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Urteilskopf 99 IV 1 1. Urteil des Kassationshofes vom 19. Januar 1973 i.S. Garoni gegen Firma Maroquin.
Regeste Art. 28 und 173 ff. StGB ; Antragstellung im Ehrverletzungsverfahren. Eine Generalvollmacht gemäss Art. 462 Abs. 1 OR genügt nicht für die Stellung eines Strafantrages im Ehrverletzungsprozess; vielmehr ist eine besondere Ermächtigung im Sinne von Art. 462 Abs. 2 OR erforderlich (Erw. d).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 99 IV 1 S. 1 A.- a) Der einzelzeichnungsberechtigte Verwaltungsrat der Firma Maroquin Etbl., Vaduz, Guido Feger, erteilte am 14. Juni 1965 Hennecke Kardel eine Generalvollmacht, wonach dieser ermächtigt wurde, "für die Firma zu verhandeln, Verträge abzuschliessen, Beträge einzukassieren, über Bankkonten und andere Aktiven zu verfügen, gegenüber Dritten und Behörden rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben, kurz alles zu tun, was der Verwaltungsrat der Firma selbst tun könnte". Feger erklärte in dieser Urkunde weiter, "alle Handlungen von Kardel namens und für Rechnung der Firma als rechtsgültig und rechtsverbindlich anzuerkennen, wie wenn der Verwaltungsrat der Firma selbst gehandelt hätte". b) In seiner Nummer vom 15. Januar 1971 prangerte der Schweizerische Beobachter unter dem Titel "Kundenfang" die angeblich unlauteren Geschäftsmethoden einer "Firma Maroquin, mit Niederlassung in Ceuta (Marokko) und einer Auslieferungsstelle in Genf" an. Der Verfasser schilderte darin das BGE 99 IV 1 S. 2 zweifelhafte Vorgehen dieser Firma als Verkäuferin antiker marokkanischer Waffen u.ä. am Beispiel eines Willy G. aus Basel. c) Am 24. März 1971 zeigte die Firma Maroquin, Etbl., Vaduz, den Schweizerischen Beobachter wegen Beleidigung, Verleumdung, übler Nachrede und Geschäftsschädigung an. Die Unterschrift der Anzeige stammte vom Generalbevollmächtigten der Firma, Hennecke Kardel. Im anschliessenden Ehrverletzungsprozess übernahm Peter Garoni als Redaktor des Schweizerischen Beobachters die Verantwortung für den eingeklagten Artikel. B.- Mit Urteil vom 24. Januar 1972 sprach das Strafgericht Basel-Stadt (Dreiergericht) Garoni unter anderem wegen Fehlens eines rechtsgültigen Strafantrages von der Anklage betreffend Ehrverletzung frei. Der Appellationsgerichtsausschuss des Kantons Basel-Stadt schützte am 29. August 1972 die Berufung der Klägerin und wies die Sache zur materiellen Behandlung an die Vorinstanz zurück. C.- Gegen dieses Urteil führt Garoni Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und ihn in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils freizusprechen. Die Beschwerdegegnerin hat sich sinngemäss mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Generalvollmacht für die Stellung eines Strafantrages als ausreichend betrachtet. Angesichts des höchstpersönlichen Charakters des Antragsrechtes wegen Ehrverletzung sei es sogar fraglich, ob eine Spezialvollmacht, welche diese Berechtigung ausdrücklich aufführt, genügen würde. Selbst wenn Kardel im vorliegenden Fall die Firma praktisch in allen Belangen vertreten habe, ermächtige das Gesetz ihn nicht zur Stellung dieses Strafantrages. a) Wie die Vorinstanz und der Beschwerdeführer zutreffend erklären, ist nach Lehre und Rechtsprechung das Recht, Strafantrag zu stellen, grundsätzlich höchstpersönlich und unübertragbar ( BGE 92 IV 2 a, BGE 87 IV 106 , BGE 86 IV 82 , BGE 80 IV 213 , BGE 73 IV 71 ; HAFTER, Allgemeiner Teil, S. BGE 137 IV 1 ; SCHWANDER, Strafgesetzbuch, BGE 99 IV 1 S. 3 2. A. S. 225 Mitte; WALTER HUBER, Die allgemeinen Regeln über den Strafantrag, Diss. S. 15 ff. und dort angeführtes Schrifttum). Wurde eine juristische Person verletzt ( BGE 96 IV 148 ), so richtet sich die Zuständigkeit, Antrag zu stellen, nach deren Organisation. Befugt ist dasjenige Organ, das die durch das Delikt verletzten Interessen wahrt. b) Nach dem angefochtenen Urteil war Kardel im Handelsregister nicht als unterschriftsberechtigt eingetragen und galt somit nicht als Organ der juristischen Person. Unter Verweisung auf die Generalvollmacht aus dem Jahre 1965 hält der Appellationsgerichtsausschuss Kardel dennoch für antragsberechtigt, weil dieser offensichtlich für den ganzen Geschäftsgang und alles, was damit zusammenhing, allein besorgt und verantwortlich war. In solchen Fällen, in denen die Firma in sämtlichen Belangen durch einen generalbevollmächtigten Geschäftsführer als praktisch einzigen Vertreter repräsentiert werde, müsse das Recht zur Stellung des Strafantrages als in der Generalvollmacht mitenthalten betrachtet werden. Diese Auffassung der Vorinstanz hält einer näheren Prüfung nicht stand. c) Aufgrund der Generalvollmacht vom 14. Juni 1965 kamen Kardel nur die in Art. 462 Abs. 1 OR erwähnten Befugnisse zu; namentlich war er bloss ermächtigt, diejenigen Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Betrieb eines Handels-, Fabrikations- oder eines andern nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes oder die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen (BECKER, Kommentar zu Art. 462 N. III auf S. 719/20; GUHL/MERZ/KUMMER, OR, 6. A. S. 160 III). Die Handlungsvollmacht berechtigte Kardel also nicht zu allen Rechtshandlungen, die in seinem Gewerbebetrieb je anfallen konnten. Ferner war er nach Art. 462 Abs. 2 OR zu gewissen Handlungen nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugnisse ausdrücklich erteilt worden waren. Diese Regel der ausdrücklichen Vollmachterteilung erfährt wegen des Vertrauensprinzipes dort eine Ausnahme, wo der Geschäftsherr dem Prokuristen auch die Prokura nur stillschweigend eingeräumt hatte ( BGE 94 II 118 ). Im vorliegenden Fall findet diese Ausnahme jedoch keine Anwendung, weil die generell ausgestellte Handlungsvollmacht gerade nicht stillschweigend, sondern ausdrücklich erteilt worden war. Dass Feger seinem Geschäftsführer Befugnisse eingeräumt habe, die über den Inhalt von Art. 462 Abs. 1 OR hinausreichten, ergibt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz BGE 99 IV 1 S. 4 weder aufgrund der Generalvollmacht noch aus seinem nachträglichen Verhalten. Nach der Lehre hätte eine erweiterte Vollmachtserteilung zwar ausdrücklich, aber nicht unbedingt schriftlich erfolgen müssen. Hingegen genügt es keineswegs, dass der Geschäftsherr seinen Geschäftsführer einfach walten lässt (BECKER, a.a.O. S. 720/1). Gerade das trifft aber im vorliegenden Fall zu. Feger hat sich weder vor noch während des Verfahrens je in diesem Sinne geäussert, geschweige denn die Handlung Kardels ausdrücklich gebilligt. d) Eine ausdrückliche Ermächtigung benötigt der Handlungsbevollmächtigte gemäss Art. 462 Abs. 2 OR zur Prozessführung. Diese umfasst im Gegensatz zu Art. 396 Abs. 3 OR sowohl die Anhebung eines Prozesses als auch dessen Abwehr (SCHÖNENBERGER, Kommentar zu Art. 462 OR N. 17 auf S. 1690). Nach der Rechtsprechung bedeutet die Stellung eines Strafantrages allerdings nicht immer eine Prozesseinleitung, für die der Handlungsbevollmächtigte gemäss Art. 462 Abs. 2 OR einer besonderen Ermächtigung bedarf. Wie der Kassationshof in BGE 73 IV 68 ff. erklärte, fällt die Stellung des Strafantrages dann nicht unter den Begriff der "Prozessführung", wenn der Strafantrag lediglich darauf abzielt, den öffentlichen Ankläger in die Lage zu versetzen, das Strafverfahren einzuleiten. Nach dieser Rechtsprechung ist der Generalbevollmächtigte ohne vorherigen Beschluss des Verwaltungsrates dort zur Stellung des Antrages befugt, wo es um den Schutz des Geschäftsvermögens geht und der Strafantrag nicht gegen den Willen der Gesellschaftsorgane gestellt wird (GAUTSCHI, Berner Kommentar zu Art. 462 OR , N. B 11 d auf S. 452). So verhielt es sich aber im vorliegenden Fall nicht; denn Kardel hat eine Ehrverletzungsklage erhoben. Dass er aufgrund seines Strafantrages auch eine Kreditschädigung im Sinne von Art. 160 StGB geltend gemacht habe, wurde vorfrageweise schon von der Staatsanwaltschaft verneint und ist von ihm im kantonalen Verfahren nie behauptet worden. Er war zum Strafantrag wegen Ehrverletzung nicht berechtigt: aa) Wie Garoni und die Vorinstanz mit Fug ausführen, trifft die Ehrverletzung die höchstpersönliche Rechtssphäre des Geschädigten. Auch bei einer juristischen Person ist diese mit den materiellen Rechtsgütern nicht identisch, mit deren Wahrung oder Verwaltung der Generalbevollmächtigte betraut ist. BGE 99 IV 1 S. 5 Deshalb wird von der Lehre für diesen Fall zur Stellung des Strafantrages eine Sondervollmacht verlangt (REHBERG, Der Strafantrag, in ZStR 85/1969 S. 258; WAIBLINGER in ZbJV 85/1949 S. 424 oben). Dieser Auffassung ist zuzustimmen, weil dort, wo es um die Strafverfolgung wegen Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter geht, der Verletzte selber entscheiden soll, ob er eine Strafverfolgung einleiten will oder nicht. bb) Noch aus einem weiteren Grund kommt dem Generalbevollmächtigten Kardel die Befugnis zur Stellung des Strafantrages nicht zu. Nach § 6 lit. a der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt beurteilt der Richter Ehrverletzungen auf Privatklage hin. Mit der Stellung eines Strafantrages wegen Ehrverletzung wird somit der Prozess angehoben und ohne Zutun des öffentlichen Anklägers fortgesetzt. Hier fallen Antragstellung, Klageerhebung und Parteinahme im Prozess zusammen. Die schwerwiegende Entscheidung, ob in einem solchen Fall ein Verfahren eingeleitet werden soll, setzt eine erweitertere Zuständigkeit des Geschäftsführers voraus als dort, wo mit dem Strafantrag lediglich die Anhandnahme des Prozesses durch die staatlichen Organe bezweckt wird ( BGE 73 IV 68 ff). Diese Befugnis muss wegen der oft nicht geringen Folgen eines Ehrverletzungsprozesses dem Geschäftsherrn vorbehalten sein und kann daher nur durch ausdrückliche Ermächtigung einem Generalbevollmächtigten überlassen werden. In der Strafantragstellung wegen Ehrverletzung kann somit ohne weiteres die eigentliche "Prozessführung" im Sinne des Art. 462 Abs. 2 OR erblickt werden. Dazu war Kardel, wie bereits erwähnt (vgl. oben lit. c), nicht ermächtigt. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen und die Sache zur Abweisung der Klage mangels gültigem Antrag an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
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Urteilskopf 97 IV 129 27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Juni 1971 i.S. Schweri gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich.
Regeste Detailverkauf von Flaschenbier; Verhältnis von Art. 383 und 385 LMV . Bezeichnung der Herkunft des Biers auf der Flasche und/oder durch Anschlag? Angabe der Brauerei oder des Verkäufers?
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 97 IV 129 S. 129 A.- Die Firma Import und Grosshandels AG "Denner" (im folgenden Denner AG genannt) führte am 4. und 10. Juni 1969 von der Adambräu in Innsbruck hergestelltes Flaschenbier in die Schweiz ein und verkaufte von diesem in ihren Selbstbedienungsläden in Zürich unter der Anschrift "Denner-Bier". Da sie weder auf den Flaschen bzw. Büchsen noch durch in den Geschäften angebrachte Anschläge auf die Brauerei hinwies, liess ihr der Lebensmittelinspektor der Stadt Zürich am 27. Juni 1969 eine Beanstandungsanzeige zugehen. Hiegegen erhob die Denner AG am 9. Juli 1969 Einsprache, indem sie die Verpflichtung zum Anbringen eines Anschlags im Sinne von Art. 385 der Verordnung über den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 26. Mai 1936 (LMV) bestritt. Da sie in der Folge die verlangten Plakate nicht anbrachte, erstattete der Vorstand des Gesundheits- und Wirtschaftsamtes der Stadt Zürich am 12. November 1969 gegen Karl Schweri, Präsident des Verwaltungsrates der Denner AG, Strafanzeige wegen Übertretung von Art. 385 LMV . B.- Mit Strafverfügung vom 18. Februar 1970 verfällte der Statthalter des Bezirkes Zürich Schweri wegen Übertretung von Art. 15 und 385 LMV in Verbindung mit Art. 54 des Bundesgesetzes BGE 97 IV 129 S. 130 betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 8. Dezember 1908 (LMG) in eine Busse von Fr. 500.--. Schweri verlangte gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich sprach den Einsprecher von der Anschuldigung der Widerhandlung gegen Art. 15 LMV frei, verurteilte ihn jedoch wegen Überttretung von Art. 385 LMV zu einer Busse von Fr. 300.--. Auf Berufung Schweris fand das Obergericht des Kantons Zürich diesen der Widerhandlung gegen Art. 385 LMV in Verbindung mit Art. 41 LMG schuldig und verfällte ihn in eine bedingt vorzeitig löschbare Busse von Fr. 300.--. C.- Schweri führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und es sei die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. In der Sache selbst steht zur Entscheidung, ob die Denner AG gemäss Art. 385 LMV verpflichtet gewesen sei, die Herkunft des von ihr unter der Anschrift "Denner-Bier" in Verkauf gebrachten Flaschenbiers durch einen Anschlag mit der Firma der Brauerei gut sichtbar zu kennzeichnen oder nicht. Die Vorinstanz hält dafür, dass Art. 385 LMV ein solches Gebot enthalte, während der Beschwerdeführer der Auffassung ist, es genüge, wenn die Herkunft des Flaschenbiers auf der Flasche selber durch die Angabe der Firma des Verkäufers gekennzeichnet sei; allenfalls könnte zusätzlich bloss ein Plakatanschlag mit dieser Firma verlangt werden. a) Gemäss Art. 54 Abs. 1 und 2 LMG erlässt der Bundesrat die nötigen Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und zur Verhütung von Täuschung im Verkehr mit den Waren und Gegenständen, welche den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegen. Er wird namentlich verordnen, dass die Lebensmittel sowohl im Gross- als im Kleinverkehr so bezeichnet werden, dass eine Täuschung über ihre Herkunft nicht möglich ist. In Ausführung dieser Bestimmungen hat der Bundesrat in Art. 383 LMV vorgeschrieben, dass auf Fässern, die zum Verkauf bestimmtes Bier enthalten, die Firma der Brauerei in deutlicher Schrift angebracht sein müsse (Absatz 1) und dass die Herkunft von Flaschenbier mindestens durch einen Kopfaufdruck BGE 97 IV 129 S. 131 mit der Firma der betreffenden Brauerei oder des Verkäufers oder des unmittelbar vorhergehenden Firmainhabers zu kennzeichnen sei (Absatz 2). Zusätzlich wurde in Art. 385 LMV verordnet, dass dort, wo Bier ausgeschenkt oder in Flaschen abgegeben wird, dessen Herkunft durch einen Anschlag (Plakat) mit der Firma der betreffenden Brauerei an leicht sichtbarer Stelle gekennzeichnet sein müsse (Satz 1), dass diese Bestimmung auch für den Verkauf von Flaschenbier in Spezereihandlungen usw. gelte (Satz 2), dass in Wirtschaften der Anschlag in der Nähe der Ausschankstelle anzubringen sei (Satz 3) und dass die Herkunftsbezeichnung auf dem Anschlag mit der Aufschrift auf den Fässern oder mit dem Kopfaufdruck auf den Flaschen übereinstimmen müsse (Satz 4). b) Von diesen Verordnungsvorschriften ausgehend vertritt das Obergericht den Standpunkt, dass die Herkunftsbezeichnung im Sinne des Art. 385 LMV nicht identisch sei mit derjenigen des Art. 383 LMV , ansonst in Satz 4 der ersteren Bestimmung auf die letztere verwiesen worden wäre, was nicht zutreffe. Satz 4 könne deshalb nur im Rahmen des Art. 385 gewürdigt werden, mit der Folge, dass die dort erwähnte Herkunftsbezeichnung diejenige von Satz 1 und 2 sei, nämlich die Angabe der Brauerei. Derselbe Schluss ergebe sich auch aus der systematischen Stellung der Art. 383 und 385 LMV . Die erstere Vorschrift betreffe die Fabrikation und den Handel unter Grossisten, die zweite beziehe sich eindeutig auf den Detailhandel, welche Unterteilung auch Art. 54 Abs. 2 LMG entspreche, wo zwischen Gross- und Kleinverkehr unterschieden werde. Der Käufer im Detailhandel solle denn auch wissen, aus welcher Brauerei das Bier stamme. c) Was das Verhältnis der beiden Verordnungsvorschriften zueinander anbelangt, so ergibt sich aus ihrem Inhalt das eine mit Sicherheit, dass Art. 383 LMV die Herkunftsbezeichnung auf den Behältnissen regelt, welche zum Verkauf bestimmtes Bier enthalten, während Art. 385 LMV jedenfalls die Herkunftsbezeichnung durch Plakatanschlag in Wirtschaften, Spezereihandlungen und dergleichen ordnet, in welchen Bier ausgeschenkt oder in Flaschen abgegeben wird. Dabei ist auch klar, dass die letztere Bestimmung nur auf den Kleinverkehr mit Bier Bezug hat. Dagegen leuchtet nicht ohne weiteres ein, warum Art. 383 LMV ausschliesslich den Grossverkehr betreffen sollte. Der Sache nach stünde jedenfalls einer gleichzeitigen BGE 97 IV 129 S. 132 Anwendung von Art. 383 und 385 LMV auf den Kleinhandel mit Bier nichts entgegen, ist doch im Kleinverkehr mit Flaschenbier die Herkunftsbezeichnung auf dem Plakatanschlag und mindestens auf dem Kopfaufdruck der Flaschen selber anzubringen (s. übrigens Satz 4 des Art. 385). Zudem bietet auch der Wortlaut des Art. 383 LMV keinen Anhalt dafür, dass diese Bestimmung bloss für den Brauer und den Grossisten Geltung hätte, nicht aber ebenso für den Kleinhändler oder den Wirt. Art. 383 Abs. 1 LMV bestimmt ganz allgemein, dass auf Fässern, welche zum Verkauf bestimmtes Bier enthalten, die Firma der Brauerei anzugeben ist, unbekümmert darum, ob ein Fass beim Brauer, dem Grossisten, dem Detaillisten oder beim Wirt gelagert ist und dort auf seinen Verkauf wartet. In gleichem Sinne ist auch Absatz 2 als allgemeine Mindestvorschrift für die Herkunftsbezeichnung bei Flaschenbier gefasst, ohne Ausschluss des Kleinhandels. Inwiefern die Systematik der Verordnung zu einem andern Schluss zwingen sollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr entspricht es einer durchaus natürlichen Folge, zunächst allgemein die Herkunftsbezeichnung für alle Behältnisse vorzuschreiben, in welchen Bier in den Verkehr gelangt, und sodann zusätzliche Erfordernisse für Sonderfälle zu regeln. Der Umstand, dass solches in Art. 385 LMV für den Detailhandel mit Bier geschehen ist, rechtfertigt deswegen nicht den Schluss, Art. 383 LMV gelte bloss für die Fabrikation und den Grosshandel. Anders wäre es nur, wenn Art. 385 LMV bezüglich der Herkunftsbezeichnung auf Anschlag und Behältnis eine gesamthafte und abschliessende Regelung für den Kleinhandel mit Bier träfe, und damit Art. 383 LMV vollständig ersetzen würde. Diesbezüglich ist der Vorinstanz zuzugestehen, dass der Wortlaut des Art. 385 LMV zu einer solchen Annahme Anlass geben kann, wird doch in Satz 1 vorgeschrieben, dass die Herkunft des Flaschenbiers durch einen Anschlag mit der Firma der Brauerei gut sichtbar zu kennzeichnen sei, während in Satz 4 die Übereinstimmung dieses Anschlags mit dem Kopfabdruck auf der Flasche gefordert wird. Daraus könnte man ableiten, dass Art. 385 LMV die Herkunftsbezeichnung für Flaschenbier, das im Kleinverkehr abgegeben wird, sowohl bezüglich der Angaben auf dem Kopfaufdruck wie hinsichtlich des Plakatanschlages regle und dass die in Satz 4 gemeinte Herkunftsbezeichnung auf den Flaschen diejenige des Satzes 1 und nicht BGE 97 IV 129 S. 133 die des Art. 383 Abs. 2 LMV sei. Diese Auslegung hätte auch den Vorteil für sich, dass Art. 385 LMV allein betrachtet als ein widerspruchloses Ganzes erschiene. Dem stünde jedoch der nicht zu übersehende Nachteil gegenüber, dass eine solche einzig an den Wortlaut des Art. 385 LMV anschliessende Interpretation zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen müsste, dass zwar der Brauer oder der Grossist das von ihm benutzte Flaschenmaterial gemäss Art. 383 Abs. 2 LMV mit einem Kopfaufdruck versehen darf, welcher die Firma des Verkäufers oder dessen unmittelbaren Vorgängers nennt, dass dagegen der Detaillist den allenfalls seinen eigenen Namen tragenden Kopfaufdruck auf allen Flaschen gegen einen solchen mit der Firma der Brauerei austauschen müsste, um dessen Übereinstimmung mit dem Plakatanschlag, der nach dem Wortlaut des Art. 385 Satz 1 LMV die Brauerei nennen muss, herbeizuführen. Auf den konkreten Fall angewandt wäre somit die Brauerei, welche das "Denner-Bier" herstellt, befugt, im Kopfaufdruck der Flaschen die Firma Denner AG zu gebrauchen, während dieses Unternehmen seinerseits es nicht tun dürfte. Diese wenig sinnvolle und dem Gewerbe auch kaum zumutbare Folge könnte zwar dadurch vermieden werden, dass das Flaschenbier von Anfang an mit der Firma der Brauerei bezeichnet würde. Da jedoch Flaschenbier gerade für den Verkauf im Kleinhandel oder in Wirtschaften bestimmt ist, würde Art. 383 Abs. 2 LMV , der ja nur für solches Bier gilt, praktisch aufgehoben, soweit er die Firma des Verkäufers oder dessen Rechtsvorgängers als Herkunftsbezeichnung zulässt. Dass der Gesetzgeber insoweit mit Art. 383 Abs. 2 LMV eine unnütze Vorschrift habe erlassen wollen, ist indessen nicht anzunehmen. Was es aber auch für einen Sinn haben sollte, als Herkunftsbezeichnung des für den Kleinhandel bestimmten Flaschenbiers zunächst die Firma des Verkäufers zuzulassen, um diese sodann zu verbieten, sobald das Bier in den Kleinverkehr gelangt, ist unerfindlich, zumal das Schutzbedürfnis des Konsumenten ein solches Vorgehen gar nicht erheischt. Dass beim Bierausschank aus Fässern die nach der Verordnung einzig zulässige Anschrift der Brauerei auf dem Fass ( Art. 383 Abs. 1 LMV ) bei der Ausschankstelle auf einem Anschlag zu wiederholen ist ( Art. 385 Satz 3 LMV ), entspricht dem einleuchtenden Interesse, den Konsumenten, der zumeist die Herkunftsbezeichnung auf dem Fass nicht sieht, davor zu schützen, dass ihm ein Bier anderer Herkunft als das bestellte BGE 97 IV 129 S. 134 ausgeschenkt werde. Wo dagegen Bier vom Brauer oder vom Grossisten in Flaschen abgefüllt wurde, die im Kopfaufdruck den Verkäufer nennen, ist nicht einzusehen, warum der Hinweis auf diesen nicht auch im Kleinhandel mit Bier genügen sollte. Die abweichende Auffassung der Vorinstanz findet ihre Erklärung darin, dass sie in der Herkunftsbezeichnung eine Qualitätsbezeichnung sieht, was sie jedoch nicht ist (s. DÜRR, Kommentar zum LMG usw. S. 60). Die LMV macht zwischen der Bezeichnung betreffend die Herkunft und derjenigen betreffend die Qualität einen klaren Unterschied (s. Art. 336 Abs. 1, 352 Abs. 2). Die erstere soll den Käufer nicht dagegen schützen, dass ihm ein Bier anderer als der erwarteten Qualität verkauft werde, sondern dass er Bier anderer Herkunft erhalte, als er nach seiner Bestellung oder Wahl erwarten darf. Übrigens vermöchte auch der Hinweis auf eine bestimmte Brauerei nicht notwendig eine stets gleichbleibende Qualität des Produktes zu gewährleisten, indem z.B. Änderungen im Herstellungsverfahren, in der Beigabe von Zutaten usw. dessen geschmackliche Eigenschaften beeinflussen können. Wäre die Herkunftsbezeichnung als Qualitätsbezeichnung zu verstehen, so hätte es schliesslich nahegelegen, auch in Art. 383 Abs. 2 LMV als Herkunftsbezeichnung nur die Firma der Brauerei zuzulassen. Denn diese Bestimmung gilt auch für den Grosshandel - nach der Meinung der Vorinstanz sogar ausschliesslich für den Handel unter Grossisten und für die Fabrikation -, also für den eigentlichen Fachhandel, der aber erfahrungsgemäss der Qualität der Ware entscheidende Bedeutung beimisst. Der Umstand, dass der Gesetzgeber auch die Firma des Verkäufers und sogar diejenige seines unmittelbaren Vorgängers als Flaschenaufdruck zugelassen hat, bestätigt somit die Feststellung, dass die Herkunftsbezeichnung keine Qualitätsbezeichnung ist. Erscheint demnach die ausschliesslich auf den Wortlaut des Art. 385 LMV gestellte und insoweit grammatikalisch zwar vertretbare, aber in ihren praktischen Folgen unbefriedigende Auslegung der Vorinstanz nach dem Gesagten auch durch den Zweckgedanken der in Frage stehenden Verordnungsvorschriften nicht geboten, so muss sie einer sinnvolleren, dem Schutz des Konsumenten einerseits und den praktischen Bedürfnissen des Handels anderseits Rechnung tragenden Lösung weichen, soweit eine solche den Art. 383 und 385 LMV zu entnehmen ist. BGE 97 IV 129 S. 135 d) Wie bereits dargetan, verlangt Satz 1 des Art. 385 LMV einen Plakatanschlag mit der Firma der Brauerei, und Satz 4 gebietet die Übereinstimmung der Herkunftsbezeichnung auf dem Plakat mit dem Kopfaufdruck auf den Flaschen. Würdigt man, wie das die Vorinstanz getan hat, diese letztere Vorschrift ausschliesslich im Rahmen des Art. 385 LMV und versteht man demzufolge die dort erwähnte Herkunftsbezeichnung im Sinne des Satzes 1, so wird dadurch Art. 383 Abs. 2 LMV , soweit er die Firma des Verkäufers oder dessen unmittelbaren Vorgängers als Herkunftsangabe zulässt, in seiner Anwendung praktisch aufgehoben, wofür aber kein sachlicher Grund vorliegt. Versteht man jedoch den in Satz 4 des Art. 385 LMV enthaltenen Hinweis auf den Kopfaufdruck auf den Flaschen als Herkunftsbezeichnung im Sinne des Art. 383 Abs. 2 LMV , so wird dadurch nicht nur der Existenz dieser Vorschrift eine vernünftige Bedeutung gegeben und können jene für den Kleinverkehr mit Bier nachteiligen Folgen vermieden werden, sondern es wird dadurch auch dem im Interesse der Rechtssicherheit liegenden allgemeinen Grundsatz nachgelebt, wonach ein in verschiedenen Bestimmungen des gleichen Erlasses verwendeter Begriff in der Regel auch mit dem gleichen Sinngehalt zu verstehen ist. Eine Gleichsetzung der Herkunftsbezeichnung des Art. 383 Abs. 2 LMV mit derjenigen des Art. 385 Satz 4 LMV drängt sich in dieser Sicht auch deswegen auf, weil Art. 15 Abs. 3 der Allgemeinen Bestimmungen der LMV, welcher das Inverkehrbringen von Lebensmitteln unter einer zur Irreführung über die Herkunft geeigneten Bezeichnung (wie durch Verwendung fremder Originalflaschen) verbietet, in den Begriff der Herkunftsbezeichnung ausdrücklich nicht nur die Marke oder Firma eines andern Herstellers, sondern auch diejenige eines andern Verkäufers einbezieht. Da nach dem Gesagten (oben Erw. 3 c) eine solche Auslegung von Satz 4 des Art. 385 LMV überdies dem Schutz des Konsumenten genügt, verdient sie den Vorzug vor der dieser Bestimmung im angefochtenen Urteil gegebenen Interpretation, zumal auch den Materialien zur LMV nichts zu entnehmen ist, was auf ein bewusstes Abrücken von dem sonst verwendeten Herkunftsbegriff in Art. 385 Satz 4 LMV hinwiese [s. die Materialien des Bundesarchivs sowie die Texte der LMV 1914 und 1926, aus denen sich ergibt, dass zunächst nur eine Plakatpflicht für den Bierausschank aus Fässern bestand BGE 97 IV 129 S. 136 (Art. 219, 223 LMV 1914), welche sodann in der LMV 1926 auf den Kleinhandel mit Flaschenbier ausgedehnt wurde (Art. 283, 286 LMV 1926, denen die Art. 283, 285 LMV 1936 wörtlich entsprechen)]. Dass sich dabei allerdings ein Widerspruch zum Wortlaut von Satz 1 des Art. 385 LMV ergibt, indem dieser einen Plakatanschlag mit der Firma der Brauerei verlangt, während Satz 4 eine Übereinstimmung dieses Anschlags mit der Herkunftsbezeichnung auf dem Kopfaufdruck der Flasche fordert, der aber nach dem Gesagten auch in der Firma des Verkäufers bestehen kann, ist freilich nicht zu übersehen. Da jedoch einerseits die Pflicht der Lebensmittelgeschäfte zur Anbringung eines "Bier-Plakats" in Art. 385 Satz 2 LMV zweifelsfrei festgelegt ist und sich auch aus der Entwicklungsgeschichte der genannten Bestimmung klar ergibt (s. die obigen Verweisungen auf die LMV 1914 und 1926), so dass darüber entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keinesfalls hinweggegangen werden kann, und da anderseits das Gebot der Übereinstimmung von Plakatanschlag und Kopfaufdruck auf der Flasche offensichtlich zum Schutz des Konsumenten gegen Täuschung besteht, kann die genannte Ungereimtheit zwischen Satz 1 und Satz 4 des Art. 385 LMV nur in dem Sinne behoben werden, dass die erstere Bestimmung über ihren Wortlaut hinaus durch die Zulassung der Firma des Verkäufers als Herkunftsbezeichnung auf dem Plakatanschlag ergänzt wird. Diese Lösung, die allein eine sinnvolle und praktikable Anwendung beider in Frage stehenden Verordnungsvorschriften ( Art. 383 und 385 LMV ) gewährleistet, verträgt sich auch mit dem Grundsatz des Art. 1 StGB , indem sie sich zugunsten des Beschwerdeführers auswirkt. e) Im vorliegenden Fall wurde dieser nämlich bestraft, weil er kein Plakat mit der Firma der Brauerei angebracht hatte, von welcher das "Denner-Bier" hergestellt wird. Da zu einem solchen Anschlag der Beschwerdeführer nach den obigen Erwägungen nicht verpflichtet werden konnte, weil die Flaschen selber mit der Firma des Verkäufers als Herkunftsbezeichnung versehen waren, und deshalb nur ein Anschlag mit dieser Angabe hätte verlangt werden können, ist das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird den Beschwerdeführer von einer Übertretung des Art. 385 LMV im Sinne des ihm zur Last gelegten Sachverhaltes freizusprechen haben.
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Urteilskopf 126 II 506 51. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 24. November 2000 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Thurgau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Übereinkommen des Europarates vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen (SR 0.343); Anpassung eines ausländischen Urteils an das schweizerische Recht. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid, mit dem über die Anpassung der im Urteilsstaat ausgefällten Sanktion gestützt auf Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens befunden worden ist (E. 1). Voraussetzungen für die Vornahme einer Anpassung des ausländischen Urteils aufgrund der genannten Vorschrift (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 507 BGE 126 II 506 S. 507 Der schweizerische Staatsangehörige X. wurde in den USA am 31. Januar 1997 wegen "conspiracy to commit money laundering" zu einer Freiheitsstrafe (imprisonment) von 78 Monaten und einer Geldstrafe von US$ 100'000.- verurteilt. Am 1. Juni 1999 wurde er aufgrund des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (SR 0.343; im Folgenden: das Übereinkommen) in die Schweiz überstellt, wo er zur Fortsetzung des Strafvollzugs in eine Strafanstalt verbracht wurde. Mit Eingabe vom 28. Juni 1999 stellte er beim Bezirksgericht Steckborn das Begehren, die vom amerikanischen Gericht gegen ihn ausgefällte Freiheitsstrafe von 78 Monaten sei gestützt auf Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens an das schweizerische Recht anzupassen und auf maximal 18 Monate zu reduzieren. Mit Beschluss vom 16. September 1999 nahm die Bezirksgerichtliche Kommission Steckborn eine Anpassung des Urteils vor und setzte die vom amerikanischen Gericht ausgesprochene Freiheitsstrafe auf 5 Jahre Zuchthaus herab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau am 25. Oktober 1999 ab. X. reichte gegen diesen Entscheid eine staatsrechtliche Beschwerde ein. Das Bundesgericht behandelt die staatsrechtliche Beschwerde als Verwaltungsgerichtsbeschwerde und weist sie ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob es auf die bei ihm eingereichte Beschwerde eintreten kann ( BGE 126 I 207 E. 1 S. 209 mit Hinweisen). BGE 126 II 506 S. 508 a) Der Beschwerdeführer hat gegen den Entscheid der Rekurskommission des Thurgauer Obergerichts staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder bei einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann. Es stellt sich die Frage, ob der Entscheid der Rekurskommission des Obergerichts mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden kann. b) Gemäss Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen, sofern sie von einer der in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen erlassen worden sind und keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe vorliegt. Der Beschluss der Rekurskommission des Thurgauer Obergerichts ist eine Verfügung der letzten kantonalen Instanz im Sinne von Art. 98 lit. g OG . Er stützt sich auf das Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen, mithin auf öffentliches Recht des Bundes, da zu diesem auch das Staatsvertragsrecht gehört ( BGE 124 II 293 E. 4b S. 307; BGE 118 Ib 137 E. 3b/bb S. 141 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat in einem Urteil vom 13. März 1992 ( BGE 118 Ib 137 ) erklärt, nach dem erwähnten Übereinkommen könne der Verurteilte nur den Wunsch äussern, dass er zum Vollzug der gegen ihn im Ausland verhängten Sanktion in sein Heimatland überstellt werde. Ein Recht auf Überstellung werde ihm nicht zuerkannt. Der in der Schweiz inhaftierte Ausländer könne deshalb den die Überstellung ablehnenden Bescheid der kantonalen Instanz mit keinem Rechtsmittel beim Bundesgericht anfechten. Hingegen könne er mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Verletzung von Rechten geltend machen, die ihm nach dem Übereinkommen zustünden ( BGE 118 Ib 137 E. 3 S. 141 ff.). Im Entscheid der Rekurskommission des Obergerichts ging es nicht um die Frage der Überstellung des Beschwerdeführers, sondern um die Fortsetzung des Vollzugs der gegen ihn in den USA ausgefällten Strafe in der Schweiz. Nach Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens kann der Vollstreckungsstaat die vom Urteilsstaat festgelegte Sanktion, wenn diese nach Art oder Dauer mit seinem Recht nicht vereinbar ist, an die nach seinem eigenen Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehene Strafe oder Massnahme anpassen. Der Beschwerdeführer hatte nach seiner Überstellung in die Schweiz das BGE 126 II 506 S. 509 Begehren gestellt, die vom amerikanischen Gericht gegen ihn ausgefällte Freiheitsstrafe von 78 Monaten sei gestützt auf diese Vorschrift auf maximal 18 Monate zu reduzieren. Die Bezirksgerichtliche Kommission Steckborn setzte die Freiheitsstrafe von 78 Monaten auf 5 Jahre Zuchthaus herab. Der Beschwerdeführer wirft der Rekurskommission des Obergerichts vor, sie habe Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens falsch ausgelegt, indem sie die von der Bezirksgerichtlichen Kommission vorgenommene Anpassung geschützt habe. Er kann diese Rüge mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorbringen. Nimmt die Behörde des Vollstreckungsstaates - wie hier - eine Anpassung der im Urteilsstaat ausgefällten Sanktion gestützt auf Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens vor, so ist sie verpflichtet, diese Vorschrift richtig auszulegen und anzuwenden. Der Verurteilte kann daher mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend machen, die Behörde habe bei der Anpassung der ausländischen Sanktion Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens verletzt. Der Beschluss der Rekurskommission des Thurgauer Obergerichts ist demnach beim Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Die vorliegende, als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnete Eingabe kann als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen werden, da sie die für dieses Rechtsmittel geltenden formellen Erfordernisse erfüllt ( Art. 108 OG ). Die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels schadet dem Beschwerdeführer nicht ( BGE 124 I 223 E. 1a S. 224; BGE 120 Ib 379 E. 1a S. 381 mit Hinweisen). 2. a) Wird der Verurteilte überstellt, so haben die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaates zwei Möglichkeiten: Sie "setzen den Vollzug der Sanktion unmittelbar oder aufgrund einer Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung unter den in Art. 10 enthaltenen Bedingungen fort" (Art. 9 Ziff. 1 lit. a des Übereinkommens) oder "wandeln die Entscheidung, durch welche die Sanktion verhängt wurde, unter den in Art. 11 enthaltenen Bedingungen in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren in eine Entscheidung dieses Staates um, wobei sie die im Urteilsstaat verhängte Sanktion durch eine nach dem Recht des Vollstreckungsstaats für dieselbe Straftat vorgesehene Sanktion ersetzen" (Art. 9 Ziff. 1 lit. b des Übereinkommens). Die Schweiz hat bei dessen Ratifikation die Erklärung angebracht, dass sie, sofern sie Vollstreckungsstaat ist, die Anwendung des in Art. 9 Ziff. 1 lit. b des Übereinkommens vorgesehenen Verfahrens (Umwandlung der Sanktion) ausschliesst (Erklärung zu Art. 3 Ziff. 3 des Übereinkommens; AS 1988 S. 759). Sie wendet somit das Verfahren der Fortsetzung des Vollzugs an, wenn sie Vollstreckungsstaat ist. BGE 126 II 506 S. 510 b) Art. 10 des Übereinkommens, der die Fortsetzung des Vollzugs regelt, hat folgenden Wortlaut: "1. Im Fall einer Fortsetzung des Vollzugs ist der Vollstreckungsstaat an die rechtliche Art und die Dauer der Sanktion, wie sie vom Urteilsstaat festgelegt worden sind, gebunden. 2. Ist diese Sanktion jedoch nach Art oder Dauer mit dem Recht des Vollstreckungsstaats nicht vereinbar oder schreibt dessen Recht dies vor, so kann dieser Staat die Sanktion durch eine Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung an die nach seinem eigenen Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehene Strafe oder Massnahme anpassen. Diese Strafe oder Massnahme muss ihrer Art nach soweit wie möglich der Sanktion entsprechen, die durch die zu vollstreckende Entscheidung verhängt worden ist. Sie darf nach Art oder Dauer die im Urteilsstaat verhängte Sanktion nicht verschärfen und das nach dem Recht des Vollstreckungsstaats vorgesehene Höchstmass nicht überschreiten". Der Beschwerdeführer wurde vom amerikanischen Gericht wegen "conspiracy to commit money laundering" (Verschwörung zur Geldwäscherei) zu einer Freiheitsstrafe von 78 Monaten verurteilt. Die Bezirksgerichtliche Kommission Steckborn setzte in Anwendung von Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens die Strafe auf das in der Schweiz für die qualifizierte Geldwäscherei zulässige Höchstmass von fünf Jahren Zuchthaus herab. Die Rekurskommission des Obergerichts vertrat die Ansicht, die von der Bezirksgerichtlichen Kommission vorgenommene Anpassung sei nicht zu beanstanden. Sie führte im Wesentlichen aus, die dem Beschwerdeführer vom amerikanischen Gericht zur Last gelegten Handlungen würden nach schweizerischem Recht unter den Tatbestand der Geldwäscherei fallen, wobei von einem schweren Fall im Sinne von Art. 305bis Ziff. 2 StGB auszugehen sei. Die Maximalstrafe für den im amerikanischen Urteil ausgefällten Schuldspruch betrage damit nach schweizerischem Recht fünf Jahre Zuchthaus. Das amerikanische Urteil sei in Bezug auf die Feststellung des Sachverhalts, die Subsumtion des Sachverhalts unter einen Tatbestand und die strafrechtliche Würdigung einschliesslich der Strafzumessung für den schweizerischen Richter im Exequaturverfahren verbindlich. Zu prüfen sei nur die Frage der Vollstreckbarkeit der im Urteilsstaat gefällten Sanktion bzw. deren Übereinstimmung mit dem schweizerischen Ordre public. Da hinsichtlich Geldwäscherei die Freiheitsstrafe von 78 Monaten nicht mit dem schweizerischen Ordre public vereinbar sei, müsse die zu vollstreckende Strafe auf 60 Monate herabgesetzt werden. c) Der Beschwerdeführer wendet ein, wenn die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid festhalte, bei der Anpassung des ausländischen BGE 126 II 506 S. 511 Strafurteils seien "allein das Verbot der Schlechterstellung sowie die Beachtung der zulässigen Höchststrafe im Vollstreckungsstaat zu berücksichtigen", lege sie Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens falsch aus. Diese Bestimmung statuiere eine "uneingeschränkte Ordre public-Kognition". Aufgrund dieser Überprüfungsbefugnis wäre die Vorinstanz verpflichtet gewesen, "eine Strafzumessung nach schweizerischen Grundsätzen neu vorzunehmen". Der Beschwerdeführer macht geltend, bei einer solchen Neuvornahme sei zu berücksichtigen, dass V-Leute der amerikanischen "Drug Enforcement Administration" (DEA) ein fiktives Konstrukt zur Begehung der Geldwäscherei aufgezogen und ihn aktiv zur Begehung der ihm später zur Last gelegten Handlungen animiert hätten. Sodann setze der Tatbestand der Geldwäscherei gemäss Art. 305bis StGB voraus, dass es sich beim Tatobjekt um Vermögenswerte handle, die aus einem Verbrechen herrührten. An dieser Voraussetzung fehle es im vorliegenden Fall, da es sich beim Tatobjekt um Geld des amerikanischen Staates gehandelt habe, welches der DEA für den Aufzug des vermeintlichen Geldwäscherei-Konstruktes zur Verfügung gestellt worden sei. Die ihm zur Last gelegten Handlungen müssten daher nach schweizerischem Strafrecht als "Versuch am untauglichen Objekt qualifiziert werden". Würden diese Umstände bei der Strafzumessung berücksichtigt, so müsse eine Strafe von fünf Jahren Zuchthaus als "völlig überrissen" gelten. Auch stehe der von der Vorinstanz als zulässig erachtete Strafrahmen in einem krassen Widerspruch zu anderen Urteilen schweizerischer Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen. Es sei offenkundig, dass der von der Vorinstanz gefällte Beschluss dem schweizerischen Ordre public nicht gerecht werden könne und somit aufzuheben sei. d) Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens sieht eine Ausnahme vom Grundsatz vor, dass der Vollstreckungsstaat an die rechtliche Art und die Dauer der vom Urteilsstaat festgelegten Sanktion gebunden ist. Falls diese Sanktion nach Art oder Dauer mit dem Recht des Vollstreckungsstaates nicht vereinbar ist, kann sie der Vollstreckungsstaat an die Sanktion anpassen, die nach seinem eigenen Recht für eine Straftat derselben Art vorgesehen ist (Art. 10 Ziff. 2 Satz 1 des Übereinkommens). Dieser Anpassung sind jedoch Grenzen gesetzt: die angepasste Sanktion muss soweit wie möglich der im Urteilsstaat verhängten Sanktion entsprechen (Art. 10 Ziff. 2 Satz 2 des Übereinkommens); sie darf hinsichtlich Art oder Dauer diese Sanktion nicht verschärfen und das nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene BGE 126 II 506 S. 512 Höchstmass nicht überschreiten (Art. 10 Ziff. 2 Satz 3 des Übereinkommens). aa) Die Vorschrift von Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens enthält einen Ordre public-Vorbehalt. Allgemein greift der Vorbehalt des Ordre public nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur dann Platz, wenn das einheimische Rechtsgefühl durch die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Urteils in unerträglicher Weise verletzt würde, weil durch dieses Urteil grundlegende Vorschriften der schweizerischen Rechtsordnung missachtet werden. Dabei sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Anwendung der Ordre public-Klausel mit Bezug auf die Vollstreckung eines ausländischen Urteils engere Grenzen gesetzt als im Gebiet der direkten Rechtsanwendung ( BGE 103 Ia 199 E. 4a S. 204 mit Hinweisen). bb) Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens erlaubt eine Anpassung zunächst dann, wenn die im Urteilsstaat ausgefällte Sanktion nach ihrer Art mit dem Recht des Vollstreckungsstaates nicht vereinbar ist. Hierunter sind die in den anderen Vertragsstaaten geltenden Formen der Freiheitsentziehung (z.B. Zuchthaus, Kerker, Gefängnis, Haft) zu verstehen. Würde in einem ausländischen Urteil z.B. eine Freiheitsstrafe in Form schweren Kerkers bei Wasser und Brot angeordnet, so würde damit die grundlegende Vorschrift von Art. 10 Abs. 3 der Schweizerischen Bundesverfassung missachtet, die jede Art unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung untersagt. Die Art der vom Urteilsstaat ausgefällten Sanktion bildete jedoch im vorliegenden Fall nicht Gegenstand der Anpassung, da die vom amerikanischen Gericht ausgesprochene Freiheitsstrafe (imprisonment) ihrer Art nach mit den Zuchthaus- und Gefängnisstrafen des schweizerischen Rechts vereinbar ist. cc) Eine weitere Anpassung ist nach Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens zulässig, wenn die vom Urteilsstaat ausgefällte Sanktion nach ihrer Dauer mit dem Recht des Vollstreckungsstaates nicht vereinbar ist. Massgeblicher Anknüpfungspunkt ist die Strafe, die nach dem Recht des Vollstreckungsstaates für eine Straftat derselben Art vorgesehen ist. Die Sanktion darf das nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene Höchstmass nicht überschreiten und nicht gegen dessen Ordre public verstossen. Bei der Frage der Anpassung der vom amerikanischen Gericht gegen den Beschwerdeführer ausgefällten Strafe ist von der Straftat auszugehen, die ihm vorgeworfen wird. Diese entspricht, wie die kantonalen Instanzen mit Recht annahmen, einem schweren Fall der Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis Ziff. 2 StGB . Die Höchststrafe BGE 126 II 506 S. 513 für diese Tat beträgt nach schweizerischem Recht fünf Jahre bzw. 60 Monate Zuchthaus. Die im amerikanischen Urteil ausgefällte Freiheitsstrafe von 78 Monaten überstieg somit das nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgesehene Höchstmass. Die kantonalen Gerichte haben diese Strafe in zutreffender Weise auf die Dauer von 60 Monaten herabgesetzt. Der Beschwerdeführer ist zu Unrecht der Meinung, die Vorinstanz hätte eine Neubeurteilung des Schuldspruchs und der Strafzumessung nach schweizerischem Recht vornehmen müssen. Eine solche Neubeurteilung ist nur denkbar beim System der Umwandlung der Sanktion, das die Schweiz nach dem Gesagten nicht übernommen hat. Wie der Wortlaut von Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens besagt, geht es lediglich um die Dauer der Strafe. In welchem Verfahren der Schuldspruch im Urteilsstaat zustande gekommen ist, ist unerheblich. Die Vorinstanz hat mit Recht erklärt, die Einwendungen des Beschwerdeführers betreffend die massive Einwirkung von V-Leuten und betreffend die Qualifizierung seiner Taten nach schweizerischem Recht könnten bei der Fortsetzung des Vollzuges nicht gehört werden. Der schweizerische Richter hat im Exequaturverfahren bei der Frage der Anpassung des ausländischen Urteils nach Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens nur eine sehr eingeschränkte Prüfungsbefugnis. Er nimmt die Anpassung in dem Sinne vor, dass die Dauer der Strafe das Höchstmass der im Vollstreckungsstaat für dieselbe Tat vorgesehenen Strafe nicht überschreiten darf. Ausserdem darf innerhalb dieses Strafrahmens die für die Straftat ausgesprochene Strafe nach dem Recht des Vollstreckungsstaates auch nicht so unverhältnismässig hoch sein, dass sie dessen Ordre public widerspricht. Auch in einem solchen Fall ist die Strafe anzupassen. Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer in den USA Geldwäscherei zur Last gelegt, wobei die Deliktsumme 2 Mio. US$ betrug. Wenn unter diesen Umständen die schweizerischen Gerichte eine Freiheitsstrafe von 60 Monaten als mit dem Ordre public vereinbar betrachteten, haben sie Art. 10 Ziff. 2 des Übereinkommens nicht unrichtig ausgelegt. Die Vorinstanz verletzte diese Vorschrift nicht, wenn sie die von der Bezirksgerichtlichen Kommission vorgenommene Herabsetzung der Freiheitsstrafe von 78 Monaten auf 60 Monate geschützt hat. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich daher als unbegründet und ist abzuweisen.
public_law
nan
de
2,000
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Federation
bba7f572-7bfc-4563-93d9-363d481d1142
Urteilskopf 89 I 49 8. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Februar 1963 i.S. Istituto Sieroterapico Berna S.r.l. gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum.
