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Urteilskopf 117 Ia 13 4. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. Februar 1991 i.S. Zürcherische Vereinigung für Heimatschutz gegen Klinik Hohenegg, Politische Gemeinde Meilen und Regierungsrat des Kantons Zürich (Staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV (Willkür); kantonales Verfahrensrecht. Legitimation der zürcherischen Natur- und Heimatschutzvereinigungen zum Rekurs gegen einen kommunalen Nutzungsplan, soweit sich dieser auf den III. Titel (§§ 203-217) des PBG stützt (§ 338a Abs. 2 Zürcher Planungs- und Baugesetz).
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 117 Ia 13 S. 14 A.- Auf einer der Geländeterrassen am Pfannenstielhang, rund 140 Meter über dem Niveau des Zürichsees, befindet sich die Psychiatrische Klinik Hohenegg. Sie liegt ausserhalb der Bauzone. Abgesehen vom bestehenden Klinikensemble und von einzelnen Bauten im hangabwärts liegenden Gebiet Unot ist das Gebiet weitgehend unüberbaut. Die über 75jährige Klinik Hohenegg ist sanierungs- und erweiterungsbedürftig. Deshalb wurde ein Gesamtkonzept erarbeitet, das die künftigen Klinikbedürfnisse berücksichtigt und als Grundlage für ein Vorprojekt dient, welches neue Gebäulichkeiten südwestlich des bestehenden Klinikareals vorsieht. B.- Am 9. März 1988 beschloss die Gemeindeversammlung von Meilen die kommunale Nutzungsplanung. Dabei wurde westlich der Klinik Hohenegg, im "Schällenacher", eine etwa 7500 m2 umfassende Zone für öffentliche Bauten ausgeschieden, damit die Klinik Hohenegg gemäss Vorprojekt erweitert werden könne. Gegen diesen Beschluss rekurrierte die Zürcherische Vereinigung für Heimatschutz (kurz: Zürcher Heimatschutz) bei der Baurekurskommission II des Kantons Zürich. Diese wies den Rekurs am 25. September 1989 ab, weil die betrieblichen Gründe den Interessen des Natur- und Heimatschutzes überwögen und sich damit die Zone für öffentliche Bauten als planerisch zweckmässig und angemessen erweise. Das dagegen eingereichte Rechtsmittel wies der Regierungsrat mit Entscheid vom 12. September 1990 ab, da der Zürcher Heimatschutz zum Rekurs nicht legitimiert sei. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 23. Oktober 1990 beantragt der Zürcher Heimatschutz im wesentlichen, der Entscheid des Regierungsrats sei aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. BGE 117 Ia 13 S. 15 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einem Nutzungsplanverfahren. streitig ist einzig die rekurslegitimation der beschwerdeführerin, welche vom Regierungsrat verneint wurde. Zur Rüge der formellen Rechtsverweigerung ( Art. 4 BV ) ist die Beschwerdeführerin unabhängig davon, ob sie in der Sache selbst zur Einreichung einer staatsrechtlichen Beschwerde befugt wäre, nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung berechtigt ( BGE 114 Ia 312 E. 3c; BGE 113 Ia 250 E. 3, 430 E. 3). Inwiefern der angefochtene Entscheid in diesem Rahmen die Eigentumsgarantie ( Art. 22ter BV ) verletzen soll, ist nicht ersichtlich, weshalb auf die entsprechende Rüge nicht einzutreten ist ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Die anderen Prozessvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb im übrigen grundsätzlich auf die Beschwerde einzutreten ist. b) Im vorliegenden Fall erübrigt sich ein zweiter Schriftenwechsel, der ohnehin nur ausnahmsweise stattfindet ( Art. 93 Abs. 3 OG ). Ebenfalls ist auf die Durchführung eines Augenscheins zu verzichten, da über die Beschwerde aufgrund der Akten entschieden werden kann. 2. a) Das kantonale Recht hat wenigstens ein Rechtsmittel gegen Nutzungspläne vorzusehen ( Art. 33 Abs. 2 RPG ) und die Legitimation dafür mindestens im gleichen Umfang wie für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zu gewährleisten ( Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG ). Es ist nicht streitig, dass die Umschreibung der Rekurslegitimation des Zürcher Rechts (§ 338a des Planungs- und Baugesetzes (PBG) vom 7. September 1975) diesen Anforderungen genügt. b) Unbestrittenermassen schreibt das Bundesrecht für die Anfechtung von Nutzungsplänen kein Beschwerderecht kantonaler Vereinigungen vor (vgl. BGE 107 Ib 113 E. 2a; vgl. Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG i.V.m. Art. 12 i.V.m. Art. 2 NHG ). Die Frage, ob der Zürcher Heimatschutz zum Rekurs an den Regierungsrat legitimiert sei, richtet sich daher ausschliesslich nach kantonalem Recht. c) Das Bundesgericht prüft die Anwendung und Auslegung kantonalen Rechts nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in BGE 117 Ia 13 S. 16 stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 114 Ia 218 E. 2a). 3. a) Die Beschwerdeführerin stützt ihre Rekursberechtigung auf § 338a PBG . Diese Bestimmung lautet wie folgt: "Zum Rekurs und zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch die angefochtene Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung oder Änderung hat. Dasselbe gilt für die Anfechtung von Erlassen. Zum Rekurs und zur Beschwerde gegen Anordnungen und Erlasse, soweit sie sich auf den III. Titel oder § 238 Abs. 2 stützen, sowie gegen Bewilligungen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen sind auch gesamtkantonal tätige Vereinigungen berechtigt, die sich seit wenigstens zehn Jahren im Kanton statutengemäss dem Natur- und Heimatschutz oder verwandten, rein ideellen Zielen widmen." b) Die Beschwerdeführerin ist anerkanntermassen eine Vereinigung im Sinne von § 338a Abs. 2 PBG . Sie macht geltend, die streitige Zone für öffentliche Bauten im "Schällenacher" stütze sich auf den III. Titel des PBG, d.h. auf die § § 203-217 PBG . Sie behauptet, die Landschaft in der näheren Umgebung der Klinik sei ein Schutzobjekt (vgl. § 203 lit. a PBG ), weshalb sie zur Anfechtung der Zone für öffentliche Bauten befugt sei. Hingegen bringt sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr - zumindest nicht rechtsgenügend ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ) - vor, das bestehende Klinikensemble sei schützenswert ( § 203 lit. c PBG ) und werde durch die streitige Zone unzulässig beeinträchtigt. Ebensowenig macht sie geltend, mit der Zonenausscheidung würden die Bestimmungen über Bauten ausserhalb der Bauzone ( Art. 24 RPG ) umgangen. c) Der Regierungsrat des Kantons Zürich bestreitet nicht, dass das fragliche Gebiet landschaftlich exponiert ist. Er hat die Rekursbefugnis der Beschwerdeführerin zur Anfechtung der Zone für öffentliche Bauten aber mit der Begründung verneint, die betroffene Fläche sei in keiner Richtplanung irgendwelcher Stufe als landschaftlich empfindlich oder als Umgebungsschutzgebiet bezeichnet. Bei der festgesetzten Zone für öffentliche Bauten handle es sich ferner nicht um eine planungsrechtliche Festlegung im Interesse eines Schutzobjektes ( § 205 PBG ). Es sei deshalb davon auszugehen, dass die angefochtene Zonierung keine Schutzobjekte ( § 203 PBG ) betreffe. Der Ästhetik und der Einpassung in die Landschaft seien im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens für den Erweiterungsbau Rechnung zu tragen. Eine Beeinträchtigung einerseits der Aussicht vom Zwetschgenweg, der südlich der Klinik BGE 117 Ia 13 S. 17 entlang der Hangkante verläuft, sowie andererseits der an das Gebiet Hohenegg angrenzenden Geländeterrassen, welche als Natur- und Landschaftsschutzobjekte von überkommunaler Bedeutung als Objekt Nr. 105 inventarisiert seien, könne ausgeschlossen werden. Die übrigen Erwägungen des Regierungsrats beziehen sich auf den Schutz der bestehenden Klinikgebäude. d) aa) Nicht verneint werden darf die Legitimation der Beschwerdeführerin mit dem Argument, der Ästhetik und der Einpassung in die Landschaft des Erweiterungsbaus werde im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens Rechnung zu tragen sein. Aus der Ausscheidung der Zone für öffentliche Bauten folgt, dass dort grundsätzlich - zonenkonform - gebaut werden darf; dagegen richtete sich der Rekurs an den Regierungsrat. Bloss die allgemeinen Anforderungen an die Gestaltung der an sich zulässigen Bauten sind besonderer Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens (vgl. § 238 Abs. 2 PBG ). bb) Unbestrittenermassen sind die Natur- und Heimatschutzvereinigungen beschwerdebefugt, wenn eine Anordnung ein Objekt betrifft, das bereits durch eine förmliche Massnahme ( § § 205 ff. PBG ) geschützt ist (vgl. auch unveröffentlichtes Urteil vom 23. Januar 1989 i.S. Zürcherische Vereinigung für Heimatschutz, E. 3b). Der Regierungsrat hat festgestellt, dass die Landschaft um die Klinik Hohenegg durch keine richtplanerische Festlegungen geschützt ist. Mehr musste er nicht untersuchen, da die Beschwerdeführerin selber nicht behauptet, im streitigen Gebiet seien Schutzmassnahmen ( § § 205 ff. PBG ) ergriffen worden. cc) Vielmehr leitet die Beschwerdeführerin ihre Legitimation aus der Behauptung ab, das streitige Gebiet sei materiell ein Schutzobjekt nach § 203 PBG , da die Zone für öffentliche Bauten ein landschaftlich empfindliches Gebiet betreffe ( § 203 lit. a PBG ). In der Tat wäre § 338a Abs. 2 PBG zu eng verstanden, wenn die Legitimation der Natur- und Heimatschutzvereinigungen lediglich bei förmlich ( § § 205 ff. PBG ) unter Schutz gestellten Objekten ( § 203 PBG ) gegeben wäre. Indessen entschied der Regierungsrat nicht willkürlich, wenn er in einem Fall, in dem keine förmlichen Schutzmassnahmen getroffen worden sind, an die Begründung der Legitimation qualifizierte Anforderungen stellt. Namentlich ist es verfassungsrechtlich haltbar, dafür mehr als die blosse Behauptung, eine Anordnung oder ein Erlass stütze sich auf ein Schutzobjekt, zu verlangen. Insbesondere wenn in einer Gemeinde bereits Schutzmassnahmen ( § § 205 ff. PBG ) ergriffen worden sind, dürfen BGE 117 Ia 13 S. 18 an die Anerkennung der Legitimation höhere Anforderungen geknüpft werden, da ja aufgrund von sachlichen Kriterien nicht schützenswerte von formell zu schützenden Objekten bereits getrennt worden sind; namentlich gebietet es in einem solchen Fall auch die Rechtssicherheit, solche Entscheide nicht leichtfertig in Frage zu stellen. Aber selbst wenn in einer Gemeinde noch keine solche Ausscheidung stattgefunden hat, dürfen für die Anerkennung der Beschwerdebefugnis gewisse objektive Anhaltspunkte dafür gefordert werden, dass ein Schutzobjekt ( § 203 PBG ) im einzelnen Fall durch eine Anordnung konkret beeinträchtigt werden könnte, eine wesentliche Gefahr für das Schutzobjekt bestehe. Dies darzulegen darf von den Natur- und Heimatschutzorganisationen ( § 338a PBG ) kraft ihres Sachwissens verlangt werden. Es ist - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - nicht an der Rechtmittelinstanz, Abklärungen über die Schutzwürdigkeit eines Objekts und über die mögliche Beeinträchtigung des Objekts vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden darf.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
d8ba0394-7e54-4a73-a57e-81bfcb64c1a0
Urteilskopf 120 II 31 8. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 20 janvier 1994 dans la cause dame G. contre X. (recours en réforme)
Regeste Art. 271 Abs. 1 und Art. 257d OR ; Anfechtung einer Kündigung, die in Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben ausgesprochen worden ist. Eine Kündigung, die missbräuchlich ist oder Treu und Glauben widerspricht, ist anfechtbar, auch wenn sie auf Zahlungsrückstand des Mieters beruht. Gegen Treu und Glauben verstösst der Eigentümer, der seinem Mieter die Kündigung wegen Nichtbezahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten androht, bevor er die Gewissheit erlangt hat, dass dieser den geforderten Betrag schuldet (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 31 BGE 120 II 31 S. 31 A.- La société X. est propriétaire d'un appartement de quatre pièces à Porrentruy, loué par dame G. Par pli recommandé du 18 février 1993, la société de gérance P. SA, mandatée par X., a exigé de la locataire le paiement de 1'375 fr., savoir 150 fr. et 286 fr. à titre de différences de loyer pour les années 1991 et 1992, ainsi que 939 fr. pour le loyer de décembre 1992. Elle lui a imparti un délai de 30 jours pour régler sa dette ou pour formuler d'éventuelles remarques, tout en la menaçant de résilier le bail en cas de non-paiement. Le 25 février 1993, dame G. a refusé de payer les 286 fr. réclamés. Quant au montant du loyer de décembre 1992 (936 fr.), elle l'avait réglé avant l'envoi de la lettre du 18 février 1993. Par formule officielle datée du 5 avril 1993, X. a résilié le contrat de bail pour le 31 mai 1993. Avant cette échéance, la locataire a payé le montant de 286 fr. par deux versements intervenus le 30 avril et le 4 mai 1993. BGE 120 II 31 S. 32 B.- Sur demande de la locataire, le Tribunal des baux à loyer et à ferme du district de Porrentruy a, par jugement du 6 juillet 1993, annulé le congé signifié, au motif que celui-ci contrevenait aux règles de la bonne foi. Statuant sur recours de X., la Cour civile du Tribunal cantonal du canton du Jura a constaté, par jugement du 25 août 1993, la validité du congé notifié. C.- Le Tribunal fédéral a admis, dans la mesure où il était recevable, le recours en réforme interjeté par dame G. et il a annulé le congé litigieux. Erwägungen Extrait des considérants: 4. La recourante fait encore grief à la cour cantonale d'avoir violé l'art. 271 al. 1 CO. a) Cette disposition prescrit que le congé est annulable lorsqu'il contrevient aux règles de la bonne foi. Elle trouve sa source dans l'art. 34septies Cst. féd. qui attribue à la Confédération le droit de légiférer en matière d'annulabilité des congés abusifs, notamment. Le législateur se réfère, à l'art. 271 al. 1 CO, à la notion de bonne foi et non à celle d'abus de droit. Pour BARBEY, cette "différence de vocabulaire ne trahit cependant aucune intention particulière de la part du législateur. Les discussions au sein de la seconde Commission d'experts - qui se trouve à l'origine du système en définitive retenu - témoignent au contraire de ce que, dans l'esprit de ces spécialistes, les deux expressions devaient viser le même phénomène (...). La portée d'une distinction éventuelle entre l'abus de droit et l'acte contraire à la bonne foi n'a pas plus été approfondie dans la suite des travaux préparatoires (...)." (Commentaire du droit du bail, Chapitre III: Protection contre les congés concernant les baux d'habitation et de locaux commerciaux, Genève 1991, n. 11 ad art. 271-271a CO; cf., également, COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 6 ad art. 272 CO). Le droit actuel écarte le principe de la nullité absolue des congés abusifs, mais il admet qu'ils soient annulables, principalement lorsqu'ils sont chicaniers (COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 26 s. ad art. 34septies Cst. féd. et n. 2 ad art. 271 CO; LACHAT/MICHELI, Le nouveau droit du bail, 2ème éd., Lausanne 1992, p. 323). Il n'est pas nécessaire que l'attitude de l'auteur de la résiliation puisse être qualifiée d'abus de droit "manifeste" au sens de l'art. 2 al. 2 CC (LACHAT/MICHELI, loc.cit.; ZIHLMANN, Das neue Mietrecht, Zurich BGE 120 II 31 S. 33 1990, p. 189), car l'art. 271 al. 1 CO vise toute résiliation qui ne "repose sur aucun intérêt digne de protection, qui constitue une véritable chicane, qui consacre une attitude déloyale qui résulte d'une disproportion manifeste entre les intérêts en présence ou dont le motif n'est manifestement qu'un prétexte" (LACHAT/MICHELI, loc.cit.). L'art. 271 al. 1 CO s'applique même lorsque la résiliation du bail a pour cause la demeure du locataire au sens de l'art. 257d CO. En pareille hypothèse, le droit du propriétaire bailleur de résilier le contrat de bail pour défaut de paiement du loyer s'oppose à celui du locataire d'être protégé contre une résiliation abusive; le juge ne peut alors annuler le congé litigieux que si celui-ci est inadmissible au regard de la jurisprudence relative à l'abus de droit et à la bonne foi (COMMENTAIRE DE L'USPI, n. 10 ad art. 271 CO). Il faut des circonstances particulières pour que le congé soit annulé (LACHAT/MICHELI, op.cit., p. 151 et p. 331 s.). b) Il s'agit d'examiner si de telles circonstances existent en l'espèce. Contrairement à l'opinion du tribunal de première instance cantonale, il est vrai que, comme la Cour civile cantonale l'a estimé, le montant réclamé de 286 fr. ne peut être qualifié d'insignifiant - comme le seraient, par exemple, des intérêts dus sur un terme arriéré. Cependant, il ne faut pas perdre de vue que, dans sa lettre du 18 février 1993, la demanderesse a réclamé le versement de 1'375 fr.; selon les constatations souveraines de la cour cantonale, la demanderesse avait déjà réglé 936 fr. - sur ce montant - avant le 18 février 1993; la défenderesse a ainsi menacé la demanderesse d'une résiliation de bail pour le non-paiement d'un montant supérieur à 1'000 fr.; pourtant, restaient dus uniquement 436 fr., puisque la bailleresse avait exigé par erreur le paiement du loyer de décembre 1993 déjà versé. Or, le propriétaire qui, par suite d'une erreur, réclame à son locataire le versement de plus de mille francs - alors que seuls 436 fr. sont dus - en le menaçant de résilier le contrat de bail en cas de non-paiement, contrevient aux règles de la bonne foi s'il maintient cette menace après avoir réduit sensiblement ses prétentions, suite à une contestation du locataire relative au montant réclamé. En l'occurrence, si elle avait agi correctement, la propriétaire aurait renoncé à la menace de résiliation du 18 février 1993 et elle aurait notifié une nouvelle lettre de mise en demeure faisant clairement état du montant de la dette resté impayé. Cette manière de procéder s'imposait en l'espèce. Dans son pli du 18 février 1993 la société de gérance a, en effet, expressément requis la demanderesse BGE 120 II 31 S. 34 de contrôler l'exactitude du montant réclamé et de lui faire part de ses remarques éventuelles. La menace de résiliation n'était dès lors que conditionnelle; or, le propriétaire qui éprouve un doute sur le montant de sa créance et invite son locataire à vérifier le montant réclamé, se comporte d'une manière contraire aux règles de la bonne foi s'il le menace de résiliation avant d'avoir acquis la certitude que celui-ci doit bien ledit montant. En conséquence, le recours doit être admis dans la mesure où il est recevable et le jugement entrepris doit être annulé. En vertu des circonstances particulières de l'espèce, il y a lieu d'annuler le congé litigieux en application des dispositions de l'art. 271 al. 1 CO.
public_law
nan
fr
1,994
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d8bce30a-fa87-49f0-952b-a93cbb8579ab
Urteilskopf 115 V 337 44. Urteil vom 22. November 1989 i.S. F. gegen Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 9 Abs. 2 AHVG , Art. 18 Abs. 3 AHVV , Art. 82 BVG , Art. 7 Abs. 1 BVV 3 : Abzüge vom rohen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Für die Belange der AHV-Beitragserhebung dürfen die Einlagen des Selbständigerwerbenden in der individuell gebundenen beruflichen Vorsorge (Säule 3a) nicht vom Brutto-Erwerbseinkommen abgezogen werden.
Sachverhalt ab Seite 337 BGE 115 V 337 S. 337 A.- Am 25. März 1988 meldete das Steueramt des Kantons Zürich der Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber für Arthur F. ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 109'713.-- im Jahre 1985 und von Fr. 130'143.-- im Jahre 1986. Gestützt darauf und nach Aufrechnung der persönlichen Beiträge ermittelte die Ausgleichskasse ein durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 127'110.--, auf dem sie für die Jahre 1988 und 1989 vom Versicherten persönliche Sozialversicherungsbeiträge erhob (Verfügung vom 7. Juni 1988). B.- Beschwerdeweise machte Arthur F. gegenüber der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich geltend, im Sinne von Art. 18 Abs. 3 AHVV müssten Einlagen von Selbständigerwerbenden in anerkannte Formen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) als geschäftsmässig begründeter Aufwand vom rohen Einkommen abgezogen werden. In seinem Fall habe sich diese Einlage im Jahre 1986 auf Fr. 17'402.-- belaufen. BGE 115 V 337 S. 338 Mit Entscheid vom 10. März 1989 hat die Rekurskommission die Beschwerde abgewiesen. C.- Der Versicherte erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, "es seien die geleisteten persönlichen Vorsorge- Beiträge vollumfänglich vom AHV-pflichtigen Einkommen abzuziehen"; eventuell seien diese Beiträge "im Umfange der finanzierten Personal-Beiträge" zum Abzug zuzulassen. Zur Begründung bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor: Es sei willkürlich und widerspreche dem Sinne des BVG, wenn nach Art. 18 Abs. 3 AHVV lediglich die persönlichen Einlagen in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge (2. Säule), nicht aber Beiträge an die Säule 3a als geschäftsmässig begründeter Aufwand betrachtet und abgezogen werden könnten. Das BVG anerkenne die Beiträge der Arbeitgeber an Vorsorgeeinrichtungen ausdrücklich als Geschäftsaufwand. Die Säulen 2 und 3a hätten die gleichen Zielsetzungen. Bei beiden Säulen seien die Beiträge gebunden. Der freiwillig versicherbare Selbständigerwerbende könne zwischen dem Anschluss an die eine oder andere Vorsorgeeinrichtung frei wählen. Durch die Verwaltungspraxis werde die 2. Säule entgegen der Absicht des Gesetzgebers bevorzugt behandelt. Wenn zudem die Steuerbehörden die Abzüge gemäss Art. 18 Abs. 3 AHVV "nach den Vorschriften über die direkte Bundessteuer" zu ermitteln haben, müsse daraus geschlossen werden, dass auch die Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen der Säule 3a als Geschäftsaufwand voll abziehbar seien. Die zitierte Verordnungsbestimmung schränke lediglich den Abzug von Beiträgen an die 2. Säule ein. Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung deren Abweisung beantragt. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. a) Gemäss Art. 9 Abs. 1 AHVG ist Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit jedes Einkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt. Es wird ermittelt, indem das rohe Einkommen um die in Art. 9 Abs. 2 lit. a bis e AHVG aufgeführten Abzüge vermindert wird. Der Bundesrat ist befugt, nötigenfalls weitere Abzüge vom rohen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit zuzulassen (Art. 9 Abs. 2 letzter Satz AHVG). In diesem Sinne hat der BGE 115 V 337 S. 339 Bundesrat mit Verordnung vom 15. Dezember 1986 in Art. 18 Abs. 3 AHVV folgende Vorschrift erlassen: Vom rohen Einkommen sind persönliche Einlagen an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge in dem Ausmasse abzuziehen, das üblicherweise dem Arbeitgeberanteil solcher Einlagen entspricht, wobei es den kantonalen Steuerbehörden obliegt, diese Abzüge nach den Vorschriften über die direkte Bundessteuer zu ermitteln. Diese Verordnungsbestimmung ist am 1. Januar 1987 in Kraft getreten. Laut Übergangsbestimmung zur Verordnung gilt die durch Art. 18 Abs. 3 geschaffene Abzugsmöglichkeit für alle Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, die seit dem 1. Januar 1985 erzielt worden sind. Aufgrund von Art. 18 Abs. 3 AHVV können die Selbständigerwerbenden vom rohen Einkommen in dem Umfang Beiträge an Einrichtungen der 2. Säule für ihre persönliche berufliche Vorsorge abziehen, wie sie üblicherweise als Arbeitgeber Beiträge an die berufliche Vorsorge ihrer Arbeitnehmer leisten. Unter Einrichtungen der beruflichen Vorsorge sind im Sinne der Terminologie des BVG ausschliesslich solche der 2. Säule zu verstehen. Anlass zu dieser Regelung bildete in erster Linie das Gebot der rechtsgleichen Behandlung von Selbständigerwerbenden und Arbeitnehmern (vgl. KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, S. 172, Rz. 8.19); denn so wie die vom Arbeitgeber übernommenen Einlagen in Einrichtungen der beruflichen Vorsorge seiner Arbeitnehmer nicht zu deren für die paritätischen Sozialversicherungsbeiträge massgebendem Lohn gehören, so wenig sollen die vom Selbständigerwerbenden für sich persönlich geleisteten Einlagen an Einrichtungen der 2. Säule als massgebendes und damit abgabepflichtiges Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gelten. Vielmehr sollen sie als geschäftsmässig begründeter Aufwand vom rohen Erwerbseinkommen abgezogen werden dürfen (vgl. ZAK 1987 S. 5 f.). Dagegen sieht weder Art. 9 Abs. 2 AHVG noch Art. 18 Abs. 3 AHVV vor, dass die Einlagen des Selbständigerwerbenden in Einrichtungen der Säule 3a (andere der beruflichen Vorsorge dienende, anerkannte Vorsorgeformen) vom Bruttoerwerbseinkommen abgezogen werden dürfen. Keine der beiden einschlägigen Bestimmungen erwähnt den in Art. 82 BVG für die steuerlichen Belange vorgesehenen Abzug von Beiträgen für weitere anerkannte Formen der gebundenen Vorsorge. Der Bundesrat hat es ausdrücklich abgelehnt, in der AHVV Einlagen der Selbständigerwerbenden BGE 115 V 337 S. 340 in die Säule 3a von der Beitragserhebung auszunehmen (ZAK 1987 S. 6 und 350). b) Zwar kann das Eidg. Versicherungsgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen. (Es folgen Ausführungen über die Überprüfung der Verordnungen des Bundesrates.) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist es nicht willkürlich, wenn die AHVV nicht vorsieht, dass Beiträge des Selbständigerwerbenden an die Säule 3a nicht vom Bruttoerwerbseinkommen abgezogen werden können. Das Fehlen einer solchen Abzugsmöglichkeit stützt sich vielmehr auf ernsthafte Gründe und trifft bewusst eine Unterscheidung, die sich sachlich rechtfertigen lässt: Die 3. Säule steht zwar verfassungsrechtlich als gleichwertige Vorsorgeträgerin neben der 1. und der 2. Säule. In ihren Wirkungen geht sie jedoch über die Sozialversicherung der 2. Säule hinaus. Sie ist Selbstvorsorge, die hauptsächlich im individuellen Sparen besteht (BBl 1971 II 1598; BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, S. 174 f., N. 35/36; RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, S. 30, N. 15). Einlagen in die Säule 3a sind, obwohl steuerlich bevorzugt behandelt, AHV-rechtlich als Aufwendungen der privaten Lebenshaltung zu betrachten. Das gilt sowohl für den Selbständigerwerbenden als auch für den Arbeitnehmer. Kosten der privaten Lebenshaltung können vom Bruttoerwerbseinkommen des Arbeitnehmers nicht abgezogen werden. Würde man die Einlagen der Selbständigerwerbenden in die 3. Säule anders qualifizieren, so liefe dies auf eine Bevorzugung und somit auf eine Ungleichbehandlung der Selbständigerwerbenden gegenüber den Arbeitnehmern hinaus. Demzufolge wäre es unzulässig, die Beiträge Selbständigerwerbender für anerkannte Vorsorgeformen der gebundenen Vorsorge im Sinne von Art. 82 BVG für die Belange der AHV-Beitragserhebung zum Abzug vom Bruttoerwerbseinkommen zuzulassen. An diesem Ergebnis ändert nichts, dass die Beiträge der Arbeitnehmer und der Selbständigerwerbenden an anerkannte Vorsorgeformen in dem durch die Verordnung umschriebenen Ausmass steuerlich abziehbar sind (vgl. Art. 82 BVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 BVV 3 und Art. 22 Abs. 1 lit. i BdBSt ). Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass die 3. Säule auch mittels der 1. Säule durch Abzug der Einlagen in anerkannte Vorsorgeformen vom rohen Einkommen zu fördern wäre. BGE 115 V 337 S. 341 Nach dem Gesagten erweist sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet.
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d8c6a8b6-f55d-4dfb-9d6d-b2dbb5e1889a
Urteilskopf 105 II 188 31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Oktober 1979 i.S. Treuco Treuhand-Gesellschaft Dr. Studer & Co., Kommanditgesellschaft, gegen Konkursmasse der Arben AG (Berufung)
Regeste Retentionsrecht ( Art. 895 Abs. 1 und 2 ZGB ). Für eine Forderung aus Bemühungen zur Sanierung einer Gesellschaft und zur Anstrebung eines Nachlassvertrages steht einer Treuhandgesellschaft an Aktien, die ihr die in Schwierigkeiten geratene Gesellschaft vor der Konkurseröffnung zur Aufbewahrung übergeben hat, ein kaufmännisches Retentionsrecht im Sinne von Art. 895 Abs. 2 ZGB zu.
Sachverhalt ab Seite 189 BGE 105 II 188 S. 189 A.- Die Immobiliengesellschaft Arben AG mit Sitz in Wiler/VS fiel im Jahre 1976 in Konkurs. Ihr Zweck hatte unter anderem im Kauf und Verkauf von Grundstücken, in deren Erschliessung und Überbauung mit Wohnhäusern und gewerblichen Bauten, in der Verpachtung von Grundstücken und Gebäuden, im Betrieb von Hotels, Restaurants und ähnlichen Gaststätten sowie in der Beteiligung an anderen Immobiliengesellschaften bestanden. Am 5. Februar 1975 hatte die Arben AG der Treuco Treuhand-Gesellschaft Dr. Studer & Co. in Zürich (im folgenden Treuco genannt), einer Kommanditgesellschaft, deren Zweck in der Tätigung aller Treuhandgeschäfte sowie in der Rechts- und Steuerberatung besteht, eine Generalvollmacht erteilt, die sich nach dem unterzeichneten Vollmachtsformular insbesondere auf folgende Handlungen bezog: Aussergerichtliche Vertretung, Vertretung vor allen Gerichten, Verwaltungsbehörden und Schiedsgerichten, Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen und Schiedsverträgen, Ergreifung von Rechtsmitteln, Abgabe von Abstandserklärungen, Abschluss von Vergleichen, Vollzug von Urteilen und abgeschlossenen Vergleichen, Empfangnahme und Herausgabe von Wertschriften und anderen Wertgegenständen, Inkasso und Vornahme von Zahlungen, Vertretung in Erbschaftssachen, Vertretung bei öffentlichen Beurkundungen jedwelcher Art und bei Grundbuchgeschäften, Ausübung des Stimmrechts in Versammlungen. Grundlage der erwähnten Vollmacht hatte ein Beschluss des Verwaltungsrates der Arben AG vom gleichen Tag gebildet, BGE 105 II 188 S. 190 mit welchem Dr. Studer bzw. der Treuco der Auftrag erteilt worden war, eine Sanierung der Arben AG anzustreben und dabei insbesondere folgende Aufgaben zu übernehmen: a) Überprüfung und gegebenenfalls Reduktion der Ausgaben der Gesellschaft, b) Verhandlungen mit den Grossgläubigern, c) Verhandlungen mit möglichen neuen Partnern. Nachdem die angestrebte Sanierung misslungen war, hatte sich die Treuco im Auftrag der Arben AG um eine gerichtliche Nachlassstundung bemüht. Es gelang indessen nicht, dieses Ziel zu erreichen und den Konkurs der Arben AG abzuwenden. B.- Im Konkurs der Arben AG machte die Treuco eine Forderung von Fr. 65'387.05 geltend, die sich aus verschiedenen Rechnungsbeträgen zusammensetzte. Der weitaus grösste Teil entfiel auf Honorarrechnungen für Bemühungen im Zusammenhang mit dem Versuch zur Sanierung der Arben AG sowie mit dem angestrebten Nachlassverfahren. Ein Teilbetrag von Fr. 1'465.- betraf sodann eine Rechnung für Bemühungen von Dr. Studer persönlich, der während einer gewissen Zeit im Sinne einer Übergangslösung als Sekretär der Arben AG tätig gewesen war. Ein weiterer Betrag von insgesamt Fr. 7'500.- entfiel schliesslich auf Depotgebühren für die Aufbewahrung von über 30000 Namenaktien zu 100 Franken der Luftseilbahn Wiler/Lötschental AG, einer von der Arben AG beherrschten Gesellschaft. Die Treuco hatte die Aktien am 16. April 1975 im Auftrage der Arben AG von der Fides Treuhandgesellschaft, die sie bis dahin aufbewahrt hatte, ausgeliefert erhalten. Sie machte daran für die gesamte im Konkurs angemeldete Forderung ein Retentionsrecht geltend. Auf Ersuchen des zuständigen Konkursamtes reichte sie diesem die in ihrem Besitz befindlichen Aktien ein, wobei sie im Begleitbrief vom 11. Februar 1977 ausdrücklich darauf hinwies, dass sie daran ein Retentionsrecht beanspruche. Im Kollokationsplan wurde die von der Treuco angemeldete Forderung von Fr. 65'387.05 in vollem Umfang zugelassen, jedoch nur in der fünften Klasse. Das an den Aktien der Luftseilbahn Wiler/Lötschental AG geltend gemachte Retentionsrecht anerkannte die Konkursverwaltung nicht. C.- Mit Rechtsbot vom 6. September 1977 erhob die Treuco beim Instruktionsrichter der Bezirke Leuk und BGE 105 II 188 S. 191 Westlich-Raron gegen die Konkursmasse der Arben AG Klage auf Abänderung des Kollokationsplanes mit folgendem Rechtsbegehren: "Die im Kollokationsplan im Konkurs über die Arben AG, Wiler, in der fünften Klasse unter der Ordnungsnummer 57 aufgeführte Forderung der Klägerin von Fr. 65'387.05 ist vollumfänglich sowie mit den laufenden Zinsen zu 5% ab Datum der Konkurseröffnung unter den pfandversicherten, insbesondere den faustpfandversicherten Forderungen zu kollozieren." Die Beklagte beantragte im Instruktionsverfahren die vollumfängliche Abweisung der Klage. Nach Durchführung des Beweisverfahrens übermittelte der Instruktionsrichter die Akten zur Urteilsfällung an das Kantonsgericht Wallis. In den Schlussverhandlungen vor Kantonsgericht änderte die Beklagte ihr ursprüngliches Begehren dahin ab, dass sie beantragte, die Forderung der Klägerin sei im Betrage von Fr. 8'965.- (Depotgebühren von insgesamt Fr. 7'500.- für die Aufbewahrung der Aktien sowie Honorar von Fr. 1'465.- für die Bemühungen von Dr. Studer als Sekretär der Gemeinschuldnerin) nebst 5% Zinsen bis zum Datum der Verteilung unter den pfandversicherten Forderungen zu kollozieren; im übrigen sei die Klage abzuweisen. Am 23. März 1979 fällte das Kantonsgericht folgendes Urteil: "1. Die im Kollokationsplan im Konkurs über die Arben AG, Wiler, in der 5. Klasse aufgeführte Forderung der Klägerin von Fr. 65'387.05 ist lediglich im Betrag von Fr. 8'965.-, nebst Zins zu 5% ab Datum der Konkurseröffnung, unter den faustpfandversicherten Forderungen zu kollozieren. 2. Die Kosten des Verfahrens und Urteils werden zu 3/4 der Klägerin und zu 1/4 der Beklagten auferlegt. 3. Alle weitergehenden Begehren der Klägerin werden abgewiesen." In der Urteilsbegründung wurde festgehalten, dass - abgesehen von den Depotgebühren für die Aufbewahrung der Aktien - zwischen der klägerischen Forderung und den im Streite liegenden Namenaktien ein innerer Zusammenhang im Sinne von Art. 895 Abs. 1 ZGB und damit ein Retentionsrecht gemäss dieser Bestimmung nicht bestehe. Ebenso wurde verneint, dass der Klägerin ein kaufmännisches Retentionsrecht gemäss Art. 895 Abs. 2 ZGB zustehe. D.- Dieses Urteil hat die Klägerin sowohl mit Berufung als auch mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht angefochten. BGE 105 II 188 S. 192 In der Berufung verlangt sie vollumfängliche Gutheissung ihrer Klage. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Art. 895 ZGB bestimmt in Absatz 1, dass bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, von diesem bis zu seiner Befriedigung zurückbehalten werden können, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstand der Retention in Zusammenhang steht. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels besteht unter Kaufleuten dieser Zusammenhang bereits dann, wenn sowohl der Besitz als auch die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. 3. Es ist unbestritten, dass folgende sich aus den erwähnten Bestimmungen ergebenden Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind: a) Bei den Namenaktien der Luftseilbahn Wiler/Lötschental AG handelt es sich um Wertpapiere, an denen ein Retentionsrecht erworben werden kann. Unter Wertpapieren gemäss Art. 895 Abs. 1 ZGB sind solche im Sinne von Art. 965 OR zu verstehen (JÄGGI, N. 320 zu Art. 965 OR , S. 164; OFTINGER, N. 29 und 33 zu Art. 895 ZGB ). Dazu gehören zweifellos auch die in Frage stehenden Namenaktien, ohne dass hier auf deren Einordnung unter die verschiedenen Arten von Wertpapieren näher eingegangen werden müsste (vgl. dazu JÄGGI, N. 25 zu Art. 974 OR ; OFTINGER, N. 23 zu Art. 901 ZGB ). b) Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil waren die Aktien aufgrund eines zwischen der Klägerin und der Arben AG zustandegekommenen Hinterlegungsvertrages seit dem 16. April 1975 bei der Klägerin deponiert. Sie befanden sich demnach mit dem Einverständnis der Gemeinschuldnerin bis zum Konkursausbruch im Besitze der Klägerin. Im Umstand, dass diese die Aktien in der Folge an die Konkursmasse herausgab, kann selbstverständlich keine Besitzesaufgabe erblickt werden, die das Erlöschen eines allfälligen Retentionsrechtes hätte bewirken können. Gemäss Art. 232 Abs. 2 Ziff. 4 SchKG war die Klägerin zur Herausgabe der in ihrem Besitz befindlichen Aktien verpflichtet. Die Erfüllung dieser Pflicht konnte ihr wie aus der zitierten Bestimmung selber hervorgeht, nicht schaden (so auch BGE 43 II 766 E. a). BGE 105 II 188 S. 193 c) Schliesslich ist auch das Erfordernis der Fälligkeit der Forderung erfüllt. Spätestens mit der Konkurseröffnung über die Arben AG sind sämtliche Einzelforderungen der Klägerin dieser gegenüber fällig geworden ( Art. 208 Abs. 1 SchKG ). 4. Streitig ist demgegenüber, ob der vom Gesetz verlangte Zusammenhang zwischen der klägerischen Forderung und dem Retentionsgegenstand, den Aktien der Luftseilbahn Wiler/Lötschental AG, gegeben sei. Unter Kaufleuten besteht der notwendige Zusammenhang zwischen der Forderung und dem Retentionsgegenstand schon dann, wenn sowohl der Besitz an diesem Gegenstand als auch die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. Im angefochtenen Urteil wird hiezu ausgeführt, bei den Beziehungen zwischen der Klägerin und der Arben AG habe es sich nicht um einen eigentlichen geschäftlichen Verkehr gehandelt, der beidseitig mit der Eigenart des Geschäftsbetriebes zusammengehangen habe. Schon aus der Umschreibung der von den beiden Gesellschaften gemäss den Handelsregistereinträgen verfolgten Zwecke ergebe sich, dass hier nicht von Kaufleuten bzw. von einem geschäftlichen Verkehr unter solchen gesprochen werden könne. In der Berufung wird gerügt, dass die Vorinstanz die Kaufmannseigenschaft der Klägerin und der Arben AG nicht eindeutig bejaht und das Bestehen eines geschäftlichen Verkehrs zwischen den beiden verneint habe. a) Das angefochtene Urteil äussert sich in der Tat nicht klar zur Frage, ob die Klägerin und die Arben AG als Kaufleute zu betrachten seien. Es enthält indessen alle tatbeständlichen Elemente, die es dem Bundesgericht ermöglichen, diese Frage, soweit sie rechtlicher Natur ist, selber zu beurteilen. Als Kaufmann im Sinne von Art. 895 Abs. 2 ZGB ist nach Lehre und Rechtsprechung zu betrachten, wer nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet ist, seine Firma im Handelsregister einzutragen, und wer auch tatsächlich ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt (OFTINGER, N. 116, und LEEMANN, N. 51/52 zu Art. 895 ZGB ; BGE 78 II 142 E. 1). Die Klägerin ist eine im Handelsregister eingetragene Kommanditgesellschaft, deren Zweck wie folgt umschrieben ist: "Tätigung aller Treuhandgeschäfte, insbesondere Rechts- und Steuerberatung". Gemäss Art. 53 lit. A Ziff. 4 in Verbindung mit Art. 54 der Verordnung über das Handelsregister war sie BGE 105 II 188 S. 194 als Treuhandgesellschaft unabhängig von der Höhe ihrer Roheinnahmen zur Eintragung im Handelsregister verpflichtet. Auch die Arben AG war sowohl im Handelsregister eingetragen als auch hiezu verpflichtet, andernfalls sie die Rechtspersönlichkeit als Aktiengesellschaft gar nicht erlangt hätte ( Art. 643 Abs. 1 OR ). Aus dem angefochtenen Urteil und den Akten ergibt sich sodann mit ausreichender Deutlichkeit, dass beide Gesellschaften auch tatsächlich ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betrieben haben. Die erste Voraussetzung des kaufmännischen Retentionsrechtes, die Kaufmannseigenschaft der beiden Vertragsparteien, ist demnach als erfüllt zu betrachten. b) Der Bestand des streitigen Retentionsrechts hängt somit nur noch davon ab, ob der Besitz der Klägerin an den fraglichen Aktien und ihre Honorarforderung gegenüber der Arben AG aus dem gegenseitigen geschäftlichen Verkehr herrühren (französischer Text von Art. 895 Abs. 2 ZGB : "...résultent de leurs relations d'affaires"; der italienische Text stimmt mit dem französischen überein). Dabei handelt es sich um eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsfrage. Der Besitz am Gegenstand der Retention und die Forderung müssen, wie auch die Klägerin anerkennt, beidseitig mit der Eigenart des Geschäftsbetriebes zusammenhängen, das heisst, aus Geschäften herrühren, die bei beiden Teilen zum Betrieb des Gewerbes gehören (OFTINGER, N. 117, und LEEMANN, N. 53 zu Art. 895 ZGB ). Was den Besitz der Klägerin an den bei ihr hinterlegten Aktien betrifft, so ist diese Voraussetzung ohne weiteres erfüllt. Zum Geschäftsbetrieb der Klägerin als Treuhänderin gehört es, von Kunden Wertschriften zur Aufbewahrung entgegenzunehmen. Das geht denn auch ausdrücklich aus dem Vollmachtsformular hervor, das die Arben AG am 5. Februar 1975 unterzeichnet hatte. Aber auch bei der Arben AG hing die Hinterlegung der in ihrem Eigentum stehenden Aktien der Luftseilbahn Wiler/Lötschental AG bei einer Treuhandgesellschaft mit der Eigenart ihres Geschäftsbetriebes als Immobiliengesellschaft zusammen. Zu ihrem Gesellschaftszweck gehörte nicht nur der Erwerb und Verkauf von Grundstücken und deren Erschliessung, sondern auch die Beteiligung an andern Immobiliengesellschaften. Soweit sie bei der Ausübung dieser Geschäftstätigkeit in den Besitz von Aktien anderer Gesellschaften gelangte, lag es nahe, dass sie diese nicht selber BGE 105 II 188 S. 195 aufbewahrte, sondern an einem hiefür geeigneten Ort hinterlegte. Selbst wenn bei der Wahl des Hinterlegungsortes eine Rolle gespielt haben sollte, dass Dr. Studer vorübergehend als Sekretär des Verwaltungsrates der Arben AG tätig war, worauf die Beklagte starkes Gewicht legt, wird dadurch der geschäftsbedingte Zusammenhang mit der Hinterlegung der Aktien bei der Klägerin nicht aufgehoben. Die Aktien blieben übrigens auch dann bei der Klägerin deponiert, als Dr. Studer seine Tätigkeit als Sekretär des Verwaltungsrates der Arben AG aufgab. Zudem ist zu beachten, dass der Hinterlegungsvertrag nicht mit Dr. Studer persönlich, sondern mit der klägerischen Gesellschaft als solcher abgeschlossen wurde. Ob auch die streitige Forderung aus Rechtsgeschäften herrührt, die mit der Eigenart des Geschäftsbetriebes zusammenhingen, ist hinsichtlich der Klägerin ohne weiteres zu bejahen. In den Geschäftsbereich einer Treuhandgesellschaft gehört auch die Ausführung von Aufträgen zur Sanierung von Unternehmen und zur Anstrebung von Nachlassverträgen. Stellt man bei der Beurteilung der gleichen Frage auf seiten der Arben AG - wie die Vorinstanz - nur auf den im Handelsregister eingetragenen Gesellschaftszweck ab, so könnte in der Tat die Auffassung vertreten werden, der geschäftliche Charakter des der Klägerin erteilten Auftrages sei zu verneinen. Diese Betrachtungsweise wird indessen den gegebenen Verhältnissen und dem Sinn des Gesetzes nicht gerecht, hätte sie doch zur Folge, dass für Honorarforderungen im Zusammenhang mit Sanierungsbemühungen überhaupt nie ein kaufmännisches Retentionsrecht beansprucht werden könnte. Forderungen, die aus Bemühungen zur Sanierung einer in Schwierigkeiten geratenen Gesellschaft oder zur Erlangung einer Nachlassstundung herrühren, weisen jedoch einen derart engen Zusammenhang mit dem gesamten Geschäftsbetrieb dieser Gesellschaft auf, dass ihre geschäftliche Natur vernünftigerweise nicht verneint werden kann (für eine extensive Auslegung des Konnexitätsbegriffs beim kaufmännischen Retentionsrecht spricht sich auch BRANDER, Das Retentionsrecht nach schweizerischem Zivilrecht, Zürcher Diss. 1933, S. 31, aus). 5. Steht der Klägerin nach dem Gesagten ein kaufmännisches Retentionsrecht zu, braucht nicht geprüft zu werden, Ob auch die Voraussetzungen eines gewöhnlichen Retentionsrechtes im Sinne von Art. 895 Abs. 1 ZGB erfüllt wären. BGE 105 II 188 S. 196 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichtes Wallis (Zivil-Gerichtshof) vom 23. März 1979 aufgehoben und die im Kollokationsplan im Konkurs der Arben AG, Wiler, in der 5. Klasse aufgeführte Forderung der Klägerin von Fr. 65'387.05 im vollen Betrag nebst 5% Zins ab Datum der Konkurseröffnung unter den faustpfandversicherten Forderungen kolloziert.
public_law
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d8cf6b89-4160-404f-8307-b3e61be14ba0
Urteilskopf 126 II 300 32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Mai 2000 i.S. Ruth Gonseth gegen Stadtrat Liestal, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 7, 11, 13 und 15 USG, Art. 4 LSV ; Schiesslärm am Liestaler Banntag; Art. 10 BV , Art. 2 und 8 EMRK ; Anspruch auf körperliche Unversehrtheit. Rechtsmittel: Stadträtliche Weisungen können als Allgemeinverfügungen Gegenstand einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde bilden (E. 1a). Zur Zulässigkeit von Feststellungsbegehren (E. 2c und d). Die am Liestaler Banntag verwendeten Gewehre sind als Geräte den Anlagen im Sinne von Art. 7 Abs. 7 USG gleich gestellt (E. 4a). Lärmschutzrechtliche Beurteilung des Schiesslärms am Banntag (E. 4b-e). Die stadträtlichen Weisungen, die das Schiessen am Banntag regeln, verstossen weder gegen Umweltrecht (E. 4e/ee) noch gegen grundrechtliche Schutzpflichten des Staates (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 301 BGE 126 II 300 S. 301 Der Banntag ist ein in der Nordwestschweiz, vor allem im Kanton Basel-Landschaft, seit Jahrhunderten geübter Brauch. Dabei werden jeweils im Frühjahr in Rotten die Gemeindegrenzen abgeschritten. In manchen Gemeinden, so unter anderem in Liestal, werden Gewehre mitgeführt, mit denen ohne Kugeln geschossen wird. Der Stadtrat Liestal erliess am 26. März 1996 Weisungen betreffend das Schiessen am Banntag 1996 in Liestal. Gegen diese Weisungen erhob Ruth Gonseth Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Für den Banntag 1997 erliess der Stadtrat neue, teilweise geänderte Weisungen, welche Ruth Gonseth abermals mit Beschwerde beim Regierungsrat anfocht. Der Regierungsrat wies die Beschwerden am 7. Juli 1998 ab. Ruth Gonseth gelangte gegen diesen Entscheid an das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft. Am 1. Januar 1999 trat eine Verordnung des Regierungsrates vom 15. Dezember 1998 über das Schiessen am Banntag in Kraft. Diese erlaubt das Schiessen ohne Kugeln im Siedlungsgebiet während einer bestimmten Zeit innerhalb von festgesetzten Schiesszonen und beauftragt den Gemeinderat, die Schiesszeiten und Schiesszonen festzulegen. Mit Urteil vom 7. April 1999 erwog das Verwaltungsgericht, die Weisungen verletzten weder das eidgenössische Umweltschutz- und Sprengstoffrecht noch das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Demgemäss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Ruth Gonseth erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die Weisungen des Stadtrats Liestal 1996 und 1997 Bundesrecht und die EMRK (SR 0.101) verletzten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen letzter kantonaler Instanzen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder richtigerweise stützen sollten ( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG , Art. 98 lit. g OG ; BGE 124 I 223 E. 1a/aa). Verfügungen sind Anordnungen im Einzelfall, das heisst individuelle, an den Einzelnen gerichtete Anordnungen, durch welche ein konkretes verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis rechtsgestaltend oder feststellend in erzwingbarer Weise geregelt BGE 126 II 300 S. 302 wird ( Art. 5 VwVG ; BGE 125 I 313 E. 2a S. 316; BGE 121 II 473 E. 2a S. 477). Als anfechtbare Verfügungen gelten auch Allgemeinverfügungen, das heisst Anordnungen, die sich an unbestimmt viele Personen wenden, aber einen konkreten Sachverhalt regeln ( BGE 125 I 313 E. 2a S. 316; BGE 119 Ia 141 E. 5c/cc S. 150; BGE 112 Ib 249 E. 2b S. 251 f.). Sie sind zu unterscheiden von Erlassen, das heisst generell-abstrakten Normen. Solche können beim Bundesgericht nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sondern nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (vgl. Art. 84 Abs. 1 OG ; BGE 121 II 473 E. 2b S. 478). Die umstrittenen Weisungen richten sich an die Banntagsschützen, einen nicht namentlich bekannten, aber bestimmbaren, eingeschränkten Personenkreis. Sie regeln das Verhalten dieser Personen an einem bestimmten einmaligen Anlass (Banntag 1996 bzw. 1997). Sie gelten formell zwar für das ganze Gemeindegebiet, in erster Linie - und einzig streitig - jedoch für das Schiessen im Zentrum von Liestal. Sie regeln damit konkret das Schiessen an einem begrenzten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt und sind daher als Allgemeinverfügungen zu betrachten, die der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen. b) Das Verwaltungsgericht hat die Weisungen nach dem eidgenössischen Umweltrecht und Sprengstoffrecht beurteilt. Die angefochtene Verfügung stützt sich somit auf Bundesverwaltungsrecht. Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann auch die gerügte Verletzung verfassungsmässiger Rechte beurteilt werden ( Art. 104 lit. a OG ; BGE 123 II 289 E. 1c S. 291 mit Hinweis). c) Die Beschwerdeführerin ist als Einwohnerin von Liestal durch das von ihr beanstandete Schiessen mehr als jedermann betroffen und daher zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ( Art. 103 lit. a OG ). Umstritten sind Weisungen, welche Anlässe regeln, die bereits in den Jahren 1996 bzw. 1997 durchgeführt wurden. Da indessen analoge Weisungen auch in den folgenden Jahren möglich und zu erwarten sind, die Beurteilung dieser Weisungen angesichts der erheblichen politischen Diskussion um den Banntag im öffentlichen Interesse liegt und ansonsten nie eine rechtzeitige letztinstanzliche Beurteilung möglich wäre, besteht ein aktuelles Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit grundsätzlich einzutreten. 2. a) Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben. Als Folge des im Beschwerdeverfahren BGE 126 II 300 S. 303 geltenden Devolutiveffekts ist das Urteil des Verwaltungsgerichts an die Stelle des bei ihm angefochtenen Entscheids des Regierungsrats und der diesem zugrunde liegenden Weisungen getreten. Diese sind daher mit dem Antrag auf Aufhebung des Verwaltungsgerichtsurteils notwendigerweise mitangefochten ( BGE 125 II 29 E. 1c S. 33). b) Die Beschwerdeführerin beantragt neben der Aufhebung der stadträtlichen Weisungen auch die Feststellung, dass die Weisungen Bundesrecht und die EMRK verletzten. Es fragt sich, ob auf ein derartiges Feststellungsbegehren eingetreten werden kann. c) Wer ein schutzwürdiges rechtliches oder tatsächliches Interesse nachweist, kann den Erlass einer Feststellungsverfügung über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte oder Pflichten verlangen ( Art. 25 VwVG ; BGE 123 II 402 E. 4b/aa S. 413; BGE 120 Ib 351 E. 3a S. 355). Ein solcher Anspruch besteht auch im bundesgerichtlichen Verfahren ( Art. 25 BZP [SR 273] in Verbindung mit Art. 40 OG ; BGE 122 II 97 E. 3; BGE 108 Ib 19 E. 1c S. 22 f.). Indessen kann die Feststellungsverfügung nicht abstrakte, theoretische Rechtsfragen zum Gegenstand haben, sondern nur konkrete Rechte oder Pflichten ( BGE 123 II 16 E. 2b S. 21; BGE 122 II 97 E. 3; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 75 Rz. 201). Sie ist zudem nur zulässig, wenn das schutzwürdige Interesse nicht ebensogut mit einer rechtsgestaltenden Verfügung gewahrt werden kann ( BGE 123 II 402 E. 4b/aa S. 413; BGE 121 V 311 E. 4a S. 317 f.; BGE 114 V 201 E. 2c S. 203). Da sich die Beschwerdeführerin auf ein schutzwürdiges Interesse an einer weiter gehenden Begrenzung des Schiesslärms stützen kann, durfte sie von der zuständigen Behörde den Erlass einschränkender Anordnungen verlangen ( BGE 120 Ib 351 E. 3b S. 355; KÖLZ/HÄNER, a.a.O., S. 78 Rz. 213; HANS RUDOLF TRÜEB, Rechtsschutz gegen Luftverunreinigung und Lärm, Zürich 1990, S. 217). Lehnt die Behörde den Erlass der entsprechenden Massnahmen ab, so kann dieser ablehnende Entscheid weitergezogen werden (vgl. BGE 124 II 272 ; BGE 123 II 74 ; Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998 in URP 1998 S. 529 ff. und in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904). Tritt die Behörde auf das Begehren nicht ein, so kann dies mit Rechtsverweigerungsbeschwerde beanstandet werden (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Oktober 1996, auszugsweise publiziert in URP 1997 S. 35, E. 4a; SCHRADE/LORETAN, Kommentar USG, Rz. 13 zu Art. 11; HANS RUDOLF TRÜEB, Die Vollzugsklage im Umweltrecht, URP 1990 BGE 126 II 300 S. 304 S. 423 ff., 428 f., 436 f.). Dabei müssen jedoch konkrete, bestimmte Massnahmen verlangt werden. Die generelle Beanstandung, eine Behörde sei in rechtswidriger Weise untätig geblieben oder habe ungenügende Massnahmen ergriffen, kann nur als Aufsichtsbeschwerde vorgebracht werden, die dem Anzeiger keinerlei Parteirechte verschafft und gegen deren Behandlung kein Rechtsmittel besteht ( BGE 124 II 383 E. 1 S. 385; BGE 120 Ib 351 E. 5 S. 358 f.; TRÜEB, a.a.O., URP 1990 S. 437). Da die Beschwerdeführerin die Möglichkeit hatte, konkrete rechtsgestaltende Anordnungen zu beantragen, könnte auf ein bloss allgemein gehaltenes Feststellungsbegehren nicht eingetreten werden. d) Aus der Beschwerde an das Bundesgericht wie auch aus den Rechtsschriften im kantonalen Verfahren geht nicht eindeutig hervor, welche Massnahmen die Beschwerdeführerin verlangt. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass das Schiessen, so, wie es in den Weisungen 1996 und 1997 zugelassen wird, mit dem Bundesrecht vereinbar sei. Im vorliegenden Verfahren ist zu beurteilen, ob das solcherart zugelassene Schiessen mit dem Bundesrecht vereinbar ist. Dabei können die Ausführungen der Beschwerdeführerin dahin gehend interpretiert werden, dass sie bestimmte Massnahmen verlangt, um die Gefährdung durch das Schiessen zu reduzieren, und dass als solche Massnahmen in erster Linie das Verlegen des Schiessens auf ausserhalb der Ortschaft Liestal, eventuell aber auch Einschränkungen des Schiessens innerorts ins Auge gefasst werden sollen. Auf das entsprechend ausgelegte Begehren der Beschwerdeführerin kann eingetreten werden. 3. Die Beschwerdeführerin rügt verschiedentlich eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und eine Beeinträchtigung des rechtlichen Gehörs, indem die Vorinstanz auf bestimmte ihrer Vorbringen nicht eingegangen sei oder beantragte Beweismittel nicht erhoben habe. a) Nachdem als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden hat, ist das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts gebunden, soweit dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde ( Art. 105 Abs. 2 OG ). b) Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid die Darstellung des Sachverhalts durch die Beschwerdeführerin wiedergegeben. Diese Darstellung war im Wesentlichen unbestritten. Insbesondere wurden die Ausführungen der Beschwerdeführerin, es BGE 126 II 300 S. 305 habe in der Vergangenheit an Banntagen verschiedentlich Unfälle mit Gehörschädigungen gegeben, von keiner Seite bestritten. Das Verwaltungsgericht ist bei seinen rechtlichen Erwägungen offensichtlich von diesen unbestrittenen und aktenkundigen Sachverhaltsfeststellungen ausgegangen. Ausdrücklich ging es wie die Beschwerdeführerin davon aus, dass das Schiessen gefährdende Einwirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung habe. Unter diesen Umständen erübrigte es sich, den Sachverhalt im Einzelnen und detailliert aufzulisten oder die von der Beschwerdeführerin beantragten Beweiserhebungen betreffend eines konkreten Unfalls durchzuführen. c) Unbegründet ist auch die Rüge, es hätten weitere Akten der kantonalen Abteilung Lärmschutz, namentlich Messresultate von Lärmmessungen am Banntag, beigezogen werden müssen. Es ist nicht bestritten, dass die am Banntag verwendeten Gewehre einen mit dem Schuss eines Sturmgewehrs 57 vergleichbaren Lärm verursachen. Die Störwirkung des Schiessens mit einem Sturmgewehr 57 ist allgemein bekannt, weshalb weitere Messungen für diese Immissionen, die nicht nach einem der Anhänge der LSV beurteilt werden können (s. hinten E. 4c/aa), nicht erforderlich sind. d) Die Beschwerdeführerin rügt die Feststellung der Vorinstanz als falsch, dass das Schiessen insgesamt nur während maximal 1 1/2 Stunden gestattet gewesen sei. Nach den diesbezüglich grosszügigeren Weisungen von 1997 war das Schiessen in der Rathausstrasse beim Abmarsch während 45 Minuten erlaubt, bei der Rückkehr pro Rotte während maximal 10 Minuten. Das ergibt insgesamt maximal 85 Minuten. Dass sich die insgesamt maximal 40 Minuten am Nachmittag auf einen Zeitraum von mehreren Stunden verteilen, ändert an dieser Gesamtdauer nichts. 4. Zu prüfen ist die Vereinbarkeit des Banntagsschiessens mit dem eidgenössischen Lärmschutzrecht. Lärmeinwirkungen sind primär an der Quelle zu beschränken (Art. 11 Abs. 1 des Umweltschutzgesetztes [USG; SR 814.01]). Unabhängig von bestehenden Umweltbelastungen sind die Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist ( Art. 11 Abs. 2 USG ). Überdies sind die Emissionsbegrenzungen zu verschärfen, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden ( Art. 11 Abs. 3 USG ). a) Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind die in Art. 11 Abs. 1 und 2 USG verankerten Grundsätze für die Beurteilung BGE 126 II 300 S. 306 des Banntagsschiessens nicht anwendbar, da sie nur für Anlagen gelten und die am Banntag verwendeten Waffen keine Anlagen seien. Nach Art. 7 Abs. 7 USG sind indessen Geräte den Anlagen gleichgestellt. Gewehre sind als Geräte im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten und fallen daher ebenfalls unter den Geltungsbereich von Art. 11 USG . Wie im Folgenden darzulegen ist, hat jedoch die unzutreffende Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Einfluss auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens. b) Die Einschränkung von Lärmemissionen erfolgt durch Massnahmen, die - soweit sie direkt auf das Umweltschutzgesetz gestützt werden - in Art. 12 Abs. 1 USG abschliessend aufgezählt sind ( BGE 120 Ib 436 E. 2a/aa S. 440 f.; SCHRADE/LORETAN, Kommentar USG, N. 10 zu Art. 12). Für bewegliche Geräte, welche ausserhalb von ortsfesten Anlagen verwendet werden, fallen dabei praktisch nur Bau- und Ausrüstungsvorschriften sowie Verkehrs- oder Betriebsvorschriften in Betracht ( Art. 12 Abs. 1 lit. b und c USG ; MONIKA KÖLZ-OTT, Die Anwendbarkeit der bundesrechtlichen Lärmschutzvorschriften auf menschlichen Alltagslärm und verwandte Lärmarten, URP 1993 S. 377 ff., 387). Diese Massnahmen werden durch Verordnungen oder, soweit diese nichts vorsehen, durch unmittelbar auf das Umweltschutzgesetz abgestützte Verfügungen vorgeschrieben ( Art. 12 Abs. 2 USG ). Die anzuordnenden Lärmschutzmassnahmen werden in der Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) konkretisiert. Für bewegliche Geräte schreibt Art. 4 Abs. 1 LSV vor, dass die Aussenlärmemissionen so weit begrenzt werden müssen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (lit. a) und dass die betroffene Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich gestört wird (lit. b). Zu diesem Zweck ordnen die Vollzugsbehörden betriebliche oder bauliche Massnahmen sowie Massnahmen für den fachgerechten Unterhalt an ( Art. 4 Abs. 2 LSV ). Art. 4 LSV konkretisiert somit für den Aussenlärm beweglicher Geräte die in Art. 11 USG enthaltenen Grundsätze und stimmt in seinen materiellen Anforderungen mit Art. 11 Abs. 2 und Art. 15 USG überein. Das Verwaltungsgericht hat das Banntagsschiessen richtigerweise aufgrund von Art. 4 LSV beurteilt und damit im Ergebnis die dadurch konkretisierten Grundsätze von Art. 11 USG angewendet, auch wenn es der Meinung war, diese hätten für die am Banntag verwendeten Gewehre keine Bedeutung. BGE 126 II 300 S. 307 c) Zu prüfen bleibt, ob das Verwaltungsgericht Art. 4 LSV im Lichte der einschlägigen Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes des Bundes richtig angewendet hat. aa) Die Lärmimmissionen ortsfester Anlagen sind grundsätzlich anhand der vom Bundesrat festgelegten Belastungsgrenzwerte (Anhänge 3-8 LSV) zu beurteilen ( Art. 40 Abs. 1 LSV ). Fehlen solche Werte, so müssen die Lärmimmissionen im Einzelfall nach den Kriterien der Art. 15, 19 und 23 USG bewertet werden ( Art. 40 Abs. 3 LSV ; BGE 123 II 74 E. 4a und b S. 82 f.; BGE 118 Ib 590 E. 3b S. 596). Dies gilt nach Art. 4 LSV und Art. 7 Abs. 7 USG auch für die Störwirkung des Lärms beweglicher Geräte, soweit dafür keine Grenzwerte bestehen. Im Rahmen dieser Einzelfallbeurteilung sind der Charakter des Lärms, Zeitpunkt und Häufigkeit seines Auftretens sowie die Lärmempfindlichkeit bzw. Lärmvorbelastung zu berücksichtigen ( BGE 123 II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb S. 335; BGE 118 Ib 590 E. 4a S. 598). Dabei ist nicht auf das subjektive Lärmempfinden einzelner Personen abzustellen, sondern eine objektivierte Betrachtung unter Berücksichtigung von Personen mit erhöhter Empfindlichkeit ( Art. 13 Abs. 2 USG ) vorzunehmen ( BGE 123 II 74 E. 5a S. 86, 325 E. 4d/bb S. 334; Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember 1994 in URP 1995 S. 31, E. 4c; CHRISTOPH ZÄCH, Kommentar USG, N. 14 zu Art. 15). bb) Das Bundesgericht hat wiederholt entschieden, dass nach dem in Art. 11 USG enthaltenen Vorsorgeprinzip unnötiger Lärm vermieden werden muss, falls sich erweist, dass die Massnahmen zur Emissionsbegrenzung technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar sind ( BGE 115 Ib 446 E. 3d S. 453 f.; BGE 113 Ib 393 E. 3 S. 400; URP 1997 S. 35, E. 3b; URP 1998 S. 529 E. 3c). Dies ist allerdings nicht so zu verstehen, dass jeder im strengen Sinne nicht nötige Lärm völlig untersagt werden müsste. Es gibt keinen absoluten Anspruch auf Ruhe; vielmehr sind geringfügige, nicht erhebliche Störungen hinzunehmen ( Art. 15 USG ; BGE 123 II 325 E. 4d/bb S. 335 f.; URP 1998 S. 529 E. 5b/c; ZÄCH, a.a.O., N. 13 zu Art. 15). cc) Die Lärmschutzvorschriften des Umweltschutzgesetzes sind in erster Linie zugeschnitten auf Geräusche, die als unerwünschte Nebenwirkungen einer bestimmten Tätigkeit auftreten. Diese können grundsätzlich mit geeigneten Massnahmen an der Quelle reduziert werden, ohne dass dadurch die entsprechenden Tätigkeiten als solche in Frage gestellt werden. Daneben gibt es jedoch auch Geräusche, welche den eigentlichen Zweck einer bestimmten Aktivität BGE 126 II 300 S. 308 ausmachen. Dazu gehören beispielsweise das Läuten von Kirchen- oder Kuhglocken, das Musizieren, das Halten von Reden mit Lautverstärkern an Anlässen in der Öffentlichkeit. Solche Lärmemissionen können nicht völlig vermieden und in der Regel auch nicht in der Lautstärke wesentlich reduziert werden, ohne dass zugleich der Zweck der sie verursachenden Tätigkeit vereitelt würde. Derartige Lärmemissionen als unnötig und unzulässig zu qualifizieren, würde implizieren, die betreffende Tätigkeit generell als unnötig zu betrachten. Die Rechtsprechung hat im Allgemeinen solche Emissionen zwar aufgrund des Umweltschutzgesetzes beurteilt, aber zugleich unter Berücksichtigung des Interesses an der Lärm verursachenden Tätigkeit diese nicht völlig verboten, sondern bloss einschränkenden Massnahmen unterworfen (Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998 in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904 und in URP 1998 S. 529 betr. Schussanlage zur Abwehr von Vögeln in Rebbergen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts vom 2. August 1995 i.S. R., RDAT 1996 I n. 62 pag. 183, betr. Freiluftmusikveranstaltungen; aus der kantonalen Praxis: URP 1996 S. 668 [Verwaltungsgericht Zürich] betr. Kirchenglocken; RDAF 1995 S. 75 [Verwaltungsgericht Waadt] betr. Freiluftkonzerte). Da eine Reduktion der Schallintensität meist den mit der betreffenden Tätigkeit verfolgten Zweck vereiteln würde, bestehen diese Massnahmen in der Regel nicht in einer Reduktion des Schallpegels, sondern in einer Einschränkung der Betriebszeiten ( BGE 119 Ib 463 E. 4-6; BGE 118 Ib 234 E. 2b S. 239 f.; SCHRADE/LORETAN, a.a.O., N. 29 zu Art. 12). Analog hat das Bundesgericht auch Lärmemissionen von Kinderspielplätzen, Jugendtreffpunkten oder offenen Restaurants nicht völlig verboten, sondern bloss eingeschränkten Betriebszeiten unterstellt ( BGE 123 II 74 , 325; BGE 118 Ib 590 ). Solcher Lärm ist zwar rein technisch streng genommen nicht nötig, um spielen, sich unterhalten oder in einem Restaurant konsumieren zu können. Indessen sind diese Aktivitäten nach allgemeiner Lebenserfahrung in der Regel mit bestimmten Geräuschentwicklungen verbunden; diese völlig zu untersagen, wäre praktisch gleichbedeutend mit einem Verbot der entsprechenden Aktivitäten im Freien. Das wäre eine welt- und lebensfremde Konsequenz, die nicht im Sinne des Umweltschutzgesetzes liegen kann. In solchen Fällen kann deshalb eine Lärmemission nicht schon dann unzulässig sein, wenn sie rein technisch vermeidbar wäre. Vielmehr ist eine Interessenabwägung vorzunehmen zwischen dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung und dem Interesse an der lärmverursachenden Tätigkeit. BGE 126 II 300 S. 309 dd) Diese Überlegungen müssen auch für lärmige Brauchtums- und andere öffentliche Anlässe gelten. Es gibt zahlreiche gesamtschweizerische oder lokale Anlässe, an denen in der Öffentlichkeit Geräusche verursacht werden, die teilweise über den sonst üblichen Belastungsgrenzwerten liegen. Zu denken ist an das Abbrennen von Feuerwerk am 1. August oder in der Neujahrsnacht, das Musizieren an der Fasnacht oder an anderen Brauchtumsanlässen, aber auch an Sportanlässe, Demonstrationen, Freiluftkonzerte und dergleichen. Es ist nicht der Sinn des Umweltschutzgesetzes, derartige Anlässe generell zu verbieten. Das Umweltschutzgesetz will Emissionen begrenzen, sie aber nicht völlig verhindern. Es stellt deshalb im Allgemeinen keine Grundlage für ein gänzliches Verbot einer bestimmten Tätigkeit dar ( BGE 124 II 219 E. 8b S. 233; SCHRADE/LORETAN, a.a.O., N. 17a zu Art. 11 und N. 28 zu Art. 12). Vielmehr sind solche Lärmbelastungen insbesondere im Hinblick auf ihre normalerweise beschränkte Dauer und Häufigkeit in einem ortsüblichen Umfang zumutbar. Dabei ist den örtlichen Behörden ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzugestehen, soweit es sich um Anlässe mit lokaler Ausprägung oder Tradition handelt. d) Der angefochtene Entscheid ist anhand dieser Grundsätze zu beurteilen, wobei das Bundesgericht nur bei Bundesrechtswidrigkeit, mit Einschluss der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens, einschreiten kann, nicht aber bei blosser Unangemessenheit ( Art. 104 OG ). aa) Das Verwaltungsgericht erwog, das Banntagsschiessen habe für die Gesundheit der Anwesenden gefährdende Auswirkungen, die indessen durch die angefochtenen Weisungen gerade eingeschränkt würden. Bei der Wahl der zu treffenden Massnahmen sei das Verhältnismässigkeitsprinzip von grosser Bedeutung. Es werde nicht verlangt, dass die Gefahr vollständig und endgültig abgewehrt werde. Die Weisungen erlaubten das Schiessen nur während insgesamt maximal 1 1/2 Stunden und nur in genau festgelegten und signalisierten Zonen. Des Weiteren werde die Bevölkerung informiert, so dass es jedem überlassen sei, sich zu den Schiesszeiten ausserhalb der Liestaler Altstadt aufzuhalten. Zudem würden jedermann gratis Gehörschutzpfropfen zur Verfügung gestellt. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Bevölkerung durch das Banntagsschiessen in ihrem Wohlbefinden im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. b LSV erheblich gestört werde. bb) Die Beschwerdeführerin kritisiert zunächst, die Vorinstanz habe nicht ausgeführt, welche Interessen im vorliegenden Fall BGE 126 II 300 S. 310 betroffen seien. Diese Rüge geht fehl. Die auf dem Spiel stehenden Interessen sind offensichtlich und liegen auch für die Beschwerdeführerin auf der Hand. Sie bringt selber vor, dass für die Schützen das Schiessen zum Banntag gehöre wie das Salz zur Suppe. Ebenso klar sind die entgegenstehenden Interessen von Personen, die das Schiessen wegen der Lärmbelastung und der damit verbundenen Gesundheitsgefährdung ablehnen. cc) Für das Banntagsschiessen bestehen keine Belastungsgrenzwerte; insbesondere ist Anhang 7 LSV nicht für das Schiessen ausserhalb von Schiessanlagen anwendbar (Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998 in URP 1998 S. 529 ff. und in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904 E. 4b). Das Verwaltungsgericht hat daher richtigerweise eine Einzelfallbeurteilung vorgenommen (vorne E. 4d/aa). dd) Eine sozio-psychologische Untersuchung über die Zusammenhänge von Schiesslärm bei Schiessständen und Störwirkung bei den Betroffenen führte zum Schluss, dass Schiesslärm dann als besonders störend empfunden wird, wenn die Betroffenen ihre Freizeit verbringen und (zuhause) Erholung suchen (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Oktober 1996 in URP 1997 S. 35 E. 3c). Das Bundesgericht hat den Knall-Lärm von Schussanlagen in einem Rebberg mit einer Frequenz von 60 Schüssen pro Stunde tagsüber nicht als erheblich störend bezeichnet (Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1998 in URP 1998 S. 529 ff. und in Pra 87/1998 Nr. 170 S. 904, E. 5c). Das Verwaltungsgericht hat insbesondere angesichts der relativ kurzen Dauer des Schiessens die daraus resultierende Störung als nicht erheblich und über die Weisungen hinaus gehende Einschränkungen als unverhältnismässig bezeichnet. Im Lichte des bisher Ausgeführten ist diese Beurteilung nicht zu beanstanden. Das Schiessen findet an einem einzigen Tag pro Jahr statt. Geschossen wird im Zentrum von Liestal am Vormittag während 20 (1996) bzw. 45 (1997) Minuten, am Nachmittag während insgesamt maximal 20 (1996) bzw. 40 (1997) Minuten. Der Zeitraum, während welchem die Anwohner und Passanten behindert oder beeinträchtigt werden, ist damit ohne weiteres vergleichbar mit Belästigungen, welche im Zentrum von Städten und Ortschaften auch bei zahlreichen anderen Anlässen (z.B. Demonstrationen, Sportanlässe, Umzüge, Festanlässe, Fasnacht etc.) in Kauf zu nehmen sind. Der blosse Umstand, dass Massnahmen denkbar sind, welche das Schiessen noch weiter einschränken, kann noch nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Entscheids führen, da nach dem Gesagten kein Rechtsanspruch auf absolute Lärmminimierung besteht. BGE 126 II 300 S. 311 ee) An dieser Beurteilung ändern auch die Bemerkungen des BUWAL nichts. Das Bundesamt führt aus, die wirksamste Massnahme zum Schutz der Bevölkerung wäre, dass die Veranstaltung ausserhalb des bewohnten Gebiets durchgeführt werde. Eine weniger weit gehende Möglichkeit zur Emissionsbegrenzung bestünde darin, dass die Anzahl der Schützen sowie die Anzahl der Schützen pro Salve begrenzt würde und ein Schützenmeister das Schiesskommando gibt. Solche Massnahmen hätten zum Inhalt älterer Weisungen zum Banntagsschiessen gehört. Zum Brauch des Banntagsschiessen gehört gerade, dass in begrenztem Umfang auch in der Liestaler Altstadt geschossen wird. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die lokalen Behörden in Würdigung dieses Umstandes das Schiessen innerorts erlauben. Wohl vermögen die übrigen, vom BUWAL vorgeschlagenen Massnahmen, die Lärmbelastung weiter zu reduzieren. Doch steht, wie vorne (E. 4c/dd) erwähnt, den lokalen Behörden bei der Art der zu ergreifenden Massnahmen ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Diesen Gestaltungsbereich haben die Behörden in Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten und der am Banntag herrschenden Traditionen pflichtgemäss zu nutzen. Dabei sind sie aus umweltschutzrechtlicher Sicht befugt, weiter gehende Massnahmen der vom BUWAL genannten Art anzuordnen, soweit sich solche Massnahmen zur weiteren Emissionsbegrenzung eignen. Indessen erweisen sich die in den hier umstrittenen Weisungen enthaltenen Massnahmen aus umweltschutzrechtlicher Sicht als ausreichend, um die Störung der Bevölkerung auf ein zumutbares Mass zu begrenzen. e) Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass ein Anlass von 1 1/2 Stunden pro Tag noch nicht als störend im Sinne der Lärmschutzverordnung zu betrachten sei, doch sei das Banntagsschiessen nicht bloss störend, sondern gefährlich und könne auch schwere Körperverletzungen verursachen. aa) Es ist unbestritten, dass durch das Schiessen Körperverletzungen, namentlich Gehörschäden, eintreten können. Die Vorinstanz hat erwogen, die angefochtenen Weisungen hätten gerade zum Ziel, diese Gefährdungen zu begrenzen, indem das Schiessen zeitlich und räumlich beschränkt werde. Es trifft zu, dass diese Massnahmen die Möglichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung nicht völlig ausschalten können. Indessen kann ein völliger Ausschluss jeglichen Risikos nicht verlangt werden. Zahlreiche oder gar die meisten menschlichen Tätigkeiten können unter gewissen Umständen zu Gesundheitsbeeinträchtigungen Dritter führen. Das Polizei- BGE 126 II 300 S. 312 und Umweltrecht kann und soll die Wahrscheinlichkeit einer solchen Beeinträchtigung möglichst begrenzen. Die Forderung nach einem Null-Risiko hätte jedoch zur Folge, dass ein grosser Teil sämtlicher menschlicher Aktivitäten verboten werden müsste, was unverhältnismässig wäre. Auch das Vorsorgeprinzip kann daher Risiken nur bestmöglich begrenzen, aber nicht völlig ausschliessen ( BGE 124 II 219 E. 8b S. 233; BGE 117 Ib 28 E. 6c S. 34 f.; CHRISTOPH ERRASS, Katastrophenschutz, Freiburg 1998, S. 46, 53, 95 f.; HANSJÖRG SEILER, Recht und technische Risiken, Zürich 1997, S. 71, 152 ff.). Das gilt nicht nur für Tätigkeiten, die mit wirtschaftlicher Zielsetzung durchgeführt werden, sondern in einem gewissen Umfang auch für Vergnügungen wie Sportanlässe, Freiluftkonzerte, Festanlässe, Fasnacht und andere Brauchtumsanlässe, Feuerwerk etc. bb) Risiken sind umso eher zumutbar, wenn den potenziell Beeinträchtigten wirksame und zumutbare Schutzmassnahmen zur Verfügung stehen. Zwar widerspricht dies dem Grundsatz der Lärmbegrenzung an der Quelle, doch gilt dieser Grundsatz im Lärmschutzrecht nicht ausnahmslos. So gehen Gesetz und Rechtsprechung davon aus, dass Lärmimmissionen unter Umständen auch durch Schallschutzvorrichtungen und Schliessen von Fenstern an den betroffenen Objekten zu reduzieren sind ( Art. 20, 21 und 25 Abs. 3 USG ; Art. 10, 11, 15 und 16 LSV; BGE 120 Ib 76 E. 3 S. 82 ff.; BGE 119 Ib 348 E. 6b S. 363; BGE 117 Ib 125 E. 3a S. 127 und E. 6c/bb S. 133; Urteil des Bundesgerichts vom 24. Juni 1997 in URP 1997 S. 495, E. 6e). Damit wird anstelle einer Begrenzung an der Quelle dem Betroffenen zugemutet, selber eine Schutzmassnahme zu treffen. Nach Art. 4 der Verordnung vom 24. Januar 1996 über den Schutz des Publikums von Veranstaltungen vor gesundheitsgefährdenden Schalleinwirkungen und Laserstrahlen (SR 814.49) kann die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen gewähren, worauf der Veranstalter dem Publikum einen Gehörschutz anzubieten und es auf die mögliche Gehörschädigung aufmerksam zu machen hat. cc) Es ist unbestritten, dass die Bevölkerung über das Schiessen am Banntag informiert wird, dass bestimmte Schiesszonen bezeichnet werden und dass unentgeltlich Gehörschutzpfropfen zur Verfügung gestellt werden. Der Bevölkerung wird dadurch ermöglicht, sich wirksam vor den Lärmimmissionen zu schützen. Die damit verbundene teilweise Abweichung vom Grundsatz der Begrenzung an der Quelle ist jedenfalls dann zulässig, wenn die Beeinträchtigung - wie am Banntag - nur einmal im Jahr während einer kurzen BGE 126 II 300 S. 313 Dauer stattfindet. Es ist für die Betroffenen zumutbar, sich während dieser kurzen Zeit ausserhalb der Schiesszone oder innerhalb von Gebäuden aufzuhalten oder sich mit einem Gehörschutz zu versehen. Dass der Banntag in Liestal an einem Werktag stattfindet, ändert daran nichts. Auch bei anderen Anlässen oder Veranstaltungen kommt es oft vor, dass Personen, die in städtischen Verhältnissen Geschäfte zu verrichten haben, dabei vorübergehend durch Absperrungen oder Einschränkungen verschiedenster Art behindert werden. dd) Die Beschwerdeführerin erwähnt verschiedene Unfälle und Vorfälle, die zu Körperverletzungen Dritter führten. Die meisten davon betreffen indessen frühere Jahre, als noch nicht die hier angefochtenen Weisungen galten. Diese bezwecken gerade, derartige Vorfälle zu vermeiden. Nach den von der Beschwerdeführerin selber vorgelegten Unterlagen wurden am Banntag 1997 die Schiesszonen klar signalisiert, so dass es den Betroffenen möglich war, die Gefahrenzonen zu meiden. Zwar erwähnt die Beschwerdeführerin auch Vorfälle aus den Jahren 1996 und 1997. So kam es am Banntag 1996 zu Handgreiflichkeiten und 1997 wurde eine Rauchbombe gegen Dritte geworfen. Diese Handlungen wurden jedoch nicht mit Gewehren ausgeübt und haben keinen Zusammenhang mit dem von der Beschwerdeführerin beanstandeten Schiessen bzw. mit den streitigen Weisungen. Es ist nicht ersichtlich, wie ein Verbot des Schiessens geeignet oder erforderlich sein könnte, derartige Vorkommnisse zu vermeiden. Die übrigen zitierten Unfälle ereigneten sich offensichtlich deshalb, weil die Betroffenen sich nicht schützten. In zwei Fällen handelte es sich um Teilnehmer des Umzugs, die sich durch fehlerhafte Gewehrmanipulationen selbst verletzten. Die Halsverletzung eines Passanten durch Schiesspulver war nach den bei den Akten liegenden Unterlagen darauf zurückzuführen, dass sich der Betroffene trotz der Tafel "Schiesszone" hinter die Schützen begab. Dass in Einzelfällen Vorschriften verletzt oder angeordnete Sicherheitsmassnahmen missachtet werden, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Vorschriften als solche ungenügend wären. Vielmehr sind Massnahmen direkt gegenüber den Fehlbaren zu treffen (vgl. BGE 123 II 74 E. 5c S. 87; BGE 118 Ib 590 E. 3d S. 597). ee) Gesamthaft verstösst es nicht gegen Umweltschutzrecht des Bundes, wenn die Vorinstanz annahm, dass die getroffenen Massnahmen hinreichend geeignet waren, die Bevölkerung vor den Auswirkungen des Schiessens zu schützen, und das Schiessen daher nicht als erhebliche Störung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. b LSV BGE 126 II 300 S. 314 zu betrachten sei. Damit bleibt für die Anwendung von Art. 4 Abs. 3 LSV , den die Beschwerdeführerin als verletzt bezeichnet, kein Raum. 5. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäss Art. 6 KV/BL , der Bundesverfassung und Art. 2 EMRK . a) Nach neuerer Auffassung haben Grundrechte nicht nur eine abwehrende Funktion gegen Beeinträchtigungen durch den Staat, sondern begründen auch eine staatliche Schutzpflicht gegen Gefährdungen, die von Dritten verursacht werden. Diese Auffassung wurde vor allem in Deutschland entwickelt (grundlegend BVerfGE 39 1 (41) ; 46 160 (164) ; 49 89 (141 f.); GEORG HERMES, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, Heidelberg 1987, passim; HANS H. KLEIN, Die grundrechtliche Schutzpflicht, DVBl 1994 S. 489-497; DIETRICH MURSWIEK, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, Berlin 1985). Sie wird auch in der schweizerischen Lehre und Rechtsprechung vertreten ( BGE 119 Ia 28 E. 2 S. 31; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 4. Aufl., Zürich 1998, S. 377 Rz. 1095; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 18 f., 28; HANS REINHARD, Allgemeines Polizeirecht, Diss. Bern 1993, S. 78; PETER SALADIN, Kernenergie und schweizerische Staatsordnung, Fs. Huber, Bern 1981, S. 297 ff., 311 ff.; MARTIN SCHUBARTH, Risikogesellschaft oder Opfergesellschaft, Zur Realität des Rechts auf Leben in der Schweiz und in der Europäischen Union, Fs. Hangartner, S-t.Gallen/Lachen 1998, S. 1055-1064, passim; SEILER, a.a.O., S. 69 ff.; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Der Grundrechtseingriff, VVDStRL 57 S. 57 ff., 77 ff.; vgl. auch Art. 35 BV und Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1ff., 191 ff.). Auch Art. 2 EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten positiv zum Schutz des Lebens (statt vieler Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 28. Oktober 1998 i.S. OSMAN C. VEREINIGTES KÖNIGREICH, zit. in Pra 88/1999 Nr. 44 S. 254, § 115 f.; ARTHUR HAEFLIGER/FRANK SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 55 ff.). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sodann aus der Freiheit des Privat- und Familienlebens ( Art. 8 EMRK ) eine staatliche Pflicht zum Schutz bedrohter Grundrechte hergeleitet (Urteil vom 9. Dezember 1994 i.S. Lopez Ostra c. Spanien, Serie A 303 C, § 51; vgl. ANDREAS KLEY-STRULLER, Der Schutz der Umwelt durch die Europäische Menschenrechtskonvention, EuGRZ 1995 S. 507-514). BGE 126 II 300 S. 315 b) Die grundrechtliche Schutzpflicht kann aber ebenso wenig wie das Umweltrecht einen absoluten Schutz gegen jegliche Beeinträchtigung und Risiken gewähren. Das ergibt sich einerseits aus den faktisch begrenzten Mitteln des Staates (vgl. Urteil Osman, § 116; BGE 119 Ia 28 E. 2 S. 31 f.), andererseits aber auch daraus, dass ein solch absoluter Schutz unweigerlich dazu führen müsste, dass zahlreiche Tätigkeiten Dritter verboten werden müssten, was in Konflikt treten würde zu deren ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Betätigungsmöglichkeiten (HÄFELIN/HALLER, a.a.O., S. 378 Rz. 1096; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Bd. 2, Zürich 1982, S. 32 f.; REINHARD, a.a.O., S. 75 f.; SEILER, a.a.O., S. 71 f.). Auch bei Annahme einer grundrechtlichen Schutzpflicht ist deshalb eine Abwägung zwischen den beteiligten Interessen erforderlich (HERMES, a.a.O., S. 199 ff.; WEBER-DÜRLER, a.a.O., S. 82). Dies ist in erster Linie Sache der einschlägigen Gesetzgebung, welche durch Festlegung der unzulässigen bzw. zulässigen Tätigkeiten die Grenze zwischen einer unerlaubten Gefährdung und einem hinzunehmenden Restrisiko definiert (ALEXANDRA GERBER/HANSJÖRG SEILER, Verwaltungsrichter und Technologie, ZBl 100/1999 S. 289-311, 301; KLEIN, a.a.O., S. 491; SEILER, a.a.O., S. 72). c) Die Frage nach der Tragweite der grundrechtlichen Schutzpflicht ist daher in der Regel gleichbedeutend mit der Frage nach der richtigen Anwendung des einschlägigen Gesetzesrechts. Erweisen sich die beanstandeten Weisungen als mit dem eidgenössischen Umweltrecht vereinbar (E. 4), so verletzen sie deshalb auch nicht das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, selbst wenn damit nicht jegliches Risiko völlig ausgeschaltet werden kann.
public_law
nan
de
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CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d8d02139-a8a8-4ac7-b49d-418d7a7e43e8
Urteilskopf 139 V 297 38. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. W. gegen Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_62/2013 vom 27. Mai 2013
Regeste a Art. 13 ff. der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (gültig gewesen bis 31. März 2012); gemeinschaftsrechtliche Kollisionsregeln. Ob eine Person arbeitnehmend oder selbstständigerwerbend im Sinne von Art. 13 ff. der Verordnung Nr. 1408/71 ist, wird aufgrund des nationalen Rechts desjenigen Staates bestimmt, in welchem die jeweilige Tätigkeit ausgeübt wird. Erst dadurch lässt sich die zutreffende Kollisionsnorm und folglich das anwendbare Recht ermitteln (Bestätigung der Rechtsprechung von BGE 138 V 533 ; E. 2). Regeste b Art. 42 Abs. 2 AHVV ; Verzugszins auf nachgeforderten Beiträgen. Art. 42 Abs. 2 AHVV beruht auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage und der darin festgelegte Zinssatz von 5 % pro Jahr ist nicht gesetzeswidrig oder gar willkürlich (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 139 V 297 S. 298 A. W., wohnhaft in der Schweiz, ist Kommanditist der X. GmbH & Co. KG, Deutschland, und zugleich angestellter Geschäftsführer sowohl der Tochtergesellschaft Y. GmbH, Deutschland, als auch von deren Zweigniederlassung Z. in der Schweiz. Das kantonale Steueramt machte der Ausgleichskasse am 7. Dezember 2010 und am 28. März 2011 für die Jahre 2004 bis 2008 Meldung über im Ausland erzieltes Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Mit Verfügungen vom 4. Oktober 2011 setzte die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen die Beiträge des W. für das Jahr 2006 auf Fr. 179'205.60, für das Jahr 2007 auf Fr. 208'113.60 und für das Jahr 2008 auf Fr. 207'574.20 fest, was sie mit Einspracheentscheid vom 6. März 2012 bestätigte. Am 6. Oktober 2011 verfügte sie des Weitern Verzugszinsen in der Gesamthöhe von Fr. 110'619.85 (Fr. 42'710.65 für Beiträge 2006; Fr. 39'194.75 für Beiträge 2007 und Fr. 28'714.45 für Beiträge 2008). Diesbezüglich stellte W. BGE 139 V 297 S. 299 lediglich ein Erlassgesuch, worüber die Ausgleichskasse erst nach rechtskräftigem Entscheid über die Beitragspflicht zu entscheiden gedachte. B. Die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 6. März 2012 wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 14. November 2012 ab mit der Begründung, die dem Beschwerdeführer aus der X. GmbH & Co. KG zufliessenden Beteiligungserträge stellten Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit dar. C. W. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, der Entscheid vom 14. November 2012 sowie die Beitrags- und Verzugszinsverfügungen vom 4. und 6. Oktober 2011 seien aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Nicht umstritten ist der schweizerische Wohnsitz des Beschwerdeführers und dessen unselbstständige Erwerbstätigkeit als Geschäftsführer in der Schweiz. Streitig ist, ob seine Einkünfte, die er in den Jahren 2006 bis und mit 2008 als Gesellschafter (d.h. Kommanditist) der X. GmbH und Co. KG erhalten hat und die betragsmässig nicht angefochten werden, als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 1 AHVG und Art. 20 Abs. 3 AHVV (SR 831.101) einer Beitragspflicht unterliegen. Sodann bestreitet der Beschwerdeführer die Verzugszinsforderungen. 1.2 Das kantonale Gericht erwog, für die hier umstrittenen Beitragsjahre 2006 bis 2008 seien Art. 14c Bst. a und Art. 14d Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (AS 2004 121; nachfolgend: Verordnung 1408/71), massgeblich. Daher unterliege der Beschwerdeführer, der als Geschäftsführer der Zweigniederlassung Z. in der Schweiz eine unselbstständige Tätigkeit ausübe, dem schweizerischen Recht, womit auch Art. 20 Abs. 3 AHVV anwendbar sei. Danach sei der Tatbestand einer beitragspflichtigen selbstständigen Erwerbstätigkeit erfüllt, weil es sich bei der deutschen GmbH & Co. BGE 139 V 297 S. 300 KG um eine auf einen Erwerbszweck gerichtete Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit handle. In Bezug auf die Verzugszinsen hat das kantonale Gericht festgehalten, diese seien "in masslicher Hinsicht" nicht angefochten. 2. 2.1 Es liegt ein länderübergreifender Sachverhalt vor, der auf der Grundlage von Art. 8 und 15 des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedern andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) in Verbindung mit Art. 3 Abschnitt A Ziff. 3 und 4 Anhang II FZA grundsätzlich nach den Bestimmungen der Verordnung 1408/71 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (AS 2005 3909; nachfolgend: Verordnung 574/72) zu beurteilen ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die für die Schweiz erst ab 1. April 2012 geltende Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1; vgl. Art. 3 Abschnitt A Ziff. 1 Anhang II FZA) unter intertemporalrechtlichem Aspekt nicht anwendbar (vgl. BGE 130 V 445 E. 1.2.1 S. 447), geht es doch in concreto um Beiträge für die Jahre 2006 bis 2008. Die Art. 13 bis 17a der Verordnung 1408/71 entscheiden als Kollisionsnormen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften, während die Art. 10b bis 14 der Verordnung 574/72 lediglich Vorschriften zur Durchführung der Kollisionsnormen enthalten. Als Grundregel bestimmt Art. 13 Ziff. 1 Verordnung 1408/71, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates unterliegen. 2.2 Eine Person, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten gleichzeitig eine abhängige Beschäftigung und eine selbstständige Tätigkeit ausübt, unterliegt - abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen - den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie eine abhängige Beschäftigung ausübt, oder, falls sie eine solche Beschäftigung im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, den nach Artikel 14 Nummer 2 oder Nummer 3 bestimmten Rechtsvorschriften (Art. 14c lit. a Verordnung 1408/71). Eine Person, die gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten abhängig beschäftigt - und wie hier nicht Mitglied des BGE 139 V 297 S. 301 fahrenden oder fliegenden Personals eines Unternehmens - ist, unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnt, wenn sie ihre Tätigkeit zum Teil im Gebiet dieses Staates ausübt oder wenn sie für mehrere Unternehmen oder mehrere Arbeitgeber tätig ist, die ihren Sitz oder Wohnsitz im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten haben (Art. 14 Abs. 2 Bst. b Ziff. i Verordnung 1408/71). Eine Person, für die namentlich Artikel 14 Absätze 2 und 3 oder Artikel 14c Buchstabe a) gilt, wird für die Anwendung der nach diesen Bestimmungen bestimmten Rechtsvorschriften so behandelt, als ob sie ihre gesamte Erwerbstätigkeit oder ihre gesamten Erwerbstätigkeiten im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats ausübte (Art. 14d Abs. 1 Verordnung 1408/71). 2.3 2.3.1 Für die Anwendung der Art. 14a ("Sonderregelung für andere Personen als Seeleute, die eine selbstständige Tätigkeit ausüben") und 14c (" Sonderregelung für Personen, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten gleichzeitig eine abhängige Beschäftigung und eine selbstständige Tätigkeit ausüben") der Verordnung 1408/71 sind unter "Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis" bzw. "selbstständiger Tätigkeit" diejenigen Tätigkeiten zu verstehen, die im Rahmen der Rechtsvorschriften über die soziale Sicherheit des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet die Tätigkeit ausgeübt wird, als solche angesehen werden. Es bestehen mithin keine vertragsautonomen Definitionen im Sinne einer eigenständigen gemeinschaftsrechtlichen Bedeutung, sondern es sind die Begriffsbestimmungen im jeweiligen Landesrecht massgeblich ( BGE 138 V 533 E. 5.2 S. 541 f. mit Hinweisen auf Urteile des EuGH und Literatur). Etwas anderes sieht auch die Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherungen über die Versicherungspflicht in der AHV/IV (WVP) nicht vor. Nach Rz. 2013 und 2014 WVP (in den seit 1. Januar 2010 geltenden Fassungen www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/view/1635 ) hängt die Versicherungsunterstellung von Personen, die in mehreren Staaten arbeiten, davon ab, ob sie unselbstständig oder selbstständig erwerbstätig sind. Das Beitragsstatut (Arbeitnehmende oder Selbstständigerwerbende) wird aufgrund des nationalen Rechts desjenigen Staates bestimmt, in welchem die jeweilige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Bei einer in Frankreich und in der Schweiz erwerbstätigen Person beispielsweise ist für die BGE 139 V 297 S. 302 in Frankreich ausgeübte Tätigkeit gemäss dem französischen Recht und für die in der Schweiz ausgeübte Tätigkeit nach dem AHVG zu bestimmen, ob es sich um eine selbstständige oder eine unselbstständige Erwerbstätigkeit handelt. Diese Regeln beziehen sich indessen lediglich auf die Frage nach dem anwendbaren Recht; sie besagen noch nichts über die konkrete beitragsrechtliche Qualifikation eines bestimmten Einkommensteils, wenn die Unterstellung unter die schweizerischen Rechtsvorschriften feststeht (vgl. Rz. 2013 WVP). 2.3.2 Demzufolge ist dem Beschwerdeführer insoweit beizupflichten, als im konkreten Fall grundsätzlich zunächst nach deutschem Recht zu entscheiden ist, ob die Stellung als Kommanditist bei einer deutschen GmbH und Co. KG als (selbst- oder unselbstständige) Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist. Erst dadurch lässt sich die zutreffende Kollisionsnorm und folglich das anwendbare Recht ermitteln. 2.4 2.4.1 Ist nach deutschem Recht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als Kommanditist bei einer deutschen GmbH und Co. KG einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, ist er aufgrund der Bestimmungen von Art. 14c Bst. a Verordnung 1408/71 der schweizerischen Rechtsordnung unterstellt. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Tätigkeit als Geschäftsführer der Y. GmbH in Deutschland, und zwar unbesehen, ob es sich dabei - ebenfalls nach deutschem Recht - um eine selbstständige oder abhängige Beschäftigung handelt. 2.4.2 Ist hingegen nach deutschem Recht in der Stellung als Kommanditist eine unselbstständige Erwerbstätigkeit zu erblicken, beruht die Unterstellung unter schweizerisches Recht auf Art. 14 Abs. 2 Bst. b Ziff. i Verordnung 1408/71. Wird in dieser Konstellation die Tätigkeit als Geschäftsführer der Y. GmbH in Deutschland als selbstständig qualifiziert, kommt weiterhin Art. 14c Bst. a Verordnung 1408/71 zur Anwendung, was am Ergebnis der Unterstellung nichts ändert. 2.4.3 Liegt indessen, wie der Beschwerdeführer geltend macht, nach deutschem Recht als Kommanditist überhaupt keine Erwerbstätigkeit vor, so ist dieser Umstand kollisionsrechtlich von vornherein nicht von Belang: Die "Nicht-Erwerbstätigkeit" ist kein Tatbestandselement der Art. 13 bis 17a Verordnung 1408/71. In dieser Situation ist Art. 14 Abs. 2 Bst. b Ziff. i resp. Art. 14c Bst. a Verordnung 1408/71 BGE 139 V 297 S. 303 ausschliesslich mit Blick auf die Tätigkeit als Geschäftsführer der Y. GmbH in Deutschland anwendbar (vgl. E. 2.4.2). Sieht man von dieser Betätigung ab, verbleibt eine Erwerbstätigkeit in nur einem Staat, mithin in der Schweiz. Damit sind die Kollisionsnormen der Verordnung 1408/71 nicht einschlägig, und der Beschwerdeführer untersteht auch in diesem Fall der schweizerischen Rechtsordnung. 2.4.4 Nach dem Gesagten steht fest, dass die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung und folglich auch die Beitragspflicht ausschliesslich nach schweizerischem Recht zu beurteilen ist. Das Gemeinschaftsrecht ersetzt oder modifiziert nicht das materielle einzelstaatliche Recht; es verweist lediglich auf die Rechtsordnung, der eine Person unterworfen ist, und sagt namentlich nichts aus über die Beitragspflicht, die sich erst aus der anwendbaren Rechtsordnung ergibt (MAXIMILIAN FUCHS, Europäisches Sozialrecht - eine Einführung, in: Europäisches Sozialrecht, Fuchs [Hrsg.], 4. Aufl. 2005, S. 12; CADOTSCH/CARDINAUX, Les effets de l'accord sur l'assujettissement et l'obligation de cotiser à l'AVS, in: Das Personenver kehrsabkommen mit der EU und seine Auswirkungen auf die soziale Sicherheit der Schweiz, 2001, S. 133; vgl. auch Art. 14d Abs. 1 Verordnung 1408/71 und Rz. 2013 WVP). 2.5 2.5.1 Unter dem Titel "Beiträge vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" bestimmt Art. 20 Abs. 3 AHVV , dass die Teilhaber von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie von anderen auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit die Beiträge von ihrem Anteil am Einkommen der Personengesamtheit zu entrichten haben. 2.5.2 Das Bundesgericht hat sich in BGE 136 V 258 einlässlich mit der Frage nach der Gesetzmässigkeit von Art. 20 Abs. 3 AHVV auseinandergesetzt und sie erneut bejaht. Entscheidend für die Anwendbarkeit von Art. 20 Abs. 3 AHVV ist damit einzig, ob es sich um eine auf einen Erwerbszweck gerichtete Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit handelt. Dies trifft auf die deutsche GmbH und Co. KG zu. Es kommt daher nicht darauf an, wie im Einzelfall die Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft sind, und ob die Beteiligung nach deutschem Recht als (selbst- resp. unselbstständige) Erwerbstätigkeit oder als blosse (private) Vermögensverwaltung qualifiziert wird ( BGE 136 V 258 E. 4.8 und 5 S. 267). BGE 139 V 297 S. 304 2.6 Demnach unterliegen die Einkünfte des Beschwerdeführers als Kommanditist der X. GmbH und Co. KG in - hier angezeigter (E. 2.4.4) - Anwendung von Art. 9 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 AHVV als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit der Beitragspflicht. 3. 3.1 Der Beschwerdeführer bestreitet erstmals im letztinstanzlichen Verfahren die Verzugszinspflicht, und zwar auch für den Fall, dass die Beitragsforderungen bestätigt werden. Er macht im Wesentlichen eine fehlende Gesetzmässigkeit, insbesondere des Zinssatzes, geltend, was als rechtliche Argumentation nicht von vornherein unzulässig ist (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG ). 3.2 Zunächst ist indessen fraglich, ob die Vorinstanz, auch wenn sie die Verzugszinsverfügungen in ihre Erwägungen einbezogen hat, dispositivmässig überhaupt über die entsprechenden Forderungen entschieden hat und diesbezüglich für das bundesgerichtliche Verfahren ein Anfechtungsobjekt vorliegt ( Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG ; vgl. BGE 125 V 413 E. 1 S. 414 f.). Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens bildete der Einspracheentscheid vom 6. März 2012. Dass gegen die Verzugszinsverfügungen Einsprache erhoben wurde, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht; damit unterlagen sie grundsätzlich auch nicht der Beschwerde an das kantonale Gericht (vgl. Art. 56 Abs. 1 ATSG [SR 830.1]). Die Frage kann letztlich offengelassen werden: Auch wenn von einer (impliziten) Ausweitung des Anfechtungsgegenstandes durch die Vorinstanz ( BGE 130 V 501 E. 1.2 S. 503; BGE 122 V 34 E. 2a S. 36 mit Hinweisen; Urteil 9C_488/2012 vom 25. Januar 2013 E. 3.1) auszugehen ist, ergibt sich nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers (E. 3.3). 3.3 3.3.1 Für fällige Beitragsforderungen und Beitragsrückerstattungsansprüche sind Verzugs- und Vergütungszinsen zu leisten ( Art. 26 Abs. 1 ATSG ). Gemäss Art. 41 bis Abs. 1 lit. b AHVV haben Beitragspflichtige auf für vergangene Kalenderjahre nachgeforderten Beiträgen ab dem 1. Januar nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches die Beiträge geschuldet sind, Verzugszinsen zu entrichten. Der Satz für die Verzugs- und der Vergütungszinsen beträgt 5 Prozent im Jahr ( Art. 42 Abs. 2 AHVV ). 3.3.2 3.3.2.1 Art. 41 bis Abs. 1 AHVV ist gesetzeskonform und die Verzugszinspflicht findet in Art. 26 Abs. 1 ATSG (in Verbindung mit BGE 139 V 297 S. 305 Art. 1 Abs. 1 AHVG ) eine genügende gesetzliche Grundlage, auch wenn in dessen deutscher und französischer Version von "fälligen" Beitragsforderungen gesprochen wird. Die Auslegung dieser Bestimmung ergibt keine Anhaltspunkte, die gegen die weitere Anwendbarkeit der Verzugszinsordnung des Art. 41 bis AHVV und des damit im Zusammenhang stehenden Art. 42 Abs. 2 und 3 AHVV sprechen ( BGE 134 V 202 E. 3.2 S. 205). 3.3.2.2 Dem Verzugszins kommt die Funktion eines Vorteilsausgleichs wegen verspäteter Zahlung der Hauptschuld zu. Die Verzugszinsen bezwecken, unbekümmert um den tatsächlichen Nutzen und Schaden, den Zinsverlust des Gläubigers und den Zinsgewinn des Schuldners in pauschalierter Form auszugleichen. Hingegen weist der Verzugszins nicht pönalen Charakter auf und ist unabhängig von einem Verschulden am Verzug geschuldet. Für die Verzugszinspflicht im Beitragsbereich ist daher nicht massgebend, ob den Beitragspflichtigen, die Ausgleichskasse oder eine andere Amtsstelle ein Verschulden an der Verzögerung der Beitragsfestsetzung oder -zahlung trifft ( BGE 134 V 202 E. 3.3.1, 3.3.2 und 3.5 S. 206 f.). Nebst dem pauschalen Ausgleich von Zinsgewinn und -verlust - der überdies für Verzugs- und Vergütungszinsen gleich hoch ausfällt - bezweckt der Verzugszins zusätzlich eine Abgeltung des administrativen Aufwands für die verspätete resp. nachträgliche Beitragserhebung und für die Erhebung des Verzugszinses selbst. Auch wenn sich gewisse Abweichungen zu den jeweils geltenden Zinssätzen auf dem Geld- und Kapitalmarkt ergeben, sind diese systemimmanent und bedürfen nur dann einer Korrektur, wenn Abweichungen über längere Zeit hinweg und in beträchtlichem Ausmass bestehen. Der AHV-rechtliche Verzugszins ist ferner nicht mit einem Marktzins zu vergleichen. Vielmehr handelt es sich um einen "technischen" Zinssatz. Er wurde vom Bundesrat im Rahmen der gesetzlich an ihn delegierten Kompetenz in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen AHV-Kommission (vgl. Art. 73 AHVG ) und den Fachkommissionen so festgesetzt, dass er in dem für die Sozialversicherung eigenen Inkasso- und Bezugsverfahren von den mit der Durchführung der AHV beauftragten Ausgleichskassen ohne allzu grossen administrativen Aufwand effizient angewendet werden kann (ZAK 1990 284, H 170/89 E. 4b/ee und 4b/ff). 3.3.3 Ein Grund, von der in E. 3.3.2 dargelegten Rechtsprechung grundsätzlich abzuweichen (vgl. BGE 136 III 6 E. 3 S. 8; BGE 135 I 79 E. 3 S. 82; BGE 139 V 297 S. 306 BGE 134 V 72 E. 3.3 S. 76), ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Daher lässt sich aus einem "seit Jahren herrschenden Zinsniveau von 1-2 %" allein noch nicht auf fehlende Gesetzmässigkeit schliessen. Dagegen spricht auch der Umstand, dass mit Art. 104 Abs. 1 OR formellgesetzlich ein Verzugszinssatz von 5 % festgelegt ist, welche Bestimmung im Verwaltungsrecht bei fehlender Anordnung als allgemeiner Rechtsgrundsatz analog Anwendung findet (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, S. 41 Rz. 191 und S. 175 Rz. 756 ff.; vgl. auch SVR 2001 BVG Nr. 16 S. 63, B 43/98 E. 4b; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 38 zu Art. 26 ATSG mit Hinweisen). 3.3.4 Nach dem Gesagten beruht Art. 42 Abs. 2 AHVV auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage und ist auch der darin festgelegte Zinssatz nicht gesetzeswidrig oder gar willkürlich (vgl. BGE 134 II 124 E. 4.1 S. 133; BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153 mit Hinweisen). Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt unbegründet.
null
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d8d8d9dd-a4fa-4253-9c67-574f97c4843c
Urteilskopf 121 IV 332 54. Urteil des Kassationshofes vom 7. November 1995 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen B. und M. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 1 Abs. 3 lit. a und 19 Ziff. 2 lit. a BetmG; LSD, schwerer Fall. Der mit BGE 109 IV 143 E. 3b begründeten Rechtsprechung, wonach ein schwerer Fall bei Mengen ab 200 Trips LSD anzunehmen ist, liegt die spezifische Gefährlichkeit der Einzeldosis zugrunde, nicht die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit (E. 2; Klarstellung der Rechtsprechung). Am Grenzwert von 200 Trips LSD ist deshalb festzuhalten (E. 3; Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 332 BGE 121 IV 332 S. 332 A.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigte am 14. Februar 1995 ein Urteil des Strafgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 22. Juni 1994 und damit die Verurteilung von B. und M. zu bedingten siebenmonatigen Freiheitsstrafen wegen mehrmaliger Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121), unter anderm wegen Vermittlung, BGE 121 IV 332 S. 333 Bezug und Weitergabe von 300 bis 320 LSD-Trips. Beide kantonalen Behörden gehen davon aus, LSD könne nicht im Sinn von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG die Gesundheit vieler Menschen in eine naheliegende und ernstliche Gefahr bringen. B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückzuweisen. Die Beschwerdegegner reichten keine Vernehmlassung ein. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Die Vorinstanz vergleicht das Gefährdungspotential von LSD mit jenem von Cannabis und nimmt gestützt auf die neuere Rechtsprechung zum Cannabis an, bei LSD-Widerhandlungen sei ein schwerer Fall nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG grundsätzlich und in casu zu verneinen. Die Analyse der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum schweren Fall im Sinn von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ergebe, dass BGE 109 IV 143 bei LSD nicht mehr als Urteilsgrundlage dienen könne. Vielmehr seien heute die Kriterien von BGE 117 IV 314 heranzuziehen. Bei der Festlegung der Grenzwerte in BGE 109 IV 143 habe das Risiko einer psychischen Abhängigkeit für die Annahme einer Gesundheitsgefahr ausgereicht. Nach BGE 117 IV 314 sei dagegen der angedrohten Strafe Rechnung zu tragen und dementsprechend eine Gesundheitsgefahr nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Dieser Auslegungsregel folgend sei eine Gesundheitsgefahr nicht schon dann zu bejahen, wenn der Gebrauch einer Droge psychisch abhängig mache, sondern erst, wenn er psychische und körperliche Schäden verursachen könne; ausserdem müsse die Gefahr für die Gesundheit vieler Menschen eine naheliegende und ernstliche sein. Somit könne für die Annahme des schweren Falls nicht genügen, dass eine psychische Abhängigkeit bewirkt werden könne; Art. 1 Abs. 1 BetmG spreche generell von abhängigkeitserzeugenden Stoffen und Präparaten. Das Abhängigkeitspotential eines Wirkstoffs sei bei der Abgrenzung von Art. 19 Ziff. 1 und 2 BetmG mitzuberücksichtigen. Das Gefährdungspotential von LSD erscheine zwar nicht als gering; Gesundheitsgefahren seien nicht zu verharmlosen. Sie träten aber selten auf, oft unter Umständen, die nicht allein mit LSD zusammenhingen; sie seien vergleichsweise gering, vor allem nicht naheliegend. LSD sei BGE 121 IV 332 S. 334 selbstlimitierend (Dosissteigerungen steigerten die Wirkung nicht mehr); selbst eine langfristige Einnahme führe nicht zu körperlichen Schäden. LSD und Cannabis seien zwar nicht pharmakologisch, wohl aber im Gefährdungspotential vergleichbar. Das Suchtpotential von LSD sei höchstens in etwa als gleich hoch, jedoch eher als geringer als bei Cannabis einzustufen. b) Die Beschwerdeführerin wendet ein, nach der Vorinstanz könne sich bereits der einmalige Konsum eines Trips gravierend auswirken. Zu denken sei an Halluzinationen (flashbacks), psychotische Reaktionen, Panikattacken und Handlungsweisen mit tödlichem Ausgang. Es könnten aber auch chronische Toxizitätsfolgen wie Flashback-Psychosen und chronische psychotische Zustände auftreten. Auch wenn das psychische Abhängigkeitspotential gering und demjenigen von Cannabis vergleichbar sei, seien diese Auswirkungen ungleich gravierender. Nur weil die Gefahr bleibender körperlicher Schäden nicht vorhanden sei, selbst bei akuter Intoxikation keine Todesfälle bekannt seien und kein grosses Suchtpotential bestehe, dürfe angesichts dieser möglichen Auswirkungen nicht von geringen Gesundheitsgefahren gesprochen werden. Daher seien eine ernstliche und naheliegende Gefahr zu bejahen und eine qualifizierte Widerhandlung anzunehmen. 2. Halluzinogene wie das LSD sind den Betäubungsmitteln gleichgestellt ( Art. 1 Abs. 3 lit. a BetmG ). Vermittlung, Bezug und Weitergabe von LSD werden bei vorsätzlicher Begehung mit Gefängnis oder mit Busse bestraft. In schweren Fällen ist die Strafe Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter einem Jahr, womit eine Busse bis zu 1 Million Franken verbunden werden kann ( Art. 19 Ziff. 1 BetmG ). Ein schwerer Fall liegt insbesondere vor, wenn der Täter weiss oder annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann ( Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ). a) Nach der Rechtsprechung sind zwanzig Personen oder mehr "viele Menschen" im Sinn von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ( BGE 108 IV 63 E. 2c). Eine Gesundheitsgefährdung ist bei Gefahr physischer oder psychischer Abhängigkeit gegeben ( BGE 106 IV 227 E. 3b). In BGE 109 IV 143 E. 3b setzte der Kassationshof des Bundesgerichts aufgrund eines Hearings vom 5. Mai 1983 die Werte "zur Berechnung der das Risiko einer psychischen Abhängigkeit erzeugenden Betäubungsmittelmenge" für Heroin, Kokain, Cannabis und LSD fest. Für LSD ging er von einer Wirkstoffmenge von 10 Trips (1 Trip = 0.05-0.1 mg Wirkstoff) aus und nahm entsprechend eine BGE 121 IV 332 S. 335 Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen im Sinn von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG bei einer Widerhandlung mit 200 Trips LSD an. b) Nach dem Kurzbericht zu diesem Hearing vom 5. Mai 1983 kann die Gesundheitsgefahr bei LSD "nicht mit der Gefahr der Abhängigkeit (und den sich daraus ergebenden Risiken) begründet werden, sondern damit, dass schon die Einzeldosis gefährlich sein kann". Doch könne sich auch bei dieser Droge eine Toleranz entwickeln. Schon die Einnahme eines Trips könne zu psychotischen Zuständen, zu Suizidgefahr und zur Gefahr von Chromosomenbrüchen führen. "Bad trips" seien aber unter kontrollierten Bedingungen seltener als bei unkontrollierter Einnahme. Es sei vertretbar anzunehmen, dass bei Einnahme unter nicht kontrollierten Bedingungen zehn Konsumeinheiten negative Folgen (psychotischer Zustand, Suizidgefahr, Chromosomenbruch) bewirken können. Die Menge Wirkstoff, die für 200 Trips ausreiche, könne mithin in diesem Sinn die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen. Der Kurzbericht stimmt inhaltlich mit einem Gutachten des am Hearing beteiligten Arztes DIETER LADEWIG überein, in dem er ausführte, dem LSD sei eine suchterzeugende Wirkung im klassischen Sinn nicht beizumessen; die Gesundheitsgefahr bestehe nicht in einer Abhängigkeit, sondern im Auftreten psychotischer Zustände, in der Suizidgefahr und in der Gefahr von Chromosomenbrüchen (Zur Frage der Gesundheitsschädlichkeit des LSD-Konsums, SJZ 79/1983 S. 363 f.). c) Der Wortlaut von BGE 109 IV 143 E. 3b legt die Annahme nahe, der Kassationshof sei auch bezüglich LSD vom Risiko einer psychischen Abhängigkeit ausgegangen. Diese Lesart widerspricht jedoch der Begründung im Kurzbericht und damit der damaligen Entscheidgrundlage, die die Gefährlichkeit von LSD gerade nicht mit einer psychischen Abhängigkeit begründete, sondern damit, "dass schon die Einzeldosis gefährlich sein kann". Diese Begründung stimmt insoweit denn auch mit der gesetzlichen Begriffsbestimmung überein. Art. 1 Abs. 1 BetmG definiert Betäubungsmittel als abhängigkeitserzeugende Stoffe und Präparate der Wirkungstypen Morphin, Kokain und Cannabis. Dagegen sind gemäss Art. 1 Abs. 3 BetmG Halluzinogene wie das LSD den Betäubungsmitteln gleichgestellt (worauf auch der Kurzbericht hinweist). Das Gesetz zählt mithin LSD nicht zu den "abhängigkeitserzeugenden Stoffen und Präparaten" im Sinn von Art. 1 Abs. 1 BetmG . BGE 121 IV 332 S. 336 d) Zusammenfassend liegt der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum schweren Fall bei LSD die spezifische Gefährlichkeit der Einzeldosis zugrunde, nicht die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit. Diese Tatsache konnte die Vorinstanz BGE 109 IV 143 nicht entnehmen; ihre Argumentation geht insoweit (notwendig) fehl. Zu prüfen ist aber, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten ist. 3. a) Die Vorinstanz führt aufgrund eines Gutachtens des Gerichtschemischen Laboratoriums des Kantons Basel-Stadt vom 29. September 1994 (zur Wirkung und zum Suchtpotential von LSD im Vergleich zu MDMA [Ecstasy], Haschisch, Kokain und Heroin) aus, Halluzinogene wirkten auf das zentrale Nervensystem, die akute pharmakologische Wirkung von LSD sei vor allem psychischer Natur. Es könnten Zustände traumhafter Selbstversenkung vorkommen, die mit vielfältigen Veränderungen der Wahrnehmung und des Denkens einhergingen, wobei abnorme Körperempfindungen aufträten. Es sei mit Halluzinationen, Panikattacken und psychotischen Reaktionen zu rechnen. Als Nebenwirkungen würden Übelkeit, Tremor, Schwindel, Brechreiz, Blutdruckabfall und Hyperthermie auftreten. Als chronische Folge werde eine Toleranz gegen die pharmakologischen Effekte beschrieben. Ausserdem würden Flashback-Psychosen (psychische Reaktionen noch Wochen nach einer LSD-Einnahme) sowie chronische psychotische Zustände genannt. Direkt durch die Wirksubstanz verursachte Todesfälle seien nicht bekannt. Allerdings seien Handlungsweisen mit tödlichem Ausgang (wie der Sprung aus dem Fenster) beschrieben worden. Bei kontrollierter Einnahme seien aber keine besondern körperlichen oder unfallmässigen Risiken bekannt. LSD könne nach wiederholtem Gebrauch eine psychische, nicht aber eine physische Abhängigkeit bewirken. Bei Halluzinogenen bestehe aber keine sich in der Entwicklung einer Abhängigkeit manifestierende besondere Gefährdung. Die Schwere der psychischen Abhängigkeit werde durch die Experten unterschiedlich beurteilt. An der Hauptverhandlung habe der Gutachter zur Frage einer Gefährdung Dritter ausgeführt, Aggressionen gegen andere seien nicht beschrieben worden, bekannt seien lediglich Fälle von Selbstgefährdung. Dem Gutachten ist weiter zu entnehmen, dass die Rauschwirkung von LSD in der Regel 40 bis 90 Minuten nach der Einnahme einsetzt (ausnahmsweise nach 15 Minuten) und 8 bis 14 Stunden andauert. Die Cannabiswirkung beginnt einige Minuten nach dem Konsum und hält ein bis zwei Stunden an. Der BGE 121 IV 332 S. 337 Cannabisrausch verändert die Sinneswahrnehmungen, erzeugt aber im Unterschied zu LSD und MDMA keine Halluzinationen. Er ist in seinem Verlauf im Einzelfall nicht berechenbar, doch sind Handlungsweisen mit tödlichem Ausgang wie bei LSD für Cannabis nicht beschrieben; wie bei LSD und MDMA sind keine direkt durch die Wirksubstanz verursachten Todesfälle bekannt. Die Vorinstanz stützt sich ausserdem auf JOACHIM NELLES, Wie gefährlich sind illegale Drogen?, in WOLFGANG BÖKER/JOACHIM NELLES [Hrsg.], Drogenpolitik wohin?, Bern 1991, S. 181 ff., und LADEWIG, a.a.O. b) aa) Auf die im Zeitpunkt von BGE 109 IV 143 massgebliche Einschätzung von LSD wurde in E. 2b hingewiesen. Die damalige Literatur betonte, dass Halluzinogene wesentlich stärker wirkten als Cannabis. Bei LSD bestehe die besondere Gefährdung in Entgleisungsmöglichkeiten und selbstgefährdenden Handlungen sowie Flashback-Psychosen (DIETER LADEWIG/VIKTOR HOBI/HEINRICH DUBACHER/VOLKER FAUST, Drogen unter uns, 3. Auflage, Basel 1979, S. 29 ff.). HANS KIND erwähnte vielfältige Störungen der Wahrnehmung und des Denkens sowie den Horror-Trip als einen Rauschzustand, der schwere Angst auslösen und zu Panik führen könne; die grösste Gefahr bildeten der Verlust der Selbstkontrolle und die verzerrte Einschätzung der Situation (Opiat-Abhängigkeit, Morphium, Heroin u.a., Haschisch und Marihuana, Halluzinogene, in KIND/LICHTENSTEIGER/WEISS/JENNY, Drogenprobleme aus psychiatrischer, pharmakologischer und juristischer Sicht, Basel 1982 [Beiheft ZSR 1], S. 43 ff., 48). Nach ALEXANDER EBERTH/ECKHART MÜLLER führen Halluzinogene zu Selbstüberschätzungen und Horrortrips, die mit Angstpsychosen, akuter Verworrenheit, Panikreaktionen und unberechenbaren Handlungen bis zu Gewalttätigkeit einhergehen könnten (Betäubungsmittelrecht, München 1982, S. 89 f.; ähnlich FRIEDRICH HACKER, Drogen, Wien 1981 [Goldmann 1983, S. 115 ff.], sowie HELLMUT KOTSCHENREUTHER, Das Reich der Drogen und Gifte, Berlin 1976 [Ullstein 1978, S. 49 ff., 58 ff.]). bb) In der neuern Literatur führt SEBASTIAN SCHEERER aus, LSD und die verwandten Halluzinogene wirkten völlig anders als die Rauschgifte vom Typ der Opiate. Während letztere schnell zu körperlicher Abhängigkeit führen könnten, machten die Halluzinogene nicht süchtig. Auch zwanghafte Gebrauchsmuster im Sinn psychischer Abhängigkeit seien rar. Die Gefahren lägen in der Überdosierung und in ungünstigen innern und äussern Umständen. Die früher befürchteten Schädigungsmöglichkeiten wie Auslösung latenter BGE 121 IV 332 S. 338 Psychosen oder von Suiziden, Chromosomenschädigungen und Suchtbildung hätten sich nicht bestätigt. Es sei jedoch unvernünftig, sich unter den heutigen Schwarzmarkt-Bedingungen den komplexen Wirkungen dieser Droge auszusetzen (LSD und andere Halluzinogene, in SEBASTIAN SCHEERER/IRMGARD VOGT/HENNER HESS, Drogen und Drogenpolitik, Frankfurt 1989, S. 408 ff., 415 f.). HARALD HANS KÖRNER hält zunächst fest, es gebe kaum eine Droge, die Gegenstand so umfangreicher Panikmache und Fehlinformationen war und ist wie LSD. LSD bewirke keine körperliche, wohl aber eine unterschiedlich starke psychische Abhängigkeit und Toleranzbildung. Die Halluzinogenwirkung des LSD-Rauschs sei explosionsartig und ungleich stärker als beim Haschischgenuss. Der Horrortrip sei als atypischer Rauschverlauf gefürchtet: Der LSD-Konsument erlebe angstbetonte, quälende und bedrohliche Ereignisse wie Krankheit, Tod, Krieg, Vernichtung, Schmerzen, Verfolgung und Verhaftung; es würden groteske Verzerrungen erlebt wie Angriffe von Hexen, Teufeln und Bestien, die man glaube vernichten zu müssen. So komme es bisweilen unter LSD-Einfluss zu schrecklichen Gewaltakten und Morden (Betäubungsmittelgesetz, Arzneimittelgesetz, 4. Auflage, München 1994, S. 1545 ff.). Dagegen bezeichnet der Arzt JURAJ STYK, Präsident der schweizerischen Ärztegesellschaft für Psycholytische Therapie, in einem Brief vom 17. Februar 1995 an die Vorinstanz Berichte wie das "Aus dem-Fenster-Fliegen" als Horrorgeschichten und nach neuen Forschungen für veraltet. JOACHIM NELLES (a.a.O., S. 185, 188 ff., 195) führt als pharmakologisch bedingte Folgen akuter Intoxikation an: Bad- oder Horrortrips mit Panik- und Psychosesymptomatik, Pupillenerweiterung, Herzjagen, Schweissausbrüche, Sehstörungen, Zittern und Koordinationsstörungen. Bei kontrollierter Einnahme sieht er keine besonderen körperlichen oder Unfallrisiken; tödliche Überdosierungen seien nicht bekannt. Als chronische Toxizitätsfolgen erwähnt er Flashback-Psychosen und chronische psychotische Zustände. Dagegen könne Cannabis nicht im gleichen Kontext betrachtet werden wie Opiate, Stimulantien oder Halluzinogene. Die Risiken von Cannabis würden zwar hoch kontrovers diskutiert, doch entwickle sich ein Konsens, dass Cannabis in niedrigen Dosen und nicht regelmässig konsumiert kein besonderes gesundheitliches Risiko darstellen dürfte. cc) Somit lässt sich in der wissenschaftlichen Literatur das Bestreben um eine Versachlichung in der Einschätzung der Gefährlichkeit von Drogen BGE 121 IV 332 S. 339 allgemein und von LSD im besondern feststellen. In dieser Linie kommt NELLES (a.a.O., S. 195) zum Schluss, die substanzbedingte Risiko-Hypothese, d.h. dass illegale Drogen an sich als sehr gefährliche Substanzen anzusehen sind, sei wissenschaftlich nicht haltbar. Die suchtbedingten Komplikationen gründeten wesentlich in den illegalen Konsumationsbedingungen (ähnlich SCHEERER, a.a.O., sowie bereits der Kurzbericht vom 5. Mai 1983; vgl. aus juristischer Sicht WINFRIED HASSEMER, Entkriminalisierung im Betäubungsmittelstrafrecht, KritV 76/1993 S. 198-212). Hinsichtlich LSD wird eine mehr oder weniger starke psychische Abhängigkeit als Folge wiederholter Einnahmen angenommen, eine physische Abhängigkeit dagegen verneint. Alle Autoren nennen sogenannte Flashback-Psychosen und chronische psychotische Zustände. Die eigentliche Gefahr wird im atypischen Rauschverlauf, dem sogenannten Horrortrip gesehen, und zwar mit Selbst-, aber auch mit Fremdgefährdung. c) Die deutsche Rechtsprechung nimmt eine "nicht geringe Menge" bei 6 mg Lysergid (oder 120 Konsumeinheiten zu 50 Mikrogramm) beziehungsweise bei 300 Trips an (wenn der reine Wirkstoff nicht bestimmbar ist). LSD gelte als das wirksamste aller Halluzinogene. Eine letale Dosis sei zwar nicht festzustellen, aber es könne bei jedem LSD-Rausch zu gefährlichen Zwischenfällen (Verkennen der Situation, Überschätzen der Fähigkeiten, schwere Verwirrtheitszustände) mit auch tödlichem Ausgang kommen (Verkehrsunfälle, Sprung aus dem Fenster). Die häufigste Komplikation bilde der Horrortrip, dessen Eintritt und Folgen kaum vorhersehbar seien; nicht selten seien Flashbacks. Bereits der einmalige Konsum könne verhängnisvolle Folgen haben. Häufigkeit und Schwere gefährlicher Zwischenfälle seien wesentlich höher einzuschätzen als beim Konsum von Cannabisprodukten (BGHSt 35/1989 S. 43 ff.; dazu GUNNAR CASSARDT, Zur Feststellung der nicht geringen Menge im Betäubungsmittelstrafrecht, NStZ 15/1995 S. 257, 259). d) Zusammenfassend lässt sich der neuern wissenschaftlichen Literatur im Vergleich zu den Entscheidgrundlagen von BGE 109 IV 143 im Rahmen der hier relevanten illegalen Konsumationsbedingungen keine wesentlich neue Einschätzung der Gefährlichkeit von LSD entnehmen. Die Einschätzung des atypischen Rauschverlaufs, des sogenannten Horrortrips, hat sich nicht geändert. Damit bleibt es im Licht des Betäubungsmittelgesetzes bei der Beurteilung der grundlegenden Gefährlichkeit von LSD, dass nämlich schon die Einzeldosis gefährlich sein kann. Schliesslich erscheint eine BGE 121 IV 332 S. 340 Gleichstellung des künstlichen Halluzinogens LSD mit Cannabis nicht angebracht (zur Beurteilung von Cannabis im übrigen BGE 117 IV 314 , BGE 120 IV 256 ). Demnach ist an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten und ein schwerer Fall unter dem Gesichtspunkt der Menge ( Art. 19 Ziff. 1 BetmG ) bei einer Widerhandlung mit 200 Trips LSD anzunehmen. 4. Die Vorinstanz verurteilte die Beschwerdegegner (soweit hier relevant) wegen Vermittlung, Bezug und Weitergabe von 300 bis 320 LSD-Trips gemäss Art. 19 Ziff. 1 BetmG . Diese rechtliche Qualifikation verletzt Bundesrecht. Daher ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. 5. (Kostenfolgen).
null
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d8df2d96-758b-48b5-8de5-cf6b12b8ca95
Urteilskopf 123 IV 225 35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1997 i.S. J. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 1, 4, 38 Abs. 1 und 56 Abs. 2 LG; Art. 43 Ziff. 1 LV ; Art. 35 Abs. 6 BV . Durchführung einer im Ausland veranstalteten, nach dem ausländischen Recht erlaubten lotterieähnlichen Unternehmung in der Schweiz. Wer in der Schweiz Personen zu einem Treffen im Ausland einlädt, an dem sie über eine ausländische Unternehmung nach dem Schneeballsystem informiert und zur Teilnahme daran angeworben werden sollen, erfüllt, auch bei Zulässigkeit der Unternehmung nach dem ausländischen Recht, den Straftatbestand der Durchführung einer durch das schweizerische Lotteriegesetz verbotenen Lotterie.
Sachverhalt ab Seite 225 BGE 123 IV 225 S. 225 A.- J. ist in der Funktion als sogenannter Unternehmensberater bei einer deutschen Unternehmung tätig, welche unter den Bezeichnungen "Diamond" bzw. "Mega Star Business" eine nach dem Schneeballsystem funktionierende Veranstaltung durchführte. Er BGE 123 IV 225 S. 226 lud in der Schweiz zu verschiedenen Zeiten drei Personen aus dem Raum Basel zu Treffen in Deutschland ein, bei denen ihnen, zusammen mit zahlreichen anderen Personen, das System vorgestellt wurde und sie zur Teilnahme daran bewogen werden sollten. Das System ist für den Teilnehmer nur dann erfolgreich, wenn er ihm weitere Teilnehmer zuführen kann. Für die ersten beiden angeworbenen Teilnehmer erhält der Anwerber je DM 2'000.--, ab dem dritten angeworbenen Teilnehmer erhält er DM 3'000.--. Der von den Einsteigern bezahlte Betrag von DM 5'900.-- wird nach einem feststehenden Schlüssel unter verschiedene Personen aufgeteilt: DM 2'000.-- gehen an den Gastgeber, je DM 1'000.-- an den Grossunternehmer und an den Unternehmensberater, DM 1'100.-- an den Lizenzgeber und DM 800.-- an die organisierende Gesellschaft. B.- Der Polizeigerichts-Präsident Arlesheim verurteilte J. am 7. Mai 1997 wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz im Sinne von Art. 38 des Bundesgesetzes betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (LG; SR 935.51) i.V.m. Art. 1 und 4 LG sowie Art. 43 Ziff. 1 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (LV; SR 935.511) zu einer Busse von 5'000 Franken. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft wies die von J. erhobene Appellation am 9. September 1997 ab und bestätigte den angefochtenen Entscheid. C.- J. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gemäss Art. 1 LG sind die Lotterien verboten (Abs. 1). Als Lotterie gilt jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird (Abs. 2). Nicht unter das Lotteriegesetz fallen sogenannte Tombolas ( Art. 2 LG ). Vom Lotterieverbot ausgenommen sind die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienenden Lotterien, soweit deren Ausgabe und Durchführung aufgrund von Bewilligungen der zuständigen kantonalen BGE 123 IV 225 S. 227 Behörden erlaubt sind ( Art. 3, 5 ff. LG ). Untersagt sind die Ausgabe und die Durchführung einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie. Die Durchführung einer Lotterie umfasst die dem Lotteriezweck dienenden Handlungen, wie die Ankündigung oder Bekanntmachung einer Lotterie, die Ausgabe der Lose, die Empfehlung, das Feilbieten, die Vermittlung und den Verkauf von Losen, Coupons oder Ziehungslisten, die Losziehung, die Ausrichtung der Gewinne, die Verwendung des Ertrages ( Art. 4 LG ). Wer eine durch dieses Gesetz verbotene Lotterie ausgibt oder durchführt, wird mit Gefängnis oder mit Haft bis zu drei Monaten oder mit Busse bis zu 10'000 Franken bestraft. Die beiden Strafen können verbunden werden ( Art. 38 Abs. 1 LG ). Der Bundesrat ist befugt, auf dem Verordnungswege lotterieähnliche Unternehmungen den in diesem Gesetz über die Lotterien enthaltenen Bestimmungen zu unterwerfen ( Art. 56 Abs. 2 LG ). a) Nach Auffassung der ersten Instanz, auf deren Urteil die Vorinstanz vollumfänglich verweist, hat der Beschwerdeführer durch die Anwerbung von drei Personen im Raum Basel zur Teilnahme an einer unter das Lotterieverbot fallenden Veranstaltung nach dem Schneeballsystem in der Schweiz eine lotterieähnliche Unternehmung durchgeführt und dadurch den Straftatbestand von Art. 38 Abs. 1 LG erfüllt. b) Der Beschwerdeführer erhebt in seiner Nichtigkeitsbeschwerde im wesentlichen dieselben Einwände wie bereits im kantonalen Verfahren. Er bestreitet jedoch nicht mehr, dass die fragliche Veranstaltung nach dem Schneeballsystem funktionierte. 2. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des in Art. 1 StGB festgelegten und sich auch aus Art. 4 BV und Art. 7 EMRK ergebenden Legalitätsprinzips geltend. Für eine Bestrafung der Durchführung von lotterieähnlichen Unternehmungen im allgemeinen und Veranstaltungen nach dem Schneeballsystem im besonderen fehle die erforderliche ausreichende Grundlage in einem formellen Gesetz. Art. 56 Abs. 2 LG sei keine genügende Grundlage. Zudem sei der Begriff der "lotterieähnlichen Unternehmung" im Sinne dieser Delegationsnorm viel zu unbestimmt. a) Der bundesrätliche Entwurf eines Lotteriegesetzes (BBl 1918 IV 356 ff.) verzichtete auf eine Definition des Lotteriebegriffs, weil sie sich erstens in der Expertenkommission als schwierig erwiesen hatte und weil zweitens "gerade eine Legaldefinition unter Umständen die Umgehung des Gesetzes erleichtern könnte, indem man Unternehmungen, die unbestreitbar die Zwecke und Gefahren der BGE 123 IV 225 S. 228 Lotterie in sich schliessen, mit äusserlichen Merkmalen ausstatten würde, die ihre Subsumtion unter den gesetzlichen Lotteriebegriff ausschliessen oder doch sehr zweifelhaft machen würden" (Botschaft des Bundesrates, BBl 1918 IV 333 ff., 343). In den Verhandlungen der eidgenössischen Räte wurde dann aber doch eine Legaldefinition eingeführt. Um die damit verbundenen Gefahren auszuschalten, wurde der Bundesrat im Gesetz ermächtigt, auf dem Verordnungsweg lotterieähnliche Unternehmungen den Lotterien gleichzustellen (Sten.Bull. StR 1921 S. 37, 100, Voten des Berichterstatters Andermatt; Sten.Bull. NR 1922 S. 861, 882, Voten des Berichterstatters Mächler). Gemäss Art. 56 Abs. 2 LG ist der Bundesrat befugt, auf dem Verordnungsweg lotterieähnliche Unternehmungen den in diesem Gesetz über die Lotterien enthaltenen Bestimmungen zu unterwerfen. Von dieser Kompetenz hat der Bundesrat Gebrauch gemacht. Nach Art. 43 Ziff. 1 LV sind den Lotterien gleichgestellt alle Veranstaltungen, bei denen das Schneeballsystem (Lawinen-, Hydra-, Gella- oder Multiplex-System) zur Anwendung kommt. Eine solche Veranstaltung liegt nach Art. 43 Ziff. 1 LV vor, wenn die Lieferung von Waren, die Ausrichtung von Prämien oder andere Leistungen zu Bedingungen in Aussicht gestellt werden, die für die Gegenpartei des Veranstalters nur dann einen Vorteil bedeuten, wenn es ihr gelingt, weitere Personen zum Abschluss gleicher Geschäfte zu veranlassen. b) Die Strafbarkeit der Durchführung von lotterieähnlichen Unternehmungen ergibt sich aus dem Lotteriegesetz selbst, nämlich aus Art. 56 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 und Art. 38 LG . Allerdings wird der Begriff der lotterieähnlichen Unternehmung, anders als der Lotteriebegriff (siehe Art. 1 Abs. 2 LG ), im Gesetz nicht definiert und werden darin auch keine Beispiele für lotterieähnliche Unternehmungen aufgeführt. Der Begriff der lotterieähnlichen Unternehmung ist zwar weit gefasst, er ist aber ausreichend bestimmt. Seine Auslegung hat sich am Lotteriebegriff, wie er in Art. 1 Abs. 2 LG definiert wird, zu orientieren. Der Richter kann und muss nicht nur prüfen, ob die von ihm zu beurteilende Veranstaltung die Merkmale einer vom Bundesrat einer Lotterie gleichgestellten Unternehmung gemäss Art. 43 LV aufweist, sondern er kann und muss auch prüfen, ob die Veranstaltung einer Lotterie im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LG ähnlich ist. c) Eine lotterieähnliche Unternehmung gemäss Art. 56 Abs. 2 LG ist eine Veranstaltung, welche dieses oder jenes Merkmal der BGE 123 IV 225 S. 229 Lotterie im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LG nicht in gleichem Masse bzw. nicht in gleicher Art und Weise wie die Lotterie aufweist. Dabei ist für die Abgrenzung gerade das Kriterium des Zufalls entscheidend; denn in bezug auf die übrigen Merkmale der Lotterie - Leistung eines Einsatzes oder Abschluss eines Rechtsgeschäfts, Gewinnaussicht, Planmässigkeit (zu letzterer siehe BGE 99 IV 25 E. 5b S. 35) - sind Unterscheidungen bzw. Abstufungen nicht möglich; sie sind entweder gegeben oder nicht vorhanden. Bei der Lotterie gemäss Art. 1 Abs. 2 LG ist der Zufall allein entscheidend, während ihm bei der lotterieähnlichen Unternehmung im Sinne von Art. 56 Abs. 2 LG neben anderen Umständen, etwa Beharrlichkeit und Geschick, eine wesentliche Rolle zukommt (zum Ganzen WILLY STAEHELIN, Das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten als Strafgesetz, Diss. Zürich 1941, S. 68 ff.; WERNER MEILI, Untersuchungen über die Entwicklung und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Lotterien in der Schweiz und im Ausland, Diss. Zürich 1946, S. 57 f.; CHRISTIAN KLEIN, Die Ausnützung des Spieltriebes durch Veranstaltungen der Wirtschaftswerbung und ihre Zulässigkeit nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1970, S. 87; siehe auch BGE 98 IV 293 E. 3a S. 300). d) Veranstaltungen nach dem Schneeballsystem, wie sie in Art. 43 Ziff. 1 LV umschrieben werden, sind als lotterieähnliche Unternehmungen im Sinne von Art. 56 Abs. 2 LG zu qualifizieren, deren Durchführung gemäss Art. 38 LG strafbar ist. Schon der historische Gesetzgeber sah gerade in solchen Veranstaltungen lotterieähnliche Unternehmungen. In seinem Gutachten und Gesetzesentwurf betreffend die bundesrechtliche Regelung des Lotteriewesens von 1913 wies Ernst Blumenstein auf den "auch in der Schweiz bekannt gewordenen Warenverkauf nach dem Hydra-, Schneeballen- oder Lawinensystem" hin. Er hielt eine prinzipielle Gleichstellung solcher Systeme mit den gewöhnlichen Lotterien hinsichtlich Verbot und Überwachung für "unbedingt nötig, will man die Idee verwirklichen, welche der Forderung eines eidgenössischen Lotteriegesetzes zugrunde liegt" (S. 68). Wohl unterscheidet sich eine Veranstaltung nach dem Schneeballsystem von ihrer Anlage her in tatsächlicher Hinsicht wesentlich von einer Lotterie im eigentlichen Sinne, bei welcher über Erwerb und Höhe der gegen Leistung eines Einsatzes in Aussicht gestellten Gewinne etwa durch Losziehung entschieden wird. Massgebend ist indessen allein, dass die vier Merkmale einer Lotterie gemäss Art. 1 Abs. 2 LG in ähnlicher Weise gegeben sind BGE 123 IV 225 S. 230 wie bei einer Lotterie. Unstreitig mussten die Teilnehmer einen Einsatz leisten und wurde ihnen ein Gewinn in Aussicht gestellt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind auch die Planmässigkeit und das aleatorische Element gegeben. Planmässigkeit im lotterierechtlichen Sinne liegt nicht nur dann vor, wenn ein Veranstalter sein Spielrisiko aufgrund mathematischer Berechnungen für sich ausschliesst. Entscheidend ist allein, dass der Veranstalter sein Risiko ausschliesst. Darin liegt der Unterschied zum Glücksspiel und das Wesen der Planmässigkeit. Auf welche Weise das Spielrisiko ausgeschlossen werden kann, hängt wesentlich auch von der Art der Veranstaltung ab. Bei einer wöchentlich durchgeführten Zahlenlotterie beispielsweise sind dazu andere Massnahmen erforderlich als etwa bei einem Wettbewerb (siehe dazu BGE 123 IV 175 E. 2c). Bei einer Veranstaltung nach dem Schneeballsystem trägt der Veranstalter schon nach der Konzeption einer solchen Unternehmung kein Risiko; dieses tragen allein die Teilnehmer, denen es gelingen muss, weitere Personen zum Abschluss gleicher Geschäfte zu veranlassen. Auch das aleatorische Element ist bei Veranstaltungen nach dem Schneeballsystem im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 LV gegeben. Solche Veranstaltungen führen rasch zu einer Marktsättigung bzw. Marktverengung mit der Folge, dass später hinzukommende Teilnehmer bei aller Beharrlichkeit und allem Geschick es zunehmend schwerer haben, ihrerseits weitere Teilnehmer anzuwerben, so dass ihr Vorteil wesentlich vom Zufall abhängt. Das Schneeballsystem ist auf Marktverengung angelegt; der Zufall ist ihm immanent. Art. 43 Ziff. 1 LV ist somit durch Art. 56 Abs. 2 LG gedeckt. e) Die Gleichstellung von Veranstaltungen nach dem Schneeballsystem gemäss Art. 43 Ziff. 1 LV mit den Lotterien verstösst entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch nicht gegen Art. 35 Abs. 6 BV . Wohl wird der Bund darin lediglich ermächtigt, auch in Beziehung auf Lotterien geeignete Massnahmen zu treffen. Die Verfassung definiert den Lotteriebegriff aber nicht. Dem Bundesgesetzgeber steht es frei, ob er den Lotteriebegriff umschreiben will oder nicht, und er kann im Falle einer Definition des Begriffs im Gesetz den Bundesrat zur Verhinderung von Lücken ermächtigen, auf dem Verordnungsweg Veranstaltungen, welche in Anbetracht der gesetzlichen Definition einer Lotterie ähnlich sind, den Lotterien gleichzustellen. 3. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass Durchführungshandlungen, die sich auf legale Veranstaltungen im Ausland BGE 123 IV 225 S. 231 beziehen, vom Lotteriegesetz nicht erfasst werden und daher nicht verboten und strafbar seien. Die ihm zur Last gelegten Anwerbe-Handlungen beträfen eine sich in Deutschland abspielende Veranstaltung, die nach dem deutschen Recht legal sei. Das Lotteriegesetz enthalte keine Strafnorm, die Handlungen zum Zwecke ausländischer und erst noch legaler Veranstaltungen unter Strafe stelle. Im Gegenteil würden nach dem klaren Wortlaut von Art. 4 und Art. 38 LG einzig die Ausgabe und die Durchführung "einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie" untersagt und pönalisiert. Vorliegend gebe es aber keine durch das Lotteriegesetz verbotene Lotterie. a) Verboten und strafbar sind gemäss Art. 4 und Art. 38 LG die Ausgabe und (oder) die Durchführung "einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie". Eine Veranstaltung ist dann eine durch dieses Gesetz verbotene Lotterie, wenn sie die Merkmale einer verbotenen Lotterie im Sinne des Gesetzes aufweist, wenn sie also eine Lotterie im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LG ist und nicht als gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienende Lotterie ( Art. 3 LG ) von den zuständigen Behörden bewilligt worden ( Art. 5 ff. LG ) ist. Eine "durch dieses Gesetz verbotene Lotterie" ist mithin eine verbotene Lotterie im Sinne dieses Gesetzes. Darin erschöpft sich die Bedeutung und Tragweite der zitierten Formel. Aus ihr ergibt sich mithin nicht, dass Durchführungshandlungen im Sinne von Art. 4 LG nur dann verboten und gemäss Art. 38 LG strafbar sind, wenn die Veranstaltung sich vollumfänglich in der Schweiz abspielt, wenn also insbesondere auch der Veranstalter selbst, der den Plan aufstellt, die Gewinne aussetzt und die Einsätze kassiert, seinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz hat und daher ebenfalls unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt. Durchführungshandlungen im Sinne von Art. 4 LG , etwa die Bekanntmachung einer Lotterie, das Feilbieten von Losen, die Ausrichtung der Gewinne, sind dann und deshalb verboten und gemäss Art. 38 LG strafbar, wenn und weil sie in der Schweiz vorgenommen werden und eine Veranstaltung betreffen, welche die Merkmale einer verbotenen Lotterie im Sinne des Lotteriegesetzes aufweist. Unerheblich ist, ob die Veranstaltung eine schweizerische oder eine ausländische und ob sie im letzteren Fall nach dem ausländischen Recht verboten oder erlaubt ist. b) Das Lotteriegesetz unterscheidet zwischen der Ausgabe und der Durchführung einer Lotterie. Sind die Ausgabe und die Durchführung einer gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienenden Lotterie im Ausgabekanton bewilligt worden (siehe Art. 5 ff. LG ), so darf die Lotterie nicht ohne weiteres auch in einem anderen Kanton durchgeführt BGE 123 IV 225 S. 232 werden. Vielmehr bedarf es auch für diese Durchführung einer Bewilligung des betreffenden Kantons ( Art. 14 LG ). Im Ausland ausgegebene Prämienanleihen dürfen in der Schweiz nur mit Bewilligung des Eidg. Finanzdepartements durchgeführt werden ( Art. 24 ff. LG , Art. 29 ff. LV ). Die Durchführung von im Ausland ausgegebenen Lotterien in der Schweiz ist im Lotteriegesetz und in der Lotterieverordnung nicht geregelt. Das bedeutet nicht, dass sie ohne weiteres erlaubt sei, sondern es bedeutet vielmehr, dass die Durchführung von im Ausland ausgegebenen Lotterien in der Schweiz gar nicht bewilligungsfähig und damit verboten ist. c) Das Lotteriegesetz bezweckt u.a., Personen in der Schweiz vor der Leistung von Einsätzen in der Hoffnung auf (wesentlich) vom Zufall abhängige Gewinne zu schützen. In Anbetracht dieses Gesetzeszwecks ist es unerheblich, ob die Veranstaltung eine schweizerische oder beispielsweise eine deutsche und ob sie nach dem deutschen Recht erlaubt sei. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass Durchführungshandlungen im Sinne von Art. 4 LG in der Schweiz erlaubt und straflos bleiben, wenn sie sich nicht auf eine schweizerische, sondern auf eine ausländische und nach dem ausländischen Recht erlaubte Veranstaltung beziehen. d) Die Durchführungshandlungen gemäss Art. 4 LG sind nicht bloss Teilnahmehandlungen im Sinne von Art. 24 f. StGB an einer "Haupttat" der Veranstaltung einer Lotterie, sondern sie sind als eigenständige Tatbestände ausgestaltet. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es daher unerheblich, ob der Veranstalter seinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz oder im Ausland hat und ob die Veranstaltung nach dem ausländischen Recht verboten und strafbar ist oder nicht. Weder aus der systematischen noch aus der teleologischen Auslegung ergibt sich, dass nach dem schweizerischen Recht als selbständige Straftatbestände ausgestaltete Handlungen, die der Sache nach Teilnahmehandlungen an ausländischen Handlungen sind, in Anwendung des Grundsatzes der Akzessorietät prinzipiell nur dann strafbar sein können, wenn die ausländische "Haupttat" auch nach dem ausländischen Recht strafbar ist. Eine solche Annahme verbietet sich gerade in einem Fall der hier zu beurteilenden Art. Ob und in welchem Umfang die Ausgabe und die Durchführung von Lotterien BGE 123 IV 225 S. 233 und lotterieähnlichen Unternehmungen zu verbieten und gar unter Strafe zu stellen sind, ist weitgehend eine gesellschaftspolitische Frage, welche in den einzelnen Staaten ganz unterschiedlich entschieden werden kann. Wenn der schweizerische Gesetzgeber die Ausgabe und/oder die Durchführung von Lotterien und lotterieähnlichen Unternehmungen in der Schweiz verbietet und unter Strafe stellt, dann sollen davon nach der "ratio legis" auch Durchführungshandlungen in der Schweiz erfasst sein, die sich auf ausländische Lotterien oder lotterieähnliche Unternehmungen beziehen. Die Strafbarkeit von als selbständige Straftatbestände ausgestalteten Durchführungshandlungen in der Schweiz kann nicht in quasi analoger Anwendung des Akzessorietätsprinzips davon abhängig sein, ob die ausländische Veranstaltung nach dem ausländischen Recht verboten bzw. strafbar ist. Das muss im besonderen für Veranstaltungen nach dem Schneeballsystem gelten, die möglicherweise nach dem ausländischen Recht allein zufolge von Gesetzeslücken nicht verboten bzw. strafbar sind. e) Allerdings ist die Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis StGB bei einer Haupttat im Ausland gemäss Ziff. 3 dieser Bestimmung nur unter der Voraussetzung strafbar, dass die ausländische Haupttat auch am Begehungsort strafbar ist. Diese Bestimmung bringt indessen entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keinen allgemein gültigen Grundsatz zum Ausdruck, dass ein Verhalten in der Schweiz, welches an ein ausländisches Geschehen anknüpft, nur unter der Voraussetzung bestraft werden kann, dass das ausländische Geschehen auch im Ausland strafbar ist. Das Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit der ausländischen Haupttat gemäss Art. 305bis Ziff. 3 StGB ergibt sich vielmehr daraus, dass die Geldwäscherei in der Schweiz auch bei einer ausländischen Haupttat strafbar ist, was eine Ausnahme vom Grundsatz darstellt, dass das schweizerische Recht nur die schweizerische Rechtspflege schützt (siehe dazu STRATENWERTH, Schweiz. Strafrecht Bes. Teil II, 4. Aufl. 1995, § 54 N. 39). Daraus kann für den hier zu beurteilenden, gänzlich anders gelagerten Fall der Durchführung einer ausländischen und nach dem ausländischen Recht erlaubten bzw. jedenfalls nicht strafbaren Lotterie respektive lotterieähnlichen Unternehmung in der Schweiz nichts abgeleitet werden. f) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich schliesslich ebenfalls, dass auch Durchführungshandlungen in der Schweiz in bezug auf ausländische Lotterien ungeachtet der im Ausland geltenden Regelung nach dem Lotteriegesetz verboten und strafbar sein sollen. Der bundesrätliche Entwurf von 1918, der noch auf eine Definition des Lotteriebegriffs verzichtete, untersagte in Art. 1 Abs. 1 ausdrücklich die Errichtung und den Betrieb von Lotterien sowie die Ankündigung und den Verkauf von Losen ausländischer Lotterien (BBl 1918 IV 356). Gemäss einer Bemerkung in der bundesrätlichen BGE 123 IV 225 S. 234 Botschaft "ist klar", dass "man auch den Kollekteuren und Losverkäufern der grossen ausländischen Klassen- und Zahlenlotterien das Handwerk legen muss", "wenn man im Inland die Errichtung und den Betrieb von Lotterien verunmöglicht" (BBl 1918 IV 344). Der Entwurf der ständerätlichen Kommission definierte den Lotteriebegriff (Art. 1 Abs. 2) und umschrieb die untersagte Ausgabe und Durchführung "einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie" (Art. 4 und 5) ungefähr gleich wie nun das Lotteriegesetz. Er nahm im Unterschied zum bundesrätlichen Entwurf nicht mehr ausdrücklich Bezug auf ausländische Lotterien (Sten.Bull. StR 1921 S. 23). Dessenungeachtet hielt der Berichterstatter im Ständerat, Andermatt, in seinem Votum zur Eintretensfrage fest, der Gesetzgeber betrachte die Lotterie als eine ethisch nicht einwandfreie und der Volkswohlfahrt nicht zuträgliche Veranstaltung und untersage deshalb "die inländischen und ausländischen Lotterien auf Schweizer Boden". Das Verbot der Lotterien bilde die Regel, die Erlaubnis lediglich die Ausnahme (Sten.Bull. StR 1921 S. 33). g) Der Beschwerdeführer weist in diesem Punkt abschliessend darauf hin, bei der hier vertretenen Auffassung müssten folgerichtig alle in der Schweiz befindlichen Gelder aus dem Betrieb ausländischer Lotterien und eventuell auch Spielkasinos, soweit diese nach dem schweizerischen Recht nicht zulässig wären, eingezogen und die Betreiber strafrechtlich verfolgt werden. Strafbar wäre auch die Werbung in den Medien und in Reiseprospekten für den Besuch und die Teilnahme an ausländischen, in der Schweiz unzulässigen Lotterien, Kasinos usw. Es ist hier nicht darüber zu befinden, welche Folgen sich aus dem Verbot und der Strafbarkeit von Durchführungshandlungen in der Schweiz betreffend ausländische, legale Lotterien aller Art bei konsequenter Anwendung des Lotteriegesetzes ergeben. Zu beurteilen ist hier allein die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Anwerbung von drei Personen in der Schweiz zur Teilnahme an einer deutschen Veranstaltung nach dem Schneeballsystem. Im übrigen hat die Vorinstanz keine Gewinne eingezogen. Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob bei Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz neben Art. 43 LG betreffend die Konfiskation, der die Gewinne nicht erwähnt, Art. 58 f. StGB betreffend die Einziehung ergänzend anwendbar seien und ob und inwiefern gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Straflosigkeit des Einlegens in eine Lotterie ( Art. 38 Abs. 2 LG ) bei verbotenen Lotterien im allgemeinen und bei Veranstaltungen nach dem Schneeballsystem im besonderen BGE 123 IV 225 S. 235 allfällige Gewinne im erforderlichen Zusammenhang mit einer strafbaren Handlung stehen. 4. Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe in der Schweiz keine Durchführungshandlungen im Sinne von Art. 4 LG vorgenommen. Er habe in der Schweiz lediglich einige Personen zu einem Essen nach Deutschland eingeladen, an welchem erst über die Veranstaltung informiert worden sei. Damit habe er die Veranstaltung nicht in der Schweiz bekanntgemacht. a) Gemäss den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, auf welches die Vorinstanz verweist, nahm der Beschwerdeführer Kontakt mit ca. drei Personen aus der Region Basel auf und lud sie nach Deutschland an die Geschäftsvorstellungen ein. In tatsächlicher Hinsicht habe es sich dabei nicht bloss um die Einladung von Personen zu einem Nachtessen ohne Angabe von Art und Zweck der Veranstaltung, sondern um eine koordinierte Anwerbung und Kontaktaufnahme von potentiellen Teilnehmern gehandelt, die sich immerhin schon ein erstes Mal finanziell verpflichtet hätten. b) Diesen Ausführungen kann nicht entnommen werden, was der Beschwerdeführer den eingeladenen Personen noch in der Schweiz über die Unternehmung mitteilte, über die sie in Deutschland informiert werden sollten. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann daher nicht entschieden werden, ob der Beschwerdeführer in der Schweiz eine lotterieähnliche Unternehmung im Sinne von Art. 4 LG bekanntgemacht habe. Eine Rückweisung der Sache nach Art. 277 BStP zur Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen erübrigt sich jedoch aus nachfolgenden Gründen. c) Die in Art. 4 LG erwähnten Durchführungshandlungen sind auf Lotterien im eigentlichen Sinne zugeschnitten. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Gerade bei den nach dem Schneeballsystem funktionierenden lotterieähnlichen Unternehmungen sind auch die der Anwerbung neuer Teilnehmer dienenden Handlungen als Durchführungshandlungen im Sinne von Art. 4 LG zu qualifizieren. Der Beschwerdeführer lud die von ihm in der Schweiz angesprochenen Personen zu einem Treffen in Deutschland ein, wo sie über das Unternehmen informiert und zur Teilnahme daran gewonnen werden sollten. Die Einladung in der Schweiz zu diesen Zwecken war damit nach der im Ergebnis zutreffenden Auffassung der ersten Instanz ein Akt der Anwerbung von neuen Teilnehmern und fällt daher unter Art. 4 LG . Die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit auch in diesem Punkt abzuweisen.
null
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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d8e4ab62-a1ae-4f18-a7ba-6759f745c85b
Urteilskopf 122 III 436 80. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 3. Dezember 1996 i.S. C. Ltd. (Rekurs)
Regeste Art. 242 SchKG ; Fristansetzung zur Anhebung der Aussonderungsklage. Nur wenn sich die von einem Dritten angesprochene Sache im ausschliesslichen Gewahrsam der Konkursmasse befindet, ist die Konkursverwaltung berechtigt, dem Drittansprecher nach Art. 242 Abs. 2 SchKG eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Aussonderungsklage anzusetzen (E. 2a). Hat die Konkursverwaltung die von einem Dritten angesprochenen Vermögenswerte im Verlauf des Konkursverfahrens veräussert und dadurch den Gewahrsam an der Sache verloren, gelangt als Surrogat der veräusserten Gegenstände der Erlös - als für den Drittansprecher auszuscheidender Vermögenswert - in den Gewahrsam der Konkursmasse (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 436 BGE 122 III 436 S. 436 Im Konkurs der R. AG soll die ausseramtliche Konkursverwaltung im Verlauf des Verfahrens angeblich einen Grossteil der Aktiven der Gemeinschuldnerin - inklusive die Rechte an drei Patenten - an die A. AG verkauft haben. Mit Kollokationsverfügung vom 13. August 1996 wies die Konkursverwaltung u.a. den von der C. Ltd. geltend gemachte Aussonderungsanspruch für drei Patente ab und setzte der C. Ltd. eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Aussonderungsklage nach Art. 242 Abs. 2 SchKG an. Eine von der C. Ltd. gegen diese Fristansetzung erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau mit Beschluss vom 2. September 1996 ab. BGE 122 III 436 S. 437 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach Art. 242 Abs. 1 SchKG verfügt die Konkursverwaltung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten als Eigentum angesprochen werden; hält sie den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten nach Art. 242 Abs. 2 SchKG eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Klage an. Um über die Herausgabe beweglicher Sachen zu verfügen und Dritten, deren Eigentumsansprache für unbegründet gehalten wird, Frist anzusetzen, muss sich die betreffende Sache im ausschliesslichen Gewahrsam der Masse befinden ( BGE 93 III 96 E. 3 S. 102 f.). Andernfalls obliegt es der Masse oder gegebenenfalls den Abtretungsgläubigern nach Art. 260 SchKG , gegen den Dritten, der Gewahrsam an den Vermögenswerten hat, auf Herausgabe der Sache zu klagen ( BGE 110 III 87 E. 2a S. 90 mit Hinweis). Für die Bestimmung des Gewahrsams kommt es im Konkursverfahren auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung an, in welchem Zeitpunkt der Gemeinschuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen verliert ( Art. 197 SchKG ); damit verhält es sich im Konkurs analog zum Widerspruchsverfahren nach Art. 106 bis 109 SchKG, wo auf den Zeitpunkt abgestellt wird, in dem der Betriebene seine tatsächliche Verfügungsgewalt durch Pfändung ( Art. 96 SchKG ) oder Arrestierung ( Art. 275 SchKG ) verliert (vgl. BGE 110 III 87 E. 2c S. 92 f. mit Hinweisen). b) Die Rekurrentin hält dafür, dass der vorliegende Sachverhalt nicht unter diese Rechtsprechung falle; vielmehr sei für die Frage, ob eine Frist nach Art. 242 Abs. 2 SchKG anzusetzen sei und sie demnach Aussonderungsklage erheben müsse, BGE 24 I 719 ff. massgebend. In diesem Urteil hat das Bundesgericht entschieden, dass für die Frage der Parteirollenverteilung der Zeitpunkt, in dem der Streit angehoben werde, und nicht jener der Konkurseröffnung oder der Inventaraufnahme massgebend sei; in diesem Fall hatte die Masse zwar mit der Konkurseröffnung den Gewahrsam über die Sache erlangt, sich dieser aber danach begeben, weshalb die dem Gläubiger gegenüber verfügte Fristansetzung nach Art. 242 Abs. 2 SchKG aufgehoben wurde (E. 2 S. 723 f.). Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die faktischen Verhältnisse zwischen Konkurseröffnung und Einleitung des Aussonderungsprozesses verändert hatten. c) Die Frage, ob BGE 110 III 97 ff. einer eigentlichen Praxisänderung gleichkomme und insoweit der dem BGE 24 I 273 ff. zugrundeliegende BGE 122 III 436 S. 438 Sachverhalt heute anders beurteilt werden müsste - wie dies die Vorinstanz geltend macht und von der Rekurrentin bestritten wird -, kann im vorliegenden Fall indessen offenbleiben. Einerseits ist unbestritten, dass die Masse mit der Konkurseröffnung den Gewahrsam an den Patenten erlangt hatte. Anderseits unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt von dem von den Parteien angerufenen Entscheid. Während in dem vom Bundesgericht in BGE 24 I 723 ff. entschiedenen Fall die Konkursverwaltung die umstrittenen Sachen dem Eigentumsansprecher zur freien Verfügung herausgegeben und dieser dadurch die faktische Verfügungsgewalt darüber erlangt hatte, verkaufte die Konkursverwaltung die Sachen im vorliegenden Fall an eine Drittperson. Hat aber die Konkursverwaltung Gegenstände in ihrem Vermögen einem Dritten veräussert, wird die Forderung auf den an Stelle der Sache getretenen Erlös nicht zu einer einfachen Massaforderung, die erst nach Deckung der Kosten Anspruch auf Befriedigung hätte; vielmehr ist die eingezogene - eventuell das Recht auf die noch ausstehende - Gegenleistung vor der Befriedigung der Massagläubiger aus der Konkursmasse auszuscheiden (JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Band II, Zürich 1911, N. 3.A. zu Art. 242 a.E.; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3. Auflage, Lausanne 1993, S. 332, § 2 III). Als Surrogat der vom Dritten angesprochenen, zwischenzeitlich aber veräusserten Gegenstände fällt die entsprechende Gegenleistung des Dritterwerbers als für den Ansprecher auszuscheidende Vermögenswerte in die Konkursmasse, so dass sich diese Gegenleistung im Gewahrsam der Konkursverwaltung befindet. Der Rekurrentin ist zwar beizupflichten, dass die Konkursverwaltung den Gewahrsam nach der Konkurseröffnung freiwillig aufgegeben hat, doch übersieht sie, dass der Konkursverwaltung im Gegenzug der Gewahrsam an der Gegenleistung zugefallen ist. Aus diesem Grund ist auf jeden Fall das Verfahren nach Art. 242 SchKG durchzuführen; es trifft somit nicht zu, dass die Fristansetzung nach Art. 242 Abs. 2 SchKG zur Anhebung der Aussonderungsklage keinen Sinn mehr mache, da sich der Aussonderungsanspruch nunmehr gegen die eingezogene bzw. noch ausstehende Gegenleistung richtet. Es ist daher in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, dass die Konkursverwaltung eine Verfügung über den Anspruch getroffen und der Beschwerdeführerin Frist zur Klage angesetzt hat. Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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d8e76c73-5ac0-4ea0-aa4a-9cebb1ab3060
Urteilskopf 109 V 95 19. Auszug aus dem Urteil vom 30. August 1983 i.S. H. gegen Ausgleichskasse Chemie und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 52 AHVG : Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers. Kann die Kontrollstelle einer Aktiengesellschaft haftbar werden?
Sachverhalt ab Seite 95 BGE 109 V 95 S. 95 Im Konkurs der Firma N. AG kam die Ausgleichskasse Chemie mit einer Forderung von Fr. 33'261.--, die sich zur Hauptsache aus paritätischen Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit von Mai 1976 bis Juli 1977 zusammensetzte, zu Verlust. Gestützt auf BGE 109 V 95 S. 96 Art. 52 AHVG forderte sie diesen Betrag als Schadenersatz u.a. von Johann H., weil dieser seit Jahren die Aufgabe einer Kontrollstelle für die Firma N. AG versehen habe. Gegen die entsprechende Verfügung erhob Johann H. Einspruch, worauf die Ausgleichskasse bei der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Klage einreichte. Die Rekurskommission bejahte die Haftung dem Grundsatz nach, wies die Sache aber zur Neuberechnung des Schadens an die Ausgleichskasse zurück. Johann H. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben. Die Ausgleichskasse beantragt deren Abweisung, das Bundesamt für Sozialversicherung dagegen die Gutheissung. Erwägungen Aus den Erwägungen: 7. Die Rekurskommission bezeichnete Johann H. als Kontrollstelle der AG im Sinne von Art. 727 ff. OR . In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dies bestritten mit dem Hinweis darauf, dass Johann H. Angestellter der Firma N. AG gewesen sei, was von Gesetzes wegen ( Art. 727 Abs. 2 OR ) die Funktion als Kontrollstelle ausschliesse. Aufgrund der vorliegenden Akten lässt sich nicht zuverlässig beurteilen, ob Johann H. Angestellter der AG war oder deren Kontrollstelle oder ob er allenfalls während getrennter Zeitabschnitte sowohl in der einen wie in der andern Funktion tätig gewesen ist. Die Frage kann indessen aus den nachfolgenden Gründen offenbleiben. Falls und insoweit Johann H. Angestellter der AG war, konnte er nicht gleichzeitig als Kontrollstelle im Sinne von Art. 727 ff. OR eingesetzt sein. Insofern entfällt eine Haftung nach Art. 52 AHVG mangels Organstellung. Hinsichtlich der Kontrollstelle einer AG ist zunächst zu beachten, dass zwar einerseits ihre Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Geschäftsführung beschränkt sind, zumal sie keine Verwaltungsaufgaben erfüllen darf ( Art. 731 Abs. 1 Satz 2 OR ) und mithin begangene Fehler der Geschäftsleitung nicht selber beheben kann, dass sie aber anderseits verpflichtet ist, den Präsidenten des Verwaltungsrates und allenfalls auch die Generalversammlung über wahrgenommene Mängel zu informieren ( Art. 729 Abs. 3 OR ) und damit zur Vermeidung künftiger Unregelmässigkeiten beizutragen. Eine Verletzung dieser Pflicht als Organ der AG kann eine Haftung nach Art. 52 AHVG begründen. BGE 109 V 95 S. 97 Johann H. macht geltend, er sei zunächst ausschliesslich als Vertreter im Aussendienst tätig gewesen und ab Oktober 1976 daneben zu 25% als Buchhaltungsgehilfe beschäftigt worden, ohne über kaufmännische Ausbildung oder Erfahrung zu verfügen; im Buchhaltungssektor seien ihm vom Buchhalter vorwiegend untergeordnete Arbeiten zugewiesen worden. Es ist nicht auszuschliessen, dass er bei diesen Tätigkeiten Kenntnis davon erhielt, dass die Beitragsabrechnung und Beitragszahlung mangelhaft waren. Indessen kann es ihm nicht als grobe Nachlässigkeit angelastet werden, wenn er es unterliess, den Verwaltungsratspräsidenten auf die Ausstände aufmerksam zu machen, weil davon auszugehen ist, dass dieser darüber ohnehin im Bilde war. Eine Haftung des Johann H. ist daher auch für den Fall zu verneinen, dass er - allenfalls zumindest zeitweise - als Kontrollstelle (und nicht als Angestellter) der AG eingesetzt gewesen sein sollte.
