis zur gänzlichen Abzahlung vorbehalte" und "der Käufer dem Verkäufer das Recht zur Eintragung des Eigentumsvorbehaltes" einräume. 3. Damit es bei der Verurteilung wegen Veruntreuung bleibt, ist allerdings weiter erforderlich, dass der Eigentumsvorbehalt im Zeitpunkt des Weiterverkaufs des Personenwagens durch Arpagaus vorschriftsgemäss eingetragen war, weil er nur dann wirksam war ( Art. 715 ZGB ). BGE 82 IV 182 S. 186 Gemäss Art. 7 lit. c der VO des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte (vom 19. Dezember 1910) muss die Eintragung u.a. Namen, Beruf und Wohnort des Veräusserers enthalten. Als solcher war in dem für die Verurteilung des Arpagaus wegen Veruntreuung massgebenden Zeitpunkt die Firma E. Wagner, Centralgarage AG, eingetragen. Von der Richtigkeit dieser Angaben kann die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts aber schon deshalb nicht abhangen, weil ihnen, wie das Bundesgericht bereits in BGE 41 III 208 f. ausgesprochen hat, überhaupt keine Bedeutung zukommt. Tatsächlich lässt die Entstehungsgeschichte des Art. 715 ZGB keine Zweifel darüber, dass die Eintragungspflicht nur vorgesehen worden ist, um den Eigentumsvorbehalt für Dritte, die mit dem Käufer in Verkehr treten wollen, erkennbar zu machen und sie vor Irrtümern über die wirkliche Vermögenslage des letztern zu bewahren. Die Eintragung bezweckt demnach lediglich, festzustellen, dass die Sachen, auf die sie sich bezieht, nicht im Eigentum des Käufers stehen (BECK: Der Eigentumsvorbehalt nach dem ZGB, S. 123; RAUCH: Der Eigentumsvorbehalt, S. 58). Eine weitere Bedeutung hat sie nicht. Umsoweniger kann die Gültigkeit des Eigentumsvorbehaltes von der Richtigkeit der - wie gesagt in diesem Zusammenhang bedeutungslosen - Angaben über Namen, Beruf und Wohnort des Veräusserers abhangen (vgl. SCHERRER, ZGB Art. 716 N. 82 a Satz 3, N. 89 Satz 3 ff.). Das ergibt sich aber auch daraus, dass es nach Lehre und Rechtsprechung im Falle der Zession der Kaufpreisforderung mit gleichzeitiger Übertragung des Eigentumsvorbehalts dem Zessionar unbeschadet seiner Rechte anheimgestellt ist, ob er die Abtretung im Register vormerken lassen will oder nicht (Art. 4bis EigVorbV; Blätter für Schuldbetreibung und Konkurs, 1943/44 S. 7 lit. È; BGE 41 III 208 f.; SCHERRER, ZGB Art. 716 N. 85 und 127; BECK: Der Eigentumsvorbehalt nach dem ZGB, S. 130 lit. h; RAUCH: Der Eigentumsvorbehalt, S. 92 mit Zitaten). BGE 82 IV 182 S. 187 Macht es in diesem Falle für den Fortbestand des Eigentumsvorbehaltes nichts aus, ob im Register der Berechtigte oder ein Dritter eingetragen ist, so kann auch die Begründung des Eigentumsvorbehaltes nicht davon abhängen, dass als Veräusserer der im Zeitpunkt des Registereintrages Berechtigte angegeben wird. 4. Sollte, wie Arpagaus in seinem Revisionsgesuch behauptet, der Personenwagen beim Abschluss des Kaufvertrags vom 7. Juni 1951 und auch nachher nicht der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, sondern einem Dritten gehört haben, so wäre damit zwar dargetan, dass die im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragenen Angaben über Namen, Beruf und Wohnort des Veräusserers falsch waren; die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts würde dies nach dem in Erw. 2 und 3 Gesagten jedoch in keiner Weise berühren. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ddb70246-8298-4d4a-87dd-4064357a25c7
Urteilskopf 113 III 5 3. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 5. Februar 1987 i.S. X. (Rekurs)
Regeste Betreibungsferien ( Art. 56 Ziff. 3 SchKG ). Sind die Betreibungsferien auch bei der Zustellung des Beschwerdeentscheids einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde bzw. bei der Berechnung der Frist für den Rekurs an das Bundesgericht zu berücksichtigen? (Frage offengelassen).
Erwägungen ab Seite 5 BGE 113 III 5 S. 5 Aus den Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid wurde dem Rekurrenten am 20. Dezember 1986, d.h. während der Weihnachts-Betreibungsferien (vgl. Art. 56 Ziff. 3 SchKG ) zugestellt. Wie das Bundesgericht BGE 113 III 5 S. 6 bisher stets annahm (vgl. BGE 96 III 53 E. 1 mit Hinweis), entfaltet die Zustellung auch bei einem Beschwerdeentscheid einer kantonalen Aufsichtsbehörde ihre Wirkung in einem solchen Fall erst am ersten Tag nach Ablauf der Ferien, was hier der 2. Januar 1987 war. Als der Rekurrent die Rekursschrift am 9. Januar 1987 der Post übergab, war die zehntägige Frist des Art. 19 Abs. 1 SchKG aus der Sicht der genannten Rechtsprechung somit noch nicht abgelaufen. In BGE 82 III 52 E. 1 wurde zu deren Begründung auf JAEGER (N. 3 zu Art. 56 SchKG ) verwiesen. Dieses Zitat ist jedoch insofern nicht einschlägig, als dieser Autor zwar festhält, Art. 56 SchKG (wonach "Betreibungshandlungen" unter anderem zu bestimmten Zeiten untersagt sind) richte sich nicht nur an die Betreibungsbeamten, sondern auch an alle andern Behörden, die bestimmend in den Gang der Betreibung einwirkten, er diese Aussage jedoch in dem Sinne präzisiert, dass die erwähnte Bestimmung für vollstreckungsrechtliche Aufsichtsbehörden nur insofern gelte, als diese nicht nur über die Begründetheit einer Beschwerde entscheiden, sondern selbständig in das Verfahren eingreifen und etwa dem Betreibungsbeamten spontan die Vornahme einer Betreibungshandlung vorschreiben oder den Parteien Fristen ansetzen würden. Es erübrigt sich indessen, die Tragweite von Art. 56 SchKG im Zusammenhang mit Beschwerdeentscheiden der kantonalen Aufsichtsbehörden hier näher zu erörtern, da sich der Rekurs aus den nachstehend darzulegenden Gründen ohnehin als unbegründet erweist.
null
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
ddc063dc-cf24-4b9b-b6fd-d1a72da285c6
Urteilskopf 101 II 222 39. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. Juli 1975 i.S. Marbach und Mitbeteiligte gegen Baumgartner und Mitbeteiligte.
Regeste Abtretung von Erbanteilen ( Art. 635 Abs. 1 ZGB ); Stellvertretung ohne Ermächtigung ( Art. 38 OR ). Voraussetzungen und Wirkungen eines zwischen dem testamentarisch zum Alleinerben berufenen gesetzlichen Erben und den übrigen Intestaterben geschlossenen Vertrages über angefallene Erbanteile im Sinne von Art. 635 ZGB (E. 6a). Abschluss des Abtretungsvertrages durch nicht ermächtigte Stellvertreter (E. 6b). Bedeutung des Erfordernisses der Schriftlichkeit (E. 6c). Zum Abschluss eines Abtretungsvertrages ist weder die Zustimmung der Erbschaftsgläubiger noch - bei verheirateten Erbinnen - jene des Ehegatten oder der Vormundschaftsbehörde nötig (E. 6d). Ein Abtretungsvertrag nach Art. 635 ZGB bedarf zu seiner Gültigkeit auch dann nicht der öffentlichen Beurkundung, wenn der Nachlass zum Teil aus Grundstücken besteht (E. 6e). Der Anspruch aus einer Verfügung von Todes wegen kann - beispielsweise durch einen Abtretungsvertrag - dahinfallen, ohne dass ein richterliches Urteil notwendig wäre (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 223 BGE 101 II 222 S. 223 Gekürzter Sachverhalt: A.- a) Am 22. Dezember 1964 errichtete Elise Marbach eine eigenhändige letztwillige Verfügung folgenden Inhalts: "Letztwillensverfügung Auf mein dereinstiges Ableben hin verfüge ich wie folgt: Ich setze meine sämtlichen Erben - ausgenommen Agatha Marbach - auf den Pflichtteil. Sämtliche frei werdenden Quoten soll Agatha Marbach neben ihrem gesetzlichen Anspruch erhalten. Im übrigen setze ich sie als Universalerbin ein. Agatha Marbach geb. 1896 hat mich gepflegt und mir den Haushalt besorgt. Geuensee, den 22. Dez. 1964 Die Erblasserin: Elise Marbach." Die Testatorin starb am 1. April 1967 unter Hinterlassung von über fünfzig gesetzlichen Erben aus der grosselterlichen Verwandtschaft, darunter die im Testament zur Alleinerbin eingesetzte Cousine Agatha Marbach. b) Am 18. Oktober 1967 legten Josef Bossart-Hunkeler und Fritz Bossardt-Steiner (die heutigen Kläger Nr. 19 und 24) der eingesetzten Universalerbin Agatha Marbach eine mit Schreibmaschine aufgesetzte Erklärung folgenden Inhalts zur Unterzeichnung vor: "Erklärung Die Unterzeichnete Agatha Marbach erklärt, dass sie bei der Errichtung des Testamentes ihrer Cousine Elise Marbach vom 22. Dezember 1964 in keiner Weise beteiligt war. Ich schlage diese Begünstigung aus und gebe mich mit dem gesetzlichen Erbteil zufrieden. Es sollen alle Erben nach dem Gesetze an der Erbschaft beteiligt sein. Geuensee, den" Agatha Marbach unterschrieb das Schriftstück und händigte es den beiden Überbringern gleich wieder aus. Am 5. Januar 1968 liess sie ihnen mitteilen, sie habe die Erklärung vom 18. Oktober 1967 unter Zwang unterschrieben und mache vorsorglich Irrtum geltend. BGE 101 II 222 S. 224 B.- Am 17. Juli 1968 reichten zwanzig gesetzliche Erben der Elise Marbach beim Amtsgericht Sursee gegen Agatha Marbach Klage ein mit den Rechtsbegehren: "1. Das von der Erblasserin Elise Marbach am 22.12.1964 errichtete Testament sei nichtig, bzw. ungültig zu erklären. 2. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte in der Hinterlassenschaft der am 1.4.1967 in Geuensee verstorbenen Elise Marbach nicht begünstigt ist, und nur Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil hat. 3. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Beklagte auf die im Testament vom 22.12.1964 enthaltene Begünstigung verzichtet, und daher nur Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil der Erbschaft der Elise Marbach besitzt. 4. a) Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Kläger Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil der Hinterlassenschaft der am 1.4.1967 in Geuensee verstorbenen Elise Marbach besitzen. b) Eventuell sei gerichtlich festzustellen, dass die Kläger für einen Viertel ihres gesetzlichen Anspruches an der Hinterlassenschaft der am 1.4.1967 in Geuensee verstorbenen Elise Marbach erbberechtigt sind, und es sei die Letztwillensverfügung gerichtlich entsprechend herabzusetzen." Das Amtsgericht stellte mit Urteil vom 10. Juli 1969 fest, Agatha Marbach habe auf ihre Ansprüche aus der letztwilligen Verfügung der Elise Marbach rechtsgültig verzichtet, so dass die Kläger Anspruch auf ihren gesetzlichen Erbteil hätten. Beide Parteien zogen dieses Urteil an das Obergericht weiter, vor dem sie am 3. Dezember 1970 einen Vergleich schlossen. In diesem erklärte Agatha Marbach, die "Nichtigkeit beziehungsweise die Ungültigkeit des Testamentes der Elise Marbach" anzuerkennen. Ausserdem wurde unter anderem vereinbart, dass die Beklagte "im Sinne von Art. 635 ZGB ihren gesamten Anspruch jedweder Art am Nachlass der Elise Marbach sel. unwiderruflich" gegen eine Pauschalabfindung von insgesamt Fr. 230'000.-- an sechs der Kläger abtrete. C.- Am 28. Dezember 1970 starb auch Agatha Marbach, wobei sie gesetzliche Erben aus der elterlichen Verwandtschaft hinterliess. D.- Insgesamt 25 gesetzliche Erben der Elise Marbach leiteten am 15. Mai 1972 beim Amtsgericht Sursee gegen 25 andere Intestaterben (darunter jene zwanzig, die im Prozess gegen Agatha Marbach als Kläger aufgetreten waren) Klage ein mit folgenden Rechtsbegehren: BGE 101 II 222 S. 225 "1. Es sei festzustellen, dass Agatha Marbach am 18. Dezember 1967 (richtig: 18. Oktober) auf alle ihre testamentarischen Ansprüche aus der letztwilligen Verfügung vom 22. Dezember 1964 der am 1. April 1967 in Geuensee verstorbenen Elise Marbach rechtsgültig zu Gunsten aller gesetzlichen Erben verzichtet hat. 2. Es sei festzustellen, dass die Kläger nebst den Beklagten gesetzliche Erben der Elise Marbach sind und in der Erbschaftssache der Elise Marbach Anspruch auf ihre gesetzlichen (eigenen und angewachsenen) Erbteile haben. ... 8. a) Eventuell sei festzustellen, dass der Vergleich vom 3. Dezember 1970 bzw. gemäss Abschreibungsbeschluss des Obergerichtes des Kantons Luzern vom 9. Dezember 1970 rechtsunwirksam bzw. ungültig sei. b) Eventuell sei festzustellen, dass den Klägern die Einrede der Ungültigkeit bezüglich des Testamentes vom 22. Dezember 1964 der Elise Marbach noch zusteht. c) Subeventuell sei das am 22. Dezember 1964 errichtete Testament der Erblasserin Elise Marbach ungültig zu erklären. ...". Zur Begründung brachten die Kläger hauptsächlich vor, die von den Beklagten gegen Agatha Marbach angestrengte Testamentsungültigkeitsklage sei unnütz gewesen, weil die damalige Beklagte mit ihrer Erklärung vom 18. Oktober 1967 rechtsgültig und unwiderruflich auf ihre Erbeneinsetzung verzichtet habe. Der vor Obergericht geschlossene Vergleich sei für sie, die heutigen Kläger, daher nicht verbindlich. Die Beklagten Nr. 1-20, die im Prozess gegen Agatha Marbach als Kläger aufgetreten waren, stellten den Hauptantrag auf Abweisung der Klage. Ihre Rechtsauffassung begründeten sie damit, dass die Kläger das Testament der Elise Marbach nicht angefochten und mithin auf ihr Erbrecht verzichtet hätten; diese seien deshalb weder zur Ungültigkeits-, noch zur Erbschafts-, noch zu einer Teilungs-, noch zu einer Grundbuchberichtigungsklage und ebensowenig zu einem Feststellungsbegehren legitimiert. Sodann halten die Beklagten - entgegen ihrem früheren Standpunkt - dafür, dass die Verzichtserklärung der Agatha Marbach vom 18. Oktober 1967 ungültig sei; Agatha Marbach habe demnach im Vergleich vom 3. Dezember 1970 über den gesamten Nachlass ihrer Cousine verfügen dürfen. Mit Urteil vom 20. Dezember 1973 hat das Amtsgericht Sursee unter anderem die Klagebegehren 1 und 2 gutgeheissen. BGE 101 II 222 S. 226 Gegen den amtsgerichtlichen Entscheid erklärten die Beklagten Berufung an das Obergericht, welches am 30. September 1974 folgendes Urteil erliess: "1. ... 2. Es wird festgestellt, dass die Kläger gesetzliche Erben der Elise Marbach sind und als solche Anspruch auf ihre gesetzlichen (eigenen und angewachsenen) Erbanteile an der Hinterlassenschaft der Elise Marbach haben. 3. Die Kläger werden ermächtigt, sich nach Rechtskraftbeschreitung des Urteils im Grundbuch Geuensee neben den eingetragenen Beklagten als Gesamteigentümer der folgenden Grundstücke eintragen zu lassen: ... 4. Die Beurteilung der übrigen im Urteilsspruch des Amtsgerichtes vom 20. Dezember 1973 entschiedenen Streitpunkte wird zurückgestellt. ...". Im Ergebnis ist auch das Obergericht der Ansicht, die Kläger seien Erben geblieben, was zur Gutheissung ihrer Hauptbegehren führe. Weil die Beurteilung der Eventual- und Subeventualanträge allein vom Vorhandensein der Erbeneigenschaft abhängt, schien es der Vorinstanz angezeigt, über diesen Hauptpunkt einen selbständigen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 50 OG zu fällen. E.- Diesen obergerichtlichen Entscheid haben die Beklagten mit Berufung an das Bundesgericht weitergezogen. Sie beantragen, die Klage sei abzuweisen, eventuell das Verfahren zu ergänzenden Beweiserhebungen und zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Kläger schliessen auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. a) Nach Art. 560 ZGB erwerben die Erben mit dem Tod des Erblassers die Erbschaft als Ganzes und kraft Gesetzes (Prinzip der Gesamtnachfolge und des eo-ipso-Erwerbs). Diese Grundsätze gelten für die gesetzlichen wie für die eingesetzten Erben (ESCHER, 3. Aufl., N. 1 der Vorbemerkungen zu Art. 560 ff. ZGB ; GUGGENHEIM, Die Rechtsstellung des provisorischen Erben nach schweizerischem Zivilgesetzbuch, Diss. Zürich 1929, S. 6). Ungeachtet des Grundes seiner Berufung kann jeder Erbe die Erbschaft ausschlagen oder auf seinen BGE 101 II 222 S. 227 Erbteil verzichten. Bis zum Entscheid über Annahme oder Ausschlagung bzw. Verzicht herrscht ein Schwebezustand (ESCHER, N. 7 der Vorbemerkungen zu Art. 560 ff. ZGB ; TUOR/PICENONI, N. 12 der Vorbemerkungen zum 2. Abschnitt). Hat der Erblasser eine Person zum Alleinerben eingesetzt, sind allfällige (weitere) gesetzliche Erben nur Scheinerben (ESCHER N. 16 und 17 zu Art. 560 ZGB ; TUOR/PICENONI, N. 12 zu Art. 560 ZGB ). Scheidet der Alleinerbe nachträglich aus irgendeinem Grunde aus, so werden die gesetzlichen Erben (die bisherigen Scheinerben) zur Erbfolge berufen. Dabei sind die rechtlichen Wirkungen so zu beurteilen, wie wenn die Erbschaft gleich vom Erbgang an ihnen zugefallen wäre (ESCHER, N. 8 a der Vorbemerkungen zu Art. 560 ff. ZGB ; GUGGENHEIM, a.a.O. S. 9). b) Elise Marbach hat in ihrem Testament von 22. Dezember 1964 ihre Cousine Agatha Marbach zur Alleinerbin eingesetzt. (Der zugunsten pflichtteilsgeschützter Erben angebrachte Vorbehalt ist bedeutungslos, da keine solchen vorhanden sind). Der Entscheid der Hauptfrage im vorliegenden Prozess hängt somit davon ab, ob Agatha Marbach ihre privilegierte Stellung später verloren hat und ob damit auch die übrigen gesetzlichen Erben nachträglich zur Erbfolge berufen worden sind. c) Die Vorinstanz hat angenommen, Agatha Marbach habe vom Testament ihrer Cousine am 18. Juli 1967 Kenntnis erhalten; ihre vom 18. Oktober 1967 datierte Verzichtserklärung sei hingegen frühestens im November 1967, also nach Ablauf der dreimonatigen Ausschlagungsfrist des Art. 567 ZGB , der Teilungsbehörde zugegangen, so dass sie nicht als Erbausschlagung im Sinne der Art. 566 ff. ZGB gewertet werden könne. Das Obergericht hat die Verzichtserklärung dagegen als Abtretung im Sinne von Art. 635 Abs. 1 ZGB ausgelegt. Die Beklagten behaupten, es habe damit Bundesrecht verletzt. 6. a) Vorab sei festgehalten, dass, sollte das Agatha Marbach vorgelegte Schriftstück ursprünglich tatsächlich als Entwurf einer Ausschlagungserklärung im Sinne der Art. 566 ff. ZGB gedacht gewesen sein, wie es von den Beklagten behauptet wird, die Auslegung seines Inhaltes als Abtretungserklärung deswegen nicht ausgeschlossen wäre. BGE 101 II 222 S. 228 Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, brachte Agatha Marbach ihren Willen durch die Unterzeichnung der Erklärung klar und unmissverständlich zum Ausdruck: sie erklärte, auf die ihr durch das Testament eingeräumte Sonderstellung (Einsetzung zur Alleinerbin) verzichten und sich mit ihrem gesetzlichen Erbteil zufrieden geben zu wollen. In den Text war zudem ausdrücklich aufgenommen worden, dass alle Erben nach Massgabe des Gesetzes an der Erbschaft beteiligt sein sollen; die gesetzlichen Erben, denen wegen des Testaments der Elise Marbach nur die Stellung von Scheinerben zukam, sollten also in den Genuss ihres vollen Erbrechts gelangen. Auch wenn in der Erklärung steht, die testamentarische Begünstigung werde "ausgeschlagen", stellt der Inhalt des Schriftstückes dem Sinn nach eine Abtretung von Erbanteilen nach Art. 635 ZGB dar. Entscheidend ist nämlich nicht, was der Verfasser des Textes hat zum Ausdruck bringen wollen, sondern was unter den gegebenen Verhältnissen als Wille der erklärenden Person zu gelten hat. Dass Agatha Marbach die Erbschaft nicht hat ausschlagen wollen, erhellt namentlich daraus, dass sie ihren gesetzlichen Erbanteil weiterhin beanspruchte. Sie wünschte also, mit den übrigen gesetzlichen Erben eine Erbengemeinschaft zu bilden (vgl. TUOR/PICENONI, N. 20 b zu Art. 635 ZGB ). Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch wesentlich von jenem, da ein Einzelerbe einen Teil des erworbenen Nachlasses abtreten will. Ist dort die Anwendung der Bestimmungen von Art. 635 ZGB wegen deren Wortlautes und Zwecks nicht denkbar (vgl. TUOR/PICENONI, N. 9 zu Art. 635 ZGB ), so steht ihr im vorliegenden Fall nichts entgegen. Da die übrigen gesetzlichen Erben durch die testamentarische Verfügung der Elise Marbach in die Stellung von Scheinerben verdrängt wurden, war Agatha Marbach zwar Alleinerbin. Mit dem Abtretungsvertrag wollte sie aber unter anderem gerade die Erbengemeinschaft wieder aufleben lassen, deren Existenz für die Anwendbarkeit von Art. 635 ZGB Voraussetzung ist. Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich auch, dass das Rechtsgeschäft als Abtretung unter Miterben aufzufassen ist. Insofern als die Grundlage einer derartigen Abtretung erst im Vertrag selbst geschaffen wird, liegt allerdings nicht der typische, Art. 635 Abs. 1 ZGB zugrunde liegende Sachverhalt vor. BGE 101 II 222 S. 229 b) Die (von Agatha Marbach unterzeichnete) Erklärung für sich allein qualifiziert sich nach dem Ausgeführten als Offerte zu einer Abtretung nach Art. 635 Abs. 1 ZGB . Sie richtet sich nach ihrem klaren Wortlaut an alle gesetzlichen Erben der Elise Marbach. Unmittelbar wurde sie jedoch nur gegenüber Fritz Bossardt (Kläger Nr. 24) und dem von seiner Mutter ermächtigten Josef Bossart (Kläger Nr. 19) abgegeben. Durch die Entgegennahme des unterzeichneten Schriftstückes haben die beiden Überbringer ihren Willen zur Annahme der Offerte bekundet. Dass sie mit dem Inhalt der Erklärung vorbehaltlos einverstanden waren, darf ohne weiteres angenommen werden, waren es doch sie, die das Aufsetzen der Erklärung zumindest veranlasst, Agatha Marbach das Schriftstück jedenfalls vorgelegt hatten. Mit dessen Entgegennahme wurde unter den gegebenen Umständen gleich auch die Offerte unwiderruflich angenommen. Der Abtretungsvertrag hat mithin zwischen Agatha Marbach einerseits und Fritz Bossardt und der durch ihren Sohn vertretenen Hermine Maria Bossart-Marbach andererseits sofort Wirksamkeit erlangt. Zu prüfen bleibt die Rechtslage mit Bezug auf die übrigen gesetzlichen Erben der Elise Marbach, welche zu einem wesentlichen Teil vom Verhältnis zwischen ihnen und den Klägern Nr. 19 und 24 abhängt. Josef Bossart und Fritz Bossardt waren von den Miterben nicht ausdrücklich ermächtigt, mit Agatha Marbach eine Abtretung nach Art. 635 ZGB zu vereinbaren. Aufgrund der gegebenen Umstände ist daher zu untersuchen, ob eine Stellvertretung ohne Vollmacht im Sinne von Art. 38 OR vorliegen könnte, und wenn ja, ob der Vertrag von den Miterben genehmigt wurde. aa) In dem Agatha Marbach von den Klägern Nr. 19 und 24 vorgelegten Schriftstück steht ausdrücklich, dass alle Erben nach dem Gesetze an der Erbschaft beteiligt sein sollen, also nicht nur Fritz Bossardt und die durch ihren Sohn vertretene Hermine Maria Bossart-Marbach. Die beiden Überbringer, die das Aufsetzen der Erklärung veranlasst hatten, handelten somit im von ihnen vermuteten Interesse aller Erben der Elise Marbach und in der Erwartung der nachträglichen Genehmigung ihres Vorgehens (vgl. GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, S. 161). Da die Umstände, die auf eine vollmachtlose Stellvertretung deuten, aus dem von ihr unterzeichneten Schriftstück selbst hervorgehen, waren sie auch für Agatha Marbach ohne weiteres erkennbar. Die BGE 101 II 222 S. 230 Überbringer haben bei dieser Sachlage die Offerte auch als vollmachtlose Stellvertreter der übrigen gesetzlichen Erben angenommen. Mit Bezug auf sie blieb der Vertrag bis zur Genehmigung allerdings in der Schwebe. bb) Von Gesetzes wegen ist das Genehmigungsrecht nicht befristet (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 10 zu Art. 38 OR ). Eine Befristung ergibt sich hier auch nicht aus der Natur des Geschäftes (vgl. BEGUELIN, SJK Nr. 517, S. 2/3). Gemäss Art. 38 Abs. 2 OR hätte Agatha Marbach von den Miterben jedoch verlangen können, bis zu einem bestimmten Tag zu erklären, ob sie den Vertrag genehmigen wollten. Da sie dies nicht tat, war sie, als sie mit Schreiben vom 5. Januar 1968 durch Dr. H. Moser die Offerte zu widerrufen suchte, noch immer an diese gebunden. Auf das erwähnte Schreiben braucht daher in diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen zu werden. Es wird nicht behauptet, dass der Abtretungsvertrag von einem der durch Josef Bossart und Fritz Bossardt vertretenen Erben ausdrücklich genehmigt worden wäre. Indes genügt auch konkludentes Verhalten (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 38 OR ; BECKER, N. 4 zu Art. 38 OR ; GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O. S. 165; BEGUELIN, a.a.O. S. 3). Indem sich sowohl die heutigen Beklagten (im Prozess gegen Agatha Marbach) wie auch die Kläger (im vorliegenden Verfahren) auf die von Agatha Marbach unterzeichnete Erklärung vom 18. Oktober 1967 berufen haben bzw. noch berufen und aus ihr Rechte zu ihren Gunsten abzuleiten trachteten und noch trachten, haben sie zu erkennen gegeben, dass sie mit dem Inhalt dieser Offerte und deren Annahme durch die Kläger Nr. 19 und 24 ohne Einschränkung einverstanden sind. Das Verhalten der gesetzlichen Erben (der Kläger wie der Beklagten - bei letzteren ist die Haltung im Prozess gegen Agatha Marbach massgebend) lässt sich nicht anders denn als unwiderrufliche Genehmigung der Abtretung gemäss Art. 635 Abs. 1 ZGB auslegen. Wenn die Beklagten behaupten, sie hätten die Erklärung abgelehnt, so richtet sich diese Rüge am angefochtenen Urteil gegen eine verbindliche tatsächliche Feststellung des Obergerichts. Die Beklagten machen aber im übrigen auch nicht geltend, die Genehmigung des Abtretungsvertrages je (namentlich auch nicht vor dem Prozess gegen Agatha Marbach) ausdrücklich verweigert zu haben. c) Die Beklagten wenden ein, dass für die Abtretung nach BGE 101 II 222 S. 231 Art. 635 ZGB die Unterschriften beider Vertragsparteien erforderlich seien; da die Erklärung nur von Agatha Marbach unterzeichnet worden sei, genüge sie der formellen Anforderung der Schriftlichkeit nicht. Abtretungsverträge im Sinne von Art. 635 ZGB bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form. Nach Art. 13 OR muss ein Vertrag, für den die Schriftform gesetzlich vorgesehen ist, die Unterschriften aller Personen tragen, die durch ihn verpflichtet werden sollen. Die Unterschrift des aus dem Vertrag nur Berechtigten ist dagegen nicht erforderlich (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 1 zu Art. 13 OR ; GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O. S. 122). Gewiss ist mit der Abtretung des die gesetzliche Quote übersteigenden Teils am Nachlass der Elise Marbach ein Übergang nicht nur von Aktiven, sondern auch von Passiven verbunden. Im Umfange dieser letzteren gingen die Erben gegenüber Agatha Marbach daher auch die sich aus Art. 603 Abs. 1 ZGB ergebende Verpflichtung ein, solidarisch für die Erbschaftsschulden zu haften. Nach dem bei den Akten liegenden Gutachten beträgt der Verkehrswert allein der elf Liegenschaften über eine Million Franken, welchem Betrag Grundpfandbelastungen in der Höhe von nur 28'000 Franken gegenüberstehen. Selbst wenn der Schatzungswert übersetzt sein sollte, wie die Beklagten behaupten, ergäbe sich demnach immer noch ein ganz erheblicher Aktivsaldo, so dass die Erben nicht Gefahr liefen, dass ihr eigenes Vermögen angetastet würde. Bei dieser für sie äusserst günstigen Sachlage war die Unterschrift der Miterben bzw. ihrer Vertreter für das Zustandekommen des Abtretungsvertrages nicht erforderlich. d) Sodann machen die Beklagten geltend, dass es zur Übernahme der Passiven neben der Zustimmung der Erben auch jener der Drittgläubiger bedurft hätte. Verheiratete Erbinnen hätten überdies nur mit Einwilligung des Ehemannes und (gemäss Art. 177 ZGB ) der Vormundschaftsbehörde annehmen dürfen. aa) Bei der Abtretung von Erbanteilen unter Miterben ändert sich an der Haftung des Abtretenden für die Nachlassschulden im Aussenverhältnis nichts. Der abtretende Erbe bleibt - gestützt auf Art. 603 Abs. 1 ZGB - solidarisch haftbar. Da sich somit die Stellung des Erbschaftsgläubigers durch eine Abtretung nach Art. 635 ZGB nicht verschlechtert, BGE 101 II 222 S. 232 besteht für ihn auch kein Bedürfnis, dass deren Gültigkeit von seiner Zustimmung abhängig gemacht würde. Die fehlende Zustimmung der Erbschaftsgläubiger stellt somit keinen die Gültigkeit der Abtretung hemmenden Mangel dar. Anders verhielte es sich freilich, wenn Agatha Marbach aus der Haftung hätte entlassen werden wollen (TUOR/PICENONI, N. 28 zu Art. 635 ZGB ). bb) Zur Gültigkeit der Abtretung bedurfte es auch nicht der Zustimmung der Ehemänner verheirateter Erbinnen. Eine verheiratete Frau kann selbst eine überschuldete Erbschaft ohne Zustimmung ihres Ehemannes annehmen (LEMP, N. 21 und 22 zu Art. 204 ZGB ). Umso weniger bedarf es in einem Fall wie dem vorliegenden - mit dem Abtretungsvertrag wird nichts anderes als die Begründung der Erbenqualität unter gleichzeitiger Annahme der Erbschaft vereinbart - einer Zustimmung der Ehemänner. Bei der Abtretung nach Art. 635 ZGB handelt es sich sodann nicht um ein Rechtsgeschäft, mit dem die verheirateten Erbinnen über eingebrachtes Gut verfügen würden, so dass die Einwilligung der Ehemänner auch nicht gestützt auf Art. 203 ZGB verlangt werden könnte (vgl. LEMP, N. 2 zu Art. 203 ZGB ). cc) Auf einem Versehen beruht schliesslich die beklagtische Auffassung, bei den verheirateten Erbinnen hätte auch die Vormundschaftsbehörde zustimmen müssen, handelt es sich doch beim Abtretungsvertrag weder um ein Rechtsgeschäft unter Ehegatten ( Art. 177 Abs. 2 ZGB ) noch um ein sogenanntes Interzessionsgeschäft ( Art. 177 Abs. 3 ZGB ). Ein dem Interzessionsverbot unterworfenes Rechtsgeschäft läge nur dann vor, wenn sich die verheirateten Erbinnen gegenüber Dritten zugunsten ihrer Ehemänner verpflichtet hätten. Wenn auch die Erbinnen sich zur solidarischen Haftung für Erbschaftsschulden verpflichtet haben, so werden ihre Ehemänner dadurch in keiner Weise begünstigt. e) Weiter stellen sich die Beklagten auf den Standpunkt, Agatha Marbach habe die dingliche Berechtigung am Nachlass ihrer Cousine, die mit der Einsetzung zur Alleinerbin begründet worden sei, nicht mit einer Abtretung im Sinne von Art. 635 ZGB zum Teil auf die Kläger übertragen können. Ausserdem hätte die Übertragung der Grundstücke der öffentlichen Beurkundung bedurft. Die Beklagten übersehen indessen, dass die Zulässigkeit der BGE 101 II 222 S. 233 Abtretung von Erbanteilen nicht von der Natur des Anspruches abhängt, der für die Erben durch sie begründet wird. Ob der Abtretungsvertrag unter Miterben einen dinglichen oder obligatorischen Anspruch entstehen lasse, ist übrigens in der Lehre umstritten (vgl. dazu die ausführliche Darstellung der verschiedenen Meinungen durch TUOR/PICENONI, N. 15 ff. zu Art. 635 ZGB ; ferner ESCHER, N. 7 und 22 zu Art. 635 ZGB ; JOST, Der Erbteilungsprozess im schweizerischen Recht, S. 121; JENNY, Die Abtretung von Erbanteilen nach Art. 635 ZGB , in ZBJV 64/1928, S. 161). Selbst wenn aber angenommen wird, der Miterbe, dem der abgetretene Erbteil zugute kommt, habe auf diesen einen dinglichen Anspruch, ist die öffentliche Beurkundung des Abtretungsvertrages nicht erforderlich. Übertragen werden ja keine Sachen, sondern (bei Bejahung der dinglichen Natur des Anspruches) das Erbrecht als solches bzw. (bei Annahme bloss obligatorischer Wirkung) der Anspruch auf eine Quote des Nachlassvermögens. Dazu bedarf es nicht der Formen, die für den Übergang von Vermögenswerten unter Lebenden allgemein vorgeschrieben sind (ESCHER, N. 14 zu Art. 635 ZGB ). f) Ebenso unbehelflich ist das Vorbringen, eine Abtretung im Sinne von Art. 635 ZGB könne nicht vorliegen, weil Agatha Marbach keine Forderung zugestanden habe. Gegenstand der Abtretung sind nämlich hier nicht Forderungen, sondern Erbanteile, deren Abtretung in Art. 635 ZGB ausdrücklich vorgesehen ist. g) Eine Verletzung von Bundesrecht glauben die Beklagten schliesslich darin erblicken zu können, dass das Obergericht die Rechtsprechung zu den Bestimmungen über die Abtretung von Forderungen ( Art. 164 ff. OR ) herangezogen hat. Auch diese Rüge ist unbegründet. Sowohl Abtretungsverträge nach Art. 635 ZGB wie solche gemäss Art. 164 ff. OR bedürfen zur Gültigkeit der einfachen Schriftlichkeit. Da dieses Formerfordernis bei beiden Verträgen gleich zu beurteilen ist, hat die Vorinstanz durch die Mitberücksichtigung der Rechtsprechung zum Erfordernis der Schriftlichkeit bei der Zession kein Bundesrecht verletzt. h) Zusammengefasst ergibt sich, dass der Vorinstanz keine Verletzung von Bundesrecht zur Last gelegt werden kann, wenn sie davon ausging, es liege in der von Agatha Marbach am 18. Oktober 1967 unterzeichneten Erklärung eine Abtretung BGE 101 II 222 S. 234 von Erbanteilen im Sinne von Art. 635 Abs. 1 ZGB vor, die durch die Miterben angenommen worden sei. ... 8. Der Anspruch aus einer Verfügung von Todes wegen kann - beispielsweise durch einen Abtretungsvertrag - dahinfallen, ohne dass ein richterliches Urteil notwendig wäre. Eine Ungültigkeits- oder Herabsetzungsklage wäre in einem solchen Fall zwecklos und mangels rechtlichen Interesses gar nicht zuzulassen. Schon die Erklärung von Agatha Marbach für sich allein bewirkte somit, dass das Testament der Elise Marbach seine Wirkung verlor. Die Beklagten können demnach aus der Tatsache, dass die Kläger das Testament nicht angefochten haben, nichts zu ihren Gunsten ableiten. Insbesondere können sie nicht geltend machen, weil die Kläger die Anfechtung des Testamentes unterlassen hätten, sei dieses ihnen, den Klägern, gegenüber wirksam geworden und sei ihre Erbenqualität damit endgültig erloschen. Hatte andererseits die Verzichtserklärung vom 18. Oktober 1967 allen gesetzlichen Erben gegenüber Gültigkeit erlangt, war Agatha Marbach nicht mehr befugt, am 3. Dezember 1970 vergleichsweise nur den Beklagten eine Nachlassquote abzutreten. Der zwischen den Beklagten und Agatha Marbach geschlossene Vergleich war demnach für die Rechtsstellung der Kläger bedeutungslos und vermochte ihre Rechte nicht zu schmälern. Es kann ihnen mithin heute nicht die Einrede der abgeurteilten Sache entgegengehalten werden. Da auch ihnen am Nachlass der Elise Marbach Rechte zustehen, sind sie - entgegen der Ansicht der Beklagten - zur vorliegenden Klage legitimiert. Die Aktivlegitimation müsste übrigens allein schon deshalb bejaht werden, weil die Kläger ein rechtlich erhebliches Interesse an der Feststellung ihrer Erbenqualität besitzen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts (I. Kammer) des Kantons Luzern vom 30. September 1974 wird bestätigt.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
ddc5ada1-fedf-4d1f-93c0-7a3418ff356d
Urteilskopf 107 III 113 27. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 8. Dezember 1981 i.S. A. & Co. AG (Rekurs)
Regeste Fiskalische Beschlagnahme ( Art. 44 SchKG ). Können die kantonalen Steuerbehörden in jedem Stadium eines Betreibungs- oder Konkursverfahrens mit einer Beschlagnahmeverfügung eingreifen und gepfändete oder zur Konkursmasse gehörende Vermögenswerte für die Deckung von Steuerforderungen gegen den Schuldner beanspruchen? Jedenfalls kann der Verwertungserlös von den Steuerbehörden nicht beschlagnahmt werden, da er nicht dem Schuldner gehört.
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 107 III 113 S. 113 A.- In der Betreibung Nr. 497 der A. & Co. AG gegen F. für den Betrag von Fr. 217'669.40 nebst Zinsen pfändete das Betreibungsamt Diepoldsau zwei dem Schuldner gehörende Grundstücke und verwertete sie am 16. Dezember 1980. Dabei wurde ein die grundpfandgesicherten Forderungen übersteigender Erlös von rund Fr. 52'000.-- erzielt. Am 17. Dezember 1980 teilte das Gemeindesteueramt Diepoldsau dem Betreibungsamt mit, dass aus der Verwertung der beiden Grundstücke mit einer Grundstückgewinnsteuer zu rechnen und dafür eine Sicherstellung von Fr. 52'000.-- zu leisten sei. BGE 107 III 113 S. 114 Am 19. Januar 1981 legte das Betreibungsamt den Verteilungsplan für die Pfandgläubiger auf, in welchem nach den Grundpfandforderungen eine Forderung der kantonalen Steuerverwaltung von Fr. 5'129.50 bzw. eine solche von Fr. 46'791.85 aufgeführt ist. Die betreibende Gläubigerin erhielt davon vorerst keine Kenntnis. Hingegen wurde ihr ein Verlustschein über Fr. 223'526.65 zugestellt. B.- Nachdem sich die Gläubigerin je eine Kopie der beiden Verteilungspläne verschafft hatte, focht sie diese mit Beschwerde an den Gerichtspräsidenten von Unterrheintal als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs an. Mit Entscheid vom 23. April 1981 hiess der Gerichtspräsident die Beschwerde "im Sinne der Motive" gut. Er hielt den Verteilungsplan sowie den Verlustschein für nichtig und wies das Betreibungsamt an, vor Abschluss der Verteilung die definitive Steuerveranlagung abzuwarten. Gegen diesen Entscheid rekurrierte die Gläubigerin an die obere Aufsichtsbehörde des Kantons St. Gallen. C.- Inzwischen hatte die kantonale Steuerverwaltung am 1. Mai 1981 eine neue Sicherstellungsverfügung gegenüber dem Schuldner ergehen lassen und, nachdem dieser der Verfügung nicht nachgekommen war, am 8. Mai 1981 gestützt auf Art. 142 des st. gallischen Steuergesetzes die Beschlagnahme des Erlöses aus den Liegenschaftssteigerungen angeordnet, soweit dieser die Forderungen der Pfandgläubiger übersteige. Gegen diese Massnahme, die vom Betreibungsamt am 11. Mai 1981 vollzogen wurde, beschwerte sich die Gläubigerin direkt bei der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde. Mit Entscheid vom 21. Oktober 1981 strich die Aufsichtsbehörde die im Verteilungsplan aufgeführten Forderungen der kantonalen Steuerverwaltung und hob den Pfändungsverlustschein auf. Im übrigen trat sie auf die Beschwerde- bzw. Rekursbegehren nicht ein. Sie nahm an, das Betreibungsamt habe sich gemäss Art. 44 SchKG zu Recht an die seitens des Fiskus angeordnete Beschlagnahme des Pfändungserlöses gehalten. Hingegen hätte es den vom Fiskus geltend gemachten Sicherungsanspruch nicht in den Verteilungsplan aufnehmen und der betreibenden Gläubigerin einen Verlustschein ausstellen dürfen. D.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt die Gläubigerin, in der Betreibung Nr. 497 sei die Verteilung des Verwertungserlöses ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Steuerforderung BGE 107 III 113 S. 115 bzw. der zur Sicherstellung einer Steuerforderung verfügten Beschlagnahme anzuordnen. Die kantonale Steuerverwaltung beantragt die Abweisung des Rekurses. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 44 SchKG geschieht die Verwertung von Gegenständen, welche aufgrund strafrechtlicher oder fiskalischer Gesetze mit Beschlag belegt sind, nach den zutreffenden eidgenössischen oder kantonalen Gesetzesbestimmungen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu dieser Vorschrift haben über die Voraussetzungen und Wirkungen einer solchen Beschlagnahme einzig die nach diesen Gesetzen zuständigen Straf- und Fiskalbehörden zu entscheiden. Die Betreibungs- und Konkursbehörden sind nicht befugt, einer strafrechtlichen oder fiskalischen Beschlagnahme eine eigene gegenteilige Verfügung entgegenzusetzen, die dann der betreibungsrechtlichen Beschwerde unterliegen würde. Vorbehalten bleiben immerhin Beschlagnahmen, die nach dem betreffenden Gesetz offensichtlich unzulässig sind und von den Betreibungs- und Konkursbehörden daher als nichtig betrachtet werden dürfen. Im übrigen aber müssen sich die Gläubiger bzw. die Konkursverwaltung gegen solche Beschlagnahme mit den Rechtsmitteln des Strafprozess- bzw. Fiskalrechts zur Wehr setzen. Grundsätzlich dürfen die Kantone zwar für Steuern kein für sie günstigeres Vollstreckungsverfahren als jenes des SchKG schaffen; auch geniessen öffentlichrechtliche Forderungen keine anderen Privilegien als die im Bundesrecht vorgesehenen (z.B. einzelne in Art. 219 Abs. 4 SchKG genannte Konkursprivilegien, gesetzliches Pfandrecht nach Art. 836 ZGB ). Hingegen ermächtigt Art. 44 SchKG die Kantone, in strafrechtlichen und fiskalischen Gesetzen die Beschlagnahme von Gegenständen vorzusehen und deren Verwertung zu regeln, allerdings nur zur Vollziehung öffentlichrechtlicher Ansprüche, nicht etwa von Ansprüchen des Geschädigten im Strafverfahren. Für öffentlichrechtliche Ansprüche aber geht die Beschlagnahme einer Pfändung oder einem Konkursbeschlag auch dann vor, wenn sie zeitlich später erfolgt ( BGE 78 I 215 ff.; vgl. auch BGE 76 I 33 und 99 ff., BGE 53 I 386 ff., BGE 28 I 209 und 220 ff.; ferner BGE 105 III 1 ff., BGE 101 IV 377 ff. E. 3, BGE 93 III 93 ). 2. Mann kann sich fragen, ob an dieser Rechtsprechung in allen Teilen festzuhalten sei. Sie hätte, konsequent zu Ende BGE 107 III 113 S. 116 gedacht, zur Folge, dass die Kantone in ihren Steuergesetzen ein Verfahren vorsehen könnten, mit welchem sie in jedem Stadium eines Betreibungs- oder Konkursverfahrens mit einer Beschlagnahmeverfügung eingreifen und gepfändete oder zur Konkursmasse gehörende Vermögenswerte für die Deckung von Steuerforderungen beanspruchen könnten. Das würde sehr weit gehen und dem Grundsatz, dass öffentlichrechtliche Forderungen, bundesrechtliche Sondervorschriften vorbehalten, kein Privileg geniessen dürfen, stracks zuwiderlaufen. Wenn diese Frage bis heute zu keinen grösseren Kontroversen und zu keiner bundesgerichtlichen Entscheidung geführt hat (die erwähnten Entscheidungen betreffen ausschliesslich strafprozessuale Beschlagnahmen), so offenbar nur deswegen, weil die Kantone entweder in ihren Steuergesetzen oder in deren Anwendung die gebotene Zurückhaltung geübt haben. Es ist ohne weiteres einzuräumen, dass strafprozessuale Beschlagnahmen, die der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs dienen (Beweissicherung, Beschlagnahme im Sinne von Art. 58 ff. StGB ), regelmässig ohne Rücksicht auf die zeitliche Priorität gegenüber Beschlagsrechten der Zwangsvollstreckung den Vorrang haben müssen. Wo es aber lediglich um die Sicherung staatlicher Kosten- oder Fiskalforderungen geht, stellt sich, soweit kantonale Ansprüche im Spiel stehen, sofort die Frage, wie weit das kantonale Recht vor dem übergeordneten Bundesrecht Bestand haben kann bzw. ob das kantonale öffentliche Recht nicht die Durchsetzung des Bundeszivilrechts (zu welchem im formellen Sinn des Art. 64 BV auch das Schuldbetreibungs- und Konkursrecht gehört) vereitelt oder in unzulässiger Weise erschwert (vgl. dazu BGE 106 II 81 ff.). Über diese Fragen zu entscheiden, sind aber in erster Linie jene Behörden berufen, denen die Anwendung des in Frage stehenden eidgenössischen Rechts obliegt. Das sind im vorliegenden Fall die Betreibungs- und Konkursämter und deren Aufsichtsbehörden, die über die Anwendung des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts zu wachen haben. Sie haben auch dafür zu sorgen, dass die Kantone nicht durch bundesrechtswidrige Vorschriften die Anwendung dieses Bundesrechts vereiteln oder in unzulässiger Weise erschweren. Auch BLUMENSTEIN, (Die Zwangsvollstreckung für öffentlichrechtliche Geldforderungen nach schweizerischem Recht, in: Festgabe der juristischen Fakultät der Universität Bern zur Feier des 50jährigen Bestehens des Schweizerischen Bundesgerichts, S. 242) ist übrigens der Auffassung, nur soweit eidgenössische Normen in Betracht fielen, gehe BGE 107 III 113 S. 117 eine straf- oder fiskalrechtliche Beschlagnahme einer zeitlich früher erfolgten Pfändung vor, was in BGE 78 I 221 übersehen wurde (vgl. auch BÖRLIN, Die strafrechtliche Beschlagnahme und das Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, ZSR 35/1916 S. 311; H. NIEDERER, Die Vermögensbeschlagnahme im schweizerischen Strafprozessrecht, Diss. Zürich 1968, S. 38/39). 3. Die Frage, wie weit an der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis festgehalten werden kann, braucht indessen im vorliegenden Fall nicht abschliessend entschieden zu werden, weil sich die von der Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen verfügte Beschlagnahme auch dann als unzulässig erweist, wenn man dieser Praxis folgt. Die Steuerverwaltung stützt ihre Beschlagnahmeverfügung auf die Art. 58, 141 und 142 des st. gallischen Steuergesetzes. Art. 58 fällt zum vornherein ausser Betracht. Er bestimmt, dass der Grundbucheintrag bei der Veräusserung von Grundstücken von der Sicherstellung oder Bezahlung der Grundstückgewinnsteuer abhängig gemacht werden darf und dürfte im übrigen ohnehin bundesrechtswidrig sein ( BGE 106 II 81 ff.). Art. 141 ermächtigt die kantonale Steuerverwaltung, unter bestimmten Voraussetzungen die Sicherstellung eines Steuerbetrags zu verfügen, und Art. 142 (der im vorliegenden Fall in erster Linie in Frage steht) ermöglicht, sofern der Sicherstellungsverfügung nicht nachgelebt wird, die Beschlagnahme von Vermögenswerten. Dabei kann es sich jedoch offensichtlich zum vornherein nur um die Beschlagnahme von Vermögenswerten handeln, die dem Steuerpflichtigen und Steuerschuldner gehören. Der Verwertungserlös aus einer Zwangsvollstreckung gehört nun aber nicht dem Schuldner. Der Steigerungserlös geht mit der Bezahlung in das Eigentum des Betreibungsamtes, also des Staates, über. Anspruch darauf haben in erster Linie die betreibenden Gläubiger. Dem Schuldner steht ein Anspruch auf den Erlös nur insoweit zu, als nach Deckung der Betreibungskosten und Verteilung an die Gläubiger ein Überschuss verbleibt. Nur der Anspruch auf einen solchen Überschuss ist ein Vermögenswert des Schuldners. Dieser Grundsatz wird auch durch Art. 199 Abs. 2 SchKG bestätigt, wonach der Erlös bereits verwerteter Vermögensstücke nicht in die Konkursmasse fällt, sondern an die betreibenden Gläubiger zu verteilen ist. Die kantonale Steuerverwaltung hat somit einen Vermögenswert beschlagnahmt, der ganz offensichtlich gar nicht dem Steuerpflichtigen und Steuerschuldner, sondern einem Dritten gehörte. BGE 107 III 113 S. 118 Das war auch nach dem kantonalen Steuerrecht eindeutig unzulässig. Die Beschlagnahme durfte und musste daher von den Betreibungsbehörden im Sinne von BGE 78 I 219 E. 1 in fine als nichtig betrachtet werden. Der Rekurs ist demzufolge gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und das Betreibungsamt anzuweisen, die Verteilung des Verwertungserlöses ohne Rücksicht auf die von der Steuerverwaltung erlassene Beschlagnahme durchzuführen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen, der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons St. Gallen vom 21. Oktober 1981 aufgehoben und das Betreibungsamt Diepoldsau angewiesen, den Verwertungserlös aus der Betreibung Nr. 497 ohne Rücksicht auf die Beschlagnahmeverfügung der kantonalen Steuerverwaltung vom 8. Mai 1981 bzw. des Gemeindesteueramtes Diepoldsau vom 17. Dezember 1980 zu verteilen.
null
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
ddca37cf-af75-4b2a-b7a6-a58b507dfca2
Urteilskopf 125 III 277 48. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. Juni 1999 i.S. K. c. L. AG (als Gesamtnachfolger der B. AG) (Berufung)
Regeste Arbeitsvertrag; Streikrecht; Missbräuchliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses infolge Streiks ( Art. 336 OR ). Bejahung eines Streikrechts im schweizerischen Arbeitsrecht (E. 2). Ein Streik ist rechtmässig, wenn er von einer tariffähigen Organisation getragen ist, durch Gesamtarbeitsvertrag regelbare Ziele verfolgt, nicht gegen die Friedenspflicht verstösst und verhältnismässig ist (E. 3b). Die Teilnahme an einem rechtmässigen Streik verletzt den Arbeitsvertrag nicht; dieser ist in seinen Hauptpflichten suspendiert. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bildet der Streik das ausschlaggebende Motiv für die Kündigung, ist sie missbräuchlich (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 277 BGE 125 III 277 S. 277 Der Beklagte wurde ab Mai 1992 als ungelernter Arbeiter in der Baumwollspinnerei der B. AG in Kollbrunn zu einem monatlichen Bruttolohn von Fr. 2'960.-- beschäftigt. Es bestand kein Gesamtarbeitsvertrag. Am 27. Januar 1994 teilte die Arbeitgeberin der Belegschaft der Spinnerei mit, zufolge der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würden praktisch alle Arbeitsverhältnisse ab BGE 125 III 277 S. 278 31. Januar 1994 gekündigt. Es werde aber versucht, die Betroffenen später durch Vermittlung des Arbeitsamts weiter zu beschäftigen, allerdings zu einem Gehalt, das wesentlich geringer sein werde als das heutige, wobei die Differenz bis zu 80 Prozent des früheren Gehaltes durch die Arbeitslosenkasse getragen und bezahlt werde. Dieses Vorgehen wurde vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) am 9. Februar 1994 abgelehnt. In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der von der Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) unterstützten Belegschaft und der Arbeitgeberin, die am 21. März 1994 in einen Warnstreik mündeten. Gleichentags gab die Arbeitgeberin die Betriebsschliessung bekannt und kündigte den Grossteil der bestehenden Arbeitsverträge auf den 31. Mai 1994, darunter auch jenen mit dem Beklagten. Dieser erhob mit Schreiben vom 23. März 1994 Einsprache gegen die nach seiner Ansicht missbräuchlich erfolgte Kündigung. Ab dem 23. März 1994 wurde die Baumwollspinnerei von der Belegschaft bestreikt, wobei sich auch der Beklagte am Streik beteiligte. Am 28. April 1994 löste er - gleichzeitig mit anderen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen - das Arbeitsverhältnis fristlos auf. Am 27. Juni 1994 belangte die B. AG den Beklagten auf Fr. 290.30 nebst Zins. Sie verlangte eine Entschädigung wegen ungerechtfertigten Verlassens der Arbeitsstelle. Der Beklagte verlangte widerklageweise im Wesentlichen Fr. 8'880.-- als Entschädigung gemäss Art. 336a OR . Mit Entscheid vom 9. Mai 1995 hiess der Einzelrichter des Bezirkes Winterthur die Klage vollumfänglich und die Widerklage im Betrag von Fr. 2'960.-- nebst Zins teilweise gut. Das zweitinstanzlich im Wesentlichen nur noch mit der Entschädigungsforderung des Beklagten befasste Obergericht des Kantons Zürich wies diese mit der Begründung ab, eine Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung sei nicht geschuldet, weil nicht die ordentliche Kündigung der Klägerin, sondern die vom Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kausal gewesen sei. Auf Berufung des Beklagten hob das Bundesgericht das obergerichtliche Urteil am 14. Januar 1997 auf. Es erwog, die nach Art. 336a OR grundsätzlich anspruchsberechtigte Partei verzichte nicht von Gesetzes wegen auf eine Entschädigung, wenn sie nach erfolgter Einsprache ihrerseits das Arbeitsverhältnis fristlos kündige. Da das Obergericht sich zur Frage der Missbräuchlichkeit der Kündigung vom 21. März 1994 nicht geäussert hatte, wies das Bundesgericht BGE 125 III 277 S. 279 die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Mit Beschluss vom 9. Februar 1998 wies das Obergericht des Kantons Zürich die Entschädigungsforderung des Beklagten abermals ab. Zur Begründung führte es aus, der Warnstreik vom 21. März 1994 habe die Klägerin zur Kündigung veranlasst. Ein Streik stelle keine rechtmässige gewerkschaftliche Tätigkeit i.S.v. Art. 336 Abs. 2 lit. a OR dar, weshalb eine deswegen erfolgte Entlassung nicht missbräuchlich sei. Das Bundesgericht heisst die dagegen eingelegte eidgenössische Berufung des Beklagten gut, hebt den angefochtenen Beschluss des Obergerichts auf und verpflichtet die Klägerin zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Monatslohns an den Beklagten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Das geltende Recht enthält weder auf Verfassungs- noch auf Gesetzesstufe eine ausdrückliche Regelung des Streikrechts. Hinweise dafür, dass dessen Normierung i.S. eines qualifizierten Schweigens bewusst unterlassen worden ist, sind - wie nachfolgend aufzuzeigen ist - nicht ersichtlich ( BGE 118 II 199 E. 2a; MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 255 f. zu Art. 1 ZGB ). Für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der streitbetroffenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin ist unerlässlich, die Frage nach einem Streikrecht im schweizerischen Arbeitsrecht zu beantworten. Die bestehende (echte) Lücke ist gemäss Art. 1 Abs. 2 ZGB richterrechtlich zu schliessen, sofern nicht Gewohnheitsrecht einschlägig ist (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 318 zu Art. 1 ZGB ). Dabei ist bewährter Lehre und Rechtsprechung zu folgen ( Art. 1 Abs. 3 ZGB ; MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 428 f. und 466 f.). b) Das Bundesgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Frage offen gelassen, ob ein ungeschriebenes verfassungsmässiges Recht auf Streik bestehe. In BGE 111 II 245 f. verwarf es die vom Arbeitsgericht Zürich vertretene Auffassung als «zu absolut und zu summarisch», das Streikrecht bzw. das Recht auf kollektive Kampfmassnahmen habe im geltenden Arbeitsrecht noch keinen Eingang gefunden. Es betonte gleichzeitig, dass der Arbeitskampf jedenfalls nur als letztes Mittel zur Herbeiführung des Arbeitsfriedens in Frage komme (E. 4a). Offen gelassen wurde die Frage auch in einem Entscheid vom 25. Oktober 1985 (publ. in Rivista di diritto amministrativo e tributario ticinese [RDAT] 1987, S. 27 f.). Das Bundesgericht hatte darin die Verfassungsmässigkeit einer gegen streikende BGE 125 III 277 S. 280 Lehrer ausgesprochenen Disziplinarmassnahme (Verwarnung) zu beurteilen. Es erachtete den zweistündigen Unterbruch des Unterrichts - im Lichte der von der Doktrin für die Rechtmässigkeit von Streiks aufgestellten Kriterien - als jedenfalls unverhältnismässig (E. 6). In einem Entscheid vom 23. März 1995 (publiziert in JAR 1997 S. 279 f.) hatte sich das Bundesgericht zwar nicht über die bundesverfassungsrechtliche Garantie eines (Beamten-)Streikrechts auszusprechen, nachdem ein solches im angefochtenen Urteil jedenfalls für den Kanton Genf (auf kantonaler Grundlage) im Grundsatz bejaht worden war. Es beurteilte aber die Genfer Regelung als verfassungswidrig, welche für die angekündigte - und nicht für die effektive - Dauer des Streiks den Ausfall jeglichen Lohnanspruchs vorsah. In diesem Zusammenhang erwog es unter Verweis auf BGE 111 II 245 E. 4b, das Arbeitsverhältnis werde für die Dauer eines rechtmässigen Streiks in seinen Hauptpflichten (Arbeits- und Lohnzahlungspflicht) suspendiert, weshalb der Lohn nur für die effektive Streikdauer ausgesetzt werden könne (E. 5). c) Die Lehre befürwortet übereinstimmend einen verfassungsrechtlichen Schutz des Streiks bzw. der Streikfreiheit, verstanden als Verpflichtung des Staates, den Arbeitskampf zuzulassen und diesen nicht durch Zwangsschlichtung, durch straf- oder zivilrechtliche Normen funktionsunfähig zu machen (statt vieler: VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 25 f. zu Art. 357a; ders., Fragen aus dem Kollektiv-arbeitsrecht, AJP 5/95, S. 547 f., 552 und 553; ders., recht 1987, S. 138 f., 139; ders., Streik und Aussperrung in der Schweiz, Wirtschaft und Recht, 1981, passim; PORTMANN, Kein Streikrecht in der Schweiz ?, SJZ 94 [1998], S. 486 f., 487). Streik und Aussperrung werden als Teilgehalte der Koalitionsfreiheit ( Art. 56 BV ) oder als Ausfluss des Prinzips der Arbeitsmarktfreiheit ( Art. 34ter BV ) anerkannt. Die durch Art. 28 der neuen Bundesverfassung vom 18. April 1999 garantierte Koalitionsfreiheit erklärt Streik und Aussperrung für zulässig, «wenn sie Arbeitsbeziehungen betreffen und wenn keine Verpflichtungen entgegenstehen, den Arbeitsfrieden zu wahren oder Schlichtungsverhandlungen zu führen» ( Art. 28 Abs. 3 nBV ). Inwieweit aus Art. 11 EMRK ein Streikrecht hergeleitet werden kann, ist umstritten (VISCHER, Zürcher Kommentar, Vorb. zu Art. 356-360 OR , N. 54; VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, S. 364; FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., N. 13 und 14 zu Art. 11 EMRK ; VALTICOS, in: Pettiti/Decaux/Imbert, La Convention européenne des droits de l'homme, S. 424). BGE 125 III 277 S. 281 d) Eine ausdrückliche Garantie des Streikrechts enthält Art. 8 Abs. 1 lit. d des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 16. Dezember 1966, in Kraft getreten für die Schweiz am 18. September 1992 (SR 0.103.1, «UNO-Pakt I»). Das Bundesgericht hat wiederholt entschieden, dass die darin enthaltenen Bestimmungen programmatischen Charakter haben, sich an den Gesetzgeber richten und grundsätzlich keine subjektiven und justiziablen Rechte des Einzelnen begründen ( BGE 120 Ia 1 E. 5c; BGE 121 V 246 E. 2c; BGE 122 I 101 E. 2a). Immerhin hat es anerkannt, dass einzelne Bestimmungen dieses Pakts unmittelbar anwendbar («self-executing») sein können, namentlich Art. 8 Abs. 1 lit. a betreffend des Rechts, Gewerkschaften zu bilden und einer solchen nach freier Wahl beitreten zu können ( BGE 121 V 246 E. 2e; Botschaft zur Ratifikation der beiden Pakte, BBl 1991 V 1202). Verschiedene Autoren bejahen unter Hinweis auf Wortwahl und Entstehungsgeschichte die Justiziabilität von Art. 8 des Pakts I (KÜNZLI/KÄLIN, Die Bedeutung der Pakte für die Schweiz, in: KÄLIN/MALINVERNI/NOWAK [Hrsg.], Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 2. Aufl., S. 123 mit Hinweisen). Andere Autoren lehnen diese Auffassung ab, melden Zweifel an oder lassen die Frage offen (BÉATRICE AUBERT-PIGUET, L'exercice du droit de grève, AJP 12/96, S. 1497 f., 1501; JEAN FRITZ STÖCKLI, Das Streikrecht in der Schweiz, BJM 1997, S. 169 f., 172 und 173, je mit Hinweisen). Der vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen zwecks internationaler Überwachung des Paktes I eingesetzte Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte («Sozialausschuss») hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 3 Ziff. 5 zum Pakt I die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 8 - nebst anderen Bestimmungen des Paktes I - bejaht (abgedruckt in KÄLIN/MALINVERNI/NOWAK, a.a.O., S. 458). aa) Entscheidend ist, ob die angerufene staatsvertragliche Regelung inhaltlich hinreichend bestimmt und klar ist, um im Einzelfall Grundlage eines Entscheides bilden zu können. Die erforderliche Bestimmtheit geht insbesondere blossen Programmartikeln ab. Sie fehlt auch Bestimmungen, die eine Materie nur in Umrissen regeln, dem Vertragsstaat einen beträchtlichen Ermessens- oder Entscheidungsspielraum lassen oder blosse Leitgedanken enthalten ( BGE 121 V 246 E. 2b; BGE 120 Ia 1 E. 5b; KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., S. 90 und 91). In Anwendung dieser Grundsätze verneinte das Bundesgericht die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 2 Abs. 2, Art. 9 und 13 Abs. 2 lit. c des Paktes I ( BGE 121 V 246 E. 2e; BGE 120 Ia 1 E. 5d). Art. 8 Abs. 1 lit. d des Paktes BGE 125 III 277 S. 282 I garantiert das Streikrecht, «soweit es in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Ordnung ausgeübt wird» (deutsche Übersetzung des französischen Originaltextes). In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass dieser Vorbehalt nicht den Inhalt des Streikrechts beschlage, sondern den Vertragsstaaten (lediglich) erlaube, die Zulässigkeit des Streiks von gewissen formellen Voraussetzungen (Einhalten einer Wartefrist, vorgängiges Vermittlungsverfahren, etc.) abhängig zu machen (KÜNZLI/KÄLIN, a.a.O., S. 123 mit Hinweis). Einschränkungen des Streikrechts sollen auch während laufender Vergleichsverhandlungen möglich sein oder in Kollektivarbeitsverträgen vereinbart werden können. Anerkannt wird sodann, dass die Vertragsstaaten politische Streiks vom Streikrecht ausschliessen und dieses während laufender Schlichtungsverhandlungen oder in Gesamtarbeitsverträgen einschränken können (vgl. MATTHEW CRAVEN, The international Covenant on economic, social and cultural rights, Oxford 1995, S. 279 und 281 f.). Art. 8 Abs. 2 Pakt I behält sodann - nebst der allgemeinen Schrankenbestimmung in Art. 4 - die Einschränkung der in Art. 8 Abs. 1 lit. a-d eingeräumten Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der öffentlichen Verwaltung vor. bb) Es sprechen somit beachtliche Gründe dafür, der betreffenden Bestimmung self-executing-Charakter zuzubilligen. Danach wären die Vertragsstaaten zur Gewährleistung des Streikrechts verpflichtet, ohne dass eine landesrechtliche Umsetzung dieser - von der Schweiz durch die vorbehaltlose Unterzeichnung und Ratifikation des Paktes I anerkannten - Freiheit zwingend erforderlich wäre. Umgekehrt sind staatliche Massnahmen verboten, welche diese Freiheit - über die Schranken gemäss Art. 4 und 8 Abs. 2 Pakt I hinaus - beeinträchtigen. Den Vertragsstaaten bleibt unbenommen, gewisse Einschränkungen des Streikrechts (z.B. Verbot von wilden Streiks und von Sympathiestreiks etc.) vorzusehen, solange sie den Arbeitnehmern die Möglichkeit zum Streik zwecks Verfolgung wirtschaftlicher und sozialer Ziele nicht verunmöglichen oder dadurch vereiteln, dass sie keinerlei Schutz vor Entlassung oder anderweitigen Sanktionen bei rechtmässigen Streiks vorsehen (CRAVEN, a.a.O., S. 280). e) Ob Art. 8 Abs. 1 lit. d des Paktes I «self-executing» ist, kann letztlich genauso offen bleiben, wie die Streitfrage, ob auch die in Art. 22 Abs. 1 des UNO-Paktes über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2, «UNO-Pakt II») vom 16. Dezember 1966, für die Schweiz ebenfalls am 18. September 1992 in Kraft getreten, normierte BGE 125 III 277 S. 283 Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit das Streikrecht schützt (ACHERMANN/CARONI/KÄLIN, in: Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, op.cit., S. 220 mit Hinweisen). Nicht zu entscheiden ist auch, ob - wie dies der Sachverständigenausschuss der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) tut -, aus dem Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts (BBl 1976 S. 689 f.) eine Streikgarantie abgeleitet werden kann (STÖCKLI, a.a.O., S. 171 f.). Im Rahmen der vorliegend zu füllenden Lücke ist jedenfalls klar, dass sowohl die herrschende Lehre ein Streikrecht anerkennt, im geformten Recht mindestens Art. 8 Abs. 1 lit. d des Paktes I das Streikrecht grundsätzlich bejaht und auch die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts ein solches Recht nicht ausschliesst. In der revidierten Bundesverfassung, die im Wesentlichen das geltende Verfassungsrecht zum Ausdruck bringen will, wird die Zulässigkeit des Streiks als Ausfluss der Koalitionsfreiheit ebenfalls anerkannt ( Art. 28 Abs. 3 nBV ; BBl 1997 I 1 f., 29 und 179). Künftig anwendbaren Normen soll der Richter bei seiner Rechtsfindung Rechnung tragen (MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 395 zu Art. 1 ZGB ). f) Lückenfüllend ist somit auch im schweizerischen Arbeitsrecht ein Streikrecht zu bejahen. Zu prüfen bleibt, wer sich darauf berufen kann, welche Schranken seiner Ausübung entgegenstehen und inwieweit es in den Beziehungen unter Privatpersonen durchsetzbar ist. 3. a) Der Streik - verstanden als kollektive Verweigerung der geschuldeten Arbeitsleistung zum Zwecke der Durchsetzung von Forderungen nach bestimmten Arbeitsbedingungen gegenüber einem oder mehreren Arbeitgebern - wird in der Literatur als äusserstes jedoch unentbehrliches Mittel des Arbeitskampfes zur Erzielung einer kollektivvertraglichen Regelung anerkannt (Nachweise in BGE 111 II 245 4a; VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 25 zu Art. 357a OR ; ders., recht 1987, S. 139; MICHAEL HOHN, Streikrecht und Aussperrungsrecht, Diss. Bern 1978, S. 25 f.; GYGI/RICHLI, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., Ziff. 9.4.2 S. 229 f.). Entsprechend kommt nur Trägern des kollektiven Arbeitsrechts, mithin Arbeitnehmerorganisationen, das Recht zu, einen Streik zu beschliessen. Der Einzelne ist bloss berechtigt, im Rahmen des Kollektivs auf einen Streikbeschluss hinzuwirken. Damit soll der Arbeitskampf auf der kollektivrechtlichen Ebene konzentriert und beschränkt bleiben und der Streik als letztes Mittel der Gewerkschaft als anerkanntem Verhandlungspartner im Arbeitskampf zur Verfügung stehen (VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 25 zu Art. 357a OR ; ders., Streik und Aussperrung BGE 125 III 277 S. 284 in der Schweiz, in: Wirtschaft und Recht 1981, S. 7). Diese Auffassung vertritt auch der Bundesrat in seinen Erläuterungen zum Entwurf einer neuen Bundesverfassung (BBl 1997 I 179). Sie schliesst folgerichtig - auch im Licht von Art. 8 Abs. 1 lid. d UNO-Pakt I - die Qualifikation des Streiks als ein dem Arbeitnehmer individuell zustehendes Recht auf Arbeitsniederlegung aus (VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 25 zu Art. 357a OR ; PORTMANN, a.a.O., S. 489; GRAVEN, a.a.O., S. 278 und 281; vgl. auch NOWAK, in: Kälin/Malinverni/Nowak, op.cit., S. 16 und 17; a.A. MORAND, Le droit de grève dans tous ses états, Mélanges Alexandre Berenstein, Genève 1989, S. 60). Auch Art. 28 Abs. 3 nBV normiert den Streik nicht als verfassungsmässiges Individualrecht, sondern erklärt ihn unter den dort genannten Voraussetzungen für «zulässig». b) Entsprechend den in der Lehre an die Rechtmässigkeit eines Streiks geknüpften Voraussetzungen muss der Streik von einer tariffähigen Organisation getragen werden und durch Gesamtarbeitsvertrag regelbare Ziele verfolgen. Weiter darf er nicht gegen die Friedenspflicht verstossen und auch nicht unverhältnismässig sein ( BGE 111 II 245 E. 4c mit Hinweisen). Damit sind «wilde» Streiks einzelner Arbeitnehmer und «politische» Streiks, die ohne Bezug auf das Arbeitsverhältnis erfolgen, verboten. Untersagt sind damit auch Kampfmassnahmen, die Gegenstände betreffen, welche in einem Gesamtarbeitsvertrag geregelt sind (VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 26 f. und 34 f. zu Art. 357a OR ; BBl 1997 I 179 und 180). Art. 28 Abs. 3 nBV nennt den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nicht ausdrücklich, doch leitet sich aus der in Art. 28 Abs. 2 nBV normierten Auflage, Streitigkeiten zwischen den Sozialpartnern primär durch Verhandlung oder Vermittlung beizulegen, das Gebot eines verhältnismässigen Einsatzes des Streiks ab. c) Für die Auswirkung eines rechtmässigen Streiks auf Arbeitsverhältnisse des Privatrechts ist das Verhältnis zwischen staatlich als im System des kollektiven Arbeitsrechts anerkanntem Streikrecht und privatrechtlicher Ordnung zu klären. Dabei erscheint als Konsequenz einer ganzheitlichen Betrachtungsweise offensichtlich, dass die Teilnahme an einem rechtmässigen Streik und die damit notwendig verbundene vorübergehende Arbeitsniederlegung nicht gleichzeitig eine Verletzung der vertraglichen Arbeitspflicht darstellen kann (REHBINDER, Berner Kommentar, N. 14 zu Art. 337 OR ; VISCHER, recht 1987, S. 140). Dem Arbeitnehmer kann diesfalls nicht zugemutet werden, den in seinem Interesse ausgerufenen Streik durch Erbringung der Arbeitsleistung zu vereiteln, selbst wenn er BGE 125 III 277 S. 285 nicht Mitglied des betreffenden Arbeitnehmerverbandes ist (REHBINDER, a.a.O., N. 14 zu Art. 337 OR ). Die an sich mögliche Arbeitsleistung ist dem Arbeitnehmer aufgrund der Streiksituation nach Treu und Glauben i.S.v. Art. 2 ZGB nicht zumutbar (GAUCH/SCHLUEP/REY, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 7. Aufl., Ziff. 3301; PORTMANN, a.a.O., S. 489). Umgekehrt ist der Arbeitgeber während des Streiks nicht zur Lohnzahlung verpflichtet. Der Arbeitsvertrag ist in seinen Hauptpflichten suspendiert (vgl. BGE 111 II 245 E. 4b S. 256 und 257 mit Hinweisen; VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 18 zu Art. 337 OR mit Hinweisen). Wird der Arbeitsvertrag durch den rechtmässigen Streik nicht verletzt, beinhaltet die befugte Teilnahme daran auch keinen Auflösungsgrund nach Art. 337 OR . Spricht der Arbeitgeber die ordentliche Kündigung aus und kann der Arbeitnehmer nachweisen, dass der rechtmässige Streik mit hoher Wahrscheinlichkeit Anlass zur Kündigung gab, so ist diese rechtsmissbräuchlich i.S.v. Art. 336 OR , weil sie dem Arbeitnehmer die Ausübung des staatlich garantierten Streikrechts verunmöglichen will (vgl. REHBINDER, a.a.O., N. 14 zu Art. 337 OR ). Nicht entscheidend ist dabei, ob es dem Arbeitgeber mit der Kündigung darum geht, den «Streikwillen» zu brechen (so Rehbinder, a.a.O.). Mit der Kündigung wird das Arbeitsverhältnis aufgelöst und der Arbeitnehmer nicht bloss zum Abbruch des Streiks gezwungen, weshalb unerheblich ist, ob der Arbeitgeber mit der Entlassung bloss den Streikwillen des Arbeitnehmers treffen wollte. Massgebend ist vielmehr, ob der Streik das ausschlaggebende Motiv für die Kündigung ist. Muss dies bejaht werden, ist die Kündigung missbräuchlich, weil andernfalls das Streikrecht illusorisch bliebe. Dieser Missbrauchstatbestand ist als solcher eigener Art aufzufassen und fällt nicht unmittelbar in die von Art. 336 OR nicht abschliessend aufgeführten Fallgruppen (vgl. VISCHER, a.a.O., N. 7 zu Art. 336 OR ).