Regeste Markenrecht. Verweigerung des Schutzes einer internationalen Marke in der Schweiz wegen Gefahr der Täuschung über die Herkunft der Ware. Schweizerischer Ortsname in der Marke für Erzeugnisse, die mit Zustimmung einer am betreffenden Ort niedergelassenen Firma nach deren Vorschriften im Ausland hergestellt werden. Pariser Verbandsübereinkunft Art. 6 lit. B Ziff. 3; Madrider Abkommen Art. 5 Abs. 1; MSchG Art. 3 Abs. 4, Art. 14 Ziff. 2 und Art. 18 Abs. 3; UWG Art. 1 Abs. 2 lit. b.
Sachverhalt ab Seite 49 BGE 89 I 49 S. 49 A.- Das Schweiz. Serum- und Impfinstitut in Bern ist Inhaber der Marke "Berna", die es für Sera, Impfstoffe, pharmazeutische Präparate usw. verwendet. Die italienische Handelsgesellschaft Istituto Sieroterapico Berna S.r.l. in Como ist seine Alleinvertreterin für Italien und hat von ihm u.a. das Recht erworben, seine Erzeugnisse in Italien zu verkaufen, seine "geschützten Namen" zu verwenden und gewisse "Berna"-Produkte selber herzustellen. Am 29. Januar/16. April 1962 liess diese italienische Gesellschaft in Italien die Marke "Broncasma Berna" eintragen. BGE 89 I 49 S. 50 Am 4. Juni 1962 hinterlegte sie diese Marke unter Nr. 256'307 beim Internationalen Bureau zum Schutze des gewerblichen Eigentums in Genf; dies auf Grund von Art. 6 lit. A der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVU) und von Art. 1 der Madrider Übereinkunft betreffend die internationale Eintragung der Fabrik- oder Handelsmarken (je in der Fassung von London 1934). Das Internationale Bureau trug die Marke in das dafür bestimmte Register ein. B.- Gemäss Art. 3 Abs. 3 der Madrider Übereinkunft über diese Eintragung unterrichtet, hat das Eidg. Amt für geistiges Eigentum in Ausübung der ihm nach Art. 14 MSchG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 der Madrider Übereinkunft zustehenden Befugnis der Marke "Broncasma Berna" durch Verfügung vom 26. Oktober 1962 den Schutz in der Schweiz gänzlich (totalement) verweigert mit der Begründung, die Marke könnte, da sie die Angabe "Berna" enthalte, das Publikum über die Herkunft der Erzeugnisse täuschen, d.h. es in den Glauben versetzen, diese stammten aus der Schweiz, während sie italienischen Ursprungs seien; die Marke verstosse also gegen die guten Sitten (Art. 6 lit. B Ziff. 3 PVU; Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG ). C.- Gegen diese Verfügung hat die italienische Gesellschaft beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, der internationalen Marke "Broncasma Berna" sei auch in der Schweiz Schutz zu gewähren; eventuell habe dies wenigstens für diejenigen Erzeugnisse zu geschehen, "die von der Beschwerdeführerin nach den Vorschriften und Rezepten der Firma Schweiz. Serum- und Impfinstitut ... hergestellt werden." Das Bundesgericht weist diese Begehren ab. Erwägungen Erwägungen: 1./2. - (Prozessuale Fragen.) 3. Nach Art. 5 Abs. 1 der Madrider Übereinkunft darf eine Schutzverweigerung "nur unter den Voraussetzungen verfügt werden, welche auf Grund der allgemeinen Übereinkunft" BGE 89 I 49 S. 51 (d.h. der PVU) "auf eine zur nationalen Eintragung hinterlegte Marke anwendbar wären." Nach Art. 6 lit. B Abs. 1 Ziff. 3 PVU können u.a. Marken, die gegen die guten Sitten verstossen, zurückgewiesen oder als ungültig erklärt werden. Das MSchG bestimmt in Art. 3 Abs. 4, dass Zeichen, die gegen die guten Sitten verstossen, nicht in eine Marke aufgenommen werden dürfen, und weist das Amt für geistiges Eigentum in Art. 14 Ziff. 2 an, die Eintragung einer Marke zu verweigern, wenn sie gegen die guten Sitten verstösst. Dieses Amt darf und muss also einer international eingetragenen Marke, die gegen die guten Sitten verstösst, den Schutz in der Schweiz verweigern. 4. Nach Art. 6 lit. B Abs. 1 Ziff. 3 PVU gelten als Marken, die gegen die guten Sitten oder gegen die öffentliche Ordnung verstossen, namentlich solche, welche geeignet sind, das Publikum zu täuschen. In Übereinstimmung damit nimmt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 3 Abs. 4 und Art. 14 Ziff. 2 MSchG an, eine Marke verstosse insbesondere dann gegen die guten Sitten, wenn sie geeignet ist, die Käufer (und zwar die Durchschnittskäufer in der Schweiz) in irgendeiner Hinsicht irrezuführen ( BGE 56 I 50 und 472, BGE 63 I 93 , BGE 76 I 169 , BGE 77 I 79 , BGE 79 I 253 , BGE 82 I 50 , BGE 86 I 57 ): So verhält es sich u.a. im Falle, dass die Marke eine geographische Bezeichnung enthält, die zu Täuschungen über die Herkunft der Ware Anlass geben kann ( BGE 56 I 472 , BGE 68 I 204 , BGE 76 I 171 , BGE 79 I 253 ). Solche Täuschungen sind bei Verwendung eines bekannten geographischen Namens, der nicht zum Ursprungsland des Erzeugnisses, sondern zu einem andern Lande in Beziehung steht, nur dann nicht zu befürchten, wenn für das Publikum ohne weiteres erkennbar ist, dass es sich dabei nicht um einen Hinweis auf die Herkunft des Erzeugnisses, sondern nur um eine Phantasiebezeichnung handeln kann ( BGE 55 I 271 , BGE 56 I 475 , BGE 72 I 240 ; Urteil vom 16. September 1959 i.S. British-American Tobacco Company Ltd.). BGE 89 I 49 S. 52 Die in der streitigen Marke enthaltene Bezeichnung "Berna" ist der italienische Name für die Stadt Bern. Die Verwendung dieser Bezeichnung in einer Marke erweckt beim Durchschnittskäufer in der Schweiz die Vorstellung, die betreffende Ware werde in Bern hergestellt. Die Beschwerdeführerin macht mit Recht nicht geltend, man habe es mit einer reinen Phantasiebezeichnung zu tun, sondern sie will die Käufer durch den Gebrauch des Wortes "Berna" unstreitig auf eine Beziehung des Erzeugnisses zu Bern hinweisen, und dieser Hinweis wird eben vom Durchschnittskäufer in der Schweiz als ein solcher auf die Herkunft des Erzeugnisses aufgefasst. Soweit die Marke "Broncasma Berna" für italienische Erzeugnisse verwendet werden soll, ist sie also dazu angetan, das schweizerische Publikum über die Herkunft der Ware zu täuschen, und kann folglich nach den erwähnten Bestimmungen und der Rechtsprechung dazu in der Schweiz keinen Schutz finden. 5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, eine Täuschung der Abnehmer ihrer Erzeugnisse sei ausgeschlossen, weil sie die streitige Marke nur für Präparate verwende, die sie mit Zustimmung des Schweiz. Seruminstituts in Bern nach dessen Vorschriften und Rezepten herstelle, und weil die in dieser Marke enthaltene Bezeichnung "Berna" von dem "für solche chemisch-pharmazeutische Produkte in Frage kommenden Publikumskreis", womit nach andern Stellen der Beschwerdeschrift die "Fachleute" gemeint sind, nur als Hinweis auf diesen Sachverhalt, nicht als Hinweis auf den Herstellungsort verstanden werde. Massgebend ist jedoch die Auffassung der Durchschnittskäufer, nicht diejenige der Fachleute. Es kann keine Rede davon sein, dass als Abnehmer der fraglichen Erzeugnisse nur Fachleute (insbesondere Ärzte und Apotheker) in Frage kommen. Erzeugnisse, wie sie unter der Marke "Broncasma Berna" feilgeboten werden sollen ("Produits pharmaceutiques, vétérinaires, hygiéniques, produits diététiques pour les enfants et les malades, emplâtres, BGE 89 I 49 S. 53 matériel de médication"), werden vielmehr häufig von Laien gekauft, und zwar nicht nur auf ärztliche Vorschrift. Dass die Bezeichnung "Berna" nicht nur für Fachleute, sondern auch für Laien zu einem "von der Stadt Bern als Herkunftsort völlig losgelösten", nur auf die Herstellung nach den Vorschriften und Rezepten des dortigen Instituts hinweisenden "Begriff" geworden sei, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Mit Recht behauptet sie auch nicht, dem Laien sei der Herstellungsort solcher Erzeugnisse gleichgültig. Die Lebenserfahrung zeigt im Gegenteil, dass die Käufer von Markenartikeln nicht selten auf diesen Ort achten, sei es, weil sie daraus (zu Recht oder zu Unrecht) Schlüsse auf die Beschaffenheit der Ware ziehen, sei es, weil sie aus andern Gründen (z.B. zwecks Förderung des einheimischen Gewerbes) Waren bestimmter Herkunft bevorzugen. Bei chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen kann der Herstellungsort in den Augen des kaufenden Publikums mit Rücksicht auf den guten Ruf'den die schweizerische Industrie auf diesem Gebiete geniesst, von besonderer Bedeutung sein. Der Umstand, dass ein Erzeugnis im Ausland nach den Vorschriften und Rezepten eines schweizerischen Unternehmens hergestellt wird, gilt beim Käufer nicht ohne weiteres als Gewähr dafür, dass das ausländische Erzeugnis dem schweizerischen gleichwertig sei. Neben den Vorschriften und Rezepten für die Herstellung können auch die Rohstoffe und die Fähigkeiten des leitenden und des ausführenden Personals die Beschaffenheit der Erzeugnisse beeinflussen. Es bleibt somit dabei, dass die Verwendung des Wortes "Berna" in einer Marke für italienische Erzeugnisse eine Täuschung der Käufer in der Schweiz befürchten lässt. 6. Dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstände ihr nicht gestatten, für in Italien hergestellte Produkte eine auf Bern als Herkunftsort hinweisende Bezeichnung zu verwenden, wird durch Art. 18 MSchG und Art. 1 Abs. 2 lit. b UWG bestätigt. a) Nach Art. 18 Abs. 3 MSchG ist es untersagt, ein BGE 89 I 49 S. 54 Produkt mit einer der Wirklichkeit nicht entsprechenden Herkunftsbezeichnung zu versehen. Die Herkunft eines Produkts bestimmt sich darnach, wo dieses selber, nicht die seiner Herstellung zugrunde liegende Idee, herstammt (vgl. TROLLER, Immaterialgüterrecht, I S. 342). Ein auf Grund einer ausländischen Lizenz in der Schweiz hergestelltes Erzeugnis hat daher als schweizerisch, ein auf Grund einer schweizerischen Lizenz im Ausland hergestelltes Erzeugnis als ausländisch zu gelten. b) Nach Art. 1 Abs. 2 lit. b UWG verstösst gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und begeht somit unlautern Wettbewerb, wer "über sich, die eigenen Waren, Werke, Leistungen oder Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht ...". Auf Grund von § 3 des deutschen UWG, das in ähnlicher Weise u.a. unrichtige Angaben über die Waren verpönt, hat die deutsche Praxis z.B. als unstatthaft betrachtet: die Bezeichnung "Französische Haarfarbe" für Haarfarbe, die nicht in Frankreich, sondern nach den Rezepten des Pariser Stammhauses unter Anleitung eines französischen Chemikers und unter Verwendung von aus Paris bezogenem Material in Deutschland hergestellt wird; die Bezeichnung "Holländische Schokolade" für eine von holländischen Arbeitern unter holländischer Leitung unter Verwendung von Kakao und Vollmilch aus Holland in Deutschland hergestellte Schokolade; die Bezeichnung "Schweizer Stickerei" für Stickereien, die in Deutschland auf Schweizer Maschinen hergestellt sind (REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl. 1954, S. 637/38). Entsprechendes muss nach Art. 1 Abs. 2 lit. b des schweizerischen UWG gelten. Aus allen diesen Gründen sind das Haupt- und das Eventualbegehren der Beschwerdeführerin abzuweisen.
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bbaa88dd-79c1-44bf-af3f-aac5be28c62e
Urteilskopf 84 II 44 6. Arrêt de la Ire Cour civile du 17 janvier 1958 dans la cause Société immobilière de Villamont SA contre Becker.
Regeste Klage auf Auflösung einer Aktiengesellschaft, Art. 736 Ziff. 4 OR . 1. Die Auflösungsklage ist unzulässig, wenn die Missstände, auf die sie sich stützt, vermittelst einer Klage auf Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen ( Art. 706 OR ) oder einer Schadenersatzklage nach Art. 754/5 OR beseitigt werden können (Erw. 1). 2. Wichtige Gründe (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 45 BGE 84 II 44 S. 45 A.- La société immobilière de Villamont est une société anonyme au capital de 100 000 fr., divisé en 200 actions de 500 fr. chacune. Lors de sa constitution elle avait pour but l'achat d'une maison locative à Neuchâtel. Jusqu'en février 1948, les actions appartenaient en totalité à dame veuve Adèle Zumbach. A ce moment-là, c'est-à-dire après le décès de dame Zumbach, elles furent réparties par parts égales entre ses quatre enfants, dont dame Aimée Becker née Zumbach, qui se trouve actuellement encore en possession de cinquante actions. Les cent cinquante autres ont passé en la propriété d'un sieur Carlo Caimi à Lugano, lequel paraît les avoir ensuite cédées à son fils Pio Caimi et à son gendre Ermano Pianta. Ces deux derniers se présentent aux assemblées, porteurs ensemble des cent cinquante actions. En 1950 le conseil d'administration était composé des sieurs Pozzi, Bellasi, Pio Caimi et de Me Zumstein, avocat à Berne, qui était considéré comme le représentant de dame Becker. En 1954, il se composait des sieurs Pio Caimi, Pianta et de Me Zumstein. Ce dernier donna sa démission par lettre du 5 décembre 1955. Jusqu'en 1950, l'immeuble a été géré par Me Baillod, notaire, qui fut remplacé à sa mort par Me Jean-Paul Bourquin, notaire à Neuchâtel. Ce dernier préparait les comptes de la société et les rapports du conseil d'administration. Le 27 décembre 1954, la société a modifié son but, de manière à pouvoir vendre l'immeuble. Ce dernier fut effectivement vendu le 30 du même mois à la société Asteria, société anonyme ayant son siège à Lugano, pour le prix de 560 000 fr. dont 455 802 fr. 50 étaient payés BGE 84 II 44 S. 46 par la reprise d'hypothèques et le solde devait l'être le 15 février 1955 au plus tard. B.- Par demande du 16 janvier 1956, dame Becker, se plaignant de la manière dont les administrateurs tessinois avaient géré les affaires de la société, qu'ils avaient, prétendait-elle, exploitée à leur seul profit, a assigné la société immobilière de Villamont devant le Tribunal de la République et Canton de Neuchâtel en concluant à ce qu'il plaise au tribunal: 1o prononcer la dissolution de la société, 2o ordonner la liquidation de la société et désigner un liquidateur neutre, 3o condamner. la défenderesse aux frais et dépens. A l'appui de ses conclusions, la demanderesse alléguait une série de faits tendant à démontrer que depuis un certain nombre d'années une majorité d'actionnaires, qu'elle appelle "le groupe Caimi", n'avait cessé d'exploiter la société dans son propre intérêt et avec un mépris total de ses droits à elle. C.- La défenderesse a conclu au rejet de la demande et à la condamnation de la demanderesse aux frais et dépens. Elle a contesté l'existence du groupe Caimi. Suivant elle, le conseil d'administration avait toujours agi régulièrement et dans l'intérêt de la société. La demanderesse n'était pas en mesure de faire valoir de justes motifs de dissolution au sens de l'art. 736 ch. 4 CO. D.- Par jugement du 7 octobre 1957, le Tribunal a prononcé la dissolution de la société immobilière de Villamont et en a ordonné la liquidation, déclaré irrecevable, pour cause d'incompétence, le second chef de conclusions de la demande et mis les frais et dépens à la charge de la défenderesse. E.- La société immobilière de Villamont a recouru en réforme en reprenant ses conclusions libératoires et en concluant à la condamnation de dame Becker aux frais et dépens. BGE 84 II 44 S. 47 Dame Becker a conclu au rejet du recours, à la confirmation du jugement attaqué et à l'allocation de dépens. Erwägungen Considérant en droit: 1. La recourante ne conteste pas - avec raison du reste - que l'intimée, dont les actions représentent plus du cinquième du capital social, n'ait qualité à ce titre pour exercer l'action prévue par l'art. 736 ch. 4 CO (cf. RO 67 II 163). Elle prétend, en revanche, que cette action n'était pas recevable, car les griefs de la demanderesse auraient pu être invoqués, dit-elle, à l'appui d'une action en annulation du bilan adopté par l'assemblée générale. Ce moyen n'est pas fondé. Il a bien été dit dans l'arrêt précité que l'action en dissolution de la société anonyme "constitue un moyen de droit tout à fait exceptionnel et qu'elle n'est donnée, en règle générale, que là où ni les statuts ni la loi n'offrent une protection suffisante à la minorité". Mais, comme il a été également relevé dans le même arrêt, cela ne signifie pas qu'elle soit toujours irrecevable lorsqu'elle n'a pas été précédée d'une action infructueuse en annulation des décisions de l'assemblée générale selon l'art. 706 CO; cela veut dire simplement qu'elle est mal fondée lorsque le but visé, c'est-à-dire la suppression de l'abus invoqué, peut être atteint par cette voie-là. Or, en l'espèce, contrairement à ce que soutient la recourante, les opérations critiquées par la demanderesse ne pouvaient pas faire l'objet d'une action fondée sur l'art. 706 CO. C'est à tort qu'à ce sujet la recourante croit pouvoir invoquer l'arrêt Witschi c. Elektrische Bahn Steffisburg-Thun-Interlaken (RO 72 II 293). Cet arrêt a trait en effet à une question différente. Le demandeur d'alors critiquait divers articles du bilan de la société et notamment l'inscription d'une somme de 401 296 fr. à titre de déficit du fonds de renouvellement. Contrairement à l'opinion de la juridiction cantonale, le Tribunal fédéral a jugé que c'était à l'assemblée générale de dire si le bilan était ou BGE 84 II 44 S. 48 non conforme aux prescriptions légales ou statutaires ou aux principes d'une saine politique financière, ce qui permettait d'examiner chaque année "l'état de la fortune, la structure financière interne, la capacité vitale et les possibilités économiques de la société", et il ajoutait, tout naturellement, que si un actionnaire estimait que la décision prise sur ces différents points était contraire à la loi ou aux statuts, il avait le droit de l'attaquer en justice en vertu de l'art. 706 CO, quoi qu'il en fût du point de savoir si le bilan portait ou non atteinte à "ses droits purement financiers". Or, en l'espèce, il s'agit de tout autre chose. Le dernier bilan correspondait à la situation résultant des opérations effectuées; il était conforme aux prescriptions légales et statutaires concernant l'établissement d'un bilan. Ce que la demanderesse reproche à certains administrateurs, c'est de s'être livrés à des opérations financières défavorables tant à la société qu'à elle-même, et il est clair que ces opérations ne pouvaient donner lieu à l'action de l'art. 706 CO. Aussi bien cette action n'aurait-elle pu les modifier en rien; elles avaient été conclues par le conseil d'administration dans les limites de sa compétence et obligeaient la société, qu'elles eussent été ou non attaquées devant l'assemblée générale. Quant à l'action en dommages-intérêts prévue par les art. 754 et 755 CO, alors même qu'elle aurait abouti à une condamnation, relativement à un des faits incriminés, cette condamnation n'aurait pas nécessairement prémuni la demanderesse contre la répétition de faits de même nature. Le seul moyen pour elle de faire cesser les abus dont elle était victime était donc bien d'introduire l'action en annulation de la société. 2. En ce qui concerne les conditions du fond de l'action, on ne saurait sérieusement contester qu'elles ne soient réalisées en l'occurrence. Le Tribunal cantonal a admis d'une façon générale l'exactitude des faits allégués par la demanderesse et les a exposés de la manière suivante: BGE 84 II 44 S. 49 "Le groupe Caimi a versé quelques milliers de francs à Carlo Caimi. Ces versements n'ont pas été justifiés. La justification n'a même pas été tentée. Les actionnaires majoritaires ont agi ainsi au préjudice de la société et dans leur intérêt à eux, ou dans l'intérêt d'un de leurs proches, ce qui revient au même. Le groupe Caimi a emprunté des sommes importantes à la société. Il lui incombait de justifier objectivement de telles opérations qui posent un grave problème de conflits d'intérêts. Nonobstant les protestations de Me Zumstein, les administrateurs tessinois ont continué à se prêter l'argent de la société, sans fournir la moindre justification et sans même reconnaître leurs dettes par écrit. Ils ont refusé de rétablir l'égalité entre Dame Becker et eux en lui consentant un prêt. Lors de la vente de l'immeuble, le groupe Caimi a rejeté sous de mauvais prétextes l'offre de Me Zumstein, supérieure de Fr. 10'000.-- à celle d'Astéria. Il a agi ainsi au préjudice de la défenderesse et au profit d'Astéria, société avec laquelle ils entretiennent évidemment d'étroites relations. L'acte de vente contient une clause inhabituelle, défavorable à Villamont, favorable à Astéria. Les administrateurs luganais ont prêté Fr. 75'000.-- à Fidentia, société administrée par l'un d'eux. Cette opération, qui posait à nouveau un problème de conflits d'intérêts, ils l'ont accomplie subrepticement et l'ont assortie d'une clause illicite." Retenant, d'autre part, la déposition de Me Zumstein, dont il a tenu le témoignage pour digne de foi, le Tribunal cantonal a admis que le groupe Caimi ne consultait Me Zumstein que pour la forme ou ne le consultait pas du tout, prenant des décisions en dehors des séances du conseil. Qu'il s'agisse de la constitution d'hypothèques, de l'octroi de prêts aux actionnaires, de l'adjudication des travaux de réfection de l'immeuble, de négociations avec Asteria SA, de l'allocation de diverses sommes à Carlo Caimi, le représentant de la demanderesse a constamment été mis devant un fait accompli. Pour finir, il ne fut plus tenu au courant de rien. Il s'abstint d'assister à des séances où tout était décidé d'avance et démissionna. En présence de ces faits, dont la recourante ne conteste d'ailleurs pas l'exactitude, le recours apparaît mal fondé. Comme l'ont très justement relevé les premiers juges, il en résulte que ce n'est pas seulement au sujet de l'une ou l'autre des décisions des membres du conseil représentant la majorité des porteurs d'actions que dame Becker a lieu de se plaindre, mais d'une série d'actes dont la répétition démontre à l'évidence que, depuis un certain nombre d'années et plus particulièrement depuis la modification BGE 84 II 44 S. 50 du but de la société, ces mêmes personnes ont administré les fonds sociaux avec un mépris total de ses intérêts légitimes et au seul profit de quelques actionnaires, de leurs proches ou de sociétés étrangères, qu'ils devaient certainement avoir des raisons particulières d'avantager. De tels faits ont certes une incidence différente selon les circonstances. Mais ils sont particulièrement graves en l'espèce, vu notamment qu'il s'agit d'une petite société anonyme, dont les actionnaires ont quasi nécessairement des relations personnelles. Or, étant données la facilité et même la légèreté avec laquelle les représentants du groupe majoritaire disposaient des biens sociaux, il est tout à fait compréhensible que l'intimée ait jugé ne plus pouvoir tolérer un état de choses qui risquait à la longue de compromettre l'équilibre financier de la société et par voie de conséquence de lui causer un préjudice considérable. Le fait est que la société était viciée dans son fonctionnement interne et que dans ces conditions dame Becker était fondée à en demander la dissolution (RO 67 II 165). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Rejette le recours et confirme le jugement attaqué.
public_law
nan
fr
1,958
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
bbad0da5-a1e9-4a0d-957d-702760eebb01
Urteilskopf 89 IV 128 25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. Mai 1963 i.S. Stutz gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 201 Abs. 1 StGB ist auch anwendbar, wenn die Unterhaltsleistungen auf Grund eines Darlehensvertrages bezogen werden, der in der Absicht abgeschlossen wurde, die Unzucht der Dirne als Einnahmequelle auszunützen.
Erwägungen ab Seite 128 BGE 89 IV 128 S. 128 Erwägungen: Der Beschwerdeführer hält die Anwendung von Art. 201 Abs. 1 StGB auf die als Darlehen bezeichneten drei Geldbezüge von zusammen Fr. 20'000.-- für unzulässig, weil die Geldhingabe auf einem rechtsgültigen Vertrage beruhe, der ihm einen Anspruch auf die Beträge gegeben und ihn zu einer Gegenleistung in Form der Rückgabe des geliehenen Geldes verpflichtet habe. Massgebend ist indessen nicht, in welcher Rechtsform der Zuhälter sich aus dem Erwerb der Dirne Zuwendungen machen lässt, sondern es kommt darauf an, ob er sich das Empfangene in der Absicht geben liess, die Unzucht der BGE 89 IV 128 S. 129 Dirne als Einnahmequelle für seinen Lebensunterhalt auszunützen. Art. 201 Abs. 1 StGB ist daher auch anwendbar, wenn der Unterhaltene die Leistungen auf Grund eines Darlehensvertrages bezieht, den er gerade in der erwähnten Absicht mit der Unzucht treibenden Person eingegangen ist. Auf ein solches Leistungsversprechen hat er keinen rechtlich begründeten Anspruch, da es weder Gegenleistung für eine eigene Leistung ist noch sonstwie auf einem von der Rechtsordnung geschützten Grund beruht, sondern im Gegenteil gegen die guten Sitten verstösst. So verhielt es sich auch im vorliegenden Falle. Der Beschwerdeführer wusste, dass die Darlehensbeträge aus dem unsittlichen Gewerbe der Frau X. stammten, und er hat sie für seinen Lebensunterhalt und zur Bestreitung seiner luxuriösen Lebensführung verwendet, dieweil er selber nur zeitweise und verhältnismässig wenig verdiente. Daraus folgt, dass er das Unzuchtsgewerbe der Frau X. als Quelle des Erwerbes benützte und dass die Darlehensvereinbarungen mit der Dirne keinen anderen Zweck verfolgten, als deren Unzucht auszubeuten. Die darauf gerichteten, aber in die Form eines Darlehensvertrages gekleideten Abmachungen schliessen infolgedessen die Anwendung von Art. 201 Abs. 1 StGB auch dann nicht aus, wenn der Beschwerdeführer, wie er behauptet, sich gegenüber Frau X. zur Rückzahlung der erhaltenen Beträge verpflichtet haben sollte.
null
nan
de
1,963
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bbb6735e-7873-454e-b2d8-cacca59ea60d
Urteilskopf 106 V 40 9. Auszug aus dem Urteil vom 25. April 1980 i.S. L. gegen 51 Krankenkassen des Kantonalverbandes Luzerner Krankenkassen und Schiedsgericht gemäss Art. 25 KUVG
Regeste Art. 24 KUVG . Ausschluss aus der Kassenpraxis: wichtige Gründe, Ausschlussdauer, Geltungsbereich.
Erwägungen ab Seite 40 BGE 106 V 40 S. 40 Aus den Erwägungen: 5. a) Gemäss Art. 24 KUVG hat das Schiedsgericht im Sinne von Art. 25 KUVG über den Ausschluss und dessen Dauer zu entscheiden, wenn eine Kasse einem Arzt, Apotheker, Chiropraktor, einer Hebamme, einer medizinischen Hilfsperson oder einem Laboratorium aus wichtigen Gründen, die in der Person oder in der Art der Berufsausübung liegen, die Betätigung für die Mitglieder nicht oder nicht mehr gestatten will. Der Bestimmung liegt der Gedanke zugrunde, dass eine ordnungsgemässe ärztliche Behandlung nur gewährleistet ist, wenn die an der Durchführung der Krankenversicherung mitwirkenden Personen nicht nur über die erforderlichen Fachkenntnisse, sondern auch über entsprechende persönliche Eigenschaften verfügen (BONER/HOLZHERR, Die Krankenversicherung, S. 94). Was als wichtiger Grund im Sinne von Art. 24 KUVG zu gelten hat, wird im Gesetz nicht näher umschrieben. Es blieb daher Lehre und Praxis überlassen, ergänzende Regeln aufzustellen. aa) Nach MAURER (Recht und Praxis der Schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, S. 191 f.) ist beim Entscheid über das Vorliegen wichtiger Gründe von der Tatsache auszugehen, dass die soziale Unfallversicherung nur so lange spielen kann, als für die Beziehungen zwischen Arzt und Anstalt eine Vertrauensgrundlage besteht. Diese Feststellung gilt in gleicher Weise mit Bezug auf die Krankenkassen, zumal ihnen bei der Durchführung medizinischer Massnahmen weniger Kontrollmöglichkeiten offenstehen als der SUVA. BGE 106 V 40 S. 41 Wichtige Gründe sind nach MAURER beispielsweise gegeben, wenn ein Arzt wiederholt schwere und unentschuldbare Fehler in der Behandlung von Versicherten begeht; wenn er aus Gutmütigkeit oder bösem Willen die Patienten nicht rechtzeitig an die Arbeit zu schicken pflegt; wenn er die für die Anstalt bestimmten Zeugnisse sowie Honorarnoten nicht wahrheitsgetreu und fristgerecht erstellt, besonders aber wenn er die Anstalt anlügt oder sogar betrügt; oder wenn er strafrechtlich Verurteilt wird. Nach SCHWEIZER (Die kantonalen Schiedsgerichte für Streitigkeiten zwischen Ärzten oder Apothekern und Krankenkassen, Zürich 1957, S. 89 ff.) liegen wichtige Gründe Vor, wenn der Kasse nach Treu und Glauben eine Zusammenarbeit mit dem Arzt oder Apotheker nicht zugemutet werden kann. Der Ausschluss erfolge in der Regel wegen der Art der Berufsausübung. Diese könne ohne Verschulden des Arztes oder Apothekers beispielsweise wegen eintretender Geisteskrankheit so unhaltbar werden, dass der Ausschluss nötig werde. Fast immer seien aber die in der Art der Berufsausübung liegenden Ausschlussgründe verschuldet. Meistens handle es sich um wiederholte unwirtschaftliche Behandlung. bb) Eine Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts zu Art. 24 KUVG besteht nicht. Dagegen hatte sich das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Art. 4 BV schon mit kantonalen Schiedsgerichtsentscheiden betreffend Ausschluss aus der Kassenpraxis zu befassen. In einem Urteil vom 15. Dezember 1955 entschied es, dass ein dauernder Ausschluss des beklagten Arztes gerechtfertigt sei, weil das Überarzten bei ihm keine bloss einmalige oder Vorübergehende Erscheinung, sondern ein Dauerzustand geworden sei, weil eine gewisse Uneinsichtigkeit des Arztes bestehe, der offensichtlich nie gewillt sein werde, sich den Gegebenheiten eines Kassenarztes anzupassen, und weil mit grösster Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sei, dass das Verhältnis zwischen ihm und den Kassen nicht mehr tragbar sein werde. cc) Da dem Ausschluss aus der Kassenpraxis weitgehend der Charakter einer Disziplinarmassnahme zukommt (vgl. SCHWEIZER, a.a.O., S. 88; SCHÄREN, Die Stellung des Arztes in der sozialen Krankenversicherung, Zürich 1973, S. 218), rechtfertigt es sich, die Praxis heranzuziehen, wie sie zum Disziplinarrecht entwickelt worden ist. Danach liegt ein zur Verhängung einer Disziplinarmassnahme Anlass gebender Disziplinarfehler BGE 106 V 40 S. 42 nicht nur bei Erfüllung bestimmt umschriebener Tatbestände vor, sondern auch dann, wenn der dem Disziplinarrecht Unterworfene die mit seiner besonderen Stellung verbundenen Pflichten Verletzt und eine mit dieser Stellung unvereinbare Handlung begeht. Dabei muss der zu Massregelnde aufgrund der einschlägigen Vorschriften oder aus der Natur des Rechtsverhältnisses erkennen können, dass sein Verhalten mit diesem besonderen Rechtsverhältnis nicht vereinbar ist (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I S. 317 Ziff. IV mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Die gleichen Grundsätze gelten für Angehörige der sog. freien Berufe, die der staatlichen Aufsicht unterstellt sind (IMBODEN/RHINOW, a.a.O., S. 316; vgl. auch DUBACH, Das Disziplinarrecht der freien Berufe, ZSR 1951, S. 1a ff.). Im übrigen haben die Disziplinarmassnahmen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu entsprechen. Eine dauernde Einstellung in der Berufsausübung ohne vorangehende Warnung kann daher nur ausnahmsweise angeordnet werden, "wenn die Verfehlung so schwerwiegend ist, dass sie eine Mentalität aufzeigt, die mit der Eigenschaft eines Angehörigen der betreffenden Berufsart schlechthin unvereinbar ist" ( BGE 100 Ia 360 Erw. 3b). b) Im vorliegenden Fall wiegen die bei der Berufsausübung begangenen Verfehlungen nicht leicht. Der Beschwerdeführer hat nicht nur jahrelang massiv überarztet, sondern sich in zahlreichen Fällen der unkorrekten Rechnungsstellung schuldig gemacht, was zu mehreren Strafurteilen geführt hat. Dazu kommt, dass er sich trotz der zahlreichen gegen ihn angestrengten Verfahren völlig einsichtslos zeigte. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird diesbezüglich Vorgebracht, die bisherigen Verfahren hätten ihn zweifellos nachhaltig beeindruckt, weshalb er sich heute im klaren sei, "dass er sich, unter Umständen auch gegen seine Überzeugung, strikte an die Weisungen der Klägerschaft zu halten hat". Dem steht entgegen, dass der Beschwerdeführer im Vergleich vom 20. November 1972 ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein weiterer Verstoss gegen die Pflicht zu einer wirtschaftlichen Behandlungsweise zum Antrag auf Ausschluss aus der Kassenpraxis führen werde, was ihn jedoch nicht davon abgehalten hat, weiterhin zu überarzten und unkorrekt Rechnung zu stellen. Sein Behandlungskostendurchschnitt ist im Verhältnis zu demjenigen BGE 106 V 40 S. 43 der Vergleichsärzte in der Zeit nach der Klageerhebung weiter angestiegen. Die vom Kantonalverband Luzerner Krankenkassen mit der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichten Belege deuten darauf hin, dass er auch in den Jahren 1977 und 1978 in zahlreichen Fällen unzutreffend Rechnung gestellt und den Behandlungskostendurchschnitt durch vorzeitigen Abschluss von Krankenscheinen beeinflusst hat. Das Verhalten des Beschwerdeführers lässt darauf schliessen, dass es ihm an den persönlichen Eigenschaften fehlt, wie sie für die Tätigkeit als Kassenarzt vorauszusetzen sind. Weil die Krankenkassen im allgemeinen nicht in der Lage sind, jede einzelne Rechnung zu überprüfen, müssen sie sich auf die Angaben des Arztes verlassen können; dies nicht nur im eigenen, sondern auch im Interesse der Versicherten und letztlich auch des Bundes, welcher die Krankenkassenleistungen subventioniert. Dieses Vertrauen kann dem Beschwerdeführer nicht mehr entgegengebracht werden, nachdem er sich trotz aller bisher gegen ihn ergriffenen Massnahmen uneinsichtig gezeigt und sich nicht dazu hat bewegen lassen, seine Tätigkeit nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und unter Beachtung des Kassentarifs auszuüben. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer das zwischen Kasse und Arzt unerlässliche Vertrauensverhältnis in einer Weise erschüttert hat, dass den Kassen eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht zugemutet werden kann. Es liegen mithin wichtige Gründe im Sinne von Art. 24 KUVG vor, weshalb der streitige Ausschluss grundsätzlich zu Recht besteht. c) Nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist ein dauernder Ausschluss von der Kassenpraxis nur ausnahmsweise zulässig (MAURER, a.a.O., S. 192; vgl. auch BGE 100 Ia 360 ). Praxisgemäss wird der Ausschluss in der Regel nur für einige Jahre ausgesprochen, was nach SCHWEIZER (a.a.O., S. 93) darin begründet ist, dass ein mehrjähriger oder gar dauernder Ausschluss eine für die wirtschaftliche Existenz ausserordentlich einschneidende Massnahme darstellt, zumal sich Ausschlussklagen in der Regel gegen Ärzte richten, deren Tätigkeit zur Hauptsache in der Kassenpraxis besteht. So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in grober Weise gegen BGE 106 V 40 S. 44 den Vertrauensgrundsatz verstossen und über Jahre hinweg ungeachtet der gegen ihn erhobenen Verfahren an seiner pflichtwidrigen Einstellung festgehalten hat, so dass eine Änderung nurmehr aufgrund eines Ausschlusses von einer gewissen Dauer erwartet werden kann. In Würdigung der gesamten Umstände erweist sich der von der Vorinstanz verfügte Ausschluss von 2 1/2 Jahren nicht als unverhältnismässig. Hieran vermag der Einwand des Beschwerdeführers, wonach der Ausschluss geeignet sei, seine fachlichen Fähigkeiten zu beeinträchtigen, nichts zu ändern. Der vorinstanzliche Entscheid ist daher auch mit Bezug auf die Dauer des verfügten Ausschlusses nicht zu beanstanden. d) Die Vorinstanz stellt schliesslich zu Recht fest, dass der Ausschluss für das gesamte Tätigkeitsgebiet der am Verfahren beteiligten Kassen wirksam wird.
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
bbb94ceb-5324-4f64-9349-cea101e85cfa
Urteilskopf 108 V 103 26. Auszug aus dem Urteil vom 18. August 1982 i.S. Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit gegen Frei und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 19 Abs. 2 AlVV . Das Erfordernis der Überprüfbarkeit der beitragspflichtigen Beschäftigung (Art. 9 Abs. 2 AlVB) gilt sinngemäss auch im Rahmen des Art. 19 Abs. 2 AlVV , wenn zu beurteilen ist, ob der Auslandaufenthalt zu Ausbildungszwecken zu einer Verlängerung der 365tägigen Nachweisperiode gemäss Art. 12 Abs. 1 AlVV führt.