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de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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d8ec268e-b361-49cd-8372-ab68bc8af3dd
Urteilskopf 127 IV 20 3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 2000 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 2 Rahmenabkommen über die Grenzabfertigung mit Deutschland; Art. 3 und 305bis StGB ; Geldwäscherei durch versteckten Geldtransport über die Landesgrenze, örtliche Zuständigkeit und anwendbares Recht. Nach dem Rahmenabkommen sind die Schweizer Behörden zur Strafverfolgung zuständig und schweizerisches Recht anwendbar, wenn das strafbare Verhalten mit dem Grenzübertritt in Zusammenhang steht. Bei Geldwäscherei durch internationale Geldtransporte kann die Strafverfolgung auch im Transitstaat erfolgen (E. 2). Geldwäscherei ist gegeben, wenn aus dem Drogenhandel stammendes Geld in einem Fahrzeug versteckt und über die Grenze gebracht wird (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 21 BGE 127 IV 20 S. 21 X. und Y. wurden am 20. November 1996 bei ihrer Einreise in die Schweiz am Zollamt Stein/Bad Säckingen von den Schweizer Grenzwachtbeamten angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Das Zollamt befindet sich aufgrund des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen und die Grenzabfertigung in Verkehrsmitteln während der Fahrt vom 1. Juni 1961 (SR 0.631.252.913.690, nachfolgend: Rahmenabkommen) auf deutschem Gebiet (Vereinbarung zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen am Grenzübergang Stein/Bad Säckingen vom 29. August 1979 [SR 0.631.252.913.693.5]). Bei der Untersuchung des Fahrzeugs kamen unterhalb des Armaturenbretts eingebaut 650'000.- Deutsche Mark und 280'000.- dänische Kronen zum Vorschein, welche Beträge sichergestellt wurden. Eine Untersuchung der sichergestellten Banknoten durch das Institut für Rechtsmedizin in Bern (IRM) ergab, dass 35% der DM und 60% der dänischen Kronen mit Kokain kontaminiert waren. BGE 127 IV 20 S. 22 Das Obergericht des Kantons Aargau sprach X. mit Entscheid vom 27. Januar 2000 der bandenmässigen Geldwäscherei schuldig und verurteilte ihn zu einer Strafe von 2 3/4 Jahren Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 20'000.-. X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer bestreitet die örtliche Zuständigkeit der schweizerischen Behörden zur strafrechtlichen Verfolgung und Beurteilung des Vorwurfs der Geldwäscherei, da die Grenzkontrolle auf deutschem Gebiet stattgefunden hat. Seiner Ansicht nach hat der Beschwerdeführer nicht gegen schweizerische Vorschriften zur Grenzabfertigung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und Art. 2 Ziff. 1 des Rahmenabkommens verstossen, womit auch keine Zuständigkeit der Schweiz nach Art. 4 des Rahmenabkommens begründet werden könne; es gelte ausschliesslich das Strafrecht des Gebietsstaates, hier Deutschland. a) Die Vorinstanz bejaht die Zuständigkeit der schweizerischen Behörden und die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts gestützt auf Art. 4 und Art. 2 Ziff. 1 des Rahmenabkommens. Im vorliegenden Fall handle es sich um ein im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt begangenes Delikt, welches gleich zu behandeln sei wie ein auf dem Gebiet der Schweiz begangenes Delikt. b) aa) Grenzabfertigung im Sinne des Rahmenabkommens bedeutet die Anwendung aller Rechts- und Verwaltungsvorschriften der beiden Staaten, die sich auf den Grenzübertritt von Personen sowie die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren, Fahrzeugen und anderen Vermögensgegenständen beziehen (Art. 2 Ziff. 1). Sie wird von den Bediensteten des Nachbarstaates im gleichen Umfang und mit den gleichen Folgen wie in ihrem Land durchgeführt (Art. 4 Abs. 1). Die Strafgerichtsbarkeit bei Verstössen gegen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die sich auf die Grenzabfertigung beziehen, wird ebenfalls von den Behörden des Nachbarstaates ausgeübt (Art. 4 Abs. 2). Im Übrigen gilt in der Zone jedoch das Recht des Gebietsstaates (Art. 4 Abs. 3). Festnahmen dürfen nur wegen Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über die Grenzabfertigung des Nachbarstaates erfolgen, oder wenn Personen von den Behörden des Nachbarstaates gesucht werden (Art. 4 Abs. 1). Angehörige des Gebietsstaates dürfen auf dessen Gebiet nicht festgenommen und in den Nachbarstaat verbracht werden, sondern nur zur Feststellung BGE 127 IV 20 S. 23 des Tatbestandes vorgeführt werden, wobei ein Bediensteter des Gebietsstaates beizuziehen ist (Art. 5 Abs. 1). bb) Das Rahmenabkommen wurde zur Beschleunigung und Vereinfachung der beiderseitigen Grenzabfertigungen geschaffen. Es bildet die notwendige staatsvertragliche Grundlage, damit die Zoll- und Polizeiorgane ihre Aufgaben mit den gleichen Befugnissen wie auf eigenem Staatsgebiet erfüllen können. In zwei gleich lautenden, nicht veröffentlichten Entscheiden von 1988 ist das Bundesgericht zum Schluss gelangt, dass nichts gegen eine teleologische Auslegung von Staatsverträgen spricht und der Begriff der Grenzabfertigung des Rahmenabkommens weit auszulegen ist: "Der Zweck des Abkommens, den Übergang über die gemeinsame Grenze zu erleichtern, ergibt sich aus der Präambel. Dieses Ziel wollen die beiden Staaten erreichen, indem sie nebeneinander liegende Grenzabfertigungsstellen errichten und die zuständigen Bediensteten des einen Staates ermächtigen, ihre Befugnisse auf dem Gebiet des andern Staates auszuüben (Art. 1 Abs. 2 lit. a und c). Da diese Befugnisse lediglich im Rahmen des Abkommens ausgeübt werden können (lit. c), ergibt sich auch hieraus nichts für die Auslegung des Art. 2 Ziff. 1. (...) Aus (der) Botschaft ergibt sich, dass eine Zusammenlegung der Grenzabfertigungsstellen nur unter der Bedingung als sinnvoll und zweckmässig erachtet wird, dass der Nachbarstaat in der Zone nebst den Zoll- auch seine Polizeikontrollen durchführen kann. Müssten letztere vorgängig auf eigenem Staatsgebiet vorgenommen werden, würde der Zweck des Rahmenabkommens, den Grenzübergang zu erleichtern, vereitelt. Deshalb drängt sich eine weite Auslegung der 'Rechtsvorschriften, die sich auf den Grenzübertritt beziehen', auf und zwar in dem Sinne, dass darunter nicht nur die eigentlichen Zollbestimmungen (SR 63) fallen, sondern auch Vorschriften nicht zollrechtlicher Bundeserlasse (vgl. Art. 59 Zollgesetz vom 1. Oktober 1925, [ZG; SR 631.0]). Mit Ausnahme von Art. 5 Abs. 1 des Abkommens ist übrigens nicht ersichtlich, dass mit dem Staatsvertrag eine Beschränkung der Befugnisse der Zollorgane vorgenommen werden sollte." (Auszug aus dem nicht veröffentlichten Urteil vom 10. Juni 1988 i.S. Eidgenössische Zollverwaltung gegen D., 6S.5/1988, E. 5b). Den Reisenden entsteht durch die Verlegung der Grenzkontrolle in ein fremdes Territorium rechtlich gesehen kein Nachteil. Ob sie bei der Ein- und Ausreise an der Grenze selbst, in einem fahrenden Zug oder bei einem auf dem Gebiet des Nachbarstaates gelegenen Grenzposten kontrolliert werden, bildet keinen wesentlichen Unterschied (Botschaft des Bundesrates zum Rahmenabkommen, BBl 1963 II 1053 ff. mit Verweis auf BBl 1961 I 726 ff.). Die Grenzbeamten müssen ihre Tätigkeit somit nicht auf rein zollrechtliche Belange beschränken. Zu ihrer Tätigkeit gehört zum Beispiel auch BGE 127 IV 20 S. 24 die Kontrolle der Verkehrstüchtigkeit und vorgeschriebenen Ausstattung der Fahrzeuge ( Art. 136 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr vom 27. Oktober 1997 [VZV; SR 741.51] , was auch die Strafverfolgung im Falle verbotener Zubehörteile umfasst; nicht veröffentlichtes Urteil vom 18. Dezember 1998 i.S. A., E. 3), oder der Einzug von Gebühren und Bussen bei Fehlen der Autobahn-Vignette (erwähntes Urteil vom 10. Juni 1988 E. 6; Art. 9 Abs. 2 Verordnung über die Abgabe für die Benutzung von Nationalstrassen [NSAV] vom 26. Oktober 1994, SR 741.72). Ebenfalls zu ihren Aufgaben gehört die Hilfestellung bei der Strafverfolgung im Allgemeinen. Entscheidend ist der Zusammenhang des strafbaren Verhaltens mit dem Grenzübertritt von Personen oder der Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Vermögensgegenständen (Art. 4 Abs. 2 Rahmenabkommen; HANS SCHULTZ, Gesetzgebung und Rechtsprechung der Schweiz im internationalen Strafrecht 1964 bis 1966, Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht (SJIR), Band XXIII, 1966 S. 171). cc) Im vorliegenden Fall sind bei der Grenzkontrolle im Mietwagen des Beschwerdeführers versteckt grössere Bargeldbeträge gefunden worden, deren vermutete kriminelle Herkunft ein Ermittlungsverfahren und eine strafrechtliche Beurteilung durch die schweizerischen Behörden ausgelöst haben. Das Verschieben von Vermögenswerten vom Ausland in die Schweiz kann objektiv betrachtet eine Einziehung verunmöglichen (JÜRG-BEAT ACKERMANN, Art. 305bis StGB , in: Kommentar Einziehung, organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Zürich 1998, Bd. I, S. 527 f. N. 317). Damit steht der strafrechtliche Vorwurf in einem engen Zusammenhang zum Grenzübertritt des Beschwerdeführers beziehungsweise der Einfuhr des Bargeldes. Es handelt sich nicht um eine Tat, deren Zusammenhang mit dem Grenzübertritt zufällig ist (wie etwa im vom Beschwerdeführer angeführten Beispiel eines Diebstahls in der Wartekolonne vor dem Grenzübergang); der Grenzübertritt ist hier Teil des Tatbestandes, der Rechtspflege einziehbare Vermögenswerte zu entziehen (vgl. auch nachstehend E. 3). Das schliesst nicht notwendigerweise aus, dass im vorliegenden Fall auch die deutschen Behörden zur Strafverfolgung hätten zuständig sein können. Die Schweizer Beamten hätten keine Rechtsvorschrift verletzt, wenn sie den Beschwerdeführer mit den beschlagnahmten Geldern den deutschen Behörden übergeben hätten. Ihr Vorgehen war nicht ohne Risiko, da bei ungenügendem Bezug der Straftat zum Grenzübertritt die vorgenommenen Handlungen hätten BGE 127 IV 20 S. 25 nichtig werden können; bei so gelagerten Fällen ist Vorsicht am Platze. Da das Delikt aber einen engen Bezug zum Grenzübertritt aufweist, konnten sie dem Fall auch selber nachgehen. Die Vorinstanz ist deshalb zu Recht von der schweizerischen Strafrechtshoheit ausgegangen. Die Zuständigkeit der Schweizer Behörden ist auch durch das geschützte Rechtsgut gegeben ( BGE 118 Ia 137 E. 2b). Das Verbot der Geldwäscherei will in erster Linie die Rechtspflege gegen den Entzug von einziehbaren Vermögenswerten krimineller Herkunft schützen, mittelbar die Öffentlichkeit vor den Auswirkungen des Verbrechens, das die einziehbaren Vermögenswerte hervorgebracht hat (Botschaft zu Art. 305bis StGB , BBl 1989 II 1081, 1064; BGE 122 IV 211 E. 4 S. 222; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch/Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 305bis N. 6). Der Beschwerdeführer wollte das entdeckte Bargeld aus Deutschland durch die Schweiz der Z. AG in Liechtenstein zuführen. Gegebenenfalls wären damit die Vermögenswerte sowohl in Deutschland, wie in der Schweiz, wie in Liechtenstein einziehbar gewesen; ebenso hätte das Verhalten des Beschwerdeführers in allen drei Ländern den Tatbestand der Geldwäscherei erfüllen können (§ 165 liechtensteinisches StGB; § 261 Abs. 1 deutsches StGB). Ziel des Geldwäschereiverbots ist insbesondere die Bekämpfung internationaler Kriminalität. Soll dieses Ziel effizient verfolgt werden, obliegt es auch den Transitländern, aktiv zu werden, wenn sie Kenntnis von entsprechenden Vorgängen erhalten. Dem Beschwerdeführer war es gelungen, die Ausgangskontrolle der deutschen Behörden zu umgehen. Die Schweiz war als nächstes Land von seinem Vorgehen betroffen. Damit waren die Schweizer Behörden zuständig, die Strafverfolgung aufzunehmen. Der Beschwerdeführer ist zudem nicht auf deutschem Boden verhaftet worden, womit weder gegen Art. 4 Abs. 1 noch gegen Art. 5 Abs. 1 des Rahmenabkommens verstossen worden ist. Er ist vielmehr den Beamten freiwillig und im Wissen um die Durchsuchung seines Fahrzeugs auf schweizerisches Territorium gefolgt. 3. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 305bis StGB geltend. Der blosse Transport von Geld stelle keine Geldwäscherei dar. a) Den Tatbestand der Geldwäscherei erfüllt, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen BGE 127 IV 20 S. 26 herrühren ( Art. 305bis Ziff. 1 StGB ). Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, der Nachweis einer konkreten Vereitelungsgefahr oder einer gelungenen Vereitelung ist nicht erforderlich (Botschaft Art. 305bis StGB , BBl 1989 II 1083; parlamentarische Beratung AB 1989 II N 1854, 1856 f.; AB 1990 S 195; BGE 119 IV 59 E. 2e). Die Rechtsprechung hat bisher das Verstecken ( BGE 122 IV 211 E. 2b; BGE 119 IV 59 E. 2e), das Anlegen ( BGE 119 IV 242 E. 1d) sowie das Wechseln von Bargeld ( BGE 122 IV 211 E. 2c) als Vereitelungshandlung qualifiziert, nicht jedoch dessen einfache Einzahlung auf das dem üblichen privaten Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto am Wohnort ( BGE 124 IV 274 E. 4a) oder den blossen Besitz, beziehungsweise das Aufbewahren (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofs vom 24. Januar 2000 i.S. M., 6S.595/1999 E. 2d/aa). b) Gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz führte der Beschwerdeführer einen erheblichen Geldbetrag, den er zuvor im Mietwagen unterhalb des Armaturenbretts versteckt hatte, in die Schweiz ein mit der Absicht, nach Vaduz/FL weiterzureisen und das Geld dort bei der Z. AG einzuzahlen, einer zur Verschleierung der Herkunft von Geldern gegründeten Gesellschaft. Er ging damit in mehrfacher Hinsicht über den blossen Besitz oder das Einzahlen von Geld auf das eigene Konto hinaus: Erstens durch das Verstecken des Geldes im Fahrzeug, zweitens durch den Transfer über die Landesgrenze hinweg und drittens durch das Einzahlen nicht auf ein eigenes Konto, sondern zuhanden einer Firma, von welcher sowohl er wie andere unauffällig Geld beziehen konnten. Alle drei Elemente sind geeignet, die Einziehung der Vermögenswerte zu vereiteln. Das Verstecken allein kann bereits den Tatbestand der Geldwäscherei erfüllen ( BGE 122 IV 211 E. 2b), das Verschieben von Geld über die Landesgrenze kommt erschwerend hinzu. Gewiss stünde den deutschen Behörden im Falle einer Strafverfolgung in Deutschland der Weg über die Rechtshilfe offen (Art. 63 Abs. 2 lit. d Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 [IRSG; SR 351.1]), doch müssten die deutschen Behörden dazu nebst den formellen Erfordernissen ( Art. 27 ff. IRSG ) über hinreichend genaue Informationen verfügen, um einen gezielten Zugriff auf das versteckte Geld zu ermöglichen, soll ihr Gesuch nicht als unerlaubte "fishing expedition" gelten (ACKERMANN, a.a.O., S. 527 N. 317). Die blosse Möglichkeit einer erfolgreichen Rechtshilfe genügt im Übrigen nicht, um Geldwäscherei auszuschliessen; auch in BGE 122 IV 211 wurde das versteckte Geld nach Hausdurchsuchung BGE 127 IV 20 S. 27 schliesslich entdeckt (a.a.O., E. 1b; ACKERMANN, a.a.O., S. 485 f. N. 246 f., TRECHSEL, a.a.O., N. 17 mit Hinweisen). Gesamthaft gesehen ergeben die Handlungen des Beschwerdeführers eine typische Vorgehensweise, Drogengelder verschwinden zu lassen und neu in Verkehr zu setzen.
null
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Federation
d8f242fa-6049-4465-b9f1-e69fb02d3be1
Urteilskopf 123 II 69 11. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Januar 1997 i.S. "medicall ag" gegen Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 55bis Abs. 5 BV , Art. 6 EMRK , Art. 63 RTVG ; Zulässigkeit der Betroffenenbeschwerde von Vereinigungen. Planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes? Bestätigung der Rechtsprechung, wonach Art. 63 RTVG - anders als im alten Recht Art. 14 lit. c des Bundesbeschlusses über die Unabhängige Beschwerdeinstanz - die Betroffenenbeschwerde für Vereinigungen nicht mehr vorsieht (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 69 BGE 123 II 69 S. 69 Am 10. Oktober 1995 strahlte das Schweizer Fernsehen DRS im Rahmen der Sendung "Kassensturz" einen kritischen Beitrag über den Rückführungstransport einer in Ischia erkrankten Schweizerin aus. Verantwortlich dafür sei das in der Schweiz ansässige Assistance-Unternehmen "medicall ag" gewesen. Gegen diesen Beitrag gelangte die "medicall ag" am 16. Januar 1996 an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und BGE 123 II 69 S. 70 Fernsehen (im weitern auch: Unabhängige Beschwerdeinstanz oder UBI). Diese trat am 24. Mai 1996 auf die Eingabe nicht ein, da nach dem Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen (Radio- und Fernsehgesetz, RTVG; SR 784.40) juristische Personen nicht beschwerdelegitimiert seien. Die "medicall ag" hat gegen diesen Entscheid am 5. Juli 1996 Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung an die Unabhängige Beschwerdeinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Der Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen über die rundfunkrechtliche Konformität von Sendungen kann beim Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden ( Art. 65 Abs. 2 RTVG ). Die Beschwerdebefugnis richtet sich dabei ausschliesslich nach Art. 103 OG und ergibt sich nicht bereits aus der Beteiligung am vorinstanzlichen Verfahren ( BGE 121 II 359 E. 1a S. 361, 454 E. 1a S. 455). b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Unabhängige Beschwerdeinstanz sei zu Unrecht auf ihre Eingabe nicht eingetreten. Das Bundesgericht bejaht in solchen Fällen die Legitimation des Betroffenen unabhängig vom Rechtsschutzinteresse in der Sache selber ( BGE 121 II 454 E. 1b S. 456 mit Hinweisen); auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb einzutreten. 2. a) Zur Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz ist befugt, wer im Beanstandungsverfahren vor der Ombudsstelle beteiligt war, mindestens 18 Jahre alt ist, über das Schweizerbürgerrecht oder als Ausländer über eine Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung verfügt und entweder eine Beschwerde einreicht, die von mindestens weiteren 20 Personen unterzeichnet ist ( Art. 63 Abs. 1 lit. a RTVG , Quorums- oder Popularbeschwerde), oder eine enge Beziehung zum Gegenstand einer oder mehrerer Sendungen nachweist ( Art. 63 Abs. 1 lit. b RTVG , Betroffenenbeschwerde). Beschwerdebefugt sind ferner alle Behörden, soweit sie in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen sind, sowie das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement ( Art. 63 Abs. 2 RTVG ). b) Im Unterschied zur geltenden Regelung sah Art. 14 lit. c des Bundesbeschlusses vom 7. Oktober 1983 über die Unabhängige BGE 123 II 69 S. 71 Beschwerdeinstanz (BB UBI; AS 1984 153 ff.) auch eine Beschwerdebefugnis für Vereinigungen vor, die eine enge Beziehung zum Gegenstand einer oder mehrerer beanstandeter Sendungen nachwiesen. Die Unabhängige Beschwerdeinstanz und die Doktrin gehen davon aus, mit der Neuregelung im Radio- und Fernsehgesetz sei diese Befugnis entfallen (GABRIEL BOINAY, La contestation des émissions de la radio et de la télévision, Porrentruy 1996, Rz. 436; LEO SCHÜRMANN/PETER NOBEL, Medienrecht, 2. Aufl., Bern 1993, S. 204; MARTIN DUMERMUTH, Die Programmaufsicht bei Radio und Fernsehen in der Schweiz, Basel u. Frankfurt a.M. 1992, S. 250; derselbe, Rundfunkrecht, in: KOLLER/MÜLLER/RHINOW/ZIMMERLI (Hrsg.), Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel u. Frankfurt a.M. 1996, S. 193, Rz. 468; vgl. auch FRANZISKA BARBARA GROB, Die Programmautonomie von Radio und Fernsehen in der Schweiz, Zürich 1994, S. 73). Das Bundesgericht hat diese Auffassung in einem jüngeren Entscheid geteilt und festgehalten, dass die Regelung von Art. 63 Abs. 1 RTVG auf natürliche Personen zugeschnitten sei; die beschwerdeführende Genossenschaft für Schlachtvieh- und Fleischversorgung gehe deshalb zu Recht nicht davon aus, bereits als betroffene juristische Person zur Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz legitimiert zu sein ( BGE 121 II 454 E. 2a S. 456 f.). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. 3. a) aa) Der Wortlaut von Art. 63 Abs. 1 RTVG ist unzweideutig und klarerweise auf natürliche Personen ausgelegt, indem er für die Beschwerdebefugnis ein Mindestalter von 18 Jahren sowie das Schweizerbürgerrecht bzw. eine Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung voraussetzt. Zwar wollte der Bundesrat die bisherige Regelung über die Unabhängige Beschwerdeinstanz übernehmen und auch Vereinigungen mit enger Beziehung zum Sendegegenstand eine Beschwerdeberechtigung einräumen (Art. 59 lit. c des bundesrätlichen Entwurfs, BBl 1987 III 773). Der Nationalrat strich jedoch die Betroffenenbeschwerde gänzlich (Amtl.Bull. 1989 N 1674 f.), und der Ständerat führte sie nur für die natürlichen Personen wieder ein (Amtl.Bull. 1990 S 614 f.). Im Differenzbereinigungsverfahren schloss sich der Nationalrat dieser Lösung an (Amtl.Bull. 1991 N 345, 355). bb) Dem Gesetzgeber ging es in erster Linie um eine "Verwesentlichung des Verfahrens vor der UBI" (vgl. das Votum der Kommissionssprecherin Uchtenhagen, Amtl.Bull. 1989 N 1673). Nach Ansicht der Mehrheit der nationalrätlichen Kommission sollte sich die UBI nicht mehr, wie dies bisher oft der Fall gewesen sei, mit BGE 123 II 69 S. 72 "Bagatellfällen" und mit Anliegen befassen müssen, für die privat- oder strafrechtliche Rechtsmittel zur Verfügung stünden (Sitzung der nationalrätlichen Kommission vom 27. Januar 1989, S. 662 f. u. S. 675 f.). Die ständerätliche Kommission teilte diese Auffassung, wollte aber im Hinblick auf die Beschwerdebefugnis vor Bundesgericht die Legitimation für betroffene natürliche Personen im Verfahren vor der UBI beibehalten. Die Verbände und juristischen Personen verwies sie auf die bestehenden Beschwerdemöglichkeiten, vorab auf die Popularbeschwerde (Protokoll der Sitzung der ständerätlichen Kommission vom 8. Mai 1990, S. 207 ff.; vgl. SCHÜRMANN/NOBEL, a.a.O., S. 204). b) Das programmrechtliche Aufsichtsverfahren dient ausschliesslich dem Schutz der unverfälschten Willens- und Meinungsbildung der Öffentlichkeit (vgl. J.P. Müller/F. Grob, in Kommentar BV, Art. 55bis, Rz. 79). Das Verfahren vor der UBI ist "ein im Interesse des Publikums liegendes Verfahren sui generis zum Schutz vor unzulässigen Sendungen"; es ist nicht - wie etwa das Gegendarstellungsrecht - als Rechtsschutz für den Einzelnen gedacht, "sondern zur Überprüfung von Sendungen im Interesse der Öffentlichkeit und ihrer ungehinderten Willensbildung als wichtiges Element der Demokratie" (BBl 1987 III 708). Anknüpfungspunkt der Programmaufsicht bildet somit nicht ein privates Rechtsschutzinteresse, sondern das öffentliche Interesse an einer ausgewogenen und sachgerechten Information der Allgemeinheit. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nicht jede natürliche Person mit einer engen Beziehung zum Sendegegenstand beschwerdebefugt ist. Das Gesetz verlangt zusätzlich ein Mindestalter von 18 Jahren sowie das Schweizerbürgerrecht oder (für Ausländer) eine Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung. Bezweckte die Beschwerde, die privaten Rechte der von einer Sendung Betroffenen zu schützen, liesse sich eine derartige Einschränkung der Beschwerdebefugnis auf Schweizerbürger und Zuschauer im schweizerischen Sendegebiet sachlich kaum rechtfertigen. Der gleiche Schluss drängt sich aber auch mit Blick auf die Prüfungsbefugnis der UBI auf: Jene beschränkt sich regelmässig nicht auf die vom Betroffenen konkret beanstandete Sequenz, sondern umfasst jeweils die Programmrechtskonformität des ganzen Beitrags (vgl. BGE 121 II 29 E. 2a S. 31). Bei der Programmaufsicht geht es um ein staatliches Aufsichtsverfahren, das gegebenenfalls von den Fernsehzuschauern ausgelöst werden soll. Wenn der Gesetzgeber die Beschwerdebefugnis in Art. 63 RTVG deshalb auf natürliche Personen ausgerichtet hat, deren Willens- und BGE 123 II 69 S. 73 Meinungsbildung als Zuschauer durch das Aufsichtsverfahren geschützt werden soll, ist dies sachlich vertretbar (soweit das Bundesgericht sich hierzu überhaupt zu äussern hat; vgl. Art. 114bis Abs. 3 BV ). c) Der Gesetzgeber hat nach dem Gesagten nicht versehentlich die Beschwerdebefugnis der juristischen Person nicht normiert oder ohne sachliche Gründe zwischen natürlichen und juristischen Personen unterschieden. Das Parlament hat sich der Frage der Beschwerdelegitimation vielmehr eingehend angenommen, sie indessen anders entschieden, als dies die Beschwerdeführerin wünscht. Im Ständerat wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der vorgeschlagenen Lösung das bisherige Beschwerderecht der Vereinigungen, an dem der Bundesrat habe festhalten wollen, entfalle (Votum Masoni, Amtl.Bull. 1990 S 615). Es liegt insofern somit ein qualifiziertes Schweigen vor und nicht - wie die Beschwerdeführerin meint - eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, die Raum liesse für eine richterliche Lückenfüllung (so auch Gabriel Boinay, a.a.O., Rz. 436). 4. a) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann auch aus Art. 55bis BV nicht gefolgert werden, dass der Zugang zur Unabhängigen Beschwerdeinstanz durch Einführung einer Beschwerdemöglichkeit für Vereinigungen erleichtert werden müsste. Art. 63 Abs. 1 lit. a RTVG sieht eine Popularbeschwerde vor, für die es lediglich 20 weiterer Unterschriften bedarf. Auf diesem Weg ist es auch juristischen Personen ohne weiteres möglich, mit geringem Aufwand an die Unabhängige Beschwerdeinstanz zu gelangen. b) Zum vornherein keine Anwendung auf das Beanstandungsverfahren findet Art. 6 EMRK , auf den sich die Beschwerdeführerin ebenfalls beruft. Der Aufsichtsentscheid über die rundfunkrechtliche Konformität einer Sendung hat nämlich keinen entscheidenden Einfluss auf Rechte und Pflichten zivilrechtlicher Natur ( BGE 122 II 471 , E. 2b).
public_law
nan
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1,997
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CH_BGE_004
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Federation
d8fd3583-104d-4e97-bc93-0624d2598b89
Urteilskopf 86 III 154 34. Urteil der H. Zivilabteilung vom 8. Dezember 1960 i.S. Oftinger gegen Welti.
Regeste Gründerhaftung bei der Aktiengesellschaft. Geltendmachung des durch Schädigung der Gesellschaft den Aktionären und Gesellschaftsgläubigern verursachten mittelbaren Schadens. Art. 756 Abs. 2 OR , 260 SchKG. 1. Parteibezeichnung bei Abtretung von Ansprüchen der Konkursmasse an einzelne Gläubiger (Erw. 1). 2. Wann steht weder der Gesellschaft (und ihrer Konkursmasse) noch einem Gläubiger, der an der Gründung mitgewirkt hatte, ein Anspruch aus Art. 753 OR zu? (Erw. 2). 3. Der Anspruch des einzelnen Aktionärs oder Gläubigers auf Ersatz seines mittelbaren Schadens geht im Konkurs der Gesellschaft nicht auf die Konkursmasse über. Nur das Recht zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche steht in erster Linie der Konkursverwaltung zu ( Art. 756 Abs. 1 OR ). Eine Abtretung nach Art. 756 Abs. 2 OR an einen Gläubiger kann (neben den Ansprüchen der Gesellschaft, gemäss Art. 260 SchKG ) nur seine eigenen Ansprüche betreffen, nicht auch diejenigen anderer Gläubiger oder Aktionäre (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 155 BGE 86 III 154 S. 155 A.- Am 2. April 1952 wurde die Appartementhaus Platte AG in Zürich gegründet mit einem Aktienkapital von Fr. 50'000.--, eingeteilt in 50 Namenaktien zu Franken 1000.--. Davon zeichneten 25 Stück Heinrich Welti, 24 Stück Fritz Maurer und 1 Stück Dr. Hugo Oftinger, Rechtsanwalt und Notar in Muri (Aargau). Die konstituierende Generalversammlung wählte die Genannten mit Kollektivunterschrift je zu zweien in den Verwaltungsrat, Dr. Oftinger als dessen Präsident. Die Aktien sollten zu 40% liberiert werden. Welti borgte die dazu nötige Summe von Fr. 20'000.-- bei seinem Bruder und zahlte sie ihm sogleich nach der Gründung zurück. Er hatte diese Rückzahlung von vornherein beabsichtigt, da es ihm lediglich darum zu tun war, den Schein einer Bargründung zu erwecken. B.- Am 3. Juni 1952 trat Welti von seinem Verwaltungsratsposten zurück. Die Generalversammlung erteilte ihm gleichen Tages Entlastung. Von da an amtete Dr. Oftinger als einzelzeichnungsberechtigtes Mitglied der Verwaltung. Welti verkaufte ihm im Juni 1952 seine 25 Aktien. C.- Am 31. Mai 1956 geriet die Appartementhaus BGE 86 III 154 S. 156 Platte AG in Konkurs. Dr. Oftinger ist als Gläubiger der Gesellschaft mit einer Forderung von Fr. 31'693.40 zugelassen. D.- Am 26. Februar 1957 trat die Konkursverwaltung ihm und zwei andern Gläubigern eine Forderung von Fr. 70'000.-- aus Gründerhaftung des ehemaligen Verwaltungsrates Welti ab (es handelte sich ausser dem Entzug des auf das Aktienkapital einbezahlten Betrages von Fr. 20'000.-- um die Verwendung eines Schuldbriefbetrages). Die einzig von Dr. Oftinger erhobene Klage wurde vom Bezirksgericht Horgen im Teilbetrag von Fr. 16'000.-- nebst Zins gutgeheissen, aus folgenden Gründen: Eine Haftung des Beklagten für den in Frage stehenden Schuldbriefbetrag könne nicht angenommen werden. Dagegen hafte er für den Entzug des nur zum Schein einbezahlten Aktienbetrages von Fr. 20'000.--. Die andern beiden Gründer, Maurer und Dr. Oftinger, seien solidarisch mitverantwortlich; denn der Beklagte habe sein Vorgehen zuvor mit Maurer vereinbart, und Dr. Oftinger habe bei den Vorbesprechungen wahrscheinlich davon erfahren, zum mindesten aber durch ungenügende Erkundigung über die Art der Kapitalbeschaffung bei der Gründung fahrlässig gehandelt. Im innern Verhältnis unter den drei Gründern bestünden Rückgriffsansprüche gemäss dem Grad ihres Verschuldens. Es erscheine als angemessen, den Beklagten und Maurer letztlich je mit zwei Fünfteln und den Kläger mit einem Fünftel des Schadens zu belasten. Nach der Lebenserfahrung sei die Gesellschaft um den Betrag der ihr sofort wieder entzogenen Mittel von Fr. 20'000.-- geschädigt worden. Der Beklagte könne somit gegenüber dem Kläger eine Rückgriffsforderung von Fr. 4000.-- verrechnen, was zu einer Urteilssumme von Fr. 16'000.-- führe. E.- Das Obergericht des Kantons Zürich, an das beide Parteien (der Kläger anschlussweise) appellierten, hat mit Urteil vom 25. März 1960 die Klage abgewiesen. Es geht davon aus, trotz dem Wortlaut des wie üblich für Abtretungen BGE 86 III 154 S. 157 nach Art. 260 SchKG verwendeten Konkursformulars Nr. 7 sei als Gegenstand der Abtretung nicht nur der Anspruch der Konkursmasse, sondern auch der persönliche Anspruch des Klägers als Gesellschaftsgläubigers zu betrachten, der nach Art. 756 OR eben erst kraft des Verzichtes der Masse zu dessen Geltendmachung befugt sei. Indessen stehe dem Kläger gegen den Beklagten aus eigenem Recht kein Schadenersatzanspruch zu; denn er habe nach dem Ergebnis der Beweisführung "der Rückerstattung des Gründungskapitals der Appartementhaus Platte AG an den Beklagten in voller Kenntnis der wirklichen Sachlage zugestimmt". Dadurch habe er übrigens ausserdem seine eigenen gesetzlichen Pflichten als Gründer und Verwaltungsrat grob verletzt. Er könne nichts zu seinen Gunsten daraus herleiten, dass er später der Gesellschaft einen Betrag von Fr. 20'000.-- aus eigenen Mitteln zur Verfügung gestellt habe. Aber auch der Gesellschaft, deren Ansprüche dem Kläger gleichfalls abgetreten worden seien, stehe kein Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Das Wissen und Dulden der drei Gründer sei der Gesellschaft als solcher zuzurechnen, sie sei daher auch selbst nicht widerrechtlich geschädigt worden. F.- Mit rechtzeitiger Berufung an das Bundesgericht hält der Kläger an der bereits vor Obergericht auf Fr. 20'000.-- nebst Zins beschränkten Forderung fest. Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Was die Parteibezeichnung betrifft, so möchte der Kläger (entsprechend der Weisung des Friedensrichteramtes Kilchberg an das Bezirksgericht Horgen) nicht sich selbst, sondern die Konkursmasse der Appartementhaus Platte AG, vertreten durch den Abtretungsgläubiger: Dr. Hugo Oftinger..., als klagende Partei genannt wissen. Damit würde dem vorgedruckten Text des von der Konkursverwaltung verwendeten Abtretungsformulars Rechnung BGE 86 III 154 S. 158 getragen, wonach der Kläger "zur Geltendmachung dieser Rechte auf eigene Rechnung und Gefahr, aber im Namen der Masse... ermächtigt" ist. Trotz diesem Formulartext war es jedoch längst Übung geworden, auf einer Abtretung gemäss Art. 260 SchKG beruhende Klagen von Konkursgläubigern in deren eigenem Namen, allenfalls mit einem auf die konkursrechtliche Abtretung hinweisenden Zusatz, zu erheben (vgl. BGE 65 III 142 , BGE 79 III 174 ). Art. 260 SchKG gebietet denn auch keineswegs die Klageführung im Namen der Masse; er spricht vielmehr von deren Verzicht und von der Abtretung an einzelne Gläubiger, was freilich nicht als zivilrechtliche Abtretung des streitigen Anspruches selbst, sondern als in Abs. 2 daselbst in ihren Wirkungen näher umschriebene Übertragung des Rechtes zur prozessualen Geltendmachung zu verstehen ist. Wurde bisweilen in wörtlicher Anlehnung an den Formulartext im Namen der Masse geklagt, so konnten sich daraus namentlich bei Prozessführung im Ausland Schwierigkeiten ergeben, indem die Gerichte eine von der Konkursverwaltung auszustellende Vollmacht verlangten, die nicht beizubringen war. Um diese Unzukömmlichkeiten zu vermeiden, hat daher die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer im Februar 1958 den in Frage stehenden Formulartext nun ausdrücklich dahin geändert, dass der betreffende Gläubiger ermächtigt sei, "an Stelle der Masse, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung und Gefahr" vorzugehen. Somit hat es vollends bei der Anführung des Dr. Oftinger als Klägers zu bleiben. Da im übrigen die vorliegende Abtretung nicht, jedenfalls nicht unmittelbar, auf Art. 260 SchKG , sondern auf Art. 756 Abs. 2 OR beruht, ist seinem Namen beizufügen: "als Zessionar gemäss Art. 756 Abs. 2 OR im Konkurs der Appartementhaus Platte AG". 2. Gegenstand der Klage ist ein Schaden, der an und für sich der Gesellschaft und nur mittelbar deren Aktionären und Gläubigern entstanden ist. Der Anspruch solcher Mitgeschädigten ("sekundärer Schaden"; vgl. BGE 59 BGE 86 III 154 S. 159 II 455; C. WIELAND, Handelsrecht II 137) geht nur auf Leistung des Ersatzes an die Gesellschaft ( Art. 755 OR ). Im Konkurs der Gesellschaft steht die Geltendmachung des Anspruchs der einzelnen Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger in Bezug auf solch mittelbaren Schaden zunächst der Konkursverwaltung zu ( Art. 756 Abs. 1 OR ). "Verzichtet sie darauf, so ist jeder Aktionär oder Gläubiger berechtigt, die Abtretung des Anspruches zu verlangen. Das Ergebnis ist nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs zu verwenden." (Abs. 2 daselbst). Auf einer solchen Abtretung beruht die vorliegende Klage. Nach Feststellung des Obergerichts ist der Schaden, den die konkursite Gesellschaft durch das Vorgehen des Beklagten erlitten hat, gleich dem ihr von ihm entzogenen Aktienbetrag von Fr. 20'000.--. Der Beklagte hat diesen bei einem Dritten geborgten Betrag nur zum Schein einbezahlt und dann sogleich zurückgezogen. Es liegt also eine vorgetäuschte Bargründung vor, wofür er grundsätzlich nach Art. 753 OR haftet. Mit Recht verneint jedoch das Obergericht die Haftung sowohl der Gesellschaft wie auch dem Kläger persönlich gegenüber. Alle drei Gründer und Aktionäre haben bei der Gründung der Gesellschaft um diese Machenschaft gewusst und sie, soweit sie nicht handelnd dabei mitwirkten, gebilligt. Ihr Wissen und Wollen ist der Gesellschaft als solcher zuzurechnen, weshalb sie nach dem Grundsatz "volenti non fit injuria" keinen Schadenersatz beanspruchen kann ( BGE 83 II 56 und 65; Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. Juli 1958 i.S. Fischbach gegen Veith und Konsorten, S. 7). Dasselbe gilt für den Kläger, der als Aktionär an der Gründung beteiligt war und dem fehlerhaften Gründungsvorgang zugestimmt hat. Sein Wissen und Wollen als Gründer ist ihm auch in seiner Eigenschaft als Gesellschaftsgläubiger entgegenzuhalten. Aus seinen spätern Leistungen an die Gesellschaft kann er nichts gegen den Beklagten herleiten. Es bleibt dabei, dass dessen Handlungsweise, die er gekannt BGE 86 III 154 S. 160 und gebilligt hatte, ihm gegenüber nicht rechtswidrig war. 3. Somit kann die Klage nur allenfalls dann Erfolg haben, wenn in den dem Kläger gemäss Art. 756 Abs. 2 OR abgetretenen Ansprüchen auch solche (und zwar zu Recht bestehende) anderer Gläubiger enthalten sein sollten. Das Obergericht hat nicht geprüft, wie es sich damit verhält, sondern ohne nähere Darlegung angenommen, es stünden von vornherein nur die (als unbegründet befundenen) Ansprüche der Gesellschaft und des Klägers persönlich in Frage. Dieser hat sich freilich selber nicht in deutlicher Weise auf die Ansprüche anderer Gläubiger berufen, die nicht wie er an der Gründung mitgewirkt und daher der Machenschaft des Beklagten auch nicht zugestimmt hatten. Auch die Ausführungen der Berufungsschrift sind in dieser Beziehung nicht eindeutig. Immerhin wird auf die besondere Verantwortlichkeit des Beklagten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern insgesamt hingewiesen und erklärt, der Kläger trete in diesem Rechtsstreite nicht als einzelner Gläubiger, sondern als Vertreter aller Gläubiger auf. Im übrigen bemerkt das Obergericht zutreffend, "dass jeder Gläubiger, der sich einmal zur Prozessführung über Ansprüche, auf deren Geltendmachung die Konkursverwaltung verzichtet hat, entschliesst, sich so viele Rechte abtreten lassen will, als möglich ist". Unter diesem Gesichtspunkt ist auch das zur Abtretung verwendete, nicht auf den Fall des Art. 756 Abs. 2 OR zugeschnittene Konkursformular Nr. 7 weit auszulegen. Sofern es also nach Art. 756 Abs. 2 OR zulässig gewesen sein sollte, dem Kläger ausser den Ansprüchen der Gesellschaft und seinen eigenen auch diejenigen der andern Gläubiger abzutreten, wird über den Wortlaut des Formulartextes hinaus eine so umfassende Abtretung als erfolgt zu betrachten sein. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen Verantwortlichkeitsansprüchen der Gesellschaft und solchen der einzelnen Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger BGE 86 III 154 S. 161 ( Art. 753 und 754 OR ) ist indessen auch im Konkurs der Gesellschaft zu beachten. Zwar steht es alsdann nach Art. 756 Abs. 1 OR zunächst der Konkursverwaltung zu, neben den Ansprüchen der Gesellschaft auch die auf Ersatz des dieser unmittelbar und ihnen mittelbar erwachsenen Schadens gehenden Ansprüche der Aktionäre und der Gesellschaftsgläubiger geltend zu machen. Diese auf einheitliche Geltendmachung gerichtete Ordnung erspart es den Aktionären und Gläubigern, neben der Konkursverwaltung als Kläger aufzutreten. In den meisten Fällen steht dem Anspruch der Gesellschaft übrigens keine besondere Einrede gegenüber; alsdann lässt sich mit der Klage für die Gesellschaft bereits die dieser geschuldete Leistung erwirken, die zugleich Erfüllung der ebenfalls auf Leistung an die Gesellschaft gehenden Ansprüche der Aktionäre und Gläubiger bedeutet. Die gleichzeitige Geltendmachung der dieselbe Leistung betreffenden Ansprüche dieser Einzelberechtigten geschieht also meistens vorsorglicherweise, für den Fall eben, dass dem Anspruch der Gesellschaft, nicht aber auch jenen andern Ansprüchen oder doch einzelnen von ihnen nicht besondere Einreden entgegenstehen. Indem das Gesetz dergestalt das Prozessführungsrecht für alle auf der Schädigung der Gesellschaft beruhenden Ansprüche zunächst der Konkursverwaltung zuerkennt, will es weder die materiell-rechtlichen Ansprüche der Einzelberechtigten auf die Konkursmasse übertragen noch den Inhalt der Ansprüche irgendwie verändern. Die Ansprüche der Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger auf Ersatz des in Frage stehenden mittelbaren Schadens bleiben auch im Konkurs der Gesellschaft neben deren Ansprüchen bestehen, obwohl sie sich dem Gegenstande nach mit diesen decken. Sie haben, wie dargetan, selbständige Bedeutung, wenn nur sie (oder nur einige von ihnen) begründet sind, nicht schon der primäre Anspruch der Gesellschaft selbst. Die Fassung des Art. 756 Abs. 2 OR , wonach beim Verzicht der Konkursverwaltung jeder Aktionär oder Gläubiger "die Abtretung des Anspruches" verlangen kann, ist BGE 86 III 154 S. 162 nun freilich nicht eindeutig. Da die materiellen Ansprüche der Einzelberechtigten nicht auf die Konkursmasse übergegangen waren, kann jene Vorschrift indessen im Zusammenhang mit Abs. 1 nur besagen, die Konkursverwaltung habe, wenn sie selbst nicht vorgehen wolle, "die Geltendmachung" dieser Ansprüche den Aktionären und Gläubigern auf Verlangen zu überlassen. Gegenstand der hier vorgesehenen "Abtretung" ist also lediglich das nach Abs. 1 zunächst der Konkursverwaltung vorbehaltene Klagerecht. Der französische und der italienische Gesetzestext bezeichnen denn auch als Gegenstand der Abtretung "l'action en responsabilité", "l'azione" (vgl. auch die Botschaft des Bundesrates vom 21. Februar 1928, BBl 1928 I 265/66 deutsch, 296/97 französisch zu Art. 751 des Entwurfs, wo die Konkurrenz des Klagerechts der Gesellschaft und des Aktionärs oder Gläubigers erläutert wird; CH.-A. HOTZ, La responsabilité civile des fondateurs de la société anonyme, thèse 1945, p. 212 und 217, wo hervorgehoben wird, dass es sich um eigene Verantwortlichkeitsansprüche der Aktionäre und Gläubiger handelt: "... prétention qui n'appartient pas à la masse, mais dont l'exercice seul lui est confié"; J. und E. HENGGELER, Die zivilrechtlichen Verantwortlichkeiten im Bankengesetz und im neuen schweizerischen Aktienrecht, S. 55, wo die Konkursverwaltung bei der ihr in Art. 756 Abs. 1 OR zugedachten einheitlichen Klageführung als "Zwangsvertreter dieser einzelnen Geschädigten" bezeichnet wird; K. FEHR, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Verwaltungsorgane im schweizerischen Aktienrecht, in den Schweizerischen Beiträgen zum 4. internationalen Kongress für Rechtsvergleichung 1954, S. 153: "Verzichtet die Konkursverwaltung in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Gläubiger auf die Verfolgung der Ersatzansprüche, so lebt das selbständige Klagerecht des Aktionärs wieder auf...", und S. 154/55 hinsichtlich der Gläubiger: "Verzichtet die Mehrheit auf die gemeinsame Prozessführung, so hat die Konkursverwaltung den Gläubigern, die es verlangen, BGE 86 III 154 S. 163 sowohl deren eigenen Anspruch auf Ersatz des mittelbaren Schadens als auch den Anspruch der Masse auf Deckung des ihr primär verursachten Verlustes abzutreten. Der Gläubiger ist dann in doppelter Form zur Prozessführung gegen die Verwaltung legitimiert: als Prozessführungsbevollmächtigter der Masse und aus eigenem Recht."). Der Ausdruck "Abtretung des Anspruchs" ist aus Art. 260 SchKG übernommen worden, wie sich aus der Botschaft (a.a.O.) ergibt (vgl. auch F. v. STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, S. 262/63). Während sich aber die Abtretung des Prozessführungsrechtes nach Art. 260 SchKG auf Ansprüche des Gemeinschuldners und der Konkursmasse bezieht, handelt es sich in Art. 756 Abs. 2 OR um das Prozessführungsrecht (Klagerecht) bezüglich der eigenen Ansprüche des betreffenden Aktionärs oder Gläubigers. Die Abtretung an einen Gläubiger umfasst das Recht zur Geltendmachung sowohl der Ansprüche der Masse (gemäss Art. 260 SchKG ) wie auch seiner eigenen Ansprüche (gemäss Art. 756 Abs. 2 OR ). Nach alldem kann die Konkursverwaltung zwar nach Art. 756 Abs. 1 OR - ausser den Verantwortlichkeitsansprüchen der konkursiten Gesellschaft - die wegen mittelbarer Schädigung auf dieselbe Leistung gerichteten Ansprüche aller einzelnen Aktionäre und Gläubiger geltend machen. Verzichtet sie (und die Masse) aber darauf, selber vorzugehen, so kommt nach Abs. 2 daselbst nur in Frage, jedem Aktionär, der es verlangt, seine eigenen Ansprüche und jedem Gläubiger ausser den Ansprüchen der Gesellschaft ebenfalls seine eigenen, nicht ausserdem Ansprüche anderer Gläubiger oder solche von Aktionären zur Geltendmachung zu überlassen. Diese einzelnen Ansprüche sind eben jedem Titular verblieben, der, wenn die Konkursverwaltung von dem ihr zunächst vorbehaltenen Klagerecht keinen Gebrauch macht, nun allein berechtigt sein muss, über seinen Anspruch zu verfügen. In diesem Sinn ist der Wortlaut des Art. 756 Abs. 2 OR klarzustellen. Dem entspricht nicht nur die Auslegung durch die erwähnten BGE 86 III 154 S. 164 Autoren; Art. 43 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934, der nach dem Willen des Gesetzgebers eine sachlich übereinstimmende Regelung enthält, lautet im französischen Text: "Dans la faillite, les droits des sociétaires et des créanciers sont exercés en premier lieu par l'administration de la masse. Si celle-ci y renonce, tout sociétaire ou créancier peut demander à exercer lui-même son droit..." Nichts Abweichendes folgt endlich aus dem anschliessenden Satze (des Art. 43 Abs. 3 BankG = Art. 756 Abs. 2 OR ), wonach das Ergebnis nach den Bestimmungen des SchKG zu verwenden ist. Damit wird zweifellos auf Art. 260 Abs. 2 SchKG angespielt, was übrigens für das Bankgesetz noch ausdrücklich in Art. 53 der zugehörigen Vollziehungsverordnung bestimmt worden ist. Dieser Hinweis rechtfertigt nicht etwa den Rückschluss, bei "Abtretung" bloss der eigenen Ansprüche an einen einzelnen Aktionär oder Gläubiger könne sich gar kein Überschuss für die Masse ergeben, somit setze die in Frage stehende Vorschrift voraus, dass einem einzelnen Aktionär oder Gläubiger auch die Ansprüche der übrigen Aktionäre und Gläubiger zur Geltendmachung zu überlassen seien. Vielmehr erklärt sich die Anwendung von Art. 260 Abs. 2 SchKG hinlänglich daraus, dass sich die Abtretung nach Art. 756 Abs. 2 OR ja mit einer solchen der Gesellschaftsansprüche nach Art. 260 Abs. 1 SchKG verbindet, und dass dann, wenn mehrere Gläubiger die Abtretung verlangen, allfälligen Konkursprivilegien Rechnung zu tragen ist. Hat somit die Abtretung nach Art. 756 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 260 Abs. 1 SchKG kein persönliches Klagerecht anderer Gläubiger oder Aktionäre umfasst, und steht dem Kläger persönlich wie auch der Gesellschaft und damit der Konkursmasse kein Verantwortlichkeitsanspruch zu, so ist die Klage zu Recht abgewiesen worden. Es stand im Belieben jedes einzelnen persönlich Berechtigten, die BGE 86 III 154 S. 165 Abtretung (Überlassung) seines Klagerechtes nach der erwähnten Vorschrift zu verlangen und sich dem Kläger als Streitgenosse anzuschliessen oder aber von der Geltendmachung seines persönlichen Anspruches abzusehen, sei es auch nur, um den Beklagten zu schonen. Ob ein anderer Gläubiger oder Aktionär seinen Anspruch hätte dem Kläger nach Zivilrecht abtreten und mit ihm eine bestimmte Verteilung des Ergebnisses vereinbaren können, ist hier nicht zu prüfen. Der Kläger stützt sich einzig auf eine Abtretung seitens der Konkursorgane, die ihm die Klagerechte anderer Gläubiger oder Aktionäre nicht verschaffen konnte. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. März 1960 bestätigt.
null
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1,960
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CH_BGE_005
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d8fefdcf-55dc-4ee7-8841-5aab56bbeb80
Urteilskopf 95 II 407 57. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Juni 1969 i.S. Erben Ragettli gegen Mühlemann.
Regeste Unverbindlichkeit eines Kaufvertrages, wenn die Baubewilligung für ein unerschlossenes, als Bauland veräussertes Grundstück abgelehnt wurde? (Erw. 1) Bei Berufung auf Grundlagenirrtum erübrigt es sich zu prüfen, ob die Veräusserung als Bauland eine Zusicherung ist (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 407 BGE 95 II 407 S. 407 A.- Engalina Ragettli-Jost veräusserte am 3. Juli 1962 dem Alfred Mühlemann das Grundstück Nr. 322, Plan Nr. 2, in Flims-Vitgé von ca. 1000 m2 als Bauland zum Preis von Fr. 40.-/ BGE 95 II 407 S. 408 m2. Vor Abschluss des Kaufvertrages hatte der Ehemann der Verkäuferin den Gemeinderat Flims ersucht, die Zuleitung von Wasser auf das zu überbauende Grundstück zu bewilligen. Der Gemeinderat nahm zu diesem Gesuch in seiner Sitzung vom 26. Juni 1962, somit vor Abschluss des Kaufvertrages, wie folgt Stellung: "Der Rat ist grundsätzlich mit der Wasserabgabe in Vitgé einverstanden. Bevor jedoch der Anschluss getätigt werden darf, sind dem Rat die Baupläne einzureichen, damit die Dimensionen berechnet werden können." Am 13. Juli 1962 reichte Mühlemann ein Baugesuch ein, welches vom Gemeinderat Flims mit der Begründung abgewiesen wurde, der geplante Bau sei zu gross und passe nicht in das Gelände. Im Herbst 1963 oder anfangs 1964 reichte Mühlemann ein neues Baugesuch ein. Dieses wurde am 11./18. Februar 1964 vom Gemeinderat Flims und auf Rekurs Mühlemanns am 29. März/20. April 1966 vom Kleinen Rat des Kantons Graubünden abgelehnt, weil die Zufahrt zum fraglichen Grundstück unzureichend sei. Mühlemann stellte sich mit Rücksicht auf diesen Ausgang des Baubewilligungsverfahrens auf den Standpunkt, dass das erworbene Grundstück nicht überbaut werden könne. Am 26. Mai 1966 teilte er den Erben der inzwischen verstorbenen Verkäuferin mit, er betrachte den Vertrag wegen Grundlagenirrtums als unverbindlich, und verlangte die Rückerstattung des Kaufpreises. Die Erben der Verkäuferin lehnten am 10. Juli 1966 dieses Ansinnen ab. B.- Mühlemann reichte beim Bezirksgericht Imboden gegen die Erben der Verkäuferin Klage ein. Er beantragte, die Unverbindlichkeit des Kaufvertrages festzustellen, die Beklagten zur Rückerstattung des Kaufpreises von Fr. 40 000.-- nebst 5% Zins seit 26. Mai 1966 zu verpflichten und das Grundbuchamt Flims anzuweisen, die Beklagten als Eigentümer der streitigen Parzelle einzutragen. Das Bezirksgericht Imboden hiess am 27. Februar 1968 die Klage gut. Das Kantonsgericht Graubünden bestätigte am 20. Januar 1969 den erstinstanzlichen Entscheid. C.- Die Beklagten beantragen mit der Berufung, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventuell BGE 95 II 407 S. 409 die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuem Entscheid an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Kantonsgericht erklärte den angefochtenen Kaufvertrag als unverbindlich, weil die streitige Parzelle als Bauland veräussert und die infolgedessen von beiden Parteien vorausgesetzte Erteilung der Baubewilligung von den Behörden abgelehnt worden sei. Die Beklagten rügen diese Auffassung als Verstoss gegen Bundesrecht. Der Kläger darf sich auf Grundlagenirrtum berufen, wenn die Überbaubarkeit der erworbenen Parzelle für ihn eine notwendige Voraussetzung des Vertrages bildete und nach den Regeln von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als solche betrachtet werden durfte ( BGE 87 II 138 mit Hinweisen, BGE 91 II 278 ). Dieser Rechtsbehelf steht ihm auch zu, wenn das Grundstück nach Vertragsabschluss aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht überbaut werden konnte. Das ergibt sich daraus, dass sich der Grundlagenirrtum auch auf einen künftigen Sachverhalt beziehen kann, dessen Verwirklichung beide Parteien als sicher angesehen haben, der dann aber tatsächlich nicht eintritt, wie z.B. die Erteilung des Wirtschaftspatentes an den Käufer einer Wirtschaftsliegenschaft ( BGE 55 II 188 Erw. 5, BGE 53 II 154 f.). a) Die Vorinstanz stellt nicht ausdrücklich fest, dass der Kläger die Überbaubarkeit der Parzelle als unerlässliche Grundlage des Vertrages betrachtet habe. Diese Auffassung liegt aber dem angefochtenen Urteil unzweifelhaft zu Grunde. Das folgt aus der verbindlichen Feststellung, dass der Kläger für ein landwirtschaftliches Grundstück nicht Fr. 40.-/m2 bezahlt hätte; ferner daraus, dass auch die Verkäuferin mit der Erteilung der Baubewilligung gerechnet habe. Angesichts des vereinbarten Preises bildete die Überbaubarkeit der Parzelle auch von objektiven Gesichtspunkten aus betrachtet, nach den Regeln von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr, eine unerlässliche Voraussetzung des abgeschlossenen Vertrages (vgl. BGE 91 II 278 Erw. 2 a/b). b) Zu prüfen ist, was die Vertragschliessenden unter "Bauland" verstanden haben. BGE 95 II 407 S. 410 Das angefochtene Urteil stellt nicht fest und der Kläger behauptet auch nicht, dass die streitige Parzelle zu irgend einem Zeitpunkt sich in einer Bauverbotszone befand (wie dies in Sachen Hossle gegen Schenker, BGE 91 II 275 ff., und Costa gegen Fracke, unveröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Februar 1967, der Fall war) oder wegen der Bodenbeschaffenheit für eine Überbauung nicht taugte (vgl. BGE 87 II 137 ff., wo Grundlagenirrtum wegen fehlender Tragfähigkeit des veräusserten Grundstückes angenommen wurde). Die Parzelle durfte somit grundsätzlich überbaut werden. Die Parzelle war aber beim Vertragsabschluss mangels Kanalisation, Wasserzuleitung und hinreichender Zufahrt nicht erschlossen, somit nicht Bauland im engeren Sinne. Das wusste der Kläger beim Vertragsabschluss. Es wurde ihm somit nicht baureifes Land versprochen. Trotzdem hat der Gemeinderat von Flims das erste Baugesuch nicht vorbehaltlos abgelehnt, sondern bloss deshalb zurückgewiesen, weil der geplante Bau zu gross sei und nicht ins Gelände passe. Es ist daher anzunehmen, dass er die Bewilligung für ein abgeändertes Projekt erteilt hätte und dass somit im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die streitige Parzelle überbaut werden konnte. Richtig ist, dass das zweite Baugesuch aus einem anderen Grunde, d.h. wegen der ungenügenden Zufahrt zum Grundstück abgelehnt wurde. Ob dieser Entscheid auf die infolge der baulichen Entwicklung in Flims notwendig gewordene Verschärfung der Baubewilligungspraxis zurückzuführen ist, kann dahingestellt bleiben. Zwar erklärte sich der Gemeinderat von Flims vor Vertragsbschluss mit der Wasserzuleitung grundsätzlich einverstanden und äusserte die Bereitschaft, das Projekt zur Überprüfung der Ausmasse entgegenzunehmen. Damit sicherte er aber nicht verbindlich zu, er werde im Baubewilligungsverfahren auf die baupolizeilichen Anforderungen verzichten und die Überbauung einer unerschlossenen Parzelle gestatten. Nichts hätte ihn daran gehindert, bereits das erste Baugesuch wegen der ungenügenden Zufahrt abzulehnen. Die irrtümliche Annahme des Klägers, er werde die Baubewilligung ohne weiteres erhalten, obwohl das Grundstück nur über einen Feldweg erreichbar war, betraf keinen Sachverhalt, der nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als wesentliche Grundlage des Vertrages angesehen werden konnte. Vielmehr handelte es sich um eine falsche Vorstellung über die Rechtsfolgen der baupolizeilichen BGE 95 II 407 S. 411 Vorschriften, die vom Parteiwillen unabhängig sind und - wie die Beweggründe des Vertragsschlusses - ausserhalb des streitigen Rechtsgeschäftes stehen. Der Irrtum über die Rechtslage ist somit nicht wesentlich, weshalb die Anfechtung des Vertrages ausgeschlossen ist. Wollte der Kläger unter den gegebenen Umständen den Bestand oder Nichtbestand des Vertrages vom Ausgang des Baubewilligungsverfahrens abhängig machen, so hatte er bei der Beurkundung eine entsprechende Bedingung in den Vertrag aufnehmen zu lassen (vgl. BGE 79 II 275 Erw. 5 lit. b). Zudem hat der Kläger nicht dargetan, dass die technischen Voraussetzungen für einen genügenden Weg fehlten und daher die Überbauung der Parzelle nicht möglich gewesen wäre. 2. Das Kantonsgericht erklärt, die Verkäuferin habe die Parzelle als Bauland veräussert und damit eine unbefristete Zusicherung hinsichtlich ihrer Überbaubarkeit abgegeben. Der Kläger stellt keine Gewährleistungsansprüche (Wandelung oder Preisminderung). Daher kann offen bleiben, ob eine Zusicherung im Sinne von Art. 197 OR vorliegt (vgl. BGE 91 II 277 /78 Erw. 1). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung der Beklagten wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 20. Januar 1969 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
public_law
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1,969
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Urteilskopf 118 II 514 97. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1992 i.S. S. gegen H. und S. (Berufung)
Regeste Abtretung eines Erbanteils ( Art. 635 Abs. 1 ZGB ); anwendbares Recht. Grundsätzlich ist für die Gesamtheit des Nachlasses an das Erbstatut anzuknüpfen. Daraus folgt, dass die Erbteilung und damit auch die Abtretung eines Erbanteils sich nach dem Erbstatut zu richten haben. Das gilt auch für die Form des Abtretungsvertrages. Diese bestimmt sich daher nach dem Recht, das die Erbfolge als solche beherrscht, und nicht nach dem Recht des Abschlussortes des Vertrages.
Sachverhalt ab Seite 514 BGE 118 II 514 S. 514 A.- Die am 25. Juli 1982 verstorbene Maria F. hinterliess als gesetzliche Erben vier Geschwister, nämlich Josef S., geb. 1898, BGE 118 II 514 S. 515 Ludovika S., geb. 1906, Adele H., geb. 1907, und Robert S. sen., geb. 1909. Der Letztgenannte teilte seinen drei Geschwistern in einem Schreiben vom 3. August 1982 mit, dass er zu ihren Gunsten auf seinen Anteil an der Erbschaft von Maria F. verzichte. Nachdem auch Josef S. am 31. Januar 1985 gestorben war, widerrief Robert S. am 12. Mai 1985 seine Verzichterklärung mit der Begründung, die Verhältnisse hätten sich grundlegend verändert. An diesem Widerruf hielt er in der Folge fest und machte geltend, er sei seinerzeit unter Ausnützung seines schlechten Gesundheitszustandes zur Unterzeichnung der Verzichterklärung gedrängt worden. Die Erben von Maria F. schlossen am 5. November 1985 im Hinblick auf den Ehe- und Erbvertrag zwischen der Erblasserin und ihrem am 29. Juli 1970 verstorbenen Ehemann mit den Erben F. eine Vereinbarung, wonach diesen ein Betrag von Fr. 53'264.25 ausgerichtet wurde. B.- Am 28. Juli 1986 verstarb auch Robert S. sen. und hinterliess als einzigen Erben Robert S. jun., der nun seinerseits Anspruch auf den Anteil seines Vaters an der Erbschaft von Maria F. erhob. Das Erbteilungsamt bezeichnete im Teilungsvertrag vom 6. Februar 1987 den Erbverzicht von Robert S. sen. als gültig und liess Robert S. jun. als Miterben ausser Betracht. Es verteilte demgemäss den Nachlass von Maria F. auf ihre beiden noch lebenden Schwestern. Robert S. jun. erhob daraufhin am 25. März 1988 Klage gemäss Art. 598 Abs. 1 ZGB , der sich Ludovika S. und Adele H. widersetzten. Mit Urteil vom 11. Juli 1990 hiess das Kantonsgericht die Klage gut und verpflichtete die beiden Beklagten, dem Kläger je Fr. 16'980.85 nebst Zins zu 5% seit 4. September 1987 zu bezahlen, unter Abzug allenfalls neu anfallender Erbschaftssteuern. Dieses Urteil zogen die Beklagten an das Obergericht weiter, welches die Berufung am 14. Januar 1992 guthiess und die Klage abwies. C.- Der Kläger legt beim Bundesgericht Berufung ein mit dem Begehren, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und in Bestätigung des Urteils des Kantonsgerichts seien die Beklagten zu verpflichten, ihm je Fr. 16'980.85 nebst Zins zu 5% seit 4. September 1987 zu bezahlen, unter Abzug allenfalls neu anfallender Erbschaftssteuern. Die Beklagten und das Obergericht beantragen die Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil. BGE 118 II 514 S. 516 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Nach Art. 196 Abs. 1 IPRG (SR 291), welche Vorschrift gemäss Art. 198 IPRG die Frage des anwendbaren Rechts vorliegend regelt (vgl. BGE 118 II 471 ff.; F. KNÖPFLER/PH. SCHWEIZER, Précis de droit international privé suisse, Bern 1990, S. 243 N 791), beurteilen sich die rechtlichen Wirkungen von Sachverhalten oder Rechtsvorgängen, die vor Inkrafttreten des IPRG entstanden und abgeschlossen sind, nach bisherigem Recht. Die im Erbgang der Maria F. erfolgte Verzichterklärung wie auch deren Widerruf ergingen vor Erlass des IPRG. Da die Auswirkungen dieses Erbverzichts an und für sich von dauerhafter Natur sind, kann nicht von einem abgeschlossenen Rechtsvorgang ausgegangen werden. Hingegen ist für die Frage nach der Formgültigkeit dieses Verzichts der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und damit der 3. August 1982 massgebend. Ob in dieser Hinsicht deutsches oder schweizerisches Recht anzuwenden sei, beurteilt sich demzufolge nach den damals geltenden Vorschriften des NAG sowie der unter der Herrschaft dieses Gesetzes geltenden Rechtsgrundsätze. b) Dass gemäss dem Grundsatz der Nichtrückwirkung die Bestimmungen des IPRG nicht zur Anwendung gelangen, ist denn auch nicht umstritten. Streitig ist nur, ob - wie dies der Kläger will - hinsichtlich der Form der Verzichterklärung resp. des Abtretungsvertrags vom 3. August 1982 in analoger Anwendung von Art. 124 Abs. 3 IPRG auf das deutsche Recht abgestellt werden muss, weil der Vater des Klägers jene Erklärung an seinem Wohnsitz in Deutschland abgegeben und unterzeichnet hat, oder ob diese Frage der Form der Abtretung sich nach dem Erbstatut und somit unbestrittenermassen nach schweizerischem Recht ( Art. 2 Abs. 1 und Art. 22 NAG ) bestimmt, wie das Obergericht meint. c) Die Frage, nach welchem Recht sich die Gültigkeit eines Vertrags über die Abtretung von Erbanteilen gemäss Art. 635 Abs. 1 ZGB beurteilt, beantwortete das NAG nicht. Lediglich bezüglich der Form von letztwilligen Verfügungen, Erbverträgen oder Schenkungen auf den Todesfall enthielt Art. 24 NAG drei Anknüpfungsmöglichkeiten, nämlich entweder das Recht des Errichtungsortes oder dasjenige des Wohnsitzes zur Zeit der Errichtung des Aktes oder aber das Recht der Heimat des Erblassers. Daraus lässt sich für den vorliegenden Fall nichts unmittelbar herleiten. Das Obergericht hat sich nun aber auf BGE 99 II 21 ff. berufen, wo festgehalten wird, dass die Abtretung eines angefallenen Erbanteils an einen Miterben dem BGE 118 II 514 S. 517 Erbstatut unterstehe. Das bedeutet, dass auf solche Verträge dasjenige Recht anzuwenden ist, das die gesamte Erbfolge beherrscht. Nur das Erbstatut könne darüber befinden - wie das Bundesgericht in BGE 99 II 24 E. 3a ausführte -, ob die Zession eines Erbteils zulässig sei und welche Rechte sie dem Erwerber am Nachlass verschaffe. Offen liess das Bundesgericht allerdings die Frage, ob für die Form eines Abtretungsvertrags allenfalls das Recht des Abschlussortes massgebend sei ( BGE 99 II 27 E. e). Wäre dies der Fall, so erwiese sich die Abtretung des Erbanteils, die nur in einfacher Schriftform erfolgt ist, nach deutschem Recht als ungültig. Denn § 2033 BGB schreibt als Gültigkeitserfordernis die notarielle Beurkundung vor, währenddem Art. 635 Abs. 1 ZGB - wie bereits erwähnt - lediglich einfache Schriftlichkeit verlangt, wobei die Unterschrift des Abtretenden hier genügt, nachdem der Nachlass ausreichend Aktiven enthält ( BGE 101 II 230 E. c). d) Das Obergericht lehnte die Auffassung des Kantonsgerichts, wonach deutsches Recht anwendbar sei, weil die vertragstypische Leistung am Wohnsitz des Abtretenden erbracht worden sei, mit der Begründung ab, dass die typisch mögliche Leistung des Vertrags nicht der einzige Anknüpfungspunkt für die Rechtsanwendung sei. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unterstehe die Abtretung eines angefallenen Erbanteils an einen Miterben dem Erbstatut, und auch nach schweizerischem internationalen Privatrecht seien solche Verträge nach erbrechtlichen Gesichtspunkten anzuknüpfen. Auf die Abtretung eines Erbanteils sei daher dasjenige Recht anzuwenden, das die Erbfolge als solche beherrsche. Wohne nun ein Erbe, der seinen Erbanteil an seine Miterben abtrete, nicht in dem Land, in welchem sich der Erbgang abwickle, könne dieser Vertrag nicht isoliert betrachtet werden, sondern es erscheine die räumliche Verknüpfung des Rechtsverhältnisses mit dem Recht am Orte des Erbganges als naheliegend. Das Obergericht verneint demzufolge die in BGE 99 II 27 noch offen gelassene Frage, ob sich der Erbe, der seinen Erbanteil abtritt, hinsichtlich der Form des Rechtsgeschäfts auf das Recht des Abschlussortes berufen könne. Unter die "Eröffnung der Erbschaft" im Sinne von Art. 23 NAG , die stets für die Gesamtheit des Vermögens am letzten Wohnsitz des Erblassers erfolge, falle die Gesamtheit der Massnahmen, die der Sicherung des Nachlasses und dem Vollzug der Erbfolge dienten ( BGE 81 II 326 ). Zu den Vorschriften über den Erbgang zählten auch diejenigen über die Teilung, wozu auch Art. 635 Abs. 1 ZGB über Verträge unter den Miterben über die Abtretung von Erbanteilen gehöre. Schweizerisches Recht BGE 118 II 514 S. 518 sei somit nicht nur für die Frage, ob eine Abtretung zulässig sei und welche Rechte am Nachlass sie dem Erwerber verschaffe, sondern auch für die Form des Abtretungsvertrags massgebend. e) Das Obergericht beruft sich für seine Auffassung auf die von ihm zitierte Lehre. Die angeführten Literaturstellen befassen sich jedoch lediglich mit dem sogenannten Eröffnungsstatut. VISCHER (Internationales Privatrecht, in Schweizerisches Privatrecht, Bd. I, S. 642) weist darauf hin, dass neben dem allgemeinen Erbstatut das sogenannte Eröffnungsstatut stehe, das sich immer am letzten Wohnsitz des Erblassers befinde ( Art. 23 NAG ). Bei der Eröffnung eines Erbganges geht es indessen in erster Linie um die Sicherung und Feststellung der Erbmasse, darüber hinaus aber auch um die Gesamtheit der Massregeln, welche die Sicherung des Erbganges und den Vollzug der Erbfolge zum Zwecke haben, d.h. um die gesamte formelle Nachlassbehandlung, somit um all das, was das ZGB unter Erbgang versteht (VISCHER, a.a.O., S. 643; ANLIKER, Die erbrechtlichen Verhältnisse der Schweizer im Ausland und der Ausländer in der Schweiz, Aarau 1933, S. 226; BGE 81 II 326 ). Im vorliegenden Fall geht es nun aber nicht um die Eröffnung eines Erbganges. Das Obergericht geht deshalb etwas weit, wenn es mit seiner Berufung auf das Eröffnungsstatut dartun will, dass diese Anknüpfung auch die Form eines Abtretungsvertrags erfasse. Art. 635 Abs. 1 ZGB betrifft nicht mehr die Eröffnung einer Erbschaft und berührt auch nicht die Stellung der Erben vor der Teilung (vgl. VISCHER, a.a.O., S. 643 E. 2), sondern ist Teil der Vorschriften über den Abschluss und die Wirkungen der Teilung. Indessen ist zu beachten, dass nach einhelliger Lehre grundsätzlich für die Gesamtheit des Nachlasses einheitlich an das Erbstatut angeknüpft werden soll (VISCHER, a.a.O., S. 639; SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, Bd. II, 4. Aufl., S. 547). Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass jede Erbschaft eine ideelle und systematische Einheit darstellt (VISCHER, a.a.O., S. 639 unten) und dass innerhalb dieses einheitlichen Systems die einzelnen Massnahmen, Verfügungen und Verträge materiell und mit Bezug auf die Form den Regeln des massgebenden Erbstatuts unterstellt sein sollen, weshalb allgemein - nicht nur bezüglich Zulässigkeit und Wirkungen - an dieses anzuknüpfen sei. Wenn demnach die Erbteilung und insbesondere die Zulässigkeit und Wirkung der Abtretung eines Erbanteils nach dem Erbstatut zu beurteilen sind (SCHNITZER, a.a.O., S. 547/548; ANLIKER, a.a.O., S. 234), ist (entgegen der nicht näher begründeten Auffassung von ANLIKER, a.a.O.) nicht einzusehen, BGE 118 II 514 S. 519 weshalb die Form des Teilungsvertrages und damit auch des Abtretungsvertrages nach Art. 635 ZGB , der ja als partielle Teilung verstanden wird, nicht ebenfalls an das Erbstatut anzuknüpfen, sondern nach dem Recht des Errichtungsortes zu bestimmen sei. Anders als bei handelsrechtlichen Verträgen entsteht der den Gegenstand des Abtretungsvertrages gemäss Art. 635 Abs. 1 ZGB bildende Erbanspruch am letzten Wohnsitz des Erblassers. Es ist weder praktisch noch sinnvoll, zwar internationalprivatrechtlich die Zulässigkeit einer solchen Abtretung dem Recht an diesem Ort zu unterstellen, dann aber die Form dieser Zession an das allgemeine Vertragsstatut anzuknüpfen. Es drängt sich vielmehr auf, dem Zweck und praktischen Erfordernissen entsprechend auch die Form der Erbabtretung dem Erbstatut zu unterstellen. Damit ist im Ergebnis der Auffassung des Obergerichts zu folgen. 4. Dieser Betrachtungsweise hält der Kläger indessen entgegen, der partielle Teilungsvertrag sei ein obligationenrechtlicher Vertrag nach Art. 181 OR . Die Form eines solchen Vertrags unterstehe dem Recht des Abschlussortes, weshalb sinngemäss Art. 124 Abs. 3 IPRG anzuwenden und diese Bestimmung insbesondere deshalb bedeutsam sei, weil die (im vorliegenden Fall deutschen) Formvorschriften ihren Zweck im Schutze der Parteien hätten. Sinn der deutschen Vorschrift der notariellen Beurkundung sei offensichtlich die Vermeidung voreiliger (unentgeltlicher) Veräusserungen von Erbanteilen an Miterben. Es trifft zu, dass im Vertrag über die Abtretung angefallener Erbanteile schuldrechtliche Elemente enthalten sind (ESCHER, N 3 und 6, Vorbem. zu Art. 635 ZGB ; TUOR/PICENONI, N 1 und 6 zu Art. 635 ZGB ); jedoch überwiegt der erbrechtliche Charakter, vor allem, soweit Erben Anteile an Miterben abtreten. Es werden nicht einzelne Gegenstände veräussert, sondern im Grunde das subjektive Erbrecht des Abtretenden als solches im Umfange des anfallenden (ideellen) Teils (vgl. ESCHER, N 3 und 14 zu Art. 635 ZGB ; TUOR/PICENONI, N 13, 16 und 20 zu Art. 635 ZGB ), und die Abtretung erfolgt im Rahmen des Abschlusses eines Erbganges. Das spricht für die Anknüpfung an das Erbstatut insgesamt. Internationalprivatrechtlich fällt zudem ins Gewicht, dass im Gegensatz zu anderen obligationenrechtlichen Verträgen eine Rechtswahl ausgeschlossen ist (vgl. Art. 116 IPRG ; VISCHER/VON PLANTA, Internationales Privatrecht, S. 189), nachdem Zulässigkeit und Wirkung eines Abtretungsvertrags im Sinne von Art. 635 Abs. 1 ZGB nach dem hier massgebenden alten - wie neuen - Recht an das Erbstatut anknüpfen. Nach BGE 118 II 514 S. 520 Art. 124 Abs. 1 IPRG , welche Bestimmung der Kläger sinngemäss angewendet wissen will, ist bezüglich der Form des Vertrags erstes Anknüpfungskriterium das auf den Vertrag insgesamt anwendbare Recht. Gemäss Art. 124 Abs. 3 IPRG richtet sich die Formgültigkeit unter der Voraussetzung ausschliesslich nach dem auf den Vertrag anwendbaren Recht, dass dieses die Beachtung einer Form zum Schutze einer Partei vorschreibt. Diese Bestimmung steht, wäre sie hier überhaupt anzuwenden, in Übereinstimmung mit schweizerischem materiellem Recht; denn auch Art. 635 Abs. 1 ZGB sieht nicht nur aus Beweisgründen, sondern ebenfalls zum Schutze der Vertragsparteien eine bestimmte Form, wenn auch nur die einfache Schriftlichkeit, als Gültigkeitserfordernis vor. Dass Art. 124 Abs. 3 IPRG stets jenes Recht, das die strengere Formvorschrift enthält, als anwendbar erklären will, ergibt sich allein aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht und wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
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d90c0bec-f736-4d59-8df6-f571c5dfb895
Urteilskopf 120 Ia 184 27. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. August 1994 i.S. M. B. gegen Obergerichtskommission des Kantons Obwalden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Anspruch auf einen unbefangenen Richter; Disziplinarverfahren ( Art. 4 BV , Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ). Tragweite der Garantie des verfassungsmässigen Richters nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 2b). Die Regelung des Kantons Obwalden, wonach die Obergerichtskommission als Aufsichtsbehörde über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen die Tätigkeit eines Betreibungsbeamten überprüft, als Ermächtigungsbehörde über die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn entscheidet und anschliessend über die Anordnung eines Disziplinarverfahrens gegen ihn befindet, verletzt den Anspruch auf einen unbefangenen Richter nicht (E. 2c-e). Ist Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch auf ein Disziplinarverfahren anwendbar? (E. 2f).
Sachverhalt ab Seite 185 BGE 120 Ia 184 S. 185 A.- M. B. pfändete in seiner Eigenschaft als Betreibungsbeamter der Gemeinde X am 14. Februar 1991 unter anderm das Postscheckkonto, das auf den Namen des Ehemannes der Betreibungsschuldnerin lautete. Er teilte dem Kontoinhaber die Pfändung mit und hielt fest, dass diese aufgehoben werde, sobald seine Ehefrau bekannt gebe, ob und wo sie jetzt arbeite. B.- Die Obergerichtskommission des Kantons Obwalden hiess einerseits die vom Inhaber des Postscheckkontos gegen die Pfändung erhobene Beschwerde gut und beschloss andererseits auf dessen Klage hin, gegen M. B. ein BGE 120 Ia 184 S. 186 Strafverfahren zu eröffnen; beide Entscheide erfolgten unter Mitwirkung von Präsident A. K., den Oberrichtern B. L. und C. M. sowie Gerichtsschreiber D. N. C.- Im Anschluss an die rechtskräftige Verurteilung wegen Versuchs der Nötigung durch die Strafkommission beschloss die Obergerichtskommission am 25. März 1993 gegen M. B. aufgrund des gleichen Sachverhaltes ein Disziplinarverfahren zu eröffnen. An diesem Entscheid wirkten Präsident A. K., die Oberrichter E. O. und F. P. sowie Gerichtsschreiber D. N. mit. M. B. rügte die Verletzung von Ausstandspflichten und verlangte die Aufhebung des Disziplinareinleitungsbeschlusses; ob gegen ihn ein Disziplinarverfahren zu eröffnen sei, müsse unter Ausschluss des Präsidenten A. K., der Oberrichter B. L., C. M., F. P. und G. Z. sowie der Gerichtsschreiber D. N. und H. O. neu beurteilt werden. Die Obergerichtskommission wies das Begehren von M. B. am 14. September 1993 ab und gab ihm gleichzeitig Gelegenheit, zum Disziplinarverfahren in materiellrechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. D.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 29. September 1993 beantragt M. B. dem Bundesgericht, den Entscheid der Obergerichtskommission des Kantons Obwalden vom 14. September 1993 aufzuheben. Die Obergerichtskommission des Kantons Obwalden verzichtet auf eine Stellungnahme. Mit Präsidialentscheid vom 29. Oktober 1993 ist der staatsrechtlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung gewährt worden. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab. Erwägungen Aus folgenden Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer rügt einen Verstoss gegen Art. 4 BV , Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Seiner Ansicht nach waren die Mitglieder der Obergerichtskommission, die bereits die Beschwerde gegen die Pfändung gutgeheissen, die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen ihn beschlossen hatten und auf die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nicht eingetreten waren, beim Entscheid, nunmehr ein Disziplinarverfahren gegen ihn zu eröffnen, in unzulässiger Weise vorbefasst. a) Art. 58 Abs. 1 BV gewährleistet unter anderm die Beurteilung einer Streitsache durch ein unparteiisches und unabhängiges Gericht. Entscheidet nicht eine gerichtliche, sondern eine verwaltungsbehördliche Rechtspflegeinstanz, so ergibt sich aus Art. 4 BV ein gleichartiger BGE 120 Ia 184 S. 187 Anspruch ( BGE 117 Ia 408 E. 2a S. 410; BGE 114 Ia 278 E. 3a S. 279). Ob es sich bei der Obergerichtskommission in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkurswesen (Art. 69 Abs. 1 GOG) um eine Verwaltungsinstanz handelt und daher Art. 4 BV und nicht Art. 58 BV anwendbar ist, kann vorliegend offenbleiben, da Art. 4 BV hier nicht über Art. 58 BV hinausgeht und die Rüge der unzulässigen Vorbefassung, wie nachfolgend darzulegen ist, ohnehin fehlgeht. b) Das Bundesgericht hat die Tragweite der Garantie des verfassungsmässigen Richters nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK mehrfach näher umschrieben. Demnach hat der einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirkung sachfremder Umstände entschieden wird. Liegen bei objektiver Betrachtung Gegebenheiten vor, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, so ist die Garantie verletzt. Eine gewisse Besorgnis der Voreingenommenheit kann bei den Parteien immer dann entstehen, wenn der Richter sich bereits in einem frühern Zeitpunkt mit der Angelegenheit befasste ( BGE 119 Ia 221 E. 3 S. 226 mit Hinweisen). Entscheidend ist, ob er dabei eine ähnliche oder qualitativ gleiche Frage geprüft hat. Zulässig ist die Vorbefassung, wenn die konkret zu entscheidenden Rechtsfragen gleichwohl als offen erscheinen und nicht der Anschein der Vorbestimmtheit erweckt wird ( BGE 117 Ia 157 E. 2a S. 160; weitere Hinweise zum Recht auf einen verfassungsmässigen Richter bei: SPÜHLER, Die Praxis der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1994, S. 170 ff. sowie HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 135 ff.). c) Soweit der Beschwerdeführer bereits in der kantonalen Zuständigkeitsregelung eine Gefahr der Voreingenommenheit erblickt, ist er auf die Pflicht der Kantone hinzuweisen, eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen, welche die Geschäftsführung der Betreibungs- und Konkursämter zu überwachen, ihre Beamten oder Angestellten gegebenenfalls mit einer Ordnungsstrafe zu belegen und zugleich die gegen ihre Verfügungen gerichteten Beschwerden zu behandeln hat ( Art. 13, Art. 14 und Art. 17 SchKG ; vergleiche auch: AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5.A. Bern 1993, S. 38 N. 29 sowie FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, 3.A. Zürich 1984, S. 51/52 und S. 54); dass die genannten Aufgaben von der selben Instanz wahrzunehmen sind, geht somit auf eine bundesrechtliche BGE 120 Ia 184 S. 188 Anordnung zurück, an welche das Bundesgericht gebunden ist ( Art. 113 Abs. 3 BV ). d) Im Kanton Obwalden amtet die Obergerichtskommission nicht nur als Aufsichtsbehörde über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen (Art. 69 Abs. 1 GOG). Sie entscheidet als Ermächtigungsbehörde auch über die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Beamte und Behördenmitglieder wegen strafbarer Handlungen, die ihre Amtsführung betreffen (Art. 53 Abs. 4 GOG). Als Beschwerdeinstanz behandelt die Obergerichtskommission Fragen aus dem Schuldbetreibungs- und Konkursrecht und damit eine völlig andere Domäne denn als Ermächtigungsbehörde in Strafsachen; insoweit erweckt die Kompetenzordnung keine Bedenken. e) Zu prüfen ist allerdings, ob die gleiche Behörde nicht nur über die Eröffnung eines Strafverfahrens, sondern ebenso über die Anordnung von Disziplinarmassnahmen gegen die selbe Amtsperson befinden darf. Die Obergerichtskommission weist im angefochtenen Entscheid auf die kantonale Praxis hin, wonach die Eröffnung eines Strafverfahrens nur bei offensichtlicher Grundlosigkeit verweigert werden darf. Der Beschwerdeführer stellt weder diese Rechtsprechung in Frage, noch bestreitet er, dass Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten seinerseits vorgelegen hatten. Auf die von ihm gegen den Einleitungsbeschluss erhobene Nichtigkeitsklage ist die Obergerichtskommission aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht eingetreten; zum strafrechtlichen Vorwurf hat sie somit in keiner nur einigermassen einlässlichen Weise Stellung genommen. Die anschliessende Strafuntersuchung wurde vom Verhöramt geführt und die Verurteilung erfolgte durch die Strafkommission. Dass diese beiden Instanzen ihre Verantwortung in völliger Unabhängigkeit von der Obergerichtskommission wahrnehmen (Art. 44 ff. GOG), wird vom Beschwerdeführer denn auch nicht in Zweifel gezogen. In dem ihn betreffenden Urteil vom 9. Juli 1992 hat das Bundesgericht den Beschwerdeführer zudem bereits darauf hingewiesen, dass weder durch die Eröffnung eines Strafverfahrens noch durch die Überweisung einer Strafsache an das zuständige Gericht einer Beurteilung der Schuldfrage vorgegriffen wird ( BGE 115 Ia 311 E. 2c S. 315). Während die Obergerichtskommission als Ermächtigungsbehörde ausschliesslich prüfte, ob ein hinreichender Verdacht für ein strafbares Verhalten des Beschwerdeführers vorlag, hatte sie beim Beschluss, nach seiner rechtskräftigen Verurteilung über ihn ein Disziplinarverfahren zu eröffnen, BGE 120 Ia 184 S. 189 einzig den ordentlichen Geschäftsgang des Betreibungsamtes und die Pflichterfüllung des Amtsträgers im Auge (zum Zweck des Disziplinarverfahrens grundsätzlich: BELLWALD, Die disziplinarische Verantwortlichkeit der Beamten, Diss. Bern 1985, S. 22 ff. sowie HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. A. Zürich 1993, N. 961). Die Entscheidfindung ergeht somit auf einer jeweils völlig andern Grundlage und richtet sich nach den für den betreffenden Rechtsbereich geltenden Regeln. Damit hatte die gleiche Behörde keineswegs eine ähnliche, geschweige denn eine qualitativ gleiche Frage zu beantworten; eine unzulässige Vorbefassung der Obergerichtskommission aus organisatorischer Sicht oder aufgrund der teilweise identischen Besetzung liegt nicht vor. Eine Verletzung von Art. 58 BV ist demnach nicht gegeben. f) Der Beschwerdeführer rügt ferner eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Da diese Bestimmung nur in bezug auf den Anwendungsbereich, nicht aber in bezug auf die Grundsätze richterlicher Unabhängigkeit einen über Art. 58 BV hinausgehenden Schutz gewährt ( BGE 119 Ia 221 E. 3 S. 226; BGE 118 Ia 282 E. 3e S. 286; BGE 117 Ia 190 E. 6b S. 191; VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, Zürich 1993, S. 224 N. 373), kann an sich offen bleiben, ob im Hinblick auf ein Disziplinarverfahren die Konvention überhaupt zur Anwendung gelangt. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung der Konventionsorgane selbst die disziplinarische Entlassung eines Beamten nicht als strafrechtliche Sanktion erachtet und sie daher nicht dem Schutz von Art. 6 Ziff. 1 EMRK unterstellt (Hinweise auf diese Rechtsprechung und Kritik: KLEY-STRULLER, Art. 6 EMRK als Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt, Zürich 1993, S. 15f; vergleiche auch: VILLIGER, a.a.O., S. 234 N. 396). Das Bundesgericht hat es zudem in einem nicht veröffentlichten Entscheid vom 15. November 1990 abgelehnt, Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf die Eröffnung und die Durchführung eines Disziplinarverfahrens anzuwenden (zitiert in: HÄNNI, Rechte und Pflichten im öffentlichen Dienstrecht, Freiburg 1993, S. 297). Demnach vermag dem Beschwerdeführer auch die Anrufung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht zu helfen.
public_law
nan
de
1,994
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CH
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d90c8ef8-f131-4016-b217-06efdcacd53f
Urteilskopf 140 V 449 57. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Schweizerische Bundesbahnen SBB (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_289/2014 vom 18. August 2014
Regeste Art. 3 Abs. 2 FamZG ; Ziff. 103 Abs. 2 Gesamtarbeitsvertrag 2011 der SBB; Anspruch auf Kinderzulagen. Bei den Kinder- und Ausbildungszulagen gemäss Gesamtarbeitsvertrag der SBB (GAV SBB) handelt es sich nicht um Familienzulagen im Sinne des FamZG, sondern um andere Leistungen (E. 1.1). Der Anspruch auf Kinderzulagen knüpft an das Arbeitsverhältnis bei der SBB an. Ob der Ansatz für ein Kind (Ziff. 103 Abs. 2 lit. a GAV SBB) oder für jedes weitere Kind (Ziff. 103 Abs. 2 lit. b GAV SBB) massgebend ist, richtet sich nach der Anzahl zulagenberechtigter Kinder in der Haushalts- oder Familiengemeinschaft der bezugsberechtigten Person (E. 4.3-4.6).
Sachverhalt ab Seite 450 BGE 140 V 449 S. 450 A. Der 1975 geborene A. ist Angestellter der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Er ist Vater einer im Jahre 2002 geborenen Tochter (B.) aus erster Ehe. Für seine im Februar 2012 geborene Tochter aus zweiter Ehe (C.) ersuchte er um Ausrichtung von Familienzulagen. Mit Verfügung vom 7. November 2012 setzte die SBB den Anspruch des A. ab 1. Februar 2012 auf monatlich Fr. 205.- fest. Der Konzernrechtsdienst SBB bestätigte diese Verfügung am 2. Juli 2013. B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 11. März 2014 ab. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A. beantragen, die SBB sei unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu verpflichten, ab Februar 2012 die Differenz zwischen den zugesprochenen Kinderzulagen von jährlich Fr. 2'460.- und BGE 140 V 449 S. 451 den ihm zustehenden Kinderzulagen in Höhe von jährlich Fr. 3'840.- zu bezahlen, zuzüglich Zins von 5 Prozent seit 1. März 2012. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die SBB schliesst auf Abweisung der Beschwerde. A. hat dazu am 13. Juni 2014 Stellung genommen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Der Beschwerdeführer macht gestützt auf Ziff. 103 Abs. 2 des Gesamtarbeitsvertrages 2011 der SBB (nachfolgend: GAV SBB) einen Anspruch auf höhere als die zugesprochenen Kinderzulagen geltend. Bei dieser Zulage handelt es sich nicht um Kinder- oder Ausbildungszulagen im Sinne des Bundesgesetzes vom 24. März 2006 über die Familienzulagen (FamZG; SR 836.2), sondern um andere Leistungen, welche gemäss Art. 3 Abs. 2 Satz 4 FamZG nicht als Familienzulagen im Sinne dieses Gesetzes gelten (vgl. KIESER/REICHMUTH, Bundesgesetz über die Familienzulagen, 2010, N. 151 zu Art. 3 FamZG ). Es liegt somit keine sozialversicherungsrechtliche, sondern - da es sich um Zulagen an Angestellte der SBB handelt - eine personalrechtliche Streitigkeit vor. 1.2 Da die Höhe der Zulage im Streit liegt, handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG ist demnach nicht gegeben. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig, wenn der Streitwert wenigstens Fr. 15'000.- beträgt ( Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG ) oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt ( Art. 85 Abs. 2 BGG ). 1.3 Der Streitwert bestimmt sich gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG nach den Begehren, welche vor Vorinstanz streitig geblieben sind. Vor Vorinstanz war ein höherer Anspruch auf Kinderzulagen streitig. Die Rechtsmittelbelehrung des vorinstanzlichen Entscheids enthält keine Angaben zum Streitwert (vgl. Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG ). Lautet ein Begehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest ( Art. 51 Abs. 2 BGG ). Als Wert wiederkehrender Nutzungen oder Leistungen gilt der Kapitalwert. Bei ungewisser oder unbeschränkter Dauer gilt als Kapitalwert der zwanzigfache Betrag der einjährigen Nutzung oder Leistung, bei Leibrenten jedoch der BGE 140 V 449 S. 452 Barwert ( Art. 51 Abs. 4 BGG ). Der Beschwerdeführer macht die Differenz zwischen den zugesprochenen Kinderzulagen von jährlich Fr. 2'460.- (Fr. 205.- monatlich) und den geforderten Kinderzulagen von jährlich Fr. 3'840.- (Fr. 320.- monatlich), also Fr. 1'380.- jährlich, bis März 2027, nebst Zins seit 1. März 2012, geltend. Der kapitalisierte Wert übertrifft damit den für die Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse erforderlichen Betrag ( Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG ). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. Auf das Personal der SBB finden gemäss Art. 15 des Bundesgesetzes vom 20. März 1998 über die Schweizerischen Bundesbahnen (SBBG; SR 742.31) die Bestimmungen des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1) Anwendung (Abs. 1). Der Bundesrat kann die SBB ermächtigen, das Anstellungsverhältnis im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen abweichend oder ergänzend zu regeln (Abs. 2). Nach Art. 31 Abs. 1 BPG (in der seit 1. Januar 2009 in Kraft stehenden Fassung) regelt der Bundesrat die Leistungen, die den Angestellten für den Unterhalt ihrer Kinder in Ergänzung zu den Familienzulagen nach den Familienzulagenordnungen der Kantone ausgerichtet werden. Der Bundesrat hat in Art. 10 der Rahmenverordnung vom 20. Dezember 2000 zum Bundespersonalgesetz (Rahmenverordnung BPG; SR 172.220.11) die Familienzulagen und ergänzenden Leistungen wie folgt geregelt: Der Arbeitgeber richtet der angestellten Person die Familienzulage nach dem Familienzulagengesetz aus (Abs. 1). Ist die Familienzulage tiefer als der massgebende Betrag nach Absatz 3, so richtet der Arbeitgeber der angestellten Person ergänzende Leistungen gemäss den Ausführungsbestimmungen zum BPG aus. Das FamZG ist auf die ergänzenden Leistungen sinngemäss anwendbar (Abs. 2). Die Familienzulage und die ergänzenden Leistungen betragen zusammen pro Jahr mindestens: a. 3'800 Franken für das erste zulagenberechtigte Kind; b. 2'400 Franken für jedes weitere zulagenberechtigte Kind; c. 3'000 Franken für jedes weitere zulagenberechtigte Kind, welches das 16. Altersjahr vollendet hat und in Ausbildung steht (Abs. 3). Der Anspruch auf ergänzende Leistungen erlischt mit dem Anspruch auf die Familienzulage (Abs. 4). Die Rahmenverordnung BPG bestimmt gemäss deren Art. 1 Abs. 1 den Rahmen, innerhalb dessen die Arbeitgeber Ausführungsbestimmungen erlassen ( Art. 37 BPG ) oder Gesamtarbeitsverträge abschliessen ( Art. 38 BPG ). BGE 140 V 449 S. 453 Die SBB hat ihren Regelungsauftrag gemäss Art. 31 BPG in ihrem GAV erfüllt (PETER HELBLING, in: Bundespersonalgesetz, 2013, N. 13 Fn. 6 zu Art. 31 BPG ). Der GAV SBB stützt sich auf Art. 15 SBBG und das BPG (Ziff. 1 Abs. 2 GAV SBB). Finden sich weder in den genannten Vorschriften noch im GAV Regelungen, so ist das OR subsidiär anwendbar. Unter der Überschrift "Familienzulagen" hält Ziff. 103 GAV SBB fest: Die Familienzulagen richten sich nach dem FamZG (Abs. 1). Bei der SBB gelten für die Kinder- und Ausbildungszulagen folgende Mindestansätze: a. für ein zulagenberechtigtes Kind Fr. 3'840.- pro Jahr; b. für jedes weitere zulagenberechtigte Kind bis 16 Jahre und für erwerbsunfähige Kinder Fr. 2'460.- pro Jahr; c. ab zweitem zulagenberechtigtem Kind für Kinder in Ausbildung bis zum vollendeten 25. Altersjahr Fr. 3'000.- pro Jahr (Abs. 2). 3. Streitig ist, ob die Kinderzulage für die Tochter aus zweiter Ehe nach Massgabe von Ziff. 103 Abs. 2 lit. a GAV SBB zu bemessen ist, wovon der Beschwerdeführer ausgeht, oder ob Ziff. 103 Abs. 2 lit. b GAV SBB zur Anwendung kommt, was Vorinstanz und Beschwerdegegnerin bejahen. Die Vorinstanz hat erwogen, aus dem Wortlaut der Bestimmung ergebe sich klar, dass mit "ein" in lit. a das erste zulagenberechtigte Kind gemeint sei. Zwar sage die Norm nichts darüber aus, nach welchen Kriterien dieses zu bestimmen sei. Jedoch liege es auf der Hand, dass mit der Abstufung die Kosten ausgeglichen werden sollen, die für ein erstes Kind aufgrund der erforderlichen Neuanschaffungen am höchsten seien. Bei zusätzlichen Kindern entstünden Synergieeffekte, weshalb für diese tiefere Beiträge ausgerichtet würden. Unter Hinweis auf das Vorgehen der Beschwerdegegnerin prüfte die Vorinstanz - ausgehend vom Verbot des Doppelbezugs gemäss Art. 6 FamZG in Verbindung mit der in Art. 7 FamZG vorgesehenen Prioritätenordnung bei konkurrierenden Ansprüchen -, welche Person Anspruch auf die Beiträge erheben kann. Da die Beiträge für die Tochter C. dem Beschwerdeführer auszurichten sind, knüpft sie daran an und zieht weiter die zu ihm bestehenden Kindesverhältnisse heran. Dies führte sie zum Schluss, dass dieser insgesamt zwei zulagenberechtigte Kinder hat (eines aus erster und eines aus zweiter Ehe), auch wenn er für die ältere Tochter aus erster Ehe keine Kinderzulagen erhält. Daraus leitete die Vorinstanz ab, die jüngere Tochter C. sei als zweites zulagenberechtigtes Kind im Sinne von BGE 140 V 449 S. 454 Ziff. 103 Abs. 2 lit. b GAV SBB zu betrachten, weshalb - ungeachtet der tatsächlich gelebten Familienverhältnisse - der dafür vorgesehene Zuschlag geschuldet sei. Das sich an der Prioritätenordnung des Familienzulagengesetzes und der Anzahl Kinder der betroffenen Person orientierende Vorgehen führt laut Vorinstanz zu jeweils gleichen Ergebnissen und gewährleistet eine verhältnismässig einfache Umsetzung, welche keine aufwändigen Abklärungen im Einzelfall und keine laufenden Anpassungen an sich verändernde tatsächliche Gegebenheiten (Betreuung, Arbeitsverhältnis usw.) erfordert. 4. 4.1 Der Beschwerdeführer rügt eine verfassungswidrige Auslegung (Art. 8 Abs. 1, Art. 10 und 15 sowie Art. 41 Abs. 1 lit. c BV ) von Ziff. 103 Abs. 2 GAV SBB durch die Vorinstanz. Zur Begründung führt er aus, Ziff. 103 Abs. 2 lit. a GAV SBB sei mit Blick auf Art. 10 Abs. 3 lit. a Rahmenverordnung BPG auszulegen. Gegenüber der SBB sei er allein für seine im Februar 2012 geborene Tochter C. zulagenberechtigt im Sinne des GAV. Für diese habe er daher Anspruch auf eine Kinderzulage in Höhe von jährlich Fr. 3'840.- gemäss Ziff. 103 Abs. 2 lit. a GAV SBB. Der Entstehungsgeschichte der Norm sei zu entnehmen, dass für alle beim Bund und bei den Bundesbetrieben beschäftigten Personen ein Mindeststandard gelten soll. Wer Kinderzulagen beziehe, solle für das erste Kind Anspruch auf eine gegenüber dem absoluten Minimum von jährlich Fr. 2'400.- um Fr. 1'400.- erhöhte Zulage erhalten (vgl. Art. 10 Abs. 3 lit. a Rahmenverordnung BPG). Für jedes weitere zulagenberechtigte Kind (vgl. Art. 10 Abs. 3 lit. b Rahmenverordnung BPG) sei der Betrag niedriger. Sinn und Zweck des höheren Zulagenbetrags für das erste zulagenberechtigte Kind sei es, die im einzelnen Haushalt anfallenden Kosten für den Kindesunterhalt wenigstens zum Teil abzugelten. Diesem sozialen Motiv, welches auch Art. 10 Abs. 3 der Rahmenverordnung BPG zugrunde liege, werde nicht nachgelebt, wenn einem wiederverheirateten Vater, der einen neuen Haushalt gegründet habe, die höhere Zulage für das erste bei ihm wohnende Kind verweigert werde. Diese Auslegung führe zur einfach zu handhabenden Lösung, dass die SBB für das erste Kind, für welches sie eine Familienzulage auszurichten habe, immer den höheren Ansatz von mindestens Fr. 3'840.- leisten müsse. 4.2 Bei der Auslegung der normativen Bestimmungen des GAV SBB sind die Regeln der Auslegung von Gesetzen heranzuziehen ( BGE 136 III 283 E. 2.3.1 S. 284; vgl. auch BGE 130 V 18 E. 4.2 S. 30; BGE 140 V 449 S. 455 STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 15 zu Art. 356 OR ). Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Entstehungsgeschichte ist zwar nicht unmittelbar entscheidend, dient aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Namentlich zur Auslegung neuerer Texte, die noch auf wenig veränderte Umstände und ein kaum gewandeltes Rechtsverständnis treffen, kommt den Materialien eine besondere Bedeutung zu. Vom Wortlaut darf abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Regelung wiedergibt. Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die der Verfassung am besten entspricht. Allerdings findet auch eine verfassungskonforme Auslegung ihre Grenzen im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung ( BGE 138 II 440 E. 13 S. 453, BGE 138 II 557 E. 7.1 S. 565; BGE 138 IV 232 E. 3 S. 234; BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; BGE 137 III 217 E. 2.4.1 S. 221). 4.3 Nach Wortlaut und Systematik des GAV SBB gilt der Grundsatz, dass ein zulagenberechtigtes Kind einen höheren Anspruch begründet als jedes weitere zulagenberechtigte Kind bis 16 Jahre. Der Ausdruck "zulagenberechtigt" deutet darauf hin, dass der Anspruch auf Zulagen gemäss GAV SBB Anknüpfungspunkt bildet. Wer bei den SBB angestellt ist und mindestens ein zulagenberechtigtes Kind gemäss GAV SBB hat, erhält eine Zulage gemäss Ziff. 103 Abs. 2 GAV SBB. 4.4 Das FamZG, auf welches sich die Familienzulagen gemäss Ziff. 103 Abs. 1 GAV SBB stützen, umschreibt Begriff und Zweck der Familienzulagen in Art. 2 wie folgt: Familienzulagen sind einmalige oder periodische Geldleistungen, die ausgerichtet werden, um die finanzielle Belastung durch ein oder mehrere Kinder teilweise auszugleichen. Die Zulagen beziehen sich somit auf die finanzielle Belastung durch den Unterhalt von Kindern und bezwecken einen zumindest teilweisen Ausgleich der damit verbundenen Kosten. Grundsätzlich wird zwischen direkten und indirekten BGE 140 V 449 S. 456 Kinderkosten unterschieden. Die direkten Kinderkosten umfassen alle den Kindern zuzuordnenden zusätzlichen Ausgaben des Haushalts. Als indirekte Kinderkosten gilt der für die Betreuung und Erziehung aufgewendete, monetär bewertete Zeitaufwand. Schätzungen zufolge betragen in der Schweiz die durchschnittlichen Kinderkosten für ein erstes Kind 18 Prozent des Haushaltseinkommens und für weitere Kinder rund die Hälfte. Die indirekten Kosten belaufen sich ungefähr auf denselben Betrag (vgl. Botschaft vom 18. Februar 2004 zur Volksinitiative "Für fairere Kinderzulagen!", BBl 2004 1313, 1320 Ziff. 3.1.2; KIESER/REICHMUTH, a.a.O., N. 10 zu Art. 2 und N. 20 zu Art. 5 FamZG ; vgl. auch BGE 122 V 125 E. 4a S. 130). Degressive Ansätze bei den Kinderzulagen - wie sie Ziff. 103 Abs. 2 GAV SBB für die Angestellten der SBB enthält - berücksichtigen die effektive Belastung der Haushaltsausgaben durch mehrere Kinder. Progressive Ansätze - wie sie einige Kantone vorsehen - haben demgegenüber den Zweck, kinderreichen Familien besonders wirksam zu helfen (KIESER/REICHMUTH, a.a.O., N. 20 zu Art. 5 FamZG ). Sinn und Zweck der Abstufung des Zulagenbetrages nach Anzahl Kinder würde nicht nachgelebt, wenn einem wiederverheirateten Vater, der einen neuen Haushalt gründet, die höhere Zulage für ein bei ihm wohnendes zulagenberechtigtes Kind verweigert würde. Dies spricht dafür, den Entscheid, ob der Ansatz für ein Kind (Ziff. 103 Abs. 2 lit. a GAV SBB) oder für jedes weitere Kind (Ziff. 103 Abs. 2 lit. b GAV SBB) massgebend ist, nach der Anzahl zulagenberechtigter Kinder in der Haushalts- oder Familiengemeinschaft der bezugsberechtigten Person zu richten. 4.5 Ein wesentliches Merkmal der Familienzulagenordnung liegt in deren zivilstandsneutraler Ausgestaltung. Die Tatsache einer Änderung der Familienkonstellation (namentlich durch Scheidung) allein wirkt sich daher auf den grundsätzlichen Zulagenanspruch nicht aus, da sich dadurch am Kindesverhältnis, das regelmässig Anspruchsvoraussetzung ist, nichts ändert. Zu beeinflussen vermag die Scheidung oder Trennung indessen allenfalls die Frage, an wen die Zulage inskünftig auszurichten ist (PETRA FLEISCHANDERL, in: FamKomm Scheidung, Bd. II: Anhänge, 2. Aufl. 2011, N. 310 in Anh. Soz; MARCO REICHMUTH, Familienzulagen bei Scheidung und weiteren Familienkonstellationen, AJP 2012 S. 752). Soweit jedoch der Zulagenanspruch nicht an das Kind geknüpft wird, sondern an die erwerbstätige Person, welche die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, entfällt die Möglichkeit einer wesentlichen Vereinfachung der BGE 140 V 449 S. 457 Anspruchskonkurrenz (KIESER/REICHMUTH, a.a.O., N. 35 zu Art. 7 FamZG ). Der vorliegend zur Diskussion stehende GAV SBB knüpft an das "zulagenberechtigte Kind" und damit an das Arbeitsverhältnis bei der SBB an. Im Urteil 8C_758/2012 vom 6. Dezember 2012 hat das Bundesgericht die Frage der Verfassungsmässigkeit der degressiven Konzeption einer (ausserhalb des FamZG geregelten) Unterhaltszulagenordnung ohne Berücksichtigung des Umstandes, ob die Kinder in einem oder in mehreren Haushalten leben, offengelassen. Wie der Beschwerdeführer zu Recht festhält, würden er und seine Familie im Ergebnis benachteiligt, wenn ihm die höhere ergänzende Kinderzulage für das erste Kind aus zweiter Ehe verweigert würde und er erst dann die ergänzenden Leistungen erhielte, wenn seine geschiedene Ehefrau für die früher geborene Tochter aus erster Ehe keine Kinderzulagen mehr bezöge. Die sich an der Reihenfolge der Auszahlung der Kinderzulagen orientierende Auslegung der Vorinstanz trägt der finanziellen Belastung des Familienhaushalts des Beschwerdeführers nicht Rechnung und benachteiligt damit seine von der traditionellen Familienordnung abweichende Lebensgemeinschaft. Sie kann sich zudem weder auf den Wortlaut noch auf Sinn und Zweck des GAV SBB stützen. 4.6 Die Auslegung unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck führt somit zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf Kinderzulagen gestützt auf Ziff. 103 Abs. 2 lit. a GAV SBB hat. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d9166f93-c86d-48c7-b6c4-b54c8a3e4f44
Urteilskopf 82 IV 10 4. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 12 janvier 1956 dans la cause Perrinjaquet contre Perrinjaquet.
Regeste Der Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen, den die Rechtsprechung unter der Herrschaft des alten Textes des Art. 173 StGB anerkannte, gilt seit der Revision dieser Bestimmung nicht mehr; der Täter kann sich der Strafe nur entziehen, wenn er einen der Entlastungsbeweise des Art. 173 Ziff. 2 erbringt, sofern er nach Art. 173 Ziff. 3 von diesen nicht ausgeschlossen ist.
Erwägungen ab Seite 11 BGE 82 IV 10 S. 11 3. C'est à tort que, dans le second motif de son arrêt, la Cour cantonale se réfère aux arrêts RO 71 IV 187 et 72 IV 173 et considère que le prévenu doit de toute façon être libéré, car il serait en droit de faire valoir l'exception admise en faveur de la partie engagée dans un procès. Selon l'arrêt RO 80 IV 111, le moyen tiré de la sauvegarde d'intérêts légitimes, qui était reconnu par la jurisprudence (RO 69 IV 116/117, 70 IV 26/27, 71 IV 188/189, 72 IV 175) sous l'empire de l'ancien art. 173 CP, ne peut plus être invoqué depuis la revision de cette disposition par la loi fédérale du 5 octobre 1950, modifiant le code pénal suisse, qui est entrée en vigueur le 5 janvier 1951; aux termes de l'art. 173 CP revisé, l'auteur d'une diffamation n'échappe à une peine, même si ses allégations ont été articulées dans un procès, que s'il fournit une des preuves libératoires de l'art. 173 ch. 2 CP; encore faut-il que ces preuves soient recevables (art. 173 ch. 3 CP). Comme il est admis que les deux accusations contenues dans la phrase incriminée visaient les plaignants et que d'autre part la sauvegarde d'intérêts légitimes ne peut justifier la libération de Gaston Perrinjaquet, l'arrêt attaqué doit être annulé. Dans sa nouvelle décision, l'autorité cantonale aura à trancher, dans le sens de l'art. 173 ch. 2 et 3 CP, la question des preuves libératoires que peut invoquer le prévenu. Elle devra donc commencer par examiner, ce que le Tribunal de police semble avoir perdu de vue, si le prévenu avait des motifs suffisants d'écrire la phrase incriminée (art. 173 ch. 3). Dans l'affirmative, elle devra se rappeler que le prévenu n'encourt aucune peine non seulement s'il prouve que ses allégations étaient conformes à la vérité mais encore s'il établit qu'il avait des raisons sérieuses de les tenir de bonne foi pour vraies (art. 173 ch. 2).
null
nan
fr
1,956
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d91717ac-4cad-4cfa-893d-26f248a213aa
Urteilskopf 119 IV 309 58. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 17 novembre 1993 dans la cause W. c. Procureur général du canton de Genève (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 187 und 189 StGB ; sexuelle Handlungen mit Kindern und sexuelle Nötigung. Wird ein Kind unter 16 Jahren zur Duldung einer sexuellen Handlung genötigt, so besteht zwischen Art. 187 StGB , der die sexuelle Entwicklung der Kinder schützt, und Art. 189 StGB , der die sexuelle Freiheit schützt, echte Konkurrenz (E. 7a). Voraussetzungen der Anwendung von Art. 189 Abs. 1 StGB (E. 7b). Art. 43 StGB ; Massnahmen an geistig Abnormen. Umstände, unter denen der Richter den Vollzug selbst einer langen Freiheitsstrafe zwecks ambulanter Behandlung aufschieben kann (E. 8b).
Sachverhalt ab Seite 310 BGE 119 IV 309 S. 310 En 1983 puis en 1991, W., qui était moniteur de sport, a fait subir à plusieurs reprises un certain nombre d'actes d'ordre sexuel, allant de caresses à une sodomie, à deux de ses élèves, qui étaient au moment des faits âgés de moins de 16 ans. W. a été reconnu coupable de quatre infractions à l' art. 187 ch. 1 CP (certains cas étant prescrits) et de six infractions à l' art. 189 al. 1 CP , les mêmes actes étant qualifiés à la fois d'actes d'ordre sexuel avec un enfant au sens de l' art. 187 ch. 1 CP et de contrainte sexuelle au sens de l' art. 189 al. 1 CP . Partant, il a été condamné à six ans de réclusion. Un traitement psychothérapeutique a été ordonné sans que l'exécution de la peine privative de liberté soit suspendue. Le pourvoi en nullité formé par W. contre cette décision pour violation des art. 189 et 43 CP a été rejeté dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 7. A juste titre, le recourant ne conteste pas l'application du nouveau droit, en tant que lex mitior ( art. 2 al. 2 CP ), et il n'y a pas lieu d'y revenir. a) L' art. 187 CP protège le développement sexuel de la jeunesse et réprime tout acte de nature sexuelle à l'égard d'un jeune de moins de 16 ans. Sur la base des faits retenus par l'autorité cantonale (qui lient la Cour de cassation du Tribunal fédéral), il n'est pas douteux que le recourant a, dans quatre cas, réalisé tous les éléments constitutifs de l'infraction prévue et punie par l' art. 187 ch. 1 CP , et c'est à juste titre qu'il en a été reconnu coupable. Comme les mêmes circonstances de fait ont également été retenues pour fonder une condamnation sur la base de l' art. 189 al. 1 CP , le recourant soutient que l' art. 187 ch. 1 CP et l' art. 189 al. 1 CP ne peuvent pas être appliqués en concours. Cette opinion est infondée. En effet, si l' art. 187 ch. 1 CP tend à protéger le développement sexuel de la jeunesse, l' art. 189 al. 1 CP BGE 119 IV 309 S. 311 protège un autre bien juridique, à savoir la liberté sexuelle, indépendamment de l'âge. Il n'y a pas de raison que la liberté des jeunes en matière sexuelle soit moins protégée que celle des adultes. L' art. 187 ch. 1 CP réprime les actes d'ordre sexuel commis à l'égard d'un jeune de moins de 16 ans, que celui-ci soit consentant ou non; la jeunesse est protégée de manière absolue en raison de l'âge; l' art. 189 al. 1 CP réprime un acte de contrainte en matière sexuelle, quel que soit l'âge de la victime. S'il y a contrainte à l'égard d'un jeune de moins de 16 ans, il y a à la fois atteinte à la protection de la jeunesse et atteinte à la protection de la liberté en matière sexuelle; s'agissant de deux intérêts distincts, les deux dispositions pénales peuvent être appliquées concurremment (FF 1985 II 1082 et 1092; REHBERG, Das revidierte Sexualstrafrecht, PJA 1/1993 p. 21; STRATENWERTH, Bes. Teil I, 4e éd., p. 145 no 23). b) Le recourant conteste que l' art. 189 al. 1 CP soit applicable dans les cas retenus. Cette disposition vise à réprimer de manière générale la contrainte en matière sexuelle; le viol ( art. 190 CP ) constitue une lex specialis pour le cas où la victime est une femme et qu'il lui est imposé l'acte sexuel proprement dit; l' art. 189 CP suppose les mêmes moyens et la même situation de contrainte que dans le cas du viol et s'applique notamment en cas de viol homosexuel (cf. FF 1985 II 1091; STRATENWERTH, op.cit., p. 160 nos 22 et 24; REHBERG, op.cit., p. 21 s.). Il faut donc que la victime ne soit pas consentante et que l'auteur le sache ou qu'il accepte cette éventualité (STRATENWERTH, op.cit., p. 157 no 13); l'auteur doit mettre la victime hors d'état de résister par un moyen efficace, mais il n'est pas nécessaire qu'il use de violences physiques ou qu'il profère des menaces graves (FF 1985 II 1091). La notion de "pression psychique" ajoutée par le Conseil national tend à englober notamment le cas où la victime est mise, par surprise, hors d'état de résister (BO 1990 CN 2302, rapporteur Cotti). La portée exacte de cette adjonction a été discutée en doctrine, mais il n'est pas nécessaire de trancher cette question en l'espèce (STRATENWERTH, op.cit., p. 154 ss nos 7 à 9). S'il est vrai que la motivation de la Cour de cassation cantonale est un peu trop succincte sur cette question, cela ne permet pas de déduire que la décision attaquée viole le droit fédéral. La Cour de cassation cantonale a évoqué des traces de violence et elle a souligné qu'il y avait eu atteinte à la liberté. Elle n'a donc pas considéré, contrairement à ce que soutient le recourant, qu'un simple rapport de dépendance suffisait pour réaliser les conditions de l' art. 189 CP . BGE 119 IV 309 S. 312 La Cour de cassation cantonale a manifestement adopté l'état de fait de la Cour d'assises, qui évoquait précisément, dans chaque cas, les éléments permettant de conclure que le jeune homme avait été mis hors d'état de résister (différence d'âge et de force physique, autorité du moniteur, rapport de confiance et d'amitié que le recourant savait créer, impression donnée au jeune homme que la réputation du recourant le rendait intouchable; dans certains cas: isolement, recommandations de la famille). De tels éléments sont suffisants pour se convaincre qu'un jeune homme de 13 ans environ était hors d'état de s'opposer et de résister. Le recourant plaçait ses victimes dans une situation telle qu'il n'avait nul besoin de recourir à des menaces ou à la violence pour qu'elles soient hors d'état de résister. Un des cas est particulièrement caractéristique. Selon les faits retenus, le recourant a saisi avec force le jeune homme, celui-ci s'est mis à crier un peu, mais il lui a répondu "ta gueule". On voit donc que le jeune homme, par des gémissements et des pleurs, a exprimé son désaccord, que le recourant l'a entendu et qu'il a manifesté, par sa réponse, sa détermination de passer outre. Cela rejoint les constatations de l'expert selon lesquelles, dans ces circonstances, le recourant utilise les enfants comme des objets sexuels. L'autorité cantonale n'a dès lors pas violé le droit fédéral en admettant que le recourant avait contraint ses victimes à subir les actes qui lui sont reprochés. On ne peut d'ailleurs pas sérieusement penser que des jeunes gens d'environ 13 ans, compte tenu des lésions et des perturbations subies, aient pu consentir à de tels actes; cela ne pouvait pas échapper au recourant et son état d'esprit, tel qu'il résulte des constatations de l'expert et du cas de sodomie, montre à tout le moins qu'il acceptait l'éventualité d'agir contre la volonté des jeunes gens qui se trouvaient hors d'état de résister. Au demeurant, la question de savoir ce que l'auteur savait, voulait, acceptait ou refusait relève des constatations de fait qui lient la Cour de céans ( ATF 117 IV 285 consid. 2a). En l'espèce, l'autorité cantonale n'est pas partie d'une fausse conception de l'infraction et n'a pas violé le droit fédéral en admettant, dans chaque cas, que le recourant avait contraint les jeunes gens. Lorsque le recourant, à la fin de son argumentation, soutient qu'il pensait, dans un cas, "agir pour le plaisir de l'autre", il s'écarte de l'état de fait retenu par l'autorité cantonale, ce qui n'est pas admissible dans le cadre d'un pourvoi en nullité ( ATF 115 IV 38 consid. 3a, ATF 106 IV 338 consid. 1). 8. a) Selon l' art. 43 ch. 1 CP , lorsque l'état mental d'un délinquant ayant commis, en rapport avec cet état, un acte punissable de BGE 119 IV 309 S. 313 réclusion ou d'emprisonnement en vertu du code pénal, exige un traitement médical ou des soins spéciaux, à l'effet d'éliminer ou d'atténuer le danger de voir l'accusé commettre d'autres actes punissables, le juge peut ordonner un traitement ambulatoire, si le condamné n'est pas dangereux pour autrui. En l'espèce, l'expert psychiatre a posé un diagnostic de pédophilie et a admis l'existence d'un lien entre cet état mental et les infractions commises. Il a considéré que le recourant, s'il n'exerçait plus la même activité, n'était pas dangereux pour la sécurité publique et qu'il n'était pas nécessaire de l'interner. Il a préconisé un traitement ambulatoire qui lui paraît de nature à diminuer les risques de récidive. Il est vrai que l'expert a considéré que le traitement aurait plus de chances de succès s'il était voulu par l'intéressé et ne lui était pas imposé. Le recourant a cependant déclaré qu'il n'avait encore rien entrepris et la Cour d'assises a constaté qu'il n'était guère motivé pour entreprendre un tel traitement. Dans ces circonstances, quand bien même cela diminue les chances de succès, elle a décidé de le lui imposer en application de l' art. 43 ch. 1 al. 1 CP , dont toutes les conditions sont réunies. Cette décision ne viole en rien le droit fédéral. Dans son argumentation, le recourant se trompe sur la notion de traitement ambulatoire. Un traitement est ambulatoire s'il n'est pas nécessaire que l'intéressé soit hospitalisé pour qu'il lui soit administré. Si l'intéressé est dangereux pour autrui, l' art. 43 ch. 1 al. 2 CP prévoit la possibilité d'un internement, c'est-à-dire d'un placement dans un établissement offrant une sécurité suffisante, notamment contre le risque d'évasion. Si un traitement est nécessaire et qu'il ne puisse être administré qu'en milieu hospitalier, l' art. 43 ch. 1 al. 1 CP prévoit le placement dans un hôpital, c'est-à-dire l'admission dans un établissement de soins. En revanche, le traitement ambulatoire peut en principe être administré n'importe où. L'expert a d'ailleurs précisé en l'espèce que le traitement pouvait commencer en prison. Il n'était donc pas contraire au droit fédéral de prévoir simultanément l'exécution de la peine privative de liberté et le commencement du traitement. b) L' art. 43 ch. 2 al. 2 CP précise cependant, en cas de traitement ambulatoire, que le juge peut suspendre l'exécution de la peine si celle-ci n'est pas compatible avec le traitement. La suspension n'est donc possible que si l'exécution de la peine n'est pas compatible avec le traitement ambulatoire; la jurisprudence a précisé qu'il fallait que l'exécution de la peine empêche l'accomplissement BGE 119 IV 309 S. 314 du traitement ou amoindrisse notablement ses chances de succès ( ATF 116 IV 101 consid. 1a et les arrêts cités). Il n'est toutefois pas nécessaire, pour qu'une suspension soit possible, que le traitement pendant l'exécution soit totalement impossible ou dépourvu de chances de succès ( ATF 116 IV 101 consid. 1a et l'arrêt cité). Le Tribunal fédéral a déduit du texte légal et des travaux préparatoires qu'en règle générale la peine devait être exécutée immédiatement et qu'il fallait procéder au traitement ambulatoire simultanément; malgré certaines critiques dans la doctrine, cette jurisprudence a été maintenue ( ATF 116 IV 101 consid. 1a, ATF 105 IV 87 consid. 2). Même si le juge parvient à la conclusion que le traitement ambulatoire ne peut pas être appliqué en cours de détention ou que ses chances de succès en seraient notablement amoindries, l' art. 43 ch. 2 al. 2 CP ne lui fait pas l'obligation de suspendre l'exécution de la peine; la suspension de l'exécution n'est qu'une faculté laissée au juge; le législateur a ainsi conféré un large pouvoir d'appréciation au juge et la Cour de cassation ne peut intervenir, en considérant le droit fédéral comme violé, qu'en cas d'abus ou d'excès du pouvoir d'appréciation; le juge doit prendre sa décision en tenant compte de toutes les circonstances du cas d'espèce, en particulier des chances de succès du traitement, des effets que l'on peut escompter de l'exécution de la peine, ainsi que du besoin ressenti par le corps social de réprimer les infractions ( ATF 116 IV 101 consid. 1a et les arrêts cités). Contrairement à ce qu'a pensé la Cour de cassation cantonale, le fait que la peine qui devrait être suspendue est de longue durée n'exclut pas que son exécution soit suspendue; dans un tel cas cependant, on ne fera usage de cette faculté qu'avec davantage de retenue, en exigeant que l'intéressé soit gravement perturbé, que les chances de succès du traitement soient particulièrement élevées et que le risque de compromettre le traitement par une exécution simultanée de la peine soit très important. Cette erreur de la Cour de cassation cantonale ne signifie cependant pas que son arrêt viole le droit fédéral. En effet, il apparaît d'emblée que les conditions particulièrement sévères exigées pour la suspension d'une peine de longue durée ne sont pas remplies en l'espèce. D'une part, l'expert a lui-même déclaré que le traitement pouvait commencer en prison, ce qui montre qu'il n'est pas gravement incompatible avec la détention. D'autre part, l'expert a souligné qu'il était très important que l'intéressé soit BGE 119 IV 309 S. 315 motivé pour ce traitement, alors que la Cour d'assises a constaté que le recourant manifestait peu d'empressement à ce sujet, ce qui montre que les chances de succès ne sont pas particulièrement élevées. On ne se trouve donc pas dans des circonstances justifiant la suspension de la peine, de sorte que l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en la refusant.
null
nan
fr
1,993
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d917a17f-f6b4-473c-b185-9adc59de9cd5
Urteilskopf 138 IV 130 19. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gegen X. und Mitb. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_571/2011 vom 24. Mai 2012
Regeste Art. 251 Ziff. 1 StGB ; Falschbeurkundung (inhaltlich unwahre Rechnungen). Bestätigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Falschbeurkundung (E. 2.1 und 2.2). Im Verhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger sind Rechnungen nur unter besonderen Umständen Urkunden, da sie in der Regel blosse Behauptungen des Ausstellers über die vom Empfänger geschuldete Leistung enthalten (E. 2.4.2). Der Rechnungsaussteller kann sich der Falschbeurkundung strafbar machen, wenn die inhaltlich unwahre Rechnung nicht nur Rechnungsfunktion hat, sondern objektiv und subjektiv in erster Linie als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist, die damit verfälscht wird. Eine objektive Zweckbestimmung als Buchhaltungsbeleg muss angenommen werden, wenn der Rechnungsaussteller mit der buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin bzw. deren Organen oder Angestellten zusammenwirkt und auf deren Geheiss oder Anregung hin oder mit deren Zustimmung eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt, die als Buchhaltungsbeleg dient (E. 2.4.3 und 3.1). In subjektiver Hinsicht muss der Rechnungsaussteller zumindest für möglich halten und in Kauf nehmen, dass die abgeänderte Rechnung als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist und die Buchhaltung damit verfälscht werden soll (E. 3.2.1-3.2.3). Die Bereicherungsabsicht ist zu bejahen, wenn der Rechnungsaussteller in der Absicht handelt, der Rechnungsempfängerin oder deren Organen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (E. 3.2.4).
Sachverhalt ab Seite 131 BGE 138 IV 130 S. 131 A. F. war Geschäftsführer und Finanzverantwortlicher der G. AG, deren Gesellschaftszweck in der Projektierung, Planung und Ausführung von Industriebauten bestand. A., B., C., D. und E. erstellten auf Anregung von F. in den Jahren 1998 und 1999 falsche Rechnungen für Lieferungen und Bau- bzw. Handwerksarbeiten, die in Wahrheit zugunsten der Privatliegenschaft von F. erfolgten. Die Rechnungen wurden zu Unrecht an die G. AG adressiert. Sie waren inhaltlich unwahr, da darin anstelle der tatsächlich (an die Privatadresse von F.) gelieferten Gegenstände andere Artikel aufgeführt wurden (beispielsweise "Werkzeuge" anstatt "Besteck" oder "Ergänzung Werkstatteinrichtung" für die Lieferung eines Briefkastens und eines Schlauchwagens für das Einfamilienhaus von F.). Objekt der Bau- bzw. Handwerksarbeiten waren jeweils nicht die in den BGE 138 IV 130 S. 132 Rechnungen erwähnten Projekte "H.", "I.", "J." bzw. "K. AG" der G. AG, sondern das Einfamilienhaus von F. Zudem wurden in den Rechnungen teilweise andere als die tatsächlich ausgeführten Arbeiten aufgeführt (beispielsweise "Stahlkonstruktion streichen" anstatt "allgemeine Malerarbeiten"). F. erfasste die in Rechnung gestellten Beträge in der Buchhaltung der G. AG als erfolgswirksame Aufwände, wobei er den Verbuchungen die inhaltlich unwahren Rechnungen als Belege zugrunde legte, dies in der Absicht, sich einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, da er die Ausgaben nicht persönlich bezahlen musste. A., B., C., D. und E. erstellten die Rechnungen jeweils mit dem von F. verlangten unwahren Wortlaut. Sie leisteten dessen Aufforderung Folge, da sie künftige Aufträge von diesem und der G. AG nicht verlieren wollten. B. Mit Urteil vom 29. April 2010 erkannte das Amtsgericht Olten-Gösgen D. und C. der Urkundenfälschung und A., B. sowie E. der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig. Vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum Steuerbetrug sprach es sie frei. Es verurteilte sie je zu bedingten Geldstrafen zwischen 10 und 60 Tagessätzen. Auf Beschwerden von A., B., C., D. und E. hin sprach das Obergericht des Kantons Solothurn diese am 29. Juni 2011 von der angeklagten einfachen bzw. mehrfachen Urkundenfälschung frei. Der erstinstanzliche Freispruch vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum Steuerbetrug erwuchs unangefochten in Rechtskraft. C. Die Staatsanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts vom 29. Juni 2011 aufzuheben und die Sache zur Verurteilung wegen (mehrfacher) Urkundenfälschung an die Vorinstanz zurückzuweisen. D. Das Obergericht und die Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Beschwerde. E. Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 24. Mai 2012 an einer öffentlichen Sitzung beraten und die Beschwerde gutgeheissen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 251 Ziff. 1 StGB . 1.1 Die Vorinstanz führt aus, die Rechnungen seien insofern falsch gewesen, als die von den Beschwerdegegnern tatsächlich BGE 138 IV 130 S. 133 erbrachten Leistungen falschen Projekten zugeordnet worden seien. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellten Rechnungen für sich allein keine Urkunden dar. Sie hätten bei der G. AG im Rahmen eines schriftlichen Kontrollsystems zu einer zusammengesetzten Urkunde werden können. Dass dies der Fall war, sei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Ein Schuldspruch würde zudem am Anklagegrundsatz scheitern, da den Beschwerdegegnern in der Anklage nicht vorgehalten werde, es sei zu zusammengesetzten Urkunden gekommen. Auch wenn sich der Gedanke an eine mögliche Manipulation der Buchhaltung durch F. aufgedrängt habe, hätten die Beschwerdegegner nicht gewusst, ob dies auch geschehen würde. Sie seien teilweise von internen Verrechnungen zwischen F. und der G. AG ausgegangen, eine Möglichkeit, die nicht von der Hand zu weisen sei. Im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnungen sei deren Verwendung für die Buchhaltung noch offen und auch später im alleinigen Entscheidbereich von F. gewesen. Den Beschwerdegegnern könne auch nicht nachgewiesen werden, sie hätten mit den falschen Rechnungen in erster Linie die Buchhaltung der G. AG fälschen wollen. Die Rechnungen stellten schriftliche Lügen dar, welchen (für sich allein) keine Beweiseignung zukomme. 1.2 Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, bei den inhaltlich unwahren Rechnungen habe es sich um Buchhaltungsbelege gehandelt, da sie Eingang in die Buchhaltung der G. AG gefunden hätten und klarerweise dazu bestimmt gewesen seien. Buchhaltungsbelege seien als Urkunden zu qualifizieren, weil ihnen aufgrund von Art. 957 OR erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme. Wenn eine Privatperson einer Aktiengesellschaft eine Rechnung stelle, müsse einer im Geschäftsleben tätigen Person klar sein, dass die Rechnung als Buchhaltungsbeleg diene. Alle Beschwerdegegner seien sich offensichtlich bewusst gewesen, dass ihre Rechnungen für die Buchhaltung bestimmt gewesen seien und mit den inhaltlich unwahren Rechnungen ein falscher Buchhaltungsbeleg erstellt werden sollte. Dies sei der Grund für die verlangte Änderung des Rechnungstextes durch F. gewesen. Nicht weiter führe die Erwägung der Vorinstanz, die Beschwerdegegner hätten nicht gewusst, ob F. die Buchhaltung der G. AG auch manipuliere. Eventualvorsatz reiche aus. Ein solcher sei vorliegend naheliegend. Auch hätten die Rechnungen tatsächlich Eingang in die Buchhaltung gefunden. Einem Buchhaltungsbeleg komme gemäss BGE 129 IV 130 nicht erst mit der Verbuchung Urkundencharakter zu. BGE 138 IV 130 S. 134 Anders als in BGE 131 IV 125 sowie in den Urteilen 6B_421/2008 vom 21. August 2009 und 6B_1019/2009 vom 11. März 2010 gehe es vorliegend nicht um zusammengesetzte Urkunden. Rechnungsaussteller und Rechnungsadressat seien Mittäter. Eine Beglaubigung der Richtigkeit der Rechnung mittels eines Visums oder einer Kontierung erübrige sich daher. Eine Rechnung werde nicht erst zur Urkunde, wenn sie einen Kontierungsstempel trage oder visiert worden sei. Art. 957 ff. OR würden dies nicht vorschreiben. 2. 2.1 Den Tatbestand der Urkundenfälschung nach Art. 251 Ziff. 1 StGB erfüllt, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen (Abs. 1), eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt (Abs. 2) oder eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht (Abs. 3). Urkunden sind u.a. Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen ( Art. 110 Abs. 4 StGB ). Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts schützen das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird ( BGE 137 IV 167 E. 2.3.1 mit Hinweisen). Die Urkundenfälschung im engeren Sinne erfasst das Herstellen einer unechten Urkunde, deren wirklicher Aussteller mit dem aus ihr ersichtlichen Urheber nicht identisch ist. Demgegenüber betrifft die Falschbeurkundung die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen. Die Falschbeurkundung erfordert eine qualifizierte schriftliche Lüge. Eine solche wird nur angenommen, wenn dem Schriftstück eine erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt und der Adressat ihm daher ein besonderes Vertrauen entgegenbringt. Das ist der Fall, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gegenüber Dritten gewährleisten, die gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt ( BGE 132 IV 12 E. 8.1; BGE 131 IV 125 E. 4.1; BGE 129 IV 130 E. 2.1; je mit Hinweisen). BGE 138 IV 130 S. 135 2.2 2.2.1 Der Urkundencharakter eines Schriftstücks ist relativ. Es kann mit Bezug auf bestimmte Aspekte Urkundenqualität haben, hinsichtlich anderer Gesichtspunkte nicht. Nach der Gerichtspraxis kann sich unmittelbar aus dem Gesetz oder aus der Verkehrsübung bzw. dem Sinn oder der Art des Schriftstücks ergeben, ob dieses zum Beweis einer bestimmten Tatsache bestimmt und geeignet ist ( BGE 129 IV 130 E. 2.2). Rechnungen sind nach ständiger Rechtsprechung in der Regel keine Urkunden ( BGE 131 IV 125 E. 4.2; BGE 121 IV 131 E. 2c; BGE 117 IV 35 ; BGE 88 IV 33 ). Eine erhöhte Glaubwürdigkeit und damit eine Urkundenqualität von Rechnungen kann sich ausnahmsweise aus dem konkreten Verwendungszweck ergeben. Die Rechtsprechung bejaht dies, wenn Rechnungen im Zollverkehr als Beleg für die Richtigkeit der Angaben in der Zollanmeldung verwendet werden ( BGE 96 IV 150 E. 2a; Urteil 1A.253/2002 vom 28. Januar 2003 E. 2.2). Eine Urkunde liegt zudem vor, wenn dem Aussteller eine garantenähnliche Stellung zukommt bzw. wenn dieser in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Empfänger steht. Dies wurde etwa bezüglich eines Arztes gegenüber der Krankenkasse angenommen ( BGE 103 IV 178 E. IV). Eine garantenähnliche Stellung hat nach der Rechtsprechung auch der bauleitende Architekt, der die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen hat. Die von diesem visierte und als richtig bestätigte Unternehmerrechnung ist eine Urkunde ( BGE 119 IV 54 E. 2). Gleiches gilt, wenn Rechnungen im Rahmen eines hierfür beim Rechnungsempfänger vorgesehenen Rechnungskontrollverfahrens nach einer materiellen Prüfung mit einem Prüfungsvermerk versehen werden ( BGE 131 IV 125 E. 4.5; Urteil 6B_916/2008 vom 21. August 2009 E. 9, nicht publ. in: BGE 135 IV 198 ). Der schriftlich als richtig bescheinigten Rechnung kommt nach der Rechtsprechung als sogenannte zusammengesetzte Urkunde erhöhte Glaubwürdigkeit zu ( BGE 131 IV 125 E. 4.2; Urteil 6B_916/2008 vom 21. August 2009 E. 9.5 und 9.6). Unabhängig davon werden Rechnungen zu Urkunden, wenn sie als Buchhaltungsbelege Eingang in die kaufmännische Buchhaltung finden. Die kaufmännische Buchführung und ihre Bestandteile (Belege, Bücher, Buchhaltungsauszüge über Einzelkonten, Bilanzen oder Erfolgsrechnungen) sind kraft Gesetzes ( Art. 957 OR ) bestimmt und BGE 138 IV 130 S. 136 geeignet, Tatsachen von rechtlich erheblicher Bedeutung zu beweisen. Für den Urkundencharakter spielt der mit der Buchführung verfolgte Zweck keine Rolle ( BGE 132 IV 12 E. 8.1; BGE 129 IV 130 E. 2.2 mit Hinweisen). Ist ein Schriftstück bereits bei der Erstellung objektiv und subjektiv dazu bestimmt, Bestandteil der kaufmännischen Buchführung zu sein, kommt ihm nicht erst mit der Verbuchung der darin enthaltenen Angaben, sondern bereits mit dessen Ausfertigung Urkundencharakter zu ( BGE 129 IV 130 E. 3.2 und 3.3 betreffend einen zurückdatierten Kaufvertrag sowie eine Kaufrechtsvereinbarung). 2.2.2 Die Beschwerdeführerin weist zutreffend drauf hin, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien nicht kumulativ zur Anwendung gelangen. Dient die Rechnung als Beleg für die kaufmännische Buchhaltung, liegt eine Urkunde auch vor, wenn deren Aussteller keine garantenähnliche Stellung innehatte. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Buchhaltungsbeleg vorgängig im Rahmen eines schriftlichen Kontrollverfahrens als richtig visiert wurde. Ein solcher Prüfungsvermerk ist nicht zwingend. Fehl geht der Hinweis der Vorinstanz auf das Anklageprinzip. Dass die Anklageschrift nicht von einer zusammengesetzten Urkunde ausgeht, steht einem Schuldspruch nicht entgegen. 2.3 Eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB setzt eine Tathandlung voraus, sei es, dass der Täter die inhaltlich unwahre Rechnung als Urkunde erstellt, dass er diese schriftlich als richtig bescheinigt (womit sie zur zusammengesetzten Urkunde wird) oder dass er sie als Beleg für die Jahresrechnung oder anderweitig im Verkehr mit Dritten als Schriftstück mit erhöhter Glaubwürdigkeit verwendet. Ist die Rechnung objektiv und subjektiv als Beleg für die kaufmännische Buchhaltung bestimmt, verfasst der Täter mit der inhaltlich unwahren Rechnung auch einen inhaltlich unwahren Buchhaltungsbeleg ( BGE 118 IV 35 E. 3b/cc; BGE 115 IV 225 E. 2e; vgl. oben E. 2.2.1). Eine Urkundenfälschung begeht namentlich, wer als (Mit-)Verantwortlicher für die Buchhaltung der rechnungsstellenden Gesellschaft eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt, die als Bestandteil der eigenen Buchhaltung erscheint ( BGE 118 IV 35 E. 3; BGE 117 IV 35 E. 2c; BGE 115 IV 225 E. 2; vgl. auch STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil, Bd. II, 6. Aufl. 2008, N. 41 S. 169). Darüber hinaus wurde eine Zweckbestimmung von Rechnungen als BGE 138 IV 130 S. 137 Buchhaltungsbelege in der bisherigen Rechtsprechung nur mit Zurückhaltung angenommen. Dass die inhaltlich unwahre Rechnung später Eingang in die Buchhaltung des Rechnungsempfängers ( BGE 131 IV 125 E. 4.2; Urteil 6B_421/2008 vom 21. August 2009 E. 5.4 und 5.5) oder eines Dritten (vgl. BGE 117 IV 35 ) fand, war für eine Verurteilung des Ausstellers wegen Urkundenfälschung nicht ausreichend, auch nicht, wenn sowohl der Rechnungsaussteller als auch der Rechnungsempfänger bzw. die bei diesem für die Prüfung der Rechnung verantwortliche Person wussten, dass die Rechnung falsch war. In Betracht kam höchstens eine Gehilfenschaft zur Urkundenfälschung (vgl. Urteile 6B_421/2008 vom 21. August 2009 E. 5.6; 6B_1019/2009 vom 11. März 2010 E. 2.4). Diese setzt nach dem Grundsatz der Akzessorietät eine Haupttat voraus ( BGE 130 IV 131 E. 2.4 mit Hinweis), welche tatbestandsmässig, rechtswidrig und zumindest ein strafbarer Versuch sein muss (Urteil 6B_808/2010 vom 17. Mai 2011 E. 4.2 mit Hinweisen). 2.4 2.4.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Urkundenfälschung wurde im Schrifttum verschiedentlich kritisiert. Für eine weitere Auslegung des Tatbestands der Urkundenfälschung sprach sich namentlich NIKLAUS SCHMID aus, der die Beweiseignung von Rechnungen bejaht, wenn diese beim Aussteller oder Empfänger als Buchhaltungsbelege Bestandteil der Buchhaltung werden. Massgebend ist nach SCHMID, ob der Aussteller der Rechnung mit dem Wissen handelt, dass diese im Rahmen einer Buchführung Beweisfunktion erlangt und nicht, ob die Rechnung tatsächlich in eine Buchhaltung integriert wird (vgl. NIKLAUS SCHMID, Fragen der Falschbeurkundung bei Wirtschaftsdelikten, ZStrR 95/1978 S. 306 f.). Eine ähnliche Auffassung vertritt LUCREZIA GLANZMANN-TARNUTZER, wonach eine strafbare Falschbeurkundung anzunehmen ist, wenn eine falsche Rechnung Bestandteil der kaufmännischen Buchhaltung einer der beteiligten Parteien, d.h. des Rechnungsausstellers oder des Rechnungsempfängers wird. Ausserhalb des kaufmännischen Bereichs soll die Erstellung einer falschen Rechnung demgegenüber grundsätzlich nicht als Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 StGB zu ahnden sein (vgl. LUCREZIA GLANZMANN-TARNUTZER, Art. 251 StGB und die Erstellung einer inhaltlich falschen Rechnung, AJP 2002 S. 770 und 773). Die Beschwerdeführerin beruft sich massgeblich auf GLANZMANN-TARNUTZER. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach Rechnungen selbst im Verkehr mit buchführungspflichtigen BGE 138 IV 130 S. 138 Gesellschaften nur ausnahmsweise Urkunden sind, wurde auch von weiteren Autoren kritisiert (vgl. etwa PIERRE GABUS, Le fraudeur, le faussair, l'escroc et l'assureur, SJ 1999 II 28 ff.; REMUND/BOSSARD/THORMANN, Le faux intellectuel dans le droit pénal économique, in: Droit pénal économique, 2011, S. 309 f.). Nach einer anderen Lehrmeinung ist der Umstand, dass eine inhaltlich falsche Rechnung möglicherweise als Beleg in die Buchhaltung des Adressaten eingeht, demgegenüber kein taugliches Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen Falschbeurkundung und straffreier schriftlicher Lüge (vgl. HANS VEST, Probleme des Urkundenstrafrechts, AJP 2003 S. 886; HEINZ OTTIGER, Treten an Ort bei der Falschbeurkundung, forumpoenale 1/2010 S. 46 ff.; MARKUS BOOG, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 2. Aufl. 2007, N. 56 zu Art. 251 StGB ; in diesem Sinne auch STRATENWERTH/BOMMER, a.a.O., N. 41 S. 169; BERNARD CORBOZ, Le faux dans les titres, ZBJV 131/1995 S. 551 f.). 2.4.2 Im Verhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger bzw. -adressat kann eine Rechnung höchstens unter besonderen Umständen erhöhte Glaubwürdigkeit haben (so beispielsweise bei einer garantenähnlichen Stellung, vgl. oben E. 2.2.1). Prüft der Rechnungsempfänger die Rechnung und hat er die Möglichkeit, allfällige Fehler beim Aussteller zu beanstanden, hat diese keine Beweisfunktion. Insoweit enthält eine Rechnung blosse Behauptungen des Ausstellers über die vom Empfänger geschuldete Leistung. Die darin enthaltenen Angaben können vom Rechnungsaussteller gegenüber dem Rechnungsempfänger nicht als Beweis dafür angerufen werden, dass der in Rechnung gestellte Betrag geschuldet ist, sondern wären von diesem im Rahmen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung gerade zu beweisen. Vor diesem Hintergrund wäre es verfehlt, eine Urkundenqualität von Rechnungen generell alleine deshalb zu bejahen, weil die Adressatin buchführungspflichtig ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass eine Rechnung auch bei einer buchführungspflichtigen Adressatin in der Regel erst nach erfolgter Prüfung zum Buchhaltungsbeleg erhoben wird. Dieser Entscheid obliegt dem Rechnungsempfänger bzw. den beim Empfänger für die Buchhaltung verantwortlichen Personen. Soweit die Beschwerdeführerin eine Urkundenfälschung bereits mit der Begründung annimmt, die Beschwerdegegner hätten ihre Rechnungen an eine buchführungspflichtige Gesellschaft adressiert, kann ihr nicht gefolgt werden. BGE 138 IV 130 S. 139 2.4.3 Der Urkundenfälschung kann sich allerdings auch der Rechnungsaussteller strafbar machen, wenn die inhaltlich unwahre Rechnung nicht mehr nur Rechnungsfunktion hat, sondern in erster Linie auch als Beleg für die Buchhaltung der Rechnungsempfängerin bestimmt ist. Die bisherige Rechtsprechung ist insofern weiterzuführen, dass eine objektive Zweckbestimmung von Rechnungen als Buchhaltungsbelege auch angenommen werden muss, wenn der Rechnungsaussteller mit der buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin bzw. deren Organen oder Angestellten zusammenwirkt und auf deren Geheiss oder Anregung hin oder mit deren Zustimmung eine inhaltlich unwahre Rechnung erstellt. Darunter können sogenannte Gefälligkeitsrechnungen fallen. Buchhaltungsbelege sind Urkunden. Dies rechtfertigt, auch einen Dritten in die Pflicht zu nehmen, der im Einvernehmen mit einer buchführungspflichtigen Rechnungsempfängerin inhaltlich unwahre Rechnungen anfertigt, mit welchen deren Buchhaltung verfälscht werden soll. Dieses Verhalten ist gleichermassen strafwürdig wie dasjenige von Organen oder Angestellten der buchführungspflichtigen Gesellschaft, die Buchhaltungsbelege fälschen. Steht ein solches Zusammenwirken des Rechnungsausstellers mit dem Rechnungsempfänger fest, ist die inhaltlich unwahre Rechnung aufgrund ihrer Zweckbestimmung als Buchhaltungsbeleg eine Urkunde. Täter (und nicht bloss Gehilfe) im Sinne von Art. 251 StGB kann daher auch sein, wer einen falschen Buchhaltungsbeleg erstellt, ohne selber für die Buchhaltung verantwortlich zu sein. Ist die Zweckbestimmung einer Rechnung als Buchhaltungsbeleg zu bejahen, entsteht die inhaltlich unwahre Urkunde bereits mit deren Erstellung und nicht erst mit der Verbuchung in der Buchhaltung der Rechnungsempfängerin (vgl. BGE 129 IV 130 E. 3.2 und 3.3). 3. 3.1 Die Beschwerdegegner verfassten auf Geheiss von F. inhaltlich unwahre Rechnungen, welche dieser der Geschäftsbuchhaltung der G. AG zugrunde legte. Die Beschwerdegegner erstellten nicht nur Rechnungen, sondern auch Buchhaltungsbelege. Diese waren inhaltlich unwahr, da darin andere als die tatsächlich erfolgten Leistungen in Rechnung gestellt wurden. Damit wurde der Eindruck erweckt, es handle sich um geschäftliche Auslagen der G. AG. Mit den inhaltlich unwahren Rechnungen wurde die Buchhaltung der G. AG verfälscht, da private Auslagen als geschäftsbedingt ausgewiesen wurden und der Gewinn der G. AG damit geschmälert wurde. Durch die BGE 138 IV 130 S. 140 Erstellung der inhaltlich unwahren Rechnungen als Buchhaltungsbelege erfüllten die Beschwerdegegner den objektiven Tatbestand der Urkundenfälschung. Anzufügen bleibt, dass den Beschwerdegegnern grundsätzlich nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass sie die Rechnungen an die G. AG anstatt an F. persönlich adressierten. Die Rechnungen geben diesbezüglich die Erklärung von F. wieder. Tritt dieser gegenüber den Beschwerdegegnern nicht persönlich, sondern als Organ der G. AG auf, erscheint darin die Gesellschaft als Vertragspartnerin. Vorliegend waren die Rechnungen jedoch unwahr, da geschäftliche Auslagen der G. AG vorgetäuscht wurden. 3.2 3.2.1 In subjektiver Hinsicht erfordert Art. 251 Ziff. 1 StGB Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale, wobei Eventualvorsatz genügt. Eventualvorsätzlich handelt, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt ( Art. 12 Abs. 1 und 2 StGB ). Das für den Vorsatz notwendige Wissen verlangt, soweit es sich auf Tatbestandsmerkmale bezieht, deren Verständnis eine rechtliche Wertung voraussetzt, nicht die juristisch exakte Erfassung des gesetzlichen Begriffs. Vielmehr genügt es, wenn der Täter den Tatbestand so verstanden hat, wie es der landläufigen Anschauung eines Laien entspricht (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre). Versteht der Täter in laienhafter Anschauung die soziale Bedeutung des von ihm verwirklichten Sachverhalts, so handelt er mit Vorsatz, auch wenn er über die genaue rechtliche Qualifikation irrt ( BGE 135 IV 12 E. 2.2; BGE 129 IV 238 E. 3.2.2 mit Hinweisen). 3.2.2 Die Vorinstanz geht zu Unrecht davon aus, die Beschwerdegegner hätten sich nur strafbar gemacht, wenn sie sicher darum gewusst hätten, dass die Rechnungen als Urkunden Eingang in die Buchhaltung der G. AG finden werden. Strafbar ist auch die eventualvorsätzliche Tatbegehung. Eventualvorsatz in Bezug auf die Urkundenqualität muss angenommen werden, wenn der Rechnungsaussteller mit der Möglichkeit rechnete, dass die auf Wunsch oder im Einvernehmen mit der Rechnungsempfängerin abgeänderte Rechnung für deren Buchhaltung bestimmt war. Dies liegt nahe, wenn Rechnungen auf Verlangen der Rechnungsempfängerin verfälscht und darin geschäftliche Auslagen vorgetäuscht werden. Davon geht auch die Vorinstanz aus, wenn sie darauf hinweist, der Gedanke an eine mögliche Manipulation der Buchhaltung durch F. habe sich aufgedrängt. BGE 138 IV 130 S. 141 3.2.3 Die Beschwerdegegner können sich nicht damit entlasten, sie seien von internen Verrechnungen zwischen F. und der G. AG ausgegangen. Dies vermöchte allenfalls zu erklären, weshalb sie die Rechnungen an die G. AG und nicht an F. persönlich adressierten, nicht jedoch, dass darin andere als die tatsächlich erbrachten Leistungen aufgeführt wurden. Die Beschwerdegegner waren gemäss der Feststellung des Amtsgerichts erfahrene Geschäftsmänner bzw. verfügten über fundamentale buchhalterische Kenntnisse. Dies wird von der Vorinstanz nicht infrage gestellt. 3.2.4 Im Weiteren verlangt der Tatbestand der Urkundenfälschung ein Handeln in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Der Täter braucht nicht zu wissen, worin dieser Vorteil liegt ( BGE 135 IV 12 E. 2.2 mit Hinweis). Er muss die Urkunde im Rechtsverkehr als wahr verwenden (lassen) wollen, was eine Täuschungsabsicht voraussetzt. Der erstrebte Vorteil bzw. die Schädigung muss sich gerade aus dem Gebrauch der unechten bzw. unwahren Urkunde ergeben ( BGE 135 IV 12 E. 2.2; Urteil 6P.51/2005 vom 30. November 2005 E. 4.2, nicht publ. in: BGE 132 IV 12 ). Eine Täuschung Dritter wird bei der Erstellung einer unwahren Buchhaltung in der Regel in Kauf genommen ( BGE 133 IV 303 E. 4.6-4.9). Die Bereicherungsabsicht ist zu bejahen, wenn die Beschwerdegegner in der Absicht handelten, F. oder der G. AG einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Davon ist grundsätzlich auszugehen. Im Gegenzug erhofften sich die Beschwerdegegner von diesem und der G. AG weitere Aufträge. 3.3 Die Angelegenheit ist in diesem Sinne zur erneuten Prüfung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d91801e3-e5ef-4002-825b-0f9f5b9d21be
Urteilskopf 108 IV 77 20. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 22 février 1982 dans la cause A. contre Chambre d'accusation du canton de Genève (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 270 Abs. 3 BStP . Der öffentliche Ankläger nimmt am Verfahren Teil, wenn er auf Strafklage hin die Eröffnung einer Strafuntersuchung in einem von Amtes wegen zu verfolgenden Delikt verweigert. Im Gegensatz zu anderen Kantonen kennt das Prozessrecht des Kantons Genf die Institution des Privatstrafklägers, der die Anklage allein vertritt, nicht.
Sachverhalt ab Seite 78 BGE 108 IV 77 S. 78 Dame A est en litige, sur le plan civil, avec la Société immobilière K à Genève, au sujet, notamment, du paiement de charges concernant un appartement que lui loue cette dernière. Par actes des 24 juin 1981 et 2 juillet 1981, dame A a déposé plainte pénale contre plusieurs responsables ou mandataires de la société immobilière susmentionnée. Elle reproche notamment à X, Y et Z de s'être rendus coupables de faux témoignages en justice, selon les art. 306-307 CP . Le procureur général du canton de Genève a, par ordonnances du 9 juillet et du 22 juillet 1981, refusé d'ouvrir une information pénale contre les personnes susvisées, estimant les préventions insuffisantes. Sur recours de la plaignante, la Chambre d'accusation du canton de Genève a, par décision du 23 novembre 1981, confirmé les deux ordonnances précitées. Agissant par la voie du pourvoi en nullité, dame A demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision de la Chambre d'accusation. Elle estime que les infractions qu'elle reproche aux diverses personnes concernées sont suffisamment caractérisées pour justifier l'ouverture d'une instruction pénale contre elles. Erwägungen Considérant en droit: a) Les infractions contre l'administration de la justice ( art. 303 ss CP ) se poursuivent d'office. On doit dès lors examiner préalablement si la recourante, qui invoque à l'appui de son pourvoi la violation de dispositions régissant de telles infractions, a dans cette mesure qualité pour recourir. Selon l' art. 270 al. 3 PPF , l'accusateur privé peut se pourvoir en nullité si, conformément au droit cantonal, il a soutenu l'accusation à lui seul, sans intervention de l'accusateur public. Sur ce dernier point, BGE 108 IV 77 S. 79 le Tribunal fédéral a déjà eu l'occasion de déclarer à plusieurs reprises que l'on devait considérer cette intervention comme réalisée dans le cas où l'accusateur public, bien que n'exerçant pas formellement les droits d'une partie, décide lui-même du sort de l'accusation ( ATF 101 IV 382 consid. 1, 80 IV 202, ATF 71 IV 111 ). C'est précisément le cas de la présente espèce. Le procureur général ayant refusé d'ouvrir une information pénale contre les personnes visées par les plaintes de la recourante, il est donc lui-même intervenu dans la procédure, au sens de la disposition précitée. Il faut ajouter à cela que le droit genevois - à la différence d'autres droits cantonaux - ne connaît pas l'institution de l'accusateur privé, seul détenteur, en certaines circonstances, de l'action pénale (cf. notamment ATF 105 IV 280 ss). Dès lors, il apparaît clairement que la recourante n'a pas qualité pour recourir en tant que ses plaintes portent sur des infractions qui se poursuivent d'office et son pourvoi doit être, dans cette mesure, déclaré irrecevable.
null
nan
fr
1,982
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d91875f3-c367-497a-8c8a-806bc3d6a2d7
Urteilskopf 140 II 112 12. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Fachgruppe Dolmetscherwesen, Obergericht des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_187/2013 vom 31. Januar 2014
Regeste a Art. 4 FZA ; Art. 16 Abs. 1 und 2 FZA ; Art. 16 und 10 Anhang I FZA . Tragweite des Begriffs der hoheitlichen Tätigkeit im Sinne des Freizügigkeitsabkommens. Vorbehalt der Ausübung öffentlicher Gewalt bzw. der Ausübung hoheitlicher Befugnisse im Rahmen der selbstständigen bzw. unselbstständigen Erwerbstätigkeit ( Art. 16 und 10 Anhang I FZA ). Ständige Rechtsprechung des EuGH zur Tragweite der Bereichsausnahme "Ausübung öffentlicher Gewalt": Hoheitlichen Tätigkeiten müssen Entscheidungsautonomie und eine gewisse Letztverantwortung inhärent sein (E. 3.2.2 und 3.2.3). Anwendung auf Gerichtsdolmetscher (E. 3.2.4). Regeste b Präambel, Art. 16 Abs. 1 und 2 FZA . Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe im Bereich des Freizügigkeitsabkommens. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe zu faktischen Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit im Primärrecht der EU (E. 3.6.1) sind auch im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens einschlägig (E. 3.6.2). Sie sind stets verhältnismässig und ihrerseits nicht diskriminierend anzuwenden (E. 3.6.3).
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 140 II 112 S. 113 A. A. ist lettischer Staatsangehöriger. Er beantragte mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die "Aufnahme in das Justizdolmetscherverzeichnis Zürich" für die Sprache Lettisch. Mit Beschluss des Ausschusses der Fachgruppe/Zentralstelle Dolmetscherwesen des Obergerichts des Kantons Zürich (nachfolgend: Fachgruppe) vom 15. Juni 2012 wurde dieser Antrag abgewiesen. Einen gegen den negativen Entscheid gerichteten Rekurs an die Verwaltungskommission am Obergericht des Kantons Zürich lehnte diese am 4. Februar 2013 ab. B. Die Rekursinstanz begründete ihren Entscheid im Wesentlichen dahin gehend, A. erfülle die persönlichen Voraussetzungen für eine Eintragung in das Dolmetscherverzeichnis nicht. Er verfüge erst seit Juli 2012 über eine Kurzaufenthaltsbewilligung. Weil er seinen Lebensmittelpunkt nicht in der Schweiz habe, sei nicht gewährleistet, dass er auch kurzfristig für Dolmetschereinsätze zur Verfügung stehe; aufgenommen werden könne nur, wer tatsächlich auch vor Ort Dolmetschereinsätze leisten könne. Die Verwaltungskommission am Obergericht des Kantons Zürich stellt sich überdies auf den BGE 140 II 112 S. 114 Standpunkt, A. könne keine Ansprüche aus dem Freizügigkeitsabkommen für sich ableiten. Da es sich bei der Dolmetschertätigkeit um eine hoheitliche Tätigkeit handle, sei das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz, der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten "nicht anwendbar". C. Mit Eingabe vom 16. Februar 2013 beantragt A. dem Bundesgericht, der Beschluss der Verwaltungskommission am Obergericht des Kantons Zürich (Vorinstanz) vom 4. Februar 2013 sei aufzuheben. Die Fachgruppe sei in Anwendung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU und ihren Mitgliedstaaten anzuweisen, ihn als Dolmetscher und Übersetzer in das Dolmetscherverzeichnis des Kantons Zürich aufzunehmen. (...) Das Bundesgericht hebt in Gutheissung der Beschwerde den Beschluss der Verwaltungskommission am Obergericht des Kantons Zürich auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an die Fachgruppe zurück. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Freizügigkeitsabkommen (Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [FZA; SR 0.142.112.681]) bestimmt im Rahmen seines sachlichen Anwendungsbereichs die Aufenthalts- und Berufsausübungsrechte der selbstständig und unselbstständig erwerbstätigen EU-Ausländer nach Massgabe der folgenden Bestimmungen: 2.1 Art. 4 FZA in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 Anhang I FZA gewährt selbstständig Erwerbstätigen eine Aufenthaltsberechtigung mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren, wenn sich diese zum Zweck der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz niederlassen. Aufenthaltsunterbrechungen, die sechs aufeinanderfolgende Monate nicht überschreiten, berühren die Gültigkeit einer solchen Aufenthaltserlaubnis nicht ( Art. 4 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 5 Anhang I FZA ; vgl. Urteil 2C_471/2012 vom 18. Januar 2013 E. 4.4). Selbstständige Erwerbstätige, die sich in der Schweiz niederlassen wollen, sind hinsichtlich des Zugangs zu einer Erwerbstätigkeit und deren Ausübung nicht weniger günstig zu behandeln als schweizerische Staatsangehörige ( Art. 15 Anhang I FZA ; vgl. auch Art. 7 lit. a FZA ; "Inländerbehandlung"). Gemäss Art. 16 Anhang I BGE 140 II 112 S. 115 des Freizügigkeitsabkommens kann Selbstständigen das Recht auf Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne einer Ausnahme allerdings dann verweigert werden, wenn die Erwerbstätigkeit dauernd oder zeitweise "mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden " ist. 2.2 Gemäss Art. 4 FZA in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Anhang I FZA hat ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei, der mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mindestens einem Jahr eingegangen ist, Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren. Ein Arbeitnehmer, der mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mehr als drei Monaten und weniger als einem Jahr eingegangen ist, erhält eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer, die der Dauer des Arbeitsvertrags entspricht ( Art. 6 Abs. 2 Anhang I FZA ). Einem unselbstständig erwerbstätigen Staatsangehörigen einer Vertragspartei kann das Recht auf eine "Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" verweigert werden, sofern diese "die Ausübung hoheitlicher Befugnisse umfasst und der Wahrung der allgemeinen Interessen des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften dient " ( Art. 10 Anhang I FZA ). 2.3 Der Beschwerdeführer verfügt gemäss der vorinstanzlichen Darstellung über eine Geschäftsniederlassung in Zürich, um seine Übersetzertätigkeit auf Dauer in der Schweiz anzubieten. Um weitere Aufträge zu generieren, bewirbt er sich um Aufnahme ins Dolmetscherverzeichnis, die er anhand seiner Rechte als Selbstständigerwerbender aus dem Freizügigkeitsabkommen überprüft haben möchte. Gerichtsdolmetscheraufträge gelten sozialversicherungsrechtlich in der Regel als unselbstständige Erwerbstätigkeit (vgl. Urteile H 5/00 vom 13. Juli 2001 E. 5; H 173/06 vom 21. Mai 2007 E. 3; vgl. auch die in § 20 der Zürcher Dolmetscherverordnung vom 26./27. November 2003 [LS 211.17] statuierte, jedoch widerlegbare Vermutung). Es erübrigt sich allerdings, an dieser Stelle zu prüfen, ob die Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers - wie er selbst und offenbar auch die Vorinstanz annimmt -, tatsächlich als selbstständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist. Der vorgelegte Rechtsstreit, das heisst die Frage der Anwendbarkeit des Freizügigkeitsabkommens, führt - wie zu zeigen sein wird - zu keinen unterschiedlichen Resultaten je nach Art der ausgeübten (selbstständigen oder unselbstständigen) Erwerbstätigkeit (vgl. nachstehend E. 3 und 3.5). BGE 140 II 112 S. 116 3. Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, bei der Dolmetschertätigkeit handle es sich um eine "hoheitliche staatliche Tätigkeit", sodass der Beschwerdeführer keine Ansprüche gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen für sich ableiten könne. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, die Vorinstanz habe die Ausnahmebestimmung im Sinne von Art. 16 Anhang I des Freizügigkeitsabkommens zu den hoheitlichen Tätigkeiten zu Unrecht für anwendbar erklärt. Dies habe zu einer "rechtsfehlerhaften Ungleichbehandlung" des Beschwerdeführers aufgrund seiner Staatsangehörigkeit (Diskriminierung) und damit zu einer Verletzung des Abkommens geführt. 3.1 Wie die Vorinstanz anführt, hat sich das Bundesgericht in innerstaatlichem Kontext bereits zur Qualifikation der Arbeitseinsätze von Dolmetschern, Übersetzern und Sachverständigen für Gerichte und Behörden geäussert. 3.1.1 Anlässlich der Überprüfung der Entschädigungsregel der Dolmetscherverordnung hat es festgestellt, dass es sich bei Übersetzungseinsätzen nach § 16 der Dolmetscherverordnung um ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis zwischen der Gerichts- oder Verwaltungsbehörde einerseits und der dolmetschenden Person andererseits handle, wobei die Bestimmungen des OR zum Auftrag sinngemäss Anwendung finden (§ 16 Abs. 2 der Dolmetscherverordnung; Urteil 1P.58/2004 vom 15. November 2004 E. 2.2 und 4.4; vgl. auch Urteil 1C_252/2007 vom 5. März 2008 E. 2). Die in diesem Rahmen ausgeübten Einsätze gehörten "zur hoheitlichen staatlichen Tätigkeit" (Urteil 1P.58/2004 vom 15. November 2004 E. 2.2). Da die Ausübung einer staatlichen Tätigkeit oder eines öffentlichen Amtes nicht unter dem Schutz der Wirtschaftsfreiheit stehe, könnten die Dolmetscher gestützt auf die Wirtschaftsfreiheit keinen Anspruch daraus ableiten "für staatliche Aufträge Vergütungen in einer bestimmten Höhe bezahlt zu erhalten" (Urteil 1P.58/2004 vom 15. November 2004 E. 2.1 und 2.2; BGE 130 I 26 E. 4.1 S. 40 f. mit zahlreichen Hinweisen). Die im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle angefochtene Entschädigungsregelung in der Dolmetscherverordnung des Kantons Zürich stand nicht im Widerspruch zur Verfassung (Urteil 1P.58/2004 vom 15. November 2004 E. 2.2 und 4.5). In BGE 138 I 196 ff. hatte das Bundesgericht die Tätigkeit von vereidigten Übersetzern im Kanton Genf unter dem Gesichtswinkel des Legalitätsprinzips zu beurteilen. Es hat festgehalten, ein vereidigter Übersetzer nehme Staatsaufgaben wahr (E. 4.3). Jedoch bilde er nicht BGE 140 II 112 S. 117 Teil der Genfer Staatsverwaltung, sondern sei ihr ausgelagert. Die Auslagerung staatlicher Aufgaben an einen Privaten bedürfe einer Grundlage in einem formellen Gesetz; da keine gesetzliche Grundlage für eine entsprechende Tätigkeit bestand, verletzte eine entsprechende Übersetzertätigkeit Verfassungsrecht ( BGE 138 I 196 E. 4.4 S. 200 ff.). 3.1.2 Im Urteil 2C_121/2011 vom 9. August 2011 hatte das Bundesgericht ausgeführt, die Gutachtertätigkeit für staatliche Behörden sei eine "hoheitliche Tätigkeit", welche dem Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (BGBM; SR 943.02) nicht unterstehe (E. 3). So gehörten die Aufgaben von Gerichten oder Strafvollzugsbehörden zu den typischen hoheitlichen Tätigkeiten, die vom Geltungsbereich des Binnenmarktgesetzes ausgeschlossen seien (E. 3.3.2). Auch von diesen Behörden beauftragte Gutachter seien "Entscheidungsgehilfen der Behörden", was sich unter anderem darin ausdrücke, "dass sie die gleichen Anforderungen an Neutralität und Unparteilichkeit erfüllen müssen" (E. 3.3.2 mit Hinweis auf das Urteil 1P.439/2004 vom 9. Dezember 2001 E. 4.2, nicht publ. in: BGE 130 I 360 ; BGE 134 I 159 E. 3 S. 163; BGE 127 I 73 E. 3f/aa und E. 3f/bb S. 80 ff.; BGE 126 III 249 E. 3c S. 253 f.). 3.2 Es stellt sich die Frage, wie der Begriff der "Ausübung öffentlicher Gewalt" im Lichte der Auslegung des FZA zu verstehen und die Tätigkeit von Dolmetschern für Behörden und Gerichte vor diesem Hintergrund zu beurteilen ist. Gemäss Art. 16 Abs. 2 FZA ist für die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens - soweit für die Anwendung des Abkommens Begriffe des Unionsrechts herangezogen werden - die einschlägige Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Juni 1999) massgebend. Da es Ziel des Abkommens ist, die Freizügigkeit auf der Grundlage der in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (Präambel), und die Vertragsstaaten übereingekommen sind, in den vom Abkommen erfassten Bereichen alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit in ihren Beziehungen eine möglichst parallele Rechtslage besteht ( Art. 16 Abs. 1 FZA ), weicht das Bundesgericht praxisgemäss von der Auslegung abkommensrelevanter unionsrechtlicher Bestimmungen durch den EuGH nach dem Unterzeichnungsdatum nicht leichthin, sondern nur beim Vorliegen "triftiger" Gründe ab ( BGE 139 II 393 E. 4.1.1 S. 397 f.; BGE 136 II 65 E. 3.1 S. 70 f., BGE 136 II 5 E. 3.4 S. 12 f.; je mit zahlreichen Hinweisen). BGE 140 II 112 S. 118 Art. 16 Anhang I FZA zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse ist der Ausnahmebestimmung zum Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit von Art. 51 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV; ABl. C 326 vom 26. Oktober 2012 S. 47 ff. [ehemals Art. 45 EGV]) nachgebildet; die Formulierung dieser Bestimmung des Freizügigkeitsabkommens ("Ausübung öffentlicher Gewalt") stimmt wörtlich mit derjenigen des AEUV bzw. EGV überein. Für ihre Interpretation wie auch für die Auslegung der unter dem Begriff der Niederlassungsfreiheit gewährten Rechte ( Art. 4 und 7 FZA in Verbindung mit Art. 12 ff. Anhang I FZA ) ist die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union heranzuziehen ( Art. 16 Abs. 2 FZA ; vgl. BGE 139 II 393 E. 4.1.1 S. 397 f. mit Hinweisen; vgl. auch Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts C 203/03 vom 21. Dezember 2006 E. 6.1; vgl. auch EPINEY/METZ/PIRKER, Zur Parallelität der Rechtsentwicklung in der EU und in der Schweiz, Ein Beitrag zur rechtlichen Tragweite der "Bilateralen Abkommen", 2012, S. 157 ff.). 3.2.1 Im Rahmen der Niederlassungsfreiheit in der EU - d.h. der "tatsächlichen Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbeschränkte Zeit" (Urteil des EuGH vom 25. Juli 1991 C-221/89 Factortame , Slg. 1991 I-3905 Randnr. 20) - sind Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verboten (Art. 49 ff. AEUV; ehemals Art. 43 ff. EGV). Die Gleichbehandlungsgebote verbieten nach der bei der Auslegung des FZA zu berücksichtigenden Rechtsprechung des EuGH nicht nur unmittelbare (offene) Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle mittelbaren (verdeckten) Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale zum Ergebnis einer unterschiedlichen Behandlung je nach Staatszugehörigkeit führen würden (Urteile des EuGH vom 12. Februar 1974 C-152/73 Sotgiu , Slg. 1974 153 Randnr. 11; vom 8. Mai 1990 C-175/88 Biehl , Slg. 1990 I-1779 Randnrn. 13 f.; vom 14. Januar 1988 C-63/86 Kommission gegen Italien , Slg. 1988 29 Randnrn. 18 ff.; vgl. BGE 131 V 209 E. 6.2 S. 215; BGE 130 I 26 E. 3.2.3 S. 35 f.; Urteil 2C_244/2011 vom 3. Februar 2012 E. 3.2.2; WINFRIED BRECHMANN, in: EUV/AEUV, Kommentar, Calliess/Ruffert [Hrsg.], 4. Aufl. 2011, N. 20 zu Art. 49 AEUV; TOBIAS JAAG, Europarecht, 3. Aufl. 2010, Rz. 1517a). Massnahmen, die nicht diskriminierend sind, sich jedoch beschränkend auswirken, stellen im Binnenrecht der EU ebenfalls einen zu rechtfertigenden Eingriff in BGE 140 II 112 S. 119 die Niederlassungsfreiheit dar (vgl. Urteile des EuGH vom 7. Mai 1991 C-340/89 Vlassoupoulou , Slg. 1991 I-2357 Randnrn. 15 ff.; vom 31. März 1993 C-19/92 Kraus Slg. 1993 I-1663 Randnr. 32; vgl. auch vom 19. Mai 2009 C-171/07 Doc Morris II , Randnrn. 18, 22 ff.; vgl. BIEBER/EPINEY/HAAG, Die Europäische Union, 10. Aufl. 2013, § 11 N. 120). Vom Anwendungsbereich des Niederlassungsrechts bleiben hingegen Tätigkeiten ausgeschlossen, "die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind" (Art. 51 AEUV; ehemals Art. 45 Abs. 1 EGV). Tätigkeiten, die in diese sog. "Bereichsausnahme" fallen, sind vom Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ausgenommen und dürfen - auch ohne Anrufung von Rechtfertigungsgründen - eigenen Staatsangehörigen vorbehalten bleiben (vgl. hierzu JÜRGEN BRÖHMER, in: EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 51 AEUV; ULRICH FORSTHOFF, in: Das Recht der Europäischen Union, Kommentar, Grabitz/Hilf/Nettesheim [Hrsg.], Stand Juli 2010, N. 6 zu Art. 51 AEUV; HENSSLER/KILIAN, Die Ausübung hoheitlicher Gewalt im Sinne des Art. 45 EG, EuR 2005 S. 192 ff.; JAAG, a.a.O., Rz. 3142 f.). 3.2.2 Nach der Praxis des EuGH ist der Begriff der "öffentlichen Gewalt" im Sinne von Art. 51 AEUV eng auszulegen: Um die praktische Wirksamkeit (vgl. hierzu BGE 133 V 367 E. 11 S. 386 ff.) der Niederlassungsfreiheit zu wahren, müsste die vorgesehene Ausnahmeregelung auf Tätigkeiten beschränkt sein, welche "unmittelbar und spezifisch" mit der Ausübung hoheitlicher Gewalt verbunden sind (vgl. Urteile des EuGH vom 21. Juni 1974 2/74 Reyners , Slg. 1974 631 Randnrn. 44/45, 54/55; vom 13. Juli 1993 C-42/92 Thijssen , Slg. 1993 I-4047 Randnr. 8; vom 29. Oktober 1998 C-114/97 Kommission gegen Spanien , Slg. 1998 I-6717 Randnr. 35; vgl. auch vom 30. März 2006 C-451/03 Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti , Slg. 2006 I-2941 Randnr. 46; vom 29. November 2007 C-404/05 Kommission gegen Deutschland , Slg. 2007 I-10239 Randnr. 38; und vom 22. Oktober 2009 C-438/08 Kommission gegen Portugal , Slg. 2009 I-10219 Randnr. 36). Die öffentliche Gewalt manifestiere sich etwa in der Ausübung von gerichtlichen Beurteilungs- und Entscheidungsbefugnissen (Urteil Reyners , Randnrn. 51 bis 53, 54/55). Auch die mit dem Einsatz von Zwangsmitteln bzw. der regelmässigen Ausübung polizeilicher Befugnisse verbundenen Tätigkeiten stellen eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse dar, sofern sie nicht bloss einen sehr geringen Teil jener Tätigkeit ausmachen (Urteile BGE 140 II 112 S. 120 Kommission gegen Portugal , Randnr. 44; vom 30. September 2003 C-47/02 Anker u. a. gegen Deutschland , Slg. 2003 I-10447 Randnrn. 61, 63, 69; Kommission gegen Spanien , Randnr. 37). 3.2.3 Allerdings sind nach der Rechtsprechung des EuGH bestimmte Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten für die Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten nicht von der Bereichsausnahme gemäss Art. 51 AEUV bzw. Art. 45 Abs. 1 EGV erfasst (Urteil Thijssen , Randnr. 22). Hierunter hat der EuGH bereits etwa die Tätigkeit von Seeschifffahrtskapitänen mit personenstandsrechtlichen oder notariellen Aufgaben (Urteile Anker , Randnr. 68 f.; vom 30. September 2003 C-405/01 Colegio de Oficiales de la Marina , Slg. 2003 I-10391 Randnrn. 42 ff.), Steuerbeistandszentren (Urteil Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti , Randnr. 47), Kfz-Sachverständige, die von Gerichten zur Begutachtung von Strassenverkehrsunfällen herangezogen wurden (Urteil vom 10. Dezember 1991 C-306/89 Kommission gegen Griechenland , Slg. 1991 I-5863 Randnr. 7) oder Sicherheitsdienste unter polizeilicher Aufsicht subsumiert (Urteile Kommission gegen Spanien , Randnr. 37; vom 31. Mai 2001 C-283/99 Kommission gegen Italien , Randnr. 21). Auch stellen Tätigkeiten, die "einen Verkehr mit den Gerichten mit sich bringen", selbst wenn diese "regelmässig erbracht werden, organisch in das Gerichtsverfahren eingebettet sind und auf eine obligatorische Mitarbeit bei der Erfüllung der Aufgaben der Gerichte hinauslaufen", keine Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt dar (Urteil Reyners , Randnrn. 51-53). Hoheitlichen Tätigkeiten müssen demnach Entscheidungsautonomie und eine gewisse Letztverantwortung inhärent sein, damit sie als Ausübung hoheitlicher Gewalt qualifiziert werden können. Nicht unter die Bereichsausnahme von Art. 51 AEUV fallen hingegen Tätigkeiten, deren Ausübung die Beurteilungs- oder Entscheidungsbefugnisse von Verwaltungsbehörden oder Gerichten unberührt lässt (Urteile Thijssen , Randnr. 22; Kommission gegen Spanien , Randnr. 38; vgl. auch Urteil des EuGH vom 24. Mai 2011 C-54/08 Kommission gegen Deutschland , Slg. 2011 I-04355 Randnr. 87). Personen, die entsprechende Hilfstätigkeiten ausüben, können sich auf ihre Freizügigkeitsrechte berufen, und umgekehrt steht es den Vertragsstaaten nicht zu, die Freizügigkeitsrechte einzuschränken und entsprechende Hilfstätigkeiten den eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten (vgl. MARIE- CHRISTINE FUCHS, Kein Staatsangehörigkeitsvorbehalt für den Zugang zum Notarberuf [EuGH, GrosseKammer, Urteil vom 24. Mai 2011 BGE 140 II 112 S. 121 C-54/08, Kommission/Deutschland], Europ. Zeitschrift für Wirtschaftsrecht [EuZW] 12/2011 S. 468 ff.,dort 475 f.; MATTHIAS OESCH, Niederlassungsfreiheit und Ausübung öffentlicher Gewalt im EU-Recht und im Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU, SZIER 2011 S. 583 ff., dort 596; vgl. auch ETIENNE POLTIER, RDAF 2013 I 427). Der EuGH hat in einem Urteil aus dem Jahr 2011 in Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung zum eng auszulegenden Begriff der öffentlichen Gewalt (E. 3.2.2; Urteile Reyners , Randnrn. 44/45, 54/55; Kommission gegen Griechenland , Randnr. 7) denn auch festgestellt, dass die Tätigkeit von "Gerichtssachverständigen auf dem Gebiet der Übersetzung" darin bestehe, eine neutrale und hochwertige Übersetzung aus einer Sprache in eine andere zu erbringen, ohne dass die Meinung der Sachverständigen in die Entscheidungsfindung der Behörden mit einfliessen würde. Die Übersetzungsleistung lasse die gerichtliche Würdigung und die freie Ausübung der rechtsprechenden Gewalt ungeschmälert, sodass sie nicht unter die Bereichsausnahme der öffentlichen Gewalt falle, sondern vielmehr eine Hilfstätigkeit hierzu darstelle (Urteil des EuGH vom 17. März 2011 C-372/09 und 373/09 Josep Penarroja Fa , Slg. 2011 I-1785 Randnrn. 41-45). 3.2.4 Die Rechtsprechung des EuGH zur Bereichsausnahme der öffentlichen Gewalt hat sich - wie die Rechtsprechung zur Abgrenzung von Hilfstätigkeiten für hoheitliche Tätigkeiten - in ihrem Kernbestand seit langer Zeit herausgebildet (vgl. die Urteile Reyners , Randnrn. 44/45, 54/55; Thijssen , Randnr. 22 sowie Kommission gegen Griechenland , Randnr. 7; oben E. 3.2.2); sie ist nicht "ausschliesslich Teil der Weiterbildung des Unionsrechts" seit dem für die Auslegung des Freizügigkeitsabkommens massgeblichen Stichtag vom 21. Juni 1999 (vgl. BGE 139 II 393 E. 4.1.1 S. 397 f.; oben E. 3.2). Der Begriff der Bereichsausnahme der öffentlichen Gewalt im Sinne der angeführten Rechtsprechung des EuGH ist demnach für die Schweiz verbindlich (Art. 16 Anhang I in Verbindung mit Art. 16 Abs. 2 FZA ): Im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens stellt die Dolmetschertätigkeit, die darin besteht, eine neutrale und hochwertige Übersetzung zuhanden der Gerichte zu erbringen, ohne dass die Meinung des Dolmetschers in die Entscheidungsfindung der Behörden mit einfliesst (vgl. oben E. 3.2.3), keine "unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt" ( BGE 128 I 280 E. 3 S. 282) im Sinne von Art. 16 Anhang I FZA dar. Der BGE 140 II 112 S. 122 Beschwerdeführer kann - weil seine Aufgabe nicht (unmittelbar) mit derAusübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, sondern eine Hilfsfunktion für die entsprechende Bereichsausnahme darstellt - Ansprüche aus dem Freizügigkeitsabkommen für sich ableiten. 3.3 Diese Auslegung steht begrifflich, nicht jedoch inhaltlich im Widerspruch zur bisherigen, in Anwendung des nationalen Rechts ergangenen Rechtsprechung zur Qualifikation der Dolmetscher- bzw. Übersetzertätigkeiten (oben E. 3.1): Wenn die Dolmetscher gestützt auf die Wirtschaftsfreiheit keinen Anspruch darauf haben, staatliche Entschädigungen über die Entschädigungsregel in der Dolmetscherverordnung hinaus zu verlangen, können sie unter dem Blickwinkel der Freizügigkeit gleichwohl berechtigt sein, sich zur Berufsausübung in der Schweiz niederzulassen (oben E. 3.1.1). Die Auslegung tangiert auch nicht den Grundsatz, wonach die Übertragung staatlicher Aufgaben an Dritte ausserhalb der Behördenorganisation auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen muss ( BGE 138 I 196 E. 4.4 S. 200 ff. mit Hinweisen; oben E. 3.1.1; vgl. hierzu auch ZÜND/ERRASS, Privatisierung von Polizeiaufgaben, Sicherheit & Recht 3/2012 S. 162 ff., 183; TOBIAS JAAG, Dezentralisierung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Formen, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, in: Dezentralisierung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 2000, S. 37 ff.). Zwar ist es geboten, die Dolmetscher zur Wahrung prozessualer Rechte der Bürgerinnen und Bürger in die Unparteilichkeit, Unbefangenheit und Unvoreingenommenheit der gerichtlichen Behörden und damit in die Grundrechtsbindung staatlichen Handelns mit einzubeziehen ( Art. 30 Abs. 1 BV bzw. Art. 29 Abs. 1 BV ; BGE 125 II 541 E. 4a S. 544; BGE 120 V 357 E. 3a S. 364 f.; Urteile 2C_991/2011 vom 18. Juli 2012 E. 2.2; 2C_121/2011 vom 9. August 2011 E. 3.3.2; 2P.78/2005 21. Juli 2005 E.2.1; GEROLD STEINMANN, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 8 zu Art. 30 BV ). Umgekehrt sollten freizügigkeitsberechtigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher nicht unter Berufung auf jenen Zweck daran gehindert werden, entsprechende Dienste (auch) an Schweizer Gerichten und vor Schweizer Behörden anzubieten. Die funktionelle Betrachtung der Dolmetschertätigkeit im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens (vgl. Urteil C-54/08 Kommission gegen Deutschland , Randnr. 109, und die oben E. 3.2.2 f. zitierte Rechtsprechung des EuGH; vgl. auch OESCH, a.a.O., S. 595 mit Hinweisen) mindert die institutionelle Unabhängigkeitsgarantie gerichtlicher Behörden nicht ( Art. 30 BV ). BGE 140 II 112 S. 123 3.4 Nach dem Gesagten geniesst der Beschwerdeführer - dessen fachliche Qualifikationen gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen von der Fachgruppe vollumfänglich anerkannt sind (vgl. hierzu Art. 9 in Verbindung mit Anhang III FZA) - hinsichtlich des Zugangs zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit und deren Ausübung Inländerbehandlung. Jede Ungleichbehandlung aufgrund der Staatszugehörigkeit ist untersagt ( Art. 15 Abs. 1 Anhang I FZA ; vgl. auch Art. 2 FZA ). Die Vorinstanz durfte demnach im Auswahlverfahren nicht auf das in § 10 Abs. 2 lit. c der Dolmetscherverordnung genannte Kriterium der Staatszugehörigkeit ("in der Regel Schweizer Bürgerin oder Bürger") abstellen. Die Vorinstanz legt nicht dar, was die in § 10 Abs. 2 lit. c der Dolmetscherverordnung festgehaltene weitere Voraussetzung bezweckt, wonach die Bewerber "seit mehreren Jahren über eine Aufenthaltsbewilligung" verfügen müssten. Die Dauer des bisherigen Aufenthalts bzw. die Tatsache, dass der Beschwerdeführer erst seit kurzer Zeit im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung ist, darf für sich ebenfalls kein Kriterium sein, ihm die Aufnahme ins Dolmetscherverzeichnis zu verweigern. Die Fachgruppe wird das Aufnahmegesuch demnach neu zu prüfen haben, ohne dabei auf die genannten, an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden und damit im Anwendungsbereich des FZA unzulässigen Kriterien zurückzugreifen. Die Beschwerde ist aus diesem Grund gutzuheissen und im Sinne der Erwägungen an die Fachgruppe als Erstinstanz zurückzuweisen. 3.5 Nichts anderes ergäbe sich, wenn der Beschwerdeführer entgegen seinen Ausführungen in der Schweiz nicht selbstständige, sondern ausschliesslich unselbstständige Erwerbstätigkeiten wahrnähme (vgl. Urteil H 5/00 vom 13. Juli 2001 insb. E. 4; oben E. 2.3). Auch die Bereichsausnahme der "Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung" für Arbeitnehmende knüpft - im Vertragstext des FZA sogar explizit - an die "Ausübung hoheitlicher Befugnisse" an. Auch unselbstständig erwerbstätige Behördendolmetscher sind demnach unter dem Gesichtswinkel des FZA nicht als "Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung" anzusehen, deren Tätigkeit "die Ausübung hoheitlicher Befugnisse umfasst" und die folglich unter die sachliche Einschränkung des Anwendungsbereichs des FZA fallen würde ( Art. 10 Anhang I FZA ; vgl. zu Art. 45 Abs. 4 AEUV bzw. Art. 39 Abs. 4 EGV auch die Urteile des EuGH Colegio de Oficiales de la Marina , Randnrn. 42 ff.; ferner vom 26. Mai 1982 149/79 BGE 140 II 112 S. 124 Kommission gegen Belgien , Slg. 1982 S. 1845, Randnr. 7; vom 3. Juni 1986 307/84 Kommission gegen Frankreich , Slg. 1986 S. 1725 Randnr. 12; vom 2. Juli 1996 C-290/94 Kommission gegen Griechenland , Slg. 1996 I-3285 Randnr. 2; vgl. auch MARIE-CHRISTINE FUCHS, Die Bereichsausnahmen in Art. 45 Abs. 4 AEUV und Art. 51 Abs. 1 AEUV, 2013, S. 104 ff., 345 ff.; MATTHIAS OESCH, Das Binnengesetz und hoheitliche Tätigkeiten, ZBJV 148/2012 S. 377 ff., dort 393 f.). 3.6 Die Vorinstanz führt weiter aus, Sinn und Zweck der Voraussetzungen in § 10 Abs. 2 lit. c der Dolmetscherverordnung sei letztlich, dass Dolmetscher tatsächlich verfügbar seien. Eine "grundsätzliche Einsatzbereitschaft" bzw. "eine gewisse Mobilität und Flexibilität" seien für die Aufnahme in das Dolmetscherregister am Obergericht Zürich unerlässlich. Da der Beschwerdeführer sich vermehrt im Ausland aufhalte und faktisch für viele Einsätze - für die Polizei oder Staatsanwaltschaft etwa - nicht zur Verfügung stehe, sei die Verweigerung der Fachgruppe, ihn ins Dolmetscherregister aufzunehmen, nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer bringt seinerseits vor, eine Verfügbarkeit in ausreichendem Masse sei durch seinen Geschäftssitz in Zürich nachgewiesen. Daran ändere nichts, dass er sich teilweise im Ausland aufhalte. 3.6.1 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH umfasst die Niederlassungsfreiheit die Möglichkeit, unter Beachtung der jeweiligen Berufsregeln im Gebiet der Vertragsstaaten mehr als eine Stätte für die Ausübung einer Tätigkeit einzurichten und beizubehalten (vgl. Urteile des EuGH vom 12. Juli 1984 107/83 Klopp , Slg. 1984 S. 2971 Randnr. 19; vom 20. Mai 1992 C-106/91 Ramrath , Slg. 1992 I-3351 Randnr. 20). Es ist daher unter dem Gesichtswinkel der Freizügigkeitsrechte grundsätzlich unzulässig, das Niederlassungsrecht eines EU-Ausländers einzuschränken, etwa weil er eine entsprechende Tätigkeit auch in einem anderen Vertragsstaat ausübt oder in einem anderen Vertragsstaat (zusätzlich in Teilzeitbeschäftigung) unselbstständig erwerbstätig ist (vgl. Urteile des EuGH Ramrath , Randnrn. 25 f.; vom 18. Januar 2001 C-162/99 Kommission gegen Italien , Slg. 2001 I-541 Randnr. 20). Allerdings sind gewisse Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit im Binnenrecht der EU zu rechtfertigen. So sind die Mitgliedstaaten befugt, Sonderregelungen für EU-Ausländer vorzusehen oder Einschränkungen der Grundfreiheiten zuzulassen, die Vertragsausländer faktisch vermehrt treffen, jedoch aus Gründen der öffentlichen BGE 140 II 112 S. 125 Ordnung, Sicherheit und Gesundheit zu rechtfertigen sind (Art. 52 Abs. 1 AEUV bzw. Art. 46 Abs. 1 EGV; vgl. etwa Urteile des EuGH vom 30. November 1995 C-55/94 Gebhard , Slg. 1995 I-4165 ff. Randnr. 33 ff., 37; Kraus, Randnr. 32; Anker , Randnr. 67; Kommission gegen Deutschland , Randnr. 98); als Rechtfertigungsgründe kommen auch Grundrechte Dritter in Betracht (vgl. etwa Urteile des EuGH vom 12. Juni 2003 C-112/00 Schmidberger , Slg. 2003 I-5659 Randnr. 71; vom 14. Oktober 2004 C-36/02 Omega , Slg. 2004 I-09609 Randnr. 40). Entsprechende Einschränkungen sind jedoch zusätzlich nicht diskriminierend und unter dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit auszulegen (vgl. Urteil Gebhard , Randnr. 37). Auch ungeschriebene, in der Terminologie des EuGH "zwingende Erfordernisse" des Allgemeininteresses können faktische Eingriffe in die Niederlassungsfreiheit rechtfertigen (Urteile vom 20. Februar 1979 120/78 Rewe-Zentral AG , Slg. 1979 S. 649 ff., "Cassis de Dijon" , Randnrn. 8, 13 f.; Kraus , Randnr. 32; vgl. vom 3. Oktober 2000 C-58/98 Corsten , Slg. 2000 I-7919 Randnr. 35;BRÖHMER, a.a.O., N. 32 zu Art. 49 AEUV;FORSTHOFF,a.a.O., N. 122 und 124 zu Art. 49 AEUV). Beim Heranziehen von inhärenten Rechtfertigungsgründen ist gleichermassen der Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten und sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewendet werden (vgl. Urteil Gebhard , Randnr. 37; vgl. heute Art. 5 Abs. 4 EUV, Art. 52 Abs. 1 der Grundrechtecharta der EU). 3.6.2 Das FZA bezweckt, die Freizügigkeit auf der Grundlage der in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen zu verwirklichen (Präambel und vorne E. 3.2); in den Beziehungen der Schweiz zur EU und ihren Mitgliedstaaten soll im Rahmen der partiell auf die Schweiz ausgeweiteten unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechte eine möglichst parallele Rechtslage bestehen ( Art. 16 Abs. 1 FZA ). Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sowie "zwingende Erfordernisse" des Allgemeininteresses, die zwar über die in Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA genannten Rechtfertigungsgründe hinausgehen, jedoch im Binnenrecht der EU ausnahmsweise einen Eingriff in die Grundfreiheiten rechtfertigen können (vgl. hierzu das Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2011 C-506/10 Graf und Engel , Slg. 2011 I-09345 Randnrn. 30 ff., 34), sind auch im Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens einschlägig. 3.6.3 Die Vorinstanz hat weder die Abwesenheiten des Beschwerdeführers festgestellt, noch dargelegt, wie die Fachgruppe das BGE 140 II 112 S. 126 Kriterium der Verfügbarkeit gegenüber inländischen Bewerbern anwendet. Eine Schlechterstellung des Beschwerdeführers aufgrund möglicher anderer Tätigkeiten im Ausland ist grundsätzlich unzulässig. Ob der Beschwerdeführer gegenüber inländischen Bewerbern aufgrund seiner Verfügbarkeiten faktisch schlechtergestellt wird, lässt sich den Ausführungen der Vorinstanz nicht entnehmen. Es liegt auch nicht auf der Hand, Personen generell vom Eintrag in das Dolmetscherverzeichnis auszuschliessen, bloss weil sie eine gewisse Vorausplanung benötigen. So ist eine kurzfristige Verfügbarkeit für die in der Regel frühzeitig angesetzten Behörden- und Gerichtsverhandlungen, die den Grossteil der Übersetzungsaufträge ausmachen dürften, nicht erforderlich. Allerdings kann das Kriterium der Verfügbarkeit für gewisse Einsätze sachgerecht erscheinen, um etwa haftrichterliche Überprüfungen oder Einvernahmen von Angeschuldigten zu ermöglichen und damit Grundrechte von Dritten, zum Beispiel effektive Verteidigungsrechte von Angeklagten, zu gewährleisten (vgl. Art. 29 BV ; Art. 6 EMRK ; vgl. etwa BGE 118 Ia 462 E. 2a S. 464 f. mit zahlreichen Hinweisen; Urteil 6B_190/2008 vom 20. Mai 2008 E. 3.1; Urteile des EGMR Luedicke, Belkacem und Koç gegen Deutschland vom 28. November 1978, Serie A Bd. 62 § 48, sowie Kamasinski gegen Österreich vom 19. Dezember 1989, Serie A Bd. 168 § 74) oder die Funktionsweise der Gerichte zu wahren. Für solche Einsätze darf demnach die Fachgruppe die Voraussetzung der Verfügbarkeit heranziehen, selbst wenn es ausländische Dolmetscher faktisch stärker in der Ausübung ihrer Freizügigkeitsrechte einschränken würde. Das Kriterium der Verfügbarkeit steht für derartige Einsätze - soweit es seinerseits nicht diskriminierend angewandt wird und verhältnismässig ist - dem Freizügigkeitsabkommen nicht entgegen (vgl. Urteile Gebhard , Randnr. 37; Ramrath , Randnrn. 29 f.; JAAG, a.a.O., 2010, N. 314 f., 3150 f.; FORSTHOFF, a.a.O., N. 122 zu Art. 49 in Verbindung mit N. 371 ff. zu Art. 45 AEUV; vgl. in anderem Kontext des FZA auch ASTRID EPINEY, Vorübergehende Wiedereinführung der bedarfsabhängigen Zulassung frei praktizierender Ärzte, Jusletter 22. April 2013 Rz.12 mit zahlreichen Hinweisen; COTTIER/LIECHTI-MCKEE, KVG-Teilrevision, Zur Vereinbarkeit mit dem bilateralen Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU, Jusletter 10. Juni 2013 Rz. 25 ff., 29). 4. Die Beschwerde erweist sich demnach als begründet. Das Aufnahmeverfahren ist für den Beschwerdeführer neu zu eröffnen und BGE 140 II 112 S. 127 auf der Grundlage des Freizügigkeitsabkommens zu beurteilen. Dabei geniesst der Beschwerdeführer Inländerbehandlung (oben E. 2 und 3): Die Staatsangehörigkeit und die Frage, wie lange er bereits über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, können nicht massgeblich sein für die Beurteilung seines Gesuchs um Aufnahme in das Dolmetscherverzeichnis. Soweit Erfordernisse der Verfügbarkeit beim Beschwerdeführer zu faktischen Ungleichbehandlungen gegenüber schweizerischen Bewerbern führen, lassen sich diese nur durch überwiegende öffentliche Interessen ("zwingende Erfordernisse") rechtfertigen, die ihrerseits - im Sinne der vorhergehenden Ausführungen - nicht diskriminierend sowie verhältnismässig angewandt werden.
public_law
nan
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2,014
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CH_BGE_004
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Federation
d919ef7d-4ddb-4013-92a7-791b19cd9221
Urteilskopf 99 Ia 71 10. Urteil vom 4. April 1973 i.S. Einwohnergemeinde Schaffhausen gegen Schweiz. Bankverein und Obergericht des Kantons Schaffhausen
Regeste Gemeindeautonomie; Parkplatz-Ersatzabgabe. Auslegung von Art. 2 Ziff. 10 des Schaffhauserischen Baugesetzes, der die Gemeinden ermächtigt, bei Neu- und Umbauten den Bau privater Abstellplätze oder den Einkauf in bereits bestehende öffentliche Abstellplätze vorzuschreiben. Die Gemeinde ist in ihrer Autonomie nicht verletzt, wenn ihr die kantonale Behörde aufgrund dieser Vorschrift das Recht verwehrt, anstelle des Baues von Parkplätzen die Entrichtung einer Ersatzabgabe vorzusehen.