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
ddcee293-a5e6-4bae-b72a-c280e4e743ff
Urteilskopf 140 III 391 59. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger gegen A. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_233/2013 vom 24. Juni 2014
Regeste a Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung; Effektivklausel in GAV. Begriffe der begrenzten Effektivklausel und der Effektivgarantieklausel. Frage der Zulässigkeit von Effektivklauseln in GAV als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (E. 1.3). Regeste b Art. 357b Abs. 1 OR ; Aktivlegitimation einer paritätischen Berufskommission. Ein GAV kann die Gründung von Vereinen vorsehen, denen die gemeinsame Durchführung nach Art. 357b OR übertragen wird (E. 2). Regeste c Art. 356 Abs. 1 OR ; begrenzte Effektivklausel; Effektivgarantieklausel; Abgrenzung und Zulässigkeit. Abgrenzung einer begrenzten Effektivklausel von einer Effektivgarantieklausel (E. 3). Zulässigkeit einer begrenzten Effektivklausel bejaht (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 392 BGE 140 III 391 S. 392 A. Mit Entscheid vom 6. Oktober 2008 stellte die Regionale Paritätische Berufskommission Plattenleger, Sektion Zentralschweiz, fest, die A. AG (Beschwerdegegnerin) habe gegen die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages für das Plattenlegergewerbe der Gebiete Bern, Zentralschweiz, Zürich und Bezirk Baden des Kantons Aargau (nachfolgend: GAV; teilweise allgemein verbindlich erklärt mit Bundesratsbeschluss vom 28. September 2005 [BBl 2005 5999] per 1. November 2005) verstossen. Zu den verletzten Bestimmungen gehöre namentlich der per 1. Oktober 2006 allgemeinverbindlich erklärte BGE 140 III 391 S. 393 Anhang Nr. 1 des GAV, wonach die effektiven Löhne aller der Allgemeinverbindlicherklärung unterstellten Arbeitnehmer bestimmter Kategorien um Fr. 100.- erhöht würden (Bundesratsbeschluss vom 7. September 2006 [BBl 2006 7745]). Der A. AG wurde u.a. eine Konventionalstrafe von Fr. 2'500.- auferlegt, welche die Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger (Beschwerdeführerin) auf Rekurs der A. AG hin auf Fr. 2'000.- reduzierte. B. Am 22. September 2011 klagte die Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger beim Kantonsgericht Zug gegen die A. AG auf Zahlung einer Konventionalstrafe von Fr. 2'000.- und von Verfahrenskosten. Mit Entscheid vom 30. April 2012 hiess die Einzelrichterin am Kantonsgericht die Klage teilweise gut. Sie reduzierte die Konventionalstrafe jedoch um Fr. 400.-, da die A. AG nur in vier statt in fünf Punkten den GAV verletzt habe. Sie habe zwar den Lohn zweier Angestellter nicht erhöht, obwohl im Anhang Nr. 1 des GAV per 1. Oktober 2006 eine Erhöhung nicht lediglich der bisherigen Mindestlöhne, sondern der bisherigen effektiv bezahlten Löhne vorgesehen gewesen sei. Diese Klausel stelle jedoch eine unzulässige Effektivgarantieklausel dar. Da die Löhne der zwei Angestellten nach wie vor über den im GAV vorgesehenen (neuen) Mindestlöhnen lägen, sei der GAV in diesem Punkt nicht verletzt worden. Diesen Entscheid bestätigte das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 21. März 2013. Es ging ebenfalls von einer unzulässigen Effektivgarantieklausel aus. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt die Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger dem Bundesgericht die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Verurteilung der A. AG zur Zahlung einer Konventionalstrafe von Fr. 2'000.- und von Verfahrenskosten. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Am 24. Juni 2014 führte das Bundesgericht eine öffentliche Urteilsberatung durch. Es tritt auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht ein, heisst die Beschwerde in Zivilsachen teilweise gut und hebt das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 21. März 2013 auf. Die Sache wird zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. (Zusammenfassung) BGE 140 III 391 S. 394 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (...) 1.3 Bei der zu beurteilenden Streitsache handelt es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Da nicht eine arbeitsrechtliche Streitigkeit i.S. von Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG vorliegt (vgl. Urteil 4A_535/2009 vom 25. März 2010 E. 1.2.1), ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig, sofern der Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt ( Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ). Der Streitwert bestimmt sich nach den Begehren, die vor der Vorinstanz strittig geblieben sind ( Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG ; BGE 137 III 47 E. 1). Vorliegend wird der von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG geforderte Mindestbetrag offensichtlich nicht erreicht. Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen u.a. dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt ( Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ). Dies ist der Fall, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen ( BGE 138 I 232 E. 2.3; BGE 135 III 1 E. 1.3 S. 4, BGE 135 III 397 E. 1.2; BGE 133 III 645 E. 2.4 S. 648 f.). 1.3.1 Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz die in zahlreichen Gesamtarbeitsverträgen gleich formulierte Klausel, wonach Lohnerhöhungen auf den effektiven Löhnen zu gewähren seien, zu Unrecht als Effektiv garantie klausel qualifiziert. Es liege vielmehr eine zulässige begrenzte Effektivklausel vor. Die Vorinstanz habe selbst ausgeführt, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Effektivklauseln unklar sei. Da potentiell eine grosse Anzahl von Arbeitsverhältnissen betroffen seien, liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, die durch das Bundesgericht zu klären sei. 1.3.2 Eine begrenzte Effektivklausel sieht vor, dass eine im GAV vorgesehene Lohnerhöhung auf den bisher effektiv bezahlten Löhnen zu gewähren ist. Im Umfang der Anhebung der Mindestlöhne soll der effektive Lohn angehoben werden (vgl. nur STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 7 zu Art. 357 OR ). Die Vertragsparteien können den Arbeitsvertrag indessen wieder ändern und den Lohn bis auf den neuen Mindestlohn senken (PORTMANN/STÖCKLI, Schweizerisches Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2013, N. 1128; GEISER/MÜLLER, Arbeitsrecht in der Schweiz, 2. Aufl. 2012, N. 811; VISCHER/ BGE 140 III 391 S. 395 ALBRECHT, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 2006, N. 38 zu Art. 357 OR ). Im Gegensatz dazu will die Effektivgarantieklausel die Erhöhung der effektiven Löhne für die gesamte Dauer des GAV sichern, so dass die neu berechneten Löhne nicht mehr auf den neuen Mindestlohn gesenkt werden dürfen (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu Art. 357 OR ; VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 40 zu Art. 357 OR ; FRANK VISCHER, Der Arbeitsvertrag, SPR Bd. VII/4, 3. Aufl. 2005, S. 349). 1.3.3 Effektivgarantieklauseln sind nach der ganz herrschenden Lehre unzulässig (so PORTMANN/STÖCKLI, a.a.O., N. 1126; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu Art. 357 OR ; GABRIEL AUBERT, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 357 OR ; GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811; VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 41 zu Art. 357 OR ; MANFRED REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2002, N. 543; VISCHER, a.a.O., S. 349; MATTHÄUS JAN DEN OTTER, Das kollektive Arbeitsrecht im schweizerischen Bankwesen, 1986, S. 115; ROLF BÄNZIGER, Die Effektivklausel im Gesamtarbeitsvertrag, 1981, S. 36 ff., 124; OTTO ARREGGER, Die normativen Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages und ihr Verhältnis zum Einzelarbeitsvertrag, 1974, S. 70 ff.; differenzierend JEAN-FRITZ STÖCKLI, Berner Kommentar, 1999, N. 50 zu Art. 357 OR ). Auch die begrenzten Effektivklauseln sind umstritten (für Zulässigkeit PORTMANN/STÖCKLI, a.a.O., N. 1127 f.; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu Art. 357 OR ; AUBERT, a.a.O., N. 6 zu Art. 357 OR ; GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811; VISCHER, a.a.O., S. 348; DEN OTTER, a.a.O., S. 115 ff.; für Ungültigkeit REHBINDER, a.a.O., N. 543; BÄNZIGER, a.a.O., S. 124 ff.; ARREGGER, a.a.O., S. 77 ff.; anders als in der Vorauflage auch VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 zu Art. 357 OR ; für dispositive Wirkung STÖCKLI, a.a.O., N. 49 zu Art. 357 OR ). Unklar ist gemäss der Lehre die Haltung des Bundesgerichts (vgl. VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 und 41 zu Art. 357 OR ; vgl. auch STÖCKLI, a.a.O., N. 49 f. zu Art. 357 OR ). 1.3.4 Tatsächlich hat sich das Bundesgericht bis anhin nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit der Effektivklauseln geäussert. In BGE 96 I 433 E. 5a S. 436, der in der Lehre hauptsächlich zitiert wird, hat das Bundesgericht einer Bestimmung eines GAV, wonach bei der Berechnung der Gehaltserhöhungen vom effektiven Lohn auszugehen sei, normative Wirkung zugestanden. Mit der Zulässigkeit einer solchen Klausel setzte es sich indessen nicht auseinander. In BGE 101 Ia 463 E. 2 S. 466, der in der Lehre ebenfalls zitiert wird, führte das BGE 140 III 391 S. 396 Bundesgericht aus, dass das Vorgehen des Arbeitgebers praktisch auf eine Gesetzesumgehung hinausliefe, wenn er den Grundlohn kürzen dürfte, bevor er die im GAV vorgesehene Lohnerhöhung gewähre. Aus diesem obiter dictum (so auch BGE 104 II 204 E. 3b S. 207) lässt sich hinsichtlich der Zulässigkeit von Effektivklauseln nichts ableiten. Auch im Urteil P.655/1977 vom 11. Juli 1977 i.S. Haefeli wird in E. 2 lediglich beschreibend festgehalten, Vereinbarungen über die Erhöhung von effektiv ausbezahlten Löhnen wirkten normativ. Im jüngsten BGE 104 II 204 wird ausdrücklich offengelassen, ob Effektivklauseln zulässig sind, dies unter Verweis auf eine Lehrmeinung, die sich sowohl gegen die Zulässigkeit der Effektivgarantieklausel als auch gegen die Zulässigkeit der begrenzten Effektivklausel ausgesprochen hat (E. 3c S. 207 mit Verweis auf ARREGGER, a.a.O., insb. S. 67 ff.). 1.3.5 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass beide in Frage stehenden Effektivklauseln in der Lehre umstritten sind und die Rechtsprechung sich bis anhin nicht ausführlich mit deren Zulässigkeit befasst hat. Vor diesem Hintergrund ist ein Klärungsbedürfnis und damit das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu bejahen. Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich damit gestützt auf Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG als zulässig. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist demnach nicht einzutreten ( Art. 113 BGG ). 2. Die Beschwerdegegnerin bestreitet die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin. 2.1 Nach Art. 357b Abs. 1 OR können die Vertragsparteien eines GAV vereinbaren, dass ihnen gemeinsam ein Anspruch auf Einhaltung des Vertrages gegenüber den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusteht. Eine solche Vereinbarung ist möglich, soweit es sich um folgende Gegenstände handelt: Abschluss, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wobei der Anspruch nur auf Feststellung geht (lit. a), Beiträge an Ausgleichskassen und andere das Arbeitsverhältnis betreffende Einrichtungen, Vertretung der Arbeitnehmer in den Betrieben und Wahrung des Arbeitsfriedens (lit. b) sowie Kontrolle, Kautionen und Konventionalstrafen in Bezug auf Bestimmungen gemäss lit. a und b (lit. c). Ein GAV kann die Gründung von Vereinen vorsehen, denen die gemeinsame Durchführung nach Art. 357b OR übertragen wird ( BGE 134 III 541 E. 4 S. 544 ff.). Das Bundesgericht hat der Ansicht, diesfalls seien trotzdem die Vertragsparteien und nicht die als Verein BGE 140 III 391 S. 397 organisierte paritätische Berufskommission aktivlegitimiert, bereits eine Absage erteilt ( BGE 134 III 541 E. 4 S. 544 ff.). Der Umfang der Aktivlegitimation richtet sich nach den der Beschwerdeführerin im GAV zugewiesenen Kompetenzen ( BGE 137 III 556 E. 4.5 S. 560). Es können somit in einem GAV die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass eine paritätische Berufskommission in eigenem Namen den Anspruch auf eine Konventionalstrafe (auch) vor Gericht einfordern kann (soweit aus BGE 137 III 556 E. 4.5 Satz 2 gefolgert werden wollte, diese Frage sei noch offen, trifft dies nicht zu; in diesem Sinn auch THOMAS KOLLER, Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2011, ZBJV 149/2013 S. 726). 2.2 Der Beschwerdeführerin wurde in Art. 2.3 GAV die gemeinsame Durchführung nach Art. 357b OR übertragen. Nach Art. 3.1.4 GAV können die Regionale Paritätische Berufskommission und die Beschwerdeführerin Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die gesamtarbeitsvertragliche Verpflichtungen verletzen, mit einer Konventionalstrafe belegen, die innert Monatsfrist seit Zustellung des Entscheides zu überweisen ist. Ebenfalls auferlegt werden können ihnen nach Art. 3.1.5 GAV und Art. 3.1.6 GAV Kontroll- und Verfahrenskosten. Zu den Kompetenzen der Beschwerdeführerin gehören nach Art. 3.1.3 Ziff. 3 GAV die Fällung und der Einzug von Konventionalstrafen sowie die Überwälzung angefallener Kontroll- und Verfahrenskosten. Alle diese Bestimmungen wurden allgemeinverbindlich erklärt und sind auch sowohl in der ab 1. Januar 2010 gültigen Version des GAV (vgl. Bundesratsbeschluss vom 20. November 2009 über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das Plattenlegergewerbe der Gebiete Bern, Zentralschweiz, Zürich und Bezirk Baden des Kantons Aargau [BBl 2009 8473]) als auch in der ab 1. Oktober 2013 gültigen Version des GAV enthalten (vgl. Bundesratsbeschluss vom 22. August 2013 über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das Plattenlegergewerbe in den Kantonen Aargau, Bern, Glarus, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug und Zürich [BBl 2013 7157]). Es stellt sich die Frage, ob der Einzug von Konventionalstrafen und die Überwälzung von Verfahrenskosten nach Art. 3.1.3 Ziff. 3 GAV auch gerichtliche Schritte umfasst. 2.3 Schuldrechtliche Bestimmungen, welche wie hier die Rechte und Pflichten der Tarifpartner unter sich regeln, sind gemäss den Grundsätzen über die Auslegung von Verträgen zu interpretieren (BGE 127 BGE 140 III 391 S. 398 III 318 E. 2a S. 322). Entscheidend ist demnach in erster Linie der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien und in zweiter Linie, falls ein solcher nicht festgestellt werden kann, die Auslegung der Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips ( BGE 138 III 659 E. 4.2.1 S. 666 mit Hinweisen). Dabei ist vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen, welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind ( BGE 138 III 659 E. 4.2.1 S. 666; BGE 123 III 165 E. 3a S. 168). Demnach ist der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, massgebend ( BGE 138 III 659 E. 4.2.1 S. 666; BGE 132 III 24 E. 4 S. 28). Die Vorinstanz hat keine Feststellungen zum tatsächlichen Willen der Vertragsparteien des GAV, die nicht Parteien des vorliegenden Verfahrens sind, getroffen. Da somit der tatsächliche übereinstimmende Wille der Vertragsparteien nicht festgestellt wurde, sind die Bestimmungen des GAV nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Die Beschwerdeführerin wurde sowohl mit der Fällung als auch mit dem Einzug von Konventionalstrafen betraut. Ein "Einzug" umfasst, sofern die Schuldnerin nicht bezahlt, auch die gerichtliche Geltendmachung der Konventionalstrafe. Auch eine "Überwälzung" von Verfahrenskosten darf in guten Treuen so verstanden werden, dass zu diesem Zweck gerichtliche Schritte möglich sind. Nach dem Wortlaut wurde die Beschwerdeführerin somit im GAV damit betraut, Gerichtsverfahren wie das vorliegende zu führen. Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch den Regelungszweck, wie er in guten Treuen verstanden werden muss. Die Parteien des GAV haben die Kompetenzen zum Einzug von Konventionalstrafen und zur Überwälzung der Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin übertragen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie damit verbundene Gerichtsverfahren selbst führen wollten. Daraus ergibt sich insgesamt, dass die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen ist. 2.4 Dem gerichtlichen Vorgehen der Beschwerdeführerin stehen im Übrigen auch deren Vereinsstatuten nicht entgegen. Soweit gerichtliche Schritte nicht ohnehin vom Vereinszweck (vgl. nicht publ. E. 1.2) gedeckt sind, gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die Aufgaben einer paritätischen Berufskommission auch die Erhebung gerichtlicher Klagen beinhalten und dass diese Kompetenz nicht ausdrücklich in den Statuten eingeräumt werden muss ( BGE 134 III 541 E. 5 S. 547). BGE 140 III 391 S. 399 3. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe die im GAV enthaltene Klausel zu Unrecht als (unzulässige) Effektiv garantie klausel qualifiziert. Es liege vielmehr eine begrenzte Effektivklausel vor. Die Beschwerdegegnerin teilt diese Auffassung. 3.1 Der per 1. Oktober 2006 allgemeinverbindlich erklärte Anhang Nr. 1 des GAV sieht vor, die effektiven Löhne aller der Allgemeinverbindlicherklärung unterstellten Arbeitnehmer in den vorliegend massgebenden Kategorien würden generell um Fr. 100.- erhöht. Der Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung dieser geänderten Bestimmung enthält eine Übergangsbestimmung, wonach Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern seit dem 1. April 2006 eine allgemeine Lohnerhöhung gewährt hätten, diese an die Lohnerhöhung anrechnen können. Die Vorinstanz hat aus dieser Übergangsbestimmung auf das Vorliegen einer Effektivgarantieklausel geschlossen. 3.2 Für die Qualifikation der Klausel zentral ist die Unterscheidung zwischen Mindestlohn und übertariflichem Lohn. Als übertariflicher Lohn wird die Differenz zwischen dem effektiven Lohn und dem Mindestlohn bezeichnet. Gemeinsamer Zweck beider Effektivklauseln ist es, den Mindestlohn aller dem GAV unterstellten Arbeitnehmer zu erhöhen, ohne dabei den übertariflichen Lohn zu verändern. Wer bisher einzig Anspruch auf den Mindestlohn hatte, soll nach der Lohnerhöhung den neuen höheren Mindestlohn ausbezahlt erhalten. Wer hingegen einen übertariflichen Lohn mit seinem Arbeitgeber vereinbart hatte, soll den bisherigen Anteil des übertariflichen Lohns weiterhin zusätzlich zum neuen höheren Mindestlohn ausbezahlt erhalten. Dieses Resultat können die Parteien des Einzelarbeitsvertrags bei Vorliegen einer begrenzten Effektivklausel jederzeit einvernehmlich korrigieren. Soll der Lohn insgesamt unverändert bleiben, so können sie somit im Umfang der Erhöhung des Mindestlohns den übertariflichen Lohn herabsetzen. Möglich ist auch eine entsprechende einseitige Abänderung durch den Arbeitgeber mittels einer Änderungskündigung. Demgegenüber verbietet die Effektiv garantie klausel den Parteien, den übertariflichen Lohn zu senken. Dieses Verbot erfasst nicht nur die Senkung im Umfang der Lohnerhöhung bei deren Inkrafttreten, sondern jegliche Senkung des (im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehenden) übertariflichen Lohns während der gesamten Dauer des GAV. BGE 140 III 391 S. 400 3.3 Die Lohnautonomie im übertariflichen Bereich stellt eine grundlegende Basis des Arbeitsrechts dar (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu Art. 357 OR ). Während ein Mindestlohn durch den GAV festgelegt werden kann, bleibt die allfällige Vereinbarung eines übertariflichen Lohns grundsätzlich den Parteien des Einzelarbeitsvertrags vorbehalten. Es ist daher vom Grundsatz auszugehen, dass diese einen vereinbarten übertariflichen Lohn auch jederzeit abändern können. Sollten die Tarifpartner ausnahmsweise von diesem Grundsatz abweichen wollen, so müsste dies im GAV vorgesehen werden. Für die Qualifikation von Effektivklauseln bedeutet dies Folgendes: Sowohl die begrenzte Effektivklausel als auch die Effektivgarantieklausel sehen eine Erhöhung der effektiven Löhne vor. Soll zusätzlich die Autonomie der Parteien des Einzelarbeitsvertrags durch ein Verbot eingeschränkt werden, den bestehenden übertariflichen Lohn während der Dauer des GAV zu senken, so muss dies aus der GAV-Klausel hervorgehen. Denn im Zweifel ist von der Geltung des Grundsatzes (Privatautonomie im übertariflichen Bereich) auszugehen und nicht von einer Ausnahme (Eingriff in diese Privatautonomie). Wird im GAV ein Verbot der Senkung des übertariflichen Lohns vorgesehen, liegt eine Effektivgarantieklausel vor. Lässt sich der GAV-Klausel kein solches Verbot entnehmen, gilt der Grundsatz der Privatautonomie, womit eine begrenzte Effektivklausel vorliegt. 3.4 Der geänderten Bestimmung des Anhangs Nr. 1 des GAV lässt sich nichts entnehmen, was auf eine Sicherung der Erhöhung der effektiven Löhne für die gesamte Dauer des GAV schliessen liesse. Es wird einzig festgehalten, dass die generelle Erhöhung um Fr. 100.- pro Monat auf den effektiven Löhnen zu leisten sei, mithin auch auf Löhnen, die aufgrund einer übertariflichen Lohnkomponente insgesamt bereits höher sind als der neue Mindestlohn. Auf diesen Löhnen wäre ohne eine solche Klausel eine Lohnerhöhung gar nicht erst geschuldet. Die Klausel bewirkt somit, dass die Parteien des Einzelarbeitsvertrags tätig werden müssen, wenn der bisherige Lohn beibehalten werden soll. Ein solches Tätigwerden in Form einer Senkung des übertariflichen Lohns anlässlich der Lohnerhöhung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt schliesst die Bestimmung nicht aus. Auch die vom Bundesrat vorgesehene Übergangsregelung macht die Klausel nicht zu einer Effektivgarantieklausel. Eine Herabsetzung übertariflicher Löhne, die vor dem 1. April 2006 vereinbart worden sind, wird dadurch in keiner Weise ausgeschlossen. Zudem ist diese Regelung nicht Teil der geänderten GAV-Bestimmungen im BGE 140 III 391 S. 401 Anhang Nr. 1 und daher für die Frage der Qualifikation der GAV-Klausel ohnehin nicht relevant. 3.5 Bei der GAV-Klausel, wonach die effektiven Löhne generell um Fr. 100.- erhöht werden sollen, handelt es sich nach dem Gesagten nicht um eine Effektivgarantieklausel, sondern um eine begrenzte Effektivklausel. 4. Nachdem die im geänderten Anhang Nr. 1 des GAV enthaltene Klausel als begrenzte Effektivklausel qualifiziert wurde, ist zu prüfen, ob eine solche zulässig ist. 4.1 Voraussetzung für die Zulässigkeit einer GAV-Klausel ist, dass die Tarifpartner die Grenzen ihrer Regelungsbefugnis einhalten. Nicht zulässig sind demnach Bestimmungen in Bereichen, die der Privatautonomie der Parteien des Einzelarbeitsvertrags vorbehalten sind. 4.1.1 In der Lehre wird geltend gemacht, die begrenzte Effektivklausel greife unzulässig in die Privatautonomie ein (VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 i.V.m. N. 37 zu Art. 357 OR ; REHBINDER, a.a.O., N. 543; ARREGGER, a.a.O., S. 77 f.; BÄNZIGER, a.a.O., S. 134). Mit der begrenzten Effektivklausel werde ein Anspruch auf Erhöhung des Effektivlohns eingeräumt, obwohl individualrechtlich kein solcher bestehe (BÄNZIGER, a.a.O., S. 128). Die Tarifpartner könnten aber nicht die Bezahlung über- oder aussertariflicher Löhne anordnen, ohne sie zum Tariflohn zu machen (BÄNZIGER, a.a.O., S. 126). 4.1.2 Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf ( Art. 356 Abs. 1 OR ). Zum Inhalt, der durch die Tarifpartner geregelt werden darf, gehören auch bestimmte Lohnvorschriften. So ist unbestritten, dass in einem GAV Mindestlöhne oder 13. Monatslöhne vorgeschrieben werden können (vgl. nur STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 8 zu Art. 356 OR ; REHBINDER, a.a.O., N. 531). Auch diese Bestimmungen stellen einen Eingriff in die Privatautonomie dar. Solche Eingriffe sind jedoch nicht per se unzulässig. Die Regelungsbefugnis der Tarifpartner endet (erst) dort, wo übermässig in die Freiheit der Einzelvereinbarung im übertariflichen Bereich eingegriffen würde (PORTMANN/STÖCKLI, a.a.O., N. 1124; GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811). 4.1.3 Die begrenzte Effektivklausel führt theoretisch nur zu einer Erhöhung des Mindestlohns und greift gerade nicht in den BGE 140 III 391 S. 402 übertariflichen Lohn ein, da dieser unverändert bestehen bleibt. Es trifft aber zu, dass sich dadurch die Lohnsumme insgesamt erhöht und dass der Arbeitgeber möglicherweise nicht bereit gewesen wäre, diesen insgesamt höheren Lohn bzw. zum neuen höheren Mindestlohn zusätzlich übertariflichen Lohn in derselben Höhe auszuzahlen. Es ist daher von einem Eingriff in die Privatautonomie auszugehen. Die Regelungsbefugnis der Tarifpartner ist indessen nur zu verneinen, wenn dieser Eingriff als übermässig zu qualifizieren ist. Vorab ist zu berücksichtigen, dass es den Parteien des Einzelarbeitsvertrags unbenommen bleibt, im Einvernehmen den übertariflichen Lohn jederzeit zu senken oder ganz zu streichen (so auch DEN OTTER, a.a.O., S. 115). Damit können sie die durch die begrenzte Effektivklausel angeordnete allgemeine Lohnerhöhung kompensieren. Stimmen Arbeitnehmer und Arbeitgeber darin überein, dass weiterhin der bisherige Lohn gelten soll, so beschränkt sich der Eingriff in die Privatautonomie somit darauf, dass die Parteien eine Vereinbarung über die Herabsetzung des übertariflichen Lohns treffen müssen. Weitergehende Auswirkungen hat die begrenzte Effektivklausel dann, wenn der Arbeitnehmer mit einer Herabsetzung des übertariflichen Lohns nicht einverstanden ist. Diesfalls ist der Arbeitgeber auf den Weg über die Änderungskündigung verwiesen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die begrenzte Effektivklausel einen Eingriff von ähnlicher Intensität darstellt wie etwa die unbestrittenermassen zulässigen GAV-Bestimmungen, die Arbeitnehmer hätten Anspruch auf einen 13. Monatslohn oder auf bezahlte Ferientage. Die Anordnung der Zahlung eines 13. Monatslohns oder weiterer bezahlter Ferientage geht sogar noch weiter. Während die begrenzte Effektivklausel unabhängig vom effektiven Lohn allen Arbeitnehmern eine Lohnerhöhung um einen bestimmten Betrag gewährt, ordnen die Tarifpartner mit der Einräumung eines Anspruchs auf einen 13. Monatslohn nicht nur eine 13. Zahlung des betragsmässig bestimmten Mindestlohns an, sondern sogar auch eine 13. Zahlung des übertariflichen Lohns, den die Tarifpartner nicht kennen. Dasselbe gilt für Ferientage, die nicht nur mit dem Mindestlohn, sondern auch mit dem vereinbarten Anteil des übertariflichen Lohns abgegolten werden müssen. Nach dem Vergleich mit diesen (zulässigen) Regelungen erscheint auch die Anordnung einer allgemeinen Lohnerhöhung nicht als unzulässiger Eingriff in die Privatautonomie (so auch GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811; implizit auch STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, BGE 140 III 391 S. 403 a.a.O., N. 7 zu Art. 357 OR ). Die Tarifpartner sind somit grundsätzlich befugt, im GAV anzuordnen, die vereinbarte Lohnerhöhung sei auf den effektiven Löhnen zu leisten. 4.2 Kritisiert wird weiter, die begrenzte Effektivklausel verletze das Gleichbehandlungsgebot, weil individuelle Lohnunterschiede perpetuiert würden (VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 i.V.m. N. 37 zu Art. 357 OR ; REHBINDER, a.a.O., N. 543; ARREGGER, a.a.O., S. 77; BÄNZIGER, a.a.O., S. 135). Eine Gleichbehandlung setzt indessen gleiche Umstände voraus (vgl. Urteil 4A_356/2011 vom 9. November 2011 E. 9.7). Solche gleichen Umstände liegen bei Arbeitnehmern, die einen einzelarbeitsvertraglichen Anspruch auf übertariflichen Lohn haben, und Arbeitnehmern, die keinen solchen Anspruch haben und einzig den Mindestlohn bezahlt erhalten, gerade nicht vor. Die begrenzte Effektivklausel führt nur dazu, dass Arbeitnehmer mit einem einzelvertraglichen Anspruch auf übertariflichen Lohn, die bereits vor der Änderung des GAV mehr verdienten als die anderen Arbeitnehmer, auch weiterhin Anspruch auf mehr Lohn haben als diese. Der Zweck der begrenzten Effektivklausel besteht somit darin, dass sämtliche Arbeitnehmer unabhängig von ihrem bisherigen Lohn in den Genuss der zwischen den Tarifpartnern ausgehandelten Lohnerhöhung kommen (vgl. E. 3.3). Dies verletzt das Gleichbehandlungsgebot nicht. 4.3 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass keine Gründe dafür bestehen, eine von den Tarifpartnern vereinbarte begrenzte Effektivklausel für unzulässig zu erklären.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
ddcee72c-7e0c-4823-8e74-1b7136b33b32
Urteilskopf 90 IV 43 11. Urteil des Kassationshofes vom 28. Januar 1964 i.S. Müller gegen Bohler Röthlin AG und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste 1. Art. 13 lit. b UWG . Unrichtige oder irreführende Angaben. Auslegung eines Inserates, das nach Text und Abbildung den Eindruck erweckt, es würden Betten mit Inhalt angeboten; massgebend ist der Sinn, den das kaufende Publikum dem Angebot in guten Treuen beilegen darf (Erw. 1). Auch die Angestellten, Arbeiter und Beauftragten einer juristischen Person oder Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft können wegen unlauteren Wettbewerbes, den sie in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen begehen, bestraft werden. Handeln sie selbständig, so sind sie Täter, nicht bloss Gehilfen (Erw. 2). 2. Art. 277 bis Abs. 1 BStP , Art. 20 StGB . In welcher Absicht der Täter gehandelt hat, ist eine Tatfrage. Böser Glaube schliesst Rechtsirrtum aus (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 44 BGE 90 IV 43 S. 44 A.- Müller liess am 30. Januar 1963 als Propagandachef der Möbelfabrik Schaller & Co., Geuensee, in der Wochenzeitung "Kompass" ein bebildertes Inserat erscheinen. Die Abbildungen, die ungefähr die Hälfte des Inserates ausmachen, zeigen je eine Möbelgruppe für ein Schlaf-, ein Wohn- und ein Esszimmer. Die beiden Betten sind aneinandergestossen und mit einem Überwurf versehen. Der Text beginnt mit den durch Fettdruck besonders hervorgehobenen Sätzen: "Wir helfen mit im Kampf gegen die Teuerung! 5 Franken weniger als 3000 Franken kostet diese komplette, moderne 3-Zimmer-Einrichtung in Schweizer Qualität!" Anschliessend werden die angebotenen Möbel, die "auch einzeln zu beispiellos günstigen Preisen sofort" lieferbar seien, zimmerweise aufgeführt, so "das moderne Doppelschlafzimmer, innen und aussen ganz Hartholz, mit zwei zweitürigen Schränken, zwei Betten, zwei Nachttischchen, einer geräumigen Kommode sowie einem grossen Ankleidespiegel." Das Möbelhaus Bohler Röthlin AG, Luzern, hielt das Inserat für unlauteren Wettbewerb, weil darin zu Fr. 2995. - unter anderem eine komplette Schlafzimmereinrichtung angeboten werde, der Bettinhalt in Wirklichkeit aber nicht inbegriffen sei. Es stellte Strafantrag. B.- Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte am 1. Oktober 1963 Müller wegen unlauteren Wettbewerbs im Sinne von Art. 13 lit. b UWG zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 150.--. C.- Müller führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung, allenfalls zur Ergänzung der Untersuchung und neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und die Firma Bohler Röthlin AG beantragen Abweisung der Beschwerde. BGE 90 IV 43 S. 45 Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Nach Art. 13 lit. b UWG wird wegen unlauteren Wettbewerbs auf Antrag bestraft, wer vorsätzlich über sich, die eigenen Waren, Werke, Leistungen oder Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht, um das eigene Angebot im Wettbewerb zu begünstigen. 1. Der Beschwerdeführer hält die Auffassung der Vorinstanz, dass das Inserat vom 30. Januar 1963 irreführend sei, für unzutreffend. In der Möbelbranche bestehe allgemein die Meinung, dass der Bettinhalt nicht inbegriffen sei, wenn ein Schlafzimmer mit Schrank, Betten usw. zu einem bestimmten Preise angeboten werde; andernfalls werde dies im Angebot ausdrücklich gesagt. Diese Übung sei dem breiten Publikum bekannt. Das Inserat der Firma Schaller & Co. habe deshalb bei der angesprochenen Leserschaft nicht die Vorstellung erwecken können, der Bettinhalt sei in der Schlafzimmereinrichtung enthalten. Ob ein Angebot, wie das vorliegende, irreführende oder unrichtige Angaben enthalte, entscheidet sich indes weder nach der Art, wie andere Möbelhändler Inserate über gleiche Waren oder Werke abzufassen pflegen, noch danach, was der Beschwerdeführer davon hält. Es kommt einzig auf den Sinn an, den das kaufende Publikum dem Angebot in guten Treuen beilegen darf. Nach diesem Sinn aber, der auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles und der allgemeinen Lebenserfahrung zu ermitteln ist, unterliegt keinem Zweifel, dass aus dem Inserat vom 30. Januar 1963 vernünftigerweise geschlossen werden muss, die Möbelfabrik Schaller & Co. biete Betten mit Inhalt an. Dieser Schluss drängt sich vor allem deshalb auf, weil im Inserat wiederholt von einer kompletten 3-Zimmer-Einrichtung die Rede ist. Zu einer vollständigen Schlafzimmereinrichtung gehört nicht bloss ein leeres Bettgestell, sondern auch der Bettinhalt, zumindest Ober- und Untermatratze, die von vielen Möbelhändlern denn auch regelmässig mitgeliefert werden. Ebenso ist nach BGE 90 IV 43 S. 46 dem allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Wort Bett, das im Inserat ebenfalls vorkommt, ein Liegemöbel, also nicht nur der Rahmen aus stehenden Brettern zu verstehen. Dieser wird vielmehr Bettstatt genannt. Die Abbildung, die zwei Betten mit Inhalt zeigt, führt zum gleichen Schluss. Freilich versteht sich aus ästhetischen Gründen, dass ein Schlafzimmer in einem Inserat nicht mit blossen Bettgestellen, sondern, wie hier, mit Matratzen und Überwurf abgebildet wird. Will der Inserent sich aber nicht dabei behaften lassen, dass er auch den Bettinhalt anbiete, so ist eine Richtigstellung im Text unumgänglich. Andernfalls muss er sich den Sinn des Angebotes so entgegenhalten lassen, wie er aus dem Inserat hervorgeht. Im vorliegenden Fall wird die Täuschung, welche die Abbildung erweckt, im Text des Inserates nicht behoben; sie wird im Gegenteil, wie ausgeführt worden ist, dort noch verstärkt. Der angegebene Preis brauchte die Kaufsinteressenten nicht stutzig zu machen, zumal er im Inserat selber als "beispiellos günstig" und als Hilfe im Kampf gegen die Teuerung hingestellt wird. Wohnungsmobiliar wird, wie die Vorinstanz richtig bemerkt, je nach Qualität und Ausführung zu sehr unterschiedlichen Preisen gehandelt. Das gilt auch von Matratzen. Ein Preis von Fr. 2995.-- für eine komplette 3-Zimmer-Einrichtung ist noch heute durchaus nicht aussergewöhnlich. Laut einem Inserat, das der Beschwerdeführer selber zu den Akten gab, bietet die Möbel-Pfister AG eine solche Einrichtung, Bettinhalt inbegriffen, sogar zu Fr. 1690.-- an. Dass in der Möbelbranche allgemein unter Bett bloss das Gestell verstanden werde, wenn ein Bett angeboten und der Bettinhalt nicht ausdrücklich erwähnt werde, trifft übrigens nicht zu. Nach den obergerichtlichen Feststellungen, die sich auf die Auskunft des Geschäftsleiters der SEM/MHG (Schweiz. Engros-Möbelfabrikanten Verband/Möbelhandelsgruppe) stützen, verhält es sich vielmehr so, dass der (seriöse) Möbelhändler ein Bett mit Inhalt meint, wenn er ein Bett anbietet. Diese Ansicht entspricht denn auch dem Sinn, den Kaufsinteressenten, BGE 90 IV 43 S. 47 insbesondere unerfahrene Brautleute, einem solchen Angebot beilegen dürfen. Die gegenteilige Auffassung wäre mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar. Sollten sich auch andere Möbelhändler von ihr leiten lassen, wie der Beschwerdeführer mittels Inseraten darzutun scheint, so wäre dies ein Grund mehr, den Anfängen zu wehren und einem aufkommenden Missbrauch den Riegel zu stossen. 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 13 lit. b UWG erwähne das Handeln zugunsten Dritter nicht. Die Bestimmung setze vielmehr ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Täter voraus. Ein solches Verhältnis habe jedoch zwischen ihm und der Firma Bohler Röthlin AG nicht bestanden. Er habe nicht als wirtschaftlicher Mitbewerber, sondern bloss als Beauftragter der Firma Schaller & Co. gehandelt, könne folglich höchstens als Gehilfe, nicht aber als Haupttäter zur Verantwortung gezogen werden. Die Frage der Täterschaft sei nicht geprüft worden. Es sei auch nicht erstellt, dass ein Gesellschafter der Firma Schaller & Co. vom Inserat Kenntnis hatte und es billigte. Sei aber nicht erwiesen, dass sich ein Haupttäter strafbar gemacht habe, so könne der Beschwerdeführer nicht als Gehilfe bestraft werden. Die Rüge ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat das fragliche Inserat im Namen und als Propagandachef der Firma Schaller & Co., die in einem Wettbewerbsverhältnis zur Bohler Röthlin AG steht, erlassen. Er war deshalb als Täter ins Recht zu fassen. Gehilfe wäre er nur dann, wenn er die Tat eines andern, z.B. des Leiters oder eines andern Organs der Gesellschaft, gefördert hätte. Das war jedoch offensichtlich nicht der Fall und wurde von Müller auch nie behauptet. Dieser erklärte in seiner Einvernahme durch den Amtsstatthalter vielmehr, dass er in der Firma Schaller für das Inserat verantwortlich war. Traf dies aber zu, so hat er für sein Verhalten als Täter einzustehen. Dass er selber in keinem Wettbewerbsverhältnis zur Firma Bohler Röthlin AG stand und bloss als BGE 90 IV 43 S. 48 Angestellter seiner Arbeitgeberin handelte, hilft ihm nicht. Der Kassationshof hat schon im UrteilBGE 74 IV 169ff. entschieden, dass auch die Angestellten, Arbeiter und Beauftragten einer juristischen Person oder Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft wegen unlauteren Wettbewerbes, den sie in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen begehen, bestraft werden können. Ob auch Dritte, die nicht im Angestellten- oder Arbeitsverhältnis einer Konkurrenzfirma stehen, nach UWG strafbar sind, braucht nicht entschieden zu werden. Aus dem Urteil BGE 80 IV 22 ff., insbesondere S. 33, lässt sich nichts zugunsten des Beschwerdeführers ableiten. Brandenberger und Fischer waren weder Angestellte der in- und ausländischen Konkurrenzfirmen der Nova-Werke Junker & Ferber, noch standen sie zur Zeit der Tat persönlich in einem Wettbewerbsverhältnis zur Geschädigten. Indem sie den Konkurrenzfirmen die Unterlagen für den Bau der Maschinen verschafften, förderten sie bloss deren unlauteren Wettbewerb zum Nachteil der Nova-Werke Junker & Ferber, konnten folglich nicht als Täter, sondern nur als Gehilfen zur Rechenschaft gezogen werden. Im Urteil BGE 84 IV 39 ff. wich der Kassationshof insofern von der früheren Rechtsprechung ab, als er die Anwendbarkeit von Art. 13 lit. b UWG auf die beschuldigte Angestellte davon abhängig machte, ob der Geschäftsinhaber als Haupttäter an der Tat mitgewirkt habe (Erw. 3). Diese Abweichung beruht indes auf einem Versehen. Die Beschuldigte erliess das Inserat als Angestellte, obschon sie darin den Anschein erweckte, sie verkaufe Möbel auf eigene Rechnung. Sie fiel deshalb unbekümmert darum, ob der Geschäftsinhaber vom Inserat Kenntnis hatte und dessen Inhalt billigte, unter Art. 13 lit. b UWG , und zwar als Täterin, nicht als blosse Gehilfin. 3. Ob der Beschwerdeführer in der Absicht gehandelt hat, durch die täuschenden Angaben das Angebot der Firma Schaller & Co. im Wettbewerb zu begünstigen, ist eine Tatfrage ( BGE 74 IV 205 Erw. 3). Die dahingehende BGE 90 IV 43 S. 49 Feststellung des Obergerichtes bindet daher den Kassationshof. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er das Inserat mit Wissen und Willen aufgegeben, also vorsätzlich gehandelt hat. Wenn er in seiner Einvernahme offenbar sagen will, er sei sich keines Verstosses gegen das UWG bewusst gewesen, so hilft ihm das nicht. Das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehört nicht zum Vorsatz ( BGE 75 IV 43 , 82 und ständige Rechtsprechung). Fehlt es, so gilt Art. 20 StGB . Rechtsirrtum kommt dem Beschwerdeführer aber schon deshalb nicht zugute, weil er nach dem angefochtenen Urteil nicht in gutem Glauben handelte. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ddcf99c9-db68-463d-bdbc-f8beb757fee3
Urteilskopf 97 V 99 23. Auszug aus dem Urteil vom 11. Mai 1971 i.S. S. gegen Eidgenössische Militärversicherung und Versicherungsgericht des Kantons Luzern
Regeste Art. 4 MVG . Es genügt die blosse Feststellung irgendwelcher Beschwerden oder Symptome während des Dienstes, wenn diese Erscheinungen wahrscheinlich mit der geltend gemachten Gesundheitsschädigung zusammenhängen.
Erwägungen ab Seite 99 BGE 97 V 99 S. 99 Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Die Haftung der Militärversicherung erstreckt sich gemäss Art. 4 MVG auf jede Gesundheitsschädigung, "die während des Dienstes in Erscheinung tritt und gemeldet oder sonstwie festgestellt wird". Die Militärversicherung haftet dann nicht, wenn sie beweist, dass die Gesundheitsschädigung sicher vordienstlich ist oder sicher nicht durch Einwirkungen während des Dienstes verursacht werden konnte ( Art. 5 Abs. 1 lit. a MVG ) und dass die Gesundheitsschädigung sicher durch Einwirkungen während des Dienstes weder verschlimmert noch in ihrem Ablauf beschleunigt worden ist ( Art. 5 Abs. 1 lit. b MVG ). Erbringt sie nur den Beweis nach lit. a, so haftet sie bloss für die Verschlimmerung der Gesundheitsschädigung ( Art. 5 Abs. 2 Satz 1 MVG ). Dies bedeutet, dass die Haftung der Militärversicherung in diesem Fall erst dann erlischt, wenn die Verschlimmerung sicher behoben ist (EVGE 1969 S. 198). Schliesslich statuiert Art. 6 MVG die Haftung der Militärversicherung für eine erst nach Dienstende ärztlich festgestellte oder ihr BGE 97 V 99 S. 100 gemeldete Gesundheitsschädigung, wenn diese wahrscheinlich durch dienstliche Einwirkung verursacht worden ist oder, wenn sie vordienstlich war, wahrscheinlich durch Einwirkungen während des Dienstes eine Verschlimmerung erfahren hat. 2. In ihrem eingehenden Gutachten,das sie dem kantonalen Versicherungsgericht erstattet haben, gelangen Prof. Dr. B. und PD Dr. E. im wesentlichen zu nachstehenden Ergebnissen: Die geklagten Rückenschmerzen des Beschwerdeführers hätten vor dem Unfall vom 29. September 1962 nicht bestanden. Die Frage, ob und gegebenenfalls seit wann die Rückenbeschwerden auch. ohne Unfall eingetreten wären, lasse sich medizinisch nicht beantworten. Beim Status nach Morbus Scheuermann könne bei Überanstrengung oder durch Unfall jederzeit der erste Beschwerdeschub ausgelöst werden. Es gebe auch Fälle, welche trotz Status nach Morbus Scheuermann lebenslänglich beschwerdefrei seien. Auf Grund der Akten und der Befunde lasse sich im vorliegenden Fall jedoch feststellen, dass der Status quo sine bezüglich des dienstlich ausgelösten Beschwerdeschubes bei vorbestandenem Morbus Scheuermann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anlässlich der Begutachtungsuntersuchung vom 4. Februar 1969, mit grosser Wahrscheinlichkeit aber schon Ende 1965 erreicht gewesen sei. Der Status quo ante werde, der Natur des Leidens entsprechend, nicht mehr erreicht, was aber mit dem unfall- und dienstfremden Leiden, dem Status nach Morbus Scheuermann, zusammenhänge. Auf diese Ausführungen erfahrener Gutachter, an deren Fachkenntnis und Zuverlässigkeit nicht zu zweifeln ist, darf abgestellt werden... 3. Auf der tatbeständlichen Grundlage dieser medizinischen Beurteilung stellt sich in rechtlicher Hinsicht zunächst die Frage, ob die Auswirkungen des Unfalles, den der Beschwerdeführer erlitten hat, in der Sicht der Art. 4 und 5 oder aber nach Art. 6 MVG zu prüfen sind, m.a.W. ob die Gesundheitsschädigung während des Dienstes in Erscheinung getreten und gemeldet oder auf andere Weise festgestellt oder ob sie erst nach Beendigung des Dienstes durch einen eidgenössisch diplomierten Arzt festgestellt und bei der Militärversicherung angemeldet worden ist. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, welche Beweisregeln ( Art. 5 oder 6 MVG ) anwendbar sind bei der Beurteilung, ob die geltend gemachten Rückenbeschwerden BGE 97 V 99 S. 101 weiterhin als adäquat kausale Folgen des Unfalles auf Kosten der Militärversicherung behandelt werden müssen oder nicht. Die Militärversicherung vertritt die Auffassung, dass seinerzeit bei der Hospitalisierung in Riggisberg von Rückenbeschwerden nicht die Rede gewesen und die Wirbelsäule des Beschwerdeführers nicht klopf- oder achsenstossempfindlich gewesen sei. Auch nach der Entlassung aus dem Spital seien keine Rückenbeschwerden vorgebracht worden... Indessen kann ein Gesundheitsschaden oder die Verschlimmerung eines bestehenden Vorzustandes im Sinn von Art. 4 MVG auch in Erscheinung treten, ohne dass schon während des Dienstes die richtige Diagnose gestellt wird. Es genügt die blosse Feststellung von irgendwelchen Beschwerden oder Symptomen während des Dienstes, wenn diese Erscheinungen wahrscheinlich mit der Gesundheitsschädigung zusammenhängen (SCHATZ, Kommentar zum Militärversicherungsgesetz, zu Art. 4 S. 59). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass schon der Unfallhergang (mehrfaches Überschlagen des Jeeps auf dem etwa 100 m abfallenden Abhang) die Wahrscheinlichkeit schwerster Verletzungen in sich schloss. Angesichts der zu befürchtenden innern Verletzungen musste somit selbst relativ geringfügigen Symptomen erhöhte Bedeutung zukommen. Unter derartigen Umständen können innere Verletzungen, auch wenn sie als solche nicht schon im Dienst diagnostiziert werden, durch Schmerzverursachung in Erscheinung treten. Obschon der Spitalarzt angibt, die Wirbelsäule sei weder klopf- noch achsenstossempfindlich gewesen, so hat er anderseits doch auch "Schmerzhaftigkeit auf Druck zwischen Thorakalsäule und Ik. Schulterblatt" festgestellt und in weitern Attesten von "Rückenkontusion" gesprochen. In allen Arztberichten und insbesondere in dem vom Aussendienst der Militärversicherung aufgenommenen Protokoll kommt übereinstimmend zum Ausdruck, dass der Versicherte stets geltend machte, er habe seit dem Spitalaufenthalt in Riggisberg Rückenschmerzen gespürt. Da zudem der betreffende Aussendienstbeamte selber bescheinigt hat, dass S. einen glaubwürdigen Eindruck erwecke, darf dem Beschwerdeführer ohne konkreten Anhaltspunkt nicht einfach unterstellt werden, es handle sich um eine bloss nachträgliche zweckbedingte Behauptung. Da er schon während des Spitalaufenthaltes über Schmerzen im Bereich der Brustwirbelsäule BGE 97 V 99 S. 102 geklagt hat, darf dieses Symptom als im Dienst gemeldet gelten, weil ja die Hospitalisierung vom Truppenarzt während des Dienstes angeordnet worden war und der Versicherte in der Folge nicht vorzeitig entlassen wurde, sondern zur Truppe zurückgekehrt ist. Wenn gemäss Kommentar SCHATZ angenommen wird, dass die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen den während des Dienstes festgestellten Erscheinungen und der erst nachher diagnostizierten Gesundheitsschädigung in erster Linie Sache des Mediziners sei, so ist mit dem Gutachten von Prof. C./Dr.W. und der vorinstanzlichen Expertise auch dieses Erfordernis dem Sinne nach als erfüllt zu betrachten, ganz abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall selbst ohne Expertise die Rückenschmerzen mit dem durch den schweren Unfall ausgelösten Schub des Morbus Scheuermann in Verbindung gebracht werden dürften. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Militärversicherung für die geltend gemachten Unfallfolgen im Zeitraum vom 19. Januar 1966 bis 4. Februar 1969 nach Art. 5 MVG nur dann nicht haftet, wenn sie die mangelnde Kausalität des Unfalls für die geklagten Beschwerden mit Sicherheit zu beweisen vermag. 4. Dieser Beweis ist durch das vorinstanzliche Gutachten für die Zeit ab Ende Februar 1969 geleistet. Der Beschwerdeführer macht denn auch ab diesem Datum keine Ansprüche mehr geltend. Im Anschluss an die Feststellung der Gerichtsexperten in ihrer Begründung, dass "der Status quo sine anlässlich der Begutachtungsuntersuchung (vom 4. Februar 1969) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erreicht gewesen" sei, wird noch ausgeführt: "Dies dürfte nach den Akten schon viel früher der Fall gewesen sein." In den Schlussfolgerungen wird dann aber immerhin nur noch erklärt, dass dieser Status "mit grosser Wahrscheinlichkeit" schon Ende 1965 erreicht gewesen sei... Das schon im November 1965 erstattete Administrativgutachten Prof. C./Dr. W. enthält u.a. nachstehende Ergebnisse: "Die jetzt geklagten Beschwerden sind Folge der alten Scheuermann'schen Erkrankung... Sollten bei Hrn. S. weitere Schmerzschübe, die eine Behandlung erforderlich machen, auftreten, so sind die Kosten dieser Behandlung nicht der Eidgenössischen Militärversicherung zur Last zu legen, da sie nicht wegen der Folgen des angeschuldigten Unfallereignisses vom 29. September BGE 97 V 99 S. 103 1962 erfolgt ..." Dem ist aber beizufügen, dass die Fragestellung bloss darauf gerichtet war, ob noch ein dienstlicher Schaden bestehe oder ob dieser mit Wahrscheinlichkeit behoben sei. Vorweg ist zu den beiden im wesentlichen übereinstimmenden Expertisen zu bemerken, dass für das Gericht selbstverständlich nur die medizinischen Feststellungen und nicht die juristischen Folgerungen der Gutachter erheblich sind. Bei der rechtlichen Würdigung des medizinischen Sachverhalts darf wohl nahezu von einem sichern Beweis zugunsten der Militärversicherung gesprochen werden, aber der ausreichend sichere Beweis im strengen Sinn des Gesetzes, dass der vordienstliche Zustand schon vor Februar 1969 erreicht war, ist eben doch nicht erbracht. 5. Die grundsätzliche Haftung der Militärversicherung für die Unfallfolgen ist somit für den Zeitabschnitt vom 19. Januar 1966 bis Ende Februar 1969 zu bejahen...
null
nan
de
1,971
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ddd70a7d-c1f0-48c3-84ac-1b87c00dcfb3
Urteilskopf 140 IV 74 9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland (Beschwerde in Strafsachen) 1B_105/2014 vom 24. April 2014
Regeste a Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG ; Beschwerderecht. Behandlung der Beschwerde trotz Wegfalls des aktuellen praktischen Interesses während des bundesgerichtlichen Verfahrens (E. 1.3). Regeste b Art. 197 Abs. 1 lit. c und d, Art. 212 Abs. 3 sowie Art. 237 Abs. 1 und 2 lit. g StPO , Art. 51 StGB ; Verhältnismässigkeit von milderen Ersatzmassnahmen anstelle von Untersuchungshaft. Auch Ersatzmassnahmen müssen verhältnismässig sein. Dies gilt insbesondere in zeitlicher Hinsicht. Bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit ist dem Ausmass der Beschränkung der persönlichen Freiheit des Beschuldigten Rechnung zu tragen. Im zu beurteilenden Fall Verhältnismässigkeit von Kontaktverboten bejaht (E. 2). Regeste c Art. 5 StPO ; Beschleunigungsgebot. Die Aufhebung von Ersatzmassnahmen wegen einer Verfahrensverzögerung kommt nur in Betracht, wenn diese besonders schwer wiegt und zudem die Strafverfolgungsbehörde erkennen lässt, dass sie nicht gewillt oder in der Lage ist, das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen. Bei der Aufhebung von Ersatzmassnahmen ist grössere Zurückhaltung geboten als bei Untersuchungshaft. Je weniger die Ersatzmassnahmen den Beschuldigten belasten, desto krasser muss die Verfahrensverzögerung sein, damit sich die Aufhebung rechtfertigt (E. 3). Regeste d Art. 9 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO ; Auferlegung der Verfahrenskosten, Treu und Glauben. Durfte der Beschwerdeführer aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des kantonalen Gerichts darauf vertrauen, mit seinen Anträgen durchzudringen, und weist es diese in Änderung der Rechtsprechung ab, darf es ihm keine Verfahrenskosten auferlegen (E. 4.1-4.3).
Sachverhalt ab Seite 76 BGE 140 IV 74 S. 76 A. Die Regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland führt ein Strafverfahren gegen X. wegen des Verdachts insbesondere der Körperverletzung und Drohung. Sie wirft ihm vor, er habe seine Ehefrau gewürgt und ihr gesagt, er werde sie umbringen. Zudem habe er seine beiden heute 16 und 14 Jahre alten Söhne - unter anderem mit einem Gürtel - schwer geschlagen. Am 15. Juni 2013 nahm ihn die Polizei fest. Am 18. Juni 2013 versetzte ihn das Regionale Zwangsmassnahmengericht Berner Jura-Seeland in Untersuchungshaft. B. Am 24. September 2013 entliess das Zwangsmassnahmengericht X. in Würdigung des über diesen inzwischen erstellten psychiatrischen Gutachtens aus der Haft unter Anordnung folgender Ersatzmassnahmen: Es verbot ihm, mit der Ehefrau Kontakt aufzunehmen. Ebenso verbot es ihm, mit den Söhnen - mit Ausnahme der Kommunikation über eine Mitarbeiterin der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde - Kontakt aufzunehmen. Zudem auferlegte es ihm eine wöchentliche Meldepflicht. Im Weiteren wies es ihn an, sich einer ambulanten psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Ferner verbot es ihm, Waffen jeglicher Art anzuschaffen oder zu besitzen. Die von X. hiergegen eingereichte Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Bern (Beschwerdekammer in Strafsachen) am 15. Oktober 2013 teilweise gut. Es hob die Ersatzmassnahmen mit Ausnahme der Kontaktverbote auf und befristete diese bis zum 14. Dezember 2013. Es bejahte nebst dem dringenden Tatverdacht Kollusionsgefahr. Die Kontaktverbote stellten geeignete Massnahmen zu deren Bannung bzw. Minderung dar. Am 17. Dezember 2013 verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Kontaktverbote um zwei Monate. BGE 140 IV 74 S. 77 Am 11. Februar 2014 verlängerte sie das Zwangsmassnahmengericht um drei Monate, d.h. bis zum 14. Mai 2014. Die von X. hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht am 28. Februar 2014 ab (...) und auferlegte ihm die Verfahrenskosten von Fr. 1'200.- (...). Es beurteilte die Kontaktverbote als verhältnismässig. C. X. führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichts vom 28. Februar 2014 sei aufzuheben und auf die Verlängerung der Ersatzmassnahmen sei zu verzichten. Eventualiter sei festzustellen, dass die Verlängerung unrechtmässig sei bzw. Art. 5 Ziff. 3 EMRK verletze. Überdies stellt er Anträge zu den Kosten des kantonalen und bundesgerichtlichen Verfahrens. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.3 1.3.1 Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer a. vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat (...) und b. ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere die beschuldigte Person (Ziff. 1). Der Beschwerdeführer muss ein aktuelles und praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde haben. Mit diesem Erfordernis soll sichergestellt werden, dass das Gericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet. Es dient damit der Prozessökonomie ( BGE 136 I 274 E. 1.3 S. 276 mit Hinweisen). 1.3.2 Die Staatsanwaltschaft erhob am 5. Februar 2014 Anklage beim Regionalgericht Berner Jura-Seeland. Dieses verurteilte den Beschwerdeführer am 27. März 2014 - also nach Einreichung der Beschwerde in Strafsachen - wegen einfacher Körperverletzung, Tätlichkeiten, Drohung und Widerhandlung gegen das Waffengesetz zu 6 Monaten Freiheitsstrafe, bedingt bei einer Probezeit von 3 Jahren. Es rechnete die Polizei- und Untersuchungshaft im Umfang von 104 Tagen auf die Freiheitsstrafe an, die Ersatzmassnahmen im Umfang von 62 Tagen. Letztere hob es auf. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Beschwerde sei trotzdem zu behandeln. BGE 140 IV 74 S. 78 1.3.3 Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt ( BGE 139 I 206 E. 1.1 S. 208 mit Hinweisen). Wie die folgenden Erwägungen zeigen, wirft der Beschwerdeführer zur Verhältnismässigkeit von Ersatzmassnahmen Fragen auf, die der höchstrichterlichen Klärung bedürfen. Da das Strafverfahren in Fällen wie hier in der Regel weit fortgeschritten ist, könnte es auch künftig sein, dass die Ersatzmassnahmen aufgehoben sind, wenn das Bundesgericht entscheidet. Es rechtfertigt sich deshalb, die Beschwerde an die Hand zu nehmen. (...) 2. 2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Verlängerung der Kontaktverbote sei unverhältnismässig gewesen. 2.2 Gemäss Art. 237 StPO ordnet das zuständige Gericht anstelle der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft eine oder mehrere mildere Massnahmen an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Abs. 1). Eine Ersatzmassnahme stellt namentlich das Verbot dar, mit bestimmten Personen Kontakte zu pflegen (Abs. 2 lit. g). Untersuchungshaft ist somit "ultima ratio" ( BGE 135 I 71 E. 2.3 S. 73 mit Hinweisen). Kann der damit verfolgte Zweck - die Verhinderung von Flucht-, Kollusions-, Wiederholungs- oder Ausführungsgefahr - mit milderen Massnahmen erreicht werden, sind diese anzuordnen ( Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO ). Dies gebietet der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ( Art. 36 Abs. 3 BV ; Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO ). Die Ersatzmassnahmen müssen ihrerseits verhältnismässig sein. Dies gilt insbesondere in zeitlicher Hinsicht. 2.3 Gemäss Art. 212 Abs. 3 StPO dürfen Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe. Rückt die Dauer der Haft in grosse zeitliche Nähe der im Falle einer rechtkräftigen Verurteilung zu erwartenden Freiheitsstrafe, ist der Beschuldigte nach der Rechtsprechung zu entlassen ( BGE 139 IV 270 E. 3.1 S. 275 mit Hinweisen). Bei einer derartigen Haftentlassung dürfen auch keine Ersatzmassnahmen mehr angeordnet werden BGE 140 IV 74 S. 79 ( BGE 133 I 27 E. 3.3 S. 30; BGE 107 Ia 206 E. 2b S. 208/209; Urteile 1B_100/2009 vom 20. Mai 2009 E. 3.5; 1P.570/2003 vom 20. Oktober 2003 E. 2.3). Andernfalls würden die Belastungen, denen der Beschuldigte durch die Zwangsmassnahmen ausgesetzt wäre, in ihrer Summierung das ihm zumutbare Mass übersteigen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist dieses voll. 2.4 Der Beschwerdeführer musste im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids aufgrund des Antrags der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift unstreitig mit einer Freiheitsstrafe von 240 Tagen, also ca. 8 Monaten, rechnen. Die Haft wäre also, wie er zutreffend vorbringt, längstens bis Mitte Februar 2014 zulässig gewesen. Er übergeht jedoch den Umstand, dass er am 24. September 2013 aus der Haft entlassen worden ist. Der Fall ist also nicht so zu beurteilen, wie wenn er bis Mitte Februar 2014 in Haft geblieben wäre. Der Beschwerdeführer erstand gut 3 Monate Untersuchungshaft. Nachher musste er noch Ersatzmassnahmen erdulden, welche die Vorinstanz am 15. Oktober 2013 auf die Kontaktverbote beschränkte. Die Ersatzmassnahmen stellten für den Beschwerdeführer eine weit geringere Belastung dar als Untersuchungshaft. Das Kontaktverbot zur Ehefrau dürfte ihn wenig getroffen haben, da er von dieser ohnehin getrennt lebte und mit ihr zerstritten war. Was das Kontaktverbot zu den Söhnen betrifft, gab er gegenüber dem Psychiater an, er wolle diese nicht mehr sehen, falls sie an ihren belastenden Aussagen festhielten. Auf ein besonders enges Verhältnis zu den Söhnen lässt das nicht schliessen. Nach der Rechtsprechung sind Ersatzmassnahmen analog der Untersuchungshaft gemäss Art. 51 StGB auf die Freiheitsstrafe anzurechnen. Bei der Bestimmung der anrechenbaren Dauer hat das Gericht den Grad der Beschränkung der persönlichen Freiheit im Vergleich zum Freiheitsentzug bei Untersuchungshaft zu berücksichtigen ( BGE 124 IV 1 E. 2a S. 3 mit Hinweis). Dabei kommt dem Gericht ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 121 IV 303 E. 4b S. 307). Bis zum Urteil des Regionalgerichts dauerten die Ersatzmassnahmen gut 6 Monate. Das Regionalgericht hat diese im Umfang von 62 Tagen, also einem Drittel, auf die Strafe angerechnet. Ob es sich dabei an den Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gehalten hat, ist hier nicht zu prüfen. Klar ist aber, dass unter den dargelegten Umständen im Vergleich zu Untersuchungshaft nur eine deutlich geringere Anrechnung in Frage kommt. BGE 140 IV 74 S. 80 Die kantonalen Behörden verlängerten die Kontaktverbote bis zum 14. Mai 2014. Die Ersatzmassnahmen hätten damit knapp 8 Monate gedauert. Anzurechnen sind sie sicher weniger als zur Hälfte. Die Belastungen, denen der Beschwerdeführer aufgrund der Untersuchungshaft von gut 3 Monaten und den Ersatzmassnahmen ausgesetzt war, blieb damit in der Summierung hinter jenen zurück, die er bei einer zulässigen Untersuchungshaft von bis zu 8 Monaten zu erdulden gehabt hätte. Die Verlängerung der Kontaktverbote war daher verhältnismässig. Die Beschwerde ist im vorliegenden Punkt unbegründet. 3. 3.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Verlängerung der Kontaktverbote sei unzulässig gewesen, weil die Staatsanwaltschaft das Beschleunigungsgebot verletzt habe. 3.2 Gemäss Art. 5 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss (Abs. 1). Befindet sich eine beschuldigte Person in Haft, so wird ihr Verfahren vordringlich durchgeführt (Abs. 2). Nach der Rechtsprechung ist in einem Haftprüfungsverfahren die Rüge, das Strafverfahren werde nicht mit der gebotenen Beschleunigung geführt, nur so weit zu beurteilen, als die Verfahrensverzögerung geeignet ist, die Rechtmässigkeit der Untersuchungshaft in Frage zu stellen und zu einer Haftentlassung zu führen. Dies ist nur der Fall, wenn sie besonders schwer wiegt und zudem die Strafverfolgungsbehörden, z.B. durch eine schleppende Ansetzung der Termine für die anstehenden Untersuchungshandlungen, erkennen lassen, dass sie nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, das Verfahren nunmehr mit der für Haftfälle gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen ( BGE 137 IV 92 E. 3.1 S. 96; BGE 128 I 149 E. 2.2.1 f. S. 151 f.; je mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung kann grundsätzlich auf die Ersatzmassnahmen übertragen werden. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass diese weniger in die Grundrechte eingreifen als Untersuchungshaft. Bei der Aufhebung von Ersatzmassnahmen ist deshalb grössere Zurückhaltung geboten. Je weniger sie den Beschuldigten belasten, desto krasser muss die Verfahrensverzögerung sein, damit sich die Aufhebung rechtfertigt. 3.3 Im vorliegenden Fall ist keine besonders schwere Verletzung des Beschleunigungsgebots erkennbar. Die Vorinstanz hat sich dazu BGE 140 IV 74 S. 81 eingehend geäussert. Ihre Erwägungen, auf welche verwiesen werden kann (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG ), verletzen kein Bundesrecht. Im Übrigen bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die kantonalen Behörden nicht gewillt oder in der Lage wären, das Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung zum Abschluss zu bringen. Die erstinstanzliche Hauptverhandlung hat ja bereits stattgefunden. Die Beschwerde ist auch insoweit unbegründet. 4. 4.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, indem ihm die Vorinstanz die Verfahrenkosten auferlegt habe, habe sie gegen Treu und Glauben verstossen. Ihr Entscheid beruhe auf einer Änderung ihrer Rechtsprechung, mit der er nicht habe rechnen müssen. 4.2 Gemäss Art. 9 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO beachten die Behörden den Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser verbietet es, dem Beschwerdeführer Verfahrenskosten aufzuerlegen, wenn seine Anträge infolge einer Praxisänderung als unzulässig erklärt wurden ( BGE 122 I 57 E. 3d S. 61; BGE 119 Ib 412 E. S. 415). Dasselbe gilt, wenn seine Anträge infolge einer Änderung der Rechtsprechung abgewiesen wurden (Urteil 6B_113/2009 vom 3. April 2009 E. 1). 4.3 Im Entscheid vom 15. Oktober 2013 ging die Vorinstanz davon aus, Ersatzmassnahmen seien nicht länger zulässig als Untersuchungshaft. Damit hätten sie höchstens bis Mitte Februar 2014 dauern dürfen. Der Beschwerdeführer durfte deshalb darauf vertrauen, mit der neuen Beschwerde vor der Vorinstanz durchzudringen. Im angefochtenen Entscheid kam diese jedoch auf jenen vom 15. Oktober 2013 zurück und änderte ihre Ansicht. Das konnte der Beschwerdeführer nicht voraussehen. Bei dieser Sachlage verstösst es gegen Treu und Glauben, wenn sie ihm die Verfahrenskosten auferlegt hat. Die Beschwerde ist insoweit begründet.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
dddd058b-ec6d-4121-9cf0-6de91f713807
Urteilskopf 80 I 216 35. Arrêt du 9 avril 1954 en la cause Imhof contre Département fédéral de l'économie publique.
Regeste Art. 3 und 4 UB. 1. Einheit einer von einer Einzelperson an zwei verschiedenen Orten betriebenen und im Handelsregister eingetragenen Unternehmung (Erw. 1). 2. Unterschied zwischen der Aufteilung einer bestehenden Unternehmung unter ihre bisherigen Teilhaber und der Abspaltungeines Teiles einer Einzelunternehmung unter Errichtung einer neuen Unternehmung (Erw. 2). - Die Abspaltung eines Teiles eines Betriebes zu einer neuen Unternehmung unterliegt der Bewilligungspflicht (Erw. 3). 3. Der Inhaber eines Betriebes der Uhrenindustrie kann sich nicht auf Art. 4, Abs. 1, lit. a UB berufen, wenn er einen Teil seines Betriebes als neue Aktiengesellschaft konstituiert, bei der er die Kontrolle behält (Erw. 4). 4. Unter welchen Voraussetzungen kann ein Teil eines Betriebes der Uhrenindustrie als unabhängige Unternehmung konstituiert werden? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 217 BGE 80 I 216 S. 217 A.- La maison Arthur Imhof, à La Chaux-de-Fonds, est spécialisée dans la fabrication des réveils. Elle est inscrite au registre des entreprises horlogères comme manufacture ayant le droit de fabriquer des mouvements ancre, Roskopf et genre Roskopf avec grande moyenne au centre et d'occuper 140 ouvriers. En automne 1948, Imhofreprit la maison Rosemont SA, à Genève, qui fabriquait également des réveils et des pendulettes, mais seulement avec des mouvements de plus de 60 mm. de diamètre. Le 8 mars 1949, le Département fédéral de l'économie publique (en bref: le Département) autorisa Imhof à exploiter, dans son entreprise de Genève, un atelier de terminage d'horlogerie avec 20 ouvriers au maximum, effectif prélevé sur celui de 140 unités auquel le requérant avait droit. Dès ce moment, Imhof exploita les deux maisons. Il était inscrit au registre du commerce de Genève sous la raison sociale "Manufacture de pendulettes Rosemont, Arthur Imhof, Genève". Le 20 décembre 1950, le Département autorisa Imhof à BGE 80 I 216 S. 218 augmenter son effectif de 40 unités, à répartir par moitiés entre ses deux établissements de La Chaux-de-Fonds et de Genève. Le 10 novembre 1952, Imhof demanda l'autorisation de constituer son établissement de Genève en société anonyme indépendante pour la fabrication de montres par voie d'établissage. Le 19 janvier 1954, le Département rejeta cette requête, en bref par les motifs suivants: Il s'agit en l'espèce d'une scission qui entraîne la création d'une nouvelle entreprise, de sorte que la demande doit être examinée sous l'angle de l'art. 4 al. 1 lit. a AIH. Imhof allègue qu'il détiendrait la forte majorité des actions de la nouvelle entreprise, dont il serait ainsi l'exploitant. Or, il possède les connaissances techniques et commerciales requises. Toutefois, les intérêts importants de l'industrie horlogère exigent que l'on prévienne un accroissement inconsidéré de l'appareil de production et également du nombre des entreprises en activité. Il est vrai que l'autorisation requise en l'espèce n'aurait pas pour conséquence immédiate une telle multiplication, puisque la succursale en cause était primitivement une entreprise indépendante. Mais le danger n'en apparaît pas moins pour l'avenir, "car d'autres établissements pourraient formuler des requêtes analogues en vue de donner une existence propre à l'un de leurs ateliers, ce qui leur permettrait de s'en dessaisir, alors qu'en principe le département n'admet pas des ventes partielles d'une entreprise". De telles opérations pourraient favoriser des spéculations sur les effectifs auxquels les maisons ont droit. Il n'y a pas, en l'espèce, de raisons impérieuses qui justifieraient une exception au principe. Les mêmes motifs s'opposent à ce que l'autorisation soit accordée en vertu de l'art. 4 al. 2 AIH. Si le requérant désire, plus tard, transférer sa succursale à l'un de ses fils, il pourra, en temps voulu, demander l'autorisation requise. B.- Contre cette décision, Imhof a formé, en temps BGE 80 I 216 S. 219 utile, un recours de droit administratif. Il conclut à ce qu'il plaise au Tribunal fédéral annuler la décision attaquée et dire que le Département est tenu d'accorder l'autorisation demandée. Son argumentation se résume comme il suit: Rosemont, Genève, fabrique d'autres articles qu'Imhof, La Chaux-de-Fonds; elle a une clientèle propre et son administration est indépendante. Au surplus, le recourant occupe à La Chaux-de-Fonds ses deux fils, âgés de 37 et 35 ans. Il a l'intention pour des raisons personnelles et de famille, de détacher l'un d'eux à Genève sous son autorité. Il s'agit donc simplement de mettre le droit en harmonie avec la situation de fait, qui ne serait en rien modifiée par l'autorisation demandée. En particulier, la production des deux établissements, qui sont déjà séparés'ne serait pas changée. Imhof possédant les aptitudes techniques et commerciales requises, on ne voit pas pourquoi l'autorisation serait refusée. Si le Département la refuse néanmoins, c'est en considération de "simples éventualités concernant des tiers", à savoir que les scissions d'entreprises pourraient favoriser les spéculations sur les effectifs auxquels les maisons ont droit. "Or, le Département est armé pour écarter de pareilles demandes (art. 4 al. 2 lit. b de l'arrêté fédéral) et il ne se fait pas faute d'user de cette compétence". Il ne suffit pas, pour justifier une décision, d'alléguer simplement qu'il y aurait danger à développer exagérément l'appareil de production. Le recourant allègue enfin un cas où, en 1950, le Département aurait accordé à une entreprise le droit de fabriquer des pendulettes et des réveils avec 120 ouvriers. C.- Le Département conclut au rejet du recours. Son argumentation se résume comme il suit: Ni l'arrêté fédéral du 22 juin 1951, ni son ordonnance d'exécution ne réglementent la scission d'une entreprise. Mais la scission a toujours pour conséquence l'ouverture d'une nouvelle entreprise ou tout au moins une transformation. Elle ne constitue donc pas une reprise au sens de l'art. 3 al. 1 AIH, puisque l'entreprise n'est pas cédée dans BGE 80 I 216 S. 220 son entier avec l'actif et le passif. Elle est dès lors subordonnée à une autorisation. Le recourant, du reste, ne le conteste pas; il persiste néanmoins à demander que l'autorisation lui soit accordée. Mais le Département estime que de telles combinaisons sont dangereuses, car elles permettent d'éluder les dispositions de l'art. 4 AIH et favorisent la spéculation sur les permis. "Il est vrai que d'un point de vue théorique, l'ouverture de Rosemont SA ne créerait pas une augmentation de l'appareil de production. Cependant, quoi qu'en dise le recourant, il est dans le cours normal des choses que la création d'une seconde entreprise entraîne, à plus ou moins brève échéance, un accroissement de l'appareil de production." Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant admet lui-même qu'en droit - sinon en fait - ses ateliers de Genève et de La Chaux-de-Fonds constituent une seule et même entreprise. C'est bien ainsi qu'il faut les considérer du point de vue de la présente demande. En 1949, il avait demandé l'autorisation d'ouvrir une succursale à Genève et la décision du 8 mars, qui lui permettait d'occuper dans son nouvel atelier de Genève 20 ouvriers au maximum, prélevés sur l'effectif déjà accordé précédemment (140 unités), est intitulée "Déplacement partiel d'un atelier de terminage de mouvements à Genève". Le sens de cette décision a du reste été précisé par le Département dans une lettre à Imhof, du 2 avril 1949, selon laquelle l'autorisation porte sur le déplacement d'une partie de l'entreprise Imhof de La Chaux-de-Fonds à Genève. Enfin, par décision du 20 décembre 1950, Imhof a été autorisé à porter à 180 ouvriers son effectif total, soit une augmentation de 20 ouvriers pour l'atelier de Genève et d'autant pour l'établissement de La Chaux-de-Fonds. Il est dès lors sans importance que ces deux établissements soient, aux dires du recourant, gérés comme deux entreprises distinctes. Il ne s'agit là que d'une simple particularité de l'organisation interne de l'entreprise. BGE 80 I 216 S. 221 2. Imhof requiert l'autorisation de détacher l'atelier de Genève de son entreprise et de le constituer en société anonyme. Il en résulterait la création d'une nouvelle entreprise, qui aurait le permis de fabriquer des montres par voie d'établissage. Le Département considère qu'il s'agit là de la scission d'une entreprise qui, comme telle, serait subordonnée à une autorisation. Le recourant ne conteste pas qu'une autorisation soit nécessaire. Dans les deux cas de scission, cependant, dont le Tribunal fédéral a eu à connaître jusqu'ici (RO 79 I 102; arrêt Struss, du 11 décembre 1953, non publié), la situation de fait n'était pas la même que dans la présente espèce. L'entreprise appartenait à deux ou à plusieurs propriétaires et l'opération projetée avait pour but de la partager entre les divers ayants droit, afin de créer autant de nouvelles entreprises personnelles qu'il y avait de parts. Il en va autrement dans le cas Imhof, où il n'y a qu'un seul propriétaire et où la séparation n'a de sens que par rapport à un autre acte, qui est la constitution d'une société anonyme et la cession d'une des parts de l'entreprise à cette société. Il y a là, en réalité, une cession partielle, avec des actifs et éventuellement des passifs, à une personne juridique distincte, la société anonyme créée à cet effet. Aussi faut-il considérer que la présente requête tend non pas à une scission, mais à la cession d'une part d'une entreprise horlogère à une société anonyme en constitution. Autrement dit, il s'agit de la reprise partielle d'une entreprise horlogère avec création d'une entreprise nouvelle. 3. L'arrêté du 22 juin 1951 prévoit un seul cas où la reprise d'une entreprise horlogère n'est pas subordonnée à un permis. C'est la reprise "avec l'actif et le passif" (art. 3 al. 1 dernière phrase AIH), c'est-à-dire le cas où l'entreprise est transférée dans son ensemble et intégralement au nouvel acquéreur. Il ne peut être question d'y assimiler celui où le propriétaire d'une entreprise n'en cède qu'une partie, même si l'appareil de production ne s'en trouve pas augmenté. Le texte clair de la loi s'y oppose, BGE 80 I 216 S. 222 qui n'excepte de l'autorisation qu'un seul cas de reprise. Dans tous les autres cas, l'autorité est tenue de contrôler préalablement si la reprise est compatible avec les règles légales qui protègent l'industrie horlogère. Dès lors, l'opération projetée par le recourant, c'est-à-dire le transfert d'une partie de son entreprise à une société anonyme, qu'il constituera, est subordonnée à un permis. 4. La Chambre suisse de l'horlogerie estime que la présente requête devrait être rejetée par application des principes jurisprudentiels que le Tribunal fédéral a posés dans son arrêt Etienne, du 12 février 1954. Il s'agissait, dans cette affaire, d'un fabricant, qui avait demandé l'autorisation d'ouvrir une nouvelle fabrique d'horlogerie. L'autorisation aurait donc comporté un accroissement de l'appareil de production. La Cour a jugé qu'elle devait être refusée, non seulement parce que, si on l'accordait de par l'art. 4 al. 1 lit. a AIH, les entrepreneurs déjà établis pourraient pratiquement tous se réclamer de la même disposition légale pour ouvrir de nouvelles entreprises de leur branche, sans tenir aucun compte des intérêts importants que le législateur a voulu protéger (art. 4 al. 1, préambule), mais encore, parce que la demande tendait à éluder les exigences spéciales auxquelles la loi subordonne l'augmentation du nombre des ouvriers dans une entreprise (art. 4 al. 1 lit. d). La présente demande, cependant, à la différence de celle qu'avait formée Etienne, ne tend pas à l'accroissement de l'appareil de production, en particulier du nombre des ouvriers; elle n'entraînerait qu'une augmentation du nombre des entrepreneurs dans la branche. Il n'est pas nécessaire, cependant, de rechercher si une telle augmentation suffirait à justifier le rejet de la requête, car celle-ci apparaît en tout cas inadmissible par un autre motif. Le recourant déclare lui-même qu'il posséderait la majorité des actions de la société anonyme projetée; il en serait donc le chef et, s'agissant d'une exploitation de la même branche, posséderait nécessairement les qualités et connaissances BGE 80 I 216 S. 223 qu'exige l'art. 4 al. 1 lit. a AIH pour la création de la nouvelle entreprise. Cependant, celle-ci, une fois créée, pourrait, dans les limites de l'art. 3 al. 1 dernière phrase AIH, être reprise par un tiers avec l'actif et le passif sans qu'il soit besoin d'aucune autorisation pour ce faire. Ainsi donc, si le titulaire d'une entreprise pouvait se réclamer de l'art. 4 al. 1 lit. a AIH pour en constituer une part comme société anonyme tout en restant le maître de cette société, il acquerrait, par cette voie détournée le droit de céder une partie seulement de son entreprise à un tiers quelconque sans aucun contrôle de l'autorité. Il éluderait de cette façon la règle qui n'autorise le transfert sans autorisation qu'en cas de reprise intégrale avec l'actif et le passif (art. 3 al. 1 dernière phrase AIH). Or, l'application de la règle inscrite à l'art. 4 al. 1 lit. a AIH ne saurait avoir un tel effet. Par ce motif, le titulaire d'une entreprise existante ne saurait, en vertu de l'art. 4 al. 1 lit. a AIH'revendiquer l'autorisation de constituer une part de son exploitation en une société anonyme dans laquelle il dispose effectivement de tous les droits. Une telle opération ne pourrait être admise que lorsque la constitution de la société anonyme a d'ores et déjà pour effet d'assurer le transfert partiel de l'entreprise à un tiers et lorsque l'autorité compétente a contrôlé si ce tiers satisfait aux conditions fixées par l'art. 4 AIH pour l'ouverture d'une nouvelle entreprise. 5. En conséquence, l'administration a refusé légitimement de permettre à Imhof de transférer une partie de son entreprise existante à une société anonyme dont il demeure le directeur et le principal actionnaire. La question pourra être revue lorsque Imhof se proposera, par ce moyen, de transférer une partie de son entreprise à un tiers et lorsque l'autorité compétente aura ainsi la faculté d'examiner si ce tiers satisfait aux conditions de l'art. 4 AIH. Dans son recours, Imhof déclare qu'il occupe à La Chauxde-Fond ses deux fils, âgés respectivement de 37 et de 35 ans, et qu'il prévoit, pour des raisons personnelles, de BGE 80 I 216 S. 224 détacher l'un d'eux à Genève, sous son autorité. A ce propos, le Département, dans sa décision, exprime à bon droit l'avis suivant: "Si M. Imhof désire plus tard transférer sa succursale à l'un de ses fils, il aura la possibilité d'en demander en temps voulu l'autorisation. Sans que l'on puisse naturellement préjuger d'ores et déjà la décision qui serait prise à cette occasion, on peut signaler que la situation serait revue à la lumière des faits nouveaux." Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,954
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
dddd4584-6ee0-4def-b7b7-6cd59d3bb7f5
Urteilskopf 107 IV 60 18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. März 1981 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 63 StGB ; Art. 19 BetmG . Die Strafe wegen Handels mit Betäubungsmitteln ist nicht allein nach der Gefährlichkeit der Droge, sondern auch und in erster Linie nach dem Verschulden des Täters zu bemessen, wobei dessen Beweggründe, Vorleben und persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind. Zulässig sind auch generalpräventive Überlegungen.
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 107 IV 60 S. 60 A.- Das Bezirksgericht Bülach verurteilte am 21. Januar 1980 den 1948 geborenen amerikanischen Staatsangehörigen K. wegen Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3 i.V.m. Ziff. 2 lit. a des Betäubungsmittelgesetzes vom 3. Oktober 1951 (in der Fassung vom 20. März 1975) zu 9 Jahren Zuchthaus abzüglich 275 Tage erstandener Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie zu 15 Jahren Landesverweisung unbedingt. Am 21. April 1979 waren bei der Zollkontrolle im Flughafen Zürich-Kloten im Gepäck von K. 6,18 kg Kokain gefunden BGE 107 IV 60 S. 61 worden, die K. von Santa Cruz über die Schweiz nach den Vereinigten Staaten zu transportieren im Begriffe war. Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich bestätigte das erstinstanzliche Urteil am 2. Juli 1980 mit der Modifikation, dass dem Verurteilten 438 Tage Untersuchungs- und Sicherheitshaft auf die Strafe angerechnet werden. B.- Gegen diesen Entscheid erhob K. kantonale und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde am 12. Februar 1981 abgewiesen. Mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde beantragt K., Ziffer 2 des angefochtenen Urteilsdispositivs (Bestrafung mit 9 Jahren Zuchthaus) sei wegen Verletzung von Art. 63 StGB aufzuheben und die Sache sei zur neuen Entscheidung und zu seiner Bestrafung mit Gefängnis an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe die Strafe nach unzutreffenden Gesichtspunkten, in Überschreitung des ihm zustehenden Ermessens, willkürlich zu hoch angesetzt und dadurch Art. 63 StGB verletzt. Zur Begründung führt er im wesentlichen folgendes aus: Bezüglich des Gefährdungspotentials von Kokain hätten sich im kantonalen Berufungsverfahren durch die Befragung von Privatdozent Dr. L. völlig neue Erkenntnisse ergeben. Bisher hätten beide kantonalen Instanzen angenommen, das Gefährdungspotential des Kokain liege nahe bei demjenigen des Heroin, und sie hätten demnach den Kokainhandel nur leicht milder als den Handel mit Heroin bestraft. Nach der bundesgerichtlichen Praxis ( BGE 105 IV 73 ff. und BGE 103 IV 281 ff.) bewirke eine Applikation von 10 x 45 mg, also 0,45 g Heroin bei einer Person eine Abhängigkeit und eine Menge von ca. 15 g genüge, um eine Vielzahl von Personen (ca. 30) zu gefährden. Beim Kokain dagegen sei erst bei einer Applikation von 1 g pro Tag über eine Dauer von 6 Monaten, d.h. bei Gebrauch von 180 g pro Person (und bloss mit grosser Wahrscheinlichkeit) mit psychopathologischen Folgen zu rechnen, so dass es 5,4 kg brauche, um 30 Personen zu gefährden. 15 g Heroin entsprächen also in ihrer Wirkung ungefähr 5'400 g Kokain. Das Gefährdungspotential von Kokain sei demnach (5'400 : 15 = 360) mal geringer BGE 107 IV 60 S. 62 als dasjenige des Heroin und es werde weiter dadurch vermindert, dass Kokain vor allem von Leuten der gehobenen Mittelschicht mitteleren Alters konsumiert werde, die finanziell und psychisch gefestigt seien. Bei Kokainvergehen müsse demnach gegenüber Heroinvergehen eine Strafreduktion im Verhältnis von 1:360 Platz greifen. Die Vorinstanz habe dies völlig ausser acht gelassen und deshalb Art. 63 StGB verletzt. 2. a) Über die Höhe der Strafe entscheidet der Sachrichter im Rahmen seines Ermessens. Nach ständiger Rechtsprechung greift der Kassationshof in dieses nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafnahmen über- oder unterschritten hat, wenn er nicht von rechtlich massgebenden Gesichtspunkten ausging oder die Strafe willkürlich hart oder milde ansetzte ( BGE 101 IV 328 /29). b) Der vorinstanzliche Schuldspruch blieb unangefochten. Es ist demnach unbestritten, dass ein schwerer Fall im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a des Betaübungsmittelgesetzes vorliegt. Der Beschwerdeführer wusste oder musste zumindest annehmen, dass die von ihm eingeführte Menge Kokain geeignet war, die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen. Für Widerhandlungen dieser Art stellt das Gesetz einen Strafrahmen auf, der von Gefängnis nicht unter einem Jahr bis zu 20 Jahren Zuchthaus reicht, womit eine Busse bis zu einer Million Franken verbunden werden kann. Die von der Vorinstanz ausgefällte Strafe von 9 Jahren Zuchthaus blieb in diesem Rahmen. c) Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers verkannten die beiden Vorinstanzen nicht, dass Heroin gefährlicher ist als Kokain. Das Obergericht lehnte es jedoch mit Recht ab, den vom Beschwerdeführer aufgrund des Gefährdungspotentials der beiden Drogen errechneten Massstab schematisch auf die Strafzumessung anzuwenden. Einerseits steht noch keineswegs als gesichert fest, dass Kokain bei Berücksichtigung aller Umstände 360 mal weniger gefährlich ist als Heroin. Vor allem aber ist das Strafmass nicht allein nach der Gefährlichkeit einer Droge, sondern auch und in erster Linie nach dem Verschulden des Täters zu bemessen, wobei dessen Beweggründe, Vorleben und persönlichen Verhältnisse mitzuberücksichtigen sind ( Art. 63 StGB ). Die Vorinstanz führte diesbezüglich aus, das Verschulden des K. wiege ausgesprochen schwer, habe er doch ausschliesslich des Geldes wegen, ohne in einer BGE 107 IV 60 S. 63 finanziellen Notlage zu sein, nicht nur als untergeordneter Transporteur, sondern recht intensiv, als Vertrauensmann und Partner der unbekannt gebliebenen, ihm aber bekannten Hintermänner und gegen eine aussergewöhnlich hohe Entschädigung sich am Drogenhandel beteiligt. Dass diese Feststellungen falsch seien, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Das Bezirksgericht, auf dessen Erwägungen die Vorinstanz verwies, hatte bei der Strafzumessung auch generalpräventive Überlegungen angestellt und unter anderem ausgeführt, dem Drogenmissbrauch als einem Grundübel unserer Zeit könne nur wirksam begegnet werden, wenn die Gerichte den ihnen vom Gesetz zur Verfügung gestellten Strafrahmen gegenüber den internationalen Grosshändlern und Transporteuren weitgehend ausschöpften. Dass derartige Überlegungen bei der Strafzumessung nicht hätten mit in Betracht gezogen werden dürfen, macht der Beschwerdeführer nicht geltend.
null
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ddde501c-ff18-4af5-b39a-c597834f29d5
Urteilskopf 115 II 62 11. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 30. Januar 1989 i.S. E. Revisions- und Treuhand AG gegen R. (Berufung)
Regeste Vertrag über die Anlage und Verwaltung von Vermögen. Art. 398 Abs. 2 OR ; Haftung des berufsmässig und entgeltlich handelnden Vermögensverwalters wegen Verletzung der Sorgfalts- und Treuepflicht.
Sachverhalt ab Seite 62 BGE 115 II 62 S. 62 A.- Die I. AG war von 1969 bis 1978 Kontrollstelle der Herbert R. AG, die 1960 als Nachfolgerin der Einzelfirma des Herbert R. gegründet worden war. Werner W., Hauptaktionär und Geschäftsführer der I. AG, war seit 1969 privater Steuerberater von R. Dieser verkaufte 1978 sein Unternehmen und übergab den grössten Teil des Erlöses, rund 3,1 Millionen, der I. AG mit dem mündlichen Auftrag, das Geld für ihn anzulegen und zu verwalten. Als Verwaltungshonorar wurde ein Anteil von 25% des erzielten Gewinnes verabredet. R. bevollmächtigte die Treuhandfirma und W., ihn gegenüber zwei Banken mit unbeschränkten Befugnissen zu vertreten. Die I. AG, welche das Geld auf dem Wertschriftenmarkt anlegte, erstellte halbjährliche Abschlüsse, denen R. aber wenig Beachtung schenkte. Im Mai 1978 bzw. im September 1979 wies er die Banken zudem an, ihm keine Konto- und Depotauszüge mehr zuzustellen. Er bemerkte deshalb erst Ende August 1981 im Zusammenhang mit der Steuererklärung per 1. Januar 1981, dass die I. AG in grossem Ausmass Lombardkredite aufgenommen hatte. Als eine der Banken im Oktober 1981 wegen Kursverlusten auf den verpfändeten Wertpapieren zusätzliche Sicherheiten verlangte, widerrief R. anfangs November die Bankvollmachten. Er erteilte in der Folge den Banken trotz Abmahnung der Treuhandfirma den Auftrag, die risikoreichsten Posten aus den Wertschriftendepots zu verkaufen. Für die daraus resultierenden Verluste machte er die I. AG und W. persönlich verantwortlich. B.- R. reichte beim Bezirksgericht Lenzburg Klage gegen die I. AG und W. ein. Nachdem das Gericht ein Beweisverfahren durchgeführt und dabei ein Gutachten eingeholt hatte, verneinte BGE 115 II 62 S. 63 es mit Urteil vom 14. Mai 1987 die Passivlegitimation des Beklagten W. und verpflichtete die I. AG, dem Kläger Fr. 684'992.50 nebst Zins zu zahlen. Dieses Urteil wurde vom Obergericht des Kantons Aargau auf Appellation der I. AG und Anschlussappellation des Klägers am 23. März 1988 bestätigt. C.- Aus einer Eingabe der Beklagten an das Bundesgericht geht hervor, dass die I. AG im Laufe des Appellationsverfahrens ihren Sitz verlegt hat unter gleichzeitiger Namensänderung in E. Revisions- und Treuhand AG und die frühere Firma am 4. Januar 1988 im Handelsregister des Kantons Aargau gelöscht worden ist. Im bundesgerichtlichen Verfahren ist daher auf der Beklagtenseite die E. Revisions- und Treuhand AG als Partei aufzuführen. D.- Die E. Revisions- und Treuhand AG hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit darauf eingetreten werden kann, und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Vorinstanz bezeichnet das Rechtsgeschäft der Parteien zwar als gemischten Vertrag, lässt aber offen, ob Elemente des Auftrags oder der Kommission im Vordergrund stehen, weil nach ihrer Auffassung die massgebenden Fragen in jedem Fall nach Auftragsrecht zu beurteilen sind. Während die Beklagte dem zustimmt, wendet der Kläger ein, die Kommission falle gemäss Art. 425 Abs. 1 OR ausser Betracht, denn die Beklagte habe nach den Feststellungen der Vorinstanz die Käufe und Verkäufe von Wertpapieren nicht in eigenem Namen, sondern als direkte Stellvertreterin, d.h. in seinem Namen getätigt. Ob dem angefochtenen Urteil solche Feststellungen entnommen werden können, ist jedoch zweifelhaft. Wie es sich damit verhält, braucht aber nicht weiter untersucht zu werden, da die Vorinstanz mit Recht davon ausgeht, dass die massgebenden Fragen der Weisungsgebundenheit, der Sorgfaltspflicht der Beklagten und ihrer Haftung für getreue und sorgfältige Geschäftsführung aufgrund des Verweises in Art. 425 Abs. 2 OR selbst dann nach Auftragsrecht zu beurteilen wären, wenn die Beklagte Kommissionsgeschäfte durchgeführt haben sollte. 2. (Auslegung des Vertrages nach dem Vertrauensgrundsatz: Die Beklagte musste den Auftrag zur Vermögensanlage unter den BGE 115 II 62 S. 64 Umständen, wie sie von der Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt worden sind, so verstehen, dass für den Kläger nicht die Vermögensvermehrung, sondern die Vermögenserhaltung im Vordergrund stehe.) 3. Gemäss Art. 398 Abs. 2 OR haftet der Beauftragte dem Auftraggeber für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes. Das Obergericht bejaht die Haftung der Beklagten wegen einer Verletzung dieser Sorgfalts- und Treuepflicht. Anstatt übereinstimmend mit dem primären Interesse des Klägers auf Vermögenserhaltung das Geld vorsichtig anzulegen, habe die Beklagte ab 1980 eine spekulative, auf Kursgewinn ausgerichtete Anlagepolitik betrieben. Sie habe den Kläger über die Risiken der spekulativen Geldanlage nicht oder zumindest nur ungenügend aufgeklärt. Unvorsichtig und sorgfaltswidrig habe die Beklagte überdies gehandelt, weil sie während eines mehrwöchigen Auslandaufenthaltes ihres Geschäftsführers im Sommer 1981 nicht einen Stellvertreter mit der Überwachung des Wertschriftengeschäftes und der Vermögensanlage beauftragt habe. Den Nachweis, dass sie kein Verschulden treffe, habe die Beklagte nicht erbracht. a) Der Beauftragte hat grundsätzlich nicht für den Erfolg seiner Tätigkeit einzustehen. Haftungsbegründend ist vielmehr eine unsorgfältige oder treuwidrige und den Auftraggeber schädigende Ausführung des Auftrages. Das Mass der Sorgfalt bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Erforderlich ist die Sorgfalt, welche ein gewissenhafter Beauftragter in der gleichen Lage bei der Besorgung der ihm übertragenen Geschäfte anzuwenden pflegt (TERCIER, La partie spéciale du Code des obligations, Rz. 2974). Höhere Anforderungen sind an den Beauftragten zu stellen, der seine Tätigkeit berufsmässig, gegen Entgelt ausübt (HOFSTETTER, SPR, Bd. VII/2, S. 97 f.; GAUTSCHI, N. 24d zu Art. 398 OR ; DANIEL GUGGENHEIM, Les contrats de la pratique bancaire suisse, 2. Auflage, S. 93). Dabei ist nach der Art des Auftrages zu differenzieren und auch den besonderen Umständen des Einzelfalles Rechnung zu tragen (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 2 zu Art. 398 OR ). Bestehen für eine Berufsart oder ein bestimmtes Gewerbe allgemein befolgte Verhaltensregeln und Usanzen, können sie bei der Bestimmung des Sorgfaltsmasses herangezogen werden (TERCIER, a.a.O., Rz. 2979; GUGGENHEIM, a.a.O., S. 93; BGE 108 II 318 ). Aus der Treuepflicht des Beauftragten ergibt sich, dass er bei der Ausführung des Auftrages die Interessen des Auftraggebers umfassend BGE 115 II 62 S. 65 zu wahren und deshalb alles zu unterlassen hat, was diesem Schaden zufügen könnte (GAUTSCHI, N. 5a zu Art. 398 OR ; BUCHER, Obligationenrecht, Besonderer Teil, 3. Auflage, S. 230; TERCIER, a.a.O., Rz. 2988). Ausfluss der Treuepflicht ist insbesondere, dass der Beauftragte den Auftraggeber beraten und informieren muss. Mit regelmässiger Beratung hat er dem Auftraggeber bei der Wahl der geeigneten Massnahmen behilflich zu sein. Erhält er Anweisungen, welche den Interessen des Auftraggebers zuwiderlaufen, hat er abzuraten (TERCIER, a. a. O., Rz. 2991). Gegenstand der Informationspflicht bildet alles, was für den Auftraggeber von Bedeutung ist. Der Beauftragte hat als Fachmann dem Auftraggeber auch unaufgefordert über die Zweckmässigkeit des Auftrages und der Weisungen, die Kosten und Gefahren sowie die Erfolgschancen Auskunft zu geben (HOFSTETTER, a.a.O., S. 90; TERCIER, a. a. O., Rz. 2990). b) Die Beklagte bestreitet eine Verletzung ihrer Sorgfalts- und Treuepflicht vorab mit dem Einwand, sie habe vom Kläger den Auftrag erhalten, eine spekulative, auf Kursgewinn ausgerichtete Anlagepolitik zu betreiben. Diese Auffassung hat sich bereits als unbegründet erwiesen. Unbeachtlich ist zudem die hier ebenfalls vorgebrachte Behauptung, der Kläger sei bereit gewesen, einen Verlust von rund einer Million Franken zu akzeptieren. c) Die Beklagte verkennt sodann, dass sie nicht befugt war, nach freiem Ermessen Aktienspekulationen durchzuführen und Lombardkredite aufzunehmen. Nach dem Willen des Klägers, für den die Vermögenserhaltung im Vordergrund stand, und in Wahrung seiner Interessen hatte sie das Ausmass der Spekulationen und den Umfang der Lombardkredite in vernünftigen Grenzen zu halten. Nach den Feststellungen der Expertin, die von den Vorinstanzen übernommen worden und daher für das Bundesgericht verbindlich sind, hat sie das Geld des Klägers indessen nur in den Jahren 1978 und 1979 im üblichen Rahmen und mit den üblichen Risiken angelegt und verwaltet. In den Jahren 1980 und 1981 betrieb die Beklagte dagegen eine spekulative, auf Kursgewinn ausgerichtete Anlagepolitik und ging dabei Risiken ein, die nach der Expertin ausserhalb jedes vertretbaren Rahmens lagen. Ende Oktober 1981 enthielten die Depots verhältnismässig grosse Positionen hoch spekulativer Aktien, die teilweise durch hohe Kreditaufnahmen finanziert worden waren. Ende 1980 betrug der Anteil der Aktien und Optionen am Nettovermögen rund 88% und Ende Oktober 1981 über 220%. Das Verhältnis der Bankschulden zum BGE 115 II 62 S. 66 Nettovermögen betrug Ende 1980 50% und stieg bis Ende Oktober 1981 auf 232% an. Aus diesen Umständen ergibt sich eindeutig, dass die Beklagte durch übermässige Spekulationen und Kreditaufnahmen Risiken eingegangen ist, die ein berufsmässiger, gewissenhafter Vermögensverwalter in der gleichen Lage vermieden hätte. Damit hat sie ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Die weiteren Vorbringen der Beklagten vermögen nichts daran zu andern. Soweit sie dabei auf die Äusserungen der Expertin abstellen will, wird ihr Einwand durch das Gutachten selbst widerlegt. Danach können die im Juni bis August und im Oktober 1981 getätigten Käufe von amerikanischen und kanadischen Aktien zwar nicht ausnahmslos als hoch spekulativ eingestuft werden. Bedenklich waren die Geschäfte aber darum, weil der weitaus grösste Teil der Aktien auf Termin gekauft wurde, ohne dass Gegenwerte in Form von Termin-Bankguthaben oder bewilligten Kreditlimiten vorhanden waren. Zudem nahmen einige Titel im Verhältnis zum Gesamtanlagebetrag einen überdurchschnittlich hohen Anteil ein. Unbehilflich ist schliesslich der Einwand, der Kläger hätte keine Verluste erlitten, wenn er die Depot-Bestände in den zwei folgenden Jahren unverändert weitergeführt hätte. Die Vorinstanz hat diesen Vorwurf von "Panikverkäufen" für unbegründet erklärt. Da die Berufung lediglich darauf beharrt, es habe sich um solche Verkäufe gehandelt, aber nicht darlegt, warum die Begründung der Vorinstanz gegen Bundesrecht verstossen soll, ist das angefochtene Urteil in diesem Punkt der Überprüfung entzogen ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ; BGE 106 II 176 ). d) Die Beklagte bestreitet auch, den Kläger nicht oder nur ungenügend über die Gefahren der spekulativen Geldanlage aufgeklärt zu haben. Nach ihrer Auffassung war der Kläger aufgrund der Abschlüsse und Bilanzen ohne weiteres in der Lage, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen und ihr allenfalls neue Weisungen zu erteilen. Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts, auf die im angefochtenen Urteil verwiesen wird, hat die Beklagte die Abschlüsse nicht in einer Weise erstellt, die es dem in Bankgeschäften unerfahrenen Kläger ermöglichte, sich ohne grossen Aufwand ein objektives Bild vom Stand und der Zusammensetzung des Anlagevermögens zu machen. Der Grund dafür war vor allem, dass die Bewertung der Titel nicht nach den Börsen- oder Marktkursen erfolgte, wie dies gemäss Gutachten üblich ist, sondern die sogenannten Buchwerte, d.h. die Anschaffungswerte angegeben wurden. Die BGE 115 II 62 S. 67 von der Beklagten dagegen vorgebrachten Einwände sind haltlos. Das gilt sowohl für den Hinweis auf kurzfristige Schwankungen der Börsenkurse wie auch für das Argument, nicht die Liquidation, sondern die Fortführung der Depots sei angestrebt worden. Unerheblich ist sodann die Behauptung, die Angabe der Buchwerte habe für den Kläger keine steuerlichen Nachteile zur Folge gehabt. Die Beklagte wendet schliesslich ein, ihr Verhalten sei nicht kausal für den Eintritt des Schadens, denn der Kläger habe die Abschlüsse und Bilanzen zum Teil gar nicht beachtet. Wie bereits dargelegt, ergibt sich indes aus der Beratungs- und Informationspflicht des Beauftragten, dass er dem Auftraggeber regelmässig und auch unaufgefordert über die Ausführung des Auftrages Auskunft zu geben hat. Das gilt nicht nur für bereits vorgenommene, sondern auch für zukünftige Massnahmen, und insbesondere dann, wenn der Beauftragte beabsichtigt, sein Vorgehen grundsätzlich zu ändern. Die Beklagte hätte deshalb im Zeitpunkt, als sie die Anlagepolitik spekulativer und damit risikoreicher gestalten wollte, den Kläger von sich aus darüber informieren, ihn auf die Gefahren und Erfolgsaussichten aufmerksam machen und seine ausdrückliche Einwilligung einholen müssen. Zudem hätte sie ihn gegebenenfalls dazu auffordern sollen, ihr konkrete Weisungen zu erteilen. Das hat sie alles nicht getan und damit gegen ihre Treuepflicht verstossen.
public_law
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
dde10e5e-a79b-44b7-b0dd-85b6a8ce0e0e
Urteilskopf 106 V 193 44. Urteil vom 22. Oktober 1980 i.S. Meier gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 17 lit. d AHVV . Liquidationsgewinne von zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmungen gehören zum massgebenden Erwerbseinkommen. Art. 22 und 25 AHVV . Zum Problem der Erfassung der Liquidationsgewinne mit den in der AHVV vorgesehenen Methoden der Beitragsfestsetzung.