Erwägungen ab Seite 104 BGE 108 V 103 S. 104 Aus den Erwägungen: 2. a) Streitig ist, ob der Aufenthalt in der englischsprechenden Familie des Donald Benz in USA als ausbildungsbedingt im Sinne von Art. 19 Abs. 2 AlVV gelten kann. Die Vorinstanz ging in rechtlicher Hinsicht davon aus, die fragliche Verordnungsbestimmung anerkenne nicht nur den Besuch einer Schule als Ausbildung; denn eine derartige Einschränkung müsste sich aus dem Wortlaut ergeben. Die in einer englischsprechenden Familie vermittelten Kenntnisse seien nicht weniger wichtig als die sprachliche Förderung in einer Schule, weshalb sich auch von der Sache her eine Gleichstellung aufdränge. Das Bundesamt wendet dagegen u.a. ein: "Der vorinstanzlichen Auffassung könnten wir erst dann zustimmen, wenn eine solche Sprachausbildung aufgrund eines nachweisbaren Lernprogrammes mit entsprechenden Lernzielen betrieben wird; sie sollte zum mindesten mit einer kursmässigen Ausbildung vergleichbar sein und sowohl in zeitlicher als auch in qualitativer Hinsicht überprüfbar sein. Analog zu Artikel 13 Abs. 3 AlVV muss ferner die sprachliche Aus- und Weiterbildung die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten fördern. Ein Sprachaufenthalt im Ausland hat aus der Sicht der Arbeitslosenversicherung zur Hauptsache diesem Zweck zu dienen. Eine andere Auslegung wäre mit der Zweckgebundenheit der Mittel dieser Sozialversicherung nicht vereinbar. Bekanntlich sind die Erscheinungsformen der Sprachausbildung derart vielfältig, dass ohne die obgenannten Kriterien eine klare Abgrenzung zwischen einem Sprachaufenthalt zu Ausbildungszwecken und einem Aufenthalt bei Bekannten und Verwandten oder Ferienaufenthalten im Ausland, die im weitesten Sinn ebenfalls eine sprachliche Ausbildung vermitteln könnten, nicht möglich ist. An diese Versicherten sind aus Gründen der Rechtsgleichheit dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Versicherten, die im Inland einer überprüfbaren sprachlichen Aus- oder Weiterbildung nachgehen und sich darüber auch auszuweisen haben. Ferner wäre nicht einzusehen, weshalb die Versicherten, die sich zu Arbeitszwecken im Ausland aufhalten und gemäss bestehender Praxis ihre Tätigkeit ausführlich und überprüfbar zu belegen haben, strenger behandelt werden sollten als Versicherte, die sich zu Ausbildungszwecken im Ausland aufhalten." b) Der Argumentation des Bundesamtes ist jedenfalls insoweit zuzustimmen, als für den Aufenthalt zu Ausbildungszwecken im Sinne von Art. 19 Abs. 2 AlVV das Erfordernis der Überprüfbarkeit zu verlangen ist; denn dieses Kriterium findet sich in Art. 9 Abs. 2 AlVB, welcher generell von einer genügend überprüfbaren Beschäftigung als Arbeitnehmer spricht (dazu ARV 1981 Nr. 25 BGE 108 V 103 S. 105 S. 111 Erw. 3 mit Hinweisen, 1980 Nr. 3 S. 6 Erw. 3a). Wenn der Gesetzgeber im Regelfall die Kontrollierbarkeit vorschreibt, ist nicht einzusehen, warum es sich im Sonderfall des Art. 19 Abs. 2 AlVV anders verhalten sollte. Im übrigen gilt der Grundsatz der Überprüfbarkeit auch hinsichtlich der weiteren Anspruchsvoraussetzung des anrechenbaren Verdienstausfalles ( Art. 24 Abs. 2 lit. c AlVG , Art. 23 ff. AlVV ; BGE 106 V 56 Erw. 3 mit Hinweis, vgl. auch 107 V 60 Erw. 1).
null
nan
de
1,982
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CH_BGE_007
CH
Federation
bbcb4bfc-ac60-4ca6-a874-8836ca16cf70
Urteilskopf 138 III 46 7. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 4A_635/2011 du 10 janvier 2012
Regeste Gesuch um vorsorgliche Beweisführung; eigenständiges Verfahren; Zwischenentscheid ( Art. 93 Abs. 1 BGG ). Der das Gesuch um Anordnung eines Gutachtens im Rahmen eines eigenständigen Verfahrens gutheissende Entscheid ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 BGG (E. 1.1), gegen den die sofortige Beschwerde im zu beurteilenden Fall nicht offensteht (E. 1.2).
Erwägungen ab Seite 46 BGE 138 III 46 S. 46 Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( ATF 137 III 417 consid. 1 et les arrêts cités). 1.1 Les décisions portant sur l'administration de preuves à futur sont des mesures provisionnelles au sens de la LTF (cf. art. 98; ATF 133 III 638 consid. 2 p. 639). Une mesure provisionnelle donne lieu à une décision finale ( art. 90 LTF ) lorsqu'elle est rendue dans une procédure indépendante d'une procédure principale et qu'elle y met un terme ( ATF 134 I 83 consid. 3.1 p. 86; ATF 133 III 589 consid. 1 p. 590; cf. également ATF 137 III 324 consid. 1.1 p. 327). La décision rejetant une requête de preuve à futur dans le cadre d'une procédure indépendante met fin à cette procédure; il s'agit d'une décision finale au sens de l' art. 90 LTF (cf. MARK SCHWEIZER, Vorsorgliche Beweisabnahme nach schweizerischer Zivilprozessordnung und Patentgesetz, ZZZ 2010 p. 28). En revanche, la décision BGE 138 III 46 S. 47 admettant une requête de preuve à futur et ordonnant l'administration de la preuve ne termine pas nécessairement la procédure; celle-ci se poursuit jusqu'à ce que la preuve soit administrée (SCHWEIZER, op. cit., p. 30). Dans le cas d'une expertise hors procès, le juge devra peut-être, avant que la procédure ne prenne fin, nommer un autre expert, comme dans la présente espèce, ou transmettre à l'expert d'éventuelles questions complémentaires des parties, ou encore se prononcer sur une demande de révocation de l'expert (cf. arrêt 5A_435/2010 du 28 juillet 2010 consid. 1.1.1). Par conséquent, la décision admettant une requête d'expertise dans le cadre d'une procédure indépendante n'est pas une décision finale, mais une décision incidente au sens de l' art. 93 al. 1 LTF , c'est-à-dire une décision incidente notifiée séparément qui ne porte ni sur la compétence ni sur une demande de récusation (cf. art. 92 al. 1 LTF ). 1.2 Aux termes de l' art. 93 al. 1 LTF , le recours immédiat contre une telle décision n'est possible que si elle peut causer un préjudice irréparable (let. a) ou si l'admission du recours peut conduire immédiatement à une décision finale permettant d'éviter une procédure probatoire longue et coûteuse (let. b). Le préjudice irréparable dont il est question à l' art. 93 al. 1 let. a LTF doit être de nature juridique et ne pas pouvoir être réparé ultérieurement par une décision finale favorable au recourant ( ATF 137 V 314 consid. 2.2.1 p. 317 et les arrêts cités). Il appartient au recourant d'expliquer en quoi la décision entreprise remplit les conditions de l' art. 93 LTF , sauf si ce point découle manifestement de la décision attaquée ou de la nature de la cause ( ATF 134 II 137 consid. 1.3.3 p. 141; ATF 134 III 426 consid. 1.2 p. 429; ATF 133 III 629 consid. 2.4.2 p. 633). L'arrêt attaqué déclare irrecevable un appel du recourant contre la décision incidente admettant la requête d'expertise hors procès de l'intimée, de sorte que la procédure de preuve à futur continue en première instance. L'administration de la preuve, à savoir l'examen d'une moquette posée par le recourant, n'est manifestement pas susceptible de provoquer un préjudice juridique irréparable. Quant au prononcé accessoire sur les frais et dépens contenu dans une décision incidente, il n'est d'emblée pas de nature à causer un tel préjudice ( ATF 135 III 329 consid. 1.2 p. 331 ss). La condition posée par l' art. 93 al. 1 let. a LTF n'est pas réalisée en l'espèce. BGE 138 III 46 S. 48 La Cour d'appel a rendu un arrêt d'irrecevabilité et ne s'est pas prononcée sur le bien-fondé de la décision de première instance. Contre un tel arrêt, seules les conclusions du recours tendant à l'annulation et au renvoi sont admissibles, à l'exclusion des conclusions sur le fond, lesquelles supposent que l'autorité précédente soit entrée en matière (FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 17 ad art. 42 LTF p. 276). En effet, s'il annule un arrêt d'irrecevabilité, le Tribunal fédéral ne statue pas lui-même sur le fond, mais renvoie la cause à l'autorité d'appel afin que le justiciable ne soit pas privé d'un degré de juridiction (cf. arrêt 4A_330/2008 du 27 janvier 2010 consid. 2.1, non publié in ATF 136 III 102 ). Dans le cas présent, l'admission du recours ne pourrait dès lors pas conduire immédiatement à une décision finale. Au demeurant, le recourant ne démontre pas que l'administration de l'expertise ordonnée à titre de preuve à futur serait longue et coûteuse, sans qu'il soit manifeste que tel serait le cas. La condition posée à l' art. 93 al. 1 let. b LTF n'est pas non plus remplie dans le cas particulier. Il s'ensuit que l'arrêt attaqué ne peut pas faire l'objet d'un recours immédiat au Tribunal fédéral. Le recours est irrecevable.
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Urteilskopf 94 I 597 82. Extrait de l'arrêt du 13 novembre 1968 dans la cause Deslarzes contre Conseil d'Etat du canton du Valais
Regeste Art. 31 und 32 quater BV . Wirtschaften, Polizeistunde. 1. Wirtschaftsbetriebe, die unter Art. 32 quater BV fallen, unterstehen auch den polizeilichen Beschränkungen von Art. 31 Abs. 2 BV . 2. Die Festsetzung der Schliessungszeiten für Wirtschaftsbetriebe (Polizeistunde) ist eine polizeiliche Massnahme, die dazu bestimmt ist, die Nachtruhe zu gewährleisten und die Gesundheit des Personals zu schützen. 3. Der für Verwaltungsmassnahmen geltende Grundsatz der Verhältnismässigkeit erfordert nicht, dass die Schliessungszeit den Bedürfnissen jedes Betriebes angepasst sei; es genügt, wenn sie, allgemein betrachtet, das richtige Mittel zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zieles ist.
Sachverhalt ab Seite 597 BGE 94 I 597 S. 597 A.- La loi valaisanne du 24 novembre 1916 "sur les hôtels, auberges, débits de boissons et autres établissements similaires..." (en abrégé: loi cantonale) subordonne à l'octroi d'une BGE 94 I 597 S. 598 concession l'exploitation des établissements qui y sont énumérés. La concession est délivrée par le Conseil d'Etat s'il s'agit d'hôtels ou d'établissements qui fournissent le logement aux voyageurs ou à des pensionnaires (art. 2 al. 1 et 6 al. 1). Pour les autres établissements, les concessions sont accordées par le Conseil communal (art. 2 al. 2 et 15). Les concessions accordées par le Conseil communal sont communiquées au Département des finances (art. 26). Celui-ci peut présenter au Conseil d'Etat, dans un délai de quinze jours, une requête en annulation d'une concession dont l'octroi paraît violer les prescriptions légales (art. 27). Selon l'art. 16 de la loi, le nombre des débits de boissons dans une commune ne peut excéder la proportion d'un débit pour 200 habitants et les concessions accordées en dérogation à cette règle doivent être approuvées par le Conseil d'Etat. Enfin, aux termes de l'art. 49 al. 1, "les établissements dont l'exploitation est concédée par l'autorité communale (art. 15) doivent être fermés et la vente des boissons y est interdite" dès 23 heures. La loi ne prévoit pas une réglementation de ce genre pour les hôtels. B.- Dame Eliane Deslarzes est titulaire d'une concession d'hôtel, délivrée par le Conseil d'Etat, et d'une concession de bar-café-restaurant, délivrée par le Conseil communal, pour l'hôtel du Parc qu'elle exploite à Verbier, sur le territoire de la commune de Bagnes, où le nombre des débits de boissons dépasse la proportion fixée à l'art. 16 de la loi. Le 30 octobre 1967, elle a demandé par une lettre adressée à l'Etat du Valais, avec copie à la commune de Bagnes, l'octroi d'une concession complémentaire pour l'exploitation d'un club privé dans un local qu'elle avait spécialement aménagé à l'entresol de l'hôtel. Par lettre du 13 décembre 1967, le Conseil communal de Bagnes informa le Département cantonal des finances qu'il avait accordé à dame Deslarzes, le 24 novembre 1967, "une concession complémentaire en extension du bar-café-restaurant, sous forme de club privé, pour l'hôtel du Parc". Statuant le 22 mars 1968, le Conseil d'Etat rendit la décision suivante: "1. La décision du Conseil communal de Bagnes du 24.11.1967 accordant à Mme Deslarzes-Perrodin Eliane une concession complémentaire de club privé en extension de sa concession de café-restaurant n'est pas homologuée; BGE 94 I 597 S. 599 2. L'utilisation du local à l'enseigne ,King's club' est admise sans restriction pour les clients logeant à l'hôtel du Parc; 3. Toute autre personne, membre ou non-membre du club, ne pourra y demeurer au-delà des heures habituelles de police." Cette décision fut notifiée le 10 avril 1968. C.- Le 8 mai 1968, dame Deslarzes forma contre cette décision un recours de droit public; elle adressa également au Conseil d'Etat une demande de reconsidération. Dans son recours de droit public, elle se plaint de violation de l'art. 31 Cst. et d'arbitraire dans l'application des art. 3 et 15 de la loi cantonale. A son avis, les restrictions dans l'exploitation d'un établissement public ne sont admissibles que dans les limites de l'art. 32 quater Cst., c'est-à-dire si elles sont prises pour favoriser le bien-être public. Comme le Conseil d'Etat admet d'une part l'existence d'un besoin à l'ouverture du club, mais que d'autre part il n'autorise la fréquentation du local, après les heures officielles de fermeture, qu'aux clients de l'hôtel, il va au-delà du but autorisé par l'art. 32 quater Cst. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1 ... 2. La recourante voit une violation de la liberté du commerce et de l'industrie dans le fait que le Conseil d'Etat aurait dépassé les limites fixées par l'art. 32 quater Cst.: selon cette disposition, les restrictions à l'exploitation des auberges ne se justifient que si elles servent le bien-être général, c'est-à-dire si elles tendent à lutter contre l'alcoolisme. A l'avis de la recourante, le Conseil d'Etat n'aurait pas suffisamment considéré ce point et n'aurait pas tenu compte du cas spécial d'un club privé. a) Comme la concession requise en vue de l'exploitation d'un club privé a été accordée, il est inutile de rechercher si une telle concession aurait pu être refusée, sur la base de l'art. 32 quater Cst., pour défaut de besoin, ni si, pour l'examen de la question du besoin, l'autorité pouvait prendre en considération l'ensemble des débits de boissons ou si elle devait se limiter à examiner uniquement le besoin en clubs privés. Il s'agit en revanche de savoir si d'autres restrictions sont applicables aux établissements publics, notamment celles qui BGE 94 I 597 S. 600 découlent de l'art. 31 al. 2 Cst. La réponse à cette question doit être affirmative. Il est vrai que les restrictions prévues à l'art. 32 quater Cst., vont plus loin que la simple restriction de police et qu'elles doivent dans chaque cas reposer sur une base légale; elles sont néanmoins limitées par leur but spécifique de lutte contre l'alcoolisme. En revanche, les restrictions découlant de l'art. 31 al. 2 Cst. sont édictées dans l'intérêt public général, par quoi il faut entendre la sécurité, la tranquillité, la moralité et la santé publiques, ainsi que la protection de la bonne foi en affaires (RO 86 I 274, 87 I 189 consid. 1b); elles visent à protéger toutes les valeurs que les mesures de police ont traditionnellement pour but de sauvegarder. Si une telle protection ne s'appliquait pas à l'égard des exploitations qui tombent sous le coup de l'art. 32 quater, il en résulterait un privilège inadmissible envers des branches d'activité que le constituant considère justement comme particulièrement dangereuses pour le bienêtre public. Ce n'est manifestement pas ce qui a été voulu. La fixation d'heures de fermeture pour les établissements publics est une mesure de police générale; elle ne tend pas seulement au bien-être public par la limitation de la vente des boissons alcooliques, mais s'applique aussi à tous les établissements, même à ceux qui ne vendent pas d'alcool. Comme les prescriptions sur la fermeture des magasins, elle sert avant tout à assurer le maintien de la tranquillité nocturne et à garantir le personnel de service contre une trop grande mise à contribution. C'est ce qu'a toujours admis le Tribunal fédéral (RO 44 I 151), de même que, précédemment déjà, le Conseil fédéral (SALIS, Bundesrecht, 2e éd., nos 983 et 984; NEF, FJS 621 III). C'est ainsi que les lois cantonales sur les auberges prévoient en général, sans qu'on en conteste la validité, des heures de fermeture pour tous les établissements publics, aussi bien pour ceux qui servent de l'alcool que pour ceux qui n'en servent pas. b) Comme toutes les prescriptions de police, celles qui concernent les heures de fermeture des établissements publics doivent se conformer au principe de la proportionnalité des mesures administratives, c'est-à-dire qu'elles doivent être adaptées au but d'intérêt public visé et ne pas aller au-delà de ce qui est nécessaire pour atteindre ce but (RO 93 I 715). Cela ne signifie cependant pas que l'heure de fermeture doit être adaptée aux besoins d'un établissement déterminé, c'est-à-dire BGE 94 I 597 S. 601 aux désirs des hôtes d'un tel établissement de pouvoir y séjourner au-delà des heures habituelles de fermeture des établissements publics. C'est dans l'ensemble que la réglementation des heures de fermeture doit être adaptée au but recherché, qui est notamment la tranquillité nocturne et la sauvegarde de la santé du personnel. Il n'y a donc pas à rechercher en l'espèce si les futurs clients éventuels du "King's club" de Verbier souhaiteraient la prolongation du temps d'ouverture et si l'on pourrait attendre d'eux qu'ils n'entravent ni la tranquillité nocturne en général ni le repos du personnel de service, et qu'en outre ils se conduisent de telle façon qu'aucun excès d'alcool ne soit à craindre. L'heure de fermeture des établissements publics doit en principe être la même pour tous; si le législateur établit des heures différentes, il doit motiver les discriminations de manière suffisante. c) La loi cantonale fixe les heures de fermeture des établissements publics en son art. 49 de la manière suivante: "Les établissements dont l'exploitation est concédée par l'autorité communale (art. 15) doivent être fermés et la vente des boissons y est interdite: a) de 11 heures du soir à 6 heures du matin, du 1er mars au 1er novembre; de 11 heures du soir à 8 heures du matin, du 1er novembre au 1er mars; b) durant les offices paroissiaux du matin, les dimanches et les jours de fête assimilés au dimanche." L'art. 15, qui énumère les établissements soumis à une concession communale, énumère par le fait même ceux auxquels s'appliquent les heures de fermeture de l'art. 49, savoir: "a) les restaurants, les pensions alimentaires (ouverts au public) et tous les établissements analogues; b) les cafés, les débits de boissons et les cercles privés dans lesquels il est servi des boissons; c) les cafés sans alcool, les pâtisseries-crémeries, les cafés-chocolat et autres établissements du même genre." Il résulte de cette énumération que le législateur valaisan lui aussi a entendu donner à la réglementation des heures de fermeture des établissements publics le caractère d'une mesure de police générale et non pas simplement d'une mesure destinée à lutter contre l'alcoolisme. Il n'a pas dépassé le cadre fixé par l'art. 31 al. 2 Cst. Il suffit de constater que l'heure de fermeture BGE 94 I 597 S. 602 prévue par la loi valaisanne se tient dans des limites tout à fait convenables et ne viole pas, de ce fait, le principe dit de la proportionnalité. Quant aux exceptions à cette réglementation, elles sont fixées de façon précise; elles visent les buffets de gare (art. 49 al. 2 de la loi) et les dancings (art. 48 al. 4 du règlement d'exécution du 15 octobre 1924, modifié les 28 juin 1946 et 10 mars 1956). En outre, les Conseils communaux peuvent, par décision rendue publique, reculer l'heure d'ouverture et avancer l'heure de fermeture fixées à l'art. 49 de la loi; ils ne peuvent toutefois reculer l'heure de fermeture qu'à certains jours déterminés ou pour des circonstances spéciales (art. 50 de la loi); ces circonstances spéciales sont énumérées limitativement à l'art. 41 du réglement d'exécution de 1924. Ainsi la règlementation valaisanne des heures de fermeture des établissements publics est une mesure de police fondée sur l'art. 31 al. 2 Cst.; elle est adaptée au but d'intérêt public à atteindre, savoir la tranquillité nocturne et le repos du personnel. En n'accordant pas d'exception au "King's club" pour l'heure de fermeture, le Conseil d'Etat s'en est tenu à la réglementation légale; le refus d'y déroger ne constitue pas une violation de l'art. 31 Cst. Le grief soulevé par la recourante est donc mal fondé.
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Urteilskopf 135 V 261 32. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Gesundheitsnetz Wallis (GNW) gegen Comunitas Vorsorgestiftung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_1019/2008 vom 10. Juni 2009
Regeste Art. 53e Abs. 5 und 6 BVG . Verbleiben die Rentenbezüger im Falle der Kündigung des Anschlussvertrags durch die Vorsorgeeinrichtung bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung, so hat die Regelung von Art. 53e Abs. 5 und 6 BVG zur Folge, dass eine anschlussvertragliche Bestimmung unanwendbar wird, wonach im Falle der Kündigung des Anschlussvertrages der Arbeitgeber verpflichtet ist, der Vorsorgeeinrichtung den Barwert der künftigen Teuerungszulagen auf den Renten zu bezahlen (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 262 BGE 135 V 261 S. 262 A. Die Mitarbeiter der Walliser Spitäler waren bis 1984 bei der im Jahre 1966 gegründeten Pensionskasse des Schweizerischen Gemeindeverbands, ab 13. Januar 1988 Stiftung "Comunitas Pensionskasse des Schweizerischen Gemeindeverbandes", heute "Comunitas Vorsorgestiftung", (im Folgenden: Comunitas) berufsvorsorgeversichert. Am 22. Oktober 1984 vereinbarten die Comunitas und die Spitäler, dass die ab 1. Januar 1985 neu angestellten Mitarbeiter bei der Stiftung Pregehval (jetzt: Presv) versichert werden. Die vorher angestellten Mitarbeiter blieben bei der Comunitas versichert. Mit Dekret über das Gesundheitsnetz Wallis vom 4. September 2003 wurde das Gesundheitsnetz Wallis (im Folgenden: GNW) als öffentlich-rechtliche Persönlichkeit geschaffen, welche die einzelnen Spitäler zu einer Einheit zusammenschloss. Nachdem die Comunitas auf 1. Januar 2004 eine Prämienanpassung angekündigt hatte, prüfte das GNW, alle seine Mitarbeiter bei der Presv zu versichern. Nach einiger Korrespondenz zwischen dem GNW und der Comunitas kündigte diese am 28. Juni 2004 die bestehenden Anschlussverträge per 31. Dezember 2004. B. Nachdem über die Modalitäten der Auflösung keine Einigung zustande gekommen war, erhob die Comunitas am 3. Mai 2006 beim Kantonsgericht des Kantons Wallis Klage gegen das GNW mit dem Antrag, die Beklagte sei zu verurteilen, der Klägerin Fr. ... zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. Februar 2005 zu bezahlen. Mit Urteil vom 5. November 2008 erkannte das Kantonsgericht: "Das Gesundheitsnetz Wallis bezahlt der Comunitas als Einmalbeitrag zur Finanzierung des künftigen Teuerungsausgleichs von 2,22 % im BGE 135 V 261 S. 263 Jahresdurchschnitt auf den laufenden Renten den hierfür nach den versicherungstechnischen Grundlagen der Comunitas benötigten Betrag, zuzüglich Zins zu 5 % seit dem 1. Februar 2005; im Mehrbetrag wird die Klage abgewiesen." Das GNW wurde zudem zur Bezahlung der Gerichtskosten und einer Parteientschädigung an die Comunitas verpflichtet. C. Das GNW erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen; eventualiter sei die Sache zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Comunitas stellt den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat keine Stellungnahme eingereicht. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Bis zur 1. BVG-Revision war die Auflösung von Anschlussverträgen im BVG (SR 831.40) nicht ausdrücklich geregelt; namentlich fehlte es an einer Regelung darüber, was bei einer Auflösung des Anschlussvertrags für die Rentenbezüger gilt. Nach der Rechtsprechung wurde verlangt, dass das kasseninterne Recht eine entsprechende Regelung enthält. Fehlte es an einer solchen Regelung, so hatten die Rentenbezüger Anspruch darauf, dass die bisherige Vorsorgeeinrichtung weiterhin die gesetzlichen und reglementarischen Leistungen erbringt ( BGE 127 V 377 E. 5b S. 383 f.). Mit dem am 1. April 2004 in Kraft getretenen (AS 2004 1700) und intertemporalrechtlich hier anwendbaren Art. 53e BVG , der auch für die weiter gehende Vorsorge gilt ( Art. 49 Abs. 2 Ziff. 12 BVG ), besteht nun eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für diesen Fall. 4.2 Nach Wortlaut und Systematik von Art. 53e BVG besteht in Bezug auf das Schicksal der Rentenbezüger bei Vertragsauflösung eine differenzierte Regelung je nachdem, wer den Anschlussvertrag kündigt (JÜRG BRECHBÜHL, Umsetzungsprobleme im Einzelfall, in: Die 1. BVG-Revision, 2005, S. 43 ff., 50 f.; STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 480 ff. Rz. 1282 ff.): Löst der Arbeitgeber den Anschlussvertrag auf, so gilt in erster Linie die Regelung, welche der Anschlussvertrag für diesen Fall vorsieht. In zweiter Linie haben BGE 135 V 261 S. 264 sich die bisherige und die neue Vorsorgeeinrichtung über den Verbleib der Rentenbezüger bei der bisherigen oder den Wechsel zur neuen Vorsorgeeinrichtung zu einigen. Kommt auch eine solche Einigung nicht zustande, so verbleiben in dritter Linie die Rentner bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung (Abs. 4). Löst hingegen die Vorsorgeeinrichtung den Anschlussvertrag mit dem Arbeitgeber auf, so haben sich in erster Linie die bisherige und die neue Vorsorgeeinrichtung zu einigen. Kommt keine Vereinbarung zustande, so verbleiben in zweiter Linie die Rentenbezüger bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung (Abs. 5). In beiden Fällen gilt: Verbleiben die Rentenbezüger bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung, so bleibt der Anschlussvertrag mit Bezug auf die Rentenbezüger weiter bestehen (Abs. 6 Satz 1). Anders als im Falle der Kündigung durch den Arbeitgeber (Abs. 4) kann also die Vorsorgeeinrichtung, wenn sie selber kündigt (Abs. 5), nicht die Anwendbarkeit derjenigen Regelung herbeiführen, welche der Anschlussvertrag für diesen Fall enthält; es gibt nur zwei Möglichkeiten, nämlich entweder die Einigung der beiden Vorsorgeeinrichtungen oder der Verbleib bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung. Aufgrund dieser Systematik kann sich die Bestimmung in Abs. 6 Satz 1, wonach der Anschlussvertrag mit der bisherigen Vorsorgeeinrichtung in Bezug auf die Rentenbezüger weiter bestehen bleibt, nur auf diejenigen Bestimmungen des Anschlussvertrags beziehen, welche die gegenseitigen Rechte und Pflichten während der Geltungsdauer dieses Vertrags regeln, aber nicht auf diejenigen Bestimmungen, welche die Rechtsfolgen einer Auflösung des Vertrags regeln; diese Bestimmungen sind nur (gemäss Abs. 4) im Fall einer Kündigung durch den Arbeitgeber anwendbar. 4.3 Dieser sich aus Wortlaut und Systematik ergebende Sinn wird auch durch die Entstehungsgeschichte bestätigt: 4.3.1 Der heutige Art. 53e BVG war im Entwurf des Bundesrates für die 1. BVG-Revision (BBl 2000 2713) noch nicht enthalten. In der nationalrätlichen Subkommission wurde in Bezug auf die Auflösung von Anschlussverträgen Handlungsbedarf festgestellt. Zunächst wurde ein Vorschlag ausgearbeitet, wonach im Falle einer Auflösung von Kollektivversicherungsverträgen zwischen Versicherungseinrichtungen und Vorsorgeeinrichtungen ein Anspruch auf Deckungskapital besteht (entsprechend den heutigen Abs. 1-3 von Art. 53e BVG ). In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass Anschlussverträge oft vorsehen, dass bei Vertragsauflösung auch die Rentenbezüger die Vorsorgeeinrichtung wechseln müssen, was aber BGE 135 V 261 S. 265 zu Problemen führe, da die neue Vorsorgeeinrichtung in der Regel ein höheres als das vorhandene Deckungskapital verlange (Protokoll der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats [SGK-N], Subkommission BVG, vom 3. September 2001, S. 28-30). Zur Lösung dieses Problems standen zwei Varianten zur Diskussion: Nach der einen, ursprünglich vom BSV vorgeschlagenen, sollte, wenn die Rentner in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung verbleiben und somit Aktive und Rentner getrennt werden, die Vorsorgeeinrichtung für die Absicherung der finanziellen Belastungen verantwortlich sein, was allerdings vorfinanziert werden müsste. Nach der anderen sollte der Anschlussvertrag in Bezug auf die Rentner weiterlaufen und die Kosten dann finanziert werden, wenn sie anfallen. Dazu wurde die Formulierung vorgeschlagen: "Verbleiben die Rentner bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung, so bleibt der Anschlussvertrag mit Bezug auf die Rentner weiterhin bestehen" (entspricht heute Abs. 6 Satz 1). So müsse der Arbeitgeber den Anschlussvertrag weiterhin einhalten und könne die Rentner nicht einfach "abhängen" (Protokoll SGK-N, Subkommission BVG, vom 1. Oktober 2001, S. 13 ff., 44 ff.). Die Kommission einigte sich auf die zweite Lösung; auch der Vertreter des BSV schloss sich dem an und führte dazu aus, damit sei nur eine Teilauflösung des Anschlussvertrags möglich. In Bezug auf Rentner müsse der bisherige Anschlussvertrag weiterlaufen. Das bisherige Vorsorgewerk sowie der Arbeitgeber behielten ihre Verpflichtungen gegenüber den Rentnern im gleichen Ausmasse, wie wenn die Aktiven bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung bleiben würden (a.a.O., S. 52). Somit beschloss die Subkommission, in Art. 53c des Entwurfs (entspricht dem heutigen Art. 53d) einen neuen Abs. 3 bis einzufügen, welcher dem heutigen Art. 53e Abs. 4 Satz 1, ohne den letzten Relativsatz, sowie Abs. 6 BVG entsprach. Ferner wurde ein neuer Art. 53d vorgeschlagen, welcher etwa den heutigen Abs. 1-3 und 8 von Art. 53e BVG entsprach. Die Gesamtkommission folgte diskussionslos dem Vorschlag der Subkommission (Protokoll SGK-N vom 30. Januar/1. Februar 2002, S. 59), der auch im Nationalrat ohne Diskussion angenommen wurde (AB 2002 N 553 f.). 4.3.2 Der Ständerat übernahm diese Fassung, fügte allerdings den Abs. 3 bis von Art. 53c des Entwurfs ebenfalls in den neuen Art. 53d (heute Art. 53e BVG ) ein (AB 2002 S 1050). 4.3.3 In der Differenzbereinigung wurde die Bestimmung von der nationalrätlichen Subkommission unter Beizug von Experten BGE 135 V 261 S. 266 nochmals überprüft. Dabei wurde auch der vorher nicht geregelte Fall diskutiert, dass die Vorsorgeeinrichtung den Anschlussvertrag kündigt. Dafür schlug ein Experte die Lösung vor, die dem heutigen Abs. 5 von Art. 53e BVG entspricht. Im Unterschied zum Fall der Kündigung durch den Arbeitgeber (Abs. 4) wurde hier kein Vorbehalt der anschlussvertraglichen Regelung aufgenommen. Damit sollten ausdrücklich anderslautende vertragliche Regelungen ausgeschlossen werden; die zwingende Regelung des BVG (Verbleib bei der bisherigen Vorsorgeeinrichtung) sollte vorgehen, wenn sich die Vorsorgeeinrichtungen nicht einigen können; damit sollte vermieden werden, dass die Rentenbezüger die Leidtragenden sind, wenn die Vorsorgeeinrichtung den Vertrag kündigt, weil z.B. der Arbeitgeber die Beiträge nicht mehr bezahlt. Für diesen Fall (Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers) wurde dann eine Gesetzesdelegation an den Bundesrat vorgesehen (heutiger Abs. 7 von Art. 53e BVG ; Protokoll SGK-N, Subkommission BVG, vom 6. März 2003, S. 18 ff.). In dieser Form wurde der Vorschlag vom Nationalrat (AB 2003 N 629) und in der Folge auch vom Ständerat (AB 2003 S 452) angenommen. 4.3.4 Damit bestätigt sich auch aus der Entstehungsgeschichte: Im Falle der Kündigung durch die Vorsorgeeinrichtung sollen mangels Einigung zwischen den Vorsorgeeinrichtungen die Rentner unter Weitergeltung des Anschlussvertrags in der bisherigen Vorsorgeeinrichtung verbleiben; der Arbeitgeber (und die bisherige Vorsorgeeinrichtung) soll im Verhältnis zu den Rentenbezügern weiterhin diejenigen Pflichten haben, welche er hätte, wenn der Anschlussvertrag nicht gekündigt worden wäre. 5. 5.1 Vorliegend ist unbestritten, dass die bestehenden Anschlussvereinbarungen von der Vorsorgeeinrichtung gekündigt wurden und keine Einigung zwischen der bisherigen und der neuen Vorsorgeeinrichtung über die Übernahme der Rentner vorliegt. Damit besteht nach der dargelegten gesetzlichen Regelung der Anschlussvertrag mit Bezug auf die Rentenbezüger weiter ( Art. 53e Abs. 5 und 6 BVG ). 5.2 Die Beschwerdegegnerin gründet ihren Anspruch auf Art. 9 Ziff. 4 der bisherigen Anschlussverträge bzw. auf Art. 11 Abs. 2 ihrer Reglemente. Art. 9 der Anschlussvereinbarungen trägt den Titel "Auflösung der Anschlussvereinbarung". Nach Abs. 1 kann der BGE 135 V 261 S. 267 Anschlussvertrag vom Arbeitgeber oder von der Vorsorgeeinrichtung gekündigt werden. Die Kündigung des Anschlusses zieht den Austritt sämtlicher bei der Comunitas versicherten Personen nach sich (Abs. 2). Die gesamte Austrittsleistung entspricht dem Total der für alle versicherten Personen individuell berechneten Guthaben (Abs. 3). Abs. 4 lautet sodann (gleichlautend mit Art. 11 der Reglemente): "Alle bereits ausgelösten Leistungen der rentenberechtigten Personen werden an die neue Vorsorgeeinrichtung übertragen. Ist dies nicht möglich, verpflichtet sich der austretende Arbeitgeber, der COMUNITAS den Barwert der künftigen Teuerungszulagen zu vergüten. Dieser Barwert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Rentenbarwert zum technischen Zins und dem Rentenbarwert zum Zins Null." Art. 9 des Anschlussvertrags regelt somit nach seinem Wortlaut und Sinn die Rechtsfolgen einer Vertragskündigung. Er sieht in diesem Fall grundsätzlich den Austritt der Versicherten und die Übertragung des Austritts- bzw. Deckungskapitals vor. Wenn dies bezüglich der Rentenbezüger nicht möglich ist, bleiben diese zwar in der Vorsorgeeinrichtung, aber der Vertragsinhalt wird geändert: Anstatt wie bisher die laufenden vertraglichen Pflichten zu erfüllen, muss der Arbeitgeber im Sinne einer einmaligen und endgültigen finanziellen Auseinandersetzung der Vorsorgeeinrichtung diejenigen Mittel vergüten, die zur Sicherstellung künftiger Teuerungszulagen erforderlich sind. 5.3 Nach der dargelegten gesetzlichen Regelung sind jedoch im Falle der Kündigung durch die Vorsorgeeinrichtung gerade nicht diejenigen Bestimmungen anwendbar, welche im Anschlussvertrag selber für den Fall seiner Beendigung enthalten sind. Es erfolgt nicht eine endgültige finanzielle Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung, wobei der Arbeitgeber zwecks Vorfinanzierung künftiger Leistungen einen einmaligen Beitrag schuldet. Eine solche Regelung stand zwar im Gesetzgebungsverfahren zur Diskussion, doch wurde gerade die andere Lösung gewählt, wonach in Bezug auf die Rentenbezüger der Anschlussvertrag weitergeführt wird, wie wenn er nicht gekündigt worden wäre (vorne E. 4.3.1). Diese zwingende gesetzliche Regelung geht den anschlussvertraglichen und reglementarischen Regelungen vor ( Art. 50 Abs. 3 BVG ; vorne E. 4.3.3). Art. 9 (inkl. Abs. 4) des Anschlussvertrags und Art. 11 des Reglements sind damit nicht anwendbar. Es besteht somit keine Verpflichtung des Beschwerdeführers, den Barwert der künftigen Teuerungszulagen zu vergüten. BGE 135 V 261 S. 268 5.4 Der Beschwerdeführer wird stattdessen weiterhin in Bezug auf die Rentenbezüger seine anschlussvertraglichen Pflichten zu erfüllen haben und der Beschwerdegegnerin diejenigen Leistungen aus dem Anschlussvertrag schulden, welche allenfalls darin zur Finanzierung der laufenden Leistungen der Rentenbezüger vorgesehen sind. Dies bedeutet, dass er die Leistungen, die er gemäss Anschlussvertrag allenfalls für die Finanzierung von Teuerungszulagen zu leisten hat, auch in Zukunft jeweils erbringen muss, aber gerade nicht im Zeitpunkt der Auflösung des Anschlussvertrags auf einmal bezahlen muss. Er macht geltend, er habe im Vorfeld des hängigen Prozesses angeboten, der Beschwerdegegnerin jährlich die effektive Erhöhung der Renten zu finanzieren, was die Beschwerdegegnerin jedoch abgelehnt habe. Die Beschwerdegegnerin bestätigt diese Darstellung. Derartige jährliche Leistungen sind nicht eingeklagt worden und bilden nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Es braucht daher nicht beurteilt zu werden, ob die Anschlussverträge tatsächlich eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Finanzierung von Teuerungszulagen auf laufenden Renten enthalten bzw. ob die Teuerungsanpassungen nach dem Reglement der Beschwerdegegnerin umlagefinanziert sind, wie die Vorinstanz angenommen hat. Ebensowenig ist im vorliegenden Verfahren zu entscheiden, ob ein nicht vorfinanzierter Teuerungsausgleich zu einer Unterdeckung und einem entsprechenden Abzug bei dem von der Beschwerdegegnerin an die neue Vorsorgeeinrichtung überwiesenen Deckungskapital ( Art. 53d Abs. 3 BVG ; Art. 19 FZG [SR 831. 42]) geführt hätte, wie die Vorinstanz weiter erwogen hat. Immerhin ist zu bemerken, dass eine Unterdeckung nur entsteht, soweit das notwendige Vorsorgekapital nicht gedeckt ist (Anhang Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1]), worunter der Barwert einer Teuerungsanpassung, welche nur nach Massgabe der finanziellen Möglichkeiten entrichtet wird ( Art. 36 Abs. 2 BVG ), grundsätzlich nicht gehört; denn eine solche Teuerungsanpassung wird primär aus den freien Mittel finanziert (Botschaft des Bundesrates vom 1. März 2000 zur 1. BVG-Revision, BBl 2000 2693 Ziff. 4.1 zu Art. 36 Abs. 2 BVG ), welche definitionsgemäss nicht zum Deckungskapital gehören.
null
nan
de
2,009
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
bbd57409-a09d-48f7-9ec0-9a20e219f8b4
Urteilskopf 110 Ia 51 8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. März 1984 i.S. Politische Gemeinde Elsau gegen "Winterthur" Lebensversicherungsgesellschaft und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Gemeindeautonomie; Ortsplanung. 1. Befugnis des Zürcher Regierungsrates zur Überprüfung kommunaler Zonenpläne (E. 3). 2. Anwendungsfall, in dem der Zürcher Regierungsrat zu Recht eine Gemeinde zur Einzonung eines Grundstücks anweist, das diese mangels Groberschliessung der Reservezone zugewiesen hat, obschon es innerhalb des Baugebiets liegt und aller Voraussicht nach innert 15 Jahren für die Überbauung benötigt wird (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 52 BGE 110 Ia 51 S. 52 Bei der Revision ihrer Ortsplanung wies die Politische Gemeinde Elsau das vormals in der Wohnzone gelegene Grundstück GB Nr. 151 der Reservezone zu. Die Grundeigentümerin, die "Winterthur" Lebensversicherungsgesellschaft, rekurrierte dagegen zuerst an die zuständige Baurekurskommission und alsdann an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Dieser lud die Gemeinde in Gutheissung des Rekurses ein, ihre Nutzungsplanung im Sinne der Erwägungen zu ändern. Die Politische Gemeinde Elsau führt mit Eingabe vom 14. September 1983 staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Sie rügt eine Verletzung ihrer Autonomie und beantragt, den Entscheid des Regierungsrates vom 6. Juli 1983 aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerin legt zutreffend dar, dass der Regierungsrat den von der Gemeinde beschlossenen Zonenplan auf "Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Angemessenheit" zu prüfen hat (§ 5 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975; PBG). Sie kann daher nur dann mit Erfolg eine Verletzung ihrer Autonomie geltend machen, wenn der Eingriff des Regierungsrates in die kommunale Gestaltungsfreiheit sich nicht mit vernünftigen, sachlichen Gründen vertreten lässt. Auch darf der Regierungsrat nicht einfach das Ermessen der Gemeinde durch sein eigenes Ermessen ersetzen. Er hat es in Übereinstimmung mit der Regel von Art. 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) den Gemeinden zu überlassen, unter mehreren verfügbaren und zweckmässigen Lösungen zu wählen ( BGE 106 Ia 71 /72; Urteil vom 27. Oktober 1982 i.S. Wetzikon, E. 3c, ZBl 84/1983, S. 317; Urteil vom 3. Februar 1982 i.S. Mühledorf, E. 3b, ZBl 83/1982, S. 352/353). Der Regierungsrat kann jedoch bei seiner Zweckmässigkeitskontrolle nicht erst einschreiten, wenn die Lösung der Gemeinde ohne sachliche Gründe getroffen wurde und schlechthin unhaltbar BGE 110 Ia 51 S. 53 ist. Die kantonalen Behörden dürfen sie vielmehr korrigieren, wenn sie sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder wenn sie den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt. Verlangt die kantonale Behörde von der Gemeinde mit vernünftiger, sachlicher Begründung eine Änderung der Zonenplanung, um sie mit den gesetzlichen Anforderungen in Übereinstimmung zu bringen, so kann sich die Gemeinde nicht mit Erfolg über eine Verletzung ihrer Autonomie beklagen (angeführte Urteile, ZBl 84/1983, S. 318, E. 3c; 83/1982, S. 354, E. 3c). 4. Im Lichte dieser Grundsätze ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden. a) Gemäss § 16 PBG ist die Richtplanung für die Nutzungsplanung verbindlich. Nach dem kommunalen Richtplan der Gemeinde Elsau befindet sich die annähernd 27'000 m2 grosse Parzelle GB Nr. 151 der Beschwerdegegnerin zum überwiegenden Teil im Wohngebiet und zum kleineren Teil im Erholungsgebiet. Dieser Einteilung entspricht die vom Regierungsrat verlangte Änderung des Zonenplans, wonach das Grundstück im entsprechenden Verhältnis der Wohn- und der Freihaltezone zugewiesen werden soll. Wie der Regierungsrat anerkennt, ist es nicht von vornherein unzulässig, anstelle dieser Zonen eine Reservezone anzuordnen. Doch müsste feststehen, dass das Wohngebiet erst nach Ablauf von 15 Jahren für eine Überbauung benötigt und erschlossen wird ( Art. 15 lit. b RPG ; § 47 Abs. 2 PBG ). Träfe das zu, wäre es auch nicht unzulässig, ein innerhalb des Wohngebiets vorgesehenes Erholungsgebiet erst dann mit einer Freihaltezone zu sichern, wenn die Wohnzone festgelegt wird. Hiefür könnten planerisch sachgerechte Erwägungen sprechen, wie etwa jene, die Freihaltezone auf die Wohnzone abzustimmen sowie richtig und parzellenscharf zu begrenzen, oder jene, eine Landumlegung anzuordnen, um die Nutzungsplanung durchführen zu können ( Art. 20 RPG ). b) Im vorliegenden Fall begründet die Gemeinde die Zuweisung der Parzelle GB Nr. 151 in die Reservezone im wesentlichen damit, dass ihrer Meinung nach die Groberschliessung fehle. Sie anerkennt, dass sie das grosse Areal, das innerhalb des überbauten Gebiets liegt, nicht zur Verkleinerung zu grosser Bauzonen in die Reservezone eingewiesen hat. Da die Bauzonen auf den voraussichtlichen Bedarf der nächsten 15 Jahre zu bemessen sind ( Art. 15 lit. b RPG ; § 47 Abs. 2 PBG ), ist demnach damit zu rechnen, dass die Parzelle innert dieser Zeitspanne für eine Überbauung benötigt BGE 110 Ia 51 S. 54 wird. Andernfalls hätte die Auszonung mit der zu grossen Ausdehnung der Bauzonen begründet werden müssen. Der Regierungsrat und die Grundeigentümerin sind denn auch der Meinung, es bestehe ein Bedarf nach Bauland der Wohnzone W3; jedenfalls könne nicht von einer überdimensionierten Baulandkapazität gesprochen werden. Die Gemeinde bestreitet die Richtigkeit dieser Aussage nicht. Verhält es sich so, dann widerspricht die Einweisung des Areals in die Reservezone den verbindlichen Planungsgrundsätzen des eidgenössischen und des kantonalen Rechts, wonach Bauzonen Land umfassen, das sich für die Überbauung eignet und voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird ( Art. 15 lit. b RPG ; § 47 Abs. 2 PBG ). c) Die Gemeinde macht geltend, das Land sei nicht grob erschlossen, da die Gemeindeversammlung beschlossen habe, im Verkehrsplan die bisher als Sammelstrasse ausgewiesene Elsauerstrasse als solche zu streichen. Das führt zu keinem andern Ergebnis. Die Gemeinde übersieht, dass sie von Bundesrechts wegen verpflichtet ist, die richtig bemessenen Bauzonen zeitgerecht zu erschliessen ( Art. 19 Abs. 2 RPG ; BGE 109 Ib 25 E. 4c). Sie kann hiefür entsprechend dem Bedarf angemessene Etappen innerhalb von 10 bis 15 Jahren vorsehen (Art. 5 Abs. 1 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 1974, WEG). Nach dem Gesagten rechtfertigt es das Argument der Gemeinde, eine planungsrechtlich gesicherte Groberschliessung fehle, somit nicht, Land nicht einzuzonen, das voraussichtlich innert 15 Jahren für die Überbauung benötigt wird. Die Gemeinde hat die Groberschliessung vielmehr zeitgerecht zu planen und auszuführen. Die Feinerschliessung nach den von ihr genehmigten Plänen kann sie den Grundeigentümern überbinden ( Art. 5 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 2 WEG ). Untragbare finanzielle Folgen sind bei bundesrechtsgemässer Regelung der Erschliessungsbeiträge nicht zu befürchten; den Eigentümern können auch angemessene Beiträge an die Kosten der Groberschliessung auferlegt werden ( Art. 6 Abs. 1 WEG ). d) Die Beschwerdeführerin führt keine weiteren Gründe des öffentlichen Interesses an, die es rechtfertigen würden, das im Richtplan vorgesehene Wohnbaugebiet im Heidenbüel einer Reservezone zuzuweisen, und die entgegenstehende private Interessen zu überwiegen vermöchten. Sie ist demzufolge auch verpflichtet, das im Richtplan vorgesehene Erholungsgebiet im Nutzungsplan zu sichern. Es ist unbestritten, dass hiefür eine Freihaltezone BGE 110 Ia 51 S. 55 anzuordnen ist (§§ 61 ff. PPG). Allfällige finanzielle Konsequenzen können grundsätzlich eine der Richtplanung widersprechende Zonenordnung nicht rechtfertigen (vgl. BGE 107 Ia 240 ff.). Im übrigen kann die Frage, ob die Anordnung einer Freihaltezone im Bereich des eigentlichen Heidenbüel eine Entschädigungspflicht auslöst, erst beurteilt werden, wenn das Ausmass der Zone, ihr Verhältnis zur überbaubaren Fläche und ihre Auswirkungen auf die Überbauung feststehen (vgl. BGE 101 Ib 290 E. 9b; BGE 93 I 343 E. 7; BGE 82 I 165 E. 3a und b).