Sachverhalt ab Seite 71 BGE 99 Ia 71 S. 71 A.- Das Baugesetz für den Kanton Schaffhausen vom 9. November 1964 (BauG) enthält unter dem Titel "Bauvorschriften der Gemeinden" folgende Bestimmung: BGE 99 Ia 71 S. 72 Art. 2: "In den Bauordnungen können die Gemeinden Vorschriften aufstellen über: ... 10. Die Pflicht zur Anlegung von Abstellplätzen für Motorfahrzeuge auf privatem Grund bei Neu- und Umbauten oder zum Einkauf in bereits bestehende öffentliche Abstellplätze; ..." Die Stadt Schaffhausen hat in ihrer Bauordnung vom 24. November 1968 (BO) von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht; Art. 23 BO lautet: "Bei Neu- und Umbauten sind für die Gebäudebenützer auf privatem Grund Abstellplätze für Motorfahrzeuge bereitzustellen. Wo sich die Schaffung von Parkierungsflächen als technisch unzumutbar erweist, kann einem Bauherrn die Verpflichtung auferlegt werden, sich in der Nähe des Baugrundstückes auf einem fremden Grundstück an einer privaten oder öffentlichen Gemeinschaftsanlage zu beteiligen. Das Nähere bleibt einer Verordnung des Stadtrates vorbehalten, die vom Grossen Stadtrat zu genehmigen ist." Gestützt auf die erwähnten Bestimmungen und auf Antrag des Stadtrates erging am 28. Mai 1971 eine "Verordnung des Grossen Stadtrates der Stadt Schaffhausen über die Erstellung von privaten Autoabstellplätzen" (Parkplatzverordnung). Diese enthält unter dem Titel "Ersatzleistung" folgende Vorschriften: Art. 8: "Wenn besondere Verhältnisse die Erstellung von Parkgelegenheiten aussergewöhnlich erschweren oder verunmöglichen, oder andere öffentliche Interessen überwiegen, kann der Stadtrat gegen Leistung eines Geldbetrages die Ablösung von der Erstellungspflicht bewilligen oder verfügen. Die Ablösungszahlung beträgt für jeden Abstellplatz, der nicht erstellt wird, Fr. 4000.--. Sie wird bei Baubeginn fällig. Ein Anspruch auf einen fest zugeteilten Abstellplatz erwächst aus der Leistung einer Ablösungszahlung nicht." Art. 9: "Die Ablösungszahlungen werden in den städtischen Parkplatzfonds gelegt, dessen Mittel ausschliesslich zur Schaffung von Parkierungsanlagen zu verwenden sind." Art. 10: "Werden fehlende Abstellplätze nachträglich erstellt, wird die dafür geleistete Ablösungszahlung zurückerstattet oder angerechnet." B.- Am 11. November 1969 erteilte die Baudirektion des Kantons Schaffhausen dem Schweizerischen Bankverein die Baubewilligung für die Errichtung eines neuen Bankgebäudes in Schaffhausen. Die Bewilligung wurde, auf Antrag des Stadtrates von Schaffhausen, u.a. an folgende Bedingung geknüpft: BGE 99 Ia 71 S. 73 "Gestützt auf Art. 23 der städtischen Bauordnung vom 24. November 1968 wird der Bauherrschaft die Verpflichtung auferlegt, sich in der Nähe des Baugrundstückes an einer privaten oder öffentlichen Gemeinschaftsanlage zu beteiligen. Die Zahl der zur Verfügung zu stellenden Pflichtparkplätze wird nach Erlass der Ausführungsverordnung (Parkplatzverordnung) festgelegt. Eventuell muss die Parkplatzpflicht durch Leistung eines Geldbetrages abgelöst werden. Der geschuldete Betrag richtet sich nach den Bestimmungen der Ausführungs-Verordnung und wird für die Schaffung von Parkierungsmöglichkeiten verwendet." Die Baubewilligung erwuchs samt den in ihr enthaltenen Bedingungen unangefochten in Rechtskraft, und es wurde mit den Bauarbeiten begonnen. Am 28. September 1971 stellte die Stadt Schaffhausen dem Schweizerischen Bankverein eine Rechnung über Fr. 176 000.-- als Ablösungssumme für 44 fehlende Abstellplätze; sie stützte sich dabei auf die Vorschriften der inzwischen in Kraft gesetzten Parkplatzverordnung. Eine vom Schweizerischen Bankverein gegen diese Rechnung erhobene Einsprache wurde vom Stadtrat am 18. Oktober 1971 abgewiesen. Der Bankverein erhob gegen diesen Einspracheentscheid beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen Rekurs und Aufsichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei die Ungesetzlichkeit der Art. 8, 9 und 10 sowie eventuell noch weiterer Bestimmungen der Parkplatzverordnung festzustellen, es seien diese Bestimmungen aufzuheben, eventuell durch die Gemeindeorgane aufheben zu lassen. Der Regierungsrat wies die Aufsichtsbeschwerde ab; den Rekurs hingegen hiess er insoweit teilweise gut, als er die Ablösungssumme von Fr. 176 000.-- auf Fr. 156 000.-- herabsetzte. Der Bankverein führte gegen diesen Entscheid des Regierungsrates vom 22. Februar 1972 beim Obergericht des Kantons Schaffhausen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das als Verwaltungsgericht wirkende Obergericht hiess die Beschwerde am 4. August 1972 gut, hob den Entscheid des Regierungsrates auf und stellte fest, dass der Beschwerdeführer nicht verpflichtet sei, für die nicht errichteten Parkplätze eine Ablösungssumme zu bezahlen. Das Obergericht erliess am gleichen Tage ein zweites Urteil, durch welches die Art. 8, 9 und 10 der Parkplatzverordnung mit sofortiger Wirkung aufgehoben wurden. Beide Urteile enthalten die gleiche Begründung. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde verlangt die Stadt Schaffhausen, es seien die beiden Entscheide des Obergerichtes BGE 99 Ia 71 S. 74 vom 4. August 1972 aufzuheben. Sie rügt eine Verletzung ihrer Gemeindeautonomie. D.- Das Obergericht beantragt, es sei auf die Beschwerde mangels Legitimation der Beschwerdeführerin nicht einzutreten, eventuell sei die Beschwerde abzuweisen. Im gleichen Sinne lautet der Antrag des Schweizerischen Bankvereines. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Gemeinde legitimiert, staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie zu führen, wenn ein kantonaler Entscheid sie in ihrer Eigenschaft als Inhaberin der öffentlichen Gewalt berührt, und sie behauptet, dadurch in ihrer Autonomie verletzt zu sein. Ob die Gemeinde in dem Bereich, in dem sie sich für autonom hält, tatsächlich autonom ist, ist keine Frage der Legitimation, sondern eine solche der materiellen Beurteilung der Beschwerde ( BGE 98 Ia 431 E. 1b mit Hinweisen). Durch die angefochtenen Entscheide, mit denen die Art. 8-10 der kommunalen Parkplatzverordnung aufgehoben wurden und der Stadt das Recht, vom Bankverein eine Ersatzabgabe zu verlangen, abgesprochen wurde, ist die Stadt Schaffhausen in ihrer Eigenschaft als Inhaberin der öffentlichen Gewalt betroffen; da sie behauptet, damit in ihrer Autonomie verletzt worden zu sein, ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. Die Gemeinden sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes in denjenigen Bereichen autonom, in denen ihnen das kantonale Recht eine verhältnismässig erhebliche Entscheidungsfreiheit belässt; dies gilt sowohl mbezug auf ihre Rechtsetzungsbefugnis als auch hinsichtlich der Rechtsanwendung im Einzelfall ( BGE 96 I 725 mit Hinweisen). Art. 90 der Schaffhauser Kantonsverfassung (KV) gibt den Gemeinden das Recht, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der Verfassung und der Gesetze selbständig zu ordnen. Nach Art. 93 KV steht der Einwohnergemeinde die gesamte Gemeindeverwaltung zu. Davon abgesehen, enthält die Verfassung keine Vorschrift darüber, welches die Angelegenheiten der Gemeinden sind. Deren Autonomiebereich ergibt sich somit im wesentlichen aus dem kantonalen Gesetzesrecht, dessen Auslegung und Anwendung durch die zuständige kantonale Behörde das Bundesgericht, auch soweit der Umfang der Gemeindeautonomie in Frage BGE 99 Ia 71 S. 75 steht, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüft ( BGE 97 I 512 /13, 522, mit Hinweisen). Das BauG belässt den schaffhauserischen Gemeinden bei der Gestaltung ihres kommunalen Baurechtes an sich eine relativ erhebliche Gestaltungsfreiheit. Nach Art. 1 BauG sind die Gemeinden verpflichtet und befugt, eine Bauordnung mit Zonenplan aufzustellen. Was auf diese Weise kommunal geregelt werden kann, ist in den nachfolgenden Art. 2 ff. umschrieben. Die Art. 28 ff. BauG enthalten sodann unter dem Titel "kantonale Bauvorschriften" eine Reihe von "Grundsätzen und Minimalbestimmungen, die für das ganze Kantonsgebiet gelten und von den Gemeinden beim Erlass von Vorschriften oder bei der Erteilung von Bewilligungen zu beachten sind" (Art. 28 Abs. 1 BauG); "im Rahmen ihrer Zuständigkeit" dürfen die Gemeinden weitergehende Vorschriften aufstellen (Art. 28 Abs. 2 BauG). Der Gegenstand der kommunalen Bauordnungen ist in Art. 2 BauG umschrieben. Die Gemeinden können danach u.a. Vorschriften erlassen über die Pflicht zur Erstellung von Abstellplätzen oder zum Einkauf in bereits bestehende öffentliche Abstellplätze (Art. 2 Ziff. 10 BauG). Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, es handle sich hier um eine Ermächtigungsnorm, gestützt auf welche die Gemeinde befugt sei, die sich bei der Parkplatzbaupflicht stellenden Fragen näher zu regeln. Aus dem Gebot der Rechtsgleichheit folge, dass denjenigen Bauherren, denen die Erstellung von Parkplätzen aus Gründen der Verhältnismässigkeit nicht zuzumuten sei, eine Ersatzleistung auferlegt werde, welche praktisch nur in einer Ablösungszahlung bestehen könne. Die angefochtenen Vorschriften der Parkplatzverordnung, welche eine derartige Ersatzabgabe vorsähen, seien damit durch die kantonale Ermächtigungsnorm in Art. 2 Ziff. 10 BauG gedeckt. Das Verwaltungsgericht kam demgegenüber zum Schluss, dass der kantonale Gesetzgeber in Art. 2 BauG die Ermächtigung der Gemeinden zur Regelung bestimmter baurechtlicher Fragen abschliessend umschrieben habe. Der Gesetzgeber sei sich darüber klar gewesen, dass baurechtliche Eigentumsbeschränkungen einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage bedürften und von den Gemeinden ohne ausdrückliche Ermächtigung nicht eingeführt werden könnten. Im Bewusstsein dieser Rechtslage habe er davon abgesehen, die Gemeinden zur Erhebung von Ersatzabgaben zu ermächtigen, obschon diese Möglichkeit damals BGE 99 Ia 71 S. 76 schon jahrelang bekannt gewesen sei. Das Verwaltungsgericht begründet dies eingehend anhand der Vorarbeiten zum Gesetz, insbesondere unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Baudirektors im Regierungsrat und in dergrossrätlichen Spezialkommission. Danach betonte dieser, die Aufzählung in Art. 2 sei abschliessend und andere Bestimmungen könne eine Gemeinde in ihre Bauordnung nicht aufnehmen. Da in Art. 2 Ziff. 10 BauG die Erhebung einer Ersatzabgabe nicht ausdrücklich vorgesehen sei, kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass die Gemeinden zur Einführung einer solchen nicht ermächtigt seien. Dieser Schluss ist nicht unhaltbar. Wenn in Art. 28 BauG die "kantonalen Bauvorschriften" als Minimalbestimmungen bezeichnet und die Gemeinden zu weitergehenden Vorschriften ermächtigt werden, so bezieht sich dies auf die Regelung der Art. 28-71 BauG (Botschaft des Grossen Rates zum BauG vom 8. Februar 1965, S. 9 unten). Nach Art. 28 Abs. 2 BauG sind im übrigen die Gemeinden zu solchen weitergehenden Vorschriften nur befugt "im Rahmen ihrer Zuständigkeit", d.h. in dem Umfange, wie er sich aus Art. 2 BauG ergibt. Der Hinweis auf Art. 28 BauG vermag der Beschwerdeführerin daher nicht zu helfen. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Auslegung durch das Verwaltungsgericht gegen das Gebot der Rechtsgleichheit verstosse. Wäre es - was dahingestellt bleiben mag - mit Art. 4 BV tatsächlich unvereinbar, von der Erfüllung der Parkplatzbaupflicht in gewissen Fällen abzusehen, ohne gleichzeitig eine Ersatzleistung aufzuerlegen, so vermöchte dies allenfalls die gesamte Regelung als solche in Frage zu stellen; hingegen böte der Grundsatz der Rechtsgleichheit noch keine Handhabe dafür, von den nicht baupflichtigen Grundeigentümern eine andere, im Gesetz nicht vorgesehene Leistung zu verlangen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtes hält auch unter diesem Gesichtswinkel vor Art. 4 BV stand. Kann ohne Willkür angenommen werden, die Gemeinden seien nicht befugt, über den in Art. 2 BauG genannten Umfang hinaus weitere Verpflichtungen vorzusehen, so liegt keine Verletzung der Gemeindeautonomie vor, wenn der Beschwerdeführerin die Erhebung der fraglichen Ersatzabgabe verwehrt wird. Es kann unter diesen Umständen offen bleiben, ob die streitige Parkplatzverordnung überhaupt durch das zuständige Gemeindeorgan erlassen wurde und ob die übrigen Voraussetzungen, die BGE 99 Ia 71 S. 77 nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei der Erhebung einer solchen Ersatzabgabe gegeben sein müssen ( BGE 97 I 794 ff), erfüllt sind. 3. Die Beschwerdeführerin vertritt eventualiter die Meinung, die Erhebung einer Ersatzabgabe sei dadurch gedeckt, dass Art. 2 Ziff. 10 BauG die Verpflichtung "zum Einkauf in bereits bestehende öffentliche Abstellplätze" zulasse. Eine wörtliche Anwendung dieser Vorschrift sei, wie auch der Regierungsrat festgestellt habe, bundesrechtswidrig. Sie erhalte nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn man annehme, dass der Gesetzgeber damit einen Beitrag der privaten Grundeigentümer an die Kosten, die der öffentlichen Hand durch die Bereitstellung von genügend Parkraum entstünden, habe ermöglichen wollen. Das Verwaltungsgericht konnte diese Auslegung indessen ohne Willkür ablehnen und die Vorschrift in viel näherliegender Weise dahin verstehen, dass der Grundeigentümer verpflichtet werden kann, sich an einer der Öffentlichkeit zugänglichen privaten, gemischtwirtschaftlichen oder zum Finanzvermögen der Gemeinde gehörenden Anlage (Parkhäuser usw.) zu beteiligen, um sich so eine gewisse Anzahl von reservierten Parkplätzen zu sichern. Auch die Beschwerdeführerin hat die fragliche kantonale Bestimmung ursprünglich in diesem Sinne verstanden, wie aus Art. 23 BO hervorgeht. Unter einem Einkauf ist nach der gängigen Rechtssprache die Erbringung einer Leistung gegen Einräumung eines Eigentums- oder Nutzungsrechtes an einer bestehenden Einrichtung oder eines Mitgliedschaftsrechtes an einer nutzungsberechtigten Gemeinschaft zu verstehen. Die hier streitige Abgabe ist indessen an keine derartige positive Gegenleistung geknüpft; es handelt sich vielmehr um eine reine Ersatzabgabe, die anstelle des gewährten Baudispenses tritt. Wenn das Verwaltungsgericht annahm, diese Ersatzabgabe sei durch Art. 2 Ziff. 10 BauG nicht gedeckt, so ist dies zumindest nicht willkürlich. Die Rüge der Verletzung der Gemeindeautonomie erweist sich damit als unbegründet.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
d91b402c-ecbb-4e92-870a-9d72ee479785
Urteilskopf 91 II 57 7. Arrêt de la IIe Cour civile du 7 janvier 1965 dans la cause Albertano contre Légeret et consorts.
Regeste Berufung. Teilurteil. 1. Richtet sich die Klage gegen mehrere Beklagte (subjektive Klagenhäufung), und weist die kantonale Behörde die Klage gegen einen der Beklagten durch Teilurteil ab, während die Prozessinstruktion hinsichtlich der andern weiterdauert, so kann jenes Teilurteil in der Regel erst dann an das Bundesgericht weitergezogen werden, wenn die kantonale Behörde über den ganzen Rechtsstreit entschieden hat (Erw. 1 und 2). 2. Art. 50 OG ist nur dann anwendbar, wenn die kantonale Behörde über eine materielle Frage einen Vor- oder Zwischenentscheid solcher Art gefällt hat, dass der Rechtsstreit beendigt wäre, falls das Bundesgericht den in Frage stehenden Streitpunkt anders entscheiden sollte (Bestätigung der Rechtssprechung; Erw. 3). 3. Nur eine Partei, deren Rechte durch die angefochtene Entscheidung wirklich beeinträchtigt werden, kann Berufung einlegen; eine sich einstweilen nicht auswirkende, derzeit nur virtuelle Verletzung genügt nicht (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 58 BGE 91 II 57 S. 58 A.- Le 12 novembre 1958, Guido Albertano vendit son scooter de marque Vespa à Marcel Légeret, domicilié comme lui à Genève. L'acquéreur loua un emplacement dans un garage, pour y entreposer son véhicule, à partir du 15 novembre 1958. Le même jour, l'Union Suisse, compagnie générale d'assurances, établit un avenant par lequel elle transférait à Légeret, lequel avait signé une proposition, le contrat d'assurance contre les risques de la responsabilité civile qu'elle avait conclu avec Albertano. Celui-ci ne reçut aucun avis. Il avait payé la prime jusqu'au 31 décembre 1958. Par lettre du 20 novembre 1958, le Service genevois des automobiles invita le nouveau propriétaire à procéder au transfert du permis de circulation à son nom jusqu'au 26 novembre. Légeret n'avait qu'un permis d'élève conducteur. B.- Le 22 novembre 1958, à l'angle de la rue Liotard et de la rue de la Poterie, à Genève, le scooter conduit par Albertano, qui transportait Légeret sur le siège arrière, entra en collision avec une automobile venant de droite, pilotée par André Philippe. Le conducteur du motocycle n'avait pu s'arrêter assez tôt pour céder le passage au véhicule prioritaire. Souffrant d'une fracture du crâne, d'une double fracture de la jambe droite et d'une commotion cérébrale, Légeret fut hospitalisé. Le jour de l'accident, le permis de circulation et les plaques de police étaient encore au nom d'Albertano. C.- Par exploit du 16 mai 1960, Légeret fit assigner solidairement devant le Tribunal de première instance de Genève Albertano, l'Union Suisse, André Philippe et La Bâloise, son assureur en responsabilité civile, en paiement de 26 024 fr. 15 à titre de dommages-intérêts pour perte de salaire, frais de guérison et dégâts divers. BGE 91 II 57 S. 59 Albertano conclut au rejet de la demande et, subsidiairement, à ce que l'Union Suisse fût condamnée à le relever et garantir de toute condamnation éventuelle au profit du demandeur. L'Union Suisse, André Philippe et La Bâloise conclurent tous trois au rejet des conclusions prises contre eux par leurs adversaires. D.- Le 5 février 1963, le tribunal débouta Légeret et Albertano de leurs conclusions dirigées contre l'Union Suisse, qu'il mit hors de cause, et ordonna l'administration des preuves pertinentes pour juger l'action intentée aux autres défendeurs. A son avis, Légeret était détenteur du scooter, le jour de l'accident. La compagnie n'était dès lors pas tenue de couvrir la responsabilité civile du conducteur Albertano envers le demandeur, qui s'était substitué à lui dans la police d'assurance. Statuant en appel le 22 septembre 1964, la Deuxième Chambre de la Cour justice du canton de Genève confirma le jugement partiel et renvoya la cause au Tribunal de première instance pour qu'il procède à la suite de l'instruction et aujugement sur le fond entre les parties restant en cause. E.- Albertano recourt en réforme au Tribunal fédéral. Il persiste à demander que l'Union Suisse soit condamnée à le relever et garantir de toute condamnation qui pourrait être prononcée contre lui, au bénéfice de Légeret, à la suite de l'accident du 22 novembre 1958. Il prétend qu'au moment de l'accident, l'assurance qu'il avait conclue auprès de ladite compagnie était encore en vigueur. F.- La Bâloise, André Philippe et l'Union Suisse concluent au rejet du recours et à la confirmation de l'arrêt attaqué. Quant à Légeret, il conclut à l'admission du recours et à la réforme de l'arrêt cantonaldans le sensdemandé par le recourant. Erwägungen Considérant en droit: 1. Confirmant un jugement partiel rendu conformément à l'art. 108 de la loi de procédure civile genevoise, la Cour de justice a rejeté les conclusions du demandeur dans la mesure où elles sont dirigées contre l'une des parties défenderesses, qu'elle a mis définitivement hors de cause. Selon l' art. 48 OJ , le recours en réforme n'est recevable que s'il est dirigé contre une décision finale. La jurisprudence entend par là un prononcé qui termine définitivement le procès, soit qu'il tranche le fond, soit que, sans l'aborder parce qu'une condition BGE 91 II 57 S. 60 de procédure n'est pas remplie, il mette néanmoins l'intéressé hors d'état d'exercer son action (RO 88 II 59, consid. 2, et références citées). En principe, la décision déférée au Tribunal fédéral doit résoudre toutes les questions litigieuses. Un jugement qui statue sur une partie seulement des conclusions des plaideurs ne satisfait pas à cette exigence (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 167). Par exemple, le prononcé qui renvoie la décision sur certains chefs de conclusions, afin de compléter l'instruction dans la même instance, n'est pas une décision finale susceptible de recours en réforme. Lorsque la demande est dirigée, comme en l'espèce, contre plusieurs défendeurs (cumul subjectif d'actions), le Tribunal fédéral a généralement considéré la décision mettant fin au procès à l'égard de l'un des défendeurs seulement comme un jugement au fond ou principal (Haupturteil), au sens de l' art. 58 OJ du 22 mars 1893. Ainsi, en présence d'un jugement cantonal qui admettait la responsabilité de l'un des codéfendeurs et renvoyait la cause à l'autorité inférieure pour fixer le montant de l'indemnité, mais déboutait le demandeur de ses conclusions contre l'autre défendeur, il a déclaré le recours recevable dans la mesure où il visait la dernière décision (RO 30 II 429 ss., 44 II 442 ss,. concernant deux procédures ouvertes séparément, puis jointes par le tribunal en cours d'instance, et abandonnant l'exigence formulée au RO 37 II 390 que les défendeurs aient été actionnés en vertu de rapports de droit différents). En revanche, un arrêt plus ancien a jugé irrecevable comme prématuré le recours en réforme dirigé contre une décision rejetant la demande à l'égard de quatre défendeurs et ordonnant un complément de preuves pour ce qui avait trait au cinquième (RO 24 II 935 ss.). Cependant, le recours formé contre un prononcé rejetant la demande déposée contre une des trois compagnies d'assurances défenderesses et suspendant le procès contre les deux autres a été jugé recevable (RO 63 II 348). De la jurisprudence citée, laquelle demeure valable en dépit de la revision législative qui n'a pas apporté sur ce point de modification essentielle, il résulte qu'en règle générale, le recours en réforme ne peut être interjeté qu'une seule fois dans une même contestation groupant plusieurs chefs de conclusions, et cela lorsque les plaideurs sont en mesure de soumettre au Tribunal fédéral la question litigieuse dans son ensemble et dans toute son étendue (BIRCHMEIER, op.cit,. p. 161; RO 60 II 361/2, 61 II 270, BGE 91 II 57 S. 61 62 II 216 et 227). GULDENER partage cette manière de voir (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2e éd., p. 560 n. 17 et 2e supplément p. 44, ad p. 191 de l'ouvrage principal). WEISS approuve l'arrêt publié au RO 24 II 935 ss., mentionné plus haut; ilpropose toutefoisd'admettre exceptionnellement la recevabilité du recours lorsque l'autorité cantonale a disjoint les causes introduites simultanément contre plusieurs adversaires et lorsqu'un règlement définitif de la question préjudicielle, par exemple la responsabilité du défendeur, éviterait les frais d'une procédure probatoire onéreuse (Die Berufung an das Bundesgericht in Zivilsachen, p. 45/7). WUTHRICH préconise aussi la recevabilité du recours contre un jugement partiel en invoquant des raisons pratiques et pour éviter des frais inutiles (Teilklage und Teilurteil, thèse Zurich 1952, p. 61). Quant à WURZBURGER, il estime que la partie à l'égard de laquelle la juridiction cantonale a statué devrait pouvoir saisir le Tribunal fédéral - ou résister à un recours en réforme interjeté par son adversaire - sans attendre la fin du procès entre les autres plaideurs, qui ne la concerne pas directement et que les intéressés risquent de prolonger longtemps, voire de ne jamais terminer; il propose la même solution lorsque la Cour cantonale ne s'est prononcée que sur le litige concernant les parties principales, à l'exclusion du différend opposant le demandeur à un intervenant (cf. RO 35 II 456) ou le défendeur à l'évoqué en garantie (Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, thèse Lausanne 1964, p. 201). 2. En l'espèce, Légeret a introduit une action en dommages intérêts tendant à la condamnation solidaire de quatre défendeurs. L'un d'eux, Albertano, a pris des conclusions subsidiaires contre l'Union Suisse, codéfenderesse, afin qu'elle le relève de toute condamnation éventuelle envers le demandeur. Pratiquement, il a évoqué en garantie la compagnie d'assurances déjà citée en justice comme défenderesse. L'Union Suisse a conclu à libération des fins de la demande et de l'évocation en garantie dirigées contre elle. La Cour de justice genevoise s'est bornée à rendre une décision séparée niant la responsabilité de l'Union Suisse et rejetant à la fois la demande et l'évocation en garantie formulées contre cette compagnie d'assurances. Elle n'a pas encore statué sur la responsabilité des trois codéfendeurs restant en cause, ni réparti entre eux la charge à supporter, ni même fixé le montant du dommage à réparer. BGE 91 II 57 S. 62 Aucune raison pratique ne commande que le Tribunal fédéral se prononce maintenant déjà sur la responsabilité de l'Union Suisse. La solution définitive de cette question n'éviterait pas les frais de la procédure probatoire ordonnée par le Tribunal de première instance et n'en diminuerait pas non plus le montant. 3. Le recourant invoque en vain l' art. 50 OJ . La jurisprudence n'applique en effet cette disposition légale que si l'autorité cantonale a rendu, sur une question de fond, une décision préjudicielle ou incidente de telle nature que le litige serait terminé dans l'hypothèse où le Tribunal fédéral trancherait différemment le point litigieux (cf. notamment RO 81 II 308 et 398, 82 II 171, 84 II 231/2, 85 II 52, 86 II 294, 89 II 29 et 403). Les conditions requises ne sont pas réunies en l'espèce. Il est vrai que tous les défendeurs ne sont pas attaqués en vertu du même rapport de droit. Le demandeur invoque contre Albertano la responsabilité du détenteur d'un véhicule automobile. Il s'en prend à l'Union Suisse comme assureur dudit détenteur contre les risques de la responsabilité civile. Il attaque André Philippe en sa qualité de conducteur, voire de détenteur de la voiture impliquée dans l'accident de circulation dont il a été victime. Il actionne enfin La Bâloise comme assureur en responsabilité civile d'André Philippe. Les quatre défendeurs ne seront donc pas tenus de réparer le dommage, s'ils sont jugés responsables, en vertu des règles de la solidarité parfaite. Leurs intérêts réciproques sont assurément en connexité étroite. Néanmoins, le demandeur aurait pu, à la rigueur, introduire des actions séparées. La solution définitive du différend concernant l'Union Suisse ne saurait donc aboutir à une décision finale qui termine le procès à l'égard de toutes les parties litigantes. De plus, elle ne diminuerait pas les frais judiciaires. L'application de l' art. 50 OJ est dès lors exclue. 4. Au surplus, le recours en réforme n'est recevable que dans la mesure où son auteur est lésé par la décision attaquée (RO 74 II 177, 85 II 599, 86 II 383; BIRCHMEIER, op.cit., p. 74). Assurément, le recourant a un intérêt à faire annuler ou réformer l'arrêtde la Courde justice qui rejette ses conclusions subsidiaires et à faire condamner l'Union Suisse à le relever de sa responsabilité éventuelle à l'égard du demandeur. Cependant, l'atteinte ainsi portée à sa situation juridique n'est encore que virtuelle. Elle ne deviendra effective que s'il est condamné à payer des dommages-intérêts à Légeret pour réparer tout ou partie du BGE 91 II 57 S. 63 dommage consécutif à l'accident du 22 novembre 1958. Contrairement aux allégations figurant dans le recours, cette condition n'est pas réalisée pour le moment. A supposer que la juridiction cantonale le condamne plus tard à payer une indemnité au demandeur, Albertano aura la faculté d'interjeter un recours en réforme en se prévalant d'un intérêt actuel et immédiat à la modification du jugement partiel qui rejette son évocation en garantie de l'Union Suisse. La décision attaquée condamne certes le recourant à supporter une partie des frais de la procédure cantonale. Mais cela ne suffit pas pour obliger le Tribunal fédéral à résoudre maintenant déjà, dans la forme d'un prononcé en constatation de droit, la question tranchée séparément par la Cour de justice. Le recours est ainsi prématuré. La décision partielle niant la responsabilité de l'Union Suisse n'entre pas en force de chose jugée. Elle pourra être déférée au Tribunal fédéral en même temps que la décision finale statuant sur les conclusions du demandeur contre les trois défendeurs restant en cause. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral, Déclare le recours irrecevable.
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1,965
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d91e141b-428c-4333-9b10-8754ed6b3497
Urteilskopf 111 Ib 65 15. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 18 septembre 1985 dans la cause dame Y. contre Département fédéral de justice et police (recours de droit administratif)
Regeste Wiedereinbürgerungsgesuch einer verheirateten Frau ( Art. 19 BüG ) Einschränkung der Tragweite der in Art. 19 Abs. 2 BüG vorgesehenen Härtefallregelung, wenn eine Frau vor Vollendung des 22. Altersjahres einen Ausländer heiratet, ohne dabei die Erklärung abzugeben, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen, und sie ohne eine solche Erklärung ihr Schweizerbürgerrecht gemäss Art. 10 BüG mit dem vollendeten 22. Altersjahr ohnehin verloren hätte.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 111 Ib 65 S. 65 A.- a) Françoise X., de nationalité française, est née le 15 février 1943 à Paris (France). Son père, originaire de Bâle-Ville et de Glaris, était également né en France; il avait la double nationalité française et suisse. Le 9 septembre 1964, dans sa vingt-deuxième année, Françoise X. a épousé Giuseppe Y., né en Italie. Elle est actuellement domiciliée en France. b) En juillet 1983, dame Y. s'est adressée au Consulat de Suisse à Annecy pour savoir s'il lui était possible d'obtenir une éventuelle réintégration dans la nationalité suisse. Le 9 novembre 1984, le BGE 111 Ib 65 S. 66 Département fédéral de justice et police, Office de la police, a écrit au Consulat que dame Y. avait perdu la nationalité suisse en 1964, par son mariage, faute d'avoir déclaré, conformément à l' art. 9 LN , vouloir la conserver, ou en tout cas, au plus tard, le 15 février 1965, en vertu de l' art. 10 LN , ayant atteint l'âge de vingt-deux ans révolus sans avoir été annoncée à une autorité suisse à l'étranger ou au pays, ni s'être annoncée elle-même ou avoir déclaré par écrit vouloir conserver la nationalité suisse. Une demande de réintégration serait tardive, précisait l'Office, car elle devait être présentée dans les dix ans dès le 15 février 1965. B.- Informée qu'elle pouvait demander une décision susceptible de recours au Tribunal fédéral, dame Y. a fait usage de ce droit. Le 4 février 1985, le Département fédéral de justice et police a déclaré la demande de réintégration irrecevable, par les motifs exposés dans sa lettre du 9 novembre 1984. C.- Saisi d'un recours de droit administratif, le Tribunal fédéral l'a rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 1. c) Est applicable en l'espèce la loi fédérale sur l'acquisition et la perte de la nationalité suisse, du 29 septembre 1952, dans sa teneur antérieure à la modification du 14 décembre 1984, entrée en vigueur le 1er juillet 1985. 3. a) Aux termes de l' art. 9 al. 1 LN , la femme suisse perd la nationalité suisse en épousant un étranger, si elle acquiert la nationalité de son mari par le mariage ou l'a déjà et ne déclare pas lors de la publication ou de la célébration du mariage vouloir conserver la nationalité suisse. La nationalité de Giuseppe Y. ne ressort pas du dossier. Son nom, son prénom et son lieu de naissance incitent à penser qu'il est Italien: comme, en 1964, l'Italie connaissait l'acquisition automatique de la nationalité italienne par la femme mariée, dame Y. serait devenue Italienne par son mariage (art. 10 al. 2 de la loi de 1912 sur la nationalité italienne). Mais il apparaît seulement qu'elle est de nationalité française. Si Giuseppe Y. était Français (par naturalisation, selon toute vraisemblance), la recourante avait déjà la nationalité de son mari. Dans l'une ou l'autre éventualité, elle a perdu la nationalité suisse par son mariage, le 9 septembre 1964, faute d'avoir déclaré vouloir la conserver. BGE 111 Ib 65 S. 67 b) Selon l' art. 19 LN , la femme qui a perdu la nationalité suisse par le mariage peut être réintégrée lorsque, pour des raisons excusables, elle n'a pas souscrit la déclaration prévue à l'art. 9 (al. 1 lettre b). La demande doit être présentée au plus tard dans les dix ans depuis la célébration du mariage, mais, si un refus devait avoir des conséquences trop rigoureuses, une requête formulée avec retard peut aussi être prise en considération ( art. 19 al. 2 LN ). Le législateur de 1952 a très clairement exprimé la volonté de considérer l'ignorance de la loi comme une raison excusable, justifiant la réintégration de la femme mariée qui, avant la célébration de son mariage avec un étranger, n'avait pas fait la déclaration exigée à l' art. 9 LN . En outre, le Tribunal fédéral a également interprété dans ce sens cette disposition de l' art. 19 al. 1 lettre b LN : la femme qui, avant la célébration de son mariage avec un ressortissant étranger, n'a pas déclaré vouloir conserver la nationalité suisse, doit obtenir sa réintégration si elle a omis de faire cette déclaration par ignorance de la règle de péremption établie à l'art. 9; l'ignorance de la loi peut donc être une raison excusable au sens de l' art. 19 al. 1 lettre b LN ( ATF 101 Ib 124 /125 consid. 3c et les diverses références). Toutefois, le Département fédéral de justice et police a adopté une pratique restreignant la portée du cas de rigueur, envisagé à l'art. 19 al. 2, 2e phrase LN, quand, comme en l'espèce, la femme qui épouse un étranger avant d'avoir atteint l'âge de vingt-deux ans révolus, sans déclarer, conformément à l' art. 9 al. 2 LN , vouloir conserver la nationalité suisse, l'aurait de toute façon perdue à l'âge de vingt-deux ans révolus, en vertu de l' art. 10 LN , étant née à l'étranger d'un père qui y est également né et, alors qu'elle avait encore une autre nationalité, n'ayant pas été annoncée à l'autorité suisse, ne s'étant pas annoncée elle-même, ni n'ayant déclaré par écrit vouloir conserver la nationalité suisse. Il applique alors, par analogie, l' art. 21 LN . Aux termes de cette disposition légale, peut être réintégré quiconque a omis, pour des raisons excusables, de s'annoncer ou de souscrire une déclaration comme l'exige l' art. 10 LN et a perdu, de ce fait, la nationalité suisse par péremption; la requête doit être présentée dans les dix ans à compter de la péremption. Une demande de réintégration fondée sur l' art. 19 LN ne peut donc être formulée que dans les dix ans dès le jour où la femme mariée a atteint l'âge de vingt-deux ans révolus. Cette pratique est conforme à l'esprit de la loi. Comme le relève pertinemment le Département fédéral de justice et police, il n'y a BGE 111 Ib 65 S. 68 aucune raison qu'une femme mariée soit privilégiée par rapport à la femme célibataire ou par rapport à l'homme, pour le seul motif qu'elle a contracté mariage avant d'avoir atteint l'âge de vingt-deux ans révolus: il y aurait là une inégalité choquante, parce qu'elle serait due uniquement au hasard. Le comportement de la femme qui omet de faire la déclaration de l' art. 9 LN alors que n'ont pas non plus été accomplies les formalités de l' art. 10 LN n'est pas plus excusable que celui de la femme célibataire ou de l'homme qui n'ont pas satisfait à ces dernières exigences. Au contraire, il y a double omission. On peut y voir le signe de la perte de tous liens effectifs, même modestes, avec la Suisse. 4. Ainsi, il convient de se rallier à la pratique du Département fédéral de justice et police. Dès lors, en l'espèce, la demande de réintégration ne pouvait être présentée que dans les dix ans dès le 15 février 1965. Formée en 1983, elle était manifestement tardive. Le délai de péremption n'est, par principe, pas susceptible d'être prolongé ( ATF 105 Ib 161 ). La recourante n'invoque d'ailleurs aucun fait qui justifierait une restitution de ce délai. Les motifs qu'elle allègue ne tendent même pas à expliquer pourquoi, quand elle s'est mariée, elle a omis de déclarer vouloir conserver la nationalité suisse.
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1,985
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d92208ff-ffe3-4bba-ab67-507da649e7b0
Urteilskopf 111 V 149 31. Auszug aus dem Urteil vom 9. April 1985 i.S. Merkler gegen Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich und Kantonale Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung, Zürich
Regeste Art. 106 Abs. 1, Art. 107 Abs. 3 OG , Art. 35 VwVG : Rechtsmittelbelehrung bei Zwischenentscheiden. Enthält eine Formular-Rechtsmittelbelehrung sowohl die 30tägige als auch die 10tägige Rechtsmittelfrist, muss ein Zwischenentscheid erkennbar als solcher bezeichnet werden.
Erwägungen ab Seite 149 BGE 111 V 149 S. 149 Aus den Erwägungen: 4. a) Gemäss Art. 54 Abs. 2 AlVG bzw. Art. 103 Abs. 6 AVIG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3 und Art. 35 Abs. 1 VwVG sind die Entscheide der letzten kantonalen Instanz mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Nach Art. 35 Abs. 2 VwVG muss die Rechtsmittelbelehrung das zulässige ordentliche Rechtsmittel, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist nennen. b) Die dem vorinstanzlichen Entscheid beigelegte Rechtsmittelbelehrung enthält hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen folgenden Wortlaut: "Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen (bzw. innert 10 Tagen bei Zwischenentscheiden) seit Eröffnung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht werden" (vgl. ARV 1970 S. 62). Es fragt sich, ob diese Rechtsmittelbelehrung im vorliegenden Fall genügt. BGE 111 V 149 S. 150 Die Rechtsmittelbelehrung muss klar und ohne weiteres in ihrer Bedeutung erkennbar sein. Bezüglich der Rechtsmittelfrist gilt insbesondere, dass sie derart ausgestaltet sein muss, dass auch ein Rechtsunkundiger unzweideutig erkennen kann, innert welcher Frist ihm das Rechtsmittel zur Verfügung steht. Sofern verschiedene Rechtsmittelfristen genannt sind, entspricht die Rechtsmittelbelehrung nur dann diesen Anforderungen, wenn der Zwischenentscheid erkennbar als solcher bezeichnet wird. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die dem kantonalen Sistierungsbeschluss beigelegte Rechtsmittelbelehrung erweist sich mithin als mangelhaft. c) Aus mangelhafter Eröffnung, insbesondere aus fehlender, unvollständiger oder unrichtiger Rechtsmittelbelehrung darf den Parteien kein Nachteil erwachsen ( Art. 107 Abs. 3 OG ). Nach der Rechtsprechung ist nicht jede mangelhafte Eröffnung schlechthin nichtig mit der Konsequenz, dass die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen beginnen könnte. Aus dem Grundsatz, dass den Parteien aus mangelhafter Eröffnung keine Nachteile erwachsen dürfen, folgt vielmehr, dass dem beabsichtigten Rechtsschutz schon dann Genüge getan wird, wenn eine objektiv mangelhafte Eröffnung trotz ihres Mangels ihren Zweck erreicht. Das bedeutet nichts anderes, als dass nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu prüfen ist, ob die betroffene Partei durch den gerügten Eröffnungsmangel tatsächlich irregeführt und dadurch benachteiligt worden ist. Richtschnur für die Beurteilung dieser Frage ist der auch in diesem prozessualen Bereich geltende Grundsatz von Treu und Glauben, an welchem die Berufung auf Formmängel in jedem Fall ihre Grenze findet ( BGE 98 V 278 f.). So lässt sich mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nicht vereinbaren, dass ein Verwaltungsakt wegen mangelhafter Rechtsmittelbelehrung jederzeit an den Richter weitergezogen werden kann; vielmehr muss ein solcher Verwaltungsakt innerhalb einer vernünftigen Frist in Frage gestellt werden ( BGE 106 V 97 Erw. 2a, BGE 104 V 166 Erw. 3, vgl. auch BGE 105 V 111 Erw. 3 in fine). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch den Eröffnungsmangel irregeführt worden ist. Da er innerhalb der 30tägigen Frist Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben hat, ist die Beschwerdeerhebung als rechtzeitig zu erachten.
null
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de
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d9238b1a-f1d9-4952-ad75-4b44824f41ec
Urteilskopf 89 IV 14 5. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. März 1963 i.S. St. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 198 Abs. 1 StGB . Kuppelei eines Apartmenthausbesitzers; Gewinnsucht. 1. Wer Zimmer an Dirnen vermietet und diesen wissentlich alle Freiheiten einräumt, leistet der Unzucht Vorschub (Erw. 1). 2. Aus Gewinnsucht handelt, wer gegen Entgelt ein Absteigequartier gewährt, aber auch, wer zwar sowohl zu Wohnzwecken wie zur beliebigen Vornahme unzüchtiger Handlungen Räume vermietet, den Mietpreis jedoch mit Rücksicht auf den begünstigten Unzuchtsbetrieb hinaufschraubt, oder wer überhaupt nur im Hinblick auf solchen Betrieb vermieten kann (Erw. 2 lit. a und b). 3. Gewinnsucht setzt nicht voraus, dass dem Streben tatsächlich Erfolg beschieden sei (Erw. 2 lit. c). 4. Das Ausbeuten ist nicht Tatbestandsmerkmal der Kuppelei (Erw. 2 lit. d und e).
Sachverhalt ab Seite 15 BGE 89 IV 14 S. 15 A.- St. ist Eigentümer der Liegenschaft Rennweg 30 in Zürich. Im Erdgeschoss und ersten Stock des Hauses ist ein Sportgeschäft untergebracht. Die Räume des zweiten bis fünften Stockwerkes liess St. im Jahre 1953 nach Art eines Apartmenthauses in 22 Einzelzimmer umbauen, die seither möbliert vermietet wurden. Sie unterstehen laut Entscheid der Eidgenössischen Mietzinsrekurskommission vom 9. September 1958 nicht der Preiskontrolle. Vom 1. Januar 1956 bis zu seiner Verhaftung vom 16. Februar 1960 vermietete St. diese Zimmer, insbesondere diejenigen der drei mittleren Stockwerke, fast ausschliesslich an Dirnen, die der gewerbsmässigen Unzucht oblagen. Die Zimmer galten in eingeweihten Kreisen als "sturmfrei", weil St., der vom Unzuchtsbetrieb in seinem Hause Kenntnis hatte, den Mieterinnen wissentlich alle Freiheiten gewährte. Er liess sie ungehindert Freier, die sie dirnenmässig auftrieben, auf ihr Zimmer nehmen und verwehrte auch Männern den Zutritt nicht, die auf der Suche nach einer Gelegenheit zur Unzucht bei der einen oder andern Dirne anklopften, um zu erfahren, ob sie gerade frei sei. Dagegen versuchte er wiederholt, Kontrollen der Sittenpolizei zu vereiteln, bestärkte Dirnen in ihrer Einstellung, die Polizei zu hintergehen, liess sich über polizeiliche Überwachungen und Nachforschungen laufend durch Dirnen unterrichten und ging schon 1956 darauf aus, belastendes Material gegen Funktionäre der Sittenpolizei zu sammeln, um sich ihrer Kontrolle erwehren zu können. St. forderte hohe Zimmerpreise, die von seriösen Mietern nicht oder nur ausnahmsweise entrichtet worden wären. Diese Mietzinse BGE 89 IV 14 S. 16 wurden von den Dirnen nur hingenommen und bezahlt, weil sie ihr unsittliches Gewerbe im Hause des St. ungehindert ausüben konnten. B.- In wesentlicher Bestätigung eines Urteils des Bezirksgerichtes Zürich vom 29. November 1960 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich St. am 22. Mai 1962 der gewerbsmässigen Kuppelei im Sinne von Art. 198 Abs. 1 und 199 Abs. 1 StGB schuldig, verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von einem Jahr und Fr. 5000. - Busse, setzte ihm drei Jahre Probezeit und stellte ihn für ein Jahr in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit ein. C.- St. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht geltend, das Obergericht habe Art. 198 StGB verletzt. St. führt ausserdem staatsrechtliche Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Indem der Beschwerdeführer Zimmer an Frauen vermietete, von denen er wusste, dass sie gewerbsmässig Unzucht trieben, und ihnen als Hauseigentümer alle Freiheiten gewährte, hat er im Sinne von Art. 198 StGB der Unzucht Vorschub geleistet. Er bestreitet dies mit Recht nicht. Ebensowenig stellt er in Abrede, dass zwischen seinem Willen, sich Einnahmen zu verschaffen, und dem Vorschubleisten zur Unzucht ein innerer Zusammenhang bestand. 2. Dagegen bestreitet er, aus Gewinnsucht gehandelt zu haben. a) Der deutsche Gesetzestext verwendet den Ausdruck Gewinnsucht in Art. 198 wie in Art. 48 Ziff. 1 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 1 StGB . Der französische Text gibt den Ausdruck in den allgemeinen Bestimmungen mit "cupidité", in der besonderen dagegen mit "dessein de lucre" wieder, während der italienische Text in allen drei Bestimmungen die Wendung "fine di lucro" gebraucht. Würde man bei BGE 89 IV 14 S. 17 Art. 198 StGB auf den erheblich schwächeren Ausdruck der romanischen Gesetzestexte "dessein de lucre" bzw. "fine di lucro" abstellen, also schon Gewinnabsicht genügen lassen, so müsste jeder Vermieter eines "sturmfreien" Zimmers Gefahr laufen, wegen Kuppelei verfolgt und bestraft zu werden. Das ginge offensichtlich zu weit und kann umsoweniger der Sinn des Gesetzes sein, als weder die einfache noch die gewerbsmässige Unzucht zwischen Mann und Frau strafbar ist. Der Auslegung des Art. 198 StGB ist daher der deutsche Gesetzestext als der zutreffende, folglich Gewinnsucht, nicht bloss Gewinnabsicht, zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung ist unter Gewinnsucht ein hemmungsloses oder besonders ausgeprägtes, zur Sucht gewordenes Streben nach Gewinn zu verstehen ( BGE 74 IV 142 , BGE 79 IV 118 ). Gewinnsucht ist weder gleichbedeutend mit Vorteils- oder Bereicherungsabsicht, die weniger weit gehen, noch bedeutet sie dasselbe wie Eigennutz. Dieser steigert sich dann zu Gewinnsucht, wenn der Täter in besonders intensiver Weise auf geldwerte Vorteile bedacht ist, namentlich wenn er sich um des Geldes willen gewohnheitsmässig oder ohne Bedenken über die durch Gesetz, Anstand oder gute Sitte gezogenen Schranken hinwegsetzt, also auch vor verpöntem Gewinn nicht Halt macht. Nicht aus Gewinnsucht handelt daher, wer einer Dirne ein Zimmer vermietet, ohne von ihr im Hinblick darauf, dass sie es nicht nur zum Wohnen, sondern auch zur Ausübung ihres Gewerbes zu benützen gedenkt, mehr zu verlangen, als er sonst tat oder sonst tun würde. Aus diesem besonderen Beweggrund handelt dagegen, wer nicht zum Wohnen, sondern zu Unzuchtszwecken ein Zimmer (Absteigequartier) gewährt und sich für seine Gunst bezahlen lässt, aber auch, wer zwar sowohl zu Wohnzwecken wie zur beliebigen Vornahme unzüchtiger Handlungen Räume vermietet, den Mietpreis jedoch mit Rücksicht auf den begünstigten Unzuchtsbetrieb hinaufschraubt, oder wer überhaupt nur im Hinblick auf solchen Betrieb vermieten kann (vgl. BGE 89 IV 14 S. 18 nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 28. Oktober 1949 i.S. Bolliger Erw. 1; ferner HAFTER, Bes. Teil II S. 141; SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, S. 316 Nr. 648). Diese Betrachtungsweise findet in den Gesetzesmaterialien insofern eine Stütze, als der Gesetzgeber nicht schon denjenigen als Kuppler bestraft wissen will, der eine Wohnung oder ein Zimmer an eine Dirne vermietet, sich aber mit dem üblichen Mietzins begnügt (ZÜRCHER, Erläuterungen zum Vorentwurf von April 1908, S. 237; Prot. 2. Exp. Komm., Bd. 3 S. 217 und 129, Voten Gautier und Studer). b) Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, nicht auf das quartierübliche, sondern auf das ortsübliche Mass der Mietzinse abgestellt zu haben. Darauf kommt jedoch nichts an. Der Beschwerdeführer ist nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts stets darauf ausgegangen, aus seiner Liegenschaft möglichst viel herauszuwirtschaften. Er habe die Zimmer zu Preisen vermietet, die von seriösen Mietern nicht oder nur ausnahmsweise entrichtet worden wären, und die Dirnen hätten die hohen Mietzinse nur hingenommen und bezahlt, weil ihnen der Vermieter bewusst alle Freiheiten gewährte. Diese und ähnliche Feststellungen haben den Sinn, dass der Beschwerdeführer zu den hohen Preisen nur vermieten konnte, wenn er die Zimmer an Dirnen abgab und deren Betrieb in Kauf nahm. Dadurch offenbarte er Gewinnsucht, und zwar unbekümmert darum, in welchem Verhältnis die Zimmerpreise zu den ortsüblichen und quartierüblichen standen. Wer Mietzinse so hoch ansetzt, dass er auf Dirnen angewiesen ist und diese gewähren lassen muss, bekundet ein ebenso verwerfliches Streben nach Gewinn wie derjenige, der den Mietzins erst im Hinblick auf solchen Betrieb erhöht. Dass der Beschwerdeführer sich aus Gewinnsucht vergangen hat, erhellt insbesondere aus der Weisung an seinen Geschäftsführer, die Zimmerpreise trotz der Schwierigkeit, seriöse Mieter zu finden, so zu belassen, wie er sie festgesetzt BGE 89 IV 14 S. 19 habe, weil "einfach so und soviel aus dem Haus heraus" müsse. Von Gewinnsucht zeugt aber auch sein Verhalten gegenüber den Dirnen. Weder die Pflicht zur Rücksichtnahme auf seriöse Mieter, noch Ermahnungen oder Warnungen Dritter, noch der Ruf seines Hauses hielten ihn davon ab, immer wieder, ja immer mehr Zimmer an Dirnen abzugeben, einzig um die Zimmerpreise nicht herabsetzen zu müssen und Einbussen zu vermeiden. Dass z.B. die Dirne Amoos andernorts wohnte und das Zimmer am Rennweg 30 ausschliesslich zum Absteigen benutzte, er also von dieser "Mieterin" in Wahrheit nicht Mietzins, sondern Kupplerlohn einkassierte, kümmerte ihn nicht. In seiner bewusst nachsichtigen und entgegenkommenden Haltung gegenüber den Dirnen, die ihrerseits aus ihrer Tätigkeit kein Hehl machten, erblickte er gegenteils die Gewähr dafür, dass sie das nötige Geld für die Miete aufbringen und diese bezahlen würden. Die hohen Zimmerpreise sind denn auch von vielen Dirnen als Preis für die vom Hauseigentümer gewährte Freiheit, unbehelligt gewerbsmässige Unzucht treiben zu dürfen, ausgelegt worden. Dem Gebaren der Mieterinnen gebot er selbst dann nicht Einhalt, als der Dirnenbetrieb bordellmässige Formen annahm. Um des Gewinnes willen war er bereit, auch das in Kauf zu nehmen. Wer sich während Jahren so bedenkenlos über Anstand und gute Sitte hinwegsetzt, wie es der Beschwerdeführer getan hat, um hohe Zimmerpreise aufrechterhalten oder gar weiter steigern zu können, legt Eigenschaften an den Tag, die für den Begriff der Gewinnsucht charakteristisch sind. c) Darüber hilft auch der Einwand nicht hinweg, dass der Beschwerdeführer wegen der hohen Betriebskosten der Liegenschaft lediglich eine Nettorendite von 1,98 bis 3,03% erzielt habe. Der Begriff der Gewinnsucht setzt überhaupt nicht voraus, dass dem Streben tatsächlich Erfolg beschieden sei. Selbst wer Verluste einstecken muss, weil er z.B. falsch spekulierte, kann aus Gewinnsucht handeln. Entscheidend ist einzig, dass der Täter geldwerte Interessen BGE 89 IV 14 S. 20 verfolgt und dass dies, wie hier, in einer Art und Weise geschieht, die als gewinnsüchtig bezeichnet werden muss. d) Dem Vorwurf der Gewinnsucht versucht der Beschwerdeführer ferner mit dem Einwand zu entgehen, dass den Apartmenthausbesitzern nach zutreffender Auffassung des deutschen Reichsgerichts ein sogenannter Unbequemlichkeitszuschlag für die mit der Vermietung an Dirnen verbundenen Unannehmlichkeiten und ein Gefahrensatz für Mietausfälle zufolge herabgesetzter Zahlungsmoral solcher Mieterinnen zugestanden werden müssten (RGSt Bd. 62 S. 348 ff.; Bd. 63 S. 166). Damit lässt sich jedoch seine Gewinnsucht nicht verneinen. Der Beschwerdeführer verkennt, dass sich die angerufene Rechtsprechung des Reichsgerichts auf den Begriff des Ausbeutens bezieht, der dem Kuppeleitatbestand des § 180 Abs. 3 DStGB zugrunde liegt, aber nicht zum Tatbestand des Art. 198 StGB gehört. Dass der Begriff im Randtitel zu den Art. 198 bis 202 StGB enthalten ist, hilft darüber nicht hinweg. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist eine Gesetzesbestimmung in erster Linie aus ihrem Wortlaut selbst auszulegen, nicht aus der Überschrift, unter die sie eingereiht ist; diese vermag den Anwendungsbereich der Bestimmung nicht einzuschränken ( BGE 74 IV 208 , BGE 76 IV 55 , BGE 78 IV 176 , BGE 81 IV 219 Erw. 2). Abgesehen hievon umfasst der fragliche Randtitel zwei Arten von Tatbeständen, nämlich solche, die in einer Begünstigung, und solche, die in einer Ausbeutung der Unzucht bestehen. Die in Art. 198 bis 200 StGB mit Strafe bedrohten Handlungen gehören nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes zur ersten Kategorie (vgl. Prot. 2. Exp. Komm. Bd. 3 S. 220, Votum Lang). Der der deutschen Rechtsprechung entlehnte Einwand geht daher fehl. Er steht übrigens im Widerspruch zu Ausführungen in der staatsrechtlichen Beschwerde vom 23. August 1962, wonach der Beschwerdeführer immer noch bestreitet, bewusst Dirnen eingemietet zu haben. e) Da das Ausbeuten nicht Tatbestandsmerkmal der Kuppelei im Sinne von Art. 198 f. StGB ist, setzt diese BGE 89 IV 14 S. 21 entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch nicht voraus, dass zwischen den Leistungen des Vermieters und dem von ihm geforderten Mietpreis ein krasses Missverhältnis bestehen müsse. Hätte der Gesetzgeber die Strafbarkeit der Kuppelei von einem solchen Verhältnis zwischen den Leistungen abhängig machen wollen, dann hätte er dies, wie z.B. in Art. 157 StGB , in der Bestimmung zum Ausdruck gebracht. Das tat er nicht. Es ist deshalb nicht angängig, es auf dem Umweg über eine einschränkende Auslegung des Begriffes Gewinnsucht in die Bestimmung aufzunehmen. Art. 198 StGB so auslegen, heisst keineswegs, alle Vermieter von "sturmfreien" Zimmern der Strafverfolgung wegen Kuppelei aussetzen, wie der Beschwerdeführer behauptet. Mögen solche Zimmer im allgemeinen auch teurer vermietet werden, so bleibt es doch dabei, dass wegen Kuppelei erst strafbar ist, wer mit Rücksicht auf die begünstigte Unzucht einen höheren Mietzins verlangt, als er sonst verlangen würde.
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nan
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1,963
CH_BGE
CH_BGE_006
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d928cb83-7c51-4340-85b5-0a92811941a6
Urteilskopf 108 IV 161 40. Urteil des Kassationshofes vom 2. November 1982 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen T. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 179ter StGB . Die polizeiliche Befragung zur Abklärung eines Delikts ist nicht ein durch Art. 179ter StGB geschütztes Privatgespräch.
Sachverhalt ab Seite 161 BGE 108 IV 161 S. 161 A.- Im Verlaufe des wegen Verletzung von Verkehrsregeln geführten polizeilichen Ermittlungsverfahrens wurde der Beschuldigte, T., am 14. März 1981 in Andeer vom Polizeigefreiten P. einvernommen. Kurz nach Beginn der Befragung holte T. ein Tonbandgerät aus seinem Wagen und nahm damit das weitere Gespräch auf, obwohl ihn der Polizist aufforderte, dies zu unterlassen. An der später auf dem Polizeiposten fortgeführten Einvernahme beteiligte sich teilweise auch Korporal S.; T. hielt auch hier an seiner Weigerung, das Tonbandgerät auszuschalten, fest. Die Ermittlungsbeamten P. und S. erhoben gegen T. Strafantrag wegen unbefugten Aufnehmens von Gesprächen auf einen Tonträger. B.- Der Kreisgerichtsausschuss Rheinwald hat T. am 25. Februar 1982 unter anderem des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen gemäss Art. 179ter Abs. 1 StGB schuldig befunden und ihn mit einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 800.-- bestraft. Auf Berufung hin hat der Kantonsgerichts-Ausschuss am 12. Mai 1982 T. von der Anklage des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen gemäss Art. 179ter Abs. 1 StGB freigesprochen, die Busse (wegen anderer Verfehlungen) auf Fr. 600.-- herabgesetzt und im übrigen die Berufung abgewiesen. C.- Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die schweizerische Bundesanwaltschaft die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts-Ausschusses insoweit, als T. von der Anschuldigung BGE 108 IV 161 S. 162 unbefugter Aufnahme von Gesprächen freigesprochen wurde. T. beantragt die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 179ter Abs. 1 StGB wird auf Antrag mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse bestraft, wer als Gesprächsteilnehmer ein nicht öffentliches Gespräch, ohne die Einwilligung der andern daran Beteiligten, auf einen Tonträger aufnimmt. Das Obergericht vertrat in seinem Entscheid die Ansicht, dass Art. 179ter StGB nur den Geheim- oder Privatbereich der Gesprächsteilnehmer schütze, weshalb bloss die Aufnahme derjenigen nichtöffentlichen Gespräche strafbar sei, die den privaten Bereich des Einzelnen betreffen. Die polizeilichen Einvernahmen könnten nicht der Privatsphäre zugeordnet werden. Der Beschwerdegegner sei deshalb von der Anschuldigung des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen freizusprechen. Demgegenüber erachtet die Beschwerdeführerin die Strafbarkeit für jedes nichtöffentliche Gespräch als gegeben. Nach ihrer Auffassung ist der Rechtsschutz des Art. 179ter StGB , im Gegensatz zu Art. 179quater StGB , wo der "Geheim- oder Privatbereich" ausdrücklich erwähnt sind, nicht auf Gespräche des privaten Bereichs beschränkt. Der Schutz des nichtöffentlichen Gesprächs stehe jedermann um seiner Persönlichkeit willen zu, demzufolge auch dem die Untersuchung führenden Polizisten. 2. a) Art. 179ter StGB bedroht das unbefugte Aufnehmen von Gesprächen mit Strafe. Die genannte Gesetzesbestimmung unterscheidet lediglich zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Gesprächen, wobei nur letztere, weil dem persönlichen Geheimnisbereich angehörend, geschützt sind (vgl. BBl 1968, Bd. I, S. 593). Der Gesetzestext umschreibt den Begriff "Gespräch" nicht. Weder der Wortlaut des Art. 179ter StGB noch der Öffentlichkeitsbegriff - ein Gespräch ist öffentlich, "wenn es von jedem beliebigen Dritten gehört werden kann oder wenn es von jedem Beliebigen gehört werden soll" (SCHULTZ, Der strafrechtliche Schutz der Geheimsphäre, SJZ 67 (1971) S. 303) - helfen bei der notwendigen Auslegung des weiten Begriffs des nichtöffentlichen Gesprächs weiter. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind deshalb die ebenfalls zum Gesetzestext gehörenden Überschriften BGE 108 IV 161 S. 163 und Titel zur Ermittlung von Sinn und Zweck der Vorschrift heranzuziehen. Das Bundesgericht hat in BGE 94 IV 87 nur abgelehnt, den sich aus dem Wortlaut ergebenden Sinn einer Vorschrift aufgrund der Titel und Marginalien umzudeuten. b) Durch das Bundesgesetz betreffend Verstärkung des strafrechtlichen Schutzes des persönlichen Geheimbereichs vom 20. Dezember 1968 wurden die Art. 179bis-179septies in das Strafgesetzbuch eingefügt. Gleichzeitig wurden die von der Revision betroffenen Überschriften geändert. So wurde die bisherige Überschrift des Dritten Titels des Besonderen Teils des StGB - "Vergehen gegen die Ehre; Verletzung des Schriftgeheimnisses" - durch "Strafbare Handlungen gegen die Ehre und den Geheim- oder Privatbereich" ersetzt. Der Untertitel in Ziff. 2 lautet nun neu "Strafbare Handlungen gegen den Geheim- oder Privatbereich". Aus dem übereinstimmenden Wortlaut der massgebenden Überschriften folgt, dass das geschützte Rechtsgut in Art. 179ter StGB der Geheim- oder Privatbereich ist. Daran ändert nichts, dass dieser Schutzbereich nur im Gesetzestext von Art. 179quater StGB nochmals ausdrücklich erwähnt wird (vgl. HUBERT ANDREAS METZGER, Der strafrechtliche Schutz des persönlichen Geheimbereichs gegen Verletzungen durch Ton- und Bildaufnahmen sowie Abhörgeräte, Diss., Bern 1972, S. 49). c) Daraus ergibt sich, dass nicht jedes nichtöffentliche Gespräch strafrechtlichen Schutz geniesst. Geschützt ist dieses nur, wenn es sich um Äusserungen im privaten Bereich handelt. Derartige Gespräche sind etwa Äusserungen persönlicher Natur, aber auch geschäftliche Besprechungen. Anders verhält es sich dagegen u.a. bei der dienstlichen Befragung durch einen Polizeibeamten oder Untersuchungsrichter, soweit es sich um Äusserungen handelt, die im Rahmen des hängigen Verfahrens gemacht werden (vgl. SCHULTZ, a.a.O., N. 6, S. 304). Ein aus öffentlichrechtlicher Verpflichtung geführtes Gespräch fällt nicht in die Privatsphäre der Gesprächsteilnehmer, da diese durch die Aufnahme nicht in ihrer "persönlichen Freiheit in der Mitteilung an andere" (SCHULTZ, a.a.O., S. 305) beeinträchtigt sind. Soweit die Ausführung des dienstlichen Auftrags durch die Aufnahme des Gesprächs gestört oder verhindert wird, betrifft dies nur den Schutzbereich der Rechtspflege. Letztere wird aber durch Art. 179ter StGB nicht geschützt. d) Im vorliegenden Fall haben die Polizeibeamten P. und S. den Beschwerdegegner im Rahmen eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens BGE 108 IV 161 S. 164 befragt. Die zwei Gespräche bezogen sich nur auf die T. vorgeworfenen SVG-Delikte. Die Polizisten führten mit der Einvernahme einen dienstlichen Auftrag aus. Die polizeilichen Befragungen gehörten nicht zum Privatbereich der am Gespräch teilnehmenden Personen. Das Tatbestandsmerkmal des zum privaten Bereich gehörenden Gesprächs war somit nicht gegeben, so dass der Beschwerdegegner von der Anschuldigung des unbefugten Aufnehmens von Gesprächen im Sinne von Art. 179ter StGB freizusprechen war. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist deshalb abzuweisen. 3. Dies bedeutet indessen nicht, dass jeder Beschuldigte berechtigt wäre, jede Einvernahme auf Tonband aufzunehmen. Tonbandaufnahmen von Einvernahmen können bewirken, dass die Beteiligten (auch der Einvernehmende) abgelenkt, im Ausdruck gehemmt, gereizt, nervös oder unsicher gemacht werden, was die Durchführung und das Ergebnis der Verhandlung beeinträchtigt. Es besteht zudem die Gefahr, dass Tonbänder geschnitten oder ergänzt und in verfälschter Form missbräuchlich verwendet werden. Ein Verbot von Tonbandaufnahmen bei Einvernahmen kann daher im Interesse der ungestörten Verhandlungsführung und der unbeeinflussten Rechtsfindung gerechtfertigt sein. Es kann im Rahmen der sitzungspolizeilichen Befugnisse erlassen und durchgesetzt werden. Für den Fall der Widerhandlung ist es zulässig, das Tonbandgerät während der Dauer der Verhandlung sicherzustellen oder das bespielte Tonband nachher zu beschlagnahmen. Die Sitzungspolizeigewalt steht im Rahmen einer Gerichtsverhandlung dem Gerichtspräsidenten zu. Einzelne Kantone räumen sie in ihren Prozessgesetzen auch den Untersuchungs- und Anklagebehörden ein. Wo diesbezüglich eine gesetzliche Regelung fehlt, ist die Sitzungspolizeigewalt den Untersuchungsbehörden mittels Analogie durch Lückenfüllung zuzugestehen (dazu VOLLENWEIDER, Die Sitzungspolizei im schweizerischen Strafprozess, Diss., Zürich 1980, insbesondere S. 31, 58/59 und 105/6). Tonbandaufnahmen der Art, wie sie im vorliegenden Verfahren in Frage stehen, können also nötigenfalls auf dem Wege über die Handhabung der sitzungspolizeilichen Gewalt unterbunden werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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1,982
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CH_BGE_006
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d92bb78d-cf21-4dae-82af-ea09234cb06c
Urteilskopf 109 V 10 10. Urteil vom 15. Februar 1983 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Steiner und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 19 Abs. 1 IVG , Art. 8 Abs. 1 lit. a und Art. 9 IVV . Sonderschulbedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Beiträgen an Sonderschulunterricht (Erw. 1). Art. 26bis IVG , Art. 24 Abs. 1 IVV , Art. 11 und 12 SZV . - Voraussetzung der behördlichen Zulassung der Sonderschule (Bestätigung der Rechtsprechung, Erw. 2a). - Weder Invalidenversicherungs-Kommission noch Ausgleichskasse oder Richter sind zuständig, über die Zulassung einer Sonderschule zu befinden oder Zulassungsverfahren einzuleiten (Bestätigung der Rechtsprechung, Erw. 2b). - Wann kann eine Privatschule, die den Anforderungen der Volksschule entspricht, als Sonderschule zugelassen werden (Präzisierung der Rechtsprechung, Erw. 3)?
Sachverhalt ab Seite 11 BGE 109 V 10 S. 11 A.- Dominik Steiner (geb. 1967) leidet an einem leichten psychoorganischen Syndrom und feinmotorischen Störungen der Fingerfertigkeit. Nach Absolvierung der Primarschule wurde er im Frühjahr 1979 probeweise in die öffentliche Sekundarschule aufgenommen. Am 15. Juni 1979 teilte seine Mutter der Invalidenversicherungs-Kommission mit, der Schulpsychologische Dienst des Kantons St. Gallen rate in Anbetracht der schwachen schriftlichen Leistungen zum Besuch einer als Internat geführten privaten Sekundarschule; die Invalidenversicherung werde ersucht, hieran im Sinne einer Sonderschulungsmassnahme Beiträge zu leisten. Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Abklärungsverfahrens bestätigte der Sekundarschulrat mit Schreiben vom 28. Juni 1979, Dominik Steiner könne aufgrund der in der achtwöchigen Probezeit gezeigten schlechten Leistungen, welche zum Teil auf seine motorischen Störungen zurückzuführen seien, nicht mehr in der Sekundarschule verbleiben. In einem Bericht vom 9. Juli 1979 stellte der Schulpsychologische Dienst den Antrag auf "Sonderschulung im internen kath. Knabeninstitut St. Martin (Internatssekundarschule) in Vättis/SG ab August 1979 für die Dauer von 3 Jahren". Nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) lehnte die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen die Gewährung von Sonderschulbeiträgen am 29. Oktober 1979 verfügungsweise mit der Begründung ab, die Alpine Schule St. Martin, Vättis, sei nicht als Sonderschule der Invalidenversicherung zugelassen worden. B.- Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die hiegegen erhobene Beschwerde nach Beizug eines vom 12. März 1980 datierten Berichtes der kantonalen Sonderschulkommission am 9. Dezember 1980 gut. Der kantonale Richter nahm in seinem Entscheid einerseits an, Dominik Steiner sei sonderschulbedürftig; anderseits verfüge die Alpine Schule St. Martin zwar weder über die eidgenössische noch über die kantonale Zulassung als Sonderschule; doch liege ein "Sonderfall" im Sinne von Rz. 24 des BGE 109 V 10 S. 12 Kreisschreibens des BSV über die Zulassung von Sonderschulen in der Invalidenversicherung vor, indem das Institut dank der individuellen Unterrichtsgestaltung und dank der Betreuung ausserhalb der Schulzeit dem Versicherten die Absolvierung des Sekundarschulpensums ermögliche; deshalb stehe einer Anerkennung dieses Institutes als Sonderschule im vorliegenden Fall nichts entgegen, insbesondere nicht die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach bei Privatschulen, welche den Anforderungen der Volksschule entsprechen, der Anspruch auf Sonderschulbeiträge entfalle. C.- Das BSV führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Der Versicherte lässt auf Abweisung schliessen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 19 Abs. 1 IVG werden an die Sonderschulung bildungsfähiger Minderjähriger, denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, Beiträge gewährt (Satz 1); zur Sonderschulung gehört vorab die eigentliche Schulausbildung (Satz 2). Art. 19 Abs. 3 IVG ermächtigt den Bundesrat, die erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Beiträge im einzelnen zu umschreiben. Gestützt hierauf bezeichnete der Bundesrat in Art. 8 IVV die Massnahmen, welche im Rahmen der Sonderschulung von der Invalidenversicherung zu übernehmen sind. Diese umfassen insbesondere den regelmässigen Sonderschulunterricht für Minderjährige, die infolge Invalidität den Anforderungen der Volksschule nicht zu genügen vermögen, in Form einer dem Gebrechen angepassten eigentlichen Schulausbildung ( Art. 8 Abs. 1 lit. a IVV ). Als Volksschule gilt der im Rahmen der Schulpflicht vermittelte Unterricht mit Einschluss des Unterrichts in Hilfs- und Förderklassen ( Art. 8 Abs. 2 IVV ). Wer Beiträge an Sonderschulunterricht verlangen kann, ergibt sich aus Art. 9 IVV . Nach dieser Bestimmung zerfallen die Anspruchsberechtigten in zwei Gruppen. Art. 9 IVV räumt nämlich das Anrecht auf Beiträge einerseits jenen minderjährigen Versicherten ein, bei denen eine der in Abs. 1 lit. a bis f beispielhaft aufgezählten Behinderungen vorliegt (1. Gruppe); anderseits werden jene Minderjährigen berücksichtigt, "denen infolge eines anderen körperlichen oder geistigen Gebrechens der Besuch der Volksschule BGE 109 V 10 S. 13 nicht möglich oder nicht zumutbar ist" (Abs. 1 lit. g: 2. Gruppe, 1. Variante) oder die "infolge mehrerer Gebrechen dem Unterricht der Volksschule nicht zu folgen vermögen", auch "wenn die für die einzelnen Gebrechen erforderlichen Voraussetzungen gemäss Absatz 1 Buchstaben a bis f nicht erfüllt sind" (Abs. 2: 2. Gruppe, 2. Variante). In bezug auf das Abklärungsverfahren unterscheiden sich die beiden Gruppen beträchtlich: Die in Art. 9 Abs. 1 lit. a bis f IVV aufgeführten Voraussetzungen lassen sich durch Mess- oder Grenzwerte oder durch die klare Umschreibung des rechtserheblichen Gesundheitsschadens so definieren, dass ihre Feststellung in der Praxis verhältnismässig leicht und ermessensunabhängig vorgenommen werden kann. Ist sodann einer der genannten Tatbestände erstellt - also zum Beispiel die Geistesschwäche durch Tests ausgewiesen, die Blindheit, die Sehschwäche, die Taubheit oder der Hörverlust durch Messresultate bestätigt -, knüpft sich daran regelmässig die Leistungspflicht der Invalidenversicherung, indem die Sonderschulbedürftigkeit diesfalls vermutet wird, ohne dass es in der Regel noch weiterer Untersuchungen bedürfte. Demgegenüber erfordern die Voraussetzungen der zweiten Gruppe ( Art. 9 Abs. 1 lit. g und Abs. 2 IVV ) über die (ärztliche) Feststellung eines bestimmten gesundheitlichen Defektzustandes hinaus eine vorsichtige Gewichtung und Abwägung der wechselseitigen Auswirkungen zwischen der bestehenden Behinderung und dem Volksschulbesuch. Hiefür sind verschiedene fachtechnische Abklärungen nötig, die einerseits durch den Arzt und anderseits durch die für Schulfragen zuständigen Stellen der Gemeinden oder der Kantone erfolgen sollen. Dem Mediziner obliegen dabei im wesentlichen die Feststellung und die Beurteilung der Gesundheitsschädigung sowie der gesundheitlichen Auswirkungen des Besuchs einer öffentlichen Volksschule; die für schulische Belange zuständige Behörde hat demgegenüber im wesentlichen zu Fragen der geeigneten Schulung und des geeigneten Schultyps Stellung zu nehmen. Ein solches abgestimmtes Vorgehen der verschiedenen Fachleute gibt Gewähr dafür, dass alle Umstände, die im Einzelfall von medizinischer, pädagogischer oder therapeutischer Bedeutung sein können, bestmöglich erhellt werden. Die genannten Abklärungsmassnahmen sind deshalb vom Eidg. Versicherungsgericht wiederholt als zweckmässig und notwendig bezeichnet worden (nicht veröffentlichte Urteile Frei vom 11. August 1982, Bamert vom 4. August 1980 und Spycher vom 20. Januar 1976). BGE 109 V 10 S. 14 b) Der Beschwerdegegner leidet an einer Form des Geburtsgebrechens Ziffer 390, nämlich einem leichten psychoorganischen Syndrom und feinmotorischen Störungen der Fingerfertigkeit, welche sich u.a. in Schreibschwierigkeiten äussern (Bericht des Dr. med. D. vom 9. September 1976). Aufgrund dieser ärztlichen Beurteilung ist anzunehmen, dass beim Beschwerdegegner ein anderes körperliches oder geistiges Gebrechen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. g IVV vorliegt. Fraglich ist, ob ihm deswegen der Besuch der öffentlichen Volksschule auf der Sekundarstufe nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Laut dem Bericht des Schulpsychologischen Dienstes vom 9. Juli 1979 bestand der Beschwerdegegner die Probezeit in der Sekundarschule nicht, weil er vor allem in den Fächern scheiterte, die graphomotorische Grundlagen erfordern (Sprache schriftlich, speziell französisches Diktat, geometrisches Zeichnen); im Vergleich zur festgestellten Intelligenz würden sich die graphomotorischen Schwierigkeiten besonders krass bemerkbar machen; sodann liege auch ein Mangel an Konzentrationsfähigkeit vor. Diese Darstellung deckt sich im wesentlichen mit den Angaben im Bericht des Sekundarschulrates vom 23. Juni 1979, wonach das Scheitern des Sekundarschulbesuches jedenfalls zum Teil auf die motorischen Störungen zurückzuführen ist. Dass begleitende Massnahmen pädagogisch-therapeutischer Art gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV hieran etwas zu ändern vermöchten, wird von keiner Seite behauptet und ist nach der Aktenlage auch nicht anzunehmen. Somit ist erstellt, dass der Beschwerdegegner wegen seines Leidens die öffentliche Volksschule auf der Sekundarstufe nicht besuchen kann. Folglich stehen ihm gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. g IVV Beiträge an Sonderschulunterricht grundsätzlich zu. 2. a) Schulen, die invaliden Minderjährigen einen dem Gebrechen angepassten regelmässigen Sonderschulunterricht im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. a IVV erteilen wollen, bedürfen nach Art. 26bis Abs. 1 und 2 IVG einer Zulassung, um ihren Schülern Anspruch auf Beiträge der Invalidenversicherung zu vermitteln. Der Bundesrat übertrug die Zuständigkeit zum Erlass von Zulassungsvorschriften gemäss Art. 24 Abs. 1 IVV dem Eidg. Departement des Innern, das gestützt auf diese Delegation am 11. September 1972 die Verordnung über die Zulassung von Sonderschulen in der Invalidenversicherung (SZV) erlassen hat. Deren Art. 10 sieht vor, dass für die Zulassung von Sonderschulen, die BGE 109 V 10 S. 15 ständig mehr als vier Schüler mit Anspruch auf den Sonderschulbeitrag der Invalidenversicherung unterrichten, das BSV zuständig ist (Abs. 1); in den übrigen Fällen liegt die Zuständigkeit für die Anerkennung als Sonderschule beim Kanton, in dem sich das Institut befindet (Abs. 2). Nach ständiger Rechtsprechung entfällt der Anspruch auf Beiträge an Sonderschulunterricht, wenn das Institut, für dessen Besuch Beiträge verlangt werden, nicht im dafür vorgesehenen Verfahren tatsächlich formell als Sonderschule zugelassen worden ist (ZAK 1980 S. 273 f. Erw. 1b und Erw. 2 i.f., 1978 S. 32 Erw. 2 und 3). b) Aus den Akten geht hervor, dass die Alpine Schule St. Martin in Vättis weder durch das BSV (generell) noch durch die Sonderschulkommission als (im Falle des Beschwerdegegners) zuständige kantonale Instanz als Sonderschule zugelassen worden ist. Der Bericht vom 12. März 1980, in welchem die Sonderschulkommission zum Ausdruck brachte, dass das genannte Institut aufgrund der vollzogenen Abklärungen "als geeignete Sonderschulmassnahme im Einzelfall zu bezeichnen sei", weshalb "bei einem evtl. Rekursfall die Sonderschulung in der Alpinen Schule Vättis" unterstützt werden könne, ändert hieran nichts. Somit ist festzustellen, dass es vorliegend an der formellen Anspruchsvoraussetzung der Sonderschulzulassung fehlt. Die Vorinstanz wendet hiegegen in ihrer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, es gehe nicht an, dem Sozialversicherungsrichter in Fällen wie dem vorliegenden die Zuständigkeit abzusprechen, im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens betreffend die Gewährung von Sonderschulbeiträgen über die Zulassung einer Sonderschule zu befinden. Diese Auffassung verkennt, dass Gesetz und Verordnung zwischen den materiellen Anspruchsvoraussetzungen für Sonderschulbeiträge einerseits ( Art. 19 IVG , Art. 8 f. IVV) und dem Erfordernis der formellen Zulassung anderseits ( Art. 26bis IVG , Art. 24 Abs. 1 IVV ) klar unterscheiden. Gestützt auf die letztgenannten Bestimmungen sieht die SZV besondere Zulassungsvoraussetzungen und ein spezielles Zulassungsverfahren für Institutionen und Einzelpersonen vor, die im Rahmen der Invalidenversicherung invalide Minderjährige unterrichten. Die Invalidenversicherung darf die Sonderschulung nur subventionieren, wenn die betreffende Schule zur Tätigkeit auf dem Gebiet der Invalidenversicherung zugelassen worden ist. Weder Invalidenversicherungs-Kommission, BGE 109 V 10 S. 16 Ausgleichskasse noch Richter sind zuständig, über diese Zulassung zu befinden oder Zulassungsverfahren einzuleiten (vgl. ZAK 1982 S. 325). Dies ist nach der durch Gesetz und Verordnung getroffenen Ordnung in allen Fällen Sache des BSV oder der zuständigen kantonalen Amtsstelle. Ihnen obliegt es, abzuklären, ob das Institut generell oder bezogen auf einen einzelnen Schüler die Zulassungsvoraussetzungen ( Art. 2 ff. SZV ) erfüllt. 3. Aus dem Gesagten folgt, dass der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben ist. Die Ablehnungsverfügung vom 29. Oktober 1979 erweist sich als richtig. Im Hinblick darauf, dass die Sonderschulbedürftigkeit des Beschwerdegegners erstellt ist (vgl. Erw. 1b hievor) und unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dass die Alpine Schule St. Martin nachträglich bei der Sonderschulkommission des Kantons St. Gallen ein Gesuch um Zulassung als Sonderschule im Falle des Beschwerdegegners stellen kann (vgl. Art. 12 Abs. 1 SZV ), rechtfertigt es sich, folgendes beizufügen. Laut dem Schreiben der Sonderschulkommission vom 3. April 1978 an das BSV besitzt die Alpine Schule St. Martin in Vättis die kantonalrechtliche Anerkennung als private Sekundarschule, die in allen Klassen nach dem öffentlichen Lehrplan geführt wird. Das BSV beruft sich nun auf die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach beim Besuch von Privatschulen, die den Anforderungen der Volksschule entsprechen, der Anspruch auf Sonderschulbeiträge entfällt (ZAK 1980 S. 273 Erw. 1a, 1978 S. 31 Erw. 1). Die Vorinstanz ist der Auffassung, dass diese Rechtsprechung in Anbetracht der Rz. 22 bis 24 ("Zulassung in Sonderfällen") des seit 1. Januar 1979 in Kraft befindlichen Kreisschreibens des BSV über die Zulassung von Sonderschulen in der Invalidenversicherung nicht mehr gelte. Bedeutung und Rechtsbeständigkeit dieser Weisungen brauchen indessen vorliegend nicht geprüft zu werden. Es genügt, darauf hinzuweisen, dass die erwähnte Rechtsprechung nicht bezweckt, Privatschulen, die Volksschulunterricht anbieten, schlechthin als mögliche Träger von Sonderschulmassnahmen der Invalidenversicherung auszuschliessen. Denn es sind auch jene Versicherten einer angemessenen Sonderschulung zuzuführen, die im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. g oder Abs. 2 IVV dem an der öffentlichen Schule erteilten Unterricht nicht folgen können - auch nicht mit Hilfe ergänzender Massnahmen nach Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV -, dagegen aber bei geeigneten schulisch-pädagogischen Vorkehren im Rahmen einer Privatschule in der Lage wären, das im kantonalen Lehrplan BGE 109 V 10 S. 17 vorgeschriebene (Primar- oder Sekundar-) Pensum zu bewältigen. Entscheidend ist somit, welche Funktion der betreffenden Privatschule im Einzelfall zukommt. Beschränkt sich das private Institut auf die Vermittlung von Volksschullehrstoff in einer der Unterrichtsgestaltung an der öffentlichen Volksschule vergleichbaren Weise, ist die Zulassung als Sonderschule in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung ausgeschlossen. Daran ist festzuhalten. Kommt die Privatschule anderseits der Behinderung eines Schülers in der Weise entgegen, dass sie auf die invaliditätsbedingten Bedürfnisse abgestimmte Mittel zur Verfügung stellt (Lehrmethoden, Lehrkräfte, Einrichtungen u.a.m.), wodurch erst die im kantonalen Lehrplan aufgestellten Ziele erreicht werden können, fällt eine Zulassung als Sonderschule in Betracht. Unter solchen Umständen tritt die Privatschule eben nicht mehr nur "in ihrer Eigenschaft als Volksschule" (ZAK 1980 S. 273 Erw. 1b, 1978 S. 32 Erw. 2) auf, sondern wesentlich auch als Institution der Förderung sonderschulbedürftiger Minderjähriger. In diesem Sinne ist die bisherige Rechtsprechung zu präzisieren. Wann eine Privatschule mit Volksschulunterricht im Einzelfall als Sonderschule zugelassen werden kann, lässt sich nicht in allgemeingültiger und abschliessender Weise sagen. Jedenfalls muss eine solche Lösung durch die mit den Abklärungen betrauten Stellen (vgl. Erw. 1a hievor) gründlich geprüft werden. Als Regel wird gelten, dass allein der Umstand besonderer Rücksichtnahme seitens der Privatschulorgane, die dem behinderten Schüler ein "Mitschwimmen" im ansonst normal geführten Klassenverband erlaubt, zur Anerkennung nicht genügt. Erforderlich wird vielmehr grundsätzlich sein, dass sich die gewählte Privatschule von ihrem pädagogischen Konzept her (z.B. durch individualisierte Unterrichtsgestaltung, individuelle Betreuung ausserhalb der Schulzeit o.ä.) in einer Weise für die Sonderschulung eignet, die über die Möglichkeiten des jeweils in Frage stehenden öffentlichen Volksschultypus hinausgeht. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichtes des Kantons St. Gallen vom 9. Dezember 1980 aufgehoben.
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Urteilskopf 121 III 297 60. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 9 août 1995 dans la cause D. P. contre C. P. (recours en réforme)
Regeste Art. 152 ZGB ; Dauer der Unterhaltspflicht. Die Pflicht zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages hängt einzig von der objektiven Leistungsfähigkeit des Rentenschuldners ab, und nicht von subjektiven Faktoren, wie etwa von dem von diesem selbst gewählten Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand (E. 3b). Art. 22 FZG ; Form der Ausgleichung bei Lücken in der Vorsorge. Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge kann bei Lücken in der Vorsorge auch in der Weise ein Ausgleich geschaffen werden, dass ein Teil der vom einen Ehegatten erworbenen Austrittsleistung von dessen Vorsorgeeinrichtung auf diejenige des andern Ehegatten übertragen wird. Art. 22 FZG sieht in der Tat eine neue Ausgestaltung dieses Anspruchs vor, auf die der Richter in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens namentlich dort zurückzugreifen hat, wo die Zusprechung einer Rente wegen eingeschränkter finanzieller Verhältnisse der Ehegatten nicht in Betracht fällt (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 121 III 297 S. 298 A.- D. P., née le 28 janvier 1942 et C. P., né le 25 février 1935, se sont mariés à Pampelune (Espagne) le 14 janvier 1967. B.- Le 17 août 1990, C. P. a ouvert action en divorce. La défenderesse a conclu au rejet de la demande et, reconventionnellement, à la séparation de corps. Le 15 septembre 1994, le Tribunal de première instance du canton de Genève a admis l'action du demandeur, rejeté celle de la défenderesse et prononcé le divorce des époux. Il a astreint le mari à payer à sa femme, en application de l' art. 152 CC , une rente mensuelle indexée de 300 fr. Statuant le 23 mars 1995 sur appel de D. P., la Cour de justice du canton de Genève a confirmé ce jugement sur le principe du divorce; elle l'a annulé pour le surplus et condamné C. P. à verser à son épouse une pension alimentaire de 500 fr. par mois jusqu'au jour de sa retraite et de 300 fr. dès lors. C.- D. P. exerce un recours en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut, principalement, au paiement d'une pension alimentaire de 800 fr. par mois et au renvoi de la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision sur ses conclusions tendant au transfert d'une part de la prestation de sortie LPP de l'intimé; elle demande, subsidiairement, le paiement d'une pension alimentaire mensuelle de 800 fr. jusqu'au mois de février 2000 et au renvoi de la cause à la Cour de justice pour qu'elle fixe le montant de la rente due dès cette date et statue sur son droit à une part de la prestation de sortie. Le Tribunal fédéral a admis partiellement le recours, annulé l'arrêt entrepris et renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. BGE 121 III 297 S. 299 Erwägungen Extrait des considérants: 3. b) Le recours apparaît en revanche fondé en tant qu'il concerne l'échelonnement de la rente d'assistance. La Cour de justice a en effet décidé que la contribution d'entretien serait réduite de 500 à 300 fr. dès la retraite de l'intimé. Ce faisant, elle laisse à celui-ci le choix de la date à partir de laquelle il paiera une pension réduite. Or, l'obligation d'entretien ne dépend que de la capacité objective du débirentier et non de facteurs subjectifs qui pourraient l'influencer, en l'occurrence une retraite anticipée. C'est dès lors à bon droit que la recourante demande que la rente soit réduite à partir du jour où l'intimé aura atteint ses 65 ans. Il appartiendra à l'autorité cantonale de fixer à nouveau la durée de la rente, car l'arrêt entrepris doit être annulé partiellement sur un autre point encore. 4. La recourante reproche à la Cour de justice de n'avoir pas appliqué l'art. 22 de la loi fédérale sur le libre passage dans la prévoyance professionnelle, vieillesse, survivants et invalidité, entrée en vigueur le 1er janvier 1995 (LFLP; RO 1994 III 2386). Selon les juges cantonaux - c'est leur argument essentiel -, la recourante n'aurait pas formulé ses prétentions de façon suffisamment explicite. L' art. 22 LFLP étant par ailleurs une norme potestative (Kann-Vorschrift), son application ne s'imposerait pas au juge. Enfin, les droits de la recourante envers sa propre institution de prévoyance n'étant pas connus, ceux que son mari pourrait faire valoir à ce titre ne pourraient être déterminés. a) Comme la cour cantonale l'a elle-même souligné, la recourante a conclu à une "compensation, suite à la perte de certains avantages qu'elle obtenait de par la profession de son époux ainsi qu'à la sauvegarde de sa rente de veuve". Ce faisant, elle a suffisamment allégué que la perte de prévoyance résultant de la dissolution du mariage devait être prise en considération dans les effets accessoires du divorce. En vertu du droit fédéral, l'autorité cantonale devait dès lors examiner ses prétentions découlant du maintien de sa prévoyance professionnelle. b) La perte de prévoyance subie du fait du divorce est comprise dans les intérêts pécuniaires - perte d'entretien ou, exceptionnellement, d'une expectative - dont un époux peut demander la compensation en vertu de l' art. 151 al. 1 CC ( ATF 116 II 101 ; SPÜHLER/FREI-MAURER, n. 29 ad art. 151 CC ; V. BRÄM, Die Auswirkungen des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993 auf scheidungsrechtliche Leistungen i.S. von Art. 151 und 152 ZGB, SZS 39, 1995, p. 6 ss; HINDERLING/STECK, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, BGE 121 III 297 S. 300 4e éd., 1995, p. 280). Elle peut aussi provoquer le dénuement de l' art. 152 CC (arrêt K. c. K. du 3 mars 1992, publié in SJ 1992 380; SPÜHLER/FREI-MAURER, n. 12 ad art. 152 CC ; V. BRÄM, op.cit., p. 11 ss; HINDERLING/STECK, op.cit., p. 280). Jusqu'à l'entrée en vigueur de la loi sur le libre passage, le juge octroyait une rente dont le montant était non seulement destiné à couvrir la perte du droit à l'entretien ou le dénuement, mais aussi à combler les lacunes de la prévoyance. Dorénavant, cette compensation peut aussi se faire par le transfert d'une part de la prestation de sortie, acquise par l'un des époux, de son institution de prévoyance à celle de l'autre. Selon l' art. 22 al. 1 LFLP , le juge peut en effet décider qu'une partie de la prestation de sortie, acquise par un conjoint pendant la durée du mariage, sera transférée à l'institution de prévoyance de l'autre époux et imputée sur les prétentions de divorce destinées à garantir la prévoyance. Cette disposition ne fonde pas une nouvelle prétention découlant de la perte de prévoyance, mais instaure une nouvelle modalité de règlement de la créance (FF 1992 III p. 598 ss; V. BRÄM, op.cit., p. 12 ss; HINDERLING/STECK, op.cit., p. 390 ss). Dans ces conditions, la cour cantonale aurait dû examiner en premier lieu si, dans le cadre du devoir d'assistance que se doivent les époux après le divorce en vertu de l' art. 152 CC , la recourante avait droit à une part de l'avoir de prévoyance acquis par l'intimé. Les juges cantonaux ont refusé d'entrer en matière sur ce point essentiellement pour le motif que l' art. 22 LFLP est une norme potestative et que, par conséquent, ils n'avaient pas l'obligation de l'appliquer. Ce faisant, ils ont méconnu le sens de cette disposition: elle n'entre en considération que si, en vertu du droit du divorce, une prétention à une part de l'avoir de prévoyance de l'autre époux est établie. Cette question n'a précisément pas été tranchée en l'espèce. Si un tel droit devait être reconnu, il appartiendrait encore au tribunal de déterminer si l'indemnisation doit intervenir sous la forme d'une rente ou par le transfert d'une part de la prestation de sortie de l'intimé à l'institution de prévoyance de la recourante. L'application de l' art. 22 LFLP n'est donc pas laissée au bon plaisir du juge. Celui-ci doit au contraire recourir à cette nouvelle forme de compensation en usant à bon escient de son pouvoir d'appréciation, notamment lorsque l'allocation d'une rente n'entre pas en considération en raison des capacités financières réduites des époux. Peu importe que les droits à la retraite de la recourante ne soient pas connus. D'une part sont en cause, en premier lieu, les prétentions que BGE 121 III 297 S. 301 l'intimé, du fait de son activité professionnelle, a contre son institution de prévoyance. D'autre part, la procédure judiciaire était précisément destinée à clarifier les prétentions de la recourante, afin de pouvoir déterminer le montant qui devait être couvert à l'avenir pour lui garantir une prévoyance professionnelle appropriée. c) Faute de constatations sur ce point, l'arrêt entrepris doit être annulé et la cause renvoyée à la Cour de justice pour nouvelle décision dans le sens des considérants ( art. 64 al. 1 OJ ). Celle-ci devra, indépendamment de la durée de la rente (cf. supra consid. 3b), déterminer si la recourante a subi une perte de prévoyance du fait du divorce et, cas échéant, décider s'il y a lieu de l'indemniser par l'octroi d'une rente au sens de l' art. 152 CC qui soit plus élevée ou, conformément à l' art. 22 LFLP , par le transfert d'une part de la prestation de sortie de l'intimé.
null
nan
fr
1,995
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
d9376561-f234-4902-a8c4-a8ad0072e46b
Urteilskopf 141 V 221 26. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Basler Versicherung AG und Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel (UPK) (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_600/2014 vom 27. März 2015
Regeste Art. 75 UVG ; Art. 98 UVV ; Wahlrecht der öffentlichen Verwaltungen. Die in Art. 98 UVV erfolgte Regelung des Wahlrechts der öffentlichen Verwaltungen und öffentlichen Betriebe, namentlich der neu geschaffenen Verwaltungs- und Betriebseinheiten, liegt innerhalb des durch Art. 75 UVG gesetzlich abgesteckten Kompetenzrahmens (E. 5.1-5.3). Die Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel bildeten bereits vor der per 1. Januar 2012 erfolgten Überführung von einer Dienststelle des Kantons in eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Kantons eine in sich abgeschlossene selbstständige Einheit (eigene betriebliche Spitalorganisation und -verwaltung, eigene Rechnung, eigene Personal- und Finanzabteilung) und können daher nicht als neu geschaffene Verwaltungs- und Betriebseinheit im Sinne von Art. 98 Abs. 2 UVV gelten. Das Recht auf die Wahl des Unfallversicherers ist gemäss Art. 75 UVG bereits ausgeübt worden (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 222 BGE 141 V 221 S. 222 A. A.a Gestützt auf das Gesetz vom 16. Februar 2011 über die öffentlichen Spitäler des Kantons Basel-Stadt (Öffentliche Spitäler-Gesetz, ÖSpG; SG 331.100) wurden die Universitären Psychiatrischen Kliniken (nachfolgend: UPK), das Felix Platter-Spital sowie das Universitätsspital Basel, welche als Dienststellen des Kantons geführt worden und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert gewesen waren, per 1. Januar 2012 in öffentlich-rechtliche Anstalten des Kantons überführt. Im Rahmen BGE 141 V 221 S. 223 dieser Neuorganisation des Spitalwesens schrieben die drei Spitäler am 4. August und 10. September 2011 die obligatorische Unfallversicherung im Kantonsblatt aus. An der Submission beteiligten sich die SUVA sowie Privatversicherungsunternehmen, wobei die SUVA ein Wahlrecht der Spitäler in Abrede gestellt und ihre Offerte unter Vorbehalt der Wirksamkeit des Wahlrechts abgegeben hatte. Mit Verfügung vom 14. November 2011 wurde die SUVA von der Ausschreibung ausgeschlossen und mit Schreiben vom 24. November 2011 wurde ihr mitgeteilt, dass der Zuschlag betreffend UPK an die Basler Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Basler) gegangen sei. Die SUVA erhob gegen beides Rekurs beim Appellationsgericht Basel-Stadt; das Verfahren ist derzeit sistiert. A.b Mit Verfügung vom 24. November 2011 verneinte die SUVA ein Wahlrecht der UPK betreffend Unfallversicherer, bestätigte die unveränderte Zuständigkeit der SUVA für die obligatorische Unfallversicherung des Personals der UPK und legte die Prämiensätze für die Berufs- und Nichtberufsunfallversicherung für das Jahr 2012 fest. Im Rahmen des Einspracheverfahrens gab die SUVA der beantragten Beiladung der Basler ohne Präjudiz statt und wies die Einsprache mit Entscheid vom 27. Juli 2012 ab. B. Beschwerdeweise liessen die Basler und die UPK die Aufhebung des Einspracheentscheids der SUVA vom 27. Juli 2012 beantragen und u.a. ein Rechtsgutachten des PD Dr. iur. Ueli Kieser vom 9. Dezember 2011 auflegen. Das Bundesverwaltungsgericht vereinigte die beiden Verfahren. Mit Entscheid vom 13. Juni 2014 hiess es die Beschwerden, soweit es darauf eintrat, im Sinne der Erwägungen gut und hob den angefochtenen Einspracheentscheid vom 27. Juli 2012 auf. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die SUVA, Ziffer 1 des Erkanntnisses des Entscheids des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2014 sei aufzuheben, soweit die Vorinstanz auf die Beschwerden eingetreten sei und diese gutgeheissen habe; die Ziffern 2 und 3 seien aufzuheben. Die UPK lassen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, und auf Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids schliessen; sie lassen u.a. ein aktualisiertes Gutachten des Prof. Dr. iur. Ueli Kieser zur Auslegung von Art. 98 UVV (SR 832.202) vom 9. Oktober 2014 auflegen. Die Basler lässt die Abweisung der Beschwerde beantragen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) spricht sich in seiner Vernehmlassung im Wesentlichen für die BGE 141 V 221 S. 224 Gesetzmässigkeit von Art. 98 Abs. 2-4 UVV aus, verneint jedoch aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht das Vorliegen einer neu geschaffenen Verwaltungs- und Betriebseinheit im Sinne von Art. 98 Abs. 2 UVV und somit eines Wahlrechts betreffend Unfallversicherer. Die UPK lassen zur Vernehmlassung des BAG Stellung nehmen und unter Beilage eines ergänzenden Kurzgutachtens des Prof. Dr. iur. Ueli Kieser vom 20. Januar 2015 an ihrem Standpunkt festhalten. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie in Aufhebung des Einspracheentscheids der SUVA vom 27. Juli 2012 die Berechtigung der UPK zur Neuwahl des Unfallversicherers aufgrund der per 1. Januar 2012 erfolgten Umwandlung von einer Dienststelle des Kantons Basel-Stadt in eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit anerkannte. Nicht Streitgegenstand des Verfahrens bilden - wie bereits vor Bundesverwaltungsgericht - die Höhe der von der SUVA verfügten Prämiensätze sowie die Fragen betreffend die Belange des öffentlichen Ausschreibungsverfahrens und der Vergabe. 4. Das Wahlrecht der öffentlichen Verwaltungen ist in Art. 75 UVG geregelt. Demgemäss können Kantone, Bezirke, Kreise, Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften für die Versicherung ihres Personals, das nicht bereits bei der SUVA versichert ist, innert einer vom Bundesrat festzusetzenden Frist zwischen der SUVA und einem Versicherer nach Art. 68 UVG wählen (Abs. 1). Verwaltungen und Betriebe, die eine Einheit bilden, werden beim gleichen Versicherer versichert (Abs. 2). In Art. 98 UVV hat der Bundesrat dazu festgelegt, dass Zweige der öffentlichen Verwaltungen und öffentliche Betriebe je eine Einheit bilden, wenn sie organisatorisch selbstständig sind. Solche Einheiten müssen beim gleichen Versicherer versichert werden (Abs. 1). Neu geschaffene Verwaltungs- und Betriebseinheiten müssen die Wahl des Versicherers spätestens einen Monat vor der Aufnahme der Tätigkeit treffen. Den Vertretern der Arbeitnehmer ist ein Mitbestimmungsrecht einzuräumen (Abs. 2). Übt eine öffentliche Verwaltung das Wahlrecht nicht rechtzeitig aus, so sind ihre Arbeitnehmer bei der SUVA versichert (Abs. 3). Gemäss Art. 98 Abs. 4 UVV üben die öffentlichen Verwaltungen ihr Wahlrecht aus, indem sie dem gewählten Versicherer BGE 141 V 221 S. 225 einen schriftlichen Versicherungsantrag unter Angabe der davon betroffenen Verwaltungs- und Betriebseinheiten zustellen. 5. 5.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat zunächst erwogen, Art. 75 UVG habe nicht bloss eine intertemporalrechtliche Bedeutung für das Wahlrecht vor Inkrafttreten des UVG gehabt und sei damit nicht obsolet geworden. Die in Art. 75 Abs. 1 UVG normierte Delegation an den Bundesrat - so die Vorinstanz - sei verfassungsmässig nicht ausgeschlossen und die Voraussetzungen zur Zulässigkeit der Gesetzesdelegation seien erfüllt. Die gestützt darauf erlassene Verordnungsvorschrift von Art. 98 UVV falle nicht aus dem Rahmen der dem Bundesrat delegierten Kompetenzen und erweise sich daher weder als gesetzwidrig noch als rechtsungleich oder willkürlich. 5.2 Soweit die Beschwerdeführerin Art. 75 UVG lediglich eine intertemporalrechtliche Bedeutung zuerkennt und daher das Vorliegen einer ausreichenden Delegationsnorm für Art. 98 UVV bestreitet, ist Art. 75 UVG einer Auslegung zu unterziehen. 5.2.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Entstehungsgeschichte ist zwar nicht unmittelbar entscheidend, dient aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Namentlich zur Auslegung neuerer Texte, die noch auf wenig veränderte Umstände und ein kaum gewandeltes Rechtsverständnis treffen, kommt den Materialien eine besondere Bedeutung zu. Vom Wortlaut darf abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Regelung wiedergibt. Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die der Verfassung am besten entspricht. Allerdings findet auch eine verfassungskonforme Auslegung ihre Grenzen im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung ( BGE 138 II 440 E. 13 S. 453, BGE 138 II 557 E. 7.1 S. 565; BGE 138 IV 232 E. 3 S. 234; BGE 138 V 17 E. 4.2 S. 20; BGE 137 III 217 E. 2.4.1 S. 221). 5.2.2 Die intertemporalrechtliche Bedeutung des Art. 75 Abs. 1 UVG ist offensichtlich und unbestritten. So wollte der Gesetzgeber bei der BGE 141 V 221 S. 226 Ausarbeitung des UVG den Besitzstand der SUVA wahren, gleichzeitig jedoch der Autonomie der öffentlich-rechtlichen Körperschaften soweit als möglich Rechnung tragen und den privaten Versicherungsgesellschaften ermöglichen, ihre Tätigkeit weiterzuführen und den neuen gesetzlichen Bestimmungen anzupassen (vgl. Botschaft vom 18. August 1976 zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung, BBl 1976 III 141, 176 f. Ziff. 351, 212 Ziff. 405.15; RKUV 1989 S. 348, U 54/87 E. 2c und 3a). Mit Art. 75 UVG räumte er daher den Kantonen, Bezirken, Kreisen, Gemeinden und anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften das Recht ein, für die Versicherung ihres Personals, das nicht bereits bei der SUVA versichert war, innert einer vom Bundesrat festzusetzenden Frist zwischen der SUVA und einem Versicherer nach Art. 68 UVG zu wählen (Abs. 1); das Wahlrecht war so auszuüben, dass Verwaltungen und Betriebe, die eine Einheit bilden, beim gleichen Versicherer versichert werden (Abs. 2). In der Verordnung vom 20. September 1982 über die Inkraftsetzung und Einführung des UVG (AS 1982 1724), mit welcher die vorgenannte Gesetzesbestimmung auf den 1. Oktober 1982 in Kraft gesetzt wurde (Art. 1 Abs. 2), hat der Bundesrat die Frist zur Ausübung des Wahlrechts bis zum 31. Oktober 1983 festgelegt (Art. 3 Abs. 1); bei nicht rechtzeitiger Ausübung des Wahlrechts waren die Arbeitnehmer der öffentlichen Verwaltungen bei der SUVA versichert (Art. 3 Abs. 5). Dieses einmalige Wahlrecht betraf somit nur die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des UVG bereits bestehenden öffentlichen Verwaltungen. 5.2.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann sich der Inhalt von Art. 75 UVG jedoch nicht nur auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehenden öffentlichen Verwaltungen beschränken, sondern delegiert diese Bestimmung auch eine Regelungskompetenz für neue, nach Inkraftsetzung des UVG geschaffene öffentliche Verwaltungen. Dies ergibt sich - wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - bereits aus der systematischen Stellung von Art. 75 UVG unter den gemeinsamen Vorschriften (5. Abschnitt) und nicht in den Schluss- und Übergangsbestimmungen. Zudem ist die Möglichkeit organisatorischer Veränderungen von Gemeinwesen in Art. 75 Abs. 2 UVG zwingend enthalten, zeigt doch diese Bestimmung, dass ein Gemeinwesen nicht bloss aus einer einzigen Verwaltungs- oder Betriebseinheit bestehen und nicht unverändert bleiben muss. Dementsprechend wurde im Kommentar des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) vom 22. November 1982 zum BGE 141 V 221 S. 227 Verordnungsentwurf ausgeführt, in der UVV bleibe nur noch die Wahlfrist für nach Inkrafttreten des Gesetzes geschaffene öffentliche Verwaltungen zu bestimmen. Die Modalitäten des Wahlrechts solcher neu geschaffener Verwaltungs- und Betriebseinheiten hat der Bundesrat in Art. 98 Abs. 2-4 UVV geregelt. Die Regelung des Wahlrechts von nach dem Inkraftsetzen des UVG geschaffenen öffentlichen Verwaltungen war erforderlich, um das rechtmässige Funktionieren des UVG zu garantieren. Eine andere Auslegung von Art. 75 UVG hätte - wie das BAG in seiner Vernehmlassung aufzeigt - zur Folge, dass alle neu geschaffenen öffentlichen Verwaltungen kein Wahlrecht ausüben könnten und somit Unklarheit bezüglich des UVG-Versicherers bestünde, was nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen kann. 5.2.4 Inwiefern dieses Verständnis von Art. 75 mit Art. 76 UVG in Widerspruch stehen sollte - wie dies die Beschwerdeführerin geltend macht - ist nicht ersichtlich, befasst sich doch Art. 76 UVG mit der Frage der periodisch vorzunehmenden Überprüfung der festen Zuteilung bestimmter Betriebs- und Berufskategorien sowie einer allfälligen Neuzuteilung und nicht mit der Frage des Wahlrechts von im Zuge der Dezentralisation oder Ausgliederung neu geschaffener Verwaltungs- und Betriebseinheiten. 5.3 Die in Art. 98 UVV erfolgte Regelung des Wahlrechts der öffentlichen Verwaltungen und öffentlichen Betriebe, namentlich der neu geschaffenen Verwaltungs- und Betriebseinheiten, liegt innerhalb des gesetzlichen abgesteckten Kompetenzrahmens und ist daher gesetzmässig und anwendbar. Neu geschaffenen Verwaltungs- und Betriebseinheiten steht somit ein einmaliges Wahlrecht des Unfallversicherers zu, welches spätestens einen Monat vor Aufnahme der Tätigkeit getroffen werden muss. 5.4 Auf das Vorbringen der UPK, die SUVA sei zur Rüge der Gesetzwidrigkeit einer Verordnungsbestimmung gar nicht berechtigt, braucht bei diesem Ergebnis nicht weiter eingegangen zu werden. 6. Zu prüfen ist demzufolge, ob die UPK durch die per 1. Januar 2012 erfolgte Umwandlung von einer Dienststelle des Kantons Basel-Stadt in eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht als neu geschaffene Verwaltungs- und Betriebseinheit im Sinne von Art. 98 Abs. 2 UVV gelten. 6.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat unter Hinweis auf die Bestimmungen des am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzes über BGE 141 V 221 S. 228 die öffentlichen Spitäler des Kantons Basel-Stadt (ÖSpG) dargelegt, dass die Voraussetzung der organisatorischen Selbstständigkeit der UPK gemäss Art. 98 Abs. 1 UVV erfüllt sei, die UPK als neu geschaffene Einheit zu gelten haben und ihnen daher ein Wahlrecht des Unfallversicherers zustehe. Die SUVA und das BAG bestreiten das Vorliegen eines Wahlrechts und stellen sich im Wesentlichen auf den Standpunkt, die UPK hätten bereits vor dem 1. Januar 2012 eine organisatorisch selbstständige Einheit gebildet; das BAG sieht das entscheidende Kriterium für die Bejahung einer neu geschaffenen Verwaltungs- und Betriebseinheit im Sinne von Art. 98 Abs. 2 UVV in der Einführung einer eigenen Rechnung als neues Element. Demgegenüber bejahen die UPK und die Basler ein Wahlrecht gestützt auf die per 1. Januar 2012 erfolgte Verselbstständigung der UPK. 6.2 Gemäss Art. 98 Abs. 1 UVV bilden Zweige der öffentlichen Verwaltungen und öffentliche Betriebe je eine Einheit, wenn sie organisatorisch selbstständig sind, wobei solche Einheiten beim gleichen Versicherer versichert werden. Neu geschaffene Verwaltungs- und Betriebseinheiten müssen die Wahl des Versicherers gemäss Art. 98 Abs. 2 UVV spätestens einen Monat vor der Aufnahme der Tätigkeit treffen. 6.2.1 Zur Bedeutung von "organisatorisch selbstständig", sind - wie das BAG in seiner Vernehmlassung aufgezeigt hat - zunächst die Materialien beizuziehen. Im Vorentwurf zur UVV vom 4. September 1980 wurde in Art. 95 Abs. 1-5 unter dem Titel "Wahlrecht der öffentlich-rechtlichen Körperschaften" die Ausübung des Wahlrechts gemäss Art. 75 UVG präzisiert. Art. 96 UVV sah unter dem Titel "Betriebs- und Verwaltungseinheiten" vor, dass Zweige der Verwaltung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die betriebswirtschaftlich selbstständig sind und eine eigene Rechnung führen, als Betriebseinheit gelten, wohingegen die übrige Verwaltung der Körperschaft eine Verwaltungseinheit bildet. Diese Bestimmung wurde anlässlich der Debatte der Expertenkommission vom 23. September 1980 im Nachgang zur 1. Lesung angenommen. Anlässlich der Debatte vom 29./30. April 1981 im Nachgang zur 2. Lesung wurden bezüglich Art. 96 UVV keine Bemerkungen angebracht, wobei im darauffolgenden Vorentwurf aus den Art. 95 und 96 UVV die Art. 96 und 97 UVV wurden. Im Verordnungsentwurf vom Februar 1982 erfolgte die Regelung des Wahlrechts in Art. 96 UVV unter dem Titel "Wahlrecht der öffentlichen Verwaltungen". Unter BGE 141 V 221 S. 229 dem Titel "Verwaltungs- und Betriebseinheiten" wurde neu in Art. 97 UVV vorgesehen, dass öffentliche Verwaltungen und öffentliche Betriebe, die organisatorisch selbstständig sind und eine eigene Rechnung führen, eine Einheit bilden und beim gleichen Versicherer versichert werden. Anlässlich der Debatte der Expertenkommission vom 29./30. März 1982 im Nachgang zur 3. Lesung zu Art. 97 UVV äusserte sich der damalige Vizedirektor des Bundesamtes für Sozialversicherungen zum Verhältnis von Art. 66 Abs. 1 lit. q und Art. 75 UVG . Er führte aus, Art. 66 Abs. 1 lit. q UVG stelle eine Sonderregel dar, hingegen gewähre Art. 75 UVG dem übrigen Bereich der Verwaltung ein Wahlrecht. So könnten denn Spitäler oder andere Betriebe der Verwaltung diese Wahl treffen. Art. 97 UVV sei durchaus notwendig, da darin der im Gesetz verwendete Begriff der Einheit, die je zur SUVA oder zu den anderen Versicherern gehen könne, näher umschrieben werde. Der Verordnungstext - so der Votant - könnte allenfalls noch etwas verdeutlicht werden, indem präzisiert werde, dass von Zweigen der öffentlichen Verwaltung die Rede sei. Dem Kommentar des EDI vom 22. November 1982 zum Verordnungsentwurf kann schliesslich entnommen werden, dass die bisherigen Art. 96 und 97 UVV neu in Art. 98 UVV in der heutigen Fassung unter dem Titel "Wahlrecht der öffentlichen Verwaltungen" zusammengefasst worden sind. 6.2.2 Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann zur Ergänzung und Verdeutlichung des Wortlauts von Art. 98 Abs. 1 und 2 UVV auf zwei bundesrätliche Antworten zu Interpellationen verwiesen. So hielt der Bundesrat in seiner Antwort vom 6. Juni 2011 auf die Interpellation Miesch im Zusammenhang mit dem Wahlrecht bezüglich Unfallversicherer und der Teilnahme der SUVA an öffentlichen Ausschreibungen fest, dass diejenigen Verwaltungen, die ihr Wahlrecht gemäss Art. 75 UVG bei Inkrafttreten des UVG ausgeübt hätten, nicht ein zweites Mal zwischen der SUVA und einem Privatversicherer wählen könnten. Durch Gemeindefusionen könnten jedoch neue Einheiten entstehen, die noch nie eine Wahl getroffen hätten. Bei neuen Einheiten, die ihre einmalige Wahl noch nicht getroffen hätten, könne somit auch die SUVA eine Offerte für die obligatorische Unfallversicherung derjenigen Arbeitnehmer einreichen, welche nicht bereits obligatorisch bei der SUVA versichert seien (vgl. Antwort des Bundesrates vom 6. Juni 2011 auf die Interpellation Nr. 11.3159 von Christian Miesch betreffend "Änderungen des Prämientarifs der SUVA" [abrufbar unter BGE 141 V 221 S. 230 www.parlament.ch:Dokumentation/Curia Vista ]). Auf die Interpellation Stahl im Zusammenhang mit der Teilnahme der SUVA an öffentlichen Ausschreibungen antwortete der Bundesrat am 22. Februar 2012 dahingehend, dass eine öffentliche Verwaltung dann als neue Einheit gelte, wenn sie als organisatorisch selbstständige Einheit mit eigener Rechnung neu geschaffen worden sei. Organisatorisch selbstständig sei eine Verwaltungseinheit nach den Materialien zur Verordnung namentlich dann, wenn sie eine eigene Rechnung führe. Nicht erforderlich sei, dass die neue Verwaltungseinheit eine Tätigkeit aufnehme, die vorher nicht wahrgenommen worden sei (vgl. Antwort des Bundesrates vom 22. Februar 2012 auf die Interpellation Nr. 11.4139 von Jürg Stahl betreffend "Teilnahme der SUVA an öffentlichen Ausschreibungen" [abrufbar unter www.parlament.ch:Dokumentation/Curia Vista ]). 6.2.3 Aus den obigen Erwägungen geht - wie das BAG zu Recht ausführt - hervor, dass der Verordnungsgeber die organisatorische Selbstständigkeit einer Verwaltungs- oder Betriebseinheit in engen Zusammenhang mit der eigenen Rechnungsführung stellt, auch wenn Letztere im Art. 98 Abs. 1 UVV nicht ausdrücklich erwähnt ist. Gemeint sind effektiv neu geschaffene Einheiten. 6.3 Die mit Inkraftsetzung des ÖSpG per 1. Januar 2012 erfolgte Überführung der öffentlichen Spitäler des Kantons Basel-Stadt, u.a. der UPK, von einer Dienststelle des Kantons in eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Kantons erfolgte - wie dem Ratschlag des Regierungsrates zum ÖSpG vom 24. August 2010 zu entnehmen ist - im Zusammenhang mit der per 1. Januar 2012 erfolgten eidgenössischen Neuregelung der Spitalfinanzierung und der damit beabsichtigten grundlegenden Umgestaltung der Schweizer Spitallandschaft, insbesondere der Intensivierung des Wettbewerbs unter den Spitälern. Mit der rechtlichen Verselbstständigung in die Form von öffentlich-rechtlichen Anstalten sollte den kantonalen Spitälern der operative Handlungsspielraum gewährt werden, um im künftig verschärften Wettbewerb ihre profilierte Position zu erhalten und zu festigen. Dass die UPK durch diese rechtliche Umgestaltung und die damit verbundene organisatorische Loslösung vom Kanton neue Autonomien gewonnen haben und innerhalb ihres Leistungsauftrages neu eigene strategische Zielsetzungen verfolgen können, ist offensichtlich und unbestritten. Zweifellos haben sie als organisatorisch selbstständig im Sinne von Art. 98 Abs. 1 UVV zu gelten, was im Gutachten des Prof. Dr. iur. Ueli Kieser vom 9. Oktober 2014 dargelegt und nicht bestritten wird. BGE 141 V 221 S. 231 6.4 Trotz der rechtlichen Umgestaltung der UPK und der daraus resultierenden Erweiterung des Autonomiebereichs kann aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht nicht von einer per 1. Januar 2012 neu geschaffenen Verwaltungs- und Betriebseinheit im Sinne von Art. 98 Abs. 2 UVV gesprochen werden. Die UPK bestanden - wie die SUVA und das BAG zu Recht geltend machen - schon vor der rechtlichen Umgestaltung als organisatorisch selbstständige Einheit im unfallversicherungsrechtlichen Sinne. Sie bildeten bereits als Dienststelle des Kantons eine in sich abgeschlossene selbstständige Einheit mit eigener betrieblicher Spitalorganisation und -verwaltung und führten auch vor der Umstrukturierung schon eine eigene Rechnung sowie eine eigene Personal- und Finanzabteilung, was unbestritten ist. Die UPK wurden dementsprechend mit in Rechtskraft erwachsener Verfügung der SUVA vom 30. Dezember 1983 unter der Betriebsnummer 412-6020.2 der SUVA unterstellt. Diese Verfügung erging, nachdem der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt der SUVA seinen Beschluss vom 14. Juni 1983 mitgeteilt hatte, wonach er in Anwendung des Art. 75 UVG unter Mitwirkung der Mitarbeiter die SUVA als Versicherer gewählt habe. Bei der Tarifierung wurden die UPK als eigenes Mitglied des für den Kanton Basel-Stadt begründeten Prämienkonzerns geführt und jeweils mit einem eigenen Versicherungsausweis bedient. Zudem traten sie im Kontakt mit der SUVA als eigenständiger Arbeitgeber mit eigener Personalabteilung auf. Ergänzend ist - wie im Gutachten des Prof. Dr. iur. Ueli Kieser vom 9. Oktober 2014 erwähnt - darauf hinzuweisen, dass in der Lehre im Zusammenhang mit Art. 75 UVG bzw. Art. 98 UVV die öffentlichen Spitäler als "Wahlkunden" genannt wurden. So hätten sowohl die SUVA als auch die andern Versicherer gemäss Art. 68 UVG um diese "Wahlkunden" vor Ablauf der Wahlfrist intensiv geworben (vgl. ALFRED MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, 1985, S. 51 Fn. 42). Auch dies deutet darauf hin, dass aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht bereits damals von der organisatorischen Selbstständigkeit der öffentlichen Spitäler ausgegangen wurde. Ob die UPK das Wahlrecht effektiv selbstständig ausgeübt haben oder das Wahlrecht durch den Regierungsrat ausgeübt wurde, ist für die Frage eines aus der per 1. Januar 2012 erfolgten rechtlichen Umgestaltung resultierenden Wahlrechts der UPK nicht relevant. 6.5 Zusammenfassend ist mit der SUVA und dem BAG davon auszugehen, dass die UPK bereits vor dem 1. Januar 2012 BGE 141 V 221 S. 232 organisatorisch selbstständig im Sinne von Art. 98 Abs. 1 UVV waren und demzufolge nicht als neu geschaffene Verwaltungs- und Betriebseinheit im Sinne von Art. 98 Abs. 2 UVV gelten können. Das Wahlrecht des Unfallversicherers ist gemäss Art. 75 UVG bereits ausgeübt worden. Mit der Anerkennung der Berechtigung der UPK zur Neuwahl des Unfallversicherers aufgrund der per 1. Januar 2012 erfolgten Umstrukturierung hat das Bundesverwaltungsgericht demzufolge Bundesrecht verletzt. In Gutheissung der Beschwerde ist der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben.
null
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2,015
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d9395a49-cf92-4113-8ed8-473a06dd77fa
Urteilskopf 106 Ia 7 3. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Juni 1980 i.S. X. gegen Direktion der kantonalen Strafanstalt Regensdorf und Direktion der Justiz des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Strafverfahren. Der in einem Strafverfahren Beschuldigte ist nicht zu Aussagen verpflichtet und darf deshalb nicht mit Sanktionen belegt werden, wenn er die Aussage verweigert. Dies gilt auch dann, wenn die Strafuntersuchung gegen den Betroffenen noch nicht formell eröffnet ist, aber unmittelbar bevorsteht. Anstaltsrechtlich begründete Aussagepflicht eines Strafgefangenen, der eines Offizialdelikts verdächtigt wird?
Sachverhalt ab Seite 8 BGE 106 Ia 7 S. 8 X. verbüsste in den Jahren 1978 und 1979 eine Freiheitsstrafe in der kantonalen Strafanstalt Regensdorf/ZH. Am 6. April 1979 unternahm der ebenfalls dort inhaftierte Y. einen Fluchtversuch. Zur Zeit seines Spazierganges im Hof wurde diesem über die Mauer der Anstalt hinweg eine mit einem roten Tuch gekennzeichnete Strickleiter zugeworfen. Der Fluchtversuch misslang. Ungefähr gleichzeitig sah ein Aufseher am Zellenfenster des X. ein rotes Tuch. Dieser wurde deshalb verdächtigt, Y. bei seiner Flucht durch Setzen eines Signals behilflich gewesen zu sein. X. wurde am 9. April 1979 durch einen Beamten der Kantonspolizei in der Strafanstalt Regensdorf zu diesem Sachverhalt angehört. Er verweigerte jegliche Aussage. Der Direktor der Strafanstalt verhängte gegen X. eine 15tägige Arreststrafe. Er erwog, durch seine Aussageverweigerung habe X. den § 56 der Verordnung über die kantonale Strafanstalt Regensdorf verletzt. Diese Vorschrift lautet: "Die Gefangenen sind verpflichtet, die Vorschriften dieser Verordnung, der darauf basierenden Hausordnung und zusätzliche Weisungen zu befolgen und auf dienstliche Fragen wahrheitsgemäss Auskunft zu geben." Die Direktion der Justiz des Kantons Zürich wies einen von X. erhobenen Rekurs mit Entscheid vom 20. September 1979 ab, soweit sie darauf eintrat. X. führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV , der persönlichen Freiheit und des Art. 6 Ziff. 2 EMRK . Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in der Hauptsache gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Es ist als allgemeiner Grundsatz des Strafprozessrechts anerkannt, dass niemand gehalten ist, zu seiner Belastung beizutragen ("nemo tenetur se ipsum prodere vel accusare"; HAUSER, Kurzlehrbuch des Strafprozessrechts, Basel 1978, S. 83). Der in einem Strafverfahren Beschuldigte ist nicht zu Aussagen verpflichtet. Er darf deshalb auch nicht mit Sanktionen belegt werden, wenn er die Aussage verweigert. Seltene Ausnahmen BGE 106 Ia 7 S. 9 von diesem Grundsatz können hier unbeachtet bleiben (vgl. WALDER, Die Vernehmung des Beschuldigten, Hamburg 1965, S. 82 ff.). Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer offensichtlich von vorneherein der Mithilfe beim Fluchtversuch des Y. verdächtigt. Seine früheren Kontakte zu diesem als fluchtgefährlich bekannten Mitgefangenen und das rote Tuch vor dem Zellenfenster liessen diesen Verdacht als naheliegend erscheinen. Ob die Strafuntersuchung zur Zeit der Einvernahme des Beschwerdeführers in Regensdorf vom 9. April 1979 formell bereits im Gange war, geht aus den Akten nicht hervor. Sie war aber, da Art. 310 StGB ein Offizialdelikt ist, klarerweise zu erwarten, und es ist nur folgerichtig, dass sie schliesslich durchgeführt wurde. Das Verhör vom 9. April 1979 wurde durch einen Polizeibeamten vorgenommen. Es hatte offensichtlich den Charakter einer ersten polizeilichen Befragung im Vorfeld oder Anfangsstadium einer Strafuntersuchung. Der Beschwerdeführer befand sich zumindest faktisch in der Stellung eines Beschuldigten. Er war daher als solcher zu behandeln und durfte nicht disziplinarisch bestraft werden, wenn er jegliche Aussage im Zusammenhang mit dem Fluchtversuch des Y. verweigerte. Dies hätte übrigens auch dann gelten müssen, wenn der Beschwerdeführer nicht durch einen Polizeibeamten, sondern durch ein Organ der Strafanstalt selbst einvernommen worden wäre, falls ein Strafverfahren eröffnet war oder unmittelbar bevorstand. Der angefochtene Entscheid verletzt offensichtlich einen klaren, unumstrittenen Rechtsgrundsatz und verstösst somit gegen Art. 4 BV (vgl. BGE 102 Ia 3 E. 2a mit Verweisungen). Die Beschwerde ist daher im Hauptpunkt gutzuheissen und der Entscheid der Justizdirektion des Kantons Zürich vom 20. September 1979 ist aufzuheben.
public_law
nan
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1,980
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CH
Federation
d93b4471-c2d0-4335-9f99-ca53b0bde2bd
Urteilskopf 125 III 443 75. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 30 septembre 1999dans la cause Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft,Société Générale Alsacienne de Banque SOGENAL (Suisse) S.A. contre Al Bank Al Saudi Al Fransi (recours en réforme)
Regeste Dokumentenakkreditiv; internationales Privatrecht. Ist nach schweizerischem internationalem Privatrecht ausländisches Recht auf ein Rechtsverhältnis anwendbar - im beurteilten Fall das Recht Saudiarabiens -, regelt dieses Recht auch die Folgen der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung einer Verpflichtung (E. 3a-c). Der Vorbehalt des schweizerischen Ordre public ( Art. 17 IPRG ) muss einschränkend angewendet werden, wenn die Sache lediglich eine lose Beziehung zur Schweiz aufweist. Der in Art. 104 OR statuierte Anspruch auf Verzugszinse stellt weder eine ständige und überall gültige Regel noch ein so grundlegendes Prinzip der heutigen schweizerischen Rechtsordnung dar, dass er die Anwendung eines ausländischen Rechtes ausschliesst, das solche Zinse verbietet (E. 3d). Art. 147 Abs. 3 IPRG , nach welchem das Recht des Zahlungsortes bestimmt, in welcher Währung gezahlt werden muss, bezieht sich namentlich auf die Anwendung von Art. 84 OR , wonach der Schuldner mangels Effektivklausel in seiner eigenen Währung bezahlen kann (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 444 BGE 125 III 443 S. 444 A.- Par télex du 19 avril 1983, la Banque Indosuez, succursale de Lausanne, agissant comme banque correspondante, a notifié à l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft, filiale zurichoise de la Société Générale Alsacienne de Banque SOGENAL à Strasbourg, une lettre de crédit irrévocable, d'un montant de 1'530'000 US$, émise en faveur de M/S Multitrade International Sàrl à Beyrouth (Liban) par Al Bank Al Saudi Al Fransi à Riyadh (Arabie Saoudite), sur ordre de M/S Sons and daughters of Mohamed Etawi Co for Trade à Jeddah (Arabie Saoudite). Cette lettre de crédit était destinée au paiement de l'achat de 30'000 moutons. Il était précisé qu'elle était soumise aux Règles et usances uniformes relatives aux crédits documentaires de la Chambre de Commerce Internationale. Ni la Banque Indosuez, ni l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft n'ont confirmé l'accréditif en faveur de son bénéficiaire M/S Multitrade International. Les moutons ont été déchargés au port de Jeddah les 16 et 17 mai 1983. La venderesse, M/S Multitrade International Sàrl, a présenté les documents relatifs à cette livraison à sa banque, l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft, laquelle a constaté des divergences entre ces documents et ceux qui étaient prévus dans la lettre de crédit. Elle en a avisé sa cliente le 18 mai 1983. BGE 125 III 443 S. 445 Le 27 mai 1983, la Banque Indosuez, correspondante de la banque émettrice, a envoyé un télex à cette dernière pour savoir si la lettre de crédit pouvait être néanmoins payée. Al Bank Al Saudi Al Fransi a répondu, par télex du 10 juin 1983, qu'elle n'avait pas réussi à obtenir de réponse du donneur d'ordre. Par télex du 17 juillet 1983 à la Banque Indosuez, Al Bank Al Saudi Al Fransi confirmait avoir reçu elle-même les documents; elle déclarait qu'elle n'avait toujours pas pu obtenir de réponse du donneur d'ordre à ce jour. Le 16 août 1983, la Banque Indosuez a avisé Al Bank Al Saudi Al Fransi qu'elle attendait toujours des instructions. En définitive, Al Bank Al Saudi Al Fransi n'a jamais payé le montant réclamé sur la base de la lettre de crédit, à savoir 1'495'320 US$. B.- Le 19 janvier 1989, Multitrade International Sàrl a cédé à l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft, à concurrence de 1'495'320 US$ plus intérêt à 12% l'an dès le 4 août 1983, la créance résultant de la lettre de crédit litigieuse. Agissant sur la base de cette cession, l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft a requis et obtenu du Juge de paix du cercle de Lausanne le séquestrede tous les avoirs de l'Al Bank Al Saudi Al Fransi auprès de la Banque Indosuez, succursale de Lausanne, à concurrence de 3'147'648 fr.60 avec intérêt à 12% l'an dès le 3 juin 1983. Pour valider le séquestre, elle a adressé une réquisition de poursuite le 8 mai 1989. Al Bank Al Saudi Al Fransi ayant fait opposition au commandement de payer, l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft a déposé, le 8 juin 1989, une demande en paiement, destinée à valider la mesure. La cause a été jugée une première fois par la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois le 10 mars 1994, mais cette décision a été annulée par arrêt du Tribunal fédéral du 2 octobre 1995, lequel a considéré que la cour cantonale devait établir d'office le contenu du droit saoudien, qui était applicable au litige. Statuant à nouveau par jugement du 6 mars 1998, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a constaté qu'Al Bank Al Saudi Al Fransi devait payer à l'Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft la somme de 3'147'648 fr.60 sans intérêts; en conséquence, elle a prononcé la mainlevée définitive de l'opposition et validé le séquestre. En substance, la cour cantonale a retenu que la banque émettrice était déchue du droit de refuser les documents présentés. Constatant que le droit saoudien s'oppose absolument à l'octroi d'un intérêt moratoire, la Cour civile en a conclu que la somme réclamée était due, convertie en monnaie suisse, mais sans intérêts. BGE 125 III 443 S. 446 C.- Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft exerce un recours en réforme au Tribunal fédéral. Se plaignant du refus de lui allouer des intérêts moratoires, elle conclut à ce que le jugement cantonal soit modifié par l'octroi d'un intérêt de 10% dès le 10 juin 1983. Al Bank Al Saudi Al Fransi interjette également un recours en réforme au Tribunal fédéral. Se plaignant d'avoir été condamnée à payer une somme déterminée en francs suisses, elle conclut à la modification du jugement attaqué en ce sens que la somme de3 147 648 fr.60 devrait être remplacée par celle de 1 495 320 US$ en capital, sans intérêts. Le Tribunal fédéral a rejeté les recours et confirmé le jugement attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) Agissant en qualité de cessionnaire, la demanderesse fait valoir la créance abstraite du bénéficiaire à l'encontre de la banque défenderesse qui a émis la lettre de crédit. En l'absence d'une élection de droit valable, la créance issue d'un accréditif documentaire est régie par la loi du siège de la banque émettrice, notamment pour ce qui concerne les rapports entre celle-ci et le bénéficiaire (cf. art. 117 al. 1 et 2 de la loi fédérale du 18 décembre 1987 sur le droit international privé [LDIP; RS 291]; ATF 121 III 436 consid. 4b/bb; ATF 115 II 67 consid. 1; ATF 87 II 234 consid. 1 p. 237). Comme la défenderesse a son siège en Arabie Saoudite, l'engagement qu'elle a pris en émettant l'accréditif est régi par la loi saoudienne. Cette question a déjà été tranchée par le premier arrêt du Tribunal fédéral rendu dans la même cause, de sorte qu'il est exclu d'y revenir ( ATF 101 II 142 consid. 3 et 5c). Sous réserve de la conversion en monnaie suisse qui sera examinée dans le cadre du recours de la défenderesse, la cour cantonale, dans la décision attaquée, a établi le contenu du droit saoudien et elle a appliqué ce droit. Dès lors qu'elle a fait application de la loi étrangère désignée par le droit international privé suisse, après en avoir déterminé le contenu, elle a respecté les règles du droit fédéral en la matière (art. 117 al. 1 et 2, art. 13 et 16 LDIP ), de sorte qu'il n'y a plus de place pour un recours en réforme fondé sur une violation du droit fédéral (cf. art. 43 al. 1 et 43a al. 1 OJ). b) Savoir si la cour cantonale a trouvé les dispositions saoudiennes applicables, si elle les a correctement interprétées et appliquées au cas d'espèce est une question qui concerne exclusivement la bonne application du droit étranger. BGE 125 III 443 S. 447 Comme la contestation d'espèce porte sur un droit de nature pécuniaire (sur cette notion: ATF 118 II 528 consid. 2c; ATF 116 II 379 consid. 2a; ATF 108 II 77 consid. 1a), l'application du droit étranger par la cour cantonale ne peut être réexaminée par le Tribunal fédéral saisi d'un recours en réforme (cf. a contrario: art. 43a al. 2 OJ ). c) Lorsque le droit international privé suisse désigne une loi étrangère, cette désignation s'étend en principe à toutes les dispositions applicables à la cause ( art. 13 LDIP ); en particulier, la loi étrangère désignée règle aussi bien la naissance que les effets de l'obligation (cf. ATF 78 II 74 consid. 5 p. 85); elle régit donc également les conséquences d'une inexécution ou d'une mauvaise exécution. Dès lors, c'est bien la loi saoudienne qui détermine in casu si la demanderesse peut prétendre à une forme d'indemnisation pour le retard dans l'exécution. Cette question de droit étranger échappe, comme on l'a vu, au contrôle de la juridiction de réforme. Il n'est donc pas possible d'entrer en matière sur l'argumentation de la demanderesse selon laquelle le droit saoudien aurait permis une telle forme de réparation. Il s'agit là d'une pure question de droit étranger et non pas - comme le soutient la demanderesse - d'un problème de qualification selon la lex fori. d) La demanderesse invoque enfin une violation des art. 17 et 18 LDIP . L' art. 17 LDIP contient la réserve dite négative de l'ordre public suisse; cette disposition permet au juge de ne pas appliquer exceptionnellement un droit (matériel) étranger qui aurait pour résultat de heurter de façon insupportable les moeurs et le sentiment du droit suisse. Quant à l' art. 18 LDIP qui touche à l'aspect positif de l'ordre public, il réserve les lois suisses d'application immédiate, c'est-à-dire, en règle générale, des dispositions impératives qui répondent le plus souvent à des intérêts essentiels d'ordre social, politique ou économique (cf. sur ces deux dispositions: cf. ATF 117 II 494 consid. 7). De façon générale, la réserve de l'ordre public doit permettre au juge de ne pas apporter la protection de la justice suisse à des situations qui heurtent de manière choquante les principes les plus essentiels de l'ordre juridique, tel qu'il est conçu en Suisse. En obligeant le juge suisse à appliquer une loi étrangère, le droit international privé suisse accepte nécessairement que cette loi puisse diverger du droit suisse. Il ne saurait donc être question d'en appeler à l'ordre public suisse chaque fois que la loi étrangère diffère, même sensiblement, du droit fédéral. La règle est au contraire l'application de BGE 125 III 443 S. 448 la loi étrangère désignée par le droit international privé suisse. On se montrera d'autant plus restrictif à admettre l'exception de l'ordre public que la cause ne présente pratiquement pas d'attache avec la Suisse. S'agissant en l'espèce d'une opération du commerce international entre sociétés étrangères, qui a donné lieu à l'émission d'un accréditif documentaire par une banque étrangère en faveur d'une société étrangère, on ne voit guère de raison d'imposer des concepts proprement helvétiques à des relations qui, selon le droit international privé suisse, relèvent du droit étranger. La réserve de l'ordre public ne pourrait en principe être retenue dans une telle situation qu'en cas de violation d'une règle presque permanente et universelle de l'ordre juridique. Dans le cas présent, la demanderesse invoque le droit à des intérêts moratoires prévu par l' art. 104 CO . Il a cependant été jugé que cette règle était de droit dispositif et que le taux pouvait être modifié conventionnellement aussi bien vers le haut que vers le bas ( ATF 117 V 349 consid. 3b). On ne saurait donc parler d'une norme impérative qui puisse être considérée comme une loi d'application immédiate au sens de l' art. 18 LDIP . Il reste à examiner si l'ordre public suisse pourrait faire obstacle à l'application de la loi saoudienne, qui exclut tout intérêt moratoire (cf. art. 17 LDIP ). Il faut tout d'abord se demander si la règle de l' art. 104 CO est presque constante et universelle, au point de pouvoir être considérée comme un principe essentiel du droit. Sous cet angle, il faut observer d'emblée, dans une perspective historique, que même les pays occidentaux ont connu la prohibition par l'Eglise du prêt à intérêts, avant que la Réforme ne l'admette dans certaines limites (sur cette question: cf. PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, p. 255 et les références citées). Il en subsiste quelques traces dans le droit suisse actuel, puisque l' art. 313 al. 1 CO présume que le prêt entre particuliers est gratuit. Il est d'autre part notoire que le droit musulman prohibe l'intérêt (cf. ENGEL, op.cit., loc.cit.), de sorte que l'on peut attendre des personnes qui se livrent au commerce dans cette région du monde qu'elles prennent en compte cette prohibition. Certes, il ne s'agit pas en l'espèce d'un prêt avec intérêts, mais du problème de l'intérêt moratoire. Les deux questions sont cependant étroitement liées. L'intérêt moratoire signifie que la personne qui retient indûment des fonds devra verser davantage que le capital en cause; cette conception repose sur l'idée que l'argent produit régulièrement de l'argent. Or, il s'agit précisément de la conception qui BGE 125 III 443 S. 449 a été autrefois condamnée par l'Eglise en Occident et qui est encore aujourd'hui rejetée par le droit musulman. Il reste à se demander si le principe d'un intérêt sur le capital, malgré les hésitations auxquelles il a donné lieu dans l'Histoire et le fait qu'il soit encore actuellement condamné par l'Islam, constitue un principe si fondamental de l'ordre juridique suisse actuel qu'il s'oppose par exception à l'application d'une loi étrangère différente. Cette question doit recevoir une réponse négative. En effet, il a été jugé, même en droit suisse actuel, qu'il n'y avait pas d'intérêt moratoire dans le domaine de l'assurance sociale, faute d'une disposition particulière qui le prévoit (cf. ATF 119 V 78 consid. 3 et 4). Même si cette règle s'accompagne d'exceptions qui pourraient s'appliquer en l'espèce, il en résulte néanmoins que l'intérêt moratoire, en droit suisse, ne va pas de soi. Il ne s'agit donc pas d'un principe si fondamental de l'ordre juridique suisse qu'il fasse opposition à l'application de la loi étrangère désignée par le droit international privé suisse. 5. La recourante se plaint exclusivement d'avoir été condamnée à payer une somme en francs suisses, alors que la lettre de crédit prévoyait un montant en dollars américains. a) La demanderesse a obtenu un séquestre ( art. 271 ss LP ), ce qui l'a obligée à requérir la poursuite dans le délai légal pour valider cette mesure d'exécution forcée ( art. 279 al. 1 LP ). Comme le débiteur allégué a formé opposition, la demanderesse devait intenter l'action en reconnaissance de dette dans les dix jours ( art. 279 al. 2 LP ). La demande litigieuse se caractérise donc comme une action en reconnaissance de dette, destinée à obtenir la mainlevée définitive ( art. 79 al. 1 LP ). Or, l'exécution forcée par les autorités suisses est régie exclusivement par le droit suisse. Dans le cadre de l'exécution forcée, la loi suisse exige, pour des raisons pratiques, que le montant en poursuite soit désigné en valeur légale suisse ( art. 67 al. 1 ch. 3 LP ). Selon la jurisprudence, la conversion en valeur légale suisse d'une créance stipulée en monnaie étrangère est une règle d'ordre public et une exigence de la pratique; elle est rendue indispensable par le fait que le produit de la réalisation, qui doit servir au paiement de la dette, s'obtient normalement en valeur suisse et que les actes de défaut de biens ne peuvent guère être établis que tous indistinctement en monnaie suisse. En imposant cette conversion, le législateur n'a pas entendu modifier le rapport de droit liant les parties et nover en une dette de francs suisses celle que les intéressés ont librement BGE 125 III 443 S. 450 fixée en devises étrangères; le débiteur est simplement obligé de souffrir que, dans la procédure d'exécution, ses biens se trouvant sur le territoire suisse soient soumis à l'exécution pour un montant qui, en valeur suisse, correspond à la dette de monnaie étrangère; c'est cependant toujours la valeur en monnaie du contrat qui est due ( ATF 115 III 36 consid. 3a; ATF 77 III 97 consid. 1; ATF 72 III 100 consid. 3; arrêt du 16 mars 1989 dans la cause 5C.6/1989 consid. 2b, publié in: SJ 1989 p. 352). Dès lors que la cour cantonale était saisie d'une demande tendant à faire prononcer la mainlevée définitive dans une poursuite en validation de séquestre, elle n'a pas violé le droit fédéral en se conformant à la règle de la conversion en monnaie suisse qui résulte de l' art. 67 al. 1 ch. 3 LP . b) Même sous l'angle du droit international privé, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en se référant à l' art. 84 CO . En effet, selon l' art. 147 al. 3 LDIP , le droit de l'Etat dans lequel le paiement doit être effectué détermine dans quelle monnaie ce paiement doit être fait. Cette disposition vise en particulier l'application de l' art. 84 CO et la possibilité pour le débiteur, en l'absence d'une clause de valeur effective, de payer en monnaie du pays (cf. FRANK VISCHER, IPRG Kommentar, n. 17 s ad art. 147 LDIP ; BERNARD DUTOIT, Droit international privé suisse: commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 2ème éd., n. 5 ad art. 147 LDIP ). En l'espèce, la lettre de crédit prévoit un paiement à Lausanne. En conséquence, le droit suisse était applicable à la question soulevée par la demanderesse ( art. 147 al. 3 LDIP ) et c'est à juste titre que la cour cantonale a appliqué l' art. 84 al. 1 CO . c) La défenderesse fait valoir qu'elle aurait décidé, postérieurement au jugement attaqué, de payer le capital - qu'elle ne conteste désormais plus - en dollars américains, qu'elle aurait offert le paiement à sa partie adverse et que, faute d'acceptation, elle aurait envisagé une consignation. Savoir si le débiteur peut payer en main du créancier (mais non de l'office) dans la monnaie convenue est une question qui a été examinée dans l'arrêt publié à la Semaine judiciaire 1989 p. 352 consid. 2b. Il n'y a cependant pas lieu de revenir sur cette question, parce que la défenderesse pose des problèmes qui sont entièrement fondés sur des faits nouveaux, ce qui n'est pas admissible dans un recours en réforme ( art. 55 al. 1 let . c OJ).
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d95393d2-12d2-4bb5-881c-a2b2012fbaa0
Urteilskopf 106 Ib 115 19. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 21 juillet 1980 dans la cause Braillard contre Commission vaudoise de recours en matière de circulation routière (recours de droit administratif)
Regeste Aufschiebende Wirkung im Bereich der Verwaltungsbeschwerde ( Art. 55 VwVG ) und bei Beschwerden wegen Entzugs des Führerausweises ( Art. 30 VZV ). 1. Voraussetzungen für die Bewilligung oder Verweigerung der aufschiebenden Wirkung im Verwaltungsbeschwerdeverfahren des Bundes; Anwendung der entsprechenden Grundsätze auf das kantonale Verwaltungsbeschwerdeverfahren (E. 2a). 2. Bei Warnungsentzügen wird in der Regel aufschiebende Wirkung erteilt; bei Sicherungsentzügen rechtfertigt es sich, sie grundsätzlich zu verweigern (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 115 BGE 106 Ib 115 S. 115 Yves Maurice Braillard a fait l'objet d'un retrait de permis de sécurité, mesure contre laquelle il a recouru auprès de la BGE 106 Ib 115 S. 116 Commission vaudoise de recours en matière de circulation routière (ci-après: Commission de recours). Le Président de cette autorité a refusé d'accorder l'effet suspensif, refus que la Commission de recours a maintenu par arrêt incident rendu sur recours de l'intéressé. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours de droit administratif formé contre cette dernière décision par Yves Maurice Braillard. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) En procédure administrative fédérale, l'autorité appelée à se prononcer sur l'effet suspensif d'un recours doit faire la pesée des intérêts en présence. Si l'intérêt du recourant apparaît prépondérant, elle accorde l'effet suspensif ou, en cas de recours contre une décision de retrait de cet effet, elle le restitue; en cas contraire, elle n'accorde pas l'effet suspensif ou, en cas de recours, refuse de le restituer. Disposant d'une certaine liberté d'appréciation, l'autorité se fonde en général sur les documents qui sont dans le dossier, sans avoir à ordonner des compléments de preuves. Dans son appréciation, les prévisions sur le sort du procès au fond n'entrent en considération que si elles ne font pas de doute ( ATF 100 Ib 497 /498; ATF 99 Ib 220 consid. 5; ATF 98 V 222 ). Certes, en tant qu'elle se rapporte à l' art. 55 al. 3 PA - relatif à la restitution de l'effet suspensif - cette jurisprudence n'est pas directement applicable en l'espèce. En effet, du point de vue formel, cette disposition ne s'applique pas obligatoirement à la procédure devant les autorités cantonales de dernière instance qui ne statuent pas définitivement en vertu du droit public fédéral (cf. art. 1er al. 3 PA ). Cependant, en l'absence de dispositions contraires en procédure administrative vaudoise (cf. notamment l'art. 14 al. 1 de l'arrêté du Conseil d'Etat vaudois du 15 septembre 1952 fixant la procédure pour les recours administratifs, applicable devant la Commission de recours en vertu de l'art. 1er al. 2 dudit arrêté), il n'y a aucune raison d'écarter l'application de cette jurisprudence. On pourrait du reste soutenir que les principes jurisprudentiels dégagés à propos de l' art. 55 al. 3 PA sont également valables à propos de la suppression de l'effet suspensif réglée par l' art. 55 al. 2 PA qui, lui, entre dans la liste de l' art. 1er al. 3 PA . b) Selon l'art. 30 al. 1 de l'ordonnance du 27 octobre 1976 réglant l'admission des personnes et des véhicules à la circulation BGE 106 Ib 115 S. 117 routière, le retrait de sécurité a pour but de protéger la sécurité de la circulation contre les conducteurs incapables; il est ordonné si le conducteur n'est pas en mesure de conduire des véhicules automobiles, soit pour des raisons médicales ou caractérielles, soit pour cause d'alcoolisme ou d'autres formes de toxicomanie, soit en raison d'une autre incapacité. C'est donc avec raison que, dans la décision attaquée, la Commission de recours tient en principe pour prépondérant l'intérêt public par rapport à l'intérêt personnel du conducteur à la possession de son permis de conduire; si en matière de retrait d'admonestation l'octroi de l'effet suspensif est la règle, il se justifie en principe de refuser l'effet suspensif dans le cas du retrait de sécurité. Lorsqu'il existe des présomptions suffisantes que le conducteur ne remplit plus les conditions posées pour l'obtention du permis de conduire, la mesure de retrait doit être exécutée immédiatement, quitte à ce qu'elle soit rapportée par la suite s'il s'avère, après enquête ou expertise, qu'elle n'est pas ou plus justifiée.
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Urteilskopf 90 II 325 38. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour civile du 13 octobre 1964 dans la cause Union Suisse, compagnie d'assurances, contre Bellon.
Regeste Verjährung der Schadenersatzansprüche gegenüber dem Versicherer; Art. 49 Abs. 3 MFG und 83 Abs. 1 SVG. Die Vereinbarung zwischen dem Versicherer und dem Geschädigten, dass die Folgen einer allfälligen Dauerinvalidität vorbehalten bleiben sollen, schiebt den in Art. 49 Abs. 3 MFG vorgesehenen Beginn des Fristenlaufs für die Verjährung des Schadenersatzanspruchs nicht hinaus. Waren am 1. Januar 1960, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens von Art. 83 Abs. 1 SVG , noch nicht zwei Jahre seit dem Tag des Unfalls verstrichen, so steht die Verjährung des Schadenersatzanspruchesstill und es beginnt eine neue Frist von zwei Jahren erst mit dem Tage zu laufen, an welchem der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und von der Person des Ersatzpflichtigen erlangt hat. Die vom Versicherer erhobene Einrede der Verjährung des Schadenersatzanspruchs stellt im vorliegenden Fall keinen Rechtsmissbrauch dar.
Sachverhalt ab Seite 326 BGE 90 II 325 S. 326 A.- Le 15 juillet 1958, vers 17 h. 30, Michel Truffer, qui avait à ses côtés un petit chien, descendait au volant de la voiture de son père Adolf Truffer la route principale reliant Troistorrents à Monthey. Brusquement, cet animal se jeta sur les genoux de son maître, qui, en le repoussant de la main droite, fit faire au véhicule un écart sur la gauche de la chaussée. A ce moment précis survint Maurice Bellon, né en 1914, qui se dirigeait sur Troistorrents au guidon de sa motocyclette. Aucun des conducteurs n'ayant eu le temps de freiner, la collision ne put être évitée. Bellon, projeté à terre sous la violence du choc, fut transporté à l'hôpital de Monthey, où les médecins diagnostiquèrent une fracture du bassin et de l'index droit ainsi que de multiples contusions. Sur requête de Bellon, l'Union Suisse, compagnie d'assurances, qui couvrait Adolf Truffer contre les conséquences de la responsabilité civile, fut citée à une audience de conciliation du 12 mai 1959, à laquelle seule devait être discutée la question des dommages-intérêts pour perte de salaire et dégâts matériels, les indemnités pour tort moral et invalidité permanente demeurant réservées. BGE 90 II 325 S. 327 Le 27 mai 1959, l'Union Suisse et Bellon passèrent une convention aux termes de laquelle celui-ci toucha une indemnité transactionnelle de 12 000 fr. pour solde de tout compte; une réserve fut toutefois faite en faveur de Bellon "pour les suites d'une invalidité permanente (dommage résultant de l'incapacité de travail) qui se déclarerait éventuellement". Bellon fut examiné notamment par le Docteur Henri Perret; dans ses rapports des 12 octobre 1960 et 20 mars 1961, ce praticien releva qu'il souffrait d'une certaine incapacité de travail. B.- Par acte de citation en conciliation scellé le 18 décembre 1961, Bellon a invité l'Union Suisse à lui verser les montants dus pour les suites de son invalidité permanente de travail. Puis, par mémoire-demande du 29 janvier 1962, il a ouvert action contre cette société devant le Juge d'instruction de Monthey; il a conclu de ce chef à l'allocation de 50 000 fr., avec intérêts légaux dès le 16 juillet 1961. La défenderesse a conclu à libération des fins de la demande. Statuant le 4 mars 1964, le Tribunal cantonal valaisan a condamné l'Union Suisse à payer à Bellon 734 fr., avec intérêt à 5% dès le 15 octobre 1962, à titre de rente temporaire du 15 juillet 1961 au 4 mars 1964, et 40 000 fr., avec intérêt à 5% dès le 4 mars 1964, comme rente permanente. Il a débouté le demandeur de ses prétentions pour le surplus. C.- L'Union Suisse recourt en réforme contre ce jugement au Tribunal fédéral, en concluant principalement au rejet de l'action de Bellon pour le motif qu'elle serait prescrite; subsidiairement, elle demande que l'indemnité de 40 000 fr. soit réduite à 10 000 fr., celle de 734 fr. subsistant, parce qu'en réalité, l'invalidité de Bellon n'aurait pas aggravé sa situation financière. L'intimé conclut au rejet du recours. BGE 90 II 325 S. 328 Erwägungen Considérant en droit: 1. Il y a lieu d'examiner d'abord si, comme le soutient la défenderesse, les prétentions de Bellon sont prescrites. a) Aux termes de l'art. 49 al. 1 LA, l'assurance-responsabilité civile contractée pour un véhicule confère au lésé une action directe contre l'assureur dans les limites des sommes assurées par le contrat. L'al. 3 de cette disposition précise que cette action se prescrit par deux ans à compter du jour de l'accident. En outre, selon l'al. 2 de l'art. 44 LA, qui règle la prescription de l'action contre le détenteur du véhicule, l'empêchement, la suspension et l'interruption de la prescription sont régis par le code des obligations. Admettant que cet art. 44 al. 2 LA s'applique également à l'action contre l'assureur, les premiers juges considèrent que l'accord passé le 27 mai 1959 entre les parties et dans lequel l'incapacité éventuelle de travail du demandeur est réservée, constitue une convention de sursis. Selon eux, cet accord retarderait l'exigibilité de l'obligation ainsi qu'en conséquence le début de la prescription. Ils constatent ensuite que le second rapport du Docteur Perret date du 20 mars 1961 et que la recourante a formulé sa dernière offre le 11 octobre 1961, de sorte que l'action, ouverte le 29 janvier 1962, ne serait pas prescrite. On ne saurait partager l'opinion de la Cour cantonale suivant laquelle les parties sont convenues le 27 mai 1959 de différer le point de départ de la prescription. En effet, aucune d'elles n'allègue qu'à cette date ou précédemment déjà, des discussions auraient porté sur la question de la prescription. Au contraire, en formulant la réserve litigieuse, les intéressés ont seulement entendu montrer qu'il s'agissait d'une convention partielle, afin que la défenderesse ne pût ultérieurement exciper du fait que le demandeur aurait renoncé à toute autre prétention. Aucun élément de la cause ne permet d'affirmer que les parties auraient été d'accord de laisser en suspens le problème BGE 90 II 325 S. 329 de l'indemnité pour invalidité professionnelle permanente jusqu'au jour où le rétablissement complet de Bellon se révélerait exclu. On ne peut non plus déduire une telle intention de la lettre que la compagnie d'assurances a adressée le 11 octobre 1961 à Bellon et dont les premiers juges ne citent que certains passages. La défenderesse écrit notamment qu'il lui paraît normal d'invoquer la prescription, qu'elle serait cependant prête, par gain de paix, à payer encore 2000 fr. pour solde de tout compte et qu'elle articule cette offre avec les plus expresses réserves. Contrairement à l'avis de la juridiction cantonale, on ne saurait inférer de là que la prescription n'était pas acquise et que la défenderesse le savait, car une telle interprétation contredit les termes mêmes de la lettre. b) Par surabondance de droit, la Cour cantonale estime qu'à supposer que le délai de prescription soit échu, la défenderesse ne pourrait invoquer ce moyen sans commettre un abus de droit. Cette manière de voir, combattue par la compagnie d'assurances, est erronée. En effet, la citation à l'audience de conciliation du 12 mai 1959, notifiée à la défenderesse sur requête de Bellon, mentionnait que seule serait débattue la question des dommages-intérêts pour perte de salaire et dégâts matériels. En revanche, le demandeur réservait expressément les indemnités pour le tort moral et l'invalidité permanente. Dans ces conditions, le problème du dommage résultant d'une incapacité permanente de travail, encore éventuelle à l'époque, devait naturellement être exclu des pourparrlers précédant la convention partielle du 27 mai 1959. La défenderesse n'avait aucun motif d'offrir à ce titre une indemnité que le lésé ne lui réclamait pas. Rien dans son comportement n'a pu dès lors inciter le demandeur à ne pas faire valoir à temps ses droits (RO 69 II 104). Avant le 27 mai 1959 déjà, celui-ci était décidé à réserver ses prétentions à des dommages-intérêts pour invalidité permanente et l'accord passé à cette date BGE 90 II 325 S. 330 manifeste simplement cette intention. Par conséquent, en invoquant maintenant la prescription, la défenderesse ne commet aucun abus de droit. c) Les considérants émis par la juridiction cantonale à l'encontre de l'exception de prescription ne sont donc pas décisifs. Cependant, en raison d'autres motifs, il y a lieu de rejeter ce moyen. Aux termes de l'art. 83 al. 1 LCR, entré en vigueur le 1er janvier 1960 conformément à l'art. 61 al. 1 de l'ordonnance sur la responsabilité civile et l'assurance en matière de circulation routière, les actions en dommages-intérêts et en réparation du tort moral qui découlent d'accidents causés par des véhicules automobiles se prescrivent par deux ans. Contrairement au droit ancien (art. 49 al. 3 LA), la prescription court également à l'égard de l'assureur dès le jour où le lésé a eu connaissance du dommage ainsi que de la personne responsable, et non dès le jour de l'accident. Comme l'art. 83 al. 4 LCR renvoie "pour le reste" au code des obligations, les dispositions transitoires de l'art. 49 Tit. fin. CC s'appliquent en l'espèce. Sans doute, d'après l'art. 107 al. 2 LCR, le Conseil fédéral arrête "les dispositions transitoires nécessaires, notamment pour l'adaptation à la présente loi des contrats d'assurance-responsabilité civile conclus sous l'empire de l'ancien droit"; en outre, selon l'art. 61 al. 3 de l'ordonnance précitée, les dispositions relatives à la responsabilité civile et à l'assurance contenues dans la LCR et dans l'ordonnance même ne s'appliquent pas aux dommages survenus avant leur entrée en vigueur. On ne saurait néanmoins déduire de là que l'art. 83 LCR ne vaut pas pour la prescription des créances découlant de dommages causés avant le 1er janvier 1960. En effet, le Conseil fédéral n'est compétent pour arrêter des dispositions transitoires que si elles sont nécessaires. Or, le droit transitoire régissant la prescription est déjà fixé à l'art. 83 al. 4 LCR combiné avec l'art. 49 Tit. fin. CC. Conformément à l'al. 3 de cet art. 49, les dispositions BGE 90 II 325 S. 331 du nouveau droit règlent dès son entrée en vigueur la question de la prescription. En d'autres termes, la prescription a cessé de courir le 1er janvier 1960, dans la mesure où le lésé ignorait encore à cette date le préjudice subi, et un nouveau délai de deux ans n'est parti que du jour où il a connu ultérieurement son dommage. D'ailleurs, selon la doctrine (MUTZNER, Schlusstitel, art. 49, n. 17; REICHEL, Schlusstitel, art. 49, n. 3), la question de savoir si la prescription a été interrompue ou suspendue ou si elle n'a pas commencé à courir se résout d'après le nouveau droit dès son entrée en vigueur. Or, l'ignorance du dommage constitue un motif d'empêchement de la prescription, au sens de l'art. 134 CO. En l'espèce, la prescription n'était pas acquise le 1er janvier 1960, vu que le délai de deux ans prévu à l'art. 49 al. 3 LA et qui part du jour de l'accident, n'était pas alors échu. A cette date, le demandeur ne savait pas encore s'il souffrirait d'une incapacité professionnelle permanente et ne l'a appris qu'au moment où le Docteur Perret a fait ses rapports des 12 octobre 1960 et 20 mars 1961. A supposer que le délai de prescription ait commencé à courir le 12 octobre 1960 déjà, il n'était pas expiré lors de la citation en conciliation du 18 décembre 1961, ni même au moment de l'ouverture d'action. Cela étant, l'exception de prescription soulevée par la défenderesse doit être rejetée. 2. ..... Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Rejette le recours et confirme le jugement attaqué.
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Urteilskopf 121 I 225 31. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. September 1995 i.S. X. gegen Anwaltsprüfungskommission des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Anwaltsprüfung; Akteneinsicht, Befangenheit der Prüfungsexpertin, Bewertung der Prüfungsarbeit ( Art. 4 BV ). Art. 4 BV gibt grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass bei Eignungsprüfungen ein Kandidat Einsicht in die Prüfungsunterlagen der anderen Kandidaten erhält, solange keine konkreten Anhalts- oder Verdachtspunkte vorgebracht werden, die auf eine rechtsungleiche Behandlung schliessen lassen (E. 2). Ein Ablehnungsbegehren gegen einen Prüfungsexperten muss unverzüglich geltend gemacht werden, sobald der Ausstandsgrund bekannt ist (E. 3). Zurückhaltung des Bundesgerichts bei der Überprüfung von Examensleistungen (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 226 BGE 121 I 225 S. 226 A.- X. hatte im Frühling und im Sommer 1994 zweimal die schriftliche Anwaltsprüfung im Kanton Luzern jeweils wegen einer ungenügenden Arbeit im Staats-/Verwaltungsrecht nicht bestanden. Vom 3.-6. Oktober 1994 legte sie zum dritten und letzten Mal die schriftliche Prüfung ab. Mit Bescheid vom 2. November 1994 teilte ihr die Anwaltsprüfungskommission mit, die Prüfung sei nicht bestanden, wobei wiederum eine ungenügende Arbeit im Staats-/Verwaltungsrecht ausschlaggebend war. B.- Nachdem X. ihre Prüfungsunterlagen der Herbstprüfung hatte einsehen können, verlangte sie mit Eingabe an die Anwaltsprüfungskommission vom 29. November 1994 Einsicht in ihre Prüfungsarbeit der Frühlingssession im Fach Staats-/Verwaltungsrecht sowie in die Prüfungsarbeiten der anderen Kandidaten aus der Frühlings- und Herbstsession im Fach Staats-/Verwaltungsrecht. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 überliess ihr die Anwaltsprüfungskommission die Unterlagen ihrer eigenen Prüfung der Frühlingssession, wies jedoch den Antrag auf Einsicht in die Arbeiten der anderen Kandidaten ab. C.- Am 2. Dezember 1994 reichte X. staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Antrag, es sei ihr Akteneinsicht in die Prüfungsunterlagen der anderen Kandidaten zu gewähren und der Entscheid der Anwaltsprüfungskommission vom 2. November 1994 sei aufzuheben. Die Anwaltsprüfungskommission beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 11. Januar 1995 Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. b) Mit der staatsrechtlichen Beschwerde kann grundsätzlich nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheides verlangt werden ( BGE 119 Ia 167 E. 1f S. 173, mit Hinweisen). Diese Einschränkung gilt nicht für Verfahrensanträge (betreffend vorsorgliche Massnahmen, Sistierung, Abnahme von Beweisen usw.). Die Beschwerdeführerin stellt nicht nur das Begehren, den Entscheid der Anwaltsprüfungskommission vom 2. November 1994 aufzuheben, sondern sie ersucht das Bundesgericht zugleich um Gewährung der Einsicht in die Prüfungsunterlagen der andern Kandidaten. Ein entsprechendes Begehren hatte die Beschwerdeführerin bereits erfolglos bei der Anwaltsprüfungskommission gestellt. Es fragt sich, ob sie dieses von der kantonalen Behörde abgelehnte Begehren in Form eines Verfahrensantrages BGE 121 I 225 S. 227 vor Bundesgericht wiederholen und ihre Beschwerdeschrift (im Sinne der Rechtsprechung von BGE 107 Ia 1 ) gegebenenfalls nach Erhalt der Einsicht noch ergänzen kann oder ob sie zur Geltendmachung des beanspruchten Einsichtsrechtes nicht den betreffenden Entscheid der Anwaltsprüfungskommission (Schreiben vom 1. Dezember 1994) hätte gesondert mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten müssen. Eine vertiefte Abklärung dieser Frage ist hier nicht notwendig, da die Beschwerdeführerin mit ihrer Forderung nach Einsicht in die Prüfungsunterlagen der andern Kandidaten, wie sich zeigen wird, so oder so nicht durchzudringen vermag. 2. a) Der Umfang des Anspruchs auf Akteneinsicht bemisst sich primär nach kantonalem Recht, subsidiär nach den aus Art. 4 BV abgeleiteten Mindestgarantien ( BGE 119 Ia 136 E. 2c S. 138, mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass das kantonale Recht einen weiter als Art. 4 BV gehenden Anspruch auf Akteneinsicht gewähre. Die Akteneinsicht nach Art. 4 BV erstreckt sich auf alle für den Entscheid wesentlichen Akten, d.h. auf jene Akten, die Grundlage einer Entscheidung bilden ( BGE 119 Ib 12 E. 6b S. 20; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 144 f.; WILLY HUBER, Das Recht des Bürgers auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren, Diss. St. Gallen, Wil 1980, S. 70 f.; ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 86 f.; GEORG MÜLLER in BV-Kommentar Rz. 108 zu Art. 4). Das Akteneinsichtsrecht findet seine Grenzen an öffentlichen Interessen des Staates und berechtigten Geheimhaltungsinteressen Dritter (ZBl 93/1992 362 E. 3 S. 364; BGE 119 Ib 12 E. 6b S. 20; BGE 113 Ia 1 E. 4a S. 4 f.). Es fragt sich somit, ob für die Beurteilung der Prüfung der Beschwerdeführerin die Prüfungsunterlagen der übrigen Kandidaten wesentlich sind, und bejahendenfalls, ob entgegenstehende Interessen ausnahmsweise eine Verweigerung der Akteneinsicht rechtfertigen. b) Nach der Praxis des Bundesgerichts bedeutet der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, dass einem Prüfungskandidaten vor Erlass eines negativen Examensentscheides die Möglichkeit gegeben wird, sich zu seinen Prüfungsleistungen zu äussern oder die Akten einzusehen (Urteil des Bundesgerichts i.S. G. vom 8. September 1993, veröffentlicht in SJ 1994 161, E. 1a S. 163; Urteil des Bundesgerichts i.S. B. vom 16. Dezember 1988, veröffentlicht in ZBl 90/1989 310 E. 3 S. 313; BGE 113 Ia 286 E. 2c/d S. 288 f.). Die Einsicht in die Akten kann daher dem Kandidaten nur dazu BGE 121 I 225 S. 228 dienen, nachträglich die Beurteilung seiner Prüfungsarbeit nachzuvollziehen und allenfalls ein Rechtsmittel gegen den Prüfungsentscheid zu begründen (vgl. BGE 118 Ia 488 E. 2c S. 493). Zu diesem Zweck hat der Kandidat selbstverständlich einen Anspruch auf Einsicht in seine eigenen Prüfungsunterlagen, die der Beschwerdeführerin vorliegend unbestritten gewährt wurde. Fraglich ist demgegenüber, ob ein Anspruch darauf besteht, die Prüfungsunterlagen der übrigen Kandidaten einzusehen. c) Ein Examen hat zum Zweck, die fachliche Eignung der jeweiligen Kandidaten für einen bestimmten Beruf zu beurteilen. Massgebend dafür ist, ob der einzelne Kandidat die entsprechende Eignung besitzt. Anders als bei Wettbewerben, bei denen es darum geht, aus einer Anzahl von Bewerbern die geeignetsten herauszusuchen, ist bei Eignungsprüfungen nicht Gegenstand der Beurteilung, ob andere Kandidaten die Examensaufgabe besser oder schlechter erledigen. Unvermeidlicherweise fliesst in eine Prüfungsbewertung zwar auch eine vergleichende Beurteilung aller Kandidaten ein. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass ein solcher Quervergleich die Grundlage sei für den Entscheid über die einzelnen Arbeiten. Im allgemeinen gehören die Arbeiten anderer Kandidaten somit nicht zu den Akten, in die der Kandidat Einsicht hat. Anders zu entscheiden, würde sowohl die öffentlichen Interessen an einer praktikablen Durchführung von Prüfungsbeurteilungen als auch die privaten Interessen der übrigen Kandidaten erheblich tangieren. Freilich ist nicht zu übersehen, dass ein Rechtsmittel, mit welchem eine allfällige rechtsungleiche Behandlung der Kandidaten beanstandet werden soll, praktisch nur substantiiert werden kann, wenn die Akten der anderen Kandidaten bekannt sind. Das kann aber nicht zur Folge haben, dass alle Kandidaten, die eine Prüfung nicht bestanden haben und gegen den Prüfungsentscheid ein Rechtsmittel ergreifen wollen, automatisch Einblick in die Prüfungsakten aller anderen Kandidaten beanspruchen können. Vielmehr muss verlangt werden, dass konkrete Anhalts- oder Verdachtspunkte vorgebracht werden, die auf eine rechtsungleiche Behandlung schliessen lassen. Vorliegend weist die Beschwerdeführerin bloss vage darauf hin, dass sie sich nach den Gesprächen, die sie mit anderen Kandidaten geführt habe, nicht vorstellen könne, wesentlich abgefallen zu sein. Dies genügt den Anforderungen nicht, die an eine Substantiierung zu stellen sind. d) Der Anspruch auf Einsicht in die Akten der anderen Kandidaten ist umso weniger zu bejahen, je besser die Akten des betreffenden Kandidaten eine BGE 121 I 225 S. 229 absolute Beurteilung erlauben und je klarer diese Beurteilung ausfällt. Vorliegend umfassen die Akten, in welche die Beschwerdeführerin Einblick hatte: - die schriftlich gestellte Prüfungsaufgabe, - ihre eigene schriftliche Prüfungsarbeit, - ein von der Expertin ausgearbeitetes Lösungsschema, - eine 2 1/2seitige schriftliche Beurteilung der Arbeit der Beschwerdeführerin durch die Expertin, wobei für jede einzelne Teilfrage eine Kurzbeurteilung erfolgt. Aufgrund dieser Unterlagen ist es möglich, die Prüfungsbewertung nachzuvollziehen. Es ist Punkt für Punkt ersichtlich, wie die Prüfungsarbeit aufgrund des Lösungsschemas beurteilt wurde. Dieser Vergleich zwischen Prüfungsarbeit und Lösungsschema ist die wesentliche Grundlage der Bewertung. Die bloss theoretische Vermutung der Beschwerdeführerin, sie könnte rechtsungleich beurteilt worden sein, vermag daher einen Anspruch auf Einsicht in die Akten der übrigen Kandidaten nicht zu begründen. Das vor Bundesgericht gestellte Einsichtsbegehren ist daher, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann (E. 1b), abzuweisen. 3. Die Beschwerdeführerin rügt Befangenheit der Expertin Y., die bereits ihre erste Prüfungsarbeit im Frühling 1994 als ungenügend bewertet habe. Art. 4 BV gibt auch einen Mindestanspruch auf Unbefangenheit von Prüfungsexperten ( BGE 113 Ia 286 E. 3a S. 289). Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben muss jedoch eine Ablehnung unverzüglich geltend gemacht werden, sobald der Ausstandsgrund bekannt ist, andernfalls der Anspruch auf Ablehnung verwirkt ist ( BGE 120 Ia 19 E. 2c aa S. 24; BGE 118 Ia 282 E. 3a S. 284, je mit Hinweisen); dieser Grundsatz gilt auch gegenüber Prüfungsexperten (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. Ch. vom 14. Oktober 1994, E. 3b). Für ihre Behauptung, die Expertin sei befangen gewesen, beruft sich die Beschwerdeführerin auf Umstände, die sich im Zusammenhang mit der ersten Prüfung vom Frühling 1994 ereignet haben sollen, die ihr also vor der dritten Prüfung bereits bekannt waren. Dass Frau Y. wiederum Mitglied der Prüfungskommission in der Herbstsession war, wurde mit dem Prüfungsprogramm vom 20. September 1994 mitgeteilt. Die Beschwerdeführerin hätte also genügend Zeit gehabt, die angebliche Befangenheit der Expertin vor der Prüfung vom 6. Oktober 1994 zu BGE 121 I 225 S. 230 beanstanden, was sie jedoch unterliess. Das Ausstandsbegehren ist demnach verwirkt. Im übrigen wäre es auch unbegründet: der Umstand, dass die gleiche Expertin die erste Prüfung bereits als ungenügend bewertete, und der vage Verdacht der Beschwerdeführerin, dass sie der Expertin aufgrund dieser ersten Prüfung unsympathisch sein könnte, begründen noch keine verfassungsrechtliche Ausstandspflicht. 4. a) Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich eine willkürliche Bewertung ihrer Arbeit. Da nur der Prüfungsentscheid der Herbstprüfung zur Diskussion steht, ist auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift über die Bewertung der Frühlingsprüfung nicht einzugehen. b) Bei der Überprüfung von Entscheiden über Examensleistungen auferlegt sich das Bundesgericht besondere Zurückhaltung. Es untersucht nur, ob sich die Prüfungsbehörde von sachfremden oder sonstwie ganz offensichtlich unhaltbaren Erwägungen hat leiten lassen; diese Zurückhaltung auferlegt sich das Bundesgericht auch dann, wenn es aufgrund seiner Fachkenntnisse sachlich zu einer weitergehenden Überprüfung befähigt wäre ( BGE 118 Ia 488 E. 4c S. 495). c) Die staatsrechtliche Beschwerde muss eine kurz gefasste Darlegung enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Die Beschwerdeführerin beschränkt sich in ihren Ausführungen zur Prüfungsbeurteilung auf eine rein appellatorische Kritik, so dass darauf nicht eingetreten werden kann. Inwiefern die Beurteilung der Prüfungsarbeit durch die Expertin sachfremd oder offensichtlich unhaltbar sein soll, ist nicht ersichtlich.