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 106 V 193 S. 193 A.- Ernst Meier war Inhaber eines Fabrikationsbetriebes, den er - mit Ausnahme der Fabrikliegenschaft - im Jahre 1971 liquidierte. Am 26. Oktober 1971 wurde die Firma im Handelsregister gelöscht. Seit September 1971 ist Ernst Meier Arbeitnehmer einer Versicherungsgesellschaft. Die Fabrikliegenschaft wurde auf den 1. April 1973 verkauft; daraus resultierte ein Gewinn von Fr. 798'535.--. Am 25. Januar 1977 meldete das kantonale Steueramt der Ausgleichskasse des Kantons Zürich für 1973 ein Jahreseinkommen des Beitragspflichtigen von Fr. 808'945.--, das den gesamten Verkaufserlös und Mietzinseinnahmen umfasste. Auf dieser BGE 106 V 193 S. 194 Grundlage setzte die Ausgleichskasse die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 1972 bis 30. Juni 1973 fest (Verfügung vom 9. März 1977). B.- Diese Verfügung liess Ernst Meier beschwerdeweise an die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich weiterziehen. Die Rekurskommission hielt daran fest, dass der Liquidationsgewinn durch Gegenwartsbemessung im Sinne von Art. 22 Abs. 3 AHVV erfasst werden müsse. Hingegen könne kein Eigenkapitalzins abgezogen werden, weil im massgebenden Zeitpunkt (1. Januar 1974) kein "Betriebseigenkapital" mehr vorhanden gewesen sei. Demgemäss setzte die Rekurskommission den für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1973 geschuldeten Beitrag neu auf Fr. 63'879.60 fest. Anderseits hob sie die Beitragsverfügung für die Zeit vom 1. Juli 1972 bis 30. Juni 1973 auf. Im übrigen wies sie die Beschwerde ab (Entscheid vom 7. August 1978). C.- Ernst Meier lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides festzustellen, dass auf dem Liquidationsgewinn keine Sozialversicherungsbeiträge geschuldet seien. Zur Begründung wird im wesentlichen auf Rz 84 der bundesamtlichen Wegleitung über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen verwiesen; diese Randziffer sei für die Ausgleichskassen nach wie vor verbindlich. Während die Ausgleichskasse die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, bemerkt das Bundesamt, dass die Kassenverfügung und der angefochtene Entscheid mit der Rechtsprechung im Einklang stehen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 17 lit. d AHVV gelten eingetretene und verbuchte Wertvermehrungen und Kapitalgewinne von zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmungen als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Diese Bestimmung wurde stets als gesetzeskonform betrachtet ( BGE 98 V 250 Erw. b, BGE 96 V 60 Erw. 2). Darunter fallen auch die Liquidationsgewinne, welche sich bei der Auflösung oder Umwandlung eines buchführungspflichtigen Unternehmens ergeben; denn sie sind wirtschaftliches Ergebnis selbständiger Erwerbstätigkeit. BGE 106 V 193 S. 195 Allerdings wird in Rz 84 der bundesamtlichen Wegleitung erklärt, dass Kapitalgewinne, die wegen Beendigung der Steuerpflicht der Jahressteuer auf Kapitalgewinnen (Art. 43 WStB) unterworfen wurden, mangels gesetzlicher Grundlagen nicht zum massgebenden Erwerbseinkommen gehören. In den zitierten Urteilen hat das Eidg. Versicherungsgericht diese Randziffer wiederholt als gesetzwidrig bezeichnet. Trotz der konstanten Gerichtspraxis folgen zahlreiche Ausgleichskassen der immer noch unveränderten bundesamtlichen Weisung und nicht der bundesgerichtlichen Rechtsauffassung. Daraus resultiert - wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend bemerkt wird - eine rechtsungleiche Behandlung der Versicherten. Diese unbefriedigende Situation könnte dadurch behoben werden, dass das Bundesamt seine Weisungen an die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts anpasst, es sei denn, dass der Gesetzgeber die Liquidationsgewinne von der Beitragspflicht ausnimmt oder dass allenfalls der Bundesrat im Rahmen seiner Rechtssetzungskompetenz eine entsprechende Regelung trifft. Ohne eine solche Änderung der Rechtsgrundlage sieht sich das Eidg. Versicherungsgericht aufgrund einer neuerlichen Überprüfung nicht veranlasst, von seiner Rechtsprechung abzuweichen (Beschluss des Gesamtgerichts vom 27. Februar 1980). Daran vermögen auch die Einwände des Beschwerdeführers, der sich hauptsächlich auf die für das Eidg. Versicherungsgericht nicht verbindliche Rz 84 der bundesamtlichen Wegleitung stützt, nichts zu ändern. 2. Eine andere Frage ist es, mit welcher der in der AHVV vorgeschriebenen Methoden der Beitragsfestsetzung der Liquidationsgewinn erfasst werden kann. Die AHVV kennt ein ordentliches und ein ausserordentliches Verfahren der Beitragsfestsetzung. a) Das ordentliche Verfahren ist in den Art. 22 und 23 AHVV umschrieben. In der Regel wird der Jahresbeitrag vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit für eine zweijährige, mit geradem Kalenderjahr beginnende Beitragsperiode aufgrund des Durchschnittseinkommens der das zweit- und drittletzte Jahr vor der Beitragsperiode umfassenden Berechnungsperiode festgesetzt ( Art. 22 Abs. 1 und 2 AHVV ). Dagegen wird der Jahresbeitrag vom Einkommen aus einer nebenberuflichen, gelegentlich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit für jenes Kalenderjahr festgesetzt, in dem es erzielt wurde ( Art. 22 Abs. 3 AHVV ). BGE 106 V 193 S. 196 Es ist grundsätzlich Sache der Steuerbehörden, das massgebende Einkommen aufgrund der rechtskräftigen Wehrsteuerveranlagung oder allenfalls aufgrund der rechtskräftigen Veranlagung für die kantonale Einkommens- oder Erwerbssteuer zu ermitteln. Die Angaben der Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen verbindlich ( Art. 23 Abs. 1, 2 und 4 AHVV ; BGE 102 V 30 ). b) Das ausserordentliche Verfahren der Beitragsfestsetzung gelangt zur Anwendung, wenn der Beitragspflichtige eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt oder wenn sich die Einkommensgrundlagen seit der letzten ordentlichen Berechnungsperiode, für welche die Steuerbehörde das Erwerbseinkommen ermittelt hat, infolge Berufs- oder Geschäftswechsels, Wegfalls oder Hinzutritts einer Einkommensquelle, Neuverteilung des Betriebs- oder Geschäftseinkommens oder Invalidität dauernd verändert haben und dadurch die Höhe des Einkommens wesentlich beeinflusst wurde. Ist ein solcher Sachverhalt gegeben, dann ermittelt die Ausgleichskasse das massgebende reine Erwerbseinkommen für die Zeit von der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. von der Grundlagenänderung bis zum Beginn der nächsten ordentlichen Beitragsperiode ( Art. 25 Abs. 1 AHVV ). Im ausserordentlichen Verfahren sind die Beiträge für jedes Kalenderjahr aufgrund des jeweiligen Jahreseinkommens festzusetzen. Für das Vorjahr der nächsten ordentlichen Beitragsperiode ist jenes Einkommen massgebend, das der Beitragsbemessung für diese Periode zugrundegelegt werden muss ( Art. 25 Abs. 3 AHVV ). c) Die dargelegten Bemessungsregeln gelten auch für die Erfassung der Liquidationsgewinne. Das hat zur Folge, dass es von zeitlichen Zufälligkeiten abhängt, ob auf einem Liquidationsgewinn Beiträge erhoben werden können oder nicht. Diese Rechtslage vermag nicht zu befriedigen. Indessen ist es nicht Sache des Gerichts, die in der Verordnung getroffene allgemeingültige Ordnung durch eine speziell auf die Liquidationsgewinne zugeschnittene Sonderregel zu ergänzen (wie das beispielsweise auf dem Gebiet der Wehrsteuer geschieht, indem Art. 43 WStB ausdrücklich die Erhebung einer Jahressteuer auf den Liquidationsgewinnen vorsieht). 3. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer den Liquidationsgewinn aus dem Verkauf der Fabrikliegenschaft BGE 106 V 193 S. 197 im Jahre 1973 erzielt hat. Dieses Jahr gehört zur Berechnungsperiode 1973/1974, der die ordentliche Beitragsperiode 1976/1977 zugeordnet ist. Da der Beschwerdeführer aber schon seit 1971 unselbständigerwerbend ist, konnte der Liquidationsgewinn offensichtlich nicht mit der ordentlichen Methode der Beitragsfestsetzung gemäss Art. 22 Abs. 1 und 2 AHVV erfasst werden. Es fragt sich, ob allenfalls die ordentliche Methode für Erwerbseinkommen aus nebenberuflich und bloss gelegentlich ausgeübter Erwerbstätigkeit ( Art. 22 Abs. 3 AHVV ) anwendbar ist. Das muss ebenfalls verneint werden, da der Liquidationsgewinn wirtschaftliches Ergebnis der vor der Auflösung der Einzelfirma ausgeübten hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit ist und daher nicht als Einkommen aus nebenberuflicher, gelegentlich ausgeübter Erwerbstätigkeit qualifiziert werden darf aus dem alleinigen Grund, dass der Beschwerdeführer noch vor der Realisierung des Liquidationsgewinns von der hauptberuflich selbständigen zur hauptberuflich unselbständigen Erwerbstätigkeit übergegangen und deshalb im Beitragsstatut ein Wechsel eingetreten ist. Schliesslich gelangt auch die ausserordentliche Methode der Beitragsfestsetzung ( Art. 25 AHVV ) nicht zur Anwendung, da zu keinem Zeitpunkt ein Sachverhalt gemäss Art. 25 Abs. 1 AHVV sich verwirklicht hat, welcher die Gegenwartsbemessung des Liquidationsgewinnes ermöglichen würde. Zusammenfassend ergibt sich, dass keine der in der AHVV vorgesehenen Methoden der Beitragsfestsetzung es erlaubt, den aus der Auflösung der Einzelfirma stammenden Liquidationsgewinn beitragsrechtlich zu erfassen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich vom 7. August 1978 und die Kassenverfügung vom 9. März 1977 aufgehoben.
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
dde754a2-feff-482e-9640-a7cf29fd9ac4
Urteilskopf 107 V 219 51. Arrêt du 24 novembre 1981 dans la cause R. et X contre Caisse cantonale genevoise de compensation et Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS
Regeste Art. 41 IVG , 29bis, 88a und 88bis IVV. Revision der Invalidenrente bei Aufenthalt in einer Strafanstalt zum Zwecke der Strafverbüssung. Wiederaufnahme der Rentenzahlung beim Übergang zur Halbfreiheit und dann zur bedingten Entlassung. Schicksal der Zusatzrenten.
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 107 V 219 S. 220 A.- Charles R., divorcé d'Emilia X (dont il a deux enfants confiés à leur mère) et remarié avec Annie R. (dont il a un enfant aussi), a bénéficié d'une rente entière d'invalidité, assortie de rentes complémentaires (pour son ex-femme et ses deux enfants notamment), depuis le 1er avril 1973. Le 30 novembre 1978, la Cour d'assises du canton de Genève a condamné Charles R. à cinq ans de réclusion, sous déduction de la détention préventive. Le prénommé a subi cette peine à partir du 5 mars 1979 dans différents établissements pénitentiaires. A partir du 3 mars 1980, il a pu bénéficier du régime de la semi-liberté, ce qui lui a permis d'exercer une certaine activité lucrative. Il a été libéré conditionnellement le 5 octobre 1980. Par décision du 5 octobre 1979, la Caisse cantonale genevoise de compensation avait supprimé les rentes susmentionnées avec effet au 1er novembre 1979, pour le motif qu'un détenu invalide n'est pas atteint dans sa capacité de gain par l'infirmité mais par l'incarcération. B.- Annie R. a recouru, en son nom personnel ainsi qu'en sa qualité de représentante légale de son mari (dont elle est la tutrice) et de son enfant, contre l'acte administratif précité. La Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS l'a déboutée par jugement du 27 mars 1980, rendu à l'encontre de Charles R. C.- Charles R. interjette recours de droit administratif. Il conclut à l'annulation de la décision du 5 octobre 1979 et au maintien de la rente entière, ainsi que des rentes complémentaires. Cette démarche a été ratifiée par Annie R., avec l'autorisation de l'autorité tutélaire. La caisse intimée conclut au rejet du recours, alors que l'Office fédéral des assurances sociales renonce à se déterminer. D.- La Caisse cantonale genevoise de compensation a notifié à Emilia X le 19 mai 1980 seulement sa décision de supprimer les rentes complémentaires dès le 1er novembre 1979. Elle lui a réclamé simultanément le remboursement d'un montant de 6'792 fr., représentant celles qui ont été versées par erreur au-delà du terme susmentionné. Emilia X a recouru devant la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS contre cet acte administratif, tout en BGE 107 V 219 S. 221 demandant la remise de l'obligation de restituer les prestations touchées sans droit. L'autorité judiciaire cantonale a proposé au Tribunal fédéral des assurances de traiter le recours comme une demande d'intervention de l'ex-épouse de l'assuré dans la procédure fédérale en cours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Lorsque Emilia X, ex-épouse de l'assuré, a recouru contre la suppression des rentes complémentaires lui revenant, la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS avait déjà rejeté le recours formé par Annie R. Comme Emilia X et ses enfants se trouvent dans une situation identique à celle d'Annie R. et de son descendant, recourants en première instance avec leur mari et père, et auxquels la voie du recours de droit administratif était ouverte, il est inutile d'astreindre la juridiction cantonale à rendre un autre jugement. Emilia X et ses enfants sont à l'évidence atteints par le jugement confirmant la suppression de la rente allouée à Charles R., mesure entraînant extinction des rentes complémentaires, qui constituent, comme la jurisprudence l'a déjà rappelé, des prestations annexes à la rente d'invalidité; à défaut de droit à la rente de base, aucun droit à la rente complémentaire ne saurait exister ( ATF 101 V 206 ). L'ex-femme du recourant est donc partie, elle aussi, à la procédure fédérale. Ses conclusions sont toutefois irrecevables, dans la mesure où elles tendent à la remise de l'obligation de restituer, faute de décision administrative statuant sur ce point. 2. Aux termes de l' art. 41 LAI , si l'invalidité d'un bénéficiaire de rente se modifie de manière à influencer le droit à la rente, celle-ci est, pour l'avenir, augmentée, réduite ou supprimée. Suivant la jurisprudence, l'invalidité peut varier parce que l'infirmité qui la provoque a elle-même évolué ou, bien que l'atteinte à la santé ne se soit pas modifiée, parce que des circonstances qui lui sont associées en modifient les effets économiques (voir p.ex. ATF 105 V 29 , ATFA 1968 p. 187, RCC 1974 p. 48). Or, la détention dans un établissement pénitentiaire aux fins d'y subir une peine privative de liberté constitue précisément l'une de ces circonstances de nature à modifier les effets économiques d'une atteinte à la santé, dans ce sens que ce n'est plus cette atteinte qui est responsable de la perte de gain encourue par l'assuré, mais bien la peine infligée à ce dernier. Il BGE 107 V 219 S. 222 n'en va pas autrement lorsqu'on est en présence d'une personne dite non active, dont les occupations dans l'établissement pénitentiaire ne sauraient être réputées, à cet égard, constituer ses travaux habituels: c'est la détention, non l'atteinte à la santé, qui lui interdit d'accomplir lesdits travaux, pendant la durée d'exécution de la peine. On arrive du reste au même résultat en considérant que l'assuré qui est incarcéré pour y subir une peine privative de liberté change de statut (v. p.ex. ATF 104 V 148 ) et qu'il est désormais une personne non active dont les travaux habituels "consistent dans l'exécution de sa peine" ( ATF 102 V 167 , RCC 1980 p. 554). Que l'on se trouve en présence d'un assuré déjà invalide (et titulaire d'une rente) avant la détention, ou au contraire d'une personne qui devient invalide en cours d'exécution de la peine, cela ne change rien au problème. En outre, on ne voit pas pourquoi les détenus invalides et leurs proches devraient être avantagés sur le plan économique par rapport à leurs compagnons de détention valides et à leurs familles. On relèvera en passant que la LAI ne contient pas de disposition semblable à celle de l' art. 43 LAM , dont la solution, sur le point ici en discussion, ne saurait être étendue au domaine de l'assurance-invalidité, vu les particularités des législations applicables. Il n'est pas nécessaire d'examiner aujourd'hui quelles exceptions pourraient se justifier dans ce domaine. En l'espèce, l'entrée en détention de Charles R. le 5 mars 1979 a constitué un motif de révision de la rente dont il bénéficiait, dans le sens de la suppression de celle-ci ainsi que des prestations accessoires que constituaient les rentes complémentaires. 3. Suivant l' art. 88a al. 1 RAI , si la capacité de gain d'un assuré s'améliore, il y a lieu de considérer que ce changement supprime, le cas échéant, tout ou partie de son droit aux prestations dès qu'on peut s'attendre à ce que l'amélioration constatée se maintienne durant une assez longue période. Il en va de même lorsqu'un tel changement déterminant a duré trois mois déjà, sans interruption notable et sans qu'une complication prochaine soit à craindre. Quant à l' art. 88bis al. 2 let. a RAI , il prescrit de supprimer la rente (ou de la diminuer) dans tous les cas dès le premier jour du mois qui suit la notification de la décision, au plus tôt. En l'occurrence, l'entrée de Charles R. dans un établissement pénitentiaire le 5 mars 1979 aux fins d'y purger la peine prononcée contre lui justifiait une révision qui aurait pu, en principe, déployer BGE 107 V 219 S. 223 ses effets dès le 1er avril 1979 au plus tôt. La suppression de la rente à partir du 1er novembre 1979, en vertu de la décision prise le 5 octobre 1979, échappe donc à toute critique, s'agissant de Charles et Annie R. et de leur descendant. Quant à Emilia X et à ses enfants, la décision de suppression des rentes complémentaires leur revenant n'est intervenue que le 19 mai 1980, les intéressés n'ayant été informés de la révision de la rente de base qu'à cette date-là. Vu le caractère accessoire des rentes complémentaires, ils ne sauraient cependant se prévaloir de l' art. 88bis al. 2 let. a RAI . En revanche, la circonstance susmentionnée pourra jouer un rôle lors de l'examen, sous l'angle de la bonne foi, de la demande de remise de l'obligation de restituer les prestations touchées indûment. 4. Bien que cela ne fasse pas l'objet de la décision litigieuse, il paraît opportun d'examiner encore les conséquences sur le droit à la rente du régime de semi-liberté auquel l'assuré a été soumis à partir du 3 mars 1980, puis de la libération conditionnelle intervenue le 5 octobre 1980. Le détenu bénéficiant du régime de la semi-liberté, et à plus forte raison celui qui a été libéré conditionnellement, a la possibilité d'exercer une activité lucrative à son propre compte ( ATF 106 IV 107 ). S'agissant d'un invalide, l'atteinte à la santé peut, dès l'installation du nouveau régime, entraîner derechef une perte de gain. Le changement de statut de l'intéressé, qui constitue également une circonstance associée à l'infirmité de nature à en modifier les effets économiques, appelle donc lui aussi une procédure de révision. Plus exactement, il justifie, au besoin, le rétablissement du droit à la rente conformément à l' art. 29bis RAI , dont la teneur est la suivante (sous le titre "Reprise de l'invalidité après suppression de la rente"): Si la rente a été supprimée du fait de l'abaissement du degré d'invalidité et que l'assuré, dans les trois ans qui suivent, présente à nouveau un degré d'invalidité ouvrant droit à la rente en raison d'une incapacité de travail de même origine, on déduira de la période d'attente que lui imposerait l' art. 29 al. 1 LAI celle qui a précédé le premier octroi. Une modification ultérieure (au moment du passage au régime de la liberté conditionnelle, par exemple) pourra éventuellement donner lieu à une nouvelle révision, conformément à l' art. 88a al. 2 RAI qui précise que, si l'incapacité de gain d'un assuré s'aggrave, il y a lieu de considérer que ce changement accroît, le cas échéant, son droit aux prestations dès qu'il a duré trois mois sans BGE 107 V 219 S. 224 interruption notable (l' art. 29bis RAI étant toutefois applicable par analogie). La décision administrative ne concernant pas cette question, on l'a déjà relevé, la Cour de céans n'a pas à examiner dans tous ses détails le problème du rétablissement du droit à la rente dans le cas particulier (le dossier ne fournirait du reste pas de renseignements suffisants pour ce faire). Il incombera à l'administration d'instruire sur les possibilités de gain effectives d'un détenu en semi-liberté non atteint dans sa santé, respectivement sur celles d'une personne libérée conditionnellement, ainsi que sur les revenus obtenus par le recourant en utilisant sa capacité résiduelle de travail et de gain (ou sur les revenus qu'il aurait pu réaliser en tirant le meilleur parti possible de cette dernière). Après quoi elle statuera à nouveau sur le droit à la rente dès le 3 mars 1980. Elle examinera en même temps la demande de remise présentée par Emilia X. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours de Charles R. est rejeté. Le recours d'Emilia X est rejeté, dans la mesure où il est recevable. Le dossier est retourné à l'administration pour qu'elle instruise et statue sur un éventuel rétablissement de la rente, conformément au considérant 4, ainsi que sur la demande de remise présentée par Emilia X.
null
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ddea4602-a79b-49c1-9428-b08850cb4084
Urteilskopf 101 IV 89 24. Urteil des Kassationshofes vom 7. März 1975 i.S. Kretzschmar gegen Baupolizei des Kantons Basel-Stadt.
Regeste BB vom 25. Juni 1971 über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes, Art. 9 Abs. 1. Unrichtige oder unvollständige Angaben zur Erlangung der Bewilligung einer Ausnahme von Abbruchverbot und Ausführungssperre.
Sachverhalt ab Seite 89 BGE 101 IV 89 S. 89 A.- Gemäss dem Bundesratsbeschluss vom 30. Juni 1971/26. Januar 1972 über die Regionen mit überforderter Baukapazität unterstand die Stadt Basel ab 2. Juli 1971 dem Bundesbeschluss vom 25. Juni 1971 über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes (BauB) und der zugehörigen Verordnung vom 30. Juni 1971 (BauV). Art. 1 Abs. 2 BauB stellte ein Abbruchverbot und eine befristete Ausführungssperre für Bauvorhaben geringerer Dringlichkeit auf. Der preisgünstige Wohnungsbau, unter anderem, war von Abbruchverbot und Ausführungssperre ausgenommen (Art. 3 Abs. 1 lit. b, 5 Abs. 1 lit. a BauB). Zuständig für die Bewilligung von Ausnahmen war teils der Eidg. Beauftragte für die Stabilisierung des Baumarktes (Baubeauftragter), beraten von einem kantonalen Sachverständigengremium gemäss Art. 17 Abs. 2 BauV, teils (insbesondere bei preisgünstigem Wohnungsbau) das Sachverständigengremium, dessen Entscheid an den Baubeauftragten weitergezogen werden konnte (Verordnung vom 26. Juli 1971 über die Zuständigkeit und das BGE 101 IV 89 S. 90 Beschwerdeverfahren bei Bewilligungen im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes, Art. 2, 3 und 5). Gesuche zuhanden beider Bewilligungsinstanzen wurden von der baselstädtischen Staatlichen Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten (Schlichtungsstelle) entgegengenommen und behandelt. B.- Am 2. Februar 1972 stellte Architekt Klaus Kretzschmar namens des Baukonsortiums Markgräflerstrasse bei der Schlichtungsstelle ein Gesuch um Bewilligung des Abbruchs der Wohnhäuser Markgräflerstrasse 80 und 82. Es sah bei einem Landpreis von Fr. 1'773.--/m2 Wohnungsbau vor. Am 28. April 1972 offerierte Kretzschmar das Land der Pensionskasse der CIBA-GEIGY zu Fr. 2'140.--/m2. Das Sachverständigengremium lehnte das Bauvorhaben am 19. Mai 1972 wegen des hohen Landpreises von Fr. 1'773.--/m2 unter dem Gesichtspunkt des preisgünstigen Wohnungsbaus ab, und am 6. Juni 1972 überwies die Schlichtungsstelle das Gesuch dem Baubeauftragten mit dem Antrag auf Abweisung in sonstiger Hinsicht. Am 20. Juni 1972 teilte Kretzschmar dem Baubeauftragten mit, der Landpreis betrage ohne "Landnebenkosten" und "Mietzinsausfälle usw." Fr. 1'630.--/m2 und sei damit 10% höher als der Richtpreis für die fragliche Bauzone von Fr. 1'500.--/m2, was angesichts der auf den betreffenden Parzellen möglichen maximalen Ausnutzung "annehmbar" sei. Der Baubeauftragte schrieb am 21. Juni 1972 der Schlichtungsstelle, der Landpreis liege, wie aus einer nachträglichen Eingabe des Architekten hervorgehe, nur etwa 10% über dem normalen; ferner betrage der Landwert nur wenig über ein Drittel der Anlagekosten, was für Basel nicht aussergewöhnlich sei. Er hätte nichts dagegen, wenn das Vorhaben als preisgünstiger Wohnungsbau gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB bewilligt würde, wofür der Kanton zuständig sei. Für eine Bewilligung in eigener Kompetenz sehe er keine Möglichkeit. Aufgrund dieser Empfehlung hiess das Sachverständigengremium am 13. Juli 1972 das Abbruchgesuch nach Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB gut, mit der Feststellung, dass der Neubau nicht unter die Ausführungssperre falle. Am 14. Juli 1972 eröffnete die Schlichtungsstelle den Entscheid. Am 18. Juli 1972 begann Kretzschmar mit dem Abbruch. Mit Vertrag vom 25./26. Juli 1972 wurden die Liegenschaften BGE 101 IV 89 S. 91 der Pensionskasse der CIBA-GEIGY verkauft. Der Landpreis betrug Fr. 2'200.--/m2 und machte 41 % der Anlagekosten aus. Das Sachverständigengremium erhielt am 23. Oktober 1972 vom Verkauf Kenntnis und beschloss, eine Verzeigung Kretzschmars wegen Verletzung des BauB zu veranlassen. C.- Das Polizeigericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte Kretzschmar am 14. März 1974 wegen Widerhandlung gegen den BauB zu einer Busse von Fr. 70'000.--. Das Appellationsgericht bestätigte dieses Urteil am 23. Oktober 1974. D.- Kretzschmar führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung. Die Baupolizei Basel-Stadt beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Gemäss Art. 8 BauB kann der Bundesrat Bauherren und ihre Beauftragten verpflichten, die im Rahmen des BauB erforderlichen Angaben zu machen. Von dieser Befugnis hat er Gebrauch gemacht in Art. 14 Abs. 1 BauV, der vorschreibt, dass Bauherren oder ihre Beauftragten in Regionen mit überforderter Baukapazität der zuständigen Behörde den Baubeschrieb vorzulegen und den Verwendungszweck sowie die Erstellungskosten des Baues zu melden haben. Nach Art. 9 Abs. 1 Al. 3 BauB ist strafbar, wer, um eine Ausnahmebewilligung für sich oder einen andern zu erlangen, unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Der Beschwerdeführer hat die Einräumung einer Ausnahme vom Abbruchverbot und von der Ausführungssperre, also eine Ausnahmebewilligung im allgemeinen Sinn der Art. 3 und 5 BauB, verlangt und erhalten. Hierbei hat er unrichtige oder zumindest unvollständige Angaben gemacht und ist dadurch nach Art. 9 Abs. 1 Al. 3 BauB strafbar geworden, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt. Der Abbruch und die Erstellung des Neubaus sind nicht nach den Angaben im Gesuch erfolgt. Insbesondere waren die Landkosten bedeutend höher als die angegebenen Fr. 1'773.--/m2. Dem Beschwerdeführer blieb die Bedeutung des Landpreises für den Ausgang des BGE 101 IV 89 S. 92 Bewilligungsverfahrens nicht verborgen. Das Sachverständigengremium lehnte sein Gesuch am 19. Mai 1972 wegen des hohen Landpreises von Fr. 1'773.--/m2 ab. In seinem Schreiben vom 20. Juni 1972 an den Baubeauftragten suchte der Beschwerdeführer die ablehnende Haltung des Sachverständigengremiums zu entkräften und die Bedenken hinsichtlich des Landpreises zu zerstreuen. Er gab unter Bezugnahme auf das Gesuch vom 2. Februar 1972 den Landpreis erneut mit Fr. 1'773.--/m2 bzw. Fr. 1'630.--/m2 an und bezeichnete ihn als annehmbar, weil er nur 10% über dem Durchschnittswert liege. Dabei hatte er der Pensionskasse der CIBA-GEIGY das Land schon am 28. April 1972 zu Fr. 2'140.--/m2, also nicht nur 10%, sondern 42% über dem Durchschnittswert angeboten. Als er an den Baubeauftragten gelangte, wusste der Beschwerdeführer also, dass der Landpreis erheblich über dem im Gesuch angegebenen und im Brief wiederholten Preis liegen würde. Er wäre daher verpflichtet gewesen, die von ihm mit Sicherheit vorausgesehene Überschreitung des Preises der Behörde mitzuteilen. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz ( Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ; BGE 98 IV 66 , 259 E. 4), hat er die Angabe des falschen Landpreises beabsichtigt, zumindest aber bewusst in Kauf genommen. Er ist deshalb zu Recht im Rahmen der Strafdrohung für vorsätzliches Widerhandeln gegen den BauB bestraft worden. Unter diesen Umständen kann, weil sich am Ergebnis nichts ändern würde, offen bleiben, ob der Beschwerdeführer ausserdem unbefugterweise mit dem Abbruch begonnen hat (Art. 9 Abs. 1 Al. 1 BauB). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
ddeaa89a-47a1-4903-aedf-c8f58542faca
Urteilskopf 111 V 201 39. Extrait de l'arrêt du 23 octobre 1985 dans la cause Caisse de compensation du canton du Jura contre Courtet et Tribunal cantonal jurassien
Regeste Art. 7 IVG ; Art. 32 Ziff. 1 lit. e des Übereinkommens Nr. 128 der Internationalen Arbeitsorganisation über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene; Art. 68 lit. f der Europäischen Ordnung der Sozialen Sicherheit: Kürzung der Geldleistungen wegen Grobfahrlässigkeit. Die vorgenannten Normen des internationalen Rechts sind nicht "self-executing". Sie stehen der Kürzung einer Invalidenrente wegen Grobfahrlässigkeit (ohne Vorsatz) nicht entgegen.
Erwägungen ab Seite 201 BGE 111 V 201 S. 201 Extrait des considérants: 2. a) Aux termes de l' art. 32 ch. 1 let . e Convention OIT No 128 concernant les prestations d'invalidité, de vieillesse et de survivants du 29 juin 1967, en vigueur pour la Suisse depuis le 13 septembre 1978 (RO 1978 1493) et de l' art. 68 let . f Code européen de sécurité sociale (CESS) du 16 avril 1964, en vigueur pour notre pays depuis le 17 septembre 1978 (RO 1978 1518), les prestations d'assurances sociales auxquelles une personne aurait droit peuvent être "suspendues", c'est-à-dire refusées, réduites ou BGE 111 V 201 S. 202 retirées, lorsque l'éventualité a été provoquée "par une faute grave et intentionnelle" selon la convention No 128, ou "par une faute intentionnelle de l'intéressé" selon le CESS. Il s'ensuit que les prestations ne peuvent être "suspendues" en cas de faute non intentionnelle de l'intéressé. En revanche, en vertu de l' art. 7 al. 1 LAI , il est possible de refuser, réduire ou retirer, temporairement ou définitivement, les prestations en espèces de l'assurance-invalidité à l'assuré qui a, notamment, causé ou aggravé son invalidité intentionnellement, c'est-à-dire avec conscience et volonté (MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, vol. I, p. 326), mais aussi qui a commis une faute grave non intentionnelle. Il existe ainsi une divergence entre les dispositions conventionnelles précitées et le droit interne. Dans un tel cas, le Tribunal fédéral des assurances examine d'office si et dans quelle mesure les dispositions de droit international et de droit national qui paraissent applicables dans un cas d'espèce correspondent, et laquelle de ces dispositions doit prévaloir lorsqu'elles divergent. Il procède de la même manière en présence de deux normes de droit interne apparemment contradictoires. b) Selon la jurisprudence et la doctrine dominante, le droit international conventionnel prime le droit interne. Un Etat qui s'engage par traité doit en respecter les clauses sans considération de la teneur de son droit interne (ATF ATF 109 Ib 173 consid. 7b; v. aussi JAAC 49/1985 No 36 II p. 254; cf. dans la littérature récente: JACOT-GUILLARMOD, Fondements juridiques internationaux de la primauté du droit international dans l'ordre juridique suisse, RJB 120/1984, p. 227 s. et, du même auteur, La primauté du droit international face à quelques principes directeurs de l'Etat fédéral suisse, RDS/1985 I p. 383 s.). Ainsi que le Tribunal fédéral des assurances l'a admis dans une jurisprudence constante, ce principe s'applique également dans le domaine des conventions internationales en matière de sécurité sociale ( ATF 110 V 76 consid. 2b et les arrêts cités). Une minorité de la doctrine soutient l'opinion inverse et considère que, dans certains domaines, c'est le droit interne qui prime le droit international (SIEGENTHALER, Völkerrecht und Landesrecht nach Schweizerischer Rechtsordnung. Das Problem des Staatsvertragsrechts im Landesrecht, RJB 120/1984 p. 201 s.). Les clauses des traités internationaux dites "self-executing" s'appliquent directement dans chaque Etat contractant, sans adoption préalable de dispositions internes, ce qui implique BGE 111 V 201 S. 203 qu'elles soient suffisamment précises pour servir de base à la solution du cas d'espèce ( ATF 106 Ib 187 ). Inversement, les traités "executory" ne sont applicables dans les Etats contractants qu'après l'adoption de dispositions internes. Faute de contenir des clauses immédiatement obligatoires, ils ne lient les autorités d'exécution et les administrés que par l'intermédiaire de la législation nationale (GRISEL, Traité de droit administratif, p. 91; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5e éd., vol. I, p. 80). Si, comme on l'a vu, la jurisprudence s'est prononcée pour la primauté du droit international sur le droit national, le Tribunal fédéral a cependant réservé l'hypothèse ou le législateur fédéral refuse de respecter les obligations internationales de la Suisse et vote en connaissance de cause des dispositions internes qui les violent. Dans ce cas, le Tribunal fédéral applique les normes édictées par l'Assemblée fédérale ( ATF 99 Ib 44 s.). Critiquée par plusieurs auteurs (voir notamment les deux articles susmentionnés de JACOT-GUILLARMOD, ainsi que WILDHABER, Bemerkungen zum Fall Schubert betreffend das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht, ASDI [Annuaire suisse de droit international] 30/1974 p. 195 s., et HANS HUBER, RJB 110/1974 p. 493), cette jurisprudence est en revanche approuvée par GRISEL qui estime qu'elle ne paraît pas dépourvue de justification, attendu que si le Parlement fédéral méconnaît, le sachant et le voulant, les devoirs de son pays envers d'autres Etats, il tranche le problème de la priorité entre le droit international et le droit national en faveur du second, de manière à lier le Tribunal fédéral (op.cit., p. 92). c) En ce qui concerne les dispositions conventionnelles en cause dans la présente affaire, plusieurs auteurs se sont prononcés pour que leur soit reconnu le caractère de clauses "self-executing" (VILLARS, Le Code européen de sécurité sociale et le Protocole additionnel, 1979 p. 16; BERENSTEIN, La Suisse et le développement international de la sécurité sociale, SZS 1981 p. 186; GREBER, Droit suisse de la sécurité sociale, 1982 p. 228), alors que d'autres auteurs se bornent à qualifier de "délicat" le problème de la réduction des prestations d'assurance sociale en vertu des dispositions de droit interne ou des normes de droit international (GHELEW/CLERC, L'assurance-accidents, FJS No 346, p. 10 s.). Cette question a aussi été évoquée dans le "Rapport sur une partie générale du droit suisse des assurances sociales et Projet de loi" (Berne 1984), publié BGE 111 V 201 S. 204 par la Société suisse de droit des assurances, dont l'auteur estime que c'est à la jurisprudence qu'il appartient de dire s'il existe, sur ce point, une contradiction entre les normes de droit interne et les conventions internationales ratifiées par la Suisse (op.cit., p. 45). 3. En l'espèce, se fondant sur l'avis de BERENSTEIN cité plus haut, les juges cantonaux ont considéré que les art. 32 ch. 1 let . e Convention OIT Nos 128 et 68 let. f CESS étaient directement applicables, de sorte qu'une réduction de la rente allouée à l'intimé n'était possible que si ce dernier avait causé son invalidité par une faute grave et intentionnelle, ce qui d'après eux n'est pas le cas. Dans son préavis complémentaire, l'Office fédéral des assurances sociales conteste le caractère "self-executing" des normes conventionnelles en cause et il allègue notamment que les deux traités ne sont que des instruments normatifs qui ne comportent, pour les Etats signataires, que l'engagement de maintenir leur législation à un niveau prescrit ou leur recommandent de les élever à ce niveau. Il n'est pas possible de déduire des travaux préparatoires qui ont précédé l'approbation, par l'Assemblée fédérale, de la Convention OIT No 128 et du CESS, une volonté délibérée du législateur fédéral de donner la prééminence au droit national sur le point ici en discussion, c'est-à-dire les conditions de la réduction ou du refus de certaines prestations d'assurance sociale en cas de faute grave commise par l'assuré. Ce problème n'a, en effet, pas été abordé par le Conseil fédéral dans son message du 17 novembre 1976 relatif à ces conventions (FF 1976 III 1345 ss), ni lors des débats aux Chambres (BO 1977 CN 895 ss et CE 2-3). Par contre, il est avéré que le Conseil national, en particulier, a considéré, en se fondant sur le rapport de sa commission, que ces conventions internationales ne comportaient pour la Suisse aucune charge nouvelle, financière ou administrative, c'est-à-dire notamment aucune obligation d'adapter ou de modifier sa législation de sécurité sociale, et qu'aucun droit individuel ne pouvait en dériver (BO CN, loc.cit.). Il faut par ailleurs relever que postérieurement à l'entrée en vigueur des traités internationaux en question, le législateur a maintenu dans la nouvelle loi sur l'assurance-accidents du 20 mars 1981 la réduction des prestations en espèces, lorsque l'assuré a provoqué l'accident "par une négligence grave", comme cela était déjà le cas sous l'empire du droit antérieur (comp. art. 37 al. 2 LAA et 98 al. 3 LAMA). Quant à l' art. 7 al. 1 LAI qui est plus BGE 111 V 201 S. 205 particulièrement en cause ici, il n'est pas prévu de le modifier dans le cadre de la deuxième révision de l'assurance-invalidité actuellement en cours (FF 1985 I 21 ss). Dans ces conditions, on doit admettre qu'en approuvant la Convention OIT No 128 et le CESS, l'Assemblée fédérale n'a pas entendu modifier par ce biais la règle formulée à l' art. 7 al. 1 LAI selon laquelle même une faute grave commise par négligence peut conduire à refuser, réduire ou retirer à un assuré des prestations en espèces. Aussi, contrairement à l'opinion exprimée par certains auteurs (consid. 2c ci-dessus) et par la juridiction cantonale, il faut dénier tout caractère "self-executing" aux normes conventionnelles mentionnées au début du présent considérant. S'il existe, sur ce point, une divergence entre la norme de droit interne et les dispositions correspondantes de traités internationaux ratifiés par la Suisse, c'est au législateur qu'il incombe d'en tirer les conclusions et cela d'autant plus qu'il s'agit en l'occurrence de l'un des principes fondamentaux du droit fédéral des assurances sociales. C'est donc exclusivement sur la base de l' art. 7 al. 1 LAI qu'il convient de décider si la réduction litigieuse de la rente allouée par la recourante à l'intimé était conforme à la loi.
null
nan
fr
1,985
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ddeb027e-874b-4b12-893a-bb0d14c9df5f
Urteilskopf 80 II 194 32. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. November 1954 i.S. Müller gegen Kobler.
Regeste Güterrechtliche Auseinandersetzung bei Auflösung der Ehe durch den Tod; Berechnung des Vorschlags ( Art. 214 ZGB ). Für die Bewertung von Forderungen, die zu dem am Todestag vorhanden gewesenen ehelichen Vermögen gehörten, sind die damaligen Verhältnisse massgebend.
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 80 II 194 S. 194 Im Erbteilungsstreite zwischen Müller, dem Witwer, und Kobler, dem Sohne der im Jahre 1944 gestorbenen Erblasserin stellte das Kantonsgericht St. Gallen bei der Bewertung des am Todestag der Erblasserin vorhanden gewesenen ehelichen Vermögens, die es zwecks Ermittlung des zum Nachlass gehörenden Anteils am Vorschlag durchführte, Fr. 5001.20 für Rückstellungen auf Kundenguthaben unter die Passiven ein. Das Bundesgericht bestätigt diese Entscheidung. BGE 80 II 194 S. 195 Erwägungen Erwägungen: Der Beklagte macht mit seiner Anschlussberufung in erster Linie geltend, die Vorinstanz habe bei der Bewertung des ehelichen Vermögens unter die Passiven zu Unrecht einen Posten von Fr. 5001.20 für Rückstellungen auf Kundenguthaben aufgenommen. Eine solche Rückstellung wäre nach seiner Ansicht nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Teilung sofort nach dem Tode der Erblasserin vorgenommen worden und die Einbringlichkeit der fraglichen Forderungen deshalb noch ganz ungewiss gewesen wäre. Im vorliegenden Falle, wo die Teilung erst viel später erfolgte, lasse sich dagegen - so führt der Beklagte aus - auf Grund der Buchhaltung genau feststellen, welche beanstandeten Forderungen tatsächlich voll, welche teilweise und welche gar nicht eingebracht werden konnten. Auch die Inkassospesen seien feststellbar. Da die Behörde somit bei den Forderungen (im Gegensatz zum Fahrzeugpark) nicht auf eine Schätzung angewiesen sei, sei sie verpflichtet, die realen Werte bei der Nachlassteilung zu berücksichtigen. Dies hätte auch dann gegolten, wenn eine seinerzeit als vollwertig betrachtete Forderung sich in der Folge als uneinbringlich erwiesen hätte. Für einen besondern Passivposten "Rückstellungen" sei nach Abwicklung des ganzen Inkassos kein Platz mehr. Mit ihrer gegenteiligen Annahme habe die Vorinstanz den Nachlass zu seinem Nachteil mit hypothetischen, in Wirklichkeit gar nicht bestehenden Passiven belastet. Damit habe sie Art. 214, 457 und 462 ZGB verletzt. Dem Beklagten wäre im Ergebnis Recht zu geben, wenn die Kundenguthaben, für welche Rückstellungen gemacht wurden, selbst Gegenstand der Erbteilung wären. Dies trifft hier aber nicht zu. Die Guthaben gehören nicht zum Nachlass, sondern stehen dem Witwer zu. Der Beklagte ist als Erbe nur mittelbar daran interessiert, insofern nämlich, als sie die Höhe des Vorschlags beeinflussen, von dem ein Drittel zum Nachlass gehört, an BGE 80 II 194 S. 196 dem er beteiligt ist. Bei diesem Vorschlagsdrittel handelt es sich um eine Forderung der Erbengemeinschaft an den überlebenden Ehemann der Erblasserin. Die Höhe dieser Forderung bestimmt sich ausschliesslich nach dem Vermögensstand am Todestag der Erblasserin. Auf später eintretende Ereignisse darf bei der Berechnung dieser Forderung nicht Rücksicht genommen werden, weil eben die Ehe, die eine Beteiligung der Ehefrau bzw. ihrer Erben am Vorschlag rechtfertigt, durch den Tod aufgelöst wird. Demgemäss sind die Guthaben des Ehemanns zur Ermittlung des Vorschlagsanteils mit dem Werte einzustellen, der ihnen nach den Tatsachen zukam, die am Todestag bekannt waren oder doch bekannt sein konnten. Für Guthaben, die damals mit Grund als zweifelhaft erachtet werden konnten, ist daher, falls sie mit ihrem Nominalbetrag unter die Aktiven aufgenommen werden, auf der Passivenseite eine entsprechende Rückstellung einzusetzen. Die Höhe der Rückstellung hat sich einzig und allein nach den Verhältnissen am Todestag zu richten, nicht nach dem Ergebnis nachher erfolgter Inkassobemühungen, das von Umständen abhängen kann, die beim Tode der Erblasserin nicht voraussehbar waren. Eine Forderung, die am Todestag als nicht oder nur teilweise einbringlich angesehen werden musste, war damals, was sich insbesondere bei ihrer Veräusserung gezeigt hätte, nicht vollwertig, auch wenn sie später voll bezahlt wurde, und darf daher nicht einfach mit ihrem Nennwert zu dem am Todestag vorhandenen Vermögen gerechnet werden. Umgekehrt muss eine Forderung, die nach den Verhältnissen an jenem Tage als gut erschien, ohne Einschlag in Rechnung gestellt werden, auch wenn der Ehemann damit später zu Verlust kam. Ereignisse, die bei einer unmittelbar nach dem Todestag vorgenommenen Berechnung des Vorschlags notwendigerweise ausser Betracht geblieben wären, dürfen auch später nicht berücksichtigt werden. Die gegenteilige Ansicht des Beklagten beruht auf einer Verkennung des wesentlichen Unterschieds BGE 80 II 194 S. 197 zwischen der Teilung des Vorschlags, bei der es sich um die Berechnung eines Anspruchs aus einem durch den Tod aufgelösten Rechtsverhältnis handelt, und der Erbteilung, die eine Auseinandersetzung zwischen Gesamtberechtigten bedeutet. Ob die grundsätzlich zulässigen Rückstellungen (die nicht Schuld-, sondern Wertberichtigungsposten darstellen) in Ansehung der Verhältnisse am Todestag richtig bemessen worden seien, ist im wesentlichen eine Tat- und Ermessensfrage, die das Bundesgericht nicht überprüfen kann. Dass die Vorinstanz mit der Nichtanordnung der von ihm beantragten Oberexpertise Bundesrecht verletzt habe, behauptet der Beklagte mit Recht nicht. Er hat vielmehr heute auf die Durchführung einer Oberexpertise ausdrücklich verzichtet. Hinsichtlich der Rückstellungen ist die Anschlussberufung somit unbegründet.
public_law
nan
de
1,954
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
ddede1df-6bb2-418e-b879-83a8731589ea
Urteilskopf 94 I 151 24. Urteil vom 31. Mai 1968 i.S. X. GmbH gegen Eidg. Steuerverwaltung.
Regeste Emissionsabgabe auf Anteilen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (BG über Ergänzung und Abänderung der eidgenössischen Stempelgesetzgebung, vom 24. Juni 1937). Leistungen der Gesellschafter, durch die das Gesellschaftsvermögen ohne Erhöhung des Stammkapitals vermehrt wird, unterliegen der Emissionsabgabe. Anwendungsfall: Einbringung einer Beteiligung an einer anderen Gesellschaft. Berechnung der Abgabe (Erw. I 1 und 2). Verrechnungssteuer auf Kapitalerträgen (BG vom 13. Oktober 1965; schweizerisch-deutsches Doppelbesteuerungsabkommen vom 15. Juli 1931). Die Rückerstattung der Einlagen, welche die Gesellschaft von den Gesellschaftern ohne Erhöhung des Stammkapitals erhalten hat, unterliegt der Verrechnungssteuer nicht (Erw. II 1 und 2).
Sachverhalt ab Seite 151 BGE 94 I 151 S. 151 A.- Die X. GmbH mit Sitz in der Schweiz wurde am 3. September 1963 gegründet. Ihr Stammkapital wurde auf Fr. 50'000.-- festgesetzt. Gesellschafter waren bis im Jahre 1966 BGE 94 I 151 S. 152 die beiden in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden deutschen Staatsangehörigen A. und B. Sie sind auch Gesellschafter der von ihnen gegründeten Fabrikationsgesellschaft Y. GmbH in O. (Bundesrepublik Deutschland). Am 26. September 1963 erhöhte diese Gesellschaft ihr Stammkapital von DM 150'000.-- auf DM 750'000.-- in der Weise, dass die X. GmbH einen neuen Stammanteil im Betrage von DM 600'000.-- zu pari übernahm. Die dafür nötigen Mittel wurden der X. GmbH von einer schweizerischen Bank zur Verfügung gestellt. B.- Die eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) nahm an, die X. GmbH habe anlässlich ihrer Gründung im Jahre 1963 von ihren Gesellschaftern ein Emissionsagio erhalten. Sie stellte folgende Berechnungen an: Schätzung des Wertes der Y. GmbH vor der Kapitalerhöhung Substanzwert: Kapital DM 150'000 Gewinn 1962 DM 139'000 Gewinn 1963 (8/12 von DM 435'000) DM 290'000 DM 579'000 Ertragswert: Ertrag 1962 (1 x) DM 139'000 Ertrag 1963 (2 x) DM 870'000 DM 1'009,000 Durchschnitt DM 336'000 kapitalisiert zu 8 % DM 4'200,000 total DM 4'779,000 Mittel rund DM 2'390,000 umgerechnet zu 108 Fr./100 DM, rund Fr. 2'580,000 Berechnung des Agios Wert der Y. GmbH vor der Kapitalerhöhung Fr. 2'580,000 Nominalwert des neuen Anteils von DM 600'000, umgerechnet Fr. 648'000 Gesamtwert der Y. GmbH nach der Kapitalerhöhung Fr. 3'228,000 Wirklicher Wert des neuen Anteils der X. GmbH (600/750 = 4/5 des Gesamtwertes) Fr. 2'582,400 Leistung der X. GmbH zum Erwerb dieses Anteils Fr. 648'000 Agio Fr. 1'934,400 oder abgerundet Fr. 1'900,000 Mit Entscheid vom 28. März 1967 verpflichtete die EStV gestützt auf Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 des BG vom 24. Juni 1937 BGE 94 I 151 S. 153 über Ergänzung und Abänderung der eidgenössischen Stempelgesetzgebung (ErgStG) die X. GmbH, vom errechneten Agio von Fr. 1'900,000 die Emissionsabgabe im Betrage von Fr. 38'000.-- (2%) zu entrichten. Im gleichen Entscheid stellte die EStV im Verfahren gemäss Art. 41 lit. b des BG vom 3. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG) fest, dass die allfällige Wiederausschüttung des Agios an die Gesellschafter der X. GmbH oder an ihnen nahestehende Dritte nach Art. 4 Abs. 1 lit. b dieses Gesetzes der Verrechnungssteuer unterläge. Auf Einsprache der X. GmbH hin hielt die EStV mit Entscheid vom 29. Juni 1967 am Anspruch auf die Emissionsabgabe (in Dispositiv 2) und an der die Verrechnungssteuer betreffenden Feststellung (in Dispositiv 4) fest. C.- Die X. GmbH erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen: "1. Der Einspracheentscheid der EStV vom 29. Juni 1967 sei aufzuheben. 2. (ev.) Es sei festzustellen, dass diejenigen Werte, die bereits als Kapitaleinbringung ('Einzahlungen'im Sinne von Art. 21, Abs. 1 StG , resp.,Zahlung ... von ... freiwillig erbrachten Leistungen'im Sinne von Art. 1, Abs. 1, lit. b ErgStG) qualifiziert wurden, später nicht mehr als'Ertrag'im Sinne von Art. 4, Abs. 1, lit. b VStG qualifiziert werden können. 3. (ev.) Den Parteien, d.h. der steuerpflichtigen Gesellschaft und deren Gesellschaftern (die keineswegs die Absicht einer,verdeckten Kapitaleinbringung'hatten) sei Gelegenheit zu geben, ihre Bilanz im Sinne der von der EStV für zwingend erachteten, dem Steuerpflichtigen aber bis dahin nicht erkennbaren, Bewertung zu berichtigen, d.h. der steuerpflichtigen Gesellschaft sei Gelegenheit zu geben, ihren Gesellschaftern den nach Ansicht der EStV ,zuviel' erhaltenen Betrag (von Fr. 1'900,000.-- resp. gemäss Antrag Nr. 5 oder 6 hiernach) gutzuschreiben. 4. (ev.) Der Einspracheentscheid sei an die EStV zurückzuweisen, a) zur tatbeständlichen Feststellung darüber, ob die Gesellschafter der Y. GmbH ein Bezugsrecht hatten, das man bewerten und in die X. GmbH einbringen konnte. b) zur tatbeständlichen Feststellung darüber, wieviel ein unabhängiger Dritter tatsächlich dafür gegeben hätte, wenn er sich zu den gleichen Bedingungen wie X. GmbH an der Kapitalerhöhung der Y. GmbH hätte beteiligen können. c) zur Abklärung der unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit bedeutsamen Frage - in wieviel analogen Fällen die EStV in der bisherigen jahrzehntelangen Praxis zu Art. 21, Abs. 1 StG resp. Art. 1, Abs. 1, lit. b ErgStG eine Besteuerung unterlassen hat BGE 94 I 151 S. 154 - in welcher Weise die EStV gegebenenfalls in ihrer künftigen Praxis analoge Fälle erfassen und besteuern will. 5. (ev.) Ein steuerpflichtiger Mehrwert sei allenfalls anhand des aus der Bilanz der Y. GmbH feststellbaren Substanzwertes (ohne Kapitalisierung der Erträgnisse von einem oder zwei vorausgegangenen Geschäftsjahren) festzustellen. 6. (ev.) Ein steuerpflichtiger Mehrwert sei allenfalls durch eine neutrale Expertise einer mit den Verhältnissen ... vertrauten Stelle festzustellen. Alles unter o/e Kostenfolge." D.- Die EStV beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: I.1. Emissionsabgabe I.1.- Nach Art. 1 Abs. 1 ErgStG sind Gegenstand der Emissionsabgabe: a) Gesellschaftsanteile inländischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung; b) Urkunden über die Zahlung, Gutschrift oder Verrechnung von zusätzlichen, statutarisch vorgeschriebenen oder freiwillig erbrachten Leistungen der Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen, die nicht zu einer Erhöhung des Stammkapitals führen. (Die in Art. 1 Abs. 1 lit. b am Ende und Abs. 2 ErgStG vorgesehenen Ausnahmen fallen hier nicht in Betracht.) Nach Art. 2 Abs. 2 ErgStG wird die Abgabe (zum Satze von 2%) berechnet: a) im Falle von Art. 1 Abs. 1 lit. a: auf dem Nennbetrag der Stammeinlage, auch wenn dieser nicht voll einbezahlt ist. Ist für den Erwerb des Gesellschaftsanteils ein die Stammeinlage übersteigender Betrag aufzuwenden, so berechnet sich die Abgabe auf diesem Betrage; b) im Falle von Art. 1 Abs. 1 lit. b: auf dem einbezahlten, gutgeschriebenen oder verrechneten Betrage. Entgegen der Auffassung der EStV lässt sich die Erhebung der hier streitigen Emissionsabgabe nicht auf Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 2 Abs. 2 lit. a ErgStG stützen. In der Tat mussten A. und B. nicht mehr als den Nennbetrag von Fr. 50'000.-- aufwenden, um die Gesellschaftsanteile der X. GmbH zu erwerben. Diese Anteile waren am Tage der Gründung dieser Gesellschaft auch nicht mehr wert. Wohl hatten die beiden Gesellschafter bereits damals die Absicht, der X. GmbH gegen eine Leistung von Fr. 648'000.-- eine Beteiligung an der BGE 94 I 151 S. 155 Y. GmbH in der diese Summe weit übersteigenden Höhe von 4/5 des Wertes dieses Unternehmens zur Verfügung zu stellen, doch ändert dies nichts daran, dass für den Erwerb der Anteile an der X. GmbH nicht mehr als Fr. 50'000 aufzuwenden waren. Dagegen sind im vorliegenden Fall Art. 1 Abs. 1 lit. b und Art. 2 Abs. 2 lit. b ErgStG anwendbar - worauf sich die EStV ebenfalls, wenn auch nur eventuell, berufen hat (Entscheid vom 28. März 1967, S. 2). Die Gesellschafter A. und B. haben der X. GmbH - nach deren Gründung - eine wertvolle Beteiligung an der Y. GmbH ohne entsprechende Gegenleistung verschafft, wobei für die beiden das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkennbar war (Erw. 2 hiernach). Dadurch haben sie der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG freiwillig eine "Leistung in das Gesellschaftsvermögen" erbracht, die nicht zu einer Erhöhung des Stammkapitals (der Empfängerin) geführt hat. Eine solche Leistung liegt immer dann vor, wenn die Gesellschafter der Gesellschaft einen Vermögenswert zuwenden, den sie zu gleichen Bedingungen einem Dritten nicht zukommen lassen würden. Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG entspricht dem Art. 21 Abs. 1 des BG über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1917 (StG), wonach der Emissionsabgabe die "Einzahlungen" unterliegen, welche die Aktionäre oder Genossenschafter an die Gesellschaft oder Genossenschaft im Verhältnis zu ihren Beteiligungen leisten, ohne dass das im Handelsregister eingetragene einbezahlte Aktien- oder Stammkapital entsprechend erhöht wird. Das Bundesgericht hat in BGE 76 I 54 klargestellt, dass unter die "Einzahlungen" im Sinne des Art. 21 Abs. 1 StG nicht nur Geldleistungen, sondern auch Sacheinlagen fallen. Es hat damals entschieden, dass diese Bestimmung auch anwendbar ist, wenn Personen, die an zwei Aktiengesellschaften beteiligt waren, ihre Beteiligung an der einen Gesellschaft in die andere Gesellschaft zu einem Anrechnungswert einbringen, der den wirklichen Wert dieser Beteiligung nicht erreicht. Im vorliegenden Fall ist ein in den wesentlichen Punkten gleicher Sachverhalt zu beurteilen. An den in BGE 76 I 54 angestellten Erwägungen, mit denen die Beschwerdeführerin sich nicht näher auseinandersetzt, ist festzuhalten. Sie sind auch für die Anwendung von Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG massgebend. Ob den Gesellschaftern A. und B. nach deutschem Recht ein Bezugsrecht hinsichtlich des neuen Gesellschaftsanteils der Y. GmbH BGE 94 I 151 S. 156 zugestanden habe oder nicht, braucht nicht geprüft zu werden. Es lässt sich nicht bestreiten, dass diese beiden Gesellschafter und niemand anders es der Beschwerdeführerin ermöglicht haben, einen Gesellschaftsanteil der Y. GmbH zu übernehmen, dessen Wert den Betrag, den die Beschwerdeführerin für den Erwerb aufgewendet hat, wesentlich übersteigt. Darin liegt eine Kapitaleinbringung, welche die Steuerpflicht nach Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG begründet. Ob man die unter Art. 21 Abs. 1 StG und Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG fallenden Kapitaleinbringungen als "verdeckt" bezeichnen will oder nicht, ist eine reine Frage der Terminologie. Der Ausdruck - den das Bundesgericht auch schon verwendet hat (Urteil vom 13. Mai 1966 i.S. Jules Gerzon Handels AG, Erw. 3) - rechtfertigt sich übrigens deshalb, weil durch solche Leistungen das Eigenkapital der Gesellschaft oder Genossenschaft ohne Erhöhung des nominellen Grund- oder Stammkapitals, also gewissermassen in verschleierter Form, vermehrt wird. Die Absicht, Steuern zu umgehen, ist nach dem Wortlaut und Sinn von Art. 21 StG und Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG nicht Voraussetzung der Abgabepflicht (Urteil vom 7. Oktober 1949, ASA Bd. 19 S. 358; BGE 80 I 33 ). Die Beschwerdeführerin scheint anderer Meinung zu sein (Beschwerdeschrift S. 17), doch setzt sie sich auch in dieser Beziehung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht auseinander. Wohl wurden jene Bestimmungen zur Verhütung von Steuerumgehungen geschaffen; sie machen aber die Abgabepflicht nicht vom Nachweis einer Absicht der Steuerumgehung abhängig. Es verhält sich in dieser Hinsicht gleich wie bei der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. BGE 82 I 292 f.). Dagegen ist Voraussetzung der Erhebung der Emissionsabgabe auf verdeckten Kapitaleinbringungen - wie der Besteuerung verdeckter Gewinnausschüttungen -, dass die Begünstigung des Empfängers der Leistung für die handelnden Personen erkennbar war (vgl. hinsichtlich der Couponabgabe BGE 72 I 190 , 309 und BGE 79 I 167 ; betreffend die Wehrsteuer BGE 82 I 292 ). Für die Beurteilung der Streitigkeit ist es auch unerheblich, ob die Beschwerdeführerin die ihr von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte wertvolle Beteiligung an dem deutschen Unternehmen mit dem wirklichen Wert oder nur mit dem Betrage der von ihr erbrachten Gegenleistung zu bilanzieren BGE 94 I 151 S. 157 habe. Unter dem Gesichtspunkte von Art. 1 Abs. 1 lit. b ErgStG ist entscheidend, welchen wirklichen Wert die Gesellschafter eingebracht haben. Jene bilanzrechtliche Frage ist keine Vorfrage, zu der das Bundesgericht Stellung nehmen müsste, um über die Pflicht der Beschwerdeführerin zur Bezahlung der geforderten Emissionsabgabe entscheiden zu können; sie kann deshalb offen bleiben. Die Beschwerdeführerin rügt, dass die EStV in anderen, ähnlichen Fällen die Emissionsabgabe nicht erhoben habe. Angesichts des eindeutigen Präjudizes in BGE 76 I 54 ist es indessen von vornherein nicht wahrscheinlich, dass diese Behauptung den Tatsachen entspricht. Aber selbst wenn sie zuträfe, wäre dies kein Grund, das Gesetz im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung zu bringen. I.2. Der wirkliche Wert der Beteiligung, welche die Gesellschafter in das Vermögen der Beschwerdeführerin eingebracht haben, war durch Schätzung zu ermitteln. Der Gerichtshof könnte vom Ergebnis der Schätzung, welche dem angefochtenen Entscheide zugrunde liegt, nur abweichen, wenn es offensichtlich unrichtig wäre ( Art. 104 Abs. 2 OG ). Aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zu schliessen, dass sie geltend machen will, dies sei der Fall. Die EStV hat Richtlinien für die Bewertung nichtkotierter Wertpapiere (und der Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung) aufgestellt, an die sich auch das Bundesgericht im allgemeinen hält ( BGE 77 I 298 ; ASA Bd. 27 S. 469). Es fällt nun auf, dass die EStV im vorliegenden Fall von den in diesen Richtlinien enthaltenen Grundsätzen für die Bewertung der Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung abgewichen ist. Insbesondere fällt auf, dass sie den von der Y. GmbH im Jahre 1962 erzielten Ertrag nur einfach, dagegen den höheren Ertrag des Jahres 1963, der im Zeitpunkt der Einbringung der Beteiligung in die X. GmbH noch nicht bekannt war, doppelt gewichtet hat. Anderseits hat sie den hohen Kapitalisationssatz von 8% in Rechnung gestellt. Trotz diesem nicht ohne weiteres verständlichen Vorgehen könnte aber die angefochtene Schätzung nur dann beanstandet werden, wenn die Anwendung jener Richtlinien Anhaltspunkte dafür ergäbe, dass der Wert der Beteiligung offensichtlich unrichtig berechnet worden sei. Das trifft indessen nicht zu. Nach der Wegleitung der EStV für die Bewertung nichtkotierter BGE 94 I 151 S. 158 Wertpapiere, Auflage 1963 (HENGGELER/PESTALOZZI, Rechtsbuch der schweizerischen Bundessteuern Bd. 3, II A d 41), gelten für die GmbH-Anteile in der Regel die gleichen Bewertungsgrundsätze wie für Aktien von Industrie- und Handelsunternehmen; doch sind die besonderen Bestimmungen über die Haftung der Gesellschafter der GmbH und über die Erschwerung der Übertragung ihrer Anteile als wertvermindernde Faktoren zu berücksichtigen. Gemäss Wegleitung wird der Wert der Aktien von Industrie- und Handelsunternehmen berechnet auf Grund der Formel Aktienertrag in Franken x 100, / Kapitalisationssatz, wobei im allgemeinen (für die Wehrsteuer) auf die letzte vor dem Beginn der Veranlagungsperiode abgeschlossene Gewinn- und Verlustrechnung abgestellt und der Ertrag in der Regel zu 6%, bei Aktien mit ausgesprochenem Anlagecharakter zu 5%, kapitalisiert wird. Darnach wäre der Gesamtwert der Anteile der Y. GmbH im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung (26. September 1963) zum Satze von 5% und ohne Berücksichtigung der erwähnten wertvermindernden Faktoren wie folgt zu berechnen: (DM 139'000 (Ertrag 1962) x 100) / 5 = DM 2'780,000.-- umgerechnet zu 108 Fr./100 DM = Fr. 3'002,400.--. Hievon würden 4/5 = Fr. 2'401,920.-- auf den neuen Gesellschaftsanteil entfallen. Bei Berücksichtigung der genannten wertvermindernden Faktoren, die kaum stark ins Gewicht fallen, würde sich dieser Bertrag noch etwas verringern. Anderseits dürfte für die Beteiligten im Zeitpunkt der Einbringung des neuen Anteils in die X. GmbH doch bereits erkennbar gewesen sein, dass der Ertrag der Y. GmbH im Jahre 1963 das Ergebnis des Vorjahres erheblich überschreiten werde. Unter diesen Umständen kann der Wert von Fr. 2'582,400.--, den die EStV dem neuen Anteil beimisst, nicht als offensichtlich unrichtig erachtet werden. Die Beschwerdeführerin scheint jedoch der Meinung zu sein, der Ertragswert sei überhaupt kein taugliches Mittel zur Bewertung einer Beteiligung. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass BGE 94 I 151 S. 159 Beteiligungen weitgehend nach ihrem Ertrag bewertet werden. Die Steuerbehörden dürfen und müssen deshalb bei der Bewertung von Beteiligungen dem Ertrag Rechnung tragen, wie dies in der Wegleitung der EStV vorgesehen und in der Praxis üblich ist (vgl. dazu auch GATTENHOF, Die steuerliche Bewertung von Wertschriften, insbesondere von Aktien, in der Schweiz, Diss. Zürich 1961; JOST, Neues über die Wertpapierbewertung im eidg. Steuerrecht, in: Die schweizerische Aktiengesellschaft 1956/57, S. 111 ff.). Dem Antrag der Beschwerdeführerin, es sei ein Gutachten einzuholen, könnte nur stattgegeben werden, wenn der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hinreichende, zahlenmässig untermauerte Anhaltspunkte dafür, dass das Ergebnis der von der EStV vorgenommenen Schätzung offensichtlich unrichtig sein könnte, zu entnehmen wären. Solche Anhaltspunkte fehlen jedoch. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet, der von der Y. GmbH im Jahre 1963 erzielte Ertrag sei einmalig hoch gewesen; sie hat nicht etwa geltend gemacht, aus der weiteren Entwicklung des deutschen Unternehmens habe sich ergeben, dass dieser Ertrag eine trügerische Grundlage für die Bewertung bilde. Unter diesen Umständen ist dem Urteil die von der EStV vorgenommene Schätzung zugrunde zu legen. Die Gesellschafter A. und B. mussten sich im Zeitpunkt der Einbringung der neuen Beteiligung an der Y. GmbH (4/5 des Gesellschaftsvermögens) in die X. GmbH auch im klaren sein, dass ihr deutsches Unternehmen, das im Vorjahre einen Ertrag von DM 139'000.-- abgeworfen hatte und im Jahre 1963 einen noch viel höheren Ertrag erwarten liess, wesentlich mehr wert war als 5/4 von Fr. 648'000.--. Sie hätten niemals 4/5 der Rechte an der Y. GmbH für nur Fr. 648'000.-- einem beliebigen Dritten überlassen. In diesem Sinne war für sie das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei der Einbringung der Beteiligung erkennbar, auch wenn sie sich keine genauen Vorstellungen über den damaligen Wert der Y. GmbH machten. Soweit sich die Beschwerde gegen die Erhebung einer Emissionsabgabe in der Höhe von Fr. 38'000.-- (Dispositiv 2 des angefochtenen Einspracheentscheides) richtet, erweist sie sich daher als unbegründet. BGE 94 I 151 S. 160 II.1. Verrechnungssteuer II.1.- Nach Art. 4 Abs. 1 VStG sind Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens "die Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstigen Erträge", die von den in lit. a-d genannten Vermögenswerten abgeworfen werden. U.a. werden die Erträge der von einem Inländer ausgegebenen Aktien, Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile und Genussscheine erfasst (lit. b). Die EStV hat in dem gemäss Art. 41 lit. b VStG auf Begehren der Beschwerdeführerin eingeleiteten Feststellungsverfahren entschieden, dass die allfällige Wiederausschüttung des mit der Emissionsabgabe belasteten Agios von Fr. 1'900,000.-- an die Gesellschafter der Beschwerdeführerin oder an ihnen nahestehende Personen nach Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG der Verrechnungssteuer unterläge (Dispositiv 4 des angefochtenen Einspracheentscheides). Die Beschwerdeführerin ficht diesen Feststellungsentscheid im wesentlichen mit der Begründung an, Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG erfasse ausschliesslich Erträge. In der Wiederausschüttung des Agios an die Gesellschafter liege jedoch keine Ausschüttung von Erträgen im Sinne dieser Bestimmung. Das VStG gehe in dieser Beziehung weniger weit als die bisherige Ordnung (Art. 4 des BRB über die Verrechnungssteuer vom 1. September 1943 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 des BG betreffend die Stempelabgabe auf Coupons vom 25. Juni 1921 [CG] und Art. 5 ErgStG). Wohl definiere Art. 20 der Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966 zum VStG den steuerbaren Ertrag in Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 2 CG, doch gehe diese Definition über den Rahmen des neuen Gesetzes hinaus und sei daher nicht zu beachten. Demgegenüber nimmt die EStV unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien an, der Gesetzgeber habe in Art. 4 Abs. 1 VStG von der bisher in Art. 5 Abs. 2 CG und Art. 5 ErgStG festgelegten Umschreibung steuerpflichtiger Tatbestände nicht abweichen wollen. Somit fielen unter Art. 4 Abs. 1 lit. b VStG Ausschüttungen irgendwelcher Art an die Gesellschafter oder Genossenschafter, ausgenommen nur die Rückzahlung des einbezahlten Grund- oder Stammkapitals in den vom OR zugelassenen Formen; auf die Herkunft der für die Leistung verwendeten Mittel komme es nicht an. BGE 94 I 151 S. 161 Die Auffassung der EStV entspricht in der Tat der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 5 Abs. 2 CG ( BGE 61 I 291 Erw. 2; ASA Bd. 16 S. 127, Bd. 17 S. 469, Bd. 18 S. 540, Bd. 24 S. 59, Bd. 25 S. 188, Bd. 26 S. 53; Urteil vom 10. November 1967 i.S. Dione SA, Erw. 2). Es trifft auch zu, dass die EStV sich für ihren Standpunkt auf die Materialien zum VStG berufen kann. In der Botschaft vom 18. Oktober 1963 erklärte der Bundesrat, der (in Art. 4 Abs. 1 VStG im wesentlichen übernommene) Art. 3 Abs. 1 des Entwurfs entspreche - abgesehen von lit. c, betreffend die Anlagefonds - materiell dem geltenden Recht (BBl 1963 II S. 956, 972). In der Bundesversammlung wurde wiederholt bestätigt, dass der Bundesrat zur Hauptsache nur das geltende Recht in neue Form gekleidet habe, wobei er den Stoff besser zusammengefasst und übersichtlicher gegliedert habe (StenBull StR 1964 S. 345; NR 1965 S. 136, 140, 153). Indessen kann nicht darüber hinweggesehen werden, dass Art. 4 Abs. 1 VStG doch wesentlich anders gefasst ist als Art. 5 Abs. 2 CG und Art. 5 ErgStG, auf die im Verrechnungssteuerbeschluss von 1943 verwiesen wurde. Nach dem neuen Text dürfen nur "Erträge" des beweglichen Kapitalvermögens ("Zinsen, Renten, Gewinnanteile und sonstige Erträge") besteuert werden. Diesen Begriff hat das Bundesgericht losgelöst vom abweichenden Wortlaut der nun aufgehobenen Bestimmungen und ohne Bindung an Art. 20 der Vollziehungsverordnung zum VStG auszulegen. Auch den in den Gesetzesmaterialien festgehaltenen Äusserungen, auf die sich die EStV stützt, kann nicht entscheidendes Gewicht beigelegt werden, zumal sie nicht auf Einzelheiten eingehen. Der Wortlaut des Gesetzes ist derart geändert worden, dass nicht ohne weiteres angenommen werden kann, mit jeder Ausschüttung, die nach den alten Bestimmungen der Abgabepflicht unterlag, werde dem Empfänger ein Ertrag beweglichen Kapitalvermögens im Sinne der neuen Ordnung zugewendet. Ebensowenig kann die Auslegung des Art. 4 Abs. 1 VStG durch unbesehene Übernahme der Umschreibung des Ertrags beweglichen Vermögens in Art. 21 Abs. 1 lit. c WStB gewonnen werden. Die EStV weist selbst mit Recht darauf hin, dass sich die Ertragsbegriffe, die einerseits für die Wehrsteuer (eine Subjektsteuer) und anderseits für die Verrechnungssteuer (eine Objektsteuer) massgebend sind, nicht notwendigerweise decken. BGE 94 I 151 S. 162 Auch wenn davon ausgegangen wird, dass der Gesetzgeber und ihm folgend die Rechtspraxis den Begriff des Ertrags für eine Einkommenssteuer und eine Objektsteuer verschieden umschreiben können, ist doch festzuhalten, dass jede Besteuerung von Erträgen im Gegensatz steht zur Besteuerung der Vermögenssubstanz. Wo das Gesetz die Besteuerung von Erträgen vorsieht, ist es daher ausgeschlossen, auch die Rückerstattung von Vermögenssubstanz in die Besteuerung einzubeziehen. Dies muss sowohl für Subjektsteuern als auch für Objektsteuern gelten. Hinsichtlich der Wehrsteuer prüft das Bundesgericht sorgfältig, wann ein Zufluss von Werten als Ertragseinkommen und wann als Entgelt für die Veräusserung eines Vermögensgegenstandes anzusehen ist (vgl. BGE 86 I 231 , BGE 90 I 252 , BGE 92 I 488 ). Bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 1 VStG muss eine ähnliche Prüfung stattfinden. Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber, der die "Kapitalerträge" mit einer Verrechnungssteuer von 30% belegen wollte ( Art. 13 VStG ), der gleichen Steuer auch gewisse Fälle der Rückerstattung der Vermögenssubstanz unterwerfen wollte, selbst wenn nach dem alten Gesetz eine derartige Belastung ausnahmsweise möglich war. Im vorliegenden Fall ist bei der Beschwerdeführerin durch den Bezug des neuen Anteils an der Y. GmbH kein Reinertrag im steuerrechtlichen Sinne entstanden. Vielmehr ist durch die Einbringung der Beteiligung lediglich das Eigenkapital der Beschwerdeführerin vergrössert worden. Es ist so zu halten, wie wenn die Gesellschafter das Stammkapital der Beschwerdeführerin entsprechend erhöht hätten. Ob die Beschwerdeführerin nach dem Handelsrecht berechtigt sei, nachträglich im Umfange des empfangenen Agios eine Aufwertung vorzunehmen, braucht, wie erwähnt, nicht entschieden zu werden. Steuerrechtlich ist der innere Wert der eingebrachten Beteiligung massgebend. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, ob die zusätzliche Einbringung noch zum Gründungsvorgang gerechnet oder als ein davon bereits abgetrennter Vorgang angesehen wird. Ertrag ist auf jeden Fall nur, was die Beschwerdeführerin auf Grund des ihr so zur Verfügung gestellten erhöhten Eigenkapitals in der Folge hinzuerwirbt. Wenn nun die Beschwerdeführerin das zusätzliche Eigenkapital ihren Gesellschaftern zurückerstattet, kann sie keine Herabsetzung des Stammkapitals nach Art. 788 in Verbindung BGE 94 I 151 S. 163 mit Art. 732 ff. OR durchführen, weil keine entsprechende Erhöhung dieses Kapitals vorausgegangen ist. (Es wäre widersinnig, zunächst eine formelle Kapitalerhöhung durchzuführen, für welche die Emissionsabgabe bereits bezahlt wäre, um dann auf dem Wege einer formellen Kapitalherabsetzung den Gegenwert der eingebrachten Beteiligung steuerfrei den Gesellschaftern zuführen zu können.) Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich um Vermögenswerte handelt, die von den Gesellschaftern selbst eingebracht worden sind. Die Rückerstattung solchen Eigenkapitals an die Gesellschafter ist aber unter keinen Umständen Zuwendung eines Ertrags im Sinne des Art. 4 Abs. 1 VStG , so dass sie nicht mit der Verrechnungssteuer belegt werden darf. Die EStV hält dafür, dass diese Betrachtungsweise mit Art. 4 Abs. 2, Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 15 Abs. 1 lit. a und Art. 25 Abs. 2 VStG nicht vereinbar sei. Art. 4 Abs. 2 bestimmt, dass der "Liquidation" der Gesellschaft oder Genossenschaft die Verlegung des Sitzes ins Ausland gleichsteht. Art. 5 Abs. 1 lit. a nimmt die "Reserven und Gewinne" einer Gesellschaft oder Genossenschaft, die bei einer Fusion, Umwandlung oder Aufspaltung in die Reserven der aufnehmenden oder umgewandelten inländischen Gesellschaft oder Genossenschaft übergehen, von der Steuer aus. Nach Art. 15 Abs. 1 lit. a haften für die Steuer einer aufgelösten juristischen Person oder Handelsgesellschaft ohne juristische Persönlichkeit die mit der Liquidation betrauten Personen "bis zum Betrage des Liquidationsergebnisses" solidarisch. Art. 25 bestimmt in Abs. 1, dass juristische Personen, Handelsgesellschaften ohne juristische Persönlichkeit und ausländische Unternehmen mit inländischer Betriebsstätte, welche die mit der Verrechnungssteuer belasteten Einkünfte nicht ordnungsgemäss als Ertrag verbuchen, den Anspruch auf Rückerstattung der von diesen Einkünften abgezogenen Verrechnungssteuer verwirken, und in Abs. 2, dass die Verordnung Ausnahmen zulassen kann, "wo besondere Verhältnisse es rechtfertigen (Gratisaktien und dergleichen)". Diese Vorschriften zwingen jedoch keineswegs dazu, die Rückerstattung von Eigenkapital, das nicht Bestandteil des nominellen Gesellschaftskapitals ist, als steuerbare Leistung im Sinne des neuen Gesetzes zu betrachten. Art. 4 Abs. 1 VStG schliesst nach Wortlaut und Sinn die Besteuerung solcher Rückleistungen aus. BGE 94 I 151 S. 164 II.2. Diese Auslegung ist im vorliegenden Fall auch mit Rücksicht auf das schweizerisch-deutsche Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftssteuern vom 15. Juli 1931 geboten. Art. 6 des Abkommens (in der Fassung gemäss Zusatzprotokoll vom 9. September 1957) weist in Abs. 1 die Besteuerung des beweglichen Kapitalvermögens und der Einkünfte daraus dem Staate zu, in dem der Gläubiger seinen Wohnsitz hat. In Abs. 2 wird das Recht der vertragschliessenden Staaten vorbehalten, auf inländischen "Dividenden und Zinsen" eine Quellensteuer zu erheben, und die Abs. 3-5 sehen vor, dass der im anderen Staate wohnende Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen die teilweise Rückerstattung dieser Steuer und die Anrechnung des nicht zurückzuerstattenden Teils im Wohnsitzstaate verlangen kann. Nach dem Schlussprotokoll zu Art. 6 des Abkommens sind Dividenden im Sinne dieser Bestimmung Einkünfte aus Aktien, Kuxen, Genussscheinen, Gründeranteilen und ähnlichen Gesellschaftsanteilen in Wertpapierform. Daraus hat die EStV geschlossen, dass Quellensteuern auf Gewinnausschüttungen einer GmbH nicht zurückzuerstatten seien, da für die Anteile einer solchen Gesellschaft keine Wertpapiere ausgegeben werden können (Entscheid vom 8. Dezember 1958, zitiert von LOCHER, Das schweizerisch-deutsche Doppelbesteuerungsabkommen, B § 8 II A 3 a Nr. 1). Ob diese Auffassung haltbar sei, kann offen gelassen werden. Auf jeden Fall ist nach Art. 6 Abs. 2 des Abkommens das Recht eines Vertragsstaates, Leistungen an die im anderen Vertragsstaate wohnenden Gläubiger mit Quellensteuern zu belasten, auf "Dividenden und Zinsen" beschränkt. Würde im vorliegenden Fall die Wiederausschüttung des Agios an die beiden in Deutschland wohnenden Gesellschafter der X. GmbH der schweizerischen Verrechnungssteuer unterworfen, so würden aber nicht Dividenden oder Zinsen erfasst; vielmehr würde die Substanz des Vermögens der Gesellschafter besteuert. Ein Anspruch auf solche Besteuerung steht jedoch der Schweiz nach dem Abkommen nicht zu. Aus allen diesen Gründen ist das Dispositiv 4 des angefochtenen Einspracheentscheides aufzuheben. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und Ziff. 4 des angefochtenen Entscheides aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
ddf32fe8-69e9-4f5a-9770-55943e3232ef
Urteilskopf 124 V 47 7. Arrêt du 22 janvier 1998 dans la cause D. contre Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 UVG ; Art. 38 VwVG ; Art. 27 Ziff. 1 und Art. 28 des Abkommens zwischen der Schweiz und der Republik Türkei über soziale Sicherheit vom 1. Mai 1969: Zustellung einer Verfügung der SUVA an einen in der Türkei wohnhaften Versicherten; Einsprachefrist. - Die Zustellung einer Verfügung gemäss Unfallversicherungsrecht im Ausland stellt einen staatlichen Hoheitsakt dar, dessen Ausführung den örtlichen Behörden obliegt. Soweit keine gegenteilige internationale Vereinbarung besteht, ist die Verfügung deshalb auf diplomatischem Weg zu eröffnen. - Das türkisch-schweizerische Abkommen über soziale Sicherheit ermächtigt einen Unfallversicherer nicht, eine an einen in der Türkei wohnhaften Versicherten gerichtete Verfügung per Post zuzustellen. Dessen Einsprache gegen eine per Post versandte Verfügung der SUVA ist deshalb selbst dann zulässig, wenn sie verspätet erfolgt, da die mangelhafte Eröffnung dieses Verwaltungsaktes keinerlei Wirkung gezeitigt hat. - Um dem erwähnten Abkommen gerecht zu werden, hat der Unfallversicherer in der Rechtsmittelbelehrung festzuhalten, dass der Versicherte seine Einsprache in türkisch verfassen und diese auch bei der Sozialversicherungseinrichtung in Ankara einreichen kann.