public_law
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
bbd7c0f9-5b8f-4b07-8a83-c701eb6d3da1
Urteilskopf 121 I 14 2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Februar 1995 i.S. Eheleute X. gegen Kantone Tessin und Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 46 Abs. 2 BV ; Interkantonale Doppelbesteuerung; Teilung der Steuerhoheit. Steuerdomizil, wenn Familienort und Arbeitsort nicht zusammenfallen. Teilung der Steuerhoheit (E. 4). Bestimmung des Steuerdomizils bei getrenntem Wohnsitz der Ehegatten. Auswirkungen des neuen Eherechts (E. 5). Grundsätze für die Steuerausscheidung bei geteilter Steuerhoheit (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 121 I 14 S. 14 X. wohnt seit vielen Jahren in Zürich, wo er eine als Einzelfirma eingetragene Garage betreibt. In L., Kanton Tessin, besitzt er Grundeigentum. BGE 121 I 14 S. 15 Seit 1986 ist X. in zweiter Ehe mit X.-Y. verheiratet, die schon vor der Heirat ihren Wohnsitz in L. hatte. Die Ehegatten leben in dem Sinne räumlich getrennt, dass der Ehemann sich zur Hauptsache in Zürich aufhält, wo er sein Geschäft führt, während die nicht erwerbstätige Ehefrau in L. in einer vom Ehemann gemieteten Wohnung lebt. Die Ehegatten wurden bis und mit dem Steuerjahr 1989 von den beiden Kantonen in der Weise getrennt veranlagt, dass der Kanton Tessin die Ehefrau für die ihr gehörenden Wertschriften und den Wertschriftenertrag selbständig besteuerte, während der Kanton Zürich den Ehemann für das Geschäftseinkommen und das entsprechende Geschäftsvermögen sowie die ihm gehörenden Wertschriften und deren Ertrag einschätzte. Die Liegenschaften im Kanton Tessin und der Liegenschaftenertrag wurden von diesem Kanton besteuert. Ab dem Steuerjahr 1990 forderte die Steuerverwaltung des Kantons Tessin eine gemeinsame Veranlagung der Ehegatten. Der Tessiner Steuerbeamte unterbreitete zu diesem Zweck dem zürcherischen Steuerkommissär am 26. Juli 1990 einen Vorschlag zur Teilung der Steuerfaktoren. In der Folge besteuerte der Kanton Zürich die Ehegatten für die Steuerjahre 1990 und 1991 gemeinsam in der Weise, dass er das Gesamteinkommen und Gesamtvermögen - einschliesslich der Liegenschaften im Kanton Tessin und den daraus fliessenden Liegenschaftenertrag - zur Hälfte erfasste. Der Kanton Tessin seinerseits erfasste bei der Veranlagung 1990 und 1991/92 das hälftige Geschäftseinkommen sowie das halbe Geschäftsvermögen des Ehemannes. Gleich verfuhr er hinsichtlich des Privatvermögens (Wertschriften) der beiden Ehegatten und des entsprechenden Vermögensertrags. Die im Kanton gelegenen Liegenschaften nahm er von der Steuerteilung aus und besteuerte sie wie auch den Liegenschaftenertrag voll. Gegen die beiden Veranlagungsverfügungen des Kantons Tessin vom 25. Oktober und 22. November 1993 für die Steuerjahre 1990 und 1991/92 erhoben die Ehegatten X. gemeinschaftlich je eine staatsrechtliche Beschwerde. Die Einschätzungen des Kantons Zürich betreffend die Steuerjahre 1990 und 1991 wurden in die Beschwerden einbezogen. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots ( Art. 46 Abs. 2 BV ) und beantragen dem Bundesgericht, die im vorliegenden Fall massgebenden Ausscheidungsgrundsätze verbindlich festzulegen. BGE 121 I 14 S. 16 Die Steuerverwaltung des Kantons Tessin schliesst in ihrer Stellungnahme auf Abweisung der Beschwerden, soweit sie sich gegen den Kanton Tessin richten. Die Kantonale Finanzdirektion Zürich schlägt eine neue Steuerausscheidung vor für den Fall, dass sich die Beschwerden gegenüber dem Kanton Zürich als begründet erweisen. Das Bundesgericht hebt die Veranlagungen beider Kantone auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 46 Abs. 2 BV steht die Besteuerung des Einkommens und Vermögens natürlicher Personen dem Kanton zu, in dem sich ihr Steuerdomizil befindet. Darunter ist in der Regel der zivilrechtliche Wohnsitz ( Art. 23 Abs. 1 ZGB ), d.h. der Ort zu verstehen, wo sich die betreffende Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält ( BGE 111 Ia 41 S. 42, BGE 108 Ia 252 S. 254). Das Bundesgericht stellt allerdings in seiner Praxis zur interkantonalen Doppelbesteuerung auf den Wohnsitz nicht im Sinne einer starren Regelung ab, sondern misst den wirtschaftlichen Gegebenheiten ein etwas grösseres Gewicht bei, als sie es bei der Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes hätten. So haben Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, in der Regel ihr Steuerdomizil am Arbeitsort (Urteil vom 9. Dezember 1992, ASA 62 S. 445 E. 3, mit Hinweisen; weitere Nachweise bei LOCHER, Doppelbesteuerung, § 3, I B, 1a). Hält sich eine Person abwechslungsweise an verschiedenen Orten auf, so gilt als Steuerdomizil derjenige Ort, zu dem die Person die stärkeren Beziehungen hat. Dabei werden die sich aus den familiären Banden ergebenden persönlichen und familiären Beziehungen im allgemeinen als stärker erachtet als diejenigen, die sich aus der beruflichen Tätigkeit ergeben (LOCHER, a.a.O., § 3, I B, 2a und 2b). Der Steuerpflichtige, der täglich oder an den Wochenenden und in der freien Zeit regelmässig zu seiner Familie zurückkehrt, ist daher ausschliesslich an dem vom Arbeitsort verschiedenen Aufenthaltsort seiner Familie zu besteuern. Wenn jedoch der Steuerpflichtige im Beruf im Sinne der Rechtsprechung eine leitende Stellung bekleidet, können die zum Arbeitsort bestehenden Beziehungen an Stärke diejenigen zum Familienort überwiegen ( BGE 104 Ia 264 S. 270; LOCHER, a.a.O., § 3, I B, 1b). Anders verhält es sich jedoch gewöhnlich dann, wenn der in leitender Stellung erwerbstätige Steuerpflichtige täglich an den vom Arbeitsort verschiedenen Wohnort zurückkehrt (HÖHN, Interkantonales Steuerrecht, 3. Aufl., § 7 Ziff. 35 S. 122). BGE 121 I 14 S. 17 b) Abweichend vom Grundsatz, dass der Steuerpflichtige nur ein einziges aufgrund persönlicher Zugehörigkeit begründetes Steuerdomizil hat, wird eine Teilung der Steuerhoheit namentlich dann als zulässig erachtet, wenn eine auf Dauer berechnete, vom Wohnsitz des Steuerpflichtigen getrennte Familienniederlassung besteht. Das Bundesgericht hat diese Regel für den Fall entwickelt, dass der Steuerpflichtige dauernd von der Familie getrennt lebt und seinen zivilen Wohnsitz am Arbeitsort begründet hat ( BGE 40 I 221 S. 227/28 ; 47 I 64 S. 66 E. 3; weitere Nachweise bei LOCHER, a.a.O., § 3, I B, 3). Unter dieser Voraussetzung rechtfertigt sich die Aufteilung der Steuerhoheit zwischen dem Arbeitsort als primärem und dem Familienort als sekundärem Steuerdomizil. Diese Praxis beruht auf der Überlegung, dass sich die ökonomische Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in zwei Kantonen manifestiere und jeder Kanton sich diese Leistungsfähigkeit in dem Umfange zunutze machen dürfe, welcher der auf seinem Gebiet entfallenden Wirtschaftstätigkeit entspreche ( BGE 101 Ia 557 S. 561 mit Hinweis auf BGE 40 I 221 S. 229). Sodann hat das Bundesgericht eine Teilung der Steuerhoheit auch dann befürwortet, wenn der verheiratete Steuerpflichtige im Hinblick auf seine leitende Stellung den Wohnsitz am Arbeitsort begründet hat, jedoch von seiner Familie nicht dauernd getrennt lebt, sondern sich regelmässig an den Wochenenden und freien Tagen zu ihr begibt (vgl. die bei LOCHER, a.a.O., § 3, I B, 1b, Nr. 12 und § 3, I B, 3 Nr. 15-17, zitierten Entscheide). c) Die dargestellten Grundsätze wurden vom Bundesgericht vor allem im Hinblick auf die Steuerpflicht von unselbständig erwerbenden Personen aufgestellt. Sie können aber weitgehend auch bei der Bestimmung des Steuerdomizils Selbständigerwerbender angewendet werden (Urteil vom 20. Dezember 1972, ASA 42 S. 489 E. 2; ferner LOCHER, a.a.O., § 3, I C, 1 Nr. 1). Wie beim unselbständig Erwerbstätigen befindet sich auch beim Selbständigerwerbenden das Hauptsteuerdomizil am Aufenthaltsort der Familie, zu der er täglich oder an den Wochenenden und in der freien Zeit zurückkehrt. Begibt sich der Selbständigerwerbende nicht in diesem Sinn regelmässig zu seiner Familie zurück, so fällt sein Hauptsteuerdomizil wie beim Unselbständigerwerbenden mit dem Arbeitsort zusammen. In diesem Fall stellt der Ort der Familienniederlassung ein sekundäres Steuerdomizil dar. 5. a) Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer das Hauptsteuerdomizil in Zürich hat. Gemäss seiner BGE 121 I 14 S. 18 Darstellung, die nicht bestritten ist, wohnt er seit über 40 Jahren in der Stadt Zürich, was sich auch nach seiner Heirat im Jahre 1986 mit der Beschwerdeführerin nicht änderte. Seit seiner Wohnsitznahme in der Stadt Zürich war er dort erwerbstätig, vorerst als Unselbständigerwerbender, seit 1963 als Selbständigerwerbender und Inhaber der im Handelsregister als Einzelfirma eingetragenen Garage. Seine Ehefrau in L. besucht er nicht regelmässig. Auch wenn sich der Beschwerdeführer gegenüber früher im Hinblick auf seine Gesundheit und sein Alter vermehrt im Kanton Tessin aufhält, wird von den Tessiner Behörden nicht behauptet, die Beziehungen zum Kanton Tessin hätten sich derart verdichtet, dass von einem Wohnsitzwechsel gesprochen werden müsste. Die Stellung des Beschwerdeführers ist derjenigen eines unselbständig Erwerbstätigen, der nicht regelmässig zu seiner Familie zurückkehrt und der sein Hauptsteuerdomizil am Arbeitsort besitzt (vgl. E. 4a), vergleichbar. Die Auffassung der beteiligten Steuerverwaltungen, dass sich das Hauptsteuerdomizil des Beschwerdeführers in Zürich befinde, entspricht den tatsächlichen Gegebenheiten. b) Die Beschwerdeführerin begründete im Jahre 1981 zivilrechtlichen Wohnsitz in L. und hielt sich auch nach ihrer Heirat mit dem Beschwerdeführer im Jahre 1986 überwiegend in L. auf. Da sie keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, findet sie die nötige Zeit, die Arbeiten für die Liegenschaften im Kanton Tessin, die der Beschwerdeführer geerbt hat, zu besorgen. In der Regel haben Ehegatten ein gemeinsames Steuerdomizil. Nach altem Recht hatte die Ehefrau nur in Ausnahmefällen einen selbständigen, im Normalfall jedoch einen vom Wohnsitz des Ehemannes abgeleiteten Wohnsitz (Art. 25 Abs. 1 aZGB). Nachdem jedoch mit dem Inkrafttreten des neuen Eherechts auf den 1. Januar 1988 diese Einschränkung entfallen ist und sich der Wohnsitz für jeden Ehegatten selbständig nach Art. 23 ff. ZGB bestimmt ( BGE 115 II 120 S. 121), besteht in doppelbesteuerungsrechtlicher Hinsicht kein Grund, den selbständigen Wohnsitz der Beschwerdeführerin nicht als Steuerdomizil zu anerkennen. Die Praxis zur interkantonalen Doppelbesteuerung kannte schon unter dem alten Recht die Anknüpfung am Ort der Familienniederlassung. Damit konnten die Unzulänglichkeiten, die sich im interkantonalen Verhältnis aufgrund des abgeleiteten Wohnsitzes der Ehefrau ergaben, vermieden werden. Wie dargestellt (vorn E. 4b), galt schon früher der Ort der Familienniederlassung als sekundäres Steuerdomizil, sofern am Arbeitsort des Ehemannes das primäre Steuerdomizil begründet war. In dieser Hinsicht hat das neue Eherecht im interkantonalen Steuerrecht keine grundlegende BGE 121 I 14 S. 19 Änderung bewirkt. Immerhin stellt nun der selbständige Wohnsitz für die Ehefrau ein Hauptsteuerdomizil dar (so auch D. YERSIN, Le domicile des époux et la double imposition intercantonale, Steuer Revue 43/1988 S. 346). c) Der Umstand, dass die Beschwerdeführer je über ein eigenes Hauptsteuerdomizil verfügen, bedeutet im übrigen nicht, dass eine getrennte Ehe vorliegt, die zu einer getrennten Besteuerung der Ehegatten führen müsste. Im Hinblick auf die zwischen den Beschwerdeführern bestehende Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Lebensunterhalt sind die Grundsätze der Familienbesteuerung zu beachten, d.h. ihre Faktoren sind zusammenzurechnen. Im interkantonalen Verhältnis sind Mann und Frau nicht bereits dann als getrennte Steuersubjekte zu behandeln, wenn die Ehegatten getrennt leben, sondern nur dann, wenn überdies keine Gemeinschaftlichkeit der Mittel für Wohnung und Unterhalt besteht, d.h. die Unterstützung des einen an den andern Ehegatten sich in ziffernmässig bestimmten Beiträgen erschöpft (YERSIN, a.a.O., S. 344 f.; P. LOCHER, Neues Eherecht und Ehegattenbesteuerung, ASA 56 S. 18). So verhielt es sich bereits in der bisherigen Praxis zur interkantonalen Doppelbesteuerung (LOCHER, Doppelbesteuerung, § 3, III C, 3), und auch die sich aus dem neuen Eherecht ergebenden Änderungen rechtfertigen kein Abweichen von dieser Praxis. Das den Beschwerdeführern zufliessende Gesamteinkommen und das ihnen zustehende Gesamtvermögen müssen deshalb zwischen den Kantonen Tessin und Zürich ausgeschieden werden. 6. Der Kanton Zürich nahm die Steuerausscheidung in der Weise vor, dass er das Erwerbseinkommen des Ehemannes aus selbständiger Erwerbstätigkeit sowie das bewegliche und unbewegliche Geschäfts- und Privatvermögen (einschliesslich der Liegenschaften im Tessin) und den Ertrag daraus je zur Hälfte besteuerte. Demgegenüber erfasste der Kanton Tessin das hälftige Geschäftseinkommen sowie das halbe Geschäftsvermögen. Gleich verfuhr er hinsichtlich des Privatvermögens beider Ehegatten. Die im Kanton Tessin gelegenen Liegenschaften und den Liegenschaftenertrag nahm er von der Steuerteilung aus und besteuerte sie voll. Wie es sich damit nach den doppelbesteuerungsrechtlichen Ausscheidungsregeln verhält, ist im folgenden zu prüfen. a) Nach der Praxis des Bundesgerichts begründet ein Steuerpflichtiger, der ausserhalb seines Wohnsitzkantons in ständigen Einrichtungen eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, ein Spezialdomizil für das im BGE 121 I 14 S. 20 Geschäft investierte Vermögen und das daraus fliessende Einkommen. Das bedeutet, dass Vermögen und Einkommen aus dem Geschäft vom Kanton des Geschäftsortes und nur von diesem besteuert werden können, soweit die Unternehmung nicht in anderen Kantonen Betriebsstätten unterhält (Urteil vom 22. Juli 1987, ASA 57 S. 586 mit Hinweisen). Vorliegend fallen allerdings der Wohnsitz des Beschwerdeführers und der Geschäftsort zusammen; zudem begründet der Wohnsitz der Ehefrau im Kanton Tessin für den Beschwerdeführer ein Nebensteuerdomizil, vergleichbar der Familienniederlassung. Das bedeutet indessen nicht, dass das Einkommen des Beschwerdeführers aus selbständiger Erwerbstätigkeit und das in der Unternehmung investierte Geschäftsvermögen zwischen den beiden Kantonen aufzuteilen wäre. Der Geschäftsort begründet unabhängig davon, ob daneben ein sekundäres Domizil der Familienniederlassung besteht, ein Spezialdomizil für das im Geschäft investierte Vermögen und das daraus fliessende Einkommen. Aus diesem Grund darf der Kanton Tessin das Einkommen des Beschwerdeführers aus selbständiger Erwerbstätigkeit und das Geschäftsvermögen nicht besteuern. Die Veranlagungen des Kantons Tessin verletzen in dieser Hinsicht das Doppelbesteuerungsverbot und sind aufzuheben. b) Bei den dem Beschwerdeführer gehörenden Liegenschaften im Kanton Tessin handelt es sich um solche des Privatvermögens. Solche Liegenschaften wie auch ihr Ertrag sind doppelbesteuerungsrechtlich ausschliesslich am Ort der gelegenen Sache steuerbar ( BGE 119 Ia 46 S. 48; LOCHER, a.a.O., § 7, I A, 1 und 2). Kein Kanton darf deshalb Liegenschaften ausserhalb seines Gebiets besteuern. Gegen diese Regel hat der Kanton Zürich verstossen, indem er die Tessiner Liegenschaften zur Hälfte besteuert. Die Doppelbesteuerungsbeschwerde ist somit auch gegenüber dem Kanton Zürich begründet. c) Was im übrigen das private Wertschriftenvermögen der beiden Ehegatten und den Ertrag daraus betrifft, so rechtfertigt sich eine hälftige Teilung, wie sie auch von den beiden Kantonen in ihren Steuerausscheidungen vorgenommen wurde. Diese Lösung entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wenn Arbeitsort und Familienniederlassung dauernd getrennt sind und eine Teilung der Steuerhoheit eintritt (LOCHER, a.a.O., § 3, I B, 3 Nr. 1, 2, 7, 13, 14; vgl. vorn E. 4b). Dass die Beschwerdeführerin seit dem Inkrafttreten des neuen Eherechts über einen selbständigen Wohnsitz verfügt, der für sie ein Hauptsteuerdomizil darstellt, rechtfertigt es nicht, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. BGE 121 I 14 S. 21 In der Praxis zum interkantonalen Doppelbesteuerungsrecht wird zwar die Steuerteilung mitunter auch so vorgenommen, dass der Wohnsitzkanton jedes Ehegatten das bewegliche Vermögen des auf seinem Gebiet wohnenden Ehegatten besteuern kann. Diese Art der Besteuerung findet jedoch nur dann Anwendung, wenn jeder Ehegatte den Unterhalt aus seinem Einkommen bestreitet. In diesem Fall darf überdies jeder Kanton das Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit des auf seinem Gebiet lebenden Ehegatten besteuern (vgl. LOCHER, a.a.O., § 3, I B, 3 Nr. 3, 5). Die Verhältnisse liegen hier insofern anders, als die Beschwerdeführerin über kein Erwerbseinkommen verfügt. Im Sinne der bisherigen Rechtsprechung ist daher das bewegliche Vermögen beider Ehegatten und der daraus fliessende Ertrag dem Kanton Tessin und dem Kanton Zürich je zur Hälfte zuzuteilen. d) Was schliesslich die Schulden und Schuldzinsen betrifft, so sind sie im Verhältnis der den beiden Kantonen zur Besteuerung zustehenden Aktiven zu verlegen, wobei nicht zwischen privaten und geschäftlichen Schulden bzw. Schuldzinsen zu unterscheiden ist (vgl. HÖHN, a.a.O., § 19 Ziff. 11 S. 254 f.).
public_law
nan
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1,995
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bbd8acba-3e75-49a6-a6e0-770e9e31d06f
Urteilskopf 91 IV 46 14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Februar 1965 i.S. Bucher gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich.
Regeste Milchpreiskontrolle. Art. 14 Abs. 4 BB vom 21. Dezember 1960 über Mietzinse für Immobilien und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte; Art. 6 Abs. 1 VO vom 11. April 1961 über die Preisausgleichskasse für Milch und die Preise für Konsummilch. 1. Das Verbot, die Preise für Konsummilch ohne Bewilligung zu erhöhen, umfasst nicht nur den Ladenpreis, sondern auch den Zuschlag für die Hauszustellung (Erw. 1). 2. Unzulässige Erhöhung des Konsummilchpreises durch Erhebung einer Pauschalentschädigung für die Hauszustellung (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 47 BGE 91 IV 46 S. 47 A.- Art. 14 Abs. 4 des Bundesbeschlusses vom 21. Dezember 1960 über Mietzinse für Immobilien und die Preisausgleichskasse für Milch und Milchprodukte (MPB; AS 1961 284) erklärt in Erneuerung früherer Erlasse die Erhöhung der Preise und Margen für Konsummilch bewilligungspflichtig. Der Bundesbeschluss wurde vom Bundesrat am 11. April 1961 auf den 15. April 1961 in Kraft gesetzt. Als Stichtag für die Bewilligungspflicht von Erhöhungen bestimmte Art. 6 Abs. 1 der Verordnung vom 11. April 1961 über die Preisausgleichskasse für Milch und die Preise für Konsummilch (MPV; AS 1961 294) demgemäss den 14. April 1961. Nach dieser Bestimmung dürfen die Preise für Konsummilch vom Milchhandel aller Stufen (wie Käsereien, Molkereien, Milchdetaillisten, Selbstausmesser) ohne schriftliche Bewilligung weder unmittelbar noch mittelbar über den am 14. April 1961 zulässigen Stand erhöht werden. Nach Art. 7 Abs. 1 MPV kann die eidgenössische Preiskontrollstelle (EPK) die Preise für Konsummilch allgemein oder für einzelne Ortschaften und Regionen neu festsetzen. Gesuche um Erhöhung von Preisen und Margen sind schriftlich der Preiskontrollstelle einzureichen, die darüber im Einvernehmen mit der Abteilung für Landwirtschaft entscheidet ( Art. 10 Abs. 1 MPV ). B.- Durch Verfügung vom 30. Oktober 1962 setzte die EPK den Höchstpreis für offen ausgemessene Konsummilch BGE 91 IV 46 S. 48 in der Gemeinde Birmensdorf bei Verkauf im Laden auf 59 Rp. und bei Hauszustellung auf 61 Rp. je Liter fest. Die Landwirtschaftliche Genossenschaft Birmensdorf, deren Verwalter Bucher ist, hielt sich zunächst an diese Verfügung, fand dann aber, dass sie damit bei der Hauszustellung zu Verlust komme. Sie hob daher am 28. Juni 1963 den Zuschlag von 2 Rp./l für die Hauszustellung mit Wirkung vom 1. Juli an auf und erhob statt dessen von jedem, der Milch und Milchprodukte im Zustellungsdienst bezog, monatlich eine "Grundgebühr" von Fr. 3.50. Die Gebühr wurde auf Fr. 2.50 ermässigt, wenn beim gleichen Halt zwei oder mehrere Kunden bedient werden konnten. Die EPK erblickte in dieser Regelung eine rechtswidrige Erhöhung des Preises für die Konsummilch und forderte die Genossenschaft auf, den früheren Zustand wieder herzustellen und die inzwischen bezogenen Grundgebühren den Kunden zurückzuerstatten. Die Genossenschaft widersetzte sich der Aufforderung und erhob Beschwerde an das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement. Dieses wies die Beschwerde am 24. September 1963 ab. Da sich die Genossenschaft dem Entscheid nicht fügte, reichte die Preiskontrollstelle des Kantons Zürich auf Veranlassung der EPK am 17. Oktober 1963 Strafanzeige ein. C.- Durch Verfügung vom 22. Januar 1964 verfällte das Statthalteramt des Bezirkes Zürich den Genossenschaftsverwalter Bucher wegen Übertretung von Art. 14 Abs. 4 MPB und Art. 6 Abs. 1 MPV in eine bei Bewährung nach einem Jahre löschbare Busse von Fr. 200.--; zudem untersagte es der Genossenschaft die Erhebung nicht bewilligter Gebühren und verpflichtete sie, den Kunden die rechtswidrig erhobenen Gebühren, abzüglich 2 Rp. je Liter, zurückzuerstatten. Bucher erhob Einsprache und verlangte gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich bestätigte am 23. Juni 1964 die Verfügung des Statthalteramtes. D.- Bucher führt gegen das. Urteil des Einzelrichters Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen. Eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde, die Bucher gegen das gleiche Urteil eingereicht hat, ist vom Obergericht des Kantons Zürich am 21. Dezember 1964 abgewiesen worden. BGE 91 IV 46 S. 49 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass das Verbot der Art. 14 Abs. 4 MPB und 6 Abs. 1 MPV, die Preise für Konsummilch ohne Bewilligung zu erhöhen, nicht nur den Ladenpreis, sondern auch den Zuschlag für die Hauszustellung umfasst. Dieser Zuschlag ist in der Tat nichts anderes als ein Bestandteil des Preises, den der Kunde bei Hauszustellung für die Milch zu bezahlen hat. Demgemäss wird von der EPK mit dem zulässigen Höchstpreis für den Ladenverkauf auch derjenige für die Hauszustellung festgesetzt, wie es im vorliegenden Falle mit der Verfügung vom 30. Oktober 1962 gegenüber der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Birmensdorf geschehen ist, mit 59 Rp./l für den Verkauf im Laden und 61 Rp./l für den Verkauf bei Hauszustellung. Dagegen gelten die Höchstpreise nach den genannten Bestimmungen nur für die Konsummilch, nicht auch für Spezialmilcharten (z.B. Pastmilch) und für Milchprodukte. 2. Die Genossenschaft hat den Zuschlag für die Hauszustellung nicht unmittelbar erhöht, indem sie denselben etwa von 2 Rp./l auf 3 oder 5 Rp./l heraufgesetzt hätte. Sie hat vielmehr den besondern Zuschlag je Liter ins Haus gelieferter Milch überhaupt aufgegeben und statt dessen für die gesamte Hauszustellung von Konsummilch und freien Produkten eine sogenannte Grundgebühr eingeführt, die monatlich Fr. 3.50, bei Bedienung von zwei oder mehreren Kunden im gleichen Halt Fr. 2.50 betrug. Bei dieser Pauschalentschädigung hätte ein Kunde, der nur Konsummilch bezog, nach der zutreffenden Berechnung des Obergerichts im Monat 175 l, bzw. bei gleichzeitiger Bedienung mehrerer Kunden 1251 beziehen müssen, um auf einen Zuschlag von nicht mehr als 2 Rp./l für die Hauszustellung zu kommen. Laut dem Beschwerdeentscheid des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes werden jedoch den einzelnen Bezügern im Durchschnitt erfahrungsgemäss nicht mehr als 1,51 im Tag oder etwa 451 im Monat ausgemessen, so dass sich für die weitaus meisten Kunden, die nicht gleichzeitig freie Produkte bezogen, mit der Pauschalentschädigung statt des zulässigen Zuschlags von 2 Rp./l ein solcher von mindestens 7,7 bzw. 5,5 Rp./l ergab. BGE 91 IV 46 S. 50 Zwar wurde die sogenannte Grundgebühr für die gesamte Hauszustellung erhoben, also einschliesslich derjenigen der freien Produkte. Diese erreichen indes nach dem Beschwerdeentscheid des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes wertmässig den Anteil an Konsummilch allgemein nicht, weshalb der zulässige Ansatz von 2 Rp./l im Durchschnitt immer noch um nahezu 3 bzw. 2 Rp./l überschritten blieb. Jedenfalls aber gibt es, wie das Obergericht ausführt, in jedem Zustellungsgebiet Kunden, die sich nur Milch und keine andern Produkte ins Haus liefern lassen. Dementsprechend stellt der Einzelrichter fest, dass tatsächlich auch von der Genossenschaft einzelne Kunden nur Konsummilch bezogen. Diese Feststellung betrifft tatsächliche Verhältnisse und bindet deshalb den Kassationshof ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ). Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch nicht, dass einzelne Kunden nach der neuen Berechnungsweise mehr als die zulässigen 2 Rp./l für die Hauszustellung an Konsummilch entrichten mussten. Er wendet lediglich ein, im Durchschnitt hätten sie nicht mehr bezahlen müssen. Allein abgesehen davon, dass dies nach den hievor angeführten Berechnungen offenbar nicht zutrifft, kommt darauf, wieviel durchschnittlich bezahlt worden ist, nichts an. Gesetz und Verordnung machen die Preiserhöhung schlechthin und allgemein von der Bewilligung abhängig, nicht nur gegenüber dem Durchschnitt der Kunden, sondern zugunsten eines jeden von ihnen. Das ergibt sich auch aus dem Zweck der Milchpreisvorschriften, nach Möglichkeit zur Tiefhaltung des Milchpreises für die Konsumenten in Mangelgebieten und Konsumzentren beizutragen (Art. 14 Abs. 1 MPB). Einem Konsumenten, der mehr als den von der EPK festgesetzten Preis zu bezahlen hätte, wäre wenig geholfen damit, dass für seinen Nachbar die Milch nicht über den Höchstpreis zu stehen käme, weil dieser mehr Milch oder mehr freie Produkte bezieht als er. Dass die Genossenschaft den Konsummilchpreis zwar nicht unmittelbar, aber mittels der Pauschalentschädigung rechtswidrig erhöht hat, kann daher nicht zweifelhaft sein. Ob die festgestellten Höchstpreise den Verhältnissen genügend Rechnung tragen, ist hier nicht zu untersuchen; der Richter hat die bestehenden Vorschriften anzuwenden und kann sich nicht in die Milchwirtschaftspolitik einschalten.
null
nan
de
1,965
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bbdf7683-675b-4898-b4e5-1a3d9c17e9b7
Urteilskopf 80 I 276 46. Arrêt du 4 juin 1954 en la cause Fiedler, Flury et Chambre suisse de l'horlogerie contre Département fédéral de l'économie publique et Golay-Buchel & Cie SA
Regeste Art. 3 und Art. 4, Abs. 1 und 2 UB. Zwei Unternehmungen übernehmen je einen Teil einer dritten Unternehmung, wobei die Übernahme bei der einen der Firmen zu einer Umgestaltung, bei der andern zu einer Vermehrung der Arbeiterzahl führt (Erw. 1). - Wenn die Bewilligung für eine Umgestaltung nachgesucht wird, ohne dass die Voraussetzungen von Art. 4, Abs. 1, lit. b und c UB zutreffen, so kommt grundsätzlich nur Art. 4, Abs. 2 UB zur Anwendung (Erw. 2 a). - Voraussetzungen für die Bewilligungen nach Art. 4, Abs. 2 UB (Erw. 2, lit. b, c und d). - Festsetzung der Arbeiterzahl bei einer Geschäftsübernahme (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 276 BGE 80 I 276 S. 276 A.- Jusqu'en automne 1953, Jean Flury, à Genève, a exploité un commerce de fournitures pour l'horlogerie BGE 80 I 276 S. 277 en gros et a pratiqué en même temps la fabrication, d'une part des aiguilles de montres et, d'autre part, de certaines fournitures: axes de balanciers, bouchons en métal pour échappements et finissages, fournitures de mécanismes et de remontoirs, masses, pignons de finissages, ressorts de masses à vis, tampons de cylindres et tiges pour mises à l'heure négative. A la même époque, Fiedler exploitait une fabrique d'aiguilles de montres. Quant à la maison Golay-Buchel & Cie SA, elle fabriquait des pierres fines pour l'horlogerie et l'industrie, des outillages divers, notamment pour l'horlogerie (activité non soumise à autorisation); elle faisait, de plus, le commerce de fournitures pour l'horlogerie en gros. En septembre 1953, Flury a remis: à Ernest Fiedler la fabrication des aiguilles de montres "avec 50 ouvriers", de sorte que cette entreprise, sans changer de branche, a augmenté le nombre de ses ouvriers. En même temps, Flury a cédé à la maison Golay-Buchel & Cie SA la fabrication des fournitures pour l'horlogerie "avec 16 ouvriers". Dans ce cas, la maison cessionnaire, qui avait jusqu'alors fait le commerce des fournitures horlogères en gros, entreprenait désormais certaines fabrications dans cette branche, qu'elle adjoignait ainsi à celle de la fabrication des pierres d'horlogerie. Requis de donner son autorisation à ce double transfert, le Département fédéral de l'économie publique (en bref: le Département) a décidé, le 15 janvier 1954, d'autoriser, d'une part, la cession à Fiedler de la fabrication des aiguilles de montres, mais avec 26 ouvriers, et, d'autre part, la cession à la maison Golay-Buchel de la fabrication des fournitures pour l'horlogerie avec 16 ouvriers. Cette décision est, en résumé, motivée comme il suit: Il s'agit, en l'espèce, de l'adjonction d'une entreprise existante à deux autres. Cette opération nécessite un permis de par l'art. 9 OIH. L'autorité doit s'inspirer de l'art. 4 de l'arrêté, car la loi ne fixe pas de conditions pour la délivrance du permis dans les cas de ce genre. La maison BGE 80 I 276 S. 278 Golay-Buchel emploie 10 ouvriers à la fabrication des pierres d'horlogerie; en outre, cette société travaille la pierre industrielle et produit des outillages divers, notamment pour l'horlogerie, mais en dehors du statut horloger; la cession de la part de l'entreprise Flury lui apporte un complément normal, car la clientèle est la même. La cession à Fiedler ne comporte pas pour lui une activité nouvelle. Pour la répartition des ouvriers, le Département a admis que 16 ouvriers travaillent chez Flury aux fournitures horlogères cédées à Golay-Buchel. Le surplus, pour arriver à l'effectif de 42, chiffre maximum de 1952/1953, savoir 26 ouvriers, est attribué à Fiedler. B.- Contre cette décision, Fiedler et Flury ont formé conjointement un recours de droit administratif "en tant que la décision attaquée a réduit de 50 à 26 le nombre des ouvriers cédés à la maison Ernest Fiedler". L'argumentation des recourants se résume comme il suit: Flury a le droit d'occuper 66 ouvriers. Par suite de l'ouverture de nouvelles maisons autorisées par le Département, un chômage partiel s'est produit dès 1948, réduisant de 12 à 3 le nombre des ouvriers occupés à la fabrication des axes de balanciers chez Flury. Celui-ci a réparti ses ouvriers de façon à permettre aux maison qui reprenaient son exploitation de travailler rationnellement. Un effectif de 50 ouvriers est nécessaire pour la fabrication des aiguilles. Fiedler en a donc repris 50, ce qui, avec les 16 cédés à la maison Golay-Buchel, donne le total de 66 auquel Flury pouvait prétendre. En droit, la cession d'une part d'entreprise de Flury à Fiedler n'est pas soumise à un permis. L'arrêté du 22 juin 1951 ne règle pas le cas de la reprise partielle d'une entreprise par une autre; il faut en conclure que cette reprise peut avoir lieu sans autorisation. Dans la mesure où il prévoit une autre solution, l'art. 9 OIH est illégal et ne s'applique pas. Le Département lui-même, du reste, ne dit pas que l'art. 4 AIH est applicable en l'espèce, mais seulement qu'il y a lieu de s'en inspirer. Au surplus, on ne se trouve pas dans l'un des cas que vise cette disposition légale. BGE 80 I 276 S. 279 C.- La Chambre suisse de l'horlogerie recourt contre l'autorisation accordée à Flury de "céder à la maison Golay-Buchel & Cie à Lausanne la part de son entreprise comprenant la fabrication de fournitures d'horlogerie avec 16 ouvriers". Elle allègue en bref: Il n'y a pas, en l'espèce, de reprise d'une exploitation avec l'actif et le passif, de sorte que la cession dont il s'agit ne peut avoir lieu sans autorisation (art. 9 OIH). L'art. 4 AIH est applicable, car il y a en réalité transformation, mais on ne se trouve dans le cas ni de la lettre b, ni de la lettre c de son premier alinéa. L'autorisation ne ne peut pas non plus être accordée de par l'art. 4 al. 2, faute de circonstances spéciales. Il n'est pas exact de dire, comme le fait le Département, que la fabrication de fournitures pour l'horlogerie soit un complément normal à l'activité de celui qui fait le commerce de ces fournitures. La maison Golay-Buchel est du reste prospère. Sa viabilité n'est nullement menacée, tandis que son accroissement constant porte atteinte à plusieurs branches de l'industrie horlogère. Elle a enfin vendu à l'étranger des fournitures pour l'horlogerie "à des prix sensiblement plus bas que ceux qui sont couramment pratiqués". "Elle a commis des infractions aux tarifs minima lorsque ceux-ci étaient rendus obligatoires par les arrêtés du Conseil fédéral." D.- Sur le recours de Fiedler et Flury le Département répond en bref comme il suit: Toute ouverture, transformation ou augmentation du nombre des ouvriers doit être autorisée préalablement. C'est la règle générale, à laquelle la dernière phrase de l'art. 3 al. 1 fait une exception. Cette disposition légale, cependant, ne s'applique pas dans la présente espèce, car il n'y a pas de reprise avec l'actif et le passif d'une entreprise existante. C'est dès lors la règle générale qui s'applique, et une autorisation est nécessaire. Le législateur a voulu éviter que le permis ne mette son titulaire au bénéfice d'un privilège et ne crée un droit qui subsiste et soit négociable indépendamment de son utilisation. Il faut dès lors admettre que, lors de la cession d'une entreprise, l'effectif cédé est celui que l'entreprise BGE 80 I 276 S. 280 emploie réellement, c'est-à-dire celui qu'elle a employé pendant la période immédiatement antérieure à la cession. Le Département s'est fondé, en l'espèce, sur les déclarations de Flury lui-même pour fixer le nombre des ouvriers affectés à chacune des deux parts de l'entreprise qui ont fait l'objet de la cession. Cependant, si ces déclarations s'avéraient inexactes, il faudrait revoir le nombre des ouvriers attribués à chacune des entreprises cessionnaires. Sur le recours de la Chambre suisse de l'horlogerie le Département répond: Il y a en réalité transformation de l'entreprise Golay-Buchel par la cession d'une part de l'exploitation de Flury. Les lit. b et c de l'art. 4 al. 1 AIH n'étant manifestement pas applicables, l'autorisation nécessaire ne pourrait être accordée qu'en vertu de l'art. 4 al. 2 AIH. Flury faisait, d'une part, l'achat et la vente, d'autre part, la fabrication de fournitures pour l'horlogerie. La maison Golay-Buchel ne faisait que l'achat et la vente. Mais la fabrication, précisément, des pièces dont elle faisait le commerce, constituait un complément normal à son activité. Flury jouissait d'une situation acquise, dans laquelle il a mis la maison Golay-Buchel, qui donne toute garantie de sérieux. Dans ce cas aussi, cependant, il faudra'au besoin, rectifier le nombre des ouvriers accordés à la maison Golay-Buchel par l'autorisation attaquée, si ce nombre se révèle inexact. E.- La maison Golay-Buchel conclut au rejet du recours formé par la Chambre suisse de l'horlogerie. Elle répond comme il suit aux arguments de la recourante: On est bien en présence d'une reprise de la maison Flury avec l'actif et le passif. Au surplus, l'arrêté du 22 juin 1951 ne doit pas être interprété extensivement. Touchant l'adjonction à une entreprise d'une nouvelle branche de fabrication, le message du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale, du 6 octobre 1950, relève qu'il y a lieu d'examiner "la situation dans la branche, les besoins de la clientèle et la qualité des produits du requérant". BGE 80 I 276 S. 281 Erwägungen Considérant en droit: 1. L'arrêté du 22 juin 1951 prévoit un seul cas où la reprise d'une entreprise horlogère n'est pas subordonnée à un permis. C'est la reprise "avec l'actif et le passif" (art. 3 al. 1 dernière phrase AIH), c'est-à-dire le cas où l'entreprise est transférée dans son ensemble et intégralement au nouvel acquéreur (RO 80 I 221, consid. 3). Il n'en est pas ainsi dans la présente espèce, où il n'y a que reprise partielle d'une entreprise. Au surplus, cette reprise n'a même pas eu lieu avec l'actif et le passif: dans une lettre du 17 septembre 1953, adressée au Département, la maison Golay-Buchel affirme elle-même que Flury conservait ses débiteurs et son passif; de plus, dans sa réponse au recours de la Chambre suisse de l'horlogerie, elle mentionne encore qu'elle n'avait repris aucun article du passif et que Flury avait conservé pour l'encaisser lui-même une partie de son actif. Les cessions litigieuses étaient donc soumises à un permis. La cession de Flury à la maison Golay-Buchel apparaît comme une transformation de cette dernière entreprise par adjonction d'une branche de fabrication à une autre (art. 3 al 2 AIH), opération subordonnée à un permis par l'art. 3 al. 1 AIH et soumise aux conditions des art. 4 al. 1 lit. c et 4 al. 2 AIH. Car la maison Golay-Buchel, qui, dans le cadre du statut horloger, pratiquait jusqu'ici uniquement la fabrication de pierres, veut y adjoindre dorénavant la fabrication de certaines fournitures, c'est-à-dire une activité appartenant à une branche différente. Quant à la cession de Flury à la maison Fiedler, elle n'entraîne pas la transformation de cette entreprise, mais l'augmentation du nombre de ses ouvriers. Elle est soumise à autorisation par l'art. 3 al. 1 AIH et doit satisfaire aux exigences de l'art. 4 al. 1 lit. d AIH. Dans la décision attaquée, le Département a cru pouvoir appliquer des règles spéciales, s'agissant d'un cas de cession partielle, c'est-à-dire d'un cas où, comme dans celui BGE 80 I 276 S. 282 que vise la dernière phrase de l'art. 3 al. 1 AIH, il n'y avait pas augmentation de l'appareil de production. Cette idée est erronée et ne trouve aucun fondement dans la loi. Celle-ci n'a pas pour but de maintenir en tout cas les exploitations existantes et d'en assurer nécessairement la reprise lorsque leurs titulaires se retirent. Elle tend au contraire à permettre la création d'entreprises nouvelles dans toute la mesure du possible. Il n'y a donc pas de raison, en l'espèce, de ne pas appliquer les al. 1 et 2 de l'art. 4 AIH. Pour l'application de l'al. 2, le fait que l'appareil de production n'est pas augmenté pourra être retenu comme circonstance favorable à l'autorisation; encore faudra-t-il que les autres conditions, définies par la pratique et la jurisprudence dans le cadre légal, soient réalisées. 2. a) Touchant la transformation projetée par la maison Golay-Buchel, il faut rechercher tout d'abord si l'autorisation doit être accordée en vertu de l'art. 4 al. 1 AIH. Sous réserve des "importants intérêts" de l'industrie horlogère, cette disposition légale autorise la transformation dans deux cas exclusivement: celui où le requérant veut exploiter une invention brevetée, un nouveau procédé de fabrication ou une amélioration technique (lit. b) et celui où, en raison de changements qui se sont produits dans la fabrication ou sur le marché de la montre, la transformation dont il s'agit est nécessaire pour que l'entreprise demeure viable (lit. c). Ce sont là deux cas où la tendance générale au maintien des entrepreneurs dans leur branche, tendance propre à l'arrêté du 22 juin 1951, est tempérée par des dispositions expresses. Manifestement, aucun de ces deux cas n'est donné dans la présente espèce, de sorte que la maison Golay-Buchel ne peut se réclamer de l'al. 1, mais tout au plus, de l'al. 2 de l'art. 4 AIH (arrêt Charbonney du 26 mars 1954, non publié). b) L'art. 4 al. 2 AIH prévoit que l'autorisation pourra être accordée dans d'autres cas encore que ceux de l'art. 4 al. 1, c'est-à-dire même si le requérant ne satisfait pas à BGE 80 I 276 S. 283 toutes les conditions que pose cet article. Mais il faudra toujours que la bonne marche de l'entreprise apparaisse assurée. En outre, l'autorisation devra être justifiée par des circonstances spéciales, qu'il appartient à la pratique et à la jurisprudence de définir (RO 78 I 469, no 69 ; 79 I 308 , consid. 4; 317; 385). S'agissant d'un cas de transformation, il faudra notamment que des circonstances spéciales justifient suffisamment le passage à une autre branche ou l'adjonction d'une branche à une autre en dehors des cas où les lit. b et c de l'art. 4 AIH l'autorisent expressément. c) La bonne marche de l'entreprise sera assurée si le requérant possède des capacités techniques et commerciales suffisantes ou si, à défaut de connaissances ou d'expériences suffisantes sur l'un de ces points, des circonstances spéciales permettent d'accorder néanmoins l'autorisation. En l'espèce, les titulaires de la maison Golay-Buchel possèdent incontestablement des capacités commerciales suffisantes pour assurer la bonne marche de l'entreprise. Le Département estime en outre qu'ils donneraient, par leur activité antérieure, toute garantie en ce qui concerne la qualité, c'est-à-dire touchant les problèmes techniques de la fabrication. Ce point, cependant, n'a fait l'objet d'aucune instruction quelconque. Il n'apparaît pas que la maison ait jamais encore pratiqué la fabrication qu'elle désire entreprendre et l'on ne sait si l'un des associés au moins possède les connaissances techniques nécessaires'ni si quelque autre circonstance permettrait d'admettre qu'une lacune éventuelle sur ce point serait comblée (cf. arrêt Jacot, du 26 juin 1953, consid. 3, non publié). A cet égard, le Tribunal fédéral a toujours jugé qu'en tout cas l'engagement d'un tiers par un simple contrat de travail, qui n'offrirait pas des garanties satisfaisantes du point de vue de la durée notamment, ne saurait suffire en général (arrêts Froidevaux, du 27 mars 1953; Marchand, du 11 juin 1953; Bolli, du 5 décembre 1952; Thiébaud, du 5 décembre 1952). Quoi qu'il en soit, la question n'a pas été suffisamment BGE 80 I 276 S. 284 éclaircie. Il est nécessaire, dès lors, de renvoyer l'affaire au Département pour compléter l'instruction sur ce point. d) La question de la bonne marche de l'entreprise étant tranchée et supposé qu'elle le soit dans le sens affirmatif, il restera à examiner s'il existe en l'espèce des circonstances spéciales justifiant l'autorisation exceptionnelle par dérogation à l'art. 4 al. 1 lit. b et c. A ce titre, le Département allègue tout d'abord qu'il s'agit d'une transformation pour la reprise partielle d'une exploitation existante avec le même nombre d'ouvriers, de sorte qu'il n'y aura aucune augmentation de l'appareil de production. Cette circonstance peut être prise en considération du point de vue des intérêts prépondérants de l'industrie horlogère dans son ensemble (préambule à l'art. 4 al. 2), car une augmentation inconsidérée de l'appareil de production peut léser ces intérêts (arrêt Chambre suisse de l'horlogerie c. Zumsteg et Parel, du 11 juin 1953, non publié, consid. 3). Mais le simple fait qu'il n'y aura pas augmentation de l'appareil de production n'est en tout cas pas suffisant pour justifier que l'on permette à un entrepreneur de sortir de sa branche; cette circonstance pourrait aussi bien être invoquée dans le cas où la reprise partielle serait faite par une exploitation de la même branche ou par un entrepreneur qui n'appartiendrait pas encore à l'industrie horlogère; elle ne saurait donc conférer aucun avantage à l'entrepreneur d'une autre branche. Le Département allègue encore, dans le cadre de l'art. 4 al. 2, que la maison Golay-Buchel est déjà introduite, bien qu'à titre de commerçante seulement, dans la nouvelle branche qu'elle désire entreprendre. Il en conclut que la reprise projetée apportera un complément normal à l'exploitation. Il peut certes paraître souhaitable à la maison Golay-Buchel de s'adjoindre la fabrication d'articles dont elle fait déjà le commerce et cette dernière circonstance permet d'admettre qu'elle possède les connaissances et l'expérience commerciales voulues pour entreprendre la BGE 80 I 276 S. 285 fabrication projetée. Mais il n'en reste pas moins que le commerce et la fabrication sont deux choses entièrement différentes et que, vu les motifs donnés ci-dessus, la pratique du commerce dans une branche donnée ne peut servir à justifier exceptionnellement le passage à la fabrication correspondante. Enfin, il est vrai, comme le Département l'allègue, que Flury ne ferait que mettre la maison Golay-Buchel au bénéfice de la situation exceptionnelle où il se trouvait lui-même, pratiquant à la fois le commerce et la fabrication de fournitures pour l'horlogerie. Mais ce n'est pas là une circonstance spéciale justifiant l'autorisation. De telles circonstances ne peuvent exister que dans l'entreprise elle-même qui doit bénéficier de l'autorisation et il ne suffit pas que le cédant soit dans une situation exceptionnelle pour que le cessionnaire puisse la revendiquer au même titre. Le Département tiendra compte de ces divers points dans le nouvel examen qu'il fera de la requête de la maison Golay-Buchel. 3. L'augmentation du nombre de ses ouvriers réalisée par la cession de Flury à Fiedler n'est pas contestée dans son principe, de sorte que le Tribunal fédéral n'a pas à revoir, sur ce point, la décision attaquée. 4. a) Quant au nombre supplémentaire d'ouvriers dont la cession autorisée fait bénéficier l'entreprise Fiedler, la décision attaquée l'a fixé à 26. Flury et Fiedler attaquent la décision sur ce point et demandent que la cession porte sur 50 ouvriers. Le Tribunal fédéral doit donc examiner si cette augmentation se justifie. Pour la cession de Flury à la maison Golay-Buchel, avec transformation de cette dernière entreprise, la décision attaquée avait fixé le nombre d'ouvriers à 16. L'autorisation étant attaquée dans son principe même par la Chambre suisse de l'horlogerie, rien n'empêche le Tribunal fédéral d'examiner également si le nombre ainsi fixé se justifie. Il le fait en vue du cas où le Département accorderait à nouveau à la maison Golay-Buchel l'autorisation de BGE 80 I 276 S. 286 reprendre de Flury la fabrication des fournitures d'horlogerie. b) Le Département n'a entendu accorder, soit à Fiedler, soit à la maison Golay-Buchel, que le nombre d'ouvriers que Flury occupait, lors de la reprise, aux fabrications cédées. Cela se justifiait en ce qui concerne l'augmentation du nombre des ouvriers par la cession de Flury à Fiedler. Car l'art. 4 al. 1 lit. d AIH autorise l'augmentation lorsque le requérant prouve "qu'il est en mesure de procurer à ce personnel supplémentaire une occupation de longue durée", Or, dans un cas où, comme en l'espèce, la cession comporte reprise de la clientèle, il est clair que, par la reprise, l'acquéreur assure à son nouveau personnel une occupation de longue durée. L'application de la même règle se justifierait également pour déterminer le nombre d'ouvriers auquel aurait droit la maison Golay-Buchel dans le cas où l'autorisation lui serait accordée de transformer son entreprise en reprenant une partie de celle de Flury. Dans l'un comme dans l'autre cas, ce sera donc le nombre d'ouvriers occupés, par Flury, au moment du transfert dans la branche de fabrication cédée qui entrera en ligne de compte, c'est-à-dire l'effectif occupé par Flury pendant la dernière ou les deux dernières années. Dans la décision attaquée, le Département avait admis les indications données par Flury lui-même, qui affirmait avoir occupé en 1952-1953 42 ouvriers en tout, dont 26 à la fabrication des aiguilles de montres et 16 à la fabrication des fournitures pour l'horlogerie. L'attribution avait été faite sur cette base. Cependant, il résulte des nouveaux renseignements obtenus de Flury au cours de l'instruction de la cause devant le Tribunal fédéral que, pendant les années 1952-1953, Flury a occupé 25 ouvriers et non pas 26 à la fabrication des aiguilles de montres et 6 ouvriers et non pas 16 à la fabrication des fournitures pour l'horlogerie, soit un total de 31 ouvriers au lieu de 42. Ces chiffres n'ont pas été contestés dans la présente instance. Aussi le Département a-t-il proposé au Tribunal fédéral de BGE 80 I 276 S. 287 modifier dans ce sens l'attribution faite dans la décision attaquée et d'accorder 25 ouvriers au lieu de 26 à Fiedler pour la fabrication des aiguilles de montres et 6 ouvriers au lieu de 16 à la maison Golay-Buchel pour la fabrication des fournitures d'horlogerie. Cette proposition se justifie en principe. c) Il suit de là que l'effectif accordé à Fiedler devrait être, non pas augmenté de 26 à 50, comme Fiedler lui-même et Flury le demandent, mais au contraire réduit d'une unité. L'augmentation requise à concurrence de 50 unités doit donc en tout cas être refusée. Mais la réduction à 25 unités, qui se justifierait en principe, ne saurait être prononcée, car, selon la première phrase de l'art. 109 al. 1 OJ, le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties. Il ne saurait donc, en l'absence d'un recours de la Chambre suisse de l'horlogerie sur ce point, diminuer le nombre d'ouvriers que Flury a été autorisé à céder à Fiedler, alors que ces deux personnes concluaient, au contraire, à l'augmentation de ce nombre. Dans la mesure, cependant, où Fiedler estimerait être à même d'assurer une occupation de longue durée à un effectif plus considérable, il lui serait loisible de former une nouvelle demande d'augmentation du nombre de ses ouvriers, qui pourrait être examinée dans le cadre de l'art. 4 AIH. d) Quant à l'effectif supplémentaire dont bénéficierait la maison Golay-Buchel, l'autorisation étant attaquée dans son principe même, il pourrait être fixé à nouveau et réduit dans le cas où le Département accorderait derechef l'autorisation requise (supra, ch. 2). Sous réserve des éléments de fait nouveaux que ferait apparaître le complément d'instruction indispensable, il serait alors fixé à 6 ouvriers. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: Le recours de Flury et Fiedler est rejeté. Le recours de la Chambre suisse de l'horlogerie est admis en ce sens que BGE 80 I 276 S. 288 la décision attaquée est annulée dans la mesure où elle autorise Flury à céder à Golay-Buchel & Cie la part de son entreprise comprenant la fabrication de fournitures d'horlogerie, telle qu'elle est décrite dans cette décision; dans cette mesure, l'affaire est renvoyée au Département fédéral de l'économie publique pour qu'il se prononce à nouveau comme il est dit dans les motifs; le recours de la Chambre suisse de l'horlogerie est rejeté pour le surplus.