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Urteilskopf 120 Ib 456 60. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. Dezember 1994 i.S. K. und Mitb. gegen Einwohnergemeinde Hägendorf, Bau-Departement und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 43 und 44 LSV ; Erweiterung einer Schulanlage unter anderem mit dem Bau einer grösseren Parkierungsanlage; einzelfallweise Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen. Ein Entwurf für die allgemein verbindliche Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen kann grundsätzlich als Ausgangspunkt für die einzelfallweise Bestimmung dienen (E. 3). Prinzipien für die einzelfallweise Bestimmung; Verhältnis von Art. 43 Abs. 1 zu Art. 43 Abs. 2 LSV ; Beurteilungsspielraum der Behörden (E. 4a-c). Einer Zone für öffentliche Bauten und Anlagen kann die Empfindlichkeitsstufe III zugeordnet werden, wenn in dieser Zone nach der massgebenden Bau- und Zonenordnung mässig störende Anlagen im Sinne von Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV zugelassen sind (E. 4d). Bei einer Lärmprognose ist davon auszugehen, dass eine Parkierungsanlage als Ganzes benützt wird; Unzulässigkeit, eine solche Anlage für die Beurteilung in einen bestehenden und einen neuen Anlageteil aufzuspalten (E. 5a und 5b). Im Rahmen des Vorsorgeprinzips müssen gegebenenfalls unabhängig von einer Überschreitung der Belastungsgrenzwerte Emissionsbegrenzungen getroffen werden ( Art. 11 Abs. 2 USG , Art. 7 Abs. 1 lit. a LSV ; E. 5d). Notwendigkeit der gegenseitigen Abstimmung von Empfindlichkeitsstufen am Zonenrand; Konsequenzen (E. 5e).
Sachverhalt ab Seite 458 BGE 120 Ib 456 S. 458 Die Einwohnergemeinde Hägendorf beabsichtigt, die Schulanlage Thalacker zu erweitern. Es sollen insbesondere zusätzliche Schulräume geschaffen und die bestehende Turnhalle zu einer Doppelturnhalle (Mehrzweckhalle) mit unterirdischer Anlieferungsrampe ausgebaut werden; westlich des neuen Schultraktes sind insgesamt 39 oberirdische sowie im genannten Anlieferungsbereich acht unterirdische Autoparkplätze vorgesehen. Die Schulanlage Thalacker liegt gemäss Zonenplan vom 12. August 1986 in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen (OeBA). Sie grenzt im Nordosten an die Wohnzone W2a. Gegen das am 16./19. April 1993 eingereichte Baugesuch der Gemeinde wurde von Nachbarn Einsprache erhoben. Am 11. Mai 1993 erteilte indessen die Bau- und Wasserkommission von Hägendorf unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen die Baubewilligung und wies die Einsprachen ab. Dagegen erhobene Beschwerden an das Bau-Departement und anschliessend an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn blieben ohne Erfolg, worauf eine Nachbarin Verwaltungsgerichtsbeschwerde und die weiteren Einsprecher staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Dieses heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, soweit die Baubewilligung für die 39 oberirdischen Parkplätze erteilt wurde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin können die primär für die Besucher der neuen Mehrzweckhalle geplanten Parkplätze westlich des Schulhauses aus Gründen des Lärmschutzes nicht bewilligt werden. a) Gemäss Art. 44 Abs. 1 und 2 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1985 (LSV; SR 814.41) haben die Kantone bis spätestens am 1. April 1997 den Nutzungszonen nach Art. 14 ff. des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom BGE 120 Ib 456 S. 459 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) Empfindlichkeitsstufen (ES) zuzuordnen. Bis zur allgemein verbindlichen Festsetzung in den Nutzungsplänen oder Baureglementen sind die Empfindlichkeitsstufen im Einzelfall zu bestimmen ( Art. 44 Abs. 3 LSV ). Wird so vorgegangen, entfalten diese keine über das einzelne Verfahren hinausgehende Rechtswirkungen ( BGE 120 Ib 89 E. 4c S. 95 f.; BGE 119 Ib 179 E. 2c S. 187 f. und E. 3 S. 191). b) Im vorliegenden Fall muss ein einzelfallweises Vorgehen eingeschlagen werden, weil in Hägendorf die Empfindlichkeitsstufen noch nicht allgemein verbindlich in der Ortsplanung festgesetzt wurden; es besteht insoweit lediglich ein Entwurf. Er sieht für die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen, welcher das Parkplatzareal zugewiesen ist, die Empfindlichkeitsstufe III, und für die Wohnzone W2a, in welcher die Parzellen der Beschwerdeführer liegen, die Empfindlichkeitsstufe II vor. Das Verwaltungsgericht hielt sich an diese Vorgaben, was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist ( BGE 120 Ib 89 E. 4c S. 95) und von den Verfahrensbeteiligten auch nicht kritisiert wird. Mit Blick auf die in Art. 43 Abs. 1 LSV vorgesehene allgemeine Regelung zwingt die vom Verwaltungsgericht übernommene Einteilung aber zur Frage, ob die genannten einzelfallweisen Zuordnungen sachgerecht sind. 4. a) Die Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen zu den einzelnen Nutzungszonen stellt einen Planungsakt dar, welcher eine bestimmte Nutzungsordnung konkretisiert, präzisiert und in einem erheblichen Masse auch materiell ergänzt. Der bundesrechtliche Teil der Nutzungsordnung (Lärmschutz) muss auf den kantonalrechtlichen Teil abgestimmt, mit diesem koordiniert und harmonisiert sein (HEINZ AEMISEGGER, Aktuelle Fragen des Lärmschutzrechts in der Rechtsprechung des Bundesgerichts, URP 1994 S. 445; vgl. auch MARKUS NEFF, Die Auswirkungen der LSV auf die Nutzungsplanung, Diss. Zürich 1994, S. 145). Dafür knüpft die Lärmschutz-Verordnung an die im kantonalen Recht üblichen Kriterien über die Zulässigkeit störender Betriebe in den einzelnen Zonen an, welche im wesentlichen auch den §§ 29 ff. des Bau- und Zonenreglementes der Gemeinde Hägendorf (BZR) zugrunde liegen. Art. 43 Abs. 1 LSV sieht in Zonen mit einem erhöhten Lärmschutzbedürfnis die Empfindlichkeitsstufe I vor, bezeichnet die Empfindlichkeitsstufe II für Zonen, in denen keine störenden Betriebe zugelassen sind, legt die Empfindlichkeitsstufe III für Zonen mit mässig störenden Betrieben fest und ordnet die Empfindlichkeitsstufe IV für Zonen BGE 120 Ib 456 S. 460 an, in denen stark störende Betriebe zulässig sind, namentlich für Industriezonen. b) Bei der Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen ist im Regelfall nach Art. 43 Abs. 1 LSV vorzugehen. Die in dieser Vorschrift enthaltenen Regeln sind als generelles Zuordnungsprinzip zu verstehen ( BGE 117 Ib 125 E. 4c S. 129), an welches sich die Behörden grundsätzlich zu halten haben. Das schliesst jedoch nicht aus, dass im Rahmen des Verordnungsvollzuges ein weiter Ermessensspielraum besteht ( BGE 120 Ib 287 E. 3c/bb S. 295; BGE 119 Ib 179 E. 2a S. 186). Gewisse Sachverhalte können gemäss Art. 43 Abs. 2 LSV beurteilt werden. Danach darf vom generellen Vorgehen abgewichen und eine Zone statt der Empfindlichkeitsstufe I oder II der jeweils nächsthöheren Stufe zugeordnet werden, wenn die Nutzungszone mit Lärm vorbelastet ist ("Aufstufung" oder "Höhereinstufung"). Diese Regelung hat primär alte Dorfkerne oder städtische Verhältnisse im Auge. Wenn sich Gemeinden für die Erhaltung des vorhandenen Wohnraumes und gegen die Entleerung ihrer Kerngebiete oder Innenstädte einsetzen, soll dies durch die Lärmschutz-Verordnung nicht verhindert werden ( BGE 117 Ib 125 E. 4c S. 129; KURT GILGEN, Lärmschutz und Raumplanung, Bern 1988, S. 94). Art. 43 Abs. 2 LSV kann auch bei kleineren Wohngebieten inmitten gewachsener Gewerbezonen in Betracht kommen ( BGE 115 Ib 456 E. 4 S. 64 f.). Von "Aufstufungen" ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes zurückhaltend Gebrauch zu machen ( BGE 115 Ib 456 E. 4 S. 465). c) Vorliegend steht eine "Aufstufung" nicht zur Diskussion. Die Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen erfolgt daher nach Art. 43 Abs. 1 LSV . Dabei haben die zuständigen Behörden in erster Linie zu berücksichtigen, dass die Belastungsgrenzwerte, wie sie gemäss den Anhängen 3-7 zur LSV für die einzelnen Empfindlichkeitsstufen gelten, auf die raumplanerischen Festlegungen abgestimmt sind und der unterschiedlichen Lärmempfindlichkeit der verschiedenen Zonen Rechnung tragen ( BGE 117 Ib 125 E. 4a S. 128). Bei der Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen ist weiter zu beachten, dass es den Kantonen oder Gemeinden obliegt, aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung ( Art. 1 und 3 RPG ; BGE 119 Ia 362 E. 5a S. 372) die Nutzungspläne festzusetzen ( Art. 25 Abs. 1 RPG ) und innerhalb der Bauzonen nach Nutzungsart und -mass zu differenzieren. Für die Beurteilung der Lärmempfindlichkeit ist deshalb, wie das Bundesgericht bereits in BGE 120 Ib 456 S. 461 BGE 114 Ib 214 E. 3b S. 221 festhielt, grundsätzlich vom planungsrechtlich als zulässig bezeichneten Störungsmass auszugehen. Entsprechend seiner Zielsetzung im Bereiche des Immissionsschutzes beschränkt das Umweltschutzrecht des Bundes die Planungsfreiheit der Kantone und Gemeinden nur insoweit, als es verlangt, dass die von ihm für den Lärmschutz getroffenen Anforderungen erfüllt werden müssen (Urteil des Bundesgerichtes vom 25. März 1992 i.S. Gemeinde Sils i.D., E. 4c, publiziert in URP 1992 S. 621 f.). Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass das in Art. 43 Abs. 1 LSV vorgesehene Zuordnungsschema auf Vereinfachungen beruht. Dem Bundesrat war es nicht möglich, alle in den Baugesetzen und -ordnungen bekannten Spezialzonen einzeln zu erfassen. Auch aus diesem Grunde muss den Behörden ein Spielraum gewährt werden (KURT GILGEN, a.a.O., S. 93 f.). d) Werden diese allgemeinen Grundsätze beachtet, so kann hier die einzelfallweise Bestimmung der Empfindlichkeitsstufe III für die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen nicht beanstandet werden. Zwar sieht Art. 43 Abs. 1 lit. b LSV für solche Zonen primär die Stufe II vor. Die für die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen geltenden Vorschriften im kommunalen Bau- und Zonenreglement (§ 37 BZR) lassen jedoch in dieser Zone nahezu alle denkbaren Nutzungen mit ganz unterschiedlichen Aus- und Einwirkungen auf die Nachbarschaft zu. So ist in der fraglichen Zone neben dem Bau von Schulanlagen oder eines Alters- und Pflegeheimes, was beides dort bereits besteht, zum Beispiel auch die Erstellung eines Spitals, eines Werkhofes, einer öffentlichen Parkplatz- oder einer anderen Anlage mit viel Publikumsverkehr denkbar. Die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen nach dem Recht der Gemeinde Hägendorf ist daher einer Mischzone ähnlich, in welcher neben nicht störenden auch mässig störende Betriebe zulässig sind. Für solche Fälle erlaubt Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV die Zuordnung der Empfindlichkeitsstufe III. e) Ebenfalls zu keiner grundsätzlichen Kritik gibt die einzelfallweise Bestimmung der Empfindlichkeitsstufe II für die benachbarte Wohnzone W2a Anlass. Gemäss § 29 Abs. 1 BZR sind in dieser Zone nur nichtstörende Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe zugelassen; es gilt daher im Regelfall die Empfindlichkeitsstufe II ( Art. 43 Abs. 1 lit. b LSV ), wovon auch das Verwaltungsgericht und die Beschwerdeführerin ausgehen. Allerdings fragt es sich, wie sich diese Empfindlichkeitsstufe mit derjenigen für das benachbarte, der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen BGE 120 Ib 456 S. 462 zugeteilte Gebiet verträgt. Wie erwähnt sind manchen Nutzungen in einer solchen Zone Auswirkungen eigen, die sich möglicherweise mit der Empfindlichkeitsstufe II im unmittelbar benachbarten Wohngebiet nicht vertragen. Aus diesem Grunde verlangt die Rechtsprechung, dass bei der einzelfallweisen Bestimmung der Empfindlichkeitsstufen die lärmmässige Belastung der Umgebung mitzuberücksichtigen ist ( BGE 115 Ib 347 E. 2e S. 357). Dies bedingt eine sachgerechte Beurteilung der Lärmsituation ( Art. 40 LSV ). Wie es sich mit diesen Fragen verhält, ist im folgenden zu prüfen. 5. a) Dem angefochtenen Urteil liegt eine gutachtlich erarbeitete Lärmprognose anhand von Berechnungen nach dem Anhang 6 zur LSV zugrunde. Dieser Anhang gilt unter anderem für die Beurteilung des Lärms grösserer Parkplätze ausserhalb von Strassen (Ziffer 1 Abs. 1 lit. d des Anhanges). Die Gutachter gehen davon aus, dass bezogen auf acht bestehende und 32 neue Parkplätze (das Bauvorhaben sieht freilich nur 31 "neue" Parkplätze vor) "ein Total" der nach unterschiedlichen Kriterien prognostizierten Lärmwerte des bestehenden und des neuen "Anlageteils" massgebend sei. Nach dem Bauprojekt sollen westlich des neuen Schultrakts insgesamt 39 oberirdische Parkplätze eingerichtet werden. Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht annimmt ( Art. 105 Abs. 2 OG ), es habe die acht als "bestehend" bezeichneten Parkplätze wirklich gegeben, so erscheint es dennoch als unzulässig, die Parkierungsanlage im Rahmen einer Lärmprognose in einen bestehenden und einen neuen Anlagenteil aufzuspalten. In tatsächlicher Hinsicht ist für die Beurteilung davon auszugehen, dass die Parkierungsanlage als ganzes benützt werden wird. b) Unklarheit besteht auch hinsichtlich der Belegungsdichte der Anlage. Das Verwaltungsgericht behaftet die Gemeinde in Ziffer 2 des Dispositivs darauf, "dass die Parkplätze an höchstens 60 Abenden pro Jahr für Veranstaltungen voll belegt werden". Diese Nutzungsbeschränkung soll offenbar als Emissionsbegrenzung im Sinne von Art. 11 f. des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) wirken. Sie ist indessen namentlich unter Rückbezug auf das dem Urteil zugrunde liegende Gutachten unpräzis. Angenommen, neben den acht "vorbestehenden" Parkplätzen würden zusätzlich ständig dreissig der insgesamt 31 "neuen" Parkplätze benützt, so wäre damit die im Dispositiv formulierte Nutzungsbeschränkung dem Wortlaut nach zwar eingehalten, aber gleichzeitig die gutachtlich ermittelte Belastungssituation in Frage gestellt. Die vom Gutachten angenommene Belegungsdichte der Parkplatzanlage BGE 120 Ib 456 S. 463 weicht damit erheblich von jener ab, die nach Ziffer 2 des Urteilsdispositivs zulässig ist. Emissionsbegrenzungen, welche mit derartigen Unsicherheitsfaktoren verbunden sind, finden im Umweltschutzrecht keine Stütze. Im Rahmen einer Lärmprognose und -beurteilung wird man zweckmässigerweise zunächst davon ausgehen, die gesamte Parkplatzanlage stehe uneingeschränkt zur Benutzung offen. c) Diese Feststellungen führen zur Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben, als der Bau der 39 Parkplätze bewilligt und die Beschwerdeführerin mit Kosten belastet wurde. Gestützt auf Art. 114 Abs. 2 OG ist die Sache an das Verwaltungsgericht zur neuen Entscheidung zurückzuweisen. Soweit mit dem angefochtenen Urteil im übrigen die seinerzeitige Baubewilligung der Gemeinde Hägendorf bestätigt wurde, bleibt es vom vorliegenden Entscheid unberührt. Die Sache ist in bezug auf die Parkplätze noch nicht spruchreif. Als erstes wird im Sinne der vorstehenden Erwägungen eine neue Lärmprognose vorzunehmen sein. Anschliessend ist die Lärmsituation aufgrund der massgebenden Belastungsgrenzwerte zu beurteilen. Dabei wird zu entscheiden sein, ob es um eine neue ( Art. 25 Abs. 1 USG , Art. 7 LSV ) oder um eine (wesentlich) geänderte ortsfeste Anlage ( Art. 8 LSV ) geht. Je nach dem ist der Planungs- oder der Immissionsgrenzwert einzuhalten. Wie es sich damit verhält (vgl. dazu auch Art. 2 Abs. 2 LSV sowie BGE 116 Ib 435 E. 5d/bb S. 442 ff.), kann hier nicht entschieden werden, weil die Antwort auch von den noch zu erarbeitenden neuen Lärmerhebungen abhängt ( BGE 115 Ib 456 E. 5a S. 466). d) Im Rahmen der Neubeurteilung werden die kantonalen Behörden auch zu beachten haben, dass die Lärmimmissionen so weit begrenzt werden müssen, als dies technisch und betrieblich möglich sowie wirtschaftlich tragbar ist (Vorsorgeprinzip; Art. 11 Abs. 2 USG , Art. 7 Abs. 1 lit. a LSV , Art. 8 Abs. 1 LSV ; BGE 118 Ib 590 E. 3b S. 595 f.; BGE 115 Ib 456 E. 5b S. 466). Gegebenenfalls müssen daher unabhängig von einer allfälligen Überschreitung der massgebenden Belastungsgrenzwerte Emissionsbegrenzungen getroffen werden. Neben örtlich angepassten baulichen oder anderen Vorkehren fallen dazu auch Belegungsbeschränkungen der Parkfelder in Betracht. Dies allerdings nur, wenn sie eindeutig definiert und in der Praxis kontrollier- und durchsetzbar sind. e) Sollten sich trotz aller Anstrengungen keine Lösungen finden, welche sowohl dem Vorsorgeprinzip Rechnung tragen als auch die Einhaltung der BGE 120 Ib 456 S. 464 Belastungsgrenzwerte erlauben, so müssen die zuständigen kantonalen Behörden eine Neubeurteilung der Empfindlichkeitsstufen-Bestimmung in der benachbarten Wohnzone vornehmen. Dass in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen eine Mehrzweckhalle mit Parkierungsanlage zonenkonform ist, wurde bereits erwähnt (vorstehende E. 4d). Wird an dieser Zonierung mit Einschluss der Empfindlichkeitsstufe III festgehalten, so kann es nicht angehen, in der unmittelbaren Nachbarschaft generell oder einzelfallweise Empfindlichkeitsstufen zuzuordnen, welche eine beabsichtigte zonenkonforme Nutzung ungebührlich erschweren oder gar verunmöglichen. Am Zonenrand sind daher die Empfindlichkeitsstufen in Beachtung und Würdigung der planerischen Ausgangslage zweckmässig aufeinander abzustimmen. Dies mag dort nicht notwendig sein, wo genügend Platz ist, um zonenintern eine Pufferfläche einzuhalten, was hier nicht zutrifft. Vorliegend könnte deshalb für die Beurteilung des Parkplatzprojektes für die Wohnzone W2a im Umfange einer Bautiefe ebenfalls die Empfindlichkeitsstufe III angenommen werden. Der Umstand, dass bereits heute im Thalacker eine öffentliche Anlage besteht, die eine gewisse Lärmbelastung für die unmittelbare Umgebung mit sich bringt, würde ein solches Vorgehen ebenfalls rechtfertigen.
public_law
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_003
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Federation
d95c5f92-5dcd-42a2-91d7-d1330be11ee5
Urteilskopf 81 IV 256 55. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Dezember 1955 i.S. Bundesanwaltschaft gegen Welti.
Regeste Art. 4, 42 Vo. vom 30. Dezember 1953 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts. Strafbar macht sich schon, wer den Mieter ersucht, mehr als den höchstzulässigen Mietzins zu bezahlen, auch wenn der Mieter sich mit Erfolg widersetzt.
Sachverhalt ab Seite 256 BGE 81 IV 256 S. 256 A.- Auf 1. Januar 1952 erhöhte die Gemeinde Horgen den Wasserzins von 25 auf 38 Rappen je m3. Fanny Welti, Eigentümerin zweier Miethäuser, stellte daher ihren Mietern am 15. März 1954 nicht nur Rechnung für 502 m3 Wasser zu 38 Rappen, das sie im Jahre 1953 über die normale, zulasten der Vermieterin fallende Menge von 816 m3 hinaus verbraucht hatten, sondern verlangte auch Ersatz des Unterschiedes zwischen altem und neuem Wasserzins für diese 816 m3. Ein Mieter, Tranquillo Fedon, wandte sich an die Mietpreiskontrollstelle der Gemeinde, und diese belehrte die Vermieterin dahin, dass sie für den normalen Wasserverbrauch trotz des höheren Wasserzinses von den Mietern nicht Ersatz verlangen dürfe, sich ihre Forderung daher von Fr. 316.84 auf Fr. 190.76 ermässige. Da Fanny Welti eine andere Auffassung vertrat, meldete die Gemeinde Horgen den Fall der Justizdirektion des Kantons Zürich. Diese schrieb der Vermieterin am 23. BGE 81 IV 256 S. 257 August 1954, Hauseigentümer, welche die durch Verfügung der eidgenössischen Preiskontrollstelle vom 30. August 1950 zugelassene Mietzinserhöhung von 10% vorgenommen hätten, könnten die Verteuerung des Wasserzinses nicht auf die Mieter überwälzen. Die Justizdirektion forderte Fanny Welti auf, die Abrechnung bis zum 3. September 1954 zu berichtigen, ansonst sie wegen unzulässiger indirekter Mietzinserhöhung verzeigt werde. Fanny Welti vertrat der Justizdirektion gegenüber in einem eingehend begründeten Schreiben vom 30. August 1954 die Auffassung, die Wasserzinsrechnung, die von den Mietern noch nicht bezahlt sei, lasse sich nicht beanstanden. Die Justizdirektion antwortete nicht, sondern verzeigte die Vermieterin am 21. Oktober 1954 beim Statthalteramt Horgen wegen Übertretung von Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 30. Dezember 1953 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts. In der Folge beschwerte sich Fanny Welti bei der eidgenössischen Preiskontrollstelle gegen die Verfügung der Justizdirektion vom 23. August 1954. Mit Entscheid vom 19. April 1955 trat die eidgenössische Preiskontrollstelle auf die Beschwerde wegen Verspätung nicht ein. B.- Am 1. Juni 1955 büsste das Statthalteramt Horgen Fanny Welti in Anwendung der Art. 4 Abs. 1 und 2, 42 und 48 der Verordnung über die Mietzinskontrolle mit Fr. 40.-. Es warf ihr vor, sie habe ihren Mietern "das Normalquantum verbrauchten Wassers pro Jahr, d.h. 816 m3 zu dem inzwischen durch die Gemeinde Horgen von 25 auf 38 Rappen pro m3 erhöhten Preis verrechnet, wiewohl für dieses Wasserquantum der Teurungszuschlag von der Vermieterin zu tragen ist, es sei denn die Erhöhung wäre von der zuständigen Behörde ausdrücklich bewilligt worden, was jedoch im vorwürfigen Falle nicht zutrifft". Fanny Welti verlangte gerichtliche Beurteilung. Am 23. Juni 1955 sprach der Einzelrichter des Bezirksgerichts Horgen sie frei. Er führte aus, ob die Erhöhung des Wasserzinses durch die Gemeinde zu einer Erhöhung BGE 81 IV 256 S. 258 des Mietzinses berechtige, habe die zuständige Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Auf alle Fälle habe die Verzeigte den Mietzins nicht ohne Bewilligung erhöhen dürfen. Der Einwand, nach dem Vertrag dürfe sie den Wasserzinsaufschlag auf die Mieter abwälzen, helfe nicht. Hätte sie tatsächlich den Wasserzinsaufschlag von ihren Mietern bezogen, wäre sie der eingeklagten Übertretung schuldig. Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass sie den Mietzins ohne Bewilligung erhöht habe. Fedon habe nur den geschuldeten Betrag für den Wassermehrverbrauch, nicht auch den Aufschlag des Wasserzinses auf der normalen Wassermenge bezahlt, und dass andere Mieter das letztere getan hätten, habe die Untersuchung nicht erstellt. Von einer Erhöhung des Mietzinses könne erst gesprochen werden, wenn Mieter und Vermieter mit der Erhöhung einverstanden seien, denn der Mietvertrag sei ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Das einseitige Begehren des Vermieters, der Mieter möge mehr bezahlen, bewirke keine Erhöhung des Mietzinses. Da im vorliegenden Falle nichts dafür spreche, dass die Mieter den mehrbelasteten Wasserzins anerkannten oder bezahlten, und für den Fall Fedon sogar eindeutig das Gegenteil erwiesen sei, habe die Verzeigte lediglich versucht, den Mietzins ohne Bewilligung zu erhöhen. Der Versuch einer Übertretung sei jedoch nach Art. 104 StGB nicht strafbar. C.- Der Bundesanwalt führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Er macht geltend, unter den Begriff des Preises, der nicht ohne Bewilligung erhöht werden dürfe, falle selbstverständlich nicht nur der Mietzins, hinsichtlich dessen ein Konsens zustandegekommen sei, sondern auch der bloss geforderte Preis. Die Mietzinskontrolle wolle die Mieter bereits vor unangemessenen Mietzinszumutungen schützen. Massgebend sei dabei die Überlegung, dass Mieter und Mietinteressenten in Zeiten der Wohnungsnot die wirtschaftlich schwächere Partei bildeten und man von BGE 81 IV 256 S. 259 ihnen nicht verlangen könne, sich der Verabredung unerlaubter Ansätze zu widersetzen. Die Mietzinskontrolle müsse deshalb, wenn sie etwelche Aussicht auf Erfolg haben wolle, schon das Fordern nicht erlaubter Mietzinse untersagen. Dieser Sinn der Bestimmungen ergebe sich im übrigen aus der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 3. Februar 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle. Aus ihr gehe hervor, dass als Mietzinserhöhung im preiskontrollrechtlichen Sinne jede gegenüber einem Mieter oder Mietreflektanten in irgend einer Form zum Ausdruck gebrachte Aufforderung zur Vereinbarung oder Bezahlung eines höheren Mietzinses angesehen werden müsse. Die nämliche Auffassung sei schon von den strafrechtlichen Kommissionen des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und den kriegswirtschaftlichen Strafgerichten vertreten worden. Fanny Welti habe somit die Übertretung nicht nur versucht, sondern vollendet. D.- Fanny Welti beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Sie macht im wesentlichen geltend, in Zürich und Umgebung sei es seit langem Brauch, dass für den Mehrwasserzins der Mieter anteilsmässig aufzukommen habe. Auf Grund der entsprechenden Bestimmung der Mietvertragsformulare habe sie sich ohne grosse Überlegungen preiskontrollrechtlicher Natur für berechtigt gehalten, auf die Mieter abzuwälzen, was die Gemeinde von ihr als Wasserzins verlange. Die Stellungnahme des Bundesanwalts sei berechtigt, wenn ein Vermieter sich einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil verschaffen wolle, führe aber hier zu einem unbilligen Ergebnis. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle erklärt in Art. 2 "Erhöhungen der am 31. Dezember 1953 geltenden Mietzinse bewilligungspflichtig", setzt in Art. 15 auf die vorsätzliche oder fahrlässige Übertretung des Beschlusses BGE 81 IV 256 S. 260 oder der Ausführungsbestimmungen Busse und weist in Art. 14 Abs. 1 den Bundesrat an, die erforderlichen Ausführungsvorschriften zu erlassen. Diesen Bestimmungen nachkommend, hat der Bundesrat in der Verordnung vom 30. Dezember 1953 über die Mietzinskontrolle und die Beschränkung des Kündigungsrechts untersagt, "die Mietzinse ohne Bewilligung der von den Kantonsregierungen bezeichneten Amtsstellen oder der Rekursinstanz über den am 31. Dezember 1953 höchstzulässigen Stand zu erhöhen" (Art. 4 Abs. 1). Anschliessend daran untersagt die Verordnung "auch alle indirekten Mietzinserhöhungen, die sich wirtschaftlich gegenüber dem Mieter als Erhöhung auswirken; also z.B.: Erhöhung des Entgeltes für Nebenleistungen, wie Wasserzins, allgemeine Beleuchtung usw.; besondere Verrechnung von Nebenleistungen, die bisher im Mietzins inbegriffen waren; Wegnahme eines Zimmers oder einer Mansarde usw." (Art. 4 Abs. 2). Für die vorsätzliche oder fahrlässige Übertretung dieser Bestimmungen droht die Verordnung Busse bis zu zweitausend Franken an (Art. 42 Abs. 1). Handelt der Täter aus Gewinnsucht, so ist der Richter an diesen Höchstbetrag nicht gebunden (Art. 42 Abs. 2). 2. Die Beschwerdegegnerin bestreitet nicht, dass sie sich zur Lieferung der normalerweise verbrauchten 816 m3 Wasser verpflichtet hatte und die Vergütung dafür im Mietzins inbegriffen war. Unbestritten ist auch, dass dieser am 31. Dezember 1953 und schon vorher den höchstzulässigen Stand erreichte. Wenn die Mieter die durch die Wasserzinserhöhung der Gemeinde Horgen verursachten Mehrkosten der erwähnten 816 m3 Wasser durch eine besondere Vergütung übernommen hätten, hätte daher im Sinne des Art. 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 30. Dezember 1953 der Mietzins "indirekt" den zulässigen Stand überschritten. Ob die Mieter sich das vertraglich hätten gefallen lassen müssen, wie die Beschwerdegegnerin gegenüber der Justizdirektion geltend gemacht hat, aber heute nicht mehr einwendet, kann dahingestellt BGE 81 IV 256 S. 261 bleiben; denn die Verordnung verbietet Mietzinserhöhungen über den vom öffentlichen Recht vorgesehenen Stand auch dann, wenn sie dem Vertrage nicht widersprechen. 3. Schon die gestützt auf Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 erlassene Verfügung Nr. 1 des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 2. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung untersagte unter anderem, die Mietzinse (über den Stand vom 31. August 1939) ohne Genehmigung zu "erhöhen". Die kriegswirtschaftlichen Strafgerichte haben diese Bestimmung stets dahin ausgelegt, dass eine Erhöhung schon dann vorliege, wenn der Vermieter einen höheren Mietzins fordert, es also nicht des tatsächlichen Bezuges oder auch nur der Einwilligung des Mieters bedürfe, den geforderten Betrag zu bezahlen (EKSt 3 24; vgl. auch 2 7, 95, 125, 154). An dieser Rechtslage haben der Bundesbeschluss vom 10. Juni 1953 und die Verordnung vom 30. Dezember 1953 nichts geändert. Das ergibt sich insbesondere aus der Botschaft des Bundesrates vom 3. Februar 1953 an die Bundesversammlung über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle, wo ausgeführt wird, eine Mietzinserhöhung im preiskontrollrechtlichen Sinne (Art. 1 Abs. 2) sei jede gegenüber einem Mieter oder Mietreflektanten in irgendeiner Form zum Ausdruck gebrachte Aufforderung zur Vereinbarung oder Bezahlung eines höheren Mietzinses (BBl 1953 I 295). Mit dieser Auslegung, die von der Beschwerdegegnerin nicht beanstandet wird, stimmt überein, dass Art. 4 Abs. 2 der Verordnung unter anderem auch die "besondere Verrechnung von Nebenleistungen, die bisher im Mietzins inbegriffen waren", untersagt. "Verrechnung" bedeutet hier Rechnungstellung (mise en compte). Dass der Mieter sich ihr unterziehe, wird nicht vorausgesetzt. Vom gleichen Geist beseelt ist Art. 14 der Verordnung, der bestimmt, für Objekte, die am 31. August 1939 nicht oder in anderer Zusammensetzung vermietet waren und BGE 81 IV 256 S. 262 für welche die behördliche Festsetzung eines höchstzulässigen Mietzinses noch nicht erfolgte, dürfe "ein Mietzins nur mit Bewilligung der zuständigen Amtsstelle gefordert oder angenommen werden". Es ist nicht zu ersehen, was den Bundesrat hätte bewegen können, dem Vermieter Strafe schon für das blosse Fordern eines nicht bewilligten Mietzinses anzudrohen, wenn die Mietsache dem Art. 14 untersteht, dagegen nur für das Vereinbaren der Erhöhung in den anderen Fällen. Die Mieter haben es denn auch nötig, sich schon gegen das blosse Verlangen höheren Mietzinses mit den Mitteln einer Stafanzeige wehren zu können; denn wenn sie, dem Begehren nachgebend, in die Erhöhung eingewilligt haben, werden sie es nicht mehr zu tun wagen, weil sie damit auch ihre eigene Strafbarkeit eingestehen müssten. ... Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Einzelrichters des Bezirksgerichtes Horgen vom 23. Juni 1955 aufgehoben und die Sache zur Verurteilung der Beschwerdegegnerin an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
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Federation
d9631306-9e1c-4679-bbf1-3098b780f6f3
Urteilskopf 121 III 448 87. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. November 1995 i.S. R. gegen Einwohnergemeinde Kriens (Berufung)
Regeste Art. 58 OR . Haftung des Werkeigentümers. Für den mangelhaften Zustand eines Werks haftet grundsätzlich dessen sachenrechtlicher Eigentümer. Voraussetzungen, unter denen es sich rechtfertigt, ausnahmsweise auf die tatsächliche Sachherrschaft abzustellen (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 448 BGE 121 III 448 S. 448 R. ist Eigentümer einer Liegenschaft in Kriens. Im Jahre 1983 liess dort die Einwohnergemeinde Kriens durch ihre Brunnenmeisterin, die Firma W. AG, einen Abstellhahn, einen Wasserzähler und einen Entleerungshahn installieren. Am Nachmittag des 23. Juni 1986 brach der Entleerungshahn, und im Erdgeschoss des Gebäudes entstand eine Überschwemmung. Am 21. September 1987 klagte R. beim Amtsgericht Luzern-Land gegen die Einwohnergemeinde Kriens auf Schadenersatz in der Höhe von Fr. 35'000.-- nebst Zins. Das Amtsgericht hiess mit Urteil vom 29. April 1993 die Klage im Umfang von Fr. 16'751.45 gut. Die Beklagte appellierte, worauf das Obergericht des Kantons Luzern die Klage am 23. Januar 1995 abwies. BGE 121 III 448 S. 449 Das Bundesgericht heisst die Berufung des Klägers teilweise gut und weist die Streitsache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Kläger stützt seine Ansprüche gegen die Beklagte auf die Werkeigentümerhaftung gemäss Art. 58 OR . Nach dieser Bestimmung hat der Eigentümer eines Gebäudes oder eines anderen Werks den Schaden zu ersetzen, der infolge fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder mangelhaften Unterhalts des Werks entsteht (Abs. 1). Das Obergericht ist zum Schluss gelangt, dass der gebrochene Entleerungshahn nicht im Eigentum der Beklagten, sondern in demjenigen des Klägers steht. Es hat deshalb die Passivlegitimation der Beklagten verneint und die Klage abgewiesen. Der Kläger stellt zwar nicht in Abrede, dass die Beklagte nicht Eigentümerin des gebrochenen Entleerungshahns ist. Seiner Auffassung nach muss aber die Haftung nach Art. 58 OR dennoch greifen. 2. a) Als Werke im Sinne von Art. 58 OR gelten Gebäude sowie bauliche oder technische Anlagen, die mit dem Erdboden, sei es direkt oder indirekt, fest verbunden sind. Dem entspricht, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes für Mängel eines Werks in der Regel der Eigentümer des Grundstücks haftet, auf dem es steht ( BGE 106 II 201 E. 2a S. 203 mit Hinweisen). Der Eigentümer darf nicht mit dem "Besitzer" eines Grundstücks ( Art. 57 OR ), dem "Halter" einer Sache ( Art. 56 OR , Art. 58 SVG ; SR 741.01), dem "Inhaber" einer Anlage oder eines Betriebes ( Art. 69 GSchG [SR 814.20], Art. 1 EHG [SR 221.112.742]) oder ähnlichen Umschreibungen gleichgesetzt werden. Fest steht insbesondere, dass im Bereich des Art. 58 OR für Schaden nicht der Mieter oder Pächter, sondern der Eigentümer haftet, wobei dieser jedoch gegebenenfalls auf jene zurückgreifen kann ( BGE 106 II 201 E. 2b, S. 205, mit Hinweisen). Werkeigentümer im Sinne von Art. 58 OR ist grundsätzlich der sachenrechtliche Eigentümer des Werkes. Die Rechtsprechung hat die Haftung aus Werkeigentum aber hie und da auch auf andere Berechtigte ausgedehnt (Übersicht bei BREHM, Berner Kommentar, N 14 zu Art. 58 OR ). So wurde etwa in BGE 91 II 281 ein über private Grundstücke führender öffentlicher Fussweg dem haftpflichtrechtlichen Verantwortungsbereich der Gemeinde, die daran dienstbarkeitsberechtigt war, zugeordnet mit der Begründung, für die BGE 121 III 448 S. 450 Bestimmung des haftenden Werkeigentümers sei nicht bloss auf die Begriffe des Sachenrechtes abzustellen, sondern auf den Zweck, dem die Werkanlage als Ganzes zu dienen habe (dazu MERZ, ZBJV 103/1967, 36 f.). Diese Aussage ist in BGE 106 II 201 (E. 2b S. 204) relativiert und auf den Sondertatbestand der Haftung des Gemeinwesens für öffentliche Strassen und Wege eingegrenzt worden. In einem unveröffentlichten Urteil vom 5. Mai 1987 (zitiert bei REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, S. 216, Rz. 173, bei STARK, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 2. Aufl., 1988, S. 156 Rz. 757 und bei BREHM, a.a.O., N 9 und 14 zu Art. 58 OR ) hat das Bundesgericht schliesslich die Haftung der Gemeinde als Erstellerin und Betreiberin einer Seilbahn bejaht, ohne zu untersuchen, ob die Gemeinde sachenrechtliche Eigentümerin der Seilbahn war. b) Die Lehre hat die bundesgerichtliche Praxis unterschiedlich aufgenommen. Verschiedene Autoren kritisieren sie mit der Begründung, sie sei der Rechtssicherheit abträglich, weil sie den klaren und einfachen Grundsatz verwässere, wonach der Haftpflichtige nach dem Eigentum zu ermitteln sei (OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Band II/1, 4. Aufl. 1987, S. 235 Rz. 106; STARK, a.a.O., S. 156 f. Rz. 758 f.; GUHL/MERZ/KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8. Aufl. 1991, S. 195). Andere stimmen ihr jedoch zu (BREHM, a.a.O., N 9 ff., insbes. N 15 zu Art. 58 OR ; REY, a.a.O., S. 215 Rz. 1071; wohl auch DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2. Aufl. 1982, S. 122 Rz. 18; zurückhaltend A. KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, Band I, 5. Aufl. 1993, S. 175 f.). c) Passivlegitimiert ist nach dem Wortlaut von Art. 58 OR der Eigentümer eines mangelhaften Gebäudes oder eines andern mangelhaften Werkes. Das Bundesgericht ( BGE 69 II 394 E. 3, S. 398) und die einhellige Lehre (BREHM, a.a.O., N 90 zu Art. 58 OR ; REY, S. 205 RZ. 1024; KELLER, a.a.O. S. 171; DESCHENAUX/TERCIER, a.a.O., S. 120 Rz. 8; BECKER, Berner Kommentar, N 2 zu Art. 58 OR ; KELLER/GABI, Das schweizerische Schuldrecht, Bd. II, 2. Aufl. 1988, S. 183) sehen die Rechtfertigung der kausalen Haftung des Werkeigentümers zwar grundsätzlich darin, dass der Eigentümer, der die wirtschaftlichen Vorteile des Werkes geniesst, auch für die Schäden einstehen soll, die dessen mangelhafter Zustand verursacht. Die Haftung hängt indes im Einzelfall nicht davon ab, ob der Eigentümer tatsächlich wirtschaftlichen Nutzen aus seinem Werk zieht oder ziehen kann. Art. 58 OR lässt als Voraussetzung der Haftung das sachenrechtliche Eigentum genügen. Der Eigentümer hat nicht nur unabhängig von eigenem Verhaltensunrecht, BGE 121 III 448 S. 451 sondern auch unabhängig von seinem konkreten Nutzen an der Sache für Schäden einzustehen, die ein mangelhafter Zustand des Werkes verursacht, wobei ihm gegebenenfalls der Rückgriff auf andere Haftpflichtige vorbehalten bleibt ( Art. 58 Abs. 2 OR ). d) Das Subjekt der Haftung aus Werkeigentum ist also grundsätzlich durch das Sacheigentum definiert. Die Rechtsprechung hat jedoch seit jeher für bestimmte Sonderfälle Ausnahmen von diesem Grundsatz anerkannt (E. a hiervor). Daran ist festzuhalten. Eine Ausdehnung der subjektiven Haftbarkeit darf angesichts des klaren Gesetzeswortlautes und mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit allerdings nur mit Zurückhaltung angenommen werden. Vom formellen Kriterium des Eigentums abzusehen, rechtfertigt sich aber jedenfalls dann, wenn ein Gemeinwesen aufgrund seiner besonderen Rechtsstellung eine mit privatem Sacheigentum vergleichbare Sachherrschaft über das Werk ausübt. Diesfalls ist das Gemeinwesen aufgrund seiner - ganz oder teilweise - im öffentlichen Recht begründeten Sachherrschaft unter dem Gesichtspunkt von Art. 58 OR einem privatrechtlichen Werkeigentümer gleichzustellen. 3. a) Die Beklagte wird als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung in Anspruch genommen. Der Kläger hat gemäss den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil am 16. Januar 1984 mit der Beklagten einen Wasserlieferungsvertrag geschlossen, worin er dieser unter anderem das Recht zur Erstellung, Belassung, Auswechslung und Reparatur von Haupt- und Zuleitungen einräumte und sie zur Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit im Grundbuch ermächtigte. Die Beklagte hat in der Folge jedoch keinen solchen Eintrag veranlasst. Das Obergericht hat weiter festgestellt, dass der gebrochene Entleerungshahn zu den allein von der Beklagten genutzten Installationen gehört. Der Hahn dient der Entleerung der Zuleitung zum Wasserzähler und ermöglicht dessen periodische Auswechslung. Mit den Privatinstallationen des Klägers steht er nicht in Zusammenhang; diese weisen eine eigene Entleerungsvorrichtung auf. In Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ( Art. 64 Abs. 2 OG ) ist überdies davon auszugehen, dass sich die Beklagte im Wasserlieferungsvertrag vom 16. Januar 1984 das ausschliessliche und ungehinderte Verfügungsrecht über die Wasserzuleitung zum Haus des Klägers vorbehalten und sich auch für deren Unterhalt als zuständig erklärt hat. b) Nach Art. 671 Abs. 1 ZGB gilt alles, was mit einem Grundstück fest und dauernd verbunden wird, als dessen Bestandteil und fällt daher in das Eigentum des Grundeigentümers ( Art. 641 Abs. 1 ZGB ). Von diesem sogenannten BGE 121 III 448 S. 452 Akzessionsprinzip sieht das Gesetz jedoch verschiedene Ausnahmen vor ( Art. 674-676 und 704 ZGB ). Nach Art. 676 ZGB bleiben Leitungen für Wasser, Gas, elektrische Kraft und dergleichen Zugehör des Werks, von dem sie ausgehen, und damit Eigentum von dessen Eigentümer (Abs. 1; BGE 97 II 37 E. 3 S. 39 ff., 326 E. 3 S. 330), wenn das fremde Grundstück mit einer entsprechenden Dienstbarkeit belastet wird (Abs. 2), was bei äusserlich nicht wahrnehmbaren Leitungen einen Eintrag im Grundbuch voraussetzt (Abs. 3). Die Bestimmung bezieht sich zwar zunächst nur auf Transitleitungen, doch kann verabredet werden, dass auch das Eigentum an Hausanschlussleitungen und zugehörigen Apparaten dem Eigentümer des Werks, dessen Erzeugnis über das Leitungsnetz verteilt wird, vorbehalten bleiben soll (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N 11 f. zu Art. 676 ZGB ). Die Parteien haben im Vertrag vom 16. Januar 1984 hinsichtlich der Wasserzuleitung zur Liegenschaft des Klägers ein derartiges dingliches Leitungsrecht vereinbart. Die Anschlussleitung und die zugehörigen Apparate sind im Haus des Klägers zwar über Putz verlegt und insofern vom Innern des Gebäudes aus sichtbar. Da die Leitung im übrigen jedoch unterirdisch verläuft, ist sie nicht äusserlich wahrnehmbar im Sinne von Art. 676 Abs. 3 ZGB (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N 27 zu Art. 676 ZGB ). Die Beklagte hätte deshalb nur dann, wie im Wasserlieferungsvertrag vorgesehen, sachenrechtliche Eigentümerin der Leitung bleiben können, wenn das Leitungsrecht im Grundbuch eingetragen worden wäre. Daran fehlt es indessen. c) Auch ohne Grundbucheintrag besitzt die Beklagte aber in bezug auf die mangelhafte Anschlussleitung eine Sachherrschaft, die derjenigen eines privaten Eigentümers vergleichbar ist. Als Trägerin eines Versorgungsbetriebes, der in Monopolstellung Wasser und damit ein lebensnotwendiges Gut liefert, läuft die Beklagte im Unterschied zu Privaten (vgl. BGE 97 III 89 E. 5 S. 99 ff.) im Falle einer Zwangsversteigerung der Liegenschaft auch ohne Grundbucheintrag nicht die Gefahr, ihre Sachherrschaft über die Anschlussleitung mit Wasserzähler zu verlieren. Die Leitung und die zugehörigen Installationen sind von der Beklagten erstellt worden und stehen nach dem Wasserlieferungsvertrag in ihrer alleinigen Verfügungsgewalt. Der Kläger hat weder die Pflicht noch auch nur das Recht, Mängel der Anlage zu beseitigen. Unter diesen Umständen kann sich die Beklagte ihrer Haftung nicht mit dem Einwand entziehen, der Kläger sei selbst Eigentümer des gebrochenen Entleerungshahns. Dieser Hahn BGE 121 III 448 S. 453 gehört unter dem Gesichtspunkt von Art. 58 OR vielmehr zum Leitungsnetz der Beklagten, befindet sich mithin haftpflichtrechtlich in deren Verantwortungsbereich.
null
nan
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CH
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Urteilskopf 126 V 303 51. Extrait de l'arrêt du 26 septembre 2000 dans la cause I. contre 1. Fondation collective LPP de la Ticino Vie, 2. Fondation institution supplétive LPP et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 2 Abs. 2 BVG ; Art. 1 Abs. 1 lit. b BVV 2 ; Art. 154 Abs. 1 OR : Unterstellung unter das Versicherungsobligatorium. Auf unbefristete Dauer beschäftigte Arbeitnehmer sind der obligatorischen Versicherung unterstellt. Ein Saisonnier mit einem eine auflösende Bedingung im Sinne von Art. 154 OR enthaltenden Arbeitsvertrag ist der obligatorischen Versicherung unterstellt, da eine solche Vereinbarung keinen auf eine bestimmte Dauer geschlossenen Vertrag begründet.
Sachverhalt ab Seite 303 BGE 126 V 303 S. 303 A.- Dès 1988, I. a travaillé en Suisse au bénéfice d'un permis A (saisonnier), notamment du 28 février au 30 novembre 1989 en qualité de jardinier pour le compte de T. Ce dernier l'a annoncé à la Fondation collective LPP de la Ticino Vie (ci-après: la fondation) comme salarié soumis à l'assurance obligatoire de la prévoyance professionnelle. A ce titre, I. a été assuré du 1er mars au 31 décembre 1989, sur la base d'un salaire annuel de 28'080 francs. BGE 126 V 303 S. 304 A partir du mois de mars et jusqu'à la fin de l'année 1990, le prénommé a derechef travaillé au service de T., mais cette fois sans être au bénéfice d'une autorisation de travail ou de séjour, car celles-ci lui ont été refusées par l'autorité compétente. L'employeur ne l'a de ce fait pas déclaré à la fondation en 1990. Réengagé au début du mois de mars 1991 par le même employeur, I. a été victime, le 7 mars 1991, d'un accident de travail: il est tombé d'une échelle d'une hauteur de six mètres et a subi des fractures multiples, en particulier aux jambes et aux poignets. A la suite de cet accident, il a été mis au bénéfice d'une rente entière de l'assurance-invalidité, tandis que l'Union Suisse Assurances lui a octroyé, en qualité d'assureur-accidents, une rente fondée sur une incapacité de travail de 25% en considérant que l'invalidité était pour partie consécutive à des troubles psychiques non imputables à l'accident. Le 24 novembre 1997, I. a requis de la fondation le versement d'une rente d'invalidité. Celle-ci lui a fait savoir, par l'entremise de la société American Security Life Insurance Company (Switzerland) Ltd., que sa demande ne pouvait être prise en considération, vu le défaut d'autorisation de travail et de séjour et l'absence de contrat de travail au moment déterminant. La fondation indiquait également que le contrat d'affiliation entre elle-même et T. était "suspendu" depuis le 31 décembre 1989 faute de personnel soumis à l'assurance obligatoire, et que par ailleurs une police de libre passage avait été établie au nom de I. avec valeur au 31 décembre 1989 (décompte de sortie du 6 juin 1990). B.- Par mémoire du 23 décembre 1997, I. a ouvert action devant le Tribunal des assurances du canton de Vaud, en concluant principalement à ce que la fondation soit condamnée à lui verser une rente d'invalidité pour lui-même et ses trois enfants à partir du 1er décembre 1995 ou, subsidiairement, à ce que ces prestations lui soient octroyées par la Fondation institution supplétive LPP (ci-après: l'institution supplétive). Tant la fondation que l'institution supplétive ont conclu au rejet de l'action. Dans le cadre de l'instruction de la cause, le tribunal a requis l'audition de T. en qualité de témoin. Du procès-verbal qui a été dressé à cette occasion, il ressort notamment ceci: "(...) - en 1990, (T.) avait sollicité une autorisation de travail en faveur du demandeur. Dite autorisation lui a été refusée. Toutefois, dans la mesure où I. était déjà en Suisse, T. l'a occupé de manière irrégulière au cours de l'année 1990. Le demandeur était rétribué à l'heure et de son gain étaient retranchés les cotisations AVS/AI/APG/AC, ainsi que BGE 126 V 303 S. 305 l'impôt; - confirmation est donnée par le témoin qu'il a fait répondre par sa fiduciaire à la défenderesse Fondation collective LPP de la Ticino-Vie qu'en 1990 aucun de ses employés ne devait être soumis au 2e pilier; - à la fin de 1990, il avait été convenu entre T. et le demandeur que le premier solliciterait, en faveur du second, une autorisation de travail pour l'année 1991. Dite autorisation a vraisemblablement été requise en décembre 1990; - en 1990, dès l'arrivée du demandeur dans notre pays, le témoin lui aurait précisé qu'il pourrait travailler à son service en attendant la réponse de l'Office cantonal de contrôle des habitants et de police des étrangers, quant à l'autorisation de travail. Le témoin est d'avis que si la réponse avait été négative, il n'aurait pas pu garder à son service le demandeur, dès lors qu'il tenait à occuper un employé dont la situation était régularisée sur le plan légal; - (...)" Par jugement du 19 février 1999, le tribunal a rejeté la demande, motif pris de l'inexistence d'un contrat de travail d'une durée supérieure à trois mois entre T. et I. au moment déterminant. C.- I. interjette recours de droit administratif contre ce jugement dont il requiert l'annulation sous suite de dépens. A titre principal, il demande le renvoi de la cause au tribunal cantonal pour que celui-ci "la juge dans une composition de Cour qu'il annoncera préalablement au recourant"; subsidiairement, il conclut à ce que l'existence d'un contrat de travail d'une durée supérieure à trois mois soit constatée, et à ce que le dossier soit renvoyé à l'instance cantonale pour qu'elle "dise qui des deux caisses actionnées est compétente pour le versement de rentes à I. et pour quel montant". La fondation conclut principalement au rejet du recours et, à titre subsidiaire, au renvoi du dossier au tribunal cantonal pour examen d'une éventuelle responsabilité de l'institution supplétive. Pour sa part, cette dernière conclut que "si I. est soumis à l'assurance obligatoire LPP et a droit à recevoir des prestations d'invalidité, celles-ci doivent être versées par la Fondation collective LPP de la Ticino-Vie". Enfin, l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) se prononce en faveur de l'admission du recours, à tout le moins dans sa conclusion subsidiaire. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Il convient d'examiner le mérite des arguments que le recourant développe sur le fond du litige en vue d'établir sa qualité d'assuré à l'égard de l'une ou l'autre des deux institutions intimées. BGE 126 V 303 S. 306 a) Selon l'art. 10 al. 1 LPP, l'assurance obligatoire commence en même temps que les rapports de travail. Y sont soumis les salariés qui ont plus de 17 ans et reçoivent d'un même employeur un salaire annuel supérieur au montant limite fixé à l'art. 7 LPP (art. 2 al. 1 LPP). Lorsqu'un salarié est occupé par un employeur pendant moins d'une année, son salaire annuel est réputé être celui qu'il obtiendrait en travaillant toute l'année (art. 2 OPP 2). Aux termes de l'art. 2 al. 2 LPP, le Conseil fédéral définit les catégories de salariés qui, pour des motifs particuliers, ne sont pas soumis à l'assurance obligatoire. C'est ce qu'il a fait en édictant l'art. 1er al. 1 let. b OPP 2, qui prévoit que les salariés engagés pour une durée limitée ne dépassant pas trois mois ne sont pas soumis à l'assurance obligatoire (première phrase); en cas de prolongation des rapports de travail au-delà de trois mois, le salarié est assujetti à l'assurance obligatoire dès le moment où la prolongation a été convenue (seconde phrase). b) Se fondant sur les déclarations de T., l'ancien employeur du recourant, les premiers juges ont considéré que ce dernier n'était pas au bénéfice d'un contrat de travail d'une durée supérieure à trois mois au moment déterminant, et qu'il n'était donc pas soumis à l'assurance obligatoire en application de l'art. 1er al. 1 let. b OPP 2. Le recourant conteste ce point de vue, en faisant valoir qu'au regard de l'aménagement des relations de travail avec son ancien employeur durant les années qui ont précédé l'accident, l'existence d'un contrat d'une durée supérieure à trois mois doit être admise. c) Il est pour le moins douteux que lors de l'engagement en mars 1991 la volonté commune de l'employeur et du recourant fût de subordonner le maintien des rapports de travail à l'obtention d'un permis de travail saisonnier. Il appert en effet qu'une année auparavant à pareille époque, soit en mars 1990, I. avait également commencé à travailler pour le compte de T. et que, nonobstant une réponse négative de l'autorité compétente en matière d'autorisation de travail, il était resté au service de cet employeur jusqu'à la fin de l'année. Or, on ne voit pas pourquoi les parties intéressées en auraient décidé autrement pour l'année 1991. Au reste, si véritablement l'employeur "tenait à occuper un employé dont la situation était régularisée sur le plan légal", comme il l'a allégué devant la cour cantonale, on peut s'étonner qu'il ait pris le recourant à son service avant même que l'autorité compétente ne se fût prononcée sur le droit de celui-ci de résider et de travailler en Suisse. A cela s'ajoute que, selon un relevé du 29 juin 1995 de l'Office cantonal de contrôle des BGE 126 V 303 S. 307 habitants et de police des étrangers, ce n'est qu'après la survenance de l'accident du 7 mars 1991 qu'une demande de permis de travail a été présentée à l'autorité pour l'année 1991, ce qui tend à démontrer que l'obtention d'un tel permis n'était pas, aux yeux de l'employeur et du travailleur, une condition primordiale au maintien de leurs rapports de travail. d) Cela étant, quand bien même les parties se seraient mises d'accord, comme l'a allégué T., sur la résolution des rapports de travail en cas de non-obtention d'un permis saisonnier, le recourant n'en pourrait pas moins se prévaloir de l'existence d'un contrat de travail d'une durée propre à lui garantir la soumission à l'assurance obligatoire. Car seuls les salariés qui sont engagés pour une durée déterminée inférieure à trois mois ne sont pas soumis à l'assurance obligatoire en vertu de l'art. 1er al. 1 let. b OPP 2, mais non ceux dont l'engagement est d'une durée déterminée supérieure à trois mois ou d'une durée indéterminée (JÜRG BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Berne 1989, pp. 276 et 477 ss; CARL HELBLING, Les institutions de prévoyance et la LPP, Berne 1991, p. 79; voir aussi le commentaire de l'OFAS au sujet du projet d'OPP 2, août 1983, p. 7). Or, en l'occurrence, même s'il fallait s'en remettre à la version de l'employeur, on ne voit pas que les parties auraient conclu un contrat de travail de durée déterminée, qui plus est pour un temps inférieur à trois mois. Cela supposerait en effet qu'on pût objectivement, et avec suffisamment de précision, déterminer à l'avance cette durée lors de la conclusion du contrat (BRUNNER/BÜHLER/WAEBER, Commentaire du contrat de travail, 2e édition, Lausanne 1996, n. 2 ad art. 334 CO; BRÜHWILER, Kommentar zum Einzelarbeitsvertrag, 2e édition, Berne 1996, n. 1 ad art. 334 CO; STREIFF/VON KAENEL, Arbeitsvertrag: Leitfaden zum Arbeitsvertragsrecht, 5e édition, Zurich 1992, n. 2 ad art. 334 CO; MANFRED REHBINDER, Berner Kommentar, Kommentar zu den Art. 331-335 OR , Berne 1992, n. 7 ad art. 334 CO; BRAND et al., Der Einzelarbeitsvertrag im Obligationenrecht, Muri/Berne 1991, n. 5 ad art. 334 CO). Mais cela n'était justement pas possible dans le cas d'espèce, puisque les parties étaient simplement convenues, aux dires de l'employeur, de résoudre leurs rapports de travail en cas de refus de l'autorité compétente de délivrer un permis de travail: non seulement le moment auquel cet événement devait se produire était ainsi incertain, mais encore la survenance même d'un tel événement présentait un caractère aléatoire, l'autorité pouvant tout aussi bien décider d'octroyer un permis de travail. En réalité, les parties ont BGE 126 V 303 S. 308 stipulé une condition résolutoire au sens de l'art. 154 CO, ce qui ne donne nullement lieu à un contrat de durée déterminée même si une partie de la doctrine propose d'appliquer à ce genre de convention les règles relatives au contrat de durée déterminée (cf. REHBINDER, loc.cit.; THOMAS BRENDER, Rechtsprobleme des befristeten Arbeitsvertrages, thèse Zurich 1976, p. 29). e) Dans ces conditions, force est d'admettre que le recourant était bien au bénéfice d'un contrat de durée indéterminée lorsque s'est produit l'accident du 7 mars 1991. Par ailleurs, vu le salaire de 580 francs qu'il a réalisé du 4 au 7 mars 1991 (et vu celui qu'il a réalisé durant les années antérieures), il pouvait prétendre, en 1991, un salaire annualisé (cf. art. 2 OPP 2) supérieur à la limite fixée à l'art. 7 al. 1 LPP, qui se montait alors à 19'200 francs (art. 5 OPP 2, dans sa teneur en vigueur dès le 1er janvier 1990; RO 1989 II 1901). Par conséquent, le recourant remplissait en 1991 les conditions de la soumission à l'assurance obligatoire. C'est donc l'institution de prévoyance à laquelle son employeur était affilié à cette époque qui doit prendre en charge les séquelles de l'accident (cf. art. 10 al. 1 LPP et art. 7 al. 1 LPP) ou, à défaut d'affiliation à une institution de prévoyance - comme le soutient la fondation intimée -, l'institution supplétive (cf. art. 12 al. 1 LPP). Le recours est bien fondé. 3. Au vu de ce qui précède, il se justifie d'annuler le jugement entrepris et de renvoyer la cause à la juridiction cantonale afin qu'elle détermine laquelle des intimées doit fournir des prestations au recourant, ainsi que l'étendue de celles-ci.b
null
nan
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Urteilskopf 117 IV 245 44. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 28 juin 1991 dans la cause H. c. Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 66bis StGB ; Absehen von Bestrafung, wenn der Täter durch die unmittelbaren Folgen seiner Tat so schwer betroffen ist, dass eine Strafe unangemessen wäre. Kriterien, die bei der Anwendung dieser Bestimmung zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt ab Seite 245 BGE 117 IV 245 S. 245 A.- Venant de Suisse allemande au volant de son train routier, H., chauffeur professionnel, après avoir dormi sur une BGE 117 IV 245 S. 246 aire de stationnement, est arrivé à Genève dans la matinée du 16 novembre 1989 pour y charger de la marchandise; ayant fait une pause de 11 h 30 à 13 h 30, il reprit la route, son employeur lui ayant demandé par téléphone de se trouver à 16 h 30 à Diemtigen dans l'Oberland bernois; sur le tronçon rectiligne précédant Henniez, H. s'est assoupi au volant de son convoi de 27 tonnes, qui s'est progressivement déplacé sur la gauche, a heurté la remorque d'un train routier circulant en sens inverse, puis, partant en dérapage, a touché la roue d'un camion arrêté, avant de s'immobiliser dans un champ. Les dégâts matériels ont été considérables. Pour sa part, H. a subi plusieurs lésions, soit une fracture du fémur gauche, une fracture éclatée de la rotule gauche, une fracture du premier os du métatarse gauche, une fracture du deuxième orteil gauche ainsi que des ecchymoses au visage. Elles ont entraîné son hospitalisation jusqu'au 27 novembre 1989, puis une incapacité de travail de 100% jusqu'au 20 mai 1990, de 50% jusqu'au 5 août 1990, et de 25% pour une durée indéterminée. L'autorité cantonale a retenu que H. ne travaillait pas au moment de son jugement principalement en raison d'une jaunisse dont il n'était pas prouvé qu'elle soit en relation de causalité avec l'accident; elle a d'autre part estimé qu'il n'était pas établi que l'accusé subisse des séquelles permanentes dues au fait de l'accident. L'enquête effectuée a montré que H. n'avait pas rempli correctement son livret de travail, qu'il n'avait pas observé le temps de repos prescrit le 14 novembre 1989, et qu'il avait roulé à une vitesse excessive pour ce genre de convoi le jour de l'accident; selon les premières déclarations de l'accusé - tenues pour véridiques par l'autorité cantonale - il se sentait fatigué et il devait lutter contre le sommeil avant que ne survienne l'accident. Ses antécédents ne sont pas favorables, ayant fait l'objet de deux condamnations antérieures. B.- Le 26 octobre 1990, le Tribunal de police du district de Payerne a condamné H., pour violation grave des règles de la circulation et infractions à l'OTR, à 10 jours d'emprisonnement, ainsi qu'aux frais de la procédure, prolongeant par ailleurs le délai d'épreuve d'un sursis antérieur et décidant de maintenir au casier judiciaire une condamnation à l'amende. Par arrêt du 27 mars 1991, la Cour de cassation cantonale a rejeté le recours du condamné. BGE 117 IV 245 S. 247 C.- Contre cet arrêt, H. s'est pourvu en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Invoquant une violation de l' art. 66bis CP , applicable en tant que lex mitior ( art. 2 al. 2 CP ), il conclut, sous suite de frais et dépens, à l'annulation de l'arrêt attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) Le recourant se plaint d'une violation du nouvel article 66bis CP, applicable aux faits de la cause en tant que lex mitior ( art. 2 al. 2 CP ). L' art. 66bis al. 1 CP prévoit que "si l'auteur a été atteint directement par les conséquences de son acte au point qu'une peine serait inappropriée, l'autorité compétente renoncera à le poursuivre, à le renvoyer devant le tribunal ou à lui infliger une peine". Le message du Conseil fédéral a clairement exposé le but et la portée de cette disposition. "Les conséquences d'un acte punissable frappent parfois non seulement des tiers mais aussi, voire exclusivement l'auteur lui-même, à tel point que celui-ci paraît déjà suffisamment puni et qu'une condamnation serait vide de sens et inappropriée" (FF 1985 II 1028 s.). "La décision quant au caractère inapproprié de la peine dépend essentiellement de la faute de l'auteur" (FF 1985 II 1030). "L'exemption de poursuite ou de peine est soumise à la condition que l'auteur soit lui-même durement atteint par les conséquences directes de son acte" (FF 1985 II 1030); on peut donc prendre en considération les lésions corporelles ou les troubles psychiques causés par un accident, mais non pas l'obligation pour l'auteur de réparer le préjudice causé et de subir les conséquences de la procédure (FF 1985 II 1030; TRECHSEL, Kurzkommentar StGB n. 2 ad art. 66bis; STRATENWERTH, Bes. Teil, Teilrevisionen 1987 bis 1990, p. 15 No 7). "La question de savoir à quel degré l'auteur doit avoir été atteint, physiquement ou psychiquement, pour qu'une peine apparaisse inappropriée, dépend des circonstances de chaque cas particulier, dont l'appréciation appartient en dernier lieu aux autorités de poursuite pénale. Par conséquent, leur décision devra dépendre essentiellement de la gravité et de la punissabilité de l'acte et, partant, de la faute imputable à l'auteur. Plus celle-ci sera lourde, plus les conséquences touchant la personne de l'auteur devront être graves pour rendre la peine inadéquate" (FF 1985 II 1030; voir BGE 117 IV 245 S. 248 également: STRATENWERTH, op.cit., p. 15 s. Nos 8 et 9; TRECHSEL, op.cit., n. 3 ad art. 66bis). Le message du Conseil fédéral précise: "la nouvelle disposition vise des faits que l'on pourrait qualifier généralement de cas limites et pour la plupart desquels le simple sentiment de justice commande déjà que l'on renonce à toute poursuite pénale. Comme nous l'avons relevé précédemment, elle trouve sa justification première dans le fait que l'auteur est déjà suffisamment puni, autrement dit que la fonction expiatoire de la peine est déjà remplie. Il est évident que l'exemption de peine ne peut être envisagée que si la poursuite pénale se révèle inappropriée à tous les points de vue imaginables, notamment sous l'angle de la prévention spéciale et générale "..." enfin, il est permis de supposer que les cas de ce genre seront rares ou, du moins, ne feront pas partie du quotidien des autorités judiciaires" (FF 1985 II 1031 s.). Lorsque les conditions légales sont remplies, l'autorité doit procéder conformément à l' art. 66bis al. 1 CP (FF 1985 II 1032; STRATENWERTH, op.cit., p. 16 No 10; TRECHSEL, op.cit., n. 4 ad art. 66bis). Les critères d'application de l' art. 66bis al. 1 CP donnent cependant à l'autorité cantonale un large pouvoir d'appréciation (FF 1985 II 1030; STRATENWERTH, op.cit., p. 16 No 10; TRECHSEL, op.cit., n. 4 ad art. 66bis). En outre, si les conséquences de l'acte, mises en balance avec la gravité de la faute, ne sont pas telles qu'elles justifient l'application de l' art. 66bis al. 1 CP , le juge peut en tenir compte en procédant à une réduction de la peine (STRATENWERTH, op.cit., p. 16 s. No 11; TRECHSEL, op.cit., n. 3 ad art. 66bis). L' art. 66bis al. 1 CP est violé s'il n'est pas appliqué dans un cas où une faute légère a entraîné des conséquences directes très lourdes pour l'auteur ou, à l'inverse, s'il est appliqué dans un cas où une faute grave n'a entraîné que des conséquences légères pour l'auteur. Entre ces cas extrêmes, pour toute la variété des situations intermédiaires, le juge doit prendre sa décision en analysant les circonstances concrètes du cas d'espèce et il dispose donc d'un large pouvoir d'appréciation. La Cour de cassation ne doit pas substituer son appréciation à celle de l'autorité cantonale. Elle ne peut intervenir, en considérant que le droit fédéral a été violé, que si celle-ci ne s'est pas fondée sur les critères fixés par la loi ou a fait des éléments déterminants une appréciation erronée qui constitue un abus ou un excès de son pourvoir d'appréciation ( ATF 116 IV 285 ; voir également CORBOZ, Le pourvoi en nullité, SJ 1991, p. 78 et les références citées). BGE 117 IV 245 S. 249 b) Selon l'autorité cantonale, l' art. 66bis CP n'est applicable que s'il existe une évidente disproportion entre les lésions directes subies à la suite de l'infraction et la peine à prononcer, abstraction faite desdites lésions; l' art. 66bis CP ne pourrait en outre trouver application que si l'auteur de l'infraction a subi des lésions exceptionnelles. Les exemples mentionnés à ce propos sont l'hémiplégie ou la cécité. L'autorité cantonale pose ainsi des conditions qui ne ressortent pas de la disposition légale et qui ne trouvent aucun point d'ancrage dans les principes développés ci-dessus (voir consid. 2a). En effet, si le message mentionne que les cas d'application de l' art. 66bis CP ne devraient pas faire partie du quotidien des tribunaux, il ne conçoit néanmoins pas cette disposition comme une disposition d'exception qui ne devrait trouver application que dans des cas tout à fait extrêmes. Il ressort des débats parlementaires que le législateur entendait limiter l'application de l'art. 66bis aux cas dans lesquels la sanction indirecte subie par l'auteur en raison des conséquences de son acte est suffisamment lourde pour qu'on puisse en attendre un effet d'amendement et de resocialisation, de sorte qu'il serait vain de prononcer une peine privative de liberté (voir CAVELTY, BO 1987 CE 365). Il a ainsi voulu amener les autorités de poursuite pénale à mettre en balance la faute commise et les conséquences subies. Il va dès lors de soi que plus la faute sera lourde plus l'atteinte devra être exceptionnelle pour justifier la mise au bénéfice de l' art. 66bis CP . Néanmoins, l'autorité cantonale ne pouvait pas en conclure que, quelle que soit la faute imputable à l'auteur, seules des conséquences extrêmes permettaient d'envisager l'application de la nouvelle disposition. Elle a donc ainsi posé des conditions excessives. Est seul relevant le fait qu'eu égard à la faute de l'auteur d'une part, et à l'atteinte directe subie par celui-ci d'autre part, une peine paraisse inappropriée au point que le simple sentiment de justice commande que l'on renonce à toute poursuite. L'autorité cantonale a par conséquent violé le droit fédéral en se fondant sur des critères autres que ceux fixés par la loi. Comme cela a déjà été relevé, un large pouvoir d'appréciation est reconnu à l'autorité cantonale qui applique l' art. 66bis CP . Saisi d'un pourvoi en nullité, le Tribunal fédéral ne peut déterminer si le juge du fait a ou non abusé de ce pouvoir d'appréciation que si tous les critères déterminants pour l'application de cette disposition sont examinés dans l'arrêt attaqué. Ainsi, lorsqu'elle BGE 117 IV 245 S. 250 estime que les lésions subies par le délinquant sont suffisamment graves pour que l'application de l' art. 66bis CP ne soit pas d'emblée purement et simplement exclue, l'autorité cantonale doit dans un premier temps apprécier la culpabilité de l'auteur, en se référant aux critères de l' art. 63 CP . Dans ce cadre, elle doit examiner tous les éléments relevants, qu'ils aient trait aux circonstances de l'acte ou à la personne de l'auteur (voir ATF 117 IV 114 s.). Elle doit ensuite mettre en regard de la culpabilité les conséquences directes de l'acte pour le délinquant. Sur ce point également, la motivation doit porter sur tous les éléments déterminants pour apprécier la gravité de l'atteinte subie. Le juge doit donc mentionner les lésions corporelles et les troubles psychiques infligés à l'auteur et donner les raisons qui l'ont amené à estimer qu'eu égard à la faute commise, ces conséquences étaient ou non d'une gravité justifiant l'application de l' art. 66bis CP . Il doit mettre en balance la culpabilité du délinquant et les conséquences de l'acte avec suffisamment de précision pour permettre au Tribunal fédéral de contrôler qu'il n'ait pas abusé de son pouvoir d'appréciation en choisissant soit d'exempter l'auteur de toute peine soit de se limiter à infliger une sanction moins lourde que celle justifiée par la culpabilité, abstraction faite des lésions subies. En l'espèce, l'autorité cantonale a certes décrit de manière relativement détaillée la gravité de la faute et l'importance des conséquences subies par le recourant. Elle n'a en revanche pas fait preuve de la même précision lorsqu'il s'est agi de les mettre en regard, puisqu'elle s'est alors limitée à relever que les lésions subies n'avaient rien d'exceptionnel. On doit ainsi admettre que l'arrêt attaqué n'est pas suffisamment motivé pour permettre au Tribunal fédéral de contrôler que l'autorité cantonale n'ait pas abusé de son pouvoir d'appréciation. Pour cette raison également, il y a lieu d'annuler l'arrêt attaqué et de renvoyer la cause à l'autorité cantonale afin qu'elle procède, de manière plus détaillée et en vertu de critères conformes à la loi, à une mise en balance, d'une part, de la faute imputée à H. et, d'autre part, des lésions qu'il a subies lors de l'accident.
null
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d9716c6c-5d12-4e23-88e4-130e1f114bba
Urteilskopf 115 Ia 76 13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juni 1989 i.S. A. AG, B. AG und C. AG gegen X. AG, Y. AG und Regierungsrat des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Submission: Arbeits- und Lieferungsvergebung. 1. Die Vergebung öffentlicher Arbeiten in einem durch das kantonale Recht geordneten Submissionsverfahren stellt keine Verfügung i.S. von Art. 84 (bzw. 97) OG dar (E. 1b). 2. Die Nichtberücksichtigung eines Submittenten verletzt den Bewerber weder in seinen Rechten noch in seinen rechtlich geschützten Interessen, weshalb er nach Art. 88 OG zur Sache nicht legitimiert ist (E. 1c). Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst kann der Beschwerdeführer die Verletzung von kantonalen Verfahrensvorschriften rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. 3. Im Submissionsverfahren zur Vergebung von Arbeiten ist die staatsrechtliche Beschwerde nur dann zulässig, wenn Submissionsbestimmungen verletzt werden, die den Schutz der unmittelbaren Interessen der Bewerber bezwecken (E. 1d). Art. 9 Abs. 2 der Submissionsverordnung des Kantons Graubünden (Verbot, nachträgliche Angebote anzunehmen und zu berücksichtigen) bezweckt nach Wortlaut und Sinn auch den Schutz der unmittelbaren Interessen der einzelnen Bewerber (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 77 BGE 115 Ia 76 S. 77 Mit Schreiben vom 19. Dezember 1988 teilte das kantonale Tiefbauamt Graubünden allen Submittenten die Vergebung der ausgeschriebenen Arbeiten an die Arbeitsgemeinschaft (im folgenden auch; ARGE) X. AG und Y. AG, gemäss Offerte vom 29. November bzw. 6. Dezember 1988 mit. Der Vergebungsentscheid über den Betrag von Fr. 416'521.40 war von der Regierung des Kantons Graubünden am 12. Dezember 1988 genehmigt worden. Gegen diesen Entscheid der Regierung des Kantons Graubünden erheben die Gesellschafter der ARGE A. AG, B. AG und C. AG staatsrechtliche Beschwerde. Sie gehen davon aus, dass sich die beiden in der Submission erstplazierten Offerenten nach erfolgter Offertöffnung in Kenntnis der Preisangebote der anderen Bewerber zu einer ARGE zusammengeschlossen und eine neue Offerte BGE 115 Ia 76 S. 78 eingereicht hätten. Der Kanton habe diese nachträglich eingereichte Offerte ohne weiteres entgegengenommen und den Zuschlag diesem eindeutig verspäteten Angebot erteilt, ohne mit den übrigen Mitbewerbern Rücksprache zu nehmen oder ihnen ebenfalls das Recht einzuräumen, eine zweite Offerte einzureichen. Die Beschwerdeführer rügen eine willkürliche Anwendung insbesondere von Art. 9 Abs. 2 der anwendbaren Submissionsverordnung und beantragen, der angefochtene Entscheid sei deshalb aufzuheben. Die Beschwerdegegner und die Regierung des Kantons Graubünden beantragen in der Vernehmlassung, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden könne. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Die Beschwerde, die wegen Verletzung von Art. 4 BV erhoben wird, richtet sich gegen einen kantonalen, letztinstanzlichen Endentscheid, gegen den auch im Bund kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht. In dieser Hinsicht sind damit die Eintretensvoraussetzungen von Art. 84 Abs. 2, 86 und 87 OG erfüllt. b) Das Bundesgericht geht in ständiger Praxis davon aus, dass die Vergebung öffentlicher Arbeiten in einem durch das kantonale Recht geordneten Submissionsverfahren ein nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbarer Akt ist, weil dieser keine Verfügung im Sinne von Art. 84 (bzw. 97) OG darstellt ( BGE 106 Ia 325 /6 E. 3a; BGE 103 Ib 156 E. 1 und 2, mit Hinweisen; BGE 101 IV 410 /1 E. 1b). Es besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, auf die Rechtsprechung bezüglich der Rechtsnatur des Zuschlags zurückzukommen. c) Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Gemäss ständiger Rechtsprechung ermöglicht die staatsrechtliche Beschwerde lediglich die Geltendmachung rechtlich geschützter eigener Interessen. Zur Verfolgung bloss tatsächlicher Interessen wie auch zur Geltendmachung allgemeiner öffentlicher Interessen ist die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegeben. Die Legitimation zur Sache bestimmt sich ausschliesslich nach Art. 88 OG . Der Umstand, dass ein Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren BGE 115 Ia 76 S. 79 Parteistellung hatte, ist nicht entscheidend ( BGE 114 Ia 94 E. 1, mit Hinweis). Die Nichtberücksichtigung eines Submittenten verletzt den Bewerber weder in seinen Rechten noch in seinen rechtlich geschützten Interessen, weshalb er nach Art. 88 OG zur Sache nicht legitimiert ist ( BGE 106 Ia 326 E. 3b, mit Hinweisen). d) Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst kann der Beschwerdeführer die Verletzung von kantonalen Verfahrensvorschriften rügen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt ( BGE 113 Ia 250 E. 3; BGE 106 Ib 132 E. 3; BGE 105 Ia 276 E. d). Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in der Sache, sondern aus einer Berechtigung am Verfahren. Eine solche besteht dann, wenn dem Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren Parteistellung zukommt. Ist dies der Fall, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund von Art. 4 BV zustehen. Das Bundesgericht prüft die Auslegung und Anwendung der kantonalen Verfahrensvorschriften auf Willkür hin; frei prüft es dagegen, ob, im Rahmen der dem Beschwerdeführer nach kantonalem Recht eingeräumten Parteistellung im Verfahren, die durch Art. 4 BV gewährleisteten Minimalansprüche respektiert wurden ( BGE 111 Ia 166 E. a). Im Submissionsverfahren zur Vergebung von Arbeiten ist die in der Berechtigung am Verfahren gründende Legitimation vorbehältlich abweichender kantonaler Regelung nicht generell gegeben. Die staatsrechtliche Beschwerde ist vielmehr nur dann zulässig, wenn Submissionsbestimmungen verletzt werden, die (vollumfänglich oder teilweise) den Schutz der unmittelbaren Interessen der Bewerber bezwecken: Einzig in dem Umfang, in dem die Behörde solche Vorschriften anwendet, besteht eine nach Art. 84 OG anfechtbare Verfügung und ist die Beschwerdelegitimation des Bewerbers nach Art. 88 OG gegeben ( BGE 106 Ia 327 E. 3c). Ob eine Submissionsbestimmung (auch) dem Schutz der unmittelbaren Interessen der Bewerber dient, ist durch Auslegung zu ermitteln. Wird die Frage bejaht, so ist auf die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der betreffenden Verfahrensvorschrift - bei im übrigen gegebenen Voraussetzungen - einzutreten. 2. a) Im Kanton Graubünden ist das Submissionswesen in der Verordnung des Grossen Rates vom 28. Mai 1919 über das Submissionswesen (teilrevidiert am 1. Oktober 1982; im folgenden BGE 115 Ia 76 S. 80 SubV) geregelt. Art. 9 Abs. 2 SubV bestimmt, dass nachträgliche Angebote nicht mehr angenommen und berücksichtigt werden dürfen. ... b) Die Beschwerdeführer rügen eine willkürliche Anwendung der Verfahrensbestimmungen der SubV, insbesondere von Art. 9 Abs. 2. Diese Bestimmung dient in erster Linie einem geordneten Verfahrensablauf zur Ermittlung der richtigen, durch das öffentliche Interesse gebotenen Wahl durch die Submissionsbehörde. Daneben bezweckt sie aber nach Wortlaut und Sinn auch den Schutz der unmittelbaren Interessen der einzelnen Bewerber, indem diese vor nachträglichen Angeboten geschützt werden und ohne weiteres die Ausscheidung verspäteter Offerten verlangen können. Die vorgebrachte Rüge ist im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren also zu hören.
public_law
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
d9752249-0935-4eb0-af70-9477c2fda7c0
Urteilskopf 86 I 310 44. Auszug aus dem Urteil vom 18. November 1960 i.S. Perrin gegen Eidg. Volkswirtschaftsdepartement.
Regeste Art. 3 Abs. 1 UB. Für die Aufteilung eines Unternehmens auf die bisherigen Teilhaber ist eine Bewilligung erforderlich.
Erwägungen ab Seite 311 BGE 86 I 310 S. 311 Aus den Erwägungen: 2. Die Frage, ob die Aufteilung eines Unternehmens der Uhrenindustrie zwischen den bisherigen Teilhabern als Eröffnung neuer Unternehmungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 UB anzusehen und daher der Bewilligungspflicht unterstellt sei, ist in BGE 79 I 102 und im Urteil vom 11. Dezember 1953 i.S. Struss, E. 1, offen gelassen worden. Seither wurde sie dem Bundesgericht nicht mehr vorgelegt. BGE 80 I 221 betrifft nicht den gleichen Tatbestand, sondern die Abspaltung eines Teils des bisherigen Unternehmens durch den einzigen Inhaber zugunsten einer von ihm zu diesem Zwecke gegründeten Aktiengesellschaft; hier wurde die Bewilligungspflicht bejaht, weil ein Teil eines bestehenden Unternehmens von einem neu geschaffenen übernommen wurde. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt (E. 3), das Uhrenstatut sehe einen einzigen Fall vor, in welchem die Übernahme keiner Bewilligung bedarf, nämlich die Übernahme "mit Aktiven und Passiven" (Art. 3 Abs. 1 letzter Satz UB), d.h. den Fall, wo das Unternehmen in seiner Gesamtheit auf den Erwerber übertragen wird. Der klare Text schliesse die Ausdehnung auf andere Fälle aus, insbesondere auch auf die Übertragung nur eines Teils des Unternehmens, selbst wenn dadurch der Produktionsapparat nicht vergrössert wird. Diese Erwägung gilt auch für den heute vorliegenden Tatbestand der Aufteilung eines Unternehmens unter seine Teilhaber. Auch wenn von diesen zusammen alle Aktiven und Passiven übernommen werden, geht das Unternehmen doch nicht in seiner Gesamtheit auf sie über; es geht vielmehr unter, und an seine Stelle treten neue Unternehmungen. Mit Recht weist das eidg. Volkswirtschaftsdepartement darauf hin, dass die damit verbundene Aufspaltung des Fabrikationsrechts, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Veräusserung der Unternehmen, einen wirtschaftlichen Vorteil bietet; damit wächst auch die Gefahr des Eindringens ungeeigneter BGE 86 I 310 S. 312 Elemente in die Uhrenindustrie auf diesem Wege. Die Ausnahmebestimmung von Art. 3 Abs. 1 am Ende UB, die für einen ganz bestimmten Fall die Bewilligungspflicht verneint, darf deshalb nicht auf jenen davon verschiedenen Tatbestand ausgedehnt werden. Die Aufteilung eines bestehenden Unternehmens auf seine Teilhaber ist vielmehr als Eröffnung neuer Unternehmungen zu behandeln, wofür es einer Bewilligung bedarf.
public_law
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
d9753432-9921-4704-8bfb-f842ebc7cccf
Urteilskopf 135 V 473 54. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause G. contre Office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud (recours en matière de droit public) 9C_475/2009 du 23 octobre 2009
Regeste Art. 61 lit. g ATSG ; Art. 68 Abs. 1 BGG ; Parteientschädigung und Rechtsschutzversicherung. Ist eine versicherte Person durch einen Anwalt einer Rechtsschutzversicherung vertreten, hat sie im Falle des Obsiegens sowohl für das Verfahren vor Bundesgericht als auch für das kantonale Verfahren Anspruch auf eine Parteientschädigung. Die Frage der Entschädigungsberechtigung fällt nicht in die kantonale Zuständigkeit und betrifft nicht die Anwendung einer kantonalrechtlichen Norm, sofern die minimalen bundesrechtlichen Verfahrensvorschriften ( Art. 61 lit. g ATSG ) ein Recht auf Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren beinhalten (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 474 BGE 135 V 473 S. 474 A. Par décision du 1 er mai 2007, l'Office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud (ci-après: l'OAI) a refusé à G. l'octroi de toute rente ou mesure professionnelle. Représenté par DAS Protection juridique SA (ci-après: la DAS), l'assuré a recouru contre cette décision auprès du Tribunal des assurances du canton de Vaud. Le mémoire était signé, au nom de la DAS, par une personne titulaire du brevet d'avocat. Par jugement du 6 décembre 2007, le recours a été rejeté. G., toujours représenté par la DAS, a recouru contre ce jugement au Tribunal fédéral, lequel, dans le dispositif de l'arrêt rendu le 4 février 2009, a notamment prévu que "3. L'intimé versera au recourant la somme de 2'800 fr. (y compris la taxe à la valeur ajoutée) à titre de dépens pour l'instance fédérale" et que "4. Le Tribunal des assurances du canton de Vaud statuera sur les dépens pour la procédure de première instance, au regard de l'issue du procès de dernière instance". B. La Cour des assurances sociales du Tribunal cantonal vaudois ayant succédé, à partir du 1 er janvier 2009, au Tribunal cantonal des assurances, l'affaire lui a été transmise pour l'exécution du ch. 4 du dispositif de l'arrêt du Tribunal fédéral. Donnant suite à une interpellation de la cour cantonale, la DAS a répondu, le 16 mars 2009, que le contrat d'assurance protection juridique conclu par l'assuré ne prévoyait aucune franchise, ni participation aux frais à charge de BGE 135 V 473 S. 475 ce dernier pour les litiges couverts. En revanche, les conditions générales d'assurance prévoyaient que les participations aux frais obtenus par voie judiciaire ou transactionnelle, dont notamment les dépens, étaient acquises à la DAS. Par jugement du 25 mars 2009, la Cour des assurances sociales a prononcé que, pour la procédure de recours au Tribunal cantonal des assurances, il n'est pas alloué de dépens à G. C. G., représenté par la DAS, interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement dont elle demande l'annulation. Elle conclut, principalement, à ce que l'OAI soit condamné à verser à G. des dépens pour la procédure de première instance, la cause étant renvoyée à l'autorité judiciaire cantonale pour qu'elle statue sur la hauteur des dépens, et subsidiairement, à ce que le Tribunal fédéral fixe le montant des dépens. L'OAI et la Cour des assurances sociales concluent au rejet du recours, tandis que l'Office fédéral des assurances sociales a renoncé à se déterminer. Le recours a été admis. Erwägungen Extrait des considérants: 2. 2.1 En motivant le refus d'allouer des dépens à G. pour la procédure de recours en instance cantonale, la Cour des assurances sociales a d'abord relevé que le recourant ne doit pas supporter lui-même des frais d'avocat ou de représentant, ni d'autres frais directement liés à la procédure de recours cantonale. Elle a en outre considéré que la DAS n'avait pas mandaté un avocat pratiquant la représentation juridique au sens de l'art. 2 de la loi fédérale du 23 juin 2000 sur la libre circulation des avocats (loi sur les avocats, LLCA; RS 935.61) pour agir au nom de l'assuré. Le juge cantonal a ensuite relevé que, même en l'absence de frais d'avocat, il arrive que le Tribunal fédéral alloue des dépens pour l'instance fédérale à une partie représentée directement par son assurance protection juridique qui n'a pas elle-même mandaté un avocat. A son avis, on ne saurait toutefois déduire de ces arrêts que les tribunaux cantonaux doivent, dans le cadre du droit cantonal, allouer des dépens à une partie qui ne doit pas supporter de frais d'avocat ni d'autres frais. D'autres situations spéciales pouvaient se présenter, dans lesquelles le Tribunal fédéral avait rappelé, sous l'empire de l'ancienne loi fédérale BGE 135 V 473 S. 476 d'organisation judiciaire du 16 décembre 1943 (OJ; RS 3 521), qu'une solution particulière se justifiait pour les assurés recourants représentés par certaines associations ou organisations d'aide aux invalides ou aux personnes handicapées, voire à certains organismes analogues, ceci compte tenu des besoins financiers de ces organismes régis par le droit privé, lesquels tiraient généralement leurs ressources des cotisations ou du soutien financier de leurs membres ( ATF 126 V 11 ; ATF 122 V 278 ). Cependant, aucun motif d'appliquer cette jurisprudence par analogie dans l'affaire en cause n'était donné, puisqu'elle ne traite pas la question de la représentation par une assurance de protection juridique qui ne mandate pas un avocat. La Cour des assurances sociales a conclu que la définition de la notion de dépens de l' art. 61 let . g LPGA (RS 830.1) n'impose pas aux cantons d'allouer une indemnité à ce titre au recourant qui, représenté par son assurance de protection juridique, obtient gain de cause sans devoir participer aux frais de représentation ou de défense en justice. Enfin, l'instance cantonale a relevé que, pour le recourant personnellement, il est économiquement indifférent d'obtenir ou non l'allocation de dépens, puisqu'il n'a pas de frais à rembourser et qu'il s'est engagé contractuellement à céder à l'assureur les dépens éventuellement alloués. 2.2 Dans son recours, la DAS fait valoir que le jugement cantonal est constitutif d'une violation du droit fédéral, en particulier de l' art. 61 let . g LPGA. Elle considère qu'en matière d'assurance-invalidité, seul le droit fédéral définit les conditions dans lesquelles le recourant a droit à des dépens, l'allocation des dépens selon l' art. 61 let . g LPGA étant une obligation et non pas une simple faculté de l'autorité. Ainsi, lorsque l'assuré est représenté par des personnes qualifiées ou organismes dont le champ d'activité ressortit au droit privé et dont le financement repose sur des contributions de membres, celui-ci peut prétendre à des dépens. Selon l'argumentation du recourant, la notion de représentant qualifié doit être interprétée à la lumière du droit fédéral, et la jurisprudence rendue à propos de l' art. 68 LTF , d'après lequel le Tribunal fédéral décide, dans son arrêt, si et dans quelle mesure les frais de la partie qui obtient gain de cause sont supportés par celle qui succombe (al. 1), peut être appliquée par analogie. Or, le Tribunal fédéral avait reconnu à réitérées reprises, tant sous l'empire de l'OJ ( art. 159 OJ ) que de la LTF, la qualité de représentant qualifié aux assurances de protection juridique dont le champ d'activité ressortit au droit privé, tandis qu'il l'avait niée dans le cas d'une institution de droit public, l'organisme en question (l'Hospice général du BGE 135 V 473 S. 477 canton de Genève) ne tirant en l'occurrence pas ses ressources des cotisations ou du soutien financier de ses membres, mais essentiellement de subventions étatiques destinées à lui permettre de mener à bien sa fonction d'organisme d'assistance publique ( ATF 126 V 11 ). Le recourant conteste l'opinion de la juridiction de première instance dans la mesure où elle a refusé d'appliquer à son cas la jurisprudence du Tribunal fédéral des assurances, respectivement du Tribunal fédéral, en invoquant le fait que celle-ci ne traite pas la question de la représentation par une assurance de protection juridique qui ne mandate pas un avocat. Elle relève que le Tribunal cantonal des assurances du canton de Vaud a reconnu la qualité de mandataire qualifié à la DAS dans un autre jugement qui lui a été notifié postérieurement au jugement querellé, que cette qualité a par ailleurs été admise par le Tribunal fédéral en statuant sur l'octroi de dépens en application de l' art. 68 LTF dans de nombreux arrêts et que, par souci de cohérence, la qualité de mandataire qualifié ne peut être accordée sur la base de l' art. 68 LTF d'une part, mais être refusée sur celle de l' art. 61 let . g LPGA d'autre part. Enfin, le recourant ne conteste pas que les cantons sont libres de fixer le montant des dépens, mais considère néanmoins que la notion d'ayant-droit n'est pas de la compétence des cantons et que, en tout état de cause, celle-ci est limitée par les exigences du droit fédéral, plus particulièrement de l' art. 61 let . g LPGA. 3. 3.1 Dans un arrêt du 27 janvier 1992, l'ancien Tribunal fédéral des assurances avait jugé, en se fondant sur l' art. 159 OJ , qu'un assuré représenté par l'avocat d'une assurance de protection juridique et qui obtient gain de cause a droit à une indemnité de dépens (arrêt K 44/91 du 27 janvier 1992). Cette jurisprudence a été confirmée par un arrêt publié aux ATF 122 V 278 consid. 3e/aa p. 280, dans lequel il a été jugé qu'une partie représentée par l'Association suisse des invalides (ASI) et qui obtient gain de cause a droit à une indemnité de dépens, tant pour la procédure de recours fédérale que pour la procédure cantonale (arrêt du Tribunal fédéral des assurances I 80/95 du 12 juillet 1996 consid. 5, non publié in ATF 122 V 278 , mais in VSI 1997 p. 36). En revanche, le Tribunal fédéral des assurances a nié ce droit dans le cas publié aux ATF 126 V 11 consid. 2 ss p. 11 ss, puisqu'il s'agissait en l'occurrence d'une institution de droit public. Depuis lors, cette jurisprudence a été confirmée à maintes reprises, tant sous le régime de l' art. 159 OJ qu'en application de l' art. 68 LTF BGE 135 V 473 S. 478 (arrêts K 136/06 du 18 janvier 2008 consid. 6, non publié in ATF 134 V 72 ; C 284/05 du 25 avril 2006 consid. 3, non publié in DTA 2007 p. 46; C 154/04 du 12 juillet 2005 consid. 4 et I 333/03 du 9 septembre 2003 consid. 7; sous le régime de la LTF: arrêts 9C_853/2007 du 15 avril 2008 consid. 7, non publié in ATF 134 V 162 ; 8C_888/2008 du 14 août 2009 consid. 10 in fine; 8C_794/2008 du 29 janvier 2009 consid. 8; 8C_277/2008 du 4 décembre 2008 consid. 5 et 8C_370/2008 du 29 août 2008 consid. 5). Par ailleurs, il est arbitraire de refuser à une partie une indemnité à titre de dépens du seul fait qu'elle est au bénéfice d'une assurance de protection juridique ( ATF 117 Ia 295 consid. 3 p. 296 s.). 3.2 Contrairement à l'opinion de la Cour des assurances sociales, la notion d'ayant droit à des dépens n'est pas de la compétence des cantons et la présente contestation ne porte dès lors pas sur l'application d'une norme de droit cantonal. De plus, il est de jurisprudence constante que les garanties de procédure minimales ( art. 61 let . g LPGA) incluent un droit de la partie à l'obtention de dépens pour la procédure de première instance (cf. UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2009, n os 116 et 120-122 ad art. 61 LPGA ). Enfin, le raisonnement de la Cour des assurances sociales du canton de Vaud n'est pas convaincant dans la mesure où, dans son jugement, elle relève d'une part que la DAS n'avait pas mandaté un avocat pratiquant la représentation juridique au sens de l' art. 2 LLCA pour agir au nom de l'assuré et qu'il n'y avait dès lors aucun motif d'appliquer cette jurisprudence par analogie dans l'affaire en cause, mais d'autre part constate que le mémoire de recours en instance cantonale était signé, au nom de la DAS, par une personne titulaire du brevet d'avocat, en relevant par ailleurs, dans sa détermination du 14 août 2009, que la société représentant le recourant confie le suivi de ses dossiers à des juristes expérimentés ou titulaires du brevet d'avocat. 3.3 La cour cantonale a notamment considéré que, à la suite de l'entrée en vigueur de nouvelles règles de procédure cantonale, elle n'est pas liée par la jurisprudence exposée ci-dessus en raison du fait que, dans le cas d'espèce, le recourant n'était pas représenté par une personne qualifiée ou un organisme dont le champ d'activité ressortit au droit privé et dont la protection juridique est assurée par un avocat mandaté par cet organisme. Or, tel n'est pas le cas. En outre, les principes développés dans le cadre de l'OJ, applicables par analogie à l' art. 61 let . g LPGA et à l' art. 68 LTF , doivent être observés en BGE 135 V 473 S. 479 l'occurrence. Dans ces conditions, en refusant d'allouer des dépens à G. pour la procédure de première instance, le Tribunal cantonal des assurances a violé le droit fédéral. Le recours est dès lors bien fondé et le jugement cantonal doit être annulé.
null
nan
fr
2,009
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d978d792-4eef-44ba-81af-f68798502814
Urteilskopf 101 IV 303 69. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 20 novembre 1975 dans la cause B. contre C.
Regeste Art. 220 StGB . Entziehen und Vorenthalten von Unmündigen. 1. Entziehen oder Vorenthalten; Begriff (Erw. 2 und 3). 2. Wunsch und Wille des Unmündigen sind grundsätzlich nicht entscheidend, denn geschütztes Rechtsgut ist die Ausübung der elterlichen Gewalt und nicht die Freiheit des Unmündigen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 303 BGE 101 IV 303 S. 303 A.- Dans le cadre d'une procédure de divorce divisant les époux B., le Président du Tribunal du district de Nyon, par ordonnance de mesures provisoires du 5 juin 1974, maintenue en appel le 29 août 1974, a confié à l'épouse la garde des quatre enfants, dont X., née le 17 février 1961. Le 15 août 1974, l'enfant X. a quitté le domicile de sa mère et s'est rendue seule en France, chez sa grand-mère paternelle C. Au moment de son départ, elle a laissé à l'intention de sa mère une lettre pour lui faire part de son intention de ne plus vivre auprès d'elle. En cours d'enquête, elle a déclaré vouloir rester auprès de sa grand-mère. Cette dernière, de son côté, a affirmé qu'elle ne s'opposerait nullement à un éventuel départ de X., si elle désirait rentrer chez sa mère, et qu'elle l'y aiderait au besoin. Elle a toutefois refusé de donner suite à une sommation du Juge informateur de la Côte de renvoyer l'enfant sans délai au domicile maternel. Elle estime en effet qu'étant Française, tout comme X. (en fait cette enfant est, pour la Suisse, de nationalité suisse), et résidant en territoire français, elle n'est pas liée par la décision d'une juridiction étrangère. Elle a par ailleurs engagé devant les autorités françaises une procédure en vue de se voir attribuer la puissance paternelle sur X. BGE 101 IV 303 S. 304 B.- Le 14 novembre 1974, B. a déposé plainte pour infraction à l'art. 220 CP contre son mari et contre C. notamment. Le premier étant décédé le 14 mars 1975, l'action pénale le concernant s'est éteinte. Le 18 juin 1975, le Juge informateur a renvoyé C. devant le Tribunal de police de Nyon comme accusée d'enlèvement de mineur. Statuant sur le recours de C. le 1er août 1975, le Tribunal d'accusation du Tribunal cantonal du canton de Vaud a réformé l'ordonnance du Juge informateur et mis C. au bénéfice d'un non-lieu. C.- B. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Elle conclut au renvoi de C. devant l'autorité de jugement. C. propose que le pourvoi soit rejeté. Erwägungen Considérant en droit: 1. La cour cantonale a considéré que les éléments constitutifs du délit d'enlèvement de mineur (art. 220 CP) n'étaient pas réunis à la charge de l'intimée, et cela parce que, d'une part, l'enfant s'étant rendue d'elle-même chez sa grand-mère, il n'y avait pas eu "soustraction" et que, d'autre part, l'intimée ayant déclaré et déclarant encore que si l'enfant exprimait le désir de retourner auprès de sa mère, elle ne s'y opposerait pas, il n'y aurait ainsi pas de "refus de remettre" l'enfant au détenteur de la puissance paternelle. 2. Se rend coupable d'enlèvement de mineur au sens de l'art. 220 CP celui qui aura soustrait ou refusé de remettre un mineur à la personne qui exerce la puissance paternelle ou la tutelle. Pour que le délit soit réalisé, c'est-à-dire pour qu'il y ait soustraction (Entziehen) ou refus de remettre (Vorenthalten), au sens de cette disposition, il faut un acte ou une omission qui empêche le détenteur de la puissance paternelle ou le tuteur de décider, ainsi que la loi l'y autorise, du sort du mineur, soit en particulier de son lieu de résidence, de son éducation, de ses conditions de vie (RO 91 IV 137; 80 IV 70 ). Il faut entendre par soustraction ou refus de remettre, que la personne mineure a été éloignée ou tenue éloignée du lieu de séjour ou de placement que le détenteur de la puissance paternelle ou le tuteur avait choisi, ou encore que le détenteur de la puissance paternelle ou le tuteur n'a plus libre accès à son enfant ou à son pupille et ne peut plus communiquer librement BGE 101 IV 303 S. 305 avec lui. L'acte, selon la jurisprudence, consiste en une séparation dans l'espace, sans qu'il y ait besoin de distinguer si c'est le mineur (avec ou sans son consentement) qui est tenu éloigné du détenteur de la puissance paternelle ou du tuteur ou si c'est l'inverse. Il suffit donc que l'exercice de la puissance paternelle ou de la tutelle soit directement entravé par l'éloignement du mineur de son lieu de séjour ou de placement ou par un obstacle qui ne le rend plus librement accessible, pour que l'acte tombe sous le coup de l'art. 220 CP (RO 99 IV 270 consid. 1b). 3. Au vu de cette jurisprudence, qui repose sur un examen approfondi de la question et qu'il n'y a pas lieu de revoir, les éléments retenus par la cour cantonale pour nier la réalisation de l'infraction par l'intimée ne sont pas déterminants et sont partant impropres à justifier un non-lieu. Premièrement, le fait que l'enfant ait quitté le domicile maternel spontanément ne constitue pas un élément excluant la soustraction. L'entrave à l'exercice de la puissance paternelle ne recouvre pas nécessairement la seule notion de l'enlèvement et du déplacement de l'enfant mineur dans l'espace. Il est en effet possible de soustraire au détenteur de la puissance paternelle un mineur qui ne se trouve déjà plus sous sa maîtrise de fait. L'acte est alors constitué lorsque l'auteur empêche la personne mineure d'être (à nouveau) soumise à l'autorité de l'ayant droit (RO 99 IV 271 consid. 2a). Ensuite, l'affirmation de l'intimée selon laquelle elle ne s'opposerait pas à ce que sa petite-fille retourne chez sa mère si elle le désirait n'est nullement déterminante. Le désir, l'accord ou la volonté du mineur est sans signification pour l'application de l'art. 220 CP (cf. STRATENWERTH II, p. 402; ainsi que, mais de façon implicite, l'ensemble de la partie I de l'arrêt RO 99 IV 266 ss; l'arrêt non publié Bettex et Dénéréaz, du 20 novembre 1953), tout au moins lorsque, comme en l'espèce, il a moins de 14 ans. Le bien protégé est alors l'exercice de la puissance paternelle - qui, selon le système du Code civil, ne tient généralement pas compte de la volonté du mineur - et non pas la liberté du mineur. 4. Comme l'argumentation et la décision de la cour cantonale reposent sur des éléments non déterminants et que le Tribunal cantonal ne se prononce ni ne dit rien des éléments qui sont essentiels quant à l'application de l'art. 220 CP, BGE 101 IV 303 S. 306 l'arrêt attaqué doit être annulé. Il incombera à l'autorité cantonale de prendre une nouvelle décision après avoir examiné ou fait examiner si les conditions posées par la jurisprudence rappelée plus haut sont ou non remplies, et en particulier si l'exercice de la puissance paternelle de la recourante a été entravé par des actes ou omissions de l'intimée quant au choix du lieu de séjour et de placement de l'enfant comme au libre accès de la mère à l'enfant. Etant donné que la cause n'en est qu'au stade de la clôture d'enquête, il n'y a pas lieu d'entrer plus avant dans l'appréciation du cas, qui incombe en premier lieu, tant en fait qu'en droit, aux autorités cantonales. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à la juridiction cantonale pour nouveau jugement dans le sens des considérants.
null
nan
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1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d984983e-ac11-483e-8c8d-abd8fdceee1f
Urteilskopf 111 II 421 84. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. November 1985 i.S. Schweizer Berghilfe, Schweizerische Vereinigung zugunsten cerebral gelähmter Kinder, Verein für das Alter, Schweizerisches Rotes Kreuz und Pro Infirmis gegen K., S. und M. (Berufung)
Regeste Erbschaftssteuern; Verzinsung von Vermächtnissen. Bei den Erbschaftssteuern der Erben handelt es sich trotz des Wortlauts von Art. 8 des Gesetzes des Kantons Bern über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 6. April 1919 um persönliche Schulden der Erben, die ohne ausdrückliche Anordnung des Erblassers nicht dem Nachlass belastet werden dürfen (E. 10). Bestimmt der Erblasser für die Ausrichtung von Vermächtnissen einen Verfalltag, so sind die Vermächtnisse von diesem Tag an ohne Mahnung von den Erben zu verzinsen. Wird kein Verfalltag genannt, so läuft die Zinspflicht erst von der Mahnung der Vermächtnisnehmer an (E. 12).
Sachverhalt ab Seite 421 BGE 111 II 421 S. 421 A.- Am 13. Juli 1966 errichtete Frau N. eine öffentliche letztwillige Verfügung, welche sie durch einen Berner Notar abfassen liess. Darin hielt sie fest: BGE 111 II 421 S. 422 "Mein letzter Wille ist folgender: 1. Ich stelle fest, dass ich keine pflichtteilsberechtigte Verwandte mehr habe. 2. Meine gesetzlichen Erben enterbe ich, falls sie nicht in den nachstehenden letztwilligen Verfügungen berücksichtigt sind. Als Erben setze ich ein: a) Den Sohn meiner verstorbenen Schwägerin, nämlich Herrn K., welcher 1/3 (einen Drittel) der Hälfte meines dereinstigen Nachlasses erhalten soll. Dem K. ist bei der Erbteilung meine Liegenschaft in Bern (exklusive Fahrnis, Bargeld, Bankbüchlein und Wertschriften) auf Rechnung seines Erbteiles zu den Schatzungswerten des Erbschaftsinventars anzuweisen und zu Eigentum zu übertragen. Ich meine damit den Verkehrswert der Liegenschaft, der dannzumal durch Fachleute zu ermitteln ist. b) Frau S. setze ich für 1/3 (einen Drittel) der Hälfte meines dereinstigen Nachlasses als Erbin ein. Sollte dieselbe vor mir sterben, so treten an ihre Stelle ihre Nachkommen. c) Herrn M. setze ich für 1/3 (einen Drittel) der Hälfte meines dereinstigen Nachlasses als Erbe ein. Ich verpflichte meine unter a, b und c erwähnten Erben, innert sechs Monaten nach meinem Tode folgende Vermächtnisse steuerfrei auszuzahlen." Unter Ziffer 1 bis 12 folgen zwölf betragsmässig festgesetzte Legate im Gesamtbetrag von Fr. 220'000.--. In Ziffer 13 verfügte die Erblasserin: "13. Nach Bezahlung aller Schulden, Steuern, Liquidationsspesen etc. ist das verbleibende Vermögen zu gleichen Teilen je folgenden Institutionen legatweise zukommen zu lassen: a) der Bergbauernhilfe; b) dem Verein für das cerebral gelähmte Kind; c) dem Verein für das Alter; d) dem Schweizerischen Roten Kreuz; e) der Pro Infirmis." Am 20. Oktober 1978 starb Frau N. Über ihren Nachlass wurde am 8. Mai 1979 ein notarielles Erbschaftsinventar aufgenommen. Darin standen den Aktiven im Gesamtbetrag von Fr. 4'844'849.40 Passiven mit Einschluss der Summenlegate und den entsprechenden Steuern in der Höhe von Fr. 295'601.40 gegenüber. B.- K., Frau S. und M. reichten beim Appellationshof des Kantons Bern gegen die Schweizerische Berghilfe, die Schweizerische Vereinigung zugunsten cerebral gelähmter Kinder, den Verein für das Alter, das Schweizerische Rote Kreuz und die Pro Infirmis Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die Kläger die alleinigen Erben der am 20. Oktober 1978 verstorbenen Frau N. seien. Die Beklagten beantragten die Rückweisung, eventuell BGE 111 II 421 S. 423 die Abweisung der Klage und verlangten widerklageweise, die Kläger seien zu verpflichten, ihnen die im Testament umschriebenen Vermächtnisse in gerichtlich zu bestimmender Höhe auszurichten. Am 15. Mai 1984 fällte der Appellationshof ein Urteil, in welchem die als die alleinigen Erben der Frau N. festgestellten Kläger und Widerbeklagten verurteilt wurden, den Beklagten und Widerklägern die ihnen gemäss Ziffer 2/13 der letztwilligen Verfügung vom 13. Juli 1966 zustehenden Vermächtnisse durch den Miterben und Willensvollstrecker M. innert einer Frist von sechs Monaten ab Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zukommen zu lassen. Der Appellationshof stellte fest, dass die Aktiven des Nachlasses Fr. 4'887'549.40 betragen, und ordnete an, dass diese Aktiven in zwei Hälften zu teilen seien, wobei eine Hälfte Fr. 2'443'774.70 ausmache. Die erste Hälfte falle unbelastet an die Kläger als Erben. Von der zweiten Hälfte habe der Willensvollstrecker die Legate gemäss Ziffer 2/1-12 der letztwilligen Verfügung vom 13. Juli 1966 und die darauf geschuldeten Erbschaftssteuern, sämtliche Schulden der Erbschaft inklusive die von der Erblasserin noch geschuldeten Steuern sowie allfällige Nach- und Strafsteuern, ferner die Erbschaftssteuern der Kläger und Erben sowie sämtliche mit der Liquidation der Erbschaft zusammenhängenden Kosten zu bezahlen. Was nach Abzug dieser Auslagen von der zweiten Nachlasshälfte noch übrigbleibe, habe der Willensvollstrecker den fünf als Beklagte und Widerkläger im Prozess stehenden Institutionen zu gleichen Teilen als Barlegate auszurichten. C.- Gegen das Urteil des Appellationshofs vom 15. Mai 1984 erhoben sowohl die Kläger und Widerbeklagten als auch die Beklagten und Widerkläger beim Bundesgericht Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung der Kläger und Widerbeklagten ab, soweit darauf einzutreten ist, und heisst die Berufung der Beklagten und Widerkläger teilweise gut, soweit ebenfalls darauf einzutreten ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 10. In Ziffer 2 des Testaments vom 13. Juli 1966 verpflichtete Frau N. ihre Erben, die nachfolgend aufgeführten Vermächtnisse innert sechs Monaten nach Eröffnung des Erbgangs steuerfrei auszuzahlen. Dazu gehören einmal die in Ziffer 2/1-12 aufgeführten Summenlegate, wobei den Vermächtnisnehmern die genannte BGE 111 II 421 S. 424 Legatsumme in vollem Umfang zukommen soll, was zur Folge hat, dass die nach kantonalem Steuerrecht die Vermächtnisnehmer bzw. die Erben treffenden Erbschaftssteuern aus dem Nachlass und zwar aus der zweiten Nachlasshälfte vorweg zu begleichen sind. Was die in Ziffer 2/13 des Testaments aufgeführten fünf Vermächtnisnehmer anbetrifft, so sind diesen nicht bestimmte Beträge auszurichten, sondern der Überrest der Nachlassaktiven, nach Begleichung sämtlicher Nachlasspassiven, d.h. der Erbschafts- und Erbgangsschulden, somit auch der allenfalls noch unbezahlten Steuern der Erblasserin. Hinzu kommen sicher auch die Erbschaftssteuern für die Summenvermächtnisnehmer. Unklarheit besteht dagegen bezüglich der Frage, ob nach dem Willen der Erblasserin die die drei Erben treffenden Erbschaftssteuern in gleicher Weise vorweg aus dem Nachlass zu begleichen seien, wie sie das ausdrücklich für die Summenlegate angeordnet hat, wo von Steuerfreiheit die Rede ist. Die Vorinstanz hat diese Frage im angefochtenen Urteil bejaht. Sie hat aus der Wendung im Testament, dass "nach Bezahlung aller Schulden, Steuern, Liquidationsspesen etc." das verbleibende Vermögen zu gleichen Teilen den in Ziffer 2/13 erwähnten Institutionen zukommen soll, geschlossen, dass mit "allen Steuern" nicht nur diejenigen der Erblasserin und der Vermächtnisnehmer, sondern auch die von den Erben auf ihren Erbteilen geschuldeten Erbschaftssteuern gemeint seien. Die Beklagten betrachten diese Argumentation als bundesrechtswidrig. Sie machen insbesondere geltend, dass die Belastung des Nachlasses mit den auf die Erben persönlich entfallenden Erbschaftssteuern einer besonderen Anordnung der Erblasserin bedurft hätte, da dies nicht der Regel entspreche. Eine solche besondere Willenskundgebung könne aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht darin erblickt werden, dass die Erblasserin als Überrest der Nachlassaktiven bezeichnet habe, was "nach Bezahlung aller Schulden, Steuern, Liquidationsspesen etc." an Nachlassvermögen verbleibe. Mit "Steuern" seien vielmehr die Steuern der Erblasserin pro rata Todestag gemeint, nicht hingegen die Erbschaftssteuern der Erben. Diese Kritik der Beklagten am vorinstanzlichen Urteil ist berechtigt. Tatsächlich ist die Belastung des Nachlasses mit den persönlichen Erbschaftssteuerschulden der Erben so ungewöhnlich, dass der Nachweis eines entsprechenden Erblasserwillens nicht allein damit erbracht werden kann, in der letztwilligen Verfügung BGE 111 II 421 S. 425 seien auch Steuern erwähnt. Eine derart weitgehende und aller Regel widersprechende Konsequenz lässt sich aus dem doch recht nachlässig redigierten Testament nicht ziehen. Dass sich die Erblasserin des Umstandes, dass auf den Erbteilen bzw. den Vermächtnissen Erbschaftssteuern geschuldet waren, durchaus bewusst war, ergibt sich gerade daraus, dass sie ausdrücklich bestimmte, die Summenvermächtnisse seien steuerfrei auszuzahlen. Im übrigen spricht die Erblasserin nur im Abschnitt über die Vermächtnisse von den Steuern. Auch dies deutet darauf hin, dass damit nur die Steuern für die Legate und allenfalls noch die von der Erblasserin selber geschuldeten Steuern gemeint waren. Hätte es hingegen dem Willen der Erblasserin entsprochen, dass auch die persönlichen Erbschaftssteuern der Erben dem Nachlass belastet werden sollten, so hätte dies in gleich eindeutiger Weise angeordnet werden müssen, wie dies zugunsten der Vermächtnisnehmer geschehen ist. Nachdem dies nicht der Fall ist und auch keine zusätzlichen Anhaltspunkte für eine solche Lösung sprechen, ist anzunehmen, dass für die Erben nicht das gleiche gelten soll wie für die Vermächtnisnehmer. An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass gemäss Art. 8 des bernischen Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 6. April 1919 die Erbschaftssteuer auf der Erbschaft als solcher lastet und die Erben für den ganzen zu entrichtenden Steuerbetrag bis zur Höhe ihres eigenen Erbteils haften. Es wird von keiner Seite bestritten, dass es sich dabei vom Zivilrecht aus gesehen trotzdem nicht um Erbschafts- bzw. Erbgangsschulden handelt, sondern vielmehr um persönliche Schulden der Erben. Für die Auslegung einer letztwilligen Verfügung ist aber die Betrachtungsweise des Bundesprivatrechts massgebend, die mit jener des kantonalen öffentlichen Rechts nicht in allen Teilen übereinstimmen muss, wie der vorliegende Fall zeigt. Diesen Gesichtspunkt hat auch der Erblasser bei der Abfassung eines Testaments zu berücksichtigen. Nach dem Ausgeführten kann der Vorinstanz insofern nicht gefolgt werden, als sie der zweiten Nachlasshälfte auch die den Erben anfallenden Erbschaftssteuern belastet hat. Die entsprechende Ziffer des Dispositivs des angefochtenen Urteils ist daher aufzuheben und die Berufung in diesem Sinne teilweise gutzuheissen. 12. Unter den Parteien ist auch streitig, von welchem Zeitpunkt an die den Beklagten zustehenden Vermächtnisse von den BGE 111 II 421 S. 426 Erben zu verzinsen seien. Der Appellationshof hat im angefochtenen Urteil darauf hingewiesen, dass dem Gesetz für Vermächtnisse kein bestimmter Verfalltag entnommen werden könne, so dass ein solcher von den Parteien festzulegen sei, wenn nicht der Erblasser einen Verfalltag bestimmt habe. Unter Hinweis auf ESCHER, N. 6 zu Art. 485 ZGB , nimmt die Vorinstanz an, zur Auslösung der Verzugsfolgen bedürfe es einer Mahnung. Da dem Testament von Frau N. hierüber nichts zu entnehmen sei, könne in der an der Verhandlung vom 2. Dezember 1981 als Hauptbegehren gestellten Widerklage eine Mahnung der Erben durch die Beklagten erblickt werden. Die den Beklagten nach Ziffer 2/13 des Testaments zustehenden Vermächtnisse seien daher ab 3. Dezember 1981 mit 5% zu verzinsen. Demgegenüber vertreten die Beklagten die Auffassung, dem Testament sei ein Verfalltag zu entnehmen, habe doch die Erblasserin bestimmt, die Vermächtnisse seien sechs Monate nach ihrem Tod auszurichten, weshalb der gesetzliche Verzugszins von 5% ab 20. April 1979 laufe. Nach der Lehre kann ein Erblasser in einer letztwilligen Verfügung den Zeitpunkt bestimmen, von dem an die Erben den Vermächtnisnehmern einen Verzugszins zu bezahlen haben. Uneinigkeit besteht in der Lehre nur über die Frage, ob der Erblasser die Bezahlung eines Verzugszinses auch schon anordnen kann, bevor die Erben die Erbschaft angenommen haben bzw. nicht mehr ausschlagen können (vgl. ESCHER, Zur Frage der Verzinslichkeit von Vermächtnisforderungen, SJZ 77 (1981), S. 198; ESCHER, N. 10 zu Art. 562 ZGB ; TUOR/PICENONI, N. 10 zu Art. 562 ZGB ; PIOTET, Erbrecht, Schweiz. Privatrecht, Bd. IV/1, S. 135, je mit Hinweisen). Hinsichtlich der in Ziffer 2/1-12 des Testaments aufgeführten Summenlegate kann es daher keinem Zweifel unterliegen, dass die Erblasserin mit der ausdrücklichen Anweisung an die Erben, diese Vermächtnisse sechs Monate nach ihrem Tod auszurichten, einen Verfalltag festgelegt hat, von dem an ohne Mahnung Verzugszinsen zu bezahlen sind. Fraglich ist dagegen, ob dasselbe auch für die Vermächtnisse gemäss Ziffer 2/13 der letztwilligen Verfügung gelten soll, hat doch die Erblasserin bestimmt, dass diese Legate erst nach Bezahlung aller Schulden, Steuern, Liquidationsspesen etc. auszurichten seien. Die Auszahlungspflicht der Erben sechs Monate nach dem Tode der Erblasserin bezieht sich nach dem Wortlaut des Testaments zwar auch auf die Vermächtnisse zugunsten der Beklagten. Doch musste sich die Erblasserin im klaren sein, dass angesichts des Umfanges ihres BGE 111 II 421 S. 427 Nachlasses dessen Abwicklung und damit auch die betragsmässige Festlegung der Vermächtnisse in Ziffer 2/13 auf den Überrest der Nachlassaktiven einige Zeit in Anspruch nehmen werde, auf jeden Fall mehr als sechs Monate seit dem Erbanfall. Es ist daher davon auszugehen, dass sich diese Auszahlungsfrist sinngemäss nicht auf die letztgenannte Kategorie von Vermächtnissen beziehen kann, sondern für deren Auszahlung nach dem Willen der Erblasserin eine zusätzliche angemessene Zeitspanne zur Verfügung stehen soll. Vom Ergebnis her ist es daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz die Auslösung des Verzugszinses von einer Mahnung der Begünstigten abhängig gemacht hat; denn weder lässt sich dem Testament bezüglich der umstrittenen Vermächtnisse ein Verfalltag entnehmen, noch ist ein gesetzlicher Verfalltag gegeben (vgl. BGE 82 II 441 ; anderer Meinung ESCHER, a.a.O., SJZ 77 (1981), S. 198), so dass eine Mahnung erforderlich war. Der Appellationshof war der Auffassung, dass eine Mahnung der Beklagten erst in der an der Verhandlung vom 2. Dezember 1981 als Hauptbegehren gestellten Widerklage auf Ausrichtung der Legate erblickt werden könne, während die im Schriftenwechsel bloss subeventuell erhobenen Widerklagebegehren dazu nicht genügen würden. Der Vorinstanz ist insofern beizupflichten, als die Mahnung als Aufforderung an den Schuldner, eine fällige Forderung zu begleichen, bedingungslos sein sollte, damit sie nicht wiederum zu einer ungebührlichen Unsicherheit über den Leistungstermin führt (VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II S. 137). Die Beklagten machen nun geltend, mit dem Wechsel vom subeventuellen Widerklagebegehren vom 13. Oktober 1980 zum Hauptbegehren vom 2. Dezember 1981 habe sich nichts am Antrag der Beklagten geändert, die Klage zurückzuweisen und im Falle des Eintretens auf die Klage diese abzuweisen. In dieser Hinsicht hat sich tatsächlich an der Geltendmachung der umstrittenen Vermächtnisansprüche nichts geändert. Indessen trat durch diesen Wechsel dennoch insofern eine Änderung ein, als die Widerklage verselbständigt und damit vom Schicksal der Klage unabhängig wurde. Dieser Unterschied ist aber bedeutend genug, um nur die verselbständigte Widerklage als Mahnung im Sinne der gemäss Art. 7 ZGB anwendbaren Bestimmungen des OR gelten zu lassen, so dass eine solche am 2. Dezember 1981 erfolgt ist, wie die Vorinstanz angenommen hat. Im übrigen wäre bei der bedingten Mahnung als bestimmbarer und zumutbarer Zahlungstermin frühestens der Eintritt der Bedingung BGE 111 II 421 S. 428 zuzulassen. Ein solcher Termin wäre hier aber erst nach der Verselbständigung der Widerklage gegeben, mit der die Beklagten unabhängig von einem zukünftigen ungewissen Ereignis auf der Ausrichtung der umstrittenen Vermächtnisse bestanden haben.
public_law
nan
de
1,985
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d9884bb3-b940-41cc-ae5a-df5ee5bb0588
Urteilskopf 90 IV 246 52. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1964 i.S. Bressan gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau.
Regeste Art. 18 Abs. 3, 229 Abs. 2 StGB. Fahrlässige Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde. 1. Bauwerk im Sinne von Art. 229 StGB ist jede bauliche oder technische Anlage, die mit Grund und Boden verbunden ist. 2. Dass die Gefährdung unmittelbar vom Bauwerk selber ausgehe, ist nicht erforderlich (Erw. 1a). 3. Fahrlässiges Verhalten eines Baumeisters, der einen Hofplatz ausbaggern lässt, ohne sich zuvor zu vergewissern, ob sich Leitungen in der Erde befänden, und der den Arbeitern für den Fall, dass sie eine Leitung beschädigten, auch keine Weisungen erteilt. 4. Art. 229 Abs. 2 StGB setzt nicht voraus, dass der Täter sich der Gefährdung von Leib und Leben von Menschen bewusst sei (Erw. 1b). 5. Adäquater Kausalzusammenhang zwischen den Unterlassungen des Baumeisters und den Folgen eines Gasleitungsbruches (Erw. 1c und 2 b). 6. Fahrlässige Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen ( Art. 239 Ziff. 2 StGB ). Zum Betrieb eines Gaswerkes gehört das gesamte Verteilungsnetz (Erw. 2 a).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 90 IV 246 S. 247 A.- Bressan ist Inhaber eines Baugeschäftes in Arbon. Im Frühjahr 1962 beauftragte ihn von Niederhäusern, der an der Bahnhofstrasse in Neukirch die Wirtsstube und Metzgerei "Zum Rössli" betrieb, einen Teil seines Hofplatzes zu teeren. Am 17. Juli 1962, als die Familie von Niederhäusern und ihre Angestellten in den Ferien weilten, begann die Firma Bressan mit den Erdarbeiten. Bressan wies Stadelmann an, den Hofplatz entlang der Strasse 50-60 und im übrigen etwa 45-50 cm tief auszubaggern. Er ersuchte ihn, dabei auf einen in der Erde befindlichen Oeltank und die dazugehörige Leitung aufzupassen; von weitern Leitungen sagte er ihm nichts. Am folgenden Tag gegen 10.00 Uhr stiess Stadelmann mit dem Baggerlöffel auf eine nur wenige Dezimeter unter der Erdoberfläche liegende Gasleitung. Er liess sie freilegen und stellte fest, dass er die zum Hause führende Leitung leicht verkrümmt hatte. Dass er sie zugleich innerhalb der Kellermauer abgebrochen hatte und das Gas nun frei ins Haus einströmen konnte, entging ihm. Als ihm etwas später ein Arbeiter zurief, es rieche nach Gas, schaute er die Leitung nochmals an, ohne jedoch den Gasaustritt zu bemerken. Hierauf beendigte er den Aushub und fuhr weg. In der Nähe der Arbeitsstelle bat er einen Lastwagenführer der Firma Bressan, dem Meister auszurichten, dass er beim BGE 90 IV 246 S. 248 "Rössli" auf eine Gasleitung gestossen sei und sie mit dem Baggerlöffel leicht erwischt habe. Als Bressan davon hörte, begab er sich nach Neukirch. Unterdessen hatte sich im Hause von Niederhäuserns bereits eine gefährliche Menge Gas angesammelt. Kurz nach 11.00 Uhr kam es im Keller zufolge Funkenwurfs eines automatischen Schalters zu einer heftigen Explosion, durch die das Haus fast vollständig zerstört und 26 benachbarte Häuser zum Teil erheblich beschädigt wurden. Eine Radfahrerin auf der Bahnhofstrasse wurde von herabfallenden Trümmern getroffen und tötlich verletzt. Zwei Arbeiter, die sich noch auf der Baustelle befanden, wurden mehrere Meter weggeschleudert, kamen aber mit dem Schrecken davon. B.- Das Bezirksgericht Arbon erklärte Bressan unter anderem der fahrlässigen Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde ( Art. 229 Abs. 2 StGB ) sowie der fahrlässigen Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen ( Art. 239 Ziff. 2 StGB ), schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 1000.-- Stadelmann sprach es frei. Bressan legte gegen seine Verurteilung Berufung ein, die das Obergericht des Kantons Thurgau am 8. September 1964 abwies. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Erwägungen Aus der Erwägungen: 1. - Gemäss Art. 229 Abs. 2 StGB wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer bei der Leitung oder Ausführung eines Bauwerkes die anerkannten Regeln der Baukunde fahrlässig ausser acht lässt und dadurch Leib und Leben von Menschen gefährdet. Der Beschwerdeführer bestreitet, diesen Tatbestand erfüllt zu haben. a) Nach dem angefochtenen Urteil hat Bressan die Leitung der Bauarbeiten selber übernommen. Das erhellt vor allem daraus, dass er dem Baggerführer auf dem Platze auseinandersetzte, wie er vorzugehen habe, und ihm BGE 90 IV 246 S. 249 Weisungen über die zunächst vorzunehmenden Erdarbeiten erteilte. Der Beschwerdeführer stellt dies mit Recht nicht in Abrede. Er macht dagegen geltend, dass von einem Bauwerk keine Rede sein könne. Der Beschwerdeführer verkennt, dass Art. 229 StGB den Ausdruck in einem umfassenden Sinne verwendet. Die Gesetzesmaterialien lassen darüber keinen Zweifel offen (Prot. 2 Exp. Kom. Bd. 4 S. 98). Bauwerk im Sinne des Gesetzes ist demnach jede bauliche oder technische Anlage, die mit Grund und Boden verbunden ist. Gemeint sind namentlich alle Arten von Hoch- und Tiefbauten, wie Häuser, Bahnen, Strassen, Kanäle und dergleichen, aber auch blosse Teile solcher Bauten, sofern sie mit diesen oder mit dem Erdboden fest verbunden sind (z.B. Brücken, Tunnelle, Leitungen, Treppen, Aufzüge usw.). Der von der Firma Bressan anzulegende Hofplatz stellte nach Planung und Beschaffenheit eine solche bauliche Anlage dar. Die Leitung des Beschwerdeführers bezog sich somit auf die Errichtung eines Bauwerkes im Sinne von Art. 229 StGB . Für die Anwendung dieser Bestimmung genügt sodann, dass der Täter bei der Leitung oder Ausführung eines Bauwerkes eine Regel der Baukunde verletzt und dass zwischen seinem Fehler und der heraufbeschworenen Gefahr ein Zusammenhang besteht. Dass die Gefährdung unmittelbar vom Bauwerk selber ausgehe, ist entgegen der Annahme des Beschwerdeführers nicht erforderlich (vgl. HAFTER, Bes. Teil II 518 ff.; SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, 2. Auflage, S. 441). b) Der Beschwerdeführer hat die Aushubarbeiten auf dem Hofplatz angeordnet, ohne sich zuvor zu vergewissern, ob ausser der Oelzufuhr sich noch weitere Leitungen in der Erde befänden. Das war ein grober Verstoss gegen eine elementare Regel der Baukunde. Der Beschwerdeführer hat in seiner Einvernahme vor Bezirksamt denn auch anerkannt, dass es ein Fehler war, sich nicht nach weitern Leitungen erkundigt zu haben, und dass er für diese Unterlassung keine Entschuldigung angeben könne. Zu rechtzeitigen BGE 90 IV 246 S. 250 Nachforschungen hätte er umsomehr Anlass gehabt, als er eine schwere Baumaschine einsetzte und den Hofplatz in einer Breite von 8 m und teils bis gegen 60 cm tief ausbaggern liess. Dass er die Gasleitung in einem andern Teil des Hausplatzes vermutet und zudem angenommen haben will, sie läge in mindestens 80 cm Tiefe, befreit ihn nicht. Ein kurzer Augenschein im Keller hätte genügt, um sich über Verlaufund Tiefenlage der Leitung ein Bild zu machen. Dazu kommt, dass es sich nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz um eine bereits im Jahre 1914 erstellte Leitung handelte, die Richtlinien für die Verlegung von Gasleitungen aber erst seit 1959 eine Erdüberdeckung von mindestens 80 cm vorschreiben. Als Baumeister musste er auch mit ältern Leitungen rechnen, die diesen Vorschriften nicht entsprachen. Ein Fehler war es auch, den Arbeitern für den Fall, dass sie eine Leitung beschädigten, keinerlei Weisungen zu erteilen. Obschon es nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers selbst dann, wenn der Verlauf von Leitungen zum vorneherein feststeht, immer wieder zu Beschädigungen kommt, überliess er es dem Gutfinden der Arbeiter, was gegebenenfalls vorzukehren war. Das war pflichtwidrig unvorsichtig. Der Beschwerdeführer glaubt zwar, dem Vorwurf mit dem Einwandentgehen zu können, das Ausbaggern des Bodens'in dem sich Leitungen befänden,sei nicht verboten; die Gefahr, mit Baumaschinen Leitungen zu beschädigen, werde sowohl vom Bauherrn wie vom Unternehmer in Kauf genommen, weil dabei bloss Schäden an Leitungen, nicht aber Gefahren für Leib und Leben von Menschen drohten. Der vorliegende Fall beweist jedoch gerade das Gegenteil. Der Einwand zeugt zudem von einem bedenklichen Mangel an Pflichtgefühl. Wer einen gefährlichen Zustand schafft, ist nach ständiger Rechtsprechung ( BGE 66 II 117 , BGE 71 II 113 , BGE 79 II 69 ) verpflichtet, die durch die Umstände gebotenen Vorsichtsmassnahmen zu treffen. Als Baumeister hätte er dafür sorgen sollen, dass die Arbeiter gehörig unterrichtet und im Falle eines Leitungsschadens vorbereitet BGE 90 IV 246 S. 251 waren. Hätte Stadelmann die beschädigte Gasleitung nicht nur im Freien, sondern auch innerhalb der Kellermauer kontrolliert, oder zumindest den verdächtigen Gasgeruch sogleich gemeldet, so hätte die Katastrophe sehr wohl vermieden werden können. Dass der Beschwerdeführer über einen erfahrenen Baggerführer verfügte, ändert nichts. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieses Arbeiters enthob ihn nicht seiner eigenen Sorgfaltspflicht. Dem Beschwerdeführer hilft auch nicht, dass er sich der Gefährdung von Leib und Leben von Menschen nicht bewusst gewesen sein will. Das Fehlen dieses Bewusstseins steht der Anwendung des Art. 229 Abs. 2 StGB nicht im Wege. Fahrlässigkeit, wie sie in Art. 18 Abs. 3 StGB umschrieben ist, schliesst aus, dass der Täter andere wissentlich in Gefahr bringt. Warum jener Bestimmung ein anderer Begriff der Fahrlässigkeit zugrunde liegen sollte als dieser, ist nicht zu ersehen (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 30. Mai 1952 i.S. Ferrini undBGE 76 IV 247). Nach Art. 18 Abs. 3 StGB aber genügt, dass der Beschwerdeführer überhaupt die Möglichkeit der Gefährdung eines Menschens als Folge seines pflichtwidrigen Verhaltens nach den Umständen und seinen persönlichen Verhältnissen voraussehen konnte. Das ist zu bejahen. Bressan hätte bedenken sollen, dass durch die Aushubarbeiten Menschenleben in Gefahr gebracht werden könnten, wenn Leitungen vorhanden wären und er die Arbeiter nicht darauf aufmerksam machte. Ob er hätte bedenken können und sollen, dass die Ereignisse sich gerade so abspielen würden, wie sich sie dann zugetragen haben, ist unerheblich ( BGE 79 IV 170 f.). c) Nach dem angefochtenen Urteil war die Explosion samt ihren Folgen auf die Verletzung von Regeln der Baukunde zurückzuführen. Der natürliche Kausalzusammenhang ist damit für den Kassationshof verbindlich festgestellt. Zu bejahen ist aber auch die Rechtserheblichkeit der Ursachenfolge. Das grob pflichtwidrige Verhalten Bressans war nach den Erfahrungen des Lebens und dem gewöhnlichen BGE 90 IV 246 S. 252 Lauf der Dinge geeignet, zum tatsächlich eingetretenen Erfolg zu führen. Dass die Gasleitung nicht bloss äusserlich beschädigt, sondern zerrissen wurde, als sie der schwere Baggerlöffel erfasste, war eine höchst natürliche Folge der Gewalteinwirkung. Das gleiche gilt vom Umstand, dass die Leitung nicht im Freien, sondern innerhalb der Kellermauer abbrach, wo sie abgewinkelt war und zudem eine Muffe aufwies; denn dort leistete sie der Einwirkung den grössten Widerstand. Ein Leitungsbruch lag unter den gegebenen Umständen umso näher, als es sich um eine bereits im Jahre 1914 verlegte Röhre handelte. Der übrige Verlauf der Dinge, nämlich das Ausströmen des Gases, die Bildung eines zündfähigen Gemisches innerhalb des Hauses und die Zündung durch einen automatischen Schalter, entsprach ebenfalls physikalischen Gesetzen. Die Erfahrung zeigt, dass bei Gas die kleinste Unaufmerksamkeit schwerwiegende Folgen zeitigen kann. Die Arbeiter waren offensichtlich überrascht, als sie auf die Gasleitung stiessen. Sie sahen sich dadurch unerwartet vor eine ungewohnte Lage gestellt, die nicht eingetreten wäre, wenn der Beschwerdeführer sie pflichtgemäss darauf aufmerksam gemacht oder wenigstens gehörig unterrichtet hätte, was gegebenenfalls zu tun sei. Angesichts der eigenen Sorglosigkeit Bressans erscheint das zögernde Verhalten der Arbeiter nicht als etwas Aussergewöhnliches, womit schlechterdings nicht hätte gerechnet werden können, wie auch das vorübergehende Hinnehmen eines leichten Gasgeruches durch den Baggerführer nicht ausserhalb normalen Geschehens fällt. Ob vorauszusehen war, dass sich die Ereignisse bis in alle Einzelheiten genau so abwickeln würden, wie sie sich tatsächlich abgewickelt haben, ist für den rechtserheblichen Kausalzusammenhang sowenig von Belang wie für das Verschulden ( BGE 81 IV 255 , BGE 84 IV 64 , BGE 86 IV 155 , BGE 87 IV 159 ). Der Beschwerdeführer ist deshalb zu Recht wegen fahrlässiger Gefährdung im Sinne von Art. 229 Abs. 2 StGB verurteilt worden. BGE 90 IV 246 S. 253 2. - a) Das gleiche gilt von seiner Verurteilung gemäss Art. 239 Ziff. 2 StGB . Hätte der Beschwerdeführer die Regeln der Baukunde beachtet, so wäre der Betrieb des Gaswerkes nicht gestört worden. Die Störung ist darin zu erblicken, dass die Gasleitung beschädigt wurde und dass deswegen eine Menge Gas verloren ging. Sie erhellt zudem daraus, dass gemäss den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts das Gas für ein ganzes Quartier abgestellt werden musste, um die Leitung wieder instandstellen zu können. Dass bloss die Zuleitung zum Hause von Niederhäuserns beschädigt wurde, ändert nichts. Zum Betrieb eines Gaswerkes gehört nicht nur die Hauptleitung, wie der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, sondern das gesamte Verteilungsnetz. Der vorliegende Fall zeigt denn auch, dass die Gasversorgung einer Ortschaft schon durch den Bruch einer Nebenleitung erheblich gestört werden kann. b) Dass die Leitung nicht vonihm selber, sondern von Stadelmann beschädigt worden ist, hilft dem Beschwerdeführer nicht; die Störung in der Gasversorgung ist gleichwohl dem Bressan als Leiter der Bauarbeiten zuzurechnen. Der Beschwerdeführer verkennt auch hier, dass seine Unterlassungen nicht die alleinige oder unmittelbare Ursache der Störung zu sein brauchten. Für die Anwendung des Art. 239 Ziff. 2 StGB genügt, dass das pflichtwidrige Verhalten des Beschwerdeführers jedenfalls Mitursache der Beschädigung und damit der Betriebsstörung war. Nur wenn das Vorgehen Stadelmanns ausserhalb normalen Geschehens gelegen hätte, so dass damit unmöglich hätte gerechnet werden können, würde es am rechtserheblichen Kausalzusammenhang zwischen den Fehlern des Beschwerdeführers einerseits und den eingetretenen Folgen des Leitungsbruches anderseits fehlen ( BGE 68 IV 19 , BGE 77 IV 181 Erw. 3). Davon aber kann, wie bereits ausgeführt worden ist, keine Rede sein.
null
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d989da2d-1835-44e1-baca-f9dbe9f5678e
Urteilskopf 122 III 92 18. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. Januar 1996 i.S. B. L. und A. L. gegen Erbengemeinschaft R. H. (Berufung)
Regeste Mietvertrag; Ausweisungsverfahren ( Art. 274g OR ); Endentscheid ( Art. 48 Abs. 1 OG ). Endentscheid im Ausweisungsverfahren ( Art. 48 Abs. 1 OG ). Wann richtet sich das Ausweisungsverfahren nach der bundesrechtlichen Verfahrensvorschrift von Art. 274g OR , wann nach kantonalem Recht (E. 2)?
Sachverhalt ab Seite 93 BGE 122 III 92 S. 93 Seit 1985 betreibt B. L. in der Liegenschaft K. in Luzern als Mieterin ein Coiffeurgeschäft. Zum Mietobjekt gehören die Ladenlokalitäten im Erdgeschoss, Räumlichkeiten im ersten und zweiten Obergeschoss sowie ein Kellerraum. Im Jahre 1992 trat der Ehemann von B. L. dem Mietvertrag als Solidarschuldner bei. Aufgrund verschiedener Vorkommnisse (Nachtruhestörungen, Polizeieinsätze, Matratzenbrand) ermahnten die Vermieter die Mieter mit Schreiben vom 30. März 1995 und forderten sie auf, Rücksicht auf die Mitmieter zu nehmen, Störungen zu unterlassen sowie für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Nachdem am 20. April 1995 die Stadtpolizei Luzern erneut ausrücken musste, kündigten die Vermieter am 25. April 1995 das Mietverhältnis auf den 31. Mai 1995. Die Mieter fochten diese Kündigung nicht an, verblieben aber weiterhin im Mietobjekt. Mit Gesuch vom 26. Juni 1995 verlangten die Vermieter vor dem Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern Stadt die Ausweisung der Mieter. Mit Entscheid vom 31. Juli 1995 stellte der Amtsgerichtspräsident die rechtsgültige Auflösung des Mietverhältnisses fest. Er wies die Mieter unter Androhung der polizeilichen Vollstreckung an, das Mietobjekt innert zehn Tagen seit Rechtskraft des Urteils zu verlassen. Auf Rekurs der Mieter bestätigte die I. Kammer des Obergerichts des Kantons Luzern am 29. September 1995 das angefochtene Urteil. Sie wies die Mieter an, das Mietobjekt bis zum 20. Oktober 1995 zu räumen. Gleichzeitig ermächtigte sie die Vermieter, die Ausweisung polizeilich vollstrecken zu lassen, sollten die Mieter die Räumlichkeiten nicht fristgemäss verlassen. Das Bundesgericht ist auf die Berufung nicht eingetreten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz haben die Mieter die ausserordentliche Kündigung nicht selbständig innerhalb der Fristen von Art. 273 OR angefochten, sondern den Einwand der Unwirksamkeit erstmals im Ausweisungsverfahren erhoben. Die Mieter machen geltend, sie seien nicht BGE 122 III 92 S. 94 verpflichtet gewesen, die Kündigung anzufechten. Es genüge, wenn sie deren Wirksamkeit im Ausweisungsverfahren bestritten. Der Ausweisungsrichter habe den Einwand so oder anders umfassend zu prüfen. Sein Entscheid sei daher berufungsfähig. a) Die Berufung ist - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - erst gegen Endentscheide der oberen kantonalen Gerichte zulässig ( Art. 48 Abs. 1 OG ). Ein berufungsfähiger Endentscheid liegt vor, wenn das kantonale Gericht materiell in der Sache entscheidet. Ein solcher Entscheid verbietet endgültig, dass der gleiche Anspruch zwischen den gleichen Parteien nochmals geltend gemacht wird ( BGE 111 II 463 E. 1a). b) Die Bezeichnung der Behörden und die Ausgestaltung des Verfahrens fallen auch im Mietrecht grundsätzlich in die Zuständigkeit der Kantone ( Art. 64 Abs. 3 BV , Art. 274 OR ). Dazu gehört ebenfalls die Regelung des Ausweisungsverfahrens als Teil des Zivilprozessrechts ( BGE 119 II 141 E. 4a). Die Kantone sind frei, die Ausweisung dem ordentlichen, beschleunigten oder summarischen Verfahren zuzuweisen. Ebenso sind sie frei, einem Ausweisungsbegehren definitiven oder nur vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren. Ob ein Ausweisungsentscheid berufungsfähig ist, hängt demnach von der Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens ab. Ein berufungsfähiger Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG liegt vor, wenn der Ausweisungsrichter endgültig urteilt und der streitige Anspruch nicht Gegenstand eines weiteren Verfahrens bilden kann ( BGE 116 II 381 E. 2, BGE 119 II 241 E. 3). Dies gilt etwa für den zürcherischen Ausweisungsentscheid ( § 222 Ziff. 2 ZPO /ZH). Ihm kommt unbeschränkte Rechtskraftwirkung zu ( BGE 103 II 247 E. 1, BGE 104 II 216 E. 2c und 3). Nicht berufungsfähig ist demgegenüber der Ausweisungsentscheid, welcher - wie etwa im bernischen Recht ( Art. 326 ZPO /BE) - bloss als einstweilige Verfügung ergeht. Er hat provisorischen Charakter. Der streitige Anspruch kann noch dem ordentlichen Richter unterbreitet werden ( BGE 104 II 216 E. 2). c) Die Rechtsetzungsbefugnis der Kantone wird indessen dort eingeschränkt, wo das Bundesrecht selbst prozessuale Vorschriften festsetzt. Eine solche Ausnahmebestimmung findet sich für das mietrechtliche Verfahren namentlich in Art. 274g OR . Sie enthält für das Ausweisungsverfahren prozessuale Sondervorschriften. Ficht der Mieter eine ausserordentliche Kündigung an und ist ein Ausweisungsverfahren hängig, ist nach Art. 274g Abs. 1 OR der BGE 122 III 92 S. 95 Ausweisungsrichter auch zuständig, über die Wirkung dieser Kündigung zu entscheiden. Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist unter anderem, dass zwei Verfahren hängig sind, nämlich einerseits ein Anfechtungs- und anderseits ein Ausweisungsverfahren. Diesfalls hat der Ausweisungsrichter beide Begehren umfassend zu beurteilen. Es liegt insoweit eine bundesrechtliche Kompetenzattraktion vor. Diese soll verhindern, dass mehrere Verfahren vor verschiedenen Behörden durchgeführt werden müssen, und dient damit der beförderlichen Erledigung von mietrechtlichen Auseinandersetzungen ( BGE 117 II 554 E. 2c S. 557). Der Entscheid des Ausweisungsrichters nach Art. 274g OR hat daher in einem vollständigen Erkenntnisverfahren zu ergehen. Ihm kommt von Bundesrechts wegen materielle Rechtskraft zu ( BGE 117 II 554 E. 2d S. 559, 118 II 302 E. 4, BGE 119 II 141 E. 4). d) Die Rechtsprechung des Bundesgerichts unterscheidet zwischen nichtigen und unwirksamen Kündigungen einerseits sowie gültigen, allenfalls aber missbräuchlichen anderseits. Die missbräuchliche Kündigung ist innerhalb der Frist von Art. 273 OR anzufechten. Wird ihre Missbräuchlichkeit nicht fristgemäss geltend gemacht, ist der Einwand verwirkt. Demgegenüber ist eine Kündigung unwirksam, wenn ihre materiellen Voraussetzungen fehlen. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Kündigung wegen einer Sorgfaltspflichtverletzung ausgesprochen wird, die tatsächlich nicht vorliegt. Eine unwirksame oder wirkungslose Kündigung kann ebenfalls nach Art. 273 OR angefochten werden. Es besteht hiezu jedoch keine Obliegenheit. Der unbenützte Fristablauf führt nicht zur Wirksamkeit der Kündigung. Wer eine Kündigung für unwirksam hält, kann sie folglich entweder nach Art. 273 OR anfechten oder mit dem Einwand zuwarten, bis der Vermieter das Ausweisungsverfahren einleitet ( BGE 121 III 156 E. 1c S. 160). Ob eine unwirksame Kündigung nach Art. 273 OR angefochten oder der Einwand erst in einem allfälligen Ausweisungsverfahren erhoben wird, hat indessen verfahrensrechtliche Konsequenzen. Im ersten Fall kommt Art. 274g OR zur Anwendung. Der Ausweisungsrichter hat demzufolge sowohl die Kündigungsanfechtung als auch das Ausweisungsbegehren endgültig und mit voller Kognition zu beurteilen. Sein Entscheid ist von Bundesrechts wegen materieller Rechtskraft fähig und daher berufungsfähig. Im zweiten Fall - der Einwand der unwirksamen Kündigung wird erst im Ausweisungsverfahren erhoben - richtet sich das Verfahren nach kantonalem Recht, doch kann der BGE 122 III 92 S. 96 Mieter im Ausweisungsfahren nicht mehr geltend machen, die Kündigung sei missbräuchlich und verstosse gegen Treu und Glauben. Ob ein solcher Ausweisungsentscheid sodann berufungsfähig ist, hängt nach dem Gesagten (E. 2b hievor) von der Ausgestaltung des kantonalen Verfahrens ab. e) Die Luzerner Zivilprozessordnung stellt für die Mieterausweisung bei gegebenen Voraussetzungen das Befehlsverfahren zur Verfügung ( § 226 ZPO /LU). Solchen Entscheiden kommt nur beschränkte Rechtskraft zu ( § 238 lit. b ZPO /LU). Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz haben die Mieter die Kündigung nicht nach Art. 273 OR angefochten, sondern den Einwand der Unwirksamkeit erstmals im Ausweisungsverfahren erhoben. Es fehlt daher am Erfordernis zweier Verfahren, weshalb die bundesrechtliche Verfahrensvorschrift von Art. 274g OR nicht zur Anwendung kommt. Folglich richtet sich das Verfahren ausschliesslich nach kantonalem Recht. Das Obergericht lässt den Einwand der unwirksamen Kündigung im Befehlsverfahren bundesrechtskonform zu, macht die Abweisung des Ausweisungsbegehrens allerdings davon abhängig, dass die Mieter ihre Vorbringen gegen die Kündigung glaubhaft machen können. Es verletzt damit kein Bundesrecht, wenn es den Einwand nach Massgabe des kantonalen Rechts nur mit beschränkter Kognition prüft. Da dem Ausweisungsentscheid nach luzernischem Recht nur beschränkte Rechtskraft zukommt und der Anspruch dem ordentlichen Richter unterbreitet werden kann ( § 238 lit. b ZPO /LU), ist der angefochtene Entscheid somit kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG . Auf die Berufung ist daher nicht einzutreten.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
d9917496-def1-4ae4-ba65-170be113db1c
Urteilskopf 114 II 265 47. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Oktober 1988 i.S. M. SA gegen B. AG (Berufung)
Regeste Art. 4 des schweizerisch-französischen Gerichtsstandsvertrags. Örtliche Unzuständigkeit des schweizerischen Richters für die Beurteilung einer Schadenersatzklage des schweizerischen Vermieters mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz gegen den französischen Mieter mit Wohnsitz oder Sitz in Frankreich aus der Miete eines in der Schweiz noch zu erstellenden Hotels.
Sachverhalt ab Seite 266 BGE 114 II 265 S. 266 A.- Am 14. Juli 1987 klagte die B. AG mit Sitz in Basel beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die in Frankreich domizilierte M. SA auf Ersatz von Fr. 555'414.-- Projektierungskosten, die der Klägerin in Erfüllung eines mit der Beklagten am 16. April 1986 abgeschlossenen Mietvertrags über ein in Wallisellen noch zu erstellendes Hotel entstanden und wegen Vertragsbruchs der Beklagten nutzlos geworden seien. Mit Beschluss vom 2. Februar 1988 wies das Handelsgericht die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit ab, welche die Beklagte gestützt auf den Vertrag zwischen der Schweiz und Frankreich über den Gerichtsstand und die Vollziehung von Urteilen in Zivilsachen vom 15. Juni 1869 (SR 0.276.193.491, nachstehend Gerichtsstandsvertrag) erhoben hatte. B.- Die Beklagte führt gegen diesen Beschluss beim Bundesgericht Berufung mit dem Rechtsbegehren, auf das klägerische Rechtsbegehren sei mangels örtlicher Zuständigkeit nicht einzutreten; eventuell sei der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut und tritt auf die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Vorinstanz und Parteien gehen zutreffend davon aus, dass sich die örtliche Zuständigkeit des schweizerischen Richters zur Beurteilung der vorliegenden Streitigkeit zwischen einer schweizerischen und einer französischen Gesellschaft über obligatorische Ansprüche nach den Regeln des Gerichtsstandsvertrags bestimmt, BGE 114 II 265 S. 267 die dem Landesrecht vorgehen ( BGE 93 II 197 E. 4). Der streitige Art. 4 des Vertrags enthält nach der für die Auslegung massgebenden französischen Originalfassung die folgende, zwingende ( BGE 80 II 392 f. E. a; DUTOIT/KNOEPFLER ET AL., a.a.O. S. 60 N. 215) Gerichtsstandsbestimmung: "En matière réelle ou immobilière, l'action sera suivie devant le tribunal du lieu de la situation des immeubles. Il en sera de même dans le cas où il s'agira d'une action personnelle concernant la propriété ou la jouissance d'un immeuble." Das Handelsgericht qualifiziert die eingeklagte Forderung auf Ersatz des negativen Vertragsinteresses als obligatorischen, am schweizerischen forum rei sitae zu beurteilenden Anspruch im Sinne des zweiten Satzes von Art. 4, da die Klägerin ihre Forderung aus dem Mietvertrag über eine noch zu erstellende Liegenschaft in Wallisellen herleite; die Beklagte macht geltend, es werde nicht um ein Benutzungsrecht, sondern um die Erfüllung einer rein persönlichen Verpflichtung auf Zahlung eines Geldbetrags gestritten, die weder das Eigentum der Klägerin noch ein Benutzungsrecht im eigentlichen Sinn zum Gegenstand habe, weshalb gemäss Art. 1 des Gerichtsstandsvertrags der französische Richter am Sitz der Beklagten zuständig sei. 3. Die Auslegung des Gerichtsstandsvertrags richtet sich zunächst nach seinem Wortlaut. Bei der Ermittlung des Rechtssinns der Norm sind sodann Gegenstand und Zweck des Vertrags zu berücksichtigen, die sich aus dessen Entstehungsgeschichte und dem Kontext ergeben können, in dem sich die streitige Vorschrift befindet ( BGE 113 II 362 E. 3 vor a mit Hinweisen). a) Der Wortlaut des streitigen zweiten Satzes von Art. 4 ist so umfassend wie unbestimmt. Danach können beim Richter am Ort der gelegenen Sache obligatorische Ansprüche eingeklagt werden, sofern sie die Benutzung ("jouissance") von Immobilien betreffen. Dass die Benutzung nicht auf Nutzniessung i.e.S. beschränkt ist, sondern auch den durch Mietvertrag begründeten Gebrauch umfasst, geht bereits aus dem gleichzeitig mit der Vertragsunterzeichnung erstellten Erläuternden Protokoll zu Art. 4 Satz 2 hervor (SR 0.276.193.491), wo es heisst (Abs. 2): "Man wollte hiemit den Fall vorsehen, wo ein Schweizer, der in Frankreich, oder ein Franzose, der in der Schweiz Grundeigentum hat, gerichtlich belangt wird, sei es durch Unternehmer, welche Reparaturen an dem Grundstücke ausgeführt haben, sei es durch einen in seinen Vertragsrechten beeinträchtigten Mieter, sei es endlich durch andere BGE 114 II 265 S. 268 Personen, die, ohne Rechte an dem Grundstücke selbst geltend zu machen, gegen dessen Eigentümer als solchen persönliche Rechte ansprechen." Dass Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags nach dem Wortlaut auf die hier zur Beurteilung stehenden obligatorischen Ansprüche anwendbar ist, kann indessen angesichts der Unbestimmtheit der Formulierung, die weit mehr persönliche Klagen am Belegenheitsort zulässt, als die am Vertragsabschluss Beteiligten geahnt haben (PILLET, Les conventions internationales, S. 106), nicht entscheidend sein, zumal sich die Rechtsprechung zum Gerichtsstandsvertrag seit jeher über den Wortlaut hinwegsetzen musste, um brauchbare Ergebnisse zu erzielen (SCHNITZER, Handbuch, Bd. II, S. 910). Immerhin weist der französische Wortlaut von Art. 4 Satz 2 im Gegensatz zur deutschen Fassung, welche "la jouissance d'un immeuble" mit "Benutzungsrechten an Immobilien" übersetzt, darauf hin, dass der Bestand von solchen Rechten allein nicht unbedingt ausreicht, um den vorausgesetzten Bezug zur gelegenen Sache zu begründen; der Begriff der "jouissance" umfasst sowohl das Benutzungsrecht als solches wie dessen Ausübung. b) Die Entstehungsgeschichte des Gerichtsstandsvertrags zeigt, dass dieser namentlich Schweizer ohne genügenden Bezug zu Frankreich davor schützen sollte, von einem Franzosen vor französischen Gerichten eingeklagt zu werden, die vor 1869 ihre Zuständigkeit ohne weiteres bejaht, vorgeladen und häufig in contumaciam zum Nachteil von Schweizern geurteilt hatten. Inskünftig sollte ein Schweizer nicht "mit vielen Kosten und Zeitaufwand zuerst einen Prozess vor dem unnatürlichen Richter im fremden Lande führen" müssen, "um dort für die Anerkennung seines natürlichen Richters zu kämpfen" (Botschaft zum neuen Staatsvertrag mit Frankreich betreffend zivilrechtliche Verhältnisse vom 28. Juni 1869, BBl 1869 II S. 481 f.; zur Bedeutung der Botschaft als "seul commentaire officiel ... en l'absence de procès-verbal de négociations" DROIN, A propos d'un centenaire, in: Recueil de travaux publié à l'occasion de l'assemblée de la Société suisse des juristes, Genf 1969, S. 38 Fn. 7). Dieses Ziel wurde insbesondere verwirklicht durch die Pflicht zur Zuständigkeitsprüfung von Amtes wegen (Art. 11 des Gerichtsstandsvertrags sowie Erläuterndes Protokoll), durch die Beseitigung von Sondergerichtsständen und den umfassenden Grundsatz ( BGE 93 II 197 f. E. 5), dass Streitigkeiten zwischen Schweizern und Franzosen über bewegliche Sachen und persönliche Ansprüche vor dem "natürlichen" Richter BGE 114 II 265 S. 269 am Wohnsitz, Sitz oder Aufenthalt des Beklagten auszutragen sind (Art. 1 Abs. 1 des Gerichtsstandsvertrags), soweit der Vertrag selbst keinen besonderen Gerichtsstand vorsieht (GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, S. 125 Ziff. 2; MEILI, Das internationale Zivilprozessrecht, S. 326; FLATTET, Un traité centenaire, in: Revue critique de droit international privé, 58/1969, S. 579 und 589 f.). Die Sondergerichtsstände im Gerichtsstandsvertrag sind dem Vertragszweck entsprechend als Ausnahmen vom Grundsatz des Wohnsitzrichters und damit restriktiv auszulegen. Das gilt insbesondere für die in Art. 4 Satz 2 erwähnten persönlichen Klagen, die im Gegensatz zu den dinglichen Klagen aus Immobiliarsachenrecht an sich unter Art. 1 Abs. 1 des Gerichtsstandsvertrags fallen (E. CURTI, Der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend den Gerichtsstand und die Urteilsvollziehung vom 15. Juni 1869, Diss. Zürich 1879, S. 73). Auch wenn das Erläuternde Protokoll zu Art. 4 die Fälle der vom Richter am Belegenheitsort zu beurteilenden persönlichen Ansprüche nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung und überwiegender Lehre nicht abschliessend aufzählt ( BGE 45 I 80 f.; DUTOIT/KNOEPFLER ET AL., a.a.O. S. 59 N. 209; CURTI, a.a.O. S. 73, AUJAY, Etudes sur le traité franco-suisse, S. 424, PILLET, a.a.O. S. 105, A. ESCHER, Neuere Probleme aus der Rechtsprechung zum französisch-schweizerischen Gerichtsstandsvertrag, Diss. Zürich 1937, S. 81; für abschliessende Aufzählung hingegen ROGUIN, Conflits des lois suisses, S. 696 Nr. 562), zeigt es doch, dass der Wille der vertragsschliessenden Staaten darauf gerichtet war, diesen Gerichtsstand nur in besonderen Fällen zuzulassen ( BGE 80 II 393 ; ESCHER, a.a.O.). Dass die vorliegende Klage des schweizerischen Vermieters gegen den französischen Mieter auf Ersatz des negativen Interesses aus einem Mietvertrag über ein in der Schweiz zu erstellendes Hotel nicht einem im Erläuternden Protokoll ausdrücklich genannten Fall entspricht, schliesst somit die Zuständigkeit des Schweizer Richters gemäss Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags nicht schlechthin aus. Als Ausnahmevorschrift ist die Bestimmung jedoch mit Zurückhaltung anzuwenden. Damit dem Schweizer Richter nicht der gleiche Vorwurf gemacht werden kann wie seinerzeit den französischen Gerichten vor 1869, ist für die Zuständigkeit am Belegenheitsort in der Schweiz zu fordern, dass zwischen der Beklagten und dem geplanten Mietobjekt in Wallisellen BGE 114 II 265 S. 270 ein ausreichender Bezug besteht, der an Intensität den im Erläuternden Protokoll genannten Fällen gleichkommt und es deshalb rechtfertigt, den eingeklagten obligatorischen Anspruch trotz des Sitzes der Beklagten in Frankreich durch den schweizerischen Richter beurteilen zu lassen. c) Im einzelnen begründet die Klägerin ihren Anspruch damit, die Beklagte sei gemäss Ziffer 14 des beidseitig unterzeichneten Mietvertrags vom 16. April 1986 im Zeitpunkt des Vertragsschlusses verpflichtet gewesen, zur Sicherstellung der ersten beiden Jahresmietzinse eine Bankgarantie von 2,3 Mio. Franken zu leisten. Weiter habe eine Verpflichtung der Mieterin bestanden, die zum Betrieb des geplanten Hotels als IBIS-Hotel erforderliche IBIS-Franchise zu erlangen. Beiden Obliegenheiten sei die Beklagte trotz Ansetzung einer Nachfrist gemäss Art, 107 OR auf den 6. März 1987 nicht nachgekommen. Folglich habe sie den Mietvertrag gebrochen und sei gehalten, die Klägerin finanziell in die gleiche Lage zu versetzen, wie wenn vom Vertrag nie die Rede gewesen wäre. Zu ersetzen seien namentlich die Aufwendungen für nutzlose Planungsarbeiten und Bewilligungsverfahren. aa) In BGE 45 I 76 sah das Bundesgericht von den im Erläuternden Protokoll genannten Voraussetzungen des Grundeigentums im anderen Staat sowie der Beklagteneigenschaft des Grundeigentümers ab und bejahte im Vollstreckungsverfahren die Zuständigkeit der französischen Gerichte am Belegenheitsort, die den schweizerischen Pächter eines in Frankreich gelegenen landwirtschaftlichen Guts zum Ersatz des dem französischen Eigentümer, Verpächter und Kläger aus Vertragsbruch entstandenen Schadens verurteilt hatten. Entscheidend für die über das Erläuternde Protokoll hinausgehende Auslegung von Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags war die Erwägung, dass die Durchführung des Prozesses am Belegenheitsort namentlich das Beweisverfahren erleichtere (a.a.O. S. 81). Der Bezug des schweizerischen Beklagten zu Frankreich erschöpfte sich allerdings nicht im Abschluss eines Pachtvertrags über ein französisches Grundstück, was sowohl die Vorinstanz als auch die Klägerin übersehen. Der schweizerische Pächter hatte das am 15. Februar 1914 auf die Dauer bis zu neun Jahren gepachtete Landgut vom 25. März 1914 bis unmittelbar nach Ausbruch des ersten Weltkriegs auch tatsächlich bewirtschaftet. Um wie im vorliegenden Fall nie ausgeübte obligatorische Rechte ging es demgegenüber im von der Beklagten angerufenen BGE 114 II 265 S. 271 BGE 80 II 390 . Dort verneinte das Bundesgericht denn auch den in Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags vorausgesetzten Bezug des persönlichen Anspruchs zum Belegenheitsort in Frankreich und bejahte die Zuständigkeit des schweizerischen Richters. Schweizerische Eigentümer von französischen Grundstücken hatten gegen eine schweizerische und eine französische Gesellschaft auf Schadenersatz aus Vertrag zu Lasten einer zur Nutzung der Wasserkraft des Doubs noch zu gründenden, dann aber nicht gegründeten Drittgesellschaft geklagt ( Art. 111 OR ). Mit der Klage sollten die Kläger so gestellt werden, als hätte die Drittgesellschaft von den Beklagten die ihnen durch die Kläger eingeräumte Kaufoption übernommen und in Ausübung dieser Option auf den fraglichen Grundstücken ein Elektrizitätswerk errichtet. Einerseits mit Rücksicht auf den Grundsatz des natürlichen Richters und anderseits in Anlehnung an ein Urteil der Cour de cassation vom 13. Februar 1906 gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass persönliche Klagen im Sinne von Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags die "propriété ou ... jouissance proprement dites" von Immobilien zum Gegenstand haben müssten; das Vorliegen von Ansprüchen "nées à l'occasion d'un immeuble" genüge nicht. Der eingeklagte Schadenersatz sei ein rein vertraglicher Anspruch ohne "incidence sur la propriété ou la jouissance des immeubles" ( BGE 80 II 393 f. E. a). Die Anlehnung an die höchstrichterliche französische Rechtsprechung bestätigt, dass es nach der schweizerischen Rechtsprechung für die Zuständigkeit des Richters am Belegenheitsort nicht genügen kann, dem im anderen Staat domizilierten Vertragspartner obligatorische, in Zukunft auszuübende Benutzungsrechte an zu erstellenden Mietobjekten einzuräumen; vielmehr muss zumindest die Möglichkeit bestehen oder wenigstens vor Klageerhebung einmal bestanden haben, das Benutzungsrecht auch tatsächlich auszuüben. Im noch heute massgebenden (DALLOZ, Répertoire de droit international, Bd. I., Paris 1968, Compétence civile et commerciale, Nr. 168) Urteil vom 13. Februar 1906 hat die Cour de cassation den Gerichtsstand am Belegenheitsort für Preisforderungen aus Liegenschaftskauf mit der Begründung verneint, dass sich der Käufer vor jeder Benutzung der Liegenschaft zur Preiszahlung verpflichte ("... l'engagement pris dans un acte de vente par l'acquéreur d'un immeuble d'en payer le prix est antérieur à ... toute jouissance ..."; DALLOZ, Jurisprudence générale, 1907, Première partie, S. 130; sodann CURTI, a.a.O. S. 73, AUJAY, a.a.O. S. 425 Nr. 325, BGE 114 II 265 S. 272 PILLET, a.a.O. S. 106, ESCHER, a.a.O. S. 84 je mit Hinweisen auf weitere französische Urteile unterer Instanzen). Was für die im Hinblick auf die Ausübung des Eigentums als intensivster Rechtsbeziehung zu einer Sache eingegangenen Vertragspflichten gilt, muss um so mehr gelten, wenn es wie im vorliegenden Fall um obligatorische Benutzungsrechte geht. bb) Als Folge eines gescheiterten Mietverhältnisses und damit bloss "nées à l'occasion d'un immeuble" sind die eingeklagten Ansprüche nach den Grundsätzen von BGE 80 II 390 rein vertraglicher Natur und ohne Bezug zur "jouissance", wie sie Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags voraussetzt. Grundlage der Schadenersatzforderung ist nicht die Benutzung oder die Möglichkeit dazu, sondern die Gewissheit, dass die Beklagte das Mietobjekt nie benutzen wird. Dass der Klägerin im Hinblick auf die erwartete Benutzung Aufwendungen entstanden sind, ersetzt die für die Begründung des forum rei sitae notwendige Mindestanforderung, dass das eingeräumte obligatorische Recht ausgeübt werden kann, nicht. Ob dessen tatsächliche Ausübung die Klage des Mieters bereits zu einer "action immobilière" im Sinne von Art. 4 Satz 1 des Gerichtsstandsvertrags werden liesse oder ob die Zuständigkeit des Richters am Belegenheitsort auch in diesem Fall aufgrund von Art. 4 Satz 2 gegeben wäre, kann vorliegend offenbleiben. Auch gebietet es kein sachlicher Grund, den schweizerischen Kläger für die Klage auf Zahlung des Kaufpreises eines Grundstücks in der Schweiz an den französischen Richter und für eine Klage auf Ersatz des negativen Interesses wie die vorliegende an den schweizerischen Richter zu verweisen. Die in BGE 45 I 81 entscheidende Praktikabilitätserwägung der grösseren Sachnähe des Richters am Belegenheitsort liesse auch für die Kaufpreisklage das forum rei sitae als geeigneter erscheinen, wenn der Käufer die Zahlung etwa wegen Gegenansprüchen aus Sachgewährleistung verweigert. Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags enthält keine Regel des Inhalts, dass derjenige Richter zuständig ist, der den Prozess nach den Umständen des konkreten Falls mit dem geringeren Aufwand durchführen kann. Im übrigen bedarf es keiner besonderen Sachnähe, um wie im vorliegenden Fall zu entscheiden, ob zwischen den Parteien ein Mietvertrag abgeschlossen worden ist, ob die Beklagte diesen gebrochen hat und welche Aufwendungen der Klägerin dadurch entstanden sind. Gegen den Gerichtsstand am Belegenheitsort spricht schliesslich, dass das Bundesgericht in BGE 80 II 390 diesen Gerichtsstand BGE 114 II 265 S. 273 verneint hat, obwohl der Bezug der Beklagten zur gelegenen Sache enger war als im vorliegenden Fall. Dort hatten nicht nur die Kläger, sondern auch die Beklagten Aufwendungen im Hinblick auf das geplante Vorhaben getätigt. Sodann beruhte die Klage, weil auf Ersatz des positiven Interesses gerichtet, auf der Hypothese, die Kaufoption sei ausgeübt, französisches Grundeigentum erworben und darauf ein Elektrizitätswerk errichtet worden. Demgegenüber beschränken sich im vorliegenden Fall die tatsächlichen Beziehungen der Beklagten zur Schweiz auf Vertragsverhandlungen und die Unterzeichnung des behaupteten Mietvertrags in Zürich. Dass dies für die Zuständigkeit des schweizerischen Richters nicht genügt, ergibt sich auch aus Art. 1 Abs. 3 des Gerichtsstandsvertrags. Danach ist die Klage auf Erfüllung eines vom Beklagten ausserhalb des Zuständigkeitsbereichs des natürlichen Richters eingegangenen Vertrags nur dann am Abschlussort zu beurteilen, wenn beide Parteien dort im Zeitpunkt der Anhängigmachung des Prozesses ihren Aufenthalt haben. 4. Der Grundsatz "actor sequitur forum rei" gilt nicht nur im Bereich des Gerichtsstandsvertrags, sondern auch nach den Landesrechten der Vertragsstaaten, was ebenfalls gegen eine extensive Auslegung von Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags spricht. In der Schweiz hat der Grundsatz Verfassungsrang ( Art. 59 BV ) und beherrscht auch die internationale Zuständigkeitsordnung nach dem neuen IPR-Gesetz vom 18. Dezember 1987 (Art. 2 und 112 Abs. 1; BBl 1988 I S. 5 und 33); in Frankreich ist der Grundsatz sowohl in Art. 15 des Code civil wie in Art. 42 Abs. 1 des Code de procédure civile verankert, welch letztere Vorschrift gleich den nachfolgenden Bestimmungen auch die Zuständigkeit im internationalen Verhältnis regelt (DALLOZ, Répertoire de procédure civile, Bd. II, 2. Auflage, Compétence internationale, Nr. 20 f. und Nr. 24). Der zwingende Sondergerichtsstand am Ort der gelegenen Sache für Klagen aus dinglichen Rechten an Immobilien (Art. 44; DALLOZ, Répertoire, a.a.O. Nr. 25; dazu bereits CURTI, a.a.O. S. 69) fände auf die vorliegende Vertragsklage zum vornherein keine Anwendung, weshalb der französische Richter selbst dann zuständig wäre, wenn er seine Zuständigkeit nicht aufgrund des französischen Gesetzen vorgehenden Gerichtsstandsvertrags (GHESTIN/GOUBEAU, Traité de droit civil, 2. Auflage 1982, S. 228 f. Ziff. 285), sondern aufgrund der französischen Zivilprozessordnung bestimmen würde; die dort für Vertragsklagen eingeführten weiteren ausserordentlichen Gerichtsstände BGE 114 II 265 S. 274 sind fakultativ neben dem Gerichtsstand am Wohnsitz bzw. Sitz des Beklagten vorgesehen (Art. 46; HUET, Le nouveau Code de procédure civile du 5 décembre 1975 et la compétence internationale des tribunaux français, in: Journal du droit international, 103/1976, S. 351). Die seit 1948 feststellbare Tendenz in der französischen Rechtsprechung, die Sondergerichtsstände des Code de procédure civile anzunehmen, wenn sie der Gerichtsstandsvertrag nicht ausdrücklich zugunsten des natürlichen Richters ausschliesst (FLATTET, a.a.O. S. 581 und 592; DALLOZ, Répertoire, Entraide judiciaire, Nr. 8), würde somit an der Zuständigkeit der französischen Gerichte für die Beurteilung der eingeklagten Schadenersatzforderung nichts ändern. Unerheblich ist schliesslich, dass der französische Richter nach französischem IPR wahrscheinlich Schweizer Recht anwenden wird (HOLLEAUX/FOYER/DE GEOUFFRE DE LA PRADELLE, Droit international privé, Paris 1987, S. 598 Nr. 1389). 5. Für die Zuständigkeit des Richters am Belegenheitsort gemäss Art. 4 Satz 2 des Gerichtsstandsvertrags kann es somit nach Sinn und Zweck dieses Vertrags, der dazu in beiden Vertragsstaaten ergangenen Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit den Zuständigkeitsordnungen nach Landesrecht nicht genügen, dass ein Benutzungsrecht an einem in Frankreich oder in der Schweiz gelegenen, noch zu erstellenden Mietobjekt eingeräumt wird, ohne dass wenigstens die Möglichkeit der tatsächlichen Ausübung dieses Rechts bestanden hat. Das Handelsgericht hat seine Zuständigkeit deshalb zu Unrecht bejaht. Die Klage auf Ersatz des negativen Vertragsinteresses ist daher gemäss Art. 1 Abs. 1 des Gerichtsstandsvertrags vor dem natürlichen Richter der Beklagten in Frankreich zu erheben.
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d991d9e0-cc49-4890-b49a-fad900195569
Urteilskopf 91 II 143 21. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 29 juin 1965 dans la cause Société d'agriculture du Val-de-Ruz contre Matile et consorts.
Regeste Art. 94 OG ; Art. 84 Abs. 1 und 2 BZP . Rechtsnatur der im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren angeordneten vorsorglichen Verfügungen; Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Beurteilung von Ansprüchen auf Ersatz des durch den Vollzug dieser Verfügungen verursachten Schadens (Erw. 1 und 2). Kausale und solidarische Haftung von Streitgenossen (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 144 BGE 91 II 143 S. 144 Résumé des faits: La Société d'agriculture du Val-de-Ruz a entrepris la construction d'un centre collecteur de céréales. Treize voisins ont fait au projet une opposition rejetée par le Conseil d'Etat neuchâtelois; douze d'entre eux ont formé un recours de droit public au Tribunal fédéral, mais trois se sont retirés en cours de procédure. Le 26 juillet 1963, se fondant sur l'art. 94 OJ, les recourants ont requis la suspension de l'arrêté attaqué jusqu'à droit connu sur le recours. Le 30, rappelant cette requête, leur mandataire informait le président du tribunal du début des travaux et suggérait que le délai imparti pour répondre à la demande de mesures provisionnelles fût abrégé. Le 2 août, ce magistrat ordonna d'urgence le maintien de l'état de fait jusqu'à la décision sur les mesures provisionnelles; il se référait à la requête du 26 juillet et à la lettre du 30. Le 22 août, la Chambre de droit public déclara le recours irrecevable, par un arrêt dont le dispositif fut notifié aussitôt. Les travaux avaient été suspendus du lundi 5 au vendredi 23 août compris. L'intimée a assigné les recourants, devant le Tribunal fédéral, en réparation du dommage causé par la suspension des travaux. Le tribunal a admis sa compétence et condamné les défendeurs à réparer la totalité du dommage. Erwägungen Extrait des motifs: 1. A la demande d'une partie, le président du tribunal peut, après avoir reçu l'acte du recours de droit public, ordonner les mesures provisionnelles nécessaires au maintien de l'état de fait ou à la sauvegarde des intérêts compromis (art. 94 OJ). Le texte BGE 91 II 143 S. 145 même de cette disposition et sa note marginale ("mesures provisionnelles") appellent d'emblée l'application, à titre supplétif (art. 40 OJ), des règles de la loi de procédure civile fédérale sur les mesures provisionnelles ( art. 79 sv . PCF; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 401). Si le renvoi vise les dispositions "de procédure", il s'entend néanmoins dans un sens large, qui comprend la réparation du dommage causé par les mesures prises (art. 84 PCF). Cette solution est conforme à la nature du recours de droit public. Voie de droit extraordinaire n'ayant en règle générale qu'une fonction de cassation, celui-ci n'a pas d'effet suspensif. Certes, l'on évitera souvent que l'arrêt du Tribunal fédéral se heurte au fait accompli par la suspension, totale ou partielle, de l'exécution de la décision attaquée; mais il n'en reste pas moins que les mesures conservatoires sont analogues à celles que le juge civil ordonne en cours d'instance. En effet, encore que la doctrine réserve parfois certaines hypothèses (BONNARD, Problèmes relatifs au recours de droit public, RDS 1962, p. 387/388, no 10), la jurisprudence constante admet très généralement que le recours de droit public, dépourvu d'effet dévolutif, ne continue pas la procédure, judiciaire ou administrative, qui s'est déroulée devant les autorités cantonales, mais introduit une instance indépendante destinée à examiner la constitutionnalité de l'acte de souveraineté du pouvoir cantonal (RO 86 I 102 consid. 3, 83 I 272 consid. 2). On ne statue pas à nouveau sur l'objet de la décision attaquée, que l'on ne revoit pas comme telle, fût-ce sous un angle restreint (BIRCHMEIER, op.cit., p. 401 et 358 ch. 2 lettre b; RO 70 I 155, 65 I 131, 59 I 80). Naturelle, l'application de l'art. 84 PCF est aussi équitable. Les mesures provisionnelles prises à la requête d'une partie peuvent causer un préjudice considérable. En l'espèce, seule la rapidité avec laquelle la cour de droit public a statué a limité le dommage. Pour les motifs qui imposent la règle du procès civil, la partie qui le cause doit en répondre lorsque le recours est rejeté ou irrecevable ("nicht zu Recht bestand", dit l'art. 84 OJ), d'autant que le juge statue prima facie sans examiner le fond. L'obligation de réparer (et de fournir des sûretés: art. 82 al. 2 et 84 al. 3 PCF) est le corollaire nécessaire de la décision provoquée par le recourant pour la sauvegarde de ses droits, faute de quoi le juge hésiterait souvent à appliquer l'art. 94 OJ, par crainte de causer un préjudice irréparable; cette réserve BGE 91 II 143 S. 146 serait même plus grande que dans un procès civil, car le recours de droit public attaque une décision cantonale en force, qui est présumée conforme à la constitution: c'est une raison de plus d'appliquer l'art. 84 PCF. 2. Il suit de là que le Tribunal fédéral est compétent (art. 84 al. 2 PCF). La Ie Cour civile a été chargée de traiter l'affaire. 3. La décision du 2 août 1963 est une mesure provisionnelle urgente, que le président de la cour de droit public se réservait de revoir après avoir reçu les déterminations des intimés. Elle a été prise en vertu de l'art. 94 OJ, à la demande des recourants. La requête est du 26 juillet. La lettre du 30 la rappelait, avisait l'autorité du début des travaux et attirait son attention sur l'urgence de la mesure; ce n'est point un retrait de la requête, mais une invitation à y faire droit dans le plus bref délai. Les défendeurs soutiennent en vain qu'ils n'auraient commis aucune faute: leur responsabilité, fondée sur l'art. 84 PCF, n'en dépend pas (RO 88 II 279). 4. La responsabilité des défendeurs est solidaire, en raison de leur consorité dans la procédure du recours de droit public, analogue à la société simple (cf. art. 156 al. 7 et 159 al. 5 OJ).
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nan
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1,965
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d9925b68-1f68-4e87-943d-280c4d8ab15a
Urteilskopf 125 V 76 11. Urteil vom 12. Januar 1999 i.S. SWICA Gesundheitsorganisation gegen B. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
Regeste Art. 3 Abs. 1 und 3 lit. a, Art. 5 Abs. 1 KVG ; Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 7 Abs. 1 KVV : Beginn der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Bei Personen mit Wohnsitz in der Schweiz (im Sinne der Art. 23 ff. ZGB ) beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Wohnsitznahme. Begründen Ausländer mit einer Niederlassungs- oder einer mindestens drei Monate gültigen Aufenthaltsbewilligung keinen schweizerischen Wohnsitz, beginnt die Versicherung am Tag des der Einwohnerkontrolle gemeldeten Aufenthaltes.