Sachverhalt ab Seite 48 BGE 124 V 47 S. 48 A.- Par décision du 30 janvier 1996, notifiée à l'assuré le 6 février suivant, la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents (ci-après: CNA) a maintenu le droit de D., né en 1961, de nationalité turque, à une rente d'invalidité de 10%, au-delà du 31 juillet 1991. Par acte du 2 mars 1996, remis à un bureau de poste en Turquie le 8 mars suivant et parvenu à la CNA le 13 mars, D. a fait opposition à cette décision. Le 26 juin 1996, considérant que l'opposition était tardive, la CNA l'a déclarée irrecevable. B.- D. a recouru contre la décision sur opposition de la CNA devant le Tribunal des assurances du canton de Vaud. BGE 124 V 47 S. 49 Considérant lui aussi que l'opposition était tardive, le Président du Tribunal cantonal des assurances a rejeté le recours par jugement du 12 décembre 1996. C.- D. interjette recours de droit administratif contre ce jugement, dont il demande implicitement l'annulation, en concluant à l'octroi d'une rente d'invalidité fondée sur un taux de 20% au moins. Il invoque notamment les jours fériés légaux en Turquie à l'époque du ramadan pour expliquer la tardiveté de l'opposition et conclut implicitement à la restitution du délai d'opposition. La CNA conclut au rejet du recours. L'Office fédéral des assurances sociales ne s'est pas déterminé. En date des 23 octobre et 11 novembre 1997, le recourant a versé au dossier des documents médicaux relatifs à son état de santé. Invitée par le juge délégué à se prononcer sur sa pratique en matière de notification de ses décisions aux assurés domiciliés en Turquie, la CNA a déclaré qu'elle a toujours recouru à la voie postale, sous pli recommandé, les accords passés en matière de sécurité sociale entre la Suisse et la Turquie n'imposant pas, selon elle, la notification par voie diplomatique. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recours de droit administratif est dirigé contre le jugement par lequel le Tribunal des assurances du canton de Vaud a rejeté le recours formé par D. contre la décision du 26 juin 1996 de la CNA déclarant irrecevable l'opposition formée contre sa décision du 30 janvier 1996. Aussi l'objet du litige consiste-t-il uniquement dans la décision de l'intimée de ne pas entrer en matière sur l'opposition du recourant. Le Tribunal fédéral des assurances doit donc se borner à examiner si c'est à bon droit que l'autorité cantonale a rejeté le recours. Il ne saurait en revanche examiner le fond du litige, comme le voudrait le recourant. C'est pourquoi, dans la mesure où D. demande au Tribunal fédéral des assurances une rente d'invalidité plus élevée que celle qui lui a été allouée par l'intimée, ses conclusions sont irrecevables. 2. a) Les décisions rendues en vertu de la LAA peuvent être attaquées, dans les trente jours, par voie d'opposition, auprès de l'institution qui les a notifiées ( art. 105 al. 1 LAA ), soit, en l'espèce, la CNA. Le délai commence à courir le lendemain de la communication ( art. 20 PA en liaison avec l' art. 96 LAA ). BGE 124 V 47 S. 50 Selon l' art. 97 al. 1 LAA , les écrits sont remis à l'assureur ou à son adresse, à un bureau de poste suisse ou à une représentation diplomatique ou consulaire le dernier jour du délai au plus tard; lorsque le délai échoit un samedi, un dimanche ou un jour férié du canton où l'intéressé a son domicile ou son siège, son terme est reporté au premier jour ouvrable qui suit. b) Le droit suisse, applicable à la détermination des prestations auxquelles le recourant a droit, l'est aussi, en l'absence de dispositions contraires résultant des accords passés en matière de sécurité sociale entre la Turquie et la Suisse, au calcul des délais (art. 20 et ss PA en liaison avec les art. 96 et 97 LAA ). Il ne pourrait en aller autrement que si la Turquie était, comme la Suisse, partie à la Convention européenne sur la computation des délais du 16 mai 1972 (RS 0.221.122.3; cf. notamment l'art. 11), ce qui n'est toutefois pas le cas. c) En l'espèce, la décision litigieuse a été notifiée à l'assuré le 6 février 1996. A la lumière des dispositions légales applicables, la déclaration d'opposition remise à un office postal turc le 8 mars 1996 est intervenue tardivement. 3. Le Tribunal fédéral des assurances n'étant pas lié par les motifs du recours (art. 114 al. 1 in fine et 132 OJ), il y a lieu de constater d'office que la notification à l'assuré de la décision de rente du 30 janvier 1996 était irrégulière ce qui, conformément à la loi, ne peut entraîner aucun préjudice pour l'intéressé ( art. 38 PA ). a) La notification d'une décision administrative ou d'un acte judiciaire constitue un acte de puissance publique dont l'exécution incombe aux autorités locales ( ATF 105 Ia 311 consid. 3b, ATF 103 III 4 consid. 2). C'est pourquoi, lorsque la signification doit intervenir à l'étranger, il convient de procéder par la voie diplomatique ou consulaire ( ATF 103 III 4 consid 2; RDAT 1993 I no 68 p. 175; SJ 1993 p. 72). Il ne sera fait exception à cette règle que si une convention internationale le prévoit expressément (POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Berne 1990, vol. I, p. 170 sv., n. 6.5 ad art 29). La signification irrégulière d'un acte judiciaire est dépourvue d'effet ( ATF 105 Ia 311 consid. 3b). La notification directe, à l'étranger, par la poste est un acte d'autorité publique sur territoire étranger. Une autorité judiciaire ou un organisme de l'Etat d'envoi ne peut y procéder qu'avec le consentement de l'Etat de destination ( ATF 105 Ia 311 consid. 3b in initio, ATF 103 III 4 consid. 2b). b) Contrairement à ce que semble croire la CNA, la Convention de sécurité sociale entre la Suisse et la République de Turquie du 1er mai 1969 BGE 124 V 47 S. 51 (RS 0.831.109.763.1 ou RO 1971 1772), applicable à l'assurance obligatoire en cas d'accidents en vertu de l'art. 1 ch. 1 let. B/c, n'autorise pas l'assureur-accidents à déroger à l'obligation de notifier par la voie diplomatique les décisions destinées à un assuré domicilié en Turquie et qui n'a pas fait élection de domicile en Suisse (RAMA 1991 no U 131 p. 277 sv.; RUMO-JUNGO, Bundesgesetz über die Unfallversicherung, 2ème éd., Zurich 1995, p. 319 sv., collection Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht). L'intimée n'aurait pu procéder à la notification de sa décision du 30 janvier 1996 par voie postale qu'avec le consentement de l'Etat turc. A cet égard, la CNA et les autres assureurs-accidents soumis à la convention turco-suisse ne bénéficient d'aucune dérogation, contrairement à ce qui est le cas pour la Caisse suisse de compensation dans son domaine de compétence (cf. l'art. 7 de l'Arrangement administratif du 14 janvier 1970 concernant les modalités d'application de la Convention de sécurité sociale conclue entre la Suisse et la République de Turquie le 1er mai 1969 [RS 0.831.109.763.11 ou RO 1976 591]). Ainsi, la pratique dont se réclame l'intimée est illégale, car elle viole un principe largement reconnu du droit des gens (RDAT 1993 I no 68 p. 175; SJ 1993 p. 72 et les références; RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Bâle 1990, no 84 I k, p. 283 et les arrêts cités; voir aussi LOTHAR FRANK, Die Zustellung im Ausland, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 35/1988 p. 142 ss). 4. Par ailleurs, l'indication des voies de droit au pied de la décision du 30 janvier 1996 était incomplète, car elle se bornait à mentionner qu'une opposition écrite devait être adressée à la Direction de la CNA, Division des accidents, à Lucerne. Or, l'intimée aurait dû, pour respecter ses obligations d'organisme de droit public agissant dans l'exercice de ses compétences décisionnelles, également mentionner que l'assuré avait le droit de s'exprimer en turc (art. 27 ch. 1 de la convention turco-suisse) et qu'il pouvait aussi adresser son opposition à l'Institut des assurances sociales à Ankara, conformément à l'art. 28 de la convention, en liaison avec l'art. 1 al. 1 et l'art. 25 al. 1 de l'Arrangement administratif (cf. DUC, La convention turco-suisse en matière d'assurances sociales, in: L'évolution récente du droit privé en Turquie et en Suisse, dans le vol. 6 de la collection Recueil des travaux présentés aux Journées juridiques turco-suisses 1985, Zurich 1987, p. 202). Il n'est toutefois pas nécessaire de trancher le point de savoir si cette informalité a eu pour conséquence le dépassement du délai d'opposition par BGE 124 V 47 S. 52 le recourant, dès lors que, pour les raisons indiquées au considérant précédent, la décision sur opposition rendue par l'intimée doit être annulée. 5. Sur le vu de ce qui précède, il y a lieu d'annuler le jugement attaqué et la décision sur opposition litigieuse et de renvoyer la cause à l'intimée, afin qu'elle se prononce au fond sur l'opposition formée le 2 mars 1996 par l'assuré contre la décision du 30 janvier précédent.
null
nan
fr
1,998
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
ddf3c26b-6e5e-4b16-9884-895dcc00861a
Urteilskopf 122 II 204 29. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Juni 1996 i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen C. und Eidgenössische Datenschutzkommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Verweigerte Einsichtnahme in Staatsschutzakten; Art. 24 DSG . Über Kompetenzkonflikte zwischen Eidgenössischer Datenschutzkommission und Eidgenössischem Justiz- und Polizeidepartement im Bereich des Datenschutzes entscheidet das Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1 und 2). Verweigert die Behörde, die Personendaten bearbeitet hat, die Einsicht in die Akten mit der Begründung, die Daten fielen in den Bereich des Staatsschutzes, entscheidet ausschliesslich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement über deren Staatsschutzcharakter und mithin darüber, ob es nach Massgabe von Art. 24 Abs. 3 DSG seine Zuständigkeit zur Beurteilung der Einsichtsverweigerung beansprucht (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 205 BGE 122 II 204 S. 205 P. ist Physikerin mit beruflichem Interesse an Bombenschäden. Durch ihr Interesse an Informationen über terroristische Bombenanschläge hat sie die Aufmerksamkeit amtlicher Stellen auf sich gezogen, die ihrerseits die Bundesanwaltschaft kontaktiert haben. Am 11. Februar 1994 fand eine mündliche Unterredung zwischen P. und einem Kommissär der Bundespolizei statt. Nach übereinstimmender Darstellung beider Seiten konnten dabei alle Bedenken gegen die Person von P. ausgeräumt werden. P. ersuchte die Bundesanwaltschaft am 24. Februar 1994 um Einsicht in ihr Dossier. Am 21. März 1994 teilte ihr die Bundesanwaltschaft mit, dass gestützt auf Art. 9 Abs. 2 der Verordnung vom 5. März 1990 über die Behandlung der Staatsschutzakten des Bundes (SR 172.014) keine Auskunft erteilt werden könne, bis alle Daten der Bundespolizei in das provisorische Staatsschutzinformations-System (ISIS) aufgenommen seien. Da ihre weiteren Bemühungen um Akteneinsicht erfolglos blieben, wandte sich P. am 5. November 1994 an die Eidgenössische Datenschutzkommission. Die Bundesanwaltschaft stellte sich in ihrer Vernehmlassung an die Eidgenössische Datenschutzkommission auf den Standpunkt, die Zuständigkeit für die Beurteilung der Beschwerde liege beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, da es um Personendaten im Bereiche des Staatsschutzes im Sinne von Art. 24 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) gehe. Am 22. Februar 1995 verlangte der Präsident der Eidgenössischen Datenschutzkommission, in die Akten der Bundesanwaltschaft Einsicht nehmen zu können. Dem widersetzte sich die Bundesanwaltschaft mit dem erneuten Hinweis auf die Zuständigkeit des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Die Eidgenössische Datenschutzkommission leitete in der Folge mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement den Meinungsaustausch über die Zuständigkeitsfrage ein. Dieses vertrat in seiner Stellungnahme die Ansicht, der Gesetzgeber habe mit der Bezeichnung des Departements als Beschwerdeinstanz an Stelle der Datenschutzkommission dem Geheimnischarakter der Staatsschutztätigkeit Rechnung tragen und BGE 122 II 204 S. 206 ausschliessen wollen, dass die Mitglieder der Datenschutzkommission zu Geheimnisträgern im Bereiche des Staatsschutzes würden. Es werde deshalb vorgeschlagen, in diesem wie auch in anderen Fällen wie folgt vorzugehen: a. Falls eine Beschwerde gegen eine Verfügung der Bundesanwaltschaft bei der Datenschutzkommission eingeht, so hat die Bundesanwaltschaft die Möglichkeit, in ihrer Vernehmlassung mit Hinweis auf den Staatsschutzcharakter der Angelegenheit die Zuständigkeit der Datenschutzkommission zu bestreiten. b. Bestreitet die Bundesanwaltschaft mit Hinweis auf den Staatsschutzcharakter der Daten die Zuständigkeit der Datenschutzkommission, so obliegt es dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, die Zuständigkeitsfrage zu klären. Zu diesem Zweck überweist die Datenschutzkommission die Beschwerde dem Departement. c. Das Departement nimmt Einsicht in die betreffenden Daten. Falls es sich um Staatsschutzdaten handelt, erklärt sich das Departement für zuständig und behandelt die Beschwerde materiell. Andernfalls stellt es intern die eigene Unzuständigkeit fest und überweist die Beschwerde der Datenschutzkommission. Am 21. Oktober 1995 erliess die Eidgenössische Datenschutzkommission eine Zwischenverfügung, wonach sie selber über ihre sachliche Zuständigkeit zu entscheiden habe und der Instruktionsrichter beauftragt werde, in die Akten der Bundesanwaltschaft Einblick zu nehmen. Gegen diese Verfügung hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 6. Februar 1996 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Es beantragt, die angefochtene Zwischenverfügung aufzuheben und die Eidgenössische Datenschutzkommission anzuweisen, das Meinungsaustauschverfahren entsprechend den Bestimmungen von Art. 8 und 9 VwVG weiterzuführen oder aber dem Bundesrat zum Entscheid vorzulegen; eventualiter sei die Zuständigkeit des Departements zur Beurteilung des Staatsschutzcharakters einer Datenbearbeitung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 DSG festzustellen. In seiner Vernehmlassung vom 14. März 1996 an das Bundesgericht macht die Eidgenössische Datenschutzkommission geltend, sie unterstehe als Verwaltungsgericht nicht der Verwaltungsaufsicht des Bundesrates im Sinne von Art. 9 Abs. 3 VwVG , weshalb nicht der Bundesrat über einen Kompetenzkonflikt zu entscheiden habe. Ein solcher sei vielmehr auf dem Rechtsmittelweg zu lösen. Im übrigen müsse die Datenschutzkommission, wenn sie angerufen werde, selber in die Lage versetzt werden, ihre Zuständigkeit BGE 122 II 204 S. 207 zu überprüfen, weshalb es erforderlich sei, dass ihrem Präsidenten Einblick in die Akten gewährt werde. Erwägungen Erwägungen: 1. Gemäss Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen, von einer der in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen ausgehen und keinem Ausschlussgrund nach Art. 99-102 OG unterliegen. Gegen Zwischenentscheide kann beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde geführt werden, soweit diese auch gegen den Endentscheid zulässig ist ( Art. 101 lit. a OG ) und wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können ( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 Abs. 1 VwVG ). Da sich der angefochtene Entscheid auf das Datenschutzrecht des Bundes stützt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf diesem Gebiet nach dem Einleitungssatz von Art. 100 OG in keinem Fall (auch nicht auf dem Gebiet der innern oder äussern Sicherheit) ausgeschlossen ist, als Vorinstanz eine eidgenössische Rekurskommission entschieden hat ( Art. 98 lit. e OG ) und die mit dem angefochtenen Entscheid verlangte Edition der Akten einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirkt ( Art. 45 Abs. 2 lit. d VwVG ), ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. Das in der Sache zuständige Departement ist beschwerdelegitimiert ( Art. 103 lit. b OG ). Die für die Anfechtung von Zwischenverfügungen geltende Beschwerdefrist von zehn Tagen ( Art. 106 Abs. 1 OG ) ist eingehalten, da der Entscheid der Eidgenössischen Datenschutzkommission vom 21. Oktober 1995 dem Departement erst am 29. Januar 1996 zugestellt wurde. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit einzutreten. 2. Die Eidgenössische Datenschutzkommission und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement sind sich vorerst nicht darüber einig, in welchem Verfahren entschieden wird, welche der beiden Behörden zuständig ist. Das Departement beruft sich auf Art. 9 Abs. 3 VwVG , wonach Kompetenzkonflikte zwischen Behörden, ausgenommen Kompetenzkonflikte mit dem Bundesgericht, dem Eidgenössischen Versicherungsgericht oder mit kantonalen Behörden, von der gemeinsamen Aufsichtsbehörde, im Zweifel vom Bundesrat, zu beurteilen sind. Die Bestimmung regelt nicht ausdrücklich, ob dem Bundesrat auch BGE 122 II 204 S. 208 Kompetenzkonflikte zwischen einer unabhängigen Rekurskommission und einer Verwaltungsbehörde des Bundes zu unterbreiten sind. Die Frage braucht hier nicht in allgemeiner Weise entschieden zu werden. Auf dem Gebiete des Datenschutzes können sowohl die Entscheide der Datenschutzkommission wie auch diejenigen des Departements mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht angefochten werden. Es erscheint darum naheliegend und sachlich gerechtfertigt, dass das Bundesgericht, welches auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin den materiellen Entscheid beider Behörden überprüfen und auch einen unzuständigerweise getroffenen Entscheid aufheben und die Sache an die jeweils andere Behörde überweisen müsste, darüber befindet, auf welche Weise die Datenschutzkommission und das Departement die Zuständigkeit klären sollen. 3. Die Eidgenössische Datenschutzkommission ist eine Schieds- und Rekurskommission im Sinne von Art. 71a-c VwVG , welche u.a. über Beschwerden gegen Verfügungen von Bundesorganen in Datenschutzfragen entscheidet ( Art. 33 Abs. 1 lit. b DSG ; Art. 25 Abs. 5 DSG ). Der ursprüngliche bundesrätliche Entwurf zu Art. 24 DSG ( Art. 21 DSG im Entwurf) enthielt eine Ermächtigung an den Bundesrat, für das Bearbeiten von Personendaten durch "Organe des Staatsschutzes oder der militärischen Sicherheit" in bestimmten Bereichen vom Datenschutzgesetz abweichende Bestimmungen aufzustellen. An Stelle der Datenschutzkommission sollte das übergeordnete Departement entscheiden, und an Stelle der Beschwerde an das Bundesgericht sollte jene an den Bundesrat treten (BBl 1988 II 523). Die eidgenössischen Räte sahen sich indessen veranlasst, den Begriff des Staatsschutzes präziser zu fassen und den Geltungsbereich von Art. 24 DSG nicht organ-, sondern aufgabenbezogen zu definieren (vgl. Votum Nabholz, Berichterstatterin der Kommission, Amtl.Bull. 1991 N 940 ff., 975 f.). Die besonderen Bestimmungen, welche der Bundesrat erlassen kann, sollen sich danach auf die Bekämpfung des Terrorismus, des gewalttätigen Extremismus, des organisierten Verbrechens und des verbotenen Nachrichtendienstes sowie auf die Gewährleistungen der militärischen Sicherheit beziehen. Im übrigen entschieden sich die eidgenössischen Räte dafür, die gerichtliche Überprüfung durch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zu ermöglichen, nicht aber (insoweit in Übereinstimmung mit dem Entwurf des Bundesrates) durch Beschwerde an die Datenschutzkommission ( Art. 24 Abs. 3 DSG ). BGE 122 II 204 S. 209 Die aufgabenorientierte Umschreibung des Geltungsbereichs von Art. 24 DSG hat zur Folge, dass die klare Abgrenzung der jeweiligen Zuständigkeit von Departement und Datenschutzkommission verloren ging. Es kann nicht, wie dies noch beim bundesrätlichen Entwurf der Fall gewesen wäre, darauf abgestellt werden, ob die Bearbeitung der Personendaten durch Organe des Staatsschutzes oder der militärischen Sicherheit erfolgt ist. Vielmehr ist vorerst zu klären, ob die Organe des Staatsschutzes im Bereiche der Bekämpfung des Terrorismus, des gewalttätigen Extremismus usw. tätig geworden sind. Dazu ist vollumfängliche Einsicht in die massgeblichen Akten erforderlich. Sofern es Sache der Datenschutzkommission ist, in solchen Fällen über die eigene Zuständigkeit zu entscheiden und diese nach Massgabe der in Art. 24 DSG angewendeten Begriffe zu bestimmen, ist es unumgänglich, dass den Mitgliedern dieser Kommission die Akten der Bundesanwaltschaft vorgelegt werden. Der Gesetzgeber hat nun aber die Datenschutzkommission im fraglichen Bereich nicht mit der Beurteilung von Beschwerden betrauen wollen, weil der Kreis der Geheimnisträger in Staatsschutzangelegenheiten möglichst klein gehalten werden sollte (HANS REINHARD, in: MAURER/VOGT, Kommentar zum schweizerischen Datenschutzgesetz, Basel 1995, N. 23 zu Art. 24). Einen anderen plausiblen Grund für die Übertragung der Aufgaben der Datenschutzkommission an das Departement gibt es nicht. Die gerichtliche Beurteilung als solche sollte (in Abweichung vom Entwurf des Bundesrates) gerade nicht ausgeschlossen werden, da das Bundesgericht sowohl zur Überprüfung der Entscheide der Datenschutzkommission wie auch jener des Departements befugt ist ( Art. 24 Abs. 3 und Art. 25 Abs. 5 DSG ). Verhält es sich aber so, kann kein Sinn darin gesehen werden, der Datenschutzkommission Einblick in die Akten zu gewähren und deren Mitglieder damit zu Geheimnisträgern in Staatsschutzangelegenheiten zu machen, den materiellen Entscheid aber doch dem Departement zu überlassen. Das Departement tritt einzig deshalb an die Stelle der Datenschutzkommission, weil dadurch die Zahl der Geheimnisträger kleiner gehalten werden kann, nicht weil ein Bedürfnis besteht, den materiellen Entscheid nicht einem unabhängigen Gericht zu übertragen. Auch die Datenschutzkommission anerkennt in ihrer Zwischenverfügung, dass der Kreis der Geheimnisträger aufgrund der gesetzlichen Regelung möglichst klein zu halten ist. Sie wollte aus diesem Grund die Einsicht in die Akten der Bundesanwaltschaft dem Instruktionsrichter vorbehalten. Das wäre indessen nicht folgerichtig, da die übrigen Mitglieder keine vollständige BGE 122 II 204 S. 210 Aktenkenntnis hätten und die Auffassung des Instruktionsrichters für sie nicht überprüfbar wäre. Der Zweck der gesetzlichen Regelung gebietet damit das Vorgehen, wie es vom Departement im Meinungsaustauschverfahren vorgezeichnet worden ist. Das Departement hat im Streitfall darüber zu entscheiden, ob es nach Massgabe von Art. 24 Abs. 3 DSG seine Zuständigkeit beansprucht. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Mitglieder der Datenschutzkommission nicht zu Geheimnisträgern in diesem Bereich werden, was nichts mit mangelnder Vertrauenswürdigkeit ihrer Mitglieder zu tun hat, sondern einzig damit, dass Geheimnisse um so besser gewahrt sind, je weniger Personen davon Kenntnis haben. Den Betroffenen entsteht daraus kein Nachteil. Sie können den Entscheid des Departements, wenn er zu ihren Ungunsten ausfällt, beim Bundesgericht anfechten, das ihn nicht nur materiell, sondern auch darauf hin überprüfen kann, ob das Departement zuständigerweise entschieden hat; nötigenfalls kann das Bundesgericht den Entscheid wegen fehlender Zuständigkeit des Departements aufheben und die Sache an die Datenschutzkommission überweisen. 4. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit teilweise (im Sinne des Eventualbegehrens des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements) gutzuheissen, die angefochtene Zwischenverfügung der Eidgenössischen Datenschutzkommission aufzuheben und die Sache an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zu überweisen, damit dieses prüfe, ob es selbst gestützt auf Art. 24 Abs. 3 DSG zur materiellen Behandlung der von P. erhobenen Beschwerde zuständig sei.
public_law
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
ddf91956-0923-4442-a8a6-29d3a93b1cdf
Urteilskopf 125 III 161 30. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 8 mars 1999 dans la cause Dame X. contre Autorité de surveillance des tutelles du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Art. 264b Abs. 1 ZGB ; Art. 5 Abs. 3 der Verordnung des Bundesrates vom 19. Oktober 1977 über die Aufnahme von Pflegekindern. Aufnahme eines Kindes zur Adoption durch eine Einzelperson. Sind die zum Wohle des Kindes verlangten Voraussetzungen erfüllt, darf eine unverheiratete Person auch dann allein adoptieren, wenn keine ausserordentlichen Umstände vorliegen (E. 3 u. 4); insbesondere geht es nicht an, erzieherische Erfahrung oder eine vorbestandene Beziehung zum Kind zu verlangen (E. 5). Wegen ihrer spezifischen Situation muss die adoptionswillige Person besonders verfügbar sein; eine Halbtagsarbeit schadet den Interessen des Kindes in der Regel nicht (E. 6). Ein Altersunterschied von mehr als 40 Jahren zwischen dem Kind und der adoptionswilligen Person schliesst das Entstehen einer normalen Eltern-Kind-Beziehung nicht aus (E. 7).
Erwägungen ab Seite 162 BGE 125 III 161 S. 162 Considérant en fait et en droit: 1. Dame X., née le 28 juin 1953, célibataire domiciliée à Genève, a sollicité, le 18 mars 1996, l'autorisation d'accueillir un enfant vietnamien de moins de 2 ans en vue d'adoption. Le 11 mai 1998, le Service de protection de la jeunesse du canton de Genève a rejeté sa demande. Ce prononcé a été confirmé le 30 septembre 1998 par l'Autorité de surveillance des tutelles du canton de Genève. Le 8 mars 1999, le Tribunal fédéral a admis le recours de droit administratif formé par la requérante contre cette décision et accordé l'autorisation de placement sollicitée. Le même jour, il a statué de manière identique dans une autre cause (5A.29/1998). 3. a) L'adoption ne peut être prononcée que lorsque les futurs parents ont fourni des soins à l'enfant et pourvu à son éducation pendant au moins deux ans ( art. 264 CC ). Toute adoption doit, par conséquent, être précédée d'un placement, d'un lien nourricier d'une certaine durée. Condition impérative de l'adoption (Message du Conseil fédéral concernant la révision du Code civil suisse [Adoption et art. 321 CC ], FF 1971 I 1239; HEGNAUER, Berner Kommentar, n. 42 ad art. 264 CC ), cette mesure constitue une justification de l'établissement ultérieur d'un lien de filiation, un délai d'épreuve pour les intéressés, ainsi qu'une occasion et un moyen de s'assurer que l'adoption servira au bien de l'enfant (HEGNAUER, op.cit., n. 28 ad art. 264 CC et les références; GROSSEN, FJS no 1353, p. 3/4). Le placement d'enfants auprès de parents nourriciers est soumis à l'autorisation et à la surveillance de l'autorité tutélaire ou d'un autre office du domicile des parents nourriciers, désigné par le droit cantonal BGE 125 III 161 S. 163 ( art. 316 al. 1 CC ); le Conseil fédéral édicte des prescriptions d'exécution ( art. 316 al. 2 CC ). Aux termes de l'art. 5 de l'Ordonnance du Conseil fédéral réglant le placement d'enfants, du 19 octobre 1977 (RS 211.222.338; ci-après: Ordonnance), l'autorisation de placement ne peut être délivrée que si les qualités personnelles, les aptitudes éducatives, l'état de santé des parents nourriciers et des autres personnes vivant dans leur ménage, et les conditions de logement offrent toute garantie que l'enfant placé bénéficiera de soins, d'une éducation et d'une formation adéquats (al. 1); lorsque l'enfant est accueilli en vue de son adoption, l'autorisation suppose en outre qu'il n'existe aucun empêchement légal s'opposant à la future adoption et que les circonstances, notamment les mobiles des parents nourriciers, permettent de prévoir que l'adoption servira au bien de l'enfant (al. 2). Cette condition primordiale de l'adoption - le bien de l'enfant - n'est pas facile à vérifier. L'autorité doit se demander si l'adoption envisagée est véritablement propre à assurer le meilleur développement possible de la personnalité de l'enfant et à améliorer sa situation. Cette question doit être examinée à tous les points de vue (affectif, intellectuel et physique), en se gardant d'attribuer une importance excessive au facteur matériel (HEGNAUER, op.cit., n. 58 ss ad art. 264 CC ; GROSSEN, op.cit., p. 4 ch. 2; MEIER/STETTLER, Droit civil VI/1, L'établissement de la filiation, p. 120 ch. 270). b) Une personne mariée peut, en dérogation à l' art. 264a al. 1 CC , adopter seule lorsqu'une adoption conjointe se révèle impossible parce que le conjoint est devenu incapable de discernement de manière durable, ou qu'il est absent depuis plus de deux ans sans résidence connue, ou lorsque les époux sont séparés de corps depuis plus de trois ans ( art. 264b al. 2 CC ). De même, une personne non mariée - célibataire, veuve ou divorcée (FF 1971 I 1241; HEGNAUER, op.cit., n. 9 ad art. 264b CC ) - peut adopter seule un enfant ( art. 264b al. 1 CC ). Par cette forme d'adoption, le lien de filiation n'est établi qu'avec un seul parent. En raison de sa situation, l'adoptant doit en principe assumer seul toutes les exigences répondant aux besoins de l'enfant, à son intérêt, et être disponible pour s'en occuper dans une mesure qui dépasse celle qui est exigée de chacun des époux qui ont adopté conjointement ( ATF 111 II 233 consid. 2cc p. 235). Aussi les aptitudes du futur parent adoptif feront-elles l'objet d'une attention particulière (art. 5 al. 3 let. b de l'Ordonnance). Il est notamment nécessaire d'examiner de façon approfondie si le requérant est apte à éduquer l'enfant et s'il dispose du temps nécessaire à cet effet (Circulaire du Conseil fédéral aux autorités de surveillance concernant BGE 125 III 161 S. 164 le placement d'enfants et l'activité d'intermédiaire en vue de l'adoption, du 21 décembre 1988, FF 1989 I 6 ch. 113.32). 4. Pour justifier son refus, l'autorité cantonale s'est notamment fondée sur le caractère exceptionnel de l'adoption par une personne seule. Elle a ainsi relevé qu'en l'absence de circonstances particulières, tenant par exemple à la préexistence de liens vivants entre le futur adoptant et un enfant privé de parents biologiques, il convenait d'éviter la création d'un foyer monoparental et, par conséquent, un «orphelin de père, avec ce que cela comporte de frustrations par un double abandon à la naissance cumulé avec l'établissement juridique d'un nouveau lien de filiation partielle». a) Dans l'esprit du législateur (cf. BO 1971 CE 718-719; BO 1972 CN 576, 580), l'adoption conjointe est la règle et l'adoption par une personne seule, l'exception ( ATF 111 II 233 consid. 2cc p. 235; Circulaire du Conseil fédéral précitée, ibidem; cf. aussi GROSSEN, op.cit., p. 3 ch. 4; BREITSCHMID, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, ZGB I, n. 1 et 5 ad art. 264b CC ; STETTLER, Le droit suisse de la filiation, in: Traité de droit privé suisse, III/II/1, p. 102; MEIER/STETTLER, op.cit., p. 116 ch. 263); celle-ci l'est aussi statistiquement, puisqu'elle ne représente que les 2,1% des adoptions prononcées en 1997 (Annuaire statistique de la Suisse 1999, p. 45 [années 1990-1997]; MEIER/STETTLER, op.cit., p. 113 ch. 258). On peut en effet concevoir que l'intérêt de l'enfant, qui est déterminant, consiste de prime abord à vivre dans une famille comportant un père et une mère. C'est sans doute pour cette raison que le Conseil fédéral et la doctrine évoquent de manière restrictive des situations assez particulières: l'adoption conjointe est rendue impossible par le décès d'un parent nourricier; un orphelin de père et de mère est pris en charge par une personne qui, du vivant des parents déjà, entretenait des liens étroits avec l'enfant; une personne apte à s'occuper d'un handicapé demande à l'adopter (arrêt du Tribunal fédéral du 1er mai 1997, in SJ 1997 p. 600, consid. 5a et les citations; MEIER/STETTLER, op.cit., p. 117 ch. 264). Il n'en demeure pas moins que la loi prévoit expressément l'adoption par une personne seule, qu'elle ne soumet à aucune condition spéciale (HEGNAUER, op.cit., n. 4 ad art. 264b CC ; BREITSCHMID, op.cit., n. 5 ad art. 264b CC ); bien plus, il est contraire au droit fédéral de refuser d'entrée de cause une demande d'autorisation de placement pour le seul motif que le requérant ne peut invoquer de circonstances particulières (arrêt du Tribunal fédéral du 4 septembre 1997, in RDT 1998 p. 118, consid. 4a in fine). BGE 125 III 161 S. 165 b) Quoi qu'il en soit, d'après la jurisprudence, lorsque les conditions nécessaires au bien de l'enfant sont réunies, et que son adoption par une personne seule répond à toutes les exigences de son plein épanouissement et du développement de sa personnalité, tant du point de vue affectif et intellectuel que physique, elle sera prononcée; dans ce cas, au stade du placement préalable, la prévision que l'adoption servira au bien de l'enfant est réalisée (art. 5 al. 2 de l'Ordonnance; Circulaire du Conseil fédéral précitée, p. 5 ch. 113.2), et l'autorisation de placement doit être accordée ( ATF 111 II 233 consid. 2cc p. 235; RDT 1998 p. 117, consid. 4a; SJ 1997 p. 600, consid. 5b, qui cite un arrêt non publié du 14 novembre 1991, résumé in: RSJ 88/1992 p. 238). Le caractère exceptionnel de l'adoption par une personne seule n'est donc pas décisif en soi. Il importe bien plutôt d'examiner, dans chaque cas, si les conditions requises pour le bien de l'enfant - et en particulier celles qui doivent être réunies par les futurs parents adoptifs - sont remplies conformément aux exigences légales (HEGNAUER, op.cit., n. 56 ad art. 264 CC ). 5. En l'espèce, l'autorité cantonale a considéré que la requérante ne disposait pas des capacités éducatives suffisantes pour s'occuper d'un enfant en bas âge, faute de bénéficier d'une expérience spéciale dans ce domaine. Les juges genevois ont en outre relevé qu'elle n'avait aucun lien affectif préétabli avec un enfant déterminé et semblait dépendre, dans une large mesure, des conseils de sa famille et de ses amis pour combler d'éventuelles lacunes en matière d'éducation. La référence au manque d'expérience de la recourante n'est guère pertinente, dans la mesure où la loi ne requiert que des «aptitudes» éducatives ( art. 268a al. 2 CC et 5 al. 1 de l'Ordonnance). Une telle exigence ne se trouve pas non plus dans la doctrine, ni dans la jurisprudence. Prise à la lettre, elle reviendrait d'ailleurs à empêcher l'adoption par des couples sans enfants, ce qui n'est pas le cas en pratique bien qu'ils ne justifient pas tous d'une formation à caractère pédagogique (JAB 1995 p. 416). En l'occurrence, rien ne permet de douter des capacités de la requérante à éduquer convenablement l'enfant qui lui serait confié. Selon la décision attaquée, l'intéressée - qui est l'aînée d'une famille de quatre enfants - est licenciée en droit et titulaire d'un diplôme fédéral de médecin assorti d'une spécialisation en dermatologie-vénérologie. De par sa profession, elle ne dispose certes pas d'une formation pédagogique au sens étroit. L'autorité cantonale retient toutefois qu'elle s'occupe régulièrement de ses neveux, qui ont entre 8 et 15 ans et, en particulier, BGE 125 III 161 S. 166 de sa filleule, dont la mère est décédée il y a 3 ans. Elle accueille ainsi la fillette, âgée de 10 ans, un jour par semaine et durant une partie des vacances, lui servant ainsi de «substitut maternel». S'il est vrai qu'il ne s'agit pas d'enfants en bas âge, la requérante n'a sans doute pas attendu qu'ils grandissent pour nouer des liens avec eux; cette circonstance n'est du reste pas déterminante. Les relations décrites ci-dessus permettent en effet d'affirmer qu'elle entretient d'excellents rapports avec les enfants, comme en attestent les nombreuses lettres de proches versées au dossier, qui soulignent l'affection, la patience et le sens des responsabilités dont elle fait preuve à l'égard de ceux-là. Cette opinion est corroborée par le rapport d'une spécialiste FMH en psychiatrie de l'enfant, de l'adolescent et de l'adulte, lequel mentionne que la requérante possède les aptitudes nécessaires pour adopter. En outre, l'autorité cantonale admet expressément que la requérante offre des garanties suffisantes quant à ses qualités personnelles, à son état de santé, à sa situation financière et aux conditions de logement. Dès lors, cette juridiction a exagéré l'importance du lien préétabli entre l'enfant et le futur parent adoptif, lien que le placement a, précisément, entre autres buts d'établir. Ni la loi ni l'ordonnance ne posent d'ailleurs une telle condition (JAB 1995 p. 414). Au contraire, l'art. 8a de l'Ordonnance - en vigueur depuis le 1er janvier 1989 - permet de délivrer une autorisation provisoire d'accueillir un enfant étranger même si ce dernier n'est pas encore déterminé, soit en l'absence de toute relation antérieure. Il est vrai qu'un tel lien existe dans les exemples cités par la doctrine (cf. supra consid. 4a); mais on ne saurait y voir un catalogue exhaustif qui confinerait - de manière inadmissible - l'intérêt de l'enfant à des cas limitativement énumérés (cf. BREITSCHMID, op.cit., n. 1 ad art. 264b CC : «andere plausible Gründe»). 6. L'autorité cantonale a de plus estimé qu'en raison de son activité professionnelle, la requérante n'avait pas la disponibilité suffisante pour s'occuper à satisfaction d'un enfant en bas âge. Il est constant que celle-ci travaille actuellement à plein temps, de manière indépendante, comme médecin spécialiste FMH en dermatologie-vénérologie; elle prévoit toutefois de réduire son taux d'activité de moitié si l'autorisation qu'elle sollicite lui est accordée. Contrairement à ce que retient l'autorité cantonale, il ne s'agit pas d'une simple «déclaration d'intention». La recourante a en effet produit la lettre d'un collègue confirmant qu'il était disposé à s'associer avec elle et qu'il avait pris note de son désir de travailler à 50%. BGE 125 III 161 S. 167 Sur ce point, l'autorité cantonale a ainsi constaté les faits de façon manifestement inexacte ( art. 105 al. 2 OJ ). On peut en outre admettre que ce taux garantit une disponibilité suffisante pour l'enfant (cf. au sujet de cette exigence: pour une activité à 80%, RDT 1998 p. 118, consid. 4b et l'arrêt non publié cité; pour une activité à plein temps, SJ 1997 p. 601, consid. 6c; RJN 1992 p. 151, consid. 3a; RDT 1982 p. 39/40); au demeurant, exiger d'une personne seule qu'elle diminue son temps de travail au delà d'un mi-temps reviendrait généralement à l'empêcher d'adopter pour des raisons pécuniaires. En l'occurrence, il est admis que la situation financière de la recourante lui permet d'entretenir un enfant même en ne travaillant qu'à mi-temps. La décision attaquée constate aussi qu'elle a prévu d'engager une personne de confiance à domicile pour s'occuper de l'enfant pendant ses heures de travail, et de prendre un congé de quelques mois dès l'arrivée de celui-ci en Suisse; cette dernière affirmation apparaît crédible vu son statut d'indépendante, qui devrait en outre lui permettre d'aménager ses horaires en fonction des besoins de l'enfant. L'activité professionnelle de la recourante se révèle ainsi compatible avec une prise en charge optimale de celui-ci, même dans ses premières années. On ne saurait donc suivre les juges précédents lorsqu'ils lui reprochent son manque de disponibilité. 7. Au surplus, l'autorité cantonale observe que la différence d'âge entre la requérante et l'enfant qu'elle souhaite accueillir reviendrait à assimiler artificiellement l'adoption projetée à «une relation analogue à un rapport filial entre des personnes séparées par une génération manquante». Cette circonstance serait de nature à nuire à l'équilibre psychologique de l'enfant. a) Le Code civil ne prévoit pas de limite d'âge supérieure pour l'adoption, mais seulement un âge minimal (art. 264a al. 2 et 3, 264b al. 1 et 2 CC), fixé à trente-cinq ans révolus en cas d'adoption par une personne seule. Cependant, selon l'art. 5 al. 3 let. a de l'Ordonnance, les aptitudes des futurs parents adoptifs doivent faire l'objet d'une attention particulière lorsque la différence d'âge entre l'enfant et le père nourricier ou la mère nourricière est de plus de 40 ans. Dans son message, le Conseil fédéral avait déjà souligné que la raison d'être de l'adoption aux fins d'éducation exige que l'enfant ait des parents adoptifs dont l'âge corresponde à peu près à celui des parents biologiques (FF 1971 I 1242). De ce fait, ce n'est pas en fonction d'un âge précis, mais d'une différence d'âge déterminée entre l'enfant et les futurs parents adoptifs qu'il y a lieu d'examiner si ceux-ci auront la force et la faculté d'adaptation nécessaires pour BGE 125 III 161 S. 168 éduquer l'enfant; ils doivent avoir ces capacités non seulement au moment où ils présentent leur requête, mais aussi durant toute la minorité de l'enfant, en particulier lors de sa puberté (FF 1989 I 6). Il convient, à cet égard, d'éviter tout schématisme; la différence admissible doit être dictée par le bien de l'enfant (STETTLER, op.cit., p. 111 ss; HEGNAUER/MEIER, Droit suisse de la filiation, 4e éd., p. 66 ch. 11.10; pour la casuistique, voir RDT 1985 p. 70/71: différence de 58 ans; JAB 1994 p. 136 ss: différence de 50 ans à l'égard du père et de 44 ans à l'égard de la mère; RDAF 1995 p. 157: différence de 57 ans à l'égard du père et de 38 ans à l'égard de la mère, l'accent étant toutefois mis sur la première; cf. aussi ATF 119 II 1 consid. 3b p. 3/4, au sujet de l'adoption par des grands-parents). Même lorsque la différence d'âge entre l'enfant et les futurs parents adoptifs est supérieure à 40 ans, l'établissement d'un rapport normal de filiation n'est pas exclu. L'art. 5 al. 3 let. a de l'Ordonnance n'a pour but que de rendre les autorités compétentes attentives au fait qu'elles devront prendre ce critère en considération; plus la différence d'âge est grande, plus l'enquête doit être approfondie (FF 1989 I 6 ch. 113.31). b) En l'espèce, la recourante, née le 28 juin 1953, a près de 46 ans et souhaiterait adopter un enfant de 2 ans au plus; la différence d'âge serait donc de 44, voire de 46 ans. Si on se place à l'époque où elle a présenté sa requête (le 18 mars 1996), cette différence est d'environ 43 ans. Contrairement à l'opinion de l'autorité cantonale, un tel écart ne supprime pas artificiellement une génération: en Suisse, l'âge moyen des mères non mariées est, à la naissance, proche des 30 ans (29,6 pour 1997; Annuaire statistique précité, ibidem). Encore que, dans l'absolu, il ne soit pas possible d'exclure un échec du placement pour ce motif (LÜCKER-BABEL, Adoption internationale et droits de l'enfant: Qu'advient-il des laissés-pour-compte ?, Fribourg 1991, p. 34; RJN 1992 p. 152, let. c), il résulte des pièces produites et, notamment, du rapport psychiatrique précité, auxquels l'autorité cantonale se réfère, que la requérante est une femme active et entreprenante, qui présente une ouverture d'esprit, une capacité d'adaptation ainsi qu'un sens des responsabilités importants. Au surplus, le rapport d'évaluation du Service de protection de la jeunesse relève qu'elle envisage d'adopter un enfant au Vietnam, vu les liens de parenté - sa belle-soeur est vietnamienne - ou d'amitié qui l'unissent à plusieurs ressortissants de ce pays. S'il est vrai que l'aptitude des parents adoptifs à donner des soins, une éducation et une formation adéquats, ainsi que leur capacité à satisfaire aux exigences spéciales que pose l'origine de l'enfant, doivent largement s'apprécier BGE 125 III 161 S. 169 au regard du critère de l'âge (RJN, 1994 36, consid. 4b et les auteurs cités), rien dans le dossier ne justifie concrètement les craintes exprimées sur ce point - à titre superfétatoire et sans grande motivation - par l'autorité cantonale.
null
nan
fr
1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
de082fb5-1d55-4550-8353-738f50f8b69b
Urteilskopf 110 Ia 134 28. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Februar 1984 i.S. Wohnbau AG und Mitbeteiligte gegen Gemeinde Thusis und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 87 OG ; Endentscheid. Der Einleitungsbeschluss, mit welchem nach dem Perimetergesetz des Kantons Graubünden das Perimetergebiet abgegrenzt wird, ist als Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG zu betrachten.
Erwägungen ab Seite 134 BGE 110 Ia 134 S. 134 Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführer berufen sich ausschliesslich auf Art. 4 BV . Staatsrechtliche Beschwerden, mit denen eine Verletzung dieser Verfassungsvorschrift gerügt wird, sind gemäss Art. 87 OG erst gegen letztinstanzliche Endentscheide zulässig, gegen letztinstanzliche Zwischenentscheide nur, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts stellt einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid dar (Art. 13 Abs. 2 des Perimetergesetzes des Kantons Graubünden vom 28. September 1980, PG). Es fragt sich, ob es auch ein Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG ist. Als ein solcher wird jeder Entscheid betrachtet, der ein Verfahren - vorbehältlich der Weiterziehung an eine höhere Instanz - abschliesst, sei es durch einen Sachentscheid, sei es aus prozessualen Gründen ( BGE 106 Ia 233 E. 3a mit Hinweisen). BGE 110 Ia 134 S. 135 Nach dem Perimetergesetz des Kantons Graubünden zerfällt das Perimeterverfahren in zwei Abschnitte: es wird zunächst in einem Einleitungsbeschluss das Perimetergebiet abgegrenzt ( Art. 13 Abs. 1 PG ), und in der Folge werden durch einen Perimeterentscheid die einzelnen Beiträge festgesetzt ( Art. 15 Ziff. 5 PG ). Gegen den Einleitungsbeschluss ist der Rekurs an das Verwaltungsgericht zulässig, mit welchem Rechtsmittel sich die betroffenen Grundeigentümer "gegen die Anwendung des Perimeterverfahrens an sich und die Abgrenzung des Perimetergebietes" zur Wehr setzen können ( Art. 13 Abs. 2 PG ). Der rechtskräftige Einleitungsbeschluss kann, wie Art. 13 Abs. 3 PG bestimmt, "bezüglich Durchführung des Perimeterverfahrens an sich und Abgrenzung des Perimetergebietes mit dem Perimeterentscheid nicht mehr angefochten werden". Diese Regelung zeigt, dass die Abgrenzung des Perimetergebietes ein in sich geschlossenes selbständiges Verfahren bildet, dessen Ergebnis im nächsten Abschnitt, d.h. bei der Festsetzung der Beiträge, nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Ist aber ein Verfahren derart verselbständigt, so drängt es sich - ähnlich wie bei der provisorischen Rechtsöffnung (vgl. BGE 94 I 372 ) - auf, den Entscheid der kantonalen oder kommunalen Behörde, der ein solches Verfahren abschliesst (hier: den Einleitungsbeschluss der Gemeinde), als Endentscheid im Sinne von Art. 87 OG zu betrachten. Das Urteil des Verwaltungsgerichts erfüllt somit die Voraussetzungen dieser Vorschrift und kann daher mit staatsrechtlicher Beschwerde gestützt auf Art. 4 BV angefochten werden.
public_law
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
de0a73eb-940d-4706-b8b2-6e7a50f488fe
Urteilskopf 102 III 150 28. Entscheid vom 1. September 1976 i.S. Serveasing AG, Gesellschaft für Kundendienst und Absatzförderung.
Regeste Eigentumsvorbehaltsregister, Angabe des garantierten Forderungsbetrages. Mit dem Vorbehalt des Eigentums an einer veräusserten Sache darf nur die Gegenleistung aus dem Veräusserungsgeschäft sichergestellt werden. Ein Vertrag, aus dem sich nicht mit Klarheit ergibt, welcher Anspruch durch den Eigentumsvorbehalt gesichert werden soll, darf im Eigentumsvorbehaltsregister nicht eingetragen werden.
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 102 III 150 S. 150 A.- Erika Hatt, Inhaberin des Café-Tea Room Englisch-Viertel in Zürich, kaufte mit Vertrag vom 14. Januar 1976 von der Supresso AG eine Kaffeemaschine Gaggia ELE-BEL 3 zur "Wertbasis" von Fr. 9'950.--. Als Gegenleistung verpflichtete BGE 102 III 150 S. 151 sie sich, von der Kaiser AG insgesamt 2500 kg Kaffee im Mengen von mindestens 10 kg pro Woche zum Listenpreis der Lieferantin (bei Vertragsabschluss Fr. 14.50 pro kg) zuzüglich einem "Aufgeld" von Fr. 3.50 pro kg zu beziehen. Nach Ziff. 1 des Vertrages ist die Kaffeemaschine "als Gegenleistung für vereinbarte Kaffeebezüge im Austausch übereignet, wobei bis zur vollständigen Erfüllung der Eigentumsvorbehalt beim Lieferanten verbleibt". In Ziff. 3 trat die Supresso AG ihre Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis ab an die Serveasing AG, Gesellschaft für Kundendienst und Absatzförderung. Am 6. Februar 1976 meldete die Serveasing AG den Eigentumsvorbehalt an der Kaffeemaschine unter Vorlegung des Vertrages beim Betreibungsamt Zürich 2 an. Unter der Rubrik "Forderungsbetrag" machte sie folgende Angabe: "2500 x Fr. 3.50 = Fr. 8'750.--, sowie Abnahme von 2500 kg Kaffee (beides gemäss Vertrag)". Mit Verfügung vom 12. Februar 1976 weigerte sich das Betreibungsamt, den Eigentumsvorbehalt im Register einzutragen. B.- Hiegegen beschwerte sich die Serveasing AG beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Dieses wies die Beschwerde am 12. April 1976 ab. Ein Rekurs gegen diesen Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 22. Juli 1976 abgewiesen. C.- Gegen den Beschluss des Obergerichts rekurrierte die Serveasing AG an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 7 lit. h der Verordnung des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte (EigVV) hat die Eintragung im Eigentumsvorbehaltsregister die Angabe des durch den Eigentumsvorbehalt garantierten Forderungsbetrags zu enthalten. Entgegen der Ansicht der Rekurrentin steht diese Bestimmung keineswegs in Widerspruch zu Art. 715 ZGB . Der Zweck des Eigentumsvorbehaltsregisters besteht darin, den Eigentumsvorbehalt für Drittpersonen, BGE 102 III 150 S. 152 die mit dem Erwerber in Verkehr treten und ihm Kredit gewähren wollen, erkennbar zu machen und diese Personen damit vor Irrtümern über die wirkliche Vermögenslage des Erwerbers zu bewahren ( BGE 96 II 171 , BGE 93 III 111 mit Hinweisen). Dieser Zweck kann nur dann erreicht werden, wenn aus dem Register der Restkaufpreis ersichtlich ist, mit dem die Sache belastet ist ( BGE 81 III 79 , BGE 39 I 156 ; HABERTHÜR, Die Verordnung des Bundesgerichts zum Eigentumsvorbehaltsregister, BlSchK 1963, S. 136). Allerdings ist richtig, dass die frankenmässige Bezifferung der Forderung nicht in allen Fällen verlangt werden kann, da mit dem Eigentumsvorbehalt nicht nur Geldforderungen, sondern auch Forderungen auf Sach- oder Dienstleistungen gesichert werden können ( BGE 39 I 155 ; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER, N. 38 zu Art. 715/716 ZGB), was in der Praxis jedoch selten vorkommen dürfte. Insoweit ist der Wortlaut von Art. 7 lit. h EigVV , der vom Normalfall des Kaufes ausgeht, etwas zu eng. 2. Mit dem garantierten Forderungsbetrag in Art. 7 lit. h EigVV kann nur die Gegenforderung des Veräusserers der Sache aus dem Veräusserungsgeschäft gemeint sein. Denn auf die Sicherung dieser Forderung beschränkt sich der Zweck des Eigentumsvorbehalts. Andere Forderungen des Veräusserers gegen den Erwerber können mit dem Vorbehalt des Eigentums an der veräusserten Sache nicht sichergestellt werden. Das liegt in der Natur dieses Rechtsinstituts und bedarf keiner näheren Begründung. Könnten mit der Verabredung des Eigentumsvorbehalts beliebige Forderungen gesichert werden, so liefe dies auf eine Umgehung des dem Fahrnispfandrecht zugrundeliegenden Faustpfandprinzips hinaus ( BGE 56 III 81 /82). Aus diesem Grunde darf ein Vertrag, aus dem sich nicht mit Klarheit ergibt, welcher Anspruch durch den Eigentumsvorbehalt sichergestellt werden soll, im Eigentumsvorbehaltsregister nicht eingetragen werden ( BGE 84 III 47 /48, BGE 56 III 81 /82, BGE 39 I 156 ; HABERTHÜR, a.a.O. S. 136). Dementsprechend hat das Bundesgericht beim Kaufe eines Geschäftes die Eintragung eines Eigentumsvorbehaltes am Ladenmobiliar verweigert, weil der vereinbarte Kaufpreis nicht nur die Gegenleistung für das Mobiliar, sondern auch für die mit dem Geschäft übernommene Kundschaft umfasste und sich nicht ausmachen liess, welcher Teil auf das Mobiliar entfiel ( BGE 56 III 79 ff.). Im gleichen Sinne hat es bereits in BGE 102 III 150 S. 153 BGE 39 I 153 ff. entschieden. In diesem Fall hatte der Erwerber 11 Pferdegeschirre gegen Bezahlung von Fr. 40.-- pro Geschirr und gegen Überlassung einer entsprechenden Zahl alter Geschirre bezogen. Darüber hinaus hatte er sich gleichzeitig verpflichtet, die Geschirre durch den Veräusserer während 6 Jahren gegen Bezahlung von Fr. 55.-- pro Jahr und Geschirr unterhalten zu lassen. Das Bundesgericht verweigerte die Eintragung des Eigentumsvorbehaltes an den Geschirren mit der Begründung, es lasse sich dem Vertrag nicht entnehmen, welches die durch den Eigentumsvorbehalt zu sichernde Gegenleistung für den Erwerb der Geschirre sei, da die Verpflichtung des Erwerbers zur Bezahlung von Fr. 55.-- pro Jahr und Geschirr teils das Entgelt für die zu erbringende Dienstleistung (Unterhalt der Geschirre), teils einen Teil des Kaufpreises darstelle. 3. Im vorliegenden Fall verhält es sich gleich. Der Kaufpreis für die Kaffeemaschine besteht nach den Ausführungen der Rekurrentin weder im "Aufgeld" von Fr. 3.50 pro kg Kaffee (was insgesamt bloss Fr. 8'750.-- ergäbe) noch in dem im Vertrag als "Wertbasis" bezeichneten Betrag von Fr. 9'950.--, sondern in der Pflicht, zum Listenpreis der Kaiser AG zuzüglich Aufgeld in einem bestimmten Zeitraum 2500 kg Kaffee zu beziehen. Welcher Teil des für den Kaffee zu bezahlenden Preises aber für die Kaffeemaschine bestimmt ist und welcher Teil als Entgelt für den bezogenen Kaffee, lässt sich dem Vertrag nicht entnehmen und sagt die Rekurrentin auch in der Rekursschrift nicht. Deshalb kann auch nicht festgestellt werden, welche Leistung der Erwerberin durch den Eigentumsvorbehalt sichergestellt werden soll. (Dass die Bezahlung des Kaffees durch den Eigentumsvorbehalt an der Kaffeemaschine nicht gesichert werden kann, weil dadurch gegen das Verbot der Mobiliarhypothek verstossen würde, gibt auch die Rekurrentin zu). Die Eintragung des Eigentumsvorbehalts ist daher aus dem gleichen Grunde zu verweigern wie in den beiden angeführten Fällen. Wohl haben der Betreibungsbeamte und die Aufsichtsbehörden grundsätzlich nicht darüber zu entscheiden, ob der Eigentumsvorbehalt materiell gültig vereinbart worden sei - das ist Sache des ordentlichen Richters ( BGE 96 III 55 , BGE 91 III 39 , BGE 89 III 32 , 57) -, sondern allein darüber, ob die formellen Voraussetzungen für den Registereintrag erfüllt seien ( BGE 93 III 103 /104, BGE 102 III 150 S. 154 BGE 78 II 366 ; HABERTHÜR, a.a.O. S. 133). Die Eintragung darf indessen nicht vorgenommen werden, wenn die Ungültigkeit der Eigentumsvorbehaltsabrede wie hier auf der Hand liegt ( BGE 96 III 55 , BGE 91 III 39 ). Das Register soll nicht mit Eintragungen belastet werden, die offensichtlich ungültig sind. 4. Was die Rekurrentin hiegegen vorbringt, schlägt nicht durch. a) Sie macht zunächst geltend, der Eigentumsvorbehalt wolle nur die Pflicht zum Bezug von 2500 kg Kaffee, nicht auch dessen Bezahlung sicherstellen. Die Abnahmeverpflichtung könne jedoch ohne weiteres als Gegenleistung für die Veräusserung im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden. Dass dies der Sinn des Vertrages sei, ergibt sich indessen nicht mit Klarheit aus dessen Wortlaut, an den sich das Betreibungsamt zu halten hat ( BGE 60 III 168 ff.). Wenn im Vertrag steht, das Eigentum an der Kaffeemaschine bleibe "bis zur vollständigen Erfüllung" beim Veräusserer bzw. Zessionar, so ist damit keineswegs gesagt, nur die Erfüllung der Bezugspflicht, nicht auch die Bezahlung des bezogenen Kaffees solle durch den Eigentumsvorbehalt gesichert werden. Im übrigen lässt sich die Auslegung der Rekurrentin im Ernst nicht vertreten. Denn es ist klar, dass der Bezugspflicht gar keine selbständige Bedeutung zukommt. Sie ist nur deswegen von Interesse, weil ihre Erfüllung stets eine entsprechende Zahlungspflicht der Erwerberin begründet. Und nur um diese Pflicht geht es der Rekurrentin. Es ist denn auch völlig undenkbar, dass die Kaiser AG der Erwerberin fast fünf Jahre lang jede Woche 10 kg Kaffee liefern würde, wenn diese jeweils nur das Aufgeld von Fr. 3.50 pro kg und nicht auch den Grundpreis des Kaffees bezahlte. In diesem Fall würde die Lieferantin ihre Lieferungen zweifellos einstellen mit der Begründung, die Bezugspflicht sei nicht erfüllt worden, so dass die Rekurrentin ihren Eigentumsvorbehalt geltend machen könne. Das zeigt, dass die Verkoppelung des Eigentumsvorbehalts mit der Kaffeebezugspflicht mindestens indirekt die dingliche Sicherung der Kaufpreisforderung für den Kaffee zur Folge hat, was nach dem Gesagten nicht angeht. b) Sodann erblickt die Rekurrentin in der Verweigerung des Eintrags eine Verletzung des Prinzips der Vertragsfreiheit und der Handels- und Gewerbefreiheit. Sie übersieht dabei, dass der Inhalt des Vertrages nach Art. 19 Abs. 1 OR von den BGE 102 III 150 S. 155 Parteien nur innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgesetzt werden kann. Die Vertragsfreiheit ist daher nicht tangiert, wenn den Parteien verwehrt wird, das Institut des Eigentumsvorbehalts zu einem Zweck zu missbrauchen, zu dem es das Gesetz nicht zulässt. Mit der Handels- und Gewerbefreiheit hat dies vollends nichts zu tun, ganz abgesehen davon, dass die Verletzung dieses Verfassungsrechts im vorliegenden Verfahren nicht gerügt werden könnte (vgl. BGE 101 III 71 ). Im übrigen können die im streitigen Vertrag eingegangenen Verpflichtungen obligatorisch durchaus gültig begründet werden. Unzulässig ist einzig, den Eigentumsvorbehalt zur dinglichen Sicherung von Ansprüchen zu verwenden, die nicht (bzw. nicht ausschliesslich) Gegenleistung der Eigentumsübertragung sind. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,976
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
de0b9d03-60c7-4ebf-90af-9337830ce61a
Urteilskopf 110 IV 30 11. Urteil des Kassationshofes vom 17. Januar 1984 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 148 Abs. 2 StGB . Gewerbsmässiger Betrug. Wer zum eigenen Verbrauch bei jeder sich bietenden Gelegenheit betrügerisch Konsumgüter erwirbt, handelt gewerbsmässig.
Sachverhalt ab Seite 30 BGE 110 IV 30 S. 30 A.- Der vielfach betriebene und überschuldete H., gegen den auch Verlustscheine bestanden, bestellte in der Zeit vom 13. April 1975 bis 30. April 1979 namentlich an Muster- und Warenmessen in Basel bei verschiedenen Firmen in 22 Fällen zahlreiche Waren, vor allem Wein, ohne in der Lage und willens zu sein, diese zu bezahlen. B.- Das Strafgericht Basel-Stadt sprach ihn am 2. November 1982 wegen dieser und anderer strafbarer Handlungen des gewerbsmässigen Betrugs, der Veruntreuung und der Irreführung der Rechtspflege schuldig und verurteilte ihn zu zwei Jahren Zuchthaus, abzüglich der erstandenen Sicherheitshaft, sowie zu einer Busse von Fr. 500.-. Auch verwies es ihn für fünf Jahre des Landes. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hob am 19. Oktober 1983 die Landesverweisung auf, bestätigte aber im übrigen den erstinstanzlichen Entscheid. C.- H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichts sei insoweit aufzuheben, als es ihn wegen gewerbsmässigen Betrugs schuldig spreche, und es sei die Sache zur Neubeurteilung wegen wiederholten Betrugs usw. und zur Neufestsetzung der Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer anerkennt, die ihm angelasteten Betrüge wiederholt und bei jeder sich an den Weinmessen bietenden Gelegenheit begangen zu haben. Er wendet sich jedoch gegen die Annahme gewerbsmässiger Tatbegehung, weil er sich keine BGE 110 IV 30 S. 31 Geldeinnahmen habe verschaffen wollen und auch keine verschafft habe, "zumal ich keine einzige der mir gelieferten und nicht bezahlten Flaschen Wein veräussert habe, um mir mit Geld andere Dinge zu kaufen". Seine Tätigkeit sei deshalb nicht - wie diejenige eines Gewerbetreibenden - auf irgendwie geartete Einnahmen gerichtet gewesen. Er sei auf Entgegennahme von Konsumgütern und deren Verbrauch, nicht aber auf ein in Geld bestehendes Erwerbseinkommen ausgegangen. Die schon im Grundtatbestand des Art. 148 StGB liegende Bereicherung habe in allen Fällen darin gelegen, dass er sozusagen gratis Wein habe trinken können, nicht aber darin, dass er mit einem regelmässigen Einkommen Miete und Lebenshaltungskosten habe bestreiten können. Die "Einsparung" von Zahlungen könne nicht Geldeinnahmen im Sinne des Erwerbseinkommens gleichgesetzt werden. 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt gewerbsmässig, wer in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen oder bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu handeln, die Tat wiederholt verübt ( BGE 107 IV 82 E. 3a, 174 E. 2, BGE 99 IV 88 E. 7 mit Verweisungen). Das in dieser Begriffsumschreibung enthaltene Element der auf Erlangung eines "Erwerbseinkommens" gerichteten Absicht ist nicht dahin zu verstehen, dass gewerbsmässig nur handeln würde, wer unmittelbar Geld ertrügt oder Warenbetrüge in der Absicht begeht, die Beute zu Geld zu machen. Ein Erwerbseinkommen im Sinne jener Praxis kann vielmehr im Erwirken irgendwelcher Vermögensvorteile bestehen. Dabei ist ohne Belang, ob der Täter sich diese unmittelbar zur Fristung seines Lebens, zur Bezahlung von Vergnügen, zum Zweck gewinnbringender Anlage oder zur Hortung verschafft; auch die erlaubte Tätigkeit eines Gewerbetreibenden hängt nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht vom Beweggrund ab, mit welchem jener handelt ( BGE 71 IV 86 ). Da überdies Gewerbsmässigkeit nicht eine lang anhaltende Tatbegehung voraussetzt ( BGE 78 IV 155 ) noch der Täter auf einen hauptsächlichen oder regelmässigen Erwerb ausgehen muss ( BGE 99 IV 88 E. 7), besteht freilich insoweit zwischen jener Erwerbsabsicht und der Bereicherungsabsicht des Grundtatbestands kein wesentlicher Unterschied (s. BGE 71 IV 86 i.f.). Dieser wird jedoch durch die Verbindung jener Absicht mit der dem Gewerbebetrieb eigenen Bereitschaft des Täters, gegenüber unbestimmt vielen oder bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu handeln, geschaffen. Hierin liegt BGE 110 IV 30 S. 32 denn auch der eigentliche Grund der verschärften Strafe ( BGE 86 IV 11 mit Verweisungen). 3. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz den Begriff der Gewerbsmässigkeit keineswegs verkannt, wenn sie annahm, mit dem betrügerischen Erwerb von Waren habe sich der zur Ausnützung jeder passenden Gelegenheit bereite Beschwerdeführer die Auslagen in Höhe des Ankaufspreises jener Güter erspart und damit im Sinne der vorgenannten Definition ein Erwerbseinkommen verschafft. Vielmehr entspricht ihr Entscheid den erwähnten Grundsätzen und verletzt deshalb Bundesrecht nicht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
de0ef8bf-2ee0-4d30-a805-a38876c67e20
Urteilskopf 96 II 79 17. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Januar 1970 i.S. Harrison gegen Schweiz. Kreditanstalt.
Regeste Prozess über die Gültigkeit und die Wirkungen eines unter Lebenden errichteten Trusts zugunsten der Kinder des Errichters. 1. Berufung an das Bundesgericht. Legitimation des Hauptintervenienten (Erw. 4). 2. Rechtskraft eines nicht gemäss Art. 49 OG an das Bundesgericht weitergezogenen Zwischenentscheides des obern kantonalen Gerichts über die örtliche Zuständigkeit ( Art. 48 Abs. 3 OG ). Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit im Sinne von Art. 49 OG gehört auch die Frage, ob der Rechtsstreit der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliege (Erw. 5). 3. Prüfung der Frage des anwendbaren Rechts durch das Bundesgericht (Erw. 6). 4. Anwendung schweizerischen Rechts auf einen Trust, bei welchem eine schweizerische Bank als Trustee amtet. Tragweite von Art. VI des schweizerisch-amerikanischen Vertrags vom 25. November 1850 (Erw. 7). 5. Würdigung des vorliegenden Trustvertrags als Verbindung zwischen fiduziarischer Eigentumsübertragung, Schenkungsversprechen und Vertrag zugunsten Dritter (Erw. 8). 6. Anwendbarkeit der Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen ( Art. 245 Abs. 2 OR )? Für die Form massgebendes Recht ( Art. 24 NAG ). Beobachtung der vom massgebenden ausländischen Recht geforderten Form. Rechtslage im Falle, dass der Vertrag auch in formeller Hinsicht nach schweizerischem Recht zu beurteilen wäre (Erw. 9). 7. Herausgabepflicht der Bank (Erw. 10).