public_law
nan
fr
1,954
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bbdfec60-4c4c-4c17-ad72-e0f997c75629
Urteilskopf 108 V 8 4. Urteil vom 2. April 1982 i.S. Gisin gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Art. 21 Abs. 2 IVG und Ziff. 2.01. HVI Anhang. - Die Heidelbergerschiene ist ein Beinapparat im Sinne der Ziff. 2.01 Anhang HVI (Erw. 2a). - Bei den nach Massgabe des Art. 21 Abs. 2 IVG im Anhang HVI aufgeführten Hilfsmitteln ist die Kostenfrage im einzelnen Fall nicht gesondert zu prüfen; die Kostspieligkeit ist mit der Aufnahme des betreffenden Hilfsmittels in den Anhang HVI vorausgesetzt. Vorbehalten bleibt die richterliche Überprüfung der betreffenden Bestimmung auf ihre Gesetzmässigkeit (Erw. 2b).
Sachverhalt ab Seite 9 BGE 108 V 8 S. 9 A.- Der 1922 geborene Alfred Gisin leidet u.a. an einer schweren Polyneuropathie. Im Kantonsspital Basel stellten die Ärzte an den Beinen "deutliche nach distal zunehmende Paresen fest, wobei die Extensoren stärker betroffen waren als die Flexoren und vor allem beim rechten Fuss ein ausgeprägter Fallfuss nachzuweisen war". Beim Austritt aus dem Spital wurde Alfred Gisin rechts mit einer Heidelbergerschiene versorgt. Mit Verfügung vom 29. Januar 1980 lehnte es die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn ab, die Kosten der Heidelbergerschiene (Fr. 208.--) zu übernehmen, da diese kein Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes über die Invalidenversicherung sei. B.- Auf Beschwerde hin stellte das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn fest, dass die fragliche Schiene nicht als Stütz- und Führungsapparat gemäss Ziff. 2.01 der Hilfsmittelliste gelten könne; im übrigen seien angesichts des Preises die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 IVG nicht erfüllt. Mit Entscheid vom 22. Mai 1980 wies das Gericht die Beschwerde ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Versicherte, dass die Invalidenversicherung die Heidelbergerschiene als Hilfsmittel zu übernehmen habe. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus, die Schiene sei für sein Gehvermögen sehr wichtig, da er ohne sie ständig Gefahr laufe zu stürzen. Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung enthält sich eines Antrags. Es führt in seiner Stellungnahme aus, dass es eine Ermessensfrage sei, ob die Heidelbergerschiene als Beinapparat gemäss Ziff. 2.01 der Hilfsmittelliste zu betrachten oder den Schuheinlagen gleichzustellen sei. Indessen erfülle sie die Voraussetzung der Kostspieligkeit nicht; allerdings könne man sich BGE 108 V 8 S. 10 fragen, ob ein Hilfsmittel, das zwar unter eine Ziff. der Hilfsmittelliste subsumiert werden könne, aber nicht kostspielig sei, dennoch gestützt auf Art. 21 Abs. 2 IVG zugesprochen werden könne. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 IVG hat der Versicherte im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder zum Zwecke der funktionellen Anpassung bedarf. Ferner bestimmt Art. 21 Abs. 2 IVG , dass der Versicherte, der infolge seiner Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel hat. Die Befugnis zur Aufstellung der Hilfsmittelliste und zum Erlass ergänzender Vorschriften im Sinne des Art. 21 Abs. 4 IVG hat der Bundesrat in Art. 14 IVV an das Eidgenössische Departement des Innern übertragen. Diese Behörde hat am 29. November 1976 die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI) erlassen. Deren Art. 2 führt aus, dass im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel besteht, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind (Abs. 1), und dass der Anspruch auf die in dieser Liste mit bezeichneten Hilfsmittel nur besteht, soweit diese für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder die Tätigkeit im Aufgabenbereich, für die Schulung, die Ausbildung oder die funktionelle Anpassung notwendig sind (Abs. 2). Ziff. 2.01 der Hilfsmittelliste sieht vor, dass die Invalidenversicherung Beinapparate als Hilfsmittel abgibt. Ferner folgt aus Ziff. 4.03* ein Anspruch auf Schuheinlagen, sofern sie eine notwendige Ergänzung einer medizinischen Eingliederungsmassnahme darstellen. b) Ob die hier streitige Heidelbergerschiene allenfalls unter Ziff. 4.03 zu erfassen ist, wie dies das Bundesamt in seiner Stellungnahme sowie auch die Vorinstanz in ihrem Entscheid andeuten, kann offengelassen werden, da selbst bei Bejahung dieser Frage ein Anspruch ohnehin zu verneinen wäre, sind doch aus den BGE 108 V 8 S. 11 Akten keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass beim Beschwerdeführer medizinische Eingliederungsmassnahmen durchgeführt werden. Zu prüfen ist somit allein, ob der Beschwerdeführer unter dem Titel der Ziff. 2.01 anspruchsberechtigt ist. 2. a) Ziff. 2.01 der Hilfsmittelliste spricht kurz und bündig von "Beinapparaten". Auch aus den Verwaltungsweisungen ist nicht ersichtlich, was darunter zu verstehen ist (vgl. Rz. 2.01.1 bis 2.01.3 der bundesamtlichen Wegleitung über die Abgabe von Hilfsmitteln). Indessen ist klar, dass Beinprothesen hievon nicht erfasst werden, da diese in Ziff. 1.01 der Hilfsmittelliste gesondert geregelt sind. Anderseits ergibt sich aus der Marginalie zu Ziff. 2.01, dass es sich um "Stütz- und Führungsapparate für Gliedmassen" handelt (vgl. Ziff. 2). Dies lässt darauf schliessen, dass es hier um technische Vorkehren geht, die beispielsweise durch motorische Schwächen oder Lähmungen verursachte Funktionsausfälle am Bein ausgleichen sollen. Aus den ärztlichen Unterlagen folgert das Bundesamt, dass beim Beschwerdeführer eine nicht bloss vorübergehende Fussheberparese rechts vorliegt. Sie ist eine der häufigsten neurologischen Ausfälle im Bereiche der untern Extremitäten und in der Regel die Folge einer Funktionsstörung der Wadenbeinnerven (Nervus peronaeus) und äussert sich darin, dass der Betroffene bei jedem Schritt den Fuss höher als normal heben muss, da der Vorderfuss schlaff herunterfällt und aktiv nicht zu heben ist, was ein spezifisches Gangbild (Steppergang) zur Folge hat. Eines der Mittel, die eine normale Fortbewegung ermöglichen, ist die Heidelbergerschiene. Sie wird im Schuh und unter den Kleidern getragen und besteht aus einer rechtwinklig gebogenen Schiene aus elastischem Material, deren kürzerer Teil der Fusssohle wie eine Schuheinlage anliegt, während der längere Teil am Unterschenkel dorsal befestigt wird. Sie bewirkt, dass der Fuss beim Anheben immer in den rechten Winkel gebracht und damit das Steppen vermieden wird. Insofern stützt und führt die Heidelbergerschiene eine von einer Funktionsstörung betroffene Gliedmasse, weshalb sie als Beinapparat im Sinne der Ziff. 2.01 der Hilfsmittelliste zu betrachten ist. b) Des weitern ist zu prüfen, welche Bedeutung dem Begriff der Kostspieligkeit zukommt. Art. 21 Abs. 2 IVG besagt unter anderem, dass die zur Erreichung eines der dort erwähnten Eingliederungsziele notwendigen kostspieligen Geräte in einer Liste aufgeführt werden. Art. 1 Abs. 1 HVI hält fest, dass die Verordnung den BGE 108 V 8 S. 12 Anspruch auf Hilfsmittel sowie auf Ersatzleistungen nach den Art. 21 und 21bis IVG umschreibt. Art. 2 HVI verweist in Abs. 1 und 2 auf den Anhang zur HVI, wo - entsprechend der Differenzierung in Art. 21 Abs. 1 und 2 IVG - die Hilfsmittel mit bzw. ohne in einer Liste aufgeführt sind. Für die nicht mit einem versehenen Hilfsmittel bestimmt Art. 2 Abs. 1 HVI im einzelnen folgendes: "Im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste besteht Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind." Diese Vorschrift enthält somit eine Wiederholung der schon in Art. 21 Abs. 2 IVG erwähnten Eingliederungsziele, während von Kostspieligkeit nicht mehr die Rede ist. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die Kostenfrage bei den in der Liste nicht mit einem versehenen Hilfsmitteln keine Rolle spiele und dass die Verordnungsregelung diesbezüglich gegen Art. 21 Abs. 2 IVG verstosse. Vielmehr ist davon auszugehen, dass nach Massgabe des Art. 21 Abs. 2 IVG nur solche Hilfsmittel (ohne*) in die Liste aufgenommen wurden, bei denen die Kostspieligkeit vorausgesetzt ist. Mit andern Worten wurde die Kostenfrage bereits bei der Auswahl der Geräte und deren Aufnahme in die Liste beantwortet. Daraus folgt, dass im konkreten Fall nicht noch gesondert geprüft werden muss, ob ein Gerät kostspielig ist, das unter eine nicht mit einem versehene Ziff. der Hilfsmittelliste fällt; allerdings bleibt dabei die Prüfung durch den Richter vorbehalten, ob die vom Bundesrat bzw. - kraft Subdelegation - vom Departement getroffene Lösung gesetzmässig ist bzw. sich in den Schranken der Delegationsnorm hält ( BGE 105 V 27 Erw. 3b, 184 Erw. 2c und 258 f. Erw. 2 und 3a). Eine einzige Ausnahme, die aber gerade für die erwähnte Auslegung spricht, findet sich in Ziff. 4.02 der Liste, wo ausdrücklich bestimmt wird, dass nicht alle, sondern nur "kostspielige orthopädische Änderungen an Serienschuhen" von der Invalidenversicherung übernommen werden; hier ist daher die Kostenfrage im konkreten Fall jeweils zu prüfen (vgl. ZAK 1978 S. 253). Da einerseits die Heidelbergerschiene nach dem in Erw. 2a Gesagten unter Ziff. 2.01 der Hilfsmittelliste fällt und anderseits nichts dafür spricht, dass das Departement bei der Umschreibung dieser Ziffer nicht im Rahmen seiner Kompetenzen gehandelt habe, ist davon auszugehen, dass es sich um ein kostspieliges Hilfsmittel im Sinne des Art. 21 Abs. 2 IVG handelt. BGE 108 V 8 S. 13 c) Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer zur Fortbewegung auf die Heidelbergerschiene angewiesen ist und dass daher auch eines der in Art. 21 Abs. 2 IVG genannten Eingliederungsziele erfüllt ist. Demnach sind sämtliche Voraussetzungen gegeben, weshalb die Invalidenversicherung die Kosten für die Heidelbergerschiene zu übernehmen hat. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 22. Mai 1980 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Solothurn vom 29. Januar 1980 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Heidelbergerschiene durch die Invalidenversicherung hat.
null
nan
de
1,982
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
bbe4f186-26ac-4923-9e8b-dfc4fd5996e9
Urteilskopf 86 IV 41 13. Urteil des Kassationshofes vom 8. April 1960 i.S. Polizeirichteramt Zürich gegen Gautschi.
Regeste Art. 7 Abs. 2 der Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer vom 4. Dezember 1933 verpflichtet die Arbeitgeber nicht, die ihnen unterstellten Motorfahrzeugführer zur Führung des vorgeschriebenen Kontrollheftes anzuhalten.
Sachverhalt ab Seite 41 BGE 86 IV 41 S. 41 A.- Lüthy und Wieser, die beide als Lastwagenführer bei der Firma Paul Gautschi AG, Zürich, angestellt sind, unterliessen es, der erste von Mitte Oktober bis Ende Dezember 1958, der zweite von Mitte November 1958 bis Mitte März 1959, das Kontrollheft über die Arbeits- und Präsenzzeit zu führen. Am 23. Juni 1959 verfällte das Polizeirichteramt der Stadt Zürich Max Gautschi, Geschäftsführer der Firma Paul Gautschi AG, in eine Busse von Fr. 30.-, indem es ihn beschuldigte, er habe die beiden Angestellten pflichtwidrig nicht zu der in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer vom 4. Dezember 1933 (ARV) vorgeschriebenen Führung des Kontrollheftes angehalten. B.- Auf Begehren des Gebüssten sprach ihn der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich am 29. Januar 1960 frei. Der Einzelrichter hält unter Hinweis auf ein Urteil des zürcherischen Obergerichtes BGE 86 IV 41 S. 42 vom 8. September 1958 dafür, Art. 7 Abs. 2 ARV enthalte keine Verpflichtung der Arbeitgeber, die ihnen unterstellten Motorfahrzeugführer zur Führung des vorgeschriebenen Kontrollheftes anzuhalten. C.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das freisprechende Urteil des Einzelrichters sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung des Verzeigten wegen Übertretung von Art. 7 Abs. 2 ARV an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Art. 3 ARV stellt Vorschriften über die Höchstdauer der Arbeits- und Präsenzzeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer auf, und Art. 7 Abs. 1 ARV verpflichtet diese, über ihre Arbeits- und Präsenzzeiten Kontrolle zu führen. Abs. 2 dieser Bestimmung schreibt sodann vor: "Zur Durchführung der Kontrolle wird von der kantonalen Behörde ein Kontrollheft abgegeben, das vom Motorfahrzeugführer nach der im Anhang dargelegten Weise täglich nachzuführen ist. Der Arbeitgeber oder dessen Vertreter hat diese Angaben des Arbeitnehmers jeweils spätestens am Ende einer Kalenderwoche unterschriftlich zu bestätigen." 2. Nach dem klaren Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 und 2 ARV sind die Pflichten, welche die Verordnung Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezüglich der Kontrolle der Arbeits- und Präsenzzeiten auferlegt, eindeutig abgegrenzt. Zur Führung des Kontrollheftes sind nur die berufsmässigen Motorfahrzeugführer verpflichtet, die selber im gewerbsmässigen Personentransport tätig oder mit dem Gütertransport beschäftigt sind. Unternehmer, welche die Führung der Motorfahrzeuge durch Angestellte ausführen lassen, sind bloss gehalten, die Eintragungen ihrer Motorfahrzeugführer im Kontrollheft jede Woche unterschriftlich zu bestätigen. Gewiss setzt die Erfüllung dieser Pflicht voraus, dass die Arbeitnehmer ihr Kontrollheft vorschriftsgemäss BGE 86 IV 41 S. 43 führen; daraus folgt aber nicht, dass der Arbeitgeber sie zur Erfüllung ihrer Pflicht anhalten müsse. Der Arbeitnehmer kann die Eintragungen vornehmen, ohne dass der Arbeitgeber mitwirkt und ihn dazu verhält. Es ist deshalb nicht richtig, wenn der Beschwerdeführer behauptet, der Arbeitnehmer könne die ihm in Art. 7 Abs. 1 auferlegte Pflicht nur erfüllen, wenn ihr auch der Arbeitgeber in gleicher Weise unterworfen sei. Eine solche Abhängigkeit besteht bloss bei den Bestimmungen über die Ruhezeit ( Art. 4 - 6 ARV ); deren Befolgung durch die Motorfahrzeugführer setzt notwendig voraus, dass auch die Arbeitgeber die vorgeschriebenen Ruhezeiten beachten und nicht Arbeitsanweisungen erteilen, die dem Angestellten die Möglichkeit nehmen, die Ruhezeiten einzuhalten. Es mag sein, dass Art. 7 Abs. 1 besser nachgelebt würde, wenn die Arbeitgeber die Befolgung der Vorschrift überwachten. Das kann aber auch dem Bundesrat beim Erlass der Verordnung nicht entgangen sein. Hätte er gewollt, dass der Arbeitgeber von seinen Angestellten die Einhaltung von Art. 7 Abs. 1 verlange, so hätte er dies zweifellos auch ausdrücklich gesagt und ihm nicht bloss aufgetragen, die Angaben der Angestellten im Kontrollheft einzusehen und mit seiner Unterschrift zu versehen. Wenn der Gesetzgeber nicht alle zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpft, sondern sich auf diejenigen beschränkt, die er zur Erreichung der gesetzlichen Zwecke für genügend erachtet, so hat sich auch der Richter daran zu halten. Es geht daher nicht an, aus Art. 7 Abs. 2 abzuleiten, die Arbeitgeber seien rechtlich verpflichtet, für die Führung der Kontrollhefte besorgt zu sein, nur weil eine solche Massnahme geeignet wäre, die Wirksamkeit der Kontrollvorschrift zu erhöhen. Die Betrachtungsweise des Beschwerdeführers ist umso weniger zulässig, als der Verordnung gemäss Art. 1 Abs. 1 im allgemeinen nur die berufsmässigen Motorfahrzeugführer unterstellt sind. Sie liefe darauf hinaus, die Arbeitgeber für einen Tatbestand BGE 86 IV 41 S. 44 strafbar zu erklären, der im Text der Verordnung keine Stütze hat, was nach Art. 1 StGB nicht statthaft ist. Die Befürchtung des Beschwerdeführers, dass die Auffassung der Vorinstanz dazu führe, dass der Arbeitgeber bei der Erteilung seiner Arbeitsanweisungen sich nicht um die Verordnung bekümmern werde, ist nicht begründet. Der Arbeitgeber, der seinen Angestellten befiehlt oder sie veranlasst, das Kontrollheft nicht zu führen, macht sich, wenn seiner Weisung Folge gegeben wird, der Anstiftung zur Übertretung von Art. 7 Abs. 1 ARV schuldig und ist nach Art. 9 strafbar. Dieser Fall liegt übrigens nach der Feststellung der Vorinstanz vor; Gautschi wurde in diesem Punkt lediglich freigesprochen, weil der Polizeirichter es unterlassen hat, ihn der Anstiftung zu beschuldigen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bbe6022e-18a6-435d-bcac-0d0b22ba0373
Urteilskopf 90 II 461 51. Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. November 1964 i.S. "Der Neue Gotthard-Ring" und Düringer gegen Gotthard-Bund.
Regeste Persönlichkeits- und Namenschutz zu Gunsten juristischer Personen, insbesondere von Vereinen. Art. 28 und 29, 53 und 60 ZGB. Kennzeichnender Hauptbestandteil eines Vereinsnamens. Namensanmassung, begangen durch einen jüngeren Verein, dessen Name den gleichen Hauptbestandteil enthält. Gefahr der Verwechslung und anderer Irrtümer. Ebenfalls unter Art. 29 Abs. 2 ZGB fallender Gebrauch eines Namens als Titel einer Zeitschrift.
Sachverhalt ab Seite 461 BGE 90 II 461 S. 461 A.- Der Gotthard-Bund wurde im Juli 1940 als schweizerische nationale Widerstandsbewegung gegen die nationalsozialistischen Gefahren gegründet. Er bezweckte "die Wahrung der eidgenössischen Ehre und Unabhängigkeit auf ursprünglicher christlicher, föderalistischer und demokratischer Grundlage durch die Stärkung der Wehrhaftigkeit und den Aufbau einer gerechten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ordnung". Dieser Vereinszweck wurde nach dem Kriege im wesentlichen beibehalten. Seit seiner Gründung gibt der Verein die "Gotthard-Briefe" heraus, die früher halbmonatlich herauskamen und seit BGE 90 II 461 S. 462 einiger Zeit monatlich erscheinen. Auch in besonderen Veröffentlichungen warb er für schweizerisches Denken. B.- Walter Düringer war anfänglich Mitglied des Gotthard-Bundes. Er trat dann aus und gründete im Jahre 1956 den "Bund der Parteilosen". Dieser Name wurde 1958 geändert, und die Bewegung Düringers nannte sich von da an "Der Neue Gotthard-Bund". Dieser gab mit Düringer als Redaktor eine monatlich erscheinende Zeitung heraus mit dem Titel "Der Drachentöter", später "Neuer Gotthard-Bund". C.- Der bisherige Gotthard-Bund sah sich dadurch in seinen Persönlichkeits- und Namenrechten verletzt. Er erwirkte am 29. Mai 1962 gegen den "Neuen Gotthard-Bund" ein richterliches Verbot, den Namen "Gotthard-Bund" zu führen und die Zeitung gleich zu benennen. Ein Rekurs gegen dieses Verbot wurde abgewiesen, und Rechtsmittel gegen den Rekursentscheid hatten keinen Erfolg; es wurde auf sie nicht eingetreten. Schliesslich änderte Düringer den Vereinsnamen. Sein Bund nannte sich nun "Der Neue Gotthard-Ring", ebenso seine Zeitschrift. Bei den Nationalratswahlen 1963 gab er eine eigene Wahlliste unter dem gleichen Namen heraus. Die Bezeichnung "Neuer Gotthard-Bund" war noch eine Zeit lang weiter verwendet worden, was zu einer Ungehorsamsstrafe im Sinne von Art. 292 StGB führte. D.- Der bisherige Gotthard-Bund klagte mit Eingabe vom 31. Dezember 1963 neuerdings in Zürich beim Einzelrichter im summarischen Verfahren, und zwar (1.) gegen den neuen Gotthard-Ring wie auch (2.) gegen Walter Düringer. Er stellte folgende Begehren: "1. Es sei dem Beklagten 1 zu verbieten, den Namen "Neuer Gotthard-Ring" zu führen. 2. Es sei dem Beklagten 1 zu verbieten, eine Zeitung herauszugeben, deren Titel "Neuer Gotthard-Ring" lautet. 3. Es sei dem Beklagten 2 zu verbieten, eine Zeitung zu redigieren, deren Titel "Neuer Gotthard-Ring" lautet." Der Einzelrichter entsprach diesem Begehren, und das Obergericht des Kantons Zürich hat einen Rekurs der BGE 90 II 461 S. 463 beiden Beklagten mit Urteil vom 30. Juni 1964 in folgender Weise abgewiesen: "Dem Beklagten 1 wird verboten, in seinem Vereinsnamen den Bestandteil ,Gotthard' zu führen, sowie eine Zeitung herauszugeben, die in ihrem Titel den Bestandteil ,Gotthard' enthält, beides unter der Androhung, dass im Zuwiderhandlungsfalle die verantwortlichen Organe des Beklagten 1 wegen Ungehorsams gegen eine amtliche, von einer zuständigen Behörde erlassene Verfügung zur Bestrafung mit Haft oder Busse dem Strafrichter überwiesen würden ( Art. 292 StGB ). Dem Beklagten 2 wird unter Androhung der Überweisung an den Strafrichter zur Bestrafung mit Haft oder Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche, von einer zuständigen Behörde erlassene Verfügung im Zuwiderhandlungsfalle verboten, eine Zeitung zu redigieren, die im Titel den Bestandteil ,Gotthard' enthält." E.- Der Neue Gotthard-Ring und Walter Düringer haben dieses Urteil auf dem Wege der Berufung an das Bundesgericht weitergezogen und beantragen, es sei dem Neuen Gotthard-Ring zu gestatten, seinen Namen weiterhin zu verwenden. Der Gotthard-Bund beantragt Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der erstinstanzliche Entscheid ist im summarischen Verfahren, nämlich im Befehlsverfahren nach §§ 292 ff. der zürcherischen ZPO, ergangen, und das obergerichtliche Urteil beruht auf der Überprüfung jenes Entscheides. Dennoch hat man es mit einem der Berufung an das Bundesgericht unterliegenden Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG zu tun. Wie in BGE 82 II 562 Erw. 3 dargetan worden ist, kann das zürcherische Befehlsverfahren zur endgültigen Beurteilung zivilrechtlicher Ansprüche führen. So ist es im vorliegenden Falle geschehen; es ist kein ordentliches Verfahren vorbehalten worden. 2. Das Obergericht geht zutreffend davon aus, dass der Gotthard-Bund als Verein mit idealer Zweckbestimmung ( Art. 60 Abs. 1 ZGB ) wie alle juristischen Personen den Schutz der Persönlichkeit im allgemeinen (Art. 53 in Verbindung mit Art. 28 ZBG) und insbesondere auch den Namenschutz nach Art. 29 ZGB geniesst ( BGE 42 II 317 , BGE 90 II 461 S. 464 BGE 44 II 86 , BGE 80 II 140 und 284, BGE 83 II 255 ). Es ist ihm auch darin beizustimmen, dass das Namensrecht nicht nur dann verletzt ist, wenn jemand sich unbefugt den Namen eines andern unverändert beilegt, sondern auch dann, wenn er einen täuschend ähnlichen Namen annimmt und führt, der geeignet ist, Verwirrung zu stiften und erhebliche Interessen des andern zu beeinträchtigen ( BGE 80 II 145 und 284/85). Eine solche Verletzung ist, wie das Obergericht näher darlegt, dem Kläger dadurch widerfahren, dass das seinen Namen kennzeichnende Wort "Gotthard" als zentraler Bestandteil des Namens des beklagten Vereins und des Titels der von diesem herausgegebenen Zeitschrift verwendet wird. Die Beklagten weisen demgegenüber vorerst darauf hin, dass hier das strengere Firmenrecht ( Art. 944 ff. OR ) nicht anwendbar sei, sondern nur analog "als Wertmesser" berücksichtigt werden dürfe. In der Tat unterstehen ideale Vereine dem Firmenrechte nicht, selbst wenn sie im Handelsregister eingetragen sind ( BGE 34 II 114 ff., BGE 80 II 283 /84). Das Obergericht hat jedoch gar nicht Firmenrecht angewendet, und den besonderen Firmenschutz (vgl. BGE 79 II 310 /11) hat der Kläger auch nicht angerufen. Der Namenschutz nach Art. 29 ZGB aber - der übrigens auch einer des Firmenschutzes teilhaftigen Unternehmung zu gewähren ist, soweit eine nicht firmenmässige Verwendung ihres Namens in Frage steht (vgl. BGE 40 II 605 , BGE 52 II 398 , BGE 66 II 263 , BGE 72 II 386 /87, BGE 88 II 31 ) - kommt dem Kläger in vollem Masse zu. Im übrigen erklären die Beklagten selbst: "Für uns alle war und ist der Gotthard Symbol". Dennoch halten sie für entscheidend, dass an und für sich ein geographischer Begriff, also eine Sachbezeichnung, vorliege. Diese dürfe nicht von einer einzelnen Vereinigung als ein ihr ausschliesslich zukommender Namensbestandteil in Anspruch genommen werden. Der Kläger nenne sich denn auch nicht einfach "Gotthard", was kein gültiger Name einer Vereinigung wäre, sondern "Gotthard-Bund", und in entsprechender BGE 90 II 461 S. 465 Weise dürfe sich die neuere Vereinigung (mit deutlicher Abweichung in Wortbild und Klang) "Neuer GotthardRing" nennen. Dieser Betrachtungsweise ist nicht zu folgen. Es ist vor allem an die besondere Symbolkraft des Gotthardes in der gefahrvollen Zeit vor und nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges zu erinnern, wie sie bereits in der Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1938 über die Organisation und die Aufgaben der schweizerischen Kulturwahrung und Kulturwerbung ausgedrückt ist (Bundesblatt 1938 II 985 ff., bes. 998/99): "Ein Blick auf die europäische Karte zeigt uns, dass der gewaltige Wall der Alpen an einer Stelle sich zurück- und zusammenzieht auf einen massigen, aber einzigen Gebirgsblock: am St. Gotthard. Es kommt nicht von ungefähr, dass die ersten eidgenössischen Bünde sich um den Gotthardpass lagerten. Diese Tatsache war providentiell und wesentlich für den Sinn und die Sendung des eidgenössischen Staatsgedankens. Am Gotthard entspringen die drei Ströme, durch die wir den drei für die Geschichte des Abendlandes bedeutungsvollsten Lebensräumen verbunden sind: Rhein, Rhone und Tessin. Der Berg der Mitte trennt und verbindet diese drei geistigen Lebensräume. Es wäre ein naturwidriges Unterfangen, die Kultur unseres Landes von der kulturellen Gemeinschaft mit den drei Lebensräumen losreissen zu wollen, denen wir weitgehend verbunden sind. Wir dürfen nicht vom Wechselnden und Akzidentellen das Bleibende, Substanzielle überschatten lassen. Wenn der Tessiner Giuseppe Zoppi den Standpunkt vertritt, dass der Tessin desto sinnvoller seine schweizerische Mission erfülle, je reiner er seine geistige Verbundenheit mit der bleibenden Grösse italienischer Kultur zu bewahren vermöge, so gilt das gleiche sinngemäss für die welschen Miteidgenossen und für die Deutschschweizer alemannischen Blutes. .... Es ist doch etwas Grossartiges, etwas Monumentales, dass um den Gotthard, den Berg der Scheidung und den Pass der Verbindung, eine gewaltig grosse Idee ihre Menschwerdung, ihre Staatswerdung feiern durfte, eine europäische, eine universelle Idee: die Idee einer geistigen Gemeinschaft der Völker und der abendländischen Kulturen!. .... Uns auf dieses wahrhaft Monumentale, wahrhaft Wunderbare in unserem eidgenössischen Staatsgedanken zu besinnen und uns dessen in tiefster Seele bewusst zu werden, das allein schon ist ein wesentliches Element geistiger Verteidigung unseres Landes." Im Juli 1940, in einer Zeit höchster Gefahr, ist der Kläger gegründet worden und hat die Benennung "Gotthard" als Wahrzeichen der Verteidigungsbereitschaft gewählt. Wie der angefochtene Entscheid (mit Hinweis auf das Schweizer Lexikon Bd. III 1946 S. 1214) darlegt, ist der Kläger der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden, nachdem er sich BGE 90 II 461 S. 466 jahrelang unter dem Namen "Gotthard-Bund" für die politische Unabhängigkeit der Schweiz eingesetzt hatte. Sein Name hat daher einen kennzeichnenden originalen Charakter erlangt (vgl. BGE 42 II 318 ff., BGE 82 II 342 ), woraus des Obergericht mit Recht auf eine zur Individualisierung des Klägers geeignete Unterscheidungskraft des in diesem Namen enthaltenen Hauptbestandteils schliesst. Dem Kläger gebührt somit das von ihm in Anspruch genommene Vorzugsrecht. Dem Namensrecht hat das Gesetz nicht wie dem Firmenrecht bestimmte räumliche Grenzen gezogen. Da sich die Tätigkeit des Klägers auf das ganze Gebiet der Schweiz erstreckt, hat er ein schutzwürdiges Interesse, in der ganzen Schweiz vor Namensverletzungen bewahrt zu sem. Dass sich der Name des Beklagten 1 genügend von demjenigen des Klägers unterscheide, ist sodann in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil zu verneinen. Der zentrale Namensbestandteil "Gotthard" ist so einprägsam, dass weder das vorausgehende Wort "Neue" noch die nachfolgende, freilich in Bild und Klang abweichende, aber gleichbedeutende Benennung "Ring" statt "Bund" die Verwechslungsgefahr zu bannen vermögen. Der vom Beklagten 1 verwendete Name kann auch jemanden täuschen, dem der Name des Klägers genau erinnerlich ist. Er kann nämlich zur Annahme verleiten, der Kläger selbst habe wegen neuer Zielsetzung den neuen Namen angenommen, oder aber, er sei durch den Beklagten 1 abgelöst worden und bestehe nicht mehr. Zum mindesten lässt die Ähnlichkeit der beiden Namen mit dem gleichen Hauptbestandteil vermuten, die beiden Vereinigungen seien miteinander irgendwie verbunden. Wie aber mehrmals entschieden worden ist, liegt eine durch Art. 29 ZGB verpönte Namensverletzung auch darin, dass jemand als Namensträger durch Gedankenassoziationen in Beziehungen hineingestellt wird, die er füglich ablehnen darf ( BGE 72 II 150 , BGE 80 II 147 ). BGE 90 II 461 S. 467 Einwandfrei ist endlich der Standpunkt des Obergerichts, als Namensanmassung habe auch die unbefugte Verwendung eines Namens zur Bezeichnung einer Sache, insbesondere als Titel einer Zeitschrift, zu gelten ( BGE 80 II 140 , BGE 87 II 111 ). Die Einrede, der Unterlassungsanspruch des Klägers sei nach den Artikeln 2 und 30 ZGB als verwirkt zu betrachten, hält die Beklagtschaft vor Bundesgericht nicht aufrecht. Es erübrigt sich daher, diesen Punkt hier zu erörtern. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 30. Juni 1964 bestätigt.
public_law
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
bbee17cc-44d3-45b2-9a47-1dd9e43a49b5
Urteilskopf 99 V 145 45. Extrait de l'arrêt du 10 janvier 1973 dans la cause Ortiz contre Caisse cantonale genevoise de compensation et Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS
Regeste Berechnungsgrundlagen der Beiträge der Nichterwerbstätigen, die unterhalten oder unterstützt werden ( Art. 10 AHVG ).