Sachverhalt ab Seite 76 BGE 125 V 76 S. 76 A.- B. reiste am 24. Juni 1996 aus Kolumbien in die Schweiz ein, um hier T. zu heiraten (Trauung: 29. August 1996), und gebar am 28. Juni 1996 ihre BGE 125 V 76 S. 77 Tochter G. Am 25. Juni 1996 unterzeichnete sie bei der SWICA Gesundheitsorganisation (nachfolgend: SWICA) das Gesuch um Kassenbeitritt für die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Mit Schreiben vom 15. Juli 1996 bestätigte die SWICA die vorbehaltlose Aufnahme von B. per 1. Juli 1996 und deren Tochter ab Geburt, hielt aber fest, dass diese Aufnahmebestätigung nur gültig sei, wenn sie sich bei der Einwohnerkontrolle angemeldet und eine definitive Aufenthaltsbewilligung erhalten habe. Am 17. September 1996 erhielt B. die Aufenthaltsbewilligung B für die Zeit vom 29. August 1996 bis 8. September 1997. Gestützt darauf setzte die SWICA das Datum des Eintritts in die obligatorische Krankenpflegeversicherung auf den 29. August 1996 fest und lehnte Leistungen für die Vergangenheit (24. Juni bis 28. August 1996) ab (Verfügung vom 17. Februar 1997). Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 3. April 1997 fest. B.- Die von B. hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom 15. Dezember 1997 gut, hob den Einspracheentscheid auf und erklärte die Aufnahme der Versicherten in die obligatorische Krankenpflegeversicherung der SWICA per 24. Juni 1996. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die SWICA die Aufhebung des kantonalen Entscheides beantragen. Während B. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, lässt sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig und zu prüfen ist, ab welchem Zeitpunkt die Beschwerdegegnerin bei der SWICA obligatorisch krankenpflegeversichert ist. 2. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 KVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 KVV muss sich jede Person mit Wohnsitz im Sinne der Artikel 23-26 des Zivilgesetzbuches (ZGB) innert drei Monaten nach der Wohnsitznahme oder der Geburt in der Schweiz für Krankenpflege versichern. Der nach diesen Bestimmungen massgebende zivilrechtliche Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält ( Art. 23 Abs. 1 ZGB ) und den sie sich zum Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen gemacht hat ( BGE 120 III 8 Erw. 2a, BGE 97 II 3 Erw. 3, BGE 85 II 322 Erw. 3). Für die Begründung eines Wohnsitzes müssen somit zwei Merkmale erfüllt sein: Ein BGE 125 V 76 S. 78 objektives äusseres, der Aufenthalt, sowie ein subjektives inneres, die Absicht dauernden Verbleibens (ZAK 1990 S. 247 Erw. 3a; BGE 85 II 321 Erw. 3; EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, N. 19 ff. zu Art. 23 ZGB ). Nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den inneren Willen, sondern darauf an, auf welche Absicht die erkennbaren Umstände objektiv schliessen lassen ( BGE 120 III 8 Erw. 2b, 119 II 65 Erw. 2b/bb, BGE 97 II 3 Erw. 3). Nicht massgebend ist dabei insbesondere, ob die Person eine fremdenpolizeiliche Niederlassungs- oder Aufenthaltsbewilligung besitzt ( BGE 120 III 8 Erw. 2b, BGE 116 II 503 Erw. 4c; DANIEL STAEHELIN, Basler Kommentar, N. 23 zu Art. 23 ZGB ). Nach Art. 3 Abs. 3 KVG kann der Bundesrat die Versicherungspflicht auf Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz ausdehnen, namentlich auf solche, die in der Schweiz tätig sind oder sich längere Zeit dort aufhalten (lit. a). So sind gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. a KVV Ausländer und Ausländerinnen ohne Wohnsitz in der Schweiz versicherungspflichtig, wenn sie über eine Aufenthaltsbewilligung nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) verfügen, die mindestens drei Monate gültig ist. b) Erfolgt die Erstanmeldung beim Krankenversicherer rechtzeitig, beginnt der Versicherungsschutz im Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht (vgl. GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 18). Versichern sich somit Personen mit Wohnsitz in der Schweiz innerhalb von drei Monaten seit Wohnsitznahme oder Geburt in der Schweiz und damit rechtzeitig gemäss Art. 3 Abs. 1 KVG , hat der gewählte Versicherer rückwirkend ab Begründung des Wohnsitzes in der Schweiz die Krankheitskosten zu decken (vgl. EUGSTER, a.a.O., Rz. 19). Gemäss Art. 5 Abs. 1 Satz 2 KVG setzt der Bundesrat den Versicherungsbeginn fest für die Personen nach Art. 3 Abs. 3 KVG , d.h. für die Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz, welche er dem Obligatorium unterstellt hat. Dementsprechend sieht Art. 7 Abs. 1 KVV unter anderem vor, dass Ausländer und Ausländerinnen mit einer Niederlassungsbewilligung oder einer Aufenthaltsbewilligung nach Art. 1 Abs. 2 lit. a KVV verpflichtet sind, sich innert drei Monaten zu versichern, nachdem sie sich bei der für die Einwohnerkontrolle zuständigen Stelle gemeldet haben; bei rechtzeitigem Beitritt beginnt die Versicherung am Tag der bei dieser Stelle gemeldeten Wohnsitznahme oder des gemeldeten Aufenthaltes. BGE 125 V 76 S. 79 3. a) Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, die Beschwerdegegnerin habe seit ihrer Einreise am 24. Juni 1996 Wohnsitz in der Schweiz und erfülle, da sie sich bei der Einwohnerkontrolle angemeldet habe und im Besitze einer Aufenthaltsbewilligung sei, auch die bei Ausländern zusätzlich erforderlichen Voraussetzungen gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. a KVV . Gemäss Art. 5 Abs. 1 KVG nehme die Versicherung daher am 24. Juni 1996 ihren Anfang. Demgegenüber will die SWICA erst ab dem Datum des gemeldeten Aufenthaltes, d.h. ab 29. August 1996, Versicherungsschutz gewähren, wofür sie sich auf Art. 7 Abs. 1 KVV in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. a KVV beruft. b) Nach der eingangs dargestellten Rechtslage erstreckt sich das Versicherungsobligatorium nicht nur auf die Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ( Art. 3 Abs. 1 KVG ), sondern auch auf Personen, welche diese Voraussetzung nicht erfüllen, jedoch vom Bundesrat gestützt auf Art. 3 Abs. 3 KVG der Versicherungspflicht unterstellt worden sind, so namentlich auf Ausländer und Ausländerinnen mit einer Niederlassungsbewilligung oder einer mindestens drei Monate gültigen Aufenthaltsbewilligung ( Art. 1 Abs. 2 lit. a KVV ). Zwischen diesen beiden Versichertenkategorien unterscheidet die Gesetzgebung über die Krankenversicherung nicht nur bei der Versicherungspflicht, sondern auch beim Versicherungsbeginn, indem sie im Falle rechtzeitigen Beitritts bei ersterer die Wohnsitznahme ( Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KVG ) und bei letzterer den der zuständigen Stelle gemeldeten Wohnsitz oder Aufenthalt ( Art. 5 Abs. 1 Satz 2 KVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 KVV ) als massgebend bezeichnet. Nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid hat die Beschwerdegegnerin ungeachtet des Umstandes, dass ihr die Aufenthaltsbewilligung B erst für die Zeit ab 29. August 1996 erteilt worden ist, seit dem 24. Juni 1996 zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz, weil sie sich seit diesem Datum mit der Absicht dauernden Verbleibens hier aufhält. Allein auf Grund ihres schweizerischen Wohnsitzes untersteht sie gemäss Art. 3 Abs. 1 KVG der Versicherungspflicht. Indem sie am 25. Juni 1996 das Beitrittsgesuch gestellt hat, hat sie sich innert der gesetzlich vorgesehenen dreimonatigen Frist seit Wohnsitznahme und damit rechtzeitig versichert ( Art. 3 Abs. 1 KVG ). Ihr Versicherungsschutz beginnt daher im Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht, d.h. am 24. Juni 1996, und die SWICA hat rückwirkend ab diesem Zeitpunkt die Krankheitskosten zu decken ( Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KVG ). Daran vermögen die von der SWICA für ihren BGE 125 V 76 S. 80 gegenteiligen Standpunkt angerufenen Verordnungsbestimmungen ( Art. 1 Abs. 2 lit. a und Art. 7 Abs. 1 KVV ) nichts zu ändern, da sie nur die Kategorie der nicht bereits auf Grund ihres Wohnsitzes obligatorisch versicherten Personen erfassen ( Art. 3 Abs. 3 KVG ) und deshalb vorliegend keine Anwendung finden.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d99b4c49-256f-4de8-9370-6a14bf2ac2cc
Urteilskopf 85 IV 211 55. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13.November 1959 i. S. Gelser gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 277 ter Abs. 2 BStP . Die im Rückweisungsentscheid erteilten Weisungen binden auch den Kassationshof, nicht nur die kantonale Behörde; sie können mit der gegen das neue kantonale Urteil gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr angefochten werden, auch nicht, wenn inzwischen die Rechtsprechung geändert wurde.
Erwägungen ab Seite 211 BGE 85 IV 211 S. 211 Nach Art. 277 ter Abs. 2 BStP muss die kantonale Behörde, an die der Kassationshof auf Nichtigkeitsbeschwerde hin die Sache zu neuer Entscheidung zurückweist, dem neuen Urteil die rechtliche Begründung der Kassation zugrundelegen. Die Entscheidung des Bundesgerichts wird gemäss Art. 38 OG mit der Ausfällung rechtskräftig, und an der Rechtskraft nehmen deshalb auch die Weisungen teil, die der kantonalen Instanz im Entscheid erteilt werden. Daraus folgt, dass die Weisungen nicht nur die kantonale Behörde, sondern auch das Bundesgericht selber binden. Der Kassationshof kann daher, wenn gegen das neue Urteil der kantonalen Behörde Nichtigkeitsbeschwerde geführt wird, auf seine Weisungen BGE 85 IV 211 S. 212 nicht mehr zurückkommen; insoweit hat er das neue Urteil nur daraufhin zu überprüfen, ob es im Rahmen der erteilten Weisungen bleibt. Eine Ausnahme ist auch dann nicht zu machen, wenn das Bundesgericht nach Ausfällung eines Rückweisungsentscheides, aber bevor das neue Urteil der kantonalen Behörde rechtskräftig geworden ist, in einem anderen Falle die gleiche Rechtsfrage anders enscheidet. Könnte der Kassationshof, wenn er durch Nichtigkeitsbeschwerde gegen das neue Urteil der kantonalen Behörde ein zweites Mal mit der Sache befasst wird, eine Änderung der Rechtsprechung berücksichtigen, so würde dies auf eine revisio in iure hinauslaufen, was selbst bei denjenigen Bundesgerichtsentscheidungen, die der Revision unterliegen, nicht zulässig ist ( Art. 136 und 137 OG ; Art. 229 und 230 BStP ). Umso weniger kann in Frage kommen, dass Entscheidungen des Kassationshofes, die im Strafpunkt der Revision überhaupt nicht zugänglich sind ( BGE 80 IV 143 ), einer neuen rechtlichen Überprüfung unterzogen werden.
null
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d99e6bb1-c0a3-4f74-8493-2fce0d855d78
Urteilskopf 96 V 124 33. Auszug aus dem Urteil vom 4. September 1970 i.S. AHV Ausgleichskasse des Kantons Zürich gegen Konkursmasse Eschmann und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 52 AHVG und Art. 81 AHVV . Zur Beurteilung der Schadenersatzklage im Sinne von Art. 52 AHVG ist der AHV-Richter auch dann zuständig, wenn diese direkt gegen die für eine juristische Person handelnden Rechtssubjekte gerichtet ist.
Erwägungen ab Seite 124 BGE 96 V 124 S. 124 Aus den Erwägungen: 1. Gemäss Art. 52 AHVG hat ein Arbeitgeber, welcher durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften einen Schaden verschuldet, diesen der Ausgleichskasse zu ersetzen. Das dabei einzuschlagende Verfahren regelt Art. 81 AHVV ... 3. In der AHV kommt den Arbeitgebern nebst ihrer Eigenschaft als Beitragspflichtige ( Art. 12 AHVG ) auch Organfunktion hinsichtlich Beitragsbezug und Rentenauszahlung zu ( Art. 51 AHVG ). Korrelat dieser Organstellung im öffentlichen Recht des Bundes ist die Bestimmung von Art. 52 AHVG , welche die interne Haftung des Organs Arbeitgeber gegenüber dem Versicherungswerk, BGE 96 V 124 S. 125 regelt. Fragen könnte sich, ob dieser Bestimmung mit dem Inkrafttreten des Verantwortlichkeitgesetzes von 1958 derogiert worden sei. Die Frage ist zu verneinen, bildet Art. 52 AHVG doch innerhalb des Systems des Verantwortlichkeitsgesetzes eindeutig eine Spezialbestimmung. Hingegen sind die dem Verantwortlichkeitsgesetz zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsnormen auch bei der Auslegung dieser Bestimmung heranzuziehen. Hier fällt insbesondere auf, dass im Bereich der internen Haftung, auch wenn die öffentliche Aufgabe einer Organisation übertragen ist, primär der Schadensverursacher persönlich und die Organisation erst subsidiär haftet (Art. 19 Verantwortlichkeitsgesetz). Dafür, dass Art. 52 AHVG diese Verantwortlichkeit der für die Organisation handelnden Personen hatte wegbedingen wollen, fehlt es an Anhaltspunkten. Es handelt sich vielmehr um die Umkehrung des allgemeinen Grundsatzes, indem nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung primär der Arbeitgeber, also gegebenenfalls die Organisation, haftet. Daneben muss im Hinblick auf den erwähnten allgemeinen Grundsatz aber auch die - wenigstens subsidiäre - Haftung der handelnden Personen angenommen werden. Dass eine solche Haftung allgemeinen Rechtsgrundsätzen entspricht, ergibt sich ferner aus der im Privatrecht getroffenen Regelung hinsichtlich der Haftung der Organe einer juristischen Person (vgl. Art. 55 Abs. 3 ZGB und Art. 754 OR ). Dass Art. 52 AHVG auch die Erfassung der Organe einer juristischen Person und gegebenenfalls weiterer Hilfspersonen erlaubt, wird übrigens auch im Schrifttum dargelegt (vgl. Winzeler, Die Haftung der Organe und der Kassenträger in der AHV, Diss. Zürich 1952, S. 64 ff., Sommerhalder, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers in der AHV, Diss. Zürich 1958, S. 78 f.). Für eine direkt auf Art. 754 OR oder 55 Abs. 3 ZGB gestützte Zivilklage bleibt somit entgegen der Ansicht der Vorinstanz kein Raum. Offenbleiben kann die Frage, wie vorzugehen wäre, wenn nicht ein Schaden im Sinne von Art. 52 AHVG , sondern ein solcher gemäss Art. 41 ff. OR geltend gemacht würde...
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de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d99e8f34-4ca6-47ee-93d3-ae150d50d5d1
Urteilskopf 112 Ib 309 48. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 13. November 1986 i.S. K. gegen Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 16 Abs. 3, Art. 17 SVG ; Art. 32 Abs. 1 VZV . Art. 32 Abs. 1 VZV , wonach der Führerausweis entzogen werden muss, wenn der Führer während der Dauer eines rechtmässigen Ausweisentzugs ein Motorfahrzeug gelenkt hat, ist durch Art. 16/17 SVG gedeckt und somit gesetzmässig (E. 2).
Erwägungen ab Seite 310 BGE 112 Ib 309 S. 310 Auszug aus den Erwägungen: 1. Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG kann der Führer- oder Lernfahrausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere belästigt hat. In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden. Art. 16 Abs. 3 SVG zählt die Fälle auf, in denen der Führerausweis entzogen werden muss. Das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Führerausweisentzugs wird darin nicht genannt. Nach Art. 17 SVG ("Dauer des Führerausweis-Entzuges") ist die Dauer des Entzugs nach den Umständen festzusetzen; sie beträgt jedoch mindestens sechs Monate, wenn der Führer trotz Ausweisentzuges ein Motorfahrzeug geführt hat oder wenn ihm der Ausweis wegen einer Widerhandlung entzogen werden muss, die er innert zwei Jahren seit Ablauf des letzten Entzuges begangen hat ( Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG ). Gemäss Art. 32 Abs. 1 VZV ("Obligatorische Entzugsgründe") ist der Lernfahr- oder Führerausweis zu entziehen, wenn der Führer die Voraussetzungen des SVG oder dieser Verordnung zur Erteilung nicht mehr erfüllt, einen der in Art. 16 Abs. 3 SVG genannten Tatbestände verwirklicht oder ein Motorfahrzeug während der Dauer eines rechtmässigen Ausweisentzuges geführt hat. Der Beschwerdeführer macht wie bereits im kantonalen Verfahren geltend, Art. 32 Abs. 1 in fine VZV betreffend obligatorischen Ausweisentzug wegen Fahrens trotz Führerausweisentzugs sei durch das SVG nicht gedeckt, entbehre mithin der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Seines Erachtens ist das Führen eines Motorfahrzeuges trotz Führerausweisentzugs nur ein fakultativer Entzugsgrund gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG unter der weiteren Voraussetzung, dass auf der Fahrt Verkehrsregeln verletzt werden. 2. Die Voraussetzungen des Führerausweisentzugs müssen angesichts des durch diesen bewirkten erheblichen Eingriffs in die Rechte des Bürgers im Gesetz festgelegt sein (vgl. auch Botschaft des Bundesrates zur Revision des SVG, BBl 1973 II 1183). Die II. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts setzte sich im nicht veröffentlichten Urteil vom 26. Juni 1981 i.S. BGE 112 Ib 309 S. 311 H. c. Rekurskommission des Kantons Bern, das im angefochtenen Entscheid ausführlich wiedergegeben wird, eingehend mit der Frage des Führerausweisentzugs wegen Fahrens trotz Führerausweisentzugs auseinander. Das Bundesgericht hielt unter Berufung auf Gesetzesmaterialien (Art. 17 Ziff. 3 des Vorentwurfs der Eidg. Polizeiabteilung vom Januar 1952; Botschaft des Bundesrates BBl 1955 II 24; Votum des Berichterstatters im Nationalrat, Sten.Bull. NR 1956 S. 597) sowie unter Hinweis auf Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG fest, dass der obligatorische Ausweisentzug wegen Fahrens trotz Ausweisentzugs dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn des Gesetzes (Nachvollzug durch Verlängerung des angeordneten Vollzugs) entspricht, dass demnach Art. 16 Abs. 3 SVG insoweit eine echte Lücke enthält, die nach den allgemeinen Grundsätzen vom Bundesrat auf dem Verordnungsweg gefüllt werden konnte, und dass Art. 32 Abs. 1 in fine VZV somit nicht gesetzwidrig ist. Daran ist festzuhalten. [...] Ergänzend sei bemerkt, dass im Falle des Fahrens trotz Ausweisentzugs entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers schon deshalb nicht gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG (Verwarnung in leichten Fällen) verfahren werden könnte, weil allein durch das Fahren trotz Führerausweisentzugs weder eine Verkehrsregel verletzt wird noch der Verkehr gefährdet oder andere belästigt werden. Der Beschwerdeführer möchte denn auch - insoweit konsequent - das Führen eines Motorfahrzeugs trotz Führerausweisentzugs nur dann als fakultativen Entzugsgrund gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG anerkannt wissen, wenn der Lenker darüber hinaus zugleich noch eine Verkehrsregel verletzte. Damit würde aber der Führerausweis nicht wegen des Fahrens trotz Führerausweisentzugs, sondern wegen der zugleich begangenen Verkehrsregelverletzung entzogen, die indessen ohnehin schon ein fakultativer Entzugsgrund ist. Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG regelt klar den Führerausweisentzug wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz Führerausweisentzugs und setzt nicht voraus, dass der Lenker dabei noch eine Verkehrsregel verletzte. Inwiefern die sich aus der historischen, teleologischen und systematischen Auslegung von Art. 16/17 SVG ergebende Annahme einer Lücke in der Aufzählung der obligatorischen Entzugsgründe in Art. 16 Abs. 3 SVG verfehlt sei, vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen. Dass eine solche Lücke im Gesetz vom Bundesrat auf dem Verordnungsweg gefüllt werden kann, stellt er selber nicht in Abrede. BGE 112 Ib 309 S. 312 Art. 32 Abs. 1 VZV , wonach das Führen eines Motorfahrzeuges trotz Führerausweisentzugs einen obligatorischen Entzugsgrund darstellt, ist demnach durch das SVG gedeckt.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
d99f1d16-1739-4825-9e3e-9e385e3648f6
Urteilskopf 134 V 322 38. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons Thurgau gegen Y. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_255/2007 vom 12. Juni 2008
Regeste Art. 16 ATSG ; Art. 28 Abs. 2 IVG ; Präzisierung der Rechtsprechung bei Vorliegen eines unterdurchschnittlichen Valideneinkommens. Bezog eine versicherte Person aus invaliditätsfremden Gründen ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen und wollte sie sich nicht aus freien Stücken damit begnügen, hat zunächst eine Parallelisierung der beiden Vergleichseinkommen zu erfolgen. Diese kann praxisgemäss entweder auf Seiten des Valideneinkommens durch eine entsprechende Heraufsetzung des effektiv erzielten Einkommens oder durch Abstellen auf die statistischen Werte oder aber auf Seiten des Invalideneinkommens durch eine entsprechende Herabsetzung des statistischen Wertes erfolgen (E. 4.1). In einem zweiten Schritt ist die Frage eines Abzuges vom anhand statistischer Durchschnittswerte ermittelten Invalideneinkommen zu prüfen, wobei zu beachten ist, dass allfällige bereits bei der Parallelisierung der Vergleichseinkommen mitverantwortliche invaliditätsfremde Faktoren im Rahmen des sogenannten Leidensabzuges nicht nochmals berücksichtigt werden dürfen (E. 5.2 und 6.2).
Sachverhalt ab Seite 323 BGE 134 V 322 S. 323 A. Die 1956 geborene Y. war ab 21. März 1999 als Montagemitarbeiterin bei der Firma X. AG tätig. Infolge eines Bandscheibenvorfalls im Mai 2003 meldete sie sich am 18. Mai 2004 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Nach Abklärungen in erwerblicher und medizinischer Hinsicht, namentlich nach Einholung eines polydisziplinären Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) vom 24. November 2005, verneinte die BGE 134 V 322 S. 324 IV-Stelle des Kantons Thurgau (nachfolgend: IV-Stelle) mit Verfügung vom 13. Februar 2006 ausgehend von einer noch zumutbaren Arbeitsfähigkeit von 60 % einen Rentenanspruch der Versicherten aufgrund eines Invaliditätsgrades von 8 %. An ihrem Standpunkt hielt sie mit Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2006 fest, da aus dem Einkommensvergleich auch bei Gewährung eines leidensbedingten Abzuges vom Invalideneinkommen in der Höhe von 10 % ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 17 % resultiere. B. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 3. April 2007 gut und hob den Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2006 auf mit der Feststellung, dass Y. ab 1. Mai 2004 Anspruch auf eine Viertelsrente der Invalidenversicherung habe. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle, der Entscheid der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau (ab 1. Januar 2008: Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau) vom 3. April 2007 sei aufzuheben. Während sich das Bundesamt für Sozialversicherungen dem Begehren der IV-Stelle anschliesst, lässt Y. die Abweisung der Beschwerde beantragen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Beschwerdegegnerin auf eine Rente der Invalidenversicherung, und dabei insbesondere die Höhe der der Ermittlung des Invaliditätsgrades zu Grunde zu legenden Vergleichseinkommen. Nicht umstritten und nicht zu überprüfen sind hingegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, wonach einerseits die Versicherte gestützt auf das MEDAS- Gutachten vom 24. November 2005 in einer körperlich leichten Tätigkeit ohne wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen zu 60 % arbeitsfähig ist und andrerseits das zuletzt erzielte Einkommen bei der Firma X. AG angepasst an die Nominallohnentwicklung im Jahr 2006 Fr. 32'786.- betrug. 3.1 In der Verfügung vom 13. Februar 2006 ermittelte die IV-Stelle anhand der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (nachfolgend: LSE; LSE 2004, TA 1, Anforderungsniveau 4, Frauen), umgerechnet auf die durchschnittliche BGE 134 V 322 S. 325 wöchentliche Arbeitszeit und angepasst an die Nominallohnentwicklung per 2006, ein jährliches Invalideneinkommen von Fr. 50'173.- bzw. von Fr. 30'104.- entsprechend der 60%igen Arbeitsfähigkeit. In Gegenüberstellung mit dem Valideneinkommen von Fr. 32'786.- ergab dies einen Invaliditätsgrad von 8 %. 3.2 Im Einspracheentscheid vom 19. Oktober 2006 gewährte die IV-Stelle auf dem gemäss den LSE-Tabellen errechneten Invalideneinkommen einen 10%igen leidensbedingten Abzug, was ein Invalideneinkommen von Fr. 27'093.- und in Gegenüberstellung mit dem Valideneinkommen einen Invaliditätsgrad von 17,4 % ergab. 3.3 Das kantonale Gericht stellte im Entscheid vom 3. April 2007 zunächst fest, dass das als Montagemitarbeiterin zuletzt erzielte, an die Nominallohnentwicklung angepasste Einkommen von Fr. 32'786.- aus invaliditätsfremden Gründen um 32 % unter dem LSE-Tabellenlohn von Fr. 48'498.- für entsprechende Arbeiten liege. Es reduzierte daher das anhand der LSE ermittelte Invalideneinkommen um 30 %. Zudem gewährte die Vorinstanz den von der IV-Stelle vorgenommenen leidensbedingten Abzug von 10 %, woraus sich entsprechend der 60%igen Arbeitsfähigkeit per 2006 ein jährliches Invalideneinkommen von Fr. 18'965.- und in Gegenüberstellung mit dem Valideneinkommen von Fr. 32'786.- ein Invaliditätsgrad von 42 % ergab. 3.4 Die IV-Stelle macht beschwerdeweise geltend, das kantonale Gericht habe beim anhand der LSE korrekt ermittelten Invalideneinkommen eine unzulässig hohe Kürzung vorgenommen. Einerseits - so die Verwaltung - lägen keine Hinweise vor, welche darauf schliessen liessen, die Versicherte habe sich nicht freiwillig mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen begnügt; andrerseits betrage der zulässige Maximalabzug vom Invalideneinkommen 25 %. 4. 4.1 Was zunächst die Ermittlung des Valideneinkommens anbelangt, ist entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst angeknüpft, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit BGE 134 V 322 S. 326 erstellt sein ( BGE 129 V 222 E. 4.3.1 S. 224 mit Hinweisen). Bezog eine versicherte Person aus invaliditätsfremden Gründen (z.B. geringe Schulbildung, fehlende berufliche Ausbildung, mangelnde Deutschkenntnisse, beschränkte Anstellungsmöglichkeiten wegen Saisonnierstatus) ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen, ist diesem Umstand bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG (SR 830.1) Rechnung zu tragen, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie sich aus freien Stücken mit einem bescheideneren Einkommensniveau begnügen wollte ( BGE 125 V 146 E. 5c/bb S. 157 mit Hinweisen). Nur dadurch ist der Grundsatz gewahrt, dass die auf invaliditätsfremde Gesichtspunkte zurückzuführenden Lohneinbussen entweder überhaupt nicht oder aber bei beiden Vergleichseinkommen gleichmässig zu berücksichtigen sind ( BGE 129 V 222 E. 4.4 S. 225). Diese Parallelisierung der Einkommen kann praxisgemäss entweder auf Seiten des Valideneinkommens durch eine entsprechende Heraufsetzung des effektiv erzielten Einkommens oder durch Abstellen auf die statistischen Werte (vgl. SVR 2008 IV Nr. 2 S. 3, I 697/05, und Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 750/04 vom 5. April 2006, E. 5.5) oder aber auf Seiten des Invalideneinkommens durch eine entsprechende Herabsetzung des statistischen Wertes (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 454/05 vom 6. September 2006, E. 6.3.3 mit Hinweisen) erfolgen. 4.2 Wie die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, hätte die Beschwerdegegnerin gemäss Angaben der Arbeitgeberin vom 2. Juni 2004 ohne Gesundheitsschaden in ihrer angestammten Tätigkeit im Jahre 2004 einen Stundenlohn von Fr. 14.40 verdient, was bei 42,5 Wochenstunden und unter Anpassung an die Nominallohnentwicklung einem Jahreslohn für das vorliegend massgebende Jahr 2006 von Fr. 32'786.- entspricht. Dabei handelt es sich im Vergleich zum branchenüblichen Lohn gemäss LSE 2004, TA 1, für den Bereich Herstellung von elektrischen Geräten und Einrichtungen, Position 30 bis 32, Niveau 4, Frauen, von monatlich Fr. 3'763.- bzw. umgerechnet auf die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit von 41,7 Stunden und angepasst an die Nominallohnentwicklung für die Jahre 2005 und 2006 von jährlich Fr. 48'498.- um ein rund 32 % tieferes Einkommen. 4.3 Die Versicherte stammt aus der Türkei, ist Analphabetin, verfügt über äusserst rudimentäre Deutschkenntnisse und hat keine Berufsausbildung. Vor der Anstellung bei der Firma X. AG war sie BGE 134 V 322 S. 327 mehrere Jahre arbeitslos und erzielte sowohl bei den Verweisungstätigkeiten wie auch in der Zeit vor der Arbeitslosigkeit ein derart tiefes Einkommen. Mit der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin ist somit als überwiegend wahrscheinlich anzunehmen, dass Letztere vor Eintritt des Gesundheitsschadens aus invaliditätsfremden Gründen ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen erzielte und sich nicht aus freien Stücken mit diesem tiefen Einkommensniveau begnügte. Das kantonale Gericht hat demzufolge die erwähnten invaliditätsfremden Faktoren zu Recht auf beiden Seiten berücksichtigt. Dass es die Parallelisierung der Vergleichseinkommen auf der Seite des Invalideneinkommens durch eine Herabsetzung um 30 % vorgenommen hat, ist nicht zu beanstanden. 5. 5.1 Zufolge fehlender Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit nach Eintritt des Gesundheitsschadens hat die IV-Stelle das Invalideneinkommen für das Jahr 2006 anhand der LSE auf Fr. 50'173.- bzw. entsprechend der 60%igen Arbeitsfähigkeit auf Fr. 30'104.- festgesetzt. Aufgrund des Umstandes, dass die Versicherte nur noch körperlich leichte Tätigkeiten verrichten könne und Tätigkeiten in wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen nicht mehr zumutbar seien, gewährte sie von diesem Tabellenlohn einen Abzug von 10 %. Das kantonale Gericht hat diesen Abzug - nach zunächst durchgeführter Parallelisierung der Vergleichseinkommen - bestätigt. 5.2 Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen Durchschnittswerten ermittelt, ist der entsprechende Ausgangswert allenfalls zu kürzen. Mit dem sogenannten Leidensabzug wurde ursprünglich berücksichtigt, dass versicherte Personen, welche in ihrer letzten Tätigkeit körperliche Schwerarbeit verrichteten und nach Eintritt des Gesundheitsschadens auch für leichtere Arbeiten nurmehr beschränkt einsatzfähig sind, in der Regel das entsprechende durchschnittliche Lohnniveau gesunder Hilfsarbeiter nicht erreichen. Der ursprünglich nur bei Schwerarbeitern zugelassene Abzug entwickelte sich in der Folge zu einem allgemeinen behinderungsbedingten Abzug, wobei die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung trug, dass auch weitere persönliche und berufliche Merkmale der versicherten Person wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Höhe des Lohnes haben können. Ein Abzug soll aber nicht automatisch, sondern nur dann erfolgen, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die BGE 134 V 322 S. 328 versicherte Person wegen eines oder mehrerer dieser Merkmale ihre gesundheitlich bedingte (Rest-)Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem Einkommen verwerten kann. Bei der Bestimmung der Höhe des Abzuges ist der Einfluss aller in Betracht fallenden Merkmale auf das Invalideneinkommen unter Würdigung der Umstände im Einzelfall gesamthaft zu schätzen und insgesamt auf höchstens 25 % des Tabellenlohnes zu begrenzen (vgl. zum Ganzen BGE 126 V 75 ). Dabei ist zu beachten, dass allfällige bereits bei der Parallelisierung der Vergleichseinkommen mitverantwortliche invaliditätsfremde Faktoren im Rahmen des sogenannten Leidensabzuges nicht nochmals berücksichtigt werden dürfen (Urteil U 454/05 vom 6. September 2006, E. 6.6.3). 5.3 Vorliegend wurde der gewährte 10%ige Abzug vom anhand der LSE ermittelten Invalideneinkommen mit einer zur Reduktion der Arbeitsfähigkeit auf 60 % hinzutretenden leidensbedingten Einschränkung begründet. Die Gewährung des Abzuges als solche ist nicht zu beanstanden. Die Festlegung des Ausmasses sodann beschlägt eine typische Ermessensfrage und kann letztinstanzlich nur korrigiert werden, wenn das kantonale Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat ( BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S. 399). Die Vorinstanz hat indes weder einen erheblichen Umstand ausser Acht gelassen noch die in Betracht gezogenen Elemente offenkundig falsch gewichtet, so dass diesbezüglich kein Rechtsfehler vorliegt. 6. 6.1 Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe durch sein Vorgehen den höchstens zulässigen Abzug von 25 % vom Invalideneinkommen überschritten. Dabei vermischt sie die Frage der Parallelisierung der Vergleichseinkommen aus invaliditätsfremden Gründen einerseits und die Frage eines Abzuges vom statistisch ermittelten Invalideneinkommen andrerseits. Ihre Argumentation stützt sich auf vereinzelte Urteile der jüngeren Rechtsprechung, gemäss welchen invaliditätsfremde Faktoren nicht losgelöst von leidensbedingten Einschränkungen zu berücksichtigen seien, sondern insgesamt ein Abzug von höchstens 25 % statthaft sei (vgl. Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts U 231/05 vom 13. März 2006; U 303/06 vom 22. November 2006; I 141/07 vom 19. Juni 2007). Bei diesen Fällen lag ebenfalls ein unterdurchschnittliches Valideneinkommen vor, wobei die Parallelisierung der Vergleichseinkommen durch eine Korrektur auf Seiten des Invalideneinkommens vorgenommen BGE 134 V 322 S. 329 wurde. Missverständlicherweise sprach man dabei von einem "Abzug", was dazu führte, auch diese Korrektur in den rechtsprechungsgemäss zulässigen Maximalabzug von 25 % miteinzuschliessen. Insofern bedarf diese Rechtsprechung einer Präzisierung. Hinsichtlich der Parallelisierung der Vergleichseinkommen ist richtigerweise von der Heraufsetzung des Valideneinkommens oder bezüglich des Invalideneinkommens von einer Herabsetzung statt von einer Kürzung oder von einem Abzug zu sprechen. Sind im Falle der Herabsetzung des Invalideneinkommens invaliditätsfremde Gründe dafür mitverantwortlich, dürfen diese bei der Festsetzung des leidensbedingten Abzuges nicht berücksichtigt werden. 6.2 Die Parallelisierung der Vergleichseinkommen einerseits und der Abzug vom statistisch ermittelten Invalideneinkommen andrerseits verfolgen unterschiedliche Ziele. Die Korrektur bei der Parallelisierung der Vergleichseinkommen dient dem Grundsatz, dass die Invalidenversicherung für invaliditätsbedingte Erwerbsunfähigkeit einzustehen hat. Würde diese Korrektur nicht vorgenommen, wäre der Invaliditätsgrad bei Versicherten mit unterdurchschnittlichem Valideneinkommen stets kleiner als bei Versicherten mit dem gleichen Gesundheitsschaden, jedoch durchschnittlichem Valideneinkommen. Dies würde gegen das Gebot der Rechtsgleichheit verstossen (vgl. dazu HARDY LANDOLT, Invaliditätsbemessung bei Schlechtverdienenden, in: René Schaffhauser/Franz Schlauri [Hrsg.], Sozialversicherungsrechtstagung 2006, Bd. 43, S. 56). Der Abzug vom Invalideneinkommen hingegen bezweckt, ausgehend von statistischen Werten ein Invalideneinkommen zu ermitteln, welches der im Einzelfall zumutbaren erwerblichen Verwertung der noch möglichen Verrichtungen im Rahmen der (Rest-)Arbeitsfähigkeit am besten entspricht ( BGE 126 V 75 E. 5b/aa S. 79). Die beiden Instrumente sind daher auch bei der konkreten Ermittlung des Invaliditätsgrades grundsätzlich losgelöst voneinander zu behandeln, indem in einem ersten Schritt die Parallelisierung der Vergleichseinkommen, in einem zweiten Schritt ein allenfalls noch angebrachter Abzug vom Invalideneinkommen vorzunehmen ist. Dem Umstand, dass der Parallelisierung der Vergleichseinkommen einerseits und dem Abzug vom Invalideneinkommen andrerseits teilweise die gleichen invaliditätsfremden Faktoren zu Grunde liegen, wird - wie in E. 5.2 hievor dargelegt - dadurch Rechnung getragen, dass, soweit persönliche und berufliche Merkmale des konkreten Einzelfalles bereits im Rahmen der Parallelisierung der hypothetischen Vergleichsgrössen BGE 134 V 322 S. 330 berücksichtigt wurden, dieselben lohnbestimmenden Einflussfaktoren nicht zusätzlich einen Abzug vom anhand statistischer Werte ermittelten Invalideneinkommen zu rechtfertigen vermögen. Vielmehr wird sich dieser nach erfolgter Parallelisierung der Einkommen in der Regel auf die Berücksichtigung leidensbedingter Faktoren beschränken und - in Anbetracht der Höchstgrenze des Abzuges vom Invalideneinkommen von 25 % für sämtliche invaliditätsfremden und invaliditätsbedingten Merkmale - nicht mehr die maximal zulässigen 25 % ausschöpfen. 6.3 Zusammenfassend ist der vorinstanzliche Entscheid, in welchem das deutlich unterdurchschnittliche Valideneinkommen durch Herabsetzung des anhand der LSE ermittelten Invalideneinkommens um 30 % korrigiert und der durch die IV-Stelle gewährte 10%ige (rein) leidensbedingte Abzug bestätigt wurden, was beim Einkommensvergleich einen Invaliditätsgrad von 42 % ergab, nicht zu beanstanden. (...)
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de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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d9a271fb-8bed-430e-9c9f-114b66fe9d64
Urteilskopf 101 IV 250 56. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 15 mai 1975 dans la cause X. et Z. contre Ministère public du canton de Neuchâtel
Regeste Art. 277ter Abs. 2 BStP . Diese Bestimmung verbietet der kantonalen Behörde, einen neuen Entscheid zu fällen, der in Widerspruch steht zum Urteil des Kassationshofes, selbst wenn dieser die Sache nicht zu neuer Entscheidung "im Sinne der Erwägungen" zurückgewiesen hat.
Sachverhalt ab Seite 250 BGE 101 IV 250 S. 250 A.- Le 6 février 1973, le Tribunal de police du district de Neuchâtel a considéré que deux films projetés dans la salle de X. et distribués par deux sociétés dont les responsables étaient respectivement Y. et Z. étaient obscènes et que par conséquent leur distribution, leur mise en location et leur projection réalisaient le délit de l'art. 204 CP. Il a toutefois libéré les accusés en application de l'art. 20 CP. Ce jugement a été confirmé le 9 mai 1973 par la Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel. BGE 101 IV 250 S. 251 Statuant le 2 novembre 1973 sur le pourvoi en nullité formé par le Procureur général du canton de Neuchâtel, la cour de céans a rendu un arrêt dont le dispositif a la teneur suivante au chiffre 1, seul en cause ici: "Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision." B.- Le 6 février 1975, le Tribunal de police du district de Boudry, à qui la cause avait été renvoyée, a libéré les accusés X. et Z. des fins de la poursuite pénale pour publications obscènes, estimant qu'ils étaient au bénéfice de l'erreur de droit. La Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel a cassé ce jugement le 9 avril 1975, sur recours du Ministère public, et renvoyé la cause à l'instance inférieure pour qu'elle prononce une condamnation. C.- X. et Z. se pourvoient en nullité au Tribunal fédéral et demandent l'annulation de cette décision. Erwägungen Considérant en droit: La cour de céans ne précise en général pas, dans les dispositifs de ses arrêts, que la cause est renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision "dans le sens des considérants", car cela résulte clairement de la loi (art. 277ter al. 2 PPF). Il lui arrive néanmoins d'être plus explicite, pour que les parties sachent dès la réception du dispositif, dont l'expédition précède souvent de plusieurs semaines celle des motifs, que ces derniers contiendront des instructions précises quant à la nouvelle décision à intervenir. Il reste cependant que, même en l'absence de telles instructions, l'art. 277ter al. 2 PPF interdit à l'autorité cantonale de rendre un nouvel arrêt qui serait en contradiction avec les considérants de celui de cassation. La question à résoudre in casu n'est dès lors pas de savoir si l'autorité cantonale devait se sentir liée par des instructions qui auraient figuré dans l'arrêt du 2 novembre 1973, mais bien de déterminer si elle pouvait admettre que les recourants étaient au bénéfice de l'erreur de droit, sans revenir sur un point définitivement tranché par le Tribunal fédéral. Tel n'est pas le cas. En effet, après avoir indiqué dans son arrêt les éléments à examiner in abstracto pour se prononcer sur l'existence d'une erreur de droit (consid. 2a), la cour de céans a BGE 101 IV 250 S. 252 estimé qu'elle disposait de suffisamment d'éléments de fait pour affirmer que les recourants n'avaient in concreto pas de bonnes raisons d'agir et que de ce fait, ayant omis de se renseigner auprès de l'autorité compétente, "ils ne pouvaient être mis au bénéfice de l'erreur de droit" (consid. 2b). C'est dès lors à juste titre que la Cour de cassation du canton de Neuchâtel a reproché au premier juge d'avoir rendu une décision incompatible avec les considérants de l'arrêt du 2 novembre 1973. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le pourvoi.
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1,975
CH_BGE
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CH
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d9a3cc2f-bbf3-489f-8c03-38099bf3948c
Urteilskopf 112 V 133 21. Estratto della sentenza del 5 marzo 1986 nella causa Ufficio federale dell'industria, delle arti e mestieri e del lavoro contro Borri e Tribunale delle assicurazioni del Canton Ticino
Regeste Art. 11 Abs. 1 AVIG und Art. 5 AVIV , Art. 16 Abs. 1 lit. e AVIG . - Abgesehen von den in den Art. 11 Abs. 1 AVIG und Art. 5 AVIV enthaltenen Normen - wonach der Arbeitsausfall wenigstens zwei aufeinanderfolgende Tage dauern resp. zwei volle Arbeitstage innerhalb von zwei Wochen ausmachen muss - enthält die gesetzliche Regelung keine anderen Bestimmungen, die den Entschädigungsanspruch vom Bestehen einer Arbeitslosigkeit eines bestimmten Mindestausmasses abhängig machen. - Ein solches Erfordernis kann insbesondere nicht aus Art. 16 Abs. 1 lit. e AVIG abgeleitet werden; daher ist die Entschädigung auch dann zuzusprechen, wenn der Erwerbsausfall die ausgeübte Tätigkeit nicht unzumutbar macht.
Erwägungen ab Seite 134 BGE 112 V 133 S. 134 Estratto dai considerandi: aa) Per Cassa e Ufficio federale dell'industria, delle arti e mestieri e del lavoro (UFIAML) un'indennità di disoccupazione poteva essere erogata solo nella misura in cui il salario percepito dal 1o gennaio 1984 per l'occupazione parziale non fosse stato di almeno il 70% del guadagno assicurato. A fondamento della loro tesi i predetti organi si prevalgono della norma di cui all'art. 16 cpv. 1 lett. e LADI, che dispone essere un'occupazione adeguata se consente al disoccupato di riscuotere un salario che non sia inferiore all'indennità di disoccupazione spettantegli, la quale, come si è visto, ammonta per i celibi ai sensi dell'art. 22 cpv. 1 LADI al 70% del guadagno assicurato. In sostanza la Cassa e l'UFIAML postulano quindi che le indennità di disoccupazione non vengano riconosciute nella misura in cui la perdita di guadagno ammonti a meno del 30% del guadagno assicurato. Si pone il tema di sapere se questa esigenza posta al riconoscimento delle prestazioni sia conforme alla legge. La necessità di limitare il diritto alle indennità ai casi di disoccupazione che rivestano una certa importanza è stata esplicitamente considerata dal legislatore all'art. 11 LADI, disposizione per cui esso al cpv. 1 ha stabilito che la perdita di lavoro è computabile, nella misura in cui provoca una perdita di guadagno e "dura almeno due giorni lavorativi interi consecutivi". Nel suo Messaggio 2 luglio 1980 concernente una nuova legge federale sull'assicurazione obbligatoria contro la disoccupazione e l'indennità per insolvenza il Consiglio federale si è chiaramente espresso sul senso di questa durata minima affermando che "perdite di guadagno più brevi saranno sopportate dall'assicurato nel senso di una franchigia" (cfr. FF 1980 III 511). Oltre questo requisito di una durata minima della perdita di lavoro la legge non subordina il riconoscimento delle indennità di disoccupazione ad altri requisiti. Essa non predispone in alcun modo che pure la perdita di guadagno addebitabile alla perdita di lavoro debba essere di una determinata entità. Non trova in particolare fondamento nella legge la condizione proposta da UFIAML e Cassa di disoccupazione giusta cui una perdita di guadagno inferiore - nell'ipotesi di assicurati celibi - al 30% non sarebbe indennizzabile. A torto esse autorità ravvisano nel disposto dell'art. 16 cpv. 1 lett. e LADI una base alla loro argomentazione. La norma di cui all'art. 16 cpv. 1 LADI volge infatti BGE 112 V 133 S. 135 unicamente a definire il quadro delle occupazioni legittimamente esigibili dall'assicurato tenuto conto della specifica sua situazione, ossia degli usi professionali vigenti (lett. a), delle capacità e eventualmente dell'attività precedentemente svolta (lett. b), dell'età, delle condizioni personali e di salute (lett. c), delle possibili ripercussioni sulla futura attività (lett. d) e della retribuzione precedente (lett. e). La condizione alla lett. e non è intesa che, come gli altri requisiti di cui alle lettere a, b, c, d, a porre dei criteri di esigibilità di un'occupazione, criteri che tengano conto di quegli opposti interessi che sono, da un lato, la tutela nella massima misura possibile della posizione acquisita dal lavoratore nella sua carriera professionale, e, d'altro lato, l'impellenza di reinserire quest'ultimo nel ciclo produttivo. Predisponendo che per essere adeguato un lavoro deve permettere di ottenere un salario pari almeno all'indennità di disoccupazione - ossia pari rispettivamente al 70% del guadagno assicurato per i celibi e all'80% dello stesso per gli altri assicurati - la legge ha in questo senso ritenuto un limite di rimunerazione sufficientemente elevato da non ledere in misura inaccettabile gli interessi dell'assicurato, ma anche sufficientemente basso da non limitare eccessivamente le offerte di lavoro che questi è tenuto ad accettare. Solo questo fine si prefiggeva il legislatore emanando l'art. 16 cpv. 1 lett. e LADI. Nessun elemento è contenuto nella legge che permetta di approdare alle conclusioni proposte da Cassa e ricorrente. In sostanza, una volta adempiuto il presupposto di cui all'art. 11 cpv. 1 LADI o all'art. 5 OADI - il quale quest'ultimo, riferentesi al predetto testo di legge, adegua in conformità alla stessa il requisito alla peculiare situazione delle persone parzialmente disoccupate - l'indennità deve essere erogata pure qualora la rimunerazione sia pari o ecceda il 70%, rispettivamente l'80%, del guadagno assicurato. Aderire alla tesi di Cassa e Ufficio federale significherebbe gravare indebitamente di un'ulteriore franchigia, cumulativamente a quella voluta dal legislatore con l'art. 11 cpv. 1 LADI, il diritto dell'assicurato alle indennità di disoccupazione. La tesi degli organi dell'assicurazione e ripresa dal ricorrente in sede di procedura federale è quindi censurabile.
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it
1,986
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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d9a86351-fc78-44fa-9df7-97895b7e77a4
Urteilskopf 124 I 11 3. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. Januar 1998 i.S. Georg Müller gegen Kanton Aargau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 BV ; Ablieferung von Gewinnen kantonaler Monopolanstalten an den Staat. Tragweite des Vorbehalts kantonaler Regale in Art. 31 Abs. 2 BV . Das Gebäudeversicherungsmonopol ist nicht als Fiskalmonopol zulässig (E. 3). Ein polizeilich oder sozialpolitisch gerechtfertigtes Monopol darf aber einen Reingewinn abwerfen, sofern diesbezüglich die verfassungsmässigen Grundsätze der Abgabenerhebung erfüllt sind (E. 4 u. 5). Das Kostendeckungsprinzip gilt auch für Regalgebühren, soweit keine fiskalische Rechtfertigung des Regals zulässig ist (Präzisierung der Praxis) (E. 6b). Gesetzliche Grundlage für die Ablieferung eines geringen Überschusses an den Staat (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 124 I 11 S. 12 Gemäss dem aargauischen Gesetz vom 15. Januar 1934 über die Gebäude- und Fahrnisversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz) sind alle im Kanton gelegenen Gebäude obligatorisch bei der Aargauischen Gebäudeversicherungsanstalt (Anstalt) zu versichern. Am 18. Juni 1996 änderte der Grosse Rat des Kantons Aargau das Gesetz. Dabei wurde unter anderem ein neuer § 34a eingefügt, welcher wie folgt lautet: 1 Die Anstalt hat von einem allfälligen nach der Verwendung des Jahresüberschusses für Versicherungszwecke verbleibenden Rest höchstens die Hälfte, begrenzt auf eine Million Franken, der Staatskasse abzuliefern. 2 Als Versicherungszwecke gelten insbesondere: a) die Vornahme von betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen und Rückstellungen; b) die ausreichende Äufnung der gesetzlichen Reserven; c) angemessene Einlagen in den kantonalen Löschfonds. 3 Bestehen über mehrere Jahre hinweg Überschüsse, sind die Prämien zu verbilligen oder die Versicherungsleistungen entsprechend anzupassen. BGE 124 I 11 S. 13 Die Gesetzesänderung wurde in der Volksabstimmung vom 22. September 1996 angenommen und auf den 1. Januar 1997 in Kraft gesetzt. Prof. Dr. Georg Müller, Eigentümer einer im Kanton Aargau gelegenen Liegenschaft, erhebt im Anschluss an die Publikation des Erlasses in der Gesetzessammlung staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 31 BV mit dem Antrag, § 34a des Gesetzes aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition ( BGE 122 I 39 E. 1 S. 41, mit Hinweisen). a) Die staatsrechtliche Beschwerde ist zulässig gegen letztinstanzliche kantonale Hoheitsakte, die nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde angefochten werden können ( Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 OG ). Das Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs gilt auch für die Anfechtung kantonaler Erlasse im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle ( BGE 119 Ia 197 E. 1b S. 200, 321 E. 2a S. 324). Gemäss § 68 des aargauischen Gesetzes vom 9. Juli 1968 über die Verwaltungsrechtspflege können kantonale Dekrete und Verordnungen sowie Erlasse der Gemeinden, öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten jederzeit dem Verwaltungsgericht zur Prüfung auf ihre Verfassungs- und Gesetzmässigkeit unterbreitet werden. Dies gilt jedoch nicht für kantonale Gesetze. Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher direkt gegen die Gesetzesänderung zulässig. b) Zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Erlass ist legitimiert, wer durch die angefochtene Bestimmung unmittelbar oder virtuell (d.h. mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit früher oder später einmal) in seiner rechtlich geschützten Stellung betroffen wird ( BGE 122 I 222 E. 1a S. 224, mit Hinweisen). Insoweit Art. 31 BV verfassungsrechtliche Schranken für die Zulässigkeit kantonaler Monopole enthält, kann sich der Beschwerdeführer neben Art. 4 BV auch auf diese Bestimmung berufen, da er als prämienzahlungspflichtiger Eigentümer einer im Kanton Aargau gelegenen Liegenschaft vom Versicherungsmonopol betroffen ist. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. BGE 124 I 11 S. 14 c) Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts massgebend, ob der betreffenden Norm nach den anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn beigelegt werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, wenn sie sich jeder verfassungskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist ( BGE 123 I 112 E. 2a S. 116; BGE 122 I 18 E. 2a S. 20; mit Hinweisen). 2. Der angefochtene neue § 34a des Gebäudeversicherungsgesetzes kann zur Folge haben, dass ein Teil des Jahresüberschusses der Aargauischen Gebäudeversicherungsanstalt (Anstalt) nicht für Versicherungszwecke verwendet, sondern in die allgemeine Staatskasse abgeliefert wird. Der Überschuss der Anstalt kann daraus resultieren, dass diese höhere Prämien bezieht, als versicherungstechnisch erforderlich wäre; würde die Anstalt den Überschuss nicht dem Staat abliefern, könnte sie den Versicherten eine Prämienverbilligung gewähren. Im Ergebnis werden die Beiträge, welche die obligatorisch bei der Anstalt versicherten Grundeigentümer zu bezahlen haben, insofern teilweise nicht für Zwecke der Versicherung, sondern zur Finanzierung allgemeiner Staatsausgaben verwendet. Die Grundeigentümer werden dadurch mit einer nicht zweckgebundenen, dem allgemeinen Mittelbedarf des Staates dienenden Abgabe belastet, die sich wirtschaftlich wie eine Steuer auswirkt. Die Ablieferungspflicht wurde denn auch damit begründet, dass der Staat seine Finanzierungsmöglichkeiten ausschöpfen solle. Nach Ansicht des Beschwerdeführers wird dadurch der bisherige sozialpolitische Zweck des Versicherungsmonopols durch einen fiskalischen Zweck ergänzt; damit werde ein neues kantonales Monopol eingeführt, was, soweit dieses fiskalisch motiviert sei, gegen Art. 31 Abs. 2 BV verstosse. 3. a) Art. 31 Abs. 1 BV gewährleistet die Handels- und Gewerbefreiheit. Nach Abs. 2 bleiben kantonale Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerben und deren Besteuerung vorbehalten; sie dürfen jedoch, soweit die Bundesverfassung nichts anderes vorsieht, den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen. Vorbehalten bleiben auch die kantonalen Regalrechte. Die Bundesverfassung hatte in der ursprünglichen Formulierung von 1874 nur das kantonale Salzregal ausdrücklich vorbehalten. In BGE 124 I 11 S. 15 Lehre und Praxis war jedoch weitgehend unbestritten, dass auch weitere kantonale Monopole, die vor 1874 bereits bestanden hatten, zulässig waren, namentlich das Bergregal, das Jagd- und Fischereiregal sowie die obligatorische staatliche Gebäudeversicherung (SALIS, Schweizerisches Bundesrecht, 2. Aufl., V. Bd., Bern 1904, Nr. 2380 und 2381; vgl. BGE 91 I 182 E. 2b S. 186; BGE 37 I 503 E. 6 S. 530; WALTHER BURCKHARDT, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, 3. Aufl. Bern 1931, S. 228 f.; MARKUS FELDMANN, Kartelle, Trusts und Monopole im Verhältnis zur Handels- und Gewerbefreiheit, Diss. Basel 1931, S. 129 f.; bzgl. Gebäudeversicherung a.M. LUCIANO GIUDICI, Problemi giuridici della municipalizzazione dei servizi pubblici, Tesi Berna 1964, Locarno 1970, S. 68 ff.; MELCHIOR SPAHN, Die kantonalen Regalrechte nach Art. 31 Abs. 2 der Bundesverfassung, Diss. Zürich 1956, S. 84 ff.). Anlässlich der Revision der Wirtschaftsartikel von 1947 wurde in Art. 31 Abs. 2 BV der Vorbehalt auf die kantonalen Regalrechte ganz allgemein erweitert (Darstellung der Entstehungsgeschichte bei KARIN SUTTER-SOMM, Das Monopol im schweizerischen Verwaltungs- und Verfassungsrecht, Diss. Basel 1989, S. 106 ff.). Nach Lehre und Rechtsprechung erlaubt Art. 31 Abs. 2 BV den Kantonen, neue Monopole einzuführen, jedoch nur in bestimmten Grenzen; die Kantone dürfen nicht jede wirtschaftliche Tätigkeit monopolisieren und damit die Handels- und Gewerbefreiheit faktisch ausser Kraft setzen. Es bleibt im einzelnen zu untersuchen, wo die Grenzen der zulässigen Monopolbildung liegen. b) Nach einhelliger Auffassung gewährleistet Art. 31 Abs. 2 BV die historischen Grundmonopole wie das Jagd- und Fischereiregal, das Bergregal und das Salzmonopol. Diese Regale dürfen auch fiskalischen Zwecken dienen ( BGE 119 Ia 123 E. 2b S. 128; 114 Ia 8 E. 2b S. 11 ; 95 I 497 E. 2/3 S. 500 ff.; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl. Zürich 1993, S. 472 Rz. 1499; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl. Zürich 1993, S. 474; PIERRE MOOR, Droit administratif, Vol. III, Bern 1992, S. 387 f.; RENÉ RHINOW, Kommentar BV, Rz. 230 zu Art. 31; CLAUDE RUEY, Monopoles cantonaux et liberté économique, Thèse Lausanne 1988, S. 101 f.; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 48, 112, 116 f.). Darüber hinaus dürfen die Kantone weitere Monopole errichten, sofern dies durch hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls, namentlich polizeiliche oder sozialpolitische Gründe, gerechtfertigt und verhältnismässig ist ( BGE 109 Ia 193 E. 2b S. 195 f.; 101 Ia 124 BGE 124 I 11 S. 16 E. 8 S. 127 ff.; BGE 100 Ia 445 E. 5b S. 451; BGE 96 I 204 E. 1/2 S. 207 f.; BGE 95 I 144 E. 4/5 S. 149 ff.; BGE 91 I 182 E. 2b S. 186; FRANÇOIS AUBERT, Bundesstaatsrecht der Schweiz, Bd. 2, Nachtrag bis 1994, Basel 1995, S. 887 f.; ANTOINE FAVRE, Droit constitutionnel suisse, 2. Aufl. Freiburg 1970, S. 399 f.; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984, S. 202 f.; ETIENNE GRISEL, Les monopoles d'Etat, in: Mél. A. Grisel, Neuchâtel 1983, S. 399-415, 410; ders., Liberté du commerce et de l'industrie, Vol. 2, Bern 1995, S. 224 ff.; FRITZ GYGI/PAUL RICHLI, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. Bern 1997, S. 74 f.; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 475; HANS MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit der schweizerischen Bundesverfassung, Basel 1976, S. 171; MOOR, a.a.O., S. 391 f.; RUEY, a.a.O., S. 257 ff.; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 47, 116 f., 142 ff.; vgl. auch BGE 123 II 359 E. 5b S. 368; kritisch GIUDICI, a.a.O., S. 47 ff.; KLAUS VALLENDER, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung, 3. Aufl. Bern 1995, S. 102 ff.). Im Unterschied zu den historischen Grundmonopolen dürfen diese Monopole nicht als Fiskalmonopole ausgestaltet sein ( BGE 101 Ia 124 E. 8c S. 129; BGE 100 Ia 445 E. 5b S. 451; BGE 95 I 144 E. 4b S. 150 f.; BGE 91 I 182 E. 2b S. 186; AUBERT, a.a.O., S. 887; FAVRE, a.a.O., S. 399; ANDRÉ GRISEL, a.a.O., S. 203; HÄFELIN/HALLER, a.a.O., S. 472 Rz. 1498; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 475; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Bd. 2, Zürich 1982, S. 153; MARTI, a.a.O., S. 172; RHINOW, a.a.O., Rz. 230 f. zu Art. 31; RUEY, a.a.O., S. 101 ff.; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 117). c) In der Lehre ist umstritten, zu welcher Kategorie das Gebäudeversicherungsmonopol gehört: manche Autoren stellen es den historischen Regalen gleich, da es bereits vor 1874 in der Mehrzahl der Kantone bestanden habe (MARC CHRISTEN, Kantonale Regale und Bundespolizeirecht, Diss. Bern 1950, S. 62 f.; KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980, Aarau 1986, S. 178; ETIENNE GRISEL, a.a.O. (1995), S. 221; GYGI/RICHLI, a.a.O., S. 74; HANGARTNER, a.a.O., S. 153; BEAT KRÄHENMANN, Privatwirtschaftliche Tätigkeit des Gemeinwesens, Diss. Basel 1987, S. 68, 167; MARTI, a.a.O., S. 170; RUEY, a.a.O., S. 247 ff.; VALLENDER, a.a.O., S. 102). Andere betrachten es jedoch als Gewerbemonopol, das nicht schon kraft seines Alters gerechtfertigt werden könne (GIUDICI, a.a.O., S. 68; MOOR, a.a.O., S. 388 f.; SPAHN, a.a.O., S. 84 f.; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 113, 167 Anm. 36). d) Die sachliche Besonderheit der historischen Bodenregale ergibt sich daraus, dass sie vorbestehende, nur beschränkt vorhandene, wirtschaftlich nutzbare Naturgüter betreffen, die herrenlos sind und BGE 124 I 11 S. 17 daher dem Kanton zustehen ( Art. 664 ZGB ; vgl. BGE 119 Ia 390 E. 5d/e, 9 und 11b, S. 399 f., 404 ff.; BGE 95 I 497 E. 2 S. 499; AUBERT, a.a.O., S. 888 Rz. 1954; MOOR, a.a.O., S. 387 f.). Das Gemeinwesen, dem die Herrschaft über diese Güter zusteht, kann daraus gleichermassen einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen, wie das ein privater Nutzungsberechtigter könnte, wenn die entsprechenden Güter im Privateigentum stünden. Das Versicherungsmonopol bezieht sich demgegenüber nicht auf ein Naturgut, sondern auf eine gewerbliche Tätigkeit. Es ist eher mit den polizeilichen oder sozialpolitischen Gewerbemonopolen vergleichbar als mit den historischen Grundmonopolen. Der blosse Umstand, dass das Versicherungsmonopol in vielen Kantonen (unter anderem auch im Kanton Aargau, wo es mit Gesetz vom 16. Mai 1805 eingeführt wurde, vgl. CURT GIESKER, Zur Verstaatlichung der Gebäudeversicherung in der Schweiz, Diss. Zürich 1912, S. 10 ff.) bereits vor 1874 bestand, kann deshalb für seine Zulässigkeit nicht entscheidend sein. Schon die Praxis des Bundesrates rechtfertigte das Gebäudeversicherungsmonopol damit, dass es nicht fiskalischen Zwecken diene (SALIS, a.a.O., Nr. 2381 S. 482 f.). Auch das Bundesgericht entschied 1911 bereits in diesem Sinne ( BGE 37 I 503 E. 5 S. 524 f.). Daran ist festzuhalten. Anders als die historischen Grundregale ist somit das Gebäudeversicherungsmonopol als Fiskalmonopol nicht zulässig; seine Ausgestaltung ist nach den Kriterien des öffentlichen Interesses zu beurteilen (ETIENNE GRISEL, a.a.O. (1995), S. 222; MOOR, a.a.O., S. 388 f.; RUEY, a.a.O., S. 240, 247 f., 250 ff.). 4. a) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sich das Gebäudeversicherungsmonopol aus polizeilichen und sozialpolitischen Gründen rechtfertigen lasse. Er behauptet auch nicht, das aargauische Monopol sei in Wirklichkeit ein reines Fiskalmonopol. Umstritten ist einzig, ob es zulässig ist, dass ein grundsätzlich polizeilich oder sozialpolitisch gerechtfertigtes Monopol daneben einen gewissen Reinertrag in die allgemeine Staatskasse abliefert. b) Das Bundesgericht hat in BGE 95 I 144 E. 4b S. 150 f. entschieden, ein fiskalisches Interesse sei dann anzunehmen, wenn die Ausgestaltung oder Handhabung des Monopols es dem Monopolbetrieb gestatte, nach Deckung sämtlicher Unkosten (insbesondere der Vornahme angemessener Abschreibungen und Rückstellungen sowie nach Abzug des üblichen Zinses für Eigen- und Fremdkapital) dem Gemeinwesen in irgendeiner Form geldwerte Leistungen zu erbringen, die andernfalls mit Steuermitteln zu bezahlen wären. Um des Fiskalertrags willen lässt sich ein Gewerbemonopol nicht BGE 124 I 11 S. 18 rechtfertigen (a.a.O., E. 6 S. 153). In mehreren Entscheiden hat das Bundesgericht erkannt, dass rein fiskalische Interessen ein Gewerbemonopol nicht rechtfertigen könnten ( BGE 109 Ia 193 E. 2b S. 196; BGE 100 Ia 445 E. 5b S. 451; BGE 96 I 204 E. 1 S. 207; BGE 91 I 182 E. 2b S. 186). Das bedeutet umgekehrt, dass noch nicht von einem unzulässigen fiskalischen Zweck gesprochen werden kann, wenn ein Monopol, das sich unabhängig von fiskalischen Interessen mit zulässigen Gründen des öffentlichen Wohls rechtfertigen lässt, daneben einen gewissen, unbedeutenden Reinertrag abwirft. Die Lehre ist - soweit sie sich zu dieser Frage äussert - mehrheitlich ebenfalls dieser Auffassung (AUBERT, a.a.O., S. 888 Rz. 1955; ETIENNE GRISEL, a.a.O. (1983), S. 411, (1995), S. 226 f.; BLAISE KNAPP, Précis de droit administratif, 4. Aufl. Basel 1991, S. 294 Rz. 1396, S. 582 Rz. 2826; MOOR, a.a.O., S. 389 f.; RUEY, a.a.O., S. 98 ff., 119; besonders für die Gebäudeversicherung: ETIENNE GRISEL, a.a.O. (1995), S. 222; HEINRICH KOLLER, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: Handbuch des Staats- und Verwaltungsrechts des Kantons Basel-Stadt, Basel 1984, S. 487-547, 531, 533). Nach MARTI (a.a.O., S. 172) liegt ein fiskalischer Charakter vor, wenn ein Monopolbetrieb ständig Überschüsse abwirft, welche als feste und nicht bloss kasuelle und unbedeutende Beträge in die Staats- oder Gemeindekasse fliessen, besonders wenn die Leistungen so tarifiert sind, dass das Gemeinwesen ständig einen Überschuss erzielt. c) Der Beschwerdeführer erachtet es demgegenüber als nicht zulässig, dass die Monopolanstalt einen Reingewinn dem Staat abliefere. Die Prämien der Versicherten seien Gebühren, für welche das Kostendeckungsprinzip gelte. Die Begründetheit dieser Auffassung ist im folgenden zu prüfen. 5. a) Die Unzulässigkeit von Fiskalmonopolen dient in erster Linie dem Schutz einer privatwirtschaftlichen Ordnung; würde ein rein fiskalisches Interesse als hinreichendes öffentliches Interesse für die Begründung eines Monopols anerkannt, könnte ein Kanton die ganze Wirtschaftstätigkeit, soweit sie gewinnbringend ist, monopolisieren und damit die privatwirtschaftliche Ordnung und die Handels- und Gewerbefreiheit faktisch aus den Angeln heben. Das ist jedoch nicht der Fall, wenn ein Monopol, das sich durch ein hinreichendes nicht-fiskalisches Interesse rechtfertigen lässt, nebenbei dem Staat einen Ertrag abliefert. Das fiskalische Nebeninteresse darf zwar für die Rechtfertigung des Monopols nicht herangezogen werden, hindert diese umgekehrt aber auch nicht. Die Handels- und Gewerbefreiheit in ihrem Sinne als Hüterin einer privatwirtschaftlichen BGE 124 I 11 S. 19 Ordnung wie auch als individualrechtlicher Schutz der Ausübung bestimmter wirtschaftlicher Tätigkeiten wird dadurch nicht stärker beeinträchtigt als durch ein (zulässiges) Monopol, welches keinen Ertrag abwirft. b) Sodann steht der Schutz der Monopolbenützer zur Diskussion: Das Gebäudeversicherungsmonopol hat zur Folge, dass die Eigentümer nicht selber auswählen können, ob und allenfalls bei welcher Versicherung sie ihr Gebäude versichern wollen. Die Versicherungsprämie hat daher den Charakter einer zwangsweise erhobenen Gebühr für eine obligatorische staatliche Leistung. Insofern untersteht sie den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Abgabenerhebung. Enthält die Abgabe eine fiskalische Komponente, so müssen die dafür geltenden Voraussetzungen erfüllt sein. c) Auch bei andern als den historischen Grundregalen kann es demnach mit Art. 31 Abs. 2 BV vereinbar sein, dass eine staatliche Monopolanstalt einen Reingewinn erzielt und dem Staat abliefert. Voraussetzung ist, dass sich das Monopol auch unabhängig vom fiskalischen (Neben-)Zweck mit hinreichenden öffentlichen Interessen rechtfertigen lässt und die verfassungsmässigen Grundsätze der Abgabenerhebung erfüllt sind. Die erste Voraussetzung ist vorliegend nicht bestritten. Hingegen rügt der Beschwerdeführer, das in Art. 4 BV enthaltene und in § 30 des Gebäudeversicherungsgesetzes näher umschriebene Kostendeckungsprinzip werde durch die Ablieferungspflicht verletzt. Dies ist im folgenden zu prüfen. 6. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedürfen öffentliche Abgaben der Grundlage in einem formellen Gesetz. Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur Festlegung der Abgabe an eine untergeordnete Behörde, so muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlagen selber festlegen, doch können diese Anforderungen für gewisse Arten von Kausalabgaben gelockert werden, wenn das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip) begrenzt wird ( BGE 123 I 248 E. 2 S. 249, 254 E. 2a S. 255; BGE 122 I 279 E. 6a S. 289, 305 E. 5a S. 311 f., je mit Hinweisen). Das Legalitätsprinzip ist zudem nach der Natur der Abgabe differenziert zu betrachten ( BGE 121 I 230 E. 3g/aa S. 238). Es darf weder seines Gehalts entleert, noch auf der andern Seite in einer Weise überspannt werden, dass es mit der Rechtswirklichkeit und dem Erfordernis der Praktikabilität in einen unlösbaren Widerspruch gerät ( BGE 120 Ia 1 E. 3c S. 3, mit Hinweis). Insbesondere sind die Anforderungen nach der Höhe der BGE 124 I 11 S. 20 fraglichen Abgabe zu differenzieren; so sind die Kanzleigebühren im Hinblick auf ihre im allgemeinen geringe Höhe seit je vom Erfordernis einer formellgesetzlichen Grundlage ausgenommen worden ( BGE 112 Ia 39 E. 2a S. 44; RDAT 1997 I 54167, E. 4a). b) Das Kostendeckungsprinzip findet freilich keine Anwendung auf Regalgebühren, das heisst auf Gebühren, die für die Einräumung eines Regalrechts oder einer Konzession erhoben werden und denen keine spezielle staatliche Leistung gegenübersteht ( BGE 121 II 183 E. 4a S. 187 f.; BGE 119 Ia 123 E. 3c S. 130; BGE 114 Ia 8 E. 2b S. 12; BGE 109 Ib 308 E. 5b S. 314; BGE 101 Ib 462 E. 3b S. 468; GEORG MÜLLER, Rechtsgleichheit, Kommentar zu Art. 4 BV , Überarbeitung 1995, Rz. 82; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, S. 341). Das wird damit begründet, dass das Regal fiskalisch motiviert sei und entsprechend ausgenützt werden könne ( BGE 119 Ia 123 E. 3c S. 130; BGE 95 I 497 E. 3 S. 501 f.). Diese Begründung kann indessen nur soweit gelten, als überhaupt eine fiskalische Rechtfertigung von Regalen zulässig ist, also namentlich für die historischen Grundregale oder für Regale, bei denen die Verfassung ausdrücklich eine fiskalische Komponente vorsieht (z.B. Art. 36 Abs. 2 oder Art. 39 Abs. 4 BV ). Sie kann jedoch keine Anwendung finden auf Gebühren, welche die Benützer einer obligatorischen staatlichen bzw. monopolisierten Dienstleistung dafür zu bezahlen haben. Dabei handelt es sich der Sache nach nicht um Regalabgaben, sondern um Verwaltungsgebühren. Es kann diesbezüglich nichts anderes gelten als für jede andere staatliche Dienstleistung bzw. die dafür zu bezahlenden Gebühren (vgl. auch BGE 103 Ia 85 E. 5a S. 87 f.; ETIENNE GRISEL, a.a.O. (1995), S. 226 f.). Für Gewerbemonopole ist daher in Präzisierung der bisherigen Praxis festzuhalten, dass hier die üblichen Grundsätze der Gebührenerhebung Anwendung finden, jedenfalls soweit es sich um Gebühren für obligatorische Leistungen handelt. c) Nach dem Kostendeckungsprinzip sollen die Gesamteingänge an Kausalabgaben den Gesamtaufwand für den betreffenden Verwaltungszweig nicht oder höchstens geringfügig überschreiten ( BGE 121 I 230 E. 3f S. 236 f., mit Hinweisen). Zum Gesamtaufwand sind nicht nur die laufenden Ausgaben des betreffenden Verwaltungszweiges, sondern auch angemessene Rückstellungen, Abschreibungen und Reserven hinzuzurechnen ( BGE 120 Ia 171 E. 2a S. 174; BGE 118 Ia 320 E. 4b S. 325; ANDRÉ GRISEL, a.a.O., S. 611 f.). d) Das Kostendeckungsprinzip ist ein Surrogat für eine gesetzliche BGE 124 I 11 S. 21 Grundlage. Ist es eingehalten, so können die sonst üblichen Anforderungen an eine formellgesetzliche Grundlage herabgesetzt werden. Soweit eine entsprechende formellgesetzliche Grundlage besteht, können jedoch auch Abgaben erhoben werden, die einen Mehrertrag abwerfen ( BGE 122 I 279 E. 6a S. 289, mit Hinweisen). Das betrifft insbesondere Regalabgaben und Gebühren für Leistungen öffentlicher Monopolbetriebe ( BGE 114 Ia 8 E. 2b S. 11; nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 19. Juli 1995 i.S. K. und Mitbeteiligte, E. 4b). Insoweit sind auch Abgaben mit Steuercharakter zulässig, sofern das die Abgabe erhebende Gemeinwesen eine entsprechende Steuerkompetenz hat. 7. a) Vorliegend legt das Gebäudeversicherungsgesetz den Kreis der Abgabepflichtigen (Versicherte bzw. Versicherungspflichtige, § 30 und 32 Abs. 2) sowie den Gegenstand der Abgabe (versicherte Gebäude, § 4 ff.) fest. Zu prüfen bleibt, ob es die Bemessungsgrundlagen mit genügender Bestimmtheit festlegt bzw. ob die Abgabe anhand des Kostendeckungsprinzips überprüfbar ist. b) Gemäss § 2 des Gebäudeversicherungsgesetzes hat die Gebäudeversicherung den Zweck, die staatlichen Massnahmen auf dem Gebiete der Feuerpolizei und des Feuerwehrwesens zur Verhütung und Einschränkung der Brandfälle zu unterstützen und die Schäden und Kosten zu decken, die durch Brand, Blitzschlag, Explosion oder Elementarschäden entstehen. Sie finanziert sich hauptsächlich durch Beiträge der Versicherten. Diese Beiträge werden nach § 30 des Gesetzes gemäss einem vom Verwaltungsrat der Anstalt festzustellenden Tarif erhoben. Die Ansätze richten sich laut Abs. 2 nach anerkannten versicherungstechnischen Grundsätzen, insbesondere nach der vorhandenen Feuer- und Elementarschadengefahr. Die Prämieneinnahmen sollen ausreichen, um die Schäden zu vergüten, den Reservefonds zu speisen, die Massnahmen auf den Gebieten des vorbeugenden und bekämpfenden Brandschutzes durch Beiträge zu unterstützen, die Rückversicherungsprämien zu bezahlen und die Verwaltungskosten zu decken. Das Gesetz legt damit die Prämie nicht zahlenmässig fest, doch enthält es immerhin überprüfbare Grundzüge der Bemessung. c) Die gemäss § 30 des Gebäudeversicherungsgesetzes für die Prämiengestaltung zu berücksichtigenden Kostenfaktoren sind diejenigen, die sich aus der Erfüllung der in § 2 des Gesetzes genannten Aufgaben der Anstalt ergeben. Insofern deckt sich die Gesetzmässigkeit der Prämienberechnung weitgehend mit dem Kostendekkungsprinzip: dieses ist eingehalten, wenn die Prämien nicht höher BGE 124 I 11 S. 22 sind als erforderlich ist, um die in § 2 des Gesetzes genannten Aufgaben der Gebäudeversicherung erfüllen zu können. Freilich ergibt sich daraus die Höhe des Beitrags nicht mit Bestimmtheit. Wohl sind die Aufwendungen zur Deckung der Schäden nach versicherungstechnischen Grundsätzen einigermassen zuverlässig abschätzbar. Zusätzlich sieht das Gesetz aber vor, dass aus dem Ertrag der Gebäudeversicherung Brandschutzmassnahmen unterstützt werden. Zu diesem Zweck leistet die Anstalt Einlagen in den kantonalen Löschfonds, aus welchem nach Massgabe der regierungsrätlichen Verordnung vom 9. Dezember 1991 über die Beitragsleistungen aus dem kantonalen Löschfonds an das Feuerwehrwesen Beiträge für die Lösch- und Rettungseinrichtungen der Gemeinden und der vorgeschriebenen Betriebsfeuerwehren und Löschgruppen ausgerichtet werden. Das Gebäudeversicherungsgesetz legt die Höhe der Einlagen in den Löschfonds nicht selber fest, sondern überlässt dies dem Verwaltungsrat der Gebäudeversicherung (vgl. § 34a Abs. 2 lit. c und § 76 Abs. 2 des Gebäudeversicherungsgesetzes, in der Fassung vom 22. September 1996). Insoweit kann die Gebäudeversicherung in einem gewissen Umfang selber die Höhe ihres Gesamtaufwandes und damit auch die Höhe der Prämien festlegen. Das rechtfertigt sich jedoch im Interesse einer gewisse Flexibilität und der zweckmässigen Aufgabenerfüllung. Welcher Aufwand für vorbeugenden Brandschutz betrieben und welche Brandrisiken in Kauf genommen werden sollen, ist im wesentlichen eine Frage der wirtschaftlichen Optimierung, die Fachkunde und Vertrautheit mit der Materie verlangt. Die Übertragung dieser Aufgaben an eine verselbständigte staatliche Anstalt hat gerade den Zweck, dieser einen gewissen Handlungsspielraum zu ermöglichen. Die wesentlichen Kriterien der Prämie sind zudem im formellen Gesetz genannt. Dass sie einen gewissen Spielraum in der Festlegung der Prämienhöhe belassen, ist angesichts der für den einzelnen Eigentümer relativ geringen Höhe der Prämie jedenfalls nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer rügt denn auch nicht, dass die gesetzliche Grundlage für die Bemessung der Prämie an sich zu unbestimmt wäre. d) Das Gesetz sieht nicht vor, dass die Prämien höher angesetzt werden dürften, als dies nach versicherungstechnischen Grundsätzen bzw. zur Erzielung eines ausgeglichenen Ergebnisses (unter Berücksichtigung der nach § 2 bzw. § 30 des Gesetzes zu finanzierenden Aufwendungen) erforderlich ist. Indessen lassen sich Prämien einer Gebäudeversicherung nicht so genau festlegen, dass jedes BGE 124 I 11 S. 23 Jahr ein exakt ausgeglichenes Ergebnis zustandekommt. Insofern ist es unvermeidlich und auch zulässig, dass gewisse Einnahmenüberschüsse entstehen. Das anerkennt auch der Beschwerdeführer. Er bringt jedoch vor, diese Überschüsse dürften ausschliesslich zu Versicherungszwecken oder zur Verbilligung der Prämien verwendet werden. e) Indem der Gesetzgeber mit dem neuen § 34a des Gesetzes eine Gewinnablieferung vorgesehen hat, ändert er nichts an den in § 30 vorgesehenen Grundsätzen der Beitragsgestaltung; er sieht bloss vor, dass der allfällige trotzdem entstehende Überschuss dem Staat abzuliefern sei. Das kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht als gegen Art. 4 BV verstossender innerer Widerspruch betrachtet werden. Ein solcher Widerspruch läge nur vor, wenn § 34a verlangte, dass die Beiträge höher festzusetzen sind, als in § 30 festgelegt ist. Das ist jedoch nicht der Fall: Die Prämie muss nach den Grundsätzen von § 30 des Gesetzes bemessen werden. Sie darf nicht so ausgestaltet werden, dass von vornherein ein Überschuss budgetiert wird. Diese Regelung entspricht nach dem Gesagten den Anforderungen an eine gesetzliche Grundlage. Kommt nun - beispielsweise infolge eines günstigen Schadenverlaufs - dennoch ein Überschuss zustande, so hat der Gesetzgeber mit dem neuen § 34a nicht eine von § 30 abweichende Prämiengestaltung festgelegt, sondern nur, aber immerhin, ausdrücklich festgelegt, dass dieser gewissermassen zufällige Überschuss (teilweise) dem Staat abzuliefern sei. Insofern besteht eine genügende gesetzliche Grundlage für die fiskalische Verwendung eines geringen Überschusses. f) Gemäss § 34a des Gesetzes ist die Gewinnablieferung auf maximal eine Million Franken begrenzt, was nach den Angaben des Beschwerdeführers rund 2% der gesamten Prämieneinnahmen entspricht. Für den durchschnittlichen Liegenschaftseigentümer macht das einige Franken pro Jahr aus. Bestehen über mehrere Jahre hinweg Überschüsse, sind zudem gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die Prämien zu verbilligen oder die Versicherungsleistungen anzupassen (§ 34a Abs. 3 des Gebäudeversicherungsgesetzes). Dass eine solche Verbilligung der Prämien nicht, wie der Beschwerdeführer das verlangt, schon vorgenommen wird, wenn in einem einzigen Jahr ein Überschuss erwirtschaftet wird, lässt sich angesichts der für den einzelnen Versicherten geringen Beträge mit Praktikabilitätsgründen rechtfertigen. 8. a) Der Regierungsrat rechtfertigt die Gewinnablieferung unter anderem auch damit, diese stelle eine Abgeltung für die BGE 124 I 11 S. 24 Steuerbefreiung dar, welche der Kanton der Gebäudeversicherungsanstalt gewährt (§ 1 Abs. 4 des Gebäudeversicherungsgesetzes). Der Kanton könnte die Ausübung des Monopols auch an Private übertragen, die alsdann steuerpflichtig wären. b) Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, der Gesetzgeber dürfe das verfassungsrechtliche Verbot fiskalisch motivierter Monopole nicht dadurch umgehen, dass er die Ausübung der monopolisierten Tätigkeit einem Privaten übertrage; auch ein öffentliches Unternehmen in privatrechtlicher Form, welchem durch Konzession die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe übertragen würde, müsste auf die Erzielung von Gewinnen verzichten und von der Steuerpflicht befreit werden. c) In § 55 Abs. 2 der aargauischen Kantonsverfassung ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Ausübung der Regale an Private übertragen werden kann. Zwar kritisiert die Lehre teilweise die Konzessionierung monopolisierter Tätigkeiten an Private (AUBERT, a.a.O., S. 888 Rz. 1956; BURCKHARDT, a.a.O., S. 232; FAVRE, a.a.O., S. 403; MAX IMBODEN/RENÉ A. RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. A., Basel 1976, S. 985 f.; PETER SALADIN, Grundrechte im Wandel, 3. Aufl. Bern 1982, S. 258 f.; VALLENDER, a.a.O., S. 103). Indessen haben Praxis und herrschende Lehre jedenfalls bisher eine solche Konzessionierung auch bei Polizei- oder Wohlfahrtsmonopolen grundsätzlich als zulässig betrachtet (EICHENBERGER, a.a.O., S. 179; ANDRÉ GRISEL, a.a.O., S. 204; KNAPP, a.a.O., S. 294; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 21 f.; RHINOW/KRÄHENMANN, a.a.O., S. 425, 439; MARTI, a.a.O., S. 168; PAUL RICHLI, Kantonale Monopole - Die offene Flanke der Handels- und Gewerbefreiheit, ZBl 90/1989 S. 476 ff., 479; RUEY, a.a.O., S. 280 f.; SUTTER-SOMM, a.a.O., 20 f.). Bei manchen monopolisierten Tätigkeiten, wie etwa bei den Kaminfegern, ist die Konzessionierung an Private die Regel und wurde vom Bundesgericht als zulässig anerkannt ( BGE 109 Ia 193 E. 3d S. 202; BGE 96 I 204 E. 2 S. 207 f.). Diese Privaten ziehen alsdann aus ihrer konzessionierten Tätigkeit regelmässig und zulässigerweise einen Gewinn (KNAPP, a.a.O., S. 296 Rz. 1409; RHINOW/KRÄHENMANN, a.a.O., S. 440; vgl. BGE 96 I 204 E. 2 S. 207 f., sowie für die analoge Situation der staatlich zugelassenen Notare BGE 103 Ia 85 E. 5c S. 89 f.). Es ist zulässig, dafür vom Konzessionär eine Gegenleistung zu verlangen (MOOR, a.a.O., S. 390). Auch wurde jedenfalls bei privaten Konzessionären noch nie gefordert, das aus der konzessionierten Tätigkeit erzielte Einkommen müsse steuerbefreit sein. Weshalb es sich bei juristischen Personen anders verhalten BGE 124 I 11 S. 25 sollte, wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan. Es kann somit nicht gesagt werden, dass ein konzessioniertes Unternehmen von Verfassungs wegen zwingend von der Steuerpflicht befreit werden müsste. 9. Gesamthaft erlaubt jedenfalls die angefochtene Regelung eine verfassungskonforme Handhabung und verstösst daher nicht grundsätzlich gegen Art. 31 Abs. 2 BV . Sie leidet auch nicht an einem gegen Art. 4 BV verstossenden inneren Widerspruch (vorne E. 7e). Der blosse Umstand, dass die Organe der Gebäudeversicherung versucht sein könnten, zum Zwecke der Erzielung eines möglichst hohen Überschusses die Prämien in Verletzung von § 30 des Gebäudeversicherungsgesetzes bzw. des Kostendeckungsprinzips festzusetzen, führt jedenfalls im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nicht zur Aufhebung der beanstandeten Bestimmung (vorne E. 1c).
public_law
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
d9a8efca-0164-4eff-841e-2e03d716a4a1
Urteilskopf 116 Ia 401 60. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 20 décembre 1990 dans la cause Chambre genevoise immobilière contre Grand Conseil du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 22ter und Art. 31 ff. BV ; Art. 2 UeB BV; Genfer Gesetz über Abbruch, Umbau und Renovation von Wohnhäusern (AURG). 1. Das AURG beschränkt die Möglichkeiten des Umbaus von Wohnhäusern. Art. 3 Abs. 1 lit. a AURG setzt dem Umbau "Arbeiten von einer gewissen Wichtigkeit" gleich; diese Bestimmung kann in Übereinstimmung mit den Art. 269 ff. OR ausgelegt werden (Erw. 4). 2. Die wichtigen Reparaturen sind einem bewilligungspflichtigen Umbau gleichgestellt ( Art. 3 Abs. 1 lit. d AURG ); diese Bestimmung behindert die Anwendung von Art. 270b OR in Verbindung mit Art. 14 VMWG (SR 221.213.11) (Erw. 5). 3. Das AURG bewirkt keine dauernde und generelle Kontrolle der Mietzinse und der Preise auf kantonaler Ebene (Erw. 6). 4. Berücksichtigung der Reserve für den Unterhalt bei der Festsetzung des Preises oder des Mietzinses (Erw. 7). 5. Der Mieter hat ein Informations- und Mitspracherecht ausserhalb jeglicher Kündigung des Mietvertrages, wenn der Eigentümer die Absicht hat, Arbeiten auszuführen, die unter das Gesetz fallen ( Art. 13 AURG ). Diese Bestimmung kann verfassungskonform ausgelegt werden (Erw. 8). 6. Das AURG ist als solches in Übereinstimmung mit den Art. 22ter und Art. 31 ff. BV (Erw. 9). 7. Art. 3 Abs. 1 lit. c AURG setzt die Schaffung neuer Wohnungen in den Dachstühlen dem Umbau gleich; diese Bestimmung verletzt weder die Eigentumsgarantie noch die Handels- und Gewerbefreiheit (Erw. 10). 8. Leitende Grundsätze für die Festsetzung der Preise und Mietzinse der umgebauten Wohnungen durch die Behörden ( Art. 6 Abs. 6 AURG ). Diese Bestimmung kann nicht angewandt werden für Wohnungen, die nicht die überwiegenden Bedürfnisse der Bevölkerung decken, insbesondere die Luxuswohnungen (Erw. 11). In diesem Fall kann auch die Erhöhung des Mietzinses nicht auf 10% beschränkt werden (Erw. 12).
Sachverhalt ab Seite 403 BGE 116 Ia 401 S. 403 Le 23 décembre 1987, le Rassemblement pour une politique sociale du logement a déposé à la Chancellerie d'Etat du canton de Genève une initiative populaire "pour la sauvegarde des logements à loyers abordables", munie de 19'302 signatures. Il s'agissait d'une initiative rédigée au sens de l' art. 65 Cst. gen.; elle avait pour but la revision de plusieurs dispositions de la loi genevoise sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d'habitation, du 26 juin 1983 (aLDTR). Le Grand Conseil genevois - qui devait se prononcer sur l'initiative avant le 23 décembre 1988 comme l'exige l' art. 65 al. 3 Cst. gen. - l'a renvoyée pour étude à une commission parlementaire. Deux avis de droit sur la constitutionnalité de cette initiative ont été requis. L'un des experts est arrivé à la conclusion que l'initiative était conforme au droit constitutionnel; l'autre a considéré qu'elle se prêtait à une interprétation conforme à la Constitution, à l'exception de son art. 6 al. 6 qui aurait violé la garantie de la propriété, consacrée à l' art. 22ter Cst. Le 22 juin 1989, le Grand Conseil a adopté, sur proposition de la commission parlementaire, une nouvelle loi sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d'habitation (LDTR), BGE 116 Ia 401 S. 404 ce qui a entraîné le retrait de l'initiative (Mémorial des séances du Grand Conseil, 1989, p. 3640). La nouvelle loi a été publiée le 30 juin 1989 dans la Feuille d'avis officielle du canton de Genève. Le droit de référendum n'ayant pas été exercé, la loi est entrée en vigueur le 19 août 1989, soit le lendemain de sa promulgation par le Conseil d'Etat. Elle contient notamment les dispositions suivantes: Chapitre I Préambule Article 1 But La présente loi a pour but de préserver l'habitat et les conditions de vie dans les 4 premières zones de construction au sens de l'article 19 de la loi d'application de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire, du 4 juin 1987. Elle s'applique également aux maisons d'habitation construites dans d'autres zones à bâtir ou mises au bénéfice des normes de l'une des premières zones de construction en vertu des dispositions applicables aux zones de développement. A cette fin, et tout en assurant la protection des locataires, elle prévoit notamment: a) des restrictions à la démolition, à la transformation et au changement d'affectation des maisons d'habitation; b) l'encouragement à la rénovation des maisons d'habitation. Art. 2 Objet 1 Est réputé maison d'habitation tout bâtiment comportant des locaux qui, par leur aménagement et leur distribution, sont affectés à l'habitation. 2 Toutefois, ne sont pas assujetties à la présente loi les maisons individuelles ne comportant qu'un seul logement ainsi que les villas en 5e zone comportant un ou plusieurs logements, de même que les bâtiments situés en zone agricole. Art. 3 Définitions transformations 1 Par transformations, on entend: a) tous les travaux d'une certaine importance ayant notamment pour objet de modifier l'architecture, le volume, l'implantation, la destination, le style, l'équipement, la distribution intérieure d'une maison d'habitation, d'un ou plusieurs logements; b) la création d'installations nouvelles d'une certaine importance, telles que chauffage, distribution d'eau chaude, ascenseur, salles de bains et cuisines; c) la création de nouveaux logements dans la maison d'habitation concernée, notamment dans les combles; BGE 116 Ia 401 S. 405 d) les travaux de rénovation ayant pour objet d'améliorer le confort existant sans modifier la distribution des logements et les réparations importantes, tels que notamment: réfection de la toiture ou des façades, le remplacement des sanitaires, des tuyauteries, des salles de bain, du chauffage, de la distribution d'eau, des ascenseurs et de l'agencement des cuisines. Changement d'affectation 2 Par changement d'affectation, on entend toute modification même en l'absence de travaux, qui a pour effet de remplacer des locaux à destination de logements par des locaux à usage commercial, administratif, artisanal ou industriel. Sont également assimilés à des changements d'affectation: a) le remplacement de locaux à destination de logements par des résidences meublées ou des hôtels; b) le remplacement de résidences meublées ou d'hôtels par des locaux commerciaux, lorsque ces résidences ou ces hôtels répondent aux besoins prépondérants de la population; c) l'aliénation d'appartements loués, en application de l'article 9. Chapitre II Démolitions, transformations et changement d'affectation Art. 5 Principe Afin de préserver l'habitat existant et le caractère actuel des zones urbaines, nul ne peut, sous réserve de l'octroi d'une dérogation au sens de l'article 6, démolir ou transformer en tout ou partie une maison d'habitation, au sens de l'article 2, occupée ou inoccupée, ni en changer l'affectation. Art. 6 Dérogations 1 Le département peut accorder des dérogations lorsqu'elles s'imposent pour des motifs de sécurité ou de salubrité, ou sont justifiées par des motifs d'intérêt public ou d'intérêt général. Sécurité salubrité 2 La dérogation est accordée lorsque l'état du bâtiment comporte un danger pour la sécurité ou la santé de ses habitants ou des tiers et s'il n'est pas possible de remédier à cet état de fait sans frais disproportionnés pour le propriétaire. En cas de démolition, la construction nouvelle doit comporter une surface de plancher affectée au logement au moins équivalente. Intérêt public 3 Par intérêt public, on entend les opérations d'aménagement et d'assainissement d'intérêt public, les travaux publics et la construction d'édifices publics. BGE 116 Ia 401 S. 406 Intérêt général 4 Par intérêt général on entend: a) en cas de démolition d'un immeuble, une sensible augmentation de la surface du plancher affectée au logement lors de sa reconstruction; b) en cas de transformation d'un immeuble, la réalisation de logements supplémentaires, de même que l'exécution de travaux de rénovation ou de travaux répondant à une nécessité. 5 Le maintien ou le développement du commerce et de l'artisanat, lorsqu'il est souhaitable et compatible avec les conditions de vie du quartier, peut également être considéré d'intérêt général. Le département tient en outre compte, lors de l'octroi de dérogations, de la proportion de locaux affectés à un usage autre que l'habitation dans le bâtiment. Conditions d'octroi de la dérogation 6 Une dérogation n'est accordée en vertu des alinéa 1 à 4 que si des logements reconstruits, transformés ou créés répondent quant à leur genre, leur loyer ou leur prix aux besoins prépondérants de la population. Le département tient toutefois compte, dans son appréciation, du genre de logements existant avant leur transformation et du prix de revient de logements nouvellement créés notamment dans des combles ou à l'occasion d'une surélévation d'immeuble. Fixation des loyers et prix 7 Le département fixe lors de la délivrance de l'autorisation le montant des loyers maximaux des logements, il en fait de même pour les prix de vente maximaux des logements si ceux-ci sont soumis au régime de la propriété par étages ou à une autre forme de propriété analogue. 8 Lors de la fixation des loyers ou des prix de vente maximaux, le département prend en considération: a) le rendement équitable des capitaux investis pour les travaux; b) les charges d'exploitation; c) les réserves d'entretien que le propriétaire était en mesure de constituer eu égard aux loyers jusqu'alors pratiqués. 9 Les loyers et les prix de vente maximaux ainsi fixés sont soumis au contrôle de l'Etat, pendant une période de cinq à dix ans pour les constructions nouvelles et pendant une période de trois ans pour les immeubles transformés, durée qui peut être portée à cinq ans en cas de transformation lourde. Exception 10 Le département peut, en cas de transformation, au sens de l'article 3, alinéa 1, lettre d, renoncer à la fixation des loyers et des prix prévue aux alinéas 7 à 9 ci-dessus, lorsque de telles mesures n'apparaissent pas proportionnées aux circonstances et pour autant que la majoration éventuelle de loyer consécutive aux travaux n'excède pas 10%. BGE 116 Ia 401 S. 407 Affectation locative 11 Lorsqu'une dérogation est accordée, le département impose, en règle générale, l'affectation locative des logements pendant la durée du contrôle des loyers institué par l'alinéa 9. Demeure de surcroît réservé l'article 9. Art. 7 Durée de fixation des loyers et des prix 1 Lorsque les loyers et prix maximaux sont fixés, en vertu de l'article 6, alinéa 9, ils ne peuvent pas être modifiés, jusqu'à l'expiration du délai fixé, sous réserve de l'évolution des conditions d'exploitation de l'immeuble, notamment des variations du taux des intérêts hypothécaires et des charges d'exploitations, ou de la délivrance d'une nouvelle autorisation de transformation. 2 Aussi longtemps que le contrôle des loyers et des prix est en vigueur, les loyers ou le prix de vente des logements ne peuvent être supérieurs à ceux fixés en vertu de l'article 6 alinéas 7 à 9, sous réserve de l'alinéa 1 ci-dessus. 3 Toute demande de modification des loyers ou des prix de vente des logements en application de l'alinéa 1 doit être présentée par le propriétaire au département qui statue. Toute hausse de loyer admise par le département reste soumise aux dispositions de droit fédéral instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif. Art. 13 Consultation des locataires 1 Le propriétaire a l'obligation d'informer au préalable et par écrit les locataires et de les consulter en dehors de toute résiliation de bail, lorsqu'il a l'intention d'exécuter des travaux au sens de la présente loi. Il leur expose sont projet et les informe de la modification de loyer qui en résulte. Il leur impartit un délai de trente jours au moins pour présenter leurs observations et suggestions éventuelles. 2 Le département veille que le propriétaire informe par écrit, individuellement, les locataires, de la liste des travaux autorisés et du programme d'exécution de ces travaux. 3 En cas de non-respect de l'obligation d'information et de consultation prévue à l'alinéa 1 du présent article, le département peut refuser la délivrance de l'autorisation requise. L'article 14 de la présente loi (sanctions et mesures) est réservé. Agissant par la voie du recours de droit public, la Chambre genevoise immobilière demande au Tribunal fédéral principalement d'annuler la loi du 22 juin 1989, et subsidiairement d'annuler ses art. 3 et 13. Elle invoque une violation des art. 4, 22ter, 31 et 34 septies Cst., ainsi que de l'art. 2 Disp. trans. Cst. Le Grand Conseil propose le rejet du recours. BGE 116 Ia 401 S. 408 Par ordonnance du 30 août 1989, le Président de la Ire Cour de droit public a rejeté la demande d'effet suspensif présentée par la recourante. Erwägungen Considérant en droit: 4. L'art. 3 al. 1 let. a LDTR range au nombre des transformations, au sens de la loi, les travaux d'une certaine importance qui modifient notamment la destination, le style ou l'équipement d'une maison d'habitation, d'un ou de plusieurs logements. a) Pour la recourante, les critères de la destination et du style seraient superflus; l'art. 3 al. 2 définit en effet les changements d'affectation auxquels s'applique la loi, et le "style" serait une notion dépourvue de toute portée pratique. La recourante ne dit cependant pas clairement en quoi le recours à ces critères violerait l'art. 2 Disp. trans. Cst. L'exposé de ce grief ne répond donc pas aux exigences de l' art. 90 al. 1 let. b OJ et il n'est partant pas recevable ( ATF 114 Ia 316 consid. 1b, ATF 111 Ia 47 consid. 2, ATF 110 Ia 3 consid. 2a). b) La recourante conteste ensuite que les travaux portant sur l'équipement des logements puissent être assimilés à une transformation, car cela obligerait celui qui voudrait installer par exemple des machines à laver ou des armoires frigorifiques à requérir une autorisation. aa) La protection contre les loyers abusifs ou d'autres prétentions abusives du bailleur en matière de baux d'habitation et de locaux commerciaux est régie par les art. 269 ss nouveaux CO, entrés en vigueur le 1er juillet 1990 et par l'ordonnance du 9 mai 1990 sur le bail à loyer et le bail à ferme d'habitation et de locaux commerciaux (OBLF), qui a remplacé l' art. 10 OSL (ROLF 1990, p. 802 ss, 835 ss). Sous l'angle de la primauté du droit fédéral, le Tribunal fédéral a déjà jugé que les cantons ne peuvent pas intervenir dans les relations entre bailleur et locataire, et qu'il leur est en particulier interdit de légiférer sur la résiliation du bail ( ATF 113 Ia 143 /144 consid. 9d, arrêt du Tribunal fédéral du 27 mars 1985, en la cause Marini et consorts, consid. 4c et d, reproduit dans SJ 108/1986, p. 5-8; cf. aussi ATF 101 Ia 508 , ATF 99 Ia 626 /627, ATF 89 I 181 /182, ATF 88 I 171 /172). Il leur est de même prohibé d'instituer un contrôle général et permanent des loyers (arrêts du Tribunal fédéral non publiés P. E., du 29 septembre 1982, reproduit dans RDAF 39/1983 p. 251 s., et R., du 16 décembre BGE 116 Ia 401 S. 409 1986 consid. 4, reproduit dans SJ 110/1988 p. 632 s.; cf. ATF 101 Ia 513 s., 99 Ia 618 s., consid. 5). bb) Selon l' art. 269a let. b CO , ne sont pas abusifs, en principe, les loyers qui sont justifiés par des hausses de coûts ou par des prestations supplémentaires. Sont réputés prestations supplémentaires du bailleur, en vertu de l' art. 14 OBLF , les investissements qui aboutissent à des améliorations créant des plus-values, l'agrandissement de la chose louée, ainsi que les prestations accessoires supplémentaires. En règle générale, les frais causés par d'importantes réparations sont considérés, à raison de 50 à 70%, comme des investissements créant des plus-values (al. 1). Les augmentations de loyers fondées sur des améliorations entraînant une plus-value sont réputées non abusives lorsqu'elles ne servent qu'à couvrir équitablement les frais d'intérêts, d'amortissement et d'entretien causés par l'investissement (al. 2). cc) L'art. 3 al. 1 let. a LDTR ne vise que les travaux d'une certaine importance. Une autorisation ne pourra donc être requise pour des travaux occasionnels ou mineurs qui améliorent le confort du logement, tels que l'installation d'une armoire frigorifique, d'une machine à laver le linge ou la vaisselle et d'une cuisinière, exemples cités par la recourante. Il n'est en revanche pas exclu que des travaux de peu d'importance effectués à grande échelle ou dans un court laps de temps ne soient soumis à l'exigence d'une autorisation, à cause de leur effet conjugué sur l'équipement du logement. La réponse dépend notamment du coût des travaux envisagés (cf. arrêt P. E., RDAF 39/1983). La disposition critiquée se prête, dans cette mesure, à une interprétation conforme au droit supérieur. Il serait prématuré de définir, dans le cadre du contrôle abstrait de normes, les limites exactes dans lesquelles devra se mouvoir l'autorité administrative ( ATF 101 Ia 515 consid. 5d). 5. Sont considérés comme transformations selon l' art. 3 al. 1 let . d les travaux de rénovation ayant pour but d'améliorer le confort existant sans modifier la distribution des logements et les réparations importantes, tels que la réfection de la toiture ou des façades, le remplacement des sanitaires, des tuyauteries, des salles de bains, du chauffage, de la distribution d'eau, des ascenseurs et de l'agencement des cuisines. La recourante estime que les art. 269a let. b CO et 14 OBFL (RS 221.213.11) définiraient exhaustivement la notion de "réparations importantes", le législateur cantonal ne pouvant dès lors améliorer la protection des locataires sous cet aspect. BGE 116 Ia 401 S. 410 a) Selon la jurisprudence, les règles du droit public cantonal, qui, comme en l'espèce, soumettent à une autorisation les transformations de maisons d'habitation et imposent un contrôle des loyers, ne sont en principe pas contraires aux règles du droit civil fédéral qui régissent les rapports entre les bailleurs et les locataires. Les travaux de rénovation s'apparentent tantôt à l'entretien courant, tantôt à une transformation, suivant leur ampleur. La notion de rénovation couvre tous les travaux d'entretien, de réparation et de modernisation qui ne touchent pas au volume, à l'aspect extérieur et à la destination de l'immeuble. Ces travaux constituent une transformation lorsqu'ils entraînent une modification allant au-delà de ce qui est usuel, en raison, par exemple, d'un important accroissement du confort. Le coût des travaux envisagés est un critère essentiel de cette distinction. Ces principes, développés sous l'empire de l'AMSL, s'appliquent, mutatis mutandis, en l'espèce (arrêt P. E., cité, RDAF 39/1983, p. 254 consid. 2c; ATF 101 Ia 509 consid. 3). b) A teneur de l'art. 3 al. 3 aLDTR, les travaux de rénovation visaient tous les travaux d'une certaine importance ayant pour objet d'améliorer le confort existant sans modifier la distribution des logements, à l'exception de l'entretien courant. L'initiative qui est à l'origine de la loi attaquée prévoyait de soumettre à une autorisation tous les "grands travaux d'entretien". Le Grand Conseil s'est rallié sur ce point à l'avis d'un des experts consultés, qui suggérait que cette notion soit assimilée aux "importantes réparations" au sens de l'art. 10 al. 1, 2e phrase, OSL, remplacé depuis lors par l' art. 14 OBLF . Le législateur cantonal a donc voulu que l' art. 3 al. 1 let . d LDTR soit interprété à cet égard conformément au droit fédéral (Mémorial des séances du Grand Conseil 1989, p. 3580). Cela ne suffit toutefois pas pour écarter le risque d'un empiètement du droit cantonal sur le droit fédéral. Lorsqu'un bailleur entreprend d'effectuer des réparations importantes - répondant ainsi à l'obligation qui lui incombe en vertu de l' art. 256 CO -, les possibilités de répercuter les coûts de ces travaux sur le montant des loyers sont limitées par l' art. 14 OBLF , et le locataire a le droit de contester les augmentations de loyer qui en résulteraient ( art. 270b CO ). Mais, contrairement au droit fédéral, la loi attaquée n'a pas pour but d'empêcher des hausses de loyers abusives, consécutives à des réparations importantes; elle prévoit d'interdire par principe ces travaux, assimilés à une transformation, sous réserve d'une autorisation exceptionnelle (art. 6 BGE 116 Ia 401 S. 411 LDTR). La LDTR empiète ici sur le domaine régi par le droit fédéral dont elle entrave l'application. Dans le cas où les réparations importantes tomberaient simultanément sous le coup des art. 14 OBLF et 3 al. 1 let. d LDTR, il n'est pas exclu que les autorités administratives chargées de l'application de la LDTR refusent d'accorder l'autorisation d'effectuer ces travaux en raison de leur incidence sur le montant des loyers, alors que le juge civil, saisi d'une contestation relative à l'augmentation du loyer consécutive à ces travaux, admettrait le bien-fondé de cette hausse. Le contrôle des loyers institué par la LDTR se superposerait aux règles du droit fédéral sur le bail, avec le risque de conduire à des décisions contradictoires. Dans cette mesure, l' art. 3 al. 1 let . d LDTR viole l'art. 2 Disp. trans. Cst. Cette disposition doit être annulée partiellement; cela concerne sa dernière phrase "et les réparations importantes, tels que notamment: réfection de la toiture ou des façades, le remplacement des sanitaires, des tuyauteries, des salles de bains, du chauffage, de la distribution d'eau, des ascenseurs et de l'agencement des cuisines". c) Il appartiendra aux autorités administratives de définir ce qu'il faut entendre par "rénovations ayant pour objet d'améliorer le confort existant sans modifier la distribution des logements" au sens de l' art. 3 al. 1 let . d LDTR, et de distinguer entre les travaux d'entretien, qui échappent à la loi, et les rénovations assimilables aux transformations, qui y sont soumises. Elles s'inspireront à cet égard de la pratique relative à l'art. 3 al. 3 aLDTR et des principes rappelés plus haut (consid. 5a). d) La disposition critiquée étant contraire à l'art. 2 Disp. trans. Cst., il est superflu d'en examiner la conformité aux art. 4, 22ter et 31 Cst. 6. La recourante fait valoir que l'art. 6 al. 7 ss LDTR reviendrait à instituer un contrôle général et permanent des loyers. Le législateur aurait voulu en effet soumettre à une autorisation tous les travaux d'entretien; le champ d'application de la loi serait ainsi étendu à tout le parc immobilier du canton. L'"enchevêtrement des cycles de réparations importantes" rendrait ce contrôle permanent. a) La loi attaquée ne soumet pas à une autorisation les travaux d'entretien courant, mais seulement ceux qui, par leur importance, équivalent à une transformation au sens de l'art. 3 LDTR (cf. ci-dessus consid. 5). La recourante ne peut être suivie quand elle affirme que le législateur aurait à dessein défini de manière imprécise BGE 116 Ia 401 S. 412 la notion de travaux d'entretien, pour établir, par ce moyen détourné, un contrôle général des loyers. L'état de fait est différent de celui à la base de l'arrêt R. du 25 mars 1985, cité, où il s'agissait d'une initiative proposant d'établir un contrôle permanent des loyers pour les immeubles construits par ou avec l'aide du canton ou d'autres collectivités publiques. Rien de tel ne se présente en l'espèce. La LDTR n'institue pas un contrôle général des loyers, mais permet à l'autorité de fixer, pour des motifs raisonnables et pertinents d'intérêt général, le montant des loyers ou des prix d'un appartement transformé ou rénové (cf. ATF 101 Ia 510 consid. 3d in fine). b) Au moment où il accorde l'autorisation, le département fixe le montant des loyers et des prix pour une période de trois à dix ans (art. 6 al. 7 et 9 LDTR). La recourante soutient que cette règle, combinée avec l'extension du champ d'application de la loi, aurait pour conséquence d'instituer de facto un contrôle permanent des loyers et des prix. Partant du principe que les travaux d'entretien doivent être répétés à intervalles rapprochés, elle en déduit que l'autorité pourrait ainsi prolonger indéfiniment la durée du contrôle des loyers. Elle perd de vue que seuls les travaux de rénovation assimilables à une transformation au sens de l' art. 3 al. 1 let . d sont soumis à la loi, à l'exclusion des travaux d'entretien courant. En outre, l'octroi d'une autorisation au sens de l'art. 6 LDTR n'implique pas que le département fixe à chaque fois le montant du loyer; il peut en effet dans certains cas renoncer à cette mesure (art. 6 al. 10 LDTR). 7. Appelé à fixer les loyers ou les prix de vente maximaux, le département prend notamment en considération, selon l' art. 6 al. 8 let . c LDTR, les réserves d'entretien que le propriétaire était en mesure de constituer eu égard aux loyers jusqu'alors pratiqués. Cette règle s'inspire des principes jurisprudentiels sur les augmentations de loyers justifiées par des réparations importantes au sens des dispositions devenues aujourd'hui les art. 269a let. b CO et 14 OBLF (cf. Mémorial des séances du Grand Conseil, 1989, p. 3580). La pratique cantonale consistant à répercuter sur les loyers, par le biais d'intérêts et d'amortissements, la part de travaux qui excèdent ceux qui peuvent être considérés comme créateurs de plus-value, soit 50 à 70% des frais causés par les réparations, est contraire à la règle contenue désormais à l' art. 14 OBLF ( ATF 110 II 409 consid. 3a in fine; cf. aussi ATF 111 II 378 ss). La recourante en déduit que l' art. 6 al. 8 let . c LDTR ne serait pas conforme à BGE 116 Ia 401 S. 413 l' art. 14 OBLF . Elle relève que les juridictions civiles cantonales maintiennent une jurisprudence contraire et ne reconnaissent pas l'obligation pour le bailleur de constituer des réserves d'entretien (cf. SJ 109/1987 p. 444 s.). Elle ne conclut pas à l'annulation de la disposition critiquée, mais demande au Tribunal fédéral d'inviter les autorités cantonales à l'interpréter en ce sens que seules les réserves d'entretien effectivement constituées pourront être imputées sur le coût des travaux soumis à autorisation. Cette démarche n'est guère compatible avec la nature cassatoire du recours de droit public ( ATF 113 Ia 158 consid. 1); la recourante le reconnaît. Cette question formelle n'a pas à être résolue. Il va en effet de soi que le département devra tenir compte, au moment de fixer le montant des loyers, de la part des investissements qui a été financée - ou qui aurait dû l'être - par la réserve d'entretien, en fonction des loyers antérieurs. L'autorité intimée a d'ailleurs annoncé expressément que sa pratique continuerait à respecter la jurisprudence sur les règles inscrites désormais aux art. 269a let. b CO et 14 OBLF. 8. Selon l'art. 13 al. 1, 1re phrase, LDTR, le propriétaire a l'obligation d'informer au préalable et par écrit les locataires et de les consulter en dehors de toute résiliation du bail, lorsqu'il a l'intention d'exécuter des travaux au sens de la loi. La recourante soutient que ce texte violerait la force dérogatoire du droit fédéral, parce qu'il empiéterait sur les règles du droit privé de la Confédération en matière de résiliation des baux à loyer. a) Statuant à propos d'une norme identique de l'ancienne LDTR, le Tribunal fédéral a jugé que les termes "en dehors de toute résiliation du bail" ne pouvaient avoir pour effet d'interdire toute résiliation de bail durant la procédure d'autorisation des travaux. Cette règle pouvait tout au plus vouloir dire que l'obligation d'informer et de consulter les locataires est indépendante de la procédure de résiliation de bail et ne produit aucun effet sur les conditions de celle-ci. Prise dans ce sens, la formule contestée n'offre aucune protection spéciale aux locataires et laisse au droit fédéral le soin de régler les questions touchant aux résiliations. Une telle disposition se prête donc à une interprétation conforme au droit fédéral (arrêt Marini, SJ 108/1986 p. 5-8, consid. 4c et d). Le Tribunal fédéral a ensuite jugé que l'art. 9A al. 4 LDTR, au terme duquel la demande de vendre un appartement loué devrait être déposée en dehors de toute résiliation de bail, constituait une mesure de protection des locataires incompatible avec le droit fédéral ( ATF 113 Ia 143 /144 consid. 9d). BGE 116 Ia 401 S. 414 La disposition attaquée en l'espèce est identique à celle qui a donné lieu au premier de ces deux arrêts. La recourante ne démontre pas qu'il ne serait manifestement plus possible aujourd'hui d'interpréter constitutionnellement cette règle. Celle-ci ne produira aucun effet dans les rapports entre bailleurs et locataires et ne pourra en aucun cas empêcher une résiliation de bail dans la procédure d'information et de consultation qu'elle institue. L'autorité intimée a donné d'ailleurs l'assurance expresse que l'art. 13 LDTR sera appliqué dans le respect du droit supérieur. 9. a) Les restrictions qu'apporte le droit public cantonal à la propriété ne sont compatibles avec l' art. 22ter Cst. que si elles reposent sur une base légale, sont justifiées par un intérêt public suffisant et respectent le principe de la proportionnalité. Elles doivent en outre se conformer à l'égalité de traitement ( ATF 113 Ia 132 consid. 7, ATF 112 Ia 278 consid. 5b, ATF 109 Ia 258 consid. 4). Le Tribunal fédéral examine librement si les mesures critiquées répondent à un intérêt public et à l'exigence de la proportionnalité, mais il s'impose de la retenue dans l'examen de questions d'appréciation ou des circonstances locales dont les autorités cantonales ont une meilleure connaissance ( ATF 115 Ia 30 , ATF 114 Ia 338 consid. 2b, ATF 113 Ia 133 consid. 7 et les arrêts cités). Quel que soit l'intérêt public en jeu, le législateur cantonal veillera à sauvegarder les facultés essentielles de disposition, d'usage et de jouissance qui découlent du droit de propriété; il ne doit pas porter atteinte à la substance de celle-ci en tant qu'institution fondamentale de l'ordre juridique suisse ( ATF 113 Ia 132 consid. 6). b) Les restrictions à l' art. 31 Cst. doivent obéir à ces règles générales. De surcroît, elles ne peuvent se fonder sur des motifs de politique économique et intervenir dans la libre concurrence pour favoriser certaines branches d'activité ou certaines formes d'exploitation en dirigeant l'économie selon un certain plan, à moins que cela ne soit prévu par une disposition constitutionnelle spéciale. L' art. 31 Cst. ne s'oppose pas aux mesures de politique sociale, qui tendent à accroître le bien-être de l'ensemble ou d'une grande partie de la population par l'amélioration des conditions de vie, de la santé ou des loisirs, pourvu que ces mesures n'interviennent pas dans la libre concurrence ( ATF 113 Ia 138 consid. 8a et b, ATF 111 Ia 29 consid. a; CLAUDE ROUILLER, La politique sociale, in: Mélanges Berenstein, Lausanne 1989, p. 71 s.). c) La législation genevoise sur les démolitions, les transformations et les rénovations de maisons d'habitation a pour but de BGE 116 Ia 401 S. 415 combattre la pénurie de logements. Elle cherche à conserver sur le marché certains types de logements qui répondent à un besoin en raison de leur prix et de leur conception. Elle est l'expression d'une politique de logement qui est en principe compatible tant avec l'art. 22ter ( ATF 113 Ia 133 consid. a, 111 Ia 26 consid. 3a) qu'avec l' art. 31 Cst. , même si elle peut avoir certains effets de politique économique ( ATF 113 Ia 139 consid. d, ATF 111 Ia 29 consid. b; arrêt du Tribunal fédéral non publié A. du 8 septembre 1988, consid. 2b). 10. De l'avis de la recourante, la création de nouveaux logements, notamment dans les combles, ne saurait être soumise à autorisation comme le prévoit l' art. 3 al. 1 let . c LDTR, sans violer la Constitution. Cette mesure ne répondrait à aucun intérêt public; elle serait disproportionnée et violerait de surcroît l'égalité de traitement. a) Le Tribunal administratif avait jugé, dans un arrêt du 19 décembre 1984, que l'aménagement de nouveaux logements dans les combles tombait sous le coup de la loi du 26 juin 1983, qui ne contenait aucune disposition à ce sujet; il aurait été inadmissible de distinguer à cet égard entre les diverses parties intégrantes d'un bâtiment d'habitation selon qu'elles étaient occupées ou inoccupées, habitables ou inhabitables. Saisi d'un recours de droit public contre cet arrêt, le Tribunal fédéral a considéré que celui-ci n'était pas arbitraire, les combles litigieux étant effectivement intégrés à l'origine aux parties habitables du bâtiment, en qualité de logement du personnel de maison (arrêt du Tribunal fédéral non publié S.A. D. du 10 décembre 1985, consid. 4, p. 10). Le Tribunal administratif a nuancé sa jurisprudence à la suite de cet arrêt. Il l'a résumée de la manière suivante dans son arrêt B., du 7 octobre 1987: toute demande de transformation de combles doit faire l'objet d'une autorisation au sens de la LDTR; les combles inoccupés ou inhabitables et qui ont servi de quelque manière que ce soit dans le passé au logement ne peuvent en principe pas être transformés; en revanche, la transformation de combles qui n'ont jamais été utilisés comme logement doit être autorisée, à moins que cela ne porte atteinte à l'habitat existant dans les autres étages et aux conditions de vie qui y sont offertes. La nouvelle loi supprime cette distinction jurisprudentielle pour répondre aux voeux des initiants, et soumet à autorisation tous les travaux tendant à créer des logements dans les combles ou les parties surélevées d'un immeuble. Le loyer est fixé selon les règles BGE 116 Ia 401 S. 416 spéciales prévues à l'art. 6 al. 6, 2e phrase, LDTR. Pour la recourante, seule la jurisprudence cantonale qui vient d'être évoquée serait conforme à la Constitution. b) Selon son art. 1er, la loi attaquée veut préserver l'habitat et les conditions de vie dans les zones où elle s'applique. Cette protection a été étendue à toutes les parties des maisons d'habitation, notamment aux combles; il s'agit d'éviter que la création de nouveaux logements, par le biais d'une surélévation de l'immeuble ou de l'aménagement de combles, ne remette en cause les conditions de vie de ses habitants. Or, il est fréquent, surtout dans les immeubles anciens, que les étages supérieurs soient utilisés comme des annexes au logement, servant de dépôts, de buanderies, de séchoirs à linge, etc. De plus, la construction de logements de luxe dans les parties inoccupées de maisons habitées par des familles à revenus modestes modifie le niveau de confort de l'immeuble. Amplifié par des transformations ultérieures, ce phénomène conduit à faire perdre leur caractère aux quartiers populaires, qui sont peu à peu transformés en quartiers recherchés par une clientèle aisée. C'est un motif d'intérêt public suffisant pour justifier la norme critiquée, au regard des art. 22ter et 31 Cst. c) Il paraît de toute manière peu compatible avec l'égalité de traitement d'admettre la libre transformation des combles pour la seule raison qu'ils n'ont pas été affectés jusqu'ici, d'une manière ou d'une autre, au logement. C'est aussi à tort que la recourante soutient, toujours sous l'angle du principe de l'égalité, que la loi serait désormais discriminatoire dans la mesure où elle s'applique aux nouveaux logements créés dans les combles, alors que les restrictions qu'elle institue ne s'appliquent pas aux logements nouvellement créés dans les "zones ordinaires". Cette différence résulte de l'intérêt public poursuivi par la loi, qui vise à préserver l'habitat locatif frappé par la pénurie. Il est donc parfaitement concevable de limiter son champ d'application à certaines zones ou à certains types de maisons d'habitation et d'en exclure par exemple les villas individuelles, type de logement dont on peut dire qu'il ne répond pas à un besoin prépondérant de la population au sens de l'art. 2 al. 2 LDTR. d) Il va de soi que la loi attaquée ne s'applique pas aux logements créés dans les combles ou les parties surélevées des bâtiments neufs. 11. Selon l'al. 6 de l'art. 6 LDTR, une dérogation n'est accordée en vertu de ses alinéas 1 à 4 que si des logements reconstruits, BGE 116 Ia 401 S. 417 transformés ou créés répondent quant à leur genre, leur loyer ou leur prix aux besoins prépondérants de la population. Le département tient toutefois compte, dans son appréciation, du genre de logements existant avant leur transformation et du prix de revient de logements nouvellement créés, notamment dans des combles ou à l'occasion d'une surélévation d'immeuble. a) La recourante se plaint d'une violation des principes de l'intérêt public et de la proportionnalité du fait que le département fixe les prix ou loyers des appartements nouvellement créés. A son avis, le propriétaire qui construit un nouveau logement devrait être libre d'en fixer le prix ou le loyer. Cet argument ne tient pas compte de ce que la création des logements visés par l'art. 6 al. 6 LDTR n'est possible qu'en vertu d'une autorisation exceptionnelle. La recourante ne conteste d'ailleurs pas que, selon la pratique actuelle, codifiée par cette disposition, le montant des loyers ainsi fixé par le département est sensiblement plus élevé que celui des loyers des autres appartements de la maison en question. Dans la mesure où les loyers sont fixés de manière à assurer au propriétaire un rendement équitable de son investissement (cf. art. 6 al. 8 let. a LDTR), ce procédé n'a rien de contraire aux art. 22ter et 31 Cst. (cf. arrêt du Tribunal fédéral en la cause S.A. D., non publié). Il n'est nullement démontré que cette pratique serait modifiée par le nouveau droit, dans un sens défavorable au propriétaire. b) La recourante fait valoir que l'art. 6 al. 6 LDTR serait inconstitutionnel dans la mesure où il s'appliquerait aussi aux logements de luxe. aa) La LDTR vise indifféremment toutes les maisons d'habitation, c'est-à-dire tous les bâtiments comportant des locaux qui, par leur aménagement et leur distribution, sont affectés à l'habitation, à l'exception des maisons individuelles ne comportant qu'un seul logement, les villas situées dans la 5e zone comportant un ou plusieurs logements, ainsi que les bâtiments édifiés dans la zone agricole (art. 2). Cette loi n'établit donc a contrario aucune distinction entre les différentes catégories de logements dont la démolition, la transformation ou le changement d'affectation sont en principe exclus. L'initiative qui est à l'origine de la loi attaquée avait pour but la "sauvegarde des logements à loyers abordables". Elle prévoyait à l'art. 6 al. 6 que, dans tous les cas, une dérogation n'est accordée que si les logements reconstruits, transformés ou créés répondent quant à leur genre, leur loyer ou leur prix aux besoins prépondérants BGE 116 Ia 401 S. 418 de la population. Suivant l'un des avis de droit requis par le département, la commission parlementaire a considéré que cette proposition n'était pas conforme à la Constitution pour le motif ici invoqué par la recourante. Le législateur n'a pas renoncé complètement à ce texte, mais il en a atténué la portée. Il a précisé que l'autorité doit tenir compte, dans son appréciation, notamment du genre de logements existant avant leur transformation. Il s'est fondé sur une pratique développée sous l'empire de l'ancienne loi, l'administration fixant des loyers plus élevés lorsque les propriétaires effectuent des travaux importants dans des logements déjà considérés comme luxueux selon la jurisprudence cantonale (Mémorial des séances du Grand Conseil, 1989, p. 3579). bb) Le législateur ne peut pas étendre l'interdiction de démolir ou de transformer à des bâtiments industriels, commerciaux ou administratifs, ni à des logements dont la conservation ne répond pas à l'intérêt public de lutte contre la pénurie de logements ( ATF 105 Ia 367 consid. 5, ATF 103 Ia 423 ). La recourante en déduit qu'aucun "intérêt social" ne justifierait de soumettre à la loi des logements luxueux que leurs propriétaires devraient pouvoir transformer librement. La loi attaquée ne répond à l'intérêt public que dans la mesure où elle vise à maintenir l'affectation des logements qui répondent, par leur loyer, leur prix et leur conception, aux besoins prépondérants de la population. Les restrictions à la propriété qu'elle institue doivent être propres à atteindre ce but. A cet égard, s'il se justifie d'empêcher que des logements à loyers modérés soient transformés en appartements de luxe, l'intérêt public ne commande pas, en revanche, de limiter la transformation et la rénovation de logements de luxe préexistants. Le législateur aurait sans doute pu limiter le champ d'application de la loi à certains logements à loyers modérés et en exclure les logements de luxe; il aurait aussi pu se fonder sur un critère qualitatif permettant de distinguer entre les logements à préserver et ceux dont les propriétaires pourraient librement disposer. Le Grand Conseil n'a pas envisagé ces possibilités. Il a préféré soumettre à la loi tous les logements, quels que soient leur catégorie de confort et le montant du loyer, tout en prévoyant que l'autorité peut dans certains cas déroger aux règles relatives à la fixation des loyers et des prix. Concrètement, le propriétaire qui entend transformer ou rénover un appartement présente une requête auprès du département. Celui-ci détermine alors, selon la qualité et la conception de l'appartement en question, BGE 116 Ia 401 S. 419 s'il faut appliquer les règles ordinaires de l'art. 6 LDTR, ou s'il convient au contraire, dans le cas d'un logement de luxe, de renoncer à fixer le nouveau loyer ou le prix, lorsque cette mesure n'est pas proportionnée aux circonstances (art. 6 al. 10 LDTR). S'il s'agit d'un logement luxueux, le département doit délivrer l'autorisation, sans aucune condition de prix ou de loyer. Ce n'est qu'interprété de cette manière que l'art. 6 al. 6 LDTR est conforme à la Constitution. 12. La recourante conteste que la hausse du loyer puisse être limitée à 10%, dans le cas où le département renonce à fixer le nouveau loyer, selon ce qui est prévu à l'art. 6 al. 10 in fine LDTR. Le but de cette règle, introduite par la commission du Grand Conseil, n'est pas clair. Il ne résulte ni de l'exposé des motifs à l'appui du projet de loi, ni des débats parlementaires (Mémorial des séances du Grand Conseil, 1989, p. 3580). Il est de toute manière difficile de concevoir que l'Etat limite l'augmentation du loyer ou du prix d'un appartement alors que, selon les termes mêmes de la loi, une telle mesure n'apparaît pas proportionnée aux circonstances. En effet, si le logement en question entre dans une catégorie où sévit la pénurie, il est soumis au contrôle de l'Etat; s'il s'agit en revanche d'un appartement qui ne répond pas aux besoins prépondérants de la population, le propriétaire fixe librement le montant du nouveau loyer. Il n'existe donc pas d'intérêt public suffisant pour restreindre dans ce dernier cas le droit de propriété et la liberté économique. Le grief tiré de la violation des art. 22ter et 31 Cst. est donc fondé sur ce point. La fin de l'art. 6 al. 10 LDTR doit être annulée après les mots "proportionnées aux circonstances". Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: 1. Admet partiellement le recours dans la mesure où il est recevable. 2. Annule partiellement l' art. 3 al. 1 let . d in fine de la loi attaquée; cela concerne le membre de phrase "et les réparations importantes, tels que notamment: réfection de la toiture et des façades, le remplacement des sanitaires, des tuyauteries, des salles de bains, du chauffage, de la distribution d'eau, des ascenseurs et de l'agencement des cuisines". 3. Annule partiellement l'art. 6 al. 10 in fine de la loi attaquée; cela concerne le membre de phrase: "et pour autant que la majoration BGE 116 Ia 401 S. 420 éventuelle de loyer consécutive aux travaux n'excède pas 10%". 4. Rejette le recours pour le surplus au sens des considérants.
public_law
nan
fr
1,990
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
d9ac04dd-8a50-4002-a19f-6a13d3c2de1b
Urteilskopf 92 I 88 16. Urteil vom 27. April 1966 i.S. Kolb gegen Bern, Kanton und Verwaltungsgericht.
Regeste Kantonale Handänderungssteuer, Willkür. Bemessung der Handänderungssteuer im Falle der Erhebung dieser Abgabe bei der Abtretung eines frei übertragbaren Kaufrechts. Ist es willkürlich, die Abgabe nicht nur auf dem Entgelt für die Abtretung des Kaufrechts, sondern auch auf dem im Kaufrechtsvertrag vereinbarten Kaufpreis für das Grundstück zu berechnen?
Sachverhalt ab Seite 88 BGE 92 I 88 S. 88 A.- Das bern. Gesetz betreffend die Amts- und Gerichtsschreibereien vom 24. März 1878 (GAG) bestimmt in § 16 Ziff. I (Fassung vom 30. Juni 1935): "Von jeder Handänderung eines Grundstückes ist eine Abgabe von 10‰, mindestens jedoch Fr. 3.-, zu entrichten. Für die Berechnung dient als Grundlage der Kapitalbetrag aller in bestimmten oder bestimmbaren Summen ausgesetzten Leistungen, zu denen der Erwerber sich gegenüber dem Veräusserer oder Dritten verpflichtet." Ziff. II umschreibt den Begriff der Handänderung und fügt bei: "Eine Abgabepflicht besteht auch dann, wenn ein nach den Bestimmungen dieses Gesetzes abgabepflichtiges Rechtsgeschäft durch eine andere Form der Eigentumsübertragung verdeckt wird, oder wenn an Stelle der förmlichen Eigentumsübertragung einer Drittperson auf andere Weise ermöglicht wird, über eine Liegenschaft wie ein Eigentümer zu verfügen." B.- Die Firma Merz & Co AG räumte der Immobiliengesellschaft Emiba AG mit Vertrag vom 6. Dezember 1962 ein bis zum 31. März 1963 befristetes, übertragbares und im Grundbuch BGE 92 I 88 S. 89 vorzumerkendes Kaufrecht an einem Grundstück in Bern ein und erhielt dafür Fr. 5000.--, die bei Ausübung des Kaufrechts auf den vereinbarten Kaufpreis von Fr. 632 625.-- angerechnet werden sollten. Die Emiba AG trat das Kaufrecht am gleichen Tag zum Preis von Fr. 10 000.-- an Paul Kolb ab. Dieser trat es am 1. Februar 1963 für Fr. 150 000.-- an Th. Quiblier ab, der es am 23. März 1963 ausübte. Die Eintragung dieser Handänderung wurde vom Grundbuchamt (ausser von der Bezahlung der unbestrittenen Handänderungsabgabe für die Kaufrechtsabtretung von Kolb an Quiblier) von der Entrichtung folgender Abgaben abhängig gemacht: "1. Kaufrechtsvertrag Merz AG/Emiba AG vom 6. Dez. 1962, 1% von Fr. 632 625.-- = Fr. 6326.25 2. Kaufrechtsabtretung Emiba AG/Paul Kolb vom 6. Dez. 1962, 1% von Fr. 642 625.-- = Fr. 6426.25 Total Fr. 12752.50" Kolb zahlte diesen Betrag unter Vorbehalt der Rückforderung und belangte dann den Kanton Bern beim kantonalen Verwaltungsgericht auf Bezahlung von Fr. 12 752.50 nebst 5% Zins seit 17. Mai 1963. Er bestritt, dass Kaufrechtsbegründung und -abtretung abgabepflichtig seien, machte geltend, er sei an der Kaufrechtsbegründung nicht beteiligt gewesen, und beanstandete eventuell die Höhe der Abgabe. Der Kanton Bern erklärte sich im Hinblick auf die bei der Kaufrechtsbegründung anbezahlten Fr. 5000.-- zur Rückerstattung von Fr. 100.-- bereit und beantragte im übrigen Abweisung der Klage. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern nahm mit Urteil vom 6. April 1964 von der Bereitschaft des Beklagten zur Rückerstattung von Fr. 100.-- Kenntnis und verurteilte ihn darüber hinaus zur Rückerstattung von Fr. 6326.25 nebst 4% Zins seit 17. Mai 1963; im übrigen wies es die Klage ab. Die Gutheissung der Klage betrifft die für die Kaufrechtsbegründung erhobene Abgabe und erfolgte, weil der Kläger an diesem Vertrag nicht beteiligt gewesen war. Für die Abtretung des Kaufrechts von der Emiba AG an den Kläger bejahte das Verwaltungsgericht die Abgabepflicht, weil die entgeltliche Übertragung eines Kaufrechts als eine (wirtschaftliche) Handänderung im Sinne von BGE 92 I 88 S. 90 § 16 Ziff. II/2 GAG zu betrachten sei. Zur Bemessung der Abgabe führte es aus: Als Grundlage diene nach § 16 Ziff. I Abs. 1 GAG der Kapitalbetrag aller in bestimmten oder bestimmbaren Summen ausgesetzten Leistungen, zu denen der Erwerber sich gegenüber dem Veräusserer oder Dritten verpflichte. "In richtiger Anwendung dieser Bemessungsvorschrift wurde - da davon auszugehen ist, dass mit der Abtretung des Kaufrechts die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Liegenschaft übertragen wird - die Abgabe vom Grundbuchamt Bern zu recht von dem um Fr. 10 000.-- (Preis für die Abtretung des Kaufrechts) vermehrten Kaufpreis gemäss Kaufrechtsvertrag erhoben." C.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt Paul Kolb den Antrag, es sei das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 6. April 1964 insofern, als er durch das Urteil beschwert sei, aufzuheben. Er macht Verletzung des Art. 4 BV (Willkür) sowie des Art. 89 bern. KV (Eigentumsgarantie) geltend und bringt zur Begründung im wesentlichen vor: a) Die Erhebung der Abgabe auf dem für die Liegenschaft vereinbarten Kaufpreis von Fr. 632 625.-- und auf dem Fr. 10 000.-- betragenden Entgelt für die Abtretung des Kaufrechts sei willkürlich. Die Handänderungsabgabe sei eine Rechtsverkehrssteuer. Steuerobjekt und Grundlage der Steuerbemessung sei die Übertragung bzw. Einräumung der Verkaufsmöglichkeit am Grundstück und nicht Erscheinungen, die mit der zivilrechtlichen Eigentumsübertragung oder der Einräumung der vollen Verfügungsgewalt über das Grundstück zusammenhängen. Für die Einräumung der Verkaufsmöglichkeit seien hier nur Fr. 10 000.-- bezahlt worden. Der vereinbarte Grundstückpreis von Fr. 632 625.-- dagegen sei keine Gegenleistung für die Einräumung der Verkaufsmöglichkeit, sondern das Entgelt für eine eventuelle spätere, vorläufig aber nicht realisierte Übertragung der vollen Verfügungsgewalt über die Liegenschaft, weshalb es willkürlich sei, die Steuer auch auf diesem Betrag zu erheben. Würde bei der Besteuerung der Übertragung des Kaufrechts allein jeweils auch der ganze Kaufpreis zu dem für die Kaufrechtsübertragung geleisteten Betrag hinzugezählt, so würde der Kaufpreis statt einmal mehrmals besteuert, obwohl er nur ein einziges Mal bezahlt werde. Auch wirtschaftlich sei das Ergebnis unhaltbar, da der Erwerber eines Kaufrechts noch nicht verpflichtet sei, den Kaufpreis zu bezahlen, diese Verpflichtung vielmehr erst mit der Ausübung und nur für den Ausübenden BGE 92 I 88 S. 91 entstehe. Das Verwaltungsgericht gehe nach dem Grundsatz "in dubio pro fisco" willkürlich bald von der äusseren Form, bald von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus. b) Die geltend gemachte Willkür verletze auch die Eigentumsgarantie, die das Gemeinwesen bei Eingriffen in das Privateigentum verpflichte, die gesetzlichen Bestimmungen sachgemäss auszulegen und anzuwenden. D.- Das Verwaltungsgericht und der Kanton Bern beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales). 2. Der Beschwerdeführer erblickt die geltend gemachte Verletzung der Eigentumsgarantie in der in erster Linie gerügten unsachgemässen, ja willkürlichen Auslegung und Anwendung von § 16 GAG. Die Berufung auf die Eigentumsgarantie hat somit keine selbständige Bedeutung, sondern fällt, da das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung von § 16 GAG nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel des Art. 4 BV überprüfen kann, mit der Rüge der Willkür zusammen. 3. Nach dem angefochtenen Entscheid ist die für die Begründung des Kaufrechts entrichtete Abgabe dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten, weil er an diesem Rechtsgeschäft nicht beteiligt war. Streitig ist nur noch die für die Abtretung des Kaufrechts von der Emiba AG an den Beschwerdeführer erhobene Abgabe. Während der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren inbezug auf diese Abtretung noch jede Abgabepflicht bestritten hat, anerkennt er in der staatsrechtlichen Beschwerde, dass das Verwaltungsgericht ohne Willkür sich auf die in § 16 Ziff. II GAG verankerte wirtschaftliche Betrachtungsweise stützen und die Abtretung des Kaufrechts als abgabepflichtig im Sinne dieser Bestimmung erklären durfte. Er bestreitet nur noch die Höhe der Abgabe, indem er bloss das für das Kaufrecht selbst geleistete Entgelt von Fr. 10 000.--, nicht aber den Kaufpreis der Liegenschaft als Bemessungsgrundlage gelten lässt. 4. Nachdem die Handänderungsabgabe ursprünglich nur im Falle des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs erhoben worden war, sind verschiedene Kantone, durch die Entwicklung im Geschäftsleben veranlasst, dazu übergegangen, die Abgabe auch BGE 92 I 88 S. 92 zu erheben bei Vorgängen, die angesichts ihrer Wirkungen einem Eigentumswechsel wirtschaftlich nahe kommen. In einzelnen Kantonen geschah dies ohne Änderung der massgebenden gesetzlichen Bestimmungen durch (ausdehnende) Auslegung derselben im Sinne der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise, was das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel des Art. 4 BV zuliess (vgl. BGE 91 I 176 Erw. 3 und dort angeführte frühere Urteile). In anderen Kantonen wurde das Gesetz geändert, sei es durch Aufnahme von genau umschriebenen, dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang gleichzustellenden Tatbeständen (§§ 3 a und 3 b des basel-städtischen Handänderungssteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 10. April 1958), sei es durch Beifügung einer Generalklausel, welche die Erfassung der sog. wirtschaftlichen Handänderungen gestattet (vgl. hiezu IRENE BLUMENSTEIN, Zum Problem des Steuerobjekts der Handänderungssteuern, ASA 30 S. 209 ff.). Eine solche Generalklausel enthält auch das bern. GAG in der Fassung des Gesetzes vom 30. Juni 1935. Der Sinn dieser Bestimmung ist nicht zu verkennen. Es soll mit der Handänderungsabgabe nicht nur der zivilrechtliche Eigentumsübergang an Grundstücken belastet werden, sondern jede Vorkehr, die einem Dritten eine Rechtsstellung verschafft, die derjenigen des Eigentümers entspricht oder wirtschaftlich nahe kommt. Als eine solche wirtschaftliche Handänderung kann auch die Begründung eines frei übertragbaren Kaufrechts und dessen Abtretung aufgefasst werden. Das ist vom Bundesgericht in einem Falle, wo keine ausdrückliche Bestimmung die wirtschaftliche Betrachtungsweise gestattete, entschieden worden (Urteil vom 29. Juni 1960 i.S. W., ASA 30 S. 50 ff.) und muss erst recht gelten, wenn, wie hier, eine solche Bestimmung besteht. Insbesondere dort, wo ein übertragbares Kaufrecht begründet und mehrfach weiterveräussert wird, ist die Gleichbehandlung mit einem eigentlichen Kettenverkauf der Liegenschaft sachlich gerechtfertigt, denn der Kaufrechtshändler erwirbt und veräussert das einen wesentlichen Teil der Verfügungsgewalt über das Grundstück ausmachende Recht, die Liegenschaft unabhängig vom Willen des bisherigen Eigentümers innert einer bestimmten Frist jederzeit zu einem bereits festgelegten Kaufpreis zu erwerben. Der Beschwerdeführer hat daher mit Recht anerkannt, dass im vorliegenden Falle die Abtretung des Kaufrechts von der Emiba AG an ihn ohne Willkür als abgabepflichtige BGE 92 I 88 S. 93 Handänderung im Sinne von § 16 Ziff. II GAG erklärt werden durfte. 5. Stellt man aber die Abtretung des Kaufrechts wirtschaftlich und damit abgaberechtlich dem Eigentumsübergang gleich, so erweisen sich die vom Beschwerdeführer gegen die Bemessung der Abgabe erhobenen Willkürrügen als unbegründet. Der Beschwerdeführer betrachtet den Einbezug des Kaufpreises von Fr. 632 625.-- in die als Grundlage der Abgabebemessung dienenden "Leistungen" des Kaufrechtserwerbers gemäss § 16 Ziff. I Abs. 1 GAG als unhaltbar und ist der Auffassung, die Abgabe dürfe nur von den für den Erwerb des Kaufrechts entrichteten Fr. 10 000.-- erhoben werden, weil der Kaufpreis ja erst bei der späteren Ausübung des Kaufrechts habe bezahlt werden müssen. Damit verlässt der Beschwerdeführer indessen die von ihm selbst anerkannte wirtschaftliche Betrachtungsweise. Die Übertragung des Kaufrechts ist gerade deshalb abgabepflichtig, weil sie in ihren Wirkungen über die Einräumung eines obligatorischen Rechts hinausgeht und dem Erwerber eine derjenigen des Liegenschaftseigentümers nahekommende Stellung verschafft, indem er nicht nur das Recht erhält, jederzeit unabhängig vom Willen des Eigentümers durch einfache Erklärung die Liegenschaft an sich zu ziehen, sondern dieses Recht auch auf Dritte übertragen kann. Wird im Hinblick hierauf die Übertragung des Kaufrechts für die Handänderungsabgabe dem zivilrechtlichen Eigentumsübergang gleichgestellt, so ist es folgerichtig und jedenfalls nicht willkürlich, bei der Bemessung der Abgabe nicht nur die vom Kaufrechtserwerber bereits erbrachte Leistung (Entgelt für den Erwerb des Kaufrechts) zu berücksichtigen, sondern auch die bei Ausübung des Rechts erwachsenden Pflichten, vorab diejenige zur Bezahlung des Kaufpreises der Liegenschaft. In den vom Bundesgericht bisher beurteilten Fällen der Erhebung der Handänderungsabgabe bei der Übertragung eines Kaufrechts wurde denn auch die Abgabe nicht nur auf dem Entgelt für die Kaufrechtsübertragung, sondern auch auf dem im Kaufrechtsvertrag festgelegten Kaufpreis. des Grundstücks erhoben (nicht veröffentlichte Urteile vom 17. Mai 1950 i.S. André und vom 29. Juni 1960 i.S. W., ASA 30 S. 50 ff.). Das basel-städt. Handänderungssteuergesetz, das die Übertragung eines Kaufrechts in § 3 a ausdrücklich als abgabepflichtig erklärt, bestimmt ebenfalls, dass weitere Inhaber dieses Rechts die Steuer "vom vereinbarten BGE 92 I 88 S. 94 Preis und von den Entschädigungen an ihre Rechtsvorgänger" schulden. Dass die entsprechende, im angefochtenen Entscheid getroffene Lösung willkürlich, d.h. mit dem klaren Wortlaut und Sinn der massgebenden Gesetzesbestimmungen unvereinbar, mit keinen sachlichen Gründen vertretbar sei, tut die Beschwerde nicht dar. Da das GAG die Besteuerung der sog. wirtschaftlichen Handänderungen durch eine Generalklausel gestattet, jedoch nicht näher bestimmt, wie die Steuer bei den darunter fallenden Tatbeständen zu berechnen sei, ist es Sache der rechtsanwendenden Behörden, die auf die einzelnen Tatbestände zutreffende Bemessungsweise zu finden. Wird die Übertragung eines Kaufrechts einem Eigentumsübergang am Grundstück selber gleichgestellt, so ist es, wie bereits ausgeführt, folgerichtig, die Abgabe auch auf dem im Kaufrechtsvertrag vereinbarten Kaufpreis des Grundstücks zu erheben. Dass dieser, obwohl nur einmal, nämlich bei der Ausübung des Kaufrechts, bezahlt, mehrmals besteuert wird, bedeutet keinen Widerspruch, sondern entspricht der Gleichstellung der Kaufrechtsübertragung mit einer eigentlichen Handänderung. Der Beschwerdeführer wendet zu Unrecht ein, dass nach § 16 Ziff. I GAG auf die Leistungen, zu denen sich der Erwerber "verpflichtet", abzustellen sei, dass hier jedoch weder die Emiba AG noch der Beschwerdeführer sich verpflichtet hätten, den Kaufpreis zu leisten. Mit dem Erwerb des Kaufrechts haben sie für den Fall der Ausübung desselben auch die Pflicht zur Bezahlung des Kaufpreises übernommen. Entscheidend ist nicht, ob der bisherige Eigentümer die Zahlung tatsächlich schon verlangen könnte, sondern ob in der Übertragung des Kaufrechts ein Geschäft liegt, das wirtschaftlich einem Liegenschaftskauf gleichzustellen ist, weil damit die Übertragung wesentlicher Teile der Verfügungsgewalt des Eigentümers verbunden ist. Diese Gleichstellung betrifft nicht nur die Rechte des Erwerbers, sondern auch seine Pflichten. Wenn die Übertragung eines Kaufrechts einem Liegenschaftskauf gleichgestellt werden darf, obwohl der Erwerber des Kaufrechts zivilrechtlich nicht Eigentümer des Grundstücks wird und es infolge Weiterveräusserung des Kaufrechts auch später nicht wird, ist es aus dem Gesichtswinkel der Willkür auch nicht zu beanstanden, wenn der Kaufpreis der Abgabebemessung zugrunde gelegt wird, obwohl der Erwerber des Kaufrechts, eben weil er nicht Eigentümer des Grundstücks wird, den Kaufpreis desselben BGE 92 I 88 S. 95 nicht zu bezahlen hat. Es ist nicht einzusehen, inwiefern hierin ein willkürlicher Wechsel von der wirtschaftlichen zu einer engrechtlichen Betrachtungsweise liegen sollte. Dieser Vorwurf trifft viel eher die Argumentation des Beschwerdeführers. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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d9b000bc-01c5-45ea-940d-dea53f8f7a3a
Urteilskopf 121 IV 258 41. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. September 1995 i.S. F. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 28 Abs. 1 StGB , Art. 141 aStGB und Art. 141bis nStGB; "Forderungsunterschlagung", Strafantragsrecht. Bei der "Forderungsunterschlagung" ist als Verletzter anzusehen und deshalb zum Strafantrag berechtigt, wer durch die Tat unmittelbar am Vermögen geschädigt worden ist. Strafantragsrecht der Bank bejaht, die ein Mitverschulden bei der Fehlüberweisung anerkannt und sich gegenüber dem Auftraggeber verpflichtet hat, die Hälfte des Schadens zu tragen (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 121 IV 258 S. 258 A.- F. war Inhaber des Kontos YZ.276491 bei der Bank X. Auf diesem Konto wurde ihm am 14. Oktober 1992 aufgrund eines Versehens ein Betrag von US $ 15'000.-- (umgerechnet Fr. 19'230.--) gutgeschrieben. Der Betrag hätte der Inhaberin des Kontos YZ.273491, Frau C., zukommen sollen. Zur Fehlüberweisung kam es, weil die auftraggebende Stiftung P. irrtümlich als Kontonummer der Frau C. jene von F. angegeben und die Bank diesen Irrtum nicht bemerkt hatte. F. bezog nach Erhalt der Gutschriftsanzeige von seinem Konto, das keine anderen Guthaben aufwies, in 4 Bezügen insgesamt Fr. 19'200.--. Die Bank X. stellte in der Folge Strafantrag wegen Unterschlagung. B.- Am 31. Mai 1994 bestrafte das Bezirksgericht Zürich F. wegen Unterschlagung mit 45 Tagen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von BGE 121 IV 258 S. 259 2 Jahren. Es verpflichtete ihn, der Bank X. Fr. 19'200.-- nebst 5% Zins seit dem 27. September 1993 zu bezahlen. C.- Auf Berufung von F. hin verurteilte ihn das Obergericht des Kantons Zürich am 14. Oktober 1994 wegen Unterschlagung zu 30 Tagen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren. Im Zivilpunkt bestätigte es das erstinstanzliche Urteil. D.- F. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts im Strafpunkt aufzuheben; er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Er macht einzig geltend, es sei kein gültiger Strafantrag gestellt worden; die Bank X. sei zum Strafantrag nicht berechtigt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Erwägungen: 1. (Eintreten). 2. a) Gemäss Art. 141 StGB in seiner hier massgebenden, vor dem 1. Januar 1995 geltenden alten Fassung wird auf Antrag wegen Unterschlagung bestraft, wer, um sich oder einen anderen unrechtmässig zu bereichern, eine fremde bewegliche Sache, die ihm durch Naturgewalt, Irrtum, Zufall oder sonst ohne seinen Willen zugekommen ist, sich aneignet. Nach der Rechtsprechung ist die Anwendung dieser Bestimmung nicht auf die Aneignung körperlicher Sachen beschränkt. Der Unterschlagung macht sich vielmehr auch schuldig, wer in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung über ein Guthaben verfügt, das, wie er weiss, seinem Konto irrtümlich gutgeschrieben wurde ( BGE 116 IV 134 , BGE 87 IV 115 ). Gemäss dem seit dem 1. Januar 1995 in Kraft stehenden Art. 141bis StGB wird auf Antrag bestraft, wer Vermögenswerte, die ihm ohne seinen Willen zugekommen sind, unrechtmässig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet. Diese Bestimmung wurde in das Gesetz aufgenommen, um die unter dem Gesichtspunkt "nullum crimen sine lege" und dem Analogieverbot problematische Anwendung des klassischen Unterschlagungstatbestandes auf die "Forderungsunterschlagung" überflüssig zu machen (vgl. Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes [strafbare Handlungen gegen das Vermögen und Urkundenfälschung] vom 24. April 1991, BBl 1991 II, S. 1007). Die Frage der Strafantragsberechtigung bei der Forderungsunterschlagung stellt sich nach BGE 121 IV 258 S. 260 Art. 141bis nStGB im Prinzip gleich wie nach Art. 141 aStGB. Im Schrifttum wird zu Art. 141bis nStGB die Auffassung vertreten, antragsberechtigt seien neben demjenigen, aus dessen Vermögen der Wert stammt, wohl auch die Organe der Bank oder Post, sofern sie wegen eigener Fehler für den Betrag einzustehen haben; hingegen dürfte demjenigen, für den der Vermögenswert tatsächlich bestimmt war, kein Antragsrecht zukommen (REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 6. Aufl., S. 136). b) Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jeder, der durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen ( Art. 28 Abs. 1 StGB ). Die Antragsberechtigung nach dieser Bestimmung richtet sich nach dem Träger des angegriffenen Rechtsgutes. Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern (Ehre, Berufsgeheimnis usw.) ist Verletzter nur der Träger des Rechtsgutes selbst, bei anderen Rechtsgütern sind auch andere Personen, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Erhaltung des Rechtsgutes haben, antragsberechtigt. Die Antragsberechtigung kann auch im Interesse an der Erhaltung des Rechtsgutes begründet sein, welches nicht nur der eigentliche Rechtsgutsträger besitzt. Insofern kann auch derjenige im Sinne von Art. 28 Abs. 1 StGB verletzt sein, in dessen Rechtskreis die Tat unmittelbar eingreift, sowie derjenige, der ein besonderes Interesse an der Erhaltung des Gegenstandes hat ( BGE 118 IV 209 E. 3b). Hinsichtlich der Sachbeschädigung gemäss Art. 145 Abs. 1 aStGB hat das Bundesgericht die Antragsberechtigung in diesem Sinne auch auf den Mieter bzw. jeden Berechtigten, der die Sache nicht mehr gebrauchen kann, ausgedehnt (BGE BGE 117 IV 437 E. 1b mit Hinweis). Ebenso hat es angenommen, das Strafantragsrecht stehe bei der Entwendung (Art. 138 aStGB) neben dem Eigentümer auch jedem Berechtigten zu, dessen Interessen am Gebrauch der Sache durch deren Wegnahme unmittelbar beeinträchtigt sind ( BGE 118 IV 209 ). c) Bei der "Forderungsunterschlagung" ist als Verletzter im Sinne von Art. 28 Abs. 1 StGB anzusehen, wer durch die Tat unmittelbar am Vermögen geschädigt worden ist. In der bisherigen Praxis wurde ohne weiteres angenommen, dass der Auftraggeber einer fehlgeleiteten Gutschrift antragsberechtigt ist, offenbar weil ihm in diesen Fällen der fehlgeleitete Auftrag belastet wurde (vgl. BGE 87 IV 115 , 116 IV 134). Hier stellt sich demgegenüber die Frage, ob die Bank, die die Vergütung auf das falsche Konto vorgenommen hat, antragsberechtigt ist. BGE 121 IV 258 S. 261 Wie sich aus dem angefochtenen Urteil und den Akten ergibt, hat die Bank X. ein Mitverschulden bei der Fehlüberweisung anerkannt. Sie hat sich mit der Stiftung P. vergleichsweise dahin geeinigt, die Hälfte des Schadens zu tragen und der Stiftung US $ 7'500.-- zu vergüten. Die Bank X. hat den ganzen Schadensbetrag im Strafverfahren adhäsionsweise eingeklagt und der Stiftung versprochen, ihr allfällige Zahlungen des Beschwerdeführers zur Hälfte zukommen zu lassen. Die Bank X. hat in diesen Vergleich eingewilligt, weil sie nach Prüfung der Rechtslage zum Schluss gekommen ist, dass zur getreuen und sorgfältigen Ausführung eines Zahlungsauftrages die Kontrolle gehört, ob Name des Empfängers und des Inhabers des angegebenen Kontos übereinstimmen (vgl. DANIEL GUGGENHEIM, Die Verträge der schweizerischen Bankpraxis, 3. Aufl., Zürich 1986, S. 245 f.). Die Interessen der Bank X. sind durch die "Forderungsunterschlagung" hier somit nicht nur irgendwie, d.h. mittelbar, betroffen worden, wie das etwa beim Erben oder Gläubiger eines am Vermögen Geschädigten der Fall ist. Die Bank X. hat durch die Tat des Beschwerdeführers vielmehr direkt einen Vermögensschaden erlitten. Ihre Berechtigung zum Strafantrag ist deshalb zu bejahen. 3. (Kostenfolgen).
null
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d9b04ee6-0305-4d98-99fb-724003ba95f6
Urteilskopf 109 II 347 72. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Dezember 1983 i.S. Naef gegen "Zürich" Versicherungs-Gesellschaft (Berufung)
Regeste Art. 87 Abs. 2 SVG , Entschädigungsvereinbarung. Die Angemessenheit einer Entschädigungsvereinbarung gemäss Art. 87 Abs. 2 SVG beurteilt sich nach den Umständen zur Zeit des Vertragsabschlusses (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 348 BGE 109 II 347 S. 348 Aus den Erwägungen: 2. Der Kläger ficht die Entschädigungsvereinbarung nicht wegen Übervorteilung oder Willensmängeln im Sinne der Allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts an (dazu BGE 99 II 371 E. b), sondern er beruft sich auf die Sondervorschrift des Art. 87 Abs. 2 SVG . Danach sind Vereinbarungen, die offensichtlich unzulängliche Entschädigungen festsetzen, binnen Jahresfrist seit ihrem Abschluss anfechtbar. Als massgebend, um die Angemessenheit zu beurteilen, erachtet die Vorinstanz nicht den Zeitpunkt des Urteils über die Anfechtungsklage, sondern jenen des Abschlusses der Vereinbarung. Sie könne daher auf die Vorbringen des Klägers zur Entwicklung seines Gesundheitszustandes nach Vertragsabschluss nicht eintreten. Das gelte für die Behauptung, er müsse nachträglich nicht bloss mit 20%, sondern mit mehr als 30% Arbeitsunfähigkeit rechnen und seine gegenwärtigen Beschwerden rührten vom Verkehrsunfall her. Die Vorinstanz ordnete deshalb die gerichtliche Expertise, die der Kläger beantragt hatte, nicht an. Der Kläger macht geltend, die Auffassung der Vorinstanz über den ausschlaggebenden Zeitpunkt für die Beurteilung der Angemessenheit sei unvereinbar mit Art. 87 Abs. 2 SVG , und er kritisiert die bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf der das angefochtene Urteil beruht ( BGE 99 II 370 E. 3). Seinen Standpunkt begründet er hauptsächlich mit der Meinung OFTINGERS, der den Zeitpunkt des Urteils als massgebend erklärt, weil der Geschädigte damit - entsprechend einer allgemeinen Tendenz der Spezialgesetze - begünstigt werde (Haftpflichtrecht, 4. Aufl. Bd. I S. 472; ebenso ohne nähere Begründung BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière annoté, S. 315 Ziff. 2.5; BUSSY, in SJK Nr. 919 N. 20; GIGER/SCHLEGEL, Strassenverkehrsgesetz, 3. Aufl. S. 270). Mit der Meinung der zitierten Autoren hat sich das Bundesgericht im erwähnten Entscheid bereits einlässlich auseinandergesetzt. Es hat im Zusammenhang mit dem gleichlautenden Art. 17 EHG auf die Entstehungsgeschichte zurückgegriffen und daraus gefolgert, der wesentliche Unterschied von Art. 87 Abs. 2 SVG zu den allgemeinen Rechtsbehelfen liege darin, dass der Geschädigte nur das offensichtliche Ungenügen der vereinbarten Entschädigung und keinerlei subjektive Elemente beweisen müsse. Dieser objektive Massstab entspreche jenem bei der Antwort auf die BGE 109 II 347 S. 349 Frage, ob gemäss Art. 21 OR Leistung und Gegenleistung in einem offenbaren Missverhältnis zueinander stehen. Wie dort seien daher die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend. Dabei müsse der Richter alle bekannten und voraussehbaren Umstände berücksichtigen. Unvorhersehbaren Entwicklungen dagegen, die das Gleichgewicht zwischen den Leistungen schwer störten, könne er gestützt auf Art. 2 ZGB Rechnung tragen. Die Rechtssicherheit verbiete, auf spätere Entwicklungen, beispielsweise der Löhne und Preise, abzustellen. Schliesslich begünstige Art. 87 Abs. 2 SVG einseitig eine Partei und sei deshalb einschränkend auszulegen. An den damaligen Erwägungen des Bundesgerichts ist im wesentlichen festzuhalten. Entschädigungsvereinbarungen erfassen in der Regel ohnehin nur bekannte und vorhersehbare Schädigungen und schliessen es nicht aus, später neu auftretende Schäden geltend zu machen (OFTINGER, S. 474 f.; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2. Aufl. S. 214 N. 9; GIGER/SCHLEGEL, S. 271). Für eine zurückhaltende Auslegung von Art. 87 Abs. 2 SVG spricht sodann die Ansicht von Merz, der den erwähnten Bundesgerichtsentscheid kommentiert und gleichzeitig bedauert hat, dass der Gesetzgeber die Bestimmung anlässlich der Revision nicht aufgehoben habe; denn es leuchte nicht ein, weshalb der allgemeine Übervorteilungstatbestand nur gerade hinsichtlich der Vereinbarung von Entschädigungen im Bereich bestimmter Haftpflichtgesetze nicht massgebend sein solle (ZBJV 111/1975 S. 104). Auch DESCHENAUX/TERCIER (S. 214 N. 13) stimmen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu. Der vorliegende Sachverhalt zeigt im übrigen, wie uferlos eine Überprüfung der Entschädigung aus nachträglicher Sicht werden könnte und wie sehr die wichtige Institution der gütlichen Schadensregulierung darunter litte. Will sich der Geschädigte eine solche Überprüfung offen halten, so hat er eben beim Abschluss der Vereinbarung einen entsprechenden Vorbehalt anzubringen, wie es ja auch der Richter bei Urteilen macht ( Art. 46 Abs. 2 OR ; STARK, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, Nr. 1130).
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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d9b1a3ca-9e71-436f-ada6-94adf75ebde8
Urteilskopf 85 IV 122 32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. September 1959 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 69, 110 Ziff. 7 StGB . Die Internierung in der Heil- und Pfiegeanstalt ist nur dann als Untersuchungshaft zu behandeln, wenn der Freiheitsentzug in der Anstalt demjenigen im Untersuchungsgefängnis im wesentlichen gleichkommt.
Erwägungen ab Seite 123 BGE 85 IV 122 S. 123 Als Untersuchungshaft gilt nach dem Strafgesetz jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungswie Sicherheitshaft ( Art. 110 Ziff. 7 StGB ), also jede Haft, die im Interesse der Strafverfolgung bis zur letztinstanzlichen Urteilsfällung angeordnet wird, gleichgültig, ob sie Untersuchungszwecken oder der Sicherstellung der Person des Täters diene. Was unter Haft zu verstehen ist, sagt das Strafgesetz nicht. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeutet sie Entziehung der Freiheit und zwar, wie die Strafprozessordnungen zeigen, regelmässig durch Verwahrung des Beschuldigten in der Einzelzelle eines Gefängnisses, wo er sich einer strengen Anstaltsordnung und einer peinlichen Überwachung des Verkehrs mit der Aussenwelt zu unterwerfen hat (vgl. u.a. Basel-Stadt § 56; Bern Art. 124; Luzern §§ 84 f., 87; Zürich § 76; Art. 48 BStP ). Die Einweisung in eine Heil- und Pflegeanstalt, die ein Untersuchungsbeamter oder Richter nach Art. 13 StGB zur Abklärung des zweifelhaften Geisteszustandes eines Beschuldigten angeordnet hat, stellt eine Untersuchungsmassnahme dar, die im Interesse der Strafverfolgung liegt. Das und der Aufenthalt in der Heil- und Pflegeanstalt als solcher, möge er auch längere Zeit dauern, genügen aber nicht, um die Internierung der Untersuchungshaft gleichzustellen. Der eines Verbrechens oder Vergehens Beschuldigte hat die Beschränkung seiner persönlichen Freiheit, welche das gegen ihn durchgeführte Strafverfahren notwendig mit sich bringt, als Folge seines Verhaltens auf sich zu nehmen. Es würde denn auch niemandem einfallen, einem Verurteilten, der in einer langwierigen Strafuntersuchung sich jederzeit dem Untersuchungsbeamten zur Verfügung zu halten und sich zahllosen Verhören, Konfrontationen mit Zeugen und Einvernahmen durch Sachverständige zu unterziehen hatte, den Zeitaufwand und Verdienstausfall zu entschädigen, und sei es auch BGE 85 IV 122 S. 124 nur durch Verkürzung der verwirkten Strafe. Das Strafgesetz lässt eine solche Massnahme nur im Falle der Untersuchungshaft zu, und auch hier nicht, weil sich die Anrechnung als selbstverständlich aufdrängte, sondern bloss aus Gründen der Billigkeit, davon ausgehend, dass die Untersuchungshaft in ihren Auswirkungen dem Vollzug der Freiheitsstrafe praktisch gleichkommt. Es verstiesse demnach gegen die ratio des Art. 69 StGB , wenn der Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt, sei es zum Zwecke der Pflege, sei es zum Zwecke der psychiatrischen Begutachtung, schon deshalb als Untersuchungshaft behandelt würde, weil die Einweisung des Beschuldigten zwangsmässig erfolgte und die persönliche Freiheit des Eingewiesenen durch die Anstaltsordnung eingeschränkt wird. Eine Gleichstellung kann nach dem Grundgedanken, den Art. 69 zum Ausdr ck bringt, nur statthaft sein, wenn der Freiheitsentzug in der Anstalt demjenigen im Untersuchungsgefängnis im wesentlichen gleichkommt. Das setzt voraus, dass der Beschuldigte in der Anstalt annähernd den gleichen Lebensbedingungen unterworfen ist, wie sie nach den kantonalen Vorschriften einem Untersuchungsgefangenen normalerweise auferlegt werden, soweit der Zweck der Einweisung und der Anstaltsbetrieb nicht Abweichungen notwendig machen; zum mindesten muss die Bewegungsfreiheit nach aussen unterbunden sein und der Verkehr mit der Aussenwelt den bei der Untersuchungshaft üblichen Beschränkungen unterliegen. Es versteht sich von selbst, dass auch dann, wenn der Aufenthalt in der Heil- und Pflegeanstalt die besonderen Merkmale der Untersuchungshaft aufweist, die Anrechnung im Sinne des Art. 69 StGB insoweit ausgeschlossen ist, als dem Beschuldigten ein Verhalten nach der Tat zur Last fällt, durch das er die Einweisung herbeigeführt oder den Zwangsaufenthalt verlängert hat.
null
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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d9b1cf93-ab9a-4e02-b02e-39534b664032
Urteilskopf 93 III 18 4. Auszug aus dem Entscheid vom 31. Januar 1967 i.S. X.
Regeste Art. 93 SchKG : Berechnung des Notbedarfes. Beiträge an eine Pensionskasse dürfen nur soweit vom pfändbaren Lohn abzogen werden, als sie vom Schuldner zwangsweise geleistet werden.
Sachverhalt ab Seite 18 BGE 93 III 18 S. 18 Aus dem Tatbestand: In verschiedenen gegen X. angehobenen Betreibungen pfändete das Betreibungsamt Baden Fr. 550.-- vom monatlichen Einkommen des Schuldners. Mit Zuschrift vom 27. September 1966 verlangte X., dass die Lohnpfändung neu geregelt werde, da er nun an die Pensionskasse monatlich zusätzlich Fr. 600.-- bezahlen müsse. Mit Verfügung vom 3. Oktober 1966 lehnte das Betreibungsamt dieses Begehren ab; denn die BGE 93 III 18 S. 19 zusätzlichen Lohnabzüge des Arbeitgebers seien für den Höhereinkauf in die Pensionskasse bestimmt, es handle sich somit um freiwillige Aufwendungen. Der Schuldner focht diese Verfügung an mit dem Antrag, der vom Arbeitgeber zurückbehaltene Beitrag (Fr. 754.30 monatlich) sei voll vom pfändbaren Lohn abzuziehen. Der Präsident des Bezirksgerichtes Baden als untere und die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Aargauer Obergerichtes als obere kantonale Aufsichtsbehörde lehnten die Beschwerde ab, letztere mit Entscheid vom 9. Januar 1967. Gegen diesen Entscheid rekurriert X. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes; diese weist den Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: 1. Am 28. April 1925 wurde i.S. Gebrüder Gloor ( BGE 51 III 68 ) entschieden, dass die Beiträge, welche der Arbeitgeber für Pensions- und Unterstützungskassen sowie Unfallversicherung in Abzug bringe, bei der Berechnung des bei einer Lohnpfändung massgebenden Lohnes ausser acht zu lassen seien, da der Schuldner über diese Beträge nicht mehr verfügen und sie zur Bestreitung des Notbedarfes nicht verwenden könne. Dies gelte aber nur für Beiträge, welche vom Schuldner zwangsweise geleistet werden müssten. Diese Rechtsprechung ist von der Lehre übernommen worden (vgl. JAEGER, Schuldbetreibungs- und Konkurs-Praxis der Jahre 1920-1926, N. 8 zu Art. 93, S. 39; JAEGER-DÄNIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis, Bd. I N. 8/C/b zu Art. 93, S. 201; ELMER, Die Bestimmung des unpfändbaren Lohnes auf den 1. Januar 1959, in BlSchK1959 S. 13 c). Der Rekurs bringt nichts vor, was ein Abweichen von der bisherigen Auslegung aufdrängt. Unbillig ist die Lösung schon deshalb nicht, weil der selbständig erwerbende Schuldner, der für die Zukunft seiner Familie mit einer Lebensversicherung vorsorgen möchte, sich keine Prämien von seinem Einkommen abziehen lassen kann, mag die dadurch geschaffene Sicherheit noch so bescheiden sein (vgl. BGE 52 III 193 , BGE 71 III 49 , BGE 81 III 145 , BGE 87 III 105 ). 2. Diese Grundsätze bedeuten für den vorliegenden Fall, dass der hier allein streitige Beitrag von monatlich Fr. 600.--, der für den Einkauf weiterer Dienstjahre an die Pensionskasse BGE 93 III 18 S. 20 zu leisten ist, bei der Bestimmung des pfändbaren Lohnes nicht zugunsten des Rekurrenten abgezogen werden darf. Richtig ist, dass der Schuldner infolge seines Dienstvertrages mit der Brown, Boveri & Cie. gehalten ist, der Pensionskasse beizutreten. Insoweit es um deren ordentliche und ausserordentliche Beiträge geht, kann er sich ihnen nicht entziehen, weshalb sie mit Recht vom pfändbaren Lohn abgezogen worden sind. Beim Einkauf weiterer Dienstjahre dagegen handelt es sich um freiwillige Leistungen; denn der Höhereinkauf in die Pensionskasse erfolgte auf Begehren des Rekurrenten. Das Betreibungsamt hat infolgedessen bei der Festsetzung des pfändbaren Einkommens Art. 93 SchKG nicht verletzt, weshalb der Rekurs abzuweisen ist.