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 96 II 79 S. 80 Gekürzter Tatbestand A.- Am 13. Mai 1919 errichtete Francis Harrison, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika, durch Vertrag mit Salena Wrentmore, die er am 15. Mai 1919 heiratete, und mit The Farmers Loan and Trust Company of New York als Trustee einen Trust. Die Vertragsurkunde bestimmte u.a., Salena Wrentmore solle aus den Erträgnissen des Trustvermögens (des von Harrison dem Trustee als Trust Fund übergebenen Wertschriftenvermögens) im Falle der Scheidung ihrer Ehe mit Harrison lebenslänglich oder gegebenenfalls bis zu ihrer Wiederverheiratung jährlich 15'000 Dollars erhalten: bei Wiederverheiratung BGE 96 II 79 S. 81 der Frau habe der Trustee zwei Drittel des Trustvermögens auf Harrison zu übertragen; aus den Erträgnissen des verbleibenden Drittels habe der Trustee der geschiedenen Frau, solange sie lebe, jährlich 5'000 Dollars auszurichten. B.- Die Ehe Harrison-Wrentmore wurde am 12. Januar 1927 in Frankreich geschieden. Die drei damals noch unmündigen Kinder aus dieser Ehe wurden der Mutter zugeteilt. Als diese im Begriffe stand, sich wieder zu verheiraten, errichtete Harrison am 12. April 1928 durch einen als "Settlement" bezeichneten Vertrag mit ihr und mit der Schweizerischen Kreditanstalt einen weitern Trust. Die Vertragsurkunde sah vor, Harrison (der Settlor) übertrage die ihm gemäss dem Hauptvertrag vom 13. Mai 1919 im Falle der Wiederverheiratung seiner geschiedenen Frau zukommenden zwei Drittel des bei The Farmer Loan and Trust Co. liegenden Vermögens für diesen Fall unwiderruflich auf die Schweizerische Kreditanstalt als Trustee: diese Bank habe den so geschaffenen Trust Fund zu verwalten und aus dessen Erträgnissen zu Lebzeiten Harrisons an Salena Wrentmore so viel auszuzahlen, als nötig sein sollte, um ihr jährliches Nettoeinkommen aus dem verbleibenden Drittel des gemäss Hauptvertrag der The Farmers Loan and Trust Co. übergebenen Vermögens auf 5'000 Dollars zu ergänzen; der Rest der Erträgnisse des von der Schweiz. Kreditanstalt verwalteten Trustvermögens solle an Harrison fallen; nach dessen Tode solle das Trustvermögen zu gleichen Teilen den drei Kindern aus der Ehe Harrison-Wrentmore (oder deren Nachkommen nach Stämmen) zukommen. Weitere Vertragsbestimmungen sichern Harrison und seiner geschiedenen Frau bzw. ihrem heutigen Ehemann ein Recht zur Mitsprache bei gewissen Verwaltungshandlungen der Bank und machen einen Rückzug von Werten des Trustvermögens durch Harrison von der Zustimmung der geschiedenen Frau und ihres heutigen Ehemanns abhängig. Am 14. April 1928 heiratete Salena Wrentmore den britischen Staatsangehörigen Graham-Watson. Hierauf schlossen die Parteien des Vertrags vom 12. April 1923 über verschiedene Punkte eine weitere, undatierte Vereinbarung, die diesem Vertrag beigefügt wurde. Ziffer 1 der Zusatzvereinbarung sah vor, das "forum of the said settlement", der Gerichtsstand für den Vertrag vom 12. April 1928, solle der Kanton Zürich sein; demgemäss sei jede Frage, die sich hinsichtlich der "interpretation BGE 96 II 79 S. 82 or construction of the said settlement", d.h. hinsichtlich der Auslegung des genannten Vertrags erheben könnte, den Gerichten des Kantons Zürich zu unterbreiten. C.- Harrison starb am 21. November 1957 im Alter von fast 84 Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo er seinen letzten Wohnsitz gehabt hatte. Als Witwe hinterliess er Maria Harrison, die er mit Testament vom 10. Juni 1950 als Alleinerbin seines gesamten Nachlasses und als Willensvollstreckerin eingesetzt hatte. Diese klagte am 6. Januar 1962 beim Bezirksgericht Zürich gegen die Schweiz. Kreditanstalt mit den Begehren, es sei festzustellen, dass der im April 1928 errichtete sog. Harrison-Trust nichtig oder ungültig sei, und die Beklagte sei zu verpflichten, ihr das Trustvermögen herauszugeben und darüber seit 21. November 1957 umfassend Rechnung abzulegen. Sie behauptete, nach dem anwendbaren schweizerischen Recht sei der Trustvertrag nichtig, da er gegen wesentliche Grundsätze dieses Rechts (z.B. des Eherechts, des Erbrechts und des Stiftungsrechts) verstosse und mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung nicht vereinbar sei. Der Vertrag könne deshalb "keinen Übergang des sog. Trust-Vermögens an die Kinder der Salena Harrison" (Kinder Harrison) bewirken, sondern dieses Vermögen falle in den Nachlass Harrisons und sei gemäss Testament der Klägerin auszufolgen. Die Beklagte verkündete den Kindern Harrison den Streit, entschlug sich der Prozessführung und überliess diese den Litisdenunziaten (§ 46 der Zürcher ZPO), da es sich um eine Streitigkeit zwischen der Klägerin und den Litisdenunziaten handle, an deren Ausgang sie als Bank materiell nicht interessiert sei. Die Kinder Harrison setzten den Prozess als Litisdenunziaten fort. Sie beantragten, auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen, und machten in erster Linie geltend, die schweizerischen Gerichte seien zur Beurteilung der Klage nicht zuständig und das schweizerische Recht sei nicht anwendbar. D.- Am 21. März 1963 wies das Bezirksgericht die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit von der Hand, weil es sich um einen erbrechtlichen Streit über bewegliche Sachen handle, der nach dem Sinne von Art. VI des schweizerisch-amerikanischen Staatsvertrags vom 25. November 1850 (BS 11 S. 773 ff.) von den Gerichten am letzten Wohnsitz des Erblassers zu beurteilen sei. Das Obergericht des Kantons Zürich hob diesen Entscheid am 2. September 1963 auf Rekurs der Klägerin hin auf und BGE 96 II 79 S. 83 wies die Sache zur materiellen Behandlung an das Bezirksgericht zurück, weil die gegen die Beklagte erhobenen Ansprüche rein schuldrechtlicher Natur seien, so dass der Richter am Sitz der Beklagten zuständig sei. E.- Am 13. Januar 1966 wies das Bezirksgericht die Klage mit der Begründung ab, die Streitfragen des Prozesses seien nicht nach schweizerischem, sondern nach angelsächsischem Recht zu beurteilen; die Klägerin habe indessen nie geltend gemacht, der Trust sei nach diesem Recht nichtig oder ungültig. Das Obergericht, an das die Klägerin appellierte, hob dieses Urteil am 10. Mai 1966 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung nach schweizerischem Recht an das Bezirksgericht zurück. F.- Während des eben erwähnten Appellationsverfahrens hatte Salena Graham-Watson, die Mutter der Kinder Harrison, am 25. April 1966 beim Bezirksgericht Zürich im Sinne einer Hauptintervention im hängigen Prozess eine Klage gegen Maria Harrison und die Schweiz. Kreditanstalt eingereicht mit den Begehren, diese seien zu verpflichten, das Trustvermögen den Kindern Harrison herauszugeben; eventuell sei gerichtlich festzustellen, dass Maria Harrison keinen Anspruch auf dieses Vermögen habe und dass die Schweiz. Kreditanstalt verpflichtet sei, es den Kindern Harrison herauszugeben. In der Klageschrift liess sie u.a. ausführen, bei Abweisung der Hauptklage von Maria Harrison falle die Hauptintervention dahin. Auch im Interventionsprozess verkündete die Schweiz. Kreditanstalt den Kindern Harrison unter Verzicht auf die Fortführung des Prozesses den Streit und übernahmen die Kinder Harrison als Litisdenunziaten die Fortsetzung des Prozesses auf ihre eigenen Kosten. Auf Antrag der Interventionsklägerin (im folgenden: Intervenientin) vereinigte das Bezirksgericht am 22. September 1966 den Interventionsprozess mit dem Hauptprozess zwischen Maria Harrison (Klägerin) und der Schweiz. Kreditanstalt (Beklagten). G.- Am 29. Dezember 1967 wies das Bezirksgericht Zürich die Hauptklage ab und erklärte die Interventionsklage als gegenstandslos geworden. Das Obergericht des Kantons Zürich, an das die Klägerin wiederum appellierte, trat am 30. Mai 1969 auf das Feststellungsbegehren der Klägerin und auf die Hauptintervention nicht ein und wies die Begehren der Klägerin auf Herausgabe des Trustvermögens und auf Abrechnung darüber ab. Es fand, das Feststellungsbegehren habe neben den übrigen Begehren der Klägerin BGE 96 II 79 S. 84 keine selbständige Bedeutung; der Trust sei durch Rechtsgeschäft unter Lebenden errichtet worden ("settlement inter vivos", "living trust"); der Vertrag enthalte aber ein erbrechtliches Element, da die Berechtigung der Kinder auf den Tod ihres Vaters gestellt worden sei; die Begünstigung der Kinder sei daher nach schweizerischem Recht als Verfügung von Todes wegen zu qualifizieren; sie sei nach Art. 24 NAG hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn sie dem Recht des Errichtungsortes, dem Recht des Wohnsitzes des Erblassers zur Zeit der Errichtung oder des Todes oder dem Recht der Heimat des Erblassers entspreche; damit werde auf das Recht Englands oder der amerikanischen Gliedstaaten New York oder New Jersey verwiesen; nach jedem dieser Rechte müsse das Testament vor und von zwei Zeugen unterzeichnet werden; das sei beim vorliegenden Trustvertrag nicht geschehen, so dass er als letztwillige Verfügung keinen Bestand habe; als Erbin Harrisons könne jedoch die Klägerin das Trustvermögen nicht vindizieren, weil Harrison es fiduziarisch der Beklagten übereignet habe; die Klägerin besitze aber auch keinen vertraglichen Herausgabeanspruch, den sie für sich allein erheben könnte; der auftragsrechtliche Anspruch auf Ablieferung dieses Vermögens, dessen Zuwendung an die Kinder Harrison wegen Formmangels unwirksam sei, stehe der Klägerin als der Rechtsnachfolgerin Harrisons und der Intervenientin, deren vertragliche Mitwirkungsrechte infolge der Unwirksamkeit der Zuwendung des Vermögens an die Kinder Harrison bestehen geblieben seien, gemeinsam zu; das gleiche gelte für das Recht zum Widerruf des Auftrags; die Intervenientin (bzw. ihr Ehemann, dem der Trustvertrag ein Mitspracherecht verlieh) habe dem Widerruf nicht zugestimmt; schliesslich scheitere das Begehren auf Herausgabe des Trustvermögens auch am Verbot des Rechtsmissbrauchs. H.- Gegen das Urteil des Obergerichts vom 30. Mai 1969 hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei aufzuheben und ihre Klage sei gutzuheissen. Die Intervenientin hat Anschlussberufung eingelegt mit den Anträgen, ihre Hauptintervention sei zuzulassen; für den Fall, dass die Klage der Klägerin lediglich "einstweilen" abgewiesen werde, sei die Interventionsklage gutzuheissen. Das Bundesgericht tritt auf die Anschlussberufung nicht ein, weist die Berufung der Klägerin ab und bestätigt das angefochtene Urteil im Sinne der nachfolgenden Erwägungen. BGE 96 II 79 S. 85 Erwägungen Erwägungen: 4. Nach Art. 53 Abs. 1 OG sind zur Berufung oder Anschlussberufung auch die Nebenparteien (Litisdenunziaten, Nebenintervenienten) berechtigt, wenn ihnen nach dem kantonalen Gesetz Parteirechte zukommen und sie vor der letzten kantonalen Instanz am Prozess teilgenommen haben. Aus dieser Bestimmung folgt keineswegs, dass dem Hauptintervenienten, wie die amtliche Zusammenfassung des Entscheides BGE 81 II 304 ff. in Ziffer 1 (S. 304) sagt, die Berufung nicht zustehe, auch wenn er vor der letzten kantonalen Instanz Parteirechte ausgeübt hat. Der Hauptintervenient ist nicht Nebenpartei im Sinne von Art. 53 Abs. 1 OG , sondern Hauptpartei. Wer vor der letzten kantonalen Instanz nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts als Hauptintervenient am Prozess teilgenommen hat, kann also wie der Kläger oder der Beklagte die Berufung oder Anschlussberufung an das Bundesgericht erklären, wenn im übrigen die Voraussetzungen dieser Rechtsmittel gegeben sind (vgl. BIRCHMEIER, N. 1 zu Art. 53 OG ). Die anders lautende Zusammenfassung des Entscheides BGE 81 II 304 ff. gibt den Inhalt jenes Entscheids nicht richtig wieder. In jenem Falle war die Berufung von Personen erklärt worden, die dem Prozess "auf Seiten der Beklagten", d.h. als Nebenintervenienten beigetreten waren. Ihre Berufung wurde deshalb nicht zugelassen, weil sie sich nicht damit begnügt hatten, die Beklagten zu unterstützen, wie es dem Wesen der Nebenintervention entsprochen hätte, sondern einen Standpunkt vertraten, den sie nur auf dem Wege der Hauptintervention im hängigen Prozess oder, da das betreffende kantonale Prozessrecht diese Form der Teilnahme am Verfahren nicht kennt, nur in einem besondern Prozess verfechten konnten. Der Entscheid BGE 81 II 304 ff. erklärt also in Wirklichkeit bloss, dass derjenige, der vor der letzten kantonalen Instanz als Nebenintervenient (oder Litisdenunziat) aufgetreten ist, nur dann auf Grund von Art. 53 Abs. 1 OG die Berufung oder Anschlussberufung erklären kann, wenn ihm jene Stellung nicht bloss dem Namen, sondern auch der Sache nach zukam (vgl. BGE 81 II 307 unten). Über die Rechte einer Partei, die am kantonalen Verfahren ihrem Rechtsstandpunkt entsprechend als Hauptintervenientin teilnahm, sagt dieser Entscheid nichts. Ist die Anschlussberufung der Intervenientin also entgegen BGE 96 II 79 S. 86 der Auffassung der Klägerin, die sich auf BGE 81 II 304 ff. berufen zu können glaubte, nicht schon deshalb unzulässig, weil die Intervenientin im kantonalen Verfahren als Hauptintervenientin aufgetreten ist, so kann auf die Anschlussberufung doch aus andern, von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten Gründen nicht eingetreten werden... 5. In seinem Entscheid vom 2. September 1963 bejahte das Obergericht die Zuständigkeit der zürcherischen Gerichte zur Beurteilung der vorliegenden Klage im wesentlichen mit der Begründung, die damit geltend gemachten Ansprüche seien rein schuldrechtlicher Natur; die Klägerin versuche, ein vom Erblasser zu seinen Lebzeiten mit einer Drittperson (der Beklagten) abgeschlossenes Rechtsgeschäft (das Settlement) anzufechten, um die davon erfassten Vermögenswerte zum Nachlass ziehen zu können; solche Klagen seien nicht am letzten Wohnsitz des Erblassers, sondern am ordentlichen Gerichtsstand des betreffenden Dritten anzubringen; daran ändere nichts, dass bei Beurteilung der Gültigkeit des Settlement allenfalls auch erbrechtliche Vorschriften anwendbar seien. Dieser Entscheid ist ein selbständiger Vorentscheid des obern kantonalen Gerichts über die Zuständigkeit zur Beurteilung einer Zivilrechtsstreitigkeit mit einem die Berufungssumme übersteigenden Streitwert. Solche Entscheide können nach Art. 49 OG wegen Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften über die sachliche oder örtliche Zuständigkeit mit der Berufung angefochten werden. Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit im Sinne von Art. 49 OG gehört auch die Frage, ob der Rechtsstreit der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliege ( BGE 85 II 159 E. 1; vgl. auch LEUCH, Die ZPO für den Kanton Bern, 3. A., Bem. vor Art. 2, S. 14; GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, S. 29; derselbe, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. A., S. 73 lit. b). Die Beklagte, welche die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit erhoben hatte, konnte also den Entscheid vom 2. September 1963 wegen Verletzung des von ihr angerufenen Art. VI des schweizerisch-amerikanischen Staatsvertrags vom 25. November 1850 oder anderer bundesrechtlicher Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit mit der Berufung an das Bundesgericht weiterziehen. Da sie das seinerzeit innert der Frist von Art. 54 Abs. 1 OG nicht getan hat, kann das Bundesgericht jenen Entscheid nach Art. 48 Abs. 3 OG nicht mehr überprüfen, sondern hat als rechtskräftig BGE 96 II 79 S. 87 festgestellt zu gelten, dass die zürcherischen Gerichte zuständig waren, die in jenem Entscheid genannten Streitfragen zu beurteilen. Die Beklagte bzw. ihre Litisdenunziaten stellen denn auch diese Zuständigkeit heute nicht mehr in Frage. 6. Die Litisdenunziaten der Beklagten sind der Meinung, das streitige Rechtsverhältnis sei ganz oder doch in wesentlichen Teilen nach Common Law zu beurteilen, doch komme das Trustvermögen auch nach schweizerischem Recht ihnen zu. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, die Anwendbarkeit des von ihr als ausschliesslich massgebend betrachteten schweizerischen Rechts sei durch den Entscheid des Obergerichts vom 10. Mai 1966 rechtskräftig festgestellt. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser - nicht die Zuständigkeit betreffende - Zwischenentscheid des Obergerichts durch Berufung im Sinne von Art. 50 OG hätte angefochten werden können. Er ist nämlich seinerzeit nicht weitergezogen, geschweige denn vom Bundesgericht beurteilt worden und kann daher vom Bundesgericht gemäss Art. 48 Abs. 3 OG im vorliegenden, an den Endentscheid des Obergerichts sich anschliessenden Berufungsverfahren überprüft werden. In diesem Verfahren ist auf Grund der Kollisionsregeln des schweizerischen internationalen Privatrechts, die zum Bundesrecht gehören, vom Amtes wegen zu prüfen, ob die Sache nach schweizerischem oder nach ausländischem Recht zu beurteilen sei ( BGE 94 II 302 E. 3 a mit Hinweisen). Weil mit der Berufung nur geltend gemacht werden kann, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht ( Art. 43 OG ), darf nämlich das Bundesgericht den Sachentscheid der Vorinstanz grundsätzlich (unter Vorbehalt des noch zu erwähnenden Art. 65 OG ) nur überprüfen, wenn das streitige Rechtsverhältnis dem schweizerischen Bundesrecht untersteht ( BGE 78 II 77 E. 1 mit Hinweisen, BGE 81 II 392 E. 1, BGE 88 II 472 E. 1). Wäre ausschliesslich ausländisches Recht anwendbar, so müsste der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung nach diesem Recht an die Vorinstanz zurückgewiesen werden ( Art. 60 Abs. 1 lit. c OG ). Käme dagegen neben eidgenössischem Recht auch ausländisches zur Anwendung und hätte die Vorinstanz dieses nicht angewendet, so könnte das Bundesgericht nach Art. 65 OG das ausländische Recht selbst anwenden oder die Sache an die Vorinstanz zurückweisen. 7. Der zu beurteilende Sachverhalt hat angesichts des Wohnsitzes bzw. Sitzes der Parteien des Trustvertrags vom BGE 96 II 79 S. 88 12. April 1928 und der Tatsache, dass Harrison und dessen geschiedene Ehefrau den Vertrag in England unterzeichneten, während die Beklagte ihre Unterschrift offenbar in der Schweiz beisetzte, Beziehungen zu verschiedenen Rechtsordnungen. Welche davon die schweizerischen Gerichte im vorliegenden Rechtsstreit anzuwenden haben, bestimmt sich, wie schon bemerkt, nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht. Soweit nicht etwa die Vorschriften eines von der Schweiz abgeschlossenen Staatsvertrags eingreifen, sind die Konfliktsregeln des innerstaatlichen schweizerischen Rechts massgebend. Die in diesen Regeln verwendeten Begriffe bestimmen sich nach dem schweizerischen materiellen Recht. Dieses beherrscht namentlich auch die Einordnung (Qualifikation) des Rechtsverhältnisses, für welches das anwendbare Recht nach den schweizerischen Konfliktsregeln zu bestimmen ist ( BGE 88 II 472 E. 2 mit Hinweisen). a) Die Rechtseinrichtung des Trust, von welcher die Parteien des Vertrags vom 12. April 1928 Gebrauch machten, ist in den angelsächsischen Ländern entwickelt worden. Dem schweizerischen Recht ist sie nicht bekannt. Insbesondere hat die Aufspaltung der Eigentumsrechte in die dem Treuhänder (trustee) zustehende legal ownership und die dem Begünstigten (beneficiary) zustehende equitable ownership, die für den Trust kennzeichnend ist (vgl. F. T. GUBLER, ZSR 1954 II 266 a ff., 349 a ff.; CL. REYMOND, ebenda 126 a ff., 136 a; FERID/FIRSCHING, Internationales Erbrecht, Bd. III, 1969, Grossbritannien, Grundzüge F X 5, S. 77, Randziffer 217), im schweizerischen Recht kein Gegenstück. b) Besteht im schweizerischen Recht keine Rechtseinrichtung, welcher das durch den Vertrag vom 12. April 1928 begründete Rechtsverhältnis in allen Teilen entsprechen würde, so ist zu prüfen, welchen schweizerischen Rechtseinrichtungen das streitige Rechtsverhältnis in seinen Wirkungen am ehesten gleicht. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, enthält dieses Rechtsverhältnis Elemente des Auftrags, der Vereinbarung über eine fiduziarische Eigentumsübertragung, der Schenkung und des Vertrags zugunsten Dritter. Die Ähnlichkeit mit einem Hinterlegungsvertrag, der unter Vorbehalt von Art. 481 OR an den Eigentumsverhältnissen nichts ändert, ist geringer. Die Verwandtschaft mit der Nutzniessung des schweizerischen Rechts bezieht sich nur auf die Rechte der Personen, denen zu Lebzeiten BGE 96 II 79 S. 89 Harrisons die Erträgnisse des Trustvermögens zukamen (vgl. BGE 85 I 120 mit Hinweisen), nicht auf die heute allein zu beurteilenden Ansprüche auf die Substanz des Trustvermögens. Einer Stiftung gleicht der vorliegende Trust schon deshalb nicht, weil das Trustvermögen durch den Vertrag vom 12. April 1928, der Vermögensleistungen ohne besondere Zweckbestimmung an bestimmte Personen vorsah, nicht einem besondern Zweck im Sinne von Art. 80 ZGB gewidmet wurde. c) Lassen sich im streitigen Rechtsverhältnis die erwähnten Elemente finden, so ist der Trustvertrag vom 12. April 1928 nach schweizerischem Recht als gemischter schuldrechtlicher Vertrag zu qualifizieren. Auf solche Verträge ist nach der neuern Rechtsprechung des Bundesgerichts mangels einer Rechtswahl der Parteien das Recht des Landes anzuwenden, zu welchem das Vertragsverhältnis die engste räumliche Beziehung hat. Das ist in der Regel das Land, wo der Schuldner der den Vertrag kennzeichnenden Leistung wohnt oder seinen Geschäftssitz hat ( BGE 94 II 360 E. 3 und 4, BGE 92 II 115 E. 1a mit Hinweisen; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allg. Einleitung, N. 235 ff., 253/54, 323; VISCHER, Internationales Vertragsrecht, S. 108 ff.). Diese Leistung ist im vorliegenden Fall diejenige der Beklagten, die das ihr treuhänderisch übertragene Vermögen gemäss den ihr im Vertrag erteilten Weisungen zu verwalten und zu verwenden hat (vgl. BGE 87 II 273 /74; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, a.a.O., N. 291; VISCHER, a.a.O., S. 120 ff.). Also ist das schweizerische Recht als das am Sitz der Beklagten geltende Recht anzuwenden. (Im Falle BGE 91 II 442 ff., wo ein Auftrag zu treuhänderischer Vermögensverwaltung in erster Linie kraft Rechtswahl nach schweizerischem Recht beurteilt und dieses Recht im Sinne einer zusätzlichen Begründung auch deshalb als anwendbar erklärt wurde, weil die - zur Zeit des Vertragsabschlusses in Frankreich wohnhafte - Beauftragte ihre wesentlichen Verpflichtungen in der Schweiz habe erfüllen müssen, lagen insofern besondere Verhältnisse vor, als die Beauftragte das ihr fiduziarisch übertragene Vermögen nach den getroffenen Abmachungen bei einer Bank in Zürich zu hinterlegen hatte; im übrigen befand sich der Wohnsitz der Beauftragten später, als sie das Treugut hätte herausgeben sollen, in der Schweiz, was nach VISCHER, a.a.O., S. 113 Ziff. 2, für die Unterstellung jenes auf eine langdauernde Leistung gerichteten Auftrags unter das schweizerische Recht genügte). BGE 96 II 79 S. 90 Das schweizerische Recht wäre, falls sich der Trustvertrag als ungültig erweisen sollte, als das am Ort der gelegenen Sache geltende Recht auch für die Beurteilung der Frage massgebend, ob die Klägerin, die unstreitig Alleinerbin des "settlor" Harrison ist, nicht bloss einen schuldrechtlichen, sondern einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe des Trustvermögens habe (vgl. BGE 93 II 375 E. 1a mit Hinweisen, BGE 93 III 100 E. 2 a, BGE 94 II 303 E. 3 b). d) In Fällen, wo ein Erblasser versucht hatte, einem Dritten nach seinem Tode bestimmte Vermögenswerte mittels einer über seinen Tod hinaus gültigen Vollmacht oder mittels Hinterlegung auf den Namen des Dritten, verbunden mit einem Vertrag zu dessen Gunsten, zukommen zu lassen, hat das Bundesgericht freilich wiederholt erklärt, auf diesem Wege liessen sich die Vorschriften des Erbrechts nicht umgehen, sondern solche Geschäfte seien einer Schenkung von Todes wegen gleichzuachten und unterstünden den für diese geltenden Vorschriften ( BGE 89 II 93 E. 5 mit Hinweisen), d.h. den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen ( Art. 245 Abs. 2 OR ; BGE 89 II 91 E. 4). Wären am vorliegenden Rechtsstreit auch die Kinder Harrison, die in Konkurrenz mit der Klägerin auf das Trustvermögen Anspruch erheben, als Hauptpartei beteiligt, so liesse sich im Hinblick auf diese Rechtsprechung die Auffassung vertreten, der vorliegende Rechtsstreit sei nicht schuldrechtlicher, sondern erbrechtlicher Natur (vgl. zu dieser Frage E. 9 hienach); er falle daher unter Art. VI des schweizerisch-amerikanischen Staatsvertrags von 1850, wonach die Streitigkeiten, die unter den Ansprechern einer Erbschaft über die Frage entstehen können, welchem die Güter zufallen sollen, durch die Gerichte und nach den Gesetzen des Landes beurteilt werden, in welchem das Eigentum liegt. Bewegliches Vermögen, wie es hier in Frage steht, gilt nach der schweizerischen Rechtsprechung und nach der herrschenden Lehre zu dieser Bestimmung als im Lande des letzten Wohnsitzes des Erblassers gelegen ( BGE 24 I 319 E. 7 mit Hinweisen, BGE 43 I 86 /87, BGE 81 II 325 ; STAUFFER, Das internationale Privatrecht der Schweiz..., 1925, N. 12 zu Art. 34 NAG , S. 140; ANLIKER, Die erbrechtlichen Verhältnisse der Schweizer im Ausland und der Ausländer in der Schweiz, 1933, S. 115/16; GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, 1951, S. 122, mit Fussnote 2; NUSSBAUM, Amerikanisch-schweizerisches internationales Privatrecht, übersetzt BGE 96 II 79 S. 91 von W. Schaumann, 1959, S. 21 ff.; COURVOISIER, Les relations Suisse - Etats-Unis en matière de droit successoral, Sem. jud. 1961, S. 609 ff., bes. S. 611 ff.; VISCHER, Die erbrechtliche professio juris und der schweizerisch-amerikanische Staatsvertrag von 1850, Schweiz. Jahrbuch für internationales Recht 1965, S. 49 ff., bes. S. 57/58; derselbe, Internationales Privatrecht, in Schweiz. Privatrecht I, 1969, S. 649 f.; SCHNITZER, Professio iuris und Staatsverträge (insbesondere der Vertrag mit den USA), SJZ 1969, S. 133 ff., bes. S. 134 ff., 141; FERID/FIRSCHING, Internationales Erbrecht, Bd. I, 1969, Schweiz, Grundzüge C III 6 a zeta, S. 18). Harrison hatte seinen letzten Wohnsitz in den Vereinigten Staaten von Amerika, so dass, wenn der vorliegende Rechtsstreit ein solcher unter Erbansprechern über die Erbberechtigung wäre und daher unter Art. VI des Staatsvertrags fiele, amerikanisches Recht anzuwenden wäre. Das gleiche ergäbe sich übrigens, wenn der Rechtsstreit ein Erbstreit wäre, auch aus dem innerstaatlichen schweizerischen Kollisionsrecht (VISCHER in Schweiz. Privatrecht I S. 639 f., bes. 640 Ziff. 3 mit Hinweis aufBGE 72 III 104; vgl. auch FERID/FIRSCHING I, Schweiz, Grundzüge C III 4, Randziffer 15, S. 14 f.). Die Kinder Harrison sind jedoch im vorliegenden Prozess nicht Hauptpartei, sondern sie führen diesen als Litisdenunziaten für die Beklagte (oben C Abs. 2). Beim Streit zwischen der Klägerin und der Beklagten (die keine eigenen Ansprüche auf das Trustvermögen erhebt) handelt es sich nicht um einen Streit zwischen Erbansprechern über die Erbberechtigung, sondern um einen Streit über Ansprüche, welche die Klägerin als Erbin (und Testamentsvollstreckerin) Harrisons, von dem das Trustvermögen stammt, gegen die Beklagte als Besitzerin dieses Vermögens stellen zu können glaubt, weil der Trustvertrag ungültig oder der fiduziarische Auftrag an die Beklagte, der in diesem Vertrag gefunden werden könnte, durch den Tod des Auftraggebers erloschen oder auf jeden Fall von ihr (der Klägerin) widerrufen worden sei. Diese Ansprüche sind nicht erb-, sondern schuld- oder möglicherweise sachenrechtlicher Natur. Erbrechtliche Fragen stellen sich bei ihrer Beurteilung höchstens als Vorfragen. Art. VI des Staatsvertrags von 1850 und die innerstaatlichen schweizerischen Konfliktsregeln, wonach Streitigkeiten unter Erbansprechern über erbrechtliche Ansprüche dem Recht des letzten Wohnsitzes des Erblassers unterliegen, greifen BGE 96 II 79 S. 92 daher im vorliegenden Falle nicht ein, sondern es bleibt dabei, dass das schweizerische Recht massgebend ist, weil das Rechtsverhältnis, von dessen Gültigkeit und Fortbestand das Schicksal der Klage abhängt, am engsten mit der Schweiz als dem Lande, wo die Beklagte ihren Sitz hat, zusammenhängt. e) Es rechtfertigt sich um so eher, das streitige Rechtsgeschäft in Übereinstimmung mit der Vorinstanz nach schweizerischem Rechte zu beurteilen, als die Vertragsparteien zwar keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen, in ihrer Zusatzvereinbarung zum Trustvertrag aber den Gerichtsstand Zürich vereinbart haben. Das lässt nach der Rechtsprechung vermuten, dass sie sich dem an diesem Orte geltenden materiellen Recht unterstellen wollten ( BGE 88 II 192 E. 2, BGE 94 II 363 E. 5; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, a.a.O., N. 203; im Ergebnis ähnlich VISCHER, Internat. Vertragsrecht, S. 70 f., und Schweiz. Privatrecht I, S. 667 Ziff. 2 a). Umstände, die diese Vermutung widerlegen würden, liegen nicht vor. 8. Wie schon erwähnt, kennt das schweizerische Recht die für den Trust kennzeichnende Aufspaltung der Eigentumsrechte in eine legal und eine equitable ownership nicht. Einzelne Autoren haben in neuerer Zeit freilich darzutun versucht, dass diese Aufspaltung sich in den kontinentaleuropäischen Rechten nachbilden lasse und dass der Trust oder doch ein ihm stark angenähertes Treuhandverhältnis folglich sogar ohne Gesetzesänderung in das Rechtssystem des europäischen Kontinents übernommen werden könne (vgl. KÖTZ, Trust und Treuhand, Göttingen 1963, S. 168 ff.; SCHNITZER, Die Treuhand (der Trust) und das internat. Privatrecht, in Gedächtnisschrift Ludwig Marxer, Zürich 1963, S. 53 ff., bes. S. 111/112). Zu dieser Auffassung braucht jedoch im vorliegenden Falle nicht näher Stellung genommen zu werden; denn der Trustvertrag vom 12. April 1928 ist nach dem massgebenden schweizerischen Recht selbst dann nicht, wie die Klägerin meint, von vornherein als ungültig zu betrachten, wenn man entsprechend der von REYMOND und GUBLER vertretenen und einlässlich begründeten Auffassung annimmt, der Trust des angelsächsischen Rechts vertrage sich als solcher grundsätzlich nicht mit unserer Rechtsordnung (ZSR 1954 II S. 152 a ff., 188 a ff., 209 a, 348 a ff., 469 a). In dem durch diesen Vertrag begründeten Rechtsverhältnis lassen sich nämlich, wie schon bemerkt, Elemente schweizerischer Rechtseinrichtungen finden, die in ihrer Verbindung eine Wirkung BGE 96 II 79 S. 93 ergeben, welche den Zwecken des vorliegenden Trustvertrags in den praktisch wesentlichen Punkten weitgehend entspricht. Soweit das schweizerische Recht diese Zwecke und ihre Verwirklichung durch die kombinierte Verwendung der fraglichen Rechtseinrichtungen nicht missbilligt (wie es z.B. der Fall sein könnte, wenn das Verbot der Errichtung von Familienfideikommissionen und der mehrfachen Nacherbeneinsetzung, Art. 335 Abs. 2 bzw. Art. 488 Abs. 2 ZGB , verletzt würde), und soweit die fraglichen Anordnungen nicht etwa mangels einer vom schweizerischen Recht geforderten Form ungültig sind, ist der Trustvertrag nach schweizerischem Recht als gültig zu behandeln. Es verhält sich hier ähnlich wie im Falle BGE 95 II 216 ff., wo ein Ehevertrag, mit dem sich die Parteien einem ausländischen Güterstand unterstellt hatten, nach schweizerischem Recht zu beurteilen war. a) Die Vertragsbestimmung, wonach Harrison die ihm bei Wiederverheiratung der Intervenientin zukommenden zwei Drittel des bei The Farmers Loan and Trust Co. liegenden Vermögens der Beklagten als Trustee übertrug (Abschnitt I, Ingress), hat, unter dem Gesichtswinkel des schweizerischen Rechts betrachtet, eine fiduziarische Eigentumsübertragung zum Gegenstand. Die schweizerische Rechtsprechung und mehrheitlich auch die schweizerische Lehre anerkennen die fiduziarische Eigentumsübertragung, und zwar in dem Sinne, dass der Fiduziar das volle Eigentum erwirbt ( BGE 78 II 451 E. 3, BGE 86 II 226 /27, je mit Hinweisen; MEIER-HAYOZ, 4. Aufl. 1966, N. 10 der Vorbemerkungen zu Art. 646-654 ZGB , mit Hinweisen; abweichend JÄGGI, ZSR 1954 II S. 536 a ff.). Die Auffassung der Klägerin, die fragliche Vertragsbestimmung sei deshalb ungültig, weil die Beklagte danach höchstens ein "befristetes" Eigentum hätte erwerben sollen, das dem schweizerischen Rechte fremd sei, geht offensichtlich fehl. Der für das fiduziarische Geschäft typische Umstand, dass der Fiduziar unter bestimmten Voraussetzungen (obligatorisch) zur Herausgabe der auf ihn übertragenen Vermögenswerte verpflichtet ist, steht dem Eigentumserwerb des Fiduziars nicht im Wege. Auch die Harrison und der Intervenientin bzw. ihrem gegenwärtigen Ehemann vorbehaltenen Rechte zur Mitsprache bei gewissen Verwaltungshandlungen (Abschnitt II: Verkauf und Kauf von Wertschriften; Abschnitt VI: Behandlung von Gratisaktien) sowie die Bestimmung, dass Harrison das Trustvermögen oder BGE 96 II 79 S. 94 Teile davon ohne Zustimmung der Intervenientin oder allenfalls ihres Ehemanns nicht zurückziehen könne (Abschnitt XI), hinderten den Eigentumserwerb der Beklagten nicht. b) Die Vorinstanz würdigt die Beteiligung der Intervenientin am Vertragsverhältnis unter Hinweis auf BECKER (2. Aufl., N. 5 zu Art. 112 OR ) als Adstipulation. Die Intervenientin sollte jedoch durch ihre Beteiligung am Vertrag vom 12. April 1928 nicht einfach als Nebengläubigerin Harrisons gegenüber der Bank als Beauftragter und fiduziarischer Eigentümerin die gleichen Ansprüche wie Harrison erhalten, wie es dem Wesen der römischrechtlichen Adstipulation entsprochen hätte (vgl. dazu BECKER a.a.O. und HELLWIG, Die Verträge auf Leistung an Dritte, Leipzig 1899, S. 146/47), sondern sie wirkte beim Vertragsabschluss in anderm Sinne mit. In Abschnitt I 1 liess sie sich versprechen, dass aus den Erträgnissen des Trustvermögens das jährliche Nettoeinkommen, das sie aus dem bei The Farmers Loan and Trust Co. verbleibenden Vermögen zu erwarten hatte, zu Lebzeiten Harrisons auf 5'000 Dollars ergänzt werde, falls es diesen Betrag nicht ohnehin erreichen sollte. Damit wurde ein Schenkungsvertrag im Sinne von Art. 243 OR (Schenkungsversprechen) abgeschlossen, der nach Form und Inhalt gültig war und erst mit dem Tode Harrisons erlosch. Die Intervenientin hatte also hinsichtlich der Leistungen nach Abschnitt I 1 des Vertrages die Stellung einer Beschenkten. Es handelte sich nicht etwa, wie die Klägerin ursprünglich behauptet hatte, um eine Vereinbarung über finanzielle Nebenfolgen der Scheidung, die nach Art. 158 Ziff. 5 ZGB der gerichtlichen Genehmigung bedurft hätte (vgl. BGE 71 II 135 mit Hinweisen, wonach Vereinbarungen, die erst nach Abschluss des Scheidungsprozesses über Vermögensleistungen des einen an den andern Ehegatten getroffen werden, der Genehmigung nicht bedürfen). Die Beklagte hatte bei diesem Schenkungsvertrag mitzuwirken, weil sie (fiduziarische) Eigentümerin des Vermögens war, aus dessen Erträgnissen die erwähnten Leistungen an die Intervenientin erfolgen sollten. Harrison liess sich von der Beklagten diese Leistungen versprechen. Insofern liegt also ein Vertrag zugunsten eines Dritten im Sinne von Art. 112 OR vor (vgl. dazu REYMOND, a.a.O. S. 185 a; GUBLER, a.a.O., S. 392 a, 442 a; GAUTSCHI, ZSR 1954 II S. 527 a). c) Ein Schenkungsversprechen, verbunden mit einem Vertrag zugunsten Dritter, ist bei Beurteilung des Trustvertrags nach BGE 96 II 79 S. 95 schweizerischem Recht auch anzunehmen, soweit dieser Vertrag eine Zuwendung an die Kinder Harrison vorsieht (Abschnitt I 3). Um gültig zu sein, muss eine Schenkung freilich zu Lebzeiten des Schenkenden vom Beschenkten angenommen worden sein, gleichgültig, ob es sich um eine Schenkung unter Lebenden oder um eine solche von Todes wegen handle ( BGE 69 II 309 mit Hinweisen, BGE 89 II 90 E. 2). Die Kinder Harrison werden im Vertrag vom 12. April 1928 nicht ausdrücklich als Partei erwähnt. Die Intervenientin, die den Vertrag unterzeichnete, besass aber zu jener Zeit die elterliche Gewalt über ihre damals noch minderjährigen Kinder. Obwohl das im Vertrag nicht ausdrücklich gesagt wird, muss nach der ganzen Sachlage angenommen werden, dass sie ihn auch in dieser Eigenschaft, also nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen der Kinder abgeschlossen hat. Die den Vertrag einleitenden Bemerkungen über die Vorgeschichte und die Motive des Vertragsabschlusses sagen in ihrem letzten Abschnitt deutlich, dass Harrison und die Intervenientin (deren Bezüge infolge der Wiederverheiratung von 15'000 auf 5'000 Dollars im Jahr sanken) für ihre gemeinsamen Kinder Vorsorge zu treffen wünschten ("... are desirous of making provision for the children of their marriage"). Daraus ist zu schliessen, dass die Intervenientin mit ihrer Zustimmung zum Vertrag nicht bloss die Schenkung an sie selbst, sondern als gesetzliche Vertreterin der Kinder auch die Schenkung an diese angenommen hat. Etwas anderes anzunehmen wäre unrichtig. Auch bei der Schenkung an die Kinder hatte die Beklagte als fiduziarische Eigentümerin der in Frage stehenden Vermögenswerte mitzuwirken, d.h. sie musste Harrison durch Annahme der Trustbedingungen versprechen, den Kindern zu gegebener Zeit diese Vermögenswerte zukommen zu lassen. Diese Erklärung hat sie durch die Unterzeichnung des Trustvertrags abgegeben. Auch mit Bezug auf die Leistungen an die Kinder liegt also ein Vertrag zugunsten Dritter vor. Die Kinder sollten nach dem Sinne des Vertrags berechtigt sein, dessen Erfüllung zu fordern ( Art. 112 Abs. 2 OR ). Indem die Intervenientin den Vertrag auch als gesetzliche Vertreterin der Kinder unterzeichnete, nahm sie nicht bloss die Schenkung Harrisons an die Kinder an, sondern gab sie namens der Kinder zugleich gegenüber der Beklagten als der Schuldnerin aus dem Vertrag zugunsten der Kinder die Erklärung ab, von dem den Kindern durch BGE 96 II 79 S. 96 den Vertrag verliehenen Recht Gebrauch machen zu wollen ( Art. 112 Abs. 3 OR ). So wenig wie der Annahme einer fiduziarischen Eigentumsübertragung stehen die Vertragsbestimmungen über das Mitspracherecht Harrisons und der Intervenientin bzw. ihres Ehemannes und über den (nur mit Zustimmung dieser Personen möglichen) Rückzug des Trustvermögens der Annahme entgegen, dass Harrison seinen Kindern das Trustvermögen auf den Zeitpunkt seines Todes schenken und dass die Intervenientin diese Schenkung annehmen wollte. d) Die Verbindung von Rechtsgeschäften, die hienach unter dem Gesichtswinkel des schweizerischen Rechts im Trustvertrag zu erblicken ist, verstösst in materieller Hinsicht weder an sich noch wegen der Zwecke, denen sie nach dem Willen der Vertragschliessenden zu dienen hatte, gegen zwingende Vorschriften des schweizerischen Rechts. Insbesondere liegt nicht eine über das zulässige Mass hinausgehende Koppelung eines Vermögens mit einer bestimmten Familie vor, die gegen Art. 335 Abs. 2 oder 488 Abs. 2 ZGB oder gegen das Verbot der Errichtung von sog. Unterhaltsstiftungen (vgl. BGE 93 II 448 E. 4 mit Hinweisen) verstossen könnte. Gegen die von der Klägerin erwähnte Gefahr, dass durch derartige Vereinbarungen die Vorschriften, welche im Interesse der Familie die Verfügungsfreiheit des Erblassers beschränken, umgangen werden könnten, sind die Erben, wenn die Erbfolge dem schweizerischen Recht untersteht, durch die Vorschriften über die Herabsetzungsklage ( Art. 522 ff. ZGB ) geschützt, gleichgültig, ob die vereinbarten Schenkungen als solche von Todes wegen oder als solche unter Lebenden zu qualifizieren seien. Zu prüfen bleibt daher nur noch, ob der Trustvertrag allenfalls wegen Nichtbeobachtung einer nach schweizerischem Recht erforderlichen Form ungültig sei. 9. Gemäss Abschnitt I 3 des Trustvertrags sollen die Kinder Harrison das ihnen zugedachte, von Harrison stammende Vermögen erst nach dem Tode Harrisons erhalten. Insofern ist die Vollziehbarkeit der Schenkung, die nach schweizerischem Recht dieser Vertragsbestimmung zu entnehmen ist, auf den Tod des Schenkers gestellt ( Art. 245 Abs. 2 OR ). Von den Geschäften, welche die in Erwägung 7 d hievor angeführte Rechtsprechung ( BGE 89 II 93 E. 5 mit Hinweisen) den Schenkungen von Todes wegen gleichstellt, unterscheidet sich der vorliegende BGE 96 II 79 S. 97 Vertrag indessen in einem wesentlichen Punkte. Bei jenen Geschäften blieben nämlich die zu schenkenden Vermögenswerte bis zum Tode des Erblassers in dessen Vermögen und fielen daher in dessen Nachlass (vgl. BGE 58 II 425 ff., BGE 67 II 95 E. 1a am Ende, BGE 88 II 70 E. 1, BGE 89 II 93 E. 6). Der streitige Trustvertrag sieht dagegen vor, die Vermögenswerte, die nach dem Tode Harrisons den Kindern zukommen sollten, seien sogleich an die Beklagte als trustee zu übertragen, was nach schweizerischem Recht dahin aufzufassen ist, sie seien der Beklagten fiduziarisch zu übereignen (vgl. E. 8 a hievor). Ausserdem räumt der Trustvertrag der Intervenientin bzw. ihrem heutigen Ehemann Mitspracherechte ein, die Harrison die Möglichkeit entzogen, diese - seinerzeit tatsächlich erfolgte - Übereignung durch einseitiges Handeln rückgängig zu machen. Harrison hatte sich also jener Vermögenswerte - unter Vorbehalt des in Abschnitt I 2 ausbedungenen, auf seine Lebenszeit beschränkten Anspruchs auf die für die Leistungen an die Intervenientin nicht benÖtigten Erträgnisse - schon zu seinen Lebzeiten praktisch endgültig zu entäussern. Schied die Substanz jener Vermögenswerte schon zu seinen Lebzeiten aus seinem Vermögen aus, m.a.W. war die bezüglich der Wirkungen auf sein Vermögen entscheidende Verfügung nicht erst nach seinem Tode, sondern sofort zu vollziehen und wurde lediglich die Aushändigung der Vermögenswerte an die Kinder bis nach seinem Tode aufgeschoben, so kann sich fragen, ob es dem Sinne des Art. 245 Abs. 2 OR entspreche, die im Trustvertrag enthaltene Schenkung an die Kinder den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen, - und zwar (vgl. BGE 75 II 188 E. 1, BGE 76 II 276 E. 1a, BGE 89 II 91 E. 3) den Vorschriften über den Erbvertrag - zu unterstellen. Diese Frage braucht jedoch nicht näher geprüft zu werden, weil der Trustvertrag auch dann nicht als ungültig zu betrachten ist, wenn man annehmen will, die eben erwähnten Vorschriften seien auf die Schenkung an die Kinder, die den Hauptinhalt des Vertrags bildet und deren Ungültigkeit daher den ganzen Vertrag dahinfallen liesse (vgl. BGE 90 II 38 E. 3 mit Hinweisen), grundsätzlich anwendbar. a) Der Vertrag vom 12. April 1928 wurde offensichtlich nicht in der Form abgeschlossen, die Art. 512 ZGB für den Erbvertrag vorschreibt. Darauf kommt jedoch nichts an, weil die Schenkung an die Kinder Harrison, auch wenn man sie als Schenkung von Todes wegen betrachten und demgemäss den BGE 96 II 79 S. 98 Vorschriften über den Erbvertrag unterstellen will, nach schweizerischem Kollisionsrecht in formeller Hinsicht nicht vom schweizerischen Rechte beherrscht wird. Art. 24 NAG stellt nämlich für letztwillige Verfügungen, Erbverträge und Schenkungen auf den Todesfall, die Beziehungen zu verschiedenen. Ländern aufweisen, ein eigenes Formstatut auf: solche Verfügungen sind nach dieser Vorschrift hinsichtlich ihrer Form gültig, wenn sie dem Rechte des Errichtungsortes oder demjenigen des Wohnsitzes des Erblassers zur Zeit der Errichtung des Aktes oder des Todes oder demjenigen der Heimat des Erblassers entsprechen (SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, II, 4. Aufl. 1958, S. 521; FERID/FIRSCHING I, Schweiz, Grundzüge C III 7, Randziffer 22, S. 22; VISCHER, Schweiz. Privatrecht I, S. 646). Hienach kommen im vorliegenden Falle, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, nur die Rechte Englands und der amerikanischen Gliedstaaten New York und New Jersey in Betracht. Die Vorinstanz hat die Frage, ob die streitige Schenkung formell einem dieser Rechte entspreche, deshalb verneint, weil ein Testament nach allen diesen Rechten vor und von zwei Zeugen unterschrieben werden müsse, was hier nicht geschehen sei. Sie hat dabei verkannt, dass die Schenkung an die Kinder Harrison, wenn sie nach schweizerischem Recht als Schenkung von Todes wegen zu qualifizieren ist, nicht als Testament (letztwillige Verfügung), sondern als Erbvertrag zu behandeln ist. Ob nach den in Frage stehenden angelsächsischen Rechten die Testamentsform erfüllt sei, ist daher unerheblich. (Die Vorinstanz setzt sich im übrigen nicht mit der Tatsache auseinander, dass der Vertrag von Harrison in Gegenwart von Valentine Worthington und von der Intervenientin in Gegenwart von John Withers unterzeichnet wurde und dass Worthington und Withers ihre Unterschriften beisetzten.) Den Erbvertrag im Sinne des deutschen Rechts - und damit auch des schweizerischen, das in diesem Punkte mit dem deutschen im wesentlichen übereinstimmt ( Art. 494 ZGB , § 1941 BGB) - kennen das englische und das amerikanische Recht nicht (FERID/FIRSCHING III, Grossbritannien, Grundzüge F I 2, Randziffer 160, S. 55, und USA, Grundzüge F III, Randziffer 232, S. 143). Bei dieser Sachlage drängt es sich auf, für die streitige Schenkung unter dem Gesichtspunkte von Art. 24 NAG die Form genügen zu lassen, in welcher diese Schenkung nach BGE 96 II 79 S. 99 dem angelsächsischen Rechte gültig zustandekommen konnte. Hierüber stellt die Vorinstanz fest, ein erbrechtlicher Zweck, wie er mit der auf den Tod Harrisons gestellten Zuwendung an die Kinder Harrison verfolgt wurde, könne nach dem englischen (gemeint: angelsächsischen) Rechte durch ein settlement inter vivos, wie es hier abgeschlossen wurde, erreicht werden (Erw. 3 des angefochtenen Entscheides; aus FERID/FIRSCHING, USA, Grundzüge, sollte hier Randziffer 122 statt 112 zitiert sein). Im Zusammenhang mit der Frage des Rechtsmissbrauchs (Erw. 13) wiederholt die Vorinstanz, es stehe fest, dass Harrison das Trustvermögen nach seinem Tode den Kindern Harrison zuwenden wollte "und dass dieser Zweck nach englischem wie nach amerikanischem Recht mittels des vorliegenden 'trust inter vivos' erreicht werden konnte", und fügt bei, die Klägerin müsste den streitigen Trust "ohne weiteres gegen sich gelten lassen", wenn er nicht bei einer schweizerischen, sondern bei einer englischen oder amerikanischen Bank errichtet worden wäre (und folglich dem angelsächsischen Recht unterstünde). Diese Feststellungen beruhen auf einer Anwendung des ausländischen Rechts, die im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen ist ( Art. 43 OG ). Sie sind daher für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlich. Auf Grund dieser Feststellungen ist anzunehmen, dass die Schenkung an die Kinder Harrison nach dem Rechte des Errichtungsorts wie auch nach dem Rechte der Heimat des Erblassers und der Orte, wo er zur Zeit der Errichtung des Trusts wohnte und wo er seinen letzten Wohnsitz hatte, in gehöriger Form erfolgt ist, so dass sie nach Art. 24 NAG als formgültig zu betrachten ist, obwohl sie nicht die Form aufweist, die das interne schweizerische Recht für den Erbvertrag verlangt. b) Die Schenkung an die Kinder Harrison (und damit der Trustvertrag, dessen Hauptinhalt sie bildet) wäre im übrigen auch dann nicht ungültig, wenn man annähme, sie unterliege als Bestandteil eines grundsätzlich nach schweizerischem Recht zu beurteilenden Geschäfts auch in formeller Hinsicht dem schweizerischen Recht, also der Vorschrift von Art. 512 ZGB . Verfügungen von Todes wegen und damit auch Schenkungen auf den Todesfall, die an einem Formmangel leiden, sind nämlich wegen dieses Mangels nach schweizerischem Recht nicht schlechthin nichtig, sondern werden nur auf Klage hin für ungültig erklärt ( Art. 520 ZGB ; BGE 89 II 91 E. 3). Die Ungültigkeitsklage BGE 96 II 79 S. 100 ist gegen die Personen zu richten, die aus der ungültigen Verfügung zum Nachteil des Klägers Vorteile erbrechtlicher Art ziehen (TUOR, 2. Aufl., N. 11, und ESCHER, 3. Aufl., N. 4 zu Art. 519 ZGB ), und sie "verjährt" nach Art. 521 ZGB mit Ablauf eines Jahres vom Zeitpunkt an, da der Kläger von der Verfügung und vom Ungültigkeitsgrund Kenntnis erhielt. Wenn die Klägerin geltend machen wollte, die Schenkung an die Kinder Harrison sei nach schweizerischem Recht wegen Formmangels ungültig, so musste sie also innert der genannten Frist gegen die Kinder Harrison klagen. Sie konnte das in Zürich tun, da die Gerichtsstandsklausel in der Zusatzvereinbarung zum Trustvertrag, von der anzunehmen ist, dass die Intervenientin sie wie den Trustvertrag selbst (vgl. hiezu E. 8 c hievor) auch als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder in deren Namen abgeschlossen hat, den Kanton Zürich ganz allgemein als "forum of the said settlement", d.h. als Gerichtsstand für alle Streitigkeiten betreffend jenen Vertrag bezeichnet. Sie hat jedoch nur gegen die Beklagte geklagt, die für eine Ungültigkeitsklage im Sinne von Art. 519/520 ZGB nicht passivlegitimiert ist. Hieran ändert nichts, dass die Kinder Harrison auf Streitverkündung hin den Prozess für die Beklagte führen; denn sowenig sie als Litisdenunziaten eigene Verteidigungsmittel geltend machen können, sowenig lassen sie sich in dieser Eigenschaft für Ansprüche belangen, die nicht die Beklagte, sondern sie persönlich betreffen. Die Klage vom 6. Januar 1962 war als Ungültigkeitsklage im Sinne von Art. 519/520 ZGB zudem verspätet. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG verbindlich sind, kennt nämlich die Klägerin (bzw. ihr zürcherischer Vertreter) den Trustvertrag spätestens seit dem 20. März 1959. Dass dieser Vertrag der Formvorschrift von Art. 512 ZGB nicht entspricht, ist aus der Vertragsurkunde ohne weiteres ersichtlich. Die Frist des Art. 521 ZGB lief also spätestens mit dem 20. März 1960, fast zwei Jahre vor der Klageeinleitung ab. 10. Da der Trustvertrag demnach eine nach schweizerischem Recht gültige Schenkung an die Kinder Harrison enthält und die damalige gesetzliche Vertreterin der Kinder in deren Namen gegenüber der Beklagten erklärt hat, von den Rechten Gebrauch machen zu wollen, die der Vertrag mit der Beklagten den Kindern verleiht (E. 8 c hievor), ist das Trustvermögen vertragsgemäss den Kindern Harrison herauszugeben. Die Klägerin BGE 96 II 79 S. 101 kann sich weder auf das Erlöschen des der Beklagten erteilten Auftrags infolge Ablebens des Auftraggebers ( Art. 405 Abs. 1 OR ) noch darauf berufen, dass sie als dessen Rechtsnachfolgerin den Auftrag widerrufen habe ( Art. 404 Abs. 1 OR ); denn die Pflicht der Beklagten zur Herausgabe des Trustvermögens beruht eben nicht bloss auf einem nur für die Lebenszeit des Auftraggebers gültigen und frei widerruflichen Auftrag, sondern auf den genannten weitergehenden Abmachungen. Ob die Klägerin, wenn ein Widerruf zulässig gewesen wäre, diesen allein oder, wie die Vorinstanz annimmt, nur mit Zustimmung der Intervenientin hätte erklären können und ob das Vorgehen der Klägerin rechtsmissbräuchlich sei, kann offen bleiben. Der Klägerin und der Intervenientin ist indes darin beizustimmen, dass eine wenig klare Lage entstünde, wenn die Klage nur aus den von der Vorinstanz angeführten Gründen abgewiesen würde.
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
de13f7dc-eb03-4463-b31f-5d670d0f2226
Urteilskopf 114 II 388 74. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. September 1988 i.S. Asylkomitee Region Baden gegen "Badener Tagblatt" (Berufung)
Regeste Gegendarstellung ( Art. 28g Abs. 1 ZGB ). Eine zur Gegendarstellung berechtigende Betroffenheit liegt in aller Regel nur dann vor, wenn die in Frage stehende Tatsachendarstellung - ohne notwendigerweise die Persönlichkeit zu verletzen - in der Öffentlichkeit ein ungünstiges Bild der angesprochenen natürlichen oder juristischen Person entstehen, sie im Zwielicht erscheinen lässt.
Sachverhalt ab Seite 388 BGE 114 II 388 S. 388 Im "Badener Tagblatt" vom 24. September 1987 wurde über eine Pressekonferenz des Asylkomitees Region Baden (im folgenden BGE 114 II 388 S. 389 Asylkomitee genannt) berichtet, das am Vorgehen der Aargauer Behörden und insbesondere auch derjenigen der Stadt Baden gegenüber den Asylbewerbern Kritik geübt hatte. Am 1. Oktober 1987 folgte in der gleichen Zeitung ein Bericht, in welchem der Stadtrat von Baden die Vorwürfe des Asylkomitees zurückwies. Dieses ersuchte gleichentags um Publikation einer Stellungnahme. In einem weiteren, in der Ausgabe des "Badener Tagblatts" vom 2. Oktober 1987 erschienenen Artikel wurden die Ausführungen vom Vortag präzisiert. Es wurde auf die Erklärungen des Stadtammanns von Baden hingewiesen, wonach das Asylkomitee während zweier Stunden Einsicht in sämtliche Akten erhalten habe und wonach erst dann, als die gleichen Leute schon am nächsten Tag wieder hätten Akten einsehen wollen, ihnen klargemacht worden sei, dass das Sozialamt auch noch andere Arbeiten bewältigen müsse. Alsdann verlangte das Asylkomitee am 5. Oktober 1987 den Abdruck eines Leserbriefs eines seiner Mitglieder. Am 13. Oktober 1987 forderte es das "Badener Tagblatt" schliesslich auf, diesen Leserbrief als Gegendarstellung abzudrucken. Das geschah indessen nicht. Mit Befehlsbegehren vom 27. Oktober 1987 beantragte das Asylkomitee dem Gerichtspräsidium Baden, die "Badener Tagblatt", Druckerei Wanner AG sei zu verpflichten, die Gegendarstellung zur Berichterstattung über die Rückzahlungspraxis von Fürsorgegeldern durch Asylbewerber und anderes in ihrer Zeitung zu veröffentlichen. Der Präsident des Bezirksgerichts Baden wies das Begehren, das im Laufe des Verfahrens präzisiert worden war, mit Entscheid vom 10. Dezember 1987 ab. Eine vom Asylkomitee hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau am 21. März 1988 ab. Den obergerichtlichen Entscheid hat das Asylkomitee beim Bundesgericht mit Berufung vom 10. Mai 1988 angefochten. Es beantragt, die Klage sei gutzuheissen; allenfalls sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. BGE 114 II 388 S. 390 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 28g Abs. 1 ZGB hat Anspruch auf Gegendarstellung, wer durch Tatsachendarstellungen in periodisch erscheinenden Medien, insbesondere Presse, Radio und Fernsehen, in seiner Persönlichkeit unmittelbar betroffen ist. Zur Begründung eines Anspruchs auf Gegendarstellung genügt nicht jedes Berührtsein; es kann nicht darum gehen, jeder Sachdarstellung, die ein Medienunternehmen veröffentlicht hat, die eigene Version gegenüberstellen zu können. Eine zur Gegendarstellung berechtigende Betroffenheit liegt in aller Regel nur dann vor, wenn die fragliche Tatsachendarstellung - ohne notwendigerweise die Persönlichkeit zu verletzen - in der Öffentlichkeit ein ungünstiges Bild der angesprochenen natürlichen oder juristischen Person entstehen, sie im Zwielicht erscheinen lässt. Die Voraussetzungen für eine Gegendarstellung sind mit andern Worten gegeben, wenn die beanstandete Äusserung geeignet ist, ein persönlichkeitsgeschütztes Rechtsgut wie etwa das berufliche oder soziale Ansehen zu beeinträchtigen (vgl. Botschaft vom 5. Mai 1982 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 1982 II S. 674; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, S. 190 f., Rz. 1421 und 1426; SCHÜRMANN, Medienrecht, S. 188; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 2. Aufl., S. 151; FRANK, Verfahrensrechtliche Probleme des Gegendarstellungsrechts, in: SJZ 83/1987, S. 266; HAUSHEER, Verstärkter Persönlichkeitsschutz: Der Kampf ums Recht an verschiedenen Fronten, in: Festgabe für Henri Deschenaux, Freiburg 1977, S. 86). 3. a) Dass sich die beiden am 1. und 2. Oktober 1987 im "Badener Tagblatt" erschienenen Artikel ausführlich und ausschliesslich mit den Vorwürfen befassten, die das Asylkomitee anlässlich seiner Pressekonferenz gegenüber den Aargauer Behörden allgemein und damit auch gegenüber denjenigen der Stadt Baden erhoben hatte, und dass die - zum Teil kritischen - Ausführungen nicht den Vorstellungen des Asylkomitees entsprachen, vermag - entgegen dessen Ansicht - nach dem Gesagten für sich allein noch keinen Gegendarstellungsanspruch zu begründen. Das Asylkomitee macht jedoch weiter geltend, dass es von den erwähnten Zeitungsartikeln jedenfalls insofern im Sinne von Art. 28g ZGB betroffen sei, als darin seine Tatsachenfeststellungen und Behauptungen als haltlos hingestellt worden seien; mit dem Hinweis, es sei ihm Akteneinsicht gewährt worden, werde beim Leser der zwingende BGE 114 II 388 S. 391 Eindruck erweckt, es hätte seine Behauptungen aufgrund der eingesehenen Unterlagen gar nicht aufstellen dürfen, mit anderen Worten, es habe wider besseres Wissen gehandelt; so sei denn auch (im Artikel vom 2. Oktober 1987) der Schluss gezogen worden, es gehe ihm nicht darum, Missstände zu verbessern, sondern es wolle lediglich ein "politisches Süppchen" kochen. b) Das Obergericht hält dem entgegen, dass in den Ausgaben des "Badener Tagblatts" vom 1. und 2. Oktober 1987 im wesentlichen die Stellungnahmen des Stadtrates von Baden wiedergegeben worden seien, in denen unter anderem auch die im Bericht vom 24. September 1987 erwähnte klägerische Behauptung als unrichtig bezeichnet worden sei, den Vertretern des Asylkomitees sei keine Akteneinsicht gewährt worden; damit hätten sich, wie es nach der Publikation einer Gegendarstellung regelmässig der Fall sei, zwei kontroverse Tatsachenbehauptungen gegenübergestanden, was jedoch das Asylkomitee in seiner Persönlichkeit nicht berührt habe. c) Der Vorinstanz ist jedenfalls darin beizupflichten, dass das Asylkomitee durch die am 1. und 2. Oktober 1987 im "Badener Tagblatt" erschienenen Artikel nicht als in seiner Persönlichkeit unmittelbar betroffen erscheint. Gemäss dem Zeitungsbericht vom 2. Oktober 1987 wies der Stadtammann von Baden zwar die klägerische Behauptung, es sei die Akteneinsicht verweigert worden, zurück. Immerhin räumte er ein, den Leuten des Asylkomitees sei klargemacht worden, dass das Sozialamt keine Zeit habe, ihnen die Akten nochmals zu öffnen, nachdem ihnen am Tag zuvor während zweier Stunden Akteneinsicht gewährt worden sei. Aus diesem Zugeständnis ergab sich deutlich, dass nicht jedes Informationsbedürfnis des Asylkomitees gestillt wurde. Wurde aber auch nach der im Zeitungsartikel vom 2. Oktober 1987 wiedergegebenen Darstellung des Stadtammannes von Baden nicht im verlangten Umfang Einsicht in die Akten gewährt, drängte sich für den Durchschnittsleser keineswegs der Schluss auf, das Asylkomitee habe seine Vorwürfe gegenüber den Behörden wider besseres Wissen erhoben. Der redaktionelle Schlusskommentar vom 2. Oktober 1987, es gehe dem Asylkomitee letztlich um das Kochen eines "politischen Süppchens", stand zudem nicht etwa in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Ausführungen betreffend die Akteneinsicht. Wenn das Obergericht zur Ansicht gelangte, das Asylkomitee sei durch die fraglichen Zeitungsartikel, insbesondere die Ausführungen BGE 114 II 388 S. 392 zur Akteneinsicht, nicht in einer Art betroffen, wie sie für einen Gegendarstellungsanspruch erforderlich sei, und das Gegendarstellungsbegehren sei deshalb abzuweisen, hat es nach dem Gesagten kein Bundesrecht verletzt.
public_law
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
de18a4a1-2b00-4448-8aef-5d4f027c6d12
Urteilskopf 80 I 239 39. Extrait de l'arrêt du 7 juillet 1954 dans la cause Hydrocarbures SA contre Conseil d'Etat du Canton de Vaud.
Regeste Eigentumsgarantie. Gegenüber einer Verwaltungsmassnahme, die auf der Verneinung eines vom Betroffenen behaupteten wohlerworbenen Rechtes beruht, ist die Berufung auf die Eigentumsgarantie unzulässig, wenn der Betroffene die Möglichkeit hat, sein angebliches Recht auf dem Rechtsweg feststellen zu lassen. Begriff der zivilrechtlichen Streitigkeit im Sinne des Art. 42 OG .
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 80 I 239 S. 240 A.- Au mois de mai 1934, la Société anonyme des Hydrocarbures (ci-après la Société) a requis du Conseil d'Etat l'autorisation de faire des recherches de tous combustibles autres que houille, lignite et tourbe sur certaines zones du territoire vaudois. Conformément à l'art. 14 de la loi vaudoise du 6 février 1891 sur les mines, elle a demandé que cette autorisation lui fût accordée pour une durée de deux ans, en se réservant le droit de requérir une ou plusieurs prolongations de ce délai pour le cas où ses recherches n'auraient pas abouti dans l'intervalle. Par décision du 11 juillet 1934, le Conseil d'Etat a fait droit à cette requête. Dans une "convention" du 1er avril 1935, il s'est engagé à délivrer à la société, à la demande de celle-ci, un permis spécial de recherches de graphite, bitume, pétrole et autres huiles minérales à l'état solide, liquide ou gazeux. L'art. 4 du premier chapitre de la convention dispose ce qui suit: "Ce permis spécial de recherches sera valable dans un périmètre délimité et pour deux ans; il sera renouvelé pour la même période si les conditions fixées par la présente convention et par le règlement y annexé ont été entièrement respectées et si les travaux n'ont pas été interrompus pendant plus de six mois avant la demande de renouvellement". L'autorisation en question a sorti ses effets dès le 23 janvier 1935 et a été renouvelée tous les deux ans jusqu'au 23 janvier 1953 malgré la modification qu'une novelle du BGE 80 I 239 S. 241 26 mai 1943 a apportée à l'art. 14 de la loi de 1891, en réduisant à trois mois la validité du permis de recherches, auparavant de deux ans. Dans le courant de l'année 1952, le Conseil d'Etat a été saisi d'une demande d'autorisation présentée par un tiers. Il est alors entré en litige avec la Société au sujet de la durée de validité du permis de recherches. Le 17 février 1953, il a décidé notamment qu'à l'avenir tout renouvellement de l'autorisation serait fait pour une durée de trois mois, conformément à la novelle du 26 mai 1943. La Société a déféré cette décision au Tribunal fédéral qui, toutefois, a déclaré son recours irrecevable par arrêt du 10 juillet 1953. B.- Entre temps, le Conseil d'Etat avait été saisi de deux nouvelles demandes d'autorisation. Après l'arrêt du Tribunal fédéral, il a repris ses pourparlers avec la société pour tenter d'arriver à un accord fixant la délimitation du périmètre des recherches et la durée du permis. Aucun arrangement n'étant intervenu, il a pris, le 6 avril 1954, la décision suivante: "1. - Il est accordé à la SA des Hydrocarbures ... une autorisation générale et exclusive de recherche de graphite, bitume, pétrole et autres huiles minérales, à l'état solide, liquide ou gazeux, dans le périmètre tracé sur la carte annexée à la présente décision" (périmètre réduit par rapport à celui qui avait été accordé auparavant). " ... 3. - La présente autorisation est accordée pour une durée de trois mois dès le 15 mars 1954; elle est renouvelable de trois mois en trois mois, mais à la condition que la bénéficiaire poursuive effectivement ses recherches en surface selon un programme détaillé qu'elle soumettra à l'approbation du Conseil d'Etat avant la première échéance de la présente autorisation. " 4. - Après chaque demande de renouvellement, la SA des Hydrocarbures présentera au Département des Travaux publics un rapport détaillé sur les rechercheeffectuées... BGE 80 I 239 S. 242 " 5. - La présente autorisation ne sera en tout cas pas renouvelée après plus de deux ans si, dans l'intervalle, la SA des Hydrocarbures n'a demandé aucun permis de recherches en profondeur ou si, ayant obtenu de tels permis, elle ne mène pas les travaux de forage à un rythme suffisant." A l'appui de sa décision, le Conseil d'Etat expose que la société n'est pas au bénéfice "d'une sorte de droit de recherche de durée illimitée"; ni lui ni elle n'ont voulu constituer, par la convention de 1935, un droit de cette nature, qui aurait d'ailleurs été contraire à la loi de 1891. Si néanmoins, de 1937 à 1951, il a accordé sans discussion à la société de nombreuses prolongations du permis, c'est uniquement afin de se conformer aux assurances qu'il avait données à l'époque de la signature de la convention pour tenir compte de la longueur des recherches en surface. Aujourd'hui, on doit considérer que la société a eu le temps de mener ces recherches à chef et qu'elle est en mesure de déterminer sur quel point du territoire elle entend concentrer ses efforts et poursuivre ses investigations en profondeur. La situation créée en 1935 ne saurait donc durer plus longtemps. L'intérêt public commande que les travaux soient poursuivis par plusieurs sociétés, chacune sur un périmètre déterminé. Celui qu'il convient d'accorder à la Société des Hydrocarbures doit comprendre la région à laquelle cette entreprise s'est effectivement intéressée jusqu'à maintenant, tandis que le reste du territoire vaudois doit être réservé à d'autres prospecteurs. Quant à la durée de l'autorisation, elle ne peut être que de trois mois, conformément à la novelle de 1943, ce qui n'empêchera cependant pas le renouvellement du permis, même à plusieurs reprises, si la société poursuit activement ses recherches. C.- Contre cette décision, la Société interjette un recours de droit public au Tribunal fédéral. Ses conclusions sont les suivants: "1. - que la décision prise par le Conseil d'Etat le 6 avril 1954 est annulée. BGE 80 I 239 S. 243 " 2. - que la convention passée entre elle et l'Etat de Vaud le 1er avril 1935 est maintenue dans tout son contenu. " 3. - qu'en conséquence l'autorisation de faire des recherches de pétrole sera renouvelée pour le périmètre délimité par cette convention, pour une durée de deux ans renouvelable et aux conditions fixées par elle ..." La recourante estime que la décision attaquée, dans la mesure où elle réduit le périmètre des recherches et la durée de validité du permis, porte atteinte à ses droits acquis et viole l'art. 4 Cst. féd. ainsi que les art. 2 et 6 Cst. vaud. garantissant l'égalité des citoyens devant la loi et le droit de propriété. Comme la recourante ne justifie le grief tiré d'une inégalité de traitement que par la violation de ses droits acquis et de son droit de propriété, le premier moyen n'a pas de portée distincte et se confond avec le second. Les droits acquis dont la recourante se prévaut ainsi découlent, selon elle, de la convention du 1er avril 1935 qui obligerait l'Etat de Vaud à accorder une autorisation renouvelable de deux ans en deux ans et sur tout le périmètre précédemment délimité. Sur la question de la recevabilité, la recourante expose qu'elle ne peut attaquer l'Etat de Vaud par la voie du procès direct institué par l'art. 42 OJ, car sa prétention ne tend pas à des dommages-intérêts fondés sur une atteinte à ses droits pécuniaires. Elle entend simplement demander au Tribunal fédéral de constater qu'elle a droit à une autorisation renouvelable de deux ans en deux ans et valable sur le périmètre fixé par la convention de 1935. Comme il faut pour cela annuler la décision attaquée et qu'il n'y a pas de procès direct possible, il ne reste que le recours de droit public. D'ailleurs, on ne saurait envisager l'ouverture d'une action en fixation de droit contre l'Etat de Vaud. En effet, les droits que la recourante entend déduire de la convention sont indiscutables. De plus, pareille action serait insuffisante pour obtenir l'annulation de la décision attaquée et le maintien de la recourante dans ses droits acquis. BGE 80 I 239 S. 244 D.- Invité à se déterminer exclusivement sur la recevabilité du recours, le Conseil d'Etat conclut à ce que les conclusions 2 et 3 soient déclarées irrecevables. En ce qui concerne la conclusion 1, recevable à la forme, il voudrait que, pour des raisons d'opportunité et pour gagner du temps, le Tribunal fédéral statue sur la contestation. Erwägungen Considérant en droit: 2. Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral, la garantie de la propriété n'est violée que dans le cas où l'administration porte atteinte à des droits privés acquis et incontestés, et non lorsqu'elle se borne à discuter l'existence ou l'étendue d'un droit privé qui lui est opposé. Quand elle prend une mesure en niant l'existence du droit prétendu, le citoyen doit suivre la voie judiciaire et demander aux tribunaux de constater son droit. Il ne saurait être question d'une violation de la garantie de la propriété que si l'autorité maintenait sa décision au mépris d'un jugement constatant ce droit ou si la voie judiciaire était fermée au justiciable (RO 68 I 157/158 ; 61 I 232 ; 43 I 206 ). En l'espèce, le Conseil d'Etat se défend de porter atteinte aux droits acquis que la recourante prétend avoir en vertu de la convention du 1er avril 1935. Il en conteste au contraire l'existence. Comme ces droits acquis n'ont pas été constatés dans un jugement, il faut rechercher si la recourante peut agir par la voie judiciaire et si, notamment, elle peut intenter à l'Etat de Vaud un procès direct au sens de l'art. 42 OJ. Dans ce dernier cas, le recours de droit public serait irrecevable, conformément au principe de la subsidiarité posé par l'art. 84 al. 2 OJ et qui est aussi applicable en ce qui concerne le procès direct prévu par l'art. 42 OJ (RO 72 I 287). Cette question doit d'ailleurs être examinée d'office, quel que soit l'avis des parties et lors même qu'elles ont l'une et l'autre requis le Tribunal fédéral de statuer sur le fond. 3. Aux termes de l'art. 42 OJ, "le Tribunal fédéral BGE 80 I 239 S. 245 connaît en instance unique des contestations de droit civil entre un canton d'une part et des particuliers ou collectivités d'autre part, lorsque l'une des parties le requiert en temps utile et que la valeur litigieuse est d'au moins 4000 francs". Cette disposition n'est qu'une disposition d'exécution de l'art. 110 ch. 4 Cst. Lorsque l'art. 110 ch. 4 a été promulgué, la distinction entre le droit privé et le droit public était différente des idées de la doctrine actuelle sur cette question. S'agissant d'interpréter l'art. 110 ch. 4 et ses prescriptions d'exécution, l'art. 48 OJ anc. puis l'actuel art. 42 OJ, la jurisprudence s'en est toujours tenue aux principes qui ont guidé le législateur constitutionnel. La notion de contestation de droit civil au sens de l'art. 42 OJ est donc une notion historique et traditionnelle. Elle comprend des litiges qui, d'après les conceptions d'aujourd'hui, relèvent du droit public, mais qui, jadis, étaient assimilés quant au contentieux à des procès civils (RO 78 I 380; 78 II 26 ; 75 II 249 ; 62 II 295 ). Parmi les actions déclarées recevables en vertu de l'art. 42 OJ, la jurisprudence distingue deux catégories: Dans une première catégorie, le Tribunal fédéral range les demandes de dommages-intérêts extracontractuels formées contre l'Etat par un particulier lésé dans ses intérêts personnels soit par des actes illicites, soit par des actes licites du pouvoir public, mais pouvant impliquer l'obligation pour l'Etat de réparer le dommage causé (RO 63 II 50; 62 II 296 ; 49 II 416 /417). La seconde catégorie comprend des réclamations de deux ordres. Il s'agit tout d'abord de celles qui découlent d'un véritable contrat de droit public, c'est-à-dire d'un rapport juridique existant entre l'Etat et un particulier et né d'un accord librement consenti de part et d'autre sur tous les points. Mais cette seconde catégorie comprend également, et par extension, les réclamations fondées sur un rapport de droit particulier, créé par un acte souverain et unilatéral de l'Etat, dans lequel toutefois le citoyen est BGE 80 I 239 S. 246 entré librement et qui, de ce fait, sans être à proprement parler contractuel, confère cependant au particulier certains droits privés qu'il peut poursuivre devant les tribunaux civils d'après les idées traditionnelles décisives pour l'interprétation de l'art. 42 OJ (RO 78 II 26 et les arrêts cités, notamment RO 63 II 50; 62 II 296 /297; 58 II 473 ). Telles sont, selon la jurisprudence, les prétentions pécuniaires appartenant au fonctionnaire en vertu de ses rapports de service (RO 72 I 287/288). Telles sont également les contestations ayant pour objet une concession, tout au moins certaines d'entre elles, car sur ce point la jurisprudence fait une distinction. En effet, les règles régissant les rapports entre l'Etat, autorité concédante, et le concessionnaire sont ordinairement de deux natures. Les unes sont fixées unilatéralement par le pouvoir public, notamment par la loi. Ainsi, l'octroi de la concession lui-même se présente généralement comme un acte unilatéral, soumis exclusivement aux dispositions de la loi, notamment à celles qui prévoient la caducité ou la révocation de la concession (RO 41 II 160; 43 II 448 /449; 49 II 417 ; 62 II 297 ; 63 II 51 ). D'autres règles aussi sont parfois fixées de façon unilatérale par la puissance publique, ainsi celles qui concernent les émoluments et les taxes (RO 34 II 835; 41 II 160 ; 49 II 417 ; 62 II 297 ; 63 II 51 ). Mais, à côté de ces dispositions impératives réglant la concession, il existe des clauses fixées par l'acte de concession lui-même et fondées sur un accord passé entre l'autorité concédante et le concessionnaire, le cas échéant après des pourparlers entre eux. Cette distinction dans la nature des rapports aboutit à une distinction quant à la juridiction. En effet l'art. 42 OJ ne vise que "des liens juridiques noués d'un commun accord après pourparlers et non de purs et simples actes d'autorité discrétionnaires pour lesquels l'intéressé n'est même pas consulté, tout ce qu'il peut faire étant de se soumettre aux conditions posées" (RO 62 II 297). Dès lors, en matière de concession, l'art. 42 OJ n'est applicable que BGE 80 I 239 S. 247 lorsque la contestation a pour objet les clauses adoptées en toute liberté par l'une et l'autre des parties après accord entre elles. En effet, seules les contestations de cette nature peuvent être assimilées aux cas où "la demande se fonde sur un rapport juridique de nature particulière, créé par un acte souverain et unilatéral, mais dans lequel le citoyen entre librement et qui, à cet égard, est analogue à un contrat" (RO 63 II 50). En revanche, le Tribunal fédéral ne pourrait être saisi par la voie d'un procès direct, d'un litige portant sur les dispositions de la concession réglées impérativement par la puissance publique ou par la loi. Aussi bien a-t-il jugé irrecevable "les actions touchant à l'existence même de la concession ou à l'étendue des droits de l'Etat concessionnaire (redevances)" (RO 62 II 297). 4. En l'espèce, la contestation a pour objet les clauses de la convention du 1er avril 1935 relatives au périmètre des recherches, à la durée du permis et à son renouvellement (chap. I, art. 4). La recourante estime que ces clauses lui donnent un droit à obtenir une autorisation renouvelable de deux ans en deux ans sur tout le périmètre délimité au moment de la signature de la convention. Cette convention, d'après les propres termes de son préambule, est basée sur "la correspondance échangée entre parties". Les conditions qu'elle fixe au sujet du renouvellement du permis n'ont pas leur source dans la loi. Elles sortent du cadre tracé par elle et sont justifiées par les capitaux très considérables que la société devait investir dans l'entreprise. Elles ont pour objet une situation particulière, que le législateur n'avait pas prévue et que les parties ont réglée d'un commun accord entre elles et après avoir eu de longs pourparlers. La convention du 1er avril 1935 ne constitue donc pas, de la part de l'Etat, un pur et simple acte d'autorité discrétionnaire pour lequel la société n'aurait pas même été consultée et auquel elle n'aurait eu qu'à se soumettre. Il s'agit bien plutôt d'un de ces liens juridiques noués d'un commun accord après pourparlers. La contestation dont ces rapports de droit BGE 80 I 239 S. 248 sont l'objet est ainsi une contestation de droit civil au sens de l'art. 42 OJ. Elle rentre dans la seconde catégorie d'actions déclarées recevables en vertu de cette disposition et qui comprennent les réclamations fondées sur un rapport de droit public auquel le particulier adhère librement. Il n'est pas nécessaire de rechercher si l'Etat de Vaud et la société sont liés par une concession. Car, même si tel était le cas, la contestation qui les divise demeurerait une contestation de droit civil au sens de l'art. 42 OJ puisqu'elle aurait pour objet non une disposition impérative réglant la concession, mais l'une de ces clauses fondées sur un accord passé, après pourparlers, entre l'autorité concédante et le concessionnaire. S'agissant d'une contestation de droit civil au sens de l'art. 42 OJ, le Tribunal fédéral ne peut être saisi par la voie du procès direct que si la valeur litigieuse est d'au moins 4000 fr. Sur ce point, les parties, qui se sont déterminées sur la question de recevabilité, n'ont pas donné de renseignements précis. Mais elles n'ont pas mis en doute non plus que la valeur litigieuse prévue par la loi ne soit atteinte. Du reste, il est manifeste, vu l'importance des intérêts en cause, que la question soumise au Tribunal fédéral représente pour la société une somme bien supérieure à 4000 francs. Dans ces conditions, le Tribunal fédéral serait compétent pour se saisir d'une action directe au sens de l'art. 42 OJ, soit qu'elle tende à l'exécution d'une prestation, soit qu'elle constitue une action en fixation de droit (arrêt non publié du 22 novembre 1935 dans la cause Eisenbahngesellschaft Langenthal-Huttwil A.-G. c. Canton de Berne). Cela seul suffit à déclarer le recours de droit public irrecevable conformément à l'art. 84 al. 2 OJ, sans qu'il y ait lieu de rechercher encore si l'on pourrait mettre en doute la recevabilité du recours en raison de la nature de la décision et des effets qu'elle sortit à l'égard de la société. D'ailleurs, le procès direct est dans l'intérêt évident des deux parties, car le Tribunal fédéral pourra examiner les questions qui lui BGE 80 I 239 S. 249 seront soumises avec un pouvoir plus étendu qu'il ne le pourrait s'il statuait sur le recours de droit public. En outre, dans cette seconde hypothèse, la question des droits acquis ne serait examinée qu'à titre préjudiciel. Elle ne serait donc pas réglée avec les effets de la chose jugée, ce qui ne laisserait pas de présenter certains inconvénients tant pour l'Etat que pour la société. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral déclare le recours irrecevable.
public_law
nan
fr
1,954
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
de1d8836-af29-48bb-b269-b47fae2b6bc1
Urteilskopf 100 V 71 19. Urteil vom 8. Juli 1974 i.S. Schaffhauser Allgemeine Krankenkasse gegen M. und Obergericht des Kantons Schaffhausen
Regeste Begriff der Heilanstalt ( Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG und Art. 23 Abs. 1 Vo III). Anwendung auf annexe Betriebe einer psychiatrischen Klinik.
Sachverhalt ab Seite 71 BGE 100 V 71 S. 71 A.- Die früher in der Psychiatrischen Klinik Breitenau tätig gewesene Psychiatrieschwester Anni Cotti betreut unter zeitweiliger Beihilfe ihres Ehemannes in zwei von ihr in Schaffhausen gemieteten Wohnungen mehrere Patienten, die ihr von der genannten Anstalt jeweils zugewiesen werden. Zu BGE 100 V 71 S. 72 diesen Patienten gehört seit dem 1. Februar 1972 Frau M., die vorher in der Klinik Breitenau hospitalisiert gewesen ist. Die Schaffhauser Allgemeine Krankenkasse verfügte am 29. März 1972, dass sie der Versicherten für den Aufenthalt "in Familienpflege" (bei Anni Cotti) keine Leistungen erbringe. Sie stützte ihre Auffassung auf den zwischen dem Schaffhauser Regierungsrat und dem Kantonalen Krankenkassenverband Schaffhausen abgeschlossenen, am 1. Januar 1972 in Kraft getretenen Vertrag über "Aufenthalt und Behandlung von Kassenmitgliedern in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Breitenau Schaffhausen", der nicht anwendbar ist, wenn ein Kassenmitglied unter anderem "in Familienpflege plaziert wird". Auf Beschwerde hin stellte das Obergericht des Kantons Schaffhausen in seinem Entscheid vom 18. August 1972 fest, dass sich die Versicherte nicht in einer Privatfamilie, sondern in einem von der Klinik Breitenau abhängigen und deren Weisungsbefugnis unterstehenden, fachkundig geführten Heim aufhalte. Die Vorinstanz verpflichtete deshalb die Krankenkasse, der Versicherten die im erwähnten Vertrag festgelegten Taxen für stationäre Behandlung vom 1. Februar 1972 hinweg auszurichten. Gegen diesen Entscheid erhob die Krankenkasse Verwaltungsgerichtsbeschwerde und vertrat die Auffassung, dass dem von Anni Cotti geführten Betrieb kein Heilanstaltscharakter zukomme und dass sie deshalb nicht leistungspflichtig sei. Das Eidg. Versicherungsgericht hielt dafür, dass die damals vorgelegenen Akten die Feststellung nicht erlaubten, ob jener Betrieb als Heilanstalt zu qualifizieren sei. Es hob deshalb den vorinstanzlichen Entscheid auf und wies die Sache zur weitern Abklärung und neuen Beurteilung an das Obergericht zurück (Urteil vom 3. April 1973). B.- Hierauf holte das Schaffhauser Obergericht bei der Sanitätsdirektion des Kantons Schaffhausen einen Abklärungsbericht über die Verhältnisse im Betrieb von Anni Cotti und bei der Klinik Breitenau einen Bericht über den Zustand der Versicherten ein. Gestützt auf diese Erhebungen gelangte die Vorinstanz zur Überzeugung, "dass die Pflegestation von Frau Cotti die gesetzlichen Voraussetzungen einer Heilanstaltsabteilung, die der Behandlung von Kranken unter ärztlicher Leitung dient, in allen Teilen erfüllt". Die Versicherte sei eine BGE 100 V 71 S. 73 Patientin, die der Pflege und Behandlung unter ärztlicher Leitung bedürfe. Die Vorinstanz hiess deshalb die Beschwerde erneut gut, indem sie die Kasse verpflichtete, der Versicherten "für die stationäre Behandlung in der Pflegestation von Anni Cotti ab 1. Februar 1972 die vertraglich festgelegten Tagestaxen für stationäre Behandlung in der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Breitenau, Schaffhausen, zu bezahlen" (Entscheid vom 2. November 1973). C.- Die Kasse lässt auch gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen mit dem Antrag auf Wiederherstellung ihrer Verfügung vom 29. März 1972. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Beim fraglichen Betrieb handle es sich um ein privates Erwerbsunternehmen, mit der Folge, dass seine Inhaberin vom Vertrag mit der Klinik Breitenau jederzeit zurücktreten könne. Im erwähnten Betrieb würden die Patienten nur betreut und nicht behandelt, mit Ausnahme allerdings der Beschwerdegegnerin, "die der Pflege und Behandlung unter ärztlicher Leitung" bedürfe. Gerade auch der Umstand, dass Anni Cotti zusätzliche Arztbesuche "veranlassen" müsse, spreche gegen den Heilanstaltscharakter. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hält den Betrieb von Anni Cotti für "ein Wohn- und Pflegeheim ohne Heilanstaltscharakter". Eine Pflegerin für 14 Patienten genüge nicht, um Aufgaben wie in einer Klinik zu erfüllen. Konkrete Angaben über eine spezielle ärztliche Betreuung der Beschwerdegegnerin würden fehlen. Die in einem Fall wie dem vorliegenden erforderliche medikamentöse Therapie sei erfahrungsgemäss unkompliziert, und ärztliche Überwachung im Rahmen ambulanter Behandlung, "wie es hier effektiv geschieht", sei ausreichend. Das Bundesamt beantragt die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Damit ein Betrieb als Heilanstalt im Sinn des Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG qualifiziert werden kann, muss er der Behandlung von Kranken unter ärztlicher Leitung dienen, über das erforderliche fachgemäss ausgebildete Pflegepersonal BGE 100 V 71 S. 74 und über zweckentsprechende medizinische Einrichtungen verfügen. Das Gericht verweist auf sein Urteil vom 3. April 1973 sowie auf BGE 99 V 72 . Dem Bericht der Klinik Breitenau vom 7. Juli 1972 lässt sich entnehmen, dass diese selber den Betrieb der Anni Cotti als einen ihr zugehörenden Annexbetrieb betrachtet, dies im Hinblick darauf, dass die Patienten von der Breitenau überwiesen, von dieser administrativ erfasst und ärztlich betreut werden. Die Auskünfte, welche die Vorinstanz inzwischen bei der kantonalen Sanitätsdirektion eingeholt hat, lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zur Zeit sind bei Anni Cotti 14 Patienten untergebracht, die an Schizophrenie, chronischer Depression, Schwachsinn, Epilepsie, Tabo-Paralyse oder chronischer Toxikomanie und Polyneuritis leiden. Alle Personen sind betreuungsbedürftig, vermögen nicht allein zu leben, brauchen Medikamente und wären in einem Milieu Gesunder nicht plazierbar. Sie können aus der Behandlung in der Klinik Breitenau nicht nach Hause entlassen werden und bedürfen weiterhin der Betreuung durch einen Klinikarzt, von dem sie - besondere Vorfälle ausgenommen - einmal monatlich besucht werden. Bei ernsthafter Verschlechterung des Gesundheitszustandes werden die Patienten ohne Formalitäten wieder in die Klinik zurückgenommen, deren Leitung sie weiterhin unterstehen. Administrativ gelten sie als Patienten der Breitenau. Die Medikamente werden von der Klinik geliefert. Anni Cotti führt einen Rapport über die Kranken, den sie bei der Arztvisite vorlegt. Zusätzlich orientiert sie wöchentlich einmal oder mehrere Male telephonisch den Arzt und die Oberschwester. Sie betreut die Patienten in der Regel allein, verfügt aber während ihrer Freizeit über eine Ablösung in der Person einer andern ehemaligen Schwester der Klinik Breitenau. Zur alleinigen Betreuung der 14 Patienten sei Anni Cotti durchaus imstande, weil es sich um Chronischkranke handle, die nicht die gleich intensive Behandlung benötigen wie bestimmte andere Patienten der Klinik Breitenau. Letztere sei für die von Anni Cotti betreuten Kranken verantwortlich. Die Sanitätsdirektion weist ferner darauf hin, dass die Chronischkranken einer psychiatrischen Klinik nicht mehr einer so intensiven Therapie bedürfen, nicht mehr täglich vom Arzt besucht werden müssen und lediglich eine lockere Beaufsichtigung durch die diensthabende Schwester benötigen. Dies sei auch bei den Patienten der Aussenstation Neubrunn der Fall. BGE 100 V 71 S. 75 Wenn das kantonale Obergericht bei diesen Gegebenheiten zur Überzeugung gelangte, die Pflegestation der Anni Cotti erfülle die Voraussetzungen einer Heilanstaltsabteilung, so ist dies nicht zu beanstanden. Von dieser vorinstanzlichen Beurteilung abzuweichen, besteht vor allem auch deshalb kein Anlass, weil die kantonale Sanitätsdirektion selber die Pflegestation offensichtlich als Heilanstalt bzw. als Abteilung einer solchen betrachtet. Die Einwände, die gegen diese Qualifizierung vorgebracht werden, sind nicht stichhaltig. In diesem Zusammenhang mag darauf hingewiesen werden, dass zwischen der Pflegestation der Anni Cotti und der Aussenstation Neubrunn der Klinik Breitenau, die auch von der Sanitätsdirektion erwähnt wird und deren Heilanstaltscharakter unbestritten ist, keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Insbesondere kann - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - für die versicherungsrechtliche Beurteilung eines Betriebes dieser Art nicht entscheidend sein, ob der Betriebsleiter zu einer Klinik in einem öffentlichrechtlichen oder zivilrechtlichen Verhältnis steht und wie lange der Betrieb voraussichtlich aufrechterhalten bleibt. 2. Indessen genügt der Aufenthalt in einer Heilanstalt nicht, um einen Anspruch auf Krankenpflegekosten zu begründen. Die Hospitalisierung muss im Interesse der kranken Person notwendig sein, wobei auch deren persönliche Verhältnisse bedeutsam sein können (EVGE 1969 S. 16 und 73). Im vorliegenden Fall ist auch diese Voraussetzung erfüllt. Aus dem vom kantonalen Richter eingeholten Bericht der Klinik Breitenau ist ersichtlich, dass die Beschwerdegegnerin "auch für den Laien ersichtlich deutlich krank" ist. Sie bedarf medikamentöser Therapie, die ärztlich überwacht werden muss. Sie könnte in einem Milieu Gesunder kaum plaziert werden, da sie sonst "nur noch tiefer in ihrer schizophrenen Kontaktstörung versinken dürfte". Übrigens gibt auch die Krankenkasse ausdrücklich zu, ihre Versicherte bedürfe der ärztlichen Behandlung. Daraus erhellt mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Beschwerdegegnerin hospitalisiert sein muss... Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
de22c73a-dca5-4e93-bf4e-5141d883c271
Urteilskopf 111 V 271 53. Urteil vom 11. September 1985 i.S. Schläpfer gegen Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 26 Abs. 3 lit. b AlVG , Art. 26 Abs. 2 AlVV , Art. 59 f. AVIG. Abgrenzung der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Umschulung und Weiterbildung von der Grund- und allgemeinen beruflichen Weiterausbildung.
Sachverhalt ab Seite 271 BGE 111 V 271 S. 271 A.- Carl Schläpfer (geboren 1947) absolvierte an der Universität Bielefeld (BRD) ein Soziologiestudium mit Schwerpunkt in Entwicklungsplanung und -politik. Nach dem Studiumabschluss 1974 arbeitete er als Diplomsoziologe an verschiedenen Stellen in der BRD. Ab April 1976 arbeitslos, kehrte er in die Schweiz zurück, wo er seit anfangs Mai 1977 verschiedene Anstellungen als Redaktor versah, so zuletzt bei der X-Zeitung, die ihm auf Ende BGE 111 V 271 S. 272 März 1983 kündigte. Da er seit anfangs April 1983, mit Ausnahme einiger kurzfristiger Zwischenbeschäftigungen, stellenlos blieb, richtete ihm die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau ab 5. April 1983 Taggelder aus. Am 26. Oktober 1983 reichte Carl Schläpfer dem Kantonalen Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt (KIGA) ein Gesuch ein, in dem er die Zusprechung von Taggeldern während des vom 7. November 1983 bis Oktober 1984 dauernden Nachdiplomstudiums in Raumplanung an der Höheren Technischen Lehranstalt Brugg-Windisch beantragte. Zur Begründung verwies er auf seine über hundert Bewerbungen, deren Erfolglosigkeit hauptsächlich auf die grosse Zahl qualifizierter Mitbewerber einerseits und auf seine fehlenden praktisch verwertbaren Kenntnisse (KV, Verwaltungspraxis, EDV-Ausbildung, Projekterfahrung als Soziologe) anderseits zurückzuführen sei. Das Nachdiplomstudium in Raumplanung sei in hohem Masse geeignet, dieses Manko zu beseitigen, weshalb der Lehrgang als arbeitslosenversicherungsrechtliche Umschulung oder Weiterbildung anzuerkennen sei. Mit Verfügung vom 11. November 1983 lehnte das KIGA das Gesuch ab, dies im wesentlichen mit der Begründung, dass "ein einjähriges Nachdiplomstudium, schon von der Dauer her, den Rahmen eines vom Gesetzgeber anvisierten Weiterbildungskurses" sprenge; in den Unterlagen der HTL Brugg-Windisch werde der Raumplaner denn auch als "Beruf" bezeichnet, woraus sich schliessen lasse, dass das Nachdiplomstudium in Raumplanung eine berufliche Grundausbildung darstelle. Nach den Angaben des Versicherten hätte er bereits während des Soziologiestudiums die Möglichkeit gehabt, sich in Raumplanung zu spezialisieren; wenn er dies nun nachholen wolle, sei das Nachdiplomstudium als Teil seiner Grundausbildung zu betrachten. B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die hiegegen erhobene Beschwerde nach Einholung einer Auskunft des Prof. F., Dozent für Raumplanung an der HTL Brugg-Windisch, vom 29. März 1984 ab, weil das Nachdiplomstudium in Raumplanung als Ergänzung der beruflichen Grundausbildung und nicht als arbeitslosenversicherungsrechtliche Umschulungs- oder Weiterbildungsmassnahme zu betrachten sei (Entscheid vom 8. Mai 1984). C.- Carl Schläpfer lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es seien ihm, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und der angefochtenen Verfügung, für die BGE 111 V 271 S. 273 Dauer des Nachdiplomstudiums in Raumplanung an der HTL Brugg-Windisch die gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Während das KIGA auf eine Vernehmlassung verzichtet, beantragt das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) die Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer beantragt die Zusprechung der gesetzlichen Leistungen während des Nachdiplomstudiums an der HTL Brugg-Windisch, welches am 7. November 1983 begann und bis Oktober 1984 dauerte. Da auf den 1. Januar 1984 die neue Arbeitslosenversicherungsordnung (AVIG, AVIV) in Kraft trat, stellt sich zunächst die Frage nach dem in zeitlicher Hinsicht anwendbaren Recht. Gemäss Art. 118 Abs. 1 AVIG und Art. 130 AVIV sind mit dem Inkrafttreten dieser Erlasse am 1. Januar 1984 u.a. das altrechtliche Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) und die dazugehörige Arbeitslosenversicherungsverordnung (AlVV) aufgehoben worden. Deren Bestimmungen gelten jedoch weiterhin für Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten des AVIG eingetreten sind ( Art. 118 Abs. 2 AVIG , Art. 131 Abs. 1 AVIV ). Da für die Beantwortung der Frage, ob dem Nachdiplomstudium in Raumplanung der Charakter einer arbeitslosenversicherungsrechtlichen Umschulungs- oder Weiterbildungsmassnahme zukommt, Verhältnisse massgeblich sind, die sich bis 1983 ereignet haben, ist vorliegend das alte Recht anwendbar. Dem entspricht auch der von der Praxis aufgestellte Grundsatz, dass das Eidg. Versicherungsgericht die Rechtmässigkeit einer Verfügung nach dem alten Recht prüft, wenn die Gesetzgebung im Verlaufe eines verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens eine Änderung erfahren hat ( BGE 108 V 37 Erw. 2d mit Hinweis). Ob demgegenüber für die Frage nach dem Charakter des Nachdiplomstudiums in Raumplanung als einer Umschulungs- oder Weiterbildungsmassnahme im Rechtssinne das AVIG auf dem Wege einer grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung ( BGE 110 V 254 Erw. 3a in fine mit Hinweisen, BGE 108 V 119 Erw. 5) anzuwenden wäre, kann dahingestellt bleiben. Denn der für den streitigen Anspruch massgebende Begriff der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Umschulung oder Weiterbildung ist nach altem wie nach neuem Recht derselbe. 2. a) (Vgl. BGE 108 V 164 Erw. 1) BGE 111 V 271 S. 274 b) Streitig ist, ob das einjährige Nachdiplomstudium in Raumplanung an der HTL Brugg-Windisch im vorliegenden Fall als arbeitslosenversicherungsrechtliche Umschulungs- oder Weiterbildungsmassnahme zu qualifizieren ist - wie der Beschwerdeführer und das BIGA geltend machen - oder ob es sich hiebei um eine Vorkehr der allgemeinen beruflichen Aus- oder Weiterbildung handelt, wie das kantonale Gericht und das KIGA meinen. Nach Gesetz und Rechtsprechung sind die Grundausbildung und die allgemeine Förderung der beruflichen Weiterbildung nicht Sache der Arbeitslosenversicherung. Deren Aufgabe ist es lediglich, in gewissen Fällen durch konkrete Eingliederungs- oder Weiterbildungsmassnahmen eine bestehende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen oder eine drohende Arbeitslosigkeit zu verhindern. Dabei muss es sich um Vorkehren handeln, welche dem Versicherten erlauben, sich dem industriellen und technischen Fortschritt anzupassen ( BGE 108 V 165 Erw. 2c mit Hinweisen). Nicht als Eingliederungsmassnahme im Sinne der Arbeitslosenversicherung, sondern als Grundausbildung qualifizierte das Eidg. Versicherungsgericht beispielsweise das Medizin-, das Architektur- und das Ökonomiestudium; ebensowenig ist die Vervollständigung der Arztausbildung durch die Absolvierung unbezahlter medizinischer Praktika als Weiterbildungskurs im Sinne von Art. 26 AlVV anerkannt worden. Offengelassen hat das Gericht die Frage bezüglich eines dreimonatigen Deutschsprachkurses (Nachweise im Urteil Zähner, BGE 108 V 166 ). Seither hat das Gericht in zwei weiteren Fällen zur Abgrenzungsfrage Stellung genommen. Es verneinte den Charakter einer arbeitslosenversicherungsrechtlichen Weiterbildung hinsichtlich eines zweimonatigen Anfängerkurses in italienischer Sprache (unveröffentlichtes Urteil Jucker vom 16. Januar 1984). Im weitern bezeichnete es eine vier Jahre dauernde Ausbildung einer Primarlehrerin zur Zeichenlehrerin als Grundausbildung, die von der Arbeitslosenversicherung nicht zu übernehmen sei, sowenig wie Aufnahmeprüfungen oder andere, die angestrebte Weiterbildung vorbereitende Vorkehren (unveröffentlichtes Urteil Hamacher vom 21. März 1985). c) Dieser Überblick über die bisherige Rechtsprechung zeigt, dass die Grenze zwischen Grund- und allgemeiner beruflicher Weiterausbildung einerseits, Umschulung und Weiterbildung im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne anderseits fliessend ist, wie das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Zähner ausdrücklich festgehalten hat ( BGE 108 V 166 ). Da ein und dieselbe Vorkehr BGE 111 V 271 S. 275 beiderlei Merkmale aufweisen kann und namentlich praktisch jede Massnahme der allgemeinen Berufsbildung auch der Vermittlungsfähigkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt zugute kommt, ist entscheidend, welche Aspekte im konkreten Fall unter Würdigung aller Umstände überwiegen. Vor die gleiche Abgrenzungsfrage sahen sich auch die mit der Schaffung des AVIG betrauten Organe gestellt. Immer wieder wurde die "arbeitsmarktliche Indikation" als Voraussetzung für die Leistungspflicht der Arbeitslosenversicherung bei Umschulungs- und Weiterbildungskursen betont (Sitzung der Expertenkommission für eine Neukonzeption der Arbeitslosenversicherung vom 22./23. März 1979, Protokoll S. 48 und S. 56; Erläuterungen des BIGA zum Gesetzesentwurf vom 7. November 1979, S. 23 f.; Botschaft des Bundesrates zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung vom 2. Juli 1980, BBl 1980 III 610 f.). Insbesondere wurde eine Abgrenzung zu den Leistungen nach dem Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 19. April 1978 (SR 412.10) angestrebt (Expertenkommission, Sitzung vom 22./23. März 1979, Protokoll S. 68; Votum von Bundesrat Honegger anlässlich der Sitzung vom 8./9. Januar 1981 der Kommission des Nationalrates, Protokoll S. 29). Weitergehende Anträge, die im Ergebnis eine Lockerung des Erfordernisses der "arbeitsmarktlichen Indikation" bewirkt hätten, fanden weder in den Kommissionen noch im Plenum des Nationalrates eine Mehrheit, und im Ständerat wurde eine solche Ausdehnung nicht mehr erwogen (Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 8./9. Januar 1981, Protokoll S. 23 f.; Kommission des Ständerates, Sitzung vom 11./12. November 1981, Protokoll S. 26 f.; Amtl.Bull. 1981 N 839 f., 1982 S 142 f.). d) Das BIGA bemerkt in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend, dass die Grundausbildung von den Leistungen der Arbeitslosenversicherung ausgeschlossen ist, dies im Hinblick auf die Zweckgebundenheit der Mittel des Arbeitslosenversicherungsfonds und aus der Überlegung, dass eine Weiterbildung auf Kosten der sozialpartnerschaftlich finanzierten Arbeitslosenversicherung nicht an die Stelle der üblichen Berufsbildung treten darf. Diese Betrachtungsweise liegt sowohl der bisherigen Rechtsprechung zu Art. 26 Abs. 2 AlVV zugrunde (vgl. Erw. 2b hievor), und an ihr ist auch im Verlaufe der Gesetzgebungsarbeiten zum AVIG festgehalten worden (vgl. Erw. 2c hievor). Indessen ist von der Natur der Sache her eine klassifikatorische BGE 111 V 271 S. 276 Begriffsbildung und Abgrenzung zwischen der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Umschulung und Weiterbildung einerseits und den Vorkehren der allgemeinen Berufsbildung anderseits nicht möglich. Vielmehr muss man sich damit begnügen, Merkmale herauszuarbeiten, die für die Umschulung und Weiterbildung im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne typisch sind: Erforderlich ist vorab, dass der Versicherte, der von der Arbeitslosenversicherung Leistungen für Umschulung oder Weiterbildung beansprucht, arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht ist ( Art. 26 Abs. 2 AlVV ; vgl. auch Art. 60 Abs. 1 lit. a AVIG ). Diese Voraussetzung muss insbesondere voraussichtlich während der Dauer der Umschulung oder Weiterbildung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein. Was sodann die objektive Zielrichtung anbelangt, muss die fragliche Vorkehr spezifisch dafür bestimmt, geeignet und notwendig sein, die Vermittelbarkeit zu fördern. Es darf somit nicht die bildungsmässige, soziale oder wirtschaftliche Verbesserung im Vordergrund stehen, sondern die Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ( BGE 108 V 166 ; unveröffentlichtes Urteil Jordan vom 12. August 1985). Ein weiteres hilfreiches Kriterium ist der vom BIGA in seiner Vernehmlassung erwähnte Gesichtspunkt der sozialen Üblichkeit unter Berücksichtigung des Alters, der Motivation und der weiteren Lebensumstände des Versicherten (vgl. in diesem Sinne auch Rz. 21 und 24 des bundesamtlichen Kreisschreibens über die individuellen Präventivmassnahmen, Ausgabe Juli 1985). Es ist demnach jeweils zu prüfen, ob die fragliche Vorkehr bei den gegebenen Umständen nicht ohnehin Bestandteil der üblichen Berufsausbildung ist und ob der Versicherte den Kurs auch besuchen würde, wenn er - bei im übrigen gleichen Verhältnissen - nicht arbeitslos (oder von Arbeitslosigkeit bedroht) wäre. In zeitlicher Hinsicht macht das BIGA unter Hinweis auf BGE 103 V 105 geltend, dass nur Kurse von beschränkter Dauer als Massnahmen der Umschulung oder Weiterbildung im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne anerkannt werden könnten; in Anlehnung an die Höchstbezugsdauer von 250 Taggeldern nach Art. 27 Abs. 2 AVIG und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage sei "eine Kursdauer von einem Jahr die obere Limite, oberhalb welcher Leistungsgesuchen nur ausnahmsweise entsprochen werden dürfte, z.B. bei Extensivkursen". Dieser Auffassung ist grundsätzlich beizupflichten, hält sie sich doch im BGE 111 V 271 S. 277 Rahmen der dargelegten Rechtsprechung, welche überjährige Bildungsgänge - somit eigentliche Grundausbildungen - vom Kreis der von der Arbeitslosenversicherung zu übernehmenden Massnahmen regelmässig ausschloss, dagegen mehrmonatige Kurse als Vorkehren der Umschulung oder Weiterbildung im arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinne anerkannte (vgl. insbesondere das Urteil Zähner, in welchem das Eidg. Versicherungsgericht eine siebenmonatige kaufmännische Ausbildung als Umschulungsmassnahme der Arbeitslosenversicherung betrachtete; BGE 108 V 166 ). Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass bei der Beantwortung der Frage, ob einer Vorkehr der Charakter einer arbeitslosenversicherungsrechtlichen Umschulungs- oder Weiterbildungsmassnahme zukommt, auch unter Berücksichtigung der erwähnten Kriterien ein beträchtlicher Beurteilungsspielraum besteht und dass alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind ( BGE 108 V 166 ). e) Unter Zugrundelegung der erwähnten Gesichtspunkte ist der arbeitslosenversicherungsrechtliche Umschulungscharakter des Nachdiplomstudiums in Raumplanung vorliegend ausgewiesen: Der Beschwerdeführer blieb als diplomierter Soziologe und als Journalist seit dem Verlust seiner Anstellung bei der X-Zeitung beschäftigungslos, obgleich er sich intensiv um eine neue Erwerbstätigkeit bemühte. Nichts spricht dafür, dass sich an diesem Zustand ab Herbst 1983 bei fortgesetzter Arbeitssuche in absehbarer Zeit etwas geändert hätte. Denn ein wesentlicher Grund für die Stellenlosigkeit lag, wie der Beschwerdeführer in seinem Gesuch vom 26. Oktober 1983 glaubwürdig darlegte, darin, dass er als diplomierter, im wesentlichen als Journalist tätig gewesener Soziologe im erlernten Beruf kaum Anstellungsaussichten besass und im weitern über keine vielseitig praktisch verwertbaren Kenntnisse und Erfahrungen verfügte. Diesem Mangel galt es durch eine gezielte Massnahme abzuhelfen. Hiezu bot sich das einjährige Nachdiplomstudium in Raumplanung an der HTL Brugg-Windisch an. Aufgrund der Auskunft des Prof. F. vom 29. März 1984 ist anzunehmen, dass die Absolvierung dieses Lehrganges durch den Beschwerdeführer angesichts seiner Vorkenntnisse zweckmässig und geeignet war, ihm konkrete neue Einsatzmöglichkeiten in der Verwaltung oder der Privatwirtschaft zu eröffnen. Damit steht fest, dass der Beschwerdeführer mit dem Besuch des Nachdiplomstudiums in Raumplanung in erster Linie nicht eine BGE 111 V 271 S. 278 Verbesserung seiner bildungsmässigen, sozialen oder wirtschaftlichen Position, sondern verbesserte Anstellungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt anstrebte. Auch das Kriterium der sozialen Üblichkeit deutet vorliegend auf den Charakter des Nachdiplomstudiums als eine arbeitslosenversicherungsrechtliche Umschulungsmassnahme hin. Denn als bei Verfügungserlass 36jähriger Familienvater hätte sich der Beschwerdeführer normalerweise wohl kaum mehr unter Aufgabe seiner Erwerbstätigkeit zu einem solchen Lehrgang entschlossen. Ferner hält sich das knapp einjährige Nachdiplomstudium in Raumplanung auch zeitlich im Rahmen dessen, was in der Regel als von der Arbeitslosenversicherung zu übernehmende Umschulungs- oder Weiterbildungsmassnahme bezeichnet werden kann. 3. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das vom Beschwerdeführer am 7. November 1983 begonnene Nachdiplomstudium in Raumplanung an der HTL Brugg-Windisch eine Umschulungsmassnahme im Sinne des Art. 26 Abs. 2 AlVV ist. Die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, an welche die Sache zurückgewiesen wird, hat noch zu prüfen, ob der Beschwerdeführer den Lehrgang ordnungsgemäss besucht und beendet hat (vgl. BGE 108 V 166 Erw. 3 in fine) und ob die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Es kann vorliegend offenbleiben, ob dabei hinsichtlich der Leistungsgewährung für die Zeit nach dem 1. Januar 1984 das alte oder - wie das BIGA meint - das neue Recht anzuwenden ist. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichtes des Kantons Aargau vom 8. Mai 1984 und die Verfügung des Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamtes vom 11. November 1983 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass das vom Beschwerdeführer ab 7. November 1983 besuchte Nachdiplomstudium in Raumplanung an der HTL Brugg-Windisch eine arbeitslosenversicherungsrechtliche Umschulungsmassnahme ist. Die Sache wird an die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau zurückgewiesen, damit diese, nach erfolgter Aktenergänzung im Sinne der Erwägung 3, über den Leistungsanspruch ab 7. November 1983 verfüge.
null
nan
de
1,985
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
de2e655a-6b66-444c-bc32-52cb45c6f265
Urteilskopf 86 IV 201 51. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1960 i.S. Trachsler gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden.