Erwägungen ab Seite 145 BGE 99 V 145 S. 145 Extrait des considérants: 1. Les cotisations AVS/AI/APG se répartissent en deux grandes catégories: a) les cotisations des assurés exerçant une activité lucrative, qui sont calculées en pour-cent du revenu provenant de l'exercice d'une telle activité (art. 4-9 LAVS); b) celles des assurés n'exerçant pas d'activité lucrative, qui sont de 40 fr. à 2000 fr. (depuis le 1er janvier 1973, 78 fr. à BGE 99 V 145 S. 146 7800 fr.) par an, selon la condition sociale de l'intéressé (art. 10 LAVS). Parmi les activités lucratives, la loi distingue les activités dépendantes, qui procurent un revenu acquis au service d'un tiers, des activités indépendantes, procurant un revenu qui n'est pas acquis au service d'un tiers. La charge de la cotisation provenant d'une activité dépendante est partagée entre l'employeur et l'employé, ces deux termes ayant un sens très large (art. 5-7 et 12 LAVS). La cotisation provenant d'une activité indépendante incombe uniquement à l'assuré (art. 8 et 9 LAVS). L'administrateur d'une société anonyme que celle-ci rémunère est, normalement, considéré comme dépendant à l'égard de la société. Dès que la cotisation perçue sur le revenu provenant d'une activité lucrative atteint le minimum de 40 fr. pour l'année civile, l'assuré échappe à toute cotisation fondée sur la condition sociale (art. 10 al. 1 LAVS). Parmi les assurés n'exerçant pas d'activité lucrative, la loi soumet à un traitement privilégié les personnes entretenues ou assistées d'une manière durable au moyen de fonds publics ou par des tiers; elles ne sont astreintes qu'à la cotisation minimum, actuellement de 40 fr. (depuis le 1er janvier 1973, 78 fr.) par an (art. 10 al. 2 LAVS). Les autres personnes cotisent selon un barème établi par le Conseil fédéral, qui prévoit des cotisations échelonnées entre 40 fr. et 2000 fr. (depuis le 1er janvier 1973, 78 fr. à 7800 fr.) par an. Le minimum est dû par celui dont la fortune est inférieure à 100 000 fr. et le maximum, lorsqu'elle dépasse 1 500 000 fr. (depuis le 1er janvier 1973, quatre millions). Les revenus annuels acquis sous forme de rente, multipliés par 30, sont assimilés à la fortune pour l'application du barème (art. 28 RAVS). La cotisation provenant de l'exercice d'une activité dépendante ressort de la déclaration de l'employeur. Pour établir le revenu déterminant le calcul des cotisations des assurés exerçant une activité indépendante, la caisse de compensation se fonde sur la taxation passée en force de l'impôt pour la défense nationale, quitte à procéder elle-même à une taxation provisoire lorsque le fisc ne lui a pas encore communiqué de taxation ( art. 22 à 27 RAVS). La fortune des personnes n'exerçant aucune activité lucrative est déterminée par les autorités fiscales cantonales, les art. 22 à 27 RAVS étant applicables par analogie; la caisse de compensation BGE 99 V 145 S. 147 détermine elle-même le revenu acquis par ces personnes sous forme de rente, si possible avec le concours du fisc cantonal (art. 29 RAVS). 2. Du 28 février 1964 - date où il s'est établi en Suisse - au 31 décembre 1965 en tout cas, le recourant n'a pas exercé d'activité lucrative. Cela n'est pas contesté. Durant cette période, il a vécu uniquement des subsides reçus de l'administration de la fortune familiale. Après l'avoir assujetti à la cotisation minimum, qui était jusqu'en 1969 de 14 fr. 40 par an, c'est-à-dire après l'avoir traité en assuré entretenu ou assisté au sens de l'art. 10 al. 2 LAVS, la caisse de compensation a constaté qu'en réalité elle aurait dû fixer la cotisation selon la condition sociale, conformément à l'art. 10 al. 1 LAVS. A défaut d'autres possibilités d'être renseignée, elle a déduit de la taxation fiscale forfaitaire le revenu perçu par l'assuré sous forme de rente et a fixé la nouvelle cotisation de 1965 sur cette base (cf. art. 25 al. 3 et 29 RAVS)... a) ... selon les déclarations du recourant lui-même, la fortune de la famille Ortiz est organisée de façon telle que les membres de la famille n'en disposent point, mais qu'une administration commune leur en distribue tout ou partie des revenus nets. Or, on ne saurait dire que les bénéficiaires de ces attributions sont "entretenus ou assistés d'une manière durable au moyen de fonds publics ou par des tiers" au sens de l'art. 10 al. 2 LAVS. On se trouve au contraire en présence d'une certaine modalité de gestion de la fortune et de répartition des revenus entre les ayants droit. b) Au surplus, l'art. 10 al. 2 LAVS concerne les personnes qui doivent être entretenues ou aidées, faute de quoi elles ne pourraient satisfaire leurs besoins élémentaires. Ce n'est pas le cas du recourant. Aux termes du message du Conseil fédéral du 24 mai 1946 sur le projet de loi sur l'assurance-vieillesse et survivants: "La disposition vise en premier lieu les personnes assistées, les personnes placées dans un asile, dans une section commune d'hôpital ou de maison de santé publique ou privée, les personnes vivant dans un couvent, les personnes placées dans un établissement pénitentiaire, etc., de même que les personnes à la charge de leurs proches ou tout au moins soutenues par eux" (FF 1946 II p. 513). Dans son commentaire de la loi, BINSWANGER (ad art. 10 LAVS, p. 86 ch. 4) estime avec raison que les assistés possédant BGE 99 V 145 S. 148 une fortune ou une rente suffisante doivent cotiser conformément aux art. 10 al. 1 LAVS et 28 RAVS. Il faut admettre qu'il en est de même des personnes qui se contentent de vivre des subsides de tiers, non par obligation, mais de leur propre volonté. c) Enfin, il y a lieu de considérer que l'art. 10 al. 2 n'est applicable que lorsque les prestations des tiers demeurent dans une limite telle qu'on ne peut raisonnablement attendre de l'assuré qu'il cotise selon le système des art. 10 al. 1 LAVS et 28 RAVS. Il serait choquant de voir une personne ayant besoin d'assistance, mais qui recevrait d'un proche des subsides de 50 000 fr. à 150 000 fr. par an (montants supposés du revenu imposable du recourant), ne payer que la cotisation AVS minimum. Par la disposition de l'art. 10 al. 2 LAVS, la loi a voulu protéger des assurés dont la situation financière est difficile et qu'une cotisation supérieure au minimum chargerait trop lourdement, et non traiter spécialement toutes les prestations d'assistance. C'est ce que confirme la seconde phrase de l'alinéa 2, où il est question "d'autres groupes de personnes... qui seraient trop lourdement chargées par des cotisations plus élevées...".
null
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1,973
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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Urteilskopf 98 II 150 23. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Mai 1972 i.S. Longoni gegen v. Heydebrand.
Regeste Berufung an das Bundesgericht gegen ein Urteil, das eine Aberkennungsklage wegen Rechtshängigkeit der Streitsache zurückweist. Ein Urteil, das eine Klage wegen Rechtshängigkeit zurückweist und damit das Verfahren abschliesst, ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG (Bestätigung der Rechtsprechung). An der Auffassung, in der aus prozessualen Gründen erfolgten Zurückweisung einer Aberkennungsklage ( Art. 83 Abs. 2 SchKG ) liege angesichts der Möglichkeit einer spätern Rückforderungsklage ( Art. 86 SchKG ) kein Endentscheid, kann nicht festgehalten werden (Änderung der Rechtsprechung; Erw. 1). Verhältnis zwischen Arrestforderungs- und Aberkennungsklage. Macht die Hängigkeit einer Arrestforderungsklage ( Art. 278 Abs. 2 SchKG ) die Erhebung einer Aberkennungsklage mit Bezug auf die gleiche Forderung unnötig? (Frage offen gelassen; Erw. 2). Rechtshängigkeit; Bundesrecht und kantonales Prozessrecht. Ob eine Klage wegen Rechtshängigkeit zurückgewiesen werden darf, beurteilt sich nach der heute noch herrschenden Auffassung unter Vorbehalt von Art. 22 BZP grundsätzlich nach kantonalem Prozessrecht. Die Frage der Identität der Ansprüche beurteilt sich dagegen bei bundesrechtlichen Ansprüchen nach Bundesrecht. Identität einer auf einen Schuldbrief gestützten Forderung gegen die geschiedene Ehefrau mit einer auf den gleichen Betrag lautenden Forderung, die der Gläubiger damit begründet, dass er den Schuldbrief abbezahlt und die geschiedene Ehefrau ihm den abbezahlten Betrag gemäss Scheidungskonvention zu erstatten habe? (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 152 BGE 98 II 150 S. 152 A.- Am 7. Februar 1964 kaufte Margaritha v. Heydebrand-Wüthrich von Werner Stucki die Liegenschaft Kesslergasse 5 (heute Münstergasse 35) in Bern. Sie erwarb die Liegenschaft fiduziarisch für ihren Ehemann Godhard v. Heydebrand. Für den Betrag von Fr. 43'317.--, um den der Kaufpreis die von der Käuferin übernommenen Hypotheken im 1.-9. Rang überstieg, wurde zugunsten des Verkäufers ein Schuldbrief im 10. Rang errichtet. Ende 1964 wurden daran Fr. 5317.-- abbezahlt, Ende 1965, 1966 und 1967 je Fr. 5000.--, insgesamt also Fr. 20'317.--. Anfangs Mai 1968 übergab Stucki den Schuldbrief an Godhard v. Heydebrand, der Stucki für sein Restguthaben von Fr. 23'000.-- befriedigte. Am 22. Mai 1968 wurde der Schuldbrief gemäss Art. 64 Abs. 3 GBV , der den Ersatz von schadhaft, unleserlich oder unübersichtlich gewordenen Pfandtiteln vorsieht, unter Entkräftung des alten Titels neu ausgestellt. Als Schuldnerin ist im neuen Titel Margaritha v. Heydebrand angegeben, als Gläubiger Godhard v. Heydebrand. Für die Schuldnerin unterzeichnete den neuen Schuldbrief Notar F. Sägesser, der in Ziffer 12 des Kaufvertrags vom 7. Februar 1964 zur Unterzeichnung des Originaltitels ermächtigt worden war. B.- Am 21. Juni 1968 wurde die Ehe v. Heydebrand-Wüthrich in Gutheissung der vom Ehemann am 5. Mai 1965 eingeleiteten Klage geschieden. Am 4. September 1968 schlossen die geschiedenen Ehegatten einen Vergleich, der im wesentlichen bestimmte, die Ehefrau behalte die Liegenschaft Münstergasse 35 definitiv; der Ehemann verzichte auf sein Vorkaufsrecht; die Ehefrau erstatte ihm Fr. 60'000.-- "und ausserdem den Betrag, um welchen sich die hypothekarische Belastung seit 1. Jan. 1964 vermindert hat, und ferner den Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung per 31. Dez. 1968 auf der Liegenschaft Münstergasse 35"; damit seien "sämtliche gegenseitige güterrechtliche Ansprüche und aus Mitarbeit der Ehefrau im Geschäft des Ehemanns abgegolten"; vorbehalten bleibe der Teilvergleich vom gleichen Tage über das Sondergut (der die Herausgabe von zwei Einrichtungsgegenständen an die Ehefrau vorsieht); der von der Ehefrau zu leistende Gesamtbetrag werde am 1. Juli 1969 fällig BGE 98 II 150 S. 153 und sei vom 1. Januar bis 1. Juli 1969 mit 5% zu verzinsen. Am 13. Dezember 1968 ergänzte das Amtsgericht von Bern sein Scheidungsurteil durch Genehmigung dieser Vereinbarungen. C.- Die geschiedenen Ehegatten konnten sich über die Höhe des von der Ehefrau nach dem Vergleich vom 4. September 1968 geschuldeten Gesamtbetrags nicht einigen. Da die Ehefrau den vom Ehemann gemäss einer Abrechnung vom 15. Oktober 1968 geforderten Betrag von Fr. 129'451.25 nicht zahlte, erwirkte der Ehemann am 24./25. Juli 1969 einen Arrest auf ihre Liegenschaft. Der am 1. September 1969 beim Appellationshof des Kantons Bern eingeleitete Arrestforderungsprozess ist noch hängig. In einem Widerspruchsprozess wurde der Anspruch eines Dritten auf die ihm abgetretenen Mietzinse aus der arrestierten Liegenschaft geschützt. D.- Im Mai 1970 betrieb G. v. Heydebrand seine geschiedene Ehefrau (nun Frau Longoni) gestützt auf den erwähnten Schuldbrief für Fr. 43'317.-- nebst 5% Zins seit 1. Januar 1969 auf Verwertung der Pfandliegenschaft. Zugleich verlangte er den Einzug der Mietzinse durch das Betreibungsamt (Betreibung Nr. 84'194 des Betreibungsamtes Bern 2). Frau Longoni und ihr gemäss Art. 68 bis SchKG mitbetriebener Ehemann erhoben Rechtsvorschlag ohne Grundangabe. Nachdem G. v. Heydebrand die provisorische Rechtsöffnung erwirkt hatte, leitete Frau Longoni gegen ihn beim Appellationshof des Kantons Bern am 19. September 1970 (innert der Frist von Art. 83 Abs. 2 SchKG ) Klage auf Aberkennung der in Betreibung gesetzten Forderung ein. Der Appellationshof wies die Aberkennungsklage mit Urteil vom 9. November 1971 zurück. Er nahm an, die im Aberkennungsprozess streitige Forderung sei bereits Gegenstand des zwischen den gleichen Parteien hängigen Arrestforderungsprozesses; dort habe G. v. Heydebrand gestützt auf den Vergleich vom 4. September 1968 Abschlagszahlungen von Fr. 54 567.-- an die auf der Liegenschaft Münstergasse 35 lastenden Grundpfandschulden geltend gemacht, und in dieser Summe sei der an Stucki bezahlte Betrag von Fr. 43 317.-- inbegriffen. An der "Identität der Forderung" ändere es nichts, dass sie im Arrestforderungsprozess auf den Vergleich vom 4. September 1968 und im Aberkennungsprozess auf den Schuldbrief gestützt werde; ihre "innere Rechtfertigung" BGE 98 II 150 S. 154 beruhe auch diesmal (d.h. im Aberkennungsprozess) auf dem Vergleich vom 4. September 1968; dass der Betrag von Fr. 43 317.-- zweimal verlangt werden könne, habe G. v. Heydebrand nie behauptet; er anerkenne vielmehr, dass der Betrag nur einmal geschuldet sei; bei beiden Prozessen handle es sich um rein materiellrechtliche Streitigkeiten, in denen über das Bestehen oder Nichtbestehen der Forderung endgültig entschieden werde; die Hängigkeit des Arrestforderungsprozesses schliesse also die Entgegennahme einer Aberkennungsklage über die gleiche Forderung aus. E.- Gegen das Urteil des Appellationshofs vom 9. November 1971 hat die Klägerin Frau Longoni die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die mit der Betreibung Nr. 84'194 geltend gemachte Forderung von Fr. 43 317.-- nebst Zins sei abzuerkennen. Der Beklagte beantragt, auf die Berufung sei nicht einzutreten, da kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG vorliege; eventuell sei sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. In BGE 80 I 259 ff. (bes. 263/64) hat das Bundesgericht entschieden, Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG sei auch ein Urteil, mit dem auf die Klage wegen Rechtshängigkeit der Streitsache nicht eingetreten wird, sofern das Urteil das Verfahren abschliesst. Dieser Entscheid stützt sich auf die in BGE 74 II 177 /78 und BGE 79 II 108 vertretene Auffassung, der in Art. 48 des geltenden OG verwendete Begriff des Endentscheides sei weiter als der Begriff des Haupturteils im Sinne von Art. 58 des OG von 1893; Endentscheid sei jeder Entscheid, der - sei es auch bloss aus einem prozessualen Grunde - ein Verfahren abschliesst, das auf die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse abzielt; es sei nicht erforderlich, dass der Entscheid den Kläger von der Verfolgung des eingeklagten Anspruchs endgültig ausschliesst. Diese Definition des Endentscheides hat sich in der Folge nicht durchgesetzt. Vielmehr nimmt die neuere Rechtsprechung entsprechend der Praxis zu Art. 58 aoG an, Endentscheid sei nicht jeder den Prozess beendigende Entscheid, sondern nur ein Entscheid, durch den entweder über den materiellen Anspruch geurteilt oder dessen Beurteilung aus einem Grunde abgelehnt wird, der endgültig verbietet, dass der gleiche Anspruch zwischen den gleichen Parteien nochmals geltend gemacht BGE 98 II 150 S. 155 wird ( BGE 84 II 230 und 398, BGE 86 II 123 , BGE 88 II 59 , BGE 93 II 217 , 285 und 390, BGE 95 II 294 , BGE 96 II 427 und 434/35). Ein Entscheid, der eine Klage wegen Rechtshängigkeit zurückweist, wird von dieser Definition, wenn man sie streng wörtlich nimmt, kaum erfasst, weil er den eingeklagten materiellen Anspruch nicht beurteilt und diese Beurteilung nicht aus einem Grunde ablehnt, der eine neue Klage für immer ausschliesst, sondern an und für sich die Möglichkeit offen lässt, den Anspruch nach Erledigung des hängigen Verfahrens neu geltend zu machen (vgl. BIRCHMEIER, Handbuch des OG, S. 164 Mitte, und WURZBURGER, Les conditions objectives du recours en réforme..., Diss. Lausanne 1964, S. 186 unter Ziff. 250, mit Hinweisen). Dessen ungeachtet wurde jedoch in einem Falle, der vorletztes Jahr drei Abteilungen des Bundesgerichts beschäftigte, der in BGE 80 I 263 /64 ausgesprochene Grundsatz bestätigt, dass ein die Klage wegen Rechtshängigkeit zurückweisender und damit das Verfahren abschliessender Entscheid als Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG zu gelten hat (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofs vom 22. Mai 1970 i.S. Milcent, Urteile der I. Zivilabteilung und der Staatsrechtlichen Kammer vom 14. bzw. 22 Juli 1970 in der gleichen Sache: BGE 96 II 449 und BGE 96 I 450 ). Diese Lösung lässt sich damit rechtfertigen, dass ein Entscheid, der eine auf das Bundesrecht gestützte Klage zu Unrecht wegen Rechtshängigkeit zurückweist, dem Kläger die durch das Bundesrecht gewährleistete Möglichkeit, seinen Anspruch auf dem Prozessweg geltend zu machen ( BGE 95 II 642 ), zwar nicht für immer, aber doch für die Dauer des hängigen Verfahrens entzieht, was bedeutet, dass dem Kläger das Klagerecht für eine gewisse - oft lange - Zeit endgültig abgesprochen wird. Ist die zurückgewiesene Klage befristet und läuft die Klagefrist während der Dauer des hängigen Verfahrens ab, wie es im vorliegenden Falle zutrifft, so kann die Zurückweisung sogar zum vollständigen Verlust des Klagerechts führen. Diese Folge der Zurückweisung ist bei Prüfung der Frage, ob ein die Klage wegen Rechtshängigkeit zurückweisender Entscheid den Charakter eines Endentscheids habe, richtigerweise zu berücksichtigen, auch wenn es sich dabei, wie in BGE 84 II 231 für den Fall der Zurückweisung mangels gehöriger Vollmacht des Prozessvertreters angenommen, nicht um eine "unmittelbare rechtliche Auswirkung" des Nichteintretensentscheides, d.h. nicht um eine im Sinne dieses Entscheides liegende Rechtsfolge, BGE 98 II 150 S. 156 sondern nur um eine "mittelbare Folge" der Zurückweisung handelt. Der angefochtene Entscheid ist daher als Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG zu betrachten. Der Kläger hat in derartigen Fällen ein schützenswertes Interesse daran, dass er die Frage, ob die Zurückweisung vor dem Bundesrecht standhalte oder nicht, im Anschluss an den Nichteintretensentscheid der letzten kantonalen Instanz durch Berufung dem Bundesgericht unterbreiten kann, wenn die übrigen Voraussetzungen dieses Rechtsmittels erfüllt sind, wie es hier zutrifft. Die I. Zivilabteilung des Bundesgerichts hat im zuletzt angeführten Entscheide freilich angenommen, ein Erkenntnis, das eine Aberkennungsklage aus prozessualen Gründen zurückweist, sei auf jeden Fall deshalb kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG , weil es lediglich den Fortgang der Betreibung ermögliche und dem Betriebenen die Möglichkeit vorbehalten bleibe, "dem Richter den Streit über die Forderung innerhalb eines Jahres nach Zahlung der angeblichen Nichtschuld durch Rückforderungsklage gemäss Art. 86 Abs. 1 SchKG erneut zu unterbreiten". Die I. Zivilabteilung folgte damit einem ältern Entscheide der II. Zivilabteilung ( BGE 47 III 103 ff.). Die in diesen Entscheiden vertretene Auffassung ist jedoch in der Lehre mit Recht kritisiert worden (KUMMER, ZBJV 1960 S. 63; WURZBURGER, a.a.O. S. 183 unter Ziff. 246). Es ist von vornherein umstritten, ob die Rückforderungsklage dem Schuldner überhaupt zu Gebote steht, wenn die Betreibung zum Konkurs geführt hat (verneinend JAEGER, Kommentar, 3. Aufl., N. 5 zu Art. 86, N. 1 zu Art. 187 und N. 1 a.E. zu Art. 250 SchKG , sowie KUMMER, a.a.O.; anderer Ansicht BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 320 Anm. 24, S. 783 Anm. 36, sowie V. SCHWANDER, BlSchK 1943 S. 97 ff., und R. DAGON, Über die Rückforderung im Betreibungsrecht, Zürcher Diss. 1960, S. 62 ff.). Die Rückforderungsklage fällt auf jeden Fall dann ausser Betracht, wenn der Schuldner eine Aktiengesellschaft ist, die infolge des Konkurses aufgelöst wird (KUMMER a.a.O.). Unabhängig von der Art der Zwangsvollstreckung ist eine Rückforderung ausgeschlossen, soweit der Gläubiger nicht befriedigt wird, sondern einen Verlust erleidet. Wird der Gläubiger nicht durch eine Zahlung des betriebenen Schuldners, sondern aus dem Erlös der Zwangsverwertung von Vermögensstücken des Schuldners befriedigt, so bringt die Rückforderungsklage dem Schuldner die verwerteten Gegenstände nicht zurück und macht die Vermögenseinbusse, die mit der Zwangsverwertung meist BGE 98 II 150 S. 157 verbunden ist, nicht ungeschehen. Im übrigen hat der Schuldner nicht selten mit der Gefahr zu rechnen, dass der zur Rückleistung verurteilte Gläubiger das seinerzeit empfangene Geld nicht zurückzuzahlen vermag, weil er es inzwischen verbraucht hat. Die Rückforderungsklage ist also offensichtlich kein vollwertiger Ersatz der Aberkennungsklage. An der Praxis, die der aus prozessualen Gründen erfolgten Zurückweisung einer Aberkennungsklage den Charakter eines Endentscheids unter Hinweis auf die Möglichkeit einer spätern Rückforderungsklage absprach, kann daher nicht festgehalten werden. Die I. Zivilabteilung hat dieser Änderung der Rechtsprechung zugestimmt. Auf die vorliegende Berufung ist deshalb einzutreten. 2. Die Klägerin behauptet, der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz verletze Bundesrecht, weil die im Aberkennungsprozess streitige Schuldbriefforderung mit der im Arrestforderungsprozess streitigen Forderung aus ehelichem Güterrecht auch insoweit nicht identisch sei, als diese Forderung sich auf die Abzahlung des Schuldbriefs stützt. Ausserdem wirft die Klägerin der Vorinstanz vor, sie habe ihr durch die Zurückweisung der Aberkennungsklage wegen angeblicher Rechtshängigkeit der Streitsache die ihr durch diesen gesetzlich vorgesehenen Rechtsbehelf gewährleistete Möglichkeit entzogen, sich dem Definitivwerden der dem Beklagten in der Grundpfandbetreibung erteilten provisorischen Rechtsöffnung und der Fortsetzung dieser Betreibung zu widersetzen, solange kein Urteil vorliegt, das den mit dieser Betreibung geltend gemachten Anspruch schützt. Damit rügt die Klägerin der Sache nach, das angefochtene Urteil verstosse gegen Art. 83 Abs. 2 und 3 SchKG . Von der Annahme ausgehend, dass beide Prozesse den gleichen Anspruch betreffen, hat die Vorinstanz unter Hinweis auf BGE 22 S. 328 f. und ein Urteil des waadtländischen Kantonsgerichts vom 24. April 1922 (SJZ 1922/23 S. 27 Nr. 26) ausgeführt, die Rechtsöffnung könne nicht definitiv werden, solange die Arrestforderungsklage nicht rechtskräftig beurteilt sei; die Klägerin sei daher nicht genötigt gewesen, zu ihrer Verteidigung auf Aberkennung zu klagen. Ob diese Auffassung zutreffe (vgl. dazu ausser den angeführten Präjudizien auch BGE 38 I 204 Erw. 2, J. GASSMANN in Festgabe für F. Goetzinger, 1935, S. 46 f., und H. HINDERLING, ZSR 1964 I S. 127 f., der sich mit einer abweichenden Meinung auseinandersetzt), kann dahingestellt bleiben, wenn die Klägerin mit der Rüge durchdringt, dass die Zurückweisung ihrer Aberkennungsklage BGE 98 II 150 S. 158 wegen Rechtshängigkeit der Streitsache mangels Identität der in Frage stehenden Ansprüche gegen das Bundesrecht verstösst. 3. Während heute als Regel des Bundesrechts anerkannt ist, dass ein aus dem Bundesprivatrecht abgeleiteter Anspruch, der Gegenstand eines formell rechtskräftigen kantonalen Urteils ist, nicht (oder jedenfalls nicht gegen den Willen des Beklagten) von neuem gerichtlich geltend gemacht werden kann ( BGE 95 II 639 ff.), hat das Bundesgericht an der Auffassung festgehalten, die Frage, ob eine Klage wegen Rechtshängigkeit des eingeklagten Anspruchs zurückgewiesen werden dürfe oder nicht, werde unter Vorbehalt des für direkte Prozesse vor Bundesgericht geltenden Art. 22 BZP grundsätzlich vom kantonalen Prozessrecht beherrscht ( BGE 96 II 449 Erw. 2 mit Hinweis auf BGE 80 I 261 Erw. 2, BGE 85 II 83 ). Ob der eingeklagte Anspruch mit dem bereits gerichtlich geltend gemachten identisch sei oder nicht, gilt jedoch nach dieser Rechtsprechung, wenn es sich um bundesrechtliche Ansprüche handelt, als Frage des Bundesrechts, wie das auch schon nach der frühern Rechtsprechung zur Einrede der abgeurteilten Sache ( BGE 75 II 290 mit Hinweisen, BGE 81 II 146 f., BGE 88 I 164 ) der Fall war. Die blosse Tatsache, dass im Aberkennungsprozess der schon im Arrestforderungsprozess eingeklagte Betrag von Fr. 43'317.-- streitig ist und dass der Gläubiger erklärt, dieser Betrag sei ihm nur einmal geschuldet, genügt nicht, um den Schluss zu rechtfertigen, dass beide Prozesse den gleichen Anspruch betreffen. Es ist möglich, dass jemand gegenüber der gleichen Person aus zwei verschiedenen Rechtsgründen Anspruch auf dieselbe Leistung hat. Man spricht in solchen Fällen von konkurrierenden Ansprüchen, die abgesehen davon, dass die Erfüllung des einen den andern dahinfallen lässt, voneinander unabhängig sind und nach Wahl des Gläubigers gemeinsam oder einzeln geltend gemacht werden können (v. TUHR/SIEGWART, Allg. Teil des schweiz. OR, § 5 I, S. 36/37; vgl. auch OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, 2. Aufl., Bd. I 1958, S. 426 ff., 433/34). Bei getrennter gerichtlicher Geltendmachung derartiger Ansprüche liegt keine Identität der Streitsachen vor (KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweiz. Recht, 1954, S. 94/95, und LEUCH, Die ZPO für den Kanton Bern, 3. Aufl. 1956, N. 11 d zu Art. 192, S. 213). Der Beklagte begründet seine Forderung von Fr. 43'317.-- im Arrestforderungsprozess damit, dass der auf diesen Betrag lautende Schuldbrief in der Zeit von Ende 1964 bis Mai 1968 BGE 98 II 150 S. 159 vollständig abbezahlt wurde und dass der güterrechtliche Vergleich vom 4. September 1968 bestimmt, die Klägerin habe dem Beklagten den Betrag zu erstatten, um den sich die hypothekarische Belastung der Liegenschaft Münstergasse 35 seit dem 1. Januar 1964 vermindert hat. Im Aberkennungsprozess fordert er den gleichen Betrag gestützt auf den am 22. Mai 1968 neu ausgestellten Schuldbrief vom Februar 1964. Er leitet also seine Forderung in den beiden Prozessen aus verschiedenen Entstehungsgründen ab. Die Bemerkung der Vorinstanz, die "innere Rechtfertigung" der Forderung beruhe auch im Aberkennungsprozess auf dem Vergleich vom 4. September 1968, kann hieran nichts ändern. Bei Beurteilung der Frage der Identität von Ansprüchen ist massgebend, worauf der Ansprecher die Ansprüche stützt. Im Aberkennungsprozess beruft sich der Beklagte ausschliesslich auf den vor Abschluss des Vergleichs vom 4. September 1968 errichteten und neu ausgestellten Schuldbrief. Gegenüber dem Einwand der Klägerin, mit dem Abschluss dieses Vergleichs seien die Ansprüche aus dem Schuldbrief untergegangen, macht er geltend, der Vergleich berühre seine Ansprüche aus dem Schuldbrief nicht. Anderseits stützt er seine Forderung im Arrestforderungsprozess ausschliesslich auf die erwähnte Vergleichsklausel und die Abzahlung des Schuldbriefs. Auf die im Schuldbrief verurkundeten Ansprüche konnte er sich im Arrestforderungsprozess nicht berufen, weil nach Art. 271 Abs. 1 SchKG ein Arrest nur für eine nicht durch ein Pfand gedeckte Forderung erwirkt werden kann. Der Beklagte macht also mit getrennten Klagen konkurrierende Ansprüche auf die gleiche Leistung geltend, die sich nach den von ihm angerufenen Entstehungsgründen deutlich voneinander unterscheiden, so dass von Identität der Ansprüche nicht die Rede sein kann. Da im Arrestforderungsprozess für eine Auseinandersetzung über die Ansprüche aus dem Schuldbrief kein Raum ist, würde der Klägerin durch die Bestätigung des angefochtenen Entscheides die Möglichkeit entzogen, Einwendungen gegen die Gültigkeit des Schuldbriefs und gegen das vom Beklagten beanspruchte Recht zu erheben, sich trotz der güterrechtlichen Vereinbarung ihr gegenüber auf diesen Pfandtitel zu berufen. Dadurch würde die Klägerin in ihren Verteidigungsrechten empfindlich beschränkt. Sie hat auch unter der Voraussetzung, dass sie dem Beklagten gemäss der güterrechtlichen Vereinbarung den Betrag von Fr. 43'317.--schulden sollte, ein berechtigtes BGE 98 II 150 S. 160 Interesse daran, dass sie die Eintreibung dieses Betrages auf dem Wege der Grundpfandbetreibung und damit den Eintritt der in Art. 806 ZGB vorgesehenen Rechtsfolgen verhindern kann, wenn der Schuldbrief ungültig oder der Beklagte aus einem andern Grunde nicht berechtigt sein sollte, seine Forderung gestützt auf diesen Titel geltend zu machen. Dieses Interesse kann die Klägerin nur mittels der Aberkennungsklage wahrnehmen. Die Klägerin hat es bei Erhebung des Rechtsvorschlags gegen den Zahlungsbefehl in der Grundpfandbetreibung freilich unterlassen, das Pfandrecht als solches zu bestreiten, wozu nach Art. 85 Abs. 1 VZG eine entsprechende Erklärung nötig gewesen wäre. Das hindert sie aber nicht, gegenüber dem Beklagten die Einwendung zu erheben, der Schuldbrief sei ungültig oder der Vergleich vom 4. September 1968 verbiete dem Beklagten, seine Forderung auf den Schuldbrief zu stützen. Dringt sie damit durch, so entfällt auch das mit der Schuldbriefforderung akzessorisch verbundene Pfandrecht. Die erwähnten Einwendungen kann sie aber nur im Aberkennungsprozess geltend machen, was ihr durch den angefochtenen Entscheid verunmöglicht würde. Auch aus diesen Gründen ist die Identität der Ansprüche, die Gegenstand der beiden Prozesse sind, zu verneinen. Die Vorinstanz hat die Aberkennungsklage also materiell zu behandeln. Ob sie die beiden Prozesse nebeneinander weiterführen oder allenfalls die Aberkennungsklage, mit der die Klägerin vor allem die auf Grund von Art. 806 ZGB und Art. 91/92 VZG verfügte Mietzinssperre abzuwenden sucht, vorweg behandeln will, ist vorwiegend eine Frage der Prozessökonomie. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das Urteil des Appellationshofes (II. Zivilkammer) des Kantons Bern vom 9. November 1971 aufgehoben und die Sache zur materiellen Behandlung der Aberkennungsklage an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Federation
bbf49d3d-5ffd-458d-a2e4-b4b6b2f2021e
Urteilskopf 102 Ia 243 38. Auszug aus dem Urteil vom 15. Juni 1976 i.S. Neef-Schäfer und Mitbeteiligte gegen Kanton Basel-Stadt und Appellationsgericht (als Verwaltungsgericht) des Kantons Basel-Stadt.
Regeste Art. 4 und 22ter BV ; Denkmalschutz, Entschädigung 1. Zulässigkeit von neuen rechtlichen und tatsächlichen Vorbringen im bundesgerichtlichen Verfahren (E. 2). 2. Die Unterschutzstellung eines Gebäudes kann eine materielle Enteignung bewirken; ob eine solche vorliegt, beurteilt sich nach dem Mass, in welchem dem Eigentümer die gegenwärtige oder in naher Zukunft mögliche Nutzung untersagt oder ihm ein Sonderopfer auferlegt wird (E. 6). 3. Mit Art. 22ter BV ist nicht vereinbar, wenn der Eigentümer im Falle einer materiellen Enteignung nur die Wahl hat, das Grundstück dem Staat gegen volle Entschädigung heimzuschlagen oder aber auf jede Entschädigung für den eingetretenen Minderwert zu verzichten (Änderung der Rechtsprechung; E. 6). 4. Verweigerung der Baubewilligung; hat ein Baugesuch im Zeitpunkt der Einreichung dem geltenden Recht entsprochen, so kann eine Entschädigung für die nutzlos gewordenen Aufwendungen ohne Verletzung von Art. 4 BV nicht verweigert werden, wenn gerade die Einreichung des Baugesuches Anlass zur Änderung der Bauordnung gegeben hat und die Absicht der Behörden, die Realisierung des Projekts auf diese Weise zu verhindern, für den Eigentümer nicht voraussehbar war (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 244 BGE 102 Ia 243 S. 244 Dr. Alfred Neef-Schäfer ist Eigentümer der Liegenschaft Angensteinerstrasse Nr. 28 in Basel; das anstossende Grundstück Angensteinerstrasse Nr. 30 gehört Wilhelm Heusler und Dr. Karl Heusler. Auf jeder Parzelle steht ein älteres Einfamilienhaus mit je 12 Zimmern in zwei Geschossen. Am 30. Juli 1970 reichten die genannten Eigentümer ein gemeinsames Baubegehren für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses auf BGE 102 Ia 243 S. 245 den beiden Parzellen ein. Das neue Gebäude, das den Abbruch der bestehenden Einfamilienhäuser voraussetzte, sollte in Stockwerkeigentum aufgeteilt werden. Bevor das Abbruch- und das Baugesuch beurteilt wurde, stellte der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt mit Beschluss vom 14. Juni 1971 die meisten Häuser an der Angensteinerstrasse, darunter auch die Gebäude Nr. 28 und 30, unter Denkmalschutz. Am 21. September 1971 wies die Baubehörde das Baugesuch ab mit dem Hinweis darauf, dass die beiden Einfamilienhäuser unter Denkmalschutz ständen und für sie ein Abbruchverbot gelte. Am 23. September 1973 verlangte Dr. Neef-Schäfer beim Regierungsrat für die Wertverminderung seiner Liegenschaft eine Entschädigung von Fr. 250'000.--, die Eigentümer der anderen Liegenschaft die selbe Summe. Sie forderten ferner, dass die Architekturkosten für das abgelehnte Projekt in Höhe von Fr. 31'915.80 und die Vorbereitungskosten für die Aufteilung zu Stockwerkeigentum in Höhe von Fr. 3'969.90 vom Kanton vergütet würden. Der Regierungsrat wies das Begehren um Entschädigung des Minderwerts gestützt auf die Regelung ab, die in § 45 der Verordnung vom 9. Dezember 1911 zum EG ZGB (VO) für die Ersatzleistung bei Unterstellung eines Gebäudes unter Denkmalschutz getroffen ist. Für die Entschädigung der nutzlos gewordenen Aufwendungen sodann fehle eine gesetzliche Grundlage. Ein Rekurs an das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt blieb ohne Erfolg. § 45 VO lautet: "Ein geschütztes Gebäude darf nicht ohne Bewilligung des Regierungsrates beseitigt werden. Der Eigentümer, dem die Bewilligung verweigert wird, kann dem Staate unter Verzicht auf die Entschädigung des baulichen Wertes die Liegenschaft zur Übernahme anbieten, jedoch mit Ausschluss desjenigen Teils der Parzelle, der nicht mit dem Gebäude verbunden bleiben muss. Stimmt der Grosse Rat der Übernahme zu, so ist die Entschädigung für den Boden, mangels einer Verständigung, im Expropriationsverfahren festzusetzen. Im andern Falle steht dem Eigentümer die Beseitigung des Gebäudes frei." Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, soweit es darauf eintreten konnte. BGE 102 Ia 243 S. 246 Erwägungen Erwägungen: 2. Bei Beschwerden, welche die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges voraussetzen, können vor Bundesgericht keine neuen Tatsachen vorgetragen werden ( BGE 99 Ia 86 E. 3b; vgl. aber BGE 98 Ia 412 E. 1; LUDWIG, Endentscheid, Zwischenentscheid und Letztinstanzlichkeit im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren, ZBJV 110/1974, S. 202 f.). Es ist deshalb unbeachtlich, dass die Beschwerdeführer, wie der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung geltend macht, die beiden Häuser seit dem Urteil des Verwaltungsgerichts umgestaltet haben. Hingegen sind neue rechtliche Vorbringen ausser bei Beschwerden, die Art. 4 BV anrufen oder bei denen die geltend gemachten Rügen mit der Willkürrüge zusammenfallen, zulässig, wenn die letzte kantonale Instanz volles Überprüfungsrecht besass und das Recht vom Amtes wegen anzuwenden hatte ( BGE 100 Ia 270 E. 4). Beides trifft auf das basel-städtische Verwaltungsgericht zu. Bei neuen rechtlichen Vorbringen kann es sich aber, sollen sie in Betracht gezogen werden, nur um solche handeln, die sich auf die Gesetzgebung stützen, die in Kraft stand, als der angefochtene Entscheid erging, nicht auf Recht, das erst nachher in Kraft trat. Es ist deshalb für die Beschwerdebeurteilung ohne Belang, dass der Kanton Basel-Stadt 1976 ein "Gesetz zum Schutze gefährdeter schützenswerter Bauwerke" erlassen hat, das Vorläufer eines umfassenderen Denkmalschutzgesetzes werden soll und das materiell den § 45 VO aufhebt, und dass Abs. 2 dieser Verordnungsvorschrift am 2. März 1976 vom Regierungsrat auch formell aufgehoben worden ist. 3. Die Beschwerdeführer sind der Meinung, auf ihr Entschädigungsbegehren sei nicht mehr § 45 VO anzuwenden, sondern es müsse nach den Bestimmungen des kantonalen Enteignungsgesetzes vom 26. Juni 1974 beurteilt werden. Ob das eine oder das andere zutrifft, ist eine Frage der Anwendung kantonalen Gesetzesrechtes. Sie wird vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft. Unter dem Gesichtspunkt der Willkür lässt sich die Auslegung des Verwaltungsgerichtes halten, wonach das neue Enteignungsgesetz den § 45 VO weder ausdrücklich noch sinngemäss ausser Kraft gesetzt hat. § 69 Abs. 1 des Enteignungsgesetzes schreibt vor, dass hängige BGE 102 Ia 243 S. 247 Verfahren nach bisherigem Recht zu beurteilen seien. Damit ist wohl in erster Linie gemeint, dass solche Verfahren nach dem bisher geltenden Verfahrensrecht weitergeführt werden sollen. Doch ist die Auffassung vertretbar, dass auch materiell auf die hängigen Verfahren das bisherige Recht anzuwenden sei. Das Enteignungsgesetz regelt sodann nicht nur die formelle, sondern auch die materielle Enteignung. Es lässt sich deshalb ohne Willkür annehmen, die Übergangsbestimmung in § 69 beziehe sich auch auf die Verfahren wegen materieller Enteignung, die hängig waren, als das neue Enteignungsgesetz in Kraft trat. 4. a) Eigentumsbeschränkungen sind mit Art. 22ter BV vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und, sofern sie in der Wirkung einer Enteignung gleichkommen, gegen volle Entschädigung erfolgen. Eine materielle Enteignung liegt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts dann vor, wenn der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch der Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt wird, die besonders schwer wiegt, weil dem Eigentümer eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht die Einschränkung weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung angenommen, falls ein einziger oder einzelne Grundeigentümer so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit als unzumutbar erschiene, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde ( BGE 101 Ia 468 E. 3, 226 E. 2b mit Hinweisen). b) Die Aufnahme eines privaten Bauwerkes in das nach § 43 VO erstellte Verzeichnis der geschützten Bauwerke zieht für die betroffenen Grundstücke eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung nach sich. So dürfen an den geschützten Gebäuden keine Veränderungen ausgeführt werden, die deren Eigenwert beeinträchtigen (§ 44 VO). Der Abbruch der geschützten Bauwerke ist zwar nicht schlechthin verboten, bedarf jedoch einer Bewilligung des Regierungsrates. Unter welchen Bedingungen sie zu erteilen ist, sagt die Verordnung nicht. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass für die Aufnahme ihrer Liegenschaften in das Schutzverzeichnis und für die damit verbundene Eigentumsbeschränkung eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Sie ziehen auch das öffentliche BGE 102 Ia 243 S. 248 Interesse an dieser Massnahme nicht in Zweifel. Die Beschwerdeführer sehen sich in ihren Eigentumsrechten jedoch dadurch verletzt, dass ihnen gemäss § 45 VO eine Entschädigung für die Eigentumsbeschränkung nur dann geleistet wird, wenn sie die Liegenschaften dem Staat heimschlagen und so auf ihr Eigentum vollständig verzichten. Sie bestreiten demnach die Verfassungsmässigkeit der in § 45 VO getroffenen Regelung. 5. a) § 45 VO sieht zur Verwirklichung des verfassungsmässigen Gebots voller Entschädigung ein besonders ausgestaltetes, ausschliessliches Heimschlagsrecht vor. Der Eigentümer, dem der Abbruch des unter Denkmalschutz gestellten Bauwerks verweigert worden ist, kann die Liegenschaft dem Staat unter Verzicht auf die Entschädigung des baulichen Werts anbieten. Vom Heimschlagsrecht ausgeschlossen ist gemäss § 45 VO derjenige Teil der Parzelle, der nicht mit dem Gebäude verbunden bleiben muss. Nimmt der Staat das Angebot an, so erhält der Eigentümer den vollen Bodenwert entschädigt. Dieser wird mangels einer Verständigung im Expropriationsverfahren festgesetzt. Dabei ist vom Verwaltungsgericht zugestanden, dass der Bodenwert auf Grund der Preisverhältnisse zu ermitteln ist, die gegeben waren, bevor die Häuser in das Schutzverzeichnis aufgenommen wurden, also aufgrund der vormals zulässigen Ausnutzungsmöglichkeiten. Nimmt der Staat das Angebot nicht an, so steht dem Eigentümer die Beseitigung des Gebäudes frei. b) Nach der Praxis des Regierungsrates muss gleichzeitig mit dem Gesuch um Abbruch der geschützten Gebäude das Projekt für die beabsichtigten Neubauten vorgelegt werden. Dies ist an sich sachgemäss. Der Regierungsrat kann in der Regel nur aufgrund dieser Unterlagen beurteilen, ob dem Gesuch stattzugeben ist oder nicht. Ob es allerdings auch im Fall der Beschwerdeführer sinnvoll und gerechtfertigt war, ein Bewilligungsgesuch und ein Neubauprojekt zu verlangen, bleibe dahingestellt. Offen bleiben mag auch die Frage, nach welchen Bauvorschriften sich ein allfälliges Neubauprojekt hätte richten müssen, da die Beschwerdeführer ohnehin nicht willens sind, das ihnen in § 45 VO eingeräumte Heimschlagsrecht auszuüben. c) § 45 VO bestimmt, dass der Eigentümer im Falle des Heimschlags auf einen Ersatz für den baulichen Wert der BGE 102 Ia 243 S. 249 Liegenschaft zu verzichten hat und dass volle Entschädigung "für den Boden" geschuldet ist. Die Beschwerdeführer nehmen zu Unrecht an, diese Regelung stehe mit Art. 22ter BV in Widerspruch. Das Verwaltungsgericht führt zutreffend aus, dass die Häuser, die nach dem Willen ihrer Eigentümer abgerissen werden sollen, für diese wertlos sind - abgesehen vom allfälligen Wert des Abbruchmaterials, worauf die Beschwerdeführer aber kein Gewicht gelegt haben. Würde ihnen zum Bodenwert auch noch der Wert der Gebäude vergütet, so erhielten sie eine doppelte Entschädigung. Darauf gibt ihnen die Eigentumsgarantie kein Anrecht. Der verfassungsmässige Anspruch auf volle Entschädigung aber wird dadurch gewahrt, dass die Entschädigung für den Boden nach der grössten Rendite eines im Rahmen der Bauordnung gestatteten Neubaus bemessen wird. Auf diese Weise findet die Gebäuderendite im Bodenwert ihren Niederschlag. Ein Vorbehalt zugunsten der Eigentümer ist höchstens insofern angebracht, als der Staat nach § 45 VO nicht das gesamte Grundstück übernehmen soll, sondern nur den Bodenanteil, der mit dem Gebäude verbunden bleiben muss. In diesem Falle könnte dem Eigentümer ein Restgrundstück verbleiben, das er unter Umständen wirtschaftlich nicht mehr nutzbringend verwerten kann. Dann müsste er jedoch für den Minderwert der Restparzelle entschädigt werden. Unrichtig wäre die Auffassung, es entspreche dem Verhältnismässigkeitsprinzip und werde vom Gebot der sparsamen Verwendung staatlicher Mittel gefordert, dass nicht mehr Boden weggenommen werde, als zur Erreichung des Schutzzweckes erforderlich sei. Der zweite Grund kann offensichtlich die Beschränkung nicht rechtfertigen, wenn der verfassungsmässige Anspruch auf volle Entschädigung in Frage steht. Zwar gebietet auch Art. 22ter BV , dass der Verhältnismässigkeitsgrundsatz gewahrt wird. Es ist aber der Eigentümer, nicht das übernehmende Gemeinwesen, der sich auf dieses Prinzip berufen kann. Der Verhältnismässigkeitsgrundsatz ist zum Schutz der Bürger gegen übermässige Eingriffe des Staates aufgestellt, nicht zur Wahrung der finanziellen Interessen des Gemeinwesens. Eine weitere Erörterung der Frage erübrigt sich indessen auch hier, weil die Beschwerdeführer von dem ihnen in § 45 VO eingeräumten Recht keinen Gebrauch machen wollen. Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass der verfassungsmässige BGE 102 Ia 243 S. 250 Anspruch des Eigentümers auf volle Entschädigung gewahrt ist, wenn er vom Heimschlagsrecht Gebrauch macht und ihm das Gemeinwesen den Boden zum vollen Wert abnimmt. 6. Die in § 45 VO getroffene Regelung hat indessen zur Folge, dass die betroffenen Grundeigentümer entweder ganz auf ihr Eigentum oder dann auf eine Entschädigung verzichten müssen. Wollen sie ihr Eigentum behalten und machen sie aus diesem Grunde vom Heimschlagsrecht keinen Gebrauch, so ist es ihnen nach der basel-städtischen Regelung nicht möglich, eine Entschädigung für den Minderwert der Liegenschaft zu erhalten. Darin wurde in der bisherigen Rechtsprechung kein Verstoss gegen die Eigentumsgarantie erblickt. Als entscheidend erachtete das Bundesgericht, dass die betroffenen Eigentümer jederzeit die Übernahme ihrer Liegenschaften gegen volle Entschädigung oder - wenn der Staat dazu nicht bereit war - die Befreiung von der Eigentumsbeschränkung herbeiführen konnten ( BGE 84 I 176 E. 6; nicht veröffentlichtes Urteil Rohrer und Hausammann, vom 20. Februar 1963, in ZBl 64/1963, S. 404 ff.). An dieser Rechtsprechung kann indessen nicht festgehalten werden. Es ist mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht vereinbar, dass der von einer Eigentumsbeschränkung betroffene Grundeigentümer zur vollständigen Aufgabe seines Eigentums gezwungen wird, wenn er nicht überhaupt auf eine Entschädigung für den auf seiner Liegenschaft eingetretenen Minderwert verzichten will. Er kann beachtliche Gründe dafür haben, seine Liegenschaft trotz der Eigentumsbeschränkung zu behalten und lediglich Anspruch auf Ersatz des Minderwerts zu erheben (vgl. auch GRISEL, Droit administratif suisse, S. 408). Dieses Interesse geht zumindest dann dem entgegenstehenden öffentlichen Interesse nach einer sparsamen und effizienten Verwendung der staatlichen Mittel vor, wenn die Entschädigung für die Eigentumsbeschränkung einen beträchtlichen Teil des ursprünglichen Werts der Liegenschaft nicht übersteigt. Auch Gründe der Praktikabilität können nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Die Schätzung des Minderwerts gestaltet sich nicht wesentlich schwieriger als die Ermittlung des Verkehrswerts - so wie er sich ohne die fragliche Eigentumsbeschränkung beziffern würde - im Falle des Heimschlags der Liegenschaft. Unerheblich ist schliesslich, dass der betroffene Eigentümer BGE 102 Ia 243 S. 251 nach § 45 VO seine Liegenschaft gegen volle Entschädigung auch dann heimschlagen kann, wenn die fragliche Eigentumsbeschränkung keine materielle Enteignung bewirkt. Diese Ordnung, die insoweit über das verfassungsrechtlich Gebotene hinaus geht, ändert nichts daran, dass der von einer enteignungsgleichen Eigentumsbeschränkung betroffene Grundeigentümer eine Entschädigung stets nur dann erlangen kann, wenn er auf sein Eigentum vollständig verzichtet. Dies lässt sich nach dem Gesagten mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht vereinbaren. Die Beschwerde wäre unbegründet, wenn eine Eigentumsbeschränkung im Interesse des Denkmalschutzes, wie sie auf die Liegenschaften der Beschwerdeführer gelegt worden ist, unter keinen Umständen eine materielle Enteignung darstellen könnte. So verhält es sich jedoch nicht. Grundsätzlich ist anzuerkennen, dass die Aufnahme eines Bauwerkes unter die schützenswerten Denkmäler eine materielle Enteignung in sich schliessen kann, und zwar je nach dem Grade, in welchem dem Eigentümer die gegenwärtige oder in naher Zukunft mögliche Nutzung untersagt wird oder ihm ein Sonderopfer zugemutet wird (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil i.S. zur Gilgen vom 10. Oktober 1973, in ZBl 75/1974, S. 172 ff.; HANGARTNER, Grundsätzliche Probleme der Eigentumsgarantie und der Entschädigungspflicht in der Denkmalpflege, in: Rechtsfragen zur Denkmalpflege, St. Gallen 1973, S. 34 ff.). Unter Umständen kann auch das Verbot, ein Gebäude abzureissen, einer Enteignung gleichkommen ( BGE 89 I 463 ; BERNET, Rechtliche Probleme der Pflege von Kulturdenkmälern durch den Staat, Diss. Zürich 1975, S. 121). Auch der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt nimmt nichts anderes an. Dies geht aus seinem Hinweis hervor, das neue Gesetz vom 2. März 1976 zum Schutz gefährdeter schützenswerter Bauwerke gewähre das Heimschlagsrecht nur noch dann, wenn sich die Eigentumsbeschränkung enteignungsgleich auswirke. Den Beschwerdeführern ist der Gebrauch ihres Eigentums im bisherigen Umfang nicht untersagt worden. Sie dürfen ihre Grundstücke auch frei veräussern. Insofern bleiben ihnen wesentliche Eigentumsbefugnisse erhalten. Das trifft selbst dann zu, wenn ihnen der Abbruch der bestehenden Gebäude verwehrt ist ( BGE 99 Ia 41 E. 3c). Sind die Bauten äusserlich erneuerungsbedürftig, können sie überholt werden, sofern BGE 102 Ia 243 S. 252 dabei keine Veränderungen vorgenommen werden, welche die Gebäude in ihren schützenswerten Aspekten beeinträchtigen. Offenbar sind auch Veränderungen im Innern, die z.B. eine bessere Raumnutzung ermöglichen, gestattet. Ob die den Beschwerdeführern auferlegte Eigentumsbeschränkung deshalb entschädigungslos hinzunehmen ist oder ob sie trotz der noch bestehenden Nutzungsmöglichkeiten eine materielle Enteignung darstellt, ist vom Bundesgericht im jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht zu entscheiden, da diese Frage im kantonalen Verfahren nicht beurteilt worden ist. Der angefochtene Entscheid ist deshalb in diesem Punkt aufzuheben und die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, damit es prüft, ob die Beschwerdeführer eine materielle Enteignung erlitten haben und damit es gegebenenfalls das Entschädigungsverfahren in die Wege leitet. 7. Die Beschwerdeführer beanstanden schliesslich, dass ihnen eine Entschädigung für die nutzlos gewordenen Architektur- und Notariatskosten verweigert wurde. Das Verwaltungsgericht wies das Begehren ab, weil dafür keine gesetzliche Grundlage bestehe. Das ist jedoch nicht entscheidend, da die Entschädigungspflicht von der Verfassung geboten sein kann. Wer der Baubewilligungsbehörde ein Bauprojekt vorlegt, hat in der Regel Vorbereitungskosten - wie Architektenhonorare oder Auslagen für rechtliche Beratung - auf sich zu nehmen. Wird das Baugesuch auf Grund der geltenden Bauvorschriften nicht bewilligt, so erwächst dem Gesuchsteller daraus kein Anspruch auf Ersatz der nutzlos gewordenen Aufwendungen. Das gilt auch dann, wenn das Baugesuch im Zeitpunkt, in welchem es eingereicht wurde, dem damals geltenden Recht entsprach, dann aber bis zum Entscheid über die Bewilligung die gesetzlichen Grundlagen zum Nachteil des Gesuchstellers geändert wurden. Der Grundeigentümer hat keinen Anspruch darauf, dass das für sein Grundstück in einem bestimmten Zeitpunkt geltende Baurecht auch in Zukunft unverändert bleibe. Er hat damit zu rechnen, dass die massgebenden Vorschriften in der Regel jederzeit in dem von Verfassung und Gesetz vorgesehenen Verfahren revidiert werden können ( BGE 96 I 127 ). Hat jedoch gerade die Einreichung eines bestimmten Baugesuches Anlass zur Änderung der Bauordnung gegeben, weil die Baubehörden die Ausführung BGE 102 Ia 243 S. 253 des Vorhabens auf diese Weise verhindern wollten, so kann eine Entschädigung für die nutzlos gewordenen Aufwendungen ohne Verletzung von Art. 4 BV nicht verweigert werden, wenn die Absicht der Baubehörden für den Grundeigentümer nicht voraussehbar war. Ersatz muss sodann auch in denjenigen Fällen geleistet werden, in welchen dem Bauwilligen vor Einreichung des Baugesuches Zusicherungen auf den Fortbestand der geltenden Bauvorschriften gegeben worden waren (vgl. auch BGE 101 Ia 328 ff.). Sind Aufwendungen für ein Bauvorhaben schliesslich zufolge einer nicht ohne weiteres voraussehbaren Enteignung nutzlos geworden, so können sie zu den Inkonvenienzen gehören, die dem Enteigneten nach dem Grundsatz, dass volle Entschädigung zu leisten ist ( Art. 22ter BV ), ersetzt werden müssen (vgl. GRISEL, a.a.O. S. 377 Ziff. 1c). Dies gilt auch bei Vorliegen einer materiellen Enteignung. Es besteht kein Grund zu einer anderen Betrachtungsweise, wenn der Eingriff lediglich wie eine formelle Enteignung wirkt (vgl. ZIMMERLIN, Die materielle Enteignung im aargauischen Verwaltungsrecht, in: Aargauische Rechtspflege im Gang der Zeit, S. 175). Die Liegenschaften der Beschwerdeführer sind mit Hinblick auf das dafür eingereichte Bauprojekt unter Denkmalschutz gestellt worden. Der Beschwerdegegner behauptet nicht, es sei schon bei Vorbereitung dieses Projekts ersichtlich gewesen, dass die Häuser Angensteinerstrasse Nr. 28 und 30 zusammen mit andern in das Schutzverzeichnis aufgenommen würden, sobald ein Gesuch für ein Bauvorhaben, welches das Strassenensemble stören würde, gestellt werde. Die Abweisung des Entschädigungsbegehrens für die nutzlos gewordenen Aufwendungen mit der Begründung, es fehle dafür an einer gesetzlichen Grundlage, steht daher mit der Verfassung nicht in Einklang, unabhängig davon, ob die Unterschutzstellung der Häuser eine materielle Enteignung bedeutet oder nicht. Der angefochtene Entscheid ist daher auch in diesem Punkt aufzuheben und die Sache ist an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, damit über die geltend gemachten Ansprüche ziffernmässig entschieden wird.