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de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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d9baa7a5-22e3-4f8b-8a0b-6c3ccb7a808b
Urteilskopf 141 III 53 9. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A.A. contre B.A. (recours en matière civile) 5A_621/2013 du 20 novembre 2014
Regeste Art. 206 Abs. 1 und 3 ZGB ; Errungenschaftsbeteiligung; Teilung von Miteigentum an einem Grundstück im Scheidungsfall; Beteiligung desjenigen Ehegatten, der zum Erwerb des Grundstücks beigetragen hat, am konjunkturellen Mehrwert; Präzisierung der Rechtsprechung. Nach Art. 206 Abs. 1 ZGB hat der Ehegatte, der ohne entsprechende Gegenleistung zum Erwerb eines Vermögenswerts des andern beigetragen hat, über seine Rückerstattungsforderung hinaus Anspruch auf Beteiligung am Mehrwert, den der fragliche Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Auseinandersetzung aufweist. Wollen die Ehegatten die Anwendung dieser Regel ausschliessen, müssen sie hierzu gemäss Art. 206 Abs. 3 ZGB eine schriftliche Vereinbarung treffen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 53 BGE 141 III 53 S. 53 A. A.A., né en 1962, et B.A., née B. le 4 novembre 1964, se sont mariés à Carouge (Genève) le 1 er décembre 1995. Ils sont soumis au régime matrimonial de la participation aux acquêts. En 2001, les époux ont acquis en copropriété une villa à U. L'achat de ce bien et les travaux entrepris sur celui-ci, soit au total un montant de 687'000 fr., ont été financés au moyen de biens appartenant à BGE 141 III 53 S. 54 l'époux, soit 140'000 fr. provenant de ses biens propres et 42'000 fr. provenant de ses acquêts, et d'un crédit hypothécaire de 505'000 fr. contracté par les époux. B. Le 22 décembre 2010, l'époux a formé une demande unilatérale en divorce. Par jugement du 7 janvier 2013, le Tribunal de première instance a prononcé le divorce des époux, ordonné la vente de la villa, son prix devant être réparti entre les époux par moitié, après payement des frais liés à la vente et remboursement de l'hypothèque ainsi que d'un montant de 182'000 fr. investi par le mari. Statuant le 28 juin 2013 sur appels des époux, la Cour de justice a réduit de 182'000 fr. à 140'000 fr. le montant devant être restitué au mari lors de la vente de la villa. C. Saisi d'un recours en matière civile de A.A., le Tribunal fédéral a statué par arrêt du 20 novembre 2014. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants : 5. Les époux, qui sont soumis au régime de la participation aux acquêts, ont acquis une villa en copropriété par moitié en 2001. L'achat de ce bien et les travaux qui y ont été effectués, soit le montant total de 687'000 fr., ont été financés par l'époux au moyen de ses biens propres à hauteur de 140'000 fr. et de ses acquêts à hauteur de 42'000 fr., ainsi qu'au moyen d'un crédit hypothécaire de 505'000 fr. souscrit par les époux. 5.1 Ayant constaté que l'épouse n'était pas en mesure, financièrement, de racheter la part de copropriété de son mari, le Tribunal de première instance a ordonné la mise en vente de la villa. Se conformant à l' ATF 138 III 150 , il a prévu que, du prix de vente, encore inconnu, devront être déduits les frais liés à la vente, le montant de l'hypothèque et le remboursement au mari d'un montant de 182'000 fr. - admis par l'épouse -; le solde sera ensuite partagé par moitié entre les époux. Tout en confirmant ce mode de faire, la Cour de justice a réduit le montant à rembourser à l'époux à 140'000 fr., seul ce dernier montant ayant été en réalité financé par les biens propres de celui-ci. Invoquant la violation de l' art. 206 al. 1 CC et se référant à l' ATF 131 III 252 , le recourant se plaint de ce que les biens propres qu'il a investis - 140'000 fr. - ne profitent pas de la plus-value conjoncturelle dont bénéficiera l'immeuble lors de sa vente. Il estime que, ayant BGE 141 III 53 S. 55 contribué à l'acquisition et à l'amélioration du bien de son conjoint - la part de copropriété de celle-ci sur l'immeuble -, qui se retrouve à la liquidation avec une plus-value, sa créance doit être proportionnelle à sa contribution et doit être calculée sur la valeur actuelle du bien. Il précise n'avoir pas contesté le premier jugement, se contentant du montant de 182'000 fr., bien que le Tribunal de première instance ait arrêté ce montant de manière peu compréhensible. Il conclut à ce que le montant de 182'000 fr. lui soit remboursé à ce titre, comme l'avait admis le tribunal. Pour peu qu'on puisse la comprendre, l'intimée soutient que le recourant n'est pas recevable à invoquer que sa prétention de 140'000 fr. devrait bénéficier d'une plus-value conjoncturelle: alors même qu'elle admet que l'époux avait prétendu pouvoir bénéficier de la plus-value conjoncturelle sur ses fonds propres, elle estime qu'il ne saurait se plaindre de ce que le tribunal n'en a pas établi le montant puisqu'il n'a jamais effectué aucun calcul, en première instance, visant à déterminer comment cette plus-value devait être calculée; dans sa réponse à l'appel, il n'aurait pas non plus proposé de calcul de la plus-value conjoncturelle et aurait ainsi renoncé à revendiquer une rémunération de ses fonds propres. L'intimée conclut donc au rejet du recours dans la mesure où il est recevable. 5.2 Il y a lieu d'examiner tout d'abord la recevabilité du grief de violation de l' art. 206 CC soulevé par le recourant. 5.2.1 En première instance, l'époux demandait que le montant provenant de ses biens propres qu'il avait investi dans l'acquisition de l'immeuble fît l'objet d'une créance-récompense, soit que le montant de 140'000 fr. bénéficiât de la plus-value conjoncturelle prise par l'immeuble (conclusions motivées du 23 novembre 2012). L'épouse, de son côté, concluait à ce que le partage s'effectuât conformément à l' ATF 138 III 150 . Se basant sur cette jurisprudence, le Tribunal de première instance a, comme on l'a vu, dénié au recourant un droit à la plus-value conjoncturelle; il a toutefois admis une somme de 182'000 fr. en remboursement des montants investis par l'époux. Statuant sur appel de l'épouse, la Cour de justice a considéré que l'époux avait lui-même indiqué n'avoir apporté que 140'000 fr. de biens propres, de sorte que seul ce montant devait être déduit du prix de vente; la plus-value devant être divisée par moitié, il n'y avait pas lieu de traiter spécialement le montant de 42'000 fr. provenant des acquêts, qui devait également être partagé par moitié. BGE 141 III 53 S. 56 5.2.2 Savoir si l'investissement de 140'000 fr. fait par l'époux au moyen de ses biens propres doit participer à la plus-value conjoncturelle de l'immeuble en application de l' art. 206 al. 1 CC et de l' ATF 131 III 252 , comme il l'invoque, est une question de droit. Il s'agit d'un nouveau moyen de droit matériel, que l'époux n'avait pas invoqué dans sa réponse à l'appel, tout en continuant à réclamer le montant de 182'000 fr., alors même que le Tribunal de première instance avait écarté sa prétention à la plus-value conjoncturelle, au motif qu'elle n'était pas conforme à la jurisprudence. Ce nouveau moyen de droit est admissible puisqu'il peut être tranché sur la base des constatations de fait de l'arrêt attaqué. Que l'époux n'ait pas effectué de calcul précis de la plus-value conjoncturelle ni en première instance, ni dans sa réponse à l'appel, comme le lui reproche l'intimée, est dès lors sans pertinence, le Tribunal fédéral, comme les juridictions cantonales, appliquant le droit d'office ( art. 106 al. 1 LTF ). Il y a donc lieu d'entrer en matière et d'examiner la question de l'application de l' art. 206 al. 1 CC . 5.3 La Cour de justice, à l'instar du Tribunal de première instance, s'est basée sur l' ATF 138 III 150 . En l'espèce, elle a toutefois réduit le montant à rembourser à l'époux de 182'000 fr. à 140'000 fr., dès lors que celui-ci avait admis avoir financé l'acquisition de l'immeuble à raison de 140'000 fr. au moyen de ses biens propres et 42'000 fr. au moyen de ses acquêts. 5.3.1 Dans le cas de figure qui a donné lieu à l' ATF 138 III 150 , les époux avaient acquis l'immeuble (pour le prix de 1'025'000 fr.) en copropriété par moitié au moyen de biens propres de l'épouse (355'000 fr.) et d'un crédit hypothécaire (670'000 fr.). Le Tribunal fédéral a considéré en droit que, lorsque les époux sont inscrits comme copropriétaires au registre foncier, ils sont présumés avoir acquis l'immeuble en copropriété dès lors que les faits dont les inscriptions au registre foncier attestent l'existence bénéficient de la valeur probante accrue découlant de l' art. 9 CC . Le droit inscrit existant en vertu de la présomption réfragable de l' art. 937 al. 1 CC , il appartient donc à celui qui conteste la copropriété de la personne inscrite de le prouver (consid. 5.1.2.). Il en a déduit, dans le cas concret, que, puisque les époux ont acheté l'immeuble en copropriété, ils ont l'un et l'autre voulu être copropriétaires et partager entre eux la plus-value, sans égard au financement (consid. 5.1.4). Cette jurisprudence a été reprise quelques mois plus tard dans deux autres arrêts non publiés: le premier concernait un cas d'époux séparés de biens (5A_417/2012 BGE 141 III 53 S. 57 du 15 août 2012 consid. 4.3) et le second un cas d'époux soumis à la participation aux acquêts (5A_464/2012 du 30 novembre 2012 consid. 6.3). L'arrêt publié aux ATF 138 III 150 a fait l'objet de critiques de la doctrine (par ordre chronologique: AEBI-MÜLLER, Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Familienrecht, Jusletter 13 août 2012 p. 12 s.; la même , Miteigentum unter Ehegatten bei bloss einseitigen Investitionen - wer partizipiert am Gewinn, RJB 148/2012 p. 660 ss; LÖTSCHER, Aufteilung von Miteigentum bei Scheidung, ius.focus 4/2012 p. 4; STEINAUER, Le sort de la plus-value prise par un immeuble en copropriété d'époux qui n'ont pas financé l'acquisition dans une mesure égale, Analyse critique de l' ATF 138 III 150 et des arrêts 5A_464/2012 et 5A_417/2012, Jusletter 25 mars 2013; REINHARDT, FamPra.ch 2013 p. 166 ss; WOLF/THUT/SCHMUKI, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2012, RJB 149/2013 p. 660 ss; AEBI-MÜLLER, Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Familienrecht, Jusletter 6 mai 2013 p. 5 s.; RUMO-JUNGO/GASSNER, Auflösung von Miteigentum unter Ehegatten: Eine Kritik der neuen Praxis des Bundesgerichts, Jusletter 3 mars 2014; REINHARDT, Immobiliareigentum der Ehegatten in der Errungenschaftsbeteiligung: kritische Auseinandersetzung mit der neueren Bundesgerichtspraxis, FamPra.ch 2014 p. 163 ss; HAUSHEER/GEISER/AEBI-MÜLLER, Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 5 e éd. 2014, n. 14.53 ss, en particulier n. 14.62 ss). En résumé, la doctrine reproche à la jurisprudence de l' ATF 138 III 150 d'avoir liquidé la copropriété des époux sans tenir compte du régime matrimonial de la participation aux acquêts, laissant les parts de copropriété hors régime, d'avoir confondu le système des droits réels et celui des régimes matrimoniaux, les règles de la copropriété ne réglant pas la prétention de l'époux qui a financé l'achat de la part de copropriété de son conjoint, d'avoir construit une société simple entre époux, alors que cela n'a été ni conclu ni voulu, d'avoir ignoré l' art. 206 al. 1 CC et de n'avoir pas pris en considération la plus-value afférente au crédit hypothécaire. En outre, RUMO-JUNGO/GASSNER reprochent au Tribunal fédéral de s'être écarté, sans le dire, de l' ATF 131 III 252 consid. 3.3 et 3.4, des arrêts non publiés 5A_87/2010 du 5 mai 2010 consid. 3.1 et 5C.81/2001 du 14 janvier 2002 consid. 4, ainsi que de l'arrêt 5A_618/2012 du 27 mai 2013 relatif à la copropriété d'actions nominatives (n. 12 ch. 1), créant ainsi une insécurité juridique. BGE 141 III 53 S. 58 5.3.2 Dans le cas de figure de l' ATF 131 III 252 consid. 3, les époux avaient acquis un immeuble en copropriété par moitié au moyen de biens propres de l'épouse, celle-ci acceptant, par convention écrite, d'accorder un prêt sans intérêts à son époux pour l'acquisition de sa part, et ce sans recourir à aucun crédit hypothécaire. La question s'est donc posée de savoir si, par la convention d'un prêt sans intérêts, les époux avaient également convenu d'écarter la participation à la plus-value prévue par l' art. 206 al. 1 CC . Se ralliant à la doctrine majoritaire, le Tribunal fédéral a considéré que cette question devait être résolue au regard de l' art. 206 al. 3 CC : la participation légale à la plus-value n'est pas de droit impératif, mais il appartient au conjoint qui entend se prévaloir d'une dérogation à cette participation d'apporter la preuve que les époux en sont convenus en la forme écrite, prescrite par l' art. 206 al. 3 CC . A défaut d'une telle preuve - qui n'est pas apportée lorsque le prêt est seulement stipulé sans intérêts, car la sécurité du droit requiert que la volonté des époux d'exclure la part à la plus-value puisse être clairement établie -, l' art. 206 al. 1 CC doit trouver application. Dans un précédent arrêt non publié (5C.81/2001 du 14 janvier 2002 consid. 4), le Tribunal fédéral a aussi admis que l' art. 206 al. 1 CC s'applique aux époux qui ont acquis un immeuble en copropriété par moitié, dans la mesure où l'un d'eux a contribué à l'acquisition de la part de son conjoint sans contre-partie correspondante. Dans un arrêt plus récent (5A_87/2010 du 5 mai 2010 consid. 3.1), il a aussi retenu que l'inscription au registre foncier ne fournit aucune indication pour déterminer qui a financé l'achat de l'immeuble en copropriété et, partant, pour calculer le montant de l'indemnité due par l'époux auquel il est attribué. 5.3.3 Les ATF 131 III 252 et ATF 138 III 150 se basent sur des états de fait quelque peu différents, dès lors que, dans le premier, l'épouse seule finance, au moyen de ses biens propres, l'achat de l'immeuble en copropriété alors que, dans le second, l'immeuble est acquis en copropriété pour partie au moyen de biens propres de l'épouse et pour partie au moyen d'un crédit hypothécaire souscrit par les deux époux. Il n'en demeure pas moins que le premier admet une participation à la plus-value conjoncturelle de l'époux dont les biens propres ont financé l'acquisition de la part de copropriété de son conjoint, sauf convention écrite contraire des époux, alors que le second présume qu'il n'y a pas de participation de l'époux à la plus-value BGE 141 III 53 S. 59 conjoncturelle (le montant qu'il a investi étant déduit sans plus-value de la valeur vénale de l'immeuble), sauf convention contraire des époux. Il s'impose donc de résoudre cette contradiction, de façon à lever, dans l'intérêt général, l'insécurité juridique constatée (cf. ATF 134 III 354 consid. 1.4 et 1.5). 5.4 Aux termes de l' art. 206 CC , lorsqu'un époux a contribué sans contre-partie correspondante à l'acquisition, à l'amélioration ou à la conservation de biens de son conjoint qui se retrouvent à la liquidation avec une plus-value, sa créance est proportionnelle à sa contribution et elle se calcule sur la valeur actuelle des biens; en cas de moins-value, il peut en tout cas réclamer le montant de ses investissements (al. 1); ... (al. 2); par convention écrite, les époux peuvent écarter ou modifier la part à la plus-value d'un bien (al. 3). Il faut donc déterminer en l'espèce si l'immeuble acquis en copropriété par moitié par les époux, soumis au régime de la participation aux acquêts, au moyen de biens propres et d'acquêts appartenant à l'époux et au moyen d'un crédit hypothécaire souscrit par les deux époux, donne lieu à récompense au sens de l' art. 206 al. 1 CC . 5.4.1 La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre (interprétation littérale). Si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, le juge doit rechercher la véritable portée de la norme au regard notamment de la volonté du législateur telle qu'elle ressort, entre autres, des travaux préparatoires (interprétation historique), du but de la règle, de son esprit, ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose, singulièrement de l'intérêt protégé (interprétation téléologique) ou encore de sa relation avec d'autres dispositions légales (interprétation systématique; ATF 138 III 166 consid. 3.2; ATF 136 III 283 consid. 2.3.1; ATF 135 III 640 consid. 2.3.1). Lorsqu'il est appelé à interpréter une loi, le Tribunal fédéral adopte une position pragmatique en suivant ces différentes interprétations, sans les soumettre à un ordre de priorité ( ATF 137 III 344 consid. 5.1; ATF 133 III 257 consid. 2.4; ATF 131 III 623 consid. 2.4.4 et les références). 5.4.2 Des différentes dispositions légales régissant le régime ordinaire de la participation aux acquêts ( art. 196-220 CC ) et du Message du 11 juillet 1979 concernant la révision du code civil suisse (Effets généraux du mariage, régimes matrimoniaux et successions; FF 1979 II 1179 ss; ci-après: Message), il résulte ce qui suit: Dans le régime de la participation aux acquêts, les biens des époux sont répartis entre quatre masses: les biens propres et les acquêts de BGE 141 III 53 S. 60 l'épouse et les biens propres et les acquêts de l'époux ( art. 196-198 CC ). Quiconque allègue qu'un bien appartient à l'un ou à l'autre des époux est tenu d'en établir la preuve ( art. 200 al. 1 CC ). Autrement dit, il incombe à l'époux qui prétend qu'un bien lui appartient de l'établir, conformément à la règle générale de l' art. 8 CC . La preuve en est facilitée par les présomptions découlant de la possession pour les meubles ( art. 930 et 931 CC ) et de l'inscription au registre foncier pour les immeubles ( art. 937 CC ; Message p. 1289). Des rapports juridiques fondés sur le droit des obligations, comme des prêts, peuvent se nouer entre époux et donner naissance à des créances de l'un contre l'autre ( art. 203 CC ; Message p. 1292). Lorsqu'il s'agit de procéder à la liquidation du régime matrimonial, il importe en premier lieu de dissocier les patrimoines des époux. Le partage de la copropriété d'un immeuble est soumis aux règles des art. 650 et 651 CC , le juge pouvant ordonner le partage en nature ou ordonner la vente aux enchères, à quoi s'ajoute la possibilité d'attribuer le bien considéré à celui des époux qui justifie d'un intérêt prépondérant à le recevoir ( art. 205 al. 2 CC ; Message p. 1293). Lorsqu'un époux a contribué sans contrepartie correspondante à l'acquisition, à l'amélioration ou à la conservation de biens de son conjoint qui se retrouvent à la liquidation avec une plus-value, sa créance est proportionnelle à sa contribution et elle se calcule sur la valeur actuelle des biens ( art. 206 al. 1 CC ). Par convention écrite, les époux peuvent écarter ou modifier la part à la plus-value d'un bien ( art. 206 al. 3 CC ). Le but de la participation à la plus-value découle du régime auquel sont soumis les époux: il arrive qu'un époux contribue à l'acquisition, à l'amélioration ou à la conservation d'un bien de son conjoint et qu'à la liquidation, ce bien se retrouve dans le patrimoine de celui-ci avec une plus-value. Dans des situations semblables, il est équitable que l'époux qui a fourni des prestations participe proportionnellement à la plus-value, au lieu de devoir se contenter du seul remboursement de son avance. Cela correspond à la communauté d'intérêts d'époux soumis au régime de la participation aux acquêts. De plus, contrairement à un tiers, un époux ne peut souvent pas se dérober et décider librement s'il accordera ou non un prêt à son conjoint. L' art. 206 CC a adopté la théorie des récompenses variables. Le bien considéré fait toujours et entièrement partie du patrimoine de l'époux qui en est juridiquement propriétaire. Mais le BGE 141 III 53 S. 61 conjoint qui a contribué à l'acquisition, à l'amélioration ou à la conservation du bien profite, en sus de sa créance en remboursement, de la plus-value. Au moment de l'investissement, les époux peuvent écarter ou modifier la part à la plus-value du bien. Pour la sécurité du droit, cet accord doit être fait par écrit. Les époux pourraient d'ailleurs, par contrat de mariage, exclure une fois pour toutes l'application de ces règles (Message p. 1294 et 1295; pour la genèse de la disposition: cf. ESCHER, Wertveränderung und eheliches Güterrecht: von der Güterverbindung zur Errungenschaftsbeteiligung, 1989, p. 51 ss). 5.4.3 Avec les auteurs mentionnés ci-dessus (consid. 5.3.1), il faut ainsi déduire du texte de la loi, des travaux préparatoires, ainsi que de la systématique et du but de la loi, que la part de copropriété d'un immeuble inscrite au registre foncier au nom d'un époux est présumée appartenir à celui-ci ( art. 200 al. 1 et art. 937 al. 1 CC ) et qu'au moment de son acquisition, elle entre dans le régime matrimonial, soit dans une des masses de cet époux ( art. 196-198 CC ). Le conjoint qui a contribué à son acquisition dispose d'une éventuelle créance ( art. 203 CC ) et sa participation à la plus-value conjoncturelle enregistrée par cette part de copropriété est réglée par l' art. 206 CC . Comme le relève RUMO-JUNGO (in Personen- und Familienrecht inkl. Kindes- und Erwachsenenrecht, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2 e éd. 2012, n° 5 ad art. 196 CC ), il y a lieu de distinguer le rapport fondé sur les droits réels (rapport externe) du rapport découlant du régime matrimonial (rapport interne). La copropriété n'est ainsi pas un rapport spécial entre époux, qui demeurerait hors régime matrimonial; chaque part de copropriété de l'immeuble doit être intégrée à une masse matrimoniale, comme le serait un immeuble acquis en pleine propriété, déjà au moment de l'acquisition. Sur le plan externe, en particulier à l'égard des tiers, l'époux inscrit au registre foncier pour une part de copropriété par moitié de l'immeuble dispose d'une quote-part d'une demie de celui-ci ( art. 646 CC ). A titre interne, cette indication figurant au registre foncier peut tout au plus servir d'indice, mais elle n'est en elle-même pas décisive; il s'agit bien plutôt de savoir comment cette part a été financée économiquement, en particulier si elle a été acquise au moyen d'une contribution effectuée par le conjoint. Conformément à l' art. 206 al. 1 CC , la participation à la plus-value est ainsi la règle et, si les époux veulent l'exclure, ils doivent passer une convention à cet effet par écrit, comme le prévoit l' art. 206 al. 3 CC . BGE 141 III 53 S. 62 Il convient donc de confirmer que la solution conforme au régime voulu par le législateur est celle de l' ATF 131 III 252 . Ainsi, lorsque des époux achètent un immeuble en copropriété par moitié au moyen de biens propres de l'un d'eux et d'un crédit hypothécaire souscrit par les deux, les fonds propres, qui rendent possible cette acquisition, sont utilisés pour financer chacune des parts de copropriété, par moitié, tout comme le crédit hypothécaire, souscrit par les époux, pour la partie non couverte par les fonds propres. Contrairement à ce qu'a implicitement admis l' ATF 138 III 150 , il n'y a pas lieu de présumer que les époux ont voulu exclure la participation à la plus-value de l'époux qui a financé l'acquisition, ni qu'ils ont voulu répartir la dette hypothécaire (dont ils sont tous deux débiteurs envers la banque) autrement que par moitié, ce qui, comme l'expose STEINAUER, reviendrait à écarter indirectement l'application de l' art. 206 CC (STEINAUER, op. cit., n. 11 et 30); conformément à l' art. 206 al. 3 CC , les époux qui veulent écarter la participation à la plus-value de l' art. 206 al. 1 CC doivent le faire par une convention en la forme écrite. 5.4.4 Au moment de son acquisition (voir le tableau ci-dessous, sous chiffres 1, 2 et 3), la part de copropriété de chacun des époux doit donc être intégrée à une de ses masses. Si l'acquisition est financée par les deux masses de l'époux acquéreur, la part de copropriété est intégrée à la masse à laquelle peut être rattachée la partie la plus grande; la masse à laquelle la part n'est pas intégrée a une récompense (variable) égale au montant de sa contribution conformément à l' art. 209 al. 3 CC ( ATF 132 III 145 consid. 2.2.2 et les références); la dette hypothécaire, souscrite conjointement, doit être rattachée à la masse à laquelle est intégrée la part de copropriété, conformément au principe de la connexité de l' art. 209 al. 2 CC ( ATF 132 III 145 consid. 2.3.2; ATF 123 III 152 consid. 6b/bb). Ainsi, en l'espèce, la part de copropriété de l'époux (343'500 fr.) est intégrée à la masse de ses biens propres, puisqu'elle est financée pour sa plus grande partie, à raison de 70'000 fr., par ses biens propres par remploi ( art. 198 ch. 4 CC ); ses acquêts, qui ont contribué à raison de 21'000 fr., ont une récompense variable contre ses biens propres, conformément à l' art. 209 al. 3 CC ; la moitié de la dette hypothécaire (252'500 fr.) grève ses biens propres; les biens propres de l'époux disposent d'une créance variable fondée sur l' art. 206 al. 1 CC contre (comme cela résulte de ce qui suit) les acquêts de son épouse BGE 141 III 53 S. 63 (70'000 fr.) et ses acquêts d'une créance variable découlant de l' art. 206 al. 1 CC , également contre les acquêts de son épouse (21'000 fr.). L'épouse ayant acquis sa part de copropriété avec l'aide financière de son conjoint, sa part de copropriété est intégrée à ses acquêts (343'500 fr.), lesquels sont grevés de sa moitié de la dette hypothécaire (252'500 fr.) et de deux dettes variables résultant de l' art. 206 al. 1 CC envers l'époux (70'000 fr. à l'égard de ses biens propres et 21'000 fr. à l'égard de ses acquêts). 5.4.5 Lors de la liquidation du régime, il y a lieu de calculer la plus-value conjoncturelle et de la répartir entre les différentes masses qui ont contribué à l'acquisition (voir le tableau ci-dessous, sous chiffre 4), la plus-value afférente au crédit hypothécaire étant répartie à raison d'une moitié en faveur des acquêts de l'épouse et pour l'autre moitié, conformément aux ATF 132 III 145 consid. 2.3.2 et ATF 123 III 152 consid. 6b/bb, proportionnellement entre les biens propres et les acquêts de l'époux (cf. le tableau ci-dessous, sous chiffres 5 et 6). La situation peut en définitive être résumée par le tableau suivant: Sur la base des éléments de fait à sa disposition, le Tribunal fédéral ne peut toutefois pas procéder en l'espèce à des calculs concrets. L'arrêt attaqué sera donc annulé en ce qui concerne la répartition du prix de vente. La Cour de justice ayant confirmé que la villa doit être mise en vente à partir du 1 er juillet 2013, il lui incombera de compléter l'instruction sur ce point en établissant le produit de cette vente et le montant de l'éventuelle plus-value. BGE 141 III 53 S. 64 L'époux ne devrait pas obtenir en définitive plus que ce qui lui avait été alloué en première instance dès lors qu'il n'avait pas remis ce point en cause dans son appel (interdiction de la reformatio in pejus).
null
nan
fr
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
d9bc10a6-8a4c-49f7-8a08-9461602d7612
Urteilskopf 110 Ia 47 7. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. April 1984 i.S. Bucher und Mitbet. gegen Grosser Rat des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 55 BV und Meinungsäusserungsfreiheit; Verteilen von Propagandamaterial. Es verstösst nicht gegen die Verfassung, das Verteilen von Propagandamaterial an die Ratsmitglieder unmittelbar vor dem Eingang des Sitzungsgebäudes der Bewilligungspflicht zu unterstellen.
Sachverhalt ab Seite 47 BGE 110 Ia 47 S. 47 Der Grosse Rat des Kantons Thurgau stimmte im August 1983 einer neuen Geschäftsordnung zu, die in § 17 folgende Vorschrift über die Verteilung von Propagandamaterial enthält: "Wer an die Ratsmitglieder vor, während oder nach einer Sitzung im Sitzungsgebäude oder unmittelbar vor dessen Eingang Material, insbesondere Schriftstücke, verteilen oder verteilen lassen will, bedarf hiefür einer vorherigen Bewilligung des Präsidenten." Peter Bucher und fünf weitere Mitunterzeichner haben diese Bestimmung mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 und 55 BV sowie der Meinungsäusserungsfreiheit angefochten und verlangt, dass der Passus "oder unmittelbar vor dessen Eingang" aufgehoben werde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 110 Ia 47 S. 48 Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Die Beschwerdeführer bestreiten sinngemäss das öffentliche Interesse an der angefochtenen Bestimmung sowie deren Verhältnismässigkeit und machen mit Hinweis auf die Rechtsprechung geltend, es sei verfassungswidrig, für das kostenlose Verteilen von Propagandamaterial mit ideellem Zweck auf öffentlichem Grund und Boden eine Bewilligungspflicht einzuführen. Zunächst ist festzuhalten, dass es im vorliegenden Fall nicht darum geht, generell das Verteilen von Propagandamaterial auf öffentlichem Grund der Bewilligungspflicht zu unterstellen; geregelt werden soll auch nicht die Propagandatätigkeit vor dem Ratsgebäude allgemein, sondern nur das Verteilen von Material unmittelbar vor dessen Eingang vor, während und nach einer Sitzung. Die in BGE 96 I 588 ff. angestellten Erwägungen können hier daher nicht übernommen werden. - Zudem ist fraglich, ob durch die angefochtene Bestimmung überhaupt in den Gemeingebrauch eingegriffen werde, da nach den Darlegungen des Grossen Rates an beiden Sitzungsorten, Frauenfeld und Weinfelden, der Boden unmittelbar vor dem Rathauseingang nicht zum öffentlichen Grund gehört. Die Frage kann indessen offenbleiben, da sich die umstrittene Bewilligungspflicht auch dann als rechtmässig erweist, wenn sie sich auf einige wenige Quadratmeter öffentlichen Grundes erstrecken sollte. Es liegt im allgemeinen Interesse, dass der parlamentarische Betrieb nicht gestört wird und die Ratsmitglieder ihrer Tätigkeit ungehindert nachgehen können. Insbesondere sollen sich die Parlamentarier nicht jederzeit, sei es im Sitzungsgebäude selbst, sei es unter dessen Tür, mit Personen auseinandersetzen müssen, die Propagandamaterial verteilen. Dass solche Verteilaktionen unmittelbar vor dem Eingang des Sitzungsgebäudes zu Aufläufen und Behinderungen führen, muss zwar nicht die Regel sein, ist aber nicht auszuschliessen. Die Einführung einer Bewilligungspflicht, durch welche solche Aktionen und die damit verbundenen Störungen in Grenzen gehalten werden können, entspricht daher entgegen der Meinung der Beschwerdeführer einem sachlichen Bedürfnis. Das Bundesgericht hat denn auch in einem nicht veröffentlichten Urteil das Verbot der Gemeinde Yverdon, im Umkreis von 50 m von den Stimmlokalen Unterschriften zu sammeln, geschützt in der Erwägung, die Stimmbürger hätten ein Recht BGE 110 Ia 47 S. 49 darauf, unbehelligt zum Stimmlokal zu gelangen und dieses zu verlassen (Entscheid vom 18. Oktober 1983 i.S. Dolivo/Suri). Ebenso verstosse es nicht gegen die Verfassung, Veranstaltungen auf öffentlichem Grund während der Nachtstunden zu untersagen, da das Bedürfnis der Bürger nach Ruhe höher einzustufen sei als das Interesse der politischen Gruppen an nächtlichen Aktionen ( BGE 107 Ia 301 ). Dass der hier zu beurteilende Eingriff in die Freiheitsrechte wesentlich geringer ist, bedarf keiner langen Erläuterungen. Das Verteilen von Propagandamaterial unmittelbar vor dem Rathaus ist nicht verboten, sondern wird lediglich von einer Bewilligung abhängig gemacht, die vom Grossratspräsidenten nicht nach Belieben verweigert werden darf. Wer nicht um eine Bewilligung ersuchen will, hat nichts anderes zu tun, als sich ein paar Meter weiter entfernt vom Rathauseingang aufzustellen. Auch auf diese Weise kann der Bürger an die Ratsmitglieder gelangen und sich ihnen gegenüber frei äussern, wie das die Beschwerdeführer postulieren. Von einem unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte kann daher keine Rede sein. Schliesslich darf auch die Befürchtung, das Bewilligungsverfahren lasse Vorprüfungen im Sinne einer Vorzensur erwarten, als unbegründet betrachtet werden. Abgesehen davon, dass nicht nur das Verteilen von Presseerzeugnissen, sondern auch von anderem Propagandamaterial unter die angefochtene Vorschrift fällt, bieten sich andere Kriterien als der Inhalt der zu verteilenden Schriftstücke für den Entscheid darüber an, ob eine Verteilaktion im und unmittelbar vor dem Sitzungsgebäude für den parlamentarischen Betrieb zu unzumutbaren Störungen führe. Die Beschwerdeführer behaupten übrigens selbst nicht, dass die bisherige Bewilligungspraxis (schon das alte Reglement des Grossen Rates enthielt eine dem heutigen § 17 ähnliche Bestimmung) Anlass zu Beanstandungen der genannten Art geboten habe.
public_law
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
d9c18f5d-691f-4c54-b20c-c467ec42f134
Urteilskopf 108 Ia 295 57. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Dezember 1982 i.S. Gottfried Ritter und Mitbeteiligte gegen Politische Gemeinde Egg und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Willkür. Zone für öffentliche Bauten. 1. Abweichung vom klaren Wortlaut einer Gesetzesvorschrift. Willkür verneint bei der Schaffung einer Zone für öffentliche Bauten ausserhalb des Siedlungsgebiets, obwohl nach § 47 Abs. 1 des zürcherischen Bau- und Planungsgesetzes die Bauzonen innerhalb des Siedlungsgebiets auszuscheiden sind (E. 2). 2. Widerspruch zwischen kommunaler Nutzungszone und kantonalem Gesamtplan. Willkür verneint bei der Ausscheidung einer Zone für öffentliche Bauten im Landwirtschaftsgebiet (E. 3). 3. Es ist nicht willkürlich bzw. unverhältnismässig, für eine Sportanlage statt einer Freihaltezone eine Zone für öffentliche Bauten auszuscheiden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 296 BGE 108 Ia 295 S. 296 Die Gemeinde Egg will eine Sportanlage mit Fussballplatz, Tennisplätzen und Fitnessanlage bauen. Zu diesem Zweck erklärte die Gemeindeversammlung vom 10. Dezember 1979 ein der Gemeinde gehörendes Grundstück, das bisher dem übrigen Gemeindegebiet zugewiesen war, zur Zone für öffentliche Bauten. Gottfried Ritter und andere Eigentümer von Nachbarliegenschaften erhoben jedoch Einsprache. Ihr Rekurs wurde am 30. Juli 1980 von der Baurekurskommission III des Kantons Zürich gutgeheissen und der Gemeindeversammlungsbeschluss aufgehoben. Daraufhin wandte sich die Gemeinde Egg an den Regierungsrat des Kantons Zürich, der deren Rekurs am 2. September 1981 guthiess und den Beschluss der Baurekurskommission aufhob, soweit er zu beurteilen war. Gegen diesen Entscheid haben Gottfried Ritter und neun Mitbeteiligte staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. a) Der Regierungsrat prüfte im angefochtenen Entscheid, ob die Schaffung einer Zone für öffentliche Bauten abseits vom Siedlungsgebiet der Gemeinde Egg mit § 47 Abs. 1 des zürcherischen Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 BGE 108 Ia 295 S. 297 (PBG) vereinbar sei. Nach dieser Bestimmung sind die Bauzonen innerhalb des Siedlungsgebietes auszuscheiden. Der Regierungsrat erklärte ausdrücklich, die Zone für öffentliche Bauten sei als Bauzone zu betrachten, führte dann aber aus, die Vorschrift von § 47 Abs. 1 PBG gelte nicht zwingend für die Zone für öffentliche Bauten. Schon von der Zweckbestimmung her, die auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit Ausschluss des Wohnungsbaus beschränkt sei, würden für diese Zone keine sehr grossen Flächen beansprucht, womit der wesentliche Grund für die Beschränkung von Bauzonen auf Siedlungsgebiet gemäss § 47 PBG entfalle. Hinzu komme, dass der Zweck einer Zone für öffentliche Bauten eine Lage abseits des Baugebietes oft zwingend erheische oder, im Falle gewisser Sportanlagen, nahelege. Der Einzonungsbeschluss widerspreche demnach § 47 Abs. 1 PBG nicht. Die Beschwerdeführer halten diese Rechtsauffassung des Regierungsrates, die im Widerspruch zum klaren Wortlaut von § 47 Abs. 1 PBG steht, für willkürlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann indes die rechtsanwendende Behörde ohne Willkür vom Gesetzeswortlaut dann abweichen, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus Grund und Zweck der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit andern Gesetzesbestimmungen ergeben ( BGE 106 Ia 211 E. 5, BGE 104 Ia 7 E. 1 mit Hinweisen). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. § 47 Abs. 1 PBG unterlässt in sinnwidriger Weise Unterscheidungen, die nach aller Vernunft in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen zu treffen wären, und ist daher augenscheinlich lückenhaft. Es käme wohl niemandem ernsthaft in den Sinn, Zonen für öffentliche Bauten, die etwa für Friedhöfe, Abwasserreinigungsanlagen, Badeanstalten oder Kehrichtverbrennungsanlagen gedacht sind, zwingend innerhalb des Siedlungsgebietes festlegen zu lassen. Indem der Regierungsrat nach der Zweckbestimmung der konkret auszuscheidenden Zone unterschieden und eine Zone für öffentliche Bauten für eine Sportanlage von etwas über 3 ha Fläche ohne besondere Hochbauten von der Regel des § 47 Abs. 1 PBG ausgenommen hat, hat er nicht willkürlich entschieden. Die in Ausfüllung der Gesetzeslücke getroffene Unterscheidung erscheint gegenteils als sinnvoll. Sie steht auch im Einklang mit Art. 3 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979, wonach für öffentliche oder im öffentlichen Interesse BGE 108 Ia 295 S. 298 liegende Bauten und Anlagen sachgerechte Standorte zu bestimmen sind. Die Beschwerdeführer rügen jedoch, im Beschluss der Gemeindeversammlung vom 10. Dezember 1979 sei die konkrete Zweckbestimmung der in die Zone für öffentliche Bauten ausgeschiedenen Fläche nicht genannt. Das trifft an sich zu. Doch ergibt sich aus der gesamten kommunalen Entstehungsgeschichte des angefochtenen Beschlusses und wird vom Regierungsrat klar festgehalten, dass die Umzonung in eine Zone für öffentliche Bauten erfolgte, um die bereits konkret geplante Sportanlage zu bauen. Die Gemeinde Egg hat zudem in ihrer Vernehmlassung ausdrücklich erklärt, eine andere Nutzung sei nicht vorgesehen. Es liege vielmehr eine objektive Zweckbegrenzung auf das von Anfang an geplante Vorhaben vor. Dies wird bestätigt durch den Anfang des Jahres öffentlich aufgelegten kommunalen Gesamtplan, der im Plan der öffentlichen Bauten und Anlagen für die "Schürwiese" in Innervollikon die planerische Festlegung "S = geplante Sportanlage" vorsieht; die gegen den Plan eingegangenen Einwendungen werden zur Zeit bereinigt ( § 34 PBG ). b) Die Beschwerdeführer erachten auch die Bauordnung der Gemeinde Egg als verletzt. Art. 35 BauO bestimme die Zone für öffentliche Bauten und Anlagen für Schulhäuser, Kirchen und Friedhöfe; von Sportstätten sei keine Rede. Die Beschwerdeführer übersehen jedoch, dass die Aufzählung in Art. 35 BauO (... "wie ... usw.") offensichtlich nur beispielhaft und nicht abschliessend zu verstehen ist. Es ist nicht willkürlich, eine Sportanlage der vorliegenden Art bei Art. 35 BauO einzuordnen. Der angefochtene Umzonungsbeschluss ermangelt nicht der gesetzlichen Grundlage. 3. Der Regierungsrat prüfte sodann, ob die angefochtene Zone für öffentliche Bauten mit dem kantonalen Gesamtplan, nach welchem das fragliche Land zum Landwirtschaftsgebiet gehört, vereinbar sei. Er führte aus, Festlegungen des kantonalen Gesamtplans könnten von kommunalen Festlegungen "durchstossen" werden, wenn das kommunale Planungsinteresse das übergeordnete Planungsinteresse nicht nachteilig berühre. Das kantonale Planungsinteresse verlange nicht grundsätzlich, dass die Zone für öffentliche Bauten an das Siedlungsgebiet gebunden sei. Der angefochtene Zonierungsbeschluss sei daher nicht von vornherein gesamtplanwidrig. Gegen diese Rechtsauffassung bringen die Beschwerdeführer keine substantiierte Verfassungsrüge vor. Sie halten § 16 PBG für BGE 108 Ia 295 S. 299 verletzt, wonach einer Massnahme der Nutzungsplanung grundsätzliche eine Richtplanung voranzugehen hat. Der Regierungsrat erachtet demgegenüber in beschränktem Umfang direkte Nutzungsplanungen für zulässig. Zwingende Voraussetzung sei jedoch, dass die unmittelbare Zonierungsmassnahme losgelöst vom Gesamtzusammenhang der Ortsplanung beurteilbar sowie recht- und zweckmässig sei, wie wenn ihr eine Richtplanung vorangegangen wäre. Die Praxis habe dies in bezug auf zahlreiche Freihaltezonen für Sportzwecke anerkannt. Dieselben Überlegungen gälten auch für die hier streitige Zone für öffentliche Bauten. Die Hierarchie der Pläne kann, wie der Regierungsrat in überzeugender Weise ausgeführt hat, nicht immer beachtet werden, weil dies unter Umständen dazu führen würde, dass dringende Planungen blockiert würden, was der Gesetzgeber zweifellos nicht wollte. Dabei darf jedoch das Ganze, das geschaffen werden soll, nicht aus den Augen verloren werden. Kantonaler Gesamtplan und kommunaler Siedlungsplan regeln die Nutzung des Bodens nur in den Grundzügen und lassen den Trägern der Nutzungsplanung einen gewissen Planungsspielraum. Der Regierungsrat entschied nicht willkürlich, indem er vorliegend die Schaffung einer Zone für kommunale öffentliche Bauten im Landwirtschaftsgebiet als zulässig erklärte; er kann sich für seine Auffassung auf die parlamentarischen Beratungen des Gesamtplanes stützen. Er durfte auch ohne Willkür annehmen, dass hier die Schaffung der Zone für öffentliche Bauten losgelöst vom Gesamtzusammenhang der Ortsplanung beurteilbar sowie recht- und zweckmässig war, und dass sie nicht weniger sorgfältig als eine Richtplanung vorgenommen worden war. 4. Schliesslich machen die Beschwerdeführer geltend, die geplante Sportanlage hätte nach ihrer Zweckbestimmung in eine Freihaltezone ( § § 61 ff. PBG ) gehört. Es widerspreche dem Verhältnismässigkeitsprinzip und sei daher willkürlich, das Land in eine Zone für öffentliche Bauten einzuzonen. Der Regierungsrat hat ausgeführt, die heute in Aussicht genommenen Sportanlagen könnten grundsätzlich auch in einer Freihaltezone verwirklicht werden. Daraus sei aber nicht zu schliessen, es dürfe nur eine Freihaltezone und nicht auch eine Zone für öffentliche Bauten festgesetzt werden. Nachdem eine Zone für öffentliche Bauten hier als recht- und zweckmässig erscheine, bestehe kein Anlass, die Gemeinde in der Freiheit der Wahl des Zonentyps einzuengen. Diese Auffassung erweist sich als sachlich vertretbar. Die Zone BGE 108 Ia 295 S. 300 gemäss § 60 PBG und Art. 35 BauO umfasst auch öffentliche Anlagen mit einem geringen Anteil von Hochbauten. Die Freihaltezone gemäss § § 61 ff. PBG anderseits schliesst gewisse Hochbauten nicht aus. Unter mehreren geeigneten Mitteln kann die planende Gemeinde im Rahmen ihrer Gemeindeautonomie wählen. Dass die Gemeinde vorliegend durch die Wahl der Zone für öffentliche Bauten den Spielraum des ihr zustehenden planerischen Ermessens überschritten hätte, ist - wie der Regierungsrat ohne Willkür entscheiden konnte - nicht anzunehmen. Sie hat auch nicht - sowie dies im Rahmen einer reinen Willkürbeschwerde überprüft werden kann ( BGE 106 Ia 260 E. 4a mit Hinweisen) - das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt.
public_law
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1,982
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CH_BGE_002
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Federation
d9c5ca11-6039-4738-b2f4-eea6b7efe988
Urteilskopf 104 II 32 7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. März 1978 i.S. Ringier & Co. AG gegen Jean Frey AG und Offset & Buchdruck AG
Regeste Art. 736 Ziff. 4 OR . Klage eines Minderheitsaktionärs auf Auflösung von Gesellschaften. 1. Die Auflösungsklage kann nicht mit Generalversammlungsbeschlüssen begründet werden, die nicht angefochten oder vom Richter als zulässig bezeichnet worden sind; Rücksicht auf wirtschaftliche Folgen einer Auflösung (E. 1, E. 2 a und c-f). 2. Zur Auflösung genügt auch nicht, dass Dritte Rechte ausgeübt haben, auf die der Kläger selber verzichtet hat (E. 2 b). 3. Umstände, welche die Auflösung vor allem dann nicht rechtfertigen, wenn sie zusammen mit voraussehbaren Schwierigkeiten gewürdigt werden (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 33 BGE 104 II 32 S. 33 A.- Die Ringier & Co. AG, Zofingen, kaufte 1959 27% der Aktien der Jean Frey AG, Zürich. Die andern Aktien dieser Gesellschaft gehören zu 6% Max Frey, zu 62% der von ihm vertretenen Erbengemeinschaft Marcella Frey und zu 5% Dritten. Im Jahre 1961 beteiligte sich die Ringier & Co. AG an der von der Jean Frey AG gegründeten Offset & Buchdruck AG, Zürich, und zeichnete zu pari 27% des Aktienkapitals. Die übrigen Aktien dieser Gesellschaft befinden sich zu 72% im Besitz der Jean Frey AG und zu 1% im Besitz des Max Frey. B.- Seit etwa 1972 bestehen zwischen der Ringier & Co. AG und der Aktionärgruppe um Max Frey Meinungsverschiedenheiten, die zu verschiedenen Prozessen führten. Die Ringier & Co. AG versuchte schon in den Jahren 1972/73 umsonst, Kapitalerhöhungsbeschlüsse der mit der Jean Frey AG und der Offset & Buchdruck AG verbundenen Weltwoche-Verlag AG anzufechten ( BGE 99 II 55 ). Ende 1974 klagte sie auch auf Ungültigerklärung von Beschlüssen, durch die das Aktienkapital der Jean Frey AG und der Offset & Buchdruck AG erheblich erhöht und sie angeblich benachteiligt wurde. Das Handelsgericht des Kantons Zürich und auf Berufung hin am 22. September 1976 auch das Bundesgericht wiesen die Klagen ab ( BGE 102 II 265 ). Schon im Januar 1974 hatte die Ringier & Co. AG zudem zwei Klagen auf Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlungen BGE 104 II 32 S. 34 der Jean Frey AG und der Offset & Buchdruck AG vom 29. November 1973 erhoben, mit denen sie vor allem rügte, dass die Jean Frey AG für 1972 nur eine Dividende von 8% und die Offset & Buchdruck AG überhaupt keine Dividende ausbezahlt habe. Das Handelsgericht vereinigte die beiden Prozesse und hiess die Begehren auf Aufhebung der Beschlüsse gut, wies dagegen den Antrag der Klägerin ab, die Beklagten zur Zahlung bestimmter Dividenden zu verpflichten. Seiner Begründung ist zu entnehmen, dass es die Beschlüsse wegen Fehlens eines Geschäftsberichtes aufhob und sie auch mit Bezug auf die streitigen Dividenden und seines Erachtens zu hohen Zuweisungen an die Stiftung Jean Frey AG für anfechtbar hielt; das Handelsgericht fand aber, es sei nicht befugt, selber eine Dividende festzusetzen. Die Jean Frey AG und die Offset & Buchdruck AG beriefen erst auf den 9. Dezember 1975 neue Generalversammlungen ein. An diesen beschlossen sie, die Dividende der Jean Frey AG für 1972 auf 8% zu belassen, diejenige der Offset & Buchdruck AG dagegen auf 61/2 % festzusetzen, aber nur der Klägerin auszuzahlen. C.- Die Ringier & Co. AG liess im Februar 1976 auch diese Beschlüsse gerichtlich anfechten. Sie liess ferner beantragen, die beklagten Gesellschaften Jean Frey AG und Offset & Buchdruck AG aus wichtigen Gründen aufzulösen oder gerichtlich festzustellen, dass die Generalversammlungsbeschlüsse vom 9. Dezember 1975 rechtswidrig und daher durch den Richter aufzuheben seien. Am 28. März 1977 hielten die beklagten Gesellschaften erneut Generalversammlungen, an welchen sie die angefochtenen Beschlüsse der früheren Versammlungen aufhoben und beschlossen, der Klägerin für 1972 je eine Dividende von 18% auszurichten. Durch Beschluss vom 2. September 1977 schrieb das Handelsgericht des Kantons Zürich die Begehren der Klägerin um Aufhebung der Generalversammlungsbeschlüsse vom 9. Dezember 1975 als gegenstandslos geworden ab und trat auf ihre Feststellungsbegehren mangels eines schutzwürdigen Interesses nicht ein. Mit Urteil vom gleichen Tag wies es sodann die Klagen gegen die beiden Gesellschaften im übrigen ab. D.- Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt mit den Anträgen, die beklagten Gesellschaften aufzulösen BGE 104 II 32 S. 35 oder die Sache zur Abnahme der von ihr angebotenen Beweise an das Handelsgericht zurückzuweisen. Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Klägerin macht geltend, das Handelsgericht habe dadurch, dass es genügend wichtige Gründe für eine Auflösung der beiden beklagten Gesellschaften verneinte, Art. 736 Ziff. 4 OR sowie Art. 2 und 4 ZGB verletzt. Sie begründet dies vorweg damit, dass das Handelsgericht in seinen einleitenden Erwägungen über die Auflösung von Aktiengesellschaften den Sinn des gesetzlichen Minderheitenschutzes verkenne. Dieser Schutz sei nicht "mit Zurückhaltung", sondern vorbehaltlos und unabhängig von wirtschaftlichen Folgen anzuwenden, wo wichtige Gründe vorlägen. a) Gemäss Art. 736 Ziff. 4 OR wird die Gesellschaft durch Urteil des Richters aufgelöst, wenn Aktionäre, die zusammen mindestens den fünften Teil des Grundkapitals vertreten, aus wichtigen Gründen die Auflösung verlangen. Nach der Rechtsprechung ( BGE 84 II 47 , BGE 67 II 166 ) muss die Auflösungsklage immer dann als unbegründet abgewiesen werden, wenn die Beseitigung der Missstände, die als wichtige Gründe angerufen werden, mit einer Klage auf Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen erreicht werden kann. Daraus folgt, dass anfechtbare, aber nicht angefochtene Beschlüsse der Generalversammlung nicht zur Begründung einer Auflösungsklage dienen können. Erst recht kann ein Beschluss, der nicht an einem Anfechtungsgrund im Sinne von Art. 706 OR leidet, keinen wichtigen Grund zur Auflösung der Gesellschaft ergeben. Dass der Richter nach der Meinung des Handelsgerichtes nicht leichthin auf Auflösung einer Gesellschaft erkennen, sondern eher Zurückhaltung üben muss, ist bundesrechtlich auch deshalb nicht zu beanstanden, weil oft erhebliche wirtschaftliche Werte auf dem Spiele stehen und die Auflösung schwerwiegende Folgen wirtschaftlicher und sozialer Art haben kann. Die Klägerin muss sich dies umsomehr entgegenhalten lassen, als alle Parteien in der gleichen Branche tätig sind und deshalb nach den Umständen, unter denen die Klägerin die Minderheitsbeteiligung BGE 104 II 32 S. 36 erworben hat, Meinungsverschiedenheiten mit den Mehrheitsaktionären vorauszusehen waren. Auf den von der Klägerin angebotenen Beweis, dass aus einer Auflösung der beklagten Gesellschaften keine schwerwiegenden Folgen zu erwarten seien, brauchte die Vorinstanz nicht einzutreten, wenn sie zum Schlusse gelangte, dass keine wichtigen Gründe im Sinne von Art. 736 Ziff. 4 OR vorhanden seien. Über solche Folgen einer Auflösung kann zudem kaum zum vorneherein Beweis geführt werden. b) Nach der Feststellung des Handelsgerichtes hat die Klägerin eine Einigung über die Höhe der Dividende für 1972 selbst dadurch hintertrieben, dass sie vor der Generalversammlung nicht zu einer Besprechung Hand geboten hat. Die Klägerin kritisiert diese Feststellung als aktenwidrig. Sie verkennt, dass mit der Berufung nur geltend gemacht werden kann, der kantonale Richter habe eine bestimmte Aktenstelle offensichtlich übersehen oder unrichtig wahrgenommen ( BGE 99 II 325 mit Hinweisen). Dabei ist es Sache der Partei, nicht nur die beanstandete Feststellung, sondern auch die Aktenstelle, mit welcher sie in Widerspruch stehen soll, genau anzugeben ( Art. 55 Abs. 1 lit. d OG ). Die Klägerin hat sich nicht an diese Vorschrift gehalten, weshalb auf ihre Rüge nicht einzutreten ist. Immerhin ist zu bemerken, dass die Behauptung, die Klägerin habe Hand dazu geboten, allfällige wirtschaftliche und soziale Folgen aufzufangen, mit der beanstandeten Feststellung nichts zu tun hat. 2. Das Handelsgericht hat sich mit den von der Klägerin geltend gemachten Gründen auseinandergesetzt und gefunden, dass sie eine Auflösung der beklagten Gesellschaften nicht rechtfertigten. Die Klägerin hält dagegen die Voraussetzungen einer Auflösung für erfüllt. a) Sie wirft dem Handelsgericht zunächst vor, es habe wohl die beiden früheren Urteile ( BGE 99 II 55 und BGE 102 II 265 ) erwähnt, indes übersehen, dass das damalige Verhalten der Aktionärgruppe Frey, welche die beiden Gesellschaften beherrsche, mindestens die rücksichtlose Ausnützung rechtlicher Vorteile zu Lasten der Minderheit beweise. Dazu hat jedoch schon das Handelsgericht mit Recht bemerkt, nachdem rechtskräfig entschieden worden sei, dass die angefochtenen Kapitalerhöhungen den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzten, könne darin kein Auflösungsgrund BGE 104 II 32 S. 37 erblickt werden. Das gilt entgegen der Annahme der Klägerin auch in dem Sinne, dass die beiden Kapitalerhöhungen bei der Würdigung des Verhaltens der Beklagten ausser Betracht fallen müssen. Ein Verhalten kann nicht rechtlich zulässig sein und gleichwohl gegen Treu und Glauben verstossen. Daran ändert auch die Berufung auf Art. 2 ZGB nichts, zumal bereits die wichtigen Gründe gemäss Art. 736 Ziff. 4 OR ein Handeln gegen Treu und Glauben erfassen. b) Nach Auffassung der Klägerin hätte das Handelsgericht darin, dass die Beklagten anlässlich der Kapitalerhöhung der Weltwoche von der Klägerin nicht gezeichnete Aktien bei Dritten plazierten, ein Indiz dafür sehen sollen, die Minderheit bis zum äussersten benachteiligen zu wollen. Mit diesem Einwand wird auf die in anderem Zusammenhang vorgebrachte Behauptung angespielt, wonach die von der Klägerin nicht gezeichneten Aktien angeblich zu pari an Personen, die der Aktionärgruppe Frey nahestanden, verkauft und dann mit einem Zwischengewinn von der Zweitbeklagten gekauft wurden. Die Klägerin behauptet zudem sinngemäss, die Gruppe Frey habe sich dabei bereichert, da der Zwischengewinn abmachungsgemäss zum Teil in ihre Tasche geflossen sei. Das Handelsgericht führte dazu aus, wesentlich sei bloss, ob die Aktien der Weltwoche im Zeitpunkt der Plazierung bei der Zweitbeklagten die angeblich bezahlten 125% wert waren. Wenn dies zutreffe, seien auch die Aktionäre der Offset & Buchdruck AG nicht geschädigt. Durch ihren Verzicht, die neuen zu pari herausgegebenen Aktien zu zeichnen, habe die Klägerin das Risiko in Kauf genommen, den Vorteil eines Wertzuwachses zu verlieren. Sie behaupte zudem nicht, dass die Käuferin einen übersetzten Preis bezahlt habe. Sollten sich die Mehrheitsaktionäre dabei irgendwie bereichert haben, so sei das noch kein Grund zur Auflösung der Gesellschaften, da ein Schaden der Klägerin nicht dargetan sei. Diese Auffassung verletzt das Gesetz nicht, weshalb nicht untersucht zu werden braucht, ob die Rüge schon deswegen entfällt, weil kein Zwischengewinn erzielt und die streitigen Aktien gar nicht bei der Zweitbeklagten plaziert worden seien, wie in der Berufungsantwort behauptet wird. Wenn die Klägerin den Folgen ihres Verzichts ausweichen wollte, hätte sie sich die Teilnahme an der Kapitalerhöhung zu pari vorher überlegen müssen, mochte es ihr auch schwer fallen, einem eigenwilligen BGE 104 II 32 S. 38 Konkurrenten neues Kapital zur Verfügung zu stellen. Dieses Risiko hat sie jedoch schon 1959 auf sich genommen, als sie die Minderheitsaktien gegen den Willen der Familie Frey vom Stiefonkel des Max Frey erworben hat. Das ist auch dem weitern Einwand entgegenzuhalten, die Klägerin sei zu Schaden gekommen, weil die Zweitbeklagte Aktiven zu einem höheren Preis übernommen habe, als bei sauberer Geschäftsführung nötig gewesen wäre, und der höhere Preis sei direkt oder indirekt in die Tasche der Mehrheitsaktionäre geflossen. Es stand der Klägerin frei, ihr Bezugsrecht zu pari auszuüben; die Zweitbeklagte sodann war nicht verpflichtet, die von der Klägerin nicht gezeichneten Aktien der Weltwoche zur Zeit der Emission zu beziehen; entscheidend ist, dass sie dafür später den Preis bezahlt hat, den die Aktien nach den Feststellungen des Handelsgerichtes wert waren. Es geht daher nicht an, von unsauberer Geschäftsführung zu sprechen, weil die Aktien durch Mehrheitsaktionäre oder ihnen nahestehende Dritte zu pari bezogen, später aber von der Zweitbeklagten zum wahren Preis gekauft wurden. c) Die Klägerin macht ferner geltend, die Beklagten hätten ihre Kapitalerhöhungen damit begründet, dass man ein Gewerbehaus, ein Parkhaus und einen Neubau an der Rüdigerstrasse erstellen wolle. Von diesen Bauvorhaben sei aber keines ausgeführt worden, was die Beklagten schon vor dem 22. September 1976, als das Bundesgericht entschied, gewusst hätten. Gleichwohl hätten sie die Einzahlung verlangt und sich darüber ausgeschwiegen, dass die Begründung für die Kapitalerhöhungen inzwischen weggefallen sei. Das sei Handeln wider Treu und Glauben. Die Vorinstanz bemerkte dazu lediglich, die Kapitalerhöhungen seien durch die Gerichte als zulässig bezeichnet worden. könnten folglich kein Auflösungsgrund sein. Darüber, dass die geplanten Bauvorhaben nicht ausgeführt worden sind, ist dem angefochtenen Urteil nichts zu entnehmen. Das ist jedoch unerheblich, da die Ausführung nachträglich aus Gründen unterblieben sein kann, die zur Zeit der Beschlüsse über die Kapitalerhöhung noch nicht bekannt waren. Die Klägerin behauptet denn auch nicht, die Begründung dieser Beschlüsse sei nicht ernst gemeint gewesen. Im Berufungsverfahren brauchten die Beklagten zudem nicht zu erklären, die geplanten Bauten würden möglicherweise nicht mehr ausgeführt, falls sie darüber BGE 104 II 32 S. 39 damals bereits Bescheid wussten; denn das Bundesgericht hatte bei seiner Beurteilung so oder anders von den Feststellungen des Handelsgerichtes auszugehen. In der Berufungsantwort machen die Beklagten geltend, die geplanten Bauten seien nicht ersatzlos weggefallen, was die Klägerin verschweige. Mitte 1976 habe sich überraschend die Gelegenheit geboten, eine an ihren Grundbesitz grenzende Liegenschaft an der Edenstrasse zu dem sehr günstigen Preise von Fr. 21 Mio. zu kaufen und damit den Raumbedarf zu sichern. Die durch die Kapitalerhöhungen beschafften Mittel seien teilweise zur Finanzierung dieses Ankaufs verwendet worden. Wie es sich damit verhält, braucht indes nicht untersucht zu werden, da es im Prozess von 1974/76 nicht darum ging, ob die Kapitalerhöhungen begründet seien; angefochten wurde damals bloss, dass die neuen Aktien zu pari ausgegeben wurden. Damit ist dem Versuch der Klägerin, aus den Kapitalerhöhungen ein Handeln wider Treu und Glauben abzuleiten, der Boden entzogen. d) Das Handelsgericht hat ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Feststellung, dass die Beklagten durch ihre Beschlüsse vom 29. November 1973 und 9. Dezember 1975 über die für 1972 auszurichtenden Dividenden rechtswidrig gehandelt hätten, verneint. Es räumt ein, dass das Verhalten der Beklagten zu rügen ist, weil sie erst nach zwei Jahren eine neue Generalversammlung einberiefen und im wesentlichen wieder die gleichen Beschlüsse fassten. Die Vorinstanz hält der Klägerin jedoch entgegen, dass sie gemäss Art. 699 Abs. 3 OR schon früher eine neue Generalversammlung hätte verlangen können. Dazu komme, dass sie eine Einladung der Beklagten zu einer Besprechung ausgeschlagen, sich schliesslich der Aufhebung der von ihr kritisierten Beschlüsse sogar widersetzt und die neuen Beschlüsse vom 28. März 1977, womit die Beklagten jedenfalls guten Willen bekundet hätten, nicht angefochten habe. Was die Klägerin dagegen vorbringt, taugt nicht, um die Auffassung des Handelsgerichtes über das Verhalten der Beklagten vom Herbst 1974 bis anfangs 1977 zu widerlegen und daraus einen Auflösungsgrund abzuleiten. Die Klägerin verkennt, dass sie der Säumnis der Beklagten viel früher begegnen konnte und schliesslich an den von ihr beanstandeten Beschlüssen sogar selber festhalten wollte. Das kann nur dahin verstanden BGE 104 II 32 S. 40 werden, dass sie den streitigen Beschlüssen über die Ausrichtung von höheren Dividenden selber nicht die Bedeutung eines wichtigen Grundes beigemessen hat. Ihre Kritik am angefochtenen Urteil läuft teilweise denn auch darauf hinaus, aus eigenen Unterlassungen und eigenem widersprüchlichen Verhalten Rechtsvorteile ableiten zu wollen, was nicht angeht. e) Nach Meinung der Klägerin ist in den Beschlüssen vom 28. März 1977 wiederum eine krasse Vergewaltigung der Minderheit zu erblicken, weil die Aktionäre von beiden Gesellschaften mit Dividenden von 18% abgespeist, während rund 80% des Reingewinnes, nämlich Fr. 1,8 Mio. bei der einen und Fr. 5,7 Mio. bei der andern Gesellschaft, an die von den Mehrheitsaktionären beherrschte Jean-Frey-Stiftung überwiesen worden seien. Das Handelsgericht habe die entscheidende Frage, ob die Zuweisungen an die Stiftung gerechtfertigt gewesen seien, überhaupt nicht abgeklärt und die in BGE 72 II 304 aufgestellte Überprüfungspflicht "gravierend verletzt". Dazu ist vorweg zu bemerken, dass es sich bei der Jean-Frey-Stiftung entgegen dem Eindruck, den die Klägerin zu erwecken versucht, weder um eine Familien- noch um eine gewöhnliche gemeinnützige Stiftung, sondern um eine Fürsorgestiftung zugunsten des Personals der Jean Frey AG und der ihr zugehörigen Gesellschaften handelt. Als solche untersteht die Stiftung der behördlichen Aufsicht, und ihre Mittel dienen als rechtlich verselbständigtes Vermögen ausschliesslich der Personalfürsorge. Damit ist dem Versuch der Klägerin, die "übermässigen Zuwendungen" an die Stiftung als Schenkungen oder Eigennutz zugunsten der Mehrheitsaktionäre werten zu wollen, die Grundlage entzogen. Das aussergewöhnliche Verhältnis zwischen den Dividenden und den Zuwendungen ist dem Handelsgericht nicht entgangen. Es wird in der Berufungsantwort vor allem mit einem erheblichen Nachholbedarf der Stiftung nach Einführung der zweiten Säule begründet. Entscheidend ist indes, dass die dem Reingewinn entnommenen Zuwendungen sich schon wegen der Zweckgebundenheit der Mittel nicht als widerrechtliches Verhalten und damit als Auflösungsgründe ausgeben lassen und dass die Klägerin sich mit den Beschlüssen vom 28 März 1977 abgefunden hat. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die gesetzlichen Reserven mit Anteilen aus dem Reingewinn ungenügend dotiert worden seien, wie die Klägerin behauptet. Angesichts BGE 104 II 32 S. 41 der von den Beklagten für die Zuwendungen an die Stiftung gegebenen Erklärung kann darin jedenfalls kein Grund zur Auflösung der Gesellschaften erblickt werden. Davon kann umsoweniger die Rede sein, als die Berechnung der Zuwendungen an die gesetzlichen Reserven sich mit den Richtlinien deckt, die dafür in dem von der Schweizerischen Treuhand- und Revisionskammer 1971 herausgegebenen Revisionsbuch der Schweiz enthalten sind. f) Ob in der Jahresrechnung 1974 frühere Abschreibungen reaktiviert und die daraus erwachsenen Gewinne in der Spezialreserve, statt in der Erfolgsrechnung, verbucht werden durften und die Klägerin durch diese Transaktion nicht geschädigt wurde, wie das Handelsgericht annimmt, kann offen bleiben. Die Beklagten durften sich zur Festsetzung der Dividenden für 1972 so oder anders nicht auf die Erfolgsrechnung von 1974 stützen. Dieses Vorgehen, das die Beschlüsse über die Dividenden vom 29. November 1973 nachträglich rechtfertigen sollte, fällt als Auflösungsgrund zum vorneherein ausser Betracht. Die Vorinstanz brauchte daher seine Zulässigkeit nicht zu überprüfen, und der Vorwurf, das Handelsgericht habe sich um den Entscheid über die Rechtswidrigkeit gedrückt, geht fehl. Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf, die Beklagten hätten der Generalversammlung vom 29. November 1973 keinen Geschäftsbericht und auf Grund des handelsgerichtlichen Urteils vom 24. Oktober 1974 nur ungenügende oder nichtssagende Dokumente unterbreitet. Die Beklagten haben die Beschlüsse nachträglich berichtigt und nach der Feststellung der Vorinstanz auch einlässliche Berichte vorgelegt. Das eine wie das andere hätte die Klägerin aber viel früher erwirken können; sie muss sich auch in diesem Zusammenhang entgegenhalten lassen, dass sie das Verhalten der Klägerin während Monaten hingenommen und sich schliesslich der Aufhebung der streitigen Beschlüsse sogar widersetzt hat. 3. Zu prüfen bleibt der Einwand, das Handelsgericht habe es vermieden, das Verhalten der Beklagten gesamthaft zu würdigen, oder diese Beurteilung nur oberflächlich vorgenommen. Die Klägerin führt dazu namentlich aus, Grundlage für den Entscheid über die Auflösung sei die ungünstige Prognose für das Schicksal der Gesellschaft, insbesondere deren Minderheitsaktionäre; es solle nicht begangenes Unrecht vergolten, sondern künftiger Schaden durch die Auflösung abgewendet BGE 104 II 32 S. 42 werden. Vergangene Vorfälle seien nicht für sich allein, sondern als Anzeichen für den Willen der Mehrheit zu werten, auch künftig Misswirtschaft zu treiben und die Minderheit zu vergewaltigen. Die vom Bundesgericht in den Entscheiden 99 II 55 und 102 II 265 beurteilten Sachverhalte, welche nach Auffassung der Klägerin die Rücksichtslosigkeit der Mehrheitsaktionäre beweisen, scheiden zum vorneherein aus, dürfen folglich auch bei der Würdigung des gesamten Verhaltens der Beklagten nicht berücksichtigt werden. Dass die Plazierung von Weltwoche-Aktien und die Zuwendungen an die Jean-Frey-Stiftung tatsächlich eine durch die Gesellschaftsinteressen nicht gerechtfertigte Benachteilung von Aktionären mit sich brachten oder aus einem andern Grunde gegen das Gesetz oder die Statuten verstiessen, vermochten die Beklagten nach dem angefochtenen Urteil nicht darzutun. Sie sprechen daher weder für sich allein noch zusammen mit sonstigen Vorgängen für eine künftige Misswirtschaft der Beklagten. Bei andern Vorhaben und Unterlassungen, die offensichtlich gegen die Klägerin gerichtet waren, hat sich diese teils selber widersprüchlich verhalten, teils aber auch beharrlich und mit Erfolg dagegen gewehrt. Dazu gehören insbesondere die Versuche der Beklagten, für 1972 keine oder nur eine geringe Dividende auszuzahlen, der Generalversammlung keine oder nur ungenügende Geschäftsberichte vorzulegen. Sie lassen entgegen der Annahme der Klägerin aber nicht den Schluss zu, dass die Mehrheit ihre Macht inskünftig in der Generalversammlung oder auf dem Weg über Anordnungen der Verwaltung fortgesetzt zum Schaden der Minderheit missbrauchen könnte. Die blosse Befürchtung eines künftigen Machtmissbrauchs genügt nicht zur Begründung einer Auflösungsklage. Es geht der Klägerin im Grunde genommen darum, sich mit Hilfe des Richters aus einer Lage zu befreien, in die sie sich 1959 durch Kauf der Minderheitsbeteiligung selber versetzt hat, deren sie inzwischen aber überdrüssig geworden ist. Dies verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass die Klägerin die Beteiligung damals von einem Verwandten der Familie Frey erworben und den mit dem Verkäufer in Verhandlung stehenden Max Frey durch ein höheres Angebot ausgestochen hat. Dazu kommt, dass die Klägerin nach der Feststellung der Vorinstanz ihre Minderheitsstellung bewusst in Kauf genommen hat. BGE 104 II 32 S. 43 Unter diesen Umständen musste sie nicht nur mit Spannungen, sondern auch damit rechnen, dass die Meinungen der Mehrheit und Minderheit über Kapitalerhöhungen, Gewinnverteilung usw. auseinandergehen und zu Streitigkeiten führen könnten. Diese Gefahr lag umso näher, als die Beteiligten im gleichen Gewerbe tätig sind und sich gegenseitig konkurrenzieren. Es geht aber nicht an, die Auflösung der beklagten Gesellschaften verlangen zu wollen, bloss weil solche Streitigkeiten zwischen der Mehrheit und Minderheit entstanden und weitere zu befürchten sind. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. September 1977 bestätigt.
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CH_BGE_004
CH
Federation
d9c6ea27-2b06-4810-b8e0-a3276748228b
Urteilskopf 123 V 310 52. Auszug aus dem Urteil vom 19. Dezember 1997 i.S. M. und Klinik X gegen Kanton Schwyz und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
Regeste Art. 41 Abs. 3 KVG ; Art. 103 lit. a und Art. 132 OG . Beschwerdelegitimation einer (privaten, nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten) Klinik bzw. ihres Rechtsträgers bejaht im (erstmaligen) Streit zwischen einem Versicherten, welcher aus medizinischen Gründen in diesem Spital stationär behandelt wurde, und dem Wohnkanton, der die teilweise Übernahme der Hospitalisationskosten nach Art. 41 Abs. 3 KVG verweigert mit der Begründung, diese Bestimmung komme lediglich bei öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern zur Anwendung. Art. 41 Abs. 3 KVG ; Art. 49 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1 Satz 1 KVG . Die Ausgleichspflicht des Wohnkantons bei teilstationärer oder stationärer Behandlung von Kantonseinwohnern in einem ausserkantonalen Spital aus medizinischen Gründen besteht nur bei Inanspruchnahme eines öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals. Begibt sich der Versicherte in ein privates, nicht öffentliches oder nicht öffentlich subventioniertes Spital, entfällt die teilweise Kostenübernahmepflicht des Kantons. Es liegt weder eine im Rahmen freier richterlicher Rechtsfindung zu füllende (echte) Lücke vor noch bleibt Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Auch besteht kein Anlass, eine allfällige Verfassungswidrigkeit des Art. 41 Abs. 3 KVG , insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Handels- und Gewerbefreiheit, zu prüfen, da ein richterliches Eingreifen aufgrund der Komplexität der sich stellenden rechtlichen sowie wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen ausser Betracht fällt.
Sachverhalt ab Seite 311 BGE 123 V 310 S. 311 A.- Der in S. (Kanton Schwyz) wohnhafte M. hielt sich am 5. und 6. Februar 1996 zwecks Abklärung eines Herzleidens in der allgemeinen Abteilung der Klinik X in Zürich auf. Am 15. Februar 1996 erteilte die Krankenkasse Konkordia, bei welcher er obligatorisch krankenpflegeversichert war, der Klinik Kostengutsprache im Umfang der "Kosten der allgemeinen Abteilung für Kantonseinwohner". Gemäss Rechnung vom 23. Februar 1996 beliefen sich die Kosten für Behandlung und Aufenthalt auf insgesamt Fr. 4'892.20. Am 3. März 1996 trat M. erneut in die Klinik X ein, wo er noch am selben Tag am Herz operiert und am 16. März 1996 entlassen wurde. Mit Schreiben vom 7. Juni 1996 ersuchte die Klinik X das Amt für Gesundheit und Soziales des Kantons Schwyz unter Hinweis auf Art. 41 Abs. 3 KVG um Übernahme der Kosten im Umfang von Fr. 4'078.20 (= Fr. 4'892.20 - Fr. 814.-- ["2 Tage x 407.00"]). Mit Verfügung vom 17. Juni 1996 lehnte das Amt das Gesuch ab mit der Begründung, weil es sich bei der Klinik X um ein nicht öffentliches BGE 123 V 310 S. 312 bzw. nicht öffentlich subventioniertes Spital handle und die Behandlung des Patienten auch in einem öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spital möglich gewesen wäre, sei der Wohnkanton nicht verpflichtet, die Tarifdifferenz nach Art. 41 Abs. 3 KVG und § 7 Abs. 1 der Verordnung vom 30. April 1996 über die Kostenübernahme bei ausserkantonaler stationärer Spitalbehandlung zu übernehmen. B.- Hiegegen liessen M. und die Klinik X gemeinsam Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Schwyz erheben mit den Rechtsbegehren: "1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben; 2. Dem Beschwerdeführer 1 sei für seine Behandlung bei der Beschwerdeführerin 2 vom 7. bis 16. März 1996 eine Kostengutsprache gemäss Art. 41 Abs. 3 KVG zu erteilen, bzw. der Kanton Schwyz sei dazu zu verpflichten, den Kostenanteil gemäss Art. 41 Abs. 3 KVG zu übernehmen; 3. Es sei in vorliegender Beschwerdesache ein Entscheid zu erlassen, den die Beschwerdeführer an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK weiterziehen können; Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Staatskasse." Die Klinik verlangte überdies den Erlass vorsorglicher Massnahmen. Das Amt für Gesundheit und Soziales beantragte in seiner Vernehmlassung, die Beschwerde des M. sei abzuweisen, auf jene der Klinik X, da nicht Verfügungsadressatin, nicht einzutreten, eventuell diese abzuweisen und das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen ebenfalls abzulehnen. Am 6. August 1996 überwies der Regierungsrat die Beschwerde im Sinne von § 52 der Verordnung vom 6. Juni 1974 über die Verwaltungsrechtspflege (VRP; nGS II-225) unmittelbar an das kantonale Verwaltungsgericht zur Beurteilung als Sprungbeschwerde. Mit Eingabe vom 13. September 1996 reichte der Rechtsvertreter von M. und der Klinik X eine korrigierte Fassung der Beschwerde ein. Unter anderem änderte er Ziffer 2 der Rechtsbegehren, indem neu und in Übereinstimmung mit der angefochtenen Verfügung die teilweise Kostenübernahme durch den Kanton für die Behandlung vom 5. und 6. Februar 1996 beantragt wurde. Am 25. September 1996 erliess das angerufene Gericht einen Zwischenbescheid, womit es die Beschwerdebefugnis der Klinik X bejahte und das Begehren um vorsorgliche Massnahmen, soweit darauf einzutreten war, abwies. In den weiteren Rechtsschriften hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest. BGE 123 V 310 S. 313 Mit Entscheid vom 29. Januar 1997 wies das schwyzerische Verwaltungsgericht die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab (Dispositiv-Ziff. 1) und auferlegte die Kosten des Verfahrens M. (1/4) und der Klinik X (3/4) unter gegenseitiger solidarischer Haftung (Dispositiv-Ziff. 2). C.- M. (Beschwerdeführer 1) und die Klinik X (Beschwerdeführerin 2), beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R., führen gemeinsam Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Rechtsbegehren: "1. Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben; 2. Der Beschwerdegegner sei anzuweisen, den kantonalen Kostenanteil für die Behandlung des Beschwerdeführers 1 bei der Beschwerdeführerin 2 vom 6. und 7. Februar 1996 (recte: 5. und 6. Februar 1996), nämlich den Betrag von CHF 4'332.20 zuzüglich Zins von 5% seit 8. Juli 1996, gestützt auf Art. 41 Abs. 3 KVG zu bezahlen. 3. (...)." In der Begründung wird zum geltend gemachten Differenzbetrag von Fr. 4'332.20 (ohne Verzugszins) ausgeführt, dass die Konkordia von den gesamten Kosten von Fr. 4'892.20 nicht wie im Gesuch vom 7. Juni 1996 angenommen den Betrag von Fr. 814.--, sondern lediglich Fr. 560.-- entsprechend dem Pauschaltarif "für die Behandlung von Kantonseinwohnern in einem Schwyzer öffentlichen Spital" übernehme. Der Kanton Schwyz, vertreten durch das Kantonale Amt für Gesundheit und Soziales, und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragen je Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG) enthält in Art. 41 die Grundsätze zur Kostenübernahme in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Danach gilt für die stationäre oder teilstationäre Behandlung folgende Regelung: "1 (...) Bei stationärer oder teilstationärer Behandlung muss der Versicherer die Kosten höchstens nach dem Tarif übernehmen, der im Wohnkanton der versicherten Person gilt. 2 Beanspruchen Versicherte aus medizinischen Gründen einen anderen Leistungserbringer, so richtet sich die Kostenübernahme nach dem Tarif, der für diesen Leistungserbringer gilt. Medizinische Gründe liegen bei BGE 123 V 310 S. 314 einem Notfall vor oder wenn die erforderlichen Leistungen nicht angeboten werden: a. (...) b. bei stationärer oder teilstationärer Behandlung im Wohnkanton oder in einem auf der Spitalliste des Wohnkantons nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e aufgeführten ausserkantonalen Spital. 3 Beansprucht die versicherte Person aus medizinischen Gründen die Dienste eines ausserhalb ihres Wohnkantons befindlichen öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals, so übernimmt der Wohnkanton die Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons. In diesem Fall gilt das Rückgriffsrecht nach Artikel 79 sinngemäss für den Wohnkanton. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten. 4 (...)" b) Unter den Begriff des Spitals fällt gemäss Art. 39 Abs. 1 Ingress KVG jede Anstalt oder fallen deren Abteilungen, die der stationären Behandlung akuter Krankheiten oder der stationären Durchführung von Massnahmen der medizinischen Rehabilitation dienen. Um (als Leistungserbringer) zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen zu werden, muss das Spital die in lit. a-e dieser Bestimmung aufgezählten Kriterien erfüllen, insbesondere also der von einem oder mehreren Kantonen gemeinsam aufgestellten Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung entsprechen, wobei private Trägerschaften angemessen in die Planung einzubeziehen sind (lit. d), und auf der nach Leistungsaufträgen in Kategorien gegliederten Spitalliste des Kantons aufgeführt sein (lit. e). Intertemporalrechtlich sind laut Art. 101 Abs. 2 Satz 1 KVG Anstalten oder deren Abteilungen, die nach bisherigem Recht als Heilanstalten gelten, als Leistungserbringer zugelassen, solange der Kanton die Spitalliste noch nicht erstellt hat. Gemäss Art. 2 Abs. 2 der Verordnung über die Inkraftsetzung und Einführung des KVG vom 12. April 1995, erlassen durch den Bundesrat gestützt auf Art. 107 Abs. 2 KVG , sind die Spitalplanung und die Spitallisten bis zum 1. Januar 1998 zu erstellen. c) Bei den in Art. 41 KVG erwähnten Spitaltarifen handelt es sich um Pauschaltarife im Sinne von Art. 43 Abs. 2 lit. c und Abs. 3 KVG . Diese decken laut Art. 49 Abs. 1 KVG für Kantonseinwohner und -einwohnerinnen bei öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten je Patient oder Patientin oder je Versichertengruppe in der allgemeinen BGE 123 V 310 S. 315 Abteilung. Soweit besondere diagnostische oder therapeutische Leistungen nicht in der Pauschale enthalten sind, sondern getrennt in Rechnung gestellt werden, dürfen hiefür ebenfalls höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten berücksichtigt werden ( Art. 49 Abs. 2 KVG ). 2. Mit dem angefochtenen Entscheid vom 29. Januar 1997 hat das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, in Bestätigung der Verfügung des Kantonalen Amtes für Gesundheit und Soziales vom 17. Juni 1996, die teilweise Kostenübernahmepflicht des Kantons für die Behandlung und den Aufenthalt von M. in der allgemeinen Abteilung der ausserkantonalen Klinik X in Zürich am 5. und 6. Februar 1996 gestützt auf Art. 41 Abs. 3 KVG verneint. Hauptstreitpunkt bildet die von der Vorinstanz bejahte grundsätzliche Frage, ob die Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons im Sinne dieser Gesetzesbestimmung entfällt, wenn der Versicherte sich, wie im vorliegenden Fall, in ein privates, nicht öffentliches oder öffentlich subventioniertes Spital begibt. 3. Bevor auf die materielle Begründung des kantonalen Gerichtsentscheides und die hiegegen vorgetragenen Einwendungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde näher einzugehen ist, stellt sich die von Amtes wegen zu prüfende Eintretensfrage ( BGE 122 V 195 Erw. 3, BGE 118 V 17 f. Erw. 1, BGE 115 V 396 f. Erw. 1). a) Im vorstehend publizierten Urteil vom 16. Dezember 1997 ( BGE 123 V 290 ) hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass es sich bei der Differenzzahlungspflicht nach Art. 41 Abs. 3 KVG um eine in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung begründete Verpflichtung der Kantone handelt. Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung sind sozialversicherungsrechtlicher Natur im Sinne von Art. 128 OG . Ein Unzulässigkeitsgrund im Sinne von Art. 129 Abs. 1 OG ist nicht gegeben. Hat darüber, wie im vorliegenden Fall, eine letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 98 lit. g OG entschieden, kann die Sache mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht weitergezogen werden. Die Sachzuständigkeit des angerufenen Gerichts ist somit gegeben. b) Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht befugt ist gemäss Art. 103 lit. a OG in Verbindung mit Art. 132 OG , wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Nach der Rechtsprechung gilt als schutzwürdig jedes praktische oder rechtliche Interesse, welches eine von einer Verfügung betroffene BGE 123 V 310 S. 316 Person an deren Änderung oder Aufhebung geltend machen kann. Das schutzwürdige Interesse besteht somit im praktischen Nutzen, den die Gutheissung der Beschwerde dem Betroffenen verschaffen würde, oder - anders ausgedrückt - im Umstand, einen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder anderweitiger Natur zu vermeiden, welchen die angefochtene Verfügung mit sich bringen würde ( BGE 120 V 39 Erw. 2b mit Hinweisen; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 151 ff.). Immerhin ist zu verlangen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht. Diesem Erfordernis kommt dann eine ganz besondere Bedeutung zu, wenn nicht der Verfügungsadressat im materiellen Sinn, sondern ein Dritter den Entscheid anficht ( BGE 123 II 378 f. Erw. 2, BGE 120 Ib 51 f. Erw. 2a, je mit Hinweisen). aa) Im Lichte dieser Grundsätze ist die Legitimation des Beschwerdeführers 1 zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ohne weiteres zu bejahen. Als Schuldner der Vergütung der von der Beschwerdeführerin 2 erbrachten Leistungen (System des Tiers garant; Art. 42 Abs. 1 KVG ) steht ihm in sinngemässer Anwendung von Satz 2 dieser Bestimmung ein gesetzlicher Rückerstattungsanspruch gegen seinen Wohnkanton und Beschwerdegegner zu ( BGE 123 V 298 f. Erw. 4). bb) Ebenfalls zu bejahen ist die Beschwerdelegitimation der Klinik bzw. ihres Rechtsträgers. Es erscheint zwar fraglich, ob die Beschwerdeführerin 2, wie sie geltend macht, dadurch unmittelbar berührt ist und eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache hat, dass der Wohnkanton aufgrund des Rückerstattungsanspruches des Versicherten als Vergütungsschuldner "dem leistungserbringenden Spital mit der garantierten Kostenübernahme durch Dritte indirekt Sicherheit" bietet. Zum einen ist sie, obschon formell Adressatin der Verfügung, lediglich als Dritte im Sinne der Rechtsprechung zu betrachten, so dass an das Rechtsschutzinteresse erhöhte Anforderungen zu stellen sind. Zum andern besteht die Schuldpflicht des Versicherten gegenüber dem Spital im System des Tiers garant unbedingt und ohne irgendeine Einschränkung. In diesem Zusammenhang gilt auch zu beachten, dass der Antrag der vorberatenden Kommission des Nationalrates, wonach in Abweichung vom Entwurf des Bundesrates (BBl 1992 I 170 und 268) für die stationär erbrachten Spitalleistungen ausschliesslich das System des Tiers payant ( Art. 41 Abs. 2 KVG ) gelten soll, abgelehnt wurde (Amtl.Bull. BGE 123 V 310 S. 317 1993 N 1729 und 1857 f.; vgl. auch RKUV 1989 Nr. K 803 S. 151 f. Erw. II/2a, wonach unter altem Recht dem Spital im Leistungsstreit zwischen Versicherer und Versichertem keine Parteistellung zukam). In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nun aber mit Recht geltend gemacht, dass die Verneinung der Kostenübernahmepflicht des Wohnkantons nach Art. 41 Abs. 3 KVG bei (teil-)stationären Behandlungen in (nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten) Privatspitälern zur Folge haben wird, dass die weitere Aufnahme und Behandlung von ausserkantonalen Patienten "gefährdet" ist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um bloss obligatorisch krankenpflegeversicherte Personen handelt oder um solche mit einer Zusatzversicherung. In der Tat ist davon auszugehen, dass die Bestätigung des angefochtenen Gerichtsentscheides faktisch, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen, die gleichen Wirkungen haben wird oder schon gezeitigt hat wie die Nichtaufnahme in die Spitalliste eines Kantons und damit die Nichtzulassung zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (vgl. Art. 35 und 39 Abs. 1 lit. e KVG ) für einen grossen Versichertenkreis. Ist aber ein Spital befugt, gegen eine Spitalliste, auf welcher es nicht figuriert, Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat einzulegen (vgl. RKUV 1996 S. 227 f. Erw. II/2), muss es sich auch zur Wehr setzen können, wenn die zuständige ausserkantonale Behörde erstmals in einem konkreten Anwendungsfall die Kostenübernahme des Wohnkantons des Versicherten im Rahmen von Art. 41 Abs. 3 KVG verweigert mit der Begründung, diese Bestimmung komme bei stationären Behandlungen in nicht öffentlich subventionierten Privatspitälern nicht zum Zuge. Diese besonderen Umstände rechtfertigen es, auch der Beschwerdeführerin 2 das Beschwerderecht zuzusprechen. c) Da die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten. 4. Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, unter anderem dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der BGE 123 V 310 S. 318 Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 123 III 91 Erw. 3a, BGE 122 III 325 Erw. 7a, 474 Erw. 5a, BGE 122 V 364 Erw. 4a, BGE 121 III 224 Erw. 1d/aa, 412 Erw. 4b, 465 Erw. 4a/bb, BGE 121 V 24 Erw. 4a, 60 f. Erw. 3b, 126 f. Erw. 2c, BGE 120 V 102 Erw. 4b, 338 Erw. 5a, 525 Erw. 3a, je mit Hinweisen; IMBODEN/RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Band 1, S. 137 f., Nr. 21 B IV). Die Gesetzesmaterialien im besonderen können namentlich dann, wenn eine Bestimmung unklar ist oder verschiedene, einander widersprechende Auslegungen zulässt, ein wertvolles Hilfsmittel sein, um den Sinn der Norm zu erkennen und damit falsche Auslegungen zu vermeiden. Wo die Materialien keine klare Antwort geben, sind sie als Auslegungshilfe nicht dienlich. Insbesondere bei verhältnismässig jungen Gesetzen darf der Wille des historischen Gesetzgebers nicht übergangen werden. Hat dieser Wille jedoch im Gesetzestext keinen Niederschlag gefunden, so ist er für die Auslegung nicht entscheidend. Ist in der Gesetzesberatung insbesondere ein Antrag, das Gesetz sei im Sinne einer nunmehr vertretenen Auslegungsmöglichkeit zu ergänzen, ausdrücklich abgelehnt worden, dann darf diese Auslegungsmöglichkeit später nicht in Betracht gezogen werden ( BGE 115 V 349 Erw. 1c mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre; vgl. auch BGE 122 III 325 Erw. 7a, 474 Erw. 5a, BGE 120 II 247 Erw. 3e, BGE 117 II 526 Erw. 1d, BGE 116 Ia 368 Erw. 5c, BGE 116 II 415 Erw. 5b und 527 f. Erw. 2b). a) Im vorliegenden Fall besteht nach dem klaren Wortlaut des Art. 41 Abs. 3 KVG , welcher intertemporalrechtlich sofort anwendbar ist ( Art. 101 Abs. 2 KVG ; vgl. Amtl.Bull. 1992 S 1308), die Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons bei einer ausserkantonalen Hospitalisation aus medizinischen Gründen nur, wenn die Behandlung in einem öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spital durchgeführt wird. In dieser Bestimmung nicht erwähnt werden die nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitäler mit privater Trägerschaft im Sinne von Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG , wozu auch die Beschwerdeführerin 2 gehört. b) Die Differenzierung nach den Spitalkategorien "öffentlich oder öffentlich subventioniert" und "privat und nicht öffentlich oder öffentlich subventioniert" in Art. 41 Abs. 3 KVG war vom Gesetzgeber, wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, bewusst gewollt. Dieser Schluss ergibt sich aus dem Gesetz selber, insbesondere BGE 123 V 310 S. 319 aus dem in Art. 41 Abs. 1 Satz 1 KVG verankerten Grundsatz, wonach die Versicherten unter den zugelassenen Leistungserbringern, die für die Behandlung ihrer Krankheit geeignet sind, frei wählen können, sowie aus der Kostenübernahmepflicht der Versicherer in dem in Abs. 1 bis 3 von Art. 41 KVG festgelegten Umfang, welche im Unterschied zur Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons in keinem Fall teilstationärer oder stationärer Behandlung die Wahl einer bestimmten Spitalkategorie voraussetzt. Vielmehr genügt, dass das betreffende Spital oder eine Abteilung davon zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen ist (Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 lit. h sowie Art. 39 Abs. 1 KVG ). Die wörtliche Anknüpfung der Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons bei einer ausserkantonalen Hospitalisation aus medizinischen Gründen nach Art. 41 Abs. 3 KVG an die Inanspruchnahme eines öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals stimmt sodann mit dem Normzweck, wie er sich aus den Materialien ergibt, überein. Diese Verpflichtung soll dem Lastenausgleich und der verstärkten Koordination zwischen den Kantonen dienen, indem der Wohnkanton durch Übernahme der Differenz zwischen den in der Regel höheren Tarifen für ausserkantonale Patienten und den Tarifen für Einwohner des Kantons, in welchem das Spital liegt, sich an der Finanzierung des betreffenden ausserkantonalen Spitals beteiligt (Botschaft vom 6. November 1991 über die Revision der Krankenversicherung, BBl 1992 I 93 ff., 169). Es soll ein finanzieller Ausgleich stattfinden zwischen (kleineren) Kantonen, welche aus gesundheitspolitischen Gründen bestimmte stationäre Behandlungen nicht anbieten, und Kantonen mit ausgebauter, durch die Steuern seiner Einwohner mitfinanzierter Spitalversorgung (BBl 1992 I 127; Amtl.Bull. 1992 S 1308 und 1314; MAURER, Das neue Krankenversicherungsrecht, S. 72). c) Dass im weitern die Tarife für die allgemeine Abteilung öffentlicher oder öffentlich subventionierter Spitäler für ausserkantonale Patienten höher sein können und dürfen als für Kantonseinwohner und so überhaupt erst eine "Differenz zwischen den in Rechnung gestellten Kosten und den Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons" bzw. eine teilweise Kostenübernahmepflicht des Wohnkantons besteht, ergibt sich im übrigen auch aus Art. 49 Abs. 1 KVG . Die in Abs. 1 Satz 2 dieser Bestimmung festgelegte Quote von "höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten je Patient oder Patientin oder je Versichertengruppe in der allgemeinen Abteilung" für die Vergütung der stationären BGE 123 V 310 S. 320 Behandlung einschliesslich Aufenthalt in einem Spital und die entsprechenden Mindestbeiträge der öffentlichen Hand nach kantonalem Recht gelten ebenfalls ausdrücklich bloss für die Spitalkategorien "öffentlich" oder "öffentlich subventioniert", nicht aber für private, nicht öffentliche oder öffentlich subventionierte Spitäler (vgl. Erw. 11.1 [S. 267] des in RKUV 1997 S. 257 ff. auszugsweise wiedergegebenen Entscheides des Bundesrates vom 25. Juni 1997 in Sachen Spital- und Pflegezentrum Y AG gegen Regierungsrat des Kantons Z.; ferner MAURER, a.a.O., S. 88). Bei diesen dürfen umgekehrt und folgerichtig höhere Deckungsquoten vereinbart werden. "Dies erscheint insofern angemessen, als diese Spitäler nicht aus Steuergeldern mitfinanziert werden." (BBl 1992 I 185; DUC, L'hospitalisation, plus spécialement l'hospitalisation d'un jour, et LAMal, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la Société suisse de droit des assurances, Lausanne 1997, S. 329 ff., S. 374 ff. [vgl. SZS 40/1996 S. 257 ff., S. 296 oben]; vgl. auch Amtl.Bull. 1992 S 1315 f., wo aus verfassungsrechtlicher Sicht Bedenken gegen die Ausklammerung der "Privatspitäler" in Art. 49 Abs. 1 Satz 2 KVG angemeldet wurden). d) Schliesslich ist das Art. 41 Abs. 3 und Art. 49 Abs. 1 sowie Art. 39 Abs. 1 KVG zugrunde gelegte Konzept in dem Sinne in sich konsistent und widerspruchsfrei, dass in den (zugelassenen) nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten Privatspitälern die Tarife für ausserkantonale Patienten und für Patienten aus dem Standortkanton in der Regel gleich hoch sind, die "in Rechnung gestellten Kosten" also den "Tarifen des betreffenden Spitals für Einwohner und Einwohnerinnen des Kantons" entsprechen, sich somit die Frage der Differenzzahlung des Wohnkantons gar nicht erst stellen kann. 5. Die vom klaren Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ausgehende, am Normzweck, wie er sich aus den Materialien ergibt, orientierte Auslegung des Art. 41 Abs. 3 KVG führt zum eindeutigen Ergebnis, dass die Ausgleichspflicht des Wohnkantons bei teilstationärer oder stationärer Behandlung von Kantonseinwohnern in einem ausserkantonalen Spital aus medizinischen Gründen nur bei Inanspruchnahme eines öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals besteht. Begibt sich der Versicherte in ein privates, nicht öffentliches oder nicht öffentlich subventioniertes Spital, entfällt die teilweise Kostenübernahmepflicht des Kantons. 6. a) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Richtigkeit dieser Interpretation bestritten. Der Gesetzgeber habe zwar die BGE 123 V 310 S. 321 Privatspitäler bewusst nicht in Art. 41 Abs. 3 KVG "integriert", dabei aber bloss Finanzausgleichs- und Spitalplanungsüberlegungen angestellt. Mit den sonst relevanten Zusammenhängen, welche bei der Nichterwähnung von Privatspitälern zu beachten wären, habe er sich nicht befasst. Diese "gesetzgeberische Fehlleistung" habe zunächst eine Mehrbelastung der Versicherer zur Folge, indem "nun" die Gesamtheit der Prämienzahler und nicht die Steuerzahler des Wohnkantons die Kosten der medizinisch bedingten ausserkantonalen Hospitalisation der kantonseigenen Einwohner zu bezahlen hätten. Dies verletze das Solidaritätsprinzip. Überdies würde dadurch unweigerlich ein entsprechender Prämiendruck entstehen, der die Versicherer veranlassen werde, mit den ihnen vom Gesetz selber zur Verfügung gestellten Instrumenten die versicherten Patienten in öffentliche und öffentlich subventionierte Spitäler zu lenken. Dies wiederum führe zu vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Wettbewerbsverzerrungen und zu einer Fehlallokation von Spitalressourcen. Die Störung des Wettbewerbs falle insbesondere auf dem Marktsegment der zusatzversicherten Patienten "krass" ins Gewicht. Schliesslich würden auch kaum zu rechtfertigende, jedenfalls aber ungewollte Anreize auf Seiten der Wohnkantone geschaffen, indem diese sinngemäss versucht sein könnten, durch eine entsprechende Ausgestaltung des Bewilligungsverfahrens darauf hinzuwirken, "dass zur Entlastung ihres Finanzhaushalts der individuelle Leistungseinkauf (ausserhalb des Kantons aus medizinischen Gründen) bei Privatspitälern und damit voll zu Lasten der KV erfolgt". Allein eine Gleichbehandlung aller Spitalkategorien stehe daher im Einklang mit allen relevanten übergeordneten Grundsätzen und Zielsetzungen des KVG. Dies führe zu der insbesondere bezüglich der Handels- und Gewerbefreiheit allein verfassungskonformen und mit dem Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM) vereinbaren Auslegung von Art. 41 Abs. 3 KVG , welche Privatspitäler gleichberechtigt mitberücksichtigt. Sollte im übrigen das angerufene Gericht sich dieser Auslegung nicht anschliessen können, so wäre die Beschwerde auf dem Wege der Lückenfüllung gutzuheissen. b) aa) Der Auffassung der Beschwerdeführer kann nicht beigepflichtet werden. Beim Entscheid, dass die Deckungsquote von "höchstens 50 Prozent der anrechenbaren Kosten" für die Vergütung der stationären Behandlung einschliesslich Aufenthalt in einem Spital nach Art. 49 Abs. 1 KVG lediglich bei öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern, nicht aber bei den privaten, nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern gelten BGE 123 V 310 S. 322 soll, war sich der Gesetzgeber bewusst, dass dies (nur) zu Lasten der sozialen Krankenversicherung gehen kann und sich allenfalls in erhöhten Prämien niederschlagen wird (vgl. die Hinweise in Erw. 4c hievor, insbesondere Amtl.Bull. 1992 S 1316 und MAURER, a.a.O., S. 88 unten). In dieser Regelung allein kann sodann in dem Sinne kein Widerspruch zu den obersten Zielsetzungen des neuen Krankenversicherungsrechts, insbesondere zum Gebot der Kosteneindämmung (BBl 1992 I 126f.; Amtl.Bull. 1992 S 1272, 1993 N 1726; vgl. auch RKUV 1994 Nr. K 952 S. 300 f. Erw. 3b) erblickt werden, als eines der Hauptziele der Revision auch die Sicherstellung einer qualitativ hochstehenden medizinischen Versorgung war ( Art. 43 Abs. 6 KVG ; BBl 1992 I 174 und 183). Auf dieser Linie liegt unzweifelhaft Art. 39 Abs. 1 lit. d KVG , wonach private Trägerschaften von den Kantonen in die Planung für eine bedarfsgerechte Spitalversorgung angemessen einzubeziehen sind (vgl. DUC, Statut des assurés dans des établissements médico-sociaux selon la LAMal, in: SZS 40/1996 S. 257 ff., S. 292 ff.). Fraglich erscheint schliesslich, inwiefern die von der Beschwerdeführerin 2 angerufene Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ) im Rahmen des KVG spielt (vgl. Erw. II/4.2 [S. 262 f.] und 11.3 [S. 268 f.] des in RKUV 1997 S. 257 ff. auszugsweise publizierten Entscheides des Bundesrates vom 25. Juni 1997 in Sachen Spital- und Pflegezentrum Y AG gegen Regierungsrat des Kantons Z.; vgl. auch BGE 122 V 95 ff. Erw. 5b/bb/aaa). Diese Frage kann indessen offenbleiben. bb) Ist der Gesetzeswortlaut klar und stimmt der Wortsinn mit dem Rechtssinn der Norm, wie er sich eindeutig aus der in den Materialien dokumentierten Regelungsabsicht des Gesetzgebers ableiten lässt ( BGE 121 III 225 f. Erw. 4d/aa), überein, liegt weder eine im Rahmen freier richterlicher Rechtsfindung zu füllende (echte) Lücke vor ( Art. 1 Abs. 2 ZGB ; BGE 119 V 255 Erw. 3b mit Hinweisen) noch bleibt Raum für eine verfassungskonforme Auslegung ( BGE 122 V 93 Erw. 5a/aa, BGE 119 V 130 Erw. 5b, BGE 111 V 364 Erw. 3b, je mit Hinweisen). Dies schliesst zwar eine Prüfung der in Frage stehenden Gesetzesvorschrift, im vorliegenden Fall Art. 41 Abs. 3 KVG , auf ihre Übereinstimmung mit der Verfassung grundsätzlich nicht aus. Art. 113 Abs. 3 BV und Art. 114bis Abs. 3 BV , wonach es den rechtsanwendenden Behörden untersagt ist, Bundesgesetze auf ihre Verfassungsmässigkeit zu überprüfen, statuieren lediglich ein Anwendungsgebot, nicht ein Prüfungsverbot ( BGE 123 II 11 Erw. 2, BGE 122 V 93 Erw. 5a/aa mit Hinweisen). BGE 123 V 310 S. 323 Vorliegend besteht indessen kein Anlass, eine allfällige Verfassungswidrigkeit von Art. 41 Abs. 3 KVG zu prüfen. cc) Es kann hier nicht bloss darum gehen, die privaten, nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitäler in den Art. 41 Abs. 3 KVG , unter welchem Rechtstitel auch immer, einzubeziehen. Dem stehen schon der Wortlaut dieser Norm und die Gesetzessystematik entgegen, indem sich bei Privatspitälern mit in der Regel nicht nach Kantonszugehörigkeit abgestuften Tarifen für die Bemessung der Vergütung für die erbrachten Leistungen im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung mangels eines Tarifunterschiedes die Frage der Differenzzahlung des Wohnkantons überhaupt nicht stellt (vgl. Erw. 4d hievor). Es kommt dazu, dass die beanstandete Unterscheidung in Art. 41 Abs. 3 KVG danach, ob das ausserkantonale Spital öffentlich ist oder öffentlich subventioniert wird, auch bei der Tarifierung gemäss Art. 49 Abs. 1 KVG spielt, eine Änderung somit weitere Fragen aufwirft, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Zulassung von Spitälern mit privater Trägerschaft (vgl. Art. 39 Abs. 1 lit. d und e KVG ). Es geht letztlich, wie gerade die einer gewissen Überzeugungskraft nicht entbehrenden Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zeigen, um nicht mehr und nicht weniger als die "Definition" des Status der öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitäler einerseits und der "Privatspitäler" anderseits im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, ihr Verhältnis untereinander und in Berücksichtigung der Zusatzversicherungen (vgl. in diesem Zusammenhang die im Auftrag des Konkordates erstellte Studie "Spitalleistungen ausserhalb des Wohnsitzkantons. Eine Evaluation des Artikels 41.3 KVG aus ökonomischer Sicht" des Institutes für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Zürich [Verfasser: CRIVELLI/HAUSER/ZWEIFEL], S. 41-54). Es handelt sich hiebei um eine vorab rechtspolitische und, wie bereits die parlamentarischen Beratungen deutlich machten (vgl. Amtl.Bull. 1993 S 1314 ff.) und die parlamentarische Initiative Hochreutener vom 13. Dezember 1996 (96.463) betreffend die Revision von Art. 41 Abs. 3 Satz 1 KVG , welcher der Nationalrat am 25. September 1997 mit 71 zu 53 Stimmen Folge gab, bestätigt, um eine in gleicher Weise rechtlich wie wirtschafts- und sozialpolitisch kontroverse Frage, deren Lösung nicht Aufgabe des Richters sein kann und darf (vgl. BGE 117 V 322 ff. Erw. 3-6 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre). BGE 123 V 310 S. 324 c) Nach dem Gesagten erweist sich der angefochtene Entscheid, welcher ebenfalls zum Ergebnis gelangt ist, dass die Ausgleichspflicht des Wohnkantons bei teilstationärer oder stationärer Behandlung von Kantonseinwohnern in einem ausserkantonalen Spital aus medizinischen Gründen nur bei Inanspruchnahme eines öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals besteht, als Rechtens. Dass die Vorinstanz die Frage offengelassen hat, wer im Falle der Verneinung der Differenzzahlungspflicht des Wohnkantons bei Inanspruchnahme eines nicht öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitals "den durch Art. 41 Abs. 3 KVG vorgesehen Anteil des Wohnkantons" zu übernehmen hat, ist ebenfalls von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Es fehlt diesbezüglich, auch in diesem Verfahren, am Anfechtungsgegenstand und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung, weshalb auf das entsprechende Begehren in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden kann ( BGE 119 Ib 36 Erw. 1b, BGE 118 V 313 Erw. 3b, je mit Hinweisen). Daran ändert die Bedeutung dieser Frage für die Beschwerdeführer nichts.
null
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d9cceedc-c7cb-45e6-a843-eecdfb67825e
Urteilskopf 126 III 129 26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Dezember 1999 i.S. Kodak SA gegen Jumbo-Markt AG (Berufung)
Regeste Erschöpfungsgrundsatz im Patentrecht. Parallelimporte patentrechtlich geschützter Produkte. Die Frage der Zulässigkeit von Parallelimporten im Patentrecht ist weder im nationalen noch im für die Schweiz geltenden internationalen Recht geregelt, weshalb von einer echten Lücke auszugehen ist (E. 1-3). Die traditionelle schweizerische Rechtsauffassung, die Rechtsvergleichung sowie eine Abwägung der betroffenen Interessen sprechen für den Grundsatz der nationalen Erschöpfung im Patentrecht, zumal die Unterschiede zwischen Marken- und Urheberrecht einerseits und Patentrecht anderseits eine einheitliche Behandlung der Erschöpfungsfrage nicht als zwingend erscheinen lassen (E. 4-8). Auf patentrechtliche Einfuhrmonopole kann das Kartellrecht Anwendung finden (E. 9).
Sachverhalt ab Seite 130 BGE 126 III 129 S. 130 Die Kodak SA (Klägerin) ist infolge einer Patentabtretung Inhaberin des schweizerischen Teils des Europäischen Patents EP 0 028 099 (Kodak-Farbnegativfilme), welches im Übrigen ihrer Muttergesellschaft, der Eastman Kodak Company, Rochester/USA zusteht. Die Klägerin ist eine reine Vertriebsgesellschaft. Sie bezieht von verschiedenen Kodak-Produktionsgesellschaften Farbnegativ-Filme unter der Bezeichnung Kodak Gold 200 (mit 12, 24 und 36 Bildern pro Film) sowie Einwegkameras mit Kodak Gold 400-Farbnegativ-Filmen insbesondere unter der Bezeichnung "Fun Flash", "Fun Waterproof" und "Fun Wide Angle" für den Vertrieb in der Schweiz. Sie hat für die Schweiz die exklusive Kodak-Vertriebsberechtigung und beliefert Grossisten und Detailhändler. Die Jumbo Markt AG (Beklagte) verkauft unter anderem Kodak-Produkte, die sie teilweise über die von der Klägerin autorisierten Quellen in der Schweiz bezieht. Daneben bietet sie ihren Kunden aber auch Farbnegativfilme Kodak Gold 200 und Kodak Einwegkameras (mit dem Film Kodak Gold 400) an, die aus Grossbritannien stammen. Diese Filme und Kameras sind vom Schutzbereich des EP 0 028 099 erfasst. Sie sind in England mit Zustimmung der für Grossbritannien zuständigen Kodak-Gesellschaft in Verkehr gebracht worden, und es handelt sich um ordnungsgemäss für den englischen Markt bestimmte Kodak-Produkte. Am 19. Dezember 1996 klagte die Kodak AG gegen die Jumbo Markt AG beim Handelsgericht des Kantons Zürich im Wesentlichen mit dem Antrag, der Verkauf der nicht von der Klägerin in den Verkehr gebrachten Kodak-Produkte sei der Beklagten unter Androhung der Ungehorsamstrafe zu verbieten (Rechtsbegehren Ziffer 1), die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin den durch den widerrechtlichen Vertrieb der Filme und Einwegkameras erzielten, gerichtlich festzustellenden Gewinn herauszugeben (Ziffer 2), die Beklagte habe die Bezugsquellen der Filme und Einwegkameras gemäss Begehren 1 zu bezeichnen (Ziffer 3) und die Klägerin sei BGE 126 III 129 S. 131 schliesslich für berechtigt zu erklären, das Ziffer 1 betreffende Urteilsdispositiv auf Kosten der Beklagten in zwei Fachzeitschriften für den Fotohandel sowie je einer Tageszeitung in der deutschen, französischen und italienischen Schweiz sowie im Fürstentum Liechtenstein zu publizieren. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage mit Urteil vom 23. November 1998 ab. Das Gericht erkannte, dass im Patentrecht ebenso wie im Marken- und Urheberrecht der Grundsatz internationaler Erschöpfung gelte. Mit Berufung vom 11. Januar 1999 stellt die Klägerin die Anträge, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 23. November 1998 sei aufzuheben, die Klage sei bezüglich Rechtsbegehren Ziffer 1 gutzuheissen und bezüglich der Rechtsbegehren Ziff. 2 bis 4 zur Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst in ihrer Antwort auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des Urteils des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 23. November 1998. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Das Patent verschafft seinem Inhaber das ausschliessliche Recht, die Erfindung gewerbsmässig zu nutzen (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente [PatG; SR 232.14]). Als Benützung gelten neben dem Gebrauch und der Ausführung insbesondere auch das Feilhalten, der Verkauf, das Inverkehrbringen sowie die Einfuhr zu diesen Zwecken ( Art. 8 Abs. 2 PatG ). Dem Patentinhaber allein ist somit vorbehalten, der Erfindung entsprechend hergestellte, patentrechtlich geschützte Waren in Verkehr zu bringen. Benutzt er die Erfindung in dieser Weise und veräussert er eine patentrechtlich geschützte Sache, so gerät sein ausschliessliches Recht zur gewerbsmässigen Benützung der Erfindung für diesen Gegenstand mit den Befugnissen des Erwerbers aus sachenrechtlichem Eigentum in Konflikt. In der Lehre ist anerkannt, dass das sachenrechtliche Eigentum hier vorgeht und der Erwerber sowie seine Rechtsnachfolger die Befugnisse aus dem Sacheigentum ausüben können, ohne die Rechte des Patentinhabers zu verletzen. b) Das freie Benutzungsrecht des Sacheigentümers wurde im 19. Jahrhundert theoretisch mit einer stillschweigenden Lizenz erklärt, die der Patentberechtigte dem Erwerber und dessen Rechtsnachfolgern einräume (ALOIS TROLLER, Immaterialgüterrecht, Bd. II, BGE 126 III 129 S. 132 3. Auflage 1985, S. 764). Diese Theorie liegt offenbar dem britischen Recht der "implied licence" nach wie vor zugrunde (vgl. PERRET, Importations parallèles et droit des brevets d'invention, in: Mélanges Dessemontet, Lausanne 1998, S. 181; BEIER, Die Zulässigkeit von Parallelimporten patentierter Erzeugnisse, GRUR Int. 1996 S. 4; GLADWELL, The Exhaustion of Intellectual Property Rights, European Intellectual Property Review, Bd. 8 1986, S. 366; ähnlich für Japan auch das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juli 1997, GRUR Int. 1998 S. 168 ff., insb. Ziff. 3 (4) S. 169/70; so auch der japanische Report bei TELLEKSON, Should the Theory of International Exhaustion of Intellectual Property Rigths Be Universally Accepted and Applied in an Identical Manner to Each of the Different Categories of These Rights?, Revue Internationale de la Concurrence, 2. 1999, S. 17). Die aktuelle schweizerische Doktrin folgt dagegen mit der kontinentaleuropäischen der von JOSEF KOHLER entwickelten Lehre über den Zusammenhang der Benutzungsarten. Danach werden die durch das Patentrecht vermittelten Befugnisse für einen Gegenstand verbraucht, konsumiert oder erschöpft, wenn die am Patent berechtigte Person eine patentgeschützte Sache veräussert oder wenn die Sache mit ihrem Einverständnis in Verkehr gesetzt wird (BLUM/PEDRAZZINI, Das Schweizerische Patentrecht, 2. Auflage 1975, Bd. I, Anm. 13 zu Art. 8; TROLLER, a.a.O.; vgl. auch HEATH, Parallel Imports and International Trade, International Review of Industrial Property and Copyright Law [IIC] 1997, S. 625; KOHLER, Handbuch des deutschen Patentrechts, Mannheim 1900, S. 452 ff., 457; BENKARD/BRUCHHAUSEN, Patentgesetz, 9. Auflage München 1993, N. 15-17 zu § 9 PatG ; COHEN JEHORAM, Prohibition of Parallel Imports Through Intellectual Property Rights, IIC 1999, S. 497/8). In dieser Weise erschöpft sich durch das Inverkehrsetzen namentlich die Befugnis des Patentinhabers zu gewerbsmässigem Gebrauch und weiterem Feilhalten, Verkauf und Inverkehrbringen des patentgeschützten Gegenstandes (TROLLER, a.a.O.; BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O.). Dieser Grundsatz ist allgemein anerkannt und wird von den Parteien nicht in Frage gestellt, soweit der Gegenstand vom Patentinhaber selbst oder mit seinem Einverständnis in der Schweiz in Verkehr gebracht wird (PEDRAZZINI/VON BÜREN/MARBACH, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bern 1998, S. 48 N. 140). Streitig ist allein, ob die Befugnisse aus dem Schweizer Patent ebenfalls erschöpft werden, wenn die Waren vom schweizerischen Patentinhaber oder mit dessen Zustimmung im Ausland in Verkehr BGE 126 III 129 S. 133 gebracht werden (Grundsatz der internationalen Erschöpfung), eventuell nur bei Inverkehrsetzung in bestimmten andern Ländern (regionale Erschöpfung, vgl. dazu COTTIER/STUCKI, Parallelimporte im Patent-, Urheber- und Muster- und Modellrecht aus europarechtlicher und völkerrechtlicher Sicht, in: Conflit entre importations parallèles et propriété intellectuelle?, Comparativa 60, Genève 1996, S. 35, 47/8), oder ob die Einfuhr derartiger Waren in die Schweiz das Patent verletzt, wenn sie gegen den Willen des Patentinhabers erfolgt (Grundsatz der nationalen Erschöpfung). 2. Zunächst ist zu prüfen, ob sich aus den anwendbaren gesetzlichen Normen beantworten lässt, welcher Grundsatz der Erschöpfung dem schweizerischen Patentrecht zugrunde liegt. a) Art. 8 Abs. 2 PatG gewährleistet dem Patentinhaber das ausschliessliche Recht zur Einfuhr patentierter Gegenstände. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung wird klar, dass daraus nicht eine Positivierung des Grundsatzes der nationalen Erschöpfung abgeleitet werden kann. Die Aufnahme auch der Einfuhr als dem Patentinhaber vorbehaltene Benützung wurde nämlich bei der Revision vom 16. Dezember 1994 im Rahmen der notwendigen Rechtsanpassungen für die Ratifizierung der GATT/WTO-Übereinkommen zusätzlich in Art. 8 Abs. 2 PatG eingefügt. In der Botschaft vom 19. September 1994 führte der Bundesrat zur Begründung aus, die bis dahin nicht ausdrücklich erwähnte Einfuhr zum Zwecke der anderen in Art. 8 Abs. 2 PatG genannten Verwendungen gelte gemäss Art. 28 Abs. 1 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPs-Abkommen; SR 0.632.20 Anhang 1.C) ebenfalls als Benützungshandlung. Die entsprechende Gesetzesänderung werde es dem Patentinhaber erlauben, sich bereits bei der Einfuhr patentverletzender Erzeugnisse zur Wehr zu setzen. Diese Möglichkeit sei insofern von Bedeutung, als es in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereite, importierte Erzeugnisse zu beschlagnahmen, nachdem sie bereits Eingang in die landesweiten Vertriebs- und Verteilungskanäle gefunden haben (GATT-Botschaft 2 vom 19. September 1994, BBl 1994 IV 984). Die redaktionelle Änderung von Art. 8 PatG vom 16. Dezember 1994 hat die geltende Rechtslage nicht geändert (vgl. BGE 97 II 169 E. 2a S. 172). Für die Einfuhr regelt Art. 8 Abs. 2 PatG den Konflikt patentrechtlicher Befugnisse gegenüber den Rechten aus dem Sacheigentum ebenso wenig wie für die anderen, in dieser Bestimmung aufgeführten patentrechtlichen Nutzungsbefugnisse. BGE 126 III 129 S. 134 b) Für den Grundsatz der nationalen Erschöpfung wird in der Lehre insbesondere das strenge Territorialitätsprinzip im schweizerischen Patentrecht angeführt. Nach der Praxis des Bundesgerichts kommt dem schweizerischen Patentgesetz ein strikt territorialer Geltungsbereich zu. Dies bedeutet namentlich, dass der Schutz des schweizerischen Patentes an den Landesgrenzen endet ( BGE 122 III 81 E. 5a S. 87; BGE 115 II 279 ; BGE 100 II 237 E. 2; BGE 97 II 169 E. 2a S. 173; BGE 92 II 293 E. 4). Der mit dem Patentgesetz angestrebte Schutz gilt bloss innerhalb der Landesgrenzen und Patentverletzungen werden nur erfasst, wenn sie sich in der Schweiz auswirken, wenn also die in Nachahmung der Erfindung widerrechtlich hergestellten oder benutzten Gegenstände auf schweizerisches Gebiet gelangen. Dies schliesst etwa aus, den Ort des Vertragsschlusses in der Schweiz unbekümmert darum zu berücksichtigen, ob die Gegenstände ausschliesslich für Drittländer bestimmt sind, weil diesfalls der Schutzbereich des Gesetzes auf das Ausland ausgedehnt würde ( BGE 100 II 237 E. 2 S. 238; 35 II 643 ). Auch die Herstellung von Erzeugnissen im Ausland in Verletzung eines in der Schweiz geschützten Patentes wird vom Geltungsbereich des Patentgesetzes nur erfasst, wenn die Gegenstände in die Schweiz eingeführt werden, um hier vertrieben oder auch bloss gelagert und dann wieder ausgeführt zu werden ( BGE 100 II 237 E. 2 S. 239 mit Hinweisen). Dass die unbefugte Benützung einer patentierten Erfindung nach dem Territorialitätsprinzip nur dann gegen schweizerisches Recht verstösst, wenn sie in der Schweiz erfolgt, heisst dagegen nicht, im Ausland erfolgte Handlungen seien in jedem Fall unbeachtlich. Vielmehr genügt, dass die widerrechtliche Benützung in der Schweiz vom Ausland aus veranlasst oder gefördert worden ist, und die handelnde Person ist für jedes Tun oder Unterlassen unbesehen um den Ort der Handlung nach schweizerischem Recht verantwortlich, wenn solches Verhalten rechtserhebliche Ursache einer in der Schweiz erfolgten Benützung ist ( BGE 97 II 169 E. 2a S. 173; BGE 92 II 293 E. 4 S. 296). Das Territorialitätsprinzip besagt somit, dass das Patentgesetz nur Anwendung findet, sofern die Benutzung der geschützten Erfindung im Sinne von Art. 8 PatG auf schweizerischem Hoheitsgebiet erfolgt und insofern der Erfolg hier eintritt (VISCHER, IPRG-Kommentar, Zürich 1993, N. 3 sowie 5/6 zu Art. 110). Es ergibt sich daraus nicht, dass für die Anwendung des schweizerischen Rechtes Ereignisse allein deshalb unbeachtlich wären, weil sie sich im Ausland zugetragen haben (MARBACH, Der Stellenwert ausländischer Sachverhalte BGE 126 III 129 S. 135 bei der Beurteilung nationaler Markenrechte, ZBJV 124bis/1988 S. 320/1; BIERI-GUT, Parallelimport und Immaterialgüterrechte nach schweizerischen Spezialgesetzen und dem Recht der EU, AJP 1996 S. 560; COTTIER/STUCKI, a.a.O., S. 35; vgl. auch BERNHARDT/KRASSER, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Auflage München 1986, S. 582; LOEWENHEIM, Nationale und internationale Erschöpfung von Schutzrechten im Wandel der Zeiten, GRUR Int. 1996 S. 309 mit Hinweisen in Fn. 36). Seit jeher selbstverständlich ist in dieser Hinsicht auch, dass für Fragen der Neuheit oder des Standes der Technik nicht allein auf schweizerische Veröffentlichungen zurückgegriffen werden kann. Inwiefern Sachverhalte, die sich im Ausland zugetragen haben, für die Anwendung des Patentgesetzes beachtlich sind, lässt sich aus dem Territorialitätsprinzip als solchem nicht beantworten. Namentlich steht es einer internationalen Erschöpfung des Patentrechts nicht grundsätzlich entgegen (vgl. BGE 122 III 469 E. 5e S. 479 in Bezug auf das Markenrecht). Wie bereits in BGE 124 III 321 E. 2d S. 328 festgestellt wurde, ist somit davon auszugehen, dass die hier zu entscheidende Problematik gesetzlich nicht geregelt ist. 3. Im Weiteren ist zu untersuchen, ob das die Schweiz verpflichtende internationale Recht die Frage der Zulässigkeit von Parallelimporten im Patentrecht beantwortet. a) Das Territorialitätsprinzip ist auch im internationalen Patentrecht verankert (vgl. BAEUMER, Anmerkungen zum Territorialitätsprinzip im internationalen Patent- und Markenrecht, Festschrift für Wolfgang Fikentscher zum 70. Geburtstag, Tübingen 1998, S. 809/810). So ist der Patentschutz nach den von der Schweiz abgeschlossenen internationalen Verträgen jeweils auf die Staaten beschränkt, für welche dieser Schutz vom Berechtigten ausdrücklich beansprucht wird und für welche die entsprechenden formellen Schutzvoraussetzungen erfüllt werden. Art. 4bis der in Stockholm revidierten Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ; SR 0.232.04) bestimmt etwa in Absatz 1, dass die in den verschiedenen Verbandsländern von Verbandsangehörigen angemeldeten Patente unabhängig sind von den Patenten, die für dieselbe Erfindung in anderen Ländern erlangt worden sind, mögen diese Länder dem Verband angehören oder nicht. Gemäss Absatz 2 ist diese Bestimmung ohne jede Einschränkung zu verstehen, insbesondere in dem Sinn, dass die während der Prioritätsfrist angemeldeten Patente sowohl hinsichtlich der Gründe der Nichtigkeit und des Verfalls als auch BGE 126 III 129 S. 136 hinsichtlich der gesetzmässigen Dauer unabhängig sind. Aus dem in Art. 4bis PVÜ zum Ausdruck gelangenden Grundsatz der Unabhängigkeit der Patente kann indessen nicht auf eine Kodifizierung der nationalen Erschöpfung geschlossen werden. Vielmehr sollten damit nationale Regelungen ausgeschlossen werden, welche aufgrund des internationalen Abkommens erworbene Patente von der Gültigkeit des Ursprungspatents abhängig machten (HEATH, a.a.O., S. 628; BÜRGI/LANG, Rettungsanker Patentrecht zum Schutz selektiver Vertriebssysteme in der Schweiz?, sic! 4/1999 S. 385). Die territoriale Unabhängigkeit von Patenten ist auch in Art. 3 des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973 (EPÜ; SR 0.232.142.2) statuiert. Nach dieser Bestimmung kann die Erteilung des europäischen Patentes für einen, mehrere oder alle Vertragsstaaten beantragt werden. Trotz der weitgehenden Vereinheitlichung des materiellen Schutzes im EPÜ und trotz der Möglichkeit einheitlicher Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt (EPA) erhält der Erfinder kein einheitliches Patent für den gesamten Geltungsbereich des EPÜ. Die europäische Patentanmeldung verschafft dem Patentinhaber vielmehr dieselben Rechte, die ihm ein in den ausdrücklich benannten Vertragsstaaten jeweils erteiltes nationales Patent gewähren würde ( Art. 64 Abs. 1 EPÜ ). Ein europäisches Patent zerfällt daher mit seiner Erteilung in nationale Patente und unterliegt dem entsprechenden nationalen Recht (RIPPE/GALL, Europäische und internationale Patentanmeldungen, Leitfaden für die Praxis, Köln/Berlin/Bonn/München 1998, S. 4/5). Ebenso verhält es sich mit der internationalen Anmeldung nach dem Vertrag vom 9. Juni 1970 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT; SR 0.232.141.1). Nach diesem Abkommen können Anmeldungen zum Schutz von Erfindungen in jedem Vertragsstaat eingereicht werden (Art. 3 Abs. 1). Auch hier sind die Bestimmungsstaaten zu bezeichnen, in denen Patentschutz beansprucht wird (Art. 4 Abs. 1 lit. ii). Die Wirkungen der internationalen Veröffentlichung einer internationalen Anmeldung sind die gleichen, wie sie nach dem nationalen Recht des Bestimmungsstaates der gesetzlich vorgeschriebenen inländischen Veröffentlichung einer ungeprüften nationalen Anmeldung zukommen (Art. 29 Abs. 1, vgl. auch RIPPE/GALL, a.a.O., S. 141 ff.). Auch wo daher die Anmeldung, sei es im Rahmen des PCT oder des EPÜ, formell einheitlich für mehrere Verbandsstaaten erfolgen kann und auch wo die Schutzvoraussetzungen, sei es im Sinne der Mindestvorschriften gemäss Art. 28-33 TRIPs oder im Sinne weitgehender BGE 126 III 129 S. 137 Harmonisierung im Rahmen des EPÜ, materiell übereinstimmen, besteht der Patentschutz in einem ganzen Bündel nationaler Rechte (DAVID, AJP 1999 S. 110 Ziff. 5; COMTE, Internationale Erschöpfung der Patentrechte?, sic! 4/1999 S. 479, 482). Es bedarf der formellen Beanspruchung und Aufrechterhaltung des Schutzes für jedes einzelne Land sowie der Erfüllung der entsprechenden Formvorschriften, insbesondere der Entrichtung der Gebühren, um in einem bestimmten Land Patentschutz beanspruchen und ihn während der Schutzdauer aufrecht erhalten zu können (vgl. dazu sic! 4/1999 S. 513/4). Diese nationale Beschränkung des Patentschutzes selbst im Rahmen internationaler Abkommen kann zwar nicht unbeachtet bleiben (vgl. dazu E. 8c hienach). Aus dem im internationalen Patentrecht verankerten Territorialitätsprinzip ergibt sich indessen so wenig wie aus dem nationalen Recht (vgl. hiezu oben E. 2b) der Grundsatz der nationalen Erschöpfung. b) Gemäss Art. 28 TRIPs -Abkommen hat der Patentinhaber u.a. das Recht, Dritten den Verkauf und die diesem Zweck dienende Einfuhr patentierter Gegenstände zu untersagen. Diese Bestimmung schreibt mit dem Schutz der Einfuhr allein vor, den Import von Produkten zu sanktionieren, die das Patent verletzen, ohne selbst ein Verbot von Parallelimporten zu statuieren. Dies ergibt sich nicht nur aus Art. 6 TRIPs -Abkommen, sondern wird überdies in einer Fussnote zu Art. 28 TRIPs mit dem Verweis auf Art. 6 klargestellt (GATT-Botschaft 1, BBl 1994 IV S. 301/2; vgl. auch BOLLINGER, Die Regelung der Parallelimporte im Recht der WTO, sic! 6/1998 S. 548; ALESCH STAEHELIN, Das TRIPs-Abkommen, 2. Auflage Bern 1999, S. 57 ff. und 148/9; COTTIER/STUCKI, a.a.O., S. 52; COHEN JEHORAM, International Exhaustion versus Importation Right: a Murky Area of Intellectual Property Law, GRUR Int. 1996 S. 284). Die in der Literatur vereinzelt geäusserte Behauptung, dass mit dem materiellen Schutz der Einfuhr die nationale Erschöpfung durch das TRIPs-Abkommen geradezu vorgeschrieben werde, überzeugt dagegen nicht (so aber STRAUS, Bedeutung des TRIPs für das Patentrecht, GRUR Int. 1996 S. 193/4); denn mit dem Versuch, gerade aus diesem Abkommen die ausschliessliche Geltung der nationalen Erschöpfung herzuleiten, wird die auf Beseitigung von Handelshemmnissen jeglicher Art gerichtete Zielsetzung des Abkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation vom 15. April 1994, dessen Bestandteil das TRIPs-Abkommen bildet, übergangen und verkannt. Im TRIPs sollen vielmehr zwei Anliegen zum Ausgleich gebracht werden, nämlich die Förderung des Freihandels einerseits BGE 126 III 129 S. 138 und ein verstärkter Schutz des geistigen Eigentums andererseits (BRONCKERS, The Exhaustion of Patent Rights under WTO Law, Journal of World Trade 1998, S. 144). Die Erschöpfung und damit die Frage, ob insbesondere Parallelimporte durch den Patentberechtigten verboten werden können, wird durch Art. 28 TRIPs jedoch nicht geregelt, sondern gemäss Art. 6 TRIPs ausdrücklich dem nationalen Recht vorbehalten (vgl. auch KUNZ-HALLSTEIN, Zur Frage der Parallelimporte im internationalen gewerblichen Rechtsschutz, GRUR 1998 S. 269/70). Zusammengefasst ist die Frage der nationalen oder internationalen Erschöpfung weder im nationalen, noch im für die Schweiz geltenden internationalen Recht geregelt, weshalb diesbezüglich von einer echten Lücke auszugehen ist. 4. Gemäss Art. 1 Abs. 2 ZGB soll das Gericht bei Vorliegen einer echten Lücke nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde. Richterliche Lückenfüllung besteht in der Bildung einer Rechtsregel in umfassender Würdigung der generell-abstrakten Interessenlage unter dem Gesichtspunkt der Realien, der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 317 zu Art. 1 ZGB ). Die Verpflichtung auf die Realien rückt dabei diejenige Norm in den Vordergrund, welche im Verkehr bisher beachtet worden ist (dazu E. 5 hienach). Zudem gilt es, das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung zu beachten. Die richterliche Rechtsregel soll sich nach Möglichkeit in das vorgegebene System einpassen, dem Gedanken Rechnung tragend, dass gleichgelagerte Rechtsfragen ohne Not nicht unterschiedlich beantwortet werden sollten. Die Lückenfüllung ist damit auf den Weg der Analogie verpflichtet, auf die Gesetzesanalogie wenn eine positive Norm Gleichwertiges regelt, auf die Rechtsanalogie wenn eine solche Norm fehlt, aber aus dem Geist der positiven Rechtsordnung ein Prinzip auszumachen ist, welches regelfähig umgesetzt werden kann (dazu E. 6 hienach; zum Ganzen MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 345 ff.). Namentlich im traditionell grenzüberschreitenden Rechtsverkehr lässt sich überdies eine sachgerechte Rechtsfindung und damit auch Lückenfüllung ohne rechtsvergleichende Grundlage nicht verwirklichen (MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 366 ff.). Dies gilt besonders, wo sich vordringlich wirtschaftspolitische Fragen stellen und darauf zu achten ist, dass durch einen isolationistischen Rechtszustand weder Privilegierungen noch Diskriminierungen auf dem internationalen Markt begründet werden (dazu E. 7 hienach). Sind schliesslich sich widerstrebende BGE 126 III 129 S. 139 Interessen betroffen, muss - namentlich bezüglich verschiedener Verfassungsnormen mit unterschiedlicher Schutzrichtung - eine Interessenabwägung vorgenommen werden (E. 8 hienach). 5. a) Die traditionelle schweizerische Lehre legt bezüglich der Zulässigkeit von Parallelimporten das Schwergewicht auf die immaterialgüter- und patentrechtlichen Befugnisse und befürwortet vorwiegend unter Berufung auf den Territorialitätsgrundsatz im Patentrecht die nationale Erschöpfung (TROLLER, a.a.O., S. 767; BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., Anm. 13 zu Art. 8; PEDRAZZINI, Patent- und Lizenzvertragsrecht, 2. Auflage Bern 1987, S. 122/3; CHERPILLOD, Rezension Chanel, sic! 1/1997 S. 92 Bemerkung Ziff. 3; HEINRICH, PatG/EPÜ, Kommentar Zürich 1998, S. 90/1 N. 8.15; VON BÜREN, Der Übergang von Immaterialgüterrechten, Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht SIWR I/1 S. 179; KAMEN TROLLER, Manuel du droit suisse des biens immatériels, Bd. II 1996, S. 654; ALTENPOHL, Die Durchsetzbarkeit selektiver Vertriebsbindungssysteme gegenüber Aussenseitern nach schweizerischem Recht, AJP 1992 S. 194; DOMINIQUE GRAZ, Propriété intellectuelle et libre circulation des marchandises, Diss. Lausanne 1988, S. 107 ff.; COMTE, a.a.O., S. 479; DUTOIT, Les importations parallèles au crible de quel droit?, in: Conflit entre importations parallèles et propriété intellectuelle?, Comparativa 60, Genève 1996, S. 98; PERRET, a.a.O., S. 165 ff.). In der Botschaft zu einer Änderung des Bundesgesetzes betreffend die Erfindungspatente vom 16. August 1989 hatte der Bundesrat zudem vorgeschlagen, "in Abkehr von dem nach Lehre und Rechtsprechung geltenden Grundsatz, wonach die Erschöpfung nur bei Inverkehrbringen im Inland eintritt", den Grundsatz der regionalen (europaweiten) Erschöpfung im Patentgesetz zu verankern (BBl 1989 III 232ff.). Zwar wurde der Gedanke der Einführung einer regionalen Erschöpfung bereits im Vorverfahren wieder fallengelassen (a.a.O., S. 246) und lässt der Umstand, dass keine entsprechende Regelung in das Patentgesetz aufgenommen wurde, nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber im Patentrecht ausdrücklich auf die internationale Erschöpfung verzichtet hätte ( BGE 124 III 321 E. 2d S. 328). Dennoch wird die traditionelle Geltung des Prinzips der nationalen Erschöpfung im Patentrecht durch die damaligen Ausführungen des Bundesrates unterstrichen. b) Von einem anderen Teil der Doktrin wird in jüngerer Zeit in Ablehnung der herrschenden Lehre der Grundsatz der internationalen Erschöpfung vertreten. Begründet wird dies namentlich mit der Handels- und Gewerbefreiheit, dem aussenwirtschaftsrechtlichen BGE 126 III 129 S. 140 Umfeld sowie den Interessen der Konsumenten (ZÄCH, Recht auf Parallelimporte und Immaterialgüterrecht, SJZ 91/1995 S. 301 ff., 310; COTTIER/STUCKI, a.a.O., S. 58; BIERI-GUT, a.a.O., S. 573/4; BÜRGI/LANG, a.a.O., S. 384 ff.). Zum Teil wird aus denselben Gründen auch eine Änderung der Auslegung des Freihandelsabkommens der Schweiz mit der Europäischen Union befürwortet, die zu einer regionalen Erschöpfung in diesem Freihandelsraum führen müsste (COTTIER/STUCKI, a.a.O., S. 48). c) Aus der kantonalen Rechtsprechung sind - abgesehen vom angefochtenen Urteil des Handelsgerichts Zürich, in dem der Grundsatz der internationalen Erschöpfung für das Patentrecht anerkannt wird - vier Entscheide bekannt, deren zwei Verfahren um Erlass vorsorglicher Massnahmen betreffen. So hat die Justizkommission des Obergerichts Luzern in einem Entscheid vom 11. Dezember 1987 internationale Erschöpfung angenommen (LGVE 1987 I Nr. 25 S. 66 ff.; kritisch dazu PEDRAZZINI, SMI 1989 S. 181). Der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Handelsgericht des Kantons Zürich hat dagegen am 6. Februar 1979 nach dem Grundsatz nationaler Erschöpfung entschieden (SMI 1982 S. 95 ff.), ebenso wie das Appellationsgericht des Kantons Tessin in einem Entscheid vom 30. August 1985 (SMI 1988 S. 202 ff.) und die Cour de Justice des Kantons Genf am 14. April 1983 (SJ 1984 S. 31). Obwohl die neueren Tendenzen nicht übersehen werden, spricht demnach die traditionelle schweizerische Rechtsauffassung für den Grundsatz der nationalen Erschöpfung. 6. a) Das Bundesgericht hat für das geltende Markenrecht ( BGE 122 III 469 , "Chanel") und für das geltende Urheberrecht ( BGE 124 III 321 , "Nintendo") die Frage der Erschöpfung kürzlich entschieden und erkannt, dass die Befugnisse der Inhaber dieser Schutzrechte an entsprechend geschützten Waren auch dann erschöpft sind, wenn die Gegenstände von den Berechtigten oder mit ihrem Einverständnis im Ausland in Verkehr gebracht worden sind (Grundsatz der internationalen Erschöpfung). In Bezug auf das Markenrecht erschien in erster Linie wesentlich, dass die Kennzeichnungsfunktion der Marke durch Parallelimporte nicht beeinträchtigt wird, wobei zusätzlich auf die durch Art. 31 BV gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit hingewiesen wurde, die auch die Aussenhandelsfreiheit umfasst ( BGE 122 III 469 E. 5f, g S. 479/80). Für das Urheberrecht wurde namentlich die lange Tradition internationaler Erschöpfung im schweizerischen Recht berücksichtigt, BGE 126 III 129 S. 141 die zunächst auch in Vorentwürfen und Entwürfen zum geltenden Art. 12 des Bundesgesetzes vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (URG; SR 231.1) Ausdruck gefunden hatte, die jedoch in der parlamentarischen Beratung im Hinblick auf den EWR-Vertrag und der dort vorgesehenen regionalen Erschöpfung nicht ins Gesetz aufgenommen wurde ( BGE 124 III 321 E. 2b S. 325). Im Nintendo-Urteil wurde überdies der systematische Unterschied zwischen der Marke als Kennzeichen und dem Urheberrecht als Verwertungsrecht einer Leistung anerkannt, wenn auch angesichts der Leistungen des Markenberechtigten bei der Schaffung, Einführung und Vermarktung des Kennzeichens relativiert ( BGE 124 III 321 E. 2c S. 327/8). Es wurde zudem wiederum berücksichtigt, dass die in Art. 31 BV gewährleistete Handels- und Gewerbefreiheit insbesondere das Recht umfasst, auch immaterialgüterrechtlich geschützte Produkte ein- und auszuführen ( BGE 124 III 321 E. 2g S. 331). Ausdrücklich offen gelassen wurde in diesem Urteil die Frage, ob die Unterschiede des Urheberrechts zum funktionsverwandten Patent eine unterschiedliche Beurteilung der Erschöpfungsfrage rechtfertigen würden ( BGE 124 III 321 E. 2d S. 328). Im Hinblick auf das Postulat der Einheit der Rechtsordnung stellt sich die Frage, ob alle Immaterialgüterrechte bezüglich der Erschöpfung zwingend gleich zu behandeln oder ob im Patentrecht Besonderheiten zu beachten sind, die eine unterschiedliche Regelung der Erschöpfung gegenüber dem Marken- und dem Urheberrecht zu rechtfertigen vermögen. b) Die Funktion des Markenrechts als Kennzeichen hatte schon altrechtlich eine einschränkende Auslegung von Art. 24c aMSchG in dem Sinne veranlasst, dass Einfuhren mit im Ausland rechtmässig angebrachten Marken vom Berechtigten nur unter der Voraussetzung der Täuschung des Publikums verboten werden konnten ( BGE 122 III 469 E. 5b S. 474/5 mit Verweisen; vgl. auch DAVID, Basler Kommentar zum Markenschutzgesetz, Muster- und Modellgesetz, 2. Auflage 1999, N. 17 zu Art. 13 MSchG ). Diese Funktion als Kennzeichen unterscheidet die Marke denn auch vom primären Verwertungsrecht, welches Patent wie Urheberrecht dem Berechtigten verschaffen (PERRET, Quelques observations sur l'épuisement des droits de propriété intellectuelle, SZIER 1997, S. 288 ff., hält aus diesem Grund im Anwendungsbereich des Markenrechts das Konzept der Erschöpfung für verfehlt). Auch wenn dieser funktionelle Unterschied nicht überbewertet werden darf und allein eine BGE 126 III 129 S. 142 unterschiedliche Regelung der Erschöpfung kaum rechtfertigt ( BGE 124 III 321 E. 2c S. 328), bleibt die Kennzeichnungsfunktion der Marke doch ihr unverzichtbares Merkmal. Das Markenrecht ist zudem im Unterschied zum Patent grundsätzlich unbefristet (vgl. TELLEKSON, a.a.O., S. 15). c) Die Verwertungsrechte von Patent und Urheberrecht sodann sind zwar funktionsverwandt, beziehen sich aber auf andere geistige Leistungen - technologische einerseits, kulturelle anderseits - und sind grundlegend anders ausgestaltet. Das Patent verleiht seinem Inhaber Ausschliesslichkeitsansprüche zur Verwertung der Erfindung für eine im Vergleich zum Urheberrecht wesentlich kürzere Dauer. Die Schutzdauer für Patente beträgt grundsätzlich höchstens 20 Jahre seit der Anmeldung ( Art. 14 PatG , vgl. auch Art. 140a ff. PatG ). Das Urheberrecht demgegenüber verschafft dem Urheber selbst bis zum Tod und seinen Rechtsnachfolgern darüber hinaus während 70, ausnahmsweise 50 Jahren urheberrechtlichen Schutz ( Art. 29 URG ). Dem Patentinhaber steht für die Amortisation seiner Investitionen daher wesentlich weniger Zeit zur Verfügung als dem Schöpfer eines urheberrechtlich geschützten Werkes. Zudem setzt das Erlangen und Aufrechterhalten eines Patentes nach Art. 41 PatG die Bezahlung der in der Verordnung vorgesehenen Gebühren voraus, während ein literarisches oder künstlerisches Werk individuellen Charakters urheberrechtlichen Schutz geniesst, sobald es geschaffen ist ( Art. 29 Abs. 1 URG ). Die urheberrechtlichen Befugnisse sind im Übrigen generell weniger eng an die Sachen gebunden, in denen das Immaterialgut sich konkret verwirklicht und zum Ausdruck kommt. Während beim Patent der wirtschaftliche Nutzen regelmässig in der Sache selbst liegt, zu deren technischen Herstellung die Erfindung anleitet, kann ein künstlerisches Werk auf unterschiedliche Weise verwendet werden ( Art. 10 URG ). Dies beeinflusst insbesondere das Verhältnis der immateriellen Verwertungsbefugnisse zum Sacheigentum, welches mit der Lehre der Erschöpfung erfasst wird. Die wirtschaftliche Verwertung einer Erfindung ist nach der Herstellung eines patentierten Gegenstandes an den Gebrauch und die Weiterveräusserung dieses Gegenstandes gebunden. Diese Nutzungen sind dem Patentinhaber zwar vorbehalten ( Art. 8 Abs. 2 PatG ), doch begibt er sich ihrer mit der ersten massgebenden Inverkehrsetzung. Ein urheberrechtlich geschütztes Werk dagegen kann regelmässig auf unterschiedliche Weise und mehrfach wahrnehmbar gemacht werden, wobei wesentliche Befugnisse zur Verwertung des Werkes trotz BGE 126 III 129 S. 143 Begebung eines Werkexemplares bei der Urheberin verbleiben (vgl. insbes. Art. 10 Abs. 2 lit. c-f, Art. 13 ff. URG ). Mit der Veräusserung des geschützten Gegenstands begibt der Urheber daher weniger Rechte als der Patentinhaber. Unterschiede zwischen Patent und Urheberrecht sind sodann im wirtschaftspolitischen Bereich nicht zu übersehen. Die Objekte des Urheberrechts befriedigen traditionell eher ästhetische Bedürfnisse, diejenigen des Patentrechts verbreitet auch existentielle. Die internationale Preisgestaltung erhält damit gerade bei patentierten Erzeugnissen auch eine wirtschaftsethische Seite, sollen bestimmte Regionen nicht von einer wirtschaftlich tragbaren Versorgung mit lebensnotwendigen oder -erhaltenden Gütern ausgeschlossen sein. Gegebenenfalls sind deshalb bezüglich patentierter Produkte unterschiedliche Parameter zu beachten, welche nicht erlauben, den ausländischen Markt zu den Bedingungen des inländischen zu bedienen. d) Obwohl das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung eine einheitliche Behandlung sämtlicher Immaterialgüterrechte in Bezug auf die Erschöpfungsfrage als wünschbar erscheinen lässt, ist eine solche angesichts der dargelegten Unterschiede zwischen Marken- und Urheberrecht einerseits und Patentrecht andererseits nicht zwingend. 7. Eine rechtsvergleichende Sicht ergibt für die Frage der Erschöpfung im Patentrecht folgendes: a) In der deutschen Lehre und Rechtsprechung wurde - bis zur Anpassung der Gesetzgebung an das Recht der Europäischen Union - insbesondere zwischen der Erschöpfung im Markenrecht einerseits und im Patentrecht anderseits differenziert (vgl. LOEWENHEIM, a.a.O., S. 307 ff.). Während für das Markenrecht der Grundsatz internationaler Erschöpfung aus der Erwägung gerechtfertigt wurde, das Warenzeichen diene lediglich dem Zweck, Verwechslungen der Waren des Zeicheninhabers mit den Waren anderer zu verhüten, ohne den Abnehmern Beschränkungen hinsichtlich des Weitervertriebs oder der Preisgestaltung aufzuerlegen, wurde für das Patentrecht der Grundsatz nationaler Erschöpfung damit begründet, dass dessen Wirkung wegen seiner territorialen Natur auf das Inland beschränkt sei (LOEWENHEIM, a.a.O., unter Verweis namentlich auf RGZ 51, 139; RGZ 51, 263; BGH GRUR 197 6S. 579/582 sowie BGHZ 41, 84; ebenso REIMER, Der Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht und gewerblichen Rechtsschutz unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, GRUR Int. 1972 S. 228). In der herrschenden deutschen Lehre wird der Grundsatz BGE 126 III 129 S. 144 nationaler Erschöpfung im Patentrecht auch dort nicht in Frage gestellt, wo für das Markenrecht die internationale Erschöpfung unterstützt wird. Dabei wird insbesondere geltend gemacht, dass das Territorialitätsprinzip nach wie vor das massgebliche Ordnungsprinzip des gewerblichen Rechtsschutzes wie auch des Urheberrechts bilde und nur dann zurücktrete, wenn Funktion und Zweckbestimmung für eine internationale Beurteilung spreche, was für das Markenrecht im Gegensatz zum Patentrecht zutreffe (BEIER, a.a.O., S. 5/6). Ebenfalls betont wird der Belohnungsgedanke (LOEWENHEIM, a.a.O., S. 310; BEIER, a.a.O., S. 6/7). So wird namentlich angeführt, dass jeder Staat dem Patentinhaber für die Offenbarung seiner Erfindung durch das an seinen Grenzen endende selbständige Ausschliesslichkeitsrecht einen selbständigen Anspruch auf Belohnung zugestehe, der von der Erlangung eines Vorteils aus einem anderen, wenn auch inhaltsgleichen Patent in einem anderen Staat völlig unabhängig sei (BENKARD/BRUCHHAUSEN, a.a.O., N. 21 zu § 9; BERNHARDT/KRASSER, a.a.O., S. 582/3). In Frankreich gilt für das Patentrecht ebenfalls der Grundsatz nationaler Erschöpfung, soweit nicht das europäische Recht regionale unionsweite Erschöpfung verlangt (PAUL MATHÉLY, Le nouveau droit français des brevets d'invention, Ed. du J.N.A. Paris 1991, S. 309 ff., vgl. auch S. 284). Art. 30 bis des französischen Patentgesetzes von 1968 in der Fassung von 1978 bestimmt diesbezüglich, dass sich die Rechte aus dem Patent nicht auf Handlungen an Produkten erstrecken, die in Frankreich (Hervorhebung nur hier) durch den Patentinhaber oder mit seiner Einwilligung in Verkehr gesetzt worden sind (zit. nach MATHÉLY, a.a.O., S. 309; vgl. auch BEIER, a.a.O., S. 3). Im französischen Markenrecht war demgegenüber herkömmlicherweise der Erschöpfungsgedanke nicht bekannt; der Markeninhaber behielt vielmehr seine aus dem Markenrecht fliessende Kontrolle so lange, als sich der mit dem Zeichen versehene Gegenstand im Handel befand und verlor die Herrschaft darüber erst, wenn der Gegenstand in den Herrschaftsbereich des Endverbrauchers gelangt war (MATHÉLY, Le nouveau droit des marques, Ed. du J.N.A. Paris 1994, S. 180; vgl. auch TELLEKSON, a.a.O., S. 27). In Österreich gilt traditionellerweise für das Patentrecht ebenfalls der Grundsatz der nationalen Erschöpfung (vgl. FRIEBEL/PULITZER, Österreichisches Patentrecht, 2. Auflage Köln etc. 1971, § 22 Rz. K.IV.2.c S. 217), während für das Markenrecht vor der europäischen Harmonisierung die Erschöpfung ungeachtet dessen eintrat, wo das Inverkehrsetzen erfolgt war (ANNETTE KUR, Einführung, in: BGE 126 III 129 S. 145 SCHRICKER/BASTIAN/ALBERT, Die Neuordnung des Markenrechts in Europa, Baden-Baden 1998, S. 42/3; vgl. auch das EuGH-Urteil Silhouette gegen Hartlauer vom 16. Juli 1998, Rs C-355/96, Slg. 1998 I-4799, I-4827 Rz. 13). Auch Italien kennt traditionell den Grundsatz nationaler Erschöpfung im Patentrecht. Art. 1 Abs. 2 des entsprechenden Erlasses bestimmt denn auch ausdrücklich, dass sich die Befugnisse des Patentinhabers erschöpfen, wenn sie im Staatsgebiet in Verkehr gebracht worden sind (vgl. MARCHETTI/UBERTAZZI, Commentario breve alla legislazione sulla proprietà industriale e intellettuale, Padova 1987, brevetti per invenzioni, S. 109). Auch für das Urheberrecht und das Markenrecht gilt in Italien unter Vorbehalt des EU-Rechtes der Grundsatz nationaler Erschöpfung (MARCHETTI/UBERTAZZI, a.a.O., S. 6, 469). b) Innerhalb der Europäischen Union gilt das Recht des Patentinhabers an einer patentierten Sache (regional) als erschöpft, wenn sie in einem Mitgliedstaat vom Patentinhaber oder mit dessen Einverständnis in Verkehr gesetzt worden ist, wobei dieses Einverständnis mit der Inverkehrsetzung als wesentlich erscheint (MAGER, Zur Zulässigkeit von Parallelimporten patentgeschützter Waren, GRUR 1999 S. 639; COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 500; TELLEKSON, a.a.O., S. 6/7; vgl. dazu schon KOCH/FROSCHMAIER, Patentgesetze und Territorialitätsprinzip im Gemeinsamen Markt, GRUR Int. 1965 S. 121 ff.). Wird ein Erzeugnis in einem Mitgliedstaat abgesetzt, in dem kein Patentschutz besteht, hindert dies die unionsweite Erschöpfung nicht (EuGH-Urteil Merck gegen Stephar vom 14. Juli 1981, Rs 187/80, Slg. 1981 2063). Nur wenn ein Patentinhaber nicht frei über die Bedingungen der Inverkehrsetzung seiner patentgeschützten Erzeugnisse im Ausfuhrstaat hat bestimmen können, z.B. weil er infolge einer gesetzlichen Vermarktungspflicht gezwungen war, die Waren dort in Verkehr zu bringen, kann von einem Einverständnis nicht gesprochen werden und ist das Patentrecht an der Ware nicht erschöpft (EuGH-Urteil Merck gegen Primecrown und Beecham gegen Europharm of Worthing vom 5. Dezember 1996, Rs C-267/95 und C-268/95, Slg. 1996 I-6285, I-6389/90 Rz. 49-51). Im Grundsatz hat der EuGH für alle Immaterialgüterrechte erkannt, dass die Freiheit des Warenverkehrs innerhalb des Gemeinsamen Marktes gemäss Art. 30 EWG-Vertrag (neu Art. 28) die Berufung auf den immaterialgüterrechtlichen Schutz immer dann ausschliesst, wenn nur die Ausübung der Rechte und nicht deren Substanz - deren spezifischer Gegenstand - betroffen BGE 126 III 129 S. 146 wird (EuGH-Urteil Centrafarm gegen Sterling Drug vom 31. Oktober 1974, Rs 15/74, Slg. 1974 1147 betr. Patent; EuGH-Urteil Deutsche Grammophon Gesellschaft mbH gegen Metro-SB-Grossmärkte GmbH & Co. KG vom 8. Juni 1971, Rs 78/70, Slg. 1971 487 betr. Urheberrecht; EuGH-Urteil Centrafarm gegen Winthrop vom 31. Oktober 1974, Rs 16/74, Slg. 1974 1183 betr. Marken). Dabei besteht gemäss der Rechtsprechung des EuGH die Substanz des Patentrechts im Wesentlichen darin, dem Erfinder das ausschliessliche Recht zu verleihen, das Erzeugnis als Erster in den Verkehr zu bringen. Dadurch werde ihm ermöglicht, einen Ausgleich für seine schöpferische Erfindertätigkeit zu erhalten, ohne dass ihm jedoch dieser Ausgleich unter allen Umständen garantiert werde. Im Übrigen hält es der EuGH für die Sache des Patentinhabers, in voller Kenntnis der Sachlage über die Bedingungen zu entscheiden, unter denen er sein Erzeugnis in den Verkehr bringt. Er habe die Konsequenzen seiner Wahl hinzunehmen, soweit es um den freien Verkehr der Erzeugnisse innerhalb des Gemeinsamen Marktes gehe und insofern um ein Grundprinzip, das zu den rechtlichen und wirtschaftlichen Faktoren gehöre, denen der Patentinhaber bei Festlegung der Ausübungsmodalitäten seines Ausschliesslichkeitsrechts Rechnung tragen müsse (EuGH-Urteil Merck gegen Stephar vom 14. Juli 1981, Rs 187/80, Slg.1981 2063, 2081/2 Rz. 9-11; vgl. auch ULLRICH, Gemeinschaftsrechtliche Erschöpfung von Immaterialgüterrechten und europäischer Konzernverbund, GRUR Int. 1983 S. 370/1). Innerhalb der europäischen Union hat der EuGH der Warenverkehrsfreiheit durchwegs den Vorrang vor nationalen Erschöpfungsregelungen eingeräumt. Eine entsprechende Regelung für Freihandelsabkommen, welche wie dasjenige der EWG mit der Portugiesischen Republik ebenfalls die Beseitigung mengenmässiger Einfuhrbeschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung unter Vorbehalt von Beschränkungen aus Gründen (unter anderen) des gewerblichen oder kommerziellen Eigentums vorsah, hat er jedoch abgelehnt (EuGH-Urteil Polydor gegen Harlequin Record Shops vom 9. Februar 1982, Rs 270/80, Slg. 1982 329 betr. Urheberrechte). Die Überlegungen, die zur Auslegung der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag (neu Art. 28 und 30) geführt hatten, hielt der Gerichtshof hier nicht für zutreffend, da das Freihandelsabkommen nicht auf die Schaffung eines einheitlichen Marktes abziele, dessen Bedingungen denjenigen eines Binnenmarktes möglichst nahe kommen (a.a.O., Slg. 1982 348 ff.). BGE 126 III 129 S. 147 c) Nach der Rechtsprechung des EuGH werden innerhalb der EU alle Immaterialgüterrechte im Grundsatz einheitlich behandelt, um insbesondere den gemeinsamen Binnenmarkt durchzusetzen. Eine rechtsvergleichende Betrachtungsweise ergibt indessen, dass die nationalen Rechtsordnungen die Frage der Erschöpfung für die verschiedenen Immaterialgüter nicht nur bedingt durch die Modalitäten der Ausgestaltung der Rechte unterschiedlich regeln, sondern für die einzelnen Rechte schon im Grundsatz zugunsten nationaler oder internationaler Erschöpfung differenzieren (TELLEKSON, a.a.O., S. 13/4). So nehmen einige europäische Länder für das Markenrecht traditionellerweise internationale oder globale Erschöpfung an (neben Österreich vor allem die Niederlande, Deutschland, England, Schweden, vgl. KUR, a.a.O., S. 42 Fn. 201; COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 502; TELLEKSON, a.a.O., S. 20). Auch Japan kennt für das Markenrecht internationale Erschöpfung (TELLEKSON, a.a.O., S. 23). Einige nationale Rechte kennen den Grundsatz internationaler Erschöpfung für das Urheberrecht (vgl. für europäische Länder COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 499; für die Niederlande, die daran auch im Rahmen der EU festhalten, TELLEKSON, S. 29 sowie für Japan S. 31; für Singapur, Malaysia, Neuseeland, COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 509) oder differenzieren jedenfalls für urheberrechtlich geschützte Produkte den Grundsatz nationaler Erschöpfung (vgl. auch das Urteil des US-Supreme Court vom 9. März 1998 i.S. Quality King Distributors vs. l'Anza Research International, 523 U.S. 135 [1998] betreffend den Fall einer Wiedereinfuhr; COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 510/1; MOENS, IP Rights Loosening Grip on Parallel Imports, les Nouvelles 1999, S. 27/8). Im Patentrecht dagegen gilt nahezu durchwegs in allen nationalen Rechten der Grundsatz nationaler Erschöpfung (BEIER, a.a.O., S. 1 ff.; TELLEKSON, a.a.O., S. 5 ff.); als Ausnahmen werden nur Argentinien, Brasilien und die Sowjetunion genannt, wo die Rechtslage offenbar streitig ist bzw. war (Beier, a.a.O., S. 5). Brasilien hat nun mit einem neuen Gesetz ebenfalls die nationale Erschöpfung für das Patentrecht statuiert (TELLEKSON, a.a.O., S. 16; MOENS, a.a.O., S. 29). Diese gilt namentlich auch für die USA (VERMA, Exhaustion of Intellectual Property Rights and Free Trade - Article 6 of the TRIPs Agreement, IIC 1998, S. 543, wobei neuere Urteile möglicherweise differenziert entschieden haben, so MOENS, a.a.O., S. 28/9). Japan ermöglicht dem Patentinhaber aufgrund der Theorie BGE 126 III 129 S. 148 der implied license, durch Vereinbarung das mit-übertragene Recht zur Weiterveräusserung zu beschränken (TELLEKSON, a.a.O., S. 17; HEATH, a.a.O., S. 624; MOENS, a.a.O., S. 29). Als Gründe für eine differenzierte Anwendung nationaler oder internationaler Erschöpfung je nach der Art des Immaterialgüterrechts werden neben der traditionell unterschiedlichen gesetzlichen Regelung auch noch immer unterschiedliche Schutz-Standards in den einzelnen nationalen Rechten insbesondere für Patente, aber auch die unterschiedliche Funktion und Substanz der Immaterialgüterrechte genannt (vgl. dazu COHEN JEHORAM, a.a.O. in GRUR Int. 1996 S. 281; TELLEKSON, a.a.O., S. 33 ff.). d) Zusammengefasst ist in rechtsvergleichender Sicht eine unterschiedliche Behandlung der Erschöpfung für die verschiedenen Immaterialgüterrechte weitverbreitet. Nahezu sämtliche Staaten gehen von der nationalen Erschöpfung im Patentrecht aus. Diese wird im europäischen Wirtschaftsraum auf die regionale Erschöpfung erweitert. Der internationale Rechtsvergleich spricht damit für die nationale Erschöpfung im Patentrecht. 8. An der wirtschaftlichen Nutzung einer die Technik bereichernden Erfindung sind verschiedene Wirtschaftsgruppen interessiert. Sie sind von der mit der Erschöpfung angesprochenen Begrenzung der Rechte der Patentinhaber unterschiedlich betroffen. a) Das Patent verleiht dem Inhaber ein zeitlich beschränktes ausschliessliches Nutzungsrecht (vgl. TROLLER, a.a.O. Bd. II., S. 606, 620; BLUM/PEDRAZZINI, a.a.O., Anm. 2 zu Art. 8). Dieses kann als ein von der Rechtsordnung geschaffenes Monopol umschrieben werden (BORNER, Nationale oder internationale Erschöpfung von Patenten, sic! 4/1999 S. 476). Es beruht auf dem Gedanken der Belohnung für die Bereicherung der Technik und soll dem Erfinder eine Gegenleistung für die Veröffentlichung der Erfindung zugunsten der Allgemeinheit verschaffen. Das befristete Monopol soll dem Patentinhaber die Erzielung eines Gewinnes und die Amortisation seiner Aufwendungen ermöglichen und insofern mit wirtschaftlichen Anreizen zur Forschungstätigkeit motivieren und entsprechend den technischen Fortschritt fördern. Die Patentinhaber sind daran interessiert, die Befugnisse aus dem Patent möglichst weitgehend und umfassend zur Erzielung von Gewinnen nutzen zu können. Sie können sich auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie berufen, zu deren Schutzobjekt die Immaterialgüterrechte gehören (GEORG MÜLLER, Kommentar BV, N. 2 zu Art. 22ter BV mit Verweisen; vgl. auch COMTE, a.a.O., S. 479). BGE 126 III 129 S. 149 Die Händler sind grundsätzlich daran interessiert, bei der Vermarktung immateriellrechtlich geschützter Güter ungehinderten Zugang zu möglichst vielen Bezugsquellen zu haben, um die preiswertesten Angebote nutzen zu können. Sie können sich nicht nur aufgrund des erworbenen Sacheigentums auf die Eigentumsgarantie, sondern zusätzlich auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen, welche auch die aussenwirtschaftliche Befugnis gewährleistet, Waren ein- und auszuführen ( BGE 124 III 321 E. 2g S. 331; BGE 122 III 469 E.5g/aa S. 480). Die Konsumenten schliesslich kommen tendenziell in den Genuss günstigerer Preise, wenn der Handel gleichwertige Waren bei Anbietern beschaffen kann, die in einem Preiswettbewerb stehen. Entscheidende Voraussetzung für günstigere Konsumentenpreise ist allerdings, dass der Wettbewerb auf Handelsstufe funktioniert, wovon bei Parallelimporten nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann (vgl. die "NERA"-Studie der EU im Zusammenhang mit Parallelimporten von Marken-Waren: NERA/SJ Berwin & Co/IFF Research, The Economic Consequences of the Choice of Regime of Exhaustion in the Area of Trademarks, Executive Summary, Final Report for DG XV of the European Commission, London 8. Februar 1999 sowie die Ausführungen von COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 496 über die ausgebliebenen Preiseffekte des Übergangs von der internationalen zur regionalen Erschöpfung in den Niederlanden und MAGER, a.a.O., S. 637). Der Konsumentenschutz ist dem Bund als Aufgabe übertragen, wobei die allgemeinen Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft sowie die Handels- und Gewerbefreiheit zu wahren sind ( Art. 31sexies BV ). Diese betroffenen Interessen sind gegeneinander abzuwägen und unter den in den divergierenden Verfassungsnormen zum Ausdruck kommenden Wertungen ist praktische Konkordanz herzustellen (JÖRG PAUL MÜLLER, Kommentar BV, N. 138 der Einleitung zu den Grundrechten). b) Mit der Theorie der Erschöpfung wird das Verwertungsmonopol der Patentinhaber zugunsten der Händler und der Endverbraucher auf ein Monopol zur ersten Veräusserung der patentgemäss hergestellten Sache beschränkt. Der mit der ersten Veräusserung patentgeschützter Produkte erzielbare Gewinn soll dem Erfinder die Realisierung des Wertes ermöglichen, der dem mit der Erfindung erreichten technischen Fortschritt entspricht. Durch den befristeten Patentschutz wird der Wettbewerb bei der ersten Inverkehrsetzung der patentgemäss hergestellten Sachen ausgeschlossen und dem BGE 126 III 129 S. 150 Patentinhaber so die Abschöpfung des Wertes seiner Erfindung ermöglicht, während der Handel und die entsprechende Konkurrenz um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis mit patentgeschützten Waren erst nach der erstmaligen, ausschliesslich dem Erfinder vorbehaltenen Inverkehrsetzung zugelassen wird. Unter idealen Marktverhältnissen sollte der Preis, der vom Erfinder für seine Ware bei der ersten Inverkehrsetzung in Konkurrenz mit Produkten ohne technische Neuerung zu realisieren ist, dem (Markt-) Wert des erzielten technischen Fortschritts entsprechen. Im Binnenverhältnis wird mit der Lehre der Erschöpfung somit ein sachgerechter Ausgleich der betroffenen Interessen erreicht. Dies setzt indessen eine einheitliche und kohärente Rechts- und Marktordnung voraus. c) Bei der Berücksichtigung ausländischer Sachverhalte stellt sich die Frage, ob der Ausgleich konfligierender Interessen der Patentinhaber einerseits und der Händler und Konsumenten anderseits ohne weiteres in gleicher Weise getroffen werden kann wie im internen schweizerischen Recht. aa) Unter dem Gesichtspunkt des internationalen Freihandels ist auf den ersten Blick nicht einzusehen, weshalb eine im Ausland in Verkehr gesetzte patentgeschützte Sache anders als eine im Inland vermarktete behandelt werden sollte, sofern die patentierte Ware durch den Patentinhaber selbst oder mit seinem Einverständnis dem Verkehr übergeben worden ist (vgl. KUNZ-HALLSTEIN, a.a.O., S. 271; COTTIER/STUCKI, a.a.O., S. 58; ZÄCH, a.a.O., S. 310; BIERI-GUT, a.a.O., S. 573/4; BÜRGI/LANG, a.a.O., S. 379 ff.). Dementsprechend hat der EuGH in Bezug auf die regionale Erschöpfung im internen EU-Binnenmarkt den Patentinhabern verwehrt, die nationalen Märkte gegeneinander abzuschotten, indem sie sich auf ihr Patentrecht berufen, um Einfuhren in bestimmte Länder zu verhindern oder nur zu ihren Bedingungen zuzulassen (vgl. oben E. 7b). Allerdings zeichnet sich die Situation unter den EU- (und EWR-)Staaten dadurch aus, dass sie nicht nur durch einen Freihandelsraum verbunden sind, sondern durch eine gemeinsame Rechtsordnung, welche die Mitgliedstaaten verpflichtet, im Sinne regionaler Erschöpfung die Inverkehrsetzung in andern Mitgliedstaaten für ihre Gebiete wechselseitig anzuerkennen, und in deren Rahmen die Substanz der Immaterialgüterrechte garantiert ist (EuGH-Urteil Merck gegen Primecrown und Beecham gegen Europharm of Worthing vom 5. Dezember 1996, Rs C-267/95 und C-268/95, Slg. 1996 I-6285, I 6377 Rz. 12, vgl. auch I-6389 Rz. 47). Die Rechtsprechung des EuGH bezieht sich denn auch allein und ausschliesslich auf den BGE 126 III 129 S. 151 Binnenmarkt unter den Mitgliedstaaten und gilt gerade nicht gegenüber Drittstaaten, mit denen (nur) Freihandelsabkommen bestehen (vgl. oben E. 7b). Den Mitgliedstaaten ist - jedenfalls aufgrund der Richtlinie im Markenrecht - gegenteils gar verwehrt, sich im Verhältnis zu Drittstaaten in gleicher Weise freihandelsrechtlich zu verhalten (EuGH-Urteil Silhouette gegen Hartlauer vom 16. Juli 1998, Rs C-355/96, Slg. 1998 I-4799). bb) Da den einzelnen Staaten mangels Einigung im Rahmen des GATT/WTO/TRIPs-Übereinkommens die Frage der Erschöpfung überlassen bleibt, kann die Schweiz die internationale Erschöpfung zwar einseitig für die nationale Rechtsordnung vorsehen. Die Folge ist jedoch entsprechend einseitig begrenzt auf den schweizerischen Rechtsraum: Einfuhren aus Drittstaaten kann der schweizerische Patentinhaber nach dem Prinzip der internationalen Erschöpfung mindestens im Grundsatz nicht verhindern, soweit die Waren im Ausland mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind. Die Ausfuhr von in der Schweiz hergestellten und in Verkehr gebrachten Produkten und damit der gegenseitige Freihandel ist damit jedoch nicht zu erreichen. Zur Förderung des internationalen Freihandels mit technologischen Spitzenprodukten bedarf es einer entsprechenden Erschöpfungsregelung vielmehr auch im ausländischen Recht. Es hängt von der Ausgestaltung des ausländischen Patentrechts ab, ob die Inverkehrsetzung der patentgemäss hergestellten Ware in der Schweiz die Befugnisse auch des ausländischen Patents erschöpft oder nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die nationalen Rechte fast ausschliesslich die nationale - in der EU erweitert auf die regionale - Erschöpfung vorsehen. Nahezu alle ausländischen Rechte verleihen ihren Patentinhabern die Befugnis, Einfuhren in den jeweiligen Geltungsbereich der Patente unbesehen darum zu verhindern, ob parallele ausländische Patente bestehen und ob die patentgeschützte Ware im jeweiligen Ausland rechtmässig in Verkehr gebracht worden ist. Soll das Ziel des Freihandels im Anschluss an die erste Inverkehrsetzung patentgeschützter Ware erreicht werden, müsste demnach die wechselseitige Anerkennung der Erschöpfung in einem (multilateralen) Abkommen verankert werden (VERMA, a.a.O., S. 565). cc) Sodann ist nicht zu verkennen, dass im Zuge der Globalisierung und der entsprechenden Harmonisierung der Rechtsordnungen zwar eine Angleichung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgt, dass jedoch eine etwa dem EWG/EU-Vertrag vergleichbare Weltwirtschaftsordnung (noch) fehlt (vgl. KUNZ-HALLSTEIN, BGE 126 III 129 S. 152 a.a.O., S. 271). Selbst für eine multinationale Regelung im Rahmen des GATT/WTO/TRIPs-Abkommens könnte ohne hinreichende Harmonisierung der nationalen Rechtsordnungen die Konsumation der Befugnisse durch die erstmalige Inverkehrsetzung einer patentgeschützten Ware kaum allein an das Einverständnis des Patentinhabers gebunden werden. Die internationale Erschöpfung dürfte vielmehr auch im Rahmen staatsvertraglicher Vereinbarung nur unter bestimmten materiellen Bedingungen oder mit bestimmten Beschränkungen in Frage kommen (vgl. dazu etwa HEATH, a.a.O., S. 632; BRONCKERS, a.a.O., S. 159; COHEN JEHORAM, a.a.O. in IIC 1999, S. 511; MAGER, a.a.O., S. 639/40); denn die Bedingungen, unter denen ein nach der patentierten Erfindung hergestellter Gegenstand im Ausland in Verkehr gebracht wird, sind nicht ohne weiteres mit den Verhältnissen im Inland vergleichbar. Namentlich kann nicht unbedingt angenommen werden, ein Patentinhaber habe den mit der Einräumung der Monopolstellung bei der erstmaligen Inverkehrsetzung der patentierten Ware erzielbaren Marktwert der Erfindung realisiert, wenn die Ware mit seinem Einverständnis im Ausland in Verkehr gebracht worden ist (vgl. PERRET, a.a.O. in Mélanges Dessemontet, S. 178/9). So kann die geringere Kaufkraft im Land der ersten Inverkehrsetzung einen kostendeckenden Absatz der im Inland entwickelten patentierten Gegenstände verunmöglichen (weshalb die internationale Erschöpfung dazu führen kann, dass auf ein Angebot der patentierten Erzeugnisse in bestimmten Märkten überhaupt verzichtet wird, vgl. MAGER, a.a.O., S. 644). Zudem ist auch nicht auszuschliessen, dass im Ausland gar kein Patentschutz besteht, weil die massgebende Rechtsordnung im konkreten Fall keinen Schutz zur Verfügung stellt (vgl. Art. 27 Abs. 2, 3 TRIPs -Abkommen) oder weil kein Patent beansprucht worden ist. Möglich ist aber auch, dass im Gegensatz zur im Inland anerkannten Marktordnung im Ausland staatliche Vorschriften wie Preisbestimmungen oder Vermarktungspflichten den von der inländischen Rechtsordnung gewährleisteten Patentschutz mindestens beschränken, wenn nicht gar unmöglich machen. Mit dem TRIPs-Abkommen werden zwar gewisse minimale Schutzvorschriften zugunsten der Patentinhaber für alle Mitgliedstaaten verbindlich vorgeschrieben ( Art. 27 ff. TRIPs ). Dies schliesst jedoch nicht aus, dass auch abgesehen vom noch immer zulässigen unterschiedlichen Schutz-Niveau die rechtlichen Rahmenbedingungen im Ausland so verschieden sein können, dass der mit dem schweizerischen Patentrecht bei der erstmaligen Inverkehrsetzung BGE 126 III 129 S. 153 der Ware angestrebte Schutz nicht gewährleistet ist, auch wenn der Patentinhaber sich mit der Inverkehrsetzung einverstanden erklärt hat. dd) Wenn auch die sachlichen Gründe, welche für die Beibehaltung der nationalen Erschöpfung sprechen, angesichts der neuesten Entwicklungen - insbesondere der Globalisierung der Märkte sowie der WTO-Abkommen - auch im Patentrecht zunehmend in Frage gestellt sein dürften (vgl. BAEUMER, a.a.O., S. 804/5), so kann nach dem Gesagten nicht unberücksichtigt bleiben, dass es nicht in der Macht schweizerischer Behörden liegt, die sachlich angemessene Regelung autonom einzuführen. Zu den eigentlichen Rechten aus dem schweizerischen Patent gehört nämlich unabdingbar die Monopolstellung bei der erstmaligen Inverkehrsetzung patentgeschützter Produkte unter den Bedingungen, wie sie die schweizerische Rechts- und Wirtschaftsordnung gewährleistet. Diese soll dem Patentinhaber im Inland auch dann zustehen, wenn im Ausland mit seinem Einverständnis Waren unter nicht vergleichbaren Bedingungen in Verkehr gebracht worden sind. Eine einseitige Statuierung des Grundsatzes der internationalen Erschöpfung vermag diesem Postulat nicht gerecht zu werden und einen sachgerechten Ausgleich der betroffenen Interessen nicht zu bewirken (vgl. für den Fall, in dem die Bedingungen im Ausland mit den inländischen vergleichbar sind, E. 9 hienach). Für den Grundsatz der nationalen Erschöpfung spricht zudem, dass der Patentinhaber die fehlende Harmonisierung der Rahmenbedingungen unter den beteiligten nationalen Rechtsordnungen nicht entgelten soll, sondern dass ihm der schweizerische Patentschutz auch gewährleistet bleiben soll, wenn er sich zur Inverkehrsetzung seiner Waren im Ausland trotz fehlenden analogen Schutzes entschliesst. 9. Das Patent verleiht dem Patentinhaber für die Verwertung seiner schöpferischen Leistung eine Monopolstellung. Ein allfälliger kartellrechtlich verpönter Missbrauch dieses von der Rechtsordnung eingeräumten Monopolrechts bei der erstmaligen Inverkehrsetzung patentgeschützter Waren durch den Patentinhaber kann in materieller Abgrenzung zur zulässigen Ausübung des Immaterialgüterrechts geahndet werden (vgl. Art. 3 Abs. 2 des Bundesgestezes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen [KG; SR 251]; zur wettbewerbsrechtlichen Problematik ZÄCH, Schweizerisches Kartellrecht, Bern 1999, S. 129 ff.). a) Zu den Befugnissen des Patentinhabers gehört nicht, künstlich Märkte aufzuteilen bzw. den schweizerischen Markt vom Ausland BGE 126 III 129 S. 154 abzuschotten (vgl. TELLEKSON, a.a.O., S. 14). Die Herrschaft des Patentinhabers über die Einfuhr patentgeschützter Waren ergibt sich nicht aus dem Inhalt seiner Erfinderrechte, sondern allein aus der territorialen Begrenzung der schweizerischen Rechtsordnung. Die Befugnis, über die Einfuhr patentgeschützter Waren ausschliesslich zu bestimmen, bezweckt die Gewährleistung des vom schweizerischen Recht angestrebten Erfindungsschutzes namentlich auch für den Fall, dass die Waren mit Einverständnis des schweizerischen Patentinhabers im Ausland unter nicht mit dem Inland vergleichbaren Bedingungen in Verkehr gesetzt worden sind. b) Das patentrechtliche Einfuhrmonopol verleiht dem Berechtigten jedoch insoweit eine überschiessende Rechtsmacht, als die Ware mit Einverständnis des schweizerischen Patentinhabers im Ausland unter Bedingungen in Verkehr gebracht worden ist, die mit den inländischen vergleichbar sind. Die Beschränkung des Wettbewerbs mit patentgeschützten Waren ergibt sich insoweit nicht ausschliesslich aus der Patentgesetzgebung ( Art. 3 Abs. 2 KG ), sondern ist wie erwähnt durch die territoriale Begrenzung der schweizerischen Rechtsordnung bedingt. Das Kartellgesetz ist daher anwendbar (SCHMIDHAUSER, in: Homburger et al. [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Zürich 1997, N. 24 ff. zu Art. 3). c) Wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen seine ihm vom Patentgesetz bei der Einfuhr verliehene Monopolstellung missbraucht, um den schweizerischen Markt abzuschotten und insbesondere unangemessene Preise oder sonst unangemessene Geschäftsbedingungen zu erzwingen, liegt ein Verstoss gegen Art. 7 Abs. 2 lit. c KG vor (ZÄCH, a.a.O. in Kartellrecht, S. 232, weitergehend allerdings S. 135 ff.; SCHMIDHAUSER, a.a.O., N. 113 ff. zu Art. 7). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein wesentlicher Preisunterschied patentierter Erzeugnisse bei der ersten Inverkehrsetzung in der Schweiz im Vergleich zum Ausland einen kartellrechtlich verpönten Missbrauch indiziert, wenn die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen vergleichbar sind. Dass das Kartellrecht eine stumpfe Waffe sei (so BORNER, a.a.O., S. 477), ist nicht ohne weiteres einleuchtend, kann dem in der Ausübung des Wettbewerbs behinderten schweizerischen Händler doch ein Anspruch auf Abschluss von marktgerechten Verträgen aus Art. 7 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 und 13 KG zustehen, deren Konditionen grundsätzlich den unter vergleichbaren ausländischen Marktbedingungen vereinbarten entsprechen dürften. Konsumenten und Konsumentenschutzorganisationen können zudem eine Anzeige gemäss BGE 126 III 129 S. 155 Art. 26 Abs. 1 KG einreichen. Organisationen von nationaler oder regionaler Bedeutung, die sich statutengemäss dem Konsumentenschutz widmen, sind gemäss Art. 43 KG überdies berechtigt, sich an einer verwaltungsrechtlichen Untersuchung der Wettbewerbskommission zu beteiligen. Bei dieser Rechtslage ist nicht ersichtlich, weshalb der erwünschte Wettbewerb auf der Handelsstufe nach der ersten Inverkehrsetzung einer patentierten Ware mit kartellrechtlichen Mitteln weniger gut gefördert werden kann als mit Parallelimporten. 10. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Frage der nationalen oder internationalen Erschöpfung im schweizerischen Patentrecht nicht geregelt ist, so dass das Gericht gemäss Art. 1 Abs. 2 ZGB anstelle des Gesetzgebers zu entscheiden hat. Die traditionelle schweizerische Auffassung geht für das Patentrecht von der nationalen Erschöpfung aus (oben E. 5). Die Unterschiede zwischen Marken- und Urheberrecht auf der einen und dem Patentrecht auf der anderen Seite lassen eine einheitliche Behandlung der Erschöpfungsfrage nicht als zwingend erscheinen (oben E. 6). In rechtsvergleichender Sicht gehen durchwegs fast alle Staaten von nationaler Erschöpfung aus, die im europäischen Wirtschaftsraum auf die regionale Erschöpfung erweitert wird (oben E. 7). Eine einseitig statuierte internationale Erschöpfung vermag den zwischen den unterschiedlichen Wirtschaftsgruppen bestehenden Interessenkonflikt nicht angemessen auszugleichen und die vom schweizerischen Patentrecht im Rahmen der Gesamtrechtsordnung bei der ersten Inverkehrsetzung eines patentierten Gegenstandes verliehene Monopolstellung nicht zu gewährleisten (oben E. 8). Für das schweizerische Patentrecht ist deshalb von der nationalen Erschöpfung auszugehen, wobei auf patentrechtliche Einfuhrmonopole das Kartellrecht Anwendung finden kann (oben E. 9).
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
d9d020a1-a39b-4b0a-914f-06b55cf2cbb6
Urteilskopf 94 III 8 3. Entscheid vom 14. Februar 1968 i.S. Total (Suisse) SA
Regeste Arrestierung und Pfändung der Erträgnisse eines dem Schuldner gehörenden Grundstücks. Unterhaltsbeiträge für den Schuldner. 1. Die periodischen Leistungen, die der Grundeigentümer vom Bauberechtigten und Mieter als Entgelt für die Benützung seinesGrundstücks erhält, fallen nicht unter den Begriff der Nutzniessung im Sinne von Art. 93 SchKG , sondern sind im vollen Betrage pfändbar (Erw. 1). 2. Solche Leistungen können auch insoweit gepfändet oder arrestiert werden, als sie noch nicht fällig sind, aber nur für die Dauer eines Jahres seit dem Pfändungs- bezw. Arrestvollzug (Erw. 2). 3. Abtretung eines Teils der Benützungsentschädigung an die Grundpfandgläubiger? Wahrung des Vorrechts dieser Gläubiger ( Art. 806 ZGB ). (Erw. 3). 4. Verwendung der gepfändeten oder arrestierten Erträgnisse für den Unterhalt des Schuldners ( Art. 103 Abs. 2 SchKG ; Erw. 4). Bemessung der Unterhaltsbeiträge nach den Regeln für die Bestimmung des unpfändbaren Betrags bei der Lohnpfändung. Abklärung der massgebenden Verhältnisse von Amtes wegen. Auskunftspflicht des Schuldners. Berücksichtigung des Einkommens, das der Schuldner bei angemessener Tätigkeit erzielen kann. Berücksichtigung seiner Schulden, insbesondere seiner Grundpfandschulden? (Erw. 5). Dauer des Unterhaltsanspruchs; Anpassung der Unterhaltsbeiträge an veränderte Verhältnisse (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 10 BGE 94 III 8 S. 10 A.- Der Mechaniker Franz Walker, der heute in Sisikon (Uri) wohnt, ist Eigentümer des bei Sisikon an der Axenstrasse gelegenen Grundstücks Nr. 332 GB Morschach (Schwyz), auf dem ein Wohnhaus und eine Garage stehen. Er betrieb dort eine Tankstelle für Total-Benzin. Durch einen am 24. Februar 1964 im Grundbuch eingetragenen Vertrag gewährte Walker dem Kaufmann Franz Dillier in Luzern an seinem Grundstück für dreissig Jahre (bis 31. Dezember 1994) ein übertragbares Baurecht für eine Tankstellenanlage mit Service-Station und ein übertragbares, ausschliessliches und unbeschränktes Benützungsrecht an sämtlichen Erdgeschossräumlichkeiten seines Hauses und an den darin befindlichen Installationen. Durch den gleichen Vertrag vermietete er Dillier für die gleiche Dauer unter Einräumung des Rechts zur Untervermietung die in seinem Haus befindliche Dreizimmerwohnung und das in einem Verzeichnis aufgeführte Inventar. Ziffer 5 des Vertrags bestimmte, der Berechtigte habe für das Baurecht, das Benützungsrecht und die mietweise Überlassung der Wohnung und des Inventars einen jährlichen Pauschalbetrag von Fr. 12'000.--, zahlbar in monatlichen vorschüssigen Raten von Fr. 1'000.--, zu zahlen; vom monatlich fälligen Betrag seien Fr. 350.-- zwecks Sicherstellung bezw. Tilgung der Zinsen für die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandschulden auf ein Sperrkonto Walkers BGE 94 III 8 S. 11 bei der Kantonalbank Schwyz einzuzahlen; der Rest von Fr. 650.-- sei Walker auszuzahlen; die Pauschalentschädigung sei alle fünf Jahre dem Index der Konsumentenpreise anzupassen. Ende Oktober 1964 übertrug Dillier die Rechte aus dem Vertrag mit Walker an die Shell (Switzerland) AG, welche die entsprechenden Pflichten übernahm. B.- In Vollziehung eines Arrestbefehls, den die Total (Suisse) SA für ihre Forderung von Fr. 29'009.09 aus dem am 7. Juni 1967 in der Betreibung Nr. 4/66 des Betreibungsamtes Sisikon ausgestellten Verlustschein gegen Walker erwirkt hatte, arrestierte das Betreibungsamt Sisikon am 29. September 1967 die "Mietzinsforderungen des Arrestschuldners gegen die Firma Shell (Switzerland) AG ... in Höhe von Fr. 1'000.-- pro Monat bis zur Deckung der Verlustscheinsforderung". Auf Beschwerde Walkers hob die kantonale Aufsichtsbehörde den Arrestvollzug am 10. Januar 1968 "mangels eines den betreibungsrechtlichen Notbedarf des Beschwerdeführers übersteigenden und damit im Sinne von Art. 93 SchKG pfändbaren Einkommens" auf. Sie nahm an, dem Schuldner stehe nur ein Einkommen von monatlich Fr. 650.-- zur Verfügung; dieses Einkommen übersteige seinen Notbedarf nicht. C.- Die Arrestgläubigerin (die im kantonalen Verfahren nicht angehört wurde) hat diesen Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, er sei "aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, bei der Festsetzung der unpfändbaren Quote der Mieterträgnisse von dem effektiven Mietertrag von Fr. 1'000.-- monatlich statt von Fr. 650.-- auszugehen. Ausserdem sei durch amtsärztliche Untersuchung zu prüfen, ob dem Arrestschuldner nicht zuzumuten sei, einem Arbeitserwerb nachzugehen, der mindestens einen Teil seines Notbedarfs decken würde. Mindestens Fr. 350.-- seien als pfändbar zu erklären". Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz hat angenommen, die Leistungen, die der Schuldner auf Grund des Vertrags vom Februar 1964 erhält, seien gemäss Art. 93 SchKG nur insoweit pfändbar, als sie den Notbedarf des Schuldners übersteigen, weil es sich dabei um Erträgnisse einer Nutzniessung handle. BGE 94 III 8 S. 12 Im Sinne von Art. 93 SchKG ist unter Nutzniessung nicht nur das beschränkte dingliche Recht dieses Namens ( Art. 745 ff. ZGB ), sondern allgemein die Nutzung eines Kapitals zu verstehen, das aus irgendeinem rechtlichen Grunde der Verfügungsmacht des Nutzungsberechtigten entzogen ist (Entscheid des Bundesrats vom 28. September 1894 in Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs III Nr. 132 S. 357; BGE 24 I 748 , BGE 28 I 382 , BGE 29 I 241 = Sep. ausg. 1 S. 332, 5 S. 232, 6 S. 105; JAEGER N. 2 zu Art. 93 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 370 lit. b; FAVRE, Droit des poursuites, 2. Aufl., S. 188 Ziff. 2). Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um eine derartige Nutzung. Die Leistungen, die der Schuldner erhält, sind vielmehr Erträgnisse seines Grundstücks, über das er (zumal durch Veräusserung) verfügen kann, obwohl er den Gebrauch auf lange Frist dem Dienstbarkeitsberechtigten und Mieter überlassen hat. Die Erträgnisse von Vermögensstücken, die dem Schuldner gehören und über die er die Verfügungsmacht besitzt, fallen nicht unter Art. 93 SchKG (vgl. BGE 64 III 106 und 182 Erw. 3). Die fraglichen Bezüge sind auch nicht etwa nach Art. 92 SchKG , den der Schuldner in der Beschwerde ohne nähere Begründung anrief, oder nach einer andern Bestimmung des Bundesrechts unpfändbar. Sie unterliegen deshalb in ihrem vollen Betrage der Pfändung und damit gemäss Art. 275 SchKG auch der Arrestierung. 2. Die Leistungen, auf die der Schuldner gemäss Vertrag vom Februar 1964 Anspruch hat, können grundsätzlich auch insoweit gepfändet oder arrestiert werden, als sie noch nicht fällig sind (vgl. BGE 55 III 187 und BGE 64 III 181 , wonach künftige Nutzniessungserträgnisse und Rentenbetreffnisse gepfändet werden können, sowie BGE 53 III 32 , wonach sogar aufschiebend bedingte Forderungen pfändbar sind, und die Praxis betreffend die Pfändung künftigen Lohns). Die Pfändung oder Arrestierung eines Grundstücks erfasst unter Vorbehalt der Rechte der Grundpfandgläubiger von Gesetzes wegen auch die laufenden Erträgnisse ( Art. 102 SchKG , Art. 14 Abs. 1 VZG ; zur Arrestierung vgl. Art. 275 SchKG und BGE 83 III 108 ff.). Diese können, solange das Grundstück selbst nicht gepfändet ist, auch gesondert gepfändet oder arrestiert werden (vgl. Art. 14 Abs. 1 und 2 VZG ). Die Anordnung des Betreibungsamtes, dass die "Mietzinsforderungen" des Schuldners von monatlich Fr. 1'000.-- BGE 94 III 8 S. 13 "bis zur Deckung der Verlustscheinsforderung" von rund Fr. 29'000.--, also für rund zweieinhalb Jahre, arrestiert werden, weckt jedoch Bedenken. Die Rechtsprechung hat die Pfändung künftigen Lohns sowie künftiger Nutzniessungs- und Rentenerträgnisse auf ein Jahr seit dem Pfändungsvollzug beschränkt (Entscheid des Bundesrats vom 8. Mai 1894 in Archiv III Nr. 56 S. 134 ff.; BGE 23 II 1945 ; BGE 24 I 140 , BGE 35 I 766 = Sep. ausg. 1 S. 14, 12 Nr. 50 S. 224; BGE 54 III 115 , BGE 55 III 187 , BGE 59 III 120 , BGE 64 III 181 ), und zwar nicht bloss mit Rücksicht auf den Schuldner (wie in BGE 59 III 120 angenommen wurde), sondern auch mit Rücksicht auf die übrigen Gläubiger, denen die Möglichkeit, ebenfalls auf das künftige Einkommen des Schuldners zu greifen, nicht allzulange vorenthalten werden darf (Archiv III Nr. 56 S. 135 ff.; BGE 23 II 1946 , BGE 35 I 767 , BGE 55 III 187 ). Mindestens aus diesem zweiten Grunde ist auch die gesonderte Pfändung (oder Arrestierung) von künftigen Erträgnissen eines Grundstücks auf ein Jahr seit dem Pfändungsvollzug (oder Arrestvollzug) zu beschränken. (Die Grundstückspfändung erfasst die während deren Dauer fällig werdenden Erträgnisse.) 3. Die monatliche Entschädigung von Fr. 1'000.--, die der Bauberechtigte und Mieter nach dem Vertrag vom Februar 1964 zu leisten hat, ist auch insoweit als Forderung des Schuldners pfändbar, als sie nach diesem Vertrag zur Sicherstellung bezw. Tilgung von Grundpfandzinsen auf ein auf den Namen des Schuldners lautendes Sperrkonto bei der Kantonalbank Schwyz einzuzahlen ist. Der Schuldner behauptet zu Unrecht, aus Art. 5 des Vertrags ergebe sich, dass er diesen Teilbetrag von monatlich Fr. 350.-- "an die Bank zuhanden der Grundpfandgläubiger zedieren musste". Eine schriftliche Abtretungserklärung zugunsten der Bank liegt nicht vor, und die erwähnte Vertragsbestimmung gewährt der Bank auch nicht etwa das Recht, die fragliche Leistung im Sinne von Art. 112 Abs. 2 OR selbständig zu fordern. Der Anspruch auf die erwähnte Leistung steht vielmehr ausschliesslich dem Schuldner zu, auf dessen Namen der fragliche Betrag bei der Bank einzuzahlen ist. Die Bank hat denn auch keinen Anspruch auf diesen Betrag angemeldet. Sofern die Grundpfandzinsen infolge Pfändung oder Arrestierung der vollen Benützungsentschädigung von monatlich Fr. 1'000.-- nicht mehr bezahlt werden, können die Grundpfandgläubiger BGE 94 III 8 S. 14 (denen die Pfändung oder Arrestierung nach Art. 14 Abs. 2 VZG anzuzeigen ist) durch Anhebung der Grundpfandbetreibung das ihnen nach Art. 806 ZGB zustehende Vorrecht auf die Erträgnisse des Grundstücks geltend machen. 4. Von der Frage der Pfändbarkeit der monatlichen Benützungsentschädigung von Fr. 1'000.-- ist die Frage zu unterscheiden, ob und wieweit der Schuldner Anspruch darauf habe, dass die vom Betreibungsamt einzuziehenden Erträgnisse seines Grundstücks für seinen Unterhalt verwendet werden ( Art. 103 Abs. 2 SchKG ). Auch diese Frage ist im vorliegenden Rekursverfahren zu prüfen, da Art. 103 Abs. 2 SchKG von Amtes wegen anzuwenden und zudem anzunehmen ist, der nach den vorstehenden Erwägungen unbegründete Beschwerdeantrag auf Freigabe der arrestierten Entschädigung wegen Unpfändbarkeit schliesse den weniger weit gehenden Antrag, sie wenigstens teilweise dem Schuldner zukommen zu lassen, in sich. Nach Art. 103 Abs. 2 SchKG sind im Falle des Bedürfnisses die Früchte zum Unterhalt des Schuldners und seiner Familie zu verwenden. Diese Bestimmung gilt, da Art. 103 Abs. 1 SchKG auf Art. 94 und 102 verweist, nicht nur für den Fall, dass die Früchte gemäss Art. 102 Abs. 1 SchKG von der Pfändung des Grundstücks miterfasst werden, sondern auch bei der in Art. 94 SchKG geregelten gesonderten Pfändung der Früchte ( BGE 65 III 95 /96, BGE 73 III 125 ). Unter den Früchten sind im Sinne von Art. 103 Abs. 2 nicht nur die natürlichen Früchte, sondern auch die Erträgnisse eines Grundstücks zu verstehen ( Art. 16 und 22 VZG ; vgl. auch Art. 94 Abs. 1 VZG ; BGE 62 III 6 , BGE 64 III 107 oben, BGE 65 III 20 ). Die Rechtsprechung wendet Art. 103 Abs. 2 SchKG unter Umständen sogar auf die Erträgnisse beweglichen Vermögens an ( BGE 64 III 107 oben, BGE 83 III 111 ). Für den Arrest gilt in dieser Hinsicht das gleiche wie für die Pfändung (vgl. BGE 83 III 108 ff.). Dem Schuldner ist also, wenn er darauf angewiesen ist, zulasten der an sich zu Recht arrestierten Benützungsentschädigung von monatlich Fr. 1'000.-- ein Unterhaltsbeitrag zu gewähren, was nicht nur durch entsprechende Zahlungen des Betreibungsamtes, sondern auch dadurch geschehen kann, dass dem Drittschuldner erlaubt wird, einen Teil der arrestierten BGE 94 III 8 S. 15 Entschädigung statt an das Betreibungsamt an den Schuldner zu zahlen. 5. Beim Entscheid darüber, ob und wieweit ein Bedürfnis des Schuldners nach Leistungen im Sinne von Art. 103 Abs. 2 SchKG bestehe, sind die Regeln für die Bestimmung des unpfändbaren Betrags bei der Lohnpfändung entsprechend anzuwenden ( BGE 65 III 96 , BGE 73 III 125 /26; JAEGER N. 3 zu Art. 103 SchKG ). Nach diesen Regeln haben die Betreibungsbehörden die massgebenden Verhältnisse von Amtes wegen abzuklären ( BGE 54 III 236 , BGE 81 III 149 , BGE 87 III 104 ). Das ist im vorliegenden Falle bisher nicht geschehen. Der Schuldner wurde im kantonalen Verfahren nicht befragt und hat keine Belege betreffend seine wirtschaftliche Lage und seine Bedürfnisse vorgelegt. Die Vorinstanz hat sich damit begnügt, bei der Gemeindekanzlei Sisikon telephonisch einige summarische Auskünfte einzuholen. Die Sache ist daher an sie zurückzuweisen, damit sie die notwendigen Erhebungen nachhole. a) Der Schuldner ist unter Androhung der Bestrafung wegen Pfandverheimlichung ( Art. 164 StGB ), wegen ungenügender Angabe des Vermögens ( Art. 323 Ziff. 2 StGB ) und wegen Ungehorsams ( Art. 292 StGB ) aufzufordern, über seine Vermögensverhältnisse, über seine Einkünfte aus Vermögen und (sei es auch beschränkter) Erwerbstätigkeit und über seinen Gesundheitszustand wahrheitsgemäss und vollständig Auskunft zu geben und seine Angaben nach Möglichkeit zu belegen. Da er behauptet, er stehe wegen Kreislaufstörungen in ärztlicher Behandlung und könne seinen Beruf als Mechaniker nicht mehr ausüben, ist er einzuladen, den behandelnden Arzt zu ermächtigen, den Betreibungsbehörden über seinen Befund nach bestem Wissen und Gewissen einen ärztlichen Bericht zu erstatten und sich darin auch darüber auszusprechen, ob der Schuldner gesundheitlich in der Lage sei, seinen Unterhalt ganz oder teilweise zu verdienen. Bei Beurteilung der Frage, ob ein Bedürfnis nach Leistungen gemäss Art. 103 Abs. 2 SchKG bestehe, ist dem Einkommen Rechnung zu tragen, das der Schuldner bei angemessener Betätigung erzielen kann ( BGE 73 III 126 ). b) Wie über seine gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Schuldner auch über seine Bedürfnisse BGE 94 III 8 S. 16 Auskunft zu geben und dafür soweit möglich Belege zu liefern. Seine Zinspflichten gegenüber den Grundpfandgläubigern fallen dabei nicht in Betracht; denn nach den Regeln für die Lohnpfändung sind die Verpflichtungen des Schuldners gegenüber Dritten unter Vorbehalt allfälliger Unterhaltspflichten nicht zu berücksichtigen, ausser wenn sie durch eine Lohnabtretung gedeckt sind oder aus dem Kauf unpfändbarer Gegenstände unter Eigentumsvorbehalt oder aus der Miete solcher Gegenstände oder aus dem Bezug von Lebensmitteln herrühren ( BGE 82 III 28 mit Hinweisen), und nach Art. 95 Abs. 1 VZG dürfen sogar in der Grundpfandbetreibung an nicht betreibende Grundpfandgläubiger aus den eingegangenen Miet- und Pachtzinsen für fällig werdende Zinsforderungen keine Zahlungen geleistet werden. c) Nach Abklärung der hienach massgebenden Verhältnisse hat die Vorinstanz zu bestimmen, ob und gegebenenfalls in welchem Betrag dem Schuldner ein Unterhaltsbeitrag nach Art. 103 Abs. 2 SchKG zu gewähren sei. 6. Im Falle der Grundstückspfändung besteht der Anspruch auf Gewährung von Unterhaltsbeiträgen aus den Erträgnissen des Grundstücks während der ganzen Dauer der betreibungsamtlichen Verwaltung ( BGE 65 III 20 ff., BGE 73 III 125 ; bei natürlichen Früchten ist nach dem zuletzt genannten Entscheid grundsätzlich der Bedarf bis zur nächsten Ernte massgebend). Die betreibungsamtliche Verwaltung des Grundstücks kann leicht ein Jahr dauern (vgl. Art. 116 in Verbindung mit Art. 110/111, sowie Art. 133 SchKG ). Daher ist dem Schuldner der Anspruch aus Art. 103 Abs. 2 SchKG bei gesonderter Pfändung der künftigen Erträgnisse für die volle Dauer dieser - gemäss Erwägung 2 hievor auf ein Jahr beschränkten - Massnahme zu gewähren. Das gilt auf jeden Fall dann, wenn eine solche Pfändung, wie es hier offenbar zutrifft, erstmals vollzogen wird. Ob dem Schuldner die Rechtswohltat, die ihm bei der (normalerweise zur Verwertung führenden) Pfändung des Grundstücks selbst regelmässig nur einmal zugute kommt, bei wiederholter gesonderter Pfändung der Erträgnisse stets von neuem zu gewähren sei, kann unter Umständen als fraglich erscheinen, zumal wenn wie hier ein ausgeklügeltes Vertragswerk den gewöhnlichen Gläubigern den Zugriff auf das Grundstück selbst praktisch verunmöglicht. Diese Frage braucht jedoch heute nicht entschieden zu werden. BGE 94 III 8 S. 17 Die bei Beginn der betreibungsamtlichen Verwaltung festgesetzten Unterhaltsbeiträge sind nicht etwa unabänderlich, sondern haben sich während der Dauer, für welche sie beansprucht werden können, der jeweiligen Lage des Schuldners und seiner Familie anzupassen ( BGE 65 III 22 oben). Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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1,968
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d9d1c655-186f-480c-9856-898a155da13d
Urteilskopf 87 II 349 47. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. November 1961 i.S. "Einfach"-Reinigung A.-G. gegen Wetex A.-G.