Regeste Art. 15, 42 und 44 StGB . Welche Massnahme ist gegen einen vermindert zurechnungsfähigen oder unzurechnungsfähigen Gewohnheitstrinker anzuordnen, auf den die Voraussetzungen des Art. 42 StGB zutreffen? Wann ist er nach dieser Bestim mung zu verwahren, wann nach Art. 15 StGB zu versorgen oder nach Art. 44 StGB in eine Trinkerheilanstalt einzuweisen?
Sachverhalt ab Seite 201 BGE 86 IV 201 S. 201 A.- Trachsler, der vom April bis August 1959 als Bauschreiner einer Unternehmung im Misox arbeitete, wurde am 20. Juni 1960 vom Kreisgerichtsausschuss Misox wegen Veruntreuung ( Art. 140 Ziff. 1 StGB ), Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1) und Betruges (Art. 148 Abs. 1) zu vierzehn Monaten Zuchthaus verurteilt. An Stelle der Strafe erkannte das Gericht auf Verwahrung im Sinne des Art. 42 StGB und auf zehnjährige Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit gemäss Art. 52 Ziff. 1 Abs. 3 StGB . BGE 86 IV 201 S. 202 B.- Der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden wies am 19. Oktober 1960 die Berufung des Verurteilten ab, soweit er darauf eintrat. Nicht eingetreten wurde auf das in der Berufung enthaltene Revisionsgesuch, weil keine neuen erheblichen Tatsachen oder Beweismittel namhaft gemacht würden und das Gesuch zudem an die unzuständige Instanz gerichtet sei. C.- Gegen dieses Urteil führt Trachsler Nichtigkeitsbeschwerde. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden beantragt in ihrer Vernehmlassung dem Sinne nach Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: ..... 5. a) (Zusammengefasst) Der Beschwerdeführer hat wegen Verbrechen und Vergehen zahlreiche Freiheitsstrafen verbüsst. In den Jahren 1949 und 1950, als er erstmals nach Art. 42 StGB verwahrt wurde, konnte auch kein Zweifel darüber bestehen, dass er einen Hang zu Verbrechen und Vergehen hat. Aus dem erneuten Rückfall muss jedoch nicht notwendigerweise abgeleitet werden, dieser Hang bestehe immer noch. Gegen die dahingehende Annahme spricht, dass sich der Beschwerdeführer im Anschluss an die Entlassung aus der Arbeitskolonie vom 6. Oktober 1953 bis zum April 1959 keine Verfehlungen zuschulden kommen liess. Dafür, dass der Vollzug der früher verhängten Verwahrungen in Verbindung mit den Strafverbüssungen nicht wirkungslos geblieben ist, der Beschwerdeführer also nicht schlechthin besserungsunfähig ist, könnten allenfalls auch die Umstände der neuen Verfehlungen sprechen, vor allem dann, wenn es aus einer besonderen Konfliktssituation heraus zu den Rückfällen gekommen ist. Diese Umstände sind, da das angefochtene Urteil darüber nicht hinreichend Aufschluss gibt, noch näher abzuklären. b) Sollte die Vorinstanz dabei wiederum zum Schlusse BGE 86 IV 201 S. 203 kommen, dass auch diese Voraussetzung der Verwahrung nach Art. 42 StGB erfüllt sei, so frägt sich, ob diese Massnahme geboten ist oder nicht eine Versorgung nach Art. 15 oder die Einweisung in eine Trinkerheilanstalt nach Art. 44 am Platze wäre. Wie sich aus den Akten und zum Teil aus dem kreisgerichtlichen Urteil ergibt, war die Mutter des Beschwerdeführers wegen Geisteskrankheit in einer Heil- und Pflegeanstalt interniert. Der Beschwerdeführer selber befand sich, angeblich wegen Rauschgiftsucht, von 1942-1944 in der Anstalt Burghölzli. Diesem Aufenthalt folgten nach seinen Angaben, die auch von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift übernommen wurden, bis 1959 vier weitere Aufenthalte in der gleichen Anstalt. Was diese Internierungen notwendig machte, geht aus den Akten nicht mit Sicherheit hervor. Nach dem Bericht der Heil- und Pflegeanstalt Beverin-Cazis vom 10. September 1959 sollen im Burghölzli Psychopathie, Drang- und Verstimmungszustände diagnostiziert worden sein. Der Beschwerdeführer seinerseits will sich jeweilen freiwillig wegen seiner Trunksucht in die Anstalt begeben haben. Dass er der Trunksucht verfallen ist, stellt auch das Kreisgericht fest. Daneben verzeichnet aber der Strafregisterauszug ein Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 28. April 1944, durch das der Beschwerdeführer unter Einstellung der ausgefällten Strafe von einem Jahr Gefängnis "i.S. der Art. 14 und 15 StGB " in eine Heilanstalt eingewiesen wurde. Dabei dürfte es sich um eine der Internierungen im Burghölzli gehandelt haben. Laut dem Bericht von Beverin-Cazis hat der Beschwerdeführer schon öfters Selbstmordversuche unternommen. Über alle diese Umstände geht der Kantonsgerichtsausschuss vollständig hinweg, und auch das Kreisgericht, das auf sie anspielt, hat sich in keiner Weise damit auseinandergesetzt. Von ihnen hängt aber ab, welche Massnahme anzuordnen ist. Die Geisteskrankheit seiner Mutter und die mehrmaligen Internierungen des Beschwerdeführers BGE 86 IV 201 S. 204 selber, von denen eine auf gerichtlichem Urteil nach Art. 14/15 StGB beruhte, lassen erhebliche Zweifel an seiner geistigen Gesundheit aufkommen. Dazu liegt offenbar Trunksucht im Sinne von Art. 44 StGB vor. Nun schliessen zwar weder Unzurechnungsfähigkeit oder verminderte Zurechnungsfähigkeit noch Trunksucht die Verwahrung nach Art. 42 aus. Ist der Angeklagte ganz oder teilweise unzurechnungsfähig, so kommt jedoch diese Massnahme nur in Betracht, wenn er nicht einer Heilbehandlung bedarf oder pflegebedürftig ist. Trifft das zu, ist er gemäss Art. 15 in eine Heil- und Pflegeanstalt einzuweisen ( BGE 71 IV 71 ). Steht die strafbare Handlung dagegen mit der Trunksucht im Zusammenhang und kann von der Behandlung eine Besserung erwartet werden, greift Art. 44 mit der Trinkerheilanstalt Platz. Ist der Täter sowohl ganz oder teilweise unzurechnungsfähig als gleichzeitig Gewohnheitstrinker, so kommt es wieder darauf an, ob er der Pflege bedarf oder eine Heilbehandlung Erfolg verspricht, und wenn dies der Fall ist, ob sich dafür eine Heil- und Pflegeanstalt besser eignet oder ob die Behandlung ebensogut in einer Trinkerheilanstalt durchgeführt werden kann ( BGE 82 IV 134 ). Demgemäss darf nach Art. 42 nur verwahrt werden in Fällen, wo keine Pflegebedürftigkeit besteht und eine Heilbehandlung weder für den Geisteszustand noch für die Trunksucht des Angeklagten Aussichten bietet. Der Kantonsgerichtsausschuss wird im neuen Urteil den Fall des Beschwerdeführers auch nach diesen Kriterien zu prüfen haben. Um dazu in der Lage zu sein, wird der Beschwerdeführer gemäss Art. 13 StGB psychiatrisch zu begutachten sein, sofern nicht schon dem Bericht der Anstalt Rheinau alles entnommen werden kann, was für die Entscheidung nötig ist.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
de2f8b1a-7b55-4ece-89f5-319d1d3a20c4
Urteilskopf 134 III 348 59. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen A. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_511/2007 vom 8. April 2008
Regeste Hinterlegung bei unverschuldeter Ungewissheit über die Person des Gläubigers ( Art. 96 und 168 Abs. 1 OR ). Sind nach Wahl des Gläubigers alternativ verschiedene Leistungen geschuldet, kann der Schuldner bei unverschuldeter Ungewissheit über die Person des Gläubigers sämtliche wahlweise geschuldeten Leistungen hinterlegen. Dass die Ansprecher nicht dieselbe Leistung verlangen, steht in diesem Fall einer Hinterlegung nicht entgegen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 348 BGE 134 III 348 S. 348 A. Die X. (Beschwerdeführerin) schloss im Jahre 1999 mit einer Stiftung mit Sitz in Vaduz einen Leibrentenvertrag ab, bei welchem C. (Beschwerdegegnerin 3) und ihr Ehemann B. (Beschwerdegegner 2) als versicherte Personen bezeichnet wurden. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich, zu deren Lebzeiten eine monatliche Rente von Fr. 20'000.- zu bezahlen. Ferner war eine BGE 134 III 348 S. 349 Prämienrückgewähr nach dem Tode beider versicherter Personen vereinbart, abzüglich bereits bezogener Rentenraten. Als Begünstigte im Erlebensfall wurde die versicherte Person selbst und im Todesfall die Versicherungsnehmerin aufgeführt. Die Begünstigung wurde nicht unwiderruflich erklärt. B. Im Jahre 2000 wurde die Stellung der Versicherungsnehmerin an Frau D. (Erblasserin) übertragen. Diese verstarb am 30. Januar 2006 in Monaco und hatte als Universalerbin A. (Beschwerdegegnerin 1) eingesetzt, welche in der neu ausgestellten Police vom 6. November 2006 als Versicherungsnehmerin aufgeführt ist. Die Beschwerdegegnerin 1 verlangt den Rückkaufswert der Versicherung, während die Beschwerdegegner 2 und 3 mit dem Rückkauf der Versicherung, der Einstellung der monatlichen Rentenzahlungen und einer Auszahlung des Rückkaufswerts an die Beschwerdegegnerin 1 nicht einverstanden sind. C. Mit Eingabe vom 22. Dezember 2006 beantragte die Beschwerdeführerin, es sei ihr die Hinterlegung des Rückkaufswerts der Police sowie gewisser Rentenzahlungen zu bewilligen. Nachdem der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Winterthur die Hinterlegung provisorisch bewilligt hatte, wies er das Gesuch der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 13. August 2007 ab. Den gegen diese Verfügung ergriffenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 23. Oktober 2007 ab. D. Die Beschwerdeführerin erhebt Beschwerde in Zivilsachen und beantragt dem Bundesgericht im Wesentlichen, die Hinterlegung des Rückkaufswerts (Fr. 1'952'496.-) und der Renten von Fr. 147'742.- (01.05.2006 - 30.11.2006) zu bewilligen. Das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung wies das Bundesgericht am 9. Januar 2008 ab. Die Beschwerdegegner 2 und 3 schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin 1, welche vor Bundesgericht nicht mehr anwaltlich vertreten ist, enthält keinen eigentlichen Antrag. Soweit ersichtlich, schildert die Beschwerdegegnerin 1 den Ablauf der Geschehnisse aus ihrer Sicht und bedauert die vom Bundesgericht zur Zulässigkeit des Widerrufs einer Begünstigungsklausel ergangene Rechtsprechung ( BGE 133 III 669 ff.), welche von der kantonalen Praxis abweiche. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und bewilligt der Beschwerdeführerin im Verfahren gegen die Beschwerdegegner 1 und 2 die Hinterlegung des Rückkaufswerts. BGE 134 III 348 S. 350 Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Die Vorinstanz verneinte die Zulässigkeit der Hinterlegung des Rückkaufswerts, weil die behaupteten Ansprüche gegenüber der Beschwerdeführerin nicht identisch seien. Die Ansprüche unterscheiden sich nach Auffassung der Vorinstanz nicht nur in den Auszahlungsmodalitäten, sondern können auch in der Höhe divergieren. Der Rückkaufswert lasse sich erst im Zeitpunkt der Auflösung berechnen. Zudem bestehe keine Ungewissheit über die Person des Gläubigers, sondern über die Existenz der Forderung. Entweder bestünden die Rentenforderungen des Beschwerdegegners 2 oder aber die Rückkaufsforderung der Beschwerdegegnerin 1. 5.1 Sowohl Art. 96 OR als auch Art. 168 OR setzten im hier interessierenden Zusammenhang voraus, dass eine unverschuldete Ungewissheit über die Person des Gläubigers besteht. Die Vorinstanz verweist auf die Lehrmeinung, wonach, wenn zwei oder mehrere angebliche Gläubiger aus verschiedenen Rechtsgründen vom Schuldner eine Leistung verlangten (z.B. der Verkäufer die Rückgabe, der angeblich bestohlene Eigentümer die Herausgabe einer Sache), keine Ungewissheit über die Person des Gläubigers bestehe, da es sich nicht um dieselbe Forderung handle. Vielmehr sei diesfalls strittig, ob eine Forderung besteht (SCHRANER, Zürcher Kommentar, N. 17 und 19 zu Art. 96 OR mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin beruft sich dagegen auf jene Lehrmeinung, nach der nicht massgeblich ist, ob die verschiedenen Ansprecher gleichartige Rechte geltend machen oder nicht, so wenn der eine Schadenersatz und der andere Realerfüllung verlangt. Erforderlich sei aber, dass der Schuldner hinterlege, was er wirklich schulde (BECKER, Berner Kommentar, N. 8 zu Art. 168 OR ). 5.2 Um zu beurteilen, ob eine unverschuldete Ungewissheit über die Person des Gläubigers besteht, welche zur Hinterlegung berechtigt (SCHRANER, a.a.O., N. 6, 17 ff. und 25 zu Art. 96 OR ; WEBER, Berner Kommentar, N. 9 und 17 ff. zu Art. 96 OR ), ist auf die Ansprüche, welche die Parteien geltend machen, näher einzugehen. 5.2.1 Gemäss Vertrag hat die Versicherung an die Versicherten Rentenzahlungen auszurichten. Mit Ableben der als Versicherte begünstigten Personen wird als Rückgewähr eine Zahlung entsprechend der Einmalprämie unter Abzug der bereits bezogenen Renten ohne Zinsen an den im Todesfall als Begünstigter eingesetzten Versicherungsnehmer fällig. Da die Begünstigung nicht unwiderruflich ist, kann BGE 134 III 348 S. 351 der Versicherungsnehmer die Begünstigten durch andere ersetzen. Ebenso kann er die Versicherung jederzeit ganz oder teilweise zurückkaufen lassen, mit der Folge, dass die bisherige Deckung erlischt und der Anspruch des Versicherungsnehmers nach versicherungsmathematischen Prinzipien auf die Herausgabe des Rückkaufswertes reduziert wird (AEBI, Basler Kommentar, N. 12 zu Art. 90 VVG ). Der Rückkaufswert entspricht der aktuellen Rückgewährsumme, höchstens aber dem Inventardeckungskapital. Übersteigt Letzteres die Rückgewährsumme, so wird der Differenzbetrag als Inventareinmalprämie für eine Rente ohne Rückgewähr verwendet. 5.2.2 Die Leistungen, welche die Beschwerdeführerin in Erfüllung des Vertrages tatsächlich zu erbringen hat, standen bei Vertragsschluss noch nicht definitiv fest. Die vertraglich geschuldete Leistung hängt nicht nur von objektiven Umständen, wie der Lebensdauer der Begünstigten ab, sondern auch vom Willen des Versicherungsnehmers, indem dieser durch empfangsbedürftige einseitige Willenserklärung (vgl. AEBI, a.a.O., N. 4 zu Art. 90 VVG ) bestimmen kann, wer die Versicherungsleistungen erhalten soll und ob weiter die primär geschuldete Leistung zu erbringen ist, nämlich Renten an die Begünstigten zu deren Lebzeiten und nach deren Ableben die Rückgewähr an den Versicherungsnehmer, oder ob der Rückkaufsfall eintreten soll. Im zu beurteilenden Fall ist streitig, ob die Befugnis zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung von der Erblasserin auf die Beschwerdegegnerin 1 übergegangen ist und deren Willenserklärung Wirkung entfalten kann. Davon hängt ab, welche Leistung zu erbringen ist und wer diese beanspruchen kann. 5.2.3 Mit dem vollständigen Rückkauf wird der Vertrag aufgelöst und der Rückkaufswert ausgezahlt. Damit erlischt die Pflicht zur Ausrichtung der Renten. Die unterschiedlichen Leistungen sind nicht kumulativ zu erbringen. Insofern weist das Vertragsverhältnis Analogien zu einer Wahlobligation auf, bei welcher mehrere Leistungen nach Wahl einer Vertragspartei alternativ geschuldet sind (vgl. schon BECKER, a.a.O., N. 1 zu Art. 72 OR ; OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, N. 1 zu Art. 72 OR ). Richtig besehen liegt das Verhältnis näher bei einer alternativen Ermächtigung zu Gunsten des Gläubigers, da dieser anstelle der von Anfang an bestimmten Hauptleistung, der Rentenzahlung an die Begünstigten mit Rückgewähr bei Ableben, eine andere Leistung, nämlich den sofortigen Rückkauf, fordern kann. Auch die alternative Ermächtigung zu Gunsten des Gläubigers folgt indessen im Wesentlichen den Regeln einer BGE 134 III 348 S. 352 Gläubigerwahlschuld (SCHRANER, a.a.O., N. 72 ff. zu Art. 72 OR ). Die Besonderheit, dass der Rentenanspruch im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses erfüllt wird, welches durch die Wahl der anderen Leistung, des vollständigen Rückkaufs, beendet werden kann, spielt für die Frage, ob eine zur Hinterlegung berechtigende Ungewissheit über die Person des Gläubigers besteht, keine Rolle. Massgebend ist vielmehr, dass nach dem Vertrag in Abhängigkeit des dem Versicherungsnehmer eingeräumten Gestaltungsrechts verschiedene Leistungen alternativ geschuldet sind. Aus der Tatsache, dass verschiedene Ansprecher nicht dieselbe Leistung verlangen, kann daher nicht geschlossen werden, es handle sich nicht um dieselbe Forderung. Vielmehr hat diese alternativ unterschiedliche Leistungen zum Gegenstand. 5.2.4 Allerdings ist die Hinterlegung erschwert, da nicht von vornherein klar ist, welche der alternativ geschuldeten Leistungen der Schuldner zu hinterlegen hat. Damit der Hinterlegung befreiende Wirkung zukommt, müsste der Schuldner in dieser Situation beide alternativ geschuldeten Leistungen hinterlegen. Die Lehre ist sich darin einig, dass ihm dies grundsätzlich nicht zuzumuten ist (SCHRANER, a.a.O., N. 49 zu Art. 72 OR ; WEBER, a.a.O., N. 50 zu Art. 72 OR , je mit Hinweisen). Im Zusammenhang mit der Wahlobligation wird in der Lehre indessen anerkannt, dass der Schuldner, wenn der wahlberechtigte Gläubiger das ihm zustehende Wahlrecht nicht ausübt, freiwillig sämtliche alternativ geschuldeten Leistungen hinterlegen darf (vgl. schon OSER/SCHÖNENBERGER, a.a.O., N. 11 zu Art. 72 OR ; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 298; WEBER, a.a.O., N. 50 zu Art. 72 OR mit Hinweisen). Mit Blick auf den Schutzgedanken von Art. 96 OR , der den zahlungswilligen Schuldner vor der Gefahr der Doppelzahlung schützen soll (SCHRANER, a.a.O., N. 3, 17 und 18 zu Art. 96 OR ), besteht kein Grund, dem Schuldner zu verwehren, bei Ungewissheit über die Person des Gläubigers sämtliche alternativ geschuldeten Leistungen zu hinterlegen. 5.3 Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die vertraglich vereinbarte Leistung geschuldet ist, und will ihren entsprechenden Pflichten nachkommen. Insoweit ist nicht die Existenz der Forderung streitig. Umstritten ist, ob die vertraglich noch geschuldete Leistung aufgrund der ursprünglichen Begünstigung dem Beschwerdegegner 2 beziehungsweise der Beschwerdegegnerin 3 oder kraft Rückkaufserklärung der Beschwerdegegnerin 1 als Rechtsnachfolgerin der BGE 134 III 348 S. 353 Erblasserin zusteht. Zwar ist klar, dass die Begünstigten keinen Anspruch auf Rückgewähr erheben können, denn dieser wird erst bei ihrem Ableben fällig, während sie selbst nur im Erlebensfall begünstigt sind. Da aber die zu leistenden Renten von einem allfälligen Rückgewährsanspruch abzuziehen sind und dieser erst bei Ableben der Begünstigten fällig würde, bleibt es dabei, dass sich die ursprünglich vereinbarten und die nach Ausübung des Rückkaufsrechts geschuldeten Leistungen gegenseitig ausschliessen und bezüglich des gesamten hinterlegten Betrags eine Ungewissheit über die Person des Gläubigers und die Gefahr der Doppelzahlung besteht. Damit sind die Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 96 OR beziehungsweise Art. 168 Abs. 1 OR grundsätzlich gegeben (vgl. ADRIAN STAEHELIN, Die Hinterlegung zu Handen wes Rechtes und der Prätendentenstreit, in: BJM 1972 S. 225 ff., 226). Daran ändert nichts, dass die Ansprecher unterschiedliche Leistungen fordern. Dies folgt vielmehr aus der Natur des auf alternative Leistungen gerichteten Vertragsverhältnisses. Dieser Gesichtspunkt steht, wie dargelegt, mit Blick auf den Schutzgedanken von Art. 96 OR (SCHRANER, a.a.O., N. 3, 17 und 18 zu Art. 96 OR ) der freiwilligen Hinterlegung aller alternativ geschuldeten Leistungen nicht entgegen. 5.4 Im zu beurteilenden Fall sind beide Leistungen in Geld zu erbringen. Sie unterscheiden sich nur in ihrer Höhe und in den Zahlungsmodalitäten. Bei den Rentenzahlungen handelt es sich um wiederkehrende Leistungen. Um sich gültig zu befreien, müsste die Beschwerdeführerin gemäss Vertrag an sich die einzelnen Renten jeweils bei Fälligkeit hinterlegen. Solange der in der Höhe des Rückkaufswerts hinterlegte Betrag die aufgelaufenen Renten deckt, erübrigt sich eine zusätzliche Leistung. Sollte sich nämlich herausstellen, dass die Rentenansprüche tatsächlich bestehen, wären aus dem hinterlegten Geld die verfallenen Renten zu bezahlen und ein allfälliger Überschuss der Beschwerdeführerin zurückzuerstatten. Für die nach Beseitigung der Ungewissheit über die Person des Gläubigers entstehenden Ansprüche könnten sich die Gläubiger in jedem Fall wieder direkt an die Beschwerdeführerin halten.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
de32f58b-761e-45a1-b0ce-6eabf0e2a7a9
Urteilskopf 136 I 395 40. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Politische Gemeinde Wetzikon gegen X. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_66/2010 vom 6. September 2010
Regeste Art. 9 und 50 BV , Art. 85 KV/ZH ; Gemeindeautonomie bei der Auslegung von Zonenvorschriften. Kognition des Bundesgerichts im Anwendungsbereich der Gemeindeautonomie (E. 2). Autonomie der Gemeinde bei der Auslegung des kantonalrechtlichen Begriffs des mässig störenden Betriebs (E. 3). Der Entscheid der Gemeinde, die Nutzung einer Liegenschaft für Freitodbegleitungen in einer primär der Wohnnutzung gewidmeten Zone sei mehr als nur mässig störend, ist vertretbar. Die blosse Vorstellung darüber, was im Innern eines benachbarten Gebäudes vor sich geht, ist bei der Beurteilung der Immissionen zu berücksichtigen. Die Aufhebung des kommunalen Entscheids durch das kantonale Verwaltungsgericht verletzte die Gemeindeautonomie und das Willkürverbot (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 396 BGE 136 I 395 S. 396 A. Am 15. Dezember 2008 stellte X. ein Gesuch um baurechtliche Bewilligung für die Änderung der Nutzung der bisherigen Werkstatt- und Büroräume im Erdgeschoss der Liegenschaft Talstrasse 9 in Wetzikon. Die Liegenschaft befindet sich in der Wohnzone mit Gewerbeerleichterung "WG 2.9". Laut Baugesuch sollen die Räume neu durch den Verein "Y." zur Durchführung von Freitodbegleitungen für seine Mitglieder genutzt werden. Mit Beschluss vom 11. März 2009 verweigerte die Baukommission Wetzikon die Bewilligung mit der Begründung, die vorgesehene Nutzung sei nicht zonenkonform. Einen gegen diesen Beschluss eingelegten Rekurs wies die Baurekurskommission III des Kantons Zürich am 8. Juli 2009 ab. Daraufhin erhob X. Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses hiess das Rechtsmittel teilweise gut und lud die Baukommission Wetzikon ein, die Bewilligung der beantragten Nutzung unter Erlass der gebotenen Nebenbestimmungen zu erteilen. B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 29. Januar 2010 (...) beantragt die politische Gemeinde Wetzikon, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Bewilligungsverweigerung sei zu bestätigen. Eventualiter sei die Sache an die Baukommission Wetzikon zur Beurteilung des Ausmasses der Einwirkung des streitbetroffenen Betriebs zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Es hebt das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 2. Dezember 2009 auf und verweigert die ihm zugrunde liegende Baubewilligung. Es weist die Angelegenheit zu neuem Entscheid im Kostenpunkt an das Verwaltungsgericht zurück. (Auszug) Erwägungen BGE 136 I 395 S. 397 Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesgericht nimmt gegenüber dem Entscheid der kantonalen Rechtsmittelinstanz eine freie Überprüfung vor, soweit es um die Handhabung von Bundesrecht oder kantonalem Verfassungsrecht geht. Es prüft deshalb frei, ob die kantonale Rechtsmittelinstanz einen in den Anwendungsbereich der Gemeindeautonomie fallenden Beurteilungsspielraum respektiert hat ( Art. 50 Abs. 1 BV ; BGE 96 I 369 E. 4 S. 374 f. mit Hinweisen). Bei einer eigentlichen Kognitionsüberschreitung durch die Vorinstanz ist zudem gemäss der Rechtsprechung von Willkür auszugehen ( Art. 9 BV ; BGE 116 III 70 E. 2b S. 71; Urteil 1P.678/2004 vom 21. Juni 2005 E. 4.3, in: ZBl 107/2006 S. 430; je mit Hinweisen). 3. 3.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, bei der Frage der Zonenkonformität gehe es primär um die Anwendung kommunalen Rechts. Der Gemeinde komme dabei Autonomie zu. Der Beschwerdegegner bestreitet dies mit dem Argument, der Begriff des mässig störenden Betriebs entstamme einer kantonalen Bestimmung (§ 52 Abs. 3 des Gesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht [LS 700.1; im Folgenden: PBG/ZH]) und sei zudem in einer umfangreichen kantonalen Rechtsprechung konkretisiert worden. Ein Spielraum für die Auslegung durch die Gemeinden bestehe nicht. 3.2 3.2.1 Die Bundesverfassung gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts ( Art. 50 Abs. 1 BV ). Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen BGE 136 I 395 S. 398 Verfassungs- und Gesetzesrecht (vgl. BGE 135 I 233 E. 2.2 S. 241 f.; BGE 133 I 128 E. 3.1 S. 130 f.; BGE 129 I 290 E. 2.1 S. 294; je mit Hinweisen; KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, VRG: Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, N. 19 zu § 20 VRG). 3.2.2 Art. 85 KV/ZH (SR 131.211) garantiert in allgemeiner Weise die Autonomie der zürcherischen Gemeinden. Für den hier interessierenden Bereich der Zonenkonformität einer baulichen Nutzung ergibt sich die Entscheidungsfreiheit der Gemeinden aus dem Planungs- und Baugesetz (PBG/ZH). Gemäss dessen § 2 lit. c sind die politischen Gemeinden grundsätzlich zum Erlass der ihnen vorbehaltenen Ausführungsvorschriften, zur Festsetzung kommunaler Pläne und zur erstinstanzlichen Gesetzesanwendung zuständig. § 45 PBG /ZH hält fest, dass die Gemeinden eine Bau- und Zonenordnung erlassen und dass sie dabei an die Institute, Begriffe, Mess- und Berechnungsweisen sowie an die Mindestanforderungen des kantonalen Rechts gebunden sind, soweit dieses ihnen nicht ausdrücklich Abweichungen gestattet. 3.2.3 Laut dem angefochtenen Urteil geht es beim Entscheid darüber, ob die Nutzung der streitbetroffenen Liegenschaft für Freitodbegleitungen zonenkonform im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Wetzikon vom 23. März 1998 (BZO) ist, um die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe des kommunalen Rechts. Diese Auslegung stehe in erster Linie den kommunalen Behörden zu und sei von den Rechtsmittelinstanzen nur mit Zurückhaltung zu überprüfen. Das Verwaltungsgericht bejaht damit sinngemäss eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit und damit eine Autonomie der Gemeinde. Diese Einschätzung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, auch wenn der Begriff des mässig störenden Betriebs § 52 Abs. 3 PBG /ZH und damit einer kantonalrechtlichen Bestimmung entstammt, wie dies der Beschwerdegegner geltend macht. § 52 Abs. 3 PBG /ZH hat folgenden Wortlaut: Mässig störende Betriebe sind gestattet, wo die Bau- und Zonenordnung sie zulässt; stark störende und solche, die unverhältnismässigen Verkehr auslösen, sind unzulässig. Wie erwähnt, kann der Gemeinde bei der Anwendung des kantonalen Rechts eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit zustehen. Dies trifft dann zu, wenn der erstinstanzliche Vollzug der kantonalen Bestimmung der Gemeinde übertragen ist und zudem die Art der zu regelnden Materie für ein kommunales BGE 136 I 395 S. 399 Selbstbestimmungsrecht Raum lässt. Diese Voraussetzung ist vorliegend, wo örtliche Interessen im Vordergrund stehen und eine sinnvolle Aufgabenerfüllung auf lokaler Ebene ermöglicht werden soll, erfüllt (vgl. BGE 119 Ia 214 E. 3b S. 219; Urteil 1P.9/1997 vom 21. Mai 1997 E. 2c, in: ZBl 99/1998 S. 170; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin verfügt somit bei der Auslegung des (von § 52 Abs. 3 PBG /ZH vorgegebenen und von Art. 5 Abs. 2 BZO übernommenen) Begriffs des mässig störenden Betriebs und damit bei der Beurteilung der Zonenkonformität des umstrittenen Bauvorhabens über Autonomie. 4. 4.1 Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht vor, es banalisiere die zu erwartenden ideellen Immissionen. Sie weist jedoch auch darauf hin, dass es gar nicht darum gehe, wie die Einschätzung der Vorinstanz zu beurteilen sei. Entscheidend sei vielmehr, ob die Baukommission und die Baurekurskommission in vertretbarer Weise davon ausgehen durften, dass der streitige Betrieb im Widerspruch zu den umliegenden Nutzungen und zum verfolgten Zonenzweck stehe und deshalb als stark störend zu betrachten sei. Entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hätten die Baukommission wie auch die Baurekurskommission diese Frage sehr wohl geprüft und im Ergebnis bejaht. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den diesbezüglichen Argumenten nicht auseinandergesetzt. In willkürlicher Weise habe es erklärt, es sei nie festgestellt worden, dass der Betrieb stark störend sei. 4.2 4.2.1 Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid fest, die Baukommission habe sich nicht darüber ausgesprochen, inwiefern sie die geplante Nutzung der streitbetroffenen Liegenschaft zur Durchführung von Freitodbegleitungen als nicht nur mässig störend betrachte. Sie stütze die Verweigerung allgemein auf die fehlende Übereinstimmung mit dem raumplanerischen Zweck der primär auf Wohnnutzungen ausgerichteten Wohn- und Gewerbezone, was vorliegend nicht zulässig sei. Es gehe sodann auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit nicht an, dass die Baukommission in der Wohn- und Gewerbezone ideelle Immissionen sehr weitgehend berücksichtige, in der Zentrumszone B, wo gemäss Art. 13 Abs. 1 BZO ebenfalls nur mässig störende Betriebe zulässig seien, bei den dort ansässigen Betrieben des Sexgewerbes aber nicht in Betracht zu ziehen scheine. BGE 136 I 395 S. 400 Die geplante Nutzung bewirke eine leichte, keinesfalls aber eine erhebliche Einwirkung auf das psychische Wohlbefinden der Anwohner. Dafür sprächen auch die unbestritten gebliebenen Ausführungen des Baugesuchstellers, wonach in Schwerzenbach, wo die Freitodbegleitungen von November 2007 bis Juni 2009 durchgeführt worden seien, der Betrieb nach anfänglichem Presserummel kein Aufsehen mehr erregt habe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich die Freitodbegleitungen im Innern des Gebäudes abspielten. Die getroffenen Vorkehren, wie insbesondere der Abtransport der Särge durch neutrale Fahrzeuge direkt aus der Garage, seien geeignet, das Konfliktpotenzial zusätzlich herabzusetzen. Unter diesen Umständen würde die Nutzung auch durch Kinder, welche den nahe gelegenen Kindergarten besuchten, gar nicht zur Kenntnis genommen. 4.2.2 Die Baukommission erwog in ihrem Beschluss vom 11. März 2009, entscheidend sei allein, dass der Zonenzweck der primär auf Wohnnutzungen ausgerichteten Wohn- und Gewerbezone und der für Bildungsinstitutionen ausgeschiedenen benachbarten Zone für öffentliche Bauten nicht wesentlich beeinträchtigt werden dürfe. Die vorgesehene Freitodbegleitung habe zur Folge, dass sich in der Liegenschaft mehrmals pro Woche Menschen dem Tod auslieferten, weil sie für ein Weiterleben keine erträgliche Zukunft mehr sähen. Unabhängig davon, wie man sich zu diesem Entscheid stelle, bedeute die Präsenz eines solchen Orts eine schwere Belastung für die Nachbarschaft. Er stehe in besonders bedrückender Weise für die mögliche Ausweglosigkeit menschlicher Situationen, die einzelne Betroffene veranlassten, ihre Existenz definitiv auszulöschen. Solche Erfahrungen seien schon im Einzelfall belastend. Erst recht seien sie es, wenn sie in einer benachbarten Liegenschaft konzentriert und fast täglich zum Ereignis würden. Sie seien unabhängig davon, wie die Zu- und Wegfahrt organisiert sei, weder den Nutzern der zahlreichen benachbarten Wohnungen noch den Kindern im unmittelbar angrenzenden Kindergarten oder den Schülern der benachbarten Bildungsinstitutionen zumutbar. 4.2.3 Aus diesen Ausführungen der Baukommission geht deutlich hervor, dass sie die geplante Nutzung nicht als nur mässig störend im Sinne von Art. 5 Abs. 2 BZO einstuft. Dasselbe gilt für die Baurekurskommission, die die Erwägungen der Baukommission in ihren Entscheid aufnahm und ergänzte. Die gegenteilige Feststellung der Vorinstanz ist offensichtlich falsch und im genannten Sinne richtigzustellen ( Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). BGE 136 I 395 S. 401 4.3 4.3.1 Gemäss § 50 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) stand dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Verfahren eine Rechtskontrolle zu (KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., N. 1 zu § 50 VRG). Es fragt sich deshalb, ob es die Grenzen dieser Prüfungsbefugnis und damit die Gemeindeautonomie respektiert oder ob es stattdessen einen vertretbaren Entscheid der Gemeinde in unzulässiger Weise korrigiert hat. Das Bundesgericht überprüft diese Frage mit freier Kognition (vgl. E. 2 hiervor). 4.3.2 Die im Zentrum des vorliegenden Verfahrens stehende (und § 52 Abs. 3 PBG /ZH entsprechende) Bestimmung von Art. 5 Abs. 2 BZO hat folgenden Wortlaut: In den Wohnzonen mit Gewerbeerleichterung (WG 2.9 und WG 3.3) ist mässig störendes Gewerbe zulässig. Der Anteil für Wohn- und/oder Gewerbenutzung ist nicht beschränkt. Dass diese Bestimmung neben materiellen auch immaterielle (ideelle) Immissionen erfasst, ist unbestritten. Immaterielle oder ideelle Immissionen sind Einwirkungen, die das seelische Empfinden verletzen bzw. unangenehme psychische Eindrücke erwecken. Wenn ein Betrieb zur Folge hat, dass die Umgebung unsicher, unästhetisch oder sonst wie unerfreulich wirkt, so kann dies die Attraktivität einer Gegend für Geschäfte und Wohnungen beeinträchtigen. Dabei liegt es im Wesen des Immissionsrechts, dass es nicht anders geregelt werden kann als mit dem weiten Begriff der übermässigen Einwirkung. In jedem konkreten Fall muss festgestellt werden, was anhand der gegebenen Umstände als übermässige Einwirkung anzusehen ist (vgl. BGE 108 Ia 140 E. 5c S. 143 ff.; Urteil 1C_262/2007 vom 31. Januar 2008 E. 3.4; je mit Hinweisen). 4.3.3 Bei der Anwendung von Normen mit Bezug auf ideelle Immissionen ist der Charakter der fraglichen Umgebung zu berücksichtigen. Die Qualifizierung ideeller Immissionen als stark störend bedingt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein erhebliches Konfliktpotenzial zwischen den sich entgegenstehenden Nutzungen, insbesondere zu Wohnnutzungen. Umgekehrt lässt sich nicht sagen, dass eine Einstufung als "nicht störend" das Fehlen jeglichen Konfliktpotenzials voraussetzt. Vielmehr ist eine Gesamtschau unter Einbezug des geplanten Vorhabens und der bestehenden Umgebung anzustellen ( BGE 108 Ia 140 E. 5c/bb S. 148; Urteil 1C_262/ BGE 136 I 395 S. 402 2007 vom 31. Januar 2008 E. 4.4 mit Hinweisen). Nach diesem Massstab hat es das Bundesgericht etwa als vertretbar bezeichnet, in einer Zone mit einem Wohnanteil von mindestens 60 % sexgewerbliche Betriebe aufgrund ihrer ideellen Immissionen als stark störend einzustufen (Urteil 1P.771/2001 vom 5. Mai 2003 E. 9.2, in: ZBl 105/2004 S. 111). 4.3.4 Im vorliegenden Fall ist eine Zone betroffen, welche in erster Linie der Wohnnutzung gewidmet ist, auch wenn mässig störendes Gewerbe zulässig und der Anteil der Gewerbenutzung nicht beschränkt ist (Art. 5 Abs. 2 BZO). Die fragliche Liegenschaft befindet sich zudem in unmittelbarer Nachbarschaft eines Kindergartens und in der näheren Umgebung einer Alterssiedlung und einer Berufsschule. Die Baukommission erwog, dass das Erfahren einer Selbsttötung schon im Einzelfall belastend sei. Erst recht treffe das zu, wenn die Selbsttötung in einer benachbarten Liegenschaft fast täglich stattfinde. Dies gelte ganz unabhängig davon, welche Haltung man zur Sterbehilfe im Allgemeinen einnehme. Diese Argumentation und der daraus gezogene Schluss, dass die beantragte Nutzung am fraglichen Ort mehr als nur mässig störend sei, ist durchaus vertretbar. Zwar hält das Verwaltungsgericht die befürchteten Auswirkungen für übertrieben, da die umstrittene Nutzung im Verborgenen stattfinde. Damit setzt es sich jedoch in Widerspruch zu der andernorts gemachten und zutreffenden Feststellung, wonach auch solche Einwirkungen auf das psychische Wohlbefinden zu berücksichtigen sind, die aus der blossen Vorstellung darüber entstehen, was im Innern eines benachbarten Gebäudes vor sich geht, mithin aus dem Wissen um verborgene Vorgänge. Auch wenn die Zufahrt zur Liegenschaft, die Sterbebegleitung selbst und der Wegtransport der Leichen mit grösstmöglicher Diskretion ablaufen, so ist nachvollziehbar, dass bei den Bewohnern ein Gefühl des Unbehagens ausgelöst wird. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass gemäss den Ausführungen des Beschwerdegegners im vorinstanzlichen Verfahren Freitodbegleitungen in Schwerzenbach nach anfänglichem Presserummel ohne weiteres Aufsehen erfolgt sein sollen. Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen der Beschwerdeführerin handelte es sich nämlich beim damaligen Standort um eine Industriezone mit Wohnverbot. Auch aus dem Umstand, dass in der Zentrumszone B (wo gemäss Art. 13 Abs. 1 BZO ebenfalls nur mässig störende Betriebe zulässig sind) Betriebe des Sexgewerbes ansässig sind, ergibt sich nichts anderes. Die Nutzweise jener Zone ist BGE 136 I 395 S. 403 von der vorliegend betroffenen verschieden; gemäss Art. 13 Abs. 1 BZO sind in den Zentrumszonen Wohnungen, Büros, Praxen, Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Verwaltungen sowie höchstens mässig störende Betriebe zulässig. Es hält deshalb vor dem Rechtsgleichheitsgebot ( Art. 8 Abs. 1 BV ) stand, wenn in der Wohnzone mit Gewerbeerleichterung als übermässig störend eingestuft wird, was in der Zentrumszone noch als akzeptabel erscheint. Damit kann offenbleiben, inwiefern sich ein Betrieb des Sexgewerbes hinsichtlich seiner immateriellen Immissionen von der Freitodbegleitung unterscheidet. 4.3.5 Insgesamt erscheint die Annahme der Baukommission Wetzikon, die mit dem zu beurteilenden Nutzungsvorhaben verbundenen Immissionen seien mehr als nur mässig störend, als vertretbar. Das Verwaltungsgericht hat mit seiner eigenen Würdigung zu Unrecht in das Ermessen der kommunalen Behörde eingegriffen. In dieser Überschreitung der Prüfungsbefugnis liegt Willkür. Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht mit der Ausdehnung seiner im Gesetz vorgesehenen Prüfungsbefugnis die Gemeindeautonomie verletzt (vgl. E. 2 hiervor).
public_law
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
de3a78c0-55a8-4a7d-8ea9-4e632647365d
Urteilskopf 142 I 93 9. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_271/2015 vom 29. September 2015
Regeste Art. 30 Abs. 1 BV ; Anspruch auf ein gesetzmässig besetztes Gericht; Wechsel im Spruchkörper. Bei Änderungen des einmal besetzten Spruchkörpers ist es Aufgabe des Gerichts, die Parteien auf die beabsichtigte Auswechslung von mitwirkenden Richtern und die Gründe dafür hinzuweisen (E. 8).
Erwägungen ab Seite 93 BGE 142 I 93 S. 93 Aus den Erwägungen: 8. 8.1 Nach den Feststellungen der Vorinstanz hatte die Beschwerdeführerin bereits im Berufungsverfahren ihren Anspruch auf Beurteilung durch ein gesetzmässiges Gericht als verletzt gerügt, weil von den an der Hauptverhandlung anwesenden fünf Richtern nur noch der Präsident an der Fällung des Urteils beteiligt war. Die Vorinstanz trat aber auf die Rüge einer Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV nicht ein. Denn die Beschwerdeführerin habe nicht substanziiert behauptet, inwiefern der Wechsel des Spruchkörpers vorliegend ungerechtfertigt gewesen sein soll. Sie habe mit ihrer Berufung selber eingeräumt, dass eine Änderung des Spruchkörpers im Einzelfall zulässig sein könne. BGE 142 I 93 S. 94 8.2 Die Vorinstanz stützte sich für ihren Nichteintretensentscheid nicht ausdrücklich auf eine bestimmte rechtliche Grundlage. Da sie nicht eintrat, ist indessen anzunehmen, dass sie die von ihr gerügte mangelhafte Substanziierung als Begründungsmangel im Sinn von Art. 311 Abs. 1 ZPO auffasste. Begründen im Sinn dieser Bestimmung bedeutet aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid fehlerhaft sei ( BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375; Urteile 4A_290/2014 vom 1. September 2014 E. 3.1 und 5A_438/2012 vom 27. August 2012 E. 2.2). Die vorliegende Kritik der Beschwerdeführerin bezog sich aber nicht auf den Inhalt des angefochtenen erstinstanzlichen Entscheids, sondern auf einen Verfahrensmangel. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin konkret dargelegt, worin sie die Rechtsverletzung ( Art. 310 lit. a ZPO ) erblickt, nämlich im Auswechseln von vier Richtern. Mehr konnte von ihr nicht verlangt werden, zumal Art. 310 f. ZPO (anders als Art. 106 Abs. 2 BGG ) keine Einschränkungen hinsichtlich von (Verfahrens-)Grundrechten vorsieht. Sofern die Vorinstanz mit dem Hinweis auf die mangelhafte Substanziierung aber die Auffassung vertreten sollte, es sei Sache der Rechtssuchenden darzulegen, weshalb kein sachlicher Grund (negative Tatsache) für die Auswechslung bestand, auch wenn seitens des Gerichts kein Grund dafür bekannt gegeben wurde, verkennt sie die Tragweite des verfassungsrechtlichen Anspruchs. Im Zusammenhang mit dem ebenfalls aus Art. 30 Abs. 1 BV sich ergebenden Anspruch auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter hat das Bundesgericht erkannt, dass es nicht Sache der Parteien sei, nach möglichen Einwendungen gegen die betroffenen Richter zu forschen, die sich nicht aus den öffentlich zugänglichen Informationen ergeben ( BGE 140 I 240 E. 2.4; BGE 115 V 257 E. 4c S. 263; REGINA KIENER, Richterliche Unabhängigkeit, 2001, S. 360 f.). Es rechtfertigt sich, die Frage der Durchsetzung des Anspruchs auf eine gesetzmässige Besetzung des Spruchkörpers sinngemäss gleich zu beurteilen wie im Rahmen der Praxis zur Unabhängigkeit des Gerichts (so auch REGINA KIENER, Garantie des verfassungsmässigen Richters, in: Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Merten/Papier [Hrsg.], Bd. VII/2, 2007, S. 719 Rz. 42). Es wäre daher Sache des Bezirksgerichts gewesen, auf die beabsichtigte Auswechslung der vier mitwirkenden Richterinnen und Richter und die Gründe dafür hinzuweisen. Erst wenn der Partei die Gründe für die Besetzungsänderung bekannt gegeben worden sind, liegt es an ihr, BGE 142 I 93 S. 95 deren Sachlichkeit substanziiert zu bestreiten. Dieser Obliegenheit konnte die Beschwerdeführerin nicht nachkommen, da das Bezirksgericht den Parteien weder die beabsichtigte Änderung des Spruchkörpers bekannt gab noch sich zu deren Gründen äusserte. Der Vorwurf der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe zu wenig substanziiert behauptet, weshalb der Wechsel ungerechtfertigt sei, entbehrt daher der Grundlage. Die Vorinstanz hätte daher die geltend gemachte Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV prüfen müssen. Mangels Angabe von Gründen für die Auswechslung hätte sie das Bezirksgericht zumindest im Rahmen einer Vernehmlassung zur Berufung auffordern müssen, die Gründe für den Wechsel nachträglich anzugeben. Indem die Vorinstanz dies unterliess und nicht eintrat, verstiess sie ihrerseits gegen Art. 30 Abs. 1 BV . 8.3 Der Anspruch gemäss Art. 30 Abs. 1 BV ist formeller Natur, womit seine Verletzung ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führt (Urteil 4A_217/2012 / 4A_277/2012 vom 9. Oktober 2012 E. 6, nicht publ. in: BGE 138 I 406 betr. den Anspruch auf einen unabhängigen und unbefangenen Richter; BGE 135 I 187 E. 2.2 mit Hinweisen betr. den Anspruch auf rechtliches Gehör; vgl. auch Urteil 5A_523/2014 vom 13. Januar 2015 E. 2.2 a.E.). Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie wie dargelegt vorgeht und erneut entscheidet. (...)
public_law
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
de4883b1-88ba-416b-99ac-148f3bbf9d3d
Urteilskopf 136 III 257 37. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre A. (recours en matière civile) 5A_710/2009 du 22 février 2010
Regeste Art. 169 ZGB ; Familienwohnung. Art. 169 ZGB entfaltet keine Wirkung mehr, wenn der durch diese Bestimmung geschützte Ehegatte die Familienwohnung endgültig oder für eine unbestimmte Dauer von sich aus oder auf richterliche Anordnung hin verlässt (E. 2.1). Der Richter muss sich zur Annahme, dass der Ehegatte die Familienwohnung endgültig verlassen hat, auf ernstliche Anhaltspunkte stützen (E. 2.2).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 136 III 257 S. 258 A., née en 1976, et X., né en 1970, se sont mariés en 2006, en adoptant le régime de la séparation de biens. En automne 2005, les parties ont acquis une villa à B. dans laquelle ils ont emménagé. Dans le courant de l'automne 2008, chacun des époux a saisi le Tribunal de première instance de Genève d'une requête de mesures protectrices de l'union conjugale. A. a notamment demandé la jouissance exclusive de la villa. De son côté, le mari a sollicité l'autorisation de vendre la maison. En décembre 2008, voire janvier 2009, l'épouse a quitté le domicile conjugal dans lequel X. est demeuré. Statuant le 14 mai 2009, le Tribunal de première instance a attribué à A. la jouissance exclusive de la villa, a ordonné au mari de libérer ce logement et lui a fait interdiction de l'aliéner. Sur appel du mari, la Cour de justice du canton de Genève a confirmé l'attribution de la jouissance du logement à A., l'interdiction faite au mari par l'autorité de première instance de vendre la villa et l'ordre d'évacuation. Le 23 octobre 2009, l'époux a formé un "recours de droit civil restreint et un recours constitutionnel subsidiaire". Dans les deux recours, il demande au Tribunal fédéral de constater que l' art. 169 al. 1 CC n'est pas applicable à la villa et de l'autoriser par conséquent à vendre cet objet. Par ordonnance présidentielle du 9 novembre 2009, l'effet suspensif a été accordé en ce qui concerne l'ordre d'évacuation. Invitée à se déterminer, la cour cantonale se réfère aux considérants de son arrêt alors que l'intimée conclut au rejet des recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le recourant dénonce une application arbitraire de l' art. 169 CC en relation avec l' art. 8 CC . Selon lui, la villa du couple ne constitue pas un logement de famille au sens de l' art. 169 CC , ce qui lui BGE 136 III 257 S. 259 permet de la vendre sans obtenir préalablement le consentement de l'intimée ou l'autorisation du juge. 2.1 A teneur de l' art. 169 CC , un époux ne peut, sans le consentement exprès de son conjoint, ni résilier le bail, ni aliéner la maison ou l'appartement familial, ni restreindre par d'autres actes juridiques les droits dont dépend le logement de la famille (al. 1). S'il n'est pas possible de recueillir ce consentement ou s'il est refusé sans motif légitime, l'époux intéressé peut en appeler au juge (al. 2). La notion de logement de famille recouvre le lieu qui remplit la fonction de logement et de centre de vie de la famille (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2 e éd. 2009, n os 198, 200). Seuls bénéficient de cette protection les époux mariés, avec ou sans enfants (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, op. cit., n o 198; HASENBÖHLER, Commentaire zurichois, 3 e éd. 1998, n o 18 ad art. 169 CC ; NÄF- HOFMANN, Schweizerisches Ehe- und Erbrecht, 1998, n o 69; STETTLER/GERMANI, Effets généraux du mariage [...], 2 e éd. 1999, n o 278; MARC-AURÈLE VOLLENWEIDER, Le logement de la famille selon l'article 169 CC: notion et essai de définition, 1995, p. 76). Le caractère de logement familial subsiste tant que dure le mariage, même si les époux sont séparés de fait ou en instance de divorce. C'est précisément ce type de situation que vise la protection légale de l' art. 169 CC , dont la ratio legis est d'éviter qu'en cas de tensions conjugales ou par légèreté, l'époux titulaire des droits dont dépend le logement ne dispose unilatéralement de celui-ci, lorsque cela cause des difficultés injustifiées à son conjoint ( ATF 114 II 396 consid. 5a). Dans certaines circonstances, le logement perd son caractère familial, et partant, la protection spécifique qui lui est conférée par l' art. 169 CC . Tel est notamment le cas en cas de séparation de corps, d'abandon du logement familial d'un commun accord par les époux ou lorsque l'époux bénéficiaire de la protection légale quitte le logement familial de manière définitive ou pour une durée indéterminée de son propre chef ou sur ordre du juge ( ATF 114 II 396 consid. 5 et les références citées). 2.2 En l'espèce, la cour cantonale a constaté que le recourant était seul titulaire des droits réels sur la villa familiale. Les époux y ayant vécu ensemble jusqu'à la séparation, elle a le caractère de logement de famille. L'autorité précédente a ensuite examiné si, comme l'alléguait le recourant, la villa avait perdu la qualité de logement de famille à la suite du départ de l'intimée. Elle a jugé que le recourant BGE 136 III 257 S. 260 n'avait pas rendu ces éléments vraisemblables. Elle a pour le surplus estimé que le refus de vendre la villa était légitime de la part de l'intimée qui faisait valoir son besoin propre; en particulier, il n'était pas allégué que la situation financière du couple ne permettait plus de pourvoir au service de la dette hypothécaire. Elle a ainsi refusé au recourant l'autorisation de vendre la villa. Le recourant ne démontre pas que ce raisonnement est arbitraire. Contrairement à ce qu'il prétend, la villa remplit les caractéristiques du logement familial dès lors qu'elle apparaît clairement comme le logement et le centre de vie du couple du temps de la vie commune, peu importe à cet égard que celle-ci ait été d'une durée relativement brève (3 ans) et que le couple n'ait pas d'enfants. S'agissant de la perte de la qualité de logement de la famille au moment de la séparation, la cour cantonale n'a pas passé sous silence l'existence d'un besoin de la part de l'intimée; elle a jugé à ce sujet que l'intimée n'avait pas définitivement abandonné le logement familial. Il n'était pas arbitraire de considérer qu'en demandant l'attribution du logement familial, l'intimée montrait sa volonté de ne pas abandonner la villa. Son hébergement chez un tiers dans l'intervalle ne signifie pas encore qu'elle n'a plus besoin de la villa. Il convient en effet de n'admettre que sur la base d'indices sérieux que le conjoint a quitté définitivement son logement. Sans cela, il suffirait à l'époux titulaire des droits réels ou personnels de contraindre son conjoint à quitter le logement familial pour se prévaloir ensuite de l'abandon définitif de ce logement au motif que celui-ci aurait trouvé un nouvel hébergement, vidant ainsi de son sens la protection de l' art. 169 CC .
null
nan
fr
2,010
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
de49bf6c-7d57-4716-a5cb-837146e920d8
Urteilskopf 122 II 433 54. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. November 1996 i.S. B. gegen Regierungsrat des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 10 Abs. 1 lit. a und Art. 11 Abs. 3 ANAG in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 ANAV ; Art. 3 und Art. 8 EMRK sowie Art. 12 und Art. 13 UNO-Pakt II ; fremdenpolizeiliche Ausweisung eines in der Schweiz geborenen und aufgewachsenen Ausländers (sog. "Ausländer der zweiten Generation"). Voraussetzungen der Zulässigkeit der Ausweisung, insbesondere deren Verhältnismässigkeit, nach schweizerischem Recht (E. 2). Vereinbarkeit der auf das Landesrecht gestützten Ausweisung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 433 BGE 122 II 433 S. 433 Der italienische Staatsangehörige B. wurde am 8. Oktober 1967 in Luzern geboren, wo er bei seinen Eltern, beide ebenfalls italienische Staatsangehörige, aufwuchs. Der Vater kam 1952 im Alter von 22 Jahren in die Schweiz; die Mutter ist in Alpnach geboren und dort BGE 122 II 433 S. 434 aufgewachsen. B. hat einen Zwillingsbruder und eine elf Jahre ältere Schwester. Beide Geschwister sind verheiratet und leben ebenfalls hier. Die schulische Förderung von B. fand im wesentlichen im Rahmen der Hilfsschule statt. Am 15. Oktober 1983 erlitt er bei einem Autounfall neben verschiedenen Frakturen und inneren Verletzungen ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, wobei er während sechs Tagen bewusstlos war. Bei einem weiteren Unfall im April 1984 zog er sich erneut ein Schädeltrauma zu. B. musste ab 1982 als Jugendlicher mehrfach wegen verschiedener Delikte, namentlich Diebstahls (zum Teil in qualifizierter Form), Sachbeschädigung und Verstosses gegen das Strassenverkehrsgesetz bestraft werden. Am 1. Juli 1988 sprach das Kriminalgericht des Kantons Luzern B. schuldig des Mordes, des fortgesetzten vollendeten Mordversuchs, des gewerbsmässigen Diebstahls, des qualifizierten Raubes, der wiederholten Sachbeschädigung, der Drohung, des fortgesetzten Inumlaufsetzens falschen Geldes, der wiederholten Entwendung von Motorfahrzeugen zum Gebrauch, der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, der Widerhandlung gegen das Gewässerschutzgesetz und des wiederholten verbotenen Waffentragens. Unter Annahme einer in schwerem Grade verminderten Zurechnungsfähigkeit wurde er zu 13 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Obergericht des Kantons Luzern hob diese Strafe mit Urteil vom 30. März 1990 auf und ordnete an deren Stelle die Einweisung in eine Arbeitserziehungsanstalt gemäss Art. 100bis StGB an. In der Folge absolvierte B. in der Arbeitserziehungsanstalt eine Malerlehre und schloss diese erfolgreich ab. Noch bevor er aus der Arbeitserziehungsanstalt entlassen werden konnte, wurde er erneut in schwerer Weise straffällig. Mit Urteil vom 3. Juni 1994 sprach ihn das Bezirksgericht Zürich der Vergewaltigung, der falschen Anschuldigung, der einfachen Körperverletzung und des mehrfachen Versuchs der Fälschung amtlicher Wertzeichen schuldig und bestrafte ihn mit dreieinhalb Jahren Zuchthaus. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde zugunsten einer stationären Massnahme nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB aufgeschoben. Da allerdings keine entsprechende Institution bereit bzw. in der Lage war, B. aufzunehmen, ordnete das Bezirksgericht Zürich am 17. Oktober 1994 die Vollstreckung der Strafe sowie eine ambulante psychiatrische Behandlung im Strafvollzug an. B. verbüsst zurzeit seine Strafe in der Strafanstalt Pöschwies. Er wird spätestens am 29. Dezember 1996 aus dem Vollzug entlassen. BGE 122 II 433 S. 435 Am 27. November 1995 verfügte die Fremdenpolizei des Kantons Luzern die Ausweisung von B. Der Regierungsrat des Kantons Luzern wies eine dagegen erhobene Beschwerde am 7. Mai 1996 ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 19. Juni 1996 an das Bundesgericht beantragt B., den angefochtenen Entscheid aufzuheben und von einer Ausweisung abzusehen. Der Regierungsrat des Kantons Luzern und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement schliessen in ihren Vernehmlassungen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG (SR 142.20) kann ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung darf jedoch nur ausgesprochen werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint ( Art. 11 Abs. 3 ANAG ). Hierbei sind vor allem die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAV; SR 142.201). Die Frage, ob die Ausweisung im Sinne der Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV "angemessen", d.h. verhältnismässig sei, ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde frei überprüft werden kann ( Art. 104 lit. a OG ). Dem Bundesgericht ist es jedoch verwehrt, sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung der Zweckmässigkeit (Opportunität; vgl. BGE 116 Ib 353 E. 2b) der Ausweisung - an die Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu setzen ( BGE 114 Ib 1 E. 1b). b) Verübt ein Ausländer ein Verbrechen oder Vergehen, hat bereits der Strafrichter die Möglichkeit, die strafrechtliche Landesverweisung anzuordnen ( Art. 55 StGB ). Sieht er hievon ab oder wird im Falle einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug die Landesverweisung probeweise aufgeschoben, steht dies der fremdenpolizeilichen Ausweisung nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG nicht entgegen ( BGE 114 Ib 1 ). Dem Resozialisierungsgedanken des Strafrechts ist aber im Rahmen der umfassenden fremdenpolizeilichen Interessenabwägung BGE 122 II 433 S. 436 ebenfalls Rechnung zu tragen ( BGE 114 Ib 1 E. 3a; vgl. auch BGE 120 Ib 129 E. 5b; Urteil vom 13. Mai 1992 in ZBl 93/1992 S. 569 E. 2d; GIORGIO MALINVERNI, in Kommentar BV, Rz. 77 zu Art. 69ter BV ; STEFAN STROPPEL, Die Beendigung der Anwesenheitsberechtigung von Ausländern nach schweizerischem Recht, unter besonderer Berücksichtigung der entsprechenden Verwaltungs- und Strafgerichtspraxis im Kanton Baselland, Zürich 1987, S. 125 ff.; HANS WIPRÄCHTIGER/ANDREAS ZÜND, Kriminalitätsexport? in: Stefan Bauhofer/Nicolas Queloz [Hrsg.], Ausländer, Kriminalität und Strafrechtspflege, Chur/Zürich 1993, S. 399 ff., insb. S. 405 f.; ANDREAS ZÜND, Der Dualismus von strafrechtlicher Landesverweisung und fremdenpolizeilichen Massnahmen, in: ZBJV 129/1993 S. 73 ff., insb. S. 82 f.; ders., Strafrechtliche Landesverweisung und fremdenpolizeiliche Ausweisung, in: Festschrift für Dr. Kurt Eichenberger, Aarau 1990, S. 363 ff., insb. S. 372 f.). c) Je länger ein Ausländer in der Schweiz anwesend war, desto strengere Anforderungen sind grundsätzlich an die Anordnung einer Ausweisung zu stellen (MALINVERNI, a.a.O., Rz. 84 zu Art. 69ter BV ). Ein Ausländer, der wie der Beschwerdeführer - als sogenannter Ausländer der zweiten oder allenfalls sogar einer weiteren Generation - in der Schweiz geboren, hier aufgewachsen und sein ganzes bisheriges Leben hier verbracht hat, wird regelmässig dieses Land als seine "Heimat" empfinden. Hier hat er seine familiären, sozialen und kulturellen Beziehungen und seine Wurzeln. Anders als ein Ausländer, der als Erwachsener in die Schweiz kommt, muss er sich bei einer Ausweisung in einer für ihn fremden Umgebung zurechtfinden. Unter den Gesichtspunkten der Dauer der Anwesenheit sowie der persönlichen und familiären Nachteile einer Ausweisung kann das wesentlich werden. Grundsätzlich ist es daher angezeigt, bei Ausländern, die in der Schweiz aufgewachsen sind, nur zurückhaltend von der Ausweisung Gebrauch zu machen (vgl. dazu WIPRÄCHTIGER/ZÜND, a.a.O., S. 404 f.; ZÜND, ZBJV, a.a.O., S. 85; ders., Festschrift Eichenberger, a.a.O., S. 379 f.). Nach dem schweizerischen Gesetzesrecht ist aber eine Ausweisung bei dieser Ausgangslage nicht überhaupt ausgeschlossen. Sie ist immerhin um so weniger zulässig, je geringfügiger der Ausweisungsgrund, namentlich die allfällige Straffälligkeit, des Ausländers ist. Bei schweren Straftaten, insbesondere bei Gewalt-, Sexual- und schweren Betäubungsmitteldelikten, und erst recht bei Rückfall bzw. wiederholter Delinquenz besteht indessen ein wesentliches öffentliches Interesse an einer Ausweisung. Entscheidend sind aber immer die BGE 122 II 433 S. 437 gesamten Umstände des Einzelfalles (unveröffentlichte Urteile des Bundesgerichts vom 9. Februar 1996 i.S. Mendes Da Rocha sowie vom 21. Oktober 1994 i.S. Timocin und Doymus). d) Der Beschwerdeführer wurde zuletzt vom Bezirksgericht Zürich mit einer Zuchthausstrafe von dreieinhalb Jahren bestraft, so dass der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG gegeben ist. Bei der Prüfung der Frage, ob die Ausweisung im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV verhältnismässig erscheint, ist vorab festzustellen, dass der Beschwerdeführer unter anderem wegen Delikten verurteilt werden musste, die als solche sehr schwer wiegen: Mord, Raub, Vergewaltigung und Körperverletzung. Das Mass der verhängten Freiheitsstrafen und die Art der Straftaten - insbesondere die Gewalttätigkeit des Beschwerdeführers und die Rücksichtslosigkeit gegenüber der persönlichen (physischen, psychischen und sexuellen) Integrität anderer - lassen erkennen, dass das strafrechtliche Verschulden des Beschwerdeführers sehr schwer wiegt. Sodann hat der Beschwerdeführer mehrfach Straftaten begangen und sich auch durch frühere Bestrafungen, insbesondere nach der ersten schweren Verurteilung, nicht von weiteren Delikten abhalten lassen. So wurde er noch vor seiner Entlassung aus der Arbeitserziehungsanstalt erneut in schwerer Weise straffällig. Damit besteht ein erhebliches sicherheitspolizeiliches Interesse, den Beschwerdeführer aus der Schweiz zu entfernen und davon fernzuhalten. Sämtliche Familienangehörigen des Beschwerdeführers, zu denen er Beziehungen pflegt, leben in der Schweiz. Das gilt vorab für seine Eltern, die Geschwister und deren Familie, aber auch - mütterlicherseits - für die gesamte weitere Verwandtschaft, da ja bereits die Mutter in der Schweiz aufgewachsen ist. Die beiden Geschwister des Vaters wohnen zwar in Italien; zu ihnen bestehen aber keine Kontakte. Völlig abgebrochen ist die Beziehung zu Italien allerdings nicht. Nahe der Schweizergrenze haben die Eltern des Beschwerdeführers ein Haus, welches sie von Zeit zu Zeit aufsuchen. Insofern lassen sich die familiären Kontakte auch bei einer Ausweisung nach Italien aufrechterhalten. Zwar liegen bei dieser Sachlage nicht enge Beziehungen zu Italien vor; da der Beschwerdeführer aber in seiner frühen Kindheit vorwiegend italienisch gesprochen hat und sich die Lebensbedingungen, jedenfalls in Norditalien, nicht wesentlich von denjenigen in der Schweiz unterscheiden, würde er sich in diesem Land auch dann zurechtfinden können, wenn ihm ein soziales Beziehungsgefüge (zumindest vorerst) fehlte. BGE 122 II 433 S. 438 Sodann haben die schweizerischen Strafvollzugsbehörden umfassende Bemühungen unternommen, um das Risiko eines Rückfalls des Beschwerdeführers zu vermindern. Soweit möglich, wurde anstelle oder ergänzend zu den Strafen auf Massnahmen zurückgegriffen. So konnte der Beschwerdeführer in der Arbeitserziehungsanstalt eine Berufsausbildung absolvieren. Während des Strafvollzugs befand er sich ferner in ambulanter psychiatrischer Behandlung. Insgesamt dreimal wurde der Beschwerdeführer psychiatrisch begutachtet: Der erste Experte diagnostizierte im wesentlichen eine schwere neurotische Fehlentwicklung und tiefgreifende Persönlichkeitsstörung, welche zusätzlich durch ein Schädel-Hirn-Trauma (verursacht durch Verkehrsunfälle) erschwert worden ist; im neuesten Gutachten wird der Beschwerdeführer als eine "psychisch erheblich mangelhaft entwickelte bzw. im psychischen Reifungsprozess erheblich retardierte, seelisch unreife sowie insbesondere narzisstisch gestörte Persönlichkeit" bezeichnet, wobei das Schädel-Hirn-Trauma ohne offensichtliche hirnorganische Schädigung eine deutliche psychische Reifungsverzögerung bewirkt habe. Der Therapiebericht des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes der Direktion der Justiz des Kantons Zürich schliesst trotz aller Resozialisierungsbemühungen ein gewisses Rückfallrisiko nicht aus; vor allem wird darauf hingewiesen, dass reale oder auch bloss vermeintliche Kränkungen, Ungerechtigkeiten, empfundener Mangel an Anerkennung und Wertschätzung deutliche Störungen der inneren Befindlichkeit des Beschwerdeführers auslösen können. Der Bericht erachtet unter anderem eine weitere ambulante psychiatrische Betreuung als angezeigt. Die Strafgerichte und Vollzugsbehörden haben den psychischen Zustand des Beschwerdeführers in jedem Verfahrensstadium gebührend berücksichtigt. Eine weitere Betreuung ist auch in Italien nicht ausgeschlossen. Weiter ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer wegen seines geistigen Zustandes von vorneherein nicht in der Lage wäre, auf eigenen Füssen zu stehen, bzw. deswegen solchermassen von seinen in der Schweiz lebenden Angehörigen abhängig wäre, dass er nachgerade darauf angewiesen wäre, bei ihnen oder in ihrer unmittelbaren Nähe zu weilen. Schliesslich wird der Beschwerdeführer seinen in der Arbeitserziehungsanstalt erlernten Beruf auch in Italien ausüben können. e) Bei dieser Sachlage verstösst der angefochtene Entscheid, den Beschwerdeführer auszuweisen, nicht gegen schweizerisches Gesetzesrecht; das gilt insbesondere auch bei Berücksichtigung des geistigen BGE 122 II 433 S. 439 Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und des Umtands, dass er hier geboren und aufgewachsen ist und womöglich die besseren Resozialisierungschancen hat. Das sicherheitspolizeiliche Interesse an seiner Entfernung und Fernhaltung überwiegt angesichts der sehr schweren Straffälligkeit und der Art der begangenen Delikte sein privates Interesse, in der Schweiz bleiben zu können. Diese Schlussfolgerung entspricht im übrigen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts in vergleichbaren Fällen (so die oben erwähnten unveröffentlichten Urteile vom 9. Februar 1996 i.S. Mendes Da Rocha sowie vom 21. Oktober 1994 i.S. Timocin und Doymus). Obwohl die Ausweisung des Beschwerdeführers allenfalls die Frage nach der - vom Bundesgericht nicht überprüfbaren (vgl. E. 2a) - Zweckmässigkeit im Sinne der Opportunität aufwirft, ändert das nichts daran, dass sie nicht unverhältnismässig ist und das geltende eidgenössische Gesetzesrecht nicht verletzt. 3. a) Zu prüfen bleibt, ob dieses auf das Landesrecht gestützte Ergebnis auch vor den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz standhält. Dabei sind Art. 8 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK; SR 0.101), eventuell in Verbindung mit Art. 3 EMRK , Art. 1 des Protokolls Nr. 7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Zusatzprotokoll Nr. 7; SR 0.101.07) sowie Art. 12 und 13 des Internationalen Pakts vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR 0.103.2) von Interesse. b) Nach der Rechtsprechung und dem überwiegenden Teil der Lehre garantiert die Europäische Menschenrechtskonvention kein Recht auf Aufenthalt in einem Konventionsstaat. Staatliche Massnahmen der Einreise- oder Aufenthaltsbeschränkung müssen aber die Garantien der Menschenrechtskonvention beachten ( BGE 122 II 289 E. 3b; LUZIUS WILDHABER, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Art. 8, Köln etc. 1992, Rz. 417). Keine Probleme wirft im vorliegenden Fall Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 7 auf, welcher dem Auszuweisenden gewisse Verfahrensgarantien gewährt (vgl. dazu MALINVERNI, a.a.O., Rz. 89 zu Art. 69ter BV ); diese sind dem Beschwerdeführer vollumfänglich zugestanden worden. Näher einzugehen ist jedoch auf den materiellrechtlichen Schutz, welcher die Menschenrechtskonvention dem Beschwerdeführer allenfalls bietet. Die Europäische Kommission sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatten sich in den letzten Jahren verschiedentlich BGE 122 II 433 S. 440 mit der Frage der Zulässigkeit der Ausweisung von ausländischen Straftätern zu befassen, die im Aufenthaltsstaat aufgewachsen sind. Die beiden Instanzen beurteilten die ihnen unterbreiteten Fälle auf die Vereinbarkeit mit dem in Art. 8 EMRK verankerten Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, welchen sie - vor allem im Hinblick auf die Trennung von den Eltern und Geschwistern - nicht nur bei jugendlichen, sondern ebenfalls bei erwachsenen Ausländern, die im Aufenthaltsstaat aufgewachsen sind, als betroffen ansehen (vgl. dazu STEPHAN BREITENMOSER, Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in der Schweizer Rechtsprechung zum Ausländerrecht, in EuGRZ 1993 S. 542; WILDHABER, a.a.O., Rz. 415 ff.). Massgeblich ist demnach, ob sich eine Ausweisung als Eingriff in diesen Anspruch im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK rechtfertigen lässt. aa) Aufschlussreich sind vorab die einschlägigen Entscheide des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Im Urteil Moustaquim vom 18. Februar 1991 (Publications de la cour européenne des droits de l'homme, série A, vol. 193; EuGRZ 1993 S. 552) erachtete dieser die Ausweisung eines 21jährigen, in Belgien aufgewachsenen Ausländers als unverhältnismässig, der im Alter zwischen 15 und 18 Jahren 147 Delikte (worunter Diebstahl, qualifizierter Diebstahl und Diebstahl mit Gewalt) verübt hatte und zu einer Gefängnisstrafe von 26 Monaten verurteilt worden war. Gleich entschied er mit Urteil vom 26. März 1992 im Fall des 41jährigen, in Frankreich aufgewachsenen Algeriers Beldjoudi (Publications de la cour européenne des droits de l'homme, série A, vol. 234-A; EuGRZ 1993 S. 556), der im Zeitraum von 15 Jahren mehrfach straffällig geworden war und unter anderem wegen Diebstahls, qualifizierten Diebstahls, Waffenbesitzes und Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von insgesamt zwölf Jahren verurteilt werden musste. Ebenfalls als unzulässig erachtete der Gerichtshof mit Urteil vom 13. Juli 1995 (Publications de la cour européenne des droits de l'homme, série A, vol. 320-B) die Ausweisung des 1965 im Alter von vier Jahren zusammen mit seinen Eltern nach Frankreich immigrierten Algeriers Nasri; dieser befand sich zwischen 1981 und Mitte 1993 insgesamt achteinhalb Jahre im Strafvollzug, unter anderem wegen Vergewaltigung, wobei er die kurzen Unterbrüche regelmässig zu neuen Straftaten benutzte. Der Gerichtshof strich bei seinem Entscheid hervor, dass es sich um einen gehörlosen Ausländer mit nur mässiger Schulbildung handle, der auf die Hilfe seiner Familie angewiesen sei. In den beiden zuletzt ergangenen Entscheiden gelangte der BGE 122 II 433 S. 441 Gerichtshof zu einer anderen Schlussfolgerung. In einem Urteil vom 24. April 1996 wurde die Ausweisung des im Alter von sieben Jahren nach Frankreich gekommenen Tunesiers Boughanemi, der verschiedentlich verurteilt werden musste, unter anderem zu drei Jahren Freiheitsstrafe wegen Zuhälterei, als mit der Konvention vereinbar erachtet. Im jüngsten Urteil vom 27. August 1996 in Sachen C. gegen Belgien ging es schliesslich um einen Marokkaner, der im Alter von elf Jahren nach Belgien gelangt und dort insbesondere wegen Betäubungsmitteldelikten zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war; auch in diesem Fall erachtete der Europäische Gerichtshof eine Ausweisung als zulässig. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lässt sich somit zwar folgern, dass bei der Ausweisung von Ausländern, die im Aufenthaltsstaat aufgewachsen sind, eine gewisse Zurückhaltung angezeigt ist (vgl. dazu WILDHABER, a.a.O., Rz. 436 ff.), dass der Entscheid letztlich aber immer von der Würdigung der konkreten Umstände im Einzelfall abhängt, auch wenn diese einzelfallorientierte Beurteilung in Sondervoten einzelner Richter kritisiert worden ist (so insbesondere Richter Martens in den Fällen Beldjoudi und Boughanemi). Während die Mehrheit des Gerichtshofs sodann bisher ausschliesslich auf Art. 8 EMRK abgestellt hat, ist in Sondervoten auch auf Art. 3 EMRK und auf Art. 3 des von der Schweiz nicht ratifizierten Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention hingewiesen worden. Dabei wird die Ausweisung eines Ausländers aus dem Land, in dem er aufgewachsen ist und immer gelebt hat, generell und ausnahmslos als unmenschliche Behandlung - gemäss Art. 3 EMRK - betrachtet (Richter De Meyer in den Fällen Beldjoudi und Nasri, Richter Morenilla im Fall Nasri), welche in gleicher Weise unzulässig sei wie jene von Staatsangehörigen (vgl. Art. 3 des von der Schweiz nicht ratifizierten Protokolls Nr. 4). Eine unterschiedliche Behandlung zwischen formellen Staatsangehörigen und Ausländern der zweiten Generation soll sich danach nur ausnahmsweise rechtfertigen lassen, nämlich bei Delikten gegen den Staat oder bei politisch oder religiös motivierten terroristischen Aktivitäten (Richter Martens in den Fällen Beldjoudi und Boughanemi; für eine Behandlung, die nur unwesentlich schlechter sein soll als bei Staatsangehörigen, auch der Richter Baka im Fall Boughanemi). bb) Die in den Sondervoten geäusserten Auffassungen blieben bis heute Minderheitsmeinungen; zudem gilt das Protokoll Nr. 4 - BGE 122 II 433 S. 442 und damit dessen Art. 3 - für die Schweiz gerade nicht. Die Anforderungen an die Verhältnismässigkeitsprüfung, wie sie von der Gerichtsmehrheit regelmässig vorgenommen wurden, können auch bei der Anwendung des massgeblichen schweizerischen Landesrechts beachtet werden. Insbesondere lassen sich die wesentlichen Gesichtspunkte in die Interessenabwägung nach Art. 11 Abs. 3 ANAG in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 ANAV einbeziehen. Wie vor allem die jüngsten beiden Urteile des Europäischen Gerichtshofes erkennen lassen, kann sich eine Ausweisung namentlich bei derart schwerwiegender Deliktstätigkeit wie im vorliegenden Fall als zulässig erweisen (vgl. dazu auch das Sondervotum des schweizerischen Richters Wildhaber im Fall Nasri). In den Fällen, welche der Gerichtshof gutgeheissen hat, lagen jeweils besondere Umstände (etwa Gehörlosigkeit, besondere Abhängigkeit von den Angehörigen, nahe Angehörige mit Bürgerrecht des Aufenthaltsstaates, keine Kenntnis der Sprache des Heimatlandes, wesentliche Unterschiede in den Lebensbedingungen zwischen Aufenthalts- und Heimatstaat usw.) vor (vgl. Sondervotum des Richters Wildhaber im Fall Nasri; FRANK SCHÜRMANN, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte - Chronik der Rechtsprechung, in AJP 1996 S. 1178 [zum Urteil Nasri]; G. COHEN-JONATHAN, Respect for Private and Family Life, in: Macdonald/Matscher/ Petzold [Hrsg.], The European System for the Protection of Human Rights, Dordrecht etc., 1993, S. 438 f. [zum Urteil Moustaquim]). Vergleichbares ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, auch nicht mit Blick auf den geistigen Zustand des Beschwerdeführers. Die angefochtene Ausweisung beruht auf einer Interessenabwägung, die alle nach Art. 8 EMRK massgeblichen Gesichtspunkte gebührend berücksichtigt. Sie hält damit vor der Europäischen Menschenrechtskonvention stand. c) Der UNO-Pakt II enthält Regelungen über die Ein- und Ausreise in den Art. 12 und 13. In Art. 13 wird die Ausweisung eines Ausländers, der sich rechtmässig im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates aufhält, - ähnlich wie in Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 7 zur EMRK - an das Erfordernis einer rechtmässig ergangenen Entscheidung und an die Einhaltung gewisser Verfahrensgarantien geknüpft; diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall offensichtlich erfüllt. Art. 12 UNO-Pakt II regelt demgegenüber zunächst die Bewegungs- und Wohnsitzfreiheit (Abs. 1), die Ausreise- und Auswanderungsfreiheit (Abs. 2) sowie die Schranken dieser Rechte (Abs. 3); Abs. 4 lautet sodann: BGE 122 II 433 S. 443 "Niemand darf willkürlich das Recht entzogen werden, in sein eigenes Land einzureisen." Zu Art. 12 Abs. 1 UNO-Pakt II hat die Schweiz einen Vorbehalt angebracht, wonach Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen für Ausländer nur für den Kanton gelten sollen, der sie ausgestellt hat. Im Hinblick auf die übrigen Absätze besteht kein Vorbehalt. aa) Das in Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II gewährleistete Recht, in das eigene Land einzureisen, setzt an sich notwendigerweise das Verbot der Ausweisung voraus. Ein solches ist jedoch nicht ausdrücklich vorgesehen. Aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung ergibt sich, dass damit die gesetzmässige Exilierung der eigenen Staatsbürger eines Staates als Strafe für ein Delikt, sei es unter gleichzeitigem Entzug der Staatsangehörigkeit (Ausbürgerung), sei es ohne Ausbürgerung (Verbannung), geregelt werden sollte (vgl. MARC J. BOSSUYT, Guide to the "travaux préparatoires" of the International Covenant on Civil and Political Rights, Dordrecht 1987, S. 260 ff.; MANFRED NOWAK, U.N. Covenant on Civil and Political Rights - CCPR Commentary, Kehl etc. 1993, [bzw. die ältere deutschsprachige Fassung: UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll - CCPR-Kommentar, Kehl etc. 1989], N. 47 zu Art. 12). Einzelne Kommentatoren interpretieren nun allerdings den Ausdruck "in sein eigenes Land" so, dass dieser nicht auf Staatsangehörige beschränkt sei; erfasst würden vielmehr auch Ausländer und Staatenlose, die eine so starke Beziehung zu einem Staat hätten, dass sie diesen als ihr eigenes Land bzw. ihre Heimat betrachten würden; dabei handle es sich vor allem um Kinder von Immigranten oder ausländischen Arbeitskräften, die im Gastland geboren sind und daher im Land ihrer Staatsangehörigkeit keine Heimat mehr haben, sowie um Immigranten, die alle Beziehungen zum Heimatland abgebrochen, ihre Staatsangehörigkeit aber nicht gewechselt haben (NOWAK, a.a.O., N. 48 f. zu Art. 12; STIG JAGERSKIOLD, Freedom of Movement, in Louis Henkin (Hrsg.), The International Bill of Rights - The Covenant on Civil and Political Rights, New York 1981, S. 180 f.; für eine Beschränkung auf Staatsangehörige demgegenüber, allerdings jeweils ohne nähere Begründung: KURT MÜNGER, Bürgerliche und politische Rechte im Weltpakt der Vereinten Nationen und im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1973, S. 46; Stroppel, a.a.O., S. 41). Soweit ersichtlich, hat sich der UNO-Menschenrechtsausschuss bisher noch nicht zu dieser Frage geäussert, die Ausweisung im Fall Hammel, eines BGE 122 II 433 S. 444 aus Madagaskar ausgeschafften Franzosen, der während knapp zwei Jahrzehnten dort gelebt hatte, immerhin lediglich unter dem Gesichtspunkt von Art. 13 UNO-Pakt II geprüft (vgl. NOWAK, a.a.O., N. 49 zu Art. 12 und N. 16 zu Art. 13). Die zuständigen schweizerischen Instanzen wie auch die Lehre haben keine Unvereinbarkeit des schweizerischen Rechts mit Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II erkannt, auch nicht im Hinblick auf langjährig anwesende oder hier geborene und aufgewachsene Ausländer (vgl. BBl 1991 I 1199; GIORGIO MALINVERNI, Les pactes et la protection des droits de l'homme dans le cadre européen, in: Walter Kälin/Giorgio Malinverni/Manfred Nowak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, Basel/Frankfurt a.M. 1991, S. 47; CLAUDE ROUILLER, Le Pacte international relatif aux droits civils et politiques, in ZSR 111/1992 I S. 113). Dementsprechend hat die Schweiz auch keinen diesbezüglichen Vorbehalt angebracht. Es braucht hier aber nicht abschliessend entschieden zu werden, ob Ausländer überhaupt unter dem Schutz von Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II stehen. bb) Das Recht auf Einreise besteht für den davon erfassten Personenkreis nämlich nicht uneingeschränkt. Unzulässig ist nach dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II vielmehr lediglich der "willkürliche" ("arbitrarily") Entzug dieses Rechts. Die Ein-fügung des Begriffs "arbitrarily" entstammt der Kontroverse, ob die Exilierung oder Verbannung von Staatsangehörigen zulässig sei; der Willkürvorbehalt drückt im wesentlichen aus, dass eine solche wenigstens gesetzlich vorgesehen sein muss bzw. den jeweiligen Anforderungen des Gesetzes zu entsprechen hat (BOSSUYT, a.a.O., S. 260 ff.; NOWAK, a.a.O., N. 47 zu Art. 12; vgl. auch STROPPEL, a.a.O., S. 36 f.). Ob darüber hinaus auch ein materiellrechtlicher Vorbehalt besteht, ist unklar, kann aber offenbleiben. Sollte Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II allenfalls auch langjährig anwesenden Ausländern, namentlich solchen der zweiten Generation, Schutz gewähren, könnte dieser jedenfalls nicht weiter reichen als für Staatsangehörige. Selbst bei Anwendbarkeit von Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II im vorliegenden Fall würde sich somit die Frage stellen, ob das Einreiseverbot und damit die Ausweisung des Beschwerdeführers willkürlich im Sinne dieser Bestimmung wäre. Nicht nur vermag sich die Ausweisung jedoch auf Gesetzesrecht zu stützen, sondern es sind auch die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Angesichts der Umstände, welche von den zuständigen Instanzen gebührend und BGE 122 II 433 S. 445 umfassend gewürdigt worden sind, insbesondere der schweren Straffälligkeit des Beschwerdeführers, ist die Ausweisung überdies nicht unsachlich oder unverhältnismässig bzw. ungerecht oder stossend. Die Ausweisung erweist sich damit nicht als im Sinne von Art. 12 Abs. 4 UNO-Pakt II willkürlich. Sie hält demnach vor dem Pakt stand, soweit dieser anwendbar sein sollte.
public_law
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
de4b8698-fa89-4f69-b9da-87137b775f8b
Urteilskopf 117 II 77 18. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 29 janvier 1991 dans la cause R. contre S.I.C. (recours en réforme)
Regeste Mietzinserhöhung ( Art. 14 BMM ). 1. Anwendung der absoluten Methode zur Festsetzung des Mietzinses (E. 2). 2. Berechnung des zulässigen Mietertrages (E. 3). a) Bestimmung des vom Vermieter investierten Eigenkapitals (lit. a); b) Indexierung des Eigenkapitals; Sonderfall, in welchem Immobilien der kantonalen Mietzinskontrolle in Genf unterstanden (lit. b); c) Bestimmung der Betriebskosten (lit. c).