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Urteilskopf 102 II 394 57. Arrêt de la Ire Cour civile du 22 septembre 1976 dans la cause De Stefano contre Torresan
Regeste Streitwert ( Art. 46 und 47 OG ). Berechnung des Streitwertes bei negativen Rechtsbegehren (Aberkennungsklage).
Sachverhalt ab Seite 394 BGE 102 II 394 S. 394 A.- Le 22 mars 1974, Antonio De Stefano a acheté à Joseph Torresan une voiture d'occasion "Mercedes 250 S", moyennant reprise de deux voitures "Opel 1900" et "Opel Kadett" et versement de 3'500 fr. Comme il n'était pas satisfait de ce véhicule, les parties sont convenues de l'échanger contre une "BMW 2000 CS", à charge pour De Stefano de payer une nouvelle soulte de 2'000 fr. Celle-ci a été réglée à raison de 1'000 fr. Par lettre du 6 août 1974, De Stefano a déclaré à Torresan qu'il avait été victime d'une escroquerie, la voiture "BMW 2000 CS" étant "à bout de souffle", et que le contrat de vente était nul; il tenait ce véhicule à la disposition de Torresan, auquel il réclamait la restitution de 4'500 fr. qu'il lui avait versés et des deux voitures Opel qu'il lui avait remises, ou à défaut de leur contre-valeur, soit 2'800 fr. et 600 fr. Le 30 août 1974, Torresan a fait notifier à De Stefano un commandement de payer, pour le solde de la soulte, savoir 1'000 fr. avec intérêt. Il a obtenu la mainlevée provisoire de l'opposition formée contre cette poursuite. B.- De Stefano a ouvert action contre Torresan en prenant les conclusions suivantes: BGE 102 II 394 S. 395 "I. Le contrat oral complémentaire au contrat du 22 mars 1974 passé entre parties portant sur l'achat par le demandeur d'une voiture BMW 2000 CS est nul et annulé. II. Parties sont tenues de se restituer leurs prestations réciproques, le demandeur offrant d'ores et déjà de rendre au défendeur la voiture litigieuse BMW 2000 CS contre versement par ce dernier de la somme de 4'500 fr. (quatre mille cinq cents francs) et restitution des deux véhicules type Opel 1900 et Opel Kadett ou contre versement par le défendeur de la somme de 7'900 fr. (sept mille neuf cents francs). III. Le demandeur n'est pas le débiteur du défendeur de la somme de Fr. 1'000.-- (mille francs) avec intérêts à 5% l'an dès le 30 août 1974. IV. L'opposition formée par le demandeur à la poursuite No 9058 de l'Office des poursuites de Morges est maintenue." Le défendeur a conclu au rejet des conclusions du demandeur et, "reconventionnellement", à la confirmation du prononcé de mainlevée. Par jugement du 1er juillet 1976, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a rejeté la demande et admis les "conclusions libératoires" du défendeur. C.- Le demandeur recourt en réforme au Tribunal fédéral en reprenant les conclusions présentées en instance cantonale. Erwägungen Considérant en droit: 1. S'agissant d'une contestation portant sur des droits de nature pécuniaire, le recours n'est recevable que si ceux-ci atteignent une valeur d'au moins 8'000 fr. ( art. 46 OJ ). Pour le calcul de la valeur litigieuse, les divers chefs de conclusions formés par le demandeur sont additionnés, pourvu qu'ils ne s'excluent pas ( art. 47 al. 1 OJ ). Le montant de la demande reconventionnelle n'est en revanche pas additionné à celui de la demande principale ( art. 47 al. 2 OJ ). Ces dispositions, qui figuraient déjà à l' art. 60 al. 1 et 2 a OJ , sont interprétées par le Tribunal fédéral en ce sens que l'addition des divers chefs de conclusions ne dépend pas du point de savoir par quelle partie ils sont formés. Ce qui importe, c'est la partie qui fait valoir les droits contestés. Des conclusions négatoires de droit, telles que celles de l'action en libération de dette, concernent des droits invoqués non pas par la partie qui prend ces conclusions, mais par sa partie adverse. Elles doivent dès lors être traitées, pour le calcul de la valeur litigieuse, comme l'exercice d'une prétention contre le BGE 102 II 394 S. 396 demandeur. Cette jurisprudence vise à éviter que le demandeur contre qui des prétentions reconventionnelles sont ou risquent d'être élevées ne puisse éluder l' art. 47 al. 2 OJ en formant des conclusions négatoires de droit au sujet de ces prétentions ( ATF 33 II 475 , ATF 56 II 61 s.; arrêts non publiés Dayer contre Quennoz, du 12 juillet 1966, consid. 1a, et Erzer contre Raboud, du 1er avril 1976, consid. 1). Les chefs de conclusions III et IV du demandeur concernent la prétention du défendeur au paiement du solde de la soulte de 1'000 fr., objet de la poursuite. Ils sont donc sans influence sur la valeur litigieuse des droits invoqués par le demandeur. Par ailleurs, le défendeur n'a pas formé de demande reconventionnelle portant sur d'autres prétentions, qui pourrait entraîner la recevabilité du recours en réforme en application de l' art. 47 al. 3 OJ ; il se borne à réclamer les 1'000 fr. qui sont en cause dans l'action en libération de dette. Le chef de conclusions I, tendant à la constatation de la nullité du contrat relatif à la voiture "BMW 2000 CS", est également sans incidence. Il ne sert qu'à motiver les prétentions qui font l'objet du chef de conclusions II et les conclusions en libération de dette III et IV. Une solution contraire reviendrait à éluder l' art. 47 al. 2 OJ , qui exclut que la prétention du défendeur au paiement de 1'000 fr. soit additionnée à celles du demandeur. Seul reste donc déterminant le chef de conclusions II de la demande. Les droits contestés s'élèvent ainsi à 7'900 fr., à savoir 4'500 fr. plus la valeur des voitures "Opel 1900" et "Opel Kadett" dont le demandeur réclame la restitution. Cette valeur est fixée en tout à 3'400 fr. par la lettre du 6 août 1974 du conseil du demandeur, montant qui est repris par le Tribunal cantonal et résulte aussi des conclusions subsidiaires en paiement de la somme globale de 7'900 fr. Quant à la restitution de la voiture "BMW 2000 CS", elle ne correspond pas à une prétention du demandeur, et sa valeur n'entre donc pas en considération. Il s'agit au contraire d'une offre du demandeur "de rendre au défendeur la voiture litigieuse BMW 2000 CS" contre les prestations exigées de ce dernier. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Déclare le recours irrecevable.
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Urteilskopf 116 Ia 237 39. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Oktober 1990 i.S. F. gegen Obergericht des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Handels- und Gewerbefreiheit; Zulassung zum Anwaltsberuf. 1. Schweizer und Ausländer können sich in gleicher Weise auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen; ausgenommen vom Schutzbereich dieses Grundrechts sind allein fremdenpolizeiliche Anordnungen (E. 2; Änderung der Rechtsprechung). 2. Es ist mit der Handels- und Gewerbefreiheit in der Regel vereinbar, den Ausländer vom Anwaltsberuf auszuschliessen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 238 BGE 116 Ia 237 S. 238 F., Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, ist in der Schweiz aufgewachsen und studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bern. Am 25. Oktober 1989 ersuchte er das Obergericht des Kantons Bern um rechtsverbindliche Feststellung, ob er als deutscher Staatsangehöriger bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen zum Anwaltsberuf zugelassen werde. Mit Verfügung vom 24. Januar 1990 stellte das Obergericht des Kantons Bern fest, F. könne nicht zum Anwaltsberuf zugelassen werden. Das Obergericht verwies auf die Art. 3 und 7 Abs. 1 des bernischen Gesetzes über die Fürsprecher vom 6. Februar 1984 (Fürsprechergesetz), wonach die Ausübung des Anwaltsberufs Schweizer Bürgern vorbehalten wird. Diese Regelung halte vor dem Bundesverfassungsrecht stand. Eine gegen diese Feststellungsverfügung erhobene staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach der früheren Rechtsprechung konnte sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit nur berufen, wer Schweizer Bürger ist ( BGE 55 I 223 E. 1; BGE 48 I 285 E. 1; BGE 47 I 50 E. 1). In BGE 108 Ia 148 hat das Bundesgericht seine Praxis präzisiert. Danach kann sich auch der Ausländer auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen, soweit er nicht gerade wegen seiner Ausländerqualität besonderen wirtschaftspolizeilichen Einschränkungen unterworfen ist (bestätigt im Urteil vom 24. Februar 1984, E. 1, in: ZBl 85/1984 S. 458). b) Der Ausländer kann damit persönlich Grundrechtsträger sein, er ist es nur in bestimmten sachlich abgegrenzten Bereichen nicht. Das Bundesgericht hat mit dieser Präzisierung der Rechtsprechung den persönlichen Schutzbereich der Handels- und Gewerbefreiheit in enge Beziehung zum sachlichen gebracht. In BGE 114 Ia 311 E. 3b ging es noch einen Schritt weiter. Hinsichtlich der fremdenpolizeilichen Zulassung ausländischer Arbeitskräfte fasste BGE 116 Ia 237 S. 239 es den Schutzbereich der Handels- und Gewerbefreiheit rein sachlich, nicht mehr in Abhängigkeit von der Person des Beschwerdeführers. Es erklärte, weder der Ausländer selbst noch sein schweizerischer Arbeitgeber könnten sich bei Anwendung des Fremdenpolizeirechts auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen. Die früher ( BGE 106 Ib 133 ) in Erwägung gezogene Konzeption, wonach es darauf ankäme, ob Beschwerdeführer ein Ausländer oder ein Schweizer sei, hat das Bundesgericht damit verworfen. Das deckt sich mit der in der Literatur neuerdings von MARKUS HUG (Der Ausländer als Grundrechtsträger, Diss. Zürich 1989, insbesondere S. 118-127) vertretenen Auffassung, nach der nicht der Ausländer als Person von der Anrufung eines bestimmten Grundrechts allgemein ausgeschlossen sein soll, sondern bestimmte ausländerspezifische Sachfragen den Schutzbereich des Grundrechts nicht betreffen. c) In BGE 108 Ia 148 hat das Bundesgericht ausländerspezifische Einschränkungen der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit generell vom Schutz durch die Handels- und Gewerbefreiheit ausgenommen. Das ist insofern nicht unproblematisch, als damit der Geltungsbereich eines verfassungsmässigen Rechts nicht durch die Bundesverfassung selbst, sondern - von Kanton zu Kanton verschieden - durch Gesetz und Verordnung bestimmt würde (HUG, a.a.O., S. 240; ALFRED KÖLZ, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1982, ZBJV 120/1984 S. 336 f.). In BGE 114 Ia 312 konkretisierte das Bundesgericht den Schutzbereich der Handels- und Gewerbefreiheit indessen im Lichte der Bundesverfassung. So steht nach Art. 69ter Abs. 1 BV die Gesetzgebung über Ein- und Ausreise, Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer dem Bunde zu. Neben der Fernhaltung unerwünschter Personen hat diese Verfassungsnorm auch eine demographische und arbeitsmarktpolitische Zielsetzung (MALINVERNI, Kommentar BV, N. 20 zu Art. 69ter). Das lässt bei Anwendung des Fremdenpolizeirechts für einen grundrechtlichen Schutz der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit keinen Raum. Sowohl Art. 69ter BV wie das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG; SR 142.20) unterscheiden zwischen Niederlassung und Aufenthalt. Die Aufenthaltsbewilligung ist befristet und kann mit Bedingungen verbunden werden ( Art. 5 Abs. 1 ANAG ); die Niederlassungsbewilligung ist demgegenüber unbefristet und bedingungsfeindlich ( Art. 6 Abs. 1 ANAG ). Können dem Niedergelassenen keine BGE 116 Ia 237 S. 240 Bedingungen auferlegt werden, so unterliegt er insbesondere hinsichtlich seiner Erwerbstätigkeit keinerlei fremdenpolizeilichen Schranken. Das heisst zwar nicht, dass es zum vornherein unzulässig wäre, bestimmte Berufe Schweizer Bürgern vorzubehalten. Wenn aber der Ausländer unter arbeitsmarktlichen und demographischen Gesichtspunkten ohne jede Einschränkung zur Erwerbstätigkeit zugelassen ist, so ist kein verfassungsrechtlicher Grund ersichtlich, der es gebieten würde, den Ausländer vom Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit auszunehmen. Vielmehr müssen sich Einschränkungen seiner Erwerbstätigkeit, die nicht auf dem Fremdenpolizeirecht des Bundes beruhen und sich auf Art. 69ter BV stützen lassen, an der Handels- und Gewerbefreiheit messen. Das heisst, sie müssen auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. d) Die Berufung des Ausländers auf die Handels- und Gewerbefreiheit zuzulassen, soweit er auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt fremdenpolizeilich zugelassen ist, rechtfertigt sich auch aufgrund des menschenrechtlichen Teilgehalts von Art. 31 BV . Neben der wirtschaftspolitischen Grundentscheidung für ein System des freien Wettbewerbs und der Schaffung eines einheitlichen schweizerischen Wirtschaftsraums garantiert die Handels- und Gewerbefreiheit die freie Wahl und Ausübung eines Berufs. Ist es zwar verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, in welcher Beziehung der schweizerische Wirtschaftsraum zum ausländischen steht, und kann sich der Ausländer hinsichtlich der fremdenpolizeilichen Zulassung insoweit nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen, so ist doch beim niedergelassenen Ausländer hinsichtlich seiner beruflichen Entfaltung ein Unterschied zum Schweizer Bürger nicht auszumachen. Ob der Ausländer (anders als der Schweizer) auf Grundlage des kantonalen Rechts von der Ausübung eines bestimmten Berufes ausgeschlossen werden kann, ist nicht Frage seiner Legitimation zur Ergreifung der staatsrechtlichen Beschwerde, sondern der materiellen Schranken des Grundrechts der Handels- und Gewerbefreiheit. 3. a) Die Erteilung des Fürsprecherpatents und der Berufsausübungsbewilligung bei ausserkantonalem Ausweis ist im Kanton Bern an die Voraussetzung des Schweizerbürgerrechts geknüpft (Art. 3 und Art. 7 Abs. 1 Fürsprechergesetz). Die gesetzliche Grundlage für die Verweigerung der Zulassung zur BGE 116 Ia 237 S. 241 Fürsprecherprüfung zieht der Beschwerdeführer denn auch nicht in Zweifel. b) Im zitierten Urteil vom 24. Februar 1984, in dem das Bundesgericht - von Härtefällen abgesehen - den Ausschluss der Ausländer vom Anwaltsberuf als zulässig erklärt hat, ist das Bürgerrechtserfordernis (unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV ) mit dem Schutz der einheimischen Anwälte vor ausländischer Konkurrenz sowie der nötigen Vertrautheit mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen des Landes gerechtfertigt worden. Soweit das Bürgerrechtserfordernis dem Konkurrenzschutz dient, lässt es sich zum vornherein nicht mehr aufrechterhalten, wenn sich (wie in E. 2 dargetan) der Ausländer auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen kann. Im Unterschied zu Art. 4 BV verbietet dieses Grundrecht den Kantonen wirtschafts- und standespolitische Massnahmen, die lediglich der Abschirmung gegen Konkurrenz dienen ( BGE 114 Ia 36 ; BGE 113 Ia 282 ; je mit Hinweisen). Das Argument der engen Vertrautheit mit den Verhältnissen des Landes ist bei einem in der Schweiz aufgewachsenen Ausländer, der hier die Schulen besucht und überdies an einer hiesigen Universität studiert hat, nicht von grossem Gewicht. Unterschiede zu einem Schweizer Bürger sind diesbezüglich nicht erheblich, auch wenn sie bei anderen Ausländern von grösserer Bedeutung sein mögen. c) Zu beachten gilt es allerdings, dass nach Art. 64 Abs. 3 und Art. 64bis Abs. 2 BV die Kantone die Gerichtsorganisation, das gerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung ordnen. Mit der kantonalen Verfahrenshoheit steht die Regelung des Anwaltsberufs in enger Verbindung. Der Anwalt ist "Mitarbeiter der Rechtspflege" ( BGE 106 Ia 104 /5). Er steht in dieser Funktion in enger Beziehung zum Staat und nimmt eine für den Rechtsstaat tragende Aufgabe wahr. Es entspricht daher jedenfalls zurzeit herrschender Rechtsanschauung, dass der Anwalt mit diesem Staat durch das Bürgerrecht verbunden sein soll. Das gilt sowohl für einen Grossteil der Kantone wie auch für zahlreiche Staaten des Auslands. Der Staat erwartet vom Anwalt, der vor seinen Gerichten das Recht für die Klienten erstreiten soll, dass er sich als Bürger in die Rechtsordnung einfügt und sich an deren Fortbildung beteiligt. Der Klient erwartet, dass der Anwalt, den er mit der Wahrung seiner Interessen beauftragt, dem Richter oder (im Verwaltungsverfahren) dem Beamten als Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten gegenübertreten kann. Vor allem diese Erwartungshaltung BGE 116 Ia 237 S. 242 nicht zu enttäuschen, kann für den kantonalen Gesetzgeber Anlass sein, den Ausländer vom Anwaltsberuf auszuschliessen. Insoweit liegt die bernische Regelung im öffentlichen Interesse. d) Sie trifft auch den schon längere Zeit in der Schweiz weilenden Ausländer nicht in unverhältnismässiger Weise, soweit ihm die Möglichkeit offen steht, das Schweizer Bürgerrecht zu erlangen. Im Falle des Beschwerdeführers, der erklärtermassen das Bürgerrecht erwerben könnte, nicht aber erwerben will, ist sie keinesfalls unverhältnismässig. e) Der Ausschluss vom Anwaltsberuf lässt sich aus diesen Gründen mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbaren.
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Urteilskopf 118 Ib 134 16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. Februar 1992 i.S. L. Genossenschaft gegen Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
Regeste Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Beschwerdebegründung ( Art. 108 Abs. 2 OG ). Die Begründung muss sachbezogen sein. Eine Auseinandersetzung lediglich mit der materiellen Seite des Falles genügt diesem Erfordernis nicht, wenn die Vorinstanz aus formellen Gründen einen Nichteintretensentscheid gefällt hat (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 134 BGE 118 Ib 134 S. 134 Am 7. September 1990 verfügte das Bundesamt für Landwirtschaft auf entsprechendes Feststellungsbegehren der L. Genossenschaft vom 27. August 1990 hin, Nierstückverkäufe der Genossenschaft könnten für die Kontingentsbildung ihrer Käufer (Metzgereibetriebe) nicht angerechnet werden. Es verwies darauf, dass die L. Genossenschaft nicht importberechtigt sei, was nach Art. 31 Abs. 3 der Schlachtviehverordnung vom 22. März 1989 (SR 916.341) Voraussetzung für die Kontingentsbildung bei ihren Käufern wäre. Auf Beschwerde hin gelangte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement zum Schluss, das Bundesamt für Landwirtschaft hätte auf das Feststellungsbegehren der L. Genossenschaft gar nicht eintreten dürfen, weil es an einem Feststellungsinteresse im Sinne von Art. 25 Abs. 2 VwVG mangle. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hob deshalb mit Entscheid vom 24. Juni 1991 die Feststellungsverfügung des Bundesamtes für Landwirtschaft auf und trat auf das Gesuch vom 27. August 1990 um Erlass einer solchen nicht ein. Mit Schreiben vom 12. Juli 1991 gelangte die L. Genossenschaft an das Bundesgericht und ersuchte um eine Fristerstreckung von zwei Monaten für die Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts BGE 118 Ib 134 S. 135 teilte der L. Genossenschaft mit Schreiben vom 29. Juli 1990 mit, dass gesetzliche Fristen nicht verlängert werden könnten, vorliegend aber die 30tägige Beschwerdefrist aufgrund des Friststillstands während der Gerichtsferien frühestens am 26. August 1991 ablaufe. Am 23. August 1991 gelangte die L. Genossenschaft mit einer weiteren Eingabe an das Bundesgericht. Sie hielt fest, die unterschiedlichen Auffassungen des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und des Bundesamtes für Landwirtschaft über die Zulässigkeit einer Feststellungsverfügung interessierten sie nicht. Sie gelange mit dem Ersuchen an das Bundesgericht, Art. 31 Abs. 3 der Schlachtviehverordnung aufzuheben oder abzuändern. Am 8. Oktober 1991 räumte der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung der L. Genossenschaft für den Fall, dass die urteilende Abteilung die Beschwerde als verbesserungsfähig erachten sollte, eine Nachfrist bis zum 21. Oktober 1991 für die Einreichung einer verbesserten Beschwerdeschrift ein. Mit Eingabe vom 18. Oktober 1991 stellte die L. Genossenschaft den Antrag, "die Unzulässigkeitserklärung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 24. Juni 1991 betreffend Feststellungsverfügung des Bundesamtes für Landwirtschaft (sei) aufzuheben". Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeschrift nach Art. 108 Abs. 2 OG unter anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten. Lassen die Begehren oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so ist dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Behebung des Mangels anzusetzen ( Art. 108 Abs. 3 OG ). Im Unterschied zur staatsrechtlichen Beschwerde, wo das Rügeprinzip gilt ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ; BGE 110 Ia 3 E. 2a), ist das Bundesgericht an die Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 in fine OG). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind an Begehren und Begründung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn aus der Beschwerdeschrift ersichtlich ist, in welchen Punkten und weshalb der angefochtene Entscheid beanstandet wird ( BGE 113 Ib 287 f. mit Hinweisen). BGE 118 Ib 134 S. 136 Die Begründung braucht nicht zuzutreffen, sie muss aber immerhin sachbezogen sein ( BGE 101 V 127 ). Auch in der Lehre wird die Auffassung geteilt, eine minimale Sachbezogenheit der Begründung sei bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde Gültigkeitserfordernis (ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984, S. 915; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. Bern 1983, S. 197). Ist die Vorinstanz auf das Begehren des Beschwerdeführers nicht eingetreten, so muss sich die Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dieser Frage befassen. Eine Auseinandersetzung lediglich mit der materiellen Seite des Falles ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht sachbezogen, wenn die Vorinstanz aus formellen Gründen einen Nichteintretensentscheid gefällt hat (ASA 49, 251; zustimmend GRISEL, a.a.O., S. 915). Anders könnte es sich allenfalls dann verhalten, wenn materielle und formelle Frage in engem Zusammenhang stehen, beispielsweise, wenn das prozessuale Eintreten auf ein Gesuch von einer erheblichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse abhängig ist (vgl. BGE 109 V 119 , der sich allerdings nur zum Antrag, nicht aber zur Begründung äussert). Eine Nachfrist ist nur anzusetzen, wenn die Angaben in der Beschwerde unklar, d.h. mehrdeutig sind. Die Nachfrist kann jedoch nicht dazu dienen, eine inhaltlich ungenügende Rechtsschrift zu ergänzen ( BGE 112 Ib 635 E. 2a ; 96 I 96 ). 3. Die fristgerecht eingereichte Beschwerdeschrift vom 23. August 1991 ist an sich klar. Sie enthält das Begehren, Art. 31 Abs. 3 der Schlachtviehverordnung aufzuheben oder abzuändern; die Beschwerdeführerin begründet auch, weshalb diese Bestimmung ihrer Meinung nach rechtswidrig sei. Indessen lassen Antrag und Begründung jeden Bezug zum angefochtenen Entscheid des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vermissen. Dieses hat die Feststellungsverfügung des Bundesamtes für Landwirtschaft aufgehoben und ist auf das Gesuch um Erlass einer solchen nicht eingetreten, weil es an einem schutzwürdigen Interesse im Sinne von Art. 25 Abs. 2 VwVG fehle. Das hätte die Beschwerdeführerin beanstanden können, und sie hätte den Antrag stellen können, dass sich die Vorinstanz materiell mit ihrem Feststellungsbegehren zu befassen habe. Nichts dergleichen lässt sich jedoch der Beschwerdeschrift vom 23. August 1991 entnehmen. Diese enthält weder einen Antrag, inwiefern der Nichteintretensentscheid des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements abzuändern wäre, noch eine Begründung hiezu. Gegenteils erklärt die BGE 118 Ib 134 S. 137 Beschwerdeführerin ausdrücklich, die (einzig massgebliche) Frage der Zulässigkeit einer Feststellungsverfügung interessiere sie nicht. Das zeigt mit aller Deutlichkeit, dass auch für die Beschwerdeführerin die Unterscheidung zwischen formeller und materieller Seite des Streites ohne weiteres erkennbar war. Hinzu kommt, dass der Antrag auf Aufhebung eines Erlasses im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ohnehin unzulässig ist ( Art. 97 OG ). Da es sich um eine den Anforderungen von Art. 108 Abs. 2 OG nicht genügende Beschwerdeschrift handelt, ist eine nachträgliche Verbesserung nicht möglich, weshalb die nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichte Eingabe vom 18. Oktober 1991 unbeachtlich ist. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist folglich nicht einzutreten.
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Urteilskopf 112 Ia 275 43. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. November 1986 i.S. Politische Gemeinde Sent gegen X. und Mitbeteiligte und Regierung des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Gemeindeautonomie; Aufhebung von Privatgräbern. 1. Rechtsnatur der Privatgräber (E. 4a); Tragweite wohlerworbener Rechte (E. 4b); Voraussetzungen, unter denen solche Rechte beschränkt oder entzogen werden können (E. 5a, b und d). 2. Ist die kantonale Behörde von Gesetzes wegen verpflichtet, den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln, so verletzt sie die Gemeindeautonomie, wenn sie eine Bestimmung eines Gemeindereglementes aufhebt, ohne die rechtserheblichen Verhältnisse abzuklären (E. 5c).