Regeste Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG . Unter welchen Voraussetzungen stellt die Verwendung einer bereits von einem Konkurrenten gebrauchten gemeinfreien Sachbezeichnung in der Werbung unlauteren Wettbewerb dar?
Sachverhalt ab Seite 349 BGE 87 II 349 S. 349 Aus dem Tatbestand: Die Klägerin, die "Einfach"-Reinigung A.-G., Zürich, ist ein Unternehmen für die chemische Reinigung von Kleidern. Die Beklagte, die Wetex A.-G. in St. Gallen, betreibt ebenfalls ein Kleiderreinigungsgeschäft mit Filialen in Winterthur und Zürich. Die beiden Unternehmen wurden im November 1958 im Handelsregister eingetragen. Die Klägerin machte in Zürich und Umgebung lebhafte Reklame unter dem Schlagwort "einfach" bzw. "einfach-Reinigung". Die Beklagte empfahl sich in Winterthur und Zürich durch Inserate, Prospekte und Schaufensteranschläge ebenfalls für die "Einfachreinigung", bzw. die "Einfach-Reinigung" von Kleidern. Die deswegen von der Klägerin erhobene Klage aus unlauterem Wettbewerb wurde vom Handelsgericht des Kantons Zürich abgewiesen. Das Bundesgericht bestätigt. BGE 87 II 349 S. 350 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Wie aus der Klageschrift ersichtlich ist, stützt sich die Klage in erster Linie auf Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG . Danach begeht unlauteren Wettbewerb, wer Massnahmen trifft, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines andern herbeizuführen. Die Beklagte verwendet nun zwar in ihrer Werbung ebenfalls die Bezeichnung "Einfach-Reinigung", die im Firmennamen der Klägerin enthalten ist und von dieser auch in der Reklame gebraucht wird. Ein unlauterer Wettbewerb kann in diesem Vorgehen der Beklagten indessen gleichwohl nicht gesehen werden, weil es sich bei der in Frage stehenden Wortverbindung nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz um eine Sachbezeichnung handelt, die auch im Bereiche des Wettbewerbsrechts dem allgemeinen Gebrauch freigehalten werden muss ( BGE 80 II 173 f., BGE 81 II 468 ). Dass der Ausdruck "Einfach-Reinigung" eine Sachbezeichnung darstellt, kann entgegen der Behauptung der Klägerin nicht zweifelhaft sein. Aus dem klaren Wortsinn ergibt sich, dass damit, im Gegensatz zur sog. Vollreinigung, ein weniger gründlicher, eben ein einfacherer Reinigungsvorgang umschrieben werden soll. Die Ausführungen, mit denen die Berufung dies widerlegen will, sind unbehelflich.. .. c) Die Berufung bezeichnet die Meinung des Handelsgerichts, jedermann wisse, was unter "Einfach-Reinigung" zu verstehen sei, als irrig, da eine grosse Zahl von Reinigungsverfahren bestünden; der Ausdruck "Einfach-Reinigung" sei vorerst für das Publikum wie für den Fachmann inhaltsleer gewesen. Wie in BGE 80 II 176 , Erw. 3, ausgeführt worden ist, können auch neue, bisher ungebräuchliche Ausdrücke im Gemeingut stehende Beschaffenheitsangaben darstellen, sofern sie nur die Ware in allgemein verständlicher Weise BGE 87 II 349 S. 351 beschreiben. Massgebend ist, ob das betreffende Wort, sobald es im Geschäftsverkehr gebraucht wird, nach dem Sprachgebrauch oder den Regeln der Sprachbildung von den beteiligten Kreisen als Beschaffenheitshinweis aufgefasst werden kann. Das trifft auf die hier in Frage stehende Bezeichnung zu. Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist der Begriff der einfachen Reinigung im Geschäftszweig der chemischen Reinigung erst in den letzten Jahren (in der Schweiz 1958/59) aufgekommen. Gemäss den Ausführungen der Vorinstanz "hängt dies nur damit zusammen, dass die chemische Reinigung, die hauptsächlich für stark verschmutzte oder verfleckte Kleider in Anspruch genommen wurde, eine gründliche Reinigung zur Beseitigung aller Flecken anstrebte, was eine Vor-, Haupt- und Nachbehandlung erforderte, längere Zeit beanspruchte und auch verhältnismässig kostspielig war. Neue Apparaturen und das Bedürfnis einer bestimmten Kundschaft, nicht zu stark verschmutzte Kleider in kürzerer Zeit und mit wenig Kosten wieder einigermassen instandstellen zu lassen, haben dann zum abgekürzten Verfahren geführt, das in einem "einfachen" Arbeitsgang ohne Vor- und Nachbehandlung besteht und deshalb auch als "Kleiderbad" bezeichnet worden ist." Unter diesen Umständen kann nicht zweifelhaft sein, dass die beteiligten Kreise, und zwar sowohl die Fachleute wie die Kundschaft, den Ausdruck "Einfach-Reinigung" von Anfang an und ohne weiteres als Bezeichnung einer neuen Reinigungsart aufgefasst haben, welche gegenüber den bisher üblichen Verfahren eine Vereinfachung aufweist. Das genügt für die Annahme einer Sachbezeichnung. Nicht erforderlich ist, dass das angesprochene Publikum über Einzelheiten der Vereinfachung und deren Auswirkung auf Preis und Zeitdauer der Reinigung orientiert war. 3. Die Verwendung einer gleichen Sachbezeichnung durch einen Konkurrenten kann unlauteren Wettbewerb BGE 87 II 349 S. 352 darstellen, wenn sie infolge langen Gebrauchs durch den ersten Verwender zum Individualzeichen geworden ist, d.h. wenn es in dem Sinne Verkehrsgeltung erlangt hat, dass es von den beteiligten Verkehrskreisen allgemein als Hinweis auf den betreffenden Verwender empfunden wird. Die Vorinstanz hat dies für den vorliegenden Fall mit der Begründung verneint, zur Erreichung einer solchen Wirkung sei eine Zeitspanne von nur zwei Jahren ungenügend. Die Klägerin bestreitet die Richtigkeit dieser Überlegung. Sie macht geltend, dank geschickter Werbung habe sich die in Frage stehende Bezeichnung beim Publikum in Zürich und Winterthur als Hinweis auf die Klägerin und die Qualität der von ihr angebotenen Dienstleistung durchgesetzt. a) Das Bundesgericht hat als Rechtsfrage frei zu prüfen, ob der kantonale Richter den Begriff der Verkehrsgeltung, auf die es entscheidend ankommt, zutreffend aufgefasst und angewendet habe. Tatfrage und darum der Nachprüfung des Bundesgerichts entzogen ist dagegen, ob sich bei den massgebenden Abnehmerkreisen die Vorstellung eines bestimmten Herkunftshinweises gebildet hat oder nicht. Die Voraussetzungen der vom Recht anzuerkennenden Entwicklung einer gemeinfreien Sachbezeichnung zum Individualzeichen können nicht allgemein und abschliessend festgelegt werden. Es lassen sich lediglich Richtlinien aufstellen, deren Handhabung im Einzelfall dem Ermessen des Richters erheblichen Raum lässt. Nach Rechtsprechung und Lehre sind an die Wandlung zum Individualzeichen mit Einräumung des entsprechenden Ausschliesslichkeitsrechts desto höhere Anforderungen zu stellen, je stärker das Freihaltebedürfnis für eine Sachbezeichnung ist (VON BÜREN, Komm. zum UWG S. 121, N. 54). b) Im vorliegenden Fall besteht ein ausgesprochen starkes Freihaltebedürfnis. Wie nicht streitig ist, wird von BGE 87 II 349 S. 353 zahlreichen Reinigungsinstituten eine vereinfachte Reinigung angeboten, die derjenigen der Klägerin ähnlich ist. Diese vereinfachte Art der Reinigung kommt einem weit verbreiteten Wunsche des Publikums entgegen. Das allgemeine Interesse verlangt daher, dass die weitaus klarste und zweckmässigste Bezeichnung "Einfach-Reinigung" für den allgemeinen Gebrauch freigehalten wird; die Monopolisierung dieses Ausdrucks zugunsten eines einzelnen Wettbewerbers kann deshalb nur in Betracht kommen, wenn er sich bei den Kundenkreisen allgemein als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen so durchgesetzt hat, dass der Sachcharakter der Bezeichnung verblasst oder in Vergessenheit geraten ist. Hievon kann hier nicht die Rede sein. Das Handelsgericht stellt fest, dass eine Individualisierung der umstrittenen Bezeichnung unter den gegebenen Umständen innerhalb der zwei Jahre, während denen die Klägerin ihre Reklame entfaltete, nicht möglich war. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich. Die Vorinstanz ist zu ihr zwar ohne Beweiserhebung gestützt auf die Würdigung der gegebenen Verhältnisse gelangt. Darin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die dem kantonalen Richter von Bundesrechts wegen nicht verwehrt ist. Das Handelsgericht war daher nicht verpflichtet, die von der Klägerin angetragenen Beweise abzunehmen, wenn es bereits auf Grund vorweggenommener Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangte, eine Individualisierung der Bezeichnung "Einfach-Reinigung" zugunsten der Klägerin sei nicht erfolgt. Wird vom Sachverhalt ausgegangen, den die Vorinstanz ihrem Entscheid zu Grunde gelegt hat, so verstösst dieser hinsichtlich der Verkehrsgeltung der Bezeichnung "Einfach-Reinigung" nicht gegen Bundesrecht. Insbesondere kann nicht gesagt werden, das Handelsgericht habe die Grenze seines Ermessens überschritten. Sein Entscheid entspricht durchaus den Grundgedanken des schweizerischen BGE 87 II 349 S. 354 Wettbewerbsrechts. Mit diesen wäre unvereinbar, eine für das tägliche Leben wichtige Sachbezeichnung im Interesse eines einzelnen zu monopolisieren.
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Urteilskopf 84 II 515 71. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. November 1958 i.S. Samag Aktiengesellschaft gegen Marti.
Regeste 1. Art. 23, 197 OR . Der Käufer hat die Wahl, sich auf die Normen über die Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache zu berufen oder den Vertrag wegen Irrtums als unverbindlich zu erklären. 2. Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR . Grundlagenirrtum des Käufers, hervorgerufen durch Angaben des Verkäufers über die Leistungsfähigkeit der Kaufsache und den mit ihr erzielbaren Verdienst.
Sachverhalt ab Seite 515 BGE 84 II 515 S. 515 A.- Die Aktiengesellschaft Samag verkauft Maschinen zur chemischen Reinigung von Kleidern und richtet auch ganze Reinigungsanlagen ein. Um für ihre Erzeugnisse Käufer zu werben, liess sie im Januar 1954 unter chiffrierter Adresse in der Zeitung ein Inserat erscheinen, in dem sie was folgt anpries: "Selbständige Existenz durch Gründung eines absolut interessanten und ausbaufähigen Geschäftes. Besonders geeignet für Ehepaar. Krisenfrei und nicht von Konjunktur abhängig. Absolut seriöses Angebot. Notwendiges Kapital ca. 15'000 bis 20'000 Fr." Edgar Marti, der mehr als 25 Jahre lang in einer Zürcher Firma als kaufmännischer Angestellter gearrbeitet hatte, meldete sich. Die Samag gab ihm an, er bedürfe einer BGE 84 II 515 S. 516 Lehrzeit von zehn bis vierzehn Tagen, um mit ihrer Anlage ein Geschäft für Kleiderreinigung führen zu können. Sie übergab ihm Prospekte, maschinengeschriebene "technische Daten", eine als "Annahme" bezeichnete Rentabilitätsrechnung und verschiedene Blätter mit zusätzlichen Angaben. Die Rentabilitätsrechnung ging davon aus, dass mit einer Samag-Anlage in 300 Arbeitstagen bei täglich achtmaliger Beladung der Maschine mit je 6 kg Kleidern Fr. 50'400.-- Roheinnahmen erzielt werden könnten und dem Geschäftsinhaber nach Abzug der im einzelnen angegebenen und bezifferten Unkosten von zusammen Fr. 21'800.-- ein ungefährer Überschuss von Fr. 28'600.-- als Verdienst verbleibe. Marti verliess sich auf die Angaben und kaufte anfangs Februar 1954 zum Preis von Fr. 23'610.-- nebst 4% Warenumsatzsteuer eine Ende März 1954 zu liefernde vollständige Samag-Anlage für chemische Textilreinigung. Er zahlte Fr. 9000.-- bei Vertragsabschluss an und verpflichtete sich, im Zeitpunkt der Lieferbereitschaft weitere Fr. 9000.-- und binnen vier Monaten nach der Lieferung ratenweise den Rest von Fr. 5610.-- und die Warenumsatzsteuer von Fr. 944.40 zu leisten. Am 15. März 1954 liess Marti der Verkäuferin erklären, dass er den Vertrag gestützt auf Art. 23 ff. OR anfechte. B.- Am 18. Mai 1954 klagte Marti gegen die Aktiengesellschaft Samag mit dem Begehren auf Rückerstattung der anbezahlten Fr. 9000.-- nebst Zins zu 5% seit 4. Februar 1954. Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage ab, das Obergericht des Kantons Zürich als Appellationsinstanz hiess sie dagegen am 11. Februar 1958 in vollem Umfange gut, weil der Kläger den Kaufvertrag unter dem Einflusse wesentlichen Irrtums abgeschlossen habe. Das Obergericht kam zum Schluss, der Kläger habe sich insofern geirrt, als entgegen der Verheissung im Inserat zur vollständigen und schuldenfreien Einrichtung des Reinigungsgeschäftes Fr. 30'000.-- bis 40'000.-- nötig seien. Ferner sei die von BGE 84 II 515 S. 517 der Klägerin angegebene Lehrzeit ganz ungenügend, wenn der Betrieb nicht von einem erfahrenen Facharbeiter eröffnet werde; ein Unerfahrener bedürfe nach der Auffassung des Sachverständigen Manz einer Lehrzeit von drei Jahren und nach dem Gutachten Meiers einer solchen von zwei bis drei Jahren, ja für die Ausbildung zum Detacheur und Bügler sogar einer solchen von vier bis sechs Jahren. Der Kläger sei auch durch die von der Beklagten vorgelegte Rentabilitätsrechnung irregeführt worden. Der Kläger habe zwar erkennen können, dass die Beklagte mit der Angabe von 300 Arbeitstagen keine Ferien berücksichtige, dagegen habe er nicht gewusst, dass es im Reinigungsgeschäft flaue Monate gebe, so dass nur für 250 bis 270 Tage Arbeit vorhanden sei. Auch könnten in die Trommel der Reinigungsmaschine gleichzeitig nicht 6 kg, sondern durchschnittlich nur 4 kg Kleider eingefüllt werden. Schon allein wegen geringerer Lademöglichkeit seien daher die Einnahmen um etwa einen Drittel geringer, als in der Rentabilitätsberechnung angegeben wurde. Noch mehr weiche die Wirklichkeit von den Angaben der Beklagten ab, wenn von dem im Kaufvertrage zugesicherten Ladegewicht von 6-8 kg ausgegangen werde. Wenn man die Rentabilitätsberechnung berichtige, vermindere sich der angegebene Jahresverdienst von Fr. 28'600.-- nach dem Gutachten Manz auf rund Fr. 3500.-- und nach dem Gutachten Meier auf etwa Fr. 6000.--. C.- Die Beklagte hat die Berufung erklärt. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Bundesgericht hat stets entschieden, dass der Käufer die Wahl hat, sich auf die Bestimmungen über die Gewährleistung wegen Mängel der Kaufsache zu berufen oder den Kaufvertrag wegen Irrtums als unverbindlich BGE 84 II 515 S. 518 zu erklären ( BGE 82 II 240 ff. und dort angeführte Urteile, ferner BGE 83 II 21 ). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Wie sehr sie gerechtfertigt ist, zeigt gerade der vorliegende Fall. Um Mängelrüge erheben und Wandelung des Kaufes verlangen zu können ( Art. 201, 205 OR ), müsste der Kläger der Beklagten nochmals Fr. 9000.-- zahlen, die Anlage in Empfang nehmen und einrichten und die zu ihrem Betriebe erforderlichen weiteren Vorkehren treffen, z.B. für Ableitung der Gase gemäss bau- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften sorgen. Anfechtung des Vertrages nach Art. 23 ff. OR macht dieses kostspielige Vorgehen überflüssig; denn der Käufer kann sich auf seinen Irrtum berufen, bevor er die Kaufsache in Empfang genommen und geprüft hat. Es liegt im Interesse beider Parteien, dass diese unnütze Weiterung unterbleibe. 2. Die Beklagte wendet sich zu Unrecht gegen die Feststellung des Obergerichts, wonach eine zehn- bis vierzehntägige Lehrzeit nicht genüge, um den Betrieb führen zu können, den der Kläger hat eröffnen wollen. Diese Feststellung betrifft tatsächliche Verhältnisse und bindet daher das Bundesgericht, da sie weder in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen ist noch offensichtlich auf Versehen beruht ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Indem die Beklagte unter Berufung auf Zeugenaussagen vorbringt, zahlreiche Personen des in Frage stehenden Zweiges hätten schon nach kurzem Umschulungskurs ein solches Geschäft eröffnet und damit Erfolg gehabt, beanstandet sie die Beweiswürdigung. Das ist im Berufungsverfahren vor dem Bundesgericht nicht zulässig. Geht man davon aus, dass der Kläger nach einer Lehrzeit von nur zehn bis vierzehn Tagen das Geschäft nicht erfolgreich hätte führen können, sondern dazu einer Ausbildung von mindestens zwei bis drei Jahren bedurft hätte, so war der Irrtum, in den ihn die Beklagte durch ihre unrichtige Angabe versetzt hat, wesentlich im Sinne des Art. 23 OR . Gewiss betraf dieser Irrtum einen Beweggrund BGE 84 II 515 S. 519 zum Vertragsabschluss. Art. 24 Abs. 2 OR , wonach der Irrtum nicht wesentlich ist, wenn er sich nur auf den Beweggrund bezieht, kennt jedoch in Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR eine Ausnahme ( BGE 48 II 238 , BGE 53 II 38 , 139, BGE 56 II 427 ). Nach dieser Bestimmung ist nicht gebunden, wer sich über einen bestimmten Sachverhalt geirrt hat, der ihm notwendige Grundlage des Vertrages war und bei objektiver Betrachtung, nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr, sein durfte ( BGE 43 II 779 ff., BGE 47 II 89 ff., BGE 49 II 493 f., BGE 53 II 39 , 139 f., BGE 56 II 426 , BGE 82 II 424 , BGE 83 II 22 f.). Diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Kläger als Laie durfte die Angaben der fachkundigen Beklagten nach Treu und Glauben als Grundlage des Vertrages betrachten, da die Beklagte sie machte, um ihn zum Abschluss des Vertrages zu bewegen. 3. Der Auffassung des Obergerichts, der Kläger habe sich über die Rentabilität des zu gründenden Geschäftes geirrt, hält die Beklagte entgegen, die in ihrer "Annahme" genannten Zahlen liessen sich nicht ohne weiteres als unrichtig bezeichnen, denn der Kläger habe ja noch gar nicht versucht, mit der Anlage zu arbeiten. Was die Leistungsfähigkeit der Maschine betreffe, könnten die Berechnungen der beiden Sachverständigen möglicherweise theoretisch richtig sein, doch ständen sie mit der Praxis im Widerspruch, da alle Zeugen erklärten, dass sie die im Prospekt angegebenen Leistungen unschwer herausbrächten. Mit diesen Anbringen versucht die Beklagte die Vorstellungen, die der Kläger sich machte, als richtig hinzustellen, den Irrtum also zu widerlegen. Das ist unzulässige Beanstandung der Beweiswürdigung und daher nicht zu hören. Das Bundesgericht ist an die Feststellungen gebunden, die das Obergericht auf Grund der beiden Gutachten gemacht hat, dahin lautend, dass teils wegen periodisch flauen Geschäftsganges, teils wegen geringerer Leistungsfähigkeit der Maschine mit der verkauften Anlage nicht ein Jahresverdienst von Fr. 28'600.-- erzielt BGE 84 II 515 S. 520 werden kann, wie der Kläger auf Grund der Angaben der Beklagten glaubte, sondern bestenfalls ein solcher von etwa Fr. 6000.--. Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass der Kläger sich auch in dieser Hinsicht im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR in einem wesentlichen Irrtum befunden hat, als er den Vertrag abschloss. Die Beklagte geht am Kern der Sache vorbei, wenn sie einwendet, sie habe dem Kläger gar nicht einen bestimmten Umsatz fest zusichern können, da sie ihm nicht ein Geschäft, sondern nur Maschinen verkauft habe; sie habe dem Kläger nur die sich bietende Möglichkeit zeigen wollen; er hätte sich selbstverständlich die Kundschaft erst noch durch Fleiss und Tüchtigkeit erschaffen müssen; auch hätte er nicht alles, was ihm die Beklagte erzählte, für bare Münze nehmen sollen; er hätte ihre Behauptungen ohne grosse Mühe überprüfen können; sie seien ohne weiteres berechtigt gewesen, da die Praxis sogar gewagte Behauptungen zulasse. Es geht weder um die Frage, ob die Beklagte den Kläger absichtlich getäuscht oder sogar im strafrechtlichen Sinne betrogen hat, noch um die Frage, ob er ihren unrichtigen Angaben hätte misstrauen sollen. Tatsache ist, dass er sich auf sie verlassen und dass seine unzutreffende Vorstellung ihn zum Kaufe bewogen hat. Der Irrtum bezog sich auf den Beweggrund, betraf aber einen Sachverhalt, den der Kläger nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als notwendige Grundlage des Vertrages betrachten durfte, nachdem die Beklagte selber darauf ausgegangen war, durch Angaben über die Leistungsfähigkeit der Maschine und den angeblich erzielbaren Jahresverdienst im Kläger die betreffende Vorstellung zu erwecken und ihn dadurch zum Abschluss des Vertrages zu bewegen. Wer die Aussicht auf eine "selbständige Existenz" als Lockmittel für die Werbung von Käufern gebraucht und durch rechnerische Angaben von der Art der vorliegenden untermauert, muss sich, mag er selber gut- oder bösgläubig sein, bei seinen "Annahmen" behaften BGE 84 II 515 S. 521 lassen, wenn der andere durch sie in die Irre geführt und zum Abschluss des Vertrages bewogen wird. Der Kläger durfte sich um so mehr auf die Angaben der Beklagten verlassen und sie als Grundlage des Vertrages betrachten, als die Beklagte fachkundig ist, während er selber die nötige Erfahrung nicht besass. 4. Ist der Vertrag für den Kläger schon aus den in Erwägungen 2 und 3 dargelegten Gründen unverbindlich und die Klage daher mit Recht gutgeheissen worden, so kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger sich beim Vertragsabschluss auch über das Kapital, das er zur Gründung des Geschäftes benötigen würde, in einem wesentlichen Irrtum befunden hat. Von selbst versteht sich das nicht, da der Kläger schon aus dem vereinbarten Kaufpreis, zu dem die Kosten der Einrichtung noch hinzugekommen wären, erkennen konnte, dass die im Inserat der Beklagten enthaltene Angabe über den Kapitalbedarf unzuverlässig war. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen, und das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 11. Februar 1958 wird bestätigt.
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Urteilskopf 125 III 138 26. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. Januar 1999 i.S. A. GmbH und B. AG gegen C. AG u. Mitb. (Berufung)
Regeste Bundesrechtliche Verfahrensvorschriften in aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsprozessen ( Art. 759 Abs. 2 OR ). Kosten- und Entschädigungsfolgen, wenn mehrere Beteiligte gemeinsam für den Gesamtschaden eingeklagt wurden (Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 138 BGE 125 III 138 S. 138 Am 3. Juli 1992 fiel die L. AG, Engwilen in Konkurs. Die A. GmbH, Konstanz und die B. AG, Güttingen (Klägerinnen), beide Gläubigerinnen der Konkursitin, machten am 30. Oktober 1996 beim Bezirksgericht Kreuzlingen eine Verantwortlichkeitsklage anhängig, nachdem sie sich die entsprechenden Rechte von der Masse hatten abtreten lassen. Neben sieben Verwaltungsräten fassten sie auch die beiden zu unterschiedlichen Zeiten tätig gewesenen Revisionsstellen ins Recht. Es wurde verlangt, die Beklagten solidarisch zu verpflichten, der A. GmbH Fr. 24'143.15 und der B. AG Fr. 38'853.-- zu bezahlen, je nebst Zins. Zur Begründung führten die Klägerinnen im Wesentlichen an, im Jahre 1990 sei durch eine unzulässige Aufwertung von Liegenschaften ein Betriebsverlust vertuscht worden. Das Bezirksgericht und am 5. Februar 1998 auch das Thurgauer Obergericht wiesen die Klage ab. Das Bundesgericht weist die von den Klägern gegen das obergerichtliche Urteil erhobene eidgenössische Berufung ab, soweit es darauf eintritt, Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. Sodann machen die Klägerinnen geltend, die Vorinstanz habe auch bei der Regelung der Parteientschädigung Bundesrecht verletzt. Nach der Rechtsprechung zu Art. 759 Abs. 2 OR hätte ihnen nur eine am eingeklagten Gesamtschaden ausgerichtete Entschädigung für eine einzige Gegenpartei auferlegt werden dürfen. Im angefochtenen Urteil wurde indessen die Meinung vertreten, hier rechtfertige BGE 125 III 138 S. 139 sich, den Revisionsstellen und den Verwaltungsräten je als Gruppe eine separate Parteientschädigung zuzusprechen. Weil die jeweiligen Verantwortlichkeiten unterschiedlichen Voraussetzungen unterlägen und daher gesondert geprüft werden müssten, sei nicht zu beanstanden, dass sich die beiden Gruppen von Beklagten einzeln hätten vertreten lassen. a) Das Bundesgericht entschied in BGE 122 III 324 (E. 7b S. 325), der bei einem aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsprozess unterliegende Kläger, der mehrere Beteiligte solidarisch für den Gesamtschaden eingeklagt hat, solle das Prozesskostenrisiko nur gegenüber einer einzigen Gegenpartei tragen. Ausserdem wurde festgehalten, dass bei Zuspruch der Klage die Beklagten die Parteikosten (extern) solidarisch zu tragen haben, unbesehen der internen Haftungsquoten. b) Soweit ersichtlich hat dieser Entscheid, der sich an die Auffassung von Böckli anlehnt (Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., Rz. 2029c und d), weitgehend Zustimmung gefunden (VOGEL, ZBJV 133/1998 S. 773, bezeichnet ihn allerdings als «kühn»; TERCIER/STOFFEL, SZW 1997 S. 235, halten ihn für «bien fondé»). Einzig TRIGO TRINDADE (SJ 1998 S. 16 f.) spricht einer gewissen «souplesse» das Wort und will die Kostenverlegung - jedenfalls bei grundsätzlich gegebener Solidarität - in das gerichtliche Ermessen stellen. c) In einem Entscheid vom 15. Oktober 1998 hat das Bundesgericht präzisierend festgehalten, dass die in BGE 122 III 324 aufgestellten Grundsätze nicht apodiktisch zu verstehen seien. So wurde ausgeführt, dass die Kostenverteilung nach Art. 759 Abs. 2 OR in der Lesart jenes Entscheids nur für das erstinstanzliche Verfahren zwingend gelte, im Rechtsmittelverfahren aber die allgemeinen kantonalen Prozessvorschriften für die Kostenliquidation Anwendung finden könnten. Der subjektiv-historisch hergeleitete Schutzzweck von Art. 759 Abs. 2 OR entfalle im Rechtsmittelverfahren, da dort die Unsicherheit bezüglich der ins Recht zu fassenden Beteiligten weitgehend ausgeräumt sei. Ausserdem wurde bemerkt, die in der umstrittenen Bestimmung enthaltene bundesrechtliche Verfahrensvorschrift sei nicht dahingehend zu verstehen, dass der erstinstanzliche Richter die Kosten und Entschädigungen ohne jeglichen Ermessensspielraum allen Streitgenossen auferlegen müsse, sondern den Umständen des Einzelfalls durchaus Rechnung tragen dürfe. d) Eine strikte Handhabung des in BGE 122 III 324 für den Fall der Klageabweisung aufgestellten Grundsatzes hat ihre Berechtigung, BGE 125 III 138 S. 140 wenn mehreren beklagten Streitgenossen gegenüber identische Vorwürfe erhoben werden und eine gemeinsame Vertretung nicht ausgeschlossen ist. Es vermag jedoch in Fällen nicht zu befriedigen, in denen mehrere Beklagte intern in einem Interessenkonflikt stehen und einem Anwalt bereits standesrechtlich untersagt ist, alle gemeinsam zu vertreten, weil sie sich gegenseitig belasten. Hätte der Kläger unter diesen Umständen nur die Entschädigung für eine einzige Gegenpartei auszurichten, müssten die je einzeln vertretenen, obsiegenden Streitgenossen jedenfalls einen Teil der eigenen Prozesskosten tragen, weil sie nur anteilsmässig entschädigt würden und intern eine Kostenteilung zufolge Abweisung der Klage gegen alle nicht möglich wäre. Dies würde im Ergebnis zu einer Art partieller Kausalhaftung der obsiegenden Beklagten für den eigenen Verfahrensaufwand führen, die dem schweizerischen Prozessrechtsverständnis grundsätzlich fremd ist. Daraus ergibt sich, dass den beklagten Streitgenossen unter bestimmten Umständen ein Anspruch auf mehrere Parteientschädigungen nicht aberkannt werden darf. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn sie begründeten Anlass hatten, sich einzeln oder in Gruppen vertreten zu lassen. Bestand jedoch für eine getrennte Vertretung kein objektiv-sachlicher Grund, ist an dem in BGE 122 III 324 aufgestellten Grundsatz festzuhalten und nur eine einfache Parteientschädigung zu sprechen. e) Vorliegend wurden einerseits Revisionsstellen, anderseits Verwaltungsräte eingeklagt. Da die beiden Gruppen aus unterschiedlichem tatsächlichem Klagefundament belangt wurden, rechtfertigte sich eine getrennte Parteivertretung. Die Kostenliquidation der Vorinstanz hält damit vor Bundesrecht Stand.
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d9d31f57-72db-4d39-8954-1ab63894d5d6
Urteilskopf 120 V 196 29. Urteil vom 13. Juni 1994 i.S. Schweizerische Grütli, Bern, gegen H. und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 KUVG , Art. 12 Abs. 4 KUVG . Beim Anspruch auf ambulante Krankenpflege einerseits und jenem auf stationäre Krankenpflege anderseits handelt es sich um zwei verschiedene gesetzlich(-statutarische) Leistungsberechtigungen (Erw. 2b). Es ist daher möglich, dass jemand während eines stationären Aufenthalts in einer Heilanstalt Anspruch auf ambulante Krankenpflege begründet (Erw. 2c). Ist dies der Fall, kann einem Versicherten die ausschliesslich für stationäre Krankenpflege (und Badekuren) geltende zeitliche Leistungslimitierung in Art. 12 Abs. 4 KUVG nicht entgegengehalten werden (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 197 BGE 120 V 196 S. 197 A.- H., geboren 1900, lebt nach unfallbedingten Spital- und Rehabilitationsaufenthalten seit 3. Mai 1989 im Alters- und Pflegeheim X. Mit Verfügung vom 14. Oktober 1992 eröffnete ihre Krankenkasse, die Schweizerische Grütli (Grütli), der Tochter, dass die Leistungsdauer für die in stationärer Behandlung stehende Mutter erschöpft und sie deswegen nicht gewillt sei, zwei eingereichte ambulante Arzt- und Apothekerrechnungen in der Höhe von gesamthaft Fr. 797.70 zu bezahlen. B.- H. liess Beschwerde erheben mit dem Antrag, die Grütli sei anzuhalten, die Rechnungen für Arzt und Medikamente weiterhin zu bezahlen, da es dabei nicht um Aufwendungen für stationäre, sondern für ambulante Kosten gehe, welche reglementsgemäss während unbeschränkter Dauer gewährt werden müssten. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess diese Beschwerde nach zweifachem Schriftenwechsel gut und wies die Grütli an, die versicherten Leistungen im Sinne der Erwägungen weiterhin auszurichten. Das Gericht stützte sich dabei auf die Überlegung, die Erschöpfung der Leistungsberechtigung setze den Aufenthalt in einer Heilanstalt voraus, welche Qualifikation dem Alters- und Pflegeheim X nicht zukomme (Entscheid vom 4. September 1993). C.- Die Grütli erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt Aufhebung des kantonalen Entscheides. Sie bestreitet im wesentlichen die Sichtweise BGE 120 V 196 S. 198 der Vorinstanz, dass es sich beim Alters- und Pflegeheim X nicht um eine Heilanstalt handle, welche, bei entsprechend langem Aufenthalt, geeignet sei, Erschöpfungsfolgen für die Leistungsberechtigung zu zeitigen. Während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme verzichtet, schliesst H. in ihrer Vernehmlassung mit dem Begehren auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. a) Der vorliegende Prozess entspannte sich über der Frage, ob die beschwerdeführende Krankenkasse für ambulante Behandlungen Rechnungen des Dr. med. S. und der Apotheke im S. zu übernehmen habe oder nicht. In diesem Zusammenhang zerstritten sich die Parteien darüber, ob das Alters- und Pflegeheim X, in welchem sich die Beschwerdegegnerin seit 3. Mai 1989 aufhält, eine Heilanstalt im Sinne des Pflichtleistungsrechts darstelle. Dies zufolge der Annahme der Kasse, ein (stationärer) Aufenthalt in einer solchen Heilanstalt vermöge die Leistungsberechtigung reglementsgemäss (Art. 18 Abs. 2 Leistungsreglement Grütli) und gesetzeskonform ( Art. 12 Abs. 4 KUVG ) auf 720 Tage innerhalb von 900 aufeinanderfolgenden Tagen zu beschränken, was bei der Beschwerdegegnerin (am 18. März 1991) eingetreten sei. b) Hiezu ist zu bemerken, dass einerseits Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG und Art. 18 Abs. 1 Leistungsreglement den Anspruch auf ambulante Krankenpflege beschlagen, anderseits Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG und Art. 18 Abs. 2 Leistungsreglement denjenigen auf stationäre Krankenpflege. Indem sie die Leistungsberechtigung bzw. deren Andauern allein von der Charakterisierung der Aufenthaltseinrichtung der Versicherten als Heilanstalt im Sinne des Pflichtleistungsrechts abhängig machen, übersehen sowohl die Parteien als auch die Vorinstanz, dass es sich bei ambulanter und stationärer Krankenpflege um zwei verschiedene gesetzlich-statutarische Leistungsberechtigungen handelt, die nicht miteinander vermengt werden dürfen. c) Selbst wenn man mit der beschwerdeführenden Krankenkasse annehmen wollte, das Alters- und Pflegeheim X sei eine Heilanstalt im Sinne des KUVG, würde dies nichts daran ändern, dass die Leistungen, welche die Beschwerdegegnerin von der Grütli verlangt, die ambulante Krankenpflege BGE 120 V 196 S. 199 betreffen. Denn nicht jede ärztliche Verabreichung oder Therapie, die einem Versicherten zuteil wird, während er sich in einer Heilanstalt aufhält, stellt eine Leistung aus stationärer Krankenpflege dar. Das ergibt sich ohne weiteres aus der ständigen Rechtsprechung zu Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG , wonach der Umstand allein, dass sich der Versicherte in einem Spital im Sinne des KUVG befindet, noch nicht den Anspruch auf Leistungen im Hospitalisationsfalle begründet; vielmehr muss der Versicherte an einer Krankheit leiden, welche die spitalmässige Infrastruktur notwendig macht (RKUV 1994 Nr. K 929 S. 19 f. Erw. 2b mit Hinweisen). Es ist daher nach der gesetzlichen Leistungssystematik durchaus möglich, dass ein Versicherter (auf eigene Kosten) in einer Institution liegt, die als Heilanstalt im Sinne des KUVG gilt, und während dieses (stationären) Aufenthalts ambulanter Krankenpflegeleistungen bedarf, die nicht Hospitalisationsbedürftigkeit und daher nicht den dafür vorgesehenen gesetzlich-statutarischen Leistungsanspruch begründen, wohl aber denjenigen auf ambulante Krankenpflege. 3. Im vorliegenden Fall darf aufgrund der Ausführungen der Versicherten und der - unbestritten gebliebenen - vorinstanzlichen Feststellungen über die Krankengeschichte und den Verlauf der Unfälle gefolgert werden, dass die Beschwerdegegnerin sich nicht wegen ihrer seit 1980 bestehenden Zuckerkrankheit, wegen welcher sie von Dr. med. S. behandelt wird, im Alters- und Pflegeheim X aufhält, sondern wegen ihrer, durch die verschiedenen Unfälle wohl verstärkten, Hilflosigkeit (für welche sie denn ja auch eine Hilflosenentschädigung der AHV bezieht). Wenn die Beschwerdegegnerin von ihrer Krankenkasse die Insulinbehandlung vergütet haben will, macht sie demnach einen zeitlich unbefristeten Anspruch aus ambulanter Krankenpflege nach Art. 18 Abs. 1 Leistungsreglement geltend, und nicht einen solchen aus Krankenpflege im Heilanstaltsfall, weshalb man ihr, wie die Vorinstanz im Ergebnis richtig entschieden hat, die ausschliesslich für letzten massgebliche zeitliche Limitierung in Art. 18 Abs. 2 Leistungsreglement nicht entgegenhalten kann.
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d9d68646-4c24-4eed-9422-901965d315f6
Urteilskopf 106 Ia 404 66. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 23 avril 1980 en la cause N. contre Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Untersuchungshaft; provisorische Haftentlassung. Art. 27 GE-KV, Art. 5 Ziff. 3 EMRK . Die Schwere des zu beurteilenden Deliktes allein vermag eine Haftverlängerung nach Abschluss der gegen den Beschuldigten geführten Untersuchung nicht zu rechtfertigen. Hinzutreten muss ein besonderer Haftgrund, wie namentlich die Gefahr der Wiederholung, der Kollusion oder der Flucht.
Sachverhalt ab Seite 404 BGE 106 Ia 404 S. 404 N. a été arrêté à Genève le 27 avril 1979 pour avoir participé, en compagnie de trois autres personnes, à une attaque à main armée contre une station-service. Il a été inculpé de vol, de vol d'usage et de brigandage. La Chambre d'accusation a autorisé la prolongation de sa détention à quatre reprises dès le 4 mai 1979; elle a également rejeté plusieurs demandes de mise en liberté provisoire formées par l'inculpé. L'instruction ouverte contre N. a été officiellement terminée le 30 août 1979. Par requête du 25 janvier 1980, celui-ci a sollicité à nouveau sa mise en liberté provisoire, qui a été refusée. BGE 106 Ia 404 S. 405 La Chambre d'accusation a considéré que la gravité de l'infraction dont doit répondre le prévenu est telle qu'elle fait obstacle à une mise en liberté provisoire, la détention n'étant pas disproportionnée par rapport à la nature des actes commis. Saisi d'un recours de droit public formé par N., le Tribunal fédéral l'a admis et a ordonné la mise en liberté provisoire de N. Erwägungen Extrait des motifs: 3. Selon l'art. 27 de la Constitution genevoise (Cst. gen.), dont les termes sont repris par l' art. 154 CPP , la mise en liberté ne peut être refusée que si: a) la gravité de l'infraction l'exige; b) les circonstances font penser qu'il y a danger de fuite, de collusion, de nouvelle infraction; c) l'intérêt de l'instruction l'exige. ... 4. Dans l'arrêt S. contre Chambre d'accusation et procureur général du canton de Genève, du 8 août 1978, le Tribunal fédéral a déclaré qu'il pouvait se dispenser d'examiner si la gravité de l'infraction est suffisante à elle seule pour justifier le maintien de la détention préventive, ou s'il doit s'y ajouter la réalisation d'une autre des conditions énumérées à l'art. 27 lettres b et c Cst. gen.; en effet, dans ce cas, le risque de fuite et le danger de réitération avaient aussi été retenus, avec raison, et l'instruction n'était d'ailleurs pas terminée. D'autre part, dans l'arrêt du 19 décembre 1979 concernant le même détenu, le Tribunal fédéral a relevé - mais en passant et sans avoir non plus à trancher la question pour la solution du cas - que "le simple fait de la gravité de l'infraction, sans qu'il y ait risque de fuite, de collusion, de réitération ou sans que le maintien en détention soit commandé par les besoins de l'instruction, ne serait sans doute pas suffisant pour autoriser ce maintien". Dans la présente affaire, où seule subsiste, parmi les motifs énumérés à l' art. 27 Cst. gen., la gravité de l'infraction, l'examen de cette question ne peut plus être évité. a) La Chambre d'accusation et le procureur général estiment que les conditions de l' art. 154 CPP (qui sont les mêmes que celles de l' art. 27 Cst. gen.) ne sont pas cumulatives et que l'existence d'une seule d'entre elles suffit pour justifier la prolongation de la détention. Le recourant estime au contraire que la gravité de l'infraction ne suffit pas à elle seule pour justifier cette mesure. BGE 106 Ia 404 S. 406 Pour résoudre cette question, il faut prendre aussi en considération la portée des droits protégés par la convention européenne. En énumérant ces droits, ladite convention reprend à son compte et développe des dispositions que les constitutions de nombreux Etats contiennent ou que les Etats membres reconnaissent comme droits constitutionnels non écrits. Les droits protégés par la convention européenne doivent donc être définis en relation avec les droits individuels de notre droit constitutionnel écrit et non écrit. Le point de savoir si la prolongation de la détention du recourant se justifie doit donc être examiné à la lumière de la garantie de la liberté personnelle découlant du droit constitutionnel fédéral, mais il doit aussi s'apprécier en fonction des garanties accordées par la convention européenne ( ATF 105 Ia 29 consid. 2b; 102 Ia 381 consid. 2 et les arrêts cités). b) Les deux dispositions de la convention européenne dont le recourant allègue la violation prévoient que "nul ne peut être privé de sa liberté sauf... s'il a été arrêté et détenu en vue d'être conduit à l'autorité judiciaire compétente, lorsqu'il y a des raisons plausibles de soupçonner qu'il a commis une infraction ou qu'il y a des motifs raisonnables de croire à la nécessité de l'empêcher de commettre une infraction ou de s'enfuir après l'accomplissement de celle-ci" (art. 5 par. 1 lettre c) et que "toute personne arrêtée ou détenue dans les conditions prévues au paragraphe 1c du présent article... a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable, ou libérée pendant la procédure" (art. 5 par. 3). Selon la jurisprudence de la Cour européenne, la disposition de l' art. 5 par. 3 CEDH ne peut pas être comprise comme offrant aux autorités judiciaires une option entre la mise en jugement dans un délai raisonnable et une mise en liberté provisoire, fût-elle subordonnée à des garanties. L'objet de cette disposition est essentiellement d'imposer la mise en liberté provisoire du moment où le maintien en détention cesse d'être raisonnable (arrêt Neumeister du 27 juin 1968, en droit, consid. 4 p. 37). Pour apprécier si, dans un cas déterminé, la détention d'une personne accusée ne dépasse pas la limite raisonnable, il importe de rechercher toutes les circonstances de nature à faire admettre - ou à faire écarter - l'existence d'une véritable exigence d'intérêt public justifiant une dérogation à la règle du respect de la liberté individuelle (même arrêt, consid. 5). BGE 106 Ia 404 S. 407 En ce qui concerne le danger de fuite, la Cour européenne a déclaré que si la gravité de la peine à laquelle l'accusé peut s'attendre en cas de condamnation peut être légitimement retenue comme de nature à l'inciter à fuir... l'éventualité d'une condamnation sévère ne suffit pas à cet égard (arrêt Wemhoff du 27 juin 1968, en droit, consid. 14 p. 25) et que, lorsque le maintien en détention n'est plus motivé que par la crainte de voir l'accusé se soustraire par la fuite à sa comparution ultérieure devant la juridiction de jugement, la libération provisoire doit être ordonnée s'il est possible d'obtenir de lui des garanties assurant cette comparution (même arrêt, consid. 15). c) Il est vrai que la gravité de l'infraction et, partant, la gravité de la peine à laquelle l'accusé peut s'attendre en cas de condamnation, permet souvent de faire craindre un risque de fuite; parfois aussi, le caractère dangereux de l'inculpé, révélé par la gravité de l'infraction, peut faire craindre un danger de réitération. Mais des risques abstraits ne suffisent pas; l'éventualité d'une fuite pour échapper à une poursuite pénale existe en soi dans toute procédure pénale (cf. ATF 102 Ia 381 consid. 2a; ATF 95 I 242 ). Il ne suffit pas que la fuite soit objectivement possible; il faut encore que le risque de voir le condamné se soustraire à une poursuite pénale ou à l'exécution d'une peine présente une certaine vraisemblance (cf. ATF 95 I 242 ). Or, en l'espèce, la Chambre d'accusation a reconnu qu'un risque concret de fuite n'existait pas, "au vu des explications données et de la situation du prévenu" (ordonnance du 7 septembre 1979). Elle n'a d'autre part jamais retenu formellement un risque de réitération qui découlerait du caractère dangereux de N. (lequel est un délinquant primaire, selon les déclarations contenues dans son recours et non contestées par la Chambre d'accusation ou par le procureur général). Comme l'instruction est terminée en ce qui concerne N., le maintien du recourant en détention préventive équivaut pratiquement à une exécution anticipée de la peine, et c'est bien ainsi que l'entendent implicitement la Chambre d'accusation et le procureur général, qui relèvent tous deux qu'il n'y a pas de disproportion entre la durée de la détention et la peine à laquelle le recourant peut s'attendre. Or l'exécution anticipée de la peine, là où elle est prévue par le droit cantonal, est subordonnée au consentement exprès de l'inculpé (cf. ATF 104 Ib 27 consid. 3a); sans un tel consentement, BGE 106 Ia 404 S. 408 elle est inadmissible; elle équivaudrait en effet à la violation du principe de la présomption d'innocence, garanti par l' art. 6 par. 2 CEDH . Ainsi la gravité de la faute, lorsqu'elle n'est pas accompagnée d'une des autres conditions énumérées aux art. 27 Cst. gen. et 154 CPP, notamment d'un danger concret de réitération, de collusion ou de fuite, ne suffit pas à elle seule à justifier, après la fin de l'instruction, la prolongation de la détention préventive. Dans ces conditions, le recours doit être admis et les décisions attaquées annulées, sans qu'il soit nécessaire d'examiner si, comme le prétend le recourant, la gravité de l'infraction est tempérée en l'espèce par des raisons subjectives particulières.
public_law
nan
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1,980
CH_BGE
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CH
Federation
d9dc874f-e504-4536-869a-4333d3c44479
Urteilskopf 114 IV 78 24. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 25. April 1988 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Procureur général du canton de Genève
Regeste Art. 350 Ziff. 1 StGB ; Gerichtsstand. Angehoben ist die Untersuchung bei Offizialdelikten mit dem Eingang der Strafanzeige bei der zuständigen Behörde; dazu genügt die mündlich erstattete Anzeige des Geschädigten, selbst wenn das kantonale Prozessrecht vorschreibt, die Anzeige sei schriftlich einzureichen.
Erwägungen ab Seite 78 BGE 114 IV 78 S. 78 Aus den Erwägungen: 1. a) Gemäss Art. 350 Ziff. 1 StGB sind, wird jemand wegen mehrerer, an verschiedenen Orten verübter strafbarer Handlungen verfolgt, die mit der gleichen Strafe bedroht sind, die Behörden des Ortes zuständig, wo die Untersuchung zuerst angehoben wird. Nach ständiger Rechtsprechung gilt bei Offizialdelikten die Strafuntersuchung mit dem Eingang einer Strafanzeige bei der zuständigen Behörde, insbesondere der gerichtlichen Polizei, als angehoben ( BGE 106 IV 34 E. 3c mit Hinweisen). Umstritten ist im vorliegenden Fall einzig, ob eine schriftliche Anzeige erforderlich sei, oder ob eine mündlich erstattete Anzeige des Geschädigten genüge, um die Strafverfolgung in Gang zu setzen. b) Der Strafanspruch steht ausschliesslich dem Staat zu ( BGE 108 Ia 99 E. 1 mit Hinweisen). Um ihn durchzusetzen, sind die staatlichen Organe grundsätzlich verpflichtet, bei jedem Verdacht - auch ohne Anzeige eines Betroffenen, ja sogar gegen dessen Willen - die Strafverfolgung einzuleiten, d.h. von Amtes wegen zu handeln (ROBERT HAUSER, Kurzlehrbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Auflage, Basel 1984, S. 126 f.; GÉRARD PIQUEREZ, Précis de procédure pénale suisse, Lausanne 1987, BGE 114 IV 78 S. 79 S. 151 N 680). Dieser Regel kommt in Anbetracht des staatlichen Monopols zur Strafverfolgung allgemeine Gültigkeit zu; sie hat denn auch in der einen oder anderen Form in sämtliche kantonale Strafprozessordnungen Eingang gefunden (PIQUEREZ, a.a.O., S. 151 N 680). Genügt demnach das blosse Wissen um eine möglicherweise verübte, als Offizialdelikt strafbare Handlung, damit die Organe der gerichtlichen Polizei tätig werden müssen, so kann es nicht darauf ankommen, in welcher Form sie durch den Betroffenen davon erfahren haben; ob dieser seine Mitteilung schriftlich oder nur mündlich erstatte, bleibt daher ohne Belang, selbst wenn das kantonale Strafprozessrecht vorschreibt, eine Strafanzeige sei schriftlich einzureichen. Etwas anderes anzunehmen hiesse, den feststehenden Grundsatz missachten, wonach das kantonale Verfahrensrecht die Durchsetzung des materiellen Bundesrechts nicht erschweren oder gar verhindern darf ( BGE 108 Ia 101 E. 3a), und auf die uneingeschränkte Anwendung der bundesrechtlichen Gerichtsstandsvorschriften, welche ihrem Wesen nach eine einheitliche sein muss ( BGE 68 IV 5 f. E. 4), zu verzichten.
null
nan
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1,988
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CH_BGE_006
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Federation
d9e04841-0b51-44ba-9a7f-53468fce8ebd
Urteilskopf 140 III 145 23. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Stadt Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_600/2013 vom 21. März 2014
Regeste Art. 490 Abs. 3; Art. 544 Abs. 1 bis und Art. 545 Abs. 1 ZGB . Anfechtung der Nacherbeneinsetzung durch den Vorerben; Wahrung der Interessen des Nacherben. Im konkreten Fall genügt zur Interessenwahrung die Errichtung einer Beistandschaft in analoger Anwendung von Art. 544 Abs. 1 bis ZGB (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 146 BGE 140 III 145 S. 146 A. A.a Am 25. September 1990 verfasste A. (geb.1909) ein Testament, mit dem sie ihrem einzigen gesetzlichen Erben B. ihr Grundstück Nr. x, Grundbuch C. als Vorerbschaft übertrug mit der Pflicht, es bei seinem Ableben seinen zukünftigen Nachkommen, bei deren Fehlen seiner künftigen Frau auszuhändigen. Des weiteren setzte sie X. als Willensvollstrecker ein. A.b A. verstarb am 28. Januar 1997. B. erwirkte in der Folge die Eintragung als Eigentümer des Grundstücks Nr. x, Grundbuch C. ohne Vormerkung der testamentarisch verfügten Auslieferungspflicht an die Nacherben. Am 21. November 2012 reichte B. beim Friedensrichteramt der Stadt Y. gegen seine potentiellen Nacherben im Nachlass der A. ein Schlichtungsgesuch betreffend negative Feststellungsklage ein. Er beantragte damit, es sei festzustellen, dass er im Nachlass von A. als Alleinerbe nicht mit einer Nacherbschaft belastet sei. B. X. beantragte in seiner Eigenschaft als Willensvollstrecker bei der damaligen Vormundschaftsbehörde der Stadt Y. die Errichtung einer Beistandschaft zur Sicherung der Anwartschaft der nicht vorhandenen Nacherben im Nachlass von A. Die angerufene Instanz wies das Begehren ab. Der gegen diesen Entscheid erhobenen Beschwerde von X. gab das Justiz- und Sicherheitsdepartement des Kantons Luzern nicht statt. Die von X. dagegen beim Kantonsgericht Luzern erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde blieb erfolglos. C. X. hat den Entscheid des Kantonsgerichts beim Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen angefochten. Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, für die potentiellen Nacherben des B. im Nachlass der A. eine Beistandschaft zu errichten und durch die zuständige Erwachsenenschutzbehörde einen Beistand ernennen zu lassen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach der geltenden Rechtsordnung kann die Erbschaft oder eine Erbschaftssache auf dem Wege der Nacherbeneinsetzung oder des Nachvermächtnisses einer Person zugewendet werden, die zur Zeit des Erbfalls nicht lebt bzw. nicht gezeugt worden ist ( Art. 545 Abs. 1 ZGB ). 3.1 Mit Bezug auf die Frage der Bestellung eines Beistands hat das Bundesgericht in BGE 73 II 85 /86 unter dem Recht von 1912 in BGE 140 III 145 S. 147 einem obiter dictum zur Interessenwahrung von Destinatären einer Stiftung die Bestellung einer Beistandschaft für zukünftige Generationen erwogen; dabei hat es allerdings nicht präzisiert, welche Bestimmung als gesetzliche Grundlage für eine solche Beistandschaft dienen könnte. Unter dem Recht von 1912 hat sich die Lehre zur hier strittigen Frage verschiedentlich geäussert: Für HANS MICHAEL RIEMER (Beistandschaften für mögliche Personen, insbesondere für mögliche Erben, in: Familie und Recht, Festgabe [...] Bernhard Schnyder, 1995,S. 563) kam die Bestellung eines Beistands - wohl unter Berufung auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung - nötigenfalls auch für den noch nicht gezeugten Nacherben ( nondum conceptus ) infrage. Der gleichen Auffassung war PAUL EITEL (Die Funktionen der[nach Erbrecht oder Vormundschaftsrecht] "zuständigen Behörden" bei der Nacherbeneinsetzung, AJP 2000 S. 630/634 ff.), wobei dieser Autor zur umfassenden Wahrung der Interessen der nondum concepti die Beistandschaft gemäss Art. 393 Ziff. 3 ZGB in der Fassung von 1912 (Vermögensverwaltungsbeistandsschaft infolge Ungewissheit der Erbfolge; nachfolgend aArt. 393 Ziff. 3 ZGB) meinte. Demgegenüber war ein anderer Teil der Lehre der Ansicht, eine Vermögensverwaltungsbeistandschaft nach aArt. 393 Ziff. 3 ZGB sei in jedem Fall nur für namentlich bekannte Erben möglich; bei mutmasslichem Vorhandensein namentlich unbekannter Erben sei dagegen die Erbschaftsverwaltung anzuordnen (SCHNYDER/MURER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1984, N. 11 zu Art. 393 ZGB ; ERNST LANGENEGGER, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2010, N. 3 zu Art. 393 ZGB ). 3.2 Mit Bezug auf das neue Recht hält RUDOLF BAK (Herabsetzungs- und Ungültigkeitsklage gegen noch nicht gezeugte Nacherben [nondum concepti], AJP 2013 S. 446)dafür, die Einsetzung des nondum conceptus als Nacherben gestützt auf Art. 545 Abs. 1 ZGB könne mit dem bundesrechtlich eingeräumten Pflichtteils- und Ungültigkeitsschutz (Art. 519/531 ZGB) des Vorerben kollidieren. Sowohl die Herabsetzungs- als auch die Ungültigkeitsklage sei innerhalb einer einjährigen Verwirkungsfrist zu erheben. In einem allfälligen Testamentsanfechtungsverfahren gelte es daher, dem nondum conceptus die Parteifähigkeit zuzuerkennen. Zur Gewährleistung der Prozessfähigkeit sei ferner die Zulässigkeit bzw. Notwendigkeit eines Vertretungsbeistandes gemäss Art. 394 ZGB (in der Fassung gemäss Ziff. I 1 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2008, in Kraft seit 1. Januar 2013, AS 2011 725, BBl 2006 7001; nachfolgend: geltende Fassung) zu befürworten. BGE 140 III 145 S. 148 3.3 Im Gegensatz zum alten Vormundschaftsrecht beschränkt sich das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Erwachsenenschutzrecht bei den behördlichen Massnahmen auf Beistandschaften für volljährige natürliche und somit rechtsfähige Personen ( Art. 390 Abs. 1 1 . Satz ZGB). Beistandschaften für juristische Personen und Sammelvermögen sind im neuen Recht nicht mehr zu finden (MEIER/LUKIC, Introduction au nouveau droit de la protection de l'adulte, 2011, S. 17 Rz. 33; HELMUT HENKEL, in: Basler Kommentar, Erwachsenenschutz, 2012, N. 1 zu Art. 390 ZGB ; DANIEL ROSCH, in: Das neue Erwachsenenschutzrecht, 2011, N. 1 zu Art. 390 ZGB ). Eine aArt. 393 Ziff. 3 ZGB (Vermögensverwaltungsbeistandschaft infolge Ungewissheit der Erbfolge) entsprechende Norm ist nicht Gesetz geworden. Hingegen wurde mit der Revision die neue Bestimmung des Art. 544 Abs. 1 bis ZGB geschaffen, die den Art. 544 ZGB ergänzt. Danach ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind vor der Geburt ( nasciturus ) einen Beistand, falls es seine Interessen erfordern. Damit soll die Kindesschutzbehörde künftig namentlich einer allfälligen Interessenkollision zwischen Mutter und ungeborenem Kind Rechnung tragen können. Nach Auffassung des Bundesrates wurde folglich die Regelung von aArt. 393 Ziff. 3 ZGB überflüssig (Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006 7106 zu Art. 544 Abs. 1 bis neu). Damit wurde indes übersehen, dass die genannte Bestimmung zwei Sachverhalte, nämlich die Verwaltung des Vermögens bei Ungewissheit der Erbfolge einerseits und die Wahrung der Interessen des Kindes vor der Geburt anderseits regelte. Da nach dem geltenden Recht ( Art. 545 Abs. 1 ZGB ) eine Erbschaftssache auf dem Wege der Nacherbeneinsetzung oder des Nachvermächtnisses einer zurzeit des Erbgangs noch nicht gezeugten Person zugewendet werden kann, gilt es, die Wahrung ihrer Interessen auch unter dem geltenden Recht sicherzustellen. 3.4 Gemäss Art. 554 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB ist die Erbschaftsverwaltung anzuordnen, wenn das Vorhandensein von Erben ungewiss ist. Art. 554 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB sieht die Erbschaftsverwaltung für den Fall vor, dass nicht alle Erben bekannt sind. Nach Art. 490 Abs. 2 ZGB erfolgt die Auslieferung der Erbschaft an den Vorerben nur gegen Sicherstellung, sofern ihn der Erblasser nicht ausdrücklich von dieser Pflicht befreit hat. Bei Grundstücken kann die Sicherstellung durch Vormerkung der Auslieferungspflicht im Grundbuch geleistet werden. Vermag der Vorerbe eine Sicherstellung nicht zu BGE 140 III 145 S. 149 leisten oder gefährdet er die Anwartschaft des Nacherben, ist die Erbschaftsverwaltung anzuordnen ( Art. 490 Abs. 3 ZGB ). 3.5 Da es im konkreten Fall einzig darum geht, sich gegen die Klage des Vorerben zur Wehr zu setzen, rechtfertigt es sich nicht, eine Erbschaftsverwaltung gestützt auf Art. 490 Abs. 3 bzw. Art. 554 Abs. 1 Ziff. 2 oder 3 ZGB anzuordnen bzw. den Willensvollstrecker mit dieser Aufgabe zu betrauen. Die Wahrnehmung der Interessen des nondum conceptus im Prozess durch einen Beistand in analoger Anwendung von Art. 544 Abs. 1 bis ZGB sowie die Vormerkung der Auslieferungspflicht des Vorerben im Grundbuch genügen im konkreten Fall, um dem Bedürfnis nach Sicherstellung berechtigter Interessen gerecht zu werden.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
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Federation
d9e0e380-cfe6-42ee-b019-8d2e6e437a71
Urteilskopf 114 V 354 65. Urteil vom 29. Dezember 1988 i.S. G. gegen Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 53 Abs. 1 AVIG , Art. 230 Abs. 2, Art. 231 Abs. 3 und 232 Abs. 1 SchKG: Geltendmachung des Anspruchs auf Insolvenzentschädigung. Die 60tägige Frist des Art. 53 Abs. 1 AVIG beginnt mit der Konkurspublikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt zu laufen. Wird das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt und ist eine Konkurspublikation noch nicht erfolgt, so ist für den Beginn der Frist die Publikation der Einstellung des Konkursverfahrens gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG massgebend.
Sachverhalt ab Seite 355 BGE 114 V 354 S. 355 A.- Irene G. arbeitete als Sekretärin bei der Firma K. AG. Am 26. Januar 1987 wurde über ihre Arbeitgeberin der Konkurs eröffnet, welcher am 4. Juni 1987 mangels Aktiven wieder eingestellt wurde. Am 17. Juni 1987 reichte Irene G. einen Antrag auf Insolvenzentschädigung ein. Dieses Begehren wies die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen mit Verfügung vom 19. Juni 1987 ab, weil der Konkurs über die Arbeitgeberin am 25. März 1987 im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) publiziert worden sei, weshalb der am 17. Juni 1987 eingereichte Antrag auf Insolvenzentschädigung verspätet sei. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 26. November 1987 ab, wobei es davon ausging, die Veröffentlichung des Konkurses sei am 14. April 1987 im SHAB erfolgt. C.- Irene G. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Arbeitslosenkasse anzuweisen, die Insolvenzentschädigung zu berechnen und auszubezahlen. Arbeitslosenkasse und Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig und zu prüfen ist im vorliegenden Fall einzig, ob die Beschwerdeführerin mit dem Antrag vom 17. Juni 1987 den Anspruch auf Insolvenzentschädigung rechtzeitig geltend gemacht hat. a) Gemäss Art. 51 lit. a AVIG haben beitragspflichtige Arbeitnehmer von Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen oder in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen. Nach Art. 53 AVIG muss der Arbeitnehmer, BGE 114 V 354 S. 356 wenn über den Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird, seinen Entschädigungsanspruch spätestens 60 Tage nach der Veröffentlichung des Konkurses im Schweizerischen Handelsamtsblatt bei der öffentlichen Kasse stellen, die am Ort des Betreibungs- und Konkursamtes zuständig ist (Abs. 1). Bei Pfändung des Arbeitgebers muss der Arbeitnehmer seinen Entschädigungsanspruch innert 60 Tagen nach dem Pfändungsvollzug geltend machen (Abs. 2). Mit dem Ablauf dieser Fristen erlischt der Anspruch auf Insolvenzentschädigung (Abs. 3). b) Der Konkurs über die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin ist am 26. Januar 1987 eröffnet worden. Damit ist eine der beiden Anspruchsvoraussetzungen des Art. 51 lit. a AVIG erfüllt. Davon ist zu unterscheiden, bis wann der mit der Konkurseröffnung entstandene Anspruch auf Insolvenzentschädigung spätestens geltend zu machen ist. Hiefür stellt Art. 53 Abs. 1 AVIG auf die Veröffentlichung des Konkurses im SHAB ab, nicht etwa auf das Datum der Konkurseröffnung bzw. des Konkursdekretes nach Art. 171 SchKG (GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. I, S. 568, N. 17 zu Art. 53 AVIG ; STAUFFER, Die Arbeitslosenversicherung, S. 179). Die Eröffnung des Konkurses wird vom Konkursamt im SHAB öffentlich bekanntgemacht, sobald feststeht, dass das ordentliche Konkursverfahren einzutreten hat (Art. 232 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 1 SchKG ; Kreisschreiben des Bundesgerichts Nr. 23 vom 10. Juli 1928 in BGE 54 III 221 und BBl 1928 II 319). Findet das summarische Konkursverfahren statt, so erfolgt ebenfalls eine Publikation des Konkurses ( Art. 231 Abs. 3 Satz 1 SchKG ; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Aufl., S. 354, N. 30 zu § 44, bzw. S. 395, N. 5 zu § 49). Diese in Art. 231 Abs. 3 bzw. 232 Abs. 1 SchKG vorgeschriebenen Veröffentlichungen der Konkurseröffnung sind massgebend für den Beginn der 60tägigen Frist des Art. 53 Abs. 1 AVIG (ebenso in bezug auf Art. 232 SchKG GERHARDS, a.a.O., S. 568, N. 17 zu Art. 53 AVIG ). Wird hingegen keinerlei in die Masse gehörendes Vermögen vorgefunden und das Konkursverfahren vom Konkursgericht eingestellt ( Art. 230 Abs. 1 SchKG ), so macht das Konkursamt gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG die Einstellung öffentlich bekannt, mit der Anzeige, dass das Verfahren geschlossen werde, falls nicht binnen zehn Tagen ein Gläubiger die Durchführung des Konkursverfahrens begehre und für die Kosten hinreichende Sicherheit leiste. Diese Publikation der Einstellung des Konkursverfahrens im SHAB gemäss Art. 230 BGE 114 V 354 S. 357 Abs. 2 SchKG ist, sofern nicht bereits eine Veröffentlichung der Konkurseröffnung stattgefunden hat, der Konkurspublikation im Falle der Durchführung des ordentlichen bzw. summarischen Konkursverfahrens ( Art. 232 Abs. 1 und Art. 231 Abs. 3 SchKG ) gleichzusetzen und für den Beginn des Fristenlaufs nach Art. 53 Abs. 1 AVIG massgebend. 2. Zu prüfen ist im folgenden, wann im vorliegenden Fall die Konkurseröffnung vom 26. Januar 1987 über die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin veröffentlicht worden ist. Im SHAB Nr. 69 vom 25. März 1987 erschien unter dem Titel "Vorläufige Konkursanzeige" eine Mitteilung des Konkursamtes des Kantons St. Gallen, wonach am 26. Januar 1987 der Konkurs eröffnet worden sei und "Art des Verfahrens, Eingabefrist usw." später bekanntgegeben würden. Am 14. April 1987 erfolgte im SHAB Nr. 86 unter der Rubrik "Handelsregister" die Mitteilung, dass über die Firma der Konkurs eröffnet und sie daher aufgelöst sei. Schliesslich machte das Konkursamt des Kantons St. Gallen im SHAB Nr. 133 vom 13. Juni 1987 die am 4. Juni 1987 beschlossene Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG öffentlich bekannt. Die Arbeitslosenkasse stellte in ihrer Verfügung auf die "vorläufige Konkursanzeige" vom 25. März 1987 ab, während das kantonale Gericht die Handelsregistermitteilung vom 14. April 1987 als massgebend für den Beginn des Fristenlaufs gemäss Art. 53 Abs. 1 AVIG betrachtete. Auf diese beiden Bekanntmachungen kann jedoch nicht abgestellt werden. Zum vornherein kommt für den Beginn des Fristenlaufs eine Mitteilung des Handelsregisters nicht in Frage. Die "vorläufige Konkursanzeige" sodann ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, erfolgt nicht in allen Fällen und stellt daher nicht eine öffentliche Bekanntmachung im Sinne von Art. 231 Abs. 3 bzw. 232 Abs. 1 SchKG dar. Entscheidend für den Beginn des Fristenlaufs ist im vorliegenden Fall mithin die im SHAB Nr. 133 vom 13. Juni 1987 durch das Konkursamt des Kantons St. Gallen publizierte Einstellung des Konkursverfahrens gegen die Arbeitgeberfirma mangels Aktiven, weshalb der am 17. Juni 1987 eingereichte Antrag auf Insolvenzentschädigung rechtzeitig gestellt ist. Die Sache geht daher an die Arbeitslosenkasse zurück, damit diese das Begehren der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1987 prüfe und hernach über den Anspruch auf Insolvenzentschädigung neu verfüge.
null
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d9e28dac-17de-4809-a2f4-52fb4bbcf588
Urteilskopf 99 IV 57 12. Urteil des Kassationshofes vom 19. Januar 1973 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen Überweisungsbehörde des Kantons Baselland und Gass.
Regeste Art. 18 Abs. 2 und 204 StGB . Unzüchtige Veröffentlichung. Das zum Vorsatz gehörende Wissen um die Unzüchtigkeit einer Veröffentlichung ist schon gegeben, wenn der Täter sich bewusst ist, dass dieselbe auf das Geschlechtliche Bezug hat und deren schriftliche oder bildhafte Darstellung nach landläufiger Auffassung geeignet ist, das natürliche Sittlichkeits- und Schamgefühl des durchschnittlichen Lesers oder Betrachters möglicherweise empfindlich zu verletzen.
Sachverhalt ab Seite 57 BGE 99 IV 57 S. 57 A.- Gass ist Geschäftsführer der Kinos "Morgarten" in Basel und "Roxy" in Birsfelden. Als solcher ist er verantwortlich für die Auswahl und Aufführung der Filme. In der Zeit vom 26. Dezember 1971 bis 2. Januar 1972 zeigte er im Kino "Roxy" den Film "Blutjunge Verführerinnen" in der vom Verleiher bezogenen ungekürzten Originalfassung. Der Film wird im Reklametext des Verleihers als Darstellung eines "explosiven und harten Stoffes über die skrupellosen Sexspiele minderjähriger Mädchen" geschildert, die "ohne jede Scham die Hüllen fallen lassen, um den Mann zu verführen, der ihnen BGE 99 IV 57 S. 58 gefällt", und die "auf der Badematte, im D-Zug oder Autobus, im Kollektiv in Scheunen, mit Mann und Frau Liebe machen". Er besteht denn auch in einer ununterbrochenen Folge geschmackloser und derber Episoden eines angeblichen "Schülerinnen-Reports", in welchen als minderjährig vorgegebene, von ihrem Geschlechtstrieb beherrschte Mädchen sich hemmungslos als Verführerinnen an ihre Opfer heranmachen, um mit ihnen schliesslich nach aufreizenden Entkleidungsszenen in allen möglichen Stellungen und an zum Teil ausgefallenen Orten den Beischlaf zu vollziehen oder sich der lesbischen Liebe hinzugeben. B.- Ein gegen Gass wegen unzüchtiger Veröffentlichungen nach Art. 204 StGB eingeleitetes Strafverfahren wurde am 21. Juni 1972 durch die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft mangels subjektiven Tatbestandes eingestellt. Auf Beschwerde der Schweizerischen Bundesanwaltschaft hin bestätigte das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft am 19. September 1972 den vorgenannten Einstellungsentscheid. Es bejahte zwar mit der ersten Instanz den objektiv unzüchtigen Charakter des Filmes, verneinte jedoch den Vorsatz. C.- Die Schweizerische Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Staatsanwaltschaft anweise, gegen den Beschwerdegegner Anklage wegen Widerhandlung gegen Art. 204 StGB zu erheben. D.- Gass trägt auf Abweisung der Beschwerde an. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Zur Entscheidung steht die Frage, ob der Beschwerdegegner vorsätzlich gehandelt habe. Die Vorinstanz hat sie verneint. Gass habe das Wissen um die Unzüchtigkeit des Films bestritten. Er sei auf Grund des feststellbaren allgemeinen Wandels in der Einstellung zur Sexualität und der Tatsache, dass der Film in Basel unbeanstandet gezeigt worden sei, der Auffassung gewesen, dass er sich mit dessen Vorführung noch im Rahmen des moralisch Verantwortbaren bewege. Er habe also darauf vertraut, dass der Film nicht unzüchtig sei. a) Nach der Rechtsprechung gehört zum Vorsatz gemäss Art. 18 Abs. 2 StGB nur das auf die objektiven Merkmale des BGE 99 IV 57 S. 59 Deliktstatbestandes bezogene Wissen und Wollen, nicht aber auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit oder gar dasjenige der Strafbarkeit ( BGE 75 IV 29 E. 3, 43 E. 4, 82 E. 5, 152 E. 2; BGE 80 IV 21 , 89 E. d; BGE 82 IV 16 ; BGE 90 IV 49 ; BGE 91 IV 29 E. 2). Das fehlende Unrechtsbewusstsein schliesst deshalb den Vorsatz ebenso wenig aus wie eine unrichtige rechtliche Subsumtion des Sachverhalts ( BGE 50 I 327 ). Das zum Vorsatz gehörende Wissen soll dem Täter den Sinn seines Handelns deutlich machen. Dieses Verständnis erlangt der Täter bei Merkmalen, die beschreibender Natur sind (z.B. Mensch, Tier), unmittelbar mit der sinnlichen Wahrnehmung der Tatsachen. Anders verhält es sich bei den sog. normativen Tatbestandsmerkmalen (z.B. Unzüchtigkeit einer Handlung oder einer Veröffentlichung). Hier reicht die blosse Tatsachenkenntnis nicht aus. Das zum Vorsatz gehörende Wissen verlangt zusätzlich eine Wertung durch den Täter, die indes mit der im Gesetz liegenden Wertung bzw. vom Richter geforderten exakten juristischen Subsumtion nicht übereinstimmen muss. Dem subjektiven Erfordernis des Wissens ist hier vielmehr Genüge getan, wenn der Täter den Tatbestand so verstanden hat, wie es der landläufigen Anschauung eines Laien entspricht (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre). Er muss also die Wertung bloss in dem Umfang vollziehen, der ihm als Nichtjuristen möglich ist. Mehr verlangen hiesse die Begehung vorsätzlicher Delikte Juristen und solchen Laien vorbehalten, die mehr oder weniger zufällig juristische Kenntnisse besitzen. Das aber kann nicht der Sinn des Gesetzes sein (Leipziger Kommentar, 8. Auflage, N. 3 b und 10 zu § 59 StGB ; SCHÖNKE/SCHRÖDER, 16. Auflage, N. 10 und 38 zu § 59 StGB ; MEZGER, Strafrecht, 3. Auflage, S. 328 Ziff. 3; HAFTER, Allg. Teil S. 124 Ziff. IV; SCHULTZ, Bundesgerichtliche Rechtsprechung über den Sachverhaltsirrtum, ZStR 1961, S. 81 Anm. 23). b) Was das normative Tatbestandsmerkmal der Unzüchtigkeit im Sinne des Art. 204 StGB betrifft, so verlangt es ein gewisses Mindestmass rechtswidriger Einwirkung, wie es beispielsweise auch im Falle der grausamen Behandlung nach Art. 134 Ziff. 1 StGB , des grossen Schadens im Sinne von Art. 145 Abs. 2 StGB oder der schweren Drohung bei der Erpressung oder nach Art. 180 StGB gefordert wird. Der Täter muss die rechtswidrige Wirkung nach seiner Laienvorstellung BGE 99 IV 57 S. 60 erfassen. Die im Begriff der Unzüchtigkeit liegende rechtliche Toleranzgrenze braucht er nicht zu kennen. Es genügt, dass die Wirkung, so wie er sie erkannt und gewollt oder in Kauf genommen hat, den nach Gesetz strafbaren Grad erreicht hat. Das zum Tätervorsatz gehörende Wissen ist also schon gegeben, wenn der Täter sich bewusst ist, dass die Veröffentlichung auf das Geschlechtliche Bezug hat und deren schriftliche oder bildhafte Darstellung nach landläufiger Auffassung geeignet ist, das natürliche Sittlichkeits- und Schamgefühl des durchschnittlichen Lesers oder Betrachters möglicherweise empfindlich zu verletzen. Dabei ist nicht zu übersehen, dass das zum Eventualvorsatz gehörende Bewusstsein, eine Veröffentlichung sei möglicherweise unzüchtig, auch derjenige haben kann, der nach seinem eigenen Empfinden nichts Unzüchtiges daran findet. Es genügt zur Erfüllung des Wissenselementes, dass er die objektive Bedeutung in laienhafter Sicht kennt (Leipziger Kommmentar, N. 3 zu § 184 StGB ). Wollte man nämlich das für massgebend erachten, was der Täter persönlich für unzüchtig hält, so hätte das zur Folge, dass ein jeder nach dem Strafrecht zu beurteilen wäre, das er sich vorgestellt hat. So müsste mangels Vorsatz beispielsweise derjenige freigesprochen werden, der zu einer unzüchtigen Handlung im Sinne von Art 188 und 191 StGB nötigt, die nach seiner falschen Auffassung noch geduldet wird; gleicherweise ginge straflos aus, wer die dem Kinde zugefügte Behandlung noch nicht für "grausam" hält ( Art. 134 StGB ). Eine derartige Subjektivierung müsste sich umgekehrt auch zu Ungunsten desjenigen auswirken, der irrtümlich annimmt, die Strafbarkeit sei in einem Falle gegeben, wo dies in Wirklichkeit nicht zutrifft (z.B. bei der Annahme, Unzüchtigkeit werde schon bei einem geringeren Grade von Unsittlichkeit bejaht oder für eine strafbare Erpressung genüge auch eine geringfügige Drohung). Aus dem Gesagten erhellt, dass die Frage, von welchem Moment an das Strafgesetz eingreift, eine solche der rechtlichen Subsumtion ist, welche vom Vorsatz des Täters nicht erfasst sein muss. Es genügt, dass der Täter die dem betreffenden Tatbestand eigenen objektiven Tatumstände und deren tatbestandstypische Bedeutung in laienhafter Sicht kennt. c) Im vorliegenden Fall lässt sich den Erwägungen der Vorinstanz nicht entnehmen, dass sie bei ihrer Annahme, wonach der Vorsatz auch das Merkmal der Unzüchtigkeit BGE 99 IV 57 S. 61 umfassen müsse und diese Voraussetzung bei Gass nicht erfüllt gewesen sei, den hievor umschriebenen Wissensbegriff zugrunde gelegt hat. Nach dem Zusammenhang der im angefochtenen Entscheid gemachten Ausführungen liegt vielmehr der Schluss nahe, dass das Obergericht bloss von dem zum Tätervorsatz gehörenden Wissen ausgegangen ist und dem Angeklagten zugute gehalten hat, er habe irrtümlich die rechtliche Toleranzgrenze verkannt. Dafür spricht einmal der Umstand, dass die Vorinstanz sich mit dem Wissensinhalt bei normativen Tatbestandsmerkmalen im angefochtenen Urteil überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Sie hat gegenteils an die Würdigung des objektiven Tatbestandes, welcher der Gesetzesbegriff des Unzüchtigen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde gelegt wurde, unmittelbar ihre Ausführungen zum subjektiven Tatbestand angeschlossen und dabei den Begriff des Unzüchtigen ohne erkennbaren Unterschied zu den vorausgegangenen Erwägungen verwendet. Der angefochtene Beschluss enthält auch keine Ausführungen darüber, dass Gass auch nicht etwa eventualvorsätzlich gehandelt hätte. Die grundlegende Feststellung der Vorinstanz, wonach der Vorsatz nur dann bejaht werden könne, wenn der Beschwerdegegner sich der Unzüchtigkeit des Films bewusst gewesen sei, macht deutlich, dass sie sich einzig die Frage nach dem direkten Vorsatz gestellt und das Wissen um die Möglichkeit des unzüchtigen Charakters des Films ausser acht gelassen hat; denn wie bereits in Ziff. 1b oben dargetan worden ist, kann das zum Eventualvorsatz gehörende Bewusstsein jener Möglichkeit auch derjenige haben, der nach eigenem Empfinden nichts Unzüchtiges an der Veröffentlichung findet. Zudem konnte der Beschwerdegegner feststellen, dass der Film sich in aufreizenden und Abscheu und Widerwillen erregenden Darstellungen erschöpft, die den Menschen ausschliesslich als begehrliches, völlig von seinem Geschlechtstrieb beherrschtes Wesen erscheinen lassen. Entsprechend wies schon der Reklametext des Verleihers unmissverständlich darauf hin, dass es sich um die Darstellung eines "explosiven und harten Stoffes über die skrupellosen Sexspiele minderjähriger Mädchen" handelte, die "ohne jede Scham die Hüllen fallen lassen, um den Mann zu verführen, der ihnen gefällt". Der Beschwerdegegner bestreitet nicht, dass er um jene Wirkung des Films wusste. Auch macht das Obergericht keine gegenteiligen Feststellungen, die darauf schliessen BGE 99 IV 57 S. 62 liessen, dass Gass die vom fraglichen Streifen ausgehende Wirkung irrtümlich geringer eingeschätzt hätte. Angesichts dieser Umstände und in Anbetracht der offensichtlichen Unzüchtigkeit des Films sowie der persönlichen Erfahrung des Beschwerdegegners auf dem fraglichen Gebiet hätte die Vorinstanz nicht mit solcher Sicherheit, wie das im angefochtenen Urteil geschehen ist, den Vorsatz von Gass verneinen dürfen, wenn sie von dem in der vorangehenden Erwägung umschriebenen Vorsatzbegriff ausgegangen wäre. Am Gesagten ändert der im angefochtenen Urteil gemachte Hinweis auf den allgemein eingetretenen Wandel in der Einstellung zur Sexualität so wenig wie der Umstand, dass der Film andernorts unbeanstandet aufgeführt worden ist. Dass ein gleicher Einwand in BGE 97 IV 103 und namentlich in dem nicht veröffentlichten Teil dieses Urteils (S. 12) lediglich im Zusammenhang mit der Einziehung eines unzüchtigen Films als unerheblich bezeichnet wurde, besagt keineswegs, dass die entsprechenden Erwägungen nicht darüber hinaus für die Beurteilung des subjektiven Tatbestandes des Art. 204 StGB Geltung haben. Vielmehr ist auch hier durchaus beachtlich, dass die Vorführung eines unzüchtigen Films wegen der möglicherweise zu lässigen Haltung der zuständigen Aufsichtsorgane oder deswegen unbeanstandet bleibt, weil Kinobesucher, selbst wenn sie am Film Anstoss genommen haben, von der Erstattung einer Strafanzeige wegen der damit verbundenen Unzukömmlichkeiten oder aus der Befürchtung heraus absehen, sich der öffentlichen Kritik auszusetzen. Diese Erfahrungstatsache ist jedoch Filmverleihern und Kinobesitzern sehr wohl bekannt. Soweit der Beschwerdegegner übrigens auch das Wollen bestreitet, was er im kantonalen Verfahren nicht ausdrücklich getan hat, begründet er seine Behauptung nicht näher. Immerhin ist diesem Einwand entgegenzuhalten, dass bei Bejahung des Wissens um die Unzüchtigkeit des Films im vorliegenden Fall aus diesem ohne weiteres auch auf das Wollen geschlossen werden kann. Denn bei der offensichtlichen Unzüchtigkeit des Films kann das Handeln des Beschwerdegegners vernünftigerweise nicht anders denn als Billigung der vom Gesetz verpönten Vorführung ausgelegt werden ( BGE 92 IV 67 E. 4 a; BGE 80 IV 191 E. 1 d mit Verweisungen). 2. Ist aber nach diesen Ausführungen die Annahme begründet, dass die Vorinstanz von einem unrichtigen Wissensbegriff BGE 99 IV 57 S. 63 ausgegangen ist und den Vorsatz deswegen verneint hat, weil der Beschwerdegegner die Unzüchtigkeit des Films im Rechtssinne nicht in Kauf genommen habe, so liegt darin bloss die Feststellung eines Irrtums in der Auslegung des Gesetzesbegriffs des Unzüchtigen, also eines Subsumtionsirrtums, der jedoch den Vorsatz nicht ausschliesst. Dann aber kann keine Rede davon sein, dass ein Freispruch des Beschwerdegegners als sicher angesehen werden müsse, wie das nach der Praxis des Obergerichts für die Bestätigung eines Einstellungsbeschlusses erforderlich wäre. Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Auflage, die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung gegen Gass wegen Widerhandlung gegen Art. 204 StGB zu veranlassen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 19. September 1972 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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1,973
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d9e29a6f-22eb-4337-9257-66b762772a7c
Urteilskopf 101 Ia 325 55. Urteil vom 14. November 1975 i.S. Konkursamt Enge-Zürich gegen Bezirksanwaltschaft Zürich.
Regeste Strafprozessuale Beschlagnahme. Es ist nicht willkürlich, in Anwendung von § 83 der Zürcher Strafprozessordnung nicht nur auf das Vermögen des Angeschuldigten, sondern auf dasjenige einer Drittperson, hier einer juristischen Person, zu greifen, wenn diese für die sicherzustellenden Prozesskosten und Bussen solidarisch haftet.
Sachverhalt ab Seite 325 BGE 101 Ia 325 S. 325 Gegen D., Verwaltungsrat der im Konkurse befindlichen D. AG, ist vor Bezirksanwaltschaft Zürich eine Strafuntersuchung hängig. Mit Verfügung vom 20. März 1975 beschlagnahmte die Bezirksanwaltschaft ein Guthaben der D. AG in Höhe von Fr. 8'000.--. Dagegen reichte das Konkursamt bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde ein und machte geltend, es sei unzulässig, andere als die Vermögenswerte des Angeschuldigten selbst zu beschlagnahmen. Die Staatsanwaltschaft wies die Beschwerde ab. Sie räumte zwar ein, dass § 83 der Zürcher Strafprozessordnung nur die Beschlagnahmung von Aktiven des Angeschuldigten selber vorsehe. Im vorliegenden Falle dürfe jedoch auf das Vermögen der Aktiengesellschaft gegriffen werden, da unter anderem auch Verstösse gegen die AHV-Gesetzgebung Gegenstand der Untersuchung bildeten und bei Straftatbeständen nach Art. 89 AHVG die juristische Person für Bussen und Kosten solidarisch hafte. Gegen den Entscheid der Staatsanwaltschaft hat das Konkursamt staatsrechtliche Beschwerde wegen willkürlicher BGE 101 Ia 325 S. 326 Rechtsanwendung eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. § 83 der Zürcher Strafprozessordnung (StPO) lautet: "Entzieht sich ein Angeschuldigter, der keine Sicherheit geleistet hat, der Untersuchung durch die Flucht oder erscheint es zur Sicherung der künftigen Vollstreckung eines Strafurteils aus andern Gründen als geboten, so kann durch die Untersuchungsbehörde vom Vermögen des Angeschuldigten so viel mit Beschlag belegt werden, als zur Deckung der Prozesskosten, einer allfälligen Busse, des verursachten Schadens und der Strafvollzugskosten voraussichtlich erforderlich ist." Auf Grund dieser Bestimmung dürfen auch, wie das Bundesgericht in BGE 78 I 215 ff. bestätigt hat, bereits gepfändete oder zur Konkursmasse gezogene Vermögenswerte beschlagnahmt werden. 2. Die zürcherische Rechtsprechung zu § 83 StPO ist stets davon ausgegangen, dass diese Vorschrift nur gestatte, Vermögen des Angeschuldigten, nicht aber dasjenige von Drittpersonen zu beschlagnahmen (ZR 33/1934 Nr. 81, ZR 63/1964 Nr. 33; vgl. auch NIEDERER, Vermögensbeschlagnahme im schweizerischen Strafprozessrecht, Diss. Zürich 1968 S. 4). Dementsprechend gilt es auch als unzulässig, im Strafverfahren gegen die Organe einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft oder gegen die Teilhaber einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft Aktiven der Gesellschaft oder deren Konkursmasse mit Beschlag zu belegen (ZR 33/1934 Nr. 81; vgl. BÜRGIN, Über die Unzulässigkeit der Beschlagnahme von Aktiven einer Aktiengesellschaft im Strafverfahren gegen die Organe, SJZ 32/1935, 36 S. 148 ff., SPECKER, Die Beschlagnahme zur zivilrechtlichen Schadensdeckung, SJZ 49/1953 S. 302, NIEDERER, a.a.O. S. 30 N. 94). Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die Gesellschaft nicht Schuldnerin der Kosten eines gegen ihre Organe durchgeführten Strafprozesses oder der gegen diese ausgefällten Busse sei (BÜRGIN, a.a.O. S. 150). Es stellt sich daher die Frage, ob es sich mit § 83 StPO vereinbaren lasse, dann auf das Vermögen einer juristischen Person, einer Personengesellschaft oder einer Einzelfirma zu greifen, wenn diese, wie im vorliegenden Fall nach Art. 89 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung BGE 101 Ia 325 S. 327 (AHVG), für die ihren Organen und Arbeitnehmern auferlegten Bussen und Kosten solidarisch haftet. a) Der Wortlaut von § 83 StPO scheint zunächst auszuschliessen, dass für Widerhandlungen gegen das AHVG im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person auch deren Vermögen mit Beschlag belegt werden könne. Da die juristische Person in der AHV-Gesetzgebung nicht eigentlich als delikts- und straffähige Person behandelt wird (wie dies etwa in der Wehrsteuer- und Warenumsatzsteuergesetzgebung der Fall ist), sondern nur für die dem Täter auferlegten Bussen und Kosten haftbar erklärt wird, kann sie auch nicht als "Angeschuldigte" im Untersuchungsverfahren erscheinen. b) Vom Sinn und Zweck des § 83 StPO her gesehen lässt es sich jedoch vertreten, den Anwendungsbereich der Bestimmung über den reinen Wortlaut hinaus zu erweitern. Die Vermögensbeschlagnahme erfolgt zur Sicherung der Vollstreckung einer Bussen- oder Kostenauflage, d.h. zur Deckung öffentlich-rechtlicher Forderungen. Als eine Forderungen sicherstellende Massnahme ist die Beschlagnahme gegen den Schuldner zu richten. Haften auf Grund gesetzlicher Vorschrift, wie hier nach Art. 89 AHVG , mehrere solidarisch für die Forderung, so kann jeder der Schuldner dafür belangt werden. Es ist daher zumindest nicht völlig unhaltbar, dass zur Sicherstellung der Bussen- und Kostenforderung auf das Vermögen eines der Solidarschuldner gegriffen wird, ungeachtet dessen, ob er als Angeschuldigter im Untersuchungsverfahren erscheint oder nicht. c) Es stellt sich einzig noch die Frage, ob es deshalb nicht zulässig sei, das Vermögen der D. AG zu beanspruchen, weil Art. 89 AHVG die juristische Person nur "in der Regel" für Busse und Kosten haftbar erklärt und damit die Möglichkeit offenlässt, dass sie nicht Schuldnerin der sicherzustellenden Forderung wird. Die Beschlagnahme ist jedoch in jedem Falle, auch wenn sie nur das Vermögen des Angeschuldigten betrifft, eine provisorische Massnahme in dem Sinne, als es im Zeitpunkt ihrer Anordnung noch nicht feststeht, ob die durch sie sicherzustellenden Forderungen überhaupt entstehen werden. Über die Forderungen gegenüber dem Angeschuldigten wird gleich wie über die Haftbarkeit der juristischen Person für diese Forderungen erst später endgültig entschieden. Ist es aber im Untersuchungsverfahren zulässig, Vermögen des Angeschuldigten BGE 101 Ia 325 S. 328 zur Sicherung von Forderungen zu beschlagnahmen, deren Entstehung wahrscheinlich ist, aber noch nicht feststeht, so ist die Annahme nicht geradezu willkürlich, dass auch Vermögenswerte beschlagnahmt werden dürfen, mit denen "in der Regel" für die allfällig entstehenden Forderungen gehaftet wird. Im übrigen wird auch nicht geltend gemacht, dass im vorliegenden Fall Umstände dafür sprächen, dass die Haftung der D. AG für die von D. begangenen Widerhandlungen gegen das AHVG ausgeschlossen würde. 3. Es wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und nichts weist darauf hin, dass die beschlagnahmten Vermögenswerte der D. AG dazu bestimmt wären, nicht nur die Prozesskosten für die Widerhandlungen gegen das AHVG, sondern sämtliche aus dem umfangreichen Strafverfahren erwachsenden Kosten sicherzustellen. Der Bezirksanwaltschaft Zürich kann deshalb auch in diesem Punkte keine Willkür vorgeworfen werden.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
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d9e98b2d-9385-44b8-a0c5-318aa8da2137
Urteilskopf 104 IV 228 52. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. September 1978 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Z.
Regeste Art. 58 Abs. 4 StGB , Ersatzforderung des Staates. Gefährdet die Ersatzforderung die Resozialisierung des Betroffenen schwerwiegend, kann der Richter nach pflichtgemässem Ermessen Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterungen gewähren oder eventuell die Ersatzforderung herabsetzen (Praxisänderung).
Erwägungen ab Seite 228 BGE 104 IV 228 S. 228 Aus den Erwägungen: 6. a) Der Richter verfügt gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. a StGB die Einziehung von Vermögenswerten, "soweit" dies zur Beseitigung eines unrechtmässigen Vorteils oder Zustandes "als geboten erscheint". Das gilt sinngemäss auch für die Zusprechung einer Ersatzforderung an den Staat gemäss Abs. 4 Der Sachrichter entscheidet also nach pflichtgemässem Ermessen. So war es schon unter der Herrschaft des BRB über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege vom 17. Oktober 1944 (BS 10'850), in dessen Art. 9 und 10 der jetzige Art. 58 StGB sein Vorbild hat (BBl 1971 I 1007; Amtl. Bull. NR 1973 498). Die Einziehung war ausdrücklich ins richterliche Ermessen gelegt ("kann" in Art. 9 und 10; "wenn es ... als notwendig erscheint" in Art. 9). Und so verstand es auch die damalige Rechtsprechung (Entscheid vom 18. Juli 1947 des Strafappellationsgerichtes i.S. B., in: Entscheide der kriegswirtschaftlichen Strafgerichte, Bd. IV Nr. 21 S. 58ff.). BGE 104 IV 228 S. 229 Der heutige Artikel 58 ist durch das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Zu dem mit ihm im wesentlichen übereinstimmenden Art. 13 des Vorentwurfes PFUND vom März 1959 führt der Motivenbericht (S. 62) aus, die Einschränkung "als geboten erscheint" stelle die Einziehung weitgehend ins Ermessen der Behörden. b) Art. 58 StGB soll verhindern, dass sich strafbares Verhalten lohnt. Dann aber muss die Ersatzforderung des Staates selbst dann bestehen bleiben, wenn der Empfänger des unrechtmässigen Vorteils kein Vermögen mehr hat, zumal der Vorteil sich nicht nur in der Vermehrung von Aktiven, sondern auch in einer Verringerung von Passiven auswirken kann ( BGE 104 IV 5 ; vgl. BGE 100 IV 266 ). Die Ersatzforderung will den, der den unrechtmässigen Vorteil sogleich verbraucht, nicht besser stellen als den, der noch in seinem Besitz ist ( BGE 104 IV 6 ). Anderseits darf die Ersatzforderung nicht die gesellschaftliche Wiedereingliederung des Betroffenen gefährden (vgl. BGE 103 IV 146 ). Bei schwerwiegender Gefährdung der Resozialisierung kann der Richter (nicht, wie in BGE 103 IV 146 angenommen, erst die Vollzugsbehörde) einen Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterungen gewähren. Lässt sich damit die Gefährdung nicht beheben, so kann er nach pflichtgemässem Ermessen die Ersatzforderung in dem für die ungefährdete Wiedereingliederung voraussichtlich erforderlichen Masse herabsetzen. c) Im vorliegenden Fall ist eine Gefährdung der Wiedereingliederung nicht festgestellt, so dass es bei der Rückweisung der Sache im weiter oben umschriebenen Sinne bleibt.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
d9eb3c35-6285-482d-9bfd-7b0bea46277d
Urteilskopf 102 II 197 30. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Mai 1976 i.S. Benz und Mitbeteiligte gegen Waldispühl.
Regeste Erbteilung ( Art. 634 ZGB ). 1. Der Willensvollstrecker ist allein kraft seines Amtes nicht ermächtigt, den Teilungsvertrag im Namen einzelner Erben zu unterzeichnen. Ohne Zustimmung sämtlicher Erben kann er die Teilung nicht selbst verbindlich zum Abschluss bringen (Erw. 2). 2. Befinden sich Grundstücke im Nachlass, so wird die Realteilung durch entsprechende Änderung des Grundbucheintrags vollzogen. Die blosse Besitzübertragung an einen Erben genügt nicht (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 198 BGE 102 II 197 S. 198 A.- Am 15. September 1952 liess Andreas Waldispühl, geb. 1886, eine öffentlich beurkundete letztwillige Verfügung mit folgendem Wortlaut errichten: "Meiner Ehefrau Bertha Waldispühl-Egli ist vorweg der Hausrat als Eigentum zuzuweisen. Am weiteren Vermögen hat sie den gesetzlichen Viertel zu Eigentum und Dreiviertel zur Nutzniessung. Ich wünsche jedoch, dass die Vermögensverwaltung vom Testamentsvollstrecker besorgt wird. Als solchen ernenne ich meinen Schwager, Hermann Benz. Frühere Verfügungen sind aufgehoben." Drei Tage später verstarb Andreas Waldispühl. Als Erben verblieben ausser der Ehefrau des Verstorbenen fünf Geschwister, von denen zwei auf ihre Anteile am Nachlass verzichteten. Gemäss amtlichem Inventar umfassten die Nachlassaktiven 5 Grundstücke im Schatzungswert von Fr. 31'160.--, Kapitalien (Sparbüchlein, Guthaben) von Fr. 14'201.95, sowie Fahrhabe und Gewerbefonds im Wert von insgesamt Fr. 6'000.--. Nach Abzug der Passiven von total Fr. 17'977.20 verblieb ein Reinvermögen von Fr. 33'384.75. Der als Testamentsvollstrecker eingesetzte Schwager der Beklagten schrieb am 20. Juli 1953 "an die Erben des verstorbenen Andreas Waldispühl" folgenden Brief: "Gemäss öffentlicher Urkunde, die am 15. Sept. 1952 durch Herrn Notar Walter Wullschleger in Baden errichtet wurde, hat der Verstorbene durch letztwillige Verfügung den Unterzeichneten zum Vermögensverwalter und Testamentsvollstrecker ernannt. Da innert der amtlichen Frist gemäss Verfügung des Bezirksgerichts Baden v. 10.11.52 weder eine Ungültigkeitsklage noch eine Erbschaftsklage gegen die eingesetzten Erben eingereicht wurde, wird die Erbteilung gemäss beiliegender Aufstellung vorgenommen. Beilage: Aufstellung Sign. H. Benz" Der Brief enthält den Vermerk: "Einverstanden BGE 102 II 197 S. 199 Sign. B. Waldispühl." Die beigelegte "Aufstellung" vom 20. Juli 1953 lautet: "Erbteilung des verstorbenen Andreas Waldispühl geb. 1886 v. Hohenrain, Luz., in Staretswil-Oberrohrdorf wohnhaft. ABRECHNUNG Die unterzeichnete Ehefrau des Verstorbenen bestätigt folgendes als Eigentum aus der Erbteilung erhalten zu haben. I. Fahrhabe resp. Hausrat Fr. 5'000.-- II. Den gesetzlichen Viertel der sich aus folgendem zusammensetzt: 7'095.70 Hühnerzucht u. Geräte Fr. 1'000.-- 1 Sparbüchlein d. Aarg. Kant. Bank Baden Nr. 22'907 3'601.95 Guthaben K. Bluntschi, Landwirt, Staretswil 600.-- 1 Sparbüchlein d. Aarg. Kant. Bank Baden Nr. 31'053 1'893.75 ------------- Total Eigentum der Ehefrau Fr. 12'095.70 Ferner zur Begleichung der ausstehenden Rechnungen 2'979.20 ------------- Fr. 15'074.90 Mit obiger Abrechnung ist einverstanden und bescheinigt obige Beträge erhalten zu haben. Staretschwil, den... Die Ehefrau des Verstorbenen sig. B. Waldispühl." Die dieser Aufstellung entsprechenden Gegenstände, Guthaben und Sparkapitalien wurden der Witwe ausgerichtet. Eine Änderung des Grundbucheintrags fand jedoch nicht statt, so dass Frau Waldispühl neben den Geschwistern ihres verstorbenen Mannes im Grundbuch weiterhin als Gesamteigentümerin der fünf Grundstücke eingetragen blieb. B.- Am 28. August 1973 reichten die Erben Elsa Benz, Julius Waldispühl und Augustin Waldispühl gegen Bertha Waldispühl beim Bezirksgericht Baden Klage ein mit dem Begehren: "1. Es sei gerichtlich festzustellen 1.1 dass der vom 20. Juli 1953 datierte partielle Erbteilungsvertrag (Erbauskaufvertrag), welcher mit der Beklagten abgeschlossen BGE 102 II 197 S. 200 und von ihr kurz nach dem 20. Juli 1953 eigenhändig unterzeichnet worden ist, rechtsverbindlich ist; 1.2 dass die Beklagte im Jahre 1953 mit der Zuweisung des Hausrates und mit Fr. 7'095.70 für ihren Erbteil (Eigentumsansprüche) in der Höhe eines Viertels des Nachlasses gemäss letztwilliger Verfügung des Erblassers vom 15. September 1952 vollständig abgefunden worden ist; 1.3 dass der Beklagten seit dem Vollzug des partiellen Erbteilungsvertrages (Erbauskaufvertrages) vom 20. Juli 1953 am restlichen Nachlass, insbesondere an den Grundstücken des Nachlasses keine Eigentumsansprüche, sondern nur noch Nutzniessungsansprüche zustehen; 1.4 dass die Beklagte somit seit 1953 zu Unrecht als Gesamteigentümerin (zusammen mit den Klägern) der Grundstücke des Nachlasses im Grundbuch eingetragen ist. 2. Das Grundbuchamt Baden sei richterlich anzuweisen und zu ermächtigen, die Beklagte als Gesamteigentümerin der folgenden Grundstücke des Nachlasses im Grundbuch der Gemeinde Oberrohrdorf zu löschen:..." Mit Urteil vom 10. April 1975 wies das Bezirksgericht Baden die Klage vollumfänglich ab. Eine gegen dieses Urteil eingereichte Appellation wurde vom Obergericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 7. November 1975 abgewiesen. C.- Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht halten die Kläger an ihrem Klagebegehren fest. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Mit ihrer Klage wollen die Kläger feststellen lassen, dass die Beklagte durch die Unterzeichnung der Abrechnung vom 20. Juli 1953 und durch die Entgegennahme der in der Abrechnung ihr zugewiesenen Vermögensstücke aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden und dass sie daher zu Unrecht weiterhin zusammen mit den andern Erben als Gesamteigentümerin an den Nachlassgrundstücken im Grundbuch eingetragen sei. Gestützt auf diese Feststellung verlangen sie, das Grundbuch sei entsprechend zu berichtigen. Ihre Klage kann nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn hinsichtlich der Beklagten eine partielle Erbteilung stattgefunden hat. Nach Art. 634 Abs. 1 ZGB ist die Erbteilung für die Erben erst verbindlich mit dem Abschluss des Teilungsvertrages oder mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose. Zu prüfen ist BGE 102 II 197 S. 201 somit einzig, ob ein schriftlicher Teilungsvertrag oder eine Realteilung zustandegekommen ist. 2. Die Kläger erblicken im Schreiben des Willensvollstreckers vom 20. Juli 1953, welchem die von der Beklagten unterzeichnete Abrechnung beigelegt war, einen Teilungsvertrag. Die Schriftstücke seien zwar nur von der Beklagten einerseits und vom Willensvollstrecker anderseits unterzeichnet worden. Dieser sei aber auf Grund seiner umfassenden Stellung von Bundesrechts wegen befugt gewesen, den Vertrag mit der Beklagten namens der Kläger gegenzuzeichnen. Eventuell habe er als Stellvertreter der Kläger gehandelt. Sollte es an der Ermächtigung gefehlt haben, so sei der Vertrag anschliessend von den Klägern stillschweigend genehmigt worden. Das Handeln des Willensvollstreckers könne auch als Geschäftsführung ohne Auftrag im Interesse der Kläger qualifiziert werden, die nachträglich genehmigt worden sei, so dass die Kläger durch den Teilungsvertrag berechtigt und verpflichtet worden seien. a) Die Vorinstanz hat die beiden Schriftstücke vom 20. Juli 1953 nicht als Teilungsvertrag angesehen, sondern sie geht davon aus, die Erben hätten eine Realteilung vornehmen wollen und die Beklagte habe mit ihrer Unterschrift unter die Schriftstücke nur bestätigt, die ihr zugewiesenen Vermögensstücke empfangen zu haben. Wie es sich damit verhält, braucht nicht näher geprüft zu werden, da der Vertrag jedenfalls den Formerfordernissen von Art. 634 Abs. 2 ZGB nicht genügte. Gemäss dieser Bestimmung bedarf der Teilungsvertrag zu seiner Gültigkeit der Schriftform. Er muss daher von sämtlichen Erben unterzeichnet sein, da sie alle durch ihn verpflichtet werden sollen ( Art. 13 Abs. 1 OR ; vgl. BGE 86 II 351 /352). Das Schreiben vom 20. Juli 1953 ist nur von der Beklagten und vom Willensvollstrecker unterzeichnet, nicht aber von den Klägern. Es erfüllt daher das Erfordernis der Schriftform nicht. b) Die Kläger machen allerdings geltend, der Willensvollstrecker habe das Schriftstück als ihr Stellvertreter unterzeichnet. Der Willensvollstrecker war aber weder von den Klägern zum Vertragsabschluss ermächtigt, noch hat er den angeblichen Teilungsvertrag in deren Namen abgeschlossen ( Art. 32 Abs. 1 OR ). Die Angabe des Vertretungsverhältnisses wäre zur Erfüllung der Schriftform erforderlich gewesen BGE 102 II 197 S. 202 (JÄGGI, N. 34 zu Art. 13 OR ). Aus den Umständen ( Art. 32 Abs. 2 OR ) ergab sich das Vertretungsverhältnis nicht. Die Kläger wenden freilich ein, der Willensvollstrecker sei von Amtes wegen ermächtigt gewesen, den partiellen Teilungsvertrag mit der Beklagten für sie zu unterzeichnen. Eine solche Befugnis kommt dem Willensvollstrecker indessen nicht zu. Dieser kann nicht kraft seines Mandates als Vertreter bloss einzelner Erben gegenüber andern Erben auftreten. Das stünde mit seiner allgemeinen Pflicht, den letzten Willen des Erblassers zur Geltung zu bringen, die Erbschaft im Interesse aller Erben zu verwalten und nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen und den Vorschriften des Gesetzes die Teilung durchzuführen ( Art. 518 Abs. 2 ZGB ), im Widerspruch und müsste zu Interessenkollisionen führen. Die Auffassung der Kläger hätte zur Folge, dass der Willensvollstrecker mit sich selbst als Vertreter sämtlicher Erben den Teilungsvertrag abschliessen könnte, was nicht angeht. c) Gelegentlich wird zwar die Ansicht vertreten, der Willensvollstrecker sei befugt, die Teilung ohne Zustimmung sämtlicher Erben durch einseitigen Rechtsakt verbindlich zum Abschluss zu bringen (so die zürcherische Rechtsprechung, vgl. ZR 1961 Nr. 84 Erw. 5; dazu HAUSER, Der Erbteilungsvertrag, Diss. Zürich 1973 S. 65 ff.). Diese Ansicht ist jedoch mit dem Gesetz nicht vereinbar. Nach Art. 634 ZGB kann die Teilung nur durch Abschluss eines schriftlichen Teilungsvertrages oder in Form der Realteilung durch Entgegennahme der Lose vollzogen werden. Eine Teilung durch Verfügung des Willensvollstreckers gibt es nicht. Wohl gehört zu dessen Aufgaben nach Art. 518 Abs. 2 ZGB auch die Vornahme der Teilung. Dabei amtet er jedoch nicht als Teilungsrichter, sondern er übt lediglich die Befugnisse der Teilungsbehörde aus. Er hat also z.B. die Losbildung vorzunehmen, wenn sich die Erben nicht einigen können ( Art. 611 Abs. 2 ZGB ; vgl. BGE 97 II 17 ; TUOR, N. 16 zu Art. 518 ZGB ; PIOTET, Droit successoral, Traité de droit privé suisse, IV, S. 152; JOST, Fragen aus dem Gebiete der Willensvollstreckung, Festgabe des luzernischen Anwaltsverbandes zum schweizerischen Anwaltstag 1953, S. 99). Sowenig die Teilungsbehörde befugt ist, einzelne Nachlassgegenstände verbindlich bestimmten Erben zuzuweisen ( BGE 94 II 239 /240, BGE 85 II 388 /389; PIOTET, a.a.O. S. 765), sowenig ist es der Willensvollstrecker BGE 102 II 197 S. 203 (HAUSER, a.a.O. S. 67; JOST, a.a.O.; PIOTET, a.a.O. S. 153). Befinden sich Grundstücke im Nachlass, so könnte übrigens die Teilung durch einseitigen Rechtsakt des Willensvollstreckers gar nicht vollzogen werden, denn gemäss Art. 18 GBV sind als Rechtsgrundausweis für die Eintragung des Eigentums im Grundbuch bei der Erbteilung nur die schriftliche Zustimmungserklärung sämtlicher Miterben oder der schriftliche Teilungsvertrag vorgesehen (HAUSER, a.a.O. S. 68/69). d) Die Kläger berufen sich schliesslich darauf, der Willensvollstrecker habe als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt und seine Geschäftsführung sei von ihnen nachträglich genehmigt worden. Diese Konstruktion hilft ihnen jedoch nicht. Der Willensvollstrecker konnte durch die Unterzeichnung des Schreibens vom 20. Juli 1953 in eigenem Namen keine Rechte aus der Erbteilung erwerben, die durch Genehmigung der Geschäftsbesorgung nachträglich auf die Kläger hätten übergehen können. Das Erfordernis, dass der Erbteilungsvertrag von allen Erben zu unterzeichnen ist, lässt sich nicht auf diese Weise umgehen. Ein schriftlicher Teilungsvertrag ist demnach nicht zustandegekommen. 3. In zweiter Linie machen die Kläger geltend, es sei im Jahre 1953 eine Realteilung durchgeführt worden, womit die Beklagte aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sei. a) Neben dem schriftlichen Erbteilungsvertrag sieht das Gesetz in Art. 634 Abs. 1 ZGB als Abschluss der Teilung auch die "Aufstellung und Entgegennahme der Lose" vor. Bei dieser Teilungsart fällt der Teilungsvertrag mit seiner Durchführung zusammen. Die Realteilung ist Teilung von Hand zu Hand; sie ist Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zugleich und verhält sich zum schriftlichen Teilungsvertrag wie die Handschenkung ( Art. 242 OR ) zum Schenkungsversprechen ( Art. 243 OR ; vgl. JÄGGI, Zwei Fragen aus dem Erbteilungsrecht, SJZ 1967 S. 165; PIOTET, a.a.O. S. 815; HAUSER, a.a.O. S. 56 ff.). Nach dem Wortlaut von Art. 634 Abs. 1 ZGB tritt dabei die Bindung der Erben erst mit der Entgegennahme der Lose ein. Erforderlich für die Bindung ist somit, dass die Nachlassgegenstände aus der gesamten Hand in die Individualrechtssphäre der einzelnen Erben übergeführt worden sind (TUOR/PICENONI, N. 5 zu Art. 634 ZGB ). Befinden sich Grundstücke im Nachlass, so ist die Teilung erst verbindlich vollzogen, wenn der Grundbucheintrag entsprechend abgeändert BGE 102 II 197 S. 204 worden ist (TUOR/PICENONI, a.a.O.; ESCHER, N. 5 und 6 zu Art. 634 ZGB ; MEIER-HAYOZ, N. 52 zu Art. 654 ZGB ), frühestens aber mit der Anmeldung der Eigentumsübertragung beim Grundbuchamt (so PIOTET, a.a.O. S. 817 ff.). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zwar bestätigt, gewisse Nachlassgegenstände erhalten zu haben. Das Hauptaktivum des Nachlasses, die Grundstücke, blieb jedoch Gesamteigentum sämtlicher Erben, also auch der Beklagten. Die Kläger wurden nicht als alleinige Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Somit ist auch eine Realteilung nicht zustandegekommen. b) JÄGGI (a.a.O. S. 165 ff.) vertritt zwar die Ansicht, die Realteilung bestehe bei Grundstücken einzig in der Übertragung an den Erben zu Eigenbesitz. Dieser Ansicht kann indessen nicht gefolgt werden. Sie läuft dem System des Grundbuchrechts zuwider. Für den rechtsgeschäftlichen Erwerb von Grundeigentum gilt das absolute Eintragungsprinzip ( Art. 656 Abs. 1 ZGB ; MEIER-HAYOZ, N. 7 ff. zu Art. 656 ZGB ). Ohne Eintragung im Grundbuch kann das Eigentum an Nachlassgrundstücken demzufolge nicht von der Erbengemeinschaft auf den einzelnen Erben übergehen. Für einen ausserbuchlichen Erwerb von Grundeigentum besteht bei der Erbteilung kein Raum. Durch die blosse Besitzübertragung kann der Erbe deshalb das Alleineigentum nicht erwerben. Soll der Erbe aber durch Einräumung des Eigenbesitzes nur einen Anspruch auf Übertragung des Alleineigentums erhalten (so offenbar JÄGGI, a.a.O. S. 167), so stünde dies mit dem Gedanken der Realteilung, bei der eben das Verfügungsgeschäft mit dem Verpflichtungsgeschäft zusammenfällt, in Widerspruch. Zudem wäre nicht ersichtlich, auf welche Weise in diesem Fall die Eigentumsübertragung auf den Erben im Grundbuch vorgenommen werden sollte. Art. 18 GBV sieht als Rechtsgrundausweis für die Eintragung des Eigentums im Falle von Erbteilung neben dem schriftlichen Teilungsvertrag einzig die schriftliche Zustimmungserklärung sämtlicher Miterben vor. Die blosse Einräumung des Besitzes genügt somit nicht. Die Realteilung kann daher auf diese Weise nicht vollzogen werden (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts in Sachen Hässig gegen Hässig vom 8. Juli 1975, Erw. 4; PIOTET, a.a.O. S. 818; JOST, Grundbuch und Erbteilung, SJZ 1968 S. 36 f.). Im übrigen könnten die Kläger im vorliegenden Fall aus der BGE 102 II 197 S. 205 Theorie von JÄGGI ohnehin nichts ableiten, waren doch die Nachlassgrundstücke nicht in ihrem Besitz, sondern in demjenigen der Beklagten. 4. Die Kläger berufen sich schliesslich auf Rechtsmissbrauch. Die Beklagte handelt indessen nicht schon deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie auf der Einhaltung der Formvorschriften von Art. 634 ZGB besteht. Die Parteien haben nicht etwa freiwillig einen formungültigen Vertrag erfüllt (vgl. hiezu BGE 98 II 316 , BGE 93 II 105 , BGE 92 II 325 , BGE 90 II 157 ). Sonst wäre eine Realteilung zustandegekommen, was nach dem soeben Gesagten gerade nicht der Fall war. Die Beklagte ist für den Formmangel auch nicht verantwortlich, hat sie doch bloss unterzeichnet, was der Willensvollstrecker für sie aufgesetzt hatte. Dass sie die ihr vom Willensvollstrecker zugewiesenen Nachlassaktiven während langer Zeit genutzt hat, steht sodann mit ihrem heutigen Standpunkt nicht in Widerspruch, da sie testamentarische Nutzniesserin ist an demjenigen Teil des Nachlasses, den sie nicht zu Eigentum erhält. Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs ist daher unbegründet, so dass die Berufung abzuweisen ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (1. Zivilkammer) des Kantons Aargau vom 7. November 1975 bestätigt.
public_law
nan
de
1,976
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d9efafb9-436f-4ebd-a725-16801bb7ccb8
Urteilskopf 91 II 264 41. Arrêt de la IIe Cour civile du 29 octobre 1965 dans la cause Wuilloud contre Etat du Valais.
Regeste Hinfall einer letztwilligen Verfügung. 1. Rechtsnatur der Klage, mit welcher die gesetzlichen Erben eine letztwillige Verfügung als ungültig anfechten, a) in erster Linie, weil die Verfügung infolge Nichterfüllung einer Bedingung, an die sie geknüpft war, dahingefallen sei; b) in zweiter Linie, weil die Verfügung widerrufen worden sei (Erw. 2). 2. Auslegung der letztwilligen Verfügung. Unbedingte oder bedingte Anordnung? (Erw. 3, a und b). 3. Hinfall einer bedingten letztwilligen Anordnung wegen Ausfalles der Bedingung (Erw. 3, c und 4). 4. Lebt die letztwillige Verfügung, die der Erblasser durch eine spätere Verfügung stillschweigend widerrief, wieder auf, wenn er die spätere Verfügung ihrerseits aufhebt? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 91 II 264 S. 265 A.- Le Dr Henry Wuilloud, né en 1884, originaire de Collombey-Muraz (Valais), ingénieur agronome, est décédé le 19 août 1963 à son domicile de Diolly s/Sion. Il avait épousé le 9 avril 1921 Léontine de Courten, née en 1896, décédée le 17 octobre 1954. Aucun enfant n'est issu de cette union. Le défunt a laissé comme héritiers légaux les enfants de ses frères cadets prédécédés, soit: a) les enfants de feu Joseph Wuilloud, né en 1885, décédé en 1917: - André Wuilloud, né en 1913, domicilié à Fribourg; - Louis Wuilloud, né en 1916, domicilié à Champlan sur Sion; - Joseph Wuilloud, né en 1917, domicilié à Fribourg; b) les enfants de feu Xavier Wuilloud, né en 1887, décédé en 1914: - Charles Wuilloud, né en 1911, domicilié à Malleray (Jura bernois); - dame Cécile Godet-Wuilloud, née en 1913, domiciliée à Genève. Durant sa jeunesse, le Dr Wuilloud a été gravement malade. En 1906 probablement, il a subi une opération pour tuberculose rénale. En automne 1913, il a été atteint d'une tuberculose pulmonaire, qui s'est compliquée en janvier 1914 d'une pleurésie. Il a souffert également de troubles de l'appareil auditif. Jusqu'en 1920, il a été hospitalisé plusieurs fois. Ayant repris le domaine de Diolly, qui appartenait à des membres de sa famille, il l'exploita jusqu'à sa mort. Il occupa également le poste de chef du Service de la viticulture du canton du Valais, mais donna sa démission en 1922, à la demande du Conseil d'Etat. L'année suivante, il fut chargé de la direction et de la surveillance générale du domaine du Grand Brûlé, qui appartient à l'Etat du Valais. Il enseigna à l'Ecole cantonale d'agriculture et à l'Ecole polytechnique fédérale. Le Dr Wuilloud s'occupa des associations agricoles valaisannes et collabora à leurs journaux. Il fut même durant de longues années le rédacteur du "Valais agricole". Il fut député-suppléant au Grand Conseil valaisan de 1948 à 1952. Il critiqua sévèrement, dans son journal intime et parfois dans ses lettres, les autorités de son canton, ainsi que l'emploi des deniers publics. BGE 91 II 264 S. 266 Après le décès de sa femme, le Dr Wuilloud fut aidé dans la direction de sa maison par une étudiante allemande, Dlle Elisabeth Reger, qui le quitta cependant quelques années plus tard. B.- A la mort du Dr Wuilloud, le Juge de commune de Sion trouva dans son appartement deux testaments olographes. Le premier, fait en 1921, était serré dans un coffre-fort avec de vieilles factures et d'anciennes lettres. Le second, établi en 1959 et révoqué sur la même feuille de papier en 1963, était rangé dans un tiroir du bureau. Ces dispositions ont la teneur suivante: I "Sion, le 12 mars 1921 Sitten, den Ceci est mon testament Dans la mesure du possible et selon la loi je déshérite tous mes héritiers. Par contre je lègue en jouissance, durant sa vie si elle ne se marie pas, ou jusqu'à son mariage sans cela, toute la fortune dont je puis disposer à ma fiancée Léontine de Courten. Après sa mort ou à son mariage, ma fortune dont elle aura eu la jouissance reviendra à l'Etat du Valais, pour être utilisée comme fonds inaliénable, qui portera mon nom, dans la lutte contre la tuberculose. Je charge ma fiancée de prier pour moi et d'entretenir ma tombe. Sion le 12 mars 1921. H. WUILLOUD, ing. agronome". II "Dr Henry Wuilloud, ingénieur agronome, propriétaire vigneron Diolly-Sion Ceci est mon testament Tout ce que la loi me permet de le donner, je le donne à Mademoiselle Elisabeth Regger, étudiante, domiciliée à Freising (Bavière) Ob. Fürstendamm 21. Je tiens absolument que sa part soit dans toute la mesure du possible constituée par mes propriétés de Diolly, de la Ferme et du Génévrier. Diolly-Sion le 5 octobre 1959 H. WUILLOUD". III (Sur la même feuille que le testament II) "J'annule mon testament ci-dessus et pas un centime de ma fortune ne doit revenir à la dite Elisabeth Reger. Diolly-Sion le vingt juin mil neuf cent soixante-trois. H. WUILLOUD". BGE 91 II 264 S. 267 Le Juge de commune procéda à l'ouverture des deux testaments. Se fondant sur celui du 12 mars 1921, l'Etat du Valais se considère comme héritier institué de la quotité disponible de la succession. Ses droits n'ont pas été contestés expressément par les héritiers légaux dans le délai d'un mois prévu à l'art. 559 CC. A sa requête, le Juge instructeur pour le district de Sion, par décision du 29 novembre 1963 modifiée le 24 décembre 1963, ordonna l'administration d'office de la succession et désigna quatre administrateurs, deux proposés par les héritiers légaux, deux par l'Etat. C.- Les héritiers légaux ont introduit directement devant le Tribunal fédéral, par demande déposée le 18 août 1965, une action en pétition d'hérédité tendant à l'adjudication des conclusions suivantes: "1. Il est constaté judiciairement que le testament du Dr Henry Wuilloud du 12 mars 1921 est caduc, irréalisable et qu'il a cessé de déployer ses effets. 2. L'Etat du Valais ne peut faire valoir aucun droit sur la succession de feu le Dr Henry Wuilloud qui résulterait de ce testament. 3. L'action en pétition d'hérédité des demandeurs est admise; par conséquent, ils sont en droit de prendre possession à titre exclusif de l'ensemble de la succession de feu le Dr Henry Wuilloud pour en disposer comme seuls propriétaires. 4. L'Etat du Valais est condamné à tous les frais de la procédure et du jugement, y compris les frais de l'administration de la succession. 5. L'Etat du Valais versera aux demandeurs une indemnité de procès pour leurs frais et dépens, à fixer par la Haute Cour sur la base des tarifs." L'Etat du Valais propose le rejet de la demande et conclut reconventionnellement à ce qu'il soit prononcé: "2. Il est constaté que le testament du Dr Wuilloud du 12 mars 1921 est valable. 3. En conséquence, la succession de celui-ci, sous réserve des droits réservataires des demandeurs (1/4 de la succession) est dévolue à l'Etat du Valais, à charge pour lui de créer un fonds pour la lutte contre la tuberculose, conformément aux dispositions du testateur. 4. Les demandeurs sont condamnés solidairement aux frais, y compris une indemnité extrajudiciaire à titre de dépens à la partie défenderesse." Les demandeurs proposent le rejet des conclusions reconventionnelles de leur partie adverse. BGE 91 II 264 S. 268 Après le double échange d'écritures et la production des pièces, les parties consentirent à faire abstraction des débats préparatoires et le juge délégué à l'instruction déclara close la procédure préliminaire. Aux débats principaux, les représentante des parties ont confirmé leurs conclusions respectives. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Recevabilité de l'action). 2. Il n'est pas contesté que les demandeurs, neveux et nièces du défunt, sont les seuls héritiers légaux (art. 458 al. 3 CC). En vertu des art. 472 CC et 145 de la loi valaisanne d'application du CC, auxquels est soumise la succession du Dr Wuilloud qui avait son dernier domicile dans son canton d'origine, les demandeurs sont aussi héritiers réservataires. Conformément à l'art. 471 ch. 3 CC, leur réserve est égale au quart de leur droit de succession légal. Elle s'étend dès lors au quart de la succession. La demande des héritiers légaux vise d'abord à faire prononcer que le testament du 1921, valable en la forme, ne produit aucun effet juridique. Le motif principal est tiré du fait que l'acte était subordonné à une condition qui ne s'est pas réalisée. L'argument subsidiaire est que le testament de 1921 a été révoqué par celui de 1959 et qu'il n'est pas rétabli par la rétractation de cette révocation, opérée par le testateur en 1963. La demande tend également à faire délivrer aux héritiers légaux l'ensemble de la succession, dont l'Etat du Valais prétend conserver les trois quarts en vertu du testament litigieux. Elle ne constitue pas une action en annulation d'une disposition pour cause de mort fondée sur les art. 519 ss. CC. Sa qualification diffère selon que l'on admet ou non que le défendeur est copossesseur médiat de l'hérédité, dont la maîtrise de fait immédiate appartient provisoirement aux quatre administrateurs officiels (cf. art. 559 CC). Dans le premier cas, on serait en présence d'une action en pétition d'hérédité (art. 598 ss. CC; cf. RO 56 II 258, consid. 2, non contredit par les arrêts publiés au RO 69 II 366 consid. 4 et 75 II 292 consid. 3 lorsqu'il ne s'agit pas de partager une succession entre cohéritiers, mais de juger, comme en l'espèce, une prétention qui exclurait le défendeur de la succession). Dans la seconde éventualité, les demandeurs auraient intenté une action - imprescriptible BGE 91 II 264 S. 269 selon la jurisprudence - en constatation de l'inefficacité ou de la caducité du testament de 1921 (cf. RO 81 II 27 consid. 4, 89 II 184, 90 II 480 consid. 2). Supposé que l'on retienne l'action en pétition d'hérédité, le point de savoir si le testament contesté produit ou non des effets juridiques serait tranché à titre préjudiciel. La qualification de l'action peut cependant demeurer indécise. De toute manière, en effet, la prescription selon l'art. 600 CC ne serait pas acquise et les demandeurs n'ont pas requis de mesures provisoires au sens de l'art. 598 al. 2 CC. 3. Pour interpréter un testament, le juge doit partir de son texte, qui seul exprime valablement la volonté du disposant. Il peut cependant recourir aux circonstances extrinsèques lorsqu'elles éclairent le sens de la volonté manifestée dans les formes légales par le testateur (RO 75 II 284 consid. 3, 79 II 39 consid. 1 et 46, 82 II 517, 83 II 435, 88 II 73). Dans son testament du 12 mars 1921, le Dr Wuilloud a d'abord renvoyé ses héritiers légaux à leur réserve. Puis il a légué à sa fiancée Léontine de Courten la jouissance de toute la quotité disponible, jusqu'à sa mort si elle ne se mariait pas, jusqu'à son mariage sans cela. Il a ordonné qu'après le terme fixé (la mort ou le mariage de l'usufruitière), la fortune grevée soit dévolue à l'Etat du Valais, à charge pour lui de l'affecter à la création d'un fonds inaliénable qui porterait le nom du disposant, en vue de lutter contre la tuberculose. L'analyse du texte de la disposition montre que le Dr Wuilloud a envisagé deux hypothèses: que sa fiancée demeure célibataire ou qu'elle se marie avec un tiers. a) En soi, l'éventualité où Mlle de Courten resterait célibataire n'impliquait pas nécessairement la mort du testateur. Les fiancés auraient pu renoncer à leur mariage pour une raison quelconque. Il ne pouvait s'agir toutefois du mariage du Dr Wuilloud avec une autre femme, car le legs d'usufruit à l'ex-fiancée devenait inconcevable en pareil cas. Ces conjectures sont d'ailleurs purement théoriques. Le mariage était décidé. Si le disposant a néanmoins songé que, peut-être, sa fiancée ne se marierait pas, c'est qu'il redoutait sa propre mort dans les semaines qui suivraient la confection de l'acte. Il avait été gravement malade quelques années auparavant, souffrant notamment de tuberculose. Il avait perdu deux frères enlevés à la fleur de l'âge par la maladie: Xavier en 1914 BGE 91 II 264 S. 270 à 27 ans, Joseph en 1917 à 32 ans. Aussi la pensée de la mort devait-elle l'occuper plus intensément qu'il n'eût été normal à son âge. Du reste, il n'a pas oublié, à la fin de son testament, de charger sa fiancée de prier pour lui et d'entretenir sa tombe. b) La deuxième possibilité envisagée par le testateur démontre à l'évidence que sa disposition de dernière volonté était subordonnée à la condition que le mariage projeté n'ait pas lieu. Si dlle de Courten devait se marier (et non se remarier), il attribuait sa fortune à l'Etat du Valais. Cette dévolution dépendait de deux événements futurs et incertains: le décès du Dr Wuilloud, qui ouvrirait sa succession, et le mariage de sa fiancée avec un tiers. Assurément, on ne peut inférer aucune déduction particulière du terme de "fiancée", le seul dont l'emploi était correct lors de la confection de l'acte. Mais la clause attribuant à dlle de Courten l'usufruit de la quotité disponible entière perdait toute portée juridique si le mariage promis était célébré et que le testateur décédait avant son épouse. En concours avec la postérité des père et mère de son conjoint, la veuve avait droit à une réserve du quart en propriété et des trois quarts en usufruit (art. 462 al. 2 et 471 ch. 4 CC), soit plus que ne lui accordait le testament. En concours avec des descendants, elle n'aurait eu droit qu'au quart en propriété ou à la moitié en usufruit (art. 462 al. 1 CC). La disposition testamentaire en sa faveur pouvait alors être interprétée comme une libéralité au sens de l'art. 473 CC. Mais on ne comprendrait plus, dans cette hypothèse, que le testateur ait voulu d'emblée renvoyer à leur réserve tous ses descendants à naître, au profit non seulement de leur mère, mais encore de l'Etat du Valais. Il est vrai que, de fait, aucun enfant n'est issu de l'union contractée entre le Dr Wuilloud et dlle de Courten. Personne ne prétend cependant qu'à l'époque de ses fiançailles, le testateur envisageait un mariage stérile. c) Le mariage du disposant et de sa fiancée fut célébré le 9 avril 1921, quelques semaines après la confection du testament. L'état de fait auquel la disposition pour cause de mort était subordonnée ne s'est donc pas réalisé. Dès lors, le testament n'a pas produit ses effets (cf. RO 56 II 261 principio et 83 II 435 ss. consid. 1). Comme il formait un tout, non seulement le legs d'usufruit à dlle de Courten, mais aussi l'institution d'héritier en faveur de l'Etat du Valais et le renvoi des héritiers légaux à leur réserve sont devenus caducs. Du reste, BGE 91 II 264 S. 271 ce renvoi n'était que le corollaire des autres dispositions. Il n'a pas été ordonné pour lui-même. En effet, aucun trouble n'était venu ternir les relations du Dr Wuilloud avec ses neveux et nièces. 4. Peu importe que le disposant n'ait pas détruit le testament de 1921, mais l'ait gardé intact parmi ses papiers. Il n'avait pas besoin de supprimer, annuler ou révoquer l'acte devenu caduc. D'ailleurs, aucun indice ne permet de conclure qu'il eût attribué une portée juridique à la conservation de l'écrit. Le fait que le testament de 1921 a été retrouvé dans un coffre-fort avec de vieilles factures et d'anciennes lettres, tandis que les dispositions plus récentes étaient placées dans un tiroir du bureau, n'autorise aucune déduction. On sait d'ailleurs que le Dr Wuilloud avait l'habitude de garder toutes sortes de vieux documents. Plus tard, il n'a jamais fait la moindre allusion à son testament de 1921. Dans les dispositions de dernière volonté qu'il a rédigées en 1959 et 1963, il n'en par le pas. En 1939, alors que ses médecins envisageaient une intervention chirurgicale, il écrit dans son journal que, s'il doit s'y soumettre, il fera son testament. Il précise qu'il entend laisser toute la quotité disponible à sa femme et léguer une somme à l'Ecole polytechnique fédérale, ainsi qu'aux Compagnons du bouteiller valaisan; il exclut tout autre don. Ces déclarations confirment que, dans l'idée du Dr Wuilloud, sa femme n'avait à ce moment pas d'autres espérances successorales que celles de la loi. S'il avait eu l'intention de rétablir, après son mariage, le contenu essentiel de son testament de 1921, notamment de supprimer la condition dont il l'avait affecté, le Dr Wuilloud aurait dû l'exprimer, dans les formes légales, par une nouvelle disposition de dernière volonté modifiant la précédente. Or il n'en a rien fait. 5. Supposé que le testament de 1921 fût inconditionnel, il n'en serait pas moins caduc pour un autre motif. Le testament de 1959 est manifestement incompatible avec le précédent. Il attribue en effet la quotité disponible entière à une autre personne. S'il ne le révoque pas expressément, il le remplace en vertu de l'art. 511 al. 1 CC. Il est vrai que le testament de 1959 a été lui-même révoqué expressément par celui de 1963. Or le code civil suisse ne contient aucune norme concernant la rétractation de la révocation - expresse ou tacite - d'une disposition de dernière volonté. Le défendeur s'est référé à BGE 91 II 264 S. 272 l'art. 533 al. 2 CC, qui traite de la prescription de l'action en réduction. Mais cette disposition Iégale vise l'annulation d'une révocation par le juge et non pas la rétractation par le testateur. Dans les avant-projets de 1895 et de 1900, les art. 466, respectivement 555, qui correspondent à l'art. 509 CC actuel, se terminaient par un troisième alinéa ainsi conçu: "La révocation annulée ne rétablit pas la disposition révoquée" (Wiederruf eines Widerrufs stellt die widerrufene Verfügung nicht wieder her). Cet alinéa a été supprimé ensuite, sans que les motifs soient indiqués dans les travaux préparatoires. En doctrine, ROSSEL/MENTHA (Manuel de droit civil suisse, 2e éd., tome II p. 95) écrivent que "le testament révoqué revivra si la rétractation (de la révocation expresse) est pure et simple, c'est-à-dire si elle n'est pas accompagnée de nouvelles dispositions". Les commentateurs estiment que la rétractation de la révocation fait renaître le testament révoqué, à condition que cela corresponde à la volonté du testateur (TUOR, n. 6 ad art. 509/511 CC; ESCHER, n. 5 ad art. 509 CC). Le second remarque toutefois qu'en rétractant la révocation d'une disposition de dernière volonté, le disposant donne l'apparence de vouloir rétablir son premier testament (ESCHER, loc.cit.). Un autre auteur s'efforce de dégager des règles plus précises en distinguant trois hypothèses; il ne mentionne pas, toutefois, celle de l'espèce (S. OENEN, De la révocation des testaments en droit suisse, thèse Lausanne 1941, p. 45 ss.). Les art. 2257 et 2258 du code civil allemand disposent que, dans le doute, le testament antérieur produit ses effets. La loi crée ainsi une présomption simple, que les intéressés peuvent détruire en apportant la preuve contraire (Reichsgerichtsräte und Bundesrichter, Kommentar, 11e éd., vol. V, IIe partie, n. 3 ad § 2257 BGB et n. 6 ad § 2258 BGB; STAUDINGER, Kommentar, vol. V, IIe partie, 10/11e éd., n. 5 ad § 2257 et n. 15 ad § 2258). Mais il faut relever qu'à la différence de l'art. 511 al. 1 CC, le droit allemand admet en principe la coexistence de plusieurs testaments, pourvu qu'ils ne se contredisent pas (cf. § 2258 al. 1 BGB). En droit français, quand la révocation est elle-même rétractée, le testament revit comme s'il n'avait jamais été révoqué. Toutefois, lorsque la révocation - expresse - avait été déclarée dans un second testament contenant en outre de nouvelles dispositions expresses, le juge décide d'après les BGE 91 II 264 S. 273 circonstances si l'intention du testateur était de rétablir le premier testament, de les maintenir tous les deux en tant qu'ils ne sont pas incompatibles ou de revenir simplement à la succession ab intestat (cf. PLANIOL/RIPERT, Traité pratique de droit civil français, tome V, 2e éd., par TRASBOT/LOUSSOUARN, no 710 p. 884). S'il y a doute, les auteurs penchent tantôt pour la reviviscence du testament primitif (COLIN/CAPITANT, Cours élémentaire de droit civil français, 8e éd., tome III, no 1202 p. 979), tantôt en faveur des héritiers ab intestat, qui ne peuvent être dépouillés qu'en vertu d'une volonté certaine du de cujus (BAUDRY-LACANTINERIE/COLIN, Traité théorique et pratique de droit civil, Des donations entre vifs et des testaments, tome II no 2728 p. 343). Plus affirmatifs, AUBRY/RAU (Droit civil français, 6e éd. par Paul ESMEIN, tome XI, § 725 ch. 1 p. 398) écrivent que "si la révocation est contenue dans un second testament renfermant de nouvelles dispositions, on doit décider, sauf manifestation d'une intention contraire, que la rétractation de ce testament ne fait pas revivre les dispositions du premier". L'art. 919 du code civil italien de 1865 subordonnait la reviviscence de l'acte antérieur à la confection d'un nouveau testament. Le code de 1940 adopte à l'art. 681 la solution opposée: la rétraction d'une révocation fait renaître la disposition révoquée. La doctrine estime que la loi ne laisse pas au juge la faculté de rechercher si la volonté réelle du testateur était bien de rétablir son premier testament (D'AMELIO, Commentario, Libro delle successioni, p. 580). Dans le silence de la loi suisse, aucune raison ne commande de traiter différemment la révocation expresse du testament, accompagnée de nouvelles dispositions de dernière volonté, et la révocation tacite qui, en vertu de l'art. 511 al. 1 CC, résulte de ces nouvelles dispositions, lorsqu'elles ne constituent pas indubitablement le complément des précédentes. Le juge recherchera l'intention du testateur. Dans le doute, il présumera qu'en rétractant son second testament, le disposant a voulu seulement révoquer les dispositions nouvelles contenues dans cet acte et revenir à la succession légale. La dévolution testamentaire revêt en effet le caractère d'une exception qui déroge à la règle de la succession ab intestat (art. 481 al. 2 CC; RO 48 II 314, 68 II 165; TUOR, rem. prél. 4 ss. ad titre XIII CC, p. 15). Elle repose sur le dernier état de la volonté exprimée par le disposant. BGE 91 II 264 S. 274 Or la révocation avait enlevé au premier testament son caractère d'acte de dernière volonté. La rétractation de la révocation ne le lui rend pas de plein droit. Il faut que le testateur ait manifesté dans les formes légales son intention de redonner effet au testament primitif. La preuve d'une volonté pareille incombe à la partie qui se prévaut du premier testament. Le défendeur ne l'a pas rapportée en l'espèce. Le Dr Wuilloud s'est borné, en 1963, à écrire sur la même feuille qu'il annulait son testament de 1959, ne voulant rien laisser à dlle Reger. En revanche, il n'a jamais exprimé l'intention de rétablir son testament de 1921. Il n'en a plus parlé. Les indices fournis par l'instruction de la cause iraient d'ailleurs en sens contraire. Les difficultés rencontrées par le testateur alors qu'il était chef du Service cantonal de la viticulture, ses critiques à l'endroit des autorités et de l'emploi des deniers publics, se concilieraient mal avec la volonté de remettre en vigueur un testament qui attribuait sa fortune à l'Etat du Valais. Du reste, la tuberculose ayant régressé d'une manière générale et le Dr Wuilloud s'en étant lui-même guéri, la lutte contre cette maladie devait le préoccuper moins fortement en 1963 qu'en 1921. Le de cujus vivait d'ailleurs en bons termes avec ses neveux et nièces. Il correspondait avec eux, leur faisait des cadeaux, participait aux réunions de famille à l'occasion de mariages et de baptêmes. Ainsi, dans la mesure où l'on pourrait inférer des circonstances la manifestation d'une volonté, on conclurait plutôt que le défunt a voulu que ses biens échoient à ses neveux et nièces, conformément aux règles de la succession légale. Le testament de 1921, révoqué en 1959, n'a donc pas été rétabli. Pour ce motif, également, il ne saurait produire d'effets. 6. (Allocation aux demandeurs des dépens, mais refus de leur rembourser les frais de l'administration d'office de la succession.) Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: 1.- Admet la demande en ce sens que: a) le testament du Dr Henry Wuilloud du 12 mars 1921 est déclaré caduc; b) les demandeurs sont mis en possession des biens de la succession du Dr Henry Wuilloud; 2.- Rejette la demande reconventionnelle.
public_law
nan
fr
1,965
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d9f091c8-68a0-4a03-b23a-f210c8cef73e
Urteilskopf 94 I 279 41. Urteil vom 13. Juli 1968 i.S. Hobi gegen Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen.
Regeste Veräusserung von Grundstücken; Sperrfrist ( Art. 218 - 218 quater OR ). 1. Regel und Ausnahmen; Voraussetzungen der Art. 218 und 218 bis OR (Erw. 2). 2. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 218 quater OR : a) Legitimation des Käufers zur Beschwerde (Erw. 1); b) der letztinstanzliche kantonale Entscheid im Sinne dieser Bestimmung; Voraussetzungen (Erw. 3); c) gebricht es an einem letztinstanzlichen kantonalen Entscheid, so steht der Überweisung der Streitsache an die zuständige kantonale Behörde kein Satz des Bundesrechtes entgegen (Erw. 5). Irrtümliche Rechtsmittelbelehrung; Folgen (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 280 BGE 94 I 279 S. 280 A.- Der am 31. Januar 1967 verstorbene Hans John war seit dem 11. Mai 1948 Eigentümer eines landwirtschaftlichen Heimwesens in Mels (Kanton St. Gallen), zu dem die Parzellen Nr. 478, 481, 462 und 473 mit Wohnhaus, Ställen, Wiesen, Riedern, Wäldern und Wegen gehören. Die Bodenfläche macht gesamthaft 85'416 m2 aus. Um die Erbschaft teilen zu können, haben die Erben das Heimwesen durch das Waisenamt Mels am 16. September 1967 öffentlich versteigern lassen. Dabei ist das Gantobjekt für Fr. 93'000.-- dem Gottfried Hobi, Bauunternehmer in Esslingen (Kt. Zürich), zugeschlagen worden. Die Ortsgemeinde Mels hatte Fr. 92'000.-- geboten. Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen hatte sich auf Gesuch der Verkäuferschaft mit der Sache zu befassen. Der Käufer Hobi wurde zur Vernehmlassung eingeladen. Er beantragte am 4. Januar 1968, es sei festzustellen, dass keine Bewilligung erforderlich sei, weil die Sperrfrist des Art. 218 OR vom Eigentumserwerb des Erblassers an zu laufen begonnen habe und längst verstrichen sei. Eventuell ersuchte Hobi um eine Ausnahmebewilligung nach Art. 218 bis OR , weil die Erbschaft des Hans John ohne den Verkauf der Liegenschaft nicht geteilt werden könne. Das Volkswirtschaftsdepartement befasste sich mit dem Hauptantrag des Käufers nur in den Erwägungen, wobei es ausführte, mit dem Erbfall habe eine neue Sperrfrist zu laufen BGE 94 I 279 S. 281 begonnen. Im Dispositiv verweigerte es der Erbengemeinschaft die vorzeitige Veräusserung des Grundeigentums an Hobi, weil der Erwerber spekulative Absichten hege. Es sei den Erben zumutbar, das Heimwesen der Ortsgemeinde Mels zu verkaufen. Dem Sinne nach hat das Volkswirtschaftsdepartement mit seinem an die Verkäufer gerichteten Entscheid auch das Hauptbegehren und das Eventualbegehren des Käufers abgewiesen. B.- Gegen den Entscheid des kantonalen Volkswirtschaftsdepartementes erhebt Gottfried Hobi Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Der Beschwerdeführer verlangt, es sei festzustellen, dass der Verkauf der Parzellen Nr. 478, 481, 462 und 473 in Mels nicht unter die Sperrfrist gemäss Art. 218 ff. OR falle; eventuell beantragt der Beschwerdeführer, die vorzeitige Veräusserung der erwähnten Parzellen sei zu bewilligen oder es sei die Vorinstanz anzuhalten, die Bewilligung zu erteilen. C.- Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen beantragt, auf die Vorbringen des Beschwerdeführers, soweit neu, nicht einzutreten und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im übrigen abzuweisen. D.- Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement führt aus, die Bundesverwaltung habe die Anwendbarkeit der Sperrfrist als antispekulatives Mittel in jahrzehntelanger Praxis im Zweifel bejaht. Die Zuteilung der Liegenschaft an einen unter mehreren Erben sei nicht als Veräusserung betrachtet worden, wohl aber der Verkauf an Dritte, wobei die Frist mit dem Erbgang als Eigentumsübertragungsfall zu laufen beginne. Sei die Erbengemeinschaft zum Verkauf an einen Dritten gezwungen, so habe die kantonale Behörde gleichwohl zu prüfen, ob in der Person des Erwerbers der Zweck der Sperrfrist vereitelt werde. Habe das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen die Beweggründe des Beschwerdeführers und der Ortsgemeinde Mels richtig gewürdigt, so sei der angefochtene Entscheid dem Antrag des Beschwerdeführers vorzuziehen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Durch das Bundesgesetz vom 19. März 1965 über die Änderung der Vorschriften des Zivilgesetzbuches und des Obligationenrechtes betreffend das Baurecht und den Grundstückverkehr (AS 1965 S. 445) ist ein neuer Art. 218 quater BGE 94 I 279 S. 282 ins OR eingefügt worden. Dieser sieht gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über die Anwendung der Art. 218, 218 bis und 218 ter OR die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor. Obwohl das Volkswirtschaftsdepartement nur "der Gesuchstellerin", d.h. der Erbengemeinschaft des Hans John, die Bewilligung zur Handänderung verweigert hat, ist der Beschwerdeführer als Käufer von der Verfügung in seiner Rechtsstellung betroffen und damit im Sinne des Art. 103 Abs. 1 OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ( BGE 92 I 63 ). 2. Das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen hat sich im vorgedruckten Ingress und Text seines Entscheides nur auf Art. 218 bis OR berufen. Art. 218 bis OR umschreibt die Voraussetzungen, unter denen eine kantonale Behörde die Veräusserung eines landwirtschaftlichen Grundstücks vor dem Ablauf der in Art. 218 OR vorgesehenen Sperrfrist von 10 Jahren gestatten darf. Die Frage aber, ob die Sperrfrist überhaupt bestehe oder ob sie abgelaufen sei (was hier zutrifft, wenn den Erben die gleiche Rechtsstellung zugebilligt wird wie dem Erblasser), ist nicht eine Frage der Anwendung von Art. 218 bis OR , sondern des Art. 218 OR . Sie ist mit dem Hauptbegehren des Beschwerdeführers aufgeworfen; die Frage, ob - gemäss Eventualbegehren - eine Ausnahme von der Sperrfrist zu bewilligen sei, stellt sich erst, wenn vorher durch Abweisung des Hauptbegehrens festgestellt worden ist, die Sperrfrist sei anwendbar und nicht abgelaufen. 3. Im vorgedruckten Text weist das Volkswirtschaftsdepartement darauf hin, es sei gegen seinen Entscheid "gemäss Art. 218 quater OR innert 30 Tagen seit Empfang die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig." Dieser Rechtsmittelbelehrung liegt die Annahme zugrunde, der Entscheid des Volkswirtschaftsdepartementes sei ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid. Die Annahme trifft indessen nicht zu. a) Soweit das Volkswirtschaftsdepartement in Anwendung des Art. 218 OR über das Hauptbegehren des Beschwerdeführers entschieden und die Sperrfrist als anwendbar und als nicht abgelaufen bezeichnet hat, ist sein Entscheid - mangels einer speziellen Zuständigkeitsvorschrift - an den Regierungsrat weiterziehbar (vgl. das kantonale Gesetz vom 16. Mai 1965 über die Verwaltungsrechtspflege - abgekürzt VRP -, BGE 94 I 279 S. 283 GS neue Reihe Band 3 S. 477). Art. 43 VRP sieht den Weiterzug an den Regierungsrat generell vor gegen "Verfügungen und Entscheide der Verwaltungsbehörden des Staates". Zu diesen Verwaltungsbehörden gehören auch die Departemente des Regierungsrates; das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 44 VRP . Die Anrufung des Regierungsrates ist laut Art. 43 Abs. 1 VRP allerdings nur zulässig, "sofern nicht der Weiterzug an die Verwaltungsrekurskommission oder an das Versicherungsgericht offensteht." Die Fälle des Weiterzugs an die Verwaltungsrekurskommission sind in Art. 41 erschöpfend aufgezählt. Dort sind unter lit. b auch einige Verfügungen aus dem Bereich der Landwirtschaft erwähnt. Doch gehören Verfügungen über die Anwendung des Art. 218 OR nicht dazu. Die beim Versicherungsgericht anfechtbaren Verfügungen sind in Art. 42 VRP bezeichnet. Keiner der dort erwähnten Fälle hat auf den Art. 218 OR Bezug. Daraus ergibt sich, dass der Entscheid des Volkswirtschaftsdepartementes beim Regierungsrat angefochten werden kann. Der kantonale Instanzenzug ist hinsichtlich des Hauptbegehrens nicht erschöpft, weshalb in diesem Umfang nicht auf die Beschwerde einzutreten ist. b) Bezüglich des Entscheids über die Verweigerung einer Ausnahme von der Sperrfrist gemäss Art. 218 bis OR ist vom kantonalen Einführungsgesetz vom 22. Dezember 1952 zum BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EG zum EGG; Bereinigte GS des Kantons St. Gallen Band 3 S.11) auszugehen. Dieses Gesetz enthält einen Abschnitt "V. Sperrfrist und Pacht". Dort ist in Art. 15 Abs. 1 Ziff. 1 das Volkswirtschaftsdepartement als zuständig erklärt für die "Bewilligung zur Veräusserung eines landwirtschaftlichen Grundstückes vor Ablauf der Sperrfrist beim Vorliegen wichtiger Gründe gemäss Art. 218 bis OR ". In den anschliessenden Ziffern 2 und 3 sind weitere Zuständigkeiten des Volkswirtschaftsdepartementes aufgezählt, und im zweiten Absatz wird für diese - also nur für die in den Ziffern 2 und 3 genannten Verfügungen - der Weiterzug an die Rekurskommission für Bodenrecht geöffnet. Daraus ist zu schliessen, dass die in der Ziffer 1 erwähnten Entscheide über die Anwendung des Art. 218 bis nicht an die Rekurskommission für Bodenrecht weitergezogen werden konnten. Durch Art. 120 lit. c VRP ist Art. 15 Abs. 2 des EG zum EGG geändert worden. Die Änderung besteht darin, dass die BGE 94 I 279 S. 284 Beschwerde an die Bodenrechtskommission durch die Beschwerde ans Verwaltungsgericht ersetzt worden ist. Sie lässt aber die Beschränkung auf die in den Ziffern 2 und 3 von Art. 15 Abs. 1 des EG zum EGG bezeichneten Fälle unberührt. Konnten auf Grund der früheren Fassung des Art. 218 bis (AS 1952 S. 418) Zweifel darüber bestehen, ob das Bundesrecht die Kantone an der Einführung eines Instanzenzuges hindere - es ist dort die Rede von "einer" Behörde, die "endgültig" entscheidet -, so schliesst die heutige Fassung des Art. 218 quater OR eine solche Unsicherheit aus. Zwar spricht Art. 218 bis immer noch von "der" kantonalen Behörde, aber der Zusatz, dass sie endgültig entscheide, fehlt. Dadurch, dass Art. 218 quater OR in der Fassung vom 19. März 1965 (AS 1965 S. 449) die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide öffnet, ermöglicht er, innerhalb des Kantons einen Instanzenzug vorzusehen. Die Frage, ob es einen solchen gebe, ist ausschliesslich eine solche des kantonalen Rechts. Im sankt-gallischen Recht ist diese Frage durch die Generalklausel des Art. 43 Abs. 1 VRP gelöst. Da kein Weiterzug an eine andere Instanz möglich ist, ist eine solche Verfügung beim Regierungsrat anfechtbar. Der kantonale Instanzenzug ist daher auch mit Bezug auf das Eventualbegehren des Beschwerdeführers nicht erschöpft. Auf die Beschwerde ist auch in diesem Punkt nicht einzutreten. 4. Möglicherweise ist der Beschwerdeführer durch die vorgedruckte Rechtsmittelbelehrung auf dem Entscheid des Volkswirtschaftsdepartementes irregeleitet worden. Allein dadurch wird die mangelnde Zuständigkeit des Bundesgerichts nicht aufgehoben. Ob der nicht rechtskundige Beschwerdeführer sich auf die irrtümliche Rechtsmittelbelehrung hätte berufen dürfen, und welche Folge das gehabt hätte (vgl. BGE 76 I 189 /90 undBGE 77 I 274), kann hier offen bleiben; denn er war schon im kantonalen Verfahren durch einen Anwalt vertreten. Dem Anwalt aber konnte bei zumutbarer Vigilanz nicht entgehen, dass die Rechtsmittelbelehrung unrichtig oder mindestens zweifelhaft sei ( BGE 78 I 297 /98). In diesem Fall wäre er gehalten gewesen, die Frage abzuklären, oder - bei Fortbestand des Zweifels - den Entscheid des Volkswirtschaftsdepartements beim Regierungsrat und beim Bundesgericht anzufechten; denn beiden Instanzen steht für den vorliegenden Streitfall die gleiche Kognition zu ( Art. 46 Abs. 1 VRP einerseits, Art. 104 OG BGE 94 I 279 S. 285 und BGE 92 I 338 anderseits). Auch die Frist von 30 Tagen ist im vorliegenden Falle für die Anrufung beider Instanzen gleich, weil Art. 47 Abs. 3 VRP die Rekursfrist bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung auf 30 Tage erstreckt. Obschon sich der Beschwerdeführer an eine unzuständige Instanz gewandt hat, ist ihm kein Rechtsnachteil erwachsen. Art. 30 Abs. 2 VRP sieht für den kantonalen Bereich vor, mit einer an unzuständiger Stelle rechtzeitig eingereichten Eingabe sei die Frist eingehalten. Diese Vorschrift steht allerdings im "Zweiten Teil" des VRP: "Verfahren vor den Verwaltungsbehörden". Nach Art. 58 Abs. 1 VRP gilt sie aber in gleicher Weise für den "Dritten Teil: Rechtsschutz in Verwaltungsstreitsachen". Zu dieser Auslegung ist auch der Regierungsrat des Kantons St. Gallen gelangt (vgl. Schreiben vom 9. Juli 1968). 5. Einer Überweisung der Streitsache an den Regierungsrat steht kein Satz des Bundesrechts entgegen. Art. 96 Abs. 1 OG sieht eine analoge Regelung im Verhältnis zwischen Bundesrat und Bundesgericht vor. Die in Art. 78 Abs. 1 OG enthaltene Vorschrift, dass die Beschwerde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen bei der kantonalen Instanz anzubringen sei, wird im Sinne von Art. 32 Abs. 3 OG als Ordnungsvorschrift gehandhabt; sie schliesst die Beurteilung einer direkt beim Bundesgericht eingereichten Beschwerde nicht aus. Allen diesen Vorschriften liegt der Gedanke zugrunde, dass der Rechtsuchende nicht ohne Not um die Beurteilung seines Rechtsbegehrens durch die zuständige Instanz gebracht werden soll. In diesem Sinne ist auch hier zu erkennen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht Die Beschwerde wird dem Regierungsrat des Kantons St. Gallen zur Beurteilung überwiesen und am Geschäftsverzeichnis des Bundesgerichts abgeschrieben.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
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d9f4c15c-477e-4821-9f96-e2e627822826
Urteilskopf 108 III 26 11. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 2. März 1982 i.S. Konkursmasse W. Fuchs & Co. (Rekurs)
Regeste Rekurslegitimation des Konkursamtes ( Art. 19 SchKG ); Verteilung von Zinsen auf dem Erlös der Verwertung von Pfandgegenständen. 1. Gegen die Weisung der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde, das Konkursamt habe bei der unteren Aufsichtsbehörde ein neues Gesuch um Erhöhung der zu einem früheren Zeitpunkt bewilligten ausserordentlichen Gebühr im Sinne von Art. 11 Abs. 2 GebTSchKG zu stellen, kann das Konkursamt nicht an das Bundesgericht rekurrieren (E. 2). 2. Wird der Erlös aus der Verwertung von Pfandgegenständen wegen hängiger Prozesse oder aus andern Gründen nicht sogleich ausbezahlt, sondern zinstragend angelegt, stehen die Zinsen in erster Linie denjenigen Gläubigern zu, die Anspruch auf den Verwertungserlös haben (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 108 III 26 S. 27 Im Konkurs über die W. Fuchs & Co. wurde als wesentliches Aktivum am 25. März 1969 die Liegenschaft "Hôtel Continental" in Lausanne versteigert. In der Folge ergaben sich Differenzen darüber, ob der Erlös des Hotelmobiliars den Pfandgläubigern oder der allgemeinen Konkursmasse zukomme. Diese Frage wurde mit Urteil vom 12. April 1978 letztinstanzlich durch das Bundesgericht in dem Sinne entschieden, dass das Mobiliar Zugehör zur Hotelliegenschaft darstelle, dass es damit von der Pfandhaft umfasst werde und der aus der Versteigerung resultierende Erlös deshalb den Pfandgläubigern zustehe. Am 14. Juni 1979 legte das Konkursamt Altstetten-Zürich einen zweiten Nachtrag zur provisorischen Verteilungsliste auf. Dabei teilte es den Ertrag auf den Erlösen für Hotelliegenschaft und -mobiliar der allgemeinen Konkursmasse zu. Ausserdem verlegte es von der durch die untere Aufsichtsbehörde bewilligten ausserordentlichen Gebühr von insgesamt 400'000 Franken deren 70'000 auf den Erlös der Pfandobjekte. Gegen die neu aufgelegte Verteilungsliste führten verschiedene Pfandgläubiger Beschwerde an das Bezirksgericht Zürich als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen. Sie machten unter anderem geltend, dass die Erträge auf dem Erlös der Pfandgegenstände ihnen ebenso vorrangig zustünden wie der Erlös selbst. Weiter beanstandeten sie die Belastung des Pfandverwertungserlöses mit zusätzlichen 70'000 Franken Konkurskosten. In seinem Beschluss vom 20. Dezember 1979 hielt das Bezirksgericht Zürich (6. Abteilung) dafür, dass die Zinsen auf dem Verwertungserlös der Pfandgegenstände als Teil der allgemeinen Konkursmasse zu gelten hätten, weshalb die Pfandgläubiger kein diesbezügliches Vorrecht in Anspruch nehmen könnten. Das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde hob den bezirksgerichtlichen Beschluss sowie die Verteilungsliste vom 14. Juni 1979 durch Entscheid vom 14. Januar 1982 auf und wies die Sache zur Neuauflage eines zweiten Nachtrages zur provisorischen Verteilungsliste an BGE 108 III 26 S. 28 das Konkursamt zurück. Von Amtes wegen hob die obere kantonale Aufsichtsbehörde ferner den Beschluss des Bezirksgerichtes Zürich (2. Abteilung) als untere Aufsichtsbehörde vom 29. Juni 1979 auf, worin die der Konkursverwaltung zugebilligte ausserordentliche Gebühr von Fr. 250'000.-- auf Fr. 400'000.-- erhöht worden war; das Konkursamt wurde im Sinne der Erwägungen angewiesen, bei der unteren Aufsichtsbehörde ein neues Gesuch um Erhöhung der erwähnten Gebühr einzureichen. Gegen den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde hat die Konkursmasse bzw. das Konkursamt an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert. Die Pfandgläubiger schliessen auf Abweisung des Rekurses. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz hat das Konkursamt angewiesen, bei der unteren Aufsichtsbehörde ein neues Gesuch um Erhöhung der früher bewilligten ausserordentlichen Gebühr im Sinne von Art. 11 Abs. 2 GebTSchKG zu stellen. Sie hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass gemäss Art. 85 KOV im Rahmen der Erstellung der Verteilungsliste die Kosten der Verwaltung und Verwertung von Pfandgegenständen im Sinne von Art. 262 Abs. 2 SchKG im einzelnen und genau anzugeben seien. An die erwähnte Weisung der ihm übergeordneten kantonalen Aufsichtsbehörde ist das Konkursamt gebunden. Mit dem vorinstanzlichen Entscheid ist über die Frage der Berechtigung und der Höhe einer ausserordentlichen Gebühr nichts entschieden, so dass nicht etwa gesagt werden kann, das Konkursamt mache in diesem Punkt fiskalische Interessen des Kantons geltend (vgl. BGE 105 III 36 E. 1 mit Hinweisen). Dass die Vorinstanz von Amtes wegen eingegriffen hat, ist nicht zu beanstanden. Stellt eine kantonale Aufsichtsbehörde fest, dass die Konkursverwaltung den gesetzlichen Vorschriften und Pflichten nicht oder nur ungenügend nachgekommen ist, ist sie kraft ihres Aufsichtsrechts gehalten, das Erforderliche zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes vorzukehren (vgl. BGE 101 III 45 mit Hinweisen), jedenfalls dort, wo dies ohne weiteres und vor Abschluss des Zwangsvollstreckungsverfahrens, vor allem ohne Eingriff in rechtlich schützenswerte Interessen der am Vollstreckungsverfahren Beteiligten oder Dritter, möglich ist. Das trifft vorliegend zu. Soweit das Konkursamt die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Beschlusses beantragt, ist nach dem Gesagten auf den Rekurs nicht einzutreten. BGE 108 III 26 S. 29 3. Liegenschaft und Mobiliar des Hotels Continental wurden im Jahre 1969 verwertet. Die Verwertungserlöse gingen am 20. und 22. Mai 1969 sowie kurz vor dem 15. Juni 1971 beim Konkursamt ein. Sie konnten jedoch erst nach Abschluss von Bauhandwerkerprozessen im Sinne von Art. 841 ZGB bzw. nach Erledigung der Rechtsstreite zwischen der Konkursverwaltung und verschiedenen Gläubigern über die Frage der Zugehöreigenschaft des Hotelmobiliars ausbezahlt werden. Nach ihrem Eingang beim Konkursamt waren die Erlöse jedoch sogleich zinstragend angelegt worden. Während die rekurrierende Konkursmasse der Ansicht ist, diese Zinserträge kämen - zuhanden aller Gläubiger - der Masse zugute, beanspruchen sie die Pfandgläubiger ausschliesslich für sich. a) In BGE 35 I 850 ff., wo es darum ging, wem die Zinsen zustehen, die der Ersteigerer bei Gewährung eines Zahlungstermins im Sinne der Art. 136 und 137 SchKG zu zahlen hat, hielt das Bundesgericht fest, dass solche Zinsen nicht der Konkursmasse, sondern - entsprechend der Höhe der jeweiligen pfandgesicherten Forderungen - den Grundpfandgläubigern zukämen, und zwar auch denjenigen, die aus dem Erlös voll befriedigt worden seien. Es führte weiter aus, dass die gegenteilige Lösung gegen Art. 198 SchKG verstossen würde, wonach Vermögensstücke, an denen Pfandrechte haften, nur unter Vorbehalt der Vorzugsrechte der Pfandgläubiger zur Masse gezogen werden können; der Masse könne vom Verwertungserlös nur etwas zufallen, wenn dieser selbst den Betrag der pfandgesicherten Forderungen übersteige. Das Bundesgericht verglich den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt mit dem Fall, da der Konkursbeamte den Verwertungserlös nicht sofort auszahle, sondern hinterlege ( BGE 35 I 852 f. E. 2). Die genannten Grundsätze wurden in BGE 37 I 610 f. E. 2 bestätigt. Der Sachverhalt, der BGE 105 III 88 ff. zugrunde lag, betraf die Verzinsung von Abschlagszahlungen im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, die wegen eines hängigen Kollokationsprozesses zurückbehalten worden waren. Das Bundesgericht gelangte in jenem Fall zum gleichen Ergebnis wie in den beiden Urteilen aus den Jahren 1909 und 1911, wobei es ausführte, dass es dem Gebot der Gleichbehandlung der gleichrangigen Gläubiger entspreche, einen auf den Erlös entfallenden Zins denjenigen Gläubigern zugute kommen zu lassen, die ohne jedes Verschulden länger als die andern Gläubiger im gleichen Rang auf die (teilweise oder ganze) Tilgung ihrer Forderungen hätten warten müssen. Käme der BGE 108 III 26 S. 30 Zinsertrag, der nur deswegen in die Masse geflossen sei, weil einzelne Forderungen zu Unrecht bestritten und die entsprechenden Abschlagszahlungen deshalb zurückbehalten worden seien, den Gläubigern in einem nachfolgenden Rang zugute, so würden diese ohne jeden Grund besser gestellt, als es der Fall gewesen wäre, wenn die Zahlungen von Anfang an gleichmässig an alle berechtigten Gläubiger ausgerichtet worden wären ( BGE 105 III 90 ). Freilich hatte das Bundesgericht in BGE 89 III 41 f. ohne nähere Begründung und ohne Bezugnahme auf die beiden erwähnten älteren Entscheide aus den Jahren 1909 und 1911 erklärt, dass ein Anspruch der Grundpfandgläubiger auf Verzinsung ihrer Forderungen über den Steigerungstag hinaus weder gesetzlich vorgesehen noch durch die Rechtsprechung je anerkannt worden sei. Verzugszinsen seien Ertrag des unverteilten Verwertungserlöses und würden damit Bestandteil des letzteren bilden. Sie stünden deshalb der Gesamtheit der Gläubiger zu und seien nach Art. 112 VZG gemäss dem Ergebnis des Lastenbereinigungsverfahrens zu verteilen. In BGE 94 III 54 E. 6 hat das Bundesgericht ohne weitere Stellungnahme auf dieses Urteil verwiesen. Die beiden zuletzt genannten Entscheide, die sich mit den älteren Urteilen nicht auseinandersetzen, sind indessen kein Grund, die in BGE 105 III 88 ff. wieder aufgenommene frühere Rechtsprechung erneut zu ändern. Vielmehr ist daran festzuhalten, dass in einem Fall, da infolge von Prozessen über den Anteil gewisser Gläubiger am Verwertungserlös oder aus andern Gründen keine Auszahlungen möglich sind, sondern die eingegangenen Beträge hinterlegt werden müssen, allfällige Zinserträge als Akzessorium des Erlöses in erster Linie denjenigen Gläubigern zugute kommen sollen, die Anspruch auf den Verwertungserlös haben. Darin liegt eine Entschädigung dafür, dass diese Gläubiger nicht sofort über ihren Anteil am Erlös haben verfügen können. Zinserträge der erwähnten Art ohne Vorzugsstellung der Pfandgläubiger auch solchen Gläubigern zukommen zu lassen, die ohne Hinterlegung nie in den Genuss zusätzlicher Massaerträgnisse gelangt wären, liesse sich durch nichts rechtfertigen. b) Ob die Vorinstanz zu Recht den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt mit dem in Art. 168 Abs. 1 OR geregelten Fall der gerichtlichen Hinterlegung verglichen habe, mag nach dem Gesagten offen bleiben. Da das oben Ausgeführte nicht nur für den Erlös der Hotelliegenschaft gilt, sondern ebenso für den Erlös des Mobiliars, braucht sodann auch nicht näher auf die vorinstanzliche BGE 108 III 26 S. 31 Auffassung eingegangen zu werden, wonach die vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden hinsichtlich des Mobiliarerlöses an die rechtskräftigen Kollokationsurteile gebunden seien. Allerdings muss es insofern beim angefochtenen Entscheid sein Bewenden haben, als die Vorinstanz festgestellt hat, die Pfandgläubiger hätten sich die Zinsen aus dem Mobiliarerlös an ihre Pfandforderungen anrechnen zu lassen. Beschwert ist dadurch nämlich nicht die rekurrierende Konkursmasse, sondern sind die Pfandgläubiger, die jedoch den vorinstanzlichen Entscheid nicht angefochten haben. Deren diesbezügliche Ausführungen in ihrer Rekursantwort können nicht zu einer Abänderung des angefochtenen Entscheides führen.
null
nan
de
1,982
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
d9f76c80-fd4e-4315-90ac-b9dd044327fe
Urteilskopf 88 II 350 48. Urteil der I. Zlvilabtellung vom 31. Oktober 1962 i.S. Eberle gegen Käsereigesellschaft Hohentannen.