Sachverhalt ab Seite 77 BGE 117 II 77 S. 77 A.- Construits au bénéfice de la loi genevoise du 26 septembre 1969 concernant l'encouragement à la construction de logements destinés à la classe moyenne (HCM), les immeubles Nos 50 à 58 rue de la Prulay, à Meyrin, ont fait l'objet d'un arrêté du Conseil d'Etat genevois du 20 mars 1974. Selon le plan financier adopté par cet arrêté, le prix de la construction des immeubles s'établissait de la manière suivante: BGE 117 II 77 S. 78 Prix de revient: Fr. 14'000'000.-- financé par: - hypothèque de 1 er rang Fr. 9'100'000.-- - hypothèque de 2 e rang Fr. 1'400'000.-- Fr. 10'500'000.-- ----------------- - Fonds propres Fr. 3'500'000.-- Ces immeubles ont été acquis en 1974 par la S.I.C., alors qu'ils étaient en voie d'achèvement. Le prix d'acquisition était le suivant: Fr. 10'730'000.-- pour l'achat des parcelles Fr. 4'870'000.-- pour l'achèvement des constructions Fr. 300'000.-- pour droits d'enregistrement Fr. 159'000.-- pour commission Fr. 23'353.-- pour frais d'expert ----------------- Fr. 16'082'353.-- au total. Le 30 juin 1984, à la sortie du contrôle cantonal, l'état locatif des immeubles était de 1'004'484 francs. B.- Selon contrat du 17 novembre 1980, R. est locataire d'un appartement de 4 pièces, au 1er étage de l'immeuble sis au No 50 rue de la Prulay, ainsi que, selon un second contrat du même jour, d'un garage en sous-sol. Invoquant notamment l' art. 14 AMSL , la S.I.C. a, en septembre 1984, notifié à l'ensemble des locataires de ces immeubles des avis de majoration de loyer représentant des hausses de 31% pour les appartements, 33 1/3% pour les places de parc intérieures et 66 2/3% pour les places de parc extérieures. Fixé à 6'612 francs par an le 26 août 1982, le loyer de l'appartement occupé par R. a ainsi passé à 8'688 francs l'an, charges non comprises, dès le 1er janvier 1985; le loyer annuel du garage a évolué de 900 à 1'200 francs dès la même date. La conciliation ayant échoué, la S.I.C. a demandé, en décembre 1984, la validation de la hausse auprès du Tribunal des baux et loyers du canton de Genève. Par jugement du 27 février 1989, ce tribunal a admis une hausse de 13,18% applicable sur l'ensemble des appartements et des places de parc. Le loyer annuel de R. a ainsi été arrêté à 7'482 francs, charges non comprises, pour l'appartement et à 1'020 francs pour la place de parc intérieure. C.- Sur appel principal de la S.I.C. et appel incident de R., la Chambre d'appel en matière des baux et loyers a, par arrêt du 14 mai 1990, porté le loyer annuel dû par R. dès le 1er janvier 1985 à 8'592 francs, charges non comprises, pour l'appartement et à 1'170 francs BGE 117 II 77 S. 79 pour la place de parc intérieure. Se fondant sur un calcul du rendement net, elle a d'abord déterminé les fonds propres de la manière suivante: Fonds propres initiaux Fr. 5'400'000.-- Réactualisés à hauteur de 48,29% Fr. 2'607'000.-- ---------------- Total Fr. 8'007'000.-- Investissement complémentaire: Remboursement 2 e rang Etat de Genève Fr. 1'400'000.-- Réactualisés à hauteur de 50% de 48,29% Fr. 338'000.-- ---------------- Fonds propres réactualisés Fr. 9'745'000.-- Puis, pour arrêter le loyer admissible, elle a procédé au calcul suivant: Rentes à 6% (soit 0,5% de plus que le taux hypothécaire de 5,5%) Fr. 584'700.-- Intérêts hypothécaires 1 er rang Fr. 500'500.-- Charges d'exploitation Fr. 220'480.-- ---------------- Etat locatif total Fr. 1'305'680.-- Etat locatif actuel Fr. 1'004'484.-- ---------------- Hausse admissible de l'état locatif, soit 29,98% arrondis à 30% Fr. 301'196.-- ================ D.- R. interjette un recours en réforme, concluant principalement à l'annulation de l'arrêt attaqué et au rejet des demandes de hausses; subsidiairement, il requiert que le loyer annuel valable dès le 1er janvier 1985 soit fixé à 6'780 francs pour l'appartement et à 924 francs pour la place de parc intérieure. La société intimée conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 2. Selon une jurisprudence récente ( ATF 116 II 600 consid. 6 et les références), le Tribunal fédéral a admis que l' art. 14 AMSL était directement applicable. Le bailleur doit pouvoir demander au juge qu'il dise si ses investissements ou le rendement espéré apparaissent ou non exagérés. Et cela indépendamment de savoir si le bailleur a invoqué la réalisation de l'une des conditions énumérées à l' art. 15 al. 1 AMSL . Le bailleur peut, en définitive, établir directement que le loyer lui procure un rendement convenable, même si le critère de rendement normal des fonds investis n'apparaît pas très différent de celui de l'art. 15 al. 1 let. a ou c AMSL. BGE 117 II 77 S. 80 En l'occurrence, invoquant essentiellement l' art. 14 AMSL , la bailleresse fait précisément valoir que le loyer se tient dans les limites du rendement net des fonds propres investis. Elle ne se préoccupe, en revanche, pas du loyer précédemment en vigueur entre les parties dès lors que la hausse litigieuse ne le prend pas en considération. Cette hausse ne résultant ainsi pas de la réadaptation à des variations de paramètres survenus depuis la dernière fixation du loyer, le recourant ne critique, à juste titre, pas l'application de la méthode absolue. Celle-ci implique, en effet, l'analyse d'une situation financière à un moment donné sans se préoccuper de l'évolution dans le temps du loyer en cause (LACHAT/MICHELI, Le nouveau droit du bail, p. 223). L'application de cette méthode se justifie d'autant plus en l'espèce que, ainsi que le relève pertinemment la Cour de justice, le loyer initial et les suivants ont résulté de l'application de normes de droit cantonal, différentes de l'AMSL. En l'espèce, il faut donc, en vertu de la méthode absolue, déterminer si au 30 juin 1984, date de la sortie du contrôle cantonal, le loyer était admissible en fonction des coûts d'exploitation, des capitaux empruntés et de l'investissement du bailleur (BARBEY, L'arrêté fédéral instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif, p. 46; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 203 ss). 3. Le recourant critique précisément le calcul de l'état locatif ayant servi à déterminer le loyer admissible en application de la méthode absolue. a) En premier lieu, pour déterminer les fonds propres investis par la bailleresse, le prix de revient arrêté à 15'900'000 francs par la cour cantonale serait trop élevé au regard des 14'000'000 francs homologués par le Conseil d'Etat genevois; ainsi, compte tenu des capitaux empruntés, les fonds propres investis initialement seraient de 3'500'000 francs et non de 5'400'000 francs, comme l'aurait retenu par erreur la Cour de justice. aa) L' art. 14 AMSL implique une analyse du rendement net obtenu par le bailleur. Ce rendement résulte du rapport existant entre les fonds propres investis dans la chose remise à bail et le loyer après déduction des charges d'exploitation et des intérêts débiteurs sur les capitaux empruntés ( ATF 106 II 359 consid. 2 et la référence; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 203; BARBEY, op.cit., p. 67). Pour déterminer le montant des fonds propres investis, il faut partir du coût de revient effectif de l'immeuble, déduction faite des fonds étrangers (emprunts du propriétaire garantis ou non par BGE 117 II 77 S. 81 hypothèque). S'il s'agit d'un immeuble neuf, ce coût de revient comprend le prix du terrain, à moins que son prix soit manifestement exagéré ( ATF 106 II 171 /172; LACHAT/MICHELI, p. 206 et 209); doivent encore y être ajoutés d'éventuels droits de mutation, le prix de la construction ainsi que les frais financiers (BARBEY, op.cit., p. 69, y compris la note 243a; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 206); cette notion de coût de revient de l'immeuble n'est - ainsi qu'on l'a déjà relevé - pas différente de celle de l' art. 15 al. 1 let . c AMSL. Pour les immeubles récents, le coût de revient équivaut au prix d'acquisition de l'immeuble ainsi qu'aux frais rattachés à la transaction; en particulier, lorsque des immeubles neufs sont construits par des promoteurs qui les vendent aussitôt après à des investisseurs, le bénéfice du promoteur paraît ainsi légitime, mais il doit rester dans les limites du raisonnable (FF 1972 I p. 1226; BARBEY, op.cit., p. 69, n. 243). bb) En l'espèce, la bailleresse a payé 15'600'000 francs pour des immeubles en cours de construction, montant comprenant l'achat des parcelles et l'achèvement des travaux. Par rapport au prix de revient de 14'000'000 francs contrôlé par l'Office financier du logement genevois, cela représente - ainsi que le relève la cour cantonale - une différence de 11,14%. Une telle marge, qui constitue la part de bénéfice du promoteur-vendeur, ne peut être qualifiée d'excessive au sens de la jurisprudence précitée, eu égard notamment aux risques rattachés à une opération immobilière d'une telle ampleur. Si l'on considère, par ailleurs, que doivent encore y être ajoutés les frais de mutation, qui sont réputés faire partie du prix de la construction au sens de l'art. 9 al. 2 OFL, le coût de revient de l'immeuble à prendre en considération est de 15'900'000 francs. Les fonds étrangers constitués par des hypothèques en 1er et 2e rangs étant de 10'500'000 francs, les fonds propres initiaux ou les investissements s'élèvent donc à 5'400'000 francs. cc) Par ailleurs, pendant la durée du contrôle des loyers, la bailleresse a remboursé l'hypothèque de 2e rang par 1'400'000 francs. Cet amortissement contribue à augmenter les fonds propres (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 206). D'ailleurs, contrairement à ce que le recourant affirme, ce ne sont pas les locataires qui ont assumé cet amortissement, mais bien le propriétaire; peu importe, à cet égard, qu'il y ait consacré un montant provenant de la perception des loyers. Au demeurant, il ne ressort pas des faits retenus par la cour cantonale - qui lient le Tribunal fédéral - que BGE 117 II 77 S. 82 le remboursement ait eu lieu à l'aide de subventions. Quant au fait que l'hypothèque en 2e rang ne portait pas d'intérêts, cette circonstance a, au premier chef, profité aux locataires; aucune rentabilité de ce capital n'a été répercutée sur les loyers pendant la période du contrôle cantonal. dd) Enfin, s'agissant, dans le cas particulier, de l'analyse du loyer admissible en fonction du coût de revient au sens de l' art. 14 AMSL (calcul selon la méthode absolue), le capital à prendre en considération correspond aux fonds propres effectivement investis et non au rapport théorique fixe (40%) entre les fonds propres et les fonds étrangers (EGLI, Aperçu de la jurisprudence récente du Tribunal fédéral, in RJB 124, 1988, p. 55 et les références). b) Le recourant conteste ensuite le mode de réévaluation des fonds propres adopté par la cour cantonale. Il soutient que les fonds propres initiaux auraient déjà été "réindexés au coût de la vie en 1984" grâce à l'amortissement de l'hypothèque en second rang. Aussi la cour cantonale aurait-elle, de manière erronée, à la fois indexé le capital propre initial, ajouté à ce capital le remboursement de l'hypothèque en second rang et, enfin, encore "réactualisé" ce montant. Ce faisant, le recourant pose, en réalité, le problème particulier de l'indexation des fonds propres investis dans des immeubles sortant du contrôle cantonal des loyers à Genève. aa) En principe, dans le cas - comme en l'espèce - d'immeubles récents, l'investissement initial du bailleur doit être réévalué conformément à l' art. 15 al. 1 let . d AMSL. En effet, le pouvoir d'achat des fonds propres doit être maintenu et réadapté au coût de la vie (BARBEY, op.cit., p. 67/68 et p. 90; LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 207). Dans le cadre de la méthode absolue, cette réévaluation doit intervenir depuis la date à laquelle est déterminé le prix de revient de l'immeuble (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 207, y compris note 20). Sur ce point, le système genevois du contrôle officiel des loyers se distingue nettement de celui de l'AMSL, le critère du maintien du pouvoir d'achat du capital exposé aux risques n'étant, notamment, pas pris en considération (BARBEY, op.cit., p. 95). Ainsi soumis au contrôle genevois, les loyers ne peuvent être adaptés, à la hausse ou à la baisse, qu'en relation avec l'évolution des conditions d'exploitation, la baisse régulière des subventions, les variations du taux hypothécaire, celles des charges courantes et d'entretien, ainsi que pour tenir compte de la nécessaire alimentation des BGE 117 II 77 S. 83 réserves pour travaux d'entretien (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 184). Doit ainsi être résolue la question de savoir si la réévaluation du capital exposé aux risques doit être opérée en prenant pour base le loyer en vigueur à la sortie du contrôle cantonal ou en partant d'une date antérieure, en particulier de l'année de l'achèvement de la construction qui, en principe, coïncide avec la mise des fonds propres initiaux. A cet égard, on peut se demander si - comme l'admet BARBEY (op.cit., p. 96) - le Tribunal fédéral a, avec l'arrêt Panissod (SJ 1981 p. 510-511), véritablement consacré la réadaptation des capitaux exposés aux risques "calculés exclusivement sur la période débutant à la levée du contrôle officiel". Dans le cadre de cet arrêt, le Tribunal fédéral a procédé à l'examen du loyer par application de la méthode relative dans le cadre de l' art. 15 al. 1 let . d AMSL; il ne s'est, dès lors, apparemment pas posé le problème de la réévaluation des fonds propres, n'examinant le loyer que par rapport à sa dernière fixation en 1971, époque à laquelle les loyers de l'immeuble étaient encore soumis au contrôle cantonal. Quoi qu'il en soit, à supposer que le Tribunal fédéral se soit réellement penché sur la question et qu'il ait véritablement adopté une telle solution, cette dernière ne peut être suivie. Avec BARBEY (op.cit., p. 96), il faut admettre de manière générale que, dans leur accord, le propriétaire de l'immeuble et l'Etat de Genève n'expriment pas la volonté de définir l'état locatif admissible au-delà de la période de contrôle. Dès sa sortie, l'immeuble rejoint ceux du régime dit "libre", le droit public cantonal n'étant alors plus en vigueur. Seules peuvent, dès lors, entrer en considération les dispositions de l'AMSL, la jurisprudence genevoise paraissant, d'ailleurs, aller dans ce sens (SJ 1985 p. 81 ss). Une solution différente aboutirait à une pénalisation permanente du propriétaire à la levée du contrôle cantonal, le refus de la réévaluation pour tenir compte de l'inflation durant la période de contrôle officiel se répercutant alors indéfiniment quant à ses effets pour le bailleur (BARBEY, op.cit., p. 97, y compris n. 330). Autrement dit, le rendement d'un immeuble libéré du contrôle doit être égal à ou au moins voisin de celui d'un immeuble disposant des mêmes caractéristiques et ayant toujours été soumis à l'AMSL. Ainsi, seul un calcul de rendement prenant en considération la réévaluation des fonds propres dès la mise en service du bâtiment paraît conforme au droit fédéral. BGE 117 II 77 S. 84 bb) - En l'occurrence, les fonds propres initiaux de 5'400'000 francs doivent ainsi être évalués en prenant pour base l'indice suisse des prix à la consommation. Ce dernier a passé de 149,5 points en janvier 1974, début du contrôle de l'Etat, à 218,6 points en août 1984, à la date de la notification de la hausse; l'augmentation est ainsi de 69,1 points ou 46,2%, et non de 48,29% comme le retient par inadvertance l'arrêt attaqué. Ainsi réévalués, les fonds propres initiaux s'élèvent à 7'894'000 francs. Rien ne permettant, dans le calcul des fonds propres, de faire abstraction des amortissements hypothécaires payés pendant le contrôle officiel (voir BARBEY, op.cit., p. 98, y compris la note 332), ceux-ci doivent également être réévalués. Toutefois, pour tenir compte de l'amortissement moyen des 1'400'000 francs sur une période de 10 ans, seul le 50% des 46,2% sera - ainsi que l'a admis la cour cantonale - pris en considération, à savoir 323'000 francs en chiffres ronds. En définitive, le total des fonds propres réévalués s'élève à 9'617'000 francs. Sous réserve du calcul de l'indexation, le jugement attaqué doit donc trouver confirmation sur ce point. c) Enfin, pour les charges d'exploitation prises en considération, le recourant reproche à la cour cantonale de n'avoir pas tenu compte d'une réserve de 226'257 francs au 31 décembre 1984. aa) Aux termes de l' art. 8 al. 1 AMSL , les frais accessoires à la charge du locataire doivent correspondre aux dépenses effectives. En principe, les travaux d'entretien peuvent donc être inclus dans les charges dès qu'ils ont été exécutés et payés (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 212). Se pose, dès lors, la question de savoir si des provisions pour l'entretien futur d'un bâtiment peuvent être admises dans les charges, le propriétaire pouvant avoir intérêt à y consacrer par avance une part du loyer. La réponse ne peut être que négative. En effet, dès lors que, par définition, les provisions n'ont pas été utilisées, le locataire ne peut pas en contrôler l'affectation. D'autre part, s'il quitte l'immeuble, il n'en bénéficie pas, alors qu'il aura pourtant contribué à la constitution des réserves. Enfin, en cas de vente de l'immeuble, ces provisions ne passent pas obligatoirement à l'acquéreur, de sorte que le locataire n'est jamais assuré que les provisions seront effectivement affectées à l'entretien de l'immeuble (voir sur ce point LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 212/213). bb) En l'espèce, bien que les provisions aient été constituées obligatoirement en application du droit public cantonal, elles ne BGE 117 II 77 S. 85 peuvent pas, en raison des principes régissant l'AMSL, être prises en considération pour le calcul du nouvel état locatif à la base de la hausse de loyer litigieuse (sur le caractère souhaitable d'introduire ce système de provisions dans le secteur libre, voir: CHARLES-ANDRÉ JUNOD, Les incidences du droit administratif du logement social sur le droit privé du bail à loyer, in 5e Séminaire sur le bail à loyer, Neuchâtel 1988, p. 14/15). Peu importe, par ailleurs, que ces provisions aient été entièrement absorbées par l'exécution d'importants travaux dans les immeubles en cause en 1986. Sont en effet seuls déterminants les travaux d'entretien intervenus avant la hausse de loyer litigieuse. Toutefois, comme le Tribunal fédéral n'est pas en mesure de déterminer quelle a été la moyenne des charges d'entretien effective pendant les 5 dernières années précédant la hausse, le dossier est renvoyé à l'autorité cantonale pour qu'elle complète l'état de fait sur ce point. Il lui appartiendra ensuite de procéder au calcul du nouvel état locatif compte tenu de la modification apportée par le présent arrêt à la réévaluation des fonds propres, avant de déterminer le taux de hausse admissible.
public_law
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
de4cdc5e-7e59-4930-822b-e6756f5ee43b
Urteilskopf 117 II 6 2. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 4 juin 1991 dans la cause W. contre Conseil exécutif du canton de Berne (recours en réforme)
Regeste Art. 30 Abs. 1 ZGB ; Namenswechsel eines Kindes unverheirateter Eltern. 1. Der gesetzliche Vertreter eines ausserehelichen Kindes kann im Namen des Kindes den Namenswechsel beantragen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1b). 2. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2). 3. Wenn die Eltern eines ausserehelichen Kindes nicht zusammenleben, liegen keine wichtigen Gründe dafür vor, dass das Kind den Namen des Vaters führt (E. 3) und jenen der Mutter aufgibt (E. 4).
Erwägungen ab Seite 7 BGE 117 II 6 S. 7 Considérant en droit: 1. b) En qualité de détentrice de l'autorité parentale ( art. 298 al. 1 CC ), donc de représentante légale ( art. 304 al. 1 CC ), la mère d'un enfant né hors mariage a qualité pour demander le changement de nom de cet enfant ( ATF 105 II 248 consid. 1b). Cette jurisprudence a été comprise en ce sens que le représentant légal de l'enfant pourrait former la requête et recourir en son propre nom (POUDRET/SANDOZ-MONOD, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. II, p. 206). Cette interprétation paraît erronée, car d'une part l'arrêt susmentionné ne dit pas que la mère pourrait agir en son propre nom et d'autre part, après avoir évoqué, sans la trancher, la question de la qualité pour agir du père, cette décision entre en matière sur la requête de l'enfant représenté par sa mère et non pas sur une demande déposée au nom de celle-ci. La qualité du représentant légal pour agir au nom de l'enfant a été mise en doute parce que la demande de changement de nom est la manifestation d'un droit strictement personnel dont l'exercice échapperait au pouvoir du représentant légal (POUDRET/SANDOZ-MONOD, ibidem). Comme le droit au nom ( ATF 99 Ia 566 consid. 3c), le droit au changement de nom fait certes partie des droits de la personnalité qui ont le caractère de droits strictement personnels (GROSSEN, Les personnes physiques, in Traité de droit civil suisse, Fribourg 1974, t. II, 2, p. 47; EUGEN BUCHER, Commentaire bernois, vol. I/2, 1976, n. 235 ad art. 19 CC ; ANDREAS BUCHER, Personnes physiques et protection de la personnalité, Bâle et Francfort 1985, p. 54 No 157 et p. 205 No 796; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 2e éd., Berne 1986, p. 62 No 231 et p. 111 No 436). La jurisprudence et la doctrine distinguent toutefois les droits strictement personnels absolus des droits strictement personnels relatifs. Les premiers, appelés aussi droits strictement personnels improprement dits (ANDREAS BUCHER, op.cit., p. 59 n. 173) ou au premier degré (STETTLER, Le droit suisse de la filiation, in Traité de droit privé suisse, Fribourg 1987, vol. III, t. II, 1, p. 188 et 429), échappent au pouvoir de représentation du représentant légal. Leur exercice, au nom du mineur incapable de discernement, est exclu ( ATF 116 II 387 consid. 4; ATF 114 Ia 362 consid. 7b/bb; GROSSEN, op.cit., p. 46/47; EUGEN BUCHER, op.cit., n. 206 ad art. 19 CC ; TUOR/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 10e éd., Zurich 1986, p. 74). Qualifier un droit BGE 117 II 6 S. 8 strictement personnel d'absolu revient à priver l'incapable de discernement de la jouissance de ce droit alors qu'en principe et dans les limites de la loi, chacun peut jouir de ses droits civils ( art. 11 CC ). Il y a donc lieu de n'admettre que restrictivement le caractère absolu d'un droit strictement personnel (EUGEN BUCHER, ibidem; ANDREAS BUCHER, ibidem). Dans le cas du changement de nom, l' art. 30 CC permet de façon générale de délivrer l'autorisation s'il existe de justes motifs. Ni cette disposition légale, ni aucune autre ne prévoit de restriction en relation avec le discernement ou l'âge du requérant. On ne saurait non plus invoquer un quelconque besoin de protéger l'incapable, car le critère déterminant pour autoriser un changement de nom est celui de l'intérêt du requérant ( ATF 108 II 250 consid. 4d). Il serait d'autant plus inopportun d'empêcher la concrétisation de cet intérêt durant l'enfance qu'un changement de nom qui intervient alors, antérieurement à l'usage intensif du patronyme, est plus efficace, pour pallier les inconvénients liés au port d'un certain nom, que la même mesure prise quelques années plus tard. Cela est particulièrement net lorsqu'il s'agit, but reconnu légitime, de permettre à un enfant naturel de dissimuler dans la mesure du possible sa naissance hors mariage ( ATF 96 I 429 consid. 2a). C'est donc à juste titre que la pratique a constamment admis la possibilité de représentation légale pour la demande de changement de nom ( ATF 96 I 426 ; ATF 105 II 242 ; 248; ATF 108 II 248 ; ATF 109 II 177 ; ATF 110 II 433 ; ATF 115 II 306 ). La doctrine dominante l'admet aussi (EUGEN BUCHER, op.cit., n. 237 ad art. 19 CC ; DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 261 No 970; HEGNAUER, Droit suisse de la filiation, 3e éd., Berne 1990, p. 112 No 16.13). La jurisprudence qui le dit ( ATF 105 II 248 consid. 1b) doit être confirmée. 2. Aux termes de l' art. 30 al. 1 CC , le gouvernement du canton de domicile peut, s'il existe de justes motifs, autoriser une personne à changer de nom. Savoir si cette condition est réalisée est une question d'appréciation, que l'autorité cantonale doit trancher selon les règles du droit et de l'équité ( art. 4 CC ). Saisi d'un recours en réforme, le Tribunal fédéral examine en principe librement s'il existe de justes motifs de changement de nom. Toutefois, comme dans toutes les questions laissées au pouvoir d'appréciation des autorités cantonales, il observe une certaine retenue et n'intervient que si la décision a été prise sur la base de circonstances qui ne jouent aucun rôle selon l'esprit de la loi ou si des aspects essentiels ont été ignorés: connaissant les données locales BGE 117 II 6 S. 9 et personnelles, les conceptions et les coutumes, ainsi que l'environnement dans lequel vit le requérant, les autorités du canton de domicile de ce dernier sont généralement mieux à même d'apprécier la situation que le Tribunal fédéral ( ATF 108 II 2 consid. 2; ATF 105 II 66 /67 consid. 2 et les références; 243 consid. 1a, 248/249 consid. 2). 3. a) Il y a justes motifs, au sens de l' art. 30 al. 1 CC , lorsque l'intérêt du requérant - en tant qu'individu et de lui seul ( ATF 108 II 250 consid. 4d) - à porter un nouveau nom l'emporte sur l'intérêt de l'administration et de la collectivité à l'immutabilité du nom acquis et inscrit à l'état civil et sur l'intérêt public à la fonction d'individualisation du nom. Mais, pour les enfants, en particulier lorsqu'ils sont, comme en l'espèce, très jeunes, la fonction d'individualisation de la personne dans ses relations sociales joue un rôle moins important que pour un adulte: l'intérêt général au maintien du nom est moins évident. On peut donc se montrer plus souple ( ATF 109 II 178 consid. 1; ATF 105 II 243 consid. I 3). b) La décision attaquée se fonde, pour refuser le changement de nom, sur le fait que les parents, non mariés, des enfants recourants ne vivent pas ensemble dans un logement commun. Elle considère dès lors qu'il n'y a pas concubinage, c'est-à-dire une communauté de vie assimilable au mariage, qui justifierait un changement de nom. Dans ces circonstances, cette mesure aurait pour conséquence que les recourants seraient soumis à l'autorité parentale de leur mère dont ils auraient le droit de cité et le domicile, mais porteraient le nom de leur père chez qui ils séjourneraient parfois. Pour l'autorité cantonale, une telle situation serait insatisfaisante, alors qu'il n'y a pas d'inconvénient à ce qu'ils portent le nom de leur mère. Les recourants soutiennent que leurs parents forment en fait une véritable famille vivant indifféremment dans l'appartement du père ou dans celui de la mère, qui subviennent l'un et l'autre aux frais d'entretien des enfants. Ils en déduisent qu'il y a bien concubinage et invoquent à cet égard la possibilité qu'ont les époux d'avoir plusieurs demeures. Ils font enfin valoir qu'ils ont des liens aussi étroits avec leur père qu'avec leur mère. c) Antérieurement à la novelle du 25 juin 1976, qui a ouvert le recours en réforme contre les décisions cantonales refusant le changement de nom, le Tribunal fédéral a jugé, dans le cadre du recours de droit public, que l'enfant naturel doit être autorisé à prendre le nom de ses parents nourriciers - et par voie de BGE 117 II 6 S. 10 conséquence du père - lorsque ceux-ci y consentent l'un et l'autre, s'occupent de son entretien et de son éducation à titre durable, dans son intérêt, et enfin qu'il n'existe pas d'autre moyen de lui donner le nom de la famille où il vit ( ATF 96 I 429 consid. 2a; ATF 70 I 220 consid. 3). Cette jurisprudence demeure valable dans la mesure où elle a indirectement promu au rang de justes motifs certaines raisons invoquées par les requérants ( ATF 105 II 243 consid. I 2). Elle a été confirmée et précisée dans le cadre du recours en réforme. Ainsi, un enfant né hors mariage a été autorisé à prendre le nom de son père qui l'avait reconnu, qui vivait depuis longtemps en concubinage avec la mère et contribuait de façon durable, dans la mesure de ses moyens, à l'entretien du ménage où vivait son fils. Le fait que les parents auraient pu se marier, et donner ainsi le nom du père à l'enfant, n'a plus été jugé déterminant pour refuser le changement de nom ( ATF 105 II 244 ss). Pour qu'on admette qu'un enfant né hors mariage a intérêt à porter le nom de son père, avec lequel il vit, plutôt que celui de la mère, qui révèle son état d'enfant de parents non mariés, il faut qu'il y ait une union solide, assimilable en fait à une famille constituée selon la loi ( ATF 107 II 290 consid. 3b bb, ATF 105 II 246 /247, consid. II 3). Autrement dit, l'enfant élevé dans le ménage de ses parents vivant en union libre est fondé à demander de porter le nom de son père lorsque les liens du concubinage ont un caractère stable et durable ( ATF 115 II 308 ). De façon constante, la jurisprudence a donc exigé, pour permettre à l'enfant né hors mariage de prendre le nom de son père, que père et enfant vivent en ménage commun avec la mère, c'est-à-dire constituent en fait, avec elle, une famille. Cette condition est justifiée, car l'intérêt du requérant à porter un nom qui correspond au nom de famille, au sens de l' art. 160 CC , ne peut être reconnu que s'il vit dans des circonstances semblables à celles d'une famille. La communauté de logement, de ménage est une caractéristique fondamentale de la famille (HEGNAUER, Grundriss des Eherechts, 2e éd., Berne 1987, p. 145, 168 et 176; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Berne 1988, n. 8 ad art. 162/25 CC). La loi, tant ancienne qu'actuelle, prévoit que les époux ont une demeure commune (art. 160 al. 2 aCC; art. 162 CC ) ou un logement conjugal ("eheliche Wohnung", "abitazione coniugale"). Les époux peuvent certes prévoir de vivre dans deux demeures conjugales, tantôt dans l'une, tantôt dans l'autre (Message du BGE 117 II 6 S. 11 Conseil fédéral, FF 1979 II 1233/1234; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op.cit., n. 12 ad art. 25/162). Mais une telle situation constitue une exception qui, comme telle, ne peut être déterminante dans l'appréciation du caractère familial du groupe formé par les recourants et leurs parents. Par conséquent, le fait qu'il n'y a, en l'espèce, pas de demeure commune justifie que les recourants ne soient pas autorisés à prendre le nom de leur père. 4. Si l' art. 270 al. 2 CC dispose que l'enfant né de parents non mariés acquiert le nom de famille de sa mère, c'est parce que l'enfant en question vit généralement auprès de sa mère avec laquelle il a des liens plus étroits qu'avec le père (Message du Conseil fédéral, FF 1974 II 51; ATF 115 II 308 et les références). La procédure en changement de nom permet cependant de tenir compte des circonstances, par exemple du fait que l'enfant vit dans un cadre quasi familial ou de l'existence de liens plus étroits avec le père qu'avec la mère. Comme exposé sous ch. 3 ci-dessus, la première hypothèse n'est pas réalisée. Quant à la seconde, l'autorité cantonale, dont les constatations de fait lient le Tribunal fédéral ( art. 63 al. 2 OJ ), ne l'évoque pas. Les recourants font toutefois valoir qu'ils ont des liens aussi étroits avec leur père qu'avec leur mère. On peut donc admettre qu'il n'existe ni liens prédominants avec le père qui, à eux seuls, justifieraient le changement requis, ni circonstances qui légitimeraient l'abandon du nom de la mère ( ATF 108 II 248 consid. 3).
public_law
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
de4d5066-f717-4ace-ad65-9c2b9be45a9e
Urteilskopf 86 I 68 13. Urteil vom 1. April 1960 i.S. Ritzmann gegen Schweizerische Clearingkommission.
Regeste Clearingverkehr: Kann der schweizerische Schuldner nachträglich die Rückerstattung des in den gebundenen Zahlungsverkehr eingezahlten Betrages im Inland oder die Überweisung an einen neuen Begünstigten - hier an sich selbst - im Ausland verlangen? 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (BB über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland vom 28. September 1956, Art. 6 lit. c). 2. Abwicklung des früheren schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehrs; "schuldbefreiende Wirkung" der Einzahlung des schweizerischen Schuldners (BRB vom 26. Februar 1946, Art. 5; Liquidationsabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland vom 16. Juli 1956).
Sachverhalt ab Seite 69 BGE 86 I 68 S. 69 A.- Auf Grund des Schuldenrufs gemäss Art. 5 des BRB vom 26. Februar 1946 über den Zahlungsverkehr mit Deutschland (BS 10, S. 658) zahlte die Ciné-Engros AG, Zürich, in der Zeit vom 28. Dezember 1946 bis zum 21. August 1951 für in die Schweiz eingeführte Waren deutschen Ursprungs ingesamt Fr. 59'516.-- (als Gegenwert von RM 34'400.32) zugunsten der Siemens & Halske AG, Berlin, auf das "Abwicklungskonto Clearing Deutschland" bei der Schweizerischen Nationalbank ein. Am 6. Juni 1953 wurde über die Ciné-Engros AG der Konkurs eröffnet. Die Konkursverwaltung ersuchte die Schweizerische Verrechnungsstelle, jenen Betrag der Konkursmasse abzuliefern. Die Verrechnungsstelle lehnte dies mit Schreiben vom 20. Oktober 1953 ab. Dabei äusserte sie "unverbindlich" die Auffassung, dass die Konkursverwaltung immerhin "den mit der Einzahlung erteilten Zahlungsauftrag widerrufen und eine andere Zahlungsadresse (auch eine deutsche Bank für eigene Rechnung) angeben" könnte. Nach Überprüfung der Angelegenheit teilte sie der Konkursverwaltung am 3. November 1955 mit, dass auch ein solcher Widerruf nicht zulässig sei. BGE 86 I 68 S. 70 Der Anspruch der Konkursmasse auf den Betrag von Fr. 59'516.-- wurde gemäss Art. 260 SchKG dem Konkursgläubiger Dr. H. W. Ritzmann abgetreten. Dieser widerrief in einem Schreiben vom 11. September 1957 an die Verrechnungsstelle den von der Ciné-Engros AG mit den Einzahlungen bei der Nationalbank erteilten Zahlungsauftrag und bezeichnete sich selbst als neuen Begünstigten mit Adresse bei der Deutschen Bank in Lörrach (Deutschland). Die Verrechnungsstelle entschied, dass sie den Widerruf nicht anerkenne. Ritzmann erhob Beschwerde bei der Schweizerischen Clearingkommission. Er beantragte, die Verrechnungsstelle sei anzuweisen, entsprechend ihrer ursprünglichen Stellungnahme den Widerruf des Zahlungsauftrages zuzulassen, die angegebene neue Zahlungsadresse anzuerkennen und demgemäss den Betrag von Fr. 59'516.-- ungekürzt entweder der Konkursverwaltung oder ihm, dem Beschwerdeführer, als Abtretungsgläubiger abzuliefern, eventuell in beiden Fällen bei der Deutschen Bank in Lörrach. Die Clearingkommission wies die Beschwerde am 9. Dezember 1958 ab. Sie beruft sich auf den erwähnten BRB vom 26. Februar 1946 und das Abkommen zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland über die Liquidation des früheren schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehrs vom 16. Juli 1956 (AS 1957, S. 399). Vor allem stützt sie sich darauf, dass Art. 5 jenes BRB der Zahlung an die Nationalbank schuldbefreiende Wirkung beilegt. B.- Gegen diesen Entscheid erhebt Ritzmann Verwaltungsgerichtsbeschwerde, worin er die vor der Clearingkommission gestellten Begehren erneuert. Er macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze Art. 5 des BRB vom 26. Februar 1946 über den Zahlungsverkehr mit Deutschland. Die in dieser Bestimmung verwendeten Worte "schuldbefreiende Wirkung" bedeuteten lediglich, dass der schweizerische Schuldner mit der Leistung an die Nationalbank die öffentlich-rechtliche Einzahlungspflicht BGE 86 I 68 S. 71 erfülle. Sie bezögen sich nicht auch auf die zivilrechtliche Schuld. Nach den im gebundenen Zahlungsverkehr allgemein geltenden Grundsätzen sei die Forderung des ausländischen Gläubigers erst erfüllt, wenn er die Zahlung angenommen habe. Solange dies nicht geschehen sei, könne der Einzahler den erteilten Überweisungsauftrag widerrufen. Hier habe die Ciné-Engros AG nicht einmal bei allen Einzahlungen die Siemens & Halske AG in Berlin als begünstigt bezeichnet. Soweit sie es getan habe, sei der Widerruf rechtzeitig erklärt worden. Der Standpunkt der Clearingkommission sei unbillig und widerspreche dem Sinn der Clearingvorschriften. C.- Die Clearingkommission beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach dem BB über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland vom 28. September 1956 (AS 1956, S. 1553) kann gegen Entscheide der Clearingkommission in bestimmten Fällen, welche Art. 6 aufzählt, Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht, sonst gemäss Art. 5 Abs. 2 Beschwerde beim Bundesrat geführt werden. Hier kommt Art. 6 lit. c in Betracht, wonach die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide der Clearingkommission über die Pflicht zur Einzahlung in den gebundenen Zahlungsverkehr zulässig ist. Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist zwar nicht diese Pflicht an und für sich. Es ist nicht bestritten und steht fest, dass die Ciné-Engros AG die Einzahlungen in den gebundenen Zahlungsverkehr, um die es geht, längst geleistet hat und dazu verpflichtet war. Streitig ist vielmehr, ob der Einzahler oder sein Rechtsnachfolger in einem Falle, wie er hier vorliegt, nachträglich den bei der Einzahlung erteilten Überweisungsauftrag widerrufen und von der Schweizerischen Verrechnungsstelle die Rückzahlung der eingezahlten Beträge oder deren Überweisung an einen neuen Begünstigten - hier an sich selbst - verlangen kann. BGE 86 I 68 S. 72 Auch das sind aber Fragen, die nach den Bestimmungen über die Pflicht zur Einzahlung in den gebundenen Zahlungsverkehr zu beurteilen sind. Sie betreffen den Inhalt und die Wirkungen, welche diese Verpflichtung nach den massgebenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften hat. Dieser enge Zusammenhang rechtfertigt es, Art. 6 lit. c des BB auch hier anzuwenden. Der angefochtene Entscheid unterliegt daher der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 2. Mit der Einzahlung in den gebundenen Zahlungsverkehr erfüllt der schweizerische Schuldner eine öffentlich-rechtliche Pflicht. Seine privatrechtliche Schuld wird dadurch nur dann getilgt, wenn diese Wirkung sich aus einer Vereinbarung der privaten Parteien ergibt oder durch besondere Vorschrift des zwischenstaatlichen Clearingrechtes angeordnet ist. Abgesehen von diesen Ausnahmefällen wird sie erst erfüllt, wenn der geschuldete Betrag dem ausländischen Gläubiger ausbezahlt wird, und nur in dem Umfange, als dies geschieht. In der Zwischenzeit ist sie lediglich zwangsweise gestundet ( BGE 60 I 173 ; BGE 63 II 310 ff.; BGE 67 II 228 ; Referate von ROSSET und HUG an der Jahresversammlung des Schweiz. Juristenvereins 1936, ZSR n. F. Bd. 55, S. 241 a ff., 519 a, 522 a ff., 595 a ff.). In allen Fällen, ohne Unterschied darnach, ob der schweizerische Schuldner durch die Clearingzahlung von seiner privatrechtlichen Schuld befreit wird oder nicht, ist eine Rückzahlung des einbezahlten Betrages an ihn im Inland in der Regel unzulässig. Der einbezahlte Betrag bleibt Bestandteil der Clearingmasse, welche kraft öffentlichen Rechts der Abwicklung des gebundenen Zahlungsverkehrs dienen soll, und wird daher nur in Ausnahmefällen an den Einzahler in der Schweiz zurückerstattet, so dann, wenn sich herausstellt, dass gar keine Pflicht zur Einzahlung in das Clearing bestanden hat. Wenn aber der schweizerische Schuldner durch die Clearingzahlung von seiner privatrechtlichen Schuld nicht befreit wird, kann er den der Verrechnungsstelle oder einer BGE 86 I 68 S. 73 ermächtigten Bank des Inlandes bei der Einzahlung erteilten Auftrag, den bezahlten Betrag entsprechend den zwischenstaatlichen Vereinbarungen an die Adresse eines bestimmten Begünstigten im Ausland weiterzuleiten, jederzeit widerrufen; solange dieser Begünstigte über den Gegenwert noch nicht verfügen kann. Der Schuldner kann solchenfalls einen neuen Begünstigten im Ausland bezeichnen; er kann den Betrag auch einem eigenen Konto im Ausland gutschreiben lassen, sofern die dortige Behörde dies zulässt. Die inländische Verrechnungsstelle oder Bank ist an seine dahingehenden neuen Anweisungen gebunden. Dagegen hat sie solche nachträgliche Anweisungen jedenfalls in der Regel nicht zu beachten, wenn der Schuldner durch die Einzahlung in den gebundenen Zahlungsverkehr kraft besonderer Anordnung des zwischenstaatlichen Clearingrechtes von seiner privatrechtlichen Verpflichtung befreit wird. In diesem Falle wird die Forderung des Gläubigers, der in dem mit der Clearingzahlung verbundenen Überweisungsauftrag als begünstigt bezeichnet ist, durch die Auszahlungen getilgt, die er aus dem Clearing nach Massgabe der zwischenstaatlichen Abmachungen erhält. Der Gläubiger kann den Schuldner, sobald dieser die Clearingzahlung geleistet hat, nicht mehr direkt belangen, sondern hat sich ausschliesslich an den Staat zu halten, der nun ihm gegenüber gewissermassen die Stelle des Schuldners vertritt. Der Schuldner kann, wenn er einmal die mit schuldbefreiender Wirkung ausgestattete Clearingzahlung geleistet hat, über den Gegenwert grundsätzlich in keiner Weise mehr verfügen. Er kann insbesondere nicht, jedenfalls nicht ohne Einwilligung des bei der Einzahlung angegebenen Gläubigers, nachträglich einen neuen Begünstigten bezeichnen. Es muss in der Regel bei dem ursprünglichen Überweisungsauftrag das Bewenden haben. 3. Am Ende des zweiten Weltkrieges kam der schweizerisch-deutsche Verrechnungsverkehr völlig zum Stillstand, nachdem schon einige Zeit vorher in zahlreichen Fällen infolge der Kriegsereignisse Clearingeinzahlungen BGE 86 I 68 S. 74 nicht mehr an die ausländischen Begünstigten hatten überwiesen werden können. Daher leitete die Schweizerische Verrechnungsstelle von Anfang April 1945 an die Einzahlungen schweizerischer Schuldner nicht mehr an die Deutsche Verrechnungskasse weiter, sondern schrieb sie bei der Schweizerischen Nationalbank einem "Abwicklungskonto Clearing Deutschland" gut. Angesichts der damaligen Umstände hielten die schweizerischen Schuldner mit der Begleichung ihrer offenen Clearingverbindlichkeiten zurück. Zur Sicherstellung dieser Zahlungsverpflichtungen und der Alimentierung des Clearings, auch zur Entlastung des Bundes, der während des Krieges umfangreiche Clearingvorschüsse geleistet hatte, wurden der Gegenwert der vor Kriegsende eingeführten Waren deutschen Ursprungs und die Zahlungen anderer Art, die vor dem 9. Mai 1945 hätten vorgenommen werden sollen, in einem Schuldenruf eingefordert, der durch BRB vom 26. Februar 1946 über den Zahlungsverkehr mit Deutschland angeordnet wurde (Botschaft des Bundesrates zum Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland über die Liquidation des früheren schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehrs, BBl 1956 II S. 429 f.). Art. 5 Abs. 1 dieses BRB bestimmt ausdrücklich, dass die Einzahlung des schweizerischen Schuldners an die Nationalbank schuldbefreiende Wirkung hat. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Befreiung von der privatrechtlichen Schuld gemeint ist. Man wollte dem schweizerischen Schuldner, der zu einer Einzahlung auf das "Abwicklungskonto Clearing Deutschland" binnen bestimmter Frist gezwungen wurde, obwohl eine Weiterleitung des bezahlten Betrages an den deutschen Gläubiger damals nicht möglich war, die Erfüllung dieser öffentlichrechtlichen Pflicht erleichtern (zit. Botschaft, a.a.O. S. 430). Die Erleichterung bestand eben darin, dass er von der privatrechtlichen Schuld befreit, also davor geschützt wurde, vom deutschen Gläubiger ohne Rücksicht auf die in der Schweiz geleistete Einzahlung belangt zu werden. BGE 86 I 68 S. 75 Hätte der Bundesrat der Einzahlung an die Nationalbank lediglich die Wirkung beilegen wollen, dass der Schuldner von seiner öffentlich-rechtlichen Einzahlungspflicht befreit wird, so hätte er dies nicht ausdrücklich festzulegen brauchen; das wäre überflüssig gewesen. Jener Schuldenruf war eine vorsorgliche Massnahme, die einseitig von der schweizerischen Behörde - auf Grund des BB über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland vom 14. Oktober 1933/22. Juni 1939 - getroffen wurde. Den gleichen Charakter hatte die damit verbundene Anordnung, dass die Clearingeinzahlung schuldbefreiende Wirkung haben soll. Damit sie voll wirksam werden konnte, musste sie noch durch zwischenstaatliche Abmachung bestätigt werden. In Art. 2 Abs. 2 des BRB vom 26. Februar 1946 wurde denn auch vorgesehen, dass die Schweizerische Verrechnungsstelle die in Rede stehenden Clearingeinzahlungen gemäss den noch zu treffenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen an die Begünstigten weiterleiten werde. Solche Vereinbarungen hat die Schweiz am 16. Juli 1956 mit der Bundesrepublik Deutschland in dem - auch für Westberlin geltenden - Abkommen über die Liquidation des früheren schweizerischdeutschen Verrechnungsverkehrs abgeschlossen. Nach Art. 1 dieses Abkommens ist sie u.a. verpflichtet, die offenen Zahlungsansprüche der antragsberechtigten deutschen Gläubiger insoweit abzugelten, als zur Begleichung dieser Ansprüche Beträge auf das "Abwicklungskonto Clearing Deutschland" bei der Schweizerischen Nationalbank eingezahlt worden sind oder noch eingezahlt werden. Gemäss Art. 3 des Abkommens werden für die nicht auf Reichsmark lautenden Zahlungsansprüche 2/3 des eingezahlten Betrages in Deutscher Mark ausbezahlt, während die auf Reichsmark lautenden Zahlungsansprüche im Verhältnis 10:1 umgestellt und die daraus sich ergebenden Beträge in Deutscher Mark ausgerichtet werden. Mit der Annahme der danach zu zahlenden Beträge erklären sich die Begünstigten hinsichtlich der den Zahlungen BGE 86 I 68 S. 76 zugrunde liegenden Forderungen einschliesslich Zinsen als abgefunden (Unterzeichnungsprotokoll zum Abkommen, zu Art. 1-4, lit. b). Sie können nicht auch noch den schweizerischen Schuldner belangen. Daraus ergibt sich, dass die in Art. 5 des BRB vom 26. Februar 1946 enthaltene Bestimmung, welche der Einzahlung an die Nationalbank schuldbefreiende Wirkung beilegt, durch das Abkommen - für dessen Geltungsbereich - bestätigt ist. Dem entspricht es, dass Art. 5 und, soweit diesen betreffend, Art. 2 des BRB vom 26. Februar 1946 über den 31. Dezember 1956 hinaus in Kraft geblieben sind (Art. 11 Abs. 3 des BB vom 28. September 1956 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland; Art. 32 Abs. 2 Ziff. 1 des BRB vom 17. Dezember 1956 über den gebundenen Zahlungsverkehr mit dem Ausland, AS 1956, S. 1573). Ist somit der Einzahlung auf das "Abwicklungskonto Clearing Deutschland" durch das erwähnte Abkommen schuldbefreiende Wirkung im dargelegten Sinne beigelegt, so kann der schweizerische Schuldner, jedenfalls im Anwendungsbereich des Abkommens, den bei der Clearingeinzahlung erteilten Überweisungsauftrag in der Regel nicht widerrufen. Eine andere Lösung würde dem BRB vom 26. Februar 1946 und dem Abkommen widersprechen und unter Umständen zu einer doppelten Belastung des schweizerischen Fiskus führen. 4. Es steht fest, dass die Ciné-Engros AG vor dem Ende des Krieges Waren deutschen Ursprungs im Werte von RM 34'400.32 in die Schweiz eingeführt hatte. Sie war daher gemäss Art. 5 des BRB vom 26. Februar 1946 verpflichtet, Fr. 59'516.-- auf das "Abwicklungskonto Clearing Deutschland" bei der Nationalbank einzuzahlen, was nicht bestritten ist. Sie ist dieser Pflicht nachgekommen. Ein Grund, der rechtfertigen würde, die Rückerstattung des eingezahlten Betrages in der Schweiz an die Konkursmasse der Ciné-Engros AG oder an den Beschwerdeführer BGE 86 I 68 S. 77 als Abtretungsgläubiger anzuordnen, wird nicht geltend gemacht und besteht auch nicht. Bei den in Frage stehenden Clearingzahlungen hat die Ciné-Engros AG - entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers - durchweg die Siemens & Halske AG in Berlin, die ihr jene Waren geliefert hatte und daher als rechtmässiger Gläubiger erscheint, als begünstigt bezeichnet. Durch die Einzahlungen hat sie sich, gemäss dem BRB vom 26. Februar 1946 und dem Liquidationsabkommen zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland, von ihrer privatrechtlichen Schuld gegenüber der Siemens & Halske AG befreit. Unter den gegebenen Umständen ist der Widerruf des ursprünglichen Überweisungsauftrages und die Bezeichnung eines neuen Begünstigten mit Adresse in Deutschland - sei es eines Dritten, sei es des Einzahlers bzw. seines Rechtsnachfolgers selbst - nicht zulässig, jedenfalls nicht gegen den Willen der Siemens & Halske AG Diese hat aber dem Widerruf nicht zugestimmt, sondern den Anspruch angemeldet, selber gemäss den zwischenstaatlichen Vereinbarungen befriedigt zu werden (Schreiben vom 12. Juli 1955 und 17. Dezember 1957 an die Schweizerische Verrechnungsstelle). 5. Der Beschwerdeführer wendet ein, dass im Falle der Abweisung der Beschwerde eine ausländische Gläubigerin zum Nachteil der inländischen Konkursgläubiger bevorzugt und der Bund, in dessen Tasche 9/10 des eingezahlten Geldes als Kursgewinn flössen, ebenfalls auf Kosten dieser Gläubiger sich bereichern würde, was unbillig sei und dem Sinn der Clearingvorschriften widerspreche, da sie dem Schutz der inländischen Gläubiger dienten. Der Einwand hält nicht stand. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Beträge, welche Jahre vor der Konkurseröffnung zugunsten eines anderen Gläubigers eingezahlt worden waren und aus Gründen, welche mit den zivil- und konkursrechtlichen Verhältnissen nichts zu tun haben, nicht sogleich an den BGE 86 I 68 S. 78 Berechtigten hatten weitergeleitet werden können, lässt sich nicht wohl auf Billigkeitserwägungen stützen. Dazu kommt, dass der Kreis der schweizerischen Gläubiger, deren Befriedigung der gebundene Zahlungsverkehr sicherstellen soll, sich mit demjenigen der an der Änderung des Zahlungsauftrages interessierten Gläubiger nicht deckt: Dort stehen die schweizerischen Exportgläubiger, hier die Konkursgläubiger, die dem schweizerischen Gemeinschuldner gegenüber normalerweise gerade nicht Exportgläubiger sind und unter denen sich auch im Ausland domizilierte Personen befinden können. Es geht daher nicht an, aus dem Zweck des Clearings, die schweizerischen Exportgläubiger zu schützen, etwas für die Konkursgläubiger ableiten zu wollen. Die Umstellung von auf Reichsmark lautenden Forderungen im Verhältnis 10: 1 ist im Liquidationsabkommen vom 16. Juli 1956 - entsprechend der bei der deutschen Währungsreform von 1948 getroffenen Ordnung - vorgeschrieben und kommt für den deutschen Gläubiger praktisch auf dasselbe hinaus, wie wenn ihm der Betrag ordnungsgemäss vor der Währungsreform ausbezahlt worden wäre. Wenn die Kursdifferenz von 9/10 dem Bunde zur Verminderung seiner im Interesse der schweizerischen Exportgläubiger übernommenen Verluste aus dem alten schweizerisch-deutschen Verrechnungsverkehr zufliesst, so ist dies weder unbillig, noch widerspricht es dem Sinn der Clearingvorschriften. Der Einzahler bzw. dessen Gläubiger haben auf jeden Fall kein Anrecht darauf. Die Beschwerde erweist sich im vollen Umfang als unbegründet. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
de542b3f-863a-452b-8112-b7a5d9d0cab4
Urteilskopf 106 III 1 1. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 7. März 1980 i.S. J. (Rekurs)
Regeste Art. 66 Abs. 5 SchKG . Dem im Ausland wohnenden Schuldner ist auch die Beschwerdefrist den Umständen gemäss zu verlängern. Eine an sich verspätete Beschwerde ist als rechtzeitig zu betrachten, wenn sie innert der Frist erhoben wurde, die dem Schuldner von Anfang an hätte eingeräumt werden müssen.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 106 III 1 S. 1 A.- Durch Arrestbefehl der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Winterthur vom 16. Oktober 1978 liess Gertrud J. den Anspruch des in Ägypten wohnenden Rudolf J. aus dem mit der Winterthur-Lebensversicherungsgesellschaft abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag mit Arrest belegen. Nachdem das zur Prosequierung des Arrestes gestellte Rechtsöffungsbegehren abgewiesen worden war, ersuchte der Schuldner um Aufhebung des Arrestes. Das Betreibungsamt Winterthur I wies dieses Gesuch am 14. Juli 1979 ab mit der Begründung, die Gläubigerin habe nach Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs innert Frist beim Bezirksgerichtspräsidium Baden Klage eingeleitet. Es erstreckte dem Schuldner die Frist für eine allfällige Beschwerde auf 20 Tage. BGE 106 III 1 S. 2 B.- Mit Beschluss vom 6. August 1979 wies das Bezirksgericht Winterthur als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs eine Beschwerde des Schuldners gegen die Verfügung des Betreibungsamtes ab. Der Beschluss wurde dem Schuldner am 4. Oktober 1979 in Alexandria (Ägypten) ausgehändigt. Offenbar am 11. Oktober 1979 gab dieser in Alexandria eine an das Obergericht des Kantons Zürich adressierte, vom 9. Oktober 1979 datierte Rekursschrift zur Post, die jedoch erst am 17. Oktober 1979 von der schweizerischen Post in Empfang genommen wurde und am 19. Oktober 1979 beim Obergericht eintraf. Mit Beschluss vom 5. Dezember 1979 trat das Obergericht auf den Rekurs nicht ein mit der Begründung, die 10-tägige Rekursfrist sei im Zeitpunkt des Eingangs der Rekurseingabe bei der schweizerischen Post bereits abgelaufen gewesen; die Postaufgabe im Ausland genüge zur Fristwahrung nicht. C.- Dieser Beschluss wurde vom Schuldner am 3. Januar 1980 in Empfang genommen. Mit Schreiben vom 10. Januar 1980, das am 12. Januar 1980 in Alexandria zur Post gegeben wurde und am 17. Januar 1980 beim Obergericht einging, ersuchte dieser das Obergericht, seinen Rekurs gegen den Entscheid des Bezirksgerichts materiell zu behandeln. Er machte geltend, entgegen der Ansicht des Obergerichts sei für die Fristwahrung die Postaufgabe massgebend, da der Absender im internationalen Postverkehr keinen Einfluss auf den Eingang der Sendung am Bestimmungsort habe. Am Schluss des Schreibens fügte er folgendes bei: "Punkt 3 Ihres Beschlusses (gemeint ist die Rechtsmittelbelehrung für den Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts) fällt daher weg. Die Frist von 10 Tagen ist wiederum gewahrt." Mit Schreiben vom 17. Januar 1980 teilte das Obergericht dem Schuldner mit, es könne dem Gesuch nicht entsprechen, da es ihm verwehrt sei, einen einmal gefällten Entscheid in Wiedererwägung zu ziehen. Es sehe davon ab, das Schreiben als Rekurs an das Bundesgericht weiterzuleiten, da er, der Schuldner, dies durch seine Bemerkung, Punkt 3 des Beschlusses falle weg, ausdrücklich ausgeschlossen habe. Hierauf richtete der Schuldner am 26. Januar 1980 ein weiteres Schreiben an das Obergericht, in welchem er an seinem Gesuch um Behandlung des Rekurses festhielt. Nun entschloss sich das Obergericht, die beiden Eingaben vom 10. und 26. Januar 1980 zur BGE 106 III 1 S. 3 allfälligen Behandlung als Rekurs im Sinne von Art. 19 SchKG dem Bundesgericht zu übermitteln. D.- Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts gab dem Betreibungsamt und der Gläubigerin Gelegenheit, sich zu den beiden Eingaben zu äussern. Die Gläubigerin machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und beantragte die Abweisung des Rekurses, sofern die Eingabe vom 10. Januar 1980 als rechtzeitig gelten könne. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. In seiner Eingabe vom 10. Januar 1980 beantragt der Rekurrent, das Obergericht habe seinen Rekurs gegen den Entscheid des Bezirksgerichts materiell zu behandeln, und er begründet diesen Antrag damit, dass es für die Wahrung der Rekursfrist entgegen der Ansicht des Obergerichts nicht auf den Eingang der Sendung bei der schweizerischen Post, sondern auf die Postaufgabe ankomme. Die Eingabe genügt somit den Anforderungen von Art. 79 Abs. 1 OG , wonach die Rekursschrift einen Antrag und eine Begründung zu enthalten hat. Sie ist zudem an die richtige Adresse gerichtet, da Rekurse an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts nach Art. 78 Abs. 1 OG bei der kantonalen Aufsichtsbehörde einzureichen sind, die den angefochtenen Entscheid gefällt hat. Hingegen stellt sich die Frage, ob der Rekurrent überhaupt den Willen hatte, zu rekurrieren, schreibt er doch ausdrücklich, Punkt 3 des Beschlusses "falle weg", was zu besagen scheint, er mache von der Möglichkeit eines Rekurses ans Bundesgericht, auf die er in der betreffenden Ziffer des Urteilsdispositivs hingewiesen worden war, keinen Gebrauch. Bei dieser Formulierung kann der Rekurrent indessen nicht behaftet werden. Sie beruht offensichtlich auf einem Irrtum, indem der Rekurrent davon ausging, ein Rekurs ans Bundesgericht komme nur und erst in Frage, wenn das Obergericht in der Sache selbst entschieden habe. Wäre er sich im klaren gewesen, dass der Rekurs ans Bundesgericht das einzige wirklich zutreffende Rechtsmittel ist, hätte er seine Eingabe mit Sicherheit in diesem Sinne verstanden wissen wollen. Dieser Irrtum kann dem Rekurrenten nicht schaden. Die Eingabe vom 10. Januar 1980 ist daher als Rekurs im Sinne von Art. 19 SchKG entgegenzunehmen, dessen Formerfordernisse sie nach dem Gesagten erfüllt. BGE 106 III 1 S. 4 2. Der Rekurrent erhielt den angefochtenen Entscheid am 3. Januar 1980 und gab den Rekurs am 12. Januar 1980 in Alexandria zur Post. Wann der Rekurs von der schweizerischen Post in Empfang genommen wurde, ist nicht bekannt. Dieser Zeitpunkt ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, für die Frage der Fristwahrung an sich massgebend. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben. Das Betreibungsrecht enthält nämlich eine besondere Regel zugunsten des im Ausland wohnenden Schuldners, die es dem Betreibungsbeamten erlaubt, die Fristen den Umständen gemäss zu verlängern ( Art. 66 Abs. 5 SchKG ). Unter die Fristen im Sinne dieser Bestimmung fällt nach der Rechtsprechung auch die Beschwerdefrist ( BGE 91 III 7 oben, BGE 73 III 154 E. 3). Gewährt der Betreibungsbeamte dem im Ausland wohnenden Schuldner von sich aus keine Fristverlängerung, so kann dies im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden ( BGE 91 III 6 , BGE 73 III 29 /30 und 154/155 E. 3, BGE 43 III 10 ff.; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. I, S. 110; JAEGER, N. 21 zu Art. 66 SchKG ). Handelt es sich um eine Beschwerdefrist, so haben die Aufsichtsbehörden dementsprechend eine an sich verspätete Beschwerde als rechtzeitig zu betrachten, sofern sie innert der Frist erhoben wurde, die dem Schuldner von Anfang an hätte eingeräumt werden müssen. Im vorliegenden Fall hat das Betreibungsamt dem in Ägypten wohnenden Rekurrenten die Frist für die Beschwerdeführung an die untere Aufsichtsbehörde auf 20 Tage erstreckt. Für den Rekurs ans Bundesgericht hat die Vorinstanz dagegen keine entsprechende Fristverlängerung gewährt. Auf eine solche hat der Rekurrent jedoch Anspruch, wenn nicht sein Rekursrecht illusorisch gemacht werden will. Dabei hätte ihm die Rekursfrist um mindestens so viele Tage erstreckt werden müssen, als es der normalen Beförderungsdauer einer Postsendung von Ägypten in die Schweiz entspricht. Da der Rekurrent seinen Rekurs gegen den ihm am 3. Januar 1980 zugestellten Entscheid der Vorinstanz schon am 12. Januar 1980, also vor Ablauf der gesetzlichen Rekursfrist, in Alexandria zur Post gegeben hat, so dass die Verspätung einzig auf die Postverhältnisse zurückzuführen ist, hat die Rekursfrist als eingehalten zu gelten. Auf den Rekurs ist daher einzutreten. 3. Die Überlegungen, die dazu führen, den Rekurs ans Bundesgericht als rechtzeitig zu betrachten, gelten auch für den BGE 106 III 1 S. 5 Rekurs von der unteren an die obere kantonale Aufsichtsbehörde. Die Rekursschrift wurde offenbar am 11. Oktober 1979, somit 5 Tage vor Ablauf der gesetzlichen Frist, in Alexandria zur Post gegeben. Sie traf nur wegen der Verzögerungen im internationalen Postverkehr erst am 19. Oktober 1979 bei der Vorinstanz ein. Hätte die untere Aufsichtsbehörde, wie es schon das Betreibungsamt getan hatte, dem Rekurrenten eine angemessene Fristverlängerung gewährt, wozu sie unter den gegebenen Umständen verpflichtet gewesen wäre, wäre der Rekurs rechtzeitig gewesen. Bei dieser Sachlage hätte die Vorinstanz die zu Unrecht nicht verlängerte Rekursfrist als eingehalten betrachten müssen. Der Rekurs ist daher gutzuheissen und die Sache zu materieller Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
de561bbf-fb3a-41d0-85c7-d772dee9a3ad
Urteilskopf 103 II 211 36. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. August 1977 i.S. Denner AG gegen Disch AG
Regeste Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG . Nachahmung einer Ware. 1. Streitigkeiten aus unlauterem Wettbewerb unterstehen der Vorschrift des Art. 46 OG (E. 1). 2. Verwechslungsgefahr zwischen Dosen, in denen mit Schokolade überzogene Trockenfrüchte angeboten werden (E. 2). 3. Gründe, aus denen die Nachahmung einer Verpackung als unlauter zu bezeichnen ist (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 211 BGE 103 II 211 S. 211 A.- Die Disch AG stellt Confiserie-Waren her, die von zahlreichen Fachgeschäften in der ganzen Schweiz vertrieben werden. Seit 1961 bringt sie mit Schokolade überzogene Trockenfrüchte, wie Mandeln, Haselnüsse, Sultaninen usw. auf den Markt, die in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g verpackt sind. Die erste Dose war mit einem Papierband in weisser Grundfarbe umhüllt. Im untern Teil des Bandes waren angehäufte "Choco-Dragées" abgebildet, während im oberen BGE 103 II 211 S. 212 wechselweise die Warenbezeichnung sowie die Marke "Disch" in einem goldenen Stern angebracht waren. Im Jahre 1965 ergänzte die Firma Disch AG ihr Angebot durch eine Sackpackung zu 125 g in ähnlicher Aufmachung. Seit 1972 lässt sie zudem "Choco Nuts" verkaufen, die vor allem aus Hasel-, Mahagoni- und Erdnüssen sowie Mandeln bestehen und ebenfalls in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g angeboten werden. Diese Dose ist nur etwa 5 cm hoch, aber weiter als die erste. Ihr Deckel ist mit einem Rosenmuster ausgeschmückt. Das Papierband unterscheidet sich von demjenigen der ersten Dose nur durch die rote Grundfarbe. Seit 1975 verwendet die Disch AG eine weitere Dose, die das Format der ersten aufweist, deren Band in der Ausstattung aber dem der zweiten entspricht. Dies trifft weitgehend auch auf eine flache Dose zu, welche die Firma seit anfangs 1977 benützt. Die Disch AG liess ihre "Choco Dragées" und "Choco Nuts" während Jahren u.a. durch die Denner AG vertreiben. Diese bringt seit 1976 auch eigene "Choco-Dragées" in einer zylinderförmigen Dose zu 250 g auf den Markt. Im untern Teil des Papierstreifens, der die Dose von Rand zu Rand umhüllt, sind gleich wie bei den Disch-Dosen angehäufte "Dragées" in Schokoladenfarben abgebildet, während im obern Teil auf rotem Grund die Warenbezeichnung und dazwischen in einem weissen Oval die Marke "Rast" angebracht sind. Der Deckel der Dose ist mit dem gleichen Motiv versehen. B.- Die Disch AG erblickte in der Grösse, Form und Aufmachung dieser Dose eine Verletzung ihrer Rechte. Im April 1976 klagte sie gegen die Denner AG mit dem Begehren, der Beklagten bei Strafe zu verbieten, Schokoladen-Dragées in Packungen "gemäss beiliegendem Muster" zu verkaufen, feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen. Beim Muster handelt es sich um die von der Klägerin seit 1972 für "Choco-Nuts" verwendete Dose, die 5 cm hoch ist und 13,5 cm Durchmesser hat. Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage am 13. Januar 1977 gestützt auf Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG gut. C.- Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie beantragt, es aufzuheben und die Klage abzuweisen oder die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. BGE 103 II 211 S. 213 Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beklagte ist der Meinung, der eingeklagte Anspruch hange mit einer zivilrechtlichen Streitigkeit über den Schutz von Fabrik- und Handelsmarken zusammen, weshalb die Berufung ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig sei. Diese Auffassung ist unzutreffend. Streitig ist gemäss dem Klagebegehren nur, ob die Beklagte Dosen der Klägerin in einer gegen Treu und Glauben verstossenden Weise nachgeahmt und dadurch unlauteren Wettbewerb begangen habe. Aus BGE 95 II 193 , wo es auch um Markenrecht ging, kann die Beklagte nichts für ihre Auffassung ableiten. Streitigkeiten aus unlauterem Wettbewerb unterstehen der Vorschrift des Art. 46 OG , sind also nur berufungsfähig, wenn der Streitwert wenigstens Fr. 8'000.-- beträgt. Dies gilt selbst dann, wenn nicht auf Schadenersatz, sondern bloss auf Feststellung oder Unterlassung unlauteren Wettbewerbs geklagt wird ( BGE 100 II 397 und dort angeführte Urteil). Dieser Streitwert ist hier aber gegeben. Er wird vom Handelsgericht auf Fr. 20'000.-- bis Fr. 40'000.-- beziffert, wogegen die Parteien nichts einwenden. 2. Nach Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG begeht unlauteren Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit Waren eines anderen herbeizuführen. Die Bestimmung setzt voraus, dass die Ware eines Konkurrenten wegen ihrer äusseren Ausstattung für das bereits auf dem Markte befindliche Erzeugnis eines andern gehalten werden kann ( BGE 83 II 162 ). Ob eine solche Verwechselbarkeit zweier Waren vorliege, ist nach dem Gesamteindruck zu beurteilen, den sie dem Durchschnittskäufer bieten ( BGE 84 II 581 , BGE 83 II 157 ). Dabei ist zu beachten, dass dieser selten beide gleichzeitig vor Augen hat; wenn er das eine Erzeugnis betrachtet und es mit dem andern vergleichen will, ist er in der Regel auf blosse Erinnerungen angewiesen (vgl. BGE 96 II 404 , BGE 95 II 194 mit Zitaten). Die Klägerin begründete die Verwechslungsgefahr zwischen den streitigen Packungen schon in der Klage vor allem mit der von ihr seit 1972 für "Choco-Nuts" verwendeten Dose, auf BGE 103 II 211 S. 214 deren Deckel drei Rosen auf weisser Grundfarbe abgebildet sind. Sie hat diese Dose im Klagebegehren denn auch als Vergleichsmuster angegeben und ihre charakteristischen Merkmale aufgezählt. Die Beklagte macht in der Berufung mit Recht nicht mehr geltend, die Klägerin habe kein schutzwürdiges Interesse am Entscheid, weil die Dose mit dem Rosenbild nicht mehr hergestellt werde. Sie beharrt vielmehr auf ihrem Standpunkt, dass zwischen den streitigen Dosen keine Verwechslungsgefahr bestehe, von unlauterem Wettbewerb folglich keine Rede sein könne (vgl. BGE 102 II 124 E. 1). Die Dose der Beklagten und die von der Klägerin als Muster angeführte Dose zeigen auf den ersten Blick sehr grosse Ähnlichkeit. Sie bestehen beide aus Leichtmetall mit dem gleichen Farbton, haben dieselbe Form und weisen fast auf den Millimeter genau die gleichen Masse auf. Wegen der gleichartigen Ausgestaltung des Deckels, der insbesondere für ein sicheres Aufschichten in den Läden Gewähr bietet, können sie sogar untereinander gestapelt werden. Diesfalls ist ihre äussere Ähnlichkeit besonders gross. In der roten Grundfarbe ihrer Papierbänder ist überhaupt kein Unterschied zu erkennen. Die Abbildungen im unteren Teil des Bandes sind sich täuschend ähnlich; sie stellen angehäufte Schokoladen-Dragées dar, die durchwegs gleichartige Formen und Farben aufweisen und den Eindruck erwecken, man habe eine halb gefüllte Dose vor sich. Auf beiden Dosen sind ferner die Warenbezeichnungen und die Marken der Hersteller in gleicher Höhe rund um den Behälter angebracht, und zwar die Bezeichnungen in weisser Schrift auf roten Grund, die Marke "Rast" in goldener Schrift auf einem weissen Oval und die Marke "Disch" in weisser Schrift auf einem goldenen Stern. Gewiss sind bei näherer Betrachtung kleinere Unterschiede feststellbar. So weichen z.B. die Schriften, in denen die Warenbezeichnungen und die Marken auf den Dosen angegeben werden, deutlich von einander ab. Auch weisen die "Choco-Dragées" der Beklagten teils andere Grössen oder dunklere Schokoladenfarben auf als die "Choco-Nuts" der Klägerin. Diese Unterschiede betreffen jedoch Einzelheiten und vermögen den Gesamteindruck, auf den es ankommt, entgegen den Einwänden der Beklagten nicht entscheidend zu beeinflussen. Daran ändern auch die Marken nichts, denen die BGE 103 II 211 S. 215 Beklagte Gewicht beimessen zu können glaubt, weil sie mit der Kurzbezeichnung der Herstellerfirmen übereinstimmen und daher allein über die Herkunft der Ware Auskunft gäben. Die Bezeichnungen "Rast" und "Disch" fallen an der einzelnen Dose wenig oder kaum auf. Sie vermögen die Gefahr einer Verwechslung umsoweniger auszuschliessen, als die Ware der Klägerin nach dem angefochtenen Urteil nicht durch die Herstellerin, sondern durch zahlreiche Fachgeschäfte an das breite Publikum verkauft wird. Werden die Dosen stapelweise aufgeschichtet, wozu sie ihrer Form nach geeignet sind, so fällt das Rosenbild auf dem Deckel des Vergleichsmusters als Unterscheidungsmerkmal zum vorneherein ausser Betracht; das gilt auch vom Motiv auf dem Deckel der Rast-Dose, das übrigens dem der Aussenseite entspricht. Als charakteristisches Kennzeichen bleibt dann nur das Papierband mit seinen auffallenden Farben und Abbildungen, welche den Gesamteindruck bestimmen. Rosen werden zudem vorwiegend vor Festtagen auf Verpackungen verwendet, um Angebote als Geschenke attraktiver zu gestalten. Sie taugen deshalb nicht, eine Packung dauernd zu individualisieren oder eine auffallende Ähnlichkeit mit einer anderen Packung, wie sie hier besteht, zu beseitigen. 3. Die Nachahmung einer Ware ist nach Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG nur unzulässig, wenn sie unlauter ist, d.h. gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstösst. Erlaubt ist die Nachahmung insbesondere, wenn sie nicht zu Verwechslungen mit den Waren des Konkurrenten führen kann, weil die Ausgestaltung der Ware dem kaufenden Publikum über die Herkunft nichts sagt. Die Nachahmung widerspricht ferner nicht Treu und Glauben, wenn der Gebrauch, dem das Erzeugnis dienen soll, sie rechtfertigt. Die Form einer Ware darf auch aus ästhetischen Gründen nachgeahmt werden, wenn sie nicht oder nicht mehr unter dem Schutz des Muster- und Modellgesetzes steht. a) Das Handelsgericht räumt ein, dass das Format der nachgeahmten Dose weitgehend standardisiert sein und die bildliche Wiedergabe des Inhaltes auf der Verpackung vor allem in Selbstbedienungsläden einer verkaufstechnischen Notwendigkeit entsprechen dürfte. Es lässt jedoch offen, ob solche Merkmale eine Verpackung schutzunfähig machen können, weil es im vorliegenden Fall nicht nur um die Grösse BGE 103 II 211 S. 216 der streitigen Dosen und die bildliche Darstellung der Ware geht. Es hält der Beklagten mit Recht entgegen, dass die gesamte äussere Aufmachung, also auch die Verpackung zur Aufmachung der Ware gehört, die Verpackung der Klägerin sich aber gerade wegen der graphischen und farblichen Gestaltung des Papierbandes als Herkunftszeichen für gleichartige Waren aus ihrem Betrieb im Verkehr durchgesetzt hat. Der Anspruch der Klägerin, die von ihr gewählte Aufmachung vor Nachahmung zu schützen, ist nach dieser Feststellung umsoweniger zu beanstanden, als andere Formate und Grundfarben zur Verfügung stehen. Die Beklagte macht denn auch nicht geltend, dass alle Dosen mit 250 g Schokoladen-Dragées gleich oder ungefähr gleich aussähen und sich deshalb nicht sagen liesse, das kaufende Publikum könne aus ihrem Aussehen nicht auf die Herkunft der Ware schliessen. Die Beklagte durfte ihre Dose zylindrisch und deren Deckel so gestalten, dass die Dosen stapelweise aufgeschichtet werden können; denn diese Formen weisen allgemeine technische Vorteile auf, die jedermann ausnutzen darf. Technische Überlegungen rechtfertigten es dagegen nicht, dass die Beklagte ihrer Dose fast auf den Millimeter genau die gleichen Ausmasse gab wie die Klägerin und dass sie deren Dose auch in der äusseren Ausgestaltung sklavisch nachahmte. Da diese Ausgestaltung nicht bloss bestimmt ist, das Angebot schön und damit besonders verkäuflich zu machen, sondern Kennzeichnungskraft besitzt, um die Herkunft der Ware von gleichen oder gleichartigen Erzeugnissen anderer Firmen zu unterscheiden, durfte die Beklagte ihre charakteristischen Merkmale auch aus ästhetischen Gründen nicht übernehmen. Sie muss sich wiederum entgegenhalten lassen, dass es möglich und zumutbar gewesen wäre, eine andere Gestaltung zu wählen, um ihr Angebot von demjenigen der Klägerin zu unterscheiden und der Gefahr von Verwechslungen vorzubeugen (vgl. BGE 82 II 353 und 362 Nr. 48, 61 II 387, BGE 58 II 454 , BGE 37 II 175 ). b) Aus BGE 90 IV 174 kann die Beklagte nichts für sich ableiten. Gewiss wurde in diesem Entscheid ausgeführt, Hausfrauen wüssten aus Erfahrung, dass Formen und Farben der Verpackung nicht selten wechseln, so dass sie gewohnt seien, mehr auf die auf allen Verpackungen wiederkehrenden Wort- oder Bildzeichen eines bestimmten Herstellers zu achten, als BGE 103 II 211 S. 217 auf die übrigen Merkmale der Verpackung; das habe zur Folge, dass die Formen und Farben der Ausstattung sich weniger im Gedächtnis einprägen und keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dass bei kombinierten Warenzeichen, insbesondere Wort/Bild-Marken, dem Bildbestandteil in der Regel entscheidende Bedeutung zukommt, weil dieser dem Durchschnittskäufer erfahrungsgemäss besser im Gedächtnis haften bleibt als ein Wort, wurde in der Rechtssprechung jedoch wiederholt hervorgehoben (vgl. statt vieler: BGE 95 II 194 E. 2 und 465 E. 1 mit Zitaten). Auch im vorliegenden Fall ist die Wirkung der streitigen Disch-Dosen vor allem dem originellen Bildteil zuzuschreiben, in dessen Farben sich die Warenbezeichnung und die Marke der Herstellerin harmonisch einfügen. Diesen Bildteil mit seinen auffallenden Farben hat die Beklagte aber durchwegs übernommen. Entgegen der Auffassung der Beklagten geht es auch nicht an, die zu vergleichenden Aufmachungen in ihre einzelnen Bestandteile zu zergliedern und diese gesondert zu betrachten ( BGE 98 II 141 und BGE 90 IV 174 mit Zitaten). Es erübrigt sich daher, sich mit ihren Ausführungen zu einzelnen Teilen auseinanderzusetzen. Das Vorgehen der Beklagten lässt sich auch nicht damit verharmlosen, dass es bloss um bildliche Beschaffenheitsangaben oder Angleichungen auf gleicher Grundfarbe gehe, welche die Klägerin nicht monopolisieren dürfe. Es handelt sich vielmehr um einen krassen Fall von Nachahmung, die offensichtlich in der Absicht unternommen worden ist, Käufer irrezuführen und aus dem Good-will der Klägerin Nutzen zu ziehen. Das braucht die Klägerin sich nicht gefallen zu lassen. Die Beklagte schweigt sich denn auch darüber aus, welche anderen Gründe sie veranlasst haben könnten, die Aufmachung der streitigen Disch-Dosen in so auffälliger Weise nachzuahmen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 13. Januar 1977 bestätigt.
public_law
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
de57c542-6067-48e5-bd08-96f987f7c126
Urteilskopf 113 Ib 195 34. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juli 1987 i.S. X. AG gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Bundesratsbeschluss betreffend Massnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes (Missbrauchsbeschluss). 1. Berechtigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, im Zusammenhang mit der Weiterleitung eines Rückerstattungsantrags an eine ausländische Steuerbehörde die in Art. 4 Missbrauchsbeschluss umschriebenen Massnahmen zu ergreifen (E. 2). 2. Voraussetzungen, unter denen eine Steuerentlastung als missbräuchliche Inanspruchnahme eines Doppelbesteuerungsabkommens im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss anzusehen ist (E. 3 und 4). 3. Eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss liegt auch vor, wenn die Entlastung der Einkünfte aus Dividenden ausländischer Tochtergesellschaften von einer schweizerischen Holding-Aktiengesellschaft verlangt wird, welche keine angemessenen Gewinnausschüttungen vornimmt (Speichergesellschaft) und von einer schweizerischen Kollektivgesellschaft, deren Teilhaber ihren Wohnsitz im Ausland haben, beherrscht wird. Aus der Abkommensberechtigung der schweizerischen Kollektivgesellschaft ergibt sich nicht zwangsläufig auch die Abkommensberechtigung ihrer Teilhaber (E. 5 und 6).