Sachverhalt ab Seite 275 BGE 112 Ia 275 S. 275 In der bündnerischen Gemeinde Sent bestand seit dem Jahre 1906 ein Reglement über die Bestattungen (Uorden da sunteri e funerals). Nach diesem Gemeindeerlass wurde zwischen öffentlichen und privaten Gräbern unterschieden. Für die Privatgräber, welche gegen eine Geldleistung von ursprünglich Fr. 100.--, später Fr. 300.--, erworben werden konnten, waren gewisse Teile des Gemeindefriedhofes reserviert. BGE 112 Ia 275 S. 276 Da die Gemeinde Sent zur Auffassung gelangte, die Verhältnisse auf dem Friedhof vermöchten den heutigen Anforderungen nicht mehr zu genügen, liess sie durch eine Kommission einen Entwurf für eine neue Friedhofordnung ausarbeiten, in welchem unter anderem die Aufhebung der Privatgrabstätten vorgesehen war. Der Entwurf der Friedhofordnung wurde mit dem zur Genehmigung zuständigen Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden besprochen und unter Berücksichtigung von dessen Anregungen bereinigt. Am 10. Dezember 1984 hiessen die Stimmberechtigten von Sent das neue Reglement gut, und am 17. Dezember 1984 erteilte ihm der Vorsteher des Sanitätsdepartements des Kantons Graubünden die kantonale Genehmigung. Vierunddreissig Personen, die sich als an Privatgräbern in Sent berechtigt betrachten, erhoben bei der Regierung des Kantons Graubünden eine verfassungsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Friedhofreglement der Gemeinde Sent vom 10./11. Dezember 1984 sei aufzuheben, soweit damit Privatgrabrechte eingeschränkt oder aufgehoben würden. Nach Anhörung der Gemeinde zur Sache selbst entschied die Regierung des Kantons Graubünden am 21. April 1986 wie folgt: "1. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Satz '...Id existan be fossas publicas...' in Art. 8 des 'Reglamaint da sepultüra e da sunteri dal cumün da Sent' vom 10. Dezember 1984 aufgehoben. 2. Die Gemeinde Sent wird verpflichtet, die Aufhebung des Satzes '...Id existan be fossas publicas...' in Art. 8 des Reglementes vom 10. Dezember 1984 im amtlichen Publikationsorgan der Gemeinde Sent unter Mitteilung an das Sanitätsdepartement zu veröffentlichen. (3. und 4. Kosten- und Entschädigungsfolgen)." Die Begründung dieses Entscheides geht im wesentlichen dahin, die Beschwerdeführer hätten sich als Konzessionäre an den Privatgräbern ihrer Familien wohlerworbene Rechte verschafft. Der solche Rechte begründende Akt sei unwiderruflich, soweit er nicht selbst oder eine schon bei der Begründung des Rechtes geltende allgemeine Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen den Widerruf zulasse. Im übrigen habe die Gemeinde Sent nicht geltend gemacht, die Aufhebung der Grabkonzession liege im öffentlichen Interesse oder der Entzug lasse sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit rechtfertigen. Schliesslich sei für den Entzug der Konzessionen auch keine Entschädigung vorgesehen. Ob auch kulturhistorische Gründe gegen die Aufhebung der Privatgräber BGE 112 Ia 275 S. 277 sprächen, brauche bei dieser Sachlage nicht näher geprüft zu werden. Die Gemeinde Sent führt gegen diesen Beschluss staatsrechtliche Beschwerde. Sie rügt eine Verletzung der Gemeindeautonomie und beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Gemeinde Sent im Sinne der Erwägungen gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Die Regierung hat hinsichtlich der Rechtsnatur von Privatgräbern auf ihren Entscheid vom 18. November 1935 verwiesen, welcher die ständige bündnerische Praxis zum Ausdruck bringe (veröffentlicht in Rekurspraxis des Kleinen und Grossen Rates von Graubünden, Band VI, Nr. 5480). Demnach sind die durch Erwerb eines Privatgrabes begründeten Ansprüche nicht privatrechtlicher Natur, sondern in Anwendung öffentlichen Rechtes eingeräumte Konzessionen, durch welche wohlerworbene Rechte begründet werden. Es ist nicht erforderlich, diese Frage näher zu prüfen, da auch die Beschwerdeführerin von diesem rechtlichen Standpunkt ausgeht. Er entspricht zudem der Auffassung des Bundesgerichts, wie sie in einem Urteil aus jüngster Zeit zum Ausdruck kommt (ZBl 86/1985, S. 498 ff.). Streitig ist einzig, ob die Regierung aufgrund dieser Natur der Grabrechte die Bestimmung der neuen Friedhofordnung von Sent, wonach künftig nur noch öffentliche Gräber bestehen, als verfassungswidrig aufheben durfte. b) Die Tragweite des angefochtenen Entscheides ist nicht leicht zu bestimmen. Er enthält Wendungen, die dafür sprechen, die Regierung betrachte die umstrittenen Sondernutzungskonzessionen überhaupt als unwiderruflich, weil sie selbst keinen entsprechenden Vorbehalt enthalten und auch im Zeitpunkt ihrer Begründung keine geltende allgemeine Vorschrift unter bestimmten Voraussetzungen ihren Widerruf zugelassen habe. Andere Stellen könnten demgegenüber so ausgelegt werden, dass die Regierung einen Entzug der Konzessionen bei Nachweis eines überwiegenden öffentlichen Interesses, Einhaltung des Prinzips der Verhältnismässigkeit und Zusicherung einer Entschädigung für zulässig betrachten würde. Die erste Auffassung wäre klarerweise bundesrechtswidrig. Eine Sondernutzungskonzession begründet zwar nach herrschender Lehre ein wohlerworbenes Recht, welches unter dem BGE 112 Ia 275 S. 278 Schutz der Eigentumsgarantie steht. Aber auch dieses verfassungsmässige Recht kann unter bestimmten Bedingungen eingeschränkt werden. Der Gedanke, wohlerworbene Rechte seien schlechthin gesetzesbeständig und damit unentziehbar, würde bedeuten, diese Rechte gingen in ihrer Tragweite über die Eigentumsgarantie hinaus, was der übereinstimmenden neueren Lehre sowie der Rechtsprechung widersprechen würde. Es sei hiefür auf das bereits erwähnte, in ZBl 86/1985, S. 498 ff. veröffentlichte Urteil des Bundesgerichts und auf die dort angeführte Literatur verwiesen. 5. a) In der Vernehmlassung bringt die Regierung zum Ausdruck, sie betrachte die Konzessionen nicht als unwiderruflich, jedoch halte sie die von Lehre und Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für ihren Entzug hier nicht für erfüllt. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Auffassung bereits dem angefochtenen Entscheid selbst zugrunde lag; jedenfalls war dies nicht klar ersichtlich. Auch so verstanden hält der Entscheid der Prüfung unter dem Gesichtswinkel der Gemeindeautonomie nicht stand. b) Kann ein durch Sondernutzungskonzession erworbenes Recht nicht weiter gehen als das Eigentum, so muss es - abgesehen vom Erlöschen durch Fristablauf - auch unter denselben Voraussetzungen eingeschränkt oder aufgehoben werden können wie dieses (vgl. ZBl 86/1985, S. 502 und aus der dort angeführten Literatur vor allem WALTER KÄMPFER, Zur Gesetzesbeständigkeit "wohlerworbener Rechte", in: Mélanges Henri Zwahlen, Lausanne 1977, S. 355). Eingriffe in solche Rechte sind somit in analoger Anwendung der zu Art. 22ter BV entwickelten Grundsätze zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und dafür volle Entschädigung geleistet wird, soweit der Eingriff einer Enteignung gleichkommt ( BGE 111 Ia 96 E. 2; BGE 110 Ia 33 E. 4; BGE 106 Ia 168 E. 1b). Ob dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer weiteren selbständigen Eingriffsvoraussetzung zukommt oder ob diesem nicht notwendigerweise bei der Abwägung der öffentlichen Interessen am Eingriff gegenüber den privaten an dessen Unterlassung Rechnung zu tragen sei, ist eine Frage von bloss formeller Tragweite, die hier offenbleiben kann. c) Im angefochtenen Entscheid wird erklärt, die Gemeinde Sent habe das Vorliegen eines öffentlichen Interesses und die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit nicht dargetan. Es trifft zu, dass die Vernehmlassung der Gemeinde im kantonalen Beschwerdeverfahren vom 6. März 1986 in dieser Hinsicht Lücken BGE 112 Ia 275 S. 279 aufweist. Indessen war die Regierung von Gesetzes wegen gehalten, den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln (Art. 27 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Verwaltungs- und Verfassungssachen vom 3. Oktober 1982; vgl. auch HANSJÖRG KISTLER, Die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Graubünden, Zürich 1979, S. 161 ff.). Sie durfte sich um so weniger damit begnügen, die Vernehmlassung der Gemeinde als ungenügend zu erklären, als die privaten Berechtigten in ihrer verfassungsrechtlichen Beschwerde die wesentlichen Gründe, welche die Gemeindeversammlung zu einer Neuregelung veranlasst hatten, selbst wenigstens in summarischer Form dargelegt sowie beantragt hatten, weitere Sachverhaltsermittlungen von Amtes wegen und eventuell einen Augenschein auf dem Friedhof von Sent vorzunehmen. Zudem hatte die Gemeinde sowohl in ihrer Vernehmlassung vom 6. Februar wie in derjenigen vom 6. März 1986 ihre Bereitschaft bekundet, die Angelegenheit im Sinne aller in schicklicher Weise erledigen zu helfen, aber unter Wahrung der beidseitigen Interessen. Zieht man schliesslich in Betracht, dass Reglemente wie andere generell-abstrakte Normen kaum je eine Begründung aufweisen und dass andererseits eine Neuordnung der vorliegenden Art von der Sache her nur mit Rücksicht auf das öffentliche Interesse erfolgen konnte, so erscheint es als unzulässiger Eingriff in die Gemeindeautonomie, wenn die Regierung den Satz der Friedhofordnung, welcher die Aufhebung der Privatgräber zur Folge hat, ohne nähere Abklärung der Verhältnisse strich. Sie wäre aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet gewesen, die Gründe, die zur Neuregelung Anlass boten, zu prüfen und sodann eine Abwägung der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen vorzunehmen. Die Gemeinde Sent macht auch geltend, die Frage der Privatgräber sei zwischen ihr und dem Sanitätsdepartement diskutiert worden. Sowohl die Regierung wie die privaten Beschwerdegegner bestreiten dies mit Hinweis auf die Akten. Welche Sicht der Dinge den Tatsachen entspricht, lässt sich aufgrund der dem Bundesgericht vorliegenden Unterlagen nicht klar entscheiden. Dies ist aber auch nicht notwendig, denn selbst wenn die Aufhebung der Privatgräber im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nicht besprochen wurde, so hätte dies die Regierung als Rechtsmittelinstanz nicht davon entbunden, den rechtserheblichen Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären und eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. dazu BGE 110 Ia 86 E. 4b). BGE 112 Ia 275 S. 280 d) Aus der Vernehmlassung ist zu schliessen, dass die Regierung sich zu einer solchen Prüfung unter anderem deshalb nicht für verpflichtet hielt, weil die Aufhebung der Privatgräber "nicht der geltenden Rechtsordnung entspreche". Soweit damit das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage gemeint sein sollte, geht der Einwand deshalb fehl, weil das kantonale Recht die Gemeinden nicht verpflichtet, Privatgräber zuzulassen, sondern diese von der Gemeinde Sent durch kommunales Recht geschaffen worden sind. Es muss demgemäss auch genügen, wenn ein kommunaler Rechtssetzungsakt derselben Stufe diese Regelung ändert (vgl. dazu BGE 108 Ia 184 E. 3d mit Hinweis; BGE 105 Ib 81 E. 6a). Es scheint allerdings, dass die Regierung weniger diesen Punkt beanstanden will als vielmehr das Fehlen gemeinderechtlicher Grundlagen für die Entschädigung der Berechtigten an den aufgehobenen Privatgräbern. Auch dieser Einwand ist jedoch unbegründet. Geht man davon aus, dass die Konzessionäre eine mit dinglich Berechtigten vergleichbare Stellung einnehmen, so darf allerdings die Konzession grundsätzlich nur gegen Entschädigung aufgehoben werden. Über die Frage, ob ein bewertbarer Schaden entstehe, wenn ja, für welche Personen und in welcher Höhe, ist indessen nicht in diesem Verfahren zu entscheiden. Die Argumentation der Regierung verkennt, dass die Entschädigung nicht Voraussetzung, sondern Folge des Eingriffs in Rechte dinglicher oder verwandter Natur darstellt. Die Verhältnisse lassen sich mit denjenigen bei Erlass eines neuen Zonenplanes vergleichen, durch den ein bisher überbaubares und einer Bauzone zugeteiltes Grundstück in eine nicht mehr überbaubare Zone eingewiesen wird. Zwar kann es in diesen Fällen immer nur um materielle und nicht um formelle Enteignung gehen; indessen muss auch vorliegend gelten, dass die Zulässigkeit des Eingriffs zunächst nach den übrigen angeführten Gesichtspunkten zu prüfen ist und die Frage der Enteignungsentschädigung anschliessend in einem besonderen Verfahren durch die hiefür zuständigen Behörden zu beurteilen bleibt (vgl. dazu BGE 98 Ia 595 E. 5; BGE 97 I 626 E. 5). Anders wäre es höchstens, wenn das neue Reglement Entschädigungen von vornherein für alle Fälle ausschlösse; allein dies ist nicht der Fall, und die Gemeinde bemerkt in der staatsrechtlichen Beschwerde sogar ausdrücklich, sie betrachte es als selbstverständlich, dass sowohl genutzte wie nicht genutzte Grabrechte nur gegen Entschädigung abgelöst würden. Schliesslich ist zu diesem Punkt beizufügen, dass eine generelle Regelung der Entschädigungsfrage schon im Reglement wegen BGE 112 Ia 275 S. 281 der grossen Verschiedenheit hinsichtlich der einzelnen Gräber praktisch kaum möglich wäre. Auch dieser Einwand ist somit nicht geeignet, die Nichtgenehmigung des streitigen Satzes der Friedhofordnung von Sent zu rechtfertigen. 6. Aus allen diesen Gründen erscheint der Entscheid der Regierung des Kantons Graubünden als unzulässiger Eingriff in den Autonomiebereich der Gemeinde Sent und ist aufzuheben. Mit den von beiden Parteien vorgetragenen materiellen Argumenten hat sich das Bundesgericht nicht zu befassen. Es wird vielmehr Sache der Regierung sein, nach Vornahme der notwendigen Erhebungen und allenfalls nach Durchführung eines Augenscheins erneut darüber zu befinden, ob der vorgesehene Eingriff in wohlerworbene Rechte der privaten Beschwerdegegner im öffentlichen Interesse liege und verhältnismässig sei.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
bbfab443-fb4f-4860-86ad-1a0756792063
Urteilskopf 123 I 248 22. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. September 1997 i.S. X. gegen Regierung des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; Legalitätsprinzip im Abgaberecht. Ungenügende Bestimmtheit einer gesetzlichen Grundlage für eine Kostenauflage (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 248 BGE 123 I 248 S. 248 X. kollidierte am 17. Februar 1996 als Lenker eines Personenwagens auf der Kantonsstrasse Y.-Z. mit einem Reh. Im Anschluss an diesen Unfall rückte der Jagdaufseher aus und nahm ein Unfallprotokoll auf. Am 6. März 1996 stellte das Jagd- und Fischereiinspektorat des Kantons Graubünden X. dafür Kosten von Fr. 124.-- in Rechnung. Nachdem diese Rechnung unbezahlt geblieben war, BGE 123 I 248 S. 249 erliess das Bau-, Verkehrs- und Forstdepartement des Kantons Graubünden am 10. Juli 1996 eine Verfügung, wodurch X. der Betrag von Fr. 124.-- zuzüglich Mahngebühr von Fr. 20.-- und Kosten von Fr. 84.-- auferlegt wurde. X. erhob dagegen Beschwerde an die Regierung des Kantons Graubünden, welche diese mit Entscheid vom 24. September 1996 abwies. X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid der Regierung aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von Art. 4 BV (formelle Rechtsverweigerung; Fehlen einer gesetzlichen Grundlage im Abgaberecht). Die Regierung des Kantons Graubünden beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage im Abgaberecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein selbständiges verfassungsmässiges Recht, dessen Verletzung unmittelbar gestützt auf Art. 4 BV mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden kann ( BGE 120 Ia 265 E. 2a S. 266, mit Hinweisen). Öffentliche Abgaben bedürfen grundsätzlich einer Grundlage in einem formellen Gesetz, welches zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen sowie Gegenstand und Bemessungsgrundlagen der Abgabe selber festlegt. Diese Anforderungen dürfen für gewisse Kausalabgaben, was die Vorgaben über die Abgabenbemessung (nicht aber die Umschreibung des Kreises der Abgabepflichtigen und des Gegenstandes der Abgabe) anbelangt, in bestimmten Fällen herabgesetzt werden, namentlich dort, wo das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche Prinzipien (Kostendekkungs- und Äquivalenzprinzip) begrenzt wird und nicht allein der Gesetzesvorbehalt diese Schutzfunktion erfüllt ( BGE 122 I 61 E. 2a S. 63; BGE 121 I 230 E. 3e S. 235, 273 E. 3a S. 274 f.; BGE 120 Ia 1 E. 3c S. 3, 171 E. 5 S. 178 f., 265 E. 2a S. 266; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, S. 500 f.). Im übrigen müssen öffentliche Abgaben, wenn nicht notwendigerweise in allen Teilen auf der Stufe des formellen Gesetzes, so doch in genügender Bestimmtheit zumindest in rechtssatzmässiger Form festgelegt sein (Erfordernis des Rechtssatzes; Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juni 1995, ZBl 97/1996 S. 567, E. 5b/aa; BGE 123 I 248 S. 250 HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 499 f., Rz. 2095 und 2100). Die Voraussetzungen für die Erhebung der Abgabe müssen in den einschlägigen Rechtssätzen so genau umschrieben sein, dass der rechtsanwendenden Behörde kein übermässiger Spielraum verbleibt und die möglichen Abgabepflichten für den Bürger hinreichend voraussehbar sind. Welche Anforderungen dabei zu stellen sind, hängt von der Natur der jeweiligen Materie ab. 3. a) Die Art. 36 und 40 des kantonalen Gesetzes vom 3. Oktober 1982 über das Verfahren in Verwaltungs- und Verfassungssachen (VVG/GR), auf welche der Kanton die streitige Abgabe stützt, lauten wie folgt: "Art. 36 Kostenpflicht 1 Die Behörden können für ihre Amtshandlungen den Beteiligten Kosten auferlegen. 2 Haben mehrere Beteiligte eine Amtshandlung gemeinsam verlangt oder veranlasst, haften sie für die Kosten solidarisch, soweit die Behörde nichts anderes entscheidet. 3 Die Kosten gliedern sich in: a) die Staatsgebühr, welche für die Beanspruchung der Behörde erhoben wird; b) die Auslagen der Kanzlei für mit Amtshandlungen verbundene Ausfertigungen und Mitteilungen; c) die Barauslagen, die insbesondere Übersetzungskosten, Expertenhonorare und andere durch das Verfahren verursachte Aufwendungen umfassen. Art. 40 Bemessung 1 Der Rahmen für die Staatsgebühr beträgt Fr. 10.-- bis Fr. 20'000.--. Die Höhe der Gebühren für Ausfertigungen und Mitteilungen sowie den Ersatz der Barauslagen regelt die Regierung durch Verordnung. 2 Innerhalb des Gebührenrahmens ist die Staatsgebühr nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Sache sowie nach dem Interesse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Gebührenpflichtigen zu bemessen." Das Gesetz umschreibt somit die Abgabepflichtigen (die "Beteiligten"), den Gegenstand der Abgabe ("Amtshandlungen") und die Bemessung in den Grundzügen, nämlich durch einen Gebührenrahmen und die Kriterien für dessen Konkretisierung. Umstritten ist jedoch, ob diese Umschreibung genügend bestimmt ist, um als gesetzliche Grundlage gelten zu können. b) Der Begriff der Amtshandlung ist ausserordentlich weit. Er umfasst - in der Auslegung, die ihm die Regierung offenbar gibt und die jedenfalls zum Wortlaut des Gesetzes nicht im Widerspruch BGE 123 I 248 S. 251 steht - alle amtlichen Verrichtungen des Staates, insbesondere auch Verrichtungen ausserhalb eines förmlichen Verfügungsverfahrens. Das Gesetz geht damit weiter als beispielsweise das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1974 über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushalts (SR 611.010), dessen Art. 4 Gebühren für "Verfügungen und Dienstleistungen der Bundesverwaltung" vorsieht und der vom Bundesgericht als hinreichende gesetzliche Grundlage für eine diese Gebührenpflicht näher spezifizierende bundesrätliche Verordnung betrachtet wurde (nicht publiziertes Urteil vom 21. Oktober 1996 i.S. R., E. 4c). Der Begriff der Amtshandlung umfasst nicht nur Verfügungen und vom Bürger in Anspruch genommene Dienstleistungen, sondern auch jedes faktische Verwaltungshandeln, selbst dann, wenn es ohne oder gegen den Willen eines Beteiligten erfolgt. Darunter können auch Tätigkeiten fallen wie der Einsatz der Polizei für die Verkehrsregelung, die Personenrettung oder die Aufklärung von Delikten, ferner die Durchführung von Kontrollen und Inspektionen jeder Art. Unter den Begriff der Amtshandlung fallen aber auch Tätigkeiten wie das Erteilen von Unterricht an kantonalen Unterrichtsanstalten, die Betreuung von Fürsorgeempfängern, die Berufsberatung oder die Vornahme von Steuerveranlagungen. Der Umfang der abgabepflichtigen Tätigkeiten geht damit weit über die Ersatzvornahmen zur Beseitigung polizeiwidriger Zustände hinaus, deren Kosten gestützt auf Bestimmungen wie etwa Art. 59 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01) oder Art. 54 des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 1991 (GSchG; SR 814.20) dem Verursacher überbunden werden (vgl. BGE 122 II 26 E. 4a S. 30, mit Hinweisen). c) Ebenso vage ist die Umschreibung der Abgabepflichtigen: "beteiligt" kann eine sehr unbestimmte Zahl von Personen sein, beispielsweise alle Teilnehmer an einer Demonstration oder an einem sportlichen oder kulturellen Anlass. "Beteiligt" sein können auch Personen, die ohne eigenes Verschulden und sogar ohne jegliches Aktivwerden Anlass für eine Amtshandlung wurden, wie zum Beispiel Opfer von Naturkatastrophen oder Gewaltverbrechen. Der Begriff der "Beteiligten" geht damit ebenfalls weit über den Begriff des "Verursachers" im Sinne von Art. 59 USG und ähnlichen Bestimmungen hinaus. Dabei ist zu beachten, dass die allgemeine Festlegung des Verursacherprinzips in Art. 2 USG nicht als genügend bestimmte, unmittelbar anwendbare gesetzliche Grundlage für eine Kostenauflage betrachtet wird, sondern nur als Prinzip, das der Konkretisierung durch die nach Art. 48 USG zu erlassenden BGE 123 I 248 S. 252 Gebührenregelungen bedarf (vgl. BGE 119 Ib 389 E. 4 S. 393 ff.; HERIBERT RAUSCH, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 12 zu Art. 12; URSULA BRUNNER, ebenda, N. 22 zu Art. 48). Der Begriff ist auch bedeutend unbestimmter als die Umschreibung "entreprises exerçant des activités économiques et commerciales bénéficiant des retombées directes ou indirectes du tourisme", welche in BGE BGE 122 I 61 E. 2c S. 65 f., wenn auch mit Zögern, noch als genügend bestimmt betrachtet wurde. d) Die Bemessungsgrundlagen sind wohl betragsmässig mit einem oberen und einem unteren Rahmen festgelegt. Der Rahmen ist indessen sehr weit gefasst (Fr. 10.-- bis Fr. 20'000.--). Im Bereich von Gerichtsgebühren hat freilich das Bundesgericht derart weitgefasste formellgesetzliche Gebührenrahmen nicht beanstandet ( BGE 106 Ia 249 E. 2/3 S. 251 ff.), weil offene gesetzliche Regelungen in der Schweiz in diesem Bereich verbreitet sind und ihre Anwendung (welche durch Verordnungen oder Richtlinien immerhin regelmässig näher normiert ist) einer neutralen Gerichtsinstanz obliegt, welche mit solchen Ermessensentscheiden vertraut ist, und weil die Angemessenheit der im Einzelfall auferlegten Gebühren anhand der verfassungsmässigen Grundsätze der Kostendeckung und der Äquivalenz überprüfbar ist (vgl. BGE 120 Ia 171 E. 4 S. 175 ff.; BGE 106 Ia 249 E. 3a S. 252 f.). Vorliegend fehlt es jedoch an jeglicher rechtssatzmässigen Konkretisierung auch auf unterer Stufe. Zudem ist der personelle und sachliche Anwendungsbereich viel unbestimmter als bei Gerichtsgebühren. e) Hinzu kommt schliesslich, dass nach dem Wortlaut von Art. 36 Abs. 1 VVG /GR die Behörden die Kosten auferlegen "können". Es liegt somit im Ermessen der Behörden, ob und für welche Amtshandlungen sie Kosten erheben wollen. Vorliegend wurde denn auch während Jahren auf die Kostenauflage für die Erfassung von Wildunfällen verzichtet, bis schliesslich das zuständige Departement sich zu einer "Praxisänderung" entschloss. f) Gesamthaft belässt die vorliegend herangezogene gesetzliche Grundlage den rechtsanwendenden Behörden einen übermässig weiten Spielraum. Sie weist nicht die erforderliche Bestimmtheit auf, um auch für Amtshandlungen ausserhalb des Bereiches von Verfügungsverfahren, auf den sich das Gesetz vorab bezieht (vgl. Art. 1 VVG /GR), unmittelbar Grundlage für Gebühren- oder Kostenersatzverfügungen bilden zu können. Dass im Einzelfall sowohl das Kostendeckungs- als auch das Äquivalenzprinzip zu beachten sind und diese Schranken vorliegend eingehalten sein dürften, vermag BGE 123 I 248 S. 253 diesen Mangel nicht zu beseitigen. Sämtliche spezialgesetzlichen Gebührenregelungen würden obsolet, wenn die Verwaltung auch dort, wo keine besondere Gebühr vorgesehen ist, subsidiär gestützt auf Art. 36 VVG /GR nach eigenem Gutdünken Kosten auferlegen könnte. Öffentliche Abgaben müssen, wenn nicht generell bzw. in allen Teilen in einem formellen Gesetz, so doch zumindest in einem Rechtssatz niederer Stufe derart bestimmt vorgesehen sein, dass alle wesentlichen Elemente rechtssatzmässig festgelegt sind. Das ist vorliegend, soweit gestützt auf Art. 36 und 40 VVG /GR für Amtshandlungen beliebiger Art Gebühren und Kosten auferlegt werden sollen, nach dem Gesagten nicht der Fall; es sind weder die abgabepflichtigen Tatbestände und Personen noch die Höhe der Abgaben in genügender Weise umschrieben. Die Art. 36 und 40 VVG /GR können damit keine hinreichende Rechtsgrundlage für die streitige Abgabeverfügung darstellen. Die Kostenauflage an die "Beteiligten" ist ein legitimer politischer Grundsatz, aber für sich allein noch kein hinreichend bestimmter Rechtssatz. Ob eine hinreichende gesetzliche Grundlage dadurch geschaffen werden könnte, dass die fehlenden näheren Bestimmungen auf dem Verordnungsweg festgelegt werden, oder ob notwendigerweise das Gesetz selber präzisiert werden müsste, richtet sich innerhalb der bundesverfassungsrechtlichen Schranken zunächst nach dem kantonalen Staatsrecht und ist hier nicht weiter zu prüfen. Vorliegend fehlt es an einer derartigen, von einem zuständigen Organ ausgehenden Verordnungsregelung, und die vorhandenen formellgesetzlichen Normen in Art. 36 und 40 VVG /GR reichen mangels genügender Bestimmtheit - jedenfalls für sich allein - als gesetzliche Grundlage für die Erhebung der streitigen Gebühr nicht aus. Der angefochtene Entscheid verletzt daher Art. 4 BV (Legalitätsprinzip im Abgaberecht).
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bbfda068-fa9d-4a04-a12c-bd9b5b58a6b3
Urteilskopf 125 III 91 17. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour civile du 11 février 1999 dans la cause Rytz et Cie SA contre Rytz Industriebau AG (recours en réforme)
Regeste Markenrecht; Namensrecht und Firma. Über Kollisionen zwischen Namensrecht oder Firma und Markenrecht ist nicht schematisch zu entscheiden, sondern durch Abwägen der gegenseitigen Interessen, die einem möglichst gerechten Ausgleich entgegenzuführen sind (Bestätigung der Rechtsprechung). Anwendung dieses Grundsatzes auf den Fall, wo eine als Domänenname im Internet verwendete Firma einer jüngeren Marke entgegen steht.
Sachverhalt ab Seite 91 BGE 125 III 91 S. 91 Depuis 1974, l'ingénieur Kurt Rytz a utilisé le nom '«Rytz'« dans le cadre de l'exploitation de son entreprise sous forme d'une raison de commerce individuelle. Le 15 mars 1983, cette entreprise a été inscrite au registre du commerce de Bâle-Campagne sous la désignation «Rytz Industriebau AG». BGE 125 III 91 S. 92 La société Rytz et Cie SA est inscrite sous cette dénomination au registre du commerce de Nyon depuis le 16 décembre 1987. Elle a déposé la marque «Rytz» auprès de l'Institut fédéral de la propriété intellectuelle en décembre 1995. S'étant aperçue que Rytz Industriebau AG utilisait le terme «RYTZ.CH» comme nom de domaine sur le réseau Internet, Rytz et Cie SA a intenté une action à Genève contre cette société, tendant en substance à l'empêcher de faire usage de quelque manière que ce soit de la marque «Rytz» sur le réseau Internet en Suisse. La Cour de justice genevoise ayant rejeté sa demande, Rytz et Cie SA recourt en réforme au Tribunal fédéral. Erwägungen Extrait des considérants: 3. La demanderesse, qui se fonde exclusivement sur la Loi fédérale du 28 août 1992 sur la protection des marques (RS 232.11; ci-après LPM), invoque une violation des art. 3, 6, 13 et 14 de ladite loi. Elle reproche en substance à la cour cantonale de n'avoir pas tenu compte de son droit d'exclusivité sur l'usage de la marque '«Rytz'« pour faire interdire à la défenderesse d'utiliser ce terme comme nom de domaine sur le réseau Internet. a) On pourrait se demander si le fait d'ouvrir un site Internet sous une désignation identique à une marque déposée tombe sous le coup des activités que le titulaire du droit à la marque a la possibilité d'interdire en vertu de l' art. 13 al. 2 LPM . Cette question n'a toutefois pas à être tranchée dans le cas d'espèce pour les motifs indiqués ci-après. b) Selon l' art. 6 LPM , le droit à la marque appartient à celui qui la dépose le premier. Ce droit confère au titulaire, en plus du droit subjectif d'utiliser la marque en exclusivité, le droit notamment d'interdire à des tiers l'usage de signes frappés d'un motif relatif d'exclusion de protection ( art. 3 al. 1 et 13 LPM ); ce droit exclusif souffre d'une exception en faveur du tiers qui utilisait un signe identique ou similaire avant le dépôt et qui pourra en poursuivre l'usage dans la même mesure que jusque là ( art. 14 LPM ; TROLLER, Manuel du droit suisse des biens immatériels, Tome I, 2e éd. Bâle 1996, p. 141). Si l'on se place, à l'instar de la demanderesse, sous l'angle de la LPM uniquement, celle-ci, en tant que seule titulaire de la marque '«Rytz'«, serait légitimée à se prévaloir des droits découlant de la LPM à l'encontre de la défenderesse et le bien-fondé de ses prétentions devraient alors être analysées au regard du droit des marques. BGE 125 III 91 S. 93 Il ne faut toutefois pas perdre de vue que la marque enregistrée dans le cas d'espèce est une désignation patronymique qui figure également dans la raison de commerce des deux parties. La demanderesse l'a fait inscrire au registre du commerce depuis le 16 décembre 1987, alors que la défenderesse l'a enregistrée déjà le 15 mars 1983. Si l'on envisage le litige exclusivement à la lumière du droit des raisons de commerce, ce n'est pas la demanderesse, mais la défenderesse, soit la société la plus ancienne, qui pourrait se prévaloir de la protection conférée par l' art. 956 CO (cf. ATF 122 III 369 consid. 1). Il y a donc conflit entre le droit découlant de la marque et celui issu de la raison de commerce. c) Dans de telles hypothèses, le législateur n'a pas introduit de règle de prééminence lorsque des lois protégeant des signes de nature différente se chevauchent, car tous ces droits sont de même valeur (ROLF H. WEBER, Schutz von Domänennamen im Internet, RSJ 1996 p. 405 ss, 406; PATRICK TROLLER, Kollisionen zwischen Firmen, Handelsnamen und Marken, thèse Berne 1979 p. 212). Ce n'est donc pas parce que la demanderesse possède un droit d'exclusivité conféré par la LPM que celui-ci prime tous les autres droits de nature à entrer en conflit avec la marque déposée. Selon la jurisprudence, les collisions entre droit au nom (ou à la raison de commerce) d'une part et droit des marques et de la concurrence déloyale d'autre part ne peuvent être résolues de façon schématique au moyen de règles uniformes. Il est nécessaire, dans chaque cas particulier, de peser les intérêts en présence, afin de parvenir à la solution la plus équitable possible (ATF du 4 juin 1997 dans la cause 4C.516/1996 consid. 3b publié in sic - Revue du droit de la propriété intellectuelle, de l'information et de la concurrence - 1997/5 p. 493 ss; ATF 116 II 614 consid. 5d p. 619). Confirmant un arrêt antérieur, le Tribunal fédéral a précisé qu'il ne faut pas accorder de prééminence de principe au droit au nom; l'existence d'une marque célèbre antérieure justifie que l'on impose au nouveau concurrent des restrictions quant à l'utilisation d'un homonyme ( ATF 116 II 614 consid. 5d p. 619 et l'arrêt cité). La marque «Rytz» détenue par la demanderesse ne peut être qualifiée de marque célèbre, ce qui n'a du reste jamais été invoqué. Quant à la défenderesse, elle n'apparaît pas comme un nouveau concurrent qui chercherait, par l'ouverture d'un site sur le réseau Internet, à profiter d'une marque antérieure. Au contraire, la défenderesse a utilisé la dénomination «Rytz» comme qualificatif bien BGE 125 III 91 S. 94 avant la demanderesse. En effet, depuis le début de ses activités en 1974, elle a fait usage de ce patronyme, tout d'abord dans sa raison individuelle, puis dans sa raison de commerce à partir de 1983. Ce nom correspond d'ailleurs à celui de son fondateur et exploitant, l'ingénieur Kurt Rytz. La dénomination «RYTZ.CH» du site Internet de la défenderesse s'explique ainsi par le fait que ce patronyme a toujours été utilisé pour désigner la société. Il ne s'agit donc pas d'une qualification qui pourrait suggérer une volonté d'appropriation de la marque de la demanderesse, mais d'une dénomination fondée sur des raisons objectives, liées à l'existence d'une raison de commerce bien antérieure au dépôt de la marque de la demanderesse. Dans ces circonstances, il apparaît que l'intérêt de la défenderesse à utiliser le patronyme '«RYTZ.CH'« pour désigner son site Internet l'emporte sur l'intérêt de la demanderesse à se prévaloir de son droit à la marque. La cour cantonale n'a ainsi pas violé le droit fédéral en considérant que la demanderesse ne pouvait invoquer la LPM à son profit. d) L'application de la LPM étant écartée, il n'y a pas lieu d'examiner si la défenderesse pourrait se prévaloir de l'exception en faveur du tiers utilisant un signe identique ou similaire avant le dépôt de la marque ( art. 14 LPM ; cf. supra consid. 3b) ni de se demander si l'utilisation de la dénomination du site Internet était en relation avec des produits ou services identiques ou similaires à ceux du titulaire de la marque (cf. art. 3 et 13 LPM ). Dans ces circonstances, le recours doit être rejeté et l'arrêt attaqué confirmé.
null
nan
fr
1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
bc017514-b116-42bb-a3d9-d16ff29b96ad
Urteilskopf 103 Ia 616 90. Extrait de l'arrêt du 30 novembre 1977 dans la cause Veraldi contre Ministère public fédéral
Regeste Auslieferung. AuslG vom 22. Januar 1892; Vertrag zwischen der Schweiz und Frankreich vom 9. Juli 1869; Europäisches Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957. - Obgleich Frankreich dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen nicht beigetreten ist und der schweizerisch-französische Vertrag mit bezug auf die strittige Frage keine Bestimmung enthält, muss die Auslieferung in Anwendung des Territorialitätsprinzips ( Art. 12 AuslG ) grundsätzlich verweigert werden, wenn sie wegen Taten verlangt wird, die teils in der Schweiz, teils in Frankreich begangen wurden (Erw. 3a und b). - Die Sachauslieferung an den ersuchenden Staat erfolgt nur, wenn die Voraussetzungen für die Auslieferung vorliegen (Erw. 4b).
Sachverhalt ab Seite 617 BGE 103 Ia 616 S. 617 Se disant courtier financier à Paris, le ressortissant italien Mario Veraldi vint à Zurich pour vendre 237 actions Nestlé qu'un inconnu lui aurait confiées dans un café parisien. Se présentant sous un faux nom et produisant une carte d'identité falsifiée, il vendit ces actions, le 18 mars 1977, à la Banque Rohner A. G. en prétendant qu'elles provenaient d'une succession dont il était l'exécuteur testamentaire. Le produit de cette vente fut porté au crédit de deux comptes ouverts auprès de ladite banque, en francs suisses et en marks allemands, comptes qui sont actuellement bloqués. Mario Veraldi fut arrêté le 22 mars 1977 et une enquête pénale, confiée à un procureur du district de Zurich, fut ouverte contre lui pour faux dans les titres ou dans les certificats: par la suite, la question se posa, dans cette procédure, si Mario Veraldi s'était aussi rendu coupable de vol et de recel des actions Nestlé. Le 20 avril 1977, des employés de la Chambre syndicale des agents de change de Paris ouvrirent un coffre dont dispose auprès de cette Chambre la société Nivart-Flornoy, agents de change à Paris, coffre dans lequel elle dépose habituellement les titres appartenant à ses clients, afin d'y prendre des actions Nestlé pour les remettre à Yves Flornoy, chargé par l'un de ses clients de les négocier. On constata alors la disparition de 240 actions Nestlé. Sur plainte d'Yves Flornoy, un juge d'instruction parisien ouvrit, le 23 avril 1977, une instruction pénale pour vol, complicité et recel de vol de ces actions. L'enquête révéla que la plus grande partie des titres volés à Paris correspondait aux actions que Mario Veraldi avait vendues à la Banque Rohner A. G. Le 2 mai, le juge d'instruction parisien lança donc un mandat d'arrêt contre ce dernier, sous BGE 103 Ia 616 S. 618 l'inculpation de recel de vol au sens des art. 460 et 401 du Code pénal français. Ce mandat fut communiqué le même jour au bureau suisse d'Interpol qui le transmit le lendemain à la police cantonale du canton de Zurich. Mario Veraldi se trouve ainsi en détention extraditionnelle depuis le 3 mai 1977. Par lettre du 26 mai 1977, l'Ambassade de France à Berne fit parvenir au département fédéral de justice et police la demande d'extradition formée par les autorités judiciaires françaises à l'encontre de Mario Veraldi "du chef de recel de vol". Conformément aux prescriptions de l' art. 21 LExtr ., la Division fédérale de police fit procéder à l'audition extraditionnelle de Mario Veraldi, qui déclara faire opposition non seulement à son extradition, mais aussi au transfert en France des fonds déposés à la Banque Rohner A.G. La Division fédérale de police ne prit pas position, considérant que le dossier devait être transmis au Tribunal fédéral pour décision en application de l' art. 23 LExtr ., dès lors que les objections soulevées par Mario Veraldi se fondaient sur le traité franco-suisse d'extradition. Le Ministère public de la Confédération renonça lui aussi à prendre position, les objections soulevées par l'opposant n'ayant pas le moindre rapport avec la question du délit politique, à laquelle il limite en principe son examen. Par décision motivée du 18 août 1977, le Ministère public du canton de Zurich constata en particulier que, dans la procédure pénale instruite en Suisse, il existait, à la charge de Mario Veraldi, quelques indices de mauvaise foi, s'agissant du négoce des actions Nestlé, mais il considéra ces indices comme insuffisants pour établir avec certitude la preuve que l'inculpé, au moment de recevoir les titres, avait compté sur la provenance illicite des actions ou qu'il avait lui-même participé au vol. La procédure relative au recel fut donc suspendue, sous réserve du cas où des faits nouveaux permettraient d'établir la culpabilité de Mario Veraldi. L'opposition de Mario Veraldi a été admise et l'extradition de ce dernier pour recel de 237 actions Nestlé n'a pas été accordée, les autorités zurichoises compétentes étant chargées de poursuivre l'enquête pénale et de prendre une décision à l'encontre de Mario Veraldi de ce chef de recel; au surplus, les sommes provenant de la vente des actions restent bloquées en mains des autorités zurichoises. BGE 103 Ia 616 S. 619 Erwägungen Extraits des considérants: 3. a) Aux termes de l'art. 7 al. 1 de la Convention européenne d'extradition (signée à Paris le 13 décembre 1957 et ratifiée par la Suisse selon arrêté fédéral du 27 septembre 1967; RO 1967, p. 845 ss), "la Partie requise pourra refuser d'extrader l'individu réclamé à raison d'une infraction qui, selon sa législation, a été commise en tout ou en partie sur son territoire". De plus, au moment de ratifier cette convention européenne, la Suisse a formulé une réserve en ce sens qu'elle entendait en principe refuser l'extradition dans ces cas (RO 1967, p. 846). Par ailleurs, l' art. 12 LExtr . précise que l'extradition ne sera pas accordée lorsque l'infraction pour laquelle elle est demandée a été commise sur le territoire de la Confédération ni lorsque cette infraction, commise hors du territoire, a cependant été définitivement jugée en Suisse ou y est l'objet de poursuites pénales. Dans l'arrêt Tani du 4 juin 1975 (prononcé au sujet d'une demande présentée par l'Italie), le Tribunal fédéral a considéré qu'il doit refuser l'extradition lorsqu'elle est demandée à raison d'une infraction commise, au moins en partie, sur le territoire suisse, sauf si la personne recherchée doit de toute façon être extradée parce qu'elle a commis d'autres infractions sur le territoire de l'Etat requérant; dans ce cas exceptionnel, le juge de l'extradition dispose d'une certaine liberté d'appréciation pour accorder ou, au contraire, refuser l'extradition ( ATF 101 Ia 402 /403 consid. 3a). Toutefois, le traité franco-suisse ne contient aucune disposition semblable et la France n'a pas adhéré à la Convention européenne d'extradition. Cette jurisprudence n'est donc pas directement applicable aux demandes d'extradition formées par le Gouvernement français, auquel on ne saurait opposer la disposition de l'art. 7, ni la réserve y relative faite par la Suisse au moment de ratifier cette convention européenne. Celle-ci ne s'applique donc pas en l'espèce, ni en tant que réglementation internationale, ni à titre de droit interne en raison de la priorité des traités sur ce droit ( ATF 100 Ia 416 consid. 4c; arrêt non publié du 14 juillet 1976 dans la cause Jocic, consid. 2). La question se pose en revanche de savoir si la Suisse peut opposer au Gouvernement français une disposition de sa propre législation interne, c'est-à-dire le principe dit de territorialité posé à l' art. 12 LExtr . BGE 103 Ia 616 S. 620 b) Selon la jurisprudence, la loi fédérale ne s'applique en principe pas lorsque le pays requérant est la France. Il n'en va autrement que dans certaines hypothèses, notamment si la loi peut être appliquée concurremment avec le traité franco-suisse ou pour en combler une lacune, à la condition qu'elle ne conduise pas à une solution contraire ( ATF 102 Ia 319 consid. 1, 87 I 137 consid. 1 et les références citées). Or, en l'espèce, on peut admettre que l' art. 12 LExtr . comble une lacune du traité franco-suisse en posant un principe généralement reconnu en droit pénal international. Dans son fondement et dans ses conséquences, ce principe est conforme à une tradition bien établie du droit suisse en matière d'extradition. Ainsi, selon l'auteur de l'avant-projet de la loi fédérale, "il devrait être évident que l'Etat sur le territoire duquel une infraction a été commise a le devoir naturel et primordial de la punir et ne peut s'y soustraire au moyen d'une extradition"; la compétence territoriale prime toute autre compétence (voir ALPHONSE RIVIER, Motifs à l'appui d'un avant-projet de loi fédérale sur l'extradition, du 12 octobre 1889, p. 21; voir aussi HANS SCHULTZ, Das schweiz. Auslieferungsrecht, p. 65; MANFRED BURGSTALLER, Das europäische Auslieferungsübereinkommen und seine Anwendung in Österreich, Vienne 1970, p. 31 et 32). C'est là un principe admis aussi en droit français de l'extradition, que l'art. 5 ch. 3 de la loi française sur l'extradition consacre expressément (voir aussi PIERRE BOUZAT, op.cit., t. II, Paris 1970, p. 1660, No 1736); le Tribunal fédéral a d'ailleurs déjà eu l'occasion de l'appliquer, au moins dans trois cas de demandes d'extradition formées par les autorités françaises. En 1880 et 1896, il a dit en effet que l'obligation d'extrader doit cesser dès le moment où les infractions - pour lesquelles l'extradition est demandée - ont été commises exclusivement sur le territoire du pays requis. La nature même de l'extradition, "acte par lequel un Etat livre un individu accusé d'une infraction commise hors de son territoire à un autre Etat qui le réclame et à compétence pour le punir" (voir BILLOT, Traité d'extradition, p. 1), ne permet pas de présumer d'un Etat qu'il ait entendu, en stipulant une convention internationale sur cette matière, abdiquer sa juridiction à l'égard des crimes ou délits commis sur son territoire et punis par ses lois (ATF 22, p. 399/400, 6, p. 435 consid. 1). En 1917, il a confirmé cette jurisprudence en considérant qu'il est de principe que BGE 103 Ia 616 S. 621 l'extradition à un pays étranger ne peut être accordée à raison d'un délit commis en Suisse; les tribunaux suisses étant compétents en pareil cas pour juger l'infraction, il n'y a pas de raison pour qu'ils soient dessaisis au profit de tribunaux étrangers ( ATF 43 I 74 consid. 2). En outre, dans un arrêt du 30 avril 1952, prononcé à l'occasion d'une demande d'extradition présentée par la Yougoslavie, le Tribunal fédéral a précisé que ce principe s'applique même si - comme c'est le cas en l'espèce - il n'est pas expressément stipulé dans le traité qui lie la Suisse à l'Etat requérant. De plus, il a encore dit que ce principe vaut non seulement lorsque l'infraction - pour laquelle l'extradition est demandée - a été commise exclusivement sur le territoire suisse, mais aussi lorsqu'elle a été commise tant en Suisse que sur le territoire de l'Etat requérant ( ATF 78 I 49 consid. 4b). Le juge de l'extradition doit donc se demander si, au regard de sa propre législation, l'infraction reprochée à l'opposant a été au moins partiellement commise sur le territoire de son pays, soit, dans le cas présent, en Suisse. c) Aux termes de l' art. 7 CP , un crime ou un délit est réputé commis tant au lieu où l'auteur a agi qu'au lieu où le résultat s'est produit. Or, selon la doctrine unanime et la jurisprudence constante, si l'on punit le recel, c'est parce qu'il a pour effet de faire durer - au préjudice de la victime du premier délit - l'état de choses contraire au droit que cette première infraction a créé ( ATF 101 Ia 404 consid. 3b, ATF 95 IV 8 consid. IIIa, ATF 90 IV 18 consid. 4a et les arrêts cités; voir, en doctrine, PAUL LOGOZ, Commentaire du code pénal suisse, partie spéciale, ad art. 144, p. 135; VITAL SCHWANDER, Das schweizerische Strafgesetzbuch, No 554; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil, p. 267/268; MAX WAIBLINGER, Zum Begriff der Hehlerei im schweizerischen Strafgesetzbuch, ZStR vol. 61 p. 267; THORMANN/OVERBECK, Kommentar, n. 7 ad art. 144 CP ; EDGAR ZULLIGER, Die Hehlerei nach dem Entwurf vom 23. Juli 1918, thèse Berne 1933, p. 50). Il semble d'ailleurs en être de même en droit français, où le recel est considéré comme un délit continu ou successif qui peut être poursuivi dans tous les lieux où il s'est continué, même s'il a commencé à l'étranger (voir ROBERT VOUIN, Précis de droit pénal spécial, t. I, Paris 1971, p. 113 et 115 No 100 ch. 2 et ch. 4b; voir aussi un arrêt de la Chambre criminelle de la Cour de cassation française du 31 août 1922, Rec. Sir. 1923.1.237). BGE 103 Ia 616 S. 622 En l'espèce, Mario Veraldi a pris possession des 237 actions Nestlé à Paris; il les a passées en Suisse et les a vendues à la Banque Rohner A.G. à Zurich. Ainsi, dans la mesure où les faits qui lui sont reprochés peuvent être établis (soit essentiellement la connaissance de la provenance illicite de ces titres ou, au moins, la connaissance de la possibilité de cette illicéité, ATF 69 IV 68 consid. 3), l'opposant doit être considéré comme ayant commis en Suisse - au sens de l' art. 7 CP - des actes constitutifs de recel d'actions provenant d'un vol qui aurait été commis à Paris au préjudice de l'agent de change Yves Flornoy. Conformément à sa demande, il doit donc être traduit devant le juge suisse compétent. Il faut, à cet égard, relever que le Tribunal fédéral n'est évidemment pas lié par la décision, que le Ministère public du canton de Zurich a prise le 18 août 1977, de suspendre provisoirement l'instruction de cette affaire de recel de titres. Il incombe maintenant aux autorités zurichoises, compétentes en vertu de l' art. 346 CP , de reprendre l'enquête et de prendre une décision à l'encontre de Mario Veraldi du chef de recel au sens de l' art. 144 CP . 4. Il reste à examiner s'il faut remettre aux autorités françaises - sans qu'elles l'aient demandé formellement - les fonds provenant de la vente des actions Nestlé, c'est-à-dire les sommes déposées - et bloquées - sur deux comptes (en francs suisses et en marks allemands) à la Banque Rohner A.G. à Zurich. a) Aux termes de l'art. 5 du traité franco-suisse, quand il y aura lieu à l'extradition, tous les objets saisis qui peuvent servir à constater le crime ou le délit ainsi que les objets provenant de vol seront remis à l'Etat réclamant, soit que l'extradition puisse s'effectuer, l'accusé ayant été arrêté, soit qu'il ne puisse y être donné suite, l'accusé ou le coupable s'étant de nouveau évadé ou étant décédé. La loi fédérale contient une règle semblable ( art. 27 al. 1 et 2 LExtr .). Certes, il est clair que les sommes déposées à la Banque Rohner A. G. sont en rapport direct avec le délit de recel pour lequel l'extradition est demandée; la condition posée par la jurisprudence à ce sujet est donc réalisée en l'espèce ( ATF 53 I 321 consid. b, ATF 47 I 122 , ATF 34 I 369 consid. 5, ATF 31 I 694 consid. 5). En outre, on doit rappeler que, dans un arrêt Grosby du 2 juin 1971, le Tribunal fédéral a admis - à l'occasion d'une demande d'extradition présentée par les Etats-Unis d'Amérique - BGE 103 Ia 616 S. 623 que la saisie et la remise à l'Etat pouvaient porter non seulement sur les objets trouvés en la possession de l'individu recherché, mais aussi sur les valeurs ou les sommes déposées en banque sur lesquelles l'opposant exerçait un pouvoir de disposition de droit ou de fait ( ATF 97 I 386 consid. 6b). Au regard de cette jurisprudence, la remise des fonds déposés à la Banque Rohner A. G. semblerait donc admissible, mais il faut se demander si ces fonds tombent sous le coup des dispositions de l'art. 5 du traité franco-suisse. Or il ne s'agit évidemment pas d'objets "pouvant servir à constater le crime ou le délit" et on peut douter que ces fonds proviennent de vol, car en réalité ils ont été obtenus par la vente d'actions qui, elles, semblent avoir été volées (voir, dans ce sens, l'affaire Gries, que le Conseil fédéral mentionne dans son Rapport sur la gestion en 1886, p. 393, No 9; voir aussi MAURICE TRAVERS, Le droit pénal international, t. V, No 2473, p. 279/280). La question peut cependant rester ouverte, puisque de toute façon il n'y a pas lieu de remettre ces fonds aux autorités françaises. b) D'une manière générale, Hans Schultz considère que la remise des objets (Sachauslieferung) à l'Etat requérant est exclue lorsque l'extradition est refusée ("müsste im einzelnen Fall die Auslieferung verweigert werden ist auch die Sachauslieferung ausgeschlossen"; op.cit., p. 511). De plus, il ressort du texte même de l'art. 5 du traité franco-suisse que, s'il importe peu qu'une fois admise l'extradition soit rendue impossible (parce que l'individu recherché s'est évadé ou qu'il est décédé), la remise des objets n'a lieu que lorsque les conditions requises pour l'extradition sont réalisées (voir MAURICE TRAVERS, op.cit., No 2473, p. 279). Or cette condition essentielle n'est pas réalisée dans le cas présent. Certes, l'extradition de Mario Veraldi serait possible (l'opposant n'étant ni évadé, ni décédé), mais elle ne peut pas être accordée en application du principe de territorialité (voir ci-dessus consid. 3c). Cela ne signifie nullement que l'opposant pourra disposer librement des sommes déposées à la Banque Rohner A. G. Au contraire, il appartient aux autorités zurichoises, chargées de poursuivre l'enquête et de rendre une décision à l'encontre