Regeste Art. 32OR. Voraussetzungen der Stellvertretung, besonders der verdeckten (Erw. 1). Art. 112OR. Stehen die Forderungen gegen den Milchkäufer aus einem zwischen ihm und einer Genossenschaft als Verkäuferin bestehenden Vertrag den Milchproduzenten als begünstigten Dritten zu? (Erw. 2). Art. 175 f.OR. Hat der Milchkäufer die Schulden der Genossenschaft gegenüber den Milchproduzenten übernommen? (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 350 BGE 88 II 350 S. 350 A.- Die Käsereigesellschaft Hohentannen ist nach Art. 1 ihrer Statuten "eine Genossenschaft, welche die bestmögliche Verwertung der ihr zur Verfügung stehenden Milch zum Zwecke hat, sei es durch den Selbstbetrieb einer Käserei oder durch den Verkauf der Milch an einen Käser". Art. 3 der Statuten bestimmt, Mitglied der Genossenschaft könne "jeder Milchproduzent im Genossenschaftsrayon BGE 88 II 350 S. 351 bisheriger Ausdehnung werden, der ihr die in seinem Betrieb produzierte Milch zur Verfügung stellt". Art. 9 verpflichtet jeden Genossenschafter, "alle erzeugte gesunde und käsereitaugliche Milch in die Käserei zu liefern, soweit sie nicht im eigenen Haushalt und zur Viehaufzucht in ortsüblichem Umfang benötigt wird". Art. 13 zählt unter den unübertragbaren Befugnissen der Generalversammlung der Genossenschaft den "Abschluss des Milchkaufvertrages" auf. Am 18. Mai 1958 unterzeichneten der Präsident und der Aktuar der Käsereigesellschaft Hohentannen "namens der Verkäuferin" mit Max Müller als Käufer aufeinem gedruckten Formular des Thurgauischen Milchproduzentenverbandes einen Milchkaufvertrag. Dessen Art. 1 Abs. 1 Satz 1 lautet: "Die Käsereigesellschaft Hohentannen als 'Verkäuferin', Mitglied des Thurgauischen Milchproduzentenverbandes ..., verkauft hiemit an Herrn Max Müller als 'Käufer' die Milch der Kühe ihrer Mitglieder und der Gastbauern (Freilieferanten) für die Zeit vom 1. Mai 1958 bis 30. April 1959". Das Vertragsformular enthält am Schlusse zwei leere Seiten, die mit den Worten "Unterschriften der Milchlieferanten" überschrieben sind. Sie wurden im Vertrag vom 18. Mai 1958 nicht ausgefüllt. Müller verwertete die Milch seit 1932 in der, der Käsereigesellschaft Hohentannen gehörenden Käserei. Im Jahre 1953 erstellte er auf der Liegenschaft mit Erlaubnis der Pächterin eine Schweinezuchtanlage. Als am 1. März 1960 über sein Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, anerkannte die Verpächterin, ihm für diese Anlage Fr. 31'000.-- zu schulden. Sie erklärte, die Schuld mit der ihr gegen Müller zustehenden Pachtzinsforderung von Fr. 3471.60, mit der Kaufpreisforderung von Fr. 74'491.20 für die in den Monaten Januar und Februar 1960 gelieferte Milch und mit der Forderung von Fr. 12'621.45 für Rückbehalte Müllers auf dem Milchprcis aus der Zeit vom 1. November 1958 bis 31. Oktober 1959 verrechnen zu wollen. Wegen Verzichts der Mehrheit der Gläubiger Müllers auf Geltendmachung der Forderung von Fr. 31'000. - BGE 88 II 350 S. 352 durch die Konkursverwaltung trat diese den Anspruch am 2. Juni 1961 gemäss Art. 260 SchKG an Viktor Eberle ab. B.- Eberle klagte beim Bezirksgericht Bischofszell gegen die Käsereigesellschaft Hohentannen auf Verurteilung zur Zahlung von Fr. 27'528.40 nebst Zins. Er anerkannte die Verrechnung der Schuld von Fr. 31'000.-- mit der Pachtzinsforderung von Fr. 3471.60, bestritt dagegen, dass die Beklagte auch mit der Kaufpreisforderung für die Milch, inbegriffen mit der Forderung auf Auszahlung der Rückbehalte, verrechnen könne. Das Bezirksgericht verurteilte die Beklagte, der Konkursmasse Müller Fr. 27'528.40 zu zahlen. Auf Berufung der Beklagten wies das Obergericht des Kantons Thurgau am 19. Juni 1962 die Klage entsprechend dem Antrag der Beklagten ab. C.- Der Kläger hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Konkursmasse Müller Fr. 27'528.40 nebst 5% Zins seit 1. März 1960 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu bestätigen, eventuell die Berufung angebrachtermassen abzuweisen, subeventuell die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Kläger bestreitet das Recht der Beklagten, die Forderungen aus der Lieferung der Milch mit ihrer Schuld aus der Übernahme der Schweinezuchtanlage zu verrechnen, weil sie den Milchkaufvertrag als direkte Stellvertreterin der Milchlieferanten abgeschlossen habe, die Forderung für die Milch also diesen, nicht der Beklagten zustehe. Die Stellvertretung ergebe sich im Sinne des Art. 32 Abs. 2 OR aus den Umständen. Das angefochtene Urteil verletze diese Bestimmung und Art. 18 OR . a) Art. 32 Abs. 1 OR trifft zu, wenn jemand, der zur Vertretung eines andern ermächtigt ist, in dessen Namen einen Vertrag abschliesst. Anschliessend bestimmt Art. 32 BGE 88 II 350 S. 353 Abs. 2 OR : "Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschlusse sich nicht als solchen zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere aus den Umständen auf das Vertretungsverhältnis schliessen musste, oder wenn es ihm gleichgültig war, mit wem er den Vertrag schliesse." Abs. 2 setzt wie Abs. 1 ein "Vertretungsverhältnis" voraus, und zwar ein solches mit Ermächtigung (vgl. Randtitel zu Art. 32-37 OR ). Der Vertragschliessende muss befugt sein, aus dem Vertrag unmittelbar einen andern zu berechtigen und zu verpflichten, und er muss beim Abschluss des Vertrages tatsächlich als Vertreter des andern handeln. Das Vertretungsverhältnis ergibt sich im Falle des Abs. 1 aus der Erklärung des Ermächtigten, er schliesse den Vertrag im Namen des andern. In den von Abs. 2 erfassten Fällen fehlt diese Erklärung, aber es liegen entweder Umstände vor, aus denen die Gegenpartei auf diesen Willen schliessen muss, oder es ist der Gegenpartei gleichgültig, wer ihr gegenüber berechtigt und verpflichtet werde. b) Der Kläger führt nicht aus, dass und inwiefern die Beklagte ermächtigt gewesen sei, die Genossenschafter und die sogenannten Gastbauern (Freilieferanten) durch den Milchkaufvertrag mit Müller zu berechtigen und zu verpflichten. Die Ermächtigung versteht sich nicht einmal für die Genossenschafter von selbst. Zwar ist in Art. 1 der Statuten vom Verkauf der Milch an einen Käser die Rede, erwähnt Art. 13 der Statuten unter den unübertragbaren Befugnissen der Generalversammlung den Abschluss des Milchkaufvertrages und verpflichtet Art. 9 der Statuten die Genossenschafter, die Milch in die Käserei zu liefern. Diese Bestimmungen erklären sich aber daraus, dass gemäss Art. 3 der Statuten jeder Genossenschafter der Beklagten die in seinem Betrieb erzeugte Milch zur Verfügung stellen muss und deren Verwertung, "sei es durch den Selbstbetrieb einer Käserei oder durch den Verkauf der Milch an einen Käser" (Art. 1 der Statuten) eine Angelegenheit BGE 88 II 350 S. 354 der Genossenschaft ist. Dass diese beim Verkauf der Milch als direkte Stellvertreterin der Genossenschafter aufzutreten ermächtigt sei, ergibt sich daraus nicht. Auf Ermächtigung seitens der Milchlieferanten, inbegriffen der Gastbauern, könnte allenfalls geschlossen werden, wenn deren Unterschriften sich auf den hiefür vorbehaltenen Seiten am Schlusse des Milchkaufvertrages befänden. Im vorliegenden Falle haben aber die Milchlieferanten nicht unterzeichnet. Die Frage, ob die Beklagte ermächtigt gewesen sei, die Milchlieferanten gegenüber Müller zu berechtigen und zu verpflichten, kann jedoch offen bleiben, denn die Beklagte ist Müller gegenüber nicht als Vertreterin aufgetreten. c) Der Kläger behauptet mit Recht nicht, die Beklagte habe im Sinne des Art. 32 Abs. 1 OR den Vertrag im Namen der Milchlieferanten abgeschlossen. Hätte sie das getan, so hätte sie die Milchlieferanten als Vertragsparteien oder als Verkäufer bezeichnen müssen. Art. 1 des Milchkaufvertrages nennt indessen ausdrücklich die Beklagte als Verkäuferin, und deren Präsident und Aktuar haben am Fusse des Vertrages "namens der Verkäuferin", nicht etwa "namens der Verkäufer" oder "namens der Milchlieferanten" unterschrieben. Auch sprechen verschiedene andere Bestimmungen des Vertrages von der "Verkäuferin". So führt Art. 2 Abs. 7 aus, "zur Sicherstellung des Milchpreises und anderer aus diesem Vertrage hervorgehenden Verpflichtungen gegenüber der Verkäuferin und dem zuständigen Verbande" leiste der Käufer eine Hinterlage oder Bürgschaft von Fr. 25'000.--. Art. 4 Abs. 3 bestimmt, die Brandassekuranz für die Gebäulichkeiten und die Käserei-Einrichtung nebst Inventar gehe "zu Lasten der Verkäuferin". Art. 20 befasst sich mit den "Meinungsverschiedenheiten, die sich in der Auslegung dieses Vertrages zwischen Käufer und Verkäuferin resp. einzelnen Milchlieferanten oder Verband ergeben". Nirgends bezeichnet der Vertrag die Genossenschafter und die Gastbauern als Verkäufer. In Art. 1 werden sie "Mitglieder und Gastbauern BGE 88 II 350 S. 355 (Freilieferanten)" genannt, in andern Bestimmungen "Lieferanten" (Art. 2, 3, 5, 6), "Milchlieferanten" (Art. 1a, 2 b, 6, 9, 13), "Milchproduzenten" (Art. 2 b, 15) und "Produzenten" (Art. 5, 15). d) Wegen dieser klaren Unterscheidung zwischen der "Verkäuferin" einerseits und den Milchlieferanten anderseits und angesichts der Tatsache, dass als Verkäuferin die "Käsereigesellschaft Hohentannen" bezeichnet und der Vertrag ausdrücklich "namens der Verkäuferin" unterschrieben ist, kann auch nicht gesagt werden, Müller habe aus den Umständen auf direkte Stellvertretung schliessen müssen. Für eine Auslegung aus den Umständen ist nur dann Raum, wenn nach dem Wortlaut des Vertrages Zweifel bestehen, ob jemand diesen im eigenen Namen oder als direkter Stellvertreter abgeschlossen habe. Im vorliegenden Falle lässt der Wortlaut keine Zweifel aufkommen. Übrigens sprechen auch die Umstände nicht für direkte Stellvertretung. Dass die Milch von den Kühen der Genossenschafter und Gastbauern stammt, ist bedeutungslos; die Beklagte konnte sie dennoch im eigenen Namen verkaufen. Ebensowenig lässt der Umstand, dass die Beklagte sie nicht auf eigene Rechnung absetzte, also nicht auf einen Zwischengewinn ausging, auf direkte Stellvertretung schliessen; die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen der Mitglieder ist jeder Genossenschaft eigen ( Art. 828 OR ) und setzt nicht voraus, dass die Genossenschaft als direkte Stellvertreterin der Genossenschafter auftrete. Unerheblich ist auch, dass Art. 2 b des Milchkaufvertrages bestimmt, die Lieferanten seien verpflichtet, für ihre Selbstversorgung bestimmte Mengen Butter und Käse vom Milchkäufer zu beziehen; die Beklagte konnte dieses Versprechen im Sinne des Art. 111 OR abgeben, also ohne Stellvertreterin der Lieferanten zu sein. Auch das in Art. 3 des Milchkaufvertrages verurkundete Versprechen, die Einlieferung der Milch erfolge zu den daselbst angegebenen Tageszeiten, setzte nicht ein Handeln BGE 88 II 350 S. 356 der Beklagten als Stellvertreterin voraus. Der Kläger weist ferner auf Art. 7 des Vertrages hin, dessen erster Satz bestimmt: "Sollten sich Milchlieferanten Fälschungen zuschulden kommen lassen, so sind sie dem Käufer schadenersatzpflichtig und haben eine Grundbusse von Fr. 100.-- und pro Kuh noch Fr. 20.-Zusatzbusse zu bezahlen." Da Milchfälschung eine unerlaubte Handlung ist, versteht sich die direkte Schadenersatzpflicht jedoch von selbst. Zudem lässt sich die genannte Bestimmung, namentlich auch hinsichtlich der Konventionalstrafe, als Versprechen zu Lasten Dritter im Sinne des Art. 111 OR verstehen. Hätten die Milchlieferanten den Vertrag auf dem dafür vorbehaltenen Raum des Formulars mitunterzeichnet, so wären auch sie gegenüber Müller vertraglich verpflichtet worden. Die Nichtunterzeichnung durch sie spricht gegen eine solche Verpflichtung. Umsoweniger können die Lieferanten als Verkäufer der Milch gegenüber Müller berechtigt sein. Der Kläger geht zu weit, wenn er geltend macht, die Unterzeichnung durch die Lieferanten sei unterblieben, weil Müller und der Beklagten klar gewesen sei, dass der einzelne Lieferant auch ohne seine Unterschrift berechtigt und verpflichtet werde. Eine Feststellung der Vorinstanz über einen diesbezüglichen tatsächlichen Willen beider Vertragschliessenden fehlt, und nach Treu und Glauben durfte keine Partei die Nichtunterzeichnung durch die Lieferanten als Ausdruck dieses Willens auslegen, sonst wäre es sinnlos gewesen, im Vertragsformular Raum für die Mitunterzeichnung zu lassen. Nicht einmal die Mitunterzeichnung wäre ein schlüssiges Anzeichen für die Verkäuferrolle der Lieferanten gegenüber Müller; sie könnte einfach bedeuten, dass die Lieferanten die zu ihren Lasten abgegebenen Versprechen als eigene Verpflichtungen anerkennten. Unterschriften werden ja vorwiegend abgegeben, um Verpflichtungen einzugehen (vgl. Art. 13 Abs. 1 OR ), nicht um Rechte zu erwerben. Dem Kläger ist auch nicht beizupflichten, wenn er in Art. 20 Abs. 1 des Milchkaufvertrages einen für direkte Stellvertretung BGE 88 II 350 S. 357 sprechenden Umstand sieht. Gewiss fallen Meinungsverschiedenheiten nur dann unter diese Bestimmung, wenn sie "den Milchpreis oder den Hüttenzins betreffen", und fragt man sich daher, weshalb sie "zwischen Käufer und Verkäuferin resp. einzelnen Milchlieferanten oder Verband" sollen entstehen können, statt nur "zwischen Käufer und Verkäuferin bzw. zwischen Pächter und Verpächterin". Es war aber denkbar, dass auch Milchlieferanten Rechte aus dem Vertrag ableiten würden, ohne sie wirklich zu haben. Auch solche Streitigkeiten wollten die Vertragschliessenden von der in Art. 20 Abs. 1 vorgesehenen "gemeinsamen Kommission" entschieden wissen. Das Wort "Verkäuferin" - nicht "Verkäufer", wie der Kläger schreibt - zeigt deutlich, dass die Verkäuferrolle der Genossenschaft, nicht den Milchlieferanten zukommt. e) Die Frage, ob es Müller gleichgültig gewesen sei, mit wem er den Milchkaufvertrag abschliesse, würde sich nur stellen, wenn feststände, dass die Beklagte den Willen hatte - und ermächtigt war -, die Milchlieferanten zu Verkäufern zu machen. Die Gleichgültigkeit Müllers hätte unter diesen Voraussetzungen die (ausdrückliche oder sich aus den Umständen ergebende) Äusserung des Willens zur Stellvertretung seitens der Beklagten entbehrrlich gemacht. Gleichgültigkeit des Käufers ist dagegen nicht auch Ersatz für den innern Willen des Gegners, blosser Stellvertreter zu sein. Der Käufer - oder an seiner Stelle seine Konkursmasse oder sein Konkursgläubiger - kann nie mit der Behauptung, es sei ihm gleichgültig gewesen, mit wem er den Vertrag schliesse, den Gegner gegen dessen Willen in die Rolle eines blossen Stellvertreters drängen. Dass die Beklagte den inneren Willen, den Vertrag als direkte Stellvertreterin der Milchlieferanten abzuschliessen, gehabt habe, ist nicht festgestellt. Gegen diesen Willen spricht der Umstand, dass die Beklagte den Vertrag ausdrücklich im eigenen Namen einging, indem sie sich selbst als Verkäuferin bezeichnete. Übrigens stellt der Kläger sich in der Berufung mit BGE 88 II 350 S. 358 Recht nicht auf den Standpunkt, es sei Müller gleichgültig gewesen, ob die Beklagte oder die Lieferanten Vertragspartei seien. f) Gemäss Art. 18 OR ist bei der Beurteilung eines Vertrages nach Form und Inhalt der übereinstimmende wirkliche Wille zu beachten, nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise, die von den Vertragschliessenden aus Irrtum oder in der Absicht, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen, gebraucht wird. Diese Bestimmung setzt voraus, dass der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragschliessenden vom Sinn abweiche, der sich aus ihren Äusserungen ergibt. Ein vom Wortlaut des Vertrages abweichender innerer Wille der Beklagten einerseits und Müllers anderseits ist indessen weder festgestellt, noch vom Kläger im kantonalen Verfahren behauptet worden. Art. 18 OR trifft daher nicht zu. 2. Der Kläger macht geltend, jedenfalls sei der zwischen der Beklagten und Müller zustande gekommene Vertrag zugunsten der Milchlieferanten abgeschlossen, und zwar in dem Sinne, dass diese die Zahlung des Kaufpreises selbständig fordern könnten, weil es der Willensmeinung der Vertragschliessenden entspreche. Die gegenteilige Auffassung des Obergerichtes verletze Art. 112 Abs. 2 OR . a) Art. 2 Abs. 4 des Milchkaufvertrages bestimmt: "Die Zahlung hat zweimonatlich bis zum 7. des folgenden Monats an die Lieferanten stattzufinden, unter Abzug allfälliger Vorauszahlungen und Naturallieferungen." Daraus ergibt sich, dass Müller der Beklagten Zahlung an Dritte versprochen hat. Das reicht aber nicht aus, um im Sinne des Art. 112 Abs. 2 OR auf die Willensmeinung Müllers und der Beklagten zu schliessen, die Lieferanten sollten die Erfüllung selbständig fordern können. Auch der Hinweis des Klägers, dass die Milch von den Dritten geliefert wurde, genügt nicht. Die Lieferung erfolgte auf Grund von Verpflichtungen, welche die Lieferanten gegenüber der Beklagten zu erfüllen hatten, und begründete Forderungen der Lieferanten gegen die Beklagte. Diese hatte BGE 88 II 350 S. 359 ein Interesse an einer vereinfachten Abwicklung der Zahlungen. Statt den Milchpreis beim Milchkäufer einzufordern und ihn an die Lieferanten weiterzugeben, liess sie sich Zahlung an die Lieferanten versprechen. Das konnte sie tun, ohne den Lieferanten gegenüber Müller ein selbständiges Forderungsrecht einräumen zu wollen. Das sowohl der Gründung der Beklagten als auch dem Milchkaufvertrag zu Grunde liegende Bestreben, durch gemeinsame Verwertung der Milch die Interessen der Bauern kollektiv zu wahren, steht der vom Kläger vertretenen Auffassung im Wege. Die Geltendmachung der Milchpreisforderung durch den einzelnen Lieferanten gegen Müller widerspräche diesem Bestreben. Sie würde die Stellung der Beklagten gegenüber dem Milchkäufer schwächen. Der Beklagten ist besser gedient, wenn sie selber, und nur sie, forderungsberechtigt ist. Auch das Interesse des einzelnen Lieferanten erheischt, dass dieser weder berechtigt noch verpflichtet sei, seine Forderung gegen den Milchkäufer selbständig geltend zu machen. sondern dass er sich an die Beklagte halten könne, für deren Verbindlichkeiten gemäss Art. 11 der Statuten alle Genossenschafter persönlich und unbeschränkt haften. Daran muss dem einzelnen Lieferanten und der Beklagten umsomehr gelegen sein, als nicht jener, sondern diese den Milchkäufer auswählt. Der Beklagten, nicht dem einzelnen Milchlieferanten, hat Müller denn auch die in Art. 2 Abs. 7 des Milchkaufvertrages vorgesehene Sicherheit in der Höhe von Fr. 25'000.-- versprochen. Gewiss konnte ihr an sich die Stellung einer Pfandhalterin eingeräumt werden. Aber sinnvoll wäre es nicht gewesen, die Kaufpreisforderung für die Milch in selbständige Forderungen der einzelnen Lieferanten aufzulösen und die Beklagte bloss zur Pfandhalterin zu machen. Wirksamer konnten die Interessen der Lieferanten und der Beklagten gewahrt werden, wenn Müller der Beklagten schuldete und diese auf die Sicherheit greifen konnte. Dass die Sicherheit in Wirklichkeit nicht geleistet wurde, ist BGE 88 II 350 S. 360 unerheblich. Das Versprechen gemäss Art. 2 Abs. 7 kann dennoch herbeigezogen werden, um zu beurteilen, ob nach der Willensmeinung der Vertragschliessenden die Milchpreisforderung in selbständige Forderungen der einzelnen Lieferanten aufgeteilt wurde. Dem Kläger hilft auch nicht der Hinweis darauf, dass von den Zahlungen an die Milchlieferanten der Preis für Naturallieferungen abgezogen werden sollte. Art. 2 Abs. 4 drückt diese Vereinbarung nicht durch den Ausdruck "Verrechnung" aus, den der Kläger verwendet, sondern spricht vom "Abzug" der Vorauszahlungen und Naturallieferungen. Es handelt sich um eine Anrechnung der Bezüge auf die Zahlungen, die Müller gemäss Art. 2 Abs. 4 den Milchlieferanten machen sollte. Dass die Lieferanten die Zahlung selbständig sollten fordern können, ergibt sich daraus nicht. Gegenteils leuchtet die vorinstanzliche Erwägung ein, dass das Recht Müllers, den Preis für die Naturallieferungen zu verrechnen, sich von selbst verstanden hätte, wenn die Vertragschliessenden den Milchlieferanten ein selbständiges Forderungsrecht hätten einräumen wollen. Ist dagegen auf den Milchpreis nur die Beklagte forderungsberechtigt, so musste gesagt werden, dass Müller dennoch den Preis der von den Lieferanten bezogenen Käsereierzeugnisse abziehen dürfe. b) Nach Art. 112 Abs. 2 OR kann sich ein selbständiges Forderungsrecht des Dritten auch aus einer Übung ergeben. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind im vorliegenden Falle die Milchlieferanten nicht zu fordern berechtigt. Das Obergericht führt aus, es bestehe keine dahin gehende Übung. Darin liegt eine das Bundesgericht bindende tatsächliche Feststellung; denn nichts spricht dafür, dass die Vorinstanz von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der Übung ausgehe ( BGE 86 II 257 und dort erwähnte Entscheide). Der Kläger behauptet das auch nicht. 3. Die das selbständige Forderungsrecht der Milchlieferanten widerlegenden Gründe stehen auch der vom BGE 88 II 350 S. 361 Kläger in letzter Linie vertretenen Auffassung im Wege, Müller habe die Schuld der Beklagten gegenüber den Lieferanten intern durch Art. 2 Abs. 4 des Milchkaufvertrages und extern durch schlüssiges Verhalten übernommen, womit die Lieferanten sich durch fortwährende Annahme der Zahlungen Müllers stillschweigend einverstanden erklärt hätten. Es widersprach den Interessen der Beklagten und der Lieferanten, dass diese Schuldübernahme stattfinde. Zudem ist nicht zu ersehen, was die Beteiligten, ohne es ausdrücklich zu sagen, hätte veranlassen können, diesen lebensfremden Umweg zu beschreiten, statt den Lieferanten ein selbständiges Forderungsrecht im Sinne des Art. 112 Abs. 2 OR einzuräumen oder den Milchkaufvertrag in ihrem Namen abzuschliessen. Der Kläger nennt keine Gründe. 4. Steht die Forderung auf den Milchpreis, inbegriffen die Forderung auf Ablieferung der Rückbehalte, der Beklagten und nur ihr allein zu, so ist die Verrechnung mit der Schuld der Beklagten für die Schweinezuchtanlage unter dem Gesichtspunkt des Obligationenrechtes zulässig. Dass Müller der Beklagten Auszahlung an die Lieferanten versprochen hat, ändert nichts. Das geschah nicht in seinem Interesse, sondern nur in jenem der Beklagten. Diese blieb daher berechtigt, Müller der Auszahlung an die Milchlieferanten zu entbinden (vgl. Art. 112 Abs. 3 OR ) und Zahlung an sie selbst zu verlangen oder mit einer eigenen Schuld zu verrechnen. Gegen die Auffassung des Obergerichtes, dass auch die Bestimmungen des Konkursrechtes der Verrechnung nicht im Wege stehen, wendet der Kläger nichts ein. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 19. Juni 1962 bestätigt.
public_law
nan
de
1,962
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
d9f8cca7-8391-4c56-986c-4e05841d7847
Urteilskopf 88 III 107 16. Entscheid vom 21. September 1962 i.S. Firma Mayer.
Regeste Lohnpfändung; Existenzminimum. Das Betreibungsamt rechnet, gemäss von der kantonalen Aufsichtsbehörde erlassenen Richtlinien, zu den Grundansätzen nach den Elmerschen Tabellen einen - nach Verdienstkategorien abgestuften - prozentualen "Sozialzuschlag" hinzu. Dies fällt in den Rahmen des nach Art. 93 SchKG dem Betreibungsamt zustehenden Ermessens und verletzt nicht Bundesrecht.
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 88 III 107 S. 107 A.- In der Betreibung der Rekurrentin gegen B. Gasche erklärte das Betreibungsamt Lebern-Grenchen bei einem monatlichen Einkommen des Schuldners von Fr. 925.-- und einem Notbedarf von Fr. 953.40 eine Lohnpfändung als unmöglich. Es berechnete dieses Existenzminimum in der Weise, dass es zu den eine 10% ige Erhöhung einschliessenden Ansätzen gemäss den Tabellen von Elmer pro 1. Januar 1962, von Fr. 350. - für die Eheleute und Fr. 200. - für die fünf Kinder, zusammen Fr. 550.--, einen Sozialzuschlag von 20% = Fr. 110.-- gemäss den Richtlinien der kantonalen Aufsichtsbehörden vom 19. März 1959 hinzuschlug. Hiegegen führte die Gläubigerin Beschwerde mit dem Antrag auf Weglassung dieses Zuschlages von Fr. 110.-- und Vornahme einer Lohnpfändung von Fr. 80.-. B.- Die Vorinstanz hat die Beschwerde abgewiesen und die Berechnungsweise des Betreibungsamtes geschützt. Sie führt aus, durch die Erhöhung der normalen Ansätze BGE 88 III 107 S. 108 nach Elmer (1962) würden die gemäss der Wegleitung von 1959 zulässigen Zuschläge nicht berührt; so falle namentlich auch nicht der in der Wegleitung vorgesehene Sozialzuschlag weg. Dieser betrage bei der Verdienstkategorie Fr. 921.-- bis 1000. - gemäss jener Wegleitung 20%. Die Berechnung des Betreibungsamtes sei mithin richtig, sodass keine Lohnpfändung möglich sei. C.- Mit dem vorliegenden Rekurs hält die Gläubigerin an ihrem Beschwerdeantrag samt Begründung fest. Sie führt aus, der 20%ige Sozialzuschlag werde z.B. im Kanton Zürich nicht angewendet. Durch ihn würden die im Kanton Solothurn wohnhaften Schuldner in unangemessener Weise bevorzugt; er habe zur Folge, dass im Kanton Solothurn praktisch keine Lohnpfändungen mehr möglich seien. Der Zuschlag sei ungesetzlich und finde keine Stütze in der neuesten Tabelle Elmer. Die Wegleitung der Aufsichtsbehörde des Kanton Solothurn sei keineswegs Gesetz; es werde damit das Ermessen überschritten. Der Sozialzuschlag, wie er im Kanton Solothurn angewendet werde, führe zu einer absolut ungleichen Behandlung der Schuldner gegenüber denjenigen Betreibungsämtern, welche die Tabelle Elmer anwendeten. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Beanstandet wird nur der "Sozialzuschlag" von - in der Verdienstkategorie des Schuldners - 20%, den die Solothurner Praxis gemäss der Wegleitung der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 19. März 1959 zu den Grundansätzen für das "normale Existenzminimum", die nur Nahrung und Kleidung umfassen, gewährt. Die damaligen Grundansätze entsprechen den Elmerschen Ziffern vom 1. Januar 1959. Wenn nun auf 1. Januar 1962 Elmer - unter Beibehaltung des gleichen Berechnungssystems - seine Normalansätze um 10% erhöht und die Solothurner Aufsichtsbehörden diese Erhöhung übernommen hat, so heisst das keineswegs, dass dadurch der nach der Verdienstkategorie BGE 88 III 107 S. 109 gestufte Sozialzuschlag, der schon 1959 zum Elmerschen Grundansatz hinzukam, dahinfalle. Die Festsetzung des Existenzminimums ist vom Gesetz in das Ermessen des Betreibungsamtes gestellt. Wie die Ansätze zu bemessen und was für Zuschläge allenfalls mit Rücksicht auf die soziale Stellung des Schuldners zur Herstellung der vom Gesetze gewollten Angemessenheit erforderlich sind, ist eine von den lokalen Verhältnissen abhängige Ermessensfrage. Wenn die Solothurner Aufsichtsbehörde über die Elmerschen Normalansätze hinausgeht, so stellt das auch dann keine Gesetzesverletzung dar, wenn andere Kantone - ebenfalls kraft ihres Ermessens - anders vorgehen. Den Elmerschen Tabellen kommt keine Gesetzeskraft zu. Eine ungleiche Behandlung der Schuldner hinsichtlich Bemessung des Existenzminimums durch verschiedene Betreibungsämter verschiedener Kantone ist unvermeidlich, wenn jedes Amt - allenfalls jede kantonale Aufsichtsbehörde - pflichtgemäss ihrem eigenen Ermessen folgt. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,962
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
d9fb38c5-70d7-4a07-a1bf-b590a75a4043
Urteilskopf 100 V 6 2. Urteil vom 21. Januar 1974 i.S. Ott gegen Krankenkasse des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Selbstbehalt und Franchise ( Art. 14bis KUVG ). - Übergangsrecht: Massgebende Kriterien für die intertemporale Bestimmung der Kostenbeteiligung. - Grundsätze, welche Krankenkassen und Versicherte bei der Geltendmachung von Arztrechnungen zu beachten haben.
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 100 V 6 S. 6 A.- Die Eheleute Karl und Hedi Ott sind bei der Krankenkasse des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins für Krankenpflege versichert. Hedi Ott war vom 17. September bis 17. Dezember 1971 in ärztlicher Behandlung bei Dr. O., und am 17. Dezember 1971 wurden beide Ehegatten von Dr. A. behandelt. Die entsprechenden Arztrechnungen datieren vom 29. Dezember 1971 sowie vom 9. und 25. Februar 1972. Sie wurden Karl Ott zugestellt, der sie am 16. März 1972 an die Krankenkasse weiterleitete. Die Kasse erhob gestützt auf die neue Fassung des Art. 25 Abs. 3 Vo V über die Krankenversicherung für jeden Krankheitsfall eine Franchise von je Fr. 30.- und überwies Karl Ott den Restbetrag von Fr. 151.--. In diesem Sinn verfügte die Kasse am 16. Januar und 2. Februar 1973. B.- Karl Ott beschwerte sich gegen beide Verfügungen beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn. Er machte geltend: Die Krankenkasse müsse bei der Abrechnung altes Recht anwenden und dürfe daher bloss eine Franchise von Fr. 5.- und einen Selbstbehalt von 10%, somit einen Betrag von Fr. 39.10 in Abzug bringen. Daher stehe ihm gegenüber der Kasse noch ein Guthaben von Fr. 50.90 zu. BGE 100 V 6 S. 7 Das kantonale Versicherungsgericht hat die Beschwerde mit Entscheid vom 15. Mai 1973 abgewiesen: Die Krankenkasse habe seinerzeit bestimmt, dass für sämtliche bis zum 4. Februar 1972 bei ihr eingehenden Rechnungen für Behandlungen, die im Jahre 1971 begonnen worden waren, die alte Franchise-Regelung zu gelten habe. Die fraglichen Arztrechnungen seien aber erst am 16. März 1972 eingereicht worden. C.- Dem Sinne nach erneuert Karl Ott in der gegen diesen Entscheid gerichteten Verwaltungsgerichtsbeschwerde seinen vorinstanzlichen Antrag auf Rückerstattung des Betrages von Fr. 50.90. Von der am 4. Februar 1972 abgelaufenen Frist habe er erstmals durch den angefochtenen Entscheid erfahren. Die Kasse beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Auch das Bundesamt für Sozialversicherung trägt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Die von der Krankenkasse getroffene Regelung sei aus Gründen der administrativen Vereinfachung zulässig und vom Amt genehmigt worden. Lediglich bei Statutenrevisionen gelte der Grundsatz, dass Statutenänderungen, welche die Rechte des Versicherten beschneiden, diesem erst entgegengehalten werden dürfen, nachdem sie ihm gehörig bekanntgegeben worden sind. Diese Ordnung gelte dort nicht, wo es - wie bei der Neuregelung der Kostenbeteiligung - um die Durchführung einer zwingenden bundesrechtlichen Vorschrift gehe. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Art. 14bis Abs. 1 KUVG verpflichtet die Kassen, allen Versicherten einen Selbstbehalt und den volljährigen Versicherten zudem bei jedem Krankheitsfall eine Franchise aufzuerlegen. Das Nähere hat der Bundesrat in der Verordnung V über die Krankenversicherung geregelt. Nach Art. 26 Abs. 1 dieser Verordnung in der bis 31. Dezember 1970 gültig gewesenen Fassung (vom 7. Juli 1967) hatten die Kassen die Franchise im Normalfall auf mindestens 5 Franken, höchstens aber auf 10 Franken je Krankheitsfall festzusetzen. Am 21. Dezember 1970 beschloss der Bundesrat durch Abänderung der Art. 24 ff. Vo V eine grundsätzliche Neuregelung der Kostenbeteiligung. Darnach beträgt der Selbstbehalt 10% der von der Kasse übernommenen Krankenpflegekosten, während die volljährigen BGE 100 V 6 S. 8 Versicherten eine Franchise von 20 Franken je Krankheitsfall zu übernehmen haben (Art. 25 Abs. 1 und 2 Vo V); für Versicherte der obern Tarifgruppe beträgt die Franchise 30 Franken (Abs. 3). Dieser Bundesratsbeschluss ist am 1. Januar 1971 in Kraft getreten, räumte aber den Krankenkassen eine Frist zur Anpassung ihrer Statuten und Reglemente bis zum 31. Dezember 1971 ein. Die Beschwerdegegnerin hat diese Neuregelung auf den 1. Januar 1972 in Kraft gesetzt. Sie orientierte ihre Mitglieder darüber durch Zustellung des neuen Leistungsreglements und eines Zirkularschreibens am 25. Januar 1972. Ausserdem hat die Kasse im Sinne einer internen Übergangsregelung beschlossen, sämtliche Rechnungen, die bis zum 4. Februar 1972 bei ihr eintreffen würden und welche im Jahre 1971 begonnene Behandlungen zum Gegenstand hätten, nach alter Regelung zu behandeln. 2. Zunächst ist zu prüfen, ob sich das anwendbare Recht nach dem Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung oder nach dem Eingang der betreffenden Arztrechnung bei der Krankenkasse bestimmt. Art. 14bis Abs. 1 KUVG schreibt den Krankenkassen verbindlich vor, dass sie bei jedem Krankheitsfall dem volljährigen Versicherten eine Franchise aufzuerlegen haben (unter Vorbehalt der im heutigen Zusammenhang unbeachtlichen Abs. 2 und 4 desselben Artikels). Für die Erhebung der Franchise gilt als Krankheitsfall gemäss Art. 26 Abs. 1 Vo V die "ambulante Behandlung einer oder mehrerer Krankheiten durch den gleichen Arzt oder Chiropraktor" in einem durch die Verordnungsbestimmung näher umschriebenen Zeitraum. Dieser allgemeine Grundsatz muss auch dann gelten, wenn übergangsrechtliche Fragen zu beantworten sind. Würde man darauf abstellen, wann die Arztrechnung bei der Krankenkasse eingeht, so müsste sich das anwendbare Recht nach dem rein aleatorischen Zeitpunkt richten, in welchem der Arzt Zeit findet, die Rechnung zu schreiben. Dass Rechtsungleichheiten die Folge wären, liegt auf der Hand. Ferner ist zu beachten, dass die Krankenkassen nach Art. 28 Vo V die Franchise "zu Beginn des Krankheitsfalles" erheben können. Diese Bestimmung wäre völlig systemwidrig, wenn als massgebender Sachverhalt nicht der Krankheitsfall, das heisst eben die ärztliche Behandlung, zu betrachten wäre. BGE 100 V 6 S. 9 Prinzipiell muss daher für die Bestimmung des anwendbaren Rechts der Zeitpunkt des Krankheitsfalles, d.h. der Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung als massgebend bezeichnet werden. Ob sich unter gewissen Voraussetzungen Ausnahmen von diesem Grundsatz rechtfertigen würden, braucht heute nicht geprüft zu werden, da die ärztlichen Behandlungen von Karl und Hedi Ott im Jahre 1971 begonnen und beendet worden sind. 3. Ist somit übergangsrechtlich auf den Zeitpunkt der ärztlichen Behandlung abzustellen, so muss anderseits den Krankenkassen zugestanden werden, für die Durchführung dieses Grundsatzes eine rationelle Lösung zu suchen. Das Gebot einer einfachen Betriebsabwicklung, die eine rasche Erledigung und darüber hinaus allenfalls noch eine Senkung der Verwaltungskosten ermöglicht, liegt auch im Interesse der Versicherten. Die angestrebte Lösung darf indessen die Rechte der Versicherten nicht übermässig und unnötig einschränken, und sie darf insbesondere andere Grundsätze, wie jene der rechtsgleichen Behandlung und der Gegenseitigkeit, nicht verletzen. In dieser Sicht kann nicht beanstandet werden, dass eine Krankenkasse für die Einreichung von Arztrechnungen, die vorjährige Behandlungen betreffen, einen Termin festsetzt, wenn diese Honorarnoten nach der altrechtlichen Kostenbeteiligungsregelung abgerechnet werden sollen. Durch die Wahl dieses Termins dürfen aber die erwähnten Grundsätze nicht verletzt werden. Insbesondere müssen die Versicherten die objektive Möglichkeit haben, bis zu dem von der Kasse bestimmten Termin das für die Wahrung ihrer Rechte.Notwendige vorzukehren. Im vorliegenden Fall kann die Frage offen bleiben, ob die Beschwerdegegnerin die dargelegten Gesichtspunkte genügend berücksichtigt hat, wenn sie für ihre Versicherten den 4. Februar 1972 als Termin festsetzte, nachdem sie diese erst am 25. Januar 1972 über die Neuregelung der Kostenbeteiligung orientiert hatte. Entscheidend ist, dass der Zeitpunkt des 4. Februar 1972 den Versicherten gar nicht mitgeteilt worden ist. Der Beschwerdeführer hatte demnach keinen zwingenden Grund, für die Zustellung der Rechnungen an die Kasse bis zum 4. Februar 1972 besorgt zu sein. Mit dem Vorgehen der Beschwerdegegnerin wurden seine Rechte offensichtlich ungenügend BGE 100 V 6 S. 10 gewahrt. Die von der Kasse getroffene übergangsrechtliche Regelung stellt keine sachgerechte Durchführung der neurechtlichen Art. 24 ff. Vo V dar. 4. Die Kasse kann sich somit nicht darauf berufen, Karl Ott habe die Arztrechnungen erst nach dem 4. Februar 1972, also verspätet eingereicht. Sie ist vielmehr gehalten, auch nach diesem Datum Arztrechnungen entgegenzunehmen, welche im Jahre 1971 erfolgte Behandlungen betreffen und deshalb nach alter Regelung zu erledigen sind. Dies gilt aber nicht auf unbeschränkte Zeit hinaus, sondern die Versicherten sind verpflichtet, die Honorarnoten innert angemessener Frist, nachdem sie bei ihnen eingetroffen sind, an die Krankenkasse weiterzuleiten. Die heute streitigen Arztrechnungen datieren vom 29. Dezember 1971 sowie vom 9. und 25. Februar 1972, wobei anzunehmen ist, dass sie an einem der folgenden Tage bei Karl Ott eingegangen sind. Es ist verständlich, wenn der Beschwerdeführer - zur Vermeidung unnötiger Umtriebe - alle drei Rechnungen gleichzeitig der Kasse zustellen wollte. Nachdem er die letzte Rechnung (vom 25. Februar 1972) erhalten hatte, wartete er bis zum 16. März 1972, also noch fast drei Wochen, bis er die Rechnungen an die Beschwerdegegnerin weitersandte. Obschon an der Grenze des noch Zulässigen liegend, kann dieses Vorgehen doch nicht als übermässige Verschleppung qualifiziert werden, welche Kassensanktionen gegenüber dem Beschwerdeführer rechtfertigen würde. Dessen Verhalten darf nicht losgelöst vom Vorgehen der Beschwerdegegnerin beurteilt werden, an welcher es in erster Linie gelegen hätte, ihren Mitgliedern von ihrer übergangsrechtlichen Ordnung rechtzeitig klare Kenntnis zu geben. 5. Aus den obigen Darlegungen ergibt sich, dass die Kostenbeteiligung des Beschwerdeführers an den drei Arztrechnungen vom 29. Dezember 1971 sowie vom 9. und 25. Februar 1972 nach altrechtlicher Regelung beurteilt werden muss. Es ist Sache der Kasse, die entsprechende Abrechnung vorzunehmen und das daraus resultierende Mehrguthaben dem Karl Ott zu überweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 15. Mai 1973 sowie die Kassenverfügungen BGE 100 V 6 S. 11 vom 16. Januar und 2. Februar 1973 werden aufgehoben. II. Die Sache geht an die Krankenkasse des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins zurück, damit diese im Sinn der Erwägungen verfahre.
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de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
d9fd5714-739a-4c81-86c0-5d381d24a8ca
Urteilskopf 109 Ia 257 49. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. November 1983 i.S. Kaestlin gegen Stadt Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Denkmalschutzmassnahme; Art. 22ter BV . Am Schutz des Innenraumes des ehemaligen Cafés Odeon in Zürich besteht ein ausreichendes öffentliches Interesse, das die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegt, obschon der ursprüngliche Kaffeehausbetrieb aufgehoben und der Innenraum teilweise umgestaltet wurde (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 109 Ia 257 S. 257 Das am Limmatquai beim Bellevueplatz in Zürich gelegene Gebäude "Usterhof" wurde mit den an der Rämistrasse anschliessenden "Denzlerhäusern" in den Jahren 1909-1911 von den Architekten Robert Bischoff und Hermann Weideli erbaut. Im Erdgeschoss wird seit 1911 das Café Odeon betrieben. Im Jahre 1972 wurde der ehemalige Cafébetrieb eingestellt und das Parterre BGE 109 Ia 257 S. 258 durch eine Glaswand unterteilt. Im nördlichen Teil befindet sich heute ein neues Café, im südlichen Teil eine Modeboutique. Der Stadtrat von Zürich hat im Jahre 1972 die Fassaden des "Usterhofes" sowie den Innenraum (sog. Raumschale) und das Mobiliar des Cafés Odeon unter Schutz gestellt. Auf Beschwerde der Eigentümer hin nahm der Bezirksrat von Zürich das Mobiliar von der Unterschutzstellung aus. In bezug auf die Fassaden und den Innenraum bestätigten der Bezirksrat, der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Denkmalschutzmassnahme. Mit staatsrechtlicher Beschwerde machen die Beschwerdeführer beim Bundesgericht geltend, die Unterschutzstellung des Innenraumes des Cafés Odeon verstosse gegen die Eigentumsgarantie. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Mit der hier streitigen Denkmalschutzmassnahme werden die Eigentümer daran gehindert, das Erdgeschoss des "Usterhofes", in dem sich das ehemalige Café Odeon mit Bar und Billardsaal befand, frei zu verändern. Die Massnahme bedeutet für sie eine Einschränkung ihrer Eigentumsbefugnisse. Eine solche ist nach der Rechtsprechung mit der Eigentumsgarantie nach Art. 22ter BV nur vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist; kommt sie einer Enteignung gleich, ist volle Entschädigung zu leisten ( BGE 108 Ia 35 E. 3, BGE 105 Ia 226 , mit Hinweisen). Das Café Odeon wurde aufgrund der kantonalen Verordnung betreffend den Natur- und Heimatschutz (NHSV) sowie der städtischen Verordnung über den Schutz des Stadtbildes und der Baudenkmäler (DenkmalschutzVO) unter Schutz gestellt: Nach § 5 NHSV ist es untersagt, Bauwerke, an die sich wichtige geschichtliche Erinnerungen knüpfen oder denen ein erheblicher kunsthistorischer Wert zukommt, ohne Bewilligung der zuständigen Behörden zu beseitigen, zu verunstalten, in ihrer Wirkung zu beeinträchtigen oder der Allgemeinheit unzugänglich zu machen; Art. 1 DenkmalschutzVO bestimmt, dass Bauwerke und Teile von solchen, denen für sich oder im Zusammenhang mit ihrer Umgebung eine geschichtliche, städtebauliche oder ästhetische Bedeutung zukommt, in ihrer Wirkung nicht beeinträchtigt werden dürfen. Die Beschwerdeführer machen in ihrer Beschwerde nicht oder BGE 109 Ia 257 S. 259 mindestens nicht in genügender Weise geltend, diese gesetzlichen Grundlagen reichten nicht aus, um das Café Odeon unter Schutz zu stellen, oder diese Vorschriften seien willkürlich angewendet worden. Darauf ist daher nicht näher einzugehen. Die Frage nach der Entschädigung wegen allfälliger materieller Enteignung ist ebenfalls nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die Beschwerdeführer rügen vielmehr zur Hauptsache, die umstrittene Denkmalschutzmassnahme liege nicht im öffentlichen Interesse, sie sei unverhältnismässig und verletze daher die in Art. 22ter BV verankerte Eigentumsgarantie. Die Frage, ob eine Eigentumsbeschränkung durch ein öffentliches Interesse gedeckt sei und ob dieses die privaten Interessen überwiege, prüft das Bundesgericht bei Beschwerden wegen Verletzung der Eigentumsgarantie grundsätzlich frei. Dabei auferlegt es sich indessen Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von der Würdigung örtlicher Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken, und soweit sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen ( BGE 107 Ib 336 E. 2c, 107 Ia 38 E. 3c, BGE 106 Ia 226 E. b, Urteil vom 23. Dezember 1981, in: ZBl 83/1982 S. 178, mit Hinweisen). Diese Zurückhaltung ist insbesondere auf dem Gebiete des Denkmalschutzes geboten, da es in erster Linie Sache der Kantone ist, darüber zu befinden, welche Objekte Schutz verdienen. 5. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegen Eigentumsbeschränkungen, die dem Schutz von Baudenkmälern dienen, allgemein im öffentlichen Interesse (Urteil Kofmehl vom 21. Juli 1982 E. 3, Urteil vom 23. Dezember 1981 E. 4, in: ZBl 83/1982 S. 178, Urteil Heller AG vom 24. September 1980 E. 2a). Auch in der Lehre wird das öffentliche Interesse an Denkmalschutzmassnahmen allgemein bejaht (FELIX BERNET, Rechtliche Probleme der Pflege von Kulturdenkmälern, Zürich 1975, S. 18 ff.; YVO HANGARTNER, Grundsätzliche Probleme der Eigentumsgarantie und der Entschädigungspflicht in der Denkmalpflege, in: Rechtsfragen der Denkmalpflege, St. Gallen 1981, S. 62; RAYMOND VON TSCHARNER, Probleme der Eigentumsgarantie und der Entschädigungspflicht in der Praxis der Denkmalpflege, in: Rechtsfragen der Denkmalpflege, St. Gallen 1981, S. 77). Es kann daher ein allgemeines Interesse an Schutzmassnahmen, wie sie der Stadtrat von Zürich getroffen hat, nicht verneint werden. Doch ist im folgenden zu prüfen, ob die kantonale Behörde das Innere des Cafés Odeon mit Grund als schützenswertes Objekt bezeichnete BGE 109 Ia 257 S. 260 und welches Gewicht dem öffentlichen Interesse gegenüber dem privaten beizumessen ist. b) Die Denkmalpflege-Kommission des Kantons Zürich hat in ihrem Gutachten zuhanden des Bezirksrates zur Schutzwürdigkeit des "Usterhofes" und des Cafés Odeon u.a. folgendes ausgeführt: "Usterhof und Denzlerhäuser bilden zusammen mit den älteren Blöcken des Rämiquartiers und des Bellevue-Hauses eines der wichtigsten und wirkungsvollsten grossstädtischen Architektur-Ensembles in Zürich ... Im Café Odeon ist die straffe Durchformung, die das Äussere des Usterhofes kennzeichnet, folgerichtig im Innern weitergeführt. Die gut erhaltene, durch Pfeiler und Wände gegliederte Raumschale samt Decke, Leuchtern, Treppengeländer, figürlichem Relief sowie selbstverständlich dem darauf abgestimmten Mobiliar ist schutzwürdig ... Die neueste Restaurierung mit der teilweisen Umgestaltung zur Modeboutique ist im Ganzen sorgfältig, schonend und geschickt vorgenommen worden ... Abschliessend halten wird fest, dass die Innenarchitektur des Odeons auch bei der neuen Nutzung ihre Wirkung entfaltet, wenngleich die integrale Erhaltung des Cafébetriebes wünschbar gewesen wäre." Die Beschwerdeführer stellen nicht in Frage, dass der "Usterhof" einen architektonisch und städtebaulich bedeutenden Bau am Bellevueplatz-Limmatquai darstellt. Die Architekten Robert Bischoff (1876-1920) und Hermann Weideli (1876-1964), welche vor ihrer Zürcher Tätigkeit bei Curjel & Moser in Karlsruhe arbeiteten, stellen typische Vertreter der Architektur der frühen Jahre des 20. Jahrhunderts und des schweizerischen Jugendstils dar. Kennzeichnend für diese Stilrichtung ist u.a. die dekorative Gestaltung und starke Gliederung der Bauten und die konsequente Durchformung des Äussern und Innern. So zeigt sich gerade beim "Usterhof", dass die Gestaltung der Fassaden im Innern des Cafés Odeon mit Pfeilern und Trägern, mit der Raumaufteilung und den Fensternischen sowie mit der Anordnung der Lampen folgerichtig weitergeführt wird. Der Innenraum ist bemerkenswert grosszügig gestaltet und weist viele für die Stilrichtung typische Dekorationen auf. Zu erwähnen sind etwa die flächenmässig strukturierten Marmorverblendungen an den Wänden, die Heizungsverkleidungen, die Lampen in den Fensternischen und an der Decke sowie ein Goldrelief in der Südostecke des Parterres. Die Denkmalpflege-Kommission kam daher in ihrem Gutachten zum Schluss, dass dem Innenraum des Cafés Odeon ein grosser baugeschichtlicher Wert zukommt, und die Zürcher Behörden führten aus, dass das Intérieur eine erhebliche kunsthistorische und ästhetische Bedeutung im Sinne der NHSV und der DenkmalschutzVO hat. Die BGE 109 Ia 257 S. 261 dagegen erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführer erweisen sich nicht als stichhaltig, was auch der Augenschein der bundesgerichtlichen Delegation bestätigt hat. Die Raumschale stellt einen wichtigen Zeugen der baukünstlerischen Epoche aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts dar und erscheint daher als schutzwürdig. Die Schutzwürdigkeit des Innern ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere auch aus dem Zusammenspiel von Fassaden und Innenraum. Das "Unbehagen über denkmalpflegerische Fassadenmaskeraden vor ausgehöhlten Bauten" (ALBERT KNOEPFLI, Schweizerische Denkmalpflege, Zürich 1972, S. 161) legt den Schutz des Intérieurs für das Café Odeon besonders nahe, da hier die Durchformung von Aussen- und Innengestaltung ein besonderes Anliegen der Architekten war. Der Innenraum bildet mit den Fassaden zusammen Teil der architektonischen Substanz des ganzen Gebäudes "Usterhof". Eine Veränderung im Innern würde die Einheit des Hauses weitgehend zerstören sowie - wie gesagt wird - die "Lesbarkeit" des Baudenkmals und den Sinn der Unterstellung stark beeinträchtigen (vgl. KNOEPFLI, a.a.O., S. 57; BERNET, a.a.O., S. 9). Bei dieser Sachlage ergibt sich unter dem Gesichtswinkel des Denkmalschutzes ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass das Innere des Cafés Odeon unter Schutz gestellt wird. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid ausgeführt, der Umstand, dass das Café Odeon Treffpunkt berühmter Persönlichkeiten gewesen ist, sei eine zusätzliche Begründung für die Erhaltung des Intérieurs. Es anerkannte die wichtige geschichtliche Erinnerung und Bedeutung im Sinne der NHSV und der DenkmalschutzVO und bejahte damit das öffentliche Interesse am Schutz des Intérieurs zusätzlich unter dem kulturhistorischen Aspekt. Das Café Odeon war in der Tat von Anfang an Begegnungsort berühmter Persönlichkeiten. Es verkehrten dort Politiker, Wissenschafter, Schriftsteller, Musiker und Künstler, welche Weltruhm erlangten und das kulturelle Leben von Zürich, insbesondere in den Zeiten der beiden Weltkriege, stark beeinflussten (vgl. die Hinweise bei CURT RIESS, Café Odeon - Unsere Zeit, ihre Hauptakteure und Betrachter, Zürich 1973). Als Beispiel sei lediglich erwähnt, dass das Café Odeon gewissermassen die Wiege der ersten Dada-Bewegung um Hans Arp war und dass es in der Literatur etwa als Arbeitsort von Max Frisch in dessen "Tagebuch 1946-1949" erwähnt worden ist. Auch unter dem Gesichtswinkel der Kulturgeschichte der Stadt Zürich besteht somit ein bedeutendes BGE 109 Ia 257 S. 262 Interesse daran, dass das Innere des Cafés Odeon erhalten bleibt. c) Die Beschwerdeführer wenden demgegenüber ein, das Café Odeon habe seine Schutzwürdigkeit mit der Auflösung des ehemaligen Literaten-Cafés, mit der Unterteilung des Parterres sowie mit der Aufnahme des Betriebes durch eine Modeboutique im südlichen Teil weitgehend eingebüsst. Die Erhaltung des nicht öffentlich zugänglichen Innenraumes liege daher nicht mehr im öffentlichen Interesse. Die Zürcher Behörden haben verschiedentlich die Schliessung des ehemaligen Literaten-Cafés bedauert, indessen darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen über den Denkmalschutz keine rechtliche Grundlage bieten, um den Café-Betrieb aufrechterhalten zu lassen. Für eine Weiterführung des ehemaligen Cafés sprach sich auch eine Petition aus, welche von mehr als 7000 Personen unterschrieben am 9. Juni 1972 beim Stadtrat von Zürich eingereicht wurde. Der Schliessung des ehemaligen Café-Betriebes kommt indessen keine entscheidende Bedeutung zu. Wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid ausführte, ist die Denkmalschutzmassnahme auf die vorhandene bauliche Substanz im Äussern und Innern ausgerichtet, welche es aufgrund der kunst- und kulturhistorischen Bedeutung zu erhalten gilt. Das Café Odeon ist zwar als typisches Wiener Kaffeehaus konzipiert worden, doch kommt dem Innenraum heute unabhängig von dessen Betrieb ein schutzwürdiger Eigenwert zu. Der Umstand, dass die ehemaligen Strukturen nicht aufrechterhalten werden, vermag das öffentliche Interesse an einer Denkmalschutzmassnahme nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Andernfalls könnten zum Beispiel auch alte Mühlen, Patrizierhäuser oder Klöster nicht unter Schutz gestellt werden, und zudem könnten Schutzmassnahmen durch Veränderung der ehemaligen Strukturen leicht umgangen werden (vgl. VON TSCHARNER, a.a.O., S. 76). Sodann vermag auch die Abtrennung zwischen Modeboutique und Café im Parterre das öffentliche Interesse nicht wesentlich herabzumindern. Die Denkmalpflege-Kommission hat in ihrem Bericht ausgeführt, dass die Umgestaltung geschickt vorgenommen worden sei und die Innenarchitektur auch bei der neuen Nutzung ihre Wirkung entfalte. Der Augenschein hat diesen Eindruck bestätigt. Der Innenraum hat auf jeden Fall keine schwerwiegenden Veränderungen oder Verunstaltungen erfahren, die den Schutz als fragwürdig erscheinen liessen (vgl. ZBl 74/1973, S. 197; nicht veröffentlichtes Urteil BGE 109 Ia 257 S. 263 Heller AG vom 24. September 1980, E. 2). Schliesslich wird das öffentliche Interesse auch nicht dadurch herabgesetzt, dass das Parterre des "Usterhofes" der Öffentlichkeit verschlossen werden könnte. Das öffentliche Interesse kann den Schutz auch solcher Objekte erfordern, welche nicht allgemein zugänglich sind, geht es doch dabei darum, die ererbte Baukultur zu bewahren (vgl. ZBl 74/1973 S. 197; BERNET, a.a.O., S. 25; VON TSCHARNER, a.a.O., S. 78 f.). Darüber hinaus sind heute das Café und die Modeboutique allgemein zugänglich, und auch nach den Vorstellungen der Beschwerdeführer, das Parterre des "Usterhofes" etwa als Bankfiliale zu nutzen, soll es dabei bleiben. Gesamthaft ergibt sich damit, dass die Einwendungen der Beschwerdeführer nicht geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Raumschale des Cafés Odeon herabzusetzen. d) Die Beschwerdeführer machen in ihrer Beschwerde weiter geltend, ihr privates Interesse überwiege das öffentliche. Die Denkmalschutzmassnahme sei daher unverhältnismässig und verstosse gegen Art. 22ter BV . Insbesondere erschwere sie in unnötig einschneidender Weise die weitere Nutzung des Parterres im "Usterhof" und verunmögliche bauliche Veränderungen für publikumswirksame Räumlichkeiten. Sie weisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf die erstklassige Geschäftslage am Bellevueplatz-Limmatquai hin. Mit diesen Einwendungen machen die Beschwerdeführer wirtschaftliche Erwägungen geltend. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vermögen indessen rein finanzielle Interessen der Eigentümer an einer möglichst gewinnbringenden Ausnutzung ihrer Liegenschaft das öffentliche Interesse an einer Eigentumsbeschränkung im allgemeinen nicht zu überwiegen (Urteil vom 23. Dezember 1981, in: ZBl 83/1982 S. 180, BGE 105 Ia 236 , BGE 104 Ia 128 , Urteil Kofmehl vom 21. Juli 1982). Sollte die umstrittene Denkmalschutzmassnahme einer Enteignung gleichkommen, ist nach Art. 22ter BV volle Entschädigung zu leisten. Darüber hinaus können im Falle der Denkmalpflege den Eigentümern Beiträge ausgerichtet werden. Auch dem Umstand, dass sich der "Usterhof" an erstklassiger Geschäftslage befindet, kann im Hinblick auf die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen kein massgebliches Gewicht zukommen, könnten doch andernfalls kaum mehr Bauten in Stadtzentren unter Schutz gestellt werden. Entscheidend ist vielmehr, dass heute das Parterre des "Usterhofes" mit dem Betrieb von Café und Modeboutique voll genutzt werden BGE 109 Ia 257 S. 264 kann. An dieser Nutzungsmöglichkeit des gut erhaltenen Raumes wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wie etwa die Nutzfläche gegenüber dem heutigen Zustand vergrössert werden könnte, da die Geschosshöhe und die baurechtlichen Bestimmungen die Einrichtung eines weiteren Geschosses nicht erlauben würden. Schliesslich ist zu beachten, dass es den Beschwerdeführern nicht verwehrt ist, das Parterre für eine andere Nutzung umzugestalten. Sie haben lediglich die sogenannte Raumschale zu erhalten und dürfen keine die Substanz beeinträchtigenden Veränderungen vornehmen, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Die Vertreter der städtischen Denkmalpflege haben am Augenschein ausgeführt, dass im Falle eines konkreten Vorhabens geprüft werden müsse, welche baulichen Veränderungen als tragbar erscheinen. Sie haben dabei zugesichert, die Denkmalschutzmassnahme flexibel zu handhaben und nach einem Ausgleich zwischen den entgegenstehenden Interessen zu suchen. Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, dass das private Interesse an der Nutzung des ehemaligen Cafés Odeon das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Intérieurs überwiege. 6. Demnach ergibt sich, dass die Erhaltung des Cafés Odeon im öffentlichen Interesse liegt und dass dieses die privaten Interessen der Beschwerdeführer überwiegt. Die Rüge der Verletzung von Art. 22ter BV erweist sich daher als unbegründet.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
d9fdd850-ad1a-4534-b494-fce37b9e8bc5
Urteilskopf 126 V 61 12. Auszug aus dem Urteil vom 19. Mai 2000 i. S. C. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 52 AHVG : Dauer der Haftung des Verwaltungsratsmitglieds einer Aktiengesellschaft. - Massgebend für die Dauer der Haftung des Verwaltungsratsmitglieds ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Mandates. - Auf diesen Zeitpunkt ist selbst dann abzustellen, wenn die Löschung des Eintrages im Handelsregister unterlassen wird. Gutglaubensschutz im Rahmen des Handelsregistereintrages verneint.
Erwägungen ab Seite 61 BGE 126 V 61 S. 61 Aus den Erwägungen: 4. a) Nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 52 AHVG ( BGE 123 V 173 Erw. 3a, BGE 112 V 4 Erw. 3c, BGE 109 V 93 Erw. 13; vgl. auch THOMAS NUSSBAUMER, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG , in: AJP 1996 S. 1081) dauert die Verantwortlichkeit eines Verwaltungsrates in der Regel bis zum Moment seines tatsächlichen Austritts aus dem Verwaltungsrat, und nicht bis zum Zeitpunkt der Löschung seiner Funktion im Handelsregister. Das gilt jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen die Betroffenen, nach ihrer Demission, keinen Einfluss mehr auf den Gang der Geschäfte und keine Entschädigung für ihre Verwaltungsratsstellung erhalten haben. Mit anderen Worten kann ein Verwaltungsrat nur für Schaden haftbar erklärt werden, der auf die Nichtbezahlung von Beiträgen zurückzuführen ist, welche im Zeitpunkt seines effektiven Austrittes entstanden und fällig waren. Vorbehalten bleibt der Fall, in dem der BGE 126 V 61 S. 62 Schaden durch Handlungen verursacht worden ist, deren Wirkungen sich jedoch erst nach seinem Rücktritt als Verwaltungsrat entfaltet haben. b) Mit Blick auf die öffentlichrechtliche Natur und die Funktion der Haftung nach Art. 52 AHVG , welche darin liegen, dass Arbeitgeber und Organe ihren AHV-rechtlichen Pflichten ( Art. 51 AHVG ) nachkommen sollen und im Falle ihrer Verletzung für den dadurch angerichteten Schaden Ersatz zu leisten haben, rechtfertigt es sich, diese Rechtsprechung auch auf diejenigen Konstellationen anzuwenden, in denen das Verwaltungsratsmandat nicht wegen Rücktritts oder Abberufung beendet wird, sondern zufolge fehlender Wiederwahl nach Ablauf der gesetzlichen oder statutarischen Amtsdauer, wenn besondere Verhältnisse im Einzelfall vermuten lassen, dass eine Wiederwahl nicht stattgefunden hätte. Denn diesen beiden Sachverhalten ist gemeinsam, dass die Funktion des Verwaltungsrates in der Firma tatsächlich nicht mehr ausgeübt wird, welcher Umstand für ihre Gleichbehandlung spricht (zur Bedeutung der Rechtsgleichheit im Rahmen der materiellen Gesetzesauslegung vgl. BGE 119 V 130 Erw. 5b). Dass die Verhältnisse bei stillschweigendem Auslaufen und Nichterneuerung des Verwaltungsratsmandates nach Ablauf der Amtsdauer nicht so klar zu Tage treten wie bei den sich in entsprechenden Erklärungen, Protokollen usw. niederschlagenden Akten des Rücktritts und der Abberufung, stellt keinen Grund für eine materiellrechtlich ungleiche Behandlung dar. Vielmehr ist in der ersten Fallgruppe in beweismässiger Hinsicht zu verlangen, dass die fehlenden Bindungen, also die vollständige Loslösung des früheren Organs von der Firma, klar ausgewiesen sind. c) Indessen stellt sich die vom Eidg. Versicherungsgericht bereits im nicht veröffentlichten Urteil G. vom 19. September 1997 aufgeworfene und schliesslich offen gelassene Frage, ob der ausscheidende Verwaltungsrat - im Hinblick auf den Schutz des guten Glaubens Dritter - für die Folgen seiner Unterlassung, die Löschung der Verwaltungsratsstellung beim Handelsregisterführer anzumelden ( Art. 25a HRegV ), einzustehen habe. Aus den im Urteil G. angestellten Überlegungen ist dies, entgegen der von der Vorinstanz vertretenen Auffassung, zu verneinen: Die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG beruht auf der gesetzlichen Pflicht, für die Bezahlung der geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge zu sorgen. Damit unterscheidet sich die Situation der Ausgleichskasse wesentlich von derjenigen eines privaten Gläubigers, der u.a. auf der Grundlage der handelsregisterlich ausgewiesenen BGE 126 V 61 S. 63 Besetzung des Verwaltungsrates die Bonität der Gesellschaft einschätzt und sich gestützt darauf entschliesst, ob er mit ihr Geschäfte eingeht.
null
nan
de
2,000
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
da012ac7-66ae-4a89-aa0c-4187d475520c
Urteilskopf 82 I 119 17. Urteil vom 13. Juli 1956 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen B. A.-G. und Kantonale Rekurskommission Basel-Stadt.
Regeste Wehrsteuer: Behandlung der von einer Aktiengesellschaft auf das Leben eines Geschäftsleiters und Hauptaktionärs abgeschlossenen gemischten Lebensversicherung, mit Begünstigung der Familie des Versicherten im Todesfall. Erfassung der Versicherungssumme, die den Begünstigten ausbezahlt worden ist, bei der Veranlagung der Aktiengesellschaft zur Gewinnsteuer.
Sachverhalt ab Seite 120 BGE 82 I 119 S. 120 A.- Die B. A.-G. schloss am 1. Oktober 1947 mit der Versicherungsgesellschaft PATRIA eine gemischte Lebensversicherung für Fr. 100'000.-- auf das Leben ihres Geschäftsleiters und Hauptaktionärs P. B. ab. Im Erlebensfalle sollte die Versicherungssumme an die A.-G. als Versicherungsnehmerin ausbezahlt werden; im Todesfalle waren Begünstigte die Ehefrau und bei deren Fehlen die gesetzlichen Erben des Versicherten. Durch einen Zusatz vom 22. November 1947 wurde vereinbart, dass die Versicherungssumme bei Tod innert der ersten fünf Jahre eine abgestufte Reduktion erfahren solle. Die A.-G. verbuchte die in den Jahren 1947-1950 geleisteten Prämien als Unkosten. Den nach Ablauf von drei Jahren entstandenen Rückkaufswert von Fr. 14'000.-- gab sie in der Steuererklärung für die Wehrsteuer der VI. Periode als im Jahre 1950 erzielten Reingewinn an. Im Jahre 1951 starb P. B. Die gemäss Zusatzvertrag reduzierte Versicherungssumme von Fr.66'667.-- wurde von der PATRIA an seine Witwe ausbezahlt. Die Wehrsteuerverwaltung Basel-Stadt betrachtete die Differenz zwischen dieser Summe und dem als Ertrag versteuerten Rückkaufswert von Fr. 14'000.-- als verdeckte Gewinnausschüttung an eine einem Aktionär nahestehende Person und rechnete daher bei der Wehrsteuer VII den Betrag von Fr. 52'000.-- zum steuerbaren Reingewinn der B. A.-G. im Jahre 1951. Eine Beschwerde der A.-G. gegen diese Aufrechnung wurde von der Kantonalen Rekurskommission Basel-Stadt (KRK) mit Entscheid vom 6. Dezember 1955 geschützt. Darin wurde ausgeführt, durch den Tod des Versicherten BGE 82 I 119 S. 121 sei seiner Witwe als Begünstigter ohne Zutun der A.-G. ein eigenes Recht auf die Versicherungssumme erwachsen. Die A.-G. habe nie einen Anspruch hierauf, sondern nur auf den Rückkaufswert gehabt. Da sie den Rückkaufswert verloren habe und er in einen Teil der Versicherungssumme umgewandelt worden sei, könne allerdings angenommen werden, dass sie in diesem Umfange eine geldwerte Leistung an eine einem Aktionär nahestehende Person erbracht habe. Nachdem der Rückkaufswert aber bereits als Ertrag versteuert worden sei, komme eine nochmalige Besteuerung nicht in Frage. Auf den Mehrbetrag habe zu Lebzeiten des Versicherten nur eine Anwartschaft bestanden, die kein steuerlich erfassbarer Vermögenswert sei. Diese Differenz sei der A.-G. nie zugeflossen; ihre Besteuerung als Gewinn der A.-G. wäre nicht nur unbillig, sondern unrichtig. B.- Gegen diesen Entscheid erhebt die eidg. Steuerverwaltung (EStV) Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Aufrechnung der Fr. 52'000.-- wiederherzustellen. Sie bringt vor, der Vertrag mit der PATRIA sei von der B. A.-G. als Versicherungsnehmerin geschlossen und der daraus fliessende Anspruch von ihr durch die Prämienzahlungen geschaffen worden; das Recht auf die Versicherungsleistung habe zunächst ihr allein zugestanden. Durch die Begünstigungsklausel habe sie sich dieses Rechtes für den Todesfall zugunsten der Witwe begeben. Die Entäusserung sei noch nicht endgültig gewesen wegen der Möglichkeit des Widerrufes der Begünstigung und derjenigen des Erlebensfalles, wo die Versicherungssumme der A.-G. zugekommen wäre. Erst durch den Tod von P. B. sei der Verlust eingetreten. Seine Ursache liege ausschliesslich in der Begünstigungserklärung. Diese sei nur deshalb abgegeben worden, weil der Versicherte Hauptaktionär gewesen sei; ein derartiger Verzicht auf den potentiellen Versicherungsgewinn zugunsten einer unbeteiligten Person wäre undenkbar. Die B. A.-G. habe zwar geltend gemacht, die Begünstigung habe bezweckt, im BGE 82 I 119 S. 122 Falle vorzeitigen Todes von P. B. seinen Erben die Rückzahlung eines ihm von der A.-G. gewährten namhaften Darlehens zu erleichtern; allein auch dazu wäre einem unbeteiligten Schuldner ein solcher Vorteil nicht ohne Gegenleistung eingeräumt worden. Ohne die Begünstigungsklausel hätte die A.-G. beim Tode von P. B. die Versicherungssumme erhalten und damit einen Gewinn erzielt, der im Betrage der Differenz zwischen Versicherungssumme und Rückkaufswert der Wehrsteuer unterlegen hätte. Ihr Verzicht darauf zugunsten der Witwe des Hauptaktionärs sei eine "freiwillige Zuwendung an Dritte" die nach Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB ihrem steuerbaren Reingewinn zuzurechnen sei. C.- Die B. A.-G. beantragt Abweisung der Beschwerde. Sie macht geltend, durch die Begünstigungserklärung habe sie nicht auf ein Recht verzichtet, dessen Ausübung zur Erhöhung ihres Reingewinnes geführt hätte. Sie habe nie beabsichtigt, mit der Lebensversicherung ein Geschäft zu machen; sie habe damit lediglich im Falle des Todes des Versicherten seinen Erben die teilweise Rückzahlung ihres grossen Darlehens ermöglichen wollen. Die gleiche Lösung wäre auch zugunsten eines an der Gesellschaft nicht beteiligten Schuldners denkbar und zweckmässig. Die A.-G. habe seither analoge Versicherungen auch für ihre weiteren, am Aktienkapital nicht beteiligten Arbeitnehmer abgeschlossen, wobei die Versicherungssummen natürlich nach deren Stellung abgestuft seien. Von einer fehlenden Gegenleistung könnte höchstens gesprochen werden mit Bezug auf die Differenz zwischen aufgewendeten Prämien und Rückkaufswert, nicht aber für die Differenz zwischen jenen und der Versicherungssumme; die Gesellschaft könne doch nicht eine Gegenleistung verlangen für eine Leistung, die nicht sie, sondern ein Dritter ihrem Aktionär erbringen müsse. Es könne genau errechnet werden, um wieviel der Reingewinn der A.-G. durch die Prämienzahlung geschmälert und durch die Aktivierung des Rückkaufswertes verbessert worden sei. Der Betrag, den die Versicherung BGE 82 I 119 S. 123 aus eigenen Mitteln aufgebracht habe, könne aber nicht dem Reingewinn der A.-G. zugerechnet werden, die mit der Versicherung ein vernünftiges Ziel verfolgt habe. D.- Die KRK beantragt ebenfalls Abweisung der Beschwerde. Sie führt ergänzend aus, eine verdeckte Gewinnausschüttung setze einen Übergang aus dem Vermögen der A.-G. in dasjenige des Aktionärs oder der ihm nahestehenden Person voraus; daran fehle es beim Verzicht auf eine blosse Anwartschaft. Hätte die Gesellschaft einem Aktionär ein Lotterielos geschenkt, so bestände die verdeckte Gewinnausschüttung im Kaufpreis des Loses und nicht in dem darauf gefallenen Treffer; so kämen auch hier als Leistung nur die bezahlten Prämien in Betracht, nicht aber die schliesslich fällig gewordene Versicherungsleistung. Unrichtig sei auch, dass der Verzicht auf den potentiellen Versicherungsgewinn zugunsten einer unbeteiligten Person nicht denkbar sei; der KRK seien solche Fälle bekannt, z.B. der Abschluss einer Versicherung auf das Leben eines neu eingetretenen Direktors durch eine Gesellschaft, wobei der Anteil der Erben an der Versicherungssumme während zehn Jahren degressiv abgestuft worden sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut Erwägungen in Erwägung: 1. Die gemischte Lebensversicherung, welche die B. A.-G. auf das Leeben ihres Geschäftsleiters und Hauptaktionärs abgeschlossen hat, enthält zwei Elemente. Für den Erlebensfall, wo die Versicherungssumme an die A.-G. ausbezahlt werden soll, stellt sie eine Selbstversicherung oder eigentlich eine Kapitalanlage dar. Für den Todesfall, wo die Witwe bzw. die Erben der versicherten Person als Begünstigte bezeichnet sind, handelt es sich um eine Versicherung zugunsten Dritter (die allerdings jederzeit durch Widerruf der Begünstigung ebenfalls in eine Selbstversicherung umgewandelt werden kann). Wäre nur eines der beiden Elemente gewählt und konsequent durchgeführt BGE 82 I 119 S. 124 worden, so wäre die Lage von Anfang an klar und die steuerliche Behandlung einfach gewesen. Eine reine Selbstversicherung wäre gegeben, wenn die Versicherungssumme auch im Todesfalle an die A.-G. auszuzahlen wäre; damit hätte sich diese für das Risiko versichert, das der Tod ihres Geschäftsleiters für sie bedeutet hätte. Dann wären die Prämien auch unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung mit Recht als Unkosten verbucht worden; der dadurch geschaffene Rückkaufswert und bei Eintritt des versicherten Ereignisses (im Todes- wie im Erlebensfalle) der Mehrbetrag der Versicherungssumme über den Rückkaufswert wären von der A.-G. als Gewinn zu versteuern. Umgekehrt läge eine konsequente Versicherung zugunsten Dritter vor, wenn auch im Erlebensfalle die Versicherungssumme an die Begünstigten (dann wohl an die versicherte Person selber) fallen sollte und der Widerruf der Begünstigung in den Formen von Art. 77 Abs. 2 VVG ausgeschlossen worden wäre; dann hätte die A.-G. die Versicherung für ihren Hauptaktionär abgeschlossen, und nur dieser bzw. dessen Erben hätten Ansprüche daraus. Bei der Besteuerung wären dann die von der A.-G. bezahlten Prämien als freiwillige Zuwendungen an Dritte gemäss Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB zum jeweiligen Jahresgewinn der A.-G. hinzuzurechnen; dagegen würde die an die Begünstigten ausbezahlte Versicherungssumme die A.-G. überhaupt nicht berühren. Angesichts der komplexen Natur der tatsächlich abgeschlossenen Versicherung musste einstweilen eine der in Frage kommenden steuerlichen Behandlungen gewählt werden. Die B. A.-G. hat sich für diejenige entschieden, welche der für den Erlebensfall gegebenen Selbstversicherung entspricht, und die Steuerbehörden sind ihr gefolgt. Nun ist jedoch der Todesfall eingetreten und demgemäss die Versicherungssumme an die Witwe von P. B. ausbezahlt worden. Die Besteuerung dieser Summe ist Gegenstand des vorliegenden Streites. 2. Eine Versicherung zugunsten eines Dritten stellt BGE 82 I 119 S. 125 eine Zuwendung des Versicherungsnehmers an den Begünstigten dar. Die von der B. A.-G. abgeschlossene Versicherung auf das Leben von P. B. enthielt also für den - nunmehr eingetretenen - Todesfall eine Zuwendung an seine Witwe. Das ist an sich nicht bestritten, ebenso dass der Zuwendung keine Gegenleistung entsprach. Insbesondere ist nie behauptet worden, dass die Versicherung etwa ein Entgelt für die Tätigkeit von P. B. als Geschäftsleiter der A.-G. gewesen sei; dafür wurde er in Salär und Spesenvergütung reichlich entschädigt. Ebensowenig handelt es sich um eine steuerfreie Aufwendung zu Personalwohlfahrtszwecken (Art. 49 Abs. 2 WStB); denn begünstigt wurde eine dem Hauptaktionär nahestehende Person, und Leistungen an solche werden unter jenem Titel nicht zugelassen. Es ist denn auch grundsätzlich unbestritten, dass eine nach Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB steuerbare freiwillige Zuwendung an Dritte vorliegt. Der Streit geht lediglich darum, ob diese Zuwendung auf den Betrag des Rückkaufswertes der Versicherung bzw. der dafür bezahlten Prämien beschränkt ist oder ob sie sich auf die ganze von der PATRIA an die Witwe B. ausbezahlte Versicherungssumme erstreckt. Die zu entscheidende Frage ist, ob in der Versicherungssumme (genauer in deren Mehrbetrag über den Rückkaufswert) eine Leistung der B. A.-G. an die Begünstigte liegt, durch welche der Reingewinn der Gesellschaft geschmälert wurde. Die EStV bejaht das mit der Begründung, der Anspruch auf die Versicherungsleistungen sei durch die Prämienzahlungen der B. A.-G. geschaffen worden, habe zunächst dieser zugestanden und sei von ihr durch die Begünstigungsklausel und den Verzicht auf deren Widerruf der Witwe B. zugewendet worden. Die KRK hält dem entgegen, die B. A.-G. habe nie Anspruch auf die Versicherungssumme gehabt; bis zum Tode von P. B. habe nur eine Anwartschaft bestanden, und dann sei gemäss Art. 78 VVG der Begünstigten ein eigenes Recht auf den Versicherungsanspruch erwachsen. Unbestreitbar und unbestritten BGE 82 I 119 S. 126 ist, dass dieser Anspruch durch die Versicherungsnehmerin geschaffen wurde und der Witwe B. nur auf Grund der von jener verfügten Begünstigung zukam. Bestritten wird hingegen, dass die B. A.-G. damit eine Zuwendung aus ihrem Vermögen gemacht, ihren Reingewinn geschmälert habe. Richtig ist, dass bis zum Eintritt des versicherten Ereignisses nur eine Anwartschaft bestand, von der zudem ungewiss war, ob sie zu einem Anspruch des Versicherungsnehmers oder der Begünstigten führen werde, und dass die Begünstigung für den Begünstigten ein eigenes Recht auf den ihm zugewiesenen Versicherungsanspruch begründet. Art. 78 VVG knüpft dieses Recht aber ausdrücklich an den Vorbehalt von Verfügungen nach Art. 77 Abs. 1. Nach dieser Bestimmung kann der Versicherungsnehmer "auch dann, wenn ein Dritter als Begünstigter bezeichnet ist, über den Anspruch aus der Versicherung unter Lebenden und von Todes wegen frei verfügen"; in Abs. 2 wird das zutreffend als Recht, die Begünstigung zu widerrufen, bezeichnet. Der Widerruf kann nicht nur bis zum Eintritt des versicherten Ereignisses erklärt werden, sondern auch noch, wenn die Versicherungssumme bereits fällig, aber noch nicht an den Begünstigten ausbezahlt worden ist (ROELLI/JAEGER, Kommentar zum VVG, N. 11 zu Art. 77 und N. 6 zu Art. 78). AusBGE 41 II 454ergibt sich nichts anderes; dort ist nur von dem Fall die Rede, wo die Versicherung auf das Leben des Versicherungsnehmers selbst gestellt ist; mit dessen Tod erlischt das Recht zum Widerruf, weil es nicht vererblich ist. Das Recht zum Widerruf geht dem "eigenen Recht des Begünstigten auf den Versicherungsanspruch" vor; der Versicherungsnehmer kann nicht nur über eine Anwartschaft, sondern über "den Anspruch aus der Versicherung" frei verfügen - sofern er nicht in den Formen von Art. 77 Abs. 2 auf den Widerruf verzichtet hat. Da die B. A.-G. das nicht getan hatte, kann nicht gesagt werden, sie habe nie Anspruch auf die Versicherungssumme gehabt; auf alle Fälle konnte sie noch, BGE 82 I 119 S. 127 nachdem der Anspruch bereits durch den Tod von P. B. entstanden war, frei darüber verfügen und die Begünstigung widerrufen mit der Wirkung, dass die Versicherungssumme an sie auszuzahlen war. In der Begünstigungsklausel lag noch keine endgültige Zuwendung - schon weil sie nur auf den Todesfall lautete und dessen Eintritt ungewiss war, aber auch weil auf den Widerruf nicht gemäss Art. 77 Abs. 2 verzichtet worden war. Indem aber die B. A.-G. vom Recht zum Widerruf keinen Gebrauch machte, hat sie die Versicherungssumme, die sie hätte für sich beanspruchen können, endgültig der Begünstigten überlassen. Darin liegt eine Zuwendung aus ihrem Vermögen und eine Schmälerung ihres Reingewinnes. Die von der PATRIA an die Witwe B. ausbezahlte Versicherungssumme ist somit Gegenstand einer freiwilligen Zuwendung der B. A.-G. an einen Dritten und daher gemäss Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB zum Reingewinn der A.-G. im Jahre 1951 hinzuzurechnen. Da die A.-G. den Rückkaufswert von Fr. 14'000.-- bereits als Reingewinn versteuert hatte, ist nur noch der Mehrbetrag von Fr. 52'000.-- zu besteuern. 3. Die in der Vernehmlassungen der B. A.-G. und der KRK vorgebrachten Argumente sind unbehelflich: Der Einwand der B. A.-G., sie habe mit der Lebensversicherung kein Geschäft machen wollen, geht deshalb fehl, weil sie nicht für einen beabsichtigten oder erzielten Gewinn besteuert wird, sondern für eine freiwillige Zuwendung an einen Dritten, wodurch sie gerade auf die Realisierung eines ihr zustehenden Gewinnes verzichtet hat. Dass der Verzicht angeblich erfolgte, um den Erben von P. B. die Rückzahlung des diesem von der A.-G. gewährten Darlehens zu ermöglichen, vermag hieran nichts zu ändern; denn die A.-G. hätte sowohl die Versicherungssumme als auch die Rückzahlung des Darlehens beanspruchen können. Wurde die Versicherung mit der Begünstigung für den Todesfall deshalb abgeschlossen, weil den Erben sonst jene Rückzahlung nicht möglich gewesen wäre, so betraf sie BGE 82 I 119 S. 128 im Grunde ein eigenes Risiko der A.-G.; bei einer Selbstversicherung hätte diese aber die erhaltene Versicherungssumme ebenfalls als Gewinn versteuern müssen. Die Versicherungssumme wurde der Begünstigten freilich von der PATRIA bezahlt; sie hätte aber, wie oben unter Ziffer 2 dargetan, von der B. A.-G. beansprucht werden können. Deren Zuwendung an die Witwe B. bestand deshalb nicht nur in den Prämien, durch deren Bezahlung sie den Anspruch geschaffen hatte, sondern in der Versicherungssumme selbst. Dass der Zuwendung keine Gegenleistung gegenüberstand, ist an sich unbestritten. Der von der KRK angestellte Vergleich mit einem geschenkten Lotterielos ist verfehlt, weil der Anspruch aus dem Lose dem Beschenkten und nicht mehr dem Schenker zusteht. Der Vergleich wäre haltbar, wenn die B. A.-G. die Versicherung zugunsten Dritter konsequent durchgeführt und auf den Widerruf in den Formen von Art. 77 Abs. 2 VVG verzichtet hätte. Die Frage, ob der Verzicht auf den Versicherungsgewinn auch gegenüber einem an der A.-G. nicht beteiligten Dritten denkbar wäre, ist für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde unerheblich; denn die Steuerpflicht für freiwillige Zuwendungen an Dritte gemäss Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB hängt nicht von einer gesellschaftlichen Beteiligung der Empfänger ab.
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Urteilskopf 104 II 58 10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Mai 1978 i.S. Griner gegen Singer Nähmaschinen Co. AG
Regeste Art. 1 und Art. 2 UWG . Unzulässiger Eintrag im Telefonbuch.
Sachverhalt ab Seite 58 BGE 104 II 58 S. 58 A.- Heinrich Griner ist im Telefonbuch für die Stadt Zürich, Ausgabe 1977/78, wie folgt eingetragen: "Singer Nähmaschinen - Griner Heinrich Rep. Birchdörfli 66 28 17 88 und 60 39 92." Die Singer Nähmaschinen Co. AG machte deshalb im Juli 1977 gegen Griner verschiedene Befehlsbegehren aus Wettbewerbs- und Namensrecht anhängig, worauf der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Zürich am 4. August 1977 unter anderem verfügte: "1. Dem Beklagten wird unter Androhung von Zwangsvollzug und Ordnungsbusse im Unterlassungsfalle befohlen, sich innert 5 Tagen ab Erhalt dieser Verfügung von der Telefondirektion Zürich statt der Nummern 28 17 88 und 60 39 92 neue Nummern zuteilen zu lassen und Anrufe an die alten Nummern an den Auskunftsdienst umleiten zu lassen. 2. Die Telefondirektion Zürich wird bei Einreichung dieses Begehrens durch den Beklagten eingeladen, den Auskunftsdienst anzuweisen: - Anrufenden, die die Firma Singer Nähmaschinen Co. AG bzw. Singer Nähmaschinen wünschen, die Nummern der Firma Singer Nähmaschinen BGE 104 II 58 S. 59 Co. AG bekanntzugeben; - Anrufenden, die den Beklagten persönlich oder unter einer anderen Bezeichnung wünschen, die neuen Nummern des Heinrich Griner bekanntzugeben. 3. Dem Beklagten wird sodann unter Androhung von Zwangsvollzug und Ordnungsbusse im Unterlassungsfall verboten: a) sich unter dem Stichwort (Singer Nähmaschinen) oder dgl. inskünftig im Telefonbuch eintragen zu lassen; b) und c)...". Gegen diese Anordnungen erhob der Beklagte Rekurs, den das Obergericht des Kantons Zürich am 21. Dezember 1977 abwies. Die hiegegen eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 22. Februar 1978 ab, soweit es auf sie eintrat. B.- Gegen den obergerichtlichen Beschluss hat der Beklagte die Berufung erklärt. Er verlangt Abweisung der vor Obergericht noch streitig gewesenen klägerischen Begehren, allenfalls Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Klägerin trägt auf Abweisung der Berufung an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Der Beklagte wiederholt auch vor Bundesgericht den Einwand, die Telefondirektion habe den umstrittenen Eintrag im Telefonbuch eigenmächtig und abweichend von seinem Begehren festgesetzt. Dem hält das Obergericht entgegen, der Beklagte selber habe die Telefondirektion ermächtigt, den von ihm gewünschten Eintrag notfalls "sinngemäss abzuändern". Dass darin ein Verschulden liege, unterstellt es nicht. Ein solches ist unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs auch nicht nötig ( BGE 97 II 160 ). Keine Rolle spielen kann alsdann, ob sich der Beklagte auf eine "rechtmässige Eintragung" seitens der Telefondirektion habe verlassen dürfen. Der fragliche Eintrag beruht im übrigen auf seinen eigenen Angaben, wie das Obergericht feststellt. Die PTT-Betriebe sind aber nicht verpflichtet, solche Angaben auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Hat sich der Beklagte unter dem ins Telefonbuch übernommenen Stichwort "Singer Nähmaschinen" eintragen lassen wollen, wie das Obergericht feststellt und das Kassationsgericht bestätigt, so kommt nichts darauf an, wie sonst der ursprünglich verlangte Eintrag lautete und weshalb ihn die Telefondirektion ablehnte. Eine Verletzung von Art. 8 ZGB wegen Nichterhebung bezüglicher Beweise scheidet daher aus; die Annahme des Obergerichts, der Beklagte sei unabhängig von der BGE 104 II 58 S. 60 Verschuldensfrage für den beanstandeten Eintrag verantwortlich, verletzt Bundesrecht nicht. 3. Damit erweist sich auch das als unbehelflich, was die Berufung weiter aus der Praxis der Telefondirektion und aus der Art und Weise, wie diese das Eintragungsgesuch des Beklagten behandelte, abzuleiten versucht. Zu prüfen ist ohnehin nur, wie es sich mit dem tatsächlichen Eintrag verhält, nicht ob der Eintrag so, wie er vom Beklagten ursprünglich gefasst wurde, zulässig wäre. Darüber, in welcher Weise die Telefondirektion die für sie massgeblichen Vorschriften handhabt, ist ebenfalls nicht zu befinden. Es obliegt ihr jedenfalls nicht, darüber zu wachen, dass ein diesen Vorschriften entsprechender Eintrag auch vor Bundesprivatrecht standhalte. Wenn sie "Rubriken" für Marken- oder Brancheneinträge öffnet, so sagt das noch nichts aus über die Befugnis des einzelnen Abonnenten, sich unter einer solchen Rubrik eintragen zu lassen. Selbst ein objektiv wahrer Eintrag kann im übrigen unlauter sein, wenn er bei Dritten unrichtige Vorstellungen weckt und damit irreführend wirkt (VON BÜREN, Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, Zürich 1957, S. 72). 4. In der Würdigung des bestehenden Eintrags des Beklagten im Telefonbuch stimmt das Obergericht der Auffassung des Einzelrichters zu. Zwar sei es dem Beklagten nicht verwehrt, der Allgemeinheit mitzuteilen, dass er Singer-Nähmaschinen repariere. Doch dürfe er sich nur insoweit auf fremde Marken beziehen, als es zur Bekanntmachung seiner Tätigkeit unerlässlich sei. Insbesondere müsse er verhindern, dass beim unvoreingenommenen Betrachter der Eindruck entstehe, er arbeite im Interesse der Klägerin und sei hiezu von ihr ermächtigt. In diesem Belange gehe der Eintrag unter dem Stichwort "Singer-Nähmaschinen" zu weit, indem er vortäusche, der Beklagte sei mit der Klägerin geschäftlich verbunden, betreibe eine Offizielle oder doch autorisierte Verkaufsstelle oder Reparaturwerkstätte, welche die im Mutterhaus üblichen und von diesem anerkannten Leistungen anbiete. Dergestalt vergrössere er seine Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Klägerin. Der unbefangene Interessent, der von den Parteien gleichwertige fachliche Leistung erwarte, werde dann seine Wahl nach anderen Kriterien treffen, so etwa nach dem Standort. Dem weiss die Berufung, ausser der bereits erörterten Praxis der Telefondirektion, kaum mehr als Bestreitungen und widersprechende BGE 104 II 58 S. 61 Behauptungen entgegenzusetzen. Die dem Namen des Beklagten beigefügte Abkürzung "Rep." ändert nichts. Sie verhindert insbesondere nicht, dass aus dem darüber stehenden Stichwort "Singer-Nähmaschinen" die vom Obergericht umschriebenen irrigen Folgerungen gezogen werden. Die Verwendung einer fremden Marke oder Firma in einer Art, die derlei Fehlschlüsse über die eigene Stellung und Tätigkeit ermöglicht, ist unvereinbar mit Treu und Glauben, daher missbräuchlich und unlauter. 5. Unangemessenheit der vom Einzelrichter getroffenen und vom Obergericht geschützten Anordnungen ist weder dargetan noch ersichtlich. Vorab gilt das nach dem Gesagten für das dem Beklagten auferlegte Verbot, sich unter dem Stichwort "Singer-Nähmaschinen" in das Telefonbuch eintragen zu lassen. Die übrigen streitigen Vorkehren mögen für den Beklagten hart sein, ändern aber nichts daran, dass die Klägerin Anspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes hat. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und der Beschluss des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich von 21. Dezember 1977 bestätigt.
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Urteilskopf 102 Ib 212 34. Urteil vom 9. April 1976 i.S. Britschgi gegen Regierungsrat des Kantons Appenzell-Ausserrhoden
Regeste Gewässerschutz; Baubewilligung für sog. "Ersatzbauten". Ausserhalb der Bauzonen resp. des GKP zu erstellende Ersatzbauten sind gewässerschutzrechtlich analog zu behandeln wie Umbauten, sofern sie nach Grösse und Nutzungsart dem zu ersetzenden Gebäude entsprechen. Ist dies nicht der Fall, so sind sie als Neubauten zu behandeln und nur zu bewilligen, wenn ein sachlich begründetes Bedürfnis nachgewiesen ist.
Sachverhalt ab Seite 212 BGE 102 Ib 212 S. 212 Hans Britschgi ist Eigentümer der Liegenschaft Gasthof "Trübli" in Waldstatt. Er reichte am 19. November 1973 das BGE 102 Ib 212 S. 213 Gesuch ein, es sei ihm zu bewilligen, die auf dem ausserhalb des Baugebietes beziehungsweise des generellen Kanalisationsprojektes (GKP) liegenden Grundstück vorhandenen Gebäulichkeiten abzubrechen und durch einen neuen Landgasthof zu ersetzen. Mit Verfügung vom 24. März 1975 verweigerte die Gewässerschutzkommission die Bewilligung, da der erforderliche Nachweis für ein sachlich begründetes Bedürfnis nicht erbracht sei. Der Regierungsrat des Kantons Appenzell-Ausserrhoden bestätigte diese Verfügung mit Entscheid vom 30. September 1975. Er führte aus, nach den eingereichten Plänen sei eindeutig ein Neubau projektiert; anstelle des bisherigen bescheidenen Restaurants mit Nebengebäuden für einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb sei ein wesentlich grösserer Gasthof mit Fremdenzimmern, aber ohne landwirtschaftliche Dependenzen vorgesehen. Da dieser Neubau nicht standortbedingt sei, könne die Bewilligung nicht erteilt werden. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Britschgi, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, und es sei ihm die Bewilligung zu erteilen, anstelle des baufälligen Restaurants "Trübli" einen Neubau (Ersatzbau) zu erstellen, wobei die Auflage gemacht werden könne, dass der Ersatzbau grössenmässig dem Volumen des Altbaues zu entsprechen habe. Der Regierungsrat des Kantons Appenzell-Ausserrhoden und das Eidgenössische Departement des Innern schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 20 GSchG dürfen Baubewilligungen für Gebäude und Anlagen ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt (GKP) abgegrenzten Gebietes bzw. ausserhalb der Bauzone (vgl. BGE 101 Ib 66 E. 5a und 193 E. 2a) nur erteilt werden, sofern der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Bedürfnis nachweist. Wie es sich verhält, wenn eine ausserhalb des GKP vorhandene Baute verändert, umgebaut oder durch einen Neubau ganz oder teilweise ersetzt werden soll, ist dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nicht zu entnehmen. a) Art. 19 und 20 GSchG dienen nicht nur dem Gewässerschutz, sondern verfolgen bewusst auch raumplanerische Ziele, indem die Streubauweise verhindert und eine gewisse BGE 102 Ib 212 S. 214 Konzentration der Überbauung im erschlossenen Gebiet erreicht werden soll. Dass der Gesetzgeber mit Art. 20 GSchG aber den Unterhalt und die zweckmässige Erneuerung der ausserhalb des GKP bereits vorhandenen Bauten durch das Erfordernis eines sachlich begründeten Bedürfnisses ebenfalls habe erschweren wollen, ist auf Grund des Gesetzestextes und der Entstehungsgeschichte nicht anzunehmen. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber die Bewilligung neuer Streubauten weitgehend verhindern; dagegen lässt sich aus Art. 20 GSchG nicht ableiten, dass die Erneuerung der ausserhalb der Bauzonen stehenden Gebäude baupolizeilich erschwert und deren Zahl dadurch allmählich vermindert werden soll ( BGE 100 Ib 91 E. 4). Anderseits darf natürlich die ratio legis nicht dadurch umgangen werden, dass bestehende Bauten beliebig erweitert und für andere Nutzungsarten umgebaut werden. Entsprechend dem Sinn und Zweck von Art. 20 GSchG ist für die in der gesetzlichen Bestimmung nicht erwähnten Umbauten durch Art. 25 AGSchV eine ausdrückliche Regelung getroffen worden. Danach untersteht die bauliche Veränderung eines ausserhalb des GKP liegenden Gebäudes der Bewilligungspflicht gemäss Art. 20 GSchG , wenn dadurch die einer bestimmten Nutzung (Wohnen, Landwirtschaft, Gewerbe und dergleichen) dienenden Räumlichkeiten um mehr als einen Viertel vergrössert werden oder im gleichen Verhältnis anders genutzt oder gebraucht werden können. Nach dieser gesetzeskonformen Regelung ist somit die bauliche Erneuerung von Häusern ausserhalb des GKP ohne besondern Nachweis eines sachlich begründeten Bedürfnisses zulässig, sofern dabei nicht eine Erweiterung oder Nutzungsänderung erfolgt, welche die festgelegte Toleranzmarge überschreitet. b) Wird ein bestehendes Gebäude weitgehend oder vollständig abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt, so fällt dieser Vorgang nicht ohne weiteres unter den Begriff der "baulichen Veränderungen", mit welchem in Art. 25 AGSchV der Umbau umschrieben wird. Nach allgemeinem Sprachgebrauch setzt ein Umbau voraus, dass das bestehende Gebäude im wesentlichen erhalten bleibt. Man kann nicht annehmen, dass die Schöpfer von Art. 25 AGSchV mit der gewählten Formulierung bewusst auch die Frage der Ersatzbauten, d.h. der an Stelle abgebrochener Objekte neu errichteten Gebäude hätten regeln wollen. Ferner darf daraus, dass Art. 25 AGSchV BGE 102 Ib 212 S. 215 nicht direkt auf Ersatzbauten anwendbar ist, nicht geschlossen werden, solche Objekte seien nach Art. 20 GSchG gleich zu behandeln wie irgendwelche Neubauten ausserhalb des GKP, und die Tatsache, dass eine bestehende Baute zu ersetzen ist, spiele keine Rolle oder sei höchstens sekundär bei der Beurteilung des sachlichen Bedürfnisses zu berücksichtigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Zulässigkeit von Ersatzbauten weder im Gesetz noch in der Verordnung ausdrücklich geregelt ist. Daher ist zu untersuchen, ob derartige Bauvorhaben nach dem Grundgedanken von Art. 20 GSchG rechtlich als Neubau oder als Umbau zu behandeln sind. c) Da Art. 20 GSchG nicht bezweckt, bestehende Gebäude ausserhalb des GKP zum Verschwinden zu bringen, und da Art. 25 AGSchV folgerichtig deren Erneuerung und - in gewissem Umfang - sogar deren Erweiterung durch Umbau gestattet, ohne dass die Standortbedingtheit des Objektes im Sinne von Art. 27 AGSchV zu prüfen wäre, liegt es nahe, in analoger Anwendung von Art. 25 AGSchV auch Ersatzbauten als zulässig zu betrachten, soweit dadurch nach Umfang und Nutzungsart lediglich ein bisher vorhandenes Gebäude durch ein neues ersetzt wird. Wollte man die Ersatzbaute einem Neubau gleichstellen, so hätte dies zur Folge, dass alle jetzt ausserhalb des GKP liegenden Gebäude, für die die Standortgebundenheit gemäss Art. 27 AGSchV verneint wird, im Falle einer Vernichtung durch Brand oder Naturkatastrophe nicht mehr am bisherigen Ort aufgebaut werden dürften. Dass in solchen Fällen aus subjektiven Gründen mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Geschädigten je nach den Umständen des Einzelfalles ein Ersatzbau eventuell doch bewilligt werden könnte, wie in der Vernehmlassung des EDI angedeutet wird, erscheint nach der zutreffend auf die objektive Standortbedingtheit abstellenden Fassung des heute geltenden Art. 27 AGSchV als ausgeschlossen. Entweder bedarf es bei Ersatzbauten des Nachweises der Standortbedingtheit, oder es ist in diesen Fällen in analoger Anwendung von Art. 25 AGSchV grundsätzlich darauf zu verzichten. Die Gleichstellung der Ersatzbaute mit einem Neubau hätte überdies zur Folge, dass ein Grundeigentümer zwar gemäss Art. 25 AGSchV ein bestehendes Haus vollständig erneuern könnte, aber auf jeden Fall den Eindruck eines Abbruchs verhindern BGE 102 Ib 212 S. 216 müsste, wobei je nach dem konkreten Vorgehen die Abgrenzung zwischen einem Umbau und einem Ersatzbau recht schwierig sein dürfte. Für eine Regelung, welche ausserhalb des GKP die Erhaltung und den vollständigen Umbau einer nicht standortbedingten Baute im Rahmen von Art. 25 AGSchV erlaubt, aber den Ersatz eines veralteten oder durch Brand zerstörten Gebäudes durch einen Neubau von gleicher Grösse und Nutzungsmöglichkeit verbietet, fehlt ein tragfähiges planerisches oder gewässerschutzrechtliches Motiv. Aus Art. 20 GSchG lässt sich nicht ableiten, dass derjenige, der sein Haus durch ein neues ersetzen will oder - im Brandfall - muss, grundsätzlich anders behandelt werden soll als derjenige, der sein Gebäude durch Umbau erneuert. d) Aus diesen Erwägungen erscheint es gerechtfertigt, Ersatzbauten gewässerschutzrechtlich analog zu behandeln wie Umbauten, und sie demnach nur dann den Vorschriften von Art. 19 und 20 GSchG zu unterstellen, wenn bezüglich Grösse und Nutzungsart erhebliche Abweichungen von dem zu ersetzenden Gebäude vorgesehen sind. 2. Aus den vorangehenden grundsätzlichen Erwägungen ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer gestützt auf Art. 20 GSchG nicht verwehrt werden kann, sein ausserhalb des GKP liegendes Gebäude - Restaurant mit kleinem Landwirtschaftsbetrieb - zu erneuern oder allenfalls durch einen nach Grösse und Nutzungsart den vorhandenen Gebäulichkeiten ungefähr entsprechenden Neubau zu ersetzen. Die Bewilligung eines in diesem Rahmen bleibenden Bauvorhabens könnte nicht von der Prüfung der Standortgebundenheit abhängig gemacht werden; es würde sich um die zeitgemässe Erhaltung und Modernisierung einer bereits vorhandenen Baute handeln, also um ein Vorhaben, dem Art. 20 GSchG in Verbindung mit Art. 25 AGSchV nicht entgegensteht. Dass ein blosser Umbau wegen der Vernachlässigung des Gebäudeunterhalts in den vorangegangenen Jahren kaum mehr in Frage kommt und ein Ersatzbau sich offenbar aufdrängt, kann nicht zu einer andern Lösung führen; denn es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass aufgrund des Gewässerschutzrechts die Vernachlässigung des Gebäudeunterhalts nachher mit dem Verbot von baulichen Veränderungen oder des Ersatzbaus zu "bestrafen" wäre. Hingegen ist durch die strikte Anwendung der Regel, dass ein Ersatzbau nach Nutzungsart und Grösse BGE 102 Ib 212 S. 217 dem zu ersetzenden Bau entsprechen muss, der Umgehung von Art. 20 GSchG durch irgendwelche Neubauten an Stelle von Abbruchobjekten konsequent entgegenzutreten. 3. Bei dem vom Beschwerdeführer eingereichten Bauprojekt, das von der Gewässerschutzkommission und vom Regierungsrat nicht bewilligt wurde, handelt es sich offensichtlich nicht um eine Ersatzbaute im eben umschriebenen Sinn, sondern um einen Neubau, der mit den bestehenden Gebäulichkeiten nur gemeinsam hat, dass darin ebenfalls ein - wenn auch viel grösseres - Restaurant vorgesehen ist. Die herkömmliche Verbindung mit einem Landwirtschaftsbetrieb ist im Projekt nicht vorgesehen, sondern erst im Laufe des Verfahrens als Möglichkeit erwähnt worden. Dagegen wurde neu ein kleiner Hotelbetrieb mit Gästezimmern geplant. Dass dieses Projekt eines grossen Landgasthofs mit Gästezimmern an Stelle des kleinen Restaurants mit Landwirtschaft von den kantonalen Instanzen als Neubau behandelt wurde, ist nicht zu beanstanden. Ein solches Bauvorhaben kann ausserhalb des GKP nur bewilligt werden, sofern es als standortgebunden betrachtet werden muss. Im Gegensatz zu den Bergrestaurants, die in Art. 27 Abs. 2 AGSchV ausdrücklich erwähnt werden, sind Passantenrestaurants an Durchgangsstrassen in der Regel nicht auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen. Im vorliegenden Fall wird vom Regierungsrat in der Vernehmlassung geltend gemacht, ein Landgasthof an diesem Strassenstück könnte in geringer Entfernung unter Wahrung der gewässerschutzrechtlichen Vorschriften erstellt werden. Der Beschwerdeführer bringt - ausser dem für das eingereichte Projekt nicht stichhaltigen Argument der Ersatzbaute - nichts vor, was den Standort ausserhalb des GKP zu begründen vermöchte. Die angefochtene Verweigerung der Baubewilligung entspricht somit dem Bundesrecht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist abzuweisen. 4. Wird die Bewilligung für einen nach Nutzung und Grösse nicht als Ersatzbaute in Frage kommenden Neubau verweigert, so ist es nicht Sache der Bewilligungsbehörde, gleichzeitig darüber zu befinden, ob und in welcher Weise vorhandene Gebäulichkeiten allenfalls erneuert bzw. ersetzt werden dürften. Die Rüge, der Regierungsrat sei auf die verbindliche Erklärung des Beschwerdeführers, er sei bereit, BGE 102 Ib 212 S. 218 "das Restaurationsvolumen zu reduzieren", nicht eingetreten, ist unbehelflich. Zu entscheiden war über das eingereichte Bauprojekt, nicht über die Frage, welche andere bauliche Veränderung allenfalls bewilligt werden könnte. Es steht dem Beschwerdeführer frei, ein Gesuch für die Bewilligung einer eigentlichen Ersatzbaute zu stellen, sofern er bereit ist, seine Pläne - im Rahmen der Erweiterungsmöglichkeiten nach Art. 25 AGSchV - auf die Dimension und Nutzungsart der bestehenden Gebäulichkeiten zu reduzieren. Ob einem solchen Vorhaben Hindernisse entgegenstehen, die sich aus dem kantonalen Recht, namentlich dem Planungsrecht, ergeben, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 98 III 44 10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Juni 1972 i.S. Soltermann gegen Bühlmann und Konsorten.
Regeste Art. 291 SchKG : Umfang der Rückgabepflicht bei der Gläubigeranfechtung. Ausser der Sache selbst sind auch die aus ihr bis zur Inverzugsetzung bezogenen Erträgnisse zurückzuerstatten.
Sachverhalt ab Seite 44 BGE 98 III 44 S. 44 Aus dem Tatbestand: Kormann betrieb in Münsingen eine Möbelschreinerei. Als er sich in Zahlungsschwierigkeiten befand, gelangte die Allgemeine Treuhand AG in seinem Auftrage an seine Gläubiger, ersuchte diese um Zahlungsaufschub und schlug ihnen einen Plan zur Tilgung der Schulden vor. Offenbar um die erste Tilgungsrate zu gewährleisten, ermöglichte F. Soltermann seinem Schwiegersohn Kormann die Einräumung eines Kredites durch die Spar- und Leihkasse Münsingen, indem er, zusammen mit drei Verwandten Kormanns, eine Solidarbürgschaft zu dessen Gunsten bis zum Maximalbetrage von Fr. 48'000.-- einging. Kurze Zeit darauf ging Soltermann zudem zu Gunsten seines Schwiegersohnes eine Wechselbürgschaft in der Höhe von Fr. 10'000.-- ein. Vor allem diese Wechselbürgschaft veranlasste Kormann, seinem Schwiegervater einen neu errichteten Eigentümerschuldbrief zu übertragen; eine rechtliche Verpflichtung hiezu bestand indessen nicht. Soltermann trat diesen Schuldbriefzwei Jahre später zum vollen Werte von Fr. 31'500.-- der Spar- und Leihkasse Münsingen ab, welcher er aus der Solidarbürgschaft und aus der Wechselbürgschaft für Kormann BGE 98 III 44 S. 45 insgesamt Fr. 19'919.-- schuldete. Inzwischen war über Kormann der Konkurs eröffnet worden, der im summarischen Verfahren durchgeführt wurde und in dem die Gläubiger aller Klassen voll zu Verlust kamen. W. Bühlmann, ein Gläubiger Kormanns, stellte in der Folge beim Konkursamt Konolfingen den Antrag auf nachträgliche Verwertung des Anfechtungsanspruches, welcher der Konkursmasse gemäss Art. 285 ff. SchKG gegen F. Soltermann zustehe, und verlangte gleichzeitig die Abtretung dieses Anspruches, falls die Masse auf dessen Geltendmachung verzichte. Er führte aus, dass alle Rechtshandlungen, die auf eine Sicherung Soltermanns für vorbestehende Forderungen gegenüber Kormann gerichtet gewesen seien, als Gegenstand des Anfechtungsanspruches in Betracht kämen. Da das Konkursamt als Vertreter der Gläubigergesamtheit auf die selbständige Geltendmachung dieser Ansprüche verzichtete, bot es diese den Konkursgläubigern gemäss Art. 260 SchKG zur Abtretung an. Ausser von W. Bühlmann wurde diese noch von drei weitern Gläubigern verlangt. Diese Gläubiger reichten beim Amtsgerichtspräsidenten I von Konolfingen gegen F. Soltermann eine Anfechtungsklage ein. Der Amtsgerichtspräsident wies die Klage ab, der Appellationshof des Kantons Bern hiess sie gut. Das Bundesgericht bestätigt das Urteil des Appellationshofes. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Was den Umfang der Pflicht zur Rückerstattung des in anfechtbarer Weise empfangenen Vermögenswertes anbetrifft, ist die Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, dass an Stelle der heute nicht mehr möglichen Rückgabe des Schuldbriefes in natura die Pflicht des Beklagten tritt, dessen vollen Wert zu ersetzen. Zur Schuldbriefsumme hinzugerechnet wurde ferner der vom Beklagten bezogene Zins, der im angefochtenen Urteil auf Fr. 2'156.65 beziffert wird. Obwohl die Berücksichtigung dieses Zinses als solche an sich nicht beanstandet worden ist, muss die Frage der Ersatzpflicht des Beklagten für den von ihm bezogenen Zins gesondert geprüft werden, da sie rechtlicher Natur ist. Die schweizerische Lehre verneint mehrheitlich eine Rückgabepflicht des Anfechtungsbeklagten für den Nutzen, den er bis zur Inverzugsetzung aus der anfechtbar erworbenen Sache gezogen hat. Während JAEGER (Kommentar, 3. Aufl., II. Bd., S. 406, N. 2 zu Art. 291 SchKG ) diese Auffassung nicht begründet, BGE 98 III 44 S. 46 lehnen BLUMENSTEIN (Handbuch des Schweiz. Schuldbetreibungsrechtes, S. 869) und HANGARTNER (Die Gläubigeranfechtung im schweizerischen Recht, Diss. Zürich, 1929, S. 69) eine Rückerstattungspflicht für bezogene Früchte deshalb ab, weil der Anfechtungsgegner diese ja nicht "erworben" habe, wie Art. 291 Abs. 1 SchKG es voraussetze. FAVRE (Droit des poursuites, 2e édition, S. 381) verneint eine Pflicht zur Rückgabe der natürlichen und zivilen Früchte bis zum Zeitpunkt des Verzuges, da der anfechtbar erworbene Vermögensgegenstand dem Anfechtungskläger in dem Zustand zur Verwertung zu überlassen sei, in dem er sich im Zeitpunkt der Veräusserung befunden habe. BRAND (Das Anfechtungsrecht der Gläubiger nach dem Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Diss. Bern, 1902, S. 273) scheint die Rückerstattungspflicht für Erträgnisse bis zur Inverzugsetzung mit der Begründung abzulehnen, der Anfechtungsgegner befinde sich bis zur Anfechtung in der Lage eines gutgläubigen Besitzers im Sinne der Art. 938 und 939 ZGB . Die gegenteilige Ansicht, die zivilen und natürlichen Früchte seien zurückzuerstatten, vertreten BAUDAT (L'action révocatoire, Diss. Lausanne, 1911'S. 190/191) und BERZ (Der paulianische Rückerstattungsanspruch, Diss. Zürich, 1960, S. 110/111). Die Anfechtungsklage bezweckt, durch anfechtbare Handlungen dem Vermögen des Schuldners entfremdete Vermögenswerte ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückzugeben und sie der Zwangsvollstreckung wieder zugänglich zu machen. Ihre Gutheissung bewirkt nicht die Ungültigkeit der anfechtbaren Handlung ( BGE 81 III 102 ), sondern verpflichtet den Anfechtungsbeklagten lediglich, die Konkursmasse so zu stellen, wie wenn die anfechtbare Handlung nicht vorgenommen worden wäre ( BGE 39 II 377 Erw. 6). Der Umfang der Rückerstattungspflicht richtet sich demnach nicht nach dem Zeitpunkt der anfechtbaren Handlung, sondern trägt auch der spätern Entwicklung Rechnung. Dies berücksichtigt die Rechtsprechung ( BGE 50 III 152 ), wenn sie den Anfechtungsbeklagten für eine zufällige Wertverminderung oder einen zufälligen Untergang des anfechtbar erworbenen Vermögenswertes bis zum Zeitpunkt, in dem die Sache spätestens zurückgegeben werden muss, nicht haften lässt. Der Auffassung von FAVRE, die grundsätzlich auf den Zustand im Zeitpunkt der Veräusserung abstellt, kann daher nicht gefolgt werden. Da die Anfechtung die materielle BGE 98 III 44 S. 47 Gültigkeit der Übertragung des zurückzugewährenden Gegenstandes nicht betrifft, der Anfechtungsbeklagte somit Eigentümer der Sache bleibt und diese als Eigentümer nutzt, geht es entgegen der Auffassung BRANDS auch nicht an, den Anfechtungsbeklagten dem gutgläubigen Besitzer einer fremden Sache gleichzustellen, der auf Grund der ausdrücklichen Bestimmung des Art. 938 Abs. 1 ZGB berechtigt ist, die fremde Sache ohne Ersatzpflicht seinem vermuteten Recht gemäss zu nutzen und zu gebrauchen (vgl. BERZ, a.a.O., S. 110/111). Der Ansicht HANGARTNERS und BLUMENSTEINS ist entgegenzuhalten, dass der Anfechtungsbeklagte mit dem anfechtbar erlangten Vermögenswert gleichsam die in diesem enthaltenen Anwartschaften, die sich auch beim Schuldner zu Vermögenswerten verdichtet hätten, miterworben hat (vgl. BERZ, a.a.O., S. 111 und BAUDAT, a.a.O., S. 192). Der Wortlaut des Art. 291 Abs. 1 SchKG steht demnach der Annahme, die Rückgabepflicht umfasse auch die Erträgnisse, nicht entgegen. Für die Pflicht zur Ablieferung der Erträgnisse spricht der bereits erwähnte Zweck der Anfechtungsklage, der die Wiederherstellung des schuldnerischen Vermögens verlangt, wie es ohne die anfechtbare Handlung vorhanden wäre. Diesem Zweck entspricht es, dass der Anfechtungsbeklagte grundsätzlich die Gefahr einer zufälligen Wertverminderung oder des zufälligen Unterganges der erworbenen Vermögensstücke nicht trägt ( BGE 50 III 150 /151 undBGE 65 III 149), ihm aber auch zufällige Wertsteigerungen nicht zugute kommen (was ausBGE 50 III 152hervorgeht). Trägt der Anfechtungsbeklagte die Gefahr nicht, so kann er auch den Nutzen aus diesen Vermögensstücken nicht beanspruchen. Eine andere Auffassung wäre inkonsequent. Die bis zur Inverzugsetzung aus der zurückzugewährenden Sache bezogenen Erträgnisse sind deshalb mit der Sache selbst zurückzuerstatten. Somit sind in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die vom Beklagten aus dem Schuldbrief bezogenen Zinsen in den von ihm zu leistenden Wertersatz einzubeziehen. Wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, ist der vom Beklagten geschuldete Betrag seit dem Zeitpunkt der Inverzugsetzung zu verzinsen (vgl. BGE 50 III 152 ). Gegen die Zinsberechnung als solche hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Der den Klägern von der Vorinstanz zugesprochene Betrag ist daher auch im Quantitativ zu bestätigen.
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Urteilskopf 98 V 245 61. Auszug aus dem Urteil vom 1. Dezember 1972 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Zürich gegen Walz und Wenger sowie AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Beiträge vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ( Art. 8 AHVG ). - Festsetzung im ausserordentlichen Verfahren gemäss Art. 25 AHVV : Auslegung dieser Bestimmung; Begriff der "nächsten ordentlichen Beitragsperiode". - Liquidationsgewinne aus der Umwandlung einer Kollektivgesellschaft in eine Aktiengesellschaft sind von den Kollektivgesellschaftern zu verabgaben.
Erwägungen ab Seite 245 BGE 98 V 245 S. 245 Aus den Erwägungen: 2. Das ausserordentliche Verfahren der Beitragsfestsetzung gemäss Art. 24 bis 27 AHVV findet unter anderem Anwen dung, wenn der Beitragspflichtige eine selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt. In diesem Falle ermittelt die Ausgleichskasse das massgebende reine Erwerbseinkommen für die Zeit von der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit bis zum BGE 98 V 245 S. 246 Beginn der nächsten ordentlichen Beitragsperiode und setzt die entsprechenden Beiträge fest ( Art. 25 Abs. 1 AHVV ). Dabei sind die Beiträge in der Regel für jedes Kalenderjahr auf Grund des jeweiligen Jahreseinkommens zu bestimmen. Hingegen ist für die Beiträge des Vorjahres der nächsten ordentlichen Beitragsperiode in jedem Falle das reine Erwerbseinkommen massgebend, welches der Beitragsbemessung für diese Periode zugrunde zu legen ist ( Art. 25 Abs. 2 AHVV ). Um den Sinn dieser Regelung für das "Vorjahr" zu erläutern, ist zunächst klarzustellen, was in diesem Zusammenhang unter der "nächsten ordentlichen Beitragsperiode" zu verstehen ist. Offensichtlich kann es sich nur um eine Beitragsperiode handeln, für welche die Beiträge nach dem ordentlichen Veranlagungsverfahren für Selbständigerwerbende, d.h. nach Art. 22 und 23 AHVV festzusetzen sind. In der Fassung der Vollzugsverordnung vom 30. Dezember 1953, in Kraft ab 1. Januar 1954 (AS 1954 S. 219), war dies ausdrücklich gesagt: Art. 25 Abs. 1 lit. c bestimmte nämlich, im ausserordentlichen Verfahren erfolge die Beitragsbemessung "für das Vorjahr der nächsten ordentlichen Beitragsperiode, für welche die Beiträge gemäss Art. 24 berechnet werden können, auf Grund des Einkommens, welches der Beitragsbemessung für diese nächste Beitragsperiode zugrunde zu legen ist"; der genannte Art. 24 normierte das ordentliche Veranlagungsverfahren für die Beiträge der Selbständigerwerbenden. Diese damaligen Verordnungsbestimmungen galten immer als gesetzeskonform (vgl. EVGE 1959 S. 133). Als dann der Bundesrat am 19. November 1965 die Vollzugsverordnung zum AHVG erneut revidierte und die betreffenden Bestimmungen in die heute noch geltende systematischere und straffere Fassung brachte, fiel die oben erwähnte (kursiv gesetzte) Präzisierung weg. Damit war jedoch keine inhaltliche Änderung beabsichtigt. Vielmehr war jener Nebensatz offenbar als unnötige Selbstverständlichkeit betrachtet und lediglich aus diesem Grunde gestrichen worden. Daraus folgt, dass als "nächste ordentliche Beitragsperiode" diejenige Beitragsperiode gilt, für welche das Jahr der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit Teil der gemäss Art. 22 Abs. 2 AHVV massgebenden Berechnungsperiode bildet, wobei mindestens 12 Monate der selbständigen Erwerbstätigkeit in diese Berechnungsperiode fallen müssen (vgl. die Anwendungsfälle BGE 98 V 245 S. 247 ZAK 1971 S. 443 ff. und das nicht veröffentlichte Urteil vom 6. September 1972 i.S. Minder; ferner EVGE 1959 S. 130 ff. = ZAK 1959 S. 383). Welche Bedeutung hat nun - aus dieser Sicht - die Regelung für das "Vorjahr" der nächsten ordentlichen Beitragsperiode gemäss Art. 25 Abs. 2 Satz 2 AHVV ? Nach ständiger Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts stellt Art. 25 AHVV eine Ausnahmebestimmung dar, die nicht extensiv auszulegen und anzuwenden ist. Deshalb soll vom ausserordentlichen Verfahren der Beitragsfestsetzung so bald als möglich zum ordentlichen Verfahren übergegangen werden, auch wenn noch nicht eine volle zweijährige Berechnungsperiode zur Verfügung steht, genügt doch - wie gesagt - für die ordentliche Beitragsberechnung eine Steuerveranlagung, die ein während mindestens 12 Monaten innerhalb der Berechnungsperiode erzieltes Einkommen ausweist (ZAK 1971 S. 443, 1969 S. 296). Da im Rahmen des ordentlichen Verfahrens aber nicht die beiden unmittelbar der Beitragsperiode vorangehenden Jahre, sondern das zweit- und drittletzte Jahr vor der Beitragsperiode die Berechnungsperiode bilden, musste für den Übergang vom ausserordentlichen Verfahren, in welchem Berechnungs- und Beitragsjahr identisch sind (Gegenwartsbemessung), zum ordentlichen Verfahren eine Regelung für das Jahr unmittelbar vor der ordentlichen Beitragsperiode getroffen werden, in welcher das ordentliche Verfahren erstmals zur Anwendung gelangen kann. Diese notwendige Regelung für das Vorjahr ist nun nach der einheitlichen Zweckbestimmung des gesamten Art. 25 AHVV ausgerichtet: Es soll möglichst bald zum ordentlichen Verfahren gewechselt werden und allfällige anfängliche Unebenheiten können in der späteren Konstanz des ordentlichen Verfahrens ihren Ausgleich finden; deshalb sollen für das Vorjahr die gleichen Berechnungsgrundlagen gelten wie für die nächste bzw. erste ordentliche Beitragsperiode. Daraus erhellt, dass die Regelung betreffend das Vorjahr nur dort Sinn und Berechtigung hat, wo in den folgenden Jahren eine Veranlagung im ordentlichen Verfahren stattfinden kann; gibt es keine "nächste ordentliche Beitragsperiode", so gibt es auch kein "Vorjahr" dazu. Ist der Pflichtige in der auf das "Vorjahr" folgenden ordentlichen Beitragsperiode nicht mehr als Selbständigerwerbender zu erfassen und ist mithin ein Übergang vom ausserordentlichen zum ordentlichen Verfahren BGE 98 V 245 S. 248 der Beitragsfestsetzung aus diesem Grunde unmöglich, so kann auch die "Übergangs"-Regelung über das Vorjahr nicht Anwendung finden. Vielmehr ist in diesen Fällen (Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit vor dem Übergang zum ordentlichen Verfahren) das ausserordentliche Verfahren bis zum Ausscheiden aus der Beitragspflicht als Selbständigerwerbender beizubehalten. 3. Angewendet auf den vorliegenden Fall führen diese Erwägungen zu folgenden Ergebnissen: a) Am 1. Januar 1966 nahmen die beiden Beschwerdegegner eine selbständige Erwerbstätigkeit auf. Mit Recht hat die Kasse daher das ausserordentliche Verfahren gemäss Art. 25 AHVV angewendet. Ab 1. Januar 1968 waren die Beschwerdegegner wiederum in unselbständiger Stellung erwerbstätig. Im gleichen Zeitpunkt begann die nächste ordentliche Beitragsperiode 1968/69. Für diese konnten jedoch die Beiträge infolge Aufgabe der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht nach dem ordentlichen Verfahren für Selbständigerwerbende gemäss Art. 22 und 23 AHVV berechnet werden. Folglich ist die Sonderregel für das "Vorjahr" nach dem Gesagten nicht anwendbar. Das bedeutet, dass die Ausgleichskasse das massgebende reine Erwerbseinkommen für die Zeit von der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit bis zu deren Aufgabe (bzw. bis zum Beginn der nächsten ordentlichen Beitragsperiode) gemäss Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AHVV zu ermitteln und gestützt darauf die Beiträge für jedes Kalenderjahr auf Grund des jeweiligen Jahreseinkommens (also einzeln für 1966 und 1967) festzusetzen hat. Der Vorinstanz kann somit nicht beigepflichtet werden, wenn sie annimmt (Erw. 2 b in fine), das im Jahre 1966 erzielte Einkommen müsse nicht nur als Grundlage für das Beitragsjahr 1966 selbst, sondern auch für das Beitragsjahr 1967 betrachtet werden. Vielmehr sind die persönlichen Beiträge der Beschwerdegegner für das Jahr 1967 nach dem in diesem Jahr tatsächlich erzielten Einkommen festzusetzen. b) Zum gleichen Ergebnis gelangen auch die Ausgleichskasse in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde und das Bundesamt für Sozialversicherung in seiner Vernehmlassung an das Eidg. Versicherungsgericht, jedoch mit anderer Begründung. Sie möchten Art. 22 Abs. 3 AHVV analog auf den vorliegenden Sachverhalt anwenden; nach dieser Bestimmung wird der BGE 98 V 245 S. 249 Jahresbeitrag vom reinen Einkommen aus einer nebenberuflichen, gelegentlich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit für das Kalenderjahr festgesetzt, in dem es erzielt wurde. Das Bundesamt übersieht dabei zwar nicht, dass Art. 22 Abs. 3 AHVV sich seinem Wortlaut nach auf Einkommen aus einer nebenberuflichen, gelegentlich ausgeübten selbständigen Erwerbstätigkeit bezieht; aber es meint, diese Bestimmung sollte "naturgemäss auf jedes während nur verhältnismässig kurzer Zeit erzielte Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit anwendbar sein"; denn wesentlich sei das Zeitmoment: bei relativ kurzer Dauer der Erwerbstätigkeit sei ein Ausgleich der Einkommensschwankungen nicht möglich. Dieser Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden; die Präjudizien, auf welche sich die Verwaltung stützen zu können glaubt ( BGE 96 V 58 = ZAK 1971 S. 270, ZAK 1970 S. 398 und das nicht veröffentlichte Urteil vom 26. Mai 1970 i.S. Paterlini) beziehen sich ausschliesslich auf nebenberuflich ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeiten. Eine analoge Anwendung des Art. 22 Abs. 3 AHVV ist umso weniger geboten, als nach den Ausführungen in Erwägung 2 die historische und teleologische Auslegung des direkt anwendbaren Art. 25 Abs. 1 und 2 AHVV das Problem in befriedigender und systemgetreuer Weise löst. 4. Was die materielle Einkommensermittlung betrifft, so ist davon auszugehen, dass die Ausgleichskasse gemäss Art. 26 Abs. 1 AHVV das reine Erwerbseinkommen auf Grund aller ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen einzuschätzen hat. a) Die aktenmässigen Unterlagen über den ordentlichen Reingewinn der Beschwerdegegner in den Jahren 1966 und 1967 bestehen in den beiden Meldungen der kantonalen Wehrsteuerverwaltung und in einigen Angaben aus den Geschäftsabschlüssen der Kollektivgesellschaft, die der Steuerveranlagung gedient haben. Auf Grund dieser Belege hat die Ausgleichskasse die vorne wiedergegebenen Zahlen des ordentlichen Reingewinnes für 1966 und 1967 zusammengestellt. Es ist nicht Sache des letztinstanzlichen Richters, dieses Zahlenmaterial in allen Einzelheiten auf seine Übereinstimmung mit den vorhandenen Unterlagen hin zu überprüfen; er hat denn auch nicht selber eine berichtigte Beitragsverfügung zu erlassen, sondern zu entscheiden, nach welchen Grundsätzen dies im konkreten Fall zu geschehen habe. So ist es auch hier zu BGE 98 V 245 S. 250 halten. Die Kasse wird die von ihr in der Beschwerde zusammengestellten ordentlichen Reingewinne der Jahre 1966 und 1967, aufgeteilt auf die Beschwerdegegner im Verhältnis 2 (Walter Walz) zu 3 (Heinz Wenger), nochmals genau überprüfen und alsdann der Veranlagung des für die Beitragspflicht massgebenden Erwerbseinkommens im Sinne der vorstehenden Erwägungen zugrunde legen. Weiter wird die Kasse abklären, wie es mit der Aufrechnung der persönlichen Sozialversicherungsbeiträge steht, d.h. ob solche noch zu berücksichtigen oder ob sie allenfalls schon eingerechnet sind. Es bleibt der Kasse anheimgestellt, die vorhandenen Belege zu verwerten, diese zu ergänzen oder zu bereinigen, soweit sie dies für notwendig erachtet. Die Rückweisung soll überdies den Beschwerdegegnern Gelegenheit verschaffen, im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur definitiven Berechnung einlässlich Stellung nehmen zu können. b) Aus den Akten ergibt sich sodann, dass anlässlich der Umwandlung der Kollektivgesellschaft in eine Aktiengesellschaft Ende 1967 ein Liquidationsgewinn erzielt wurde, der gemäss Gesellschaftsvertrag zu 2/5 Walter Walz und zu 3/5 Heinz Wenger zufloss. Diese Liquidationsgewinnanteile wurden von der Steuerbehörde im Jahre 1967 mit der Jahressteuer gemäss Art. 43 WStB erfasst. Gemäss Art. 17 lit. d AHVV gelten eingetretene und verbuchte Wertvermehrungen und Kapitalgewinne von zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmungen als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Diese Bestimmung wurde stets als gesetzeskonform betrachtet (letztmals in BGE 96 V 58 Erw. 2 = ZAK 1971 S. 270). Darunter fallen auch die Liquidationsgewinne, welche sich bei Auflösung oder Umwandlung eines buchführungspflichtigen Unternehmens ergeben; sie sind wirtschaftliches Ergebnis selbständiger Erwerbstätigkeit. Gemäss dem erwähnten BGE 96 V 58 ist die Rz. 84 der Wegleitung über die Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (gültig ab 1. Januar 1970), welche solche - wehrsteuerrechtlich mit der sogenannten Jahressteuer nach Art. 43 WStB erfassten - Kapitalgewinne nicht zum massgebenden Erwerbseinkommen zählt, nicht gesetzeskonform. Im vorliegenden Fall war die von den Beschwerdegegnern bis Ende 1967 geführte Kollektivgesellschaft schon auf Grund BGE 98 V 245 S. 251 des Umsatzes buchführungspflichtig. Der in den Steuerakten ermittelte Liquidationsgewinn ist Ergebnis selbständiger Erwerbstätigkeit, das buchmässig erst anlässlich der Umwandlung der Firma in eine Aktiengesellschaft erfasst wurde. Die Beschwerdegegner haben diesen Gewinn, wie ausgeführt, nach Art. 17 lit. d und Art. 20 Abs. 1 AHVV sowie gemäss der einschlägigen Rechtsprechung zu verabgaben. Die gegenteilige - auch von den Beschwerdegegnern angerufene - Auffassung der Vorinstanz war bereits durch die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts überholt, als der angefochtene Rekursentscheid erging. Was die Vorinstanz im übrigen zur Begründung ihrer Auffassung ausführt, ist zudem durch das betreffend Nichtanwendung der Sonderregelung über das Vorjahr (in Erwägung 2 und 3) Gesagte widerlegt. Danach muss das für die Beitragspflicht massgebende Erwerbseinkommen für die beiden Jahre 1966 und 1967 nach der Gegenwartsbemessung veranlagt werden; demgemäss sind die genannten Anteile am Liquidationsgewinn zum Erwerbseinkommen des Jahres 1967 zu zählen, wie es die Kasse in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt.
null
nan
de
1,972
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CH
Federation
da0c4ab2-b6cc-4307-bc27-3a831d79c176
Urteilskopf 94 I 358 50. Urteil vom 18. September 1968 i.S. Louis Ditzler AG gegen Westbank AG und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt.
Regeste Vollstreckbarerklärung einer in Deutschland ergangenen Kostenentscheidung. Handelt es sich um die dem unterlegenen Kläger auferlegten Prozesskosten, so gehen die Bestimmungen der Internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht vom 1. März 1954 (IUe) denjenigen des schweiz.-deutschen Vollstreckungsabkommens vom 2. November 1929 vor (Erw. 2, 3). Nach Art. 19 IUe ist im Exequaturverfahren nicht zu prüfen, ob die Kostenentscheidung oder der ihr zugrunde liegende Hauptentscheid gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstosse (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 359 BGE 94 I 358 S. 359 Aus dem Tatbestand: Ende 1949 lieferte die Louis Ditzler AG in Basel 300 Tonnen Schokolade nach Deutschland. Da dabei deutsche Devisenvorschriften verletzt wurden, kam es zu einem Strafverfahren und in diesem zur Beschlagnahme und Einziehung eines aus Zahlungen des Käufers entstandenen Guthabens der Ditzler AG bei der Westbank AG in Frankfurt, die an den Verhandlungen über die Durchführung des Geschäftes teilgenommen hatte. Schon vor der Einziehung hatte die Ditzler AG die Westbank AG beim Landgericht Frankfurt auf Bezahlung von DM 448.444.52 belangt. Die Klage wurde vom Landgericht teilweise geschützt, dagegen durch Urteil des Oberlandesgerichts in Frankfurt vom 24. März 1964, bestätigt durch Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. März 1967, kostenfällig abgewiesen in der Annahme, dass die Vereinbarungen über die Einfuhr der 300 t Schokolade wegen Verstosses gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen nichtig seien. Aufgrund dieser Urteile wurde die Ditzler AG durch Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Frankfurt vom 8. April 1965, 5. Mai und 27. Juli 1967 verpflichtet, der Westbank AG DM 29'511.34 und 4'536.48 zu bezahlen und diese Beträge ab 12. Februar 1965 bzw. ab 24. April 1967 mit 4% zu verzinsen. B.- Gestützt auf diese Beschlüsse leitete die Westbank AG am 23. November 1967 gegen die Ditzler AG in Basel Betreibung ein und verlangte auf Rechtsvorschlag hin definitive Rechtsöffnung. Die Ditzler AG beantragte Abweisung des Begehrens, da die den Kostenfestsetzungsbeschlüssen zugrunde liegenden Urteile gegen den schweizerischen ordre public verstiessen (Art. 4 Abs. 1 des schweiz.-deutschen Vollstreckungsabkommens vom 2. November 1929); eventuell werde BGE 94 I 358 S. 360 die von den deutschen Gerichten nicht anerkannte (Teil-) Forderung von DM 264'884.-- zur Verrechnung gestellt. Das Dreiergericht des Kantons Basel-Stadt bewilligte die definitive Rechtsöffnung mit Entscheid vom 19. Februar 1968 für Fr. 37'211.19 nebst 4% Zins seit 12. Februar 1965 ab Fr. 32'261.90 und seit 24. April 1967 ab Fr. 4'959.29. Die Ditzler AG führte hiegegen Beschwerde, wurde aber vom Appellationsgericht (Ausschuss) des Kantons Basel-Stadt mit Urteil vom 26. März 1968 abgewiesen. C.- Gegen dieses Urteil hat die Firma Louis Ditzler AG staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, es sei wegen Verletzung des Art. 4 Abs. 1 des schweiz.-deutschen Vollstreckungsabkommens sowie des Art. 4 BV aufzuheben und das Rechtsöffnungsgesuch abzuweisen. D.- Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt und die Westbank AG beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Abweisung der Rüge der Gehörsverweigerung.) 2. Beide Parteien wie auch die beiden kantonalen Instanzen gehen stillschweigend davon aus, dass sich die Frage, ob die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Frankfurt in der Schweiz vollstreckbar seien, nach dem schweiz.-deutschen Vollstreckungsabkommen (VA) vom 2. November 1929 (BS 12, 359 ff.) beurteile. Die Beschwerdeführerin macht denn auch geltend, die im angefochtenen Entscheid geschützte definitive Rechtsöffnung verstosse gegen Art. 4 Abs. 1 VA. Zu der dem Bundesgericht obliegenden freien Beurteilung dieser Rüge gehört auch die Prüfung der Frage, ob das VA im vorliegenden Falle überhaupt anwendbar ist. Die Vollstreckung gewisser Kostenentscheidungen ist nämlich, was im bisherigen Verfahren übersehen wurde, Gegenstand der Art. 18 und 19 der am 1. März 1954 im Haag abgeschlossenen Internationalen Übereinkunft betreffend Zivilprozessrecht (IUe), die sowohl von der Schweiz (AS 1957, 465) als auch von der Bundesrepublik Deutschland (AS 1959, 1329) ratifiziert worden ist. Sollten diese Bestimmungen im vorliegenden Falle anstelle des VA anwendbar und aufgrund derselben die in Frage stehenden Kostenentscheidungen in der Schweiz zu vollstrecken sein, so erweist sich die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 Abs. 1 VA als unbegründet. BGE 94 I 358 S. 361 In BGE 85 I 39 ff., wo es ebenfalls um die Vollstreckung eines in Deutschland gegenüber einem unterlegenen Kläger ergangenen Kostenentscheids und um die Verletzung des schweizerischen ordre public ging, wurde das Verhältnis zwischen VA und IUe nicht geprüft und war auch nicht zu prüfen. Dort war der Gläubiger, anders als hier, mit seinem Begehren um Vollstreckbarerklärung und definitive Rechtsöffnung von den kantonalen Instanzen abgewiesen worden. In der hiegegen erhobenen staatsrechtlichen Beschwerde berief sich der Gläubiger nicht mehr, wie im kantonalen Verfahren, auf die IUe, sondern machte ausschliesslich eine Verletzung des VA geltend, weshalb das Bundesgericht nur diese Rüge zu prüfen hatte; denn die Gutheissung einer staatsrechtlichen Beschwerde mit einer substituierten Begründung kommt nicht in Frage. 3. Unter die zweiseitigen Vollstreckungsverträge fällt, selbst wenn dies nicht, wie in Art. 2 des schweiz.-schwedischen Abkommens vom 15. Januar 1936 (BS 12, 373) ausdrücklich gesagt ist, auch die Verurteilung in die Prozesskosten, die infolge der Entscheidung über die Streitsache selbst ergeht (GULDENER, Das internat. und interkant. Zivilprozessrecht der Schweiz S. 160 Ziff. II). Und zwar richtet sich die Vollstreckbarkeit grundsätzlich, d.h. soweit nicht staatsvertraglich etwas anderes vereinbart ist, nach der Vollstreckbarkeit des Hauptentscheids. Kann dieser aus irgend einem Grunde (etwa weil er gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstösst) nicht vollstreckt werden, so ist auch der Kostenentscheid nicht vollstreckbar (so ausdrücklich Art. 15 Abs. 1 des Projet de Convention sur la reconnaissance et l'exécution des jugements étrangers en matière civile et commerciale du 26 avril 1966, Schweiz. Jahrbuch für internationales Recht Bd. 23/1966 S. 267). Die Art. 18 und 19 IUe befassen sich mit der Vollstreckung von Prozesskosten, zu deren Tragung der unterlegene Kläger durch ein in einem Vertragsstaat ergangenes Urteil verpflichtet wird, wobei der Begriff der Prozesskosten (im massgebenden französischen Urtext: "frais et dépens") sowohl die Gerichtskosten als auch die Parteikosten des Beklagten mit Einschluss derjenigen seiner Vertretung durch einen Anwalt umfasst ( BGE 31 I 683 , BGE 61 I 136 ). Diese Bestimmungen der IUe gehen dem VA vor, da sie in einem spezielleren Abkommen enthalten und dazu bestimmt sind, die Vollstreckung von Kostenentscheidungen BGE 94 I 358 S. 362 im Verhältnis zum sonst geltenden Recht zu erleichtern ( BGE 61 I 135 Erw. 4, SJZ 1939/40 S. 12). Während also für die Vollstreckung deutscher Kostenentscheidungen in der Schweiz im allgemeinen das VA gilt, richtet sie sich bei Vorliegen der Voraussetzungen der Art. 18 und 19 IUe nach diesen Bestimmungen. 4. Art. 19 IUe bestimmt in Abs. 1 und 2: "Die Kostenentscheidungen werden ohne Anhörung der Parteien, jedoch unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei, gemäss der Gesetzgebung des Landes, wo die Vollstreckung betrieben wird, vollstreckbar erklärt. Die zur Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde hat ihre Prüfung darauf zu beschränken: 1. ob nach dem Gesetze des Landes, wo die Verurteilung erfolgt ist, die Ausfertigung der Entscheidung die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; 2. ob nach demselben Gesetze die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat; 3. ob das Dispositiv der Entscheidung in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefasst ist oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet ist, die, vorbehältlich anderweitiger Übereinkunft, durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates beglaubigt sein muss." Den gleichen Wortlaut hatten schon die entsprechenden Bestimmungen der IUe vom 17. Juli 1905 (BS 12'277). In der Rechtslehre ist umstritten, ob damit die Berücksichtigung der Einrede, die Kostenentscheidung oder der ihr zugrunde liegende Hauptentscheid stehe mit dem ordre public des Vollstreckungsstaates im Widerspruch, ausgeschlossen sei. GULDENER a.a.O. S. 160 oben erklärt, im Exequaturverfahren dürfe nicht geprüft werden, ob der ordre public des Vollstreckungsstaates verletzt sei. Die gleiche Auffassung vertreten STEIN/JONAS/SCHÖNKE/POHLE, Komm. zur deutschen ZPO 17./18. Aufl. Anhang III zu § 723 Bem. II 4, sowie JELLINEK, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile S. 33, der betont, dass die Regelung der IUe ganz aus dem Rahmen der sonst üblichen Vollstreckungshilfe fällt. Demgegenüber hält NIBOYET, Traité de droit international privé français 1949 Bd. VI/2 S. 306 Nr. 2159 dafür, dass der Vorbehalt des ordre public jedem Staatsvertrag inhärent und daher auch im Bereich von Art. 19 Abs. 2 IUe anwendbar sei. BGE 94 I 358 S. 363 Ihm stimmen BÜLOW/ARNOLD, Der internat. Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, A I 1 Anm. 142, zu. Nach diesen Autoren wäre der Kostenentscheid nicht zu vollstrecken, wenn das Haupturteil entweder wegen seines Inhalts oder wegen Verfahrensmängeln gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstösst. Von diesen beiden Auffassungen verdient die zuerst genannte den Vorzug. Art. 19 Abs. 2 IUe bestimmt ausdrücklich, die Vollstreckungsbehörde habe ihre Prüfung auf die drei dort genannten, rein formellen Erfordernisse zu beschränken. Schon dieser Wortlaut spricht dafür, dass es sich dabei um eine abschliessende Aufzählung handelt. Dass damit auch die Prüfung der Frage, ob der Entscheid mit dem ordre public des Vollstreckungsstaates im Widerspruch stehe, bewusst ausgeschlossen werden sollte, ergibt sich eindeutig aus den Materialien zur IUe von 1905, wurde doch im Bericht der I. Kommission über die Revision (Actes de la IVe Conférence de la Haye, 16 mai - 7 juin 1904, S. 97) ausgeführt: "L'exequatur doit être obtenu rapidement. Le plus souvent ce sera une pure formalité. Les difficultés qui se présentent ordinairement pour l'exécution des jugements étrangers, même entre pays liés par une Convention, ont trait à la compétence du Tribunal dont on veut exécuter la décision et aussi à l'ordre public. Elles sont écartées ici, puisque, d'une part, c'est la personne contre laquelle on veut exécuter qui avait saisi le Tribunal étranger, et que, d'autre part, il s'agit uniquement des frais, la question principale restant absolument en dehors." Dieser Ausschluss des Vorbehalts des ordre public entspricht durchaus dem Sinn und Zweck der Art. 18 und 19 IUe. Die grundsätzlich bedingungslose Vollstreckung der Kostenentscheidungen ist das Korrelat zum Grundsatz des Art. 17, dass der einem Vertragsstaat angehörende und in einem solchen wohnende ausländische Kläger frei ist von der Sicherheitsleistung in irgendwelcher Form für alle Prozesskosten, die ihm sonst wegen seiner Ausländereigenschaft oder mangelnden Wohnsitzes im Prozesstaat obläge ( BGE 61 I 136 und 360). Der Ausschluss des Vorbehalts des ordre public erscheint auch sachlich als gerechtfertigt. Es darf nicht übersehen werden, dass sich die Vollstreckung in diesen Fällen ausschliesslich auf Kosten eines Verfahrens bezieht, das die zur Kostentragung verpflichtete Partei selber eingeleitet hat und für das sie aufgrund BGE 94 I 358 S. 364 der IUe von jeder Sicherheitsleistung befreit war. Indem sich eine solche Partei unter die Gerichtshoheit eines ausländischen Staates begibt, nimmt sie das Risiko auf sich, kostenfällig zu werden auf Grund eines Urteils, das unter Umständen das Rechtsgefühl im Vollstreckungsstaat schwer verletzt (im gleichen Sinne schon ein Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 14. April 1939, SJZ 1939/40 S. 12). Im vorliegenden Falle ist daher die Beschwerdeführerin nicht zu hören mit dem Einwand, die den Kostenfestsetzungsbeschlüssen zugrunde liegenden deutschen Urteile ständen mit dem schweizerischen ordre public im Widerspruch. Die kantonalen Instanzen hätten sich auf die Feststellung beschränken können und beschränken sollen, dass die Voraussetzungen der Art. 18 und 19 IUe für die Vollstreckbarkeit gegeben seien, was offensichtlich zutrifft. Auch die von der Beschwerdeführerin erhobene Verrechnungseinrede war deshalb nicht zu prüfen, ganz abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin im VOIIstreckungsverfahren nicht eine Forderung zur Verrechnung stellen kann, die mit dem Urteil, um dessen Vollstreckung im Kostenpunkt es geht, gerade abgewiesen worden ist. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist daher abzuweisen. Bemerkt sei noch, dass die hier vertretene Auslegung der IUe es nicht ausschliesst, in einem Falle wie dem in BGE 85 I 39 ff. beurteilten, wo die Vollstreckung einer Kostenentscheidung wegen Verletzung des in Art. 4 Abs. 1 VA vorbehaltenen ordre public verweigert wurde, sie auch aufgrund der richtigerweise anwendbaren IUe zu verweigern. Voraussetzung für die Anwendung der Art. 18 und 19 IUe ist nämlich, dass die Partei, gegen welche eine Kostenentscheidung vollstreckt werden soll, als Kläger (oder Intervenient) aufgetreten ist, was in jenem Falle nicht zutraf, da die Klage in Deutschland von einem Vertreter ohne Vollmacht und ohne Wissen der zu den Kosten verurteilten Partei erhoben worden war.
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nan
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Urteilskopf 117 V 237 30. Arrêt du 26 août 1991 dans la cause X contre Caisse de prévoyance du personnel enseignant de l'instruction publique et des fonctionnaires de l'administration du canton de Genève et Cour de justice du canton de Genève
Regeste Art. 5 Abs. 1 VwVG , Art. 97 Abs. 1 und 128 OG : Beschwerde gegen einen Rückweisungsentscheid. Weist ein kantonales Gericht die Sache zur Abklärung und "Verfügung" an eine Vorsorgeeinrichtung zurück, so liegt auch dann ein Endentscheid vor, wenn es die Sache bis zum Eingang der "Verfügung" der Vorsorgeeinrichtung auf unbestimmte Zeit vertagt (Erw. 1). Art. 114 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 132 OG : Rückweisung an die Vorinstanz. Die rechtliche Begründung, mit der das Eidg. Versicherungsgericht eine Sache zurückweist, ist für die Vorinstanz verbindlich. In casu Rückweisung an den kantonalen Richter zur Anordnung einer Begutachtung (Erw. 2). Art. 114 Abs. 2 OG und Art. 73 BVG : Vornahme ergänzender Abklärungen. Der Richter ist nicht befugt, die Sache an die Vorsorgeeinrichtung zurückzuweisen (Anwendung der Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 239 ; Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 238 BGE 117 V 237 S. 238 A.- Par arrêté du 31 octobre 1984, le Conseil d'Etat de la République et canton de Genève a prononcé le licenciement disciplinaire de X, employé depuis le 1er janvier 1969 auprès d'une administration cantonale. Les recours successifs formés par le fonctionnaire contre cette décision ont été rejetés, en dernière instance par la IIe Cour de droit public du Tribunal fédéral (arrêt du 31 janvier 1986). B.- Le 21 mai 1986, la Caisse de prévoyance du personnel enseignant de l'instruction publique et des fonctionnaires de l'administration du canton de Genève (ci-après: la CIA) a informé X qu'elle considérait qu'il avait cessé de faire partie du personnel de l'administration cantonale genevoise et que, en application des BGE 117 V 237 S. 239 statuts, elle devait se dessaisir de la prestation de libre passage constituée en sa faveur. Elle a, le 7 juillet 1986, confirmé que le statut d'affilié ne pouvait pas être maintenu et a versé sur un compte bancaire la somme de 182'108 fr. 50. L'assuré a recouru devant le Conseil d'Etat, faisant valoir que la décision, d'exclusion selon lui, du 7 juillet 1986, était prématurée. Il alléguait en outre des erreurs dans le calcul de la prestation de libre passage. L'affaire a été transmise à la Cour de justice du canton de Genève, comme objet de sa compétence. Par jugement du 16 mars 1989, cette autorité a rejeté la demande de X en tant qu'elle visait le maintien de sa qualité d'affilié et, "statuant préparatoirement", a invité, d'une part l'intéressé à se déterminer jusqu'à la date du 15 avril 1989 sur le calcul de la prestation de libre passage présenté par la CIA, d'autre part la caisse à fournir à la Cour divers renseignements à ce sujet. X a formé un recours de droit administratif contre ce jugement. C.- Parallèlement à cette procédure, X a déposé une requête tendant à sa mise à la retraite anticipée pour cause d'invalidité, que la CIA a déclarée irrecevable, le 23 janvier 1987. L'affaire a aussi été portée devant la Cour de justice, qui a rejeté la demande, par jugement du 16 mars 1989 également. X a alors déposé un nouveau recours de droit administratif. D.- Considérant que les recours dirigés contre les deux jugements de la Cour de justice se trouvaient dans un rapport de connexité suffisant pour justifier la jonction des causes, le Tribunal fédéral des assurances les a liquidés par un seul arrêt, du 12 juillet 1990, en statuant: "I. Les recours sont partiellement admis et les jugements de la Cour de justice du canton de Genève du 16 mars 1989 sont annulés. II. La cause est renvoyée à la Cour de justice pour qu'elle statue à nouveau conformément aux considérants. III. (Frais de justice) IV. (Communication)" Le Tribunal fédéral des assurances a considéré, en bref, que l'existence d'une maladie psychique n'était pas à exclure dans le cas d'espèce, eu égard à l'attitude du recourant et à certains autres indices ressortant du dossier. Or, la CIA s'était prononcée sur la demande de rente dont elle était saisie sans requérir un préavis de la commission médicale instituée par ses statuts. Quant à la Cour de justice, elle n'avait ordonné aucune mesure d'instruction sur ce BGE 117 V 237 S. 240 point. Il subsistait donc des incertitudes que seule une expertise médicale était susceptible de lever. Aussi bien le tribunal a-t-il renvoyé la cause à la juridiction cantonale pour qu'elle mette en oeuvre une telle expertise, en l'invitant à examiner ensuite si le recourant pouvait prétendre une pension d'invalidité. Dans la négative, la cour cantonale devait statuer sur le montant de la prestation de libre passage revenant à l'intéressé. E.- A la suite de cet arrêt, la Cour de justice a rendu un nouveau jugement, le 13 décembre 1990, par lequel elle a: a) ordonné l'ouverture d'une procédure de "mise à l'invalidité" selon les statuts de la CIA; b) enjoint à la CIA de prendre avis auprès du Conseil d'Etat et de X conformément à l'art. 38 al. 2 des mêmes statuts; c) enjoint à la CIA de se conformer aux art. 1 à 6 de son règlement du 9 janvier 1979, concernant la procédure de "mise à l'invalidité"; d) enjoint au comité de la CIA de lui communiquer sa décision; e) dit que les frais d'expertise seront assumés conformément aux statuts de la CIA; f) débouté X de toutes autres ou contraires conclusions; g) ajourné la cause "sine die" jusqu'à la communication de la décision du comité de la CIA. F.- Contre ce jugement, X interjette un recours de droit administratif dans lequel il conclut: - principalement: à l'annulation du jugement cantonal et au renvoi de la cause à la Cour de justice pour qu'elle ordonne elle-même une expertise médicale à la charge de l'Etat de Genève et qu'elle "sollicite de l'Etat ou d'une institution externe des offres de travail en rapport avec les conclusions de l'expertise"; - subsidiairement: à l'"annulation" de l'art. 38 des statuts de la CIA. Le recourant fait valoir, pour l'essentiel, que la Cour de justice ne s'est pas conformée à l'arrêt du 12 juillet 1990, en invitant la CIA à ouvrir une procédure "de mise à l'invalidité", plutôt que d'ordonner une expertise. La CIA conclut au rejet du recours. De son côté, l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) propose de l'admettre. BGE 117 V 237 S. 241 Erwägungen Considérant en droit: 1. Le jugement attaqué, qui, entre autres injonctions, prescrit à la CIA d'ouvrir une procédure de "mise à l'invalidité" et de communiquer sa "décision" à l'autorité judiciaire, est une décision de renvoi. Il ne s'agit pas d'une décision incidente, qui ne serait séparément susceptible de recours que si elle pouvait causer un préjudice irréparable ( art. 5 al. 2 PA et art. 45 al. 1 PA , en liaison avec les art. 97 al. 1 OJ et 128 OJ), mais d'une décision finale. Est une décision finale, en effet, celle qui met un terme à la procédure, qu'il s'agisse d'une décision de fond ou d'une décision qui clôt l'action judiciaire en raison d'un motif tiré des règles de la procédure ( ATF 115 II 104 consid. 2a, ATF 110 Ia 134 , ATF 107 Ib 343 consid. 1, 221 consid. 1). Or, à teneur du jugement cantonal, il incombe à la CIA d'instruire elle-même le cas - ce qui implique qu'elle prenne l'avis de la commission médicale prévue par l'art. 38 de ses statuts (composée du médecin-conseil de la caisse, du médecin-conseil de l'Etat et d'un médecin choisi par l'affilié) - et de rendre une "décision". Même si la juridiction cantonale déclare "ajourner la cause sine die", dans l'attente de cette "décision", son jugement n'en est pas moins assimilable, quant à ses effets, à une décision de renvoi pur et simple, mettant fin à la procédure engagée devant elle. Le jugement cantonal pouvait donc être attaqué immédiatement et de façon indépendante, de sorte que le recours est recevable, conformément aux dispositions générales ( art. 97 al. 1 OJ et art. 128 OJ en liaison avec l' art. 5 al. 1 PA ). 2. Dans son arrêt du 12 juillet 1990, le Tribunal fédéral des assurances a invité la Cour de justice à mettre en oeuvre une expertise médicale et à se prononcer ensuite sur la prétention du recourant à une pension d'invalidité. Si cette prétention devait être rejetée, la cour cantonale avait alors à fixer le montant de la prestation de libre passage revenant à l'intéressé. a) Les considérants de droit par lesquels une autorité motive le renvoi d'une affaire à l'autorité inférieure lient cette dernière ( ATF 113 V 159 consid. 1c). Pour ce qui est de la procédure fédérale, ce principe est exprimé en matière pénale à l' art. 277ter al. 2 PPF (cf. aussi PIQUEREZ, Application du principe de la bonne foi et de la règle de l'interdiction de la reformatio in pejus dans le domaine des voies de recours, Revue jurassienne de jurisprudence, 1991/1, p. 96) et en matière civile à l' art. 66 al. 1 OJ (voir à ce sujet: BGE 117 V 237 S. 242 POUDRET/SANDOZ, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. II, note 1.3 ad art. 66). Il est applicable même en l'absence de texte et vaut aussi, par conséquent, dans la procédure administrative en général ( ATF 94 I 388 consid. 2; GRISEL, Traité de droit administratif, p. 869; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2e éd., p. 232). Pour cette raison déjà, il incombait à la juridiction cantonale, et à elle seule, d'instruire l'affaire et de statuer sur le fond. Etant liée par les directives impératives du Tribunal fédéral des assurances, elle ne pouvait se décharger de ses tâches sur l'institution de prévoyance, même si elle partait de l'idée que l'intéressé conservait la possibilité de saisir à nouveau le juge, s'il n'obtenait pas satisfaction au terme de la procédure de "mise à l'invalidité" que la CIA avait pour mission d'ouvrir. b) Un autre motif faisait aussi obstacle à une décision de renvoi à la CIA. En matière de prévoyance professionnelle, en effet, le juge ne saurait renvoyer une affaire aux organes de l'assurance pour instruction complémentaire et nouveau prononcé. Car la procédure prévue par l' art. 73 LPP n'est pas déclenchée par une décision (les institutions de prévoyance, de droit public ou de droit privé, n'étant pas habilitées à statuer au moyen d'une telle décision; ATF 115 V 224 ), mais par une simple prise de position, laquelle ne peut s'imposer qu'en vertu de la décision d'un tribunal saisi par la voie de l'action ( ATF 115 V 239 ). Or, une décision de renvoi n'a de sens que si l'autorité inférieure a le pouvoir de statuer derechef, selon les instructions de l'autorité supérieure ( ATF 115 V 243 ; GYGI, op.cit., p. 232). C'est d'ailleurs pour cette raison que l' art. 114 al. 2 OJ ne permet le renvoi à l'autorité qui a statué en première instance qu'à la condition que l'autorité inférieure ait tranché sur recours. c) La solution adoptée par les premiers juges est en même temps contestable sous l'angle des garanties qui doivent être reconnues à tout justiciable. Elle revient en fait à déléguer le pouvoir d'administrer - ou de faire administrer - des preuves à une partie qui n'est pas soumise aux dispositions de procédure adoptées par les cantons en exécution de l' art. 73 al. 2 LPP ou aux règles de la procédure administrative en général. L'instruction par l'autorité judiciaire accorde en revanche au plaideur, entre autres garanties, celle découlant des règles (cantonales) sur la récusation, d'un expert p.ex.; elle lui offre aussi les garanties minimales de procédure BGE 117 V 237 S. 243 prescrites par l' art. 73 al. 2 LPP (procédure simple et, en principe, gratuite; principe de l'instruction d'office). d) Pour toutes ces raisons, le jugement attaqué doit être annulé. Il n'est pas nécessaire, dans ces conditions, de se prononcer sur la validité de l'art. 38 des statuts de la CIA (prévoyant la demande d'un rapport à la commission médicale ad hoc, ainsi que la mise éventuelle des frais d'expertise à la charge du demandeur), disposition critiquée par le recourant à l'appui de sa conclusion subsidiaire. C'est inutilement, par ailleurs, que le recourant voudrait que le Tribunal fédéral des assurances invite encore la Cour de justice à solliciter "de l'Etat ou d'une institution externe des offres de travail en rapport avec les conclusions de l'expertise". Les considérants de l'arrêt du 12 juillet 1990 lient également le Tribunal fédéral des assurances ( ATF 94 I 389 consid. 2; GRISEL, op.cit., p. 869), qui ne saurait, par conséquent, donner de nouvelles instructions à la Cour de justice à l'occasion du présent procès. 3. (Frais et dépens) Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Dans la mesure où il est recevable, le recours est admis et le jugement de la Cour de justice du canton de Genève du 13 décembre 1990 est annulé. Le dossier de la cause est transmis à la Cour de justice pour qu'elle procède selon les considérants de l'arrêt du 12 juillet 1990.
null
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
da11cb2f-0c04-43bf-8532-4db559cabd30
Urteilskopf 109 Ia 33 8. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. April 1983 i.S. Wirteverband des Kantons Bern und Mitbeteiligte, i.S. Brauerei zum Gurten AG und Mitbeteiligte sowie i.S. Berner Hotelier-Verein und Mitbeteiligte gegen Kanton Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 BV ; Preisparität zwischen alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken. 1. Brauereien als Getränkelieferanten und Eigentümer verpachteter Gastwirtschaften sind nicht legitimiert zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen eine Gesetzesvorschrift über Getränkepreise in den Gaststätten (E. 2c). 2. Eine kantonale Bestimmung, wonach alkoholführende Gaststätten eine Auswahl alkoholfreier Getränke nicht teurer anzubieten haben als das billigste alkoholhaltige Getränk in der gleichen Menge, verstösst nicht gegen die Handels- und Gewerbefreiheit (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 34 BGE 109 Ia 33 S. 34 Der Grosse Rat des Kantons Bern verabschiedete am 11. Februar 1982 ein Gesetz über das Gastgewerbe und den Handel mit alkoholischen Getränken (Gastgewerbegesetz), das unter anderem folgende Vorschrift enthält: "Art. 39. Alkoholführende Betriebe haben eine Auswahl alkoholfreier Getränke nicht teurer anzubieten als das billigste alkoholhaltige Getränk in der gleichen Menge." Das Gastgewerbegesetz unterstand dem fakultativen Referendum, welches innert Frist nicht ergriffen wurde. Der Regierungsrat will es auf den 1. Juli 1983 in Kraft setzen. Der Wirteverband des Kantons Bern und Mitbeteiligte, verschiedene Brauereien sowie der Berner Hotelier-Verein und Mitbeteiligte erheben insgesamt drei staatsrechtliche Beschwerden mit dem Antrag, Art. 39 Gastgewerbegesetz sei aufzuheben. Gerügt wird eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit und von Art. 2 ÜbBest. BV. BGE 109 Ia 33 S. 35 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Das Recht zur Beschwerdeführung steht Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben ( Art. 88 OG ). a) Zur Anfechtung eines allgemeinverbindlichen Erlasses oder einer Anordnung mit Rechtssatzcharakter wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ( Art. 84 Abs. 1 lit. a OG ) ist jeder legitimiert, auf den die als verfassungswidrig bezeichneten Vorschriften künftig einmal angewandt werden könnten. Es genügt ein virtuelles Betroffensein, und die diesbezüglichen Anforderungen sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gering. Nur wo es nach der vom Erlass geregelten Materie von vornherein als ausgeschlossen erscheint, dass der Beschwerdeführer von den angefochtenen Normen einmal berührt werden könnte, wird das erforderliche praktische Interesse an der Beschwerdeführung verneint; es braucht immerhin eine gewisse minimale Wahrscheinlichkeit, einmal betroffen zu werden ( BGE 104 Ia 307 E. 1a mit Hinweisen). Die Beschwerdeführer Peter Staudenmann, Peter Balz und Albert Fankhauser führen Gastwirtschaftsbetriebe und sind deshalb durch Art. 39 Gastgewerbegesetz unmittelbar betroffen. Sie sind somit zur Beschwerdeführung legitimiert. Fraglich ist die Legitimation der Rel-Rutschi AG. Als juristische Person kann sie selber kein Patent für den Betrieb einer Gaststätte erlangen (Art. 4 Abs. 3 Gastgewerbegesetz). Die Frage kann jedoch offengelassen werden. b) Verbänden wird die Beschwerdelegitimation zur Wahrung der Interessen ihrer Mitglieder zugestanden, wenn die beschwerdeführende Organisation eine juristische Person ist, die einzelnen Mitglieder zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert wären, die Wahrung der durch ein verfassungsmässiges Recht geschützten Interessen zu den statutarischen Aufgaben der Organisation gehört und tatsächlich ein Interesse der Mehrheit oder mindestens einer Grosszahl der Mitglieder geltend gemacht wird ( BGE 99 Ia 396 E. 1b mit Hinweisen; vgl. auch BGE 107 Ia 340 E. 1 mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen erfüllen sowohl der Wirteverband des Kantons Bern als auch die verschiedenen Hotelier-Vereine. Fraglich ist dies immerhin für den Hotelier-Verein Berner Oberland, BGE 109 Ia 33 S. 36 dessen Statuten ihm nicht die Aufgabe übertragen, die Interessen der Mitglieder zu wahren. c) Art. 39 Gastgewerbegesetz verpflichtet die alkoholführenden Betriebe, eine bestimmte Preisrelation zwischen alkoholhaltigen und alkoholfreien Getränken einzuhalten. Diese Norm richtet sich an die Inhaber eines Gastgewerbebetriebes, denen nach Art. 8 Abs. 1 Gastgewerbegesetz die persönliche Aufsicht und Verantwortung für die Betriebsführung zukommt; nur sie können somit von der Norm betroffen werden. Die Norm ist dagegen nicht anwendbar auf Eigentümer von Gaststätten, die diese nicht auf eigene Rechnung betreiben. Die Brauereien sind als Getränkelieferanten nicht zur Anfechtung von Art. 39 Gastgewerbegesetz legitimiert; denn diese Norm auferlegt ihnen keine Pflicht. Sie werden auch nicht dadurch rechtlich betroffen, dass die angefochtene Bestimmung unter Umständen indirekt einen Einfluss auf den Preis der von den Brauereien gelieferten Getränke haben könnte. Die Brauereien könnten höchstens ausnahmsweise virtuell betroffen sein, wenn sie vorübergehend in die Lage kämen, eine ihnen gehörende Wirtschaft selber zu führen, weil sich kein Pächter findet. Bei einer so entfernten Möglichkeit kann jedoch von einer virtuellen Betroffenheit nicht mehr gesprochen werden (vgl. BGE 102 Ia 205 E. 3 mit Hinweisen). Fehlt es nach dem Gesagten an der Legitimation der Brauereien, ist auf ihre Beschwerde nicht einzutreten. 3. a) Art. 31 BV gewährleistet die Handels- und Gewerbefreiheit, behält aber in Abs. 2 kantonale Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerbe vor. Die Kantone dürfen jedoch den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt deshalb, dass Einschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Rechtsgleichheit beachten. Dabei genügt für Eingriffe in die Handels- und Gewerbefreiheit nicht jedes irgendwie geartete öffentliche Interesse; untersagt sind den Kantonen namentlich Massnahmen mit wirtschaftspolitischer Zielsetzung. Zulässig sind dagegen polizeilich motivierte Eingriffe zum Schutze der öffentlichen Sittlichkeit, Ruhe, Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sowie von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr ( BGE 106 Ia 269 mit Hinweisen). Zulässig sind zudem sozialpolitisch motivierte Beschränkungen BGE 109 Ia 33 S. 37 der Handels- und Gewerbefreiheit ( BGE 108 Ia 146 E. 5bb; BGE 103 Ia 596 mit Hinweisen). b) Die Beschwerdeführer behaupten zu Recht nicht, Art. 39 Gastgewerbegesetz bilde keine hinreichende Grundlage für eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit. Sie machen jedoch teilweise geltend, die angefochtene Bestimmung sei wirtschaftspolitisch motiviert und verfolge wirtschaftspolitische Zwecke, nämlich Tiefhaltung der Preise und Förderung des Milch- und Süssmostkonsums. Aus dem Gesetz lässt sich indes nichts derartiges entnehmen. Es fixiert lediglich eine Preisrelation, berührt aber das Niveau der Preise nicht. Ebenso bestimmt es nicht, welche alkoholfreien Getränke nicht teurer als das billigste alkoholhaltige Getränk anzubieten sind, und es sagt auch nicht, dass sich Milch und Süssmost darunter befinden müssen. Das Bierkartell kann zwar mit seiner Preispolitik nicht mehr erreichen, dass das Bier billiger ist als alle übringen Getränke; allein die Verhinderung dieses vom Bierkartell bisher verfolgten Zieles ist in sich keine wirtschaftspolitische Massnahme. c) Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass die angefochtene Bestimmung hauptsächlich aus gesundheitspolizeilichen Gründen erlassen wurde, wie dies aus den parlamentarischen Beratungen hervorgeht (vgl. Tagblatt des Grossen Rates 1981, S. 889-898; 1982, S. 175-177). Die Bekämpfung des Alkoholismus hat aber nicht nur einen gesundheitspolizeilichen Charakter, sondern auch einen sozialpolitischen Einschlag. Es ist deshalb angezeigt, von einem sozialmedizinischen Zweck zu sprechen. Die angefochtene Norm will den preisbedingten "Vorsprung" des alkoholischen Getränks beseitigen und dadurch die Alkoholgefahren vermindern. Sie will Gefährdeten erleichtern, nicht zu Alkoholikern zu werden; vielleicht wirkt sie aber auch gegen gelegentliche Angetrunkenheit von Nichtalkoholikern und hilft z.B. Motorfahrzeugführern, nicht angetrunken zu fahren. Die Beschwerdeführer sind dagegen der Auffassung, die angefochtene Norm könne diese Ziele nicht erreichen und verletze demnach den Grundsatz der Verhältnismässigkeit. 4. Nach dem Grundsatz der Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit von Verwaltungsmassnahmen dürfen Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerben, die ein Kanton gestützt auf Art. 31 Abs. 2 BV erlässt, nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um den gewerbepolizeilichen Zweck zu erfüllen, durch den sie gedeckt sind: sie müssen das richtige Mittel zur BGE 109 Ia 33 S. 38 Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles sein und es erlauben, dieses unter möglichster Schonung der Freiheit des Einzelnen zu erreichen; das gesteckte Ziel muss zudem in einem vernünftigen Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln, den zu seiner Erlangung notwendigen Freiheitsbeschränkungen stehen ( BGE 91 I 464 mit Hinweisen). a) Die Beschwerdeführer bestreiten, dass Preisunterschiede zwischen Bier und einem alkoholfreien Getränk die Wahl beeinflusse. Es sei gerichtsnotorisch, dass der Gast entweder ein Bier oder ein alkoholfreies Getränk wünsche, nicht wegen des Preises, sondern weil er aus irgendeinem andern Grund dem einen oder andern Getränk den Vorzug gebe. Allfällige Preisunterschiede zwischen Bier und alkoholfreien Getränken seien zudem gering und könnten schon aus diesem Grunde die Getränkewahl nicht trendhaft beeinflussen. Die Beschwerdeführer lassen auch das hauptsächliche Argument des Grossen Rates nicht gelten, man müsse verhindern, dass die Jugend wegen eines Preisgefälles von alkoholfreien Getränken zum Bier wechsle. Nachträglich legten der Wirteverband und Mitbeteiligte eine Publikation des Forschungsinstituts der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing (GfM) ins Recht, die beweisen solle, dass Bier und alkoholfreie Getränke aus der Sicht des Konsumenten nicht austauschbar seien und dass die Zahl jener Konsumenten, welche sich bei der Wahl der Getränkeart nach dem Preis orientiere, verschwindend gering sei. Die Beschwerdeführer sind zudem der Auffassung, es bestünde keine Wahrscheinlichkeit dafür, dass jene, welche aus preislichen Gründen dem Bier den Vorzug geben würden, in besonderem Masse alkoholgefährdet wären, sofern der Preisunterschied zwischen Bier und alkoholfreien Getränken gleichwohl einen Einfluss auf die Wahl der Getränke haben sollte. b) Es stellt sich somit die Frage, ob mit Art. 39 Gastgewerbegesetz ein Schritt zur Bekämpfung des Alkoholismus gemacht werden kann. Die Prognose über Eignung und Wirksamkeit der angefochtenen Bestimmung ist unsicher. Selbst nach einigen Jahren praktischer Erfahrung mit der vorgeschriebenen Preisparität wird es einen eigentlichen Erfolgsnachweis kaum geben. Nach einer Verlagerung des Getränkekonsums wird die Ursache nicht mit Sicherheit zu isolieren und zu erkennen sein. Diese Unsicherheit besteht aber mehr oder weniger bei allen Massnahmen gegen den Alkoholismus. Bei der Prüfung dieser Erfolgsaussichten legt sich das Bundesgericht deshalb eine gewisse Zurückhaltung auf, BGE 109 Ia 33 S. 39 zumal es nicht um die Anwendung von Art. 39 Gastgewerbegesetz im Einzelfall geht, sondern um eine Prüfung innerhalb der abstrakten Normenkontrolle. c) Die von der angefochtenen Norm erstrebte Preisparität mag möglicherweise keine starke Wirkung gegen den Alkoholismus entfalten, sie braucht aber nicht völlig wirkungslos zu sein. Geht man davon aus, dass heute der Preisunterschied zwischen einem Becher (3 dl) Lagerbier als billigstem alkoholhaltigen Getränk und einer 3-dl-Flasche Mineralwasser ca. 60 bis 70 Rappen beträgt, leuchtet es ein, dass dieser Preisunterschied für nicht wenige Gäste doch den Ausschlag für die Bestellung eines Bieres anstatt eines Mineralwassers geben kann. Für das Konsumverhalten der Jugendlichen wird dies durch den Bericht des GfM bestätigt, wonach für 8% der Befragten der Preis eine wichtige, für 8% eine, aber keine besonders wichtige und für 19% eine, aber eine eher unwichtige Rolle spiele (Tabelle S. 59). Im gleichen Bericht wird festgehalten, dass 7% der befragten Jugendlichen immer, 17% oft und 30% manchmal auf den Preis schauen müssten, wenn sie in einem Restaurant ein Getränk bestellten (Tabelle S. 56). Die Behauptung der Beschwerdeführer, dass Preisunterschiede zwischen Bier und einem alkoholfreien Getränk die Wahl nicht beeinflussen würden, trifft somit nicht zu. Auch wenn ein Preisunterschied nicht für alle Gäste einen Einfluss auf die Wahl der Getränke hat, kann doch nicht gesagt werden, dies treffe nur ausnahmsweise bei einem Gast zu. Wie viele Gefährdete sich vom Preis beeinflussen lassen, kann man nicht wissen. Es ist aber durchaus möglich, dass derjenige, der wegen des Preisunterschiedes das alkoholhaltige Getränk wählen würde und zudem alkoholgefährdet ist, mit der angefochtenen Bestimmung vom Alkoholgenuss abgehalten wird. Der Bericht des GfM bestätigt dies, auch wenn er davon ausgeht, dass der Anteil derjenigen Jugendlichen, die täglich Bier trinken und eine gewisse Missbrauchsgefährdung aufweisen würden - und die gleichzeitig sagen, sie würden Mineralwasser statt Bier des Preises wegen bestellen -, sich in kaum noch messbaren Grössenordnungen bewege (S. 55). Auch wenn die Wirkung von Art. 39 Gastgewerbegesetz zur Bekämpfung des Alkoholismus nicht überschätzt werden darf, ist er doch ein tendenziell taugliches Mittel hiezu. Es gibt insgesamt nur bescheidene Mittel gegen Alkoholismus und Alkoholmissbrauch: die wenigen, die es gibt, dürfen nicht verschmäht werden. Entsprechend seines geringen Wirkungsgrades BGE 109 Ia 33 S. 40 muss dann auch der Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit gering sein. d) Es kann nicht gesagt werden, Art. 39 Gastgewerbegesetz stelle einen empfindlichen Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit dar, wie die Beschwerdeführer behaupten. Den Gastwirten wird weder ein Mindest- noch ein Höchstpreis für alkoholische oder alkoholfreie Getränke vorgeschrieben. Lediglich für eine gewisse Auswahl alkoholfreier Getränke besteht eine vorgeschriebene Preisrelation zum billigsten alkoholhaltigen Getränk in gleicher Menge. Es steht ihnen jedenfalls nach dem Gastgewerbegesetz frei, welche Getränke sie zum billigsten alkoholhaltigen Getränk in Beziehung setzen und wie sie die Preise gestalten wollen. Zur Berechnung der Preise verbleibt ihnen, entgegen ihren Befürchtungen, ein genügender Spielraum. Daran vermag auch die Kartellierung des Biermarktes nichts zu ändern. In Zukunft werden sich die Verhandlungen zwischen Kartell und Wirteorganisationen an den geänderten Rahmenbedingungen orientieren müssen. Aus der Sicht des Konsumenten wird die Hemmung der Marktkräfte nicht verstärkt, sondern im Sinne einer kostengerechteren Preisbildung gelockert. Für die Wirte besteht die Möglichkeit, die verlangte Preisrelation mittels Offenausschank von alkoholfreien Getränken herzustellen, was keine grossen zusätzlichen Kosten verursachen würde. Wie der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung zutreffend ausführte, besitzen diejenigen Betriebe, die bereits heute Bier offen ausschenken, über geeichte Gläser, und für das sogenannte Panaché sowie für Apéritifs wie Campari, Cynar etc., sind mindestens zwei Arten von Mineralwasser (Nature und Citron) in Literflaschen vorhanden. Sollte wegen der Haltbarkeit der Getränke eine Offenausschankanlage installiert werden müssen, wäre dies nicht nur auf Art. 39 Gastgewerbegesetz zurückzuführen. Unter diesem Gesichtspunkt wäre eine allfällige Anschaffung einer Offenausschankanlage nicht unverhältnismässig. Die Beschwerdeführer rügen, dass Art. 39 Gastgewerbegesetz nicht bestimme, welche alkoholfreien Getränke nicht teurer angeboten werden dürften als das billigste alkoholhaltige Getränk. Eine solche Bestimmung würde aber viel stärker in die Handels- und Gewerbefreiheit eingreifen und unter Umständen vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht standhalten. e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Art. 39 Gastgewerbegesetz nur geringfügig in die Handels- und Gewerbefreiheit der Gastwirte eingreift. Diese Bestimmung ist zudem ein Mittel zur BGE 109 Ia 33 S. 41 Bekämpfung des Alkoholismus im öffentlichen Interesse. Gesamthaft gesehen ist somit die angefochtene Norm verhältnismässig. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann.
public_law
nan
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Federation
da1957f0-22c3-4c9e-a86f-e1e93509ccb4
Urteilskopf 93 I 450 56. Urteil vom 11. Oktober 1967 i.S. X. gegen Steuerkommissariat und Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau.
Regeste Art. 86 und 87 OG ; Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs, Zwischenentscheid. Der Entscheid der Steuerrekursbehörde, der die Kapitalgewinnsteuer aufeinen bestimmten Betrag herabsetzt, die Berechnung des geschuldeten Steuerbetrages aber der Steuerbehörde überlässt, ist ein Zwischenentscheid, der keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteilzur Folge hat. Will der Beschwerdeführer die Veranlagung nur mit Bezug auf die von der Rekurskommission bereits festgestellten Steuerfaktoren anfechten, so braucht er die kantonalen Rechtsmittel nicht noch einmal zu erschöpfen. (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 451 BGE 93 I 450 S. 451 A.- Nach § 53 des auf den vorliegenden Fall noch zur Anwendung gelangenden thurgauischen Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern vom 5. September 1950 (aStG) sind Kapitalgewinne steuerpflichtiges Einkommen. Als Kapitalgewinn gilt die bei der Veräusserung eines Vermögensobjektes erzielte Differenz zwischen dem Anlagewert und dem Verkaufserlös; der Anlagewert setzt sich zusammen aus den Anschaffungskosten und den wertvermehrenden Aufwendungen ( § 54 aStG ). Nach § 39 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zu diesem Gesetz (VVaStG) gilt bei unentgeltlichem Erwerb (Erbgang, Schenkung) der Verkehrswert im Zeitpunkte des Erwerbs als Erwerbspreis. Die Gewinnsteuerpflicht ist bei beweglichem Vermögen auf zehn Jahre befristet ( § 55 aStG ). Die Steuerberechnung ist in § 57 aStG geregelt. Danach wird auf Kapitalgewinnen eine volle Jahressteuer zu jenem Satz erhoben, der sich aus § 35 Ziff. 1 ergibt. Realisierte Kapitalverluste können nur mit den im gleichen Steuerjahr erzielten Kapitalgewinnen verrechnet werden ( § 58 aStG ). BGE 93 I 450 S. 452 B.- Der Beschwerdeführer erwarb im Herbst 1952 durch Erbgang 11 nichtkotierte Namensaktien im Nominalbetrag von je Fr. 5'000.-- der Firma Y. AG. Im Juni 1959 verkaufte er sie zum Preise von Fr. 11'000.-- pro Stück, zusammen also für Fr. 121'000.--. Die Steuerbehörde nahm an, der Beschwerdeführer habe bei diesem Verkauf einen Kapitalgewinn erzielt und eröffnete daher ein Veranlagungsverfahren mit Bezug auf die Kapitalgewinnsteuer. Der Beschwerdeführer bestritt, einen Kapitalgewinn erzielt zu haben, da der Verkehrswert dieser Aktien im Zeitpunkte des Erwerbes (1952) mindestens so hoch gewesen sei wie der Verkaufserlös im Jahre 1959. Mit Einspracheentscheid der Steuerkommission Arbon vom 18. Juni 1964 wurde der steuerbare Kapitalgewinn auf Fr. 28'600.-- festgesetzt. Die kantonale Steuerrekurs-Kommission (StRK) wies die vom Pflichtigen dagegen erhobene Beschwerde am 24. Oktober 1966 ab und bestätigte den Einspracheentscheid. C.- X ficht den Entscheid der StRK mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV an und beantragt, ihn aufzuheben. Die StRK und der Regierungsrat des Kantons Thurgau schliessen auf Abweisung der Beschwerde. In der Replik hält der Beschwerdeführer an seinem Beschwerdeantrag fest. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Staatsrechtliche Beschwerden wegen Verletzung von Art. 4 BV sind erst gegen letztinstanzliche Endentscheide zulässig, gegen letztinstanzliche Zwischenentscheide nur, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben ( Art. 87 OG ). Während die ursprüngliche Veranlagung vom 10. August 1962 ausser der Festsetzung des steuerbaren Kapitalgewinnes auf Fr. 44'000.-- auch die Berechnung der geschuldeten Steuer enthielt, beschränkt sich der Einspracheentscheid vom 18. Juni 1964 darauf, den steuerbaren Kapitalgewinn auf Fr. 28'600.-- herabzusetzen, ohne die dafür geschuldete Steuer zu berechnen. Die StRK hat sich im angefochtenen Entscheid vom 24. Oktober 1966 ebenfalls darauf beschränkt, die Frage zu überprüfen, ob und einen wie hohen Kapitalgewinn der Beschwerdeführer aus dem Verkauf der Aktien erzielt habe, ohne die geschuldete Steuer festzusetzen. Der angefochtene Entscheid schliesst mithin BGE 93 I 450 S. 453 das Steuerveranlagungsverfahren nicht ab; die Veranlagungsbehörde wird vielmehr auf Grund des von der Rechtsmittelinstanz bestätigten Kapitalgewinnes die geschuldete Steuer nach Massgabe der oben unter lit. A erwähnten gesetzlichen Vorschriften noch zu berechnen haben. Diese Berechnung ist keine blosse Vollzugshandlung mit Bezug auf den angefochtenen Entscheid, denn dieser setzt bloss den steuerbaren Kapitalgewinn fest, auf Grund dessen die Steuerberechnung erst noch vorzunehmen ist (nicht veröffentlichte Urteile vom 5. Mai 1965 i.S. Genossenschaft Hotel zur Post in Liq. S. 3/4 und vom 9. Juni 1966 i.S. Rickli S. 3/4). Im Rahmen des Steuerveranlagungsverfahrens stellt der angefochtene letztinstanzliche Entscheid der StRK mithin keinen Endentscheid, sondern lediglich einen Zwischenentscheid dar, gegen den nach Art. 87 OG die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV nur dann zulässig ist, wenn er für den Beschwerdeführer einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat. 2. Diese Voraussetzung trifft indes nicht zu. Der Beschwerdeführer kann den Entscheid der StRK noch im Anschluss an die Festsetzung der geschuldeten Steuer mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV anfechten. Die dadurch bewirkte Verlängerung des Verfahrens stellt nach ständiger Rechtsprechung keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 87 OG dar ( BGE 87 I 372 Erw. 2 mit Verweisungen; BGE 89 I 362 ). Es liesse sich einwenden, das Nichteintreten auf eine derartige Willkürbeschwerde führe zu einem formalistischen Leerlauf, weil der Beschwerdeführer vor erneuter Anrufung des Bundesgerichts abermals an die kantonale Rechtsmittelinstanz gelangen müsse, obschon diese über die gleiche Frage bereits befunden habe. Der Einwand wäre indessen unbegründet. Nach der Rechtsprechung wird vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges abgesehen, wenn die angefochtene Verfügung auf einem Entscheid der kantonalen Rechtsmittelinstanz beruht und von dieser dergestalt zum voraus gebilligt worden ist, so dass sich die Ergreifung eines weiteren kantonalen Rechtsmittels als zwecklos und als leere Formalität erweisen würde ( BGE 86 I 39 mit Verweisungen, BGE 89 I 362 /3). Wenn daher der Beschwerdeführer die Veranlagung der geschuldeten Steuer nur mit Bezug auf die von der StRK bereits festgestellten Steuerfaktoren anfechten will, so braucht er die BGE 93 I 450 S. 454 kantonalen Rechtsmittel nicht noch einmal zu erschöpfen, sondern kann unmittelbar staatsrechtliche Beschwerde erheben ( BGE 86 I 39 /40, BGE 89 I 362 /3). Will er dagegen auch oder nur die auf Grund des Entscheides der StRK vorgenommene Steuerberechnung anfechten, dann muss er insoweit ohnehin zuerst den kantonalen Instanzenzug durchlaufen, bevor er staatsrechtliche Beschwerde erheben kann. Vom Standpunkt der Prozessökonomie aus hat diese Rechtsprechung den Vorteil, dass alle Beanstandungen des Beschwerdeführers mit Bezug auf die kantonale Steuerveranlagung dem Bundesgericht mit einer einzigen statt mit zwei getrennten staatsrechtlichen Beschwerden unterbreitet werden können. Diese Auffassung entspricht einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichts bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung von Art. 4 BV in Steuersachen ( BGE 89 I 362 /3; nicht publizierte Entscheide vom 5. Mai 1965 i.S. Genossenschaft Hotel zur Post in Liq., 9. Juni 1966 i.S. Rickli und 20. Juni 1967 i.S. Nowo-Immobilien AG). Aus den oben genannten Gründen besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal sie vom Beschwerdeführer, der von Beruf Rechtsanwalt ist, mit keinem Wort in Zweifel gezogen wird. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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