Sachverhalt ab Seite 196 BGE 113 Ib 195 S. 196 Die X. AG ist eine Holdinggesellschaft einer in zahlreichen Ländern tätigen Unternehmensgruppe und hält Beteiligungen in Belgien, Dänemark, Grossbritannien, Finnland, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Italien, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien und der Schweiz. Die Aktien der X. AG befinden sich ausschliesslich in der Hand einer schweizerischen Kollektivgesellschaft. Die an dieser Gesellschaft beteiligten Kollektivgesellschafter sind ausländische Staatsangehörige mit Wohnsitz im Ausland. BGE 113 Ib 195 S. 197 Die X. AG verlangte gestützt auf das Abkommen zwischen der Schweiz und Portugal zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 26. September 1974 (SR 0.672.965.41) die Rückerstattung von portugiesischen Steuern auf den ihr von ihrer Tochtergesellschaft ausgerichteten Dividenden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung leitete den Rückerstattungsantrag nicht weiter. Sie stellte sich auf den Standpunkt, an der X. AG seien nicht abkommensberechtigte Personen zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt durch Beteiligung interessiert; die Antragstellerin habe von ihr angerufene Doppelbesteuerungsabkommen missbräuchlich in Anspruch genommen, da sie die in Art. 2 Abs. 2 lit. b des Bundesratsbeschlusses betreffend Massnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes vom 14. Dezember 1962 (Missbrauchsbeschluss; SR 672.202) genannte Bedingung der angemessenen Gewinnausschüttung nicht eingehalten habe; sie habe seit dem Geschäftsjahr 1982 keine Gewinnausschüttungen mehr vorgenommen. Die X. AG bestritt diesen Standpunkt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung erliess deshalb einen förmlichen Entscheid. Sie forderte die Aktiengesellschaft auf, die seit dem Jahre 1982 aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen erwirkten Steuerentlastungen den betreffenden Staaten zurückzuvergüten. Sie verweigerte zudem die Weiterleitung von hängigen oder künftigen Anträgen auf Rückerstattung oder Befreiung von ausländischen Quellensteuern an die zuständigen ausländischen Steuerbehörden. Eine dagegen erhobene Einsprache der X. AG hiess die Eidgenössische Steuerverwaltung teilweise gut. Sie nahm die zukünftigen Rückerstattungsanträge vom Verbot der Weiterleitung aus; in der Hauptsache wies sie die Einsprache jedoch ab. Die im angefochtenen Entscheid angeordnete Rückvergütung von Steuerentlastungen wurde indessen sistiert, um der X. AG im Sinne einer Billigkeitslösung bei einer rechtskräftigen Unterstellung unter den Missbrauchsbeschluss eine nachträgliche Ausschüttung zu ermöglichen. Eine gegen den Einspracheentscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde weist das Bundesgericht ab. BGE 113 Ib 195 S. 198 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 17 Abs. 3 der Verordnung über die pauschale Steueranrechnung vom 22. August 1967 (SR 672.201) kann die Eidgenössische Steuerverwaltung einen auf ein Doppelbesteuerungsabkommen gestützten Anspruch auf pauschale Steueranrechnung auch noch nach der Festsetzung durch die zuständige kantonale Amtsstelle (vgl. Art. 15 der Verordnung über die pauschale Steueranrechnung) überprüfen. Aufgrund dieser Bestimmung kann die Eidgenössische Steuerverwaltung als berechtigt angesehen werden, im Zusammenhang mit der Weiterleitung eines bei einer kantonalen Amtsstelle eingereichten Rückerstattungsantrags an eine ausländische Steuerbehörde gegenüber der Gesuchstellerin die in Art. 4 Missbrauchsbeschluss umschriebenen Massnahmen zu ergreifen. b) Der angefochtene Entscheid hat einerseits die Weiterleitung des am 28. März 1985 eingereichten Antrags auf Rückerstattung der in Portugal erhobenen Quellensteuern auf den Dividenden der portugiesischen Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin, aber auch weitere im Zeitpunkt des Entscheids der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 23. Januar 1986 hängige Anträge auf Weiterleitung von Rückerstattungs- oder Befreiungsgesuchen an nicht genannte Vertragsstaaten zum Gegenstand. Dabei kann es sich um alle bereits erwähnten europäischen Staaten handeln, in denen die Beschwerdeführerin Beteiligungen hält und mit denen die Schweiz Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. Andrerseits enthält der Einspracheentscheid auch die Verpflichtung, die seit 1982 erwirkten Quellensteuerentlastungen an die entsprechenden Vertragsstaaten zurückzuvergüten. Dabei handelt es sich nach Ziff. 1 des Dispositivs des angefochtenen Entscheids und nach der Beilage zum Entscheid vom 23. Januar 1986 um Frankreich, Grossbritannien, Portugal, Italien und Österreich. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hält in den Ziff. 2 und 3 des Dispositivs des angefochtenen Einspracheentscheids an dieser Verpflichtung fest. Sie hat sie lediglich sistiert, damit die Beschwerdeführerin die Rückerstattung noch vermeiden kann, indem sie die verlangten Ausschüttungen für die betreffenden Jahre nachholt. Der angefochtene Einspracheentscheid ist folglich nicht nur eine blosse Auskunft oder eine Feststellung der Rechtslage. Vielmehr handelt es sich um eine gemäss Art. 97 Abs. 1 OG mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbare Verfügung im Sinne von BGE 113 Ib 195 S. 199 Art. 5 VwVG , welche für die Beschwerdeführerin hinsichtlich der von ihr eingereichten Rückerstattungsanträge und der bereits weitergeleiteten früheren Anträge konkrete Rechtswirkungen entfaltet. 3. a) Nach der Kompetenzzuweisung in Art. 1 Durchführungsbeschluss werden die Ausführungsbestimmungen für die Durchführung eines von der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit einem fremden Staate abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom Bundesrat aufgestellt. Der Bundesrat ist gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. b Durchführungsbeschluss insbesondere zuständig, Massnahmen zu treffen, um zu verhindern, dass die vom anderen Vertragsstaat zugesicherte Herabsetzung von an der Quelle erhobenen Steuern Personen zugute kommt, die darauf nach dem Abkommen keinen Anspruch haben. Gestützt auf diese Bestimmung hat der Bundesrat den Missbrauchsbeschluss erlassen. b) Nach dem Missbrauchsbeschluss wird eine Steuerentlastung von einer natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz missbräuchlich beansprucht, wenn die Inanspruchnahme dazu führen würde, dass die Steuerentlastung zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt nicht abkommensberechtigten Personen zugute kommt (Art. 2 Abs. 1 Missbrauchsbeschluss). Diese allgemeine Umschreibung der missbräuchlichen Inanspruchnahme einer Steuerentlastung wird in Art. 2 Abs. 2 Missbrauchsbeschluss durch vier typische Tatbestände konkretisiert: "2 Eine Steuerentlastung wird insbesondere dann missbräuchlich beansprucht, wenn sie Einkünfte betrifft; a. die zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt zur Erfüllung von Ansprüchen nicht abkommensberechtigter Personen verwendet werden; der Erfüllung von Ansprüchen ist in der Regel gleichgestellt die Verwendung der Einkünfte zur Abschreibung von Vermögenswerten, deren Gegenwert direkt oder indirekt nicht abkommensberechtigten Personen zugekommen ist oder zukommt; b. die einer juristischen Person mit Sitz in der Schweiz zugute kommen, an der nicht abkommensberechtigte Personen zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt durch Beteiligung oder in anderer Weise interessiert sind und die keine angemessenen Gewinnausschüttungen vornimmt; c. die auf Grund eines Treuhandverhältnisses einem nicht abkommensberechtigten Treugeber zugute kommen; BGE 113 Ib 195 S. 200 d. die einer Familienstiftung mit Sitz in der Schweiz oder einer Personengesellschaft mit Sitz aber ohne geschäftlichen Betrieb in der Schweiz zugute kommen, an denen nicht abkommensberechtigte Personen zu einem wesentlichen Teil interessiert sind." c) Die Eidgenössische Steuerverwaltung geht in ihrem Einspracheentscheid davon aus, dass auf die Beschwerdeführerin Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss anwendbar sei. Wie das Bundesgericht bereits in BGE 94 I 659 entschieden hat, hält sich diese Bestimmung im Rahmen des Missbrauchsbeschlusses und läuft auch dem Sinn und Zweck der Doppelbesteuerungsabkommen nicht zuwider. 4. Für die Anwendung von Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss müssen im einzelnen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: a) Eine juristische Person mit Sitz in der Schweiz erzielt im Ausland mit Quellensteuern belastete Einkünfte, und sie kann in bezug auf diese Einkünfte grundsätzlich eine Steuerentlastung durch die Inanspruchnahme eines Doppelbesteuerungsabkommens verlangen. Diese Voraussetzung ist für die Beschwerdeführerin erfüllt. Als juristische Person mit Sitz in der Schweiz erzielt sie in der Form von Dividenden ihrer Tochtergesellschaften quellensteuerbelastete Einkünfte aus Staaten, mit denen die Schweiz Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. b) Bei der juristischen Person mit Sitz in der Schweiz muss es sich um eine sogenannte Speichergesellschaft handeln, d.h. um eine Gesellschaft, welche die ihr zufliessenden ausländischen Einkünfte thesauriert und auf absehbare Zeit keine angemessenen Gewinnausschüttungen vornimmt. Bei derartigen Gesellschaften, welche aufgrund des Holdingprivilegs sowie eventuell aufgrund des Domizilprivilegs von den ihnen zufliessenden ausländischen Dividenden in der Schweiz keine oder nur unbedeutende Steuern zu entrichten haben, besteht die Gefahr, dass die aufgespeicherten Gewinne auf absehbare Zeit nie ausgeschüttet, dagegen von den Interessierten früher oder später in irgendeiner Form steuerfrei an sich gezogen werden. Die ausländischen Dividendenerträge, für welche die Entlastung von ausländischen Quellensteuern gestützt auf ein Doppelbesteuerungsabkommen verlangt wird, könnten so ohne wesentliche Besteuerung in der Schweiz nicht abkommensberechtigten, in Drittländern ansässigen Personen zufliessen. In einem derartigen Fall wäre es missbräuchlich, wenn die Speichergesellschaft BGE 113 Ib 195 S. 201 die im Hinblick auf die schweizerische Besteuerung gewährte Entlastung von der ausländischen Quellensteuer verlangen könnte. Mit dem Ausschüttungsgebot soll ein derartiger Missbrauch verhindert werden; durch die Belastung der Ausschüttungen mit der Verrechnungssteuer wird eine angemessene Besteuerung der abkommensbegünstigten Einkünfte in der Schweiz sichergestellt (vgl. dazu das Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 31. Dezember 1962, Ziff. II/2, in: ASA 31, S. 249). c) An der fraglichen juristischen Person müssen schliesslich zu einem wesentlichen Teil direkt oder indirekt durch Beteiligung oder in anderer Weise nicht abkommensberechtigte Personen interessiert sein. Damit von einem Missbrauch gesprochen werden kann, muss die ausländische Quellensteuerentlastung einer nicht abkommensberechtigten Person unter Umständen zugute kommen, unter denen die Staatsvertragsparteien die Entlastung von der ausländischen Quellensteuer nicht vereinbaren wollten und die Schweiz nach dem Grundsatz von Treu und Glauben diese Entlastung von ihrem Vertragspartner nicht erwarten darf. Derartige Umstände können sich insbesondere aus der Kombination der Entlastung von ausländischen Quellensteuern mit Steuererleichterungen für den schweizerischen Empfänger der Einkünfte (Holdingprivileg, Domizilprivileg) ergeben. Diese Kombination kann unter anderem dazu dienen, die ordentliche Besteuerung der ausländischen Einkünfte in der Schweiz auf absehbare Zeit zu vermeiden und es bei der latenten Steuerlast bewenden zu lassen, um sie später allenfalls auf die eine oder andere Weise gar endgültig abzuwenden. Ein derartiges Vorgehen erscheint im Verhältnis zum ausländischen Vertragsstaat an sich missbräuchlich (RIVIER, Le droit fiscal international, S. 251; WIDMER, Neue Entwicklungen im internationalen Steuerrecht, in: Steuer Revue 1974, S. 90 ff., insbesondere S. 94 Ziff. 3). Was die Speichergesellschaft betrifft, ist ein solcher Missbrauch nach Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss schon allein darin zu erblicken, dass sie den Vorteil des Doppelbesteuerungsabkommens zur Thesaurierung der Einkünfte im Interesse nicht abkommensberechtigter Personen ausnützt (MATTHEY, Les mesures contre l'utilisation sans cause légitime des conventions conclues par la Confédération en vue d'éviter les doubles impositions, in: Revue de droit administratif et droit fiscal 1963, S. 59; BGE 113 Ib 195 S. 202 RIVIER, a.a.O., S. 251; RYSER, Introduction au droit fiscal international de la Suisse, S. 186). Bei einer Thesaurierung besteht immer die Möglichkeit, dass die von der ausländischen Quellensteuer entlasteten Einkünfte später indirekt oder bei einer Liquidation der Gesellschaft allenfalls direkt unter Umgehung der Verrechnungssteuer den Interessierten zugute kommen (Ludwig, Die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen, in: Steuer Revue 1963, S. 57 f.). 5. a) In bezug auf die zuletzt genannte Voraussetzung (E. 4 lit. c) bestreitet die Beschwerdeführerin, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss auf sie anwendbar sei. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Portugal und allen anderen in Frage kommenden Staaten (mit Ausnahme von Österreich) sei ihre Mutter-Kollektivgesellschaft abkommensberechtigt. Zudem sei in der Schweiz nicht die Kollektivgesellschaft, sondern seien ihre Gesellschafter Steuersubjekt. Weder direkt noch indirekt seien daher nicht abkommensberechtigte Personen an ihr interessiert. Die Beschwerdeführerin widerspricht damit der Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, die im angefochtenen Einspracheentscheid die vier Teilhaber der Mutter-Kollektivgesellschaft als indirekt durch Beteiligung an der Beschwerdeführerin interessierte, nicht abkommensberechtigte Personen bezeichnet hat. b) Die Abkommensberechtigung bzw. der persönliche Geltungsbereich der von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich in den nach dem Muster der OECD gestalteten Doppelbesteuerungsabkommen regelmässig danach, ob eine Person in einem der Vertragsstaaten ansässig ist (vgl. Art. 1 Musterabkommen OECD). In den älteren Doppelbesteuerungsabkommen ist der Wohnsitz oder bei juristischen Personen der Sitz ausschlaggebendes Kriterium. Grundsätzlich ergeben sich daraus keine abweichenden Ergebnisse (vgl. VON SIEBENTHAL, Persönlicher Geltungsbereich von Doppelbesteuerungsabkommen und Ansässigkeit, in: Höhn, Handbuch des internationalen Steuerrechts der Schweiz 1984, S. 117). c) Ob eine Person in einem Vertragsstaat ansässig und damit abkommensberechtigt ist, hängt mit der Frage zusammen, wer im Sinne eines Doppelbesteuerungsabkommens als Person anzusehen ist. Bei Kollektivgesellschaften lässt sich dies nicht ohne weiteres beantworten. Die nach schweizerischem Recht begründeten Kollektivgesellschaften sind nur mit einer beschränkten Rechtspersönlichkeit BGE 113 Ib 195 S. 203 ausgestattet (vgl. Art. 562 OR ). Sie sind als solche nicht Steuersubjekte, sondern ihr Unternehmungsvermögen und -gewinn wird anteilmässig bei den einzelnen Teilhabern besteuert. d) In den von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen findet sich keine einheitliche Regelung. Immerhin behandeln die Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz teilweise die Personengesellschaften oder zumindest die nach schweizerischem Recht errichteten und organisierten Personengesellschaften ausdrücklich als Personen. Von den übrigen Vertragspartnern werden die schweizerischen Personengesellschaften wenigstens in der Praxis als ansässige Personen im Sinne der Abkommen angesehen. Eine Ausnahme sind die Vertragsstaaten Bundesrepublik Deutschland und Österreich, welche aber unter einschränkenden Voraussetzungen die Entlastung von ihren Quellensteuern in der Schweiz ansässigen Personengesellschaften ebenfalls zugestehen. e) Die von der Beschwerdeführerin angerufenen Doppelbesteuerungsabkommen sind - mit Ausnahme des Abkommens mit Finnland - alle nach dem Musterabkommen der OECD gestaltet. Sie enthalten - ausgenommen das Abkommen mit Spanien - über den Sitz von Personengesellschaften eine ausdrückliche Regelung. In der Schweiz ansässige Personengesellschaften werden als im Sinne des Abkommens ansässige bzw. abkommensberechtigte Personen betrachtet. Obwohl die in der Schweiz ansässigen Kollektivgesellschaften als solche nicht Steuersubjekte sind, sondern ihr Unternehmungsvermögen und -gewinn anteilig bei den Teilhabern besteuert wird, wird von den schweizerischen Behörden in den Vertragsverhandlungen die Anerkennung von schweizerischen Personengesellschaften als abkommensberechtigte Personen angestrebt. Das von der Schweiz mit einer solchen Abkommensbestimmung verlangte Zugeständnis bezieht sich sowohl auf die Besteuerung des Unternehmungsvermögens und -einkommens der Kollektivgesellschaft (in der Schweiz) als auch im Zusammenhang damit auf die Quellensteuerentlastung der zu den Unternehmungseinkünften gehörenden Dividenden-, Zins- oder Lizenzeinkünfte aus dem Vertragsstaat (ALIG, Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, in: Höhn, a.a.O., S. 258, 260 und 261; RIVIER, a.a.O., S. 118 f.; ALTDORFER, Länderbericht, Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht, in: Cahiers de droit fiscal international 1974 II, S. 262 f.). BGE 113 Ib 195 S. 204 f) Aus der Abkommensberechtigung der Kollektivgesellschaft kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, die schweizerische Kollektivgesellschaft und mit ihr ihre in einem Drittstaat wohnhaften Teilhaber seien nach dem Willen der Vertragsparteien auch abkommensberechtigte Personen hinsichtlich der im Vertragsstaat von der Quellensteuer entlasteten Einkünfte einer schweizerischen Holdinggesellschaft, deren Aktien zum Unternehmungsvermögen der Kollektivgesellschaft gehören. Es handelt sich bei der Beherrschung schweizerischer Kapitalgesellschaften durch eine in Form einer schweizerischen Kollektivgesellschaft von im Ausland wohnhaften Personen errichtete Unternehmung um eine äusserst seltene, ungewöhnliche Situation. Es ist nicht anzunehmen, dass die Vertragsstaaten der Schweiz auch im Hinblick auf diese Situation auf ihre Quellenbesteuerung von Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren verzichten wollten zugunsten der schweizerischen Steuerhoheit, wenn weder bei der schweizerischen Holdinggesellschaft noch bei der beherrschenden Unternehmung (Kollektivgesellschaft) zunächst eine Besteuerung eintritt. Dass die Vertragsstaaten die in einem Drittstaat wohnhaften Teilhaber der Kollektivgesellschaft auch für diesen Fall als in der Schweiz ansässig und damit abkommensberechtigt behandeln wollten, wäre vielmehr ungewöhnlich, ist doch der Abkommensschutz für die in einem Vertragsstaat nur beschränkt steuerpflichtigen, in Drittländern ansässigen Personen noch nicht erreicht (ALIG, a.a.O., S. 275; ALTDORFER, a.a.O., S. 261; WIDMER, a.a.O., S. 93; vgl. auch RYSER, Les mesures prises par la Suisse contre l'utilisation sans cause légitime des conventions en vue d'éviter la double imposition, in: ASA 32, S. 12 f.) und grundsätzlich erst für die in einem der beiden Vertragsstaaten ansässigen Personen gewährleistet (vgl. Art. 1 Musterabkommen OECD). Der Standpunkt der Beschwerdeführerin, nicht nur ihre Mutter-Kollektivgesellschaft, sondern auch deren Teilhaber seien abkommensberechtigte Personen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss, kann daher nicht geschützt werden. Die Eidgenössische Steuerverwaltung wendet auf die von ausländischen Quellensteuern entlasteten und von der Beschwerdeführerin gespeicherten Einkünfte zutreffend Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss an, weil sie schliesslich den an ihr indirekt durch Beteiligung interessierten Teilhabern zugute kommen, die dafür nicht als abkommensberechtigt zu halten sind, weder nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Portugal noch nach den übrigen, von der Beschwerdeführerin angerufenen Abkommen. BGE 113 Ib 195 S. 205 g) Erst recht könnten weder die im Ausland wohnenden Kollektivgesellschafter noch die Kollektivgesellschaft als ansässig gelten im Sinne von Art. 4 Abs. 1 des Abkommens mit der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 30. Januar 1974 (SR 0.672.916.31). Sie hätten auch die Voraussetzungen einer Entlastung von österreichischen Quellensteuern nach Art. 28 Abs. 6 dieses Abkommens nicht erfüllen können. 6. a) Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, dass ein Missbrauch der von ihr nach diesen Doppelbesteuerungsabkommen in Anspruch genommenen Entlastung von ausländischen Quellensteuern im vornherein nicht vorliegen könne, weil die Teilhaber ihrer Mutter-Kollektivgesellschaft die bei ihr gespeicherten Einkünfte später als Bestandteil des Gewinns der Kollektivgesellschaft in der Schweiz würden versteuern müssen. Angemessene und laufende Gewinnausschüttungen seien nach dem Sinn von Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss von einer juristischen Person nicht zu verlangen, wenn ihre Aktien sich ausschliesslich im Betriebsvermögen einer schweizerischen Kollektivgesellschaft mit einem Geschäftsbetrieb in der Schweiz befinden würden, auch wenn ein wesentlicher Teil der Teilhaber dieser Kollektivgesellschaft nicht in der Schweiz ansässig sei. b) Die in Erwägung 5 dargestellte Auslegung von Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss hat einmal den Wortlaut dieser Bestimmung offensichtlich für sich. Die Bestimmung hat sodann den Sinn, das Speichern der erwähnten Einkünfte in einer schweizerischen Aktiengesellschaft an sich zu verhindern mit Rücksicht auf das Vertrauen der Vertragsstaaten, welche die Entlastung von ihren Quellensteuern nicht im Interesse von in Drittstaaten ansässigen Personen, die davon in Kombination mit den Steuererleichterungen für schweizerische Holdinggesellschaften zu profitieren suchen, gewähren wollen. In BGE 94 I 667 (E. 4) wurde zwar noch nicht entschieden, dass die in Art. 2 Abs. 2 lit. b Missbrauchsbeschluss vorgesehenen angemessenen Gewinnausschüttungen auch bezwecken, dass es nicht bei einer latenten Steuerpflicht der im Ausland ansässigen direkt oder indirekt Interessierten in der Schweiz bleibt. Mit Rücksicht auf das von den Partnerstaaten gewährte Vertrauen auf eine Besteuerung in der Schweiz erscheint es jedoch nicht gerechtfertigt, in einer derartigen Situation der schweizerischen Holdinggesellschaft die Entlastung von den ausländischen Quellensteuern zu ermöglichen.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
de5984a2-eaf3-4aca-ac1c-b4e8b771c104
Urteilskopf 126 I 144 18. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. März 2000 i.S. D. gegen Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Luzern und Obergericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; kantonale Staatshaftung; Umfang der Überprüfung des Schadenersatzanspruches in einem Staatshaftungsprozess wegen Verweigerung des Zuschlags von Arbeiten. Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist auf Staatshaftungsprozesse anwendbar. Diese Bestimmung verlangt, dass der Schadenersatzanspruch des Klägers durch ein Gericht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend geprüft wird. Verletzung der Bestimmung im vorliegenden Fall, weil die Gerichte des Kantons Luzern die Frage der Widerrechtlichkeit in Übereinstimmung mit § 4 Abs. 2 des kantonalen Haftungsgesetzes nicht überprüft, sondern ihrem Entscheid jenen des Regierungsrates zu Grunde gelegt haben, der die Arbeitsvergebung an eine Drittunternehmung als rechtmässig erachtet hat. Eine eingeschränkte Prüfung durch die Gerichte wäre lediglich dann mit Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu vereinbaren gewesen, wenn der Vergabeentscheid vor ein Gericht hätte gebracht werden können, das seinerseits den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügt.
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 126 I 144 S. 145 A.- D. ist Inhaber eines Malergeschäftes in E. Die Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Luzern schrieb aufgrund des damals geltenden kantonalen Submissionsgesetzes vom 10. April 1973 die Bauarbeiten für den Umbau des Hauses S. am 18. November 1995 öffentlich aus. Für die Position "Innere Malerarbeiten" gingen 26 Offerten ein, worunter jene von D. die günstigste war. Die Ausschreiberin teilte ihm am 11. Januar 1996 mit, sein Angebot sei nicht berücksichtigt worden. Der Regierungsrat des Kantons Luzern wies am 5. März 1996 eine Aufsichtsbeschwerde D.s ab. Diesen Entscheid hob das Bundesgericht, das die submissionsrechtliche Aufsichtsbeschwerde als eigentliches Rechtsmittel qualifizierte, mit Urteil vom 4. Dezember 1996 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs auf. Der Regierungsrat wies in der Folge mit Entscheid vom 16. Dezember 1997 die Aufsichtsbeschwerde erneut ab, soweit er darauf eintrat, im Wesentlichen mit der Begründung, das Unternehmen von D. habe nicht Gewähr für die Einhaltung der gesamtarbeitsvertraglichen Vorschriften geboten. B.- D. erhob am 24. April 1998 gestützt auf das kantonale Haftungsgesetz vom 13. September 1988 Klage gegen die Römisch-katholische Landeskirche des Kantons Luzern beim Amtsgericht Luzern-Stadt auf Bezahlung von Fr. 25'000.- zuzüglich Zins. In dieser Höhe sei ihm Schaden entstanden, weil seine Offerte im Submissionsverfahren widerrechtlich nicht berücksichtigt worden sei. BGE 126 I 144 S. 146 Das Amtsgericht Luzern-Stadt wies die Klage mit Urteil vom 12. Januar 1999 ab. Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte dieses Urteil am 7. September 1999. C.- D. hat mit Eingabe vom 2. November 1999 staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts vom 7. September 1999 aufzuheben, und macht namentlich geltend, es verstosse gegen den Anspruch auf Zugang zu einem Gericht ( Art. 6 EMRK ) sowie gegen schweizerisches Verfassungsrecht, die Widerrechtlichkeit im Haftungsverfahren nicht zu überprüfen, sondern diesbezüglich den Entscheid des Regierungsrates zu Grunde zu legen. Die Römisch-katholische Landeskirche und das Obergericht des Kantons Luzern beantragen in ihren Vernehmlassungen, die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den angefochtenen Entscheid auf. Erwägungen Erwägungen: 1. Gemäss § 4 Abs. 1 des Haftungsgesetzes des Kantons Luzern (HG) haftet das Gemeinwesen, zu dem die Landeskirchen zählen (§ 2 HG), für den vollen Schaden, den ein Beamter einem Dritten in Ausübung amtlicher Verrichtungen widerrechtlich zufügt, sofern es nicht nachweist, dass dem Beamten kein Verschulden zur Last fällt. Wird ein Entscheid im Rechtsmittelverfahren geändert, haftet das Gemeinwesen nur beim Nachweis, dass der Beamte oder die Behörde die Widerrechtlichkeit beabsichtigt hat (§ 4 Abs. 2 Satz 1 HG). Die Rechtmässigkeit rechtskräftiger Entscheide kann im Haftpflichtverfahren nicht überprüft werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 HG). Für die Zuständigkeit und das Verfahren gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (§ 7 HG). Der Beschwerdeführer leitet seinen Schadenersatzanspruch daraus ab, dass sein Angebot im Submissionsverfahren zu Unrecht wegen mangelnder Gewähr für die Einhaltung der Vorschriften des Gesamtarbeitsvertrages (§ 20 lit. f der Verordnung vom 9. Juli 1973 zum Submissionsgesetz) unberücksichtigt geblieben ist. Das damals massgebende Submissionsgesetz vom 10. April 1973 sah zwar vor, dass wegen Verletzung des Gesetzes und der zugehörigen Verordnung Aufsichtsbeschwerde beim Regierungsrat geführt werden kann, welcher Rechtsmittelqualität zukommt (§ 6 Abs. 1 Submissionsgesetz; Urteil des Bundesgerichts vom 4. Dezember 1996 in BGE 126 I 144 S. 147 der vorliegenden Angelegenheit); unzulässig war aber die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den regierungsrätlichen Entscheid (§ 6 Abs. 4 Submissionsgesetz). Das geltende Gesetz vom 19. Oktober 1998 über die öffentlichen Beschaffungen sieht nunmehr, in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundesrechts, namentlich des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02; vgl. BGE 125 II 86 ; BGE 125 I 406 ), die Beschwerde an das Verwaltungsgericht vor. Im vorliegenden Fall fand diese neue Rechtsmittelordnung aber noch keine Anwendung. 2. a) Die kantonalen Gerichte haben die Haftungsvoraussetzung der Widerrechtlichkeit verneint und dabei den Entscheid des Regierungsrates zu Grunde gelegt, dessen Rechtmässigkeit aufgrund der Bestimmung von § 4 Abs. 2 Satz 2 Haftungsgesetz nicht überprüft werden könne. Die Regelung des Luzerner Haftungsgesetzes entspricht derjenigen des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG; SR 170.32). Dessen Art. 12 lautet: "Die Rechtmässigkeit formell rechtskräftiger Verfügungen, Entscheide und Urteile kann nicht in einem Verantwortlichkeitsverfahren überprüft werden." Fällt als Ursache eines im Verantwortlichkeitsverfahren geltend gemachten Schadens einzig eine formell rechtskräftige Verfügung in Betracht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Klage ohne weitere Untersuchung der Frage der Widerrechtlichkeit des staatlichen Verhaltens bereits gestützt auf Art. 12 VG abzuweisen. Zweck der Regelung ist, zu verhindern, dass der Bürger eine ihm unbequeme, aber rechtskräftig gewordene Verfügung oder Entscheidung auf dem Umweg über das Verantwortlichkeitsverfahren erneut angreifen kann. Wer eine Verfügung erfolglos bis vor oberster Instanz (Gericht oder Verwaltungsbehörde) angefochten oder die für die Anfechtung der schädigenden Verfügung offen stehenden Rechtsmittel gar nicht genutzt hat, soll die Rechtmässigkeit dieser Verfügung nicht (nochmals) in einem Verantwortlichkeitsprozess bestreiten bzw. überprüfen lassen können ( BGE 119 Ib 208 E. 3c S. 212 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat Art. 12 VG allerdings nicht angewendet, wenn eine Verfügung bloss mündlich und ohne Hinweis auf die Anfechtungsmöglichkeiten eröffnet und ausserdem sofort vollzogen worden ist, so dass ein Beschwerdeverfahren gar keine Korrektur mehr hätte bringen können ( BGE 100 Ib 8 BGE 126 I 144 S. 148 E. 2b; BGE 119 Ib 208 E. 3c S. 212). Billigerweise könne dem Betroffenen im Verantwortlichkeitsverfahren der unbenutzte Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht entgegengehalten werden, wenn ein Beschwerdeverfahren in einer blossen Feststellung enden müsste ( BGE 100 Ib 8 E. 2b). Bei Erhebung von Verwaltungsgerichtsbeschwerden sieht das Bundesgericht folgerichtig ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung einer angefochtenen Verfügung, die schon vollzogen ist oder deren Wirkung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, nicht schon darin, dass der Beschwerdeführer Schadenersatz geltend zu machen beabsichtigt; zugleich hat das Gericht aber festgehalten, dass die Rechtskraft solcher Entscheide dem Betroffenen im Schadenersatzprozess nicht entgegengehalten werden kann (Urteil vom 22. Dezember 1999 i.S. H. AG c. UVEK; Urteil vom 2. September 1998 i.S. X. AG c. S. AG; Urteil vom 17. Mai 1983 i.S. T. AG c. EVD). b) Der Beschwerdeführer hat den ersten Entscheid des Regierungsrates mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten, den zweiten allerdings nicht mehr. Die kantonalen Gerichte haben dem Beschwerdeführer entgegengehalten, er hätte, wenn er die Rechtmässigkeit des Entscheides des Regierungsrates in Frage stellen wollte, staatsrechtliche Beschwerde ergreifen müssen; im Haftungsprozess könne er darauf nicht mehr zurückkommen, und der Entscheid des Regierungsrates sei für die Frage der Widerrechtlichkeit verbindlich. Das Bundesgericht hat allerdings bereits in seinem Urteil vom 4. Dezember 1996 (E. 2a) festgehalten, es fehle am für die Ergreifung der staatsrechtlichen Beschwerde im allgemeinen erforderlichen aktuellen praktischen Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides ( Art. 88 OG ; BGE 120 Ia 165 mit Hinweisen), nachdem mit der Ausführung der betreffenden Submissionsarbeiten bereits vor längerer Zeit begonnen worden sei. Es trat auf die staatsrechtliche Beschwerde nur deshalb ein, weil grundsätzliche Fragen betreffend die Parteirechte im Verfahren der submissionsrechtlichen Aufsichtsbeschwerde (nach luzernischem Recht) zu beantworten waren. Das aber erlaubte ihm, vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen. Auf eine weitere Eingabe des Beschwerdeführers, ein anderes Submissionsverfahren betreffend, bei dem die Arbeiten bereits ausgeführt waren, ist denn das Bundesgericht auch nicht mehr eingetreten (Urteil vom 22. August 1997 i.S. D. c. Regierungsrat des Kantons Luzern). Es hat in diesem Urteil ein aktuelles Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit auch im Blick auf einen allfälligen Haftungsprozess verneint, weil BGE 126 I 144 S. 149 der Beschwerdeführer in jenem Prozess noch Gelegenheit habe, die behauptete Widerrechtlichkeit nach den Vorschriften besagten Verfahrens zu beweisen. In einem früheren Urteil ( BGE 118 Ia 488 E. 1c), darauf weist das Obergericht zu Recht hin, hatte sich das Bundesgericht noch nicht derart eindeutig geäussert. Vielmehr liess es offen, ob ein aktuelles praktisches Interesse allenfalls zu bejahen wäre, wenn nach der massgeblichen kantonalen Regelung für einen allfälligen Haftungsprozess alle Möglichkeiten zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Aktes, der die Haftung begründen soll, vorweg ergriffen werden müssten. Zugleich hat das Bundesgericht allerdings als zweifelhaft bezeichnet, ob eine Einschränkung der Überprüfbarkeit im Haftungsprozess auch dann gelten könne, wenn die ursprüngliche Verfügung rechtskräftig geworden ist, weil sie aus prozessualen Gründen nicht mehr angefochten werden konnte (BGE, a.a.O.). Es liefe auf eine Rechtsverweigerung hinaus, wenn einerseits das Bundesgericht kantonale Entscheide wegen fehlenden aktuellen Interesses nicht auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüfen würde, anderseits aber im Staatshaftungsprozess ohne eigenständige Prüfung der Widerrechtlichkeit auf kantonale Entscheide abgestellt würde, gegen welche staatsrechtliche Beschwerde wegen Wegfalls des Interesses gar nicht geführt werden konnte. Die Auffassung des Obergerichts des Kantons Luzern bedingt, dass auch im kantonalen Verwaltungsprozess konsequent auf Beschwerden eingetreten wird, selbst wenn deren Gutheissung dem Beschwerdeführer zwar keinen direkten praktischen Nutzen mehr bringen würde, er aber in Betracht zieht, Schadenersatz geltend zu machen. c) Vorliegend verhält es sich allerdings nicht so, dass das Bundesgericht auf eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 16. Dezember 1997 nur deshalb nicht eingetreten wäre, weil es das aktuelle Interesse an der Beschwerdeführung verneint hätte. Nach der damals massgebenden Rechtsprechung konnte der in einem Submissionsverfahren ergangene Zuschlag vom unterlegenen Bewerber mit staatsrechtlicher Beschwerde materiell nicht angefochten werden. Zulässig war einzig die Beschwerde wegen Verletzung der durch das kantonale Verfahrensrecht gewährleisteten oder unmittelbar aus Art. 4 aBV fliessenden Parteirechte ( BGE 119 Ia 424 E. 3b und c mit Hinweisen). Solche Rügen hatte der Beschwerdeführer mit seiner ersten staatsrechtlichen Beschwerde denn auch erhoben, und das Bundesgericht hiess diese wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs BGE 126 I 144 S. 150 durch den Regierungsrat gut. Nachdem der Regierungsrat diesen Verfahrensfehler mit seinem Entscheid vom 16. Dezember 1997 aber korrigiert hatte, war eine Anfechtung nicht mehr möglich, weil nur noch materiellrechtliche Fragen Gegenstand der Beschwerde hätten bilden können. Auf eine solche Beschwerde wäre das Bundesgericht unabhängig vom fehlenden aktuellen Interesse an der Beschwerdeführung nicht eingetreten. Erst in einem Urteil vom 20. November 1998 wurde aufgrund der neuen rechtlichen Vorgaben im Submissionswesen entschieden, dass derjenige, der an einem Vergabeverfahren teilnimmt, auch materiellrechtlich in seinen rechtlich geschützten Interessen im Sinne von Art. 88 OG betroffen sein kann und folglich zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde befugt ist ( BGE 125 II 86 ). Da der hier im Streit liegende Vergabeentscheid aber noch nach altem Recht getroffen wurde, hätte der Entscheid des Regierungsrates materiell beim Bundesgericht gar nicht angefochten werden können. Damit aber steht nicht in Frage, ob die formelle Rechtskraft des Entscheides dem Kläger im Haftungsprozess auch dann entgegengehalten werden kann, wenn ein Rechtsmittel gegen den Entscheid an sich gegeben, wegen Wegfalls des Interesses aber nicht mehr geprüft worden wäre. 3. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei mit dem Anspruch auf Zugang zu einem Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK nicht vereinbar, dass im Staatshaftungsprozess der Entscheid des Regierungsrates ungeprüft zu Grunde gelegt und gestützt darauf die Widerrechtlichkeit verneint werde. Art. 6 Ziff. 1 EMRK lautet, soweit hier von Bedeutung, in seiner deutschen Fassung wie folgt: "Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen (...) zu entscheiden hat." Ansprüche aus Staatshaftung sind zivilrechtlicher Natur im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK , und zwar ohne Rücksicht darauf, wie die angeblich schädigende amtliche Verrichtung zu qualifizieren ist. So wurde ein aus behaupteter diskriminierender Behandlung bei der Gewährung steuerlicher Privilegien abgeleiteter Schadenersatzanspruch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als zivilrechtlich gewertet (Urteil i.S. Editions Périscope vom 26. März 1992, Série A vol. 234-B), wiewohl steuerrechtliche Verfahren als solche nicht unter den Begriff der zivilrechtlichen Streitigkeiten fallen BGE 126 I 144 S. 151 (Urteil i.S. Schouten und Meldrum vom 9. Dezember 1994, Série A vol. 304, Ziff. 50; ausführlich zur genannten Unterscheidung: JIRI MUCHA, The Case-Law of the Commission as Regards the Administration of Civil Justice, in: de Salvia/Villiger, The Birth of European Human Rights Law, Festschrift Norgaard, Baden-Baden 1998, S. 138-140). Das Bundesgericht hat seinerseits einen Entscheid betreffend Entschädigung wegen behaupteter unrechtmässiger Untersuchungshaft ebenfalls als zivilrechtlich gewertet, obwohl deren Anordnung und Überprüfung der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung von Art. 5 EMRK unterliegt und Art. 6 Ziff. 1 EMRK darauf nicht anwendbar ist ( BGE 119 Ia 221 ). Auf den Ursprung des Streites kommt es mithin nicht an. Ausreichend und entscheidend ist vielmehr, dass der geltend gemachte Anspruch selber vermögensrechtlichen Charakter aufweist ( BGE 119 Ia 221 E. 2 mit weiteren Hinweisen; siehe auch RUTH HERZOG, Art. 6 EMRK und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Diss. Bern 1995, S. 213 f.). Es bedarf daher nicht der Prüfung, ob die Arbeitsvergebung nach dem damals massgebenden luzernischen Recht als zivilrechtliche Rechtsstreitigkeit hätte qualifiziert werden müssen (vgl. die differenzierten Ausführungen von HERZOG, a.a.O., S. 205-209). So oder anders handelt es sich beim geltend gemachten Anspruch aus Staatshaftung um eine Zivilrechtssache im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK . b) Die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK setzt ferner voraus, dass sich die Streitigkeit auf ein Recht bezieht, von dem sich mit guten Gründen ("de manière défendable"; "on arguable grounds") sagen lässt, es sei im nationalen Recht verankert ( BGE 125 I 209 E. 7a; DE SALVIA, Compendium de la CEDH, Kehl/Strassburg/Arlington 1998, Rz. 79 zu Art. 6, S. 121, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs). Das Luzerner Haftungsgesetz sieht einen Schadenersatzanspruch für Schaden vor, der in Ausübung amtlicher Verrichtungen widerrechtlich zugefügt wird. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Beschwerdegegnerin habe sein Angebot im Submissionsverfahren zu Unrecht wegen mangelnder Gewähr für die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages unberücksichtigt gelassen; daraus sei ihm ein Schaden erwachsen, weil ihm der Zuschlag hätte erteilt werden müssen. Dass insoweit eine vertretbare Rechtsbehauptung vorliegt, kann nicht zweifelhaft sein. Heikler ist die Frage, ob sich etwas anderes aus § 4 Abs. 2 HG ergibt, wonach die Rechtmässigkeit rechtskräftiger Entscheide im Haftpflichtverfahren nicht überprüft werden kann. Diese Bestimmung beruht - wie schon dargelegt - auf dem Prinzip der Einmaligkeit BGE 126 I 144 S. 152 des Rechtsschutzes: Es soll nicht eine Verfügung, die der Betroffene erfolglos angefochten oder anzufechten versäumt hat, auf dem Umweg über das Staatshaftungsverfahren erneut angegriffen werden können. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Recht auf Schadenersatz bei widerrechtlicher Zufügung eines Schadens nicht bestünde. Geregelt wird damit nur der prozessuale Weg, der einzuschlagen ist, um Schadenersatz geltend zu machen. Die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf den Staatshaftungsprozess wird damit nicht ausgeschlossen. Auch der Gerichtshof hat den Einwand der französischen Regierung, Editions Périscope hätte statt Staatshaftungsklage zu erheben zunächst die zu Grunde liegende Verfügung anfechten müssen, als Problem der Begründetheit des Anspruchs betrachtet, was nicht ausschliesst, dass die Klägerin des Haftungsprozesses mit vertretbaren Gründen ein im französischen Recht verankertes Recht behauptet (a.a.O., Ziff. 38). Ob das Prinzip der Einmaligkeit des Rechtsschutzes der Haftung entgegensteht, ist folglich in einem Verfahren zu prüfen, das den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügt (so auch HERZOG, a.a.O., S. 214 f.). c) Ein Gericht muss, um die Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu erfüllen, über umfassende Kognition in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verfügen ( BGE 123 I 87 E. 3a; Urteil des Gerichtshofs i.S. Terra Woningen BV c. Niederlande vom 28. November 1996, Rec. 1996, 2105, Ziff. 52, mit Hinweisen; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 159 ff.). Dies war vorliegend nicht gewährleistet. In Übereinstimmung mit § 4 Abs. 2 HG haben die kantonalen Gerichte ihrem Entscheid zu Grunde gelegt, dass der Regierungsrat des Kantons Luzern die Arbeitsvergebung an eine Drittunternehmung als rechtmässig erachtete. Weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht wurden die Argumente des Beschwerdeführers gehört, der geltend machte, er hätte Gewähr für die Einhaltung des Gesamtarbeitsvertrages geboten und es sei - da er das günstigste Angebot eingereicht hatte - widerrechtlich gewesen, ihm den Zuschlag zu verweigern. Das ist mit dem Anspruch auf Zugang zu einem Gericht im vorne beschriebenen Sinne nicht vereinbar. Etwas anderes würde gelten, wenn der ursprüngliche Streit vor ein Gericht, das seinerseits den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügt, hätte gebracht werden können, was aber nach der damals massgebenden Rechtslage im Kanton Luzern nicht zutraf, zumal sie die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ausschloss. BGE 126 I 144 S. 153 4. Das Obergericht hätte somit für die Frage der Widerrechtlichkeit im Staatshaftungsprozess nicht ungeprüft darauf abstellen dürfen, dass der Regierungsrat des Kantons Luzern die Verweigerung des Zuschlags an den Beschwerdeführer als rechtmässig erachtete. Die staatsrechtliche Beschwerde ist folglich gutzuheissen und das angefochtene Urteil aufzuheben. Die unterliegende Beschwerdegegnerin hat die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen, wobei es nicht darauf ankommt, ob dies gestützt auf Abs. 1 oder Abs. 2 von Art. 156 OG zu verfügen ist. Selbst wenn die Beschwerdegegnerin nämlich als öffentlichrechtliche Körperschaft mit öffentlichem Auftrag dem Kanton gleichzusetzen wäre ( Art. 156 Abs. 2 OG ), so bliebe es dabei, dass sie mit dem strittigen Verfahren ihre eigenen Vermögensinteressen verfolgt hat und daher auch in Anwendung von Art. 156 Abs. 2 OG zu den Kosten verurteilt werden müsste. Sodann hat sie den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen ( Art. 159 Abs. 2 OG ).
public_law
nan
de
2,000
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
de5a2d00-6808-4646-96b5-184b4f1b8d5b
Urteilskopf 139 V 579 76. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. H. gegen Stiftung Auffangeinrichtung BVG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_337/2013 vom 12. November 2013
Regeste Art. 10 Abs. 1, Art. 23 lit. a und Art. 60 Abs. 2 lit. e BVG ; Art. 8 AVIG ; Art. 1 Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 3. März 1997 über die obligatorische berufliche Vorsorge von arbeitslosen Personen; Anspruch einer nach Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung, aber vor dem Bezug von Taggeldern invalid gewordenen Versicherten auf Invalidenleistungen nach BVG. Die Versicherte, die nach Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung, aber noch vor dem Bezug von Taggeldern infolge einer Erkrankung arbeitsunfähig und später invalid wird, ist bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG für die berufliche Vorsorge versichert, wenn sie die in Art. 8 AVIG aufgezählten Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung erfüllt; sie hat diesfalls Anspruch auf Invalidenleistungen nach BVG (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 580 BGE 139 V 579 S. 580 A. H., geboren 1948, arbeitete seit 1991 als Leiterin der Geschäftsstelle X. SA. Im Januar 2006 traf die Arbeitgeberin mit ihr eine Vereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis per Ende April 2006 wegen Schliessung der Geschäftsstelle beendet werde und die Arbeitnehmerin im Monat Mai eine "Sonderprämie" in der Höhe von 6 Monatsgehältern (ohne Zulagen, "nicht PK-pflichtig") erhalte. Am 8. August 2006 stellte H. Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. In der Rubrik 2 des Antrags mit der Frage "Ab welchem Datum erheben Sie Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung?" ist handschriftlich das Datum des 1. November 2006 angegeben. Mit Schreiben vom 11. und 18. August 2006 bestätigte die Kasse die Anmeldung, und bereits am 14. August lud das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum H. zu einem Beratungsgespräch auf den 2. Oktober 2006 ein. Unter Festsetzung der Rahmenfrist vom 1. November 2006 bis 31. Oktober 2008 richtete die Arbeitslosenkasse erstmals für den Monat November 2006 Arbeitslosenentschädigung aus. Am 15. Dezember 2006 liess H. der Arbeitslosenkasse Nachweise ihrer persönlichen Arbeitsbemühungen aus der Zeit von Februar bis August 2006 zukommen. H. erlitt am 26. September 2006 eine Aneurysma-Ruptur mit Hirnblutung und war in der Folge 100 % arbeitsunfähig. Die IV-Stelle Basel-Landschaft sprach H. mit Verfügung vom 2. Oktober 2008 eine halbe Invalidenrente mit Wirkung ab 1. September 2007 und mit Verfügung vom 6. Oktober 2011 eine Dreiviertelsrente ab 1. November 2008 zu. B. Mit Klage vom 24. Mai 2012 liess H. beantragen, die Stiftung Auffangeinrichtung BVG sei zu verpflichten, ihr ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 56 % ab 1. September 2007 und von 62 % ab 1. November 2008 Invalidenleistungen aus beruflicher Vorsorge auszurichten. Mit Entscheid vom 15. März 2013 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Klage ab. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt H. die Aufhebung des kantonalen Entscheides beantragen sowie das Rechtsbegehren um Zusprechung von Invalidenleistungen aus beruflicher Vorsorge erneuern. BGE 139 V 579 S. 581 Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Anspruch auf Invalidenleistungen haben nach Art. 23 lit. a BVG Personen, die im Sinne der Invalidenversicherung zu mindestens 40 % invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren. Die obligatorische Versicherung beginnt gemäss Art. 10 Abs. 1 BVG für Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag, für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird. Laut Art. 10 Abs. 2 lit. d BVG endet die Versicherungspflicht, wenn der Anspruch auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung wegen des Ablaufs der Rahmenfrist endet. 2.2 Das kantonale Gericht hat richtig auf die obligatorische berufliche Vorsorge für Taggeldbezüger der Arbeitslosenversicherung hingewiesen, die nach Art. 60 Abs. 2 lit. e BVG durch die Auffangeinrichtung BVG durchgeführt wird. Ebenso zutreffend ist, dass nach der Rechtsprechung zu Art. 23 lit. a BVG die Versicherteneigenschaft im Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit, die zur Invalidität geführt hat, bestanden haben muss ( BGE 136 V 65 E. 3.1 S. 68). Darauf wird verwiesen. Überdies hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass die massgebliche Arbeitsunfähigkeit am 26. September 2006 eingetreten ist ( Art. 105 Abs. 1 BGG ), was mit der Festlegung des Beginns der Wartezeit durch die IV-Stelle übereinstimmt. Davon ist im Folgenden auszugehen. 3. 3.1 Die Verordnung vom 3. März 1997 über die obligatorische berufliche Vorsorge von arbeitslosen Personen (SR 837.174) umschreibt den Kreis der versicherten Personen in Art. 1 Abs. 1 lit. a wie folgt: "Für die Risiken Tod und Invalidität sind obligatorisch versichert arbeitslose Personen, welche: die Anspruchsvoraussetzungen nach Artikel 8 AVIG für den Bezug von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung erfüllen oder Entschädigungen nach Artikel 29 AVIG beziehen und (...)". BGE 139 V 579 S. 582 Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nach Art. 8 AVIG (SR 837.0) sind: ganze oder teilweise Arbeitslosigkeit (lit. a), anrechenbarerer Arbeitsausfall (lit. b), Wohnen in der Schweiz (lit. c), zurückgelegte obligatorische Schulzeit und noch nicht im AHV-Alter stehend (lit. d), erfüllte Beitragszeit oder explizite Befreiung davon (lit. e), Vermittlungsfähigkeit (lit. f) und schliesslich Erfüllung der Kontrollvorschriften (lit. g). 4. Es stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Eintritts ihrer Arbeitsunfähigkeit am 26. September 2006 arbeitslos im Sinne von Art. 8 AVIG gewesen ist. Entscheidend für die Entstehung des Versicherungsschutzes ist gemäss Auffassung der Vorinstanz, dass tatsächlich Taggelder der Arbeitslosenversicherung ausgerichtet worden seien. Erst in diesem Zeitpunkt setze der Versicherungsschutz der beruflichen Vorsorge ein. Der Gesetzgeber habe bei Erlass von Art. 10 Abs. 1 BVG den konkreten ersten entschädigungsberechtigten Tag im Auge gehabt, was deutlich aus dem Wortlaut des Gesetzestextes hervorgehe; die Bestimmung regle den Beginn des Versicherungsschutzes, während Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die obligatorische berufliche Vorsorge von arbeitslosen Personen den Kreis der versicherten Personen festlege. Es gebe keinen Anlass, den klaren Gesetzeswortlaut von Art. 10 Abs. 1 BVG anders auszulegen. Art. 1 Abs. 1 der genannten Verordnung sage über die Entstehung des Versicherungsschutzes nichts aus. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, sie habe bereits im August 2006 alle Voraussetzungen für den Bezug von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung erfüllt, sei aber von der Arbeitslosenkasse durch das Anbringen des Datums "1. November" auf dem Antragsformular, wonach Taggelder erst ab diesem Datum beantragt würden, daran gehindert worden, früher Taggelder zu beziehen. Diese Begründung habe das kantonale Gericht nicht gewürdigt und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. 4.1 Art. 10 Abs. 1 BVG lässt die obligatorische Versicherung (hinsichtlich der Risiken Tod und Invalidität; Art. 2 Abs. 3 BVG ) für die Bezüger von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung mit dem Tag beginnen, "für den erstmals eine Arbeitslosenentschädigung ausgerichtet wird". Deutlicher noch als die deutsche Version bringen die französische und die italienische Sprachfassung der Vorschrift ("le jour où ils perçoivent pour la première fois une indemnité BGE 139 V 579 S. 583 de chômage", "il giorno in cui è versata per la prima volta un'indennità di disoccupazione") zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber damit den konkreten entschädigungsberechtigten Tag im Auge hatte (SVR 2011 BVG Nr. 30 S. 116, 9C_793/2010 E. 4). Art. 10 Abs. 1 BVG hatte durch die zweite Teilrevision des AVIG (Erlass von Art. 117a AVIG , in Kraft seit 1. Juli 1997) Eingang ins Gesetz gefunden. Im Zuge dieser Revision war Art. 117a AVIG neu geschaffen worden. Ein Ziel der damaligen Revision war - unter anderen - die Schliessung von Versicherungslücken bei Arbeitslosigkeit bzw. die Koordination mit der beruflichen Vorsorge, "soweit es die Finanzlage der Versicherung gestattet" (Botschaft vom 29. November 1993 zur zweiten Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, BBl 1994 I 340, 344 Ziff. 11). Aus finanziellen Gründen schloss der Bundesrat als Kompromisslösung einen obligatorischen Vollschutz für arbeitslose Personen auch für das Alter aus und beschränkte sich auf einen Vorsorgeschutz lediglich für das Todesfall- und das Invaliditätsrisiko. Der Vorschlag passierte ohne Änderungen die parlamentarische Debatte. Einzig die Berichterstatterin im Ständerat (Beerli) führte dazu aus, die neuen Art. 22a (Beiträge der arbeitslosen Person an die Sozialversicherung) und Art. 117a AVIG seien Anpassungen der beruflichen Vorsorge "zur Sicherstellung des Schutzes gegen Invalidität oder Todesfall während der Arbeitslosigkeit" (AB 1994 S 322). Im Nationalrat erfolgte diskussionslose Zustimmung zum Beschluss des Ständerats (AB 1994 N 1719). In den wenigen Hinweisen aus dem gesetzgeberischen Entstehungsprozess wird immerhin das Bestreben deutlich, den Versicherungsschutz der beruflichen Vorsorge bei Tod und Invalidität "während der Arbeitslosigkeit" sicherzustellen. 4.2 Dieser Intention des Gesetzgebers widerspräche eine Lösung, die einen Versicherungsschutz erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausrichtung von Arbeitslosengeldern annähme. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen faktischen Taggeldausrichtung an, sondern darauf, ab wann das Taggeld AlV-rechtlich geschuldet war und hätte ausbezahlt werden müssen, wenn die Arbeitslosenkasse richtig vorgegangen wäre. Im vorliegenden Fall ist dieser Zeitpunkt ausgehend von der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung vom 8. August 2006 und unter Berücksichtigung der Wartezeit von 5 Tagen gemäss Art. 18 Abs. 1 AVIG festzusetzen. Wäre der faktische Taggeldbezug massgebend, wäre der Beginn des Versicherungsschutzes von Zufälligkeiten des Verwaltungshandelns BGE 139 V 579 S. 584 abhängig, was nicht einleuchtet. Daher muss entscheidend sein, wann die entschädigungsberechtigten Tage beginnen (so auch SVR 2011 BVG Nr. 30 S. 116, 9C_793/2010 E. 4). Richtigerweise wird denn auch in den Erläuterungen zur Verordnung über die obligatorische berufliche Vorsorge von arbeitslosen Personen ausgeführt, Artikel 1 Absatz 1 lege die Voraussetzungen fest, die nach dem AVIG und dem BVG von den arbeitslosen Personen erfüllt sein müssen, damit sie zum Versichertenkreis gehören. Versichert ist, wer die Anspruchsvoraussetzungen nach Artikel 8 AVIG erfüllt und den koordinierten Lohn nach BVG erreicht (Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 38 vom 12. März 1997). 4.3 Im Zeitpunkt ihrer Erkrankung am 26. September 2006 hat die Beschwerdeführerin sämtliche Voraussetzungen von Art. 8 AVIG erfüllt (E. 3.1 hievor): Sie war bei ihrer Anmeldung im August 2006 arbeitslos und vermittlungsfähig, erfüllte sowohl die Kontrollvorschriften ( Art. 17 AVIG ) als auch die Beitragszeit und erlitt insbesondere bereits im Zeitpunkt ihrer Anmeldung einen anrechenbaren Arbeitsausfall: 4.3.1 Eine freiwillige Arbeitgeberzahlung, die den Höchstbetrag gemäss Art. 11a Abs. 2 AVIG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 AVIG , d.h. den Höchstbetrag des versicherten Verdienstes der obligatorischen Unfallversicherung, nicht überschreitet, ist nicht anrechenbar und bewirkt somit keinen Leistungsaufschub (vgl. BGE 139 V 384 E. 5.3.1 und 5.3.2 S. 388 f.; Urteil 8C_188/2011 vom 8. Juni 2011 E. 3.4). 4.3.2 Die Sonderprämie von sechs Monatsgehältern, die der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Mai 2006 mit Vereinbarung vom 23. Januar 2006 in Aussicht gestellt worden war, ist eine freiwillige Zahlung der Arbeitgeberin. Sie erreicht den Höchstbetrag von Art. 11a Abs. 2 AVIG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 AVIG nicht und bewirkt somit - entgegen der offenbaren Auffassung der Arbeitslosenkasse - keinen Leistungsaufschub.
null
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
de61fd36-01fc-4918-affa-cb0d996731a1
Urteilskopf 94 I 351 49. Auszug aus dem Urteil vom 18. September 1968 i.S. Ortsgemeinde Krillberg gegen den Grossen Rat des Kantons Thurgau.
Regeste Änderungen der Gemeindegebietseinteilung. Legitimation der Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Entscheid, durch den sie von einer kantonalen Behörde mit andern Gemeinden vereinigt wird (Erw. 2). Änderungen der Gemeindegebietseinteilung. Voraussetzungen nach § 45 thurg. KV. Verfassungsmässigkeit und Auslegung von § 2 Abs. 2 des Gemeindeorganisationsgesetzes, wonach der Grosse Rat Änderungen der Gebietseinteilung auch dann beschliessen kann, wenn nicht alle beteiligten Gemeinden zustimmen. Anwendung auf die Vereinigung von vier Gemeinden gegen den Widerstand von zwei derselben (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 352 BGE 94 I 351 S. 352 A.- Das thurg. Gesetz vom 4. April 1944 über die Organisation der Gemeinden und das Bürgerrecht (GOG) be stimmt in § 1. Die Orts-, Munizipal- und Schulgemeinden bilden die Grundlage der örtlichen und staatlichen Verwaltung des Kantons Thurgau. Die Ortsgemeinden bilden die Grundlage für die politische Gemeindeeinteilung des Kantons. Die Munizipalgemeinden umfassen das Gebiet je einer oder mehrerer Ortsgemeinden. § 2. Änderungen der Gebietseinteilung können vom Grossen Rate beschlossen werden, wenn alle beteiligten Orts- und Munizipalgemeinden zugestimmt haben. Wo sich aus triftigen Gründen Änderungen der Gebietseinteilung aufdrängen, kann der Grosse Rat solche auf Antrag des Regierungsrates BGE 94 I 351 S. 353 auch dann beschliessen, wenn nicht alle beteiligten Gemeinden zustimmen. Der Grosse Rat regelt auf Antrag des Regierungsrates die rechtlichen Wirkungen der Änderungen. B.- Die Munizipalgemeinde Wängi umfasst die vier Ortsgemeinden Wängi, Anetswil, Tuttwil und Krillberg. Nach der Volkszählung von 1960 hatte die Ortsgemeinde Wängi 1681 Einwohner, während die drei übrigen Ortsgemeinden zusammen 907 Einwohner zählten. Am 8. April 1964 ersuchten die Vorstände der politischen Vereinigungen und Parteien der Munizipalgemeinde Wängi den Gemeinderat, an der nächsten Munizipalgemeindeversammlung eine Kommission bestellen zu lassen mit dem Auftrag, alle mit der Bildung einer Einheitsgemeinde zusammenhängenden Fragen abzuklären. Die Munizipalgemeindeversammlung beschloss am 15. April 1964 in geheimer Abstimmung die Bildung einer solchen Kommission. Diese veröffentlichte über ihre Erhebungen im Frühjahr 1965 einen Bericht, der die finanziellen, administrativen und sonstigen Vorteile eines Zusammenschlusses aller Ortsgemeinden und der Munizipalgemeinde zu einer Einheitsgemeinde erörterte und mit dem Entwurf eines Vereinigungsvertrages sowie mit 8 Anträgen über das weitere Vorgehen schloss. Danach sollte zunächst in allen vier Ortsgemeinden und hernach in der Munizipalgemeinde über die Annahme oder Ablehnung des Vereinigungsvertrages geheim abgestimmt werden; bei Annahme des Vertrages durch alle Gemeinden sei die Genehmigung des Grossen Rates einzuholen, bei teilweiser Ablehnung dagegen dem Regierungsrat ein "Situationsbericht" unter Beilage sämtlicher Akten zu erstatten. Eine ausserordentliche Versammlung der Munizipalgemeinde stimmte am 2. Oktober 1965 den 8 Anträgen der Kommission zu. Am 27. November 1965 wurde in den vier Ortsgemeinden über den Zusammenschluss abgestimmt. Dabei ergaben sich in Wängi und Tuttwil annehmende, in Anetswil und Krillberg ablehnende Mehrheiten. In Krillberg, wo von 43 Stimmberechtigten 39 anwesend waren, stimmten 15 für und 23 gegen den Zusammenschluss. Bei der am 19. Februar 1966 durchgeführten Abstimmung in der Versammlung der Munizipalgemeinde Wängi sprachen sich 216 Stimmberechtigte für und 111 gegen den Zusammenschluss aus. BGE 94 I 351 S. 354 Am 30. März 1967 erstattete der Regierungsrat dem Grossen Rate einen umfangreichen Bericht über die Vor- und Nachteile des Zusammenschlusses und kam dabei zum Ergebnis, dass sich der Zusammenschluss aufdränge aus einer ganzen Reihe von Gründen, die als "triftig" zu bezeichnen seien und schwerer wögen als die dagegen angerufenen Vorzüge der kleinen und kleinsten Gemeinden als selbständige Zellen des Staates. Nachdem der Grosse Rat des Kantons Thurgau in drei Sitzungen darüber beraten hatte, beschloss er am 2. November 1967: "Die Ortsgemeinden Anetswil, Krillberg, Tuttwil und Wängi sowie die Munizipalgemeinde Wängi werden auf den 1. Januar 1969 zu einer Einheitsgemeinde Wängi vereinigt." C.- Gegen diesen Beschluss führt die Ortsgemeinde Krillberg staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben. Sie wirft dem Regierungsrat Verletzung des § 45 KV sowie willkürliche Auslegung des § 2 GOG vor.... D.- Der Grosse Rat des Kantons Thurgau beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales) 2. Der angefochtene Beschluss trifft die Ortsgemeinde Krillberg rechtlich nicht wie eine Privatperson, sondern in ihrer Eigenschaft als Trägerin öffentlicher Gewalt, als Inhaberin der Gebietshoheit. Als solche ist eine Gemeinde zur staatsrechtlichen Beschwerde nur in beschränktem Umfange legitimiert. Sie ist es vor allem, wenn sie sich gegen Eingriffe des Staates in ihre Autonomie, d.h. in den Bereich ihres freien Ermessens in Rechtsetzung und Verwaltung wehrt ( BGE 93 I 157 ff. und 431 ff. mit Verweisungen auf frühere Urteile). Ferner steht ihr das Beschwerderecht zu, wenn sie ihren Gebietsbestand verteidigt, und ganz besonders, wenn sie sich um ihre Existenz wehrt ( BGE 89 I 206 /7, BGE 93 I 445 /6). Die Gemeinde ist daher legitimiert zur Anfechtung von Entscheidungen, durch welche sie in mehrere neue Gemeinden aufgeteilt oder, wie im vorliegenden Falle, mit andern Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt wird (nicht veröffentl. Urteile vom 5. März 1943 i.S. Kathol. Kirchgemeinde Busskirch Erw. 1 und vom 14. Juli 1949 i.S. Munizipalgemeinde Sirnach Erw. 2). BGE 94 I 351 S. 355 3. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin verstösst der angefochtene Beschluss gegen § 45 KV, welcher bestimmt: Im allgemeinen bilden die gegenwärtig bestehenden Ortsgemeinden die Grundlage für die Gemeindegebietseinteilung. Wo die Munizipalgemeinde und die Ortsgemeinde über das nämliche Gebiet sich erstrecken, da soll die Vereinigung ihrer bisher getrennten Verwaltungen stattfinden. Die Gesetzgebung wird weitere, durch die beteiligten Einwohnerschaften angeregte Vereinfachungen unterstützen. Abs. 1 erwähnt zwar die Ortsgemeinden, enthält aber keine Bestandesgarantie für sie. Die Ortsgemeinden dienen danach nur "im allgemeinen" als Grundlage der Gebietseinteilung des Kantons. Damit sind Veränderungen dieser Einteilung nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich vorbehalten. Abs. 2 schreibt für einen bestimmten hier nicht vorliegenden Fall eine Änderung vor, während Abs. 3 andere Änderungen ermöglicht und überdies durch seine Formulierung ("Die Gesetzgebung wird... Vereinfachungen unterstützen") klar zum Ausdruck bringt, dass Vereinfachungen der Gebietseinteilung erwünscht und daher durch den Gesetzgeber zu begünstigen sind. Die Beschwerdeführerin will das nicht gelten lassen. Nach ihrer Meinung bezieht sich der in Abs. 1 enthaltene Vorbehalt von Änderungen im Bestand der Ortsgemeinden ausschliesslich auf den in Abs. 2 erwähnten Fall und sind mit den nach Abs. 3 zulässigen "Vereinfachungen" jedenfalls keine zwangsweisen Vereinigungen von Ortsgemeinden gemeint. Diese beiden Thesen tun indessen dem Text des § 45 KV Zwang an. Ertrüge die "im allgemeinen" geltende Regel des Abs. 1 nur die in Abs. 2 vorgesehene Ausnahme, so wären die Worte "im allgemeinen" überflüssig. Denn diese Ausnahme hätte, als Verfassungsgrundsatz, auch Bestand, ohne dass sie in Abs. 1 durch die Worte "im allgemeinen" erst hätte vorbehalten werden müssen. Es drängt sich daher die Annahme auf, dass der Vorbehalt in Abs. 1 sich auf alle in den beiden folgenden Absätzen erwähnten Ausnahmen bezieht, und zwar insbesondere auf diejenigen des Abs. 3, weil sie durch einfaches Gesetz ermöglicht werden können. Wieso sich Abs. 3 nur auf solche Vereinfachungen, die nicht Vereinigungen sind, beziehen sollte, ist angesichts des sehr allgemein gefassten und nicht schwer verständlichen Wortlautes der Bestimmung nicht einzusehen. Die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende BGE 94 I 351 S. 356 gegenteilige Auslegung lässt sich jedenfalls zwangslos mit dem Text vereinbaren, so dass für das Bundesgericht, das der Auslegung namentlich der organisatorischen Bestimmungen kantonaler Verfassungen durch das kantonale Parlament besonderes Gewicht beilegt ( BGE 90 I 239 /40 mit Hinweisen auf zahlreiche frühere Urteile), kein Anlass besteht, von ihr abzuweichen. 4. Nach § 45 Abs. 3 KV sind Ausnahmen von dem in Abs. 1 aufgestellten Grundsatz zulässig, wenn sie aufgesetzlicher Grundlage beruhen, auf Anregung der beteiligten Einwohner erfolgen und der Vereinfachung dienen. a) Die beiden letzten Erfordernisse sind unbestrittenermassen erfüllt. Die angefochtene Vereinigung wurde angeregt durch Stimmberechtigte aus allen beteiligten Ortsgemeinden und sie vereinfacht die Gemeindeverwaltung, da an die Stelle von 5 verschiedenen Gemeindeverwaltungen eine einzige tritt, die sämtliche Geschäfte der bisherigen Munizipalgemeinde Wängi und der von ihr umfassten vier Ortsgemeinden übernimmt. b) Der Grosse Rat erblickt die gesetzliche Grundlage der angefochtenen Vereinigung in § 2 Abs. 2 GOG, der es ihm erlaubt, auf Antrag des Regierungsrates Änderungen der Gebietseinteilung dort, wo sie sich "aus triftigen Gründen aufdrängen", auch dann zu beschliessen, wenn "nicht alle beteiligten Gemeinden zustimmen". Das Bundesgericht kann die Auslegung und Anwendung dieser kantonalen Gesetzesbestimmung nicht frei, sondern nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüfen, d.h. nur daraufhin, ob sie mit dem klaren Wortlaut und Sinn der Bestimmung unvereinbar, mit keinen sachlichen Gründen zu vertreten sei (zit. Urteil vom 14. Juli 1949 i.S. Sirnach Erw. 4). Das ist hier nicht der Fall. aa) § 2 Abs. 2 GOG gestattet eine Änderung der Gebietseinteilung, wo triftige Gründe sie aufdrängen. Dieses Erfordernis ist dann erfüllt, wenn die Abwägung der Gründe und Gegengründe ein klaresÜbergewicht der für die Änderung sprechenden Argumente ergibt (Urteil i.S. Sirnach Erw. 6). Der Regierungsrat und ihm folgend der Grosse Rat haben angenommen, dass das im vorliegenden Falle zutreffe. Die Beschwerdeführerin hat diese Feststellung nicht bestritten, geschweige denn darzutun versucht, dass sie mit keinen sachlichen Gründen zu vertreten, geradezu unhaltbar und willkürlich sei. BGE 94 I 351 S. 357 bb) Indem § 2 Abs. 2 GOG eine Änderung der Gebietseinteilung auch dann zulässt, wenn "nicht alle beteiligten Gemeinden zustimmen", schliesst er es aus, dass der Grosse Rat eine Änderung gegen den Willen aller beteiligten Ortsgemeinden anordnen könnte. Dagegen erheischt er keine Mehrheit und erst recht keine qualifizierte Mehrheit der beteiligten Ortsgemeinden für einen solchen Beschluss. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, dass diese dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Auslegung von § 2 Abs. 2 GOG willkürlich sei. Dagegen macht sie geltend, dass § 2 Abs. 2 GOG, so ausgelegt, gegen § 45 KV verstosse, weil diese Verfassungsbestimmung die Zustimmung aller betroffenen Ortsgemeinden erfordere. Eventuell, so erklärt die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Botschaft des Regierungsrates zur Volksabstimmung über das GOG (S. 6), hätte der angefochtene Beschluss höchstens gegen den Widerstand einer einzigen Gemeinde gefasst werden dürfen, nicht aber, wie es hier geschah, gegen den Widerstand von zwei Ortsgemeinden. Und wenn die Beschwerdeführerin im Ingress der Beschwerde (irrtümlich) auf Art. 85 lit. a OG hinweist und sich in der Beschwerdebegründung auf ihr "Selbstbestimmungsrecht" beruft, so kann auch das nichts anderes heissen, als dass der angefochtene Beschluss entgegen ihrem durch Volksentscheid kundgegebenen Willen nicht hätte gefasst werden dürfen. Das Bundesgericht hatte sich bereits im Urteil vom 14. Juli 1949 i.S. Sirnach mit dem Einwand zu befassen, dass Gebietsveränderungen nur mit Zustimmung der Mehrheit der beteiligten Gemeinden zulässig seien. Es hat dabei anerkannt, dass nach den Materialien zum GOG einzelne Ratsmitglieder sich in diesem Sinne äusserten. Es hat aber auf den klaren Wortlaut von § 2 Abs. 2 GOG abgestellt und erklärt, dass er Gebietsveränderungen auch gegen den Widerstand der Mehrheit der beteiligten Gemeinden zulasse (Erw. 4 b) und der § 45 KV dem nicht entgegenstehe (Erw. 5 b unter Hinweis auf BGE 38 I 141 ). Hieran ist festzuhalten. § 45 Abs. 3 KV bestimmt lediglich das Ziel von Gebietsveränderungen, nämlich "Vereinfachungen", lässt aber dem Gesetzgeber freie Hand bezüglich der Mittel und des Verfahrens. Ist aber eine Änderung der Gebietseinteilung sogar gegen den Widerstand der Mehrheit der beteiligten Gemeinden zulässig, dann kann erst recht der Widerstand von mehr als einer Gemeinde oder gar der Widerstand BGE 94 I 351 S. 358 einer einzigen Gemeinde kein Hindernis bilden. Die hier streitige Änderung, der von vier beteiligten Ortsgemeinden zwei zustimmen und zwei sich widersetzen, ist daher zulässig. Von der in BGE 38 I 141 und im Urteil i.S. Sirnach vertretenen Auffassung abzugehen, besteht im vorliegenden Fall umso weniger Anlass, als sonst die nur aus 8 Stimmberechtigten bestehende Mehrheit in der kleinsten Ortsgemeinde eine Änderung verunmöglichen könnte, die selbst die Beschwerdeführerin im sachlichen Ergebnis nicht kritisiert.... Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
de6524fa-d82c-4ac4-a5f0-4dd96d951907
Urteilskopf 108 Ib 377 67. Arrêt de la Ire Cour de droit public du 21 avril 1982 dans la cause Posewitz contre Vaud, Conseil d'Etat (recours de droit administratif)
Regeste Baubewilligung und Rodungsbewilligung. Grundsatz von Treu und Glauben. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Verfügung i.S. von Art. 5 VwVG ; End- oder Zwischenentscheid (E. 1a und b). Unzulässigkeit der Erteilung einer Baubewilligung in einem Verfahren, in dem die Verweigerung einer Rodungsbewilligung angefochten wird (E. 1d). 2. Begriff des Waldes. Qualifizierung der in Frage stehenden Parzelle als Wald (E. 2). 3. Baubewilligung, die stillschweigend an die Bedingung der nachfolgenden Erteilung einer Rodungsbewilligung geknüpft ist. Die Verweigerung der letztgenannten bedeutet keinen Widerruf der Baubewilligung. Wirkungen hinsichtlich der vom Inhaber der Baubewilligung erhobenen Rügen (E. 3a). 4. Voraussetzungen des Vertrauensschutzes im allgemeinen (E. 3b). Bejahung des Vertrauensschutzes im konkreten Fall in Anbetracht der gesamten Umstände (von der Gemeinde vor dem Grundstückkauf abgegebene Zusicherungen; mindestens zweimalige Bestätigung der Zuordnung der Parzelle zur Bauzone durch den Regierungsrat, der auch obere kantonale Aufsichtsbehörde über die Fortspolizei ist; Erteilung einer Rodungsbewilligung an den Eigentümer einer gleichartigen, angrenzenden Parzelle; Verhalten der Forstpolizeibehörden) (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 379 BGE 108 Ib 377 S. 379 Le 21 juin 1979, Reka Posewitz a acheté la parcelle no 900 du registre foncier de la commune de Saint-Cergue, sise au lieu dit "Crévaz-Tzévaux". Avant cet achat, soit le 21 mars 1979, la Municipalité de Saint-Cergue lui avait délivré, par l'intermédiaire d'un notaire, une attestation selon laquelle l'immeuble en question était immédiatement constructible, sous la seule réserve de l'évacuation des eaux usées par raccordement au collecteur intercommunal en construction. Classée en zone de villas et chalets dans le plan de zones communal approuvé par le Conseil d'Etat du canton de Vaud le 28 août 1967, la parcelle no 900 a conservé cette affectation lors d'une révision dudit plan intervenue au début de 1973 et approuvée par le Conseil d'Etat le 15 mars 1974. Elle jouxte, en outre, la parcelle no 1012, propriété de tiers, sur laquelle s'élèvent une villa et un garage, pour la construction desquels une autorisation de défrichement a été accordée le 4 septembre 1973. Dès le transfert de propriété, le garde forestier local a procédé, à la demande de dame Posewitz, à l'enlèvement de la végétation qui se trouvait sur la parcelle no 900, soit à l'abattage d'un arbre et à l'élimination de buissons. La propriétaire a raccordé alors son immeuble au réseau d'égouts. Reka Posewitz a également déposé auprès de la commune de Saint-Cergue une demande en vue d'obtenir le permis de construire sur sa parcelle "une villa solaire passive", dont le projet a été mis à l'enquête publique du 27 novembre au 7 décembre 1979. Aucune opposition n'ayant été soulevée, la Municipalité de Saint-Cergue a délivré le permis de construire le 15 avril 1980. Le 9 juin 1980, le Service des forêts et de la faune du canton de Vaud a fait opposition au projet de construction d'une villa sur la parcelle no 1018, voisine des parcelles Nos 900 et 1012, pour le motif BGE 108 Ib 377 S. 380 que cet immeuble était situé en forêt. Le 7 juillet 1980, l'inspecteur des forêts du 12e arrondissement a fait savoir à la Municipalité que l'ensemble des parcelles disponibles dans le lotissement de "Crévaz-Tzévaux" devait être traité de la même manière que la parcelle no 1018; il précisait que le permis de construire déjà délivré n'avait aucune valeur. La Municipalité a transmis cette décision à dame Posewitz le 9 juillet 1980. Cette dernière a fait alors recours au Conseil d'Etat du canton de Vaud en concluant à l'annulation de la décision du Service des forêts du 7 juillet 1980, recours qui a été rejeté le 28 novembre 1980. Selon l'autorité cantonale, la parcelle litigieuse devait être considérée comme faisant partie de la forêt au sens du droit fédéral et de ses dispositions cantonales d'exécution, indépendamment de son inclusion dans la zone à bâtir du plan communal. En outre, l'intérêt public au maintien de la forêt primait les intérêts strictement financiers de la recourante et celle-ci ne pouvait se prévaloir de sa bonne foi en l'absence d'assurances données par une autorité compétente. Par la voie d'un recours de droit administratif et, subsidiairement, d'un recours de droit public, Reka Posewitz a demandé au Tribunal fédéral d'annuler la décision du Conseil d'Etat vaudois du 28 novembre 1980 et de constater qu'elle était autorisée à construire la villa projetée. Elle a allégué une constatation inexacte des faits et une violation du droit fédéral, en particulier des art. 4 et 22ter Cst. , ainsi que des principes de la bonne foi et de la proportionnalité. Le Tribunal fédéral a admis le recours, dans la mesure où il était recevable, et a annulé la décision attaquée. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Aux termes des art. 97 et 98 lettre g OJ, le Tribunal fédéral connaît en dernière instance des recours de droit administratif contre des décisions au sens de l' art. 5 PA , prises par des autorités statuant en dernière instance cantonale, dans la mesure où aucune des exceptions prévues aux art. 99 à 102 OJ n'est réalisée. Par décisions au sens de l' art. 5 PA , il faut entendre les mesures prises dans des cas particuliers en application du droit fédéral ou bien celles qui, comme la jurisprudence l'a précisé, auraient dû se fonder sur le droit fédéral. Ce dernier comprend toutes les normes générales et abstraites édictées par une autorité fédérale ou, en vertu d'une délégation du pouvoir législatif, par BGE 108 Ib 377 S. 381 une organisation extérieure à l'administration fédérale. Les dispositions d'exécution du droit fédéral adoptées par les cantons entrent dans cette catégorie dans la mesure où elles n'ont pas une portée propre, c'est-à-dire quand le droit cantonal ne contient rien qui n'ait déjà été édicté par le législateur fédéral ( ATF 105 Ib 107 consid. 1a, ATF 103 Ib 213 ss, ATF 100 Ib 120 , 97 I 296 consid. 1, ATF 96 I 761 consid. 1; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, 2e éd., p. 144; GRISEL, Droit administratif suisse, p. 480). La décision attaquée a été rendue en dernière instance cantonale. Elle se fonde, d'une part, sur la loi fédérale concernant la haute surveillance de la Confédération sur la police des forêts du 11 octobre 1902 (LFor) et son ordonnance d'exécution du 1er octobre 1965 (OFor) et, d'autre part, sur l'art. 12 de la loi forestière vaudoise du 5 juin 1979 et l'art. 6 de son règlement d'application du 16 mai 1980. Il faut constater à cet égard que, bien qu'elle se réfère à ces dernières dispositions, et en particulier à l'art. 12 de la loi forestière vaudoise - qui constitue du droit cantonal réservé, ayant une portée propre ( ATF 107 Ia 338 E. 1) -, la décision entreprise a été rendue, fondamentalement, en application du droit fédéral; elle ne se réfère au droit cantonal que dans la mesure où il concorde avec lui. Elle constitue ainsi, dans son ensemble, une décision au sens de l' art. 5 PA dont le Tribunal fédéral, saisi d'un recours de droit administratif, doit examiner la conformité avec le droit fédéral. b) Le recours de droit administratif est recevable tant contre une décision finale que contre une décision incidente, conjointement ou séparément, à condition - dans ce dernier cas - que la décision incidente entraîne un dommage irréparable et que la décision finale qu'elle précède soit elle-même sujette à recours ( art. 101 lettre a OJ ; ATF 99 Ib 416 , ATF 97 I 478 s.). Est une décision incidente, selon les art. 45 PA et 101 lettre a OJ, une mesure prise en cours de procédure, qui ne met donc pas un terme à celle-ci et ne constitue qu'un pas en direction de la décision finale ( ATF 105 Ib 433 ). En l'espèce, on peut constater que l'interdiction d'entreprendre ou de continuer les travaux de construction signifiée à la recourante par l'autorité administrative inférieure avait apparemment un caractère provisionnel qui ne pouvait préjuger, de manière absolue, du sort qui serait fait à une demande d'autorisation de défricher. En présence d'une telle décision, il eût été loisible à la recourante de requérir une autorisation de défricher BGE 108 Ib 377 S. 382 en bonne et due forme et de se plier à l'interdiction jusqu'à droit connu sur cette requête. Au lieu de cela, elle a recouru au Conseil d'Etat, autorité supérieure cantonale de recours et de surveillance en matière de police des forêts, qui l'a déboutée, non en la renvoyant à requérir une autorisation de défricher, mais en constatant sans équivoque qu'une telle autorisation ne pouvait être délivrée. On doit dès lors considérer la décision attaquée non comme une décision incidente, mais comme une décision finale qui peut, sans autre considération sur son caractère procédural, faire l'objet d'un recours de droit administratif. c) Propriétaire de la parcelle litigieuse, la recourante est incontestablement atteinte par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à ce que celle-ci soit annulée ou modifiée ( art. 103 lettre a OJ ). d) En plus de l'annulation de la décision attaquée, la recourante demande au Tribunal fédéral de reconnaître son droit de construire sur sa parcelle. En l'espèce, une telle conclusion est irrecevable si elle tend à l'octroi du permis définitif de construire; elle n'est recevable que dans la mesure où elle tend à la constatation que plus aucune objection de nature forestière ne s'oppose à son projet. e) Aux termes de l' art. 104 lettre a OJ , le droit fédéral dont la violation peut être invoquée par la voie d'un recours de droit administratif englobe les droits constitutionnels des citoyens. En présence d'une violation de ceux-ci, le recours de droit administratif assume le rôle du recours de droit public ( ATF 105 Ia 107 /108, ATF 105 Ib 403 consid. 4, 223 consid. a, ATF 104 Ib 121 consid. 1 et les arrêts cités). C'est donc en vain que la recourante a intitulé son recours, à titre subsidiaire, "recours de droit public" puisque, son recours de droit administratif étant recevable, elle est légitimée à invoquer par cette voie la violation des droits constitutionnels dont elle se prévaut. 2. Le caractère forestier de la parcelle litigieuse ne peut être mis en doute. La question de savoir si un bien-fonds est une forêt doit en effet être résolue exclusivement sur la base des critères énumérés à l' art. 1er OFor . Pour y répondre, il faut prendre en considération, fondamentalement, soit la végétation qui recouvre la parcelle en cause, soit son environnement forestier. L'état antérieur de la végétation ou sa qualité du point de vue de l'économie forestière ne sont pas déterminants. C'est ainsi que des surfaces momentanément dénudées, de même que les BGE 108 Ib 377 S. 383 surfaces improductives à l'intérieur d'un bien-fonds forestier, doivent être assimilées à la forêt (art. 1er al. 1, 2e phrase, OFor). Il en va de même des surfaces non boisées à l'intérieur d'une forêt ( art. 1er al. 2 OFor ). L'affectation de telles surfaces à des fins autres que l'exploitation forestière constitue un défrichement qui doit faire l'objet d'une autorisation de la part des organes forestiers compétents ( art. 25 ss OFor ). L'enlèvement du couvert forestier d'un terrain, sans qu'une autorisation de défricher ait été délivrée par l'autorité compétente, ne modifie pas son caractère forestier. D'autre part, la désignation ou la description d'un secteur territorial déterminé sur des plans, dans le cadastre, dans le registre foncier ou dans des documents analogues n'est pas décisive. Il en va de même de l'équipement d'une parcelle en vue d'une construction ou de son intégration dans une zone à bâtir ( ATF 106 Ib 144 consid. 4, ATF 104 Ib 235 consid. 2, ATF 101 Ib 315 , ATF 98 Ib 365 ss consid. 1). Les travaux de débroussaillage, de coupe et de terrassement partiel effectués par la recourante n'ont pas permis à la délégation du Tribunal fédéral de constater, lors de l'inspection des lieux, quelle était la couverture forestière de sa parcelle au moment où elle en est devenue propriétaire. Les documents photographiques déposés par la suite et les déclarations concordantes des parties établissent toutefois que sa végétation ne comportait qu'un arbre de haute futaie et des buissons, alors même qu'elle est pratiquement entourée de tous côtés par de la forêt dense. Cette situation particulière serait la conséquence d'une coupe réalisée vers 1965, selon les affirmations de l'ancien garde forestier local. Les recherches effectuées tant par la recourante que par la Municipalité de Saint-Cergue et les autorités forestières cantonales n'ont pas permis de déterminer si une autorisation de défrichement avait été accordée à cette époque. En l'absence d'une telle précision, il convient de constater que le terrain litigieux peut être tout au plus assimilé à une clairière ou à une surface non boisée à l'intérieur d'une forêt, pour reprendre les termes de l' art. 1er OFor . Qu'elle fasse partie du territoire à bâtir communal, qu'elle soit équipée pour la construction et que l'édification d'une villa sur une parcelle contiguë ait été autorisée ne sauraient donc, contrairement à l'avis de la recourante, la soustraire au régime restrictif institué par les art. 31 ss LFor et 24 ss OFor. C'est le lieu de relever que la discussion que voudrait ouvrir la recourante sur l'inconstitutionnalité du droit cantonal, au regard de l'art. 2 disp. trans. Cst., dans la mesure où l'art. 12 de la loi forestière vaudoise BGE 108 Ib 377 S. 384 irait plus loin que ces restrictions instituées par le législateur fédéral, est vaine. En effet, comme il a déjà été dit, c'est principalement sur le droit fédéral que s'est fondée l'autorité intimée pour rendre sa décision d'interdiction de poursuivre les travaux. 3. La recourante se prévaut essentiellement d'une violation du principe de la bonne foi dont la protection devrait lui être accordée, en raison des assurances qui lui ont été données par les autorités administratives et de leur comportement envers elle. a) C'est à tort qu'elle se réfère à la jurisprudence relative à la révocation des actes administratifs qui fait une large part à la sécurité du droit, ce postulat devant en général l'emporter sur l'application correcte du droit objectif lorsqu'une décision administrative a fondé un droit subjectif ou lorsqu'elle a été prise au terme d'une procédure qui a permis d'examiner sous tous les aspects les intérêts qui s'opposent et de les mettre en balance, ou lorsque le particulier a déjà fait usage d'une autorisation de police qui lui a été délivrée ( ATF 107 Ib 36 ss, ATF 103 Ib 206 /7 consid. 3 et arrêts cités). La révocation d'un acte administratif est en effet un acte administratif qui en abroge ou en modifie un autre et qui émane soit de l'auteur de l'acte à révoquer, soit du supérieur hiérarchique ou d'un organe de surveillance en dehors d'une instance de recours. En l'espèce, l'intervention des autorités forestières s'apparente davantage à un acte administratif qui, sans le révoquer formellement, supprime les effets d'un autre acte (GRISEL, op.cit., p. 208 ss). Le permis de bâtir délivré à la recourante ne la dispensait pas de requérir une autorisation de défricher; il ne préjugeait pas davantage, en soi, de l'accueil que feraient à une telle demande les autorités forestières compétentes. Il revêtait, éminemment, le caractère d'un acte administratif conditionnel, c'est-à-dire muni d'une condition suspensive implicite. La décision attaquée, rendue plusieurs mois après l'octroi du permis de bâtir, équivaut à un refus de cette condition indispensable à la perfection du permis. On peut certes regretter le manque de coordination des services administratifs cantonaux, qui a conduit à l'octroi d'une autorisation par un organe administratif déterminé et, ultérieurement, au refus par un autre organe d'une seconde autorisation qui équivaut à vider la première de sa substance. Il n'en demeure pas moins que l'on se trouve en présence d'un acte administratif parallèle d'une nature procédurale bien distincte et non d'un acte administratif révoquant une autorisation de police délivrée antérieurement. BGE 108 Ib 377 S. 385 C'est ainsi non sous l'angle de la sécurité du droit, qui fait, sous certaines conditions, obstacle à la révocation d'un acte administratif, mais sous l'angle exclusif de la bonne foi, qu'il y a lieu d'examiner si la délivrance du permis de bâtir était une circonstance, parmi celles bien particulières de l'espèce, propre à faire naître une prétention de la recourante à l'octroi d'une autorisation de défricher. b) Le principe de la bonne foi, énoncé par le législateur de droit privé à l' art. 2 al. 1 CC , s'applique également en droit public et, spécialement, en droit administratif. Découlant directement de l' art. 4 Cst. et valant pour l'ensemble de l'activité étatique, ce principe donne au citoyen le droit d'être protégé dans la confiance légitime qu'il met dans les assurances reçues des autorités. Il le protège donc, lorsqu'il a réglé sa conduite d'après des décisions, des déclarations ou un comportement déterminé de l'administration. La jurisprudence soumet cependant à certaines conditions le recours à cette protection. Il faut notamment que l'autorité soit intervenue dans une situation concrète à l'égard de personnes déterminées, qu'elle ait agi ou soit censée avoir agi dans les limites de sa compétence et que l'administré ait eu de sérieuses raisons de croire à la validité de l'acte suivant lequel il a réglé sa conduite. Ce n'est que lorsque l'incompétence de l'autorité est manifeste, c'est-à-dire lorsqu'elle est clairement reconnaissable, que la protection de la bonne foi peut être exclue. Il faut en outre que l'administré se soit fondé sur les assurances et le comportement dont il se prévaut pour prendre des dispositions qu'il ne saurait modifier sans subir un préjudice ( ATF 104 Ib 237 consid. 4, ATF 103 Ia 114 , 508, ATF 99 Ib 101 consid. 4, ATF 98 Ia 462 consid. 2; GRISEL, op.cit., p. 187). Pour analyser si cette dernière condition est réalisée, il y a naturellement lieu de prendre en considération les investissements réalisés par la recourante. L'argument de l'autorité intimée et du Département fédéral de l'intérieur, tiré de la jurisprudence selon laquelle l'intérêt financier de celui qui requiert une autorisation de défricher doit céder le pas à l'intérêt public au maintien de la forêt, est correct, mais il n'est pas à sa place dans le cadre d'un examen des conditions posées à un administré pour qu'il puisse se référer au principe de la bonne foi. La question de savoir si, dans un cas déterminé, le principe de la bonne foi a été violé est une question de droit que, en vertu de l' art. 104 lettre a OJ en relation avec l' art. 114 al. 1 OJ , le Tribunal fédéral, saisi d'un recours de droit administratif, examine librement BGE 108 Ib 377 S. 386 (cf. ATF 97 I 583 consid. 3). Au reste, il jouit en principe d'un pouvoir d'examen également illimité lorsqu'il examine cette question dans le cadre d'un recours de droit public ( ATF 103 Ia 508 ). c) On ne saurait nier qu'en l'espèce la recourante se soit entourée de précautions sérieuses avant de conclure l'acte de vente du 21 juin 1979, par lequel elle a acquis la parcelle litigieuse en qualité de terrain à bâtir et à un prix correspondant à cette affectation. Elle a reçu des assurances écrites précises de l'autorité municipale, selon lesquelles le terrain était immédiatement constructible, sous la seule réserve du raccordement au collecteur public des eaux usées. Sitôt l'acte de vente conclu, elle a fait procéder au débroussaillage de la parcelle et à l'abattage du seul arbre qui s'y trouvait. Elle s'est adressée pour cela au garde forestier de triage, qui a personnellement exécuté ce travail. C'est à la suite de ce nettoyage, clairement requis dans la perspective de la construction projetée, qu'elle a effectué les travaux de canalisation nécessaires au raccordement de la parcelle, dont le coût s'est élevé à environ 8'000 fr. Sur ce point précis, l'autorité intimée soutient que les gardes forestiers seraient des fonctionnaires communaux dont les actes ne sauraient engager sans autre les services cantonaux compétents pour délivrer une autorisation de défricher. Il sied de souligner à cet égard que, lors de l'inspection des lieux, les représentants de la commune et du canton n'ont pas été en mesure de faire une lumière absolue sur le statut de ces fonctionnaires, ce qui se comprend à la teneur des art. 22 ss de la loi forestière vaudoise qui, les qualifiant de gardes forestiers de triage communaux, les range cependant parmi les organes du service forestier cantonal (art. 22). On ne saurait de toute façon exiger des citoyens qu'ils soient fixés par eux-mêmes sur le rôle précis assigné aux différents agents de l'administration (cf. RDAF 1971, p. 343). En l'occurrence, il serait excessivement rigoureux d'exiger de la recourante qu'elle eût dû reconnaître que le garde forestier de triage n'agissait pas dans le cadre de ses attributions ou qu'avant d'effectuer le travail qui lui était demandé il n'avait pas obtenu l'agrément de ses supérieurs, eux-mêmes compétents pour délivrer une autorisation de défrichement. A cela s'ajoute la volonté du Conseil d'Etat, affirmée à deux reprises consécutives au moins, d'accepter que la parcelle de la recourante soit vouée à la construction. Certes, en conformité du principe de la force dérogatoire du droit fédéral consacré à l'art. 2 disp. trans. Cst., l'insertion d'une parcelle forestière en zone de constructions BGE 108 Ib 377 S. 387 n'en fait pas un terrain à bâtir, les constructions étant en principe interdites en forêt selon l' art. 28 OFor ( ATF 101 Ib 313 ). Il n'en demeure pas moins que, selon les circonstances, un tel classement peut être de nature à convaincre un propriétaire de son droit de bâtir, de telle sorte qu'il doive être mis au bénéfice de sa bonne foi. Il faut constater en l'espèce que le Conseil d'Etat du canton de Vaud a approuvé, par décision du 28 août 1967, le plan de zones de la commune de Saint-Cergue qui intègre dans le territoire à bâtir certains secteurs de forêt. Il est vrai que ce plan a été approuvé avant l'entrée en vigueur, le 1er septembre 1971, de la modification de l'OFor du 25 août 1971, qui a sensiblement renforcé la protection de l'aire forestière. Le Conseil d'Etat a toutefois tenu compte de cette nouvelle réglementation plus restrictive lorsqu'il a approuvé la modification du plan de zones communal le 15 mars 1974. La comparaison des plans figurant au dossier ne laisse aucun doute quant à l'attention que l'autorité cantonale supérieure a vouée à ce problème. Or, dans cette nouvelle teneur, le plan en question maintient la parcelle de la recourante dans la zone de villas et chalets, élément sur lequel sont d'ailleurs fondées les assurances données par la commune à dame Posewitz avant que celle-ci ne fasse l'acquisition de son immeuble. On peut s'étonner à cet égard que l'autorité cantonale n'ait pas jugé bon d'assortir sa décision d'approbation d'une réserve expresse en faveur du droit forestier. Il sied de relever ici que le Conseil d'Etat n'est pas seulement l'autorité de surveillance en matière d'aménagement du territoire, mais qu'il est aussi l'autorité supérieure de surveillance et de recours en matière de police des forêts selon la loi forestière vaudoise du 5 juin 1979, dont il a élaboré le 16 mai 1980 le règlement d'application. C'est de plus lui qui eût été compétent en dernière instance pour délivrer l'autorisation de défricher la parcelle litigieuse dont la surface est inférieure à 30 ares ( art. 25bis al. 1 lettre a OFor ). Il faut reconnaître aussi que la recourante pouvait, en toute confiance, considérer que le défrichement de la parcelle vendue ne poserait aucun problème, compte tenu de l'attitude conséquente dont avait toujours fait preuve jusque-là l'autorité cantonale lorsqu'elle était saisie de demandes d'autorisation de défricher des parcelles dont elle avait admis le classement en zone à bâtir. Il n'est pas nécessaire, à ce point de vue, d'insister sur l'autorisation de défrichement délivrée pour une parcelle immédiatement voisine de BGE 108 Ib 377 S. 388 celle de la recourante, sur laquelle a été construite une villa. Il suffit de se référer aux exemples significatifs qui ont été présentés à la délégation du Tribunal fédéral lors de l'inspection des lieux. Le quartier de "Guinfard" est un pâturage boisé dans lequel des défrichements ont été régulièrement autorisés ces derniers temps pour l'édification de résidences secondaires. Quant au quartier des "Peleisses", il s'agit d'un territoire de forêt dense classé, comme la parcelle de la recourante, en zone de villas et chalets. Des constructions récentes, nécessitant un défrichement, y ont été réalisées et des travaux de terrassement y étaient encore en cours lors de l'inspection des lieux. Si la souplesse dont l'autorité forestière cantonale a fait preuve, dans les cas exposés, a donné lieu à des critiques de la part de certains participants à l'inspection des lieux, elle n'en est pas moins la conséquence logique du classement, en soi injustifié, de parcelles boisées en zone à bâtir. d) Toutes ces circonstances réunies démontrent à l'évidence que la recourante était de parfaite bonne foi et qu'elle mérite par conséquent d'être protégée conformément à la jurisprudence ci-dessus évoquée. Il faut rappeler en effet que les assurances données à dame Posewitz par la commune avant la conclusion de l'acte de vente étaient fondées sur le classement en question, admis par l'autorité cantonale supérieure en matière de forêt et qu'elles pouvaient ainsi légitimement la conduire à acquérir la parcelle litigieuse au prix d'un terrain à bâtir. Il y a lieu en outre d'admettre que le comportement du garde forestier de triage, joint à ces assurances expresses, au silence total des autorités forestières pendant la mise à l'enquête publique et durant les trois mois qui ont suivi la délivrance du permis de bâtir et enfin à la présence d'une construction sur une des parcelles contiguës de nature identique, dont le permis de construire avait été octroyé après l'introduction de dispositions plus restrictives dans l'OFor, était de nature à convaincre la recourante - même assistée de son architecte - que l'enlèvement des broussailles et de l'arbre unique croissant sur son terrain allait de soi. On ne peut en tout cas pas lui reprocher d'avoir agi avec témérité en accomplissant des actes qui, si son projet de construction était interdit, seraient sans aucun doute lourdement préjudiciables à ses intérêts. Le recours doit ainsi être admis en application du principe de la bonne foi, sans qu'il y ait lieu de se pencher sur les griefs de la recourante tirés d'une violation des principes de la proportionnalité et de l'égalité de traitement.
public_law
nan
fr
1,982
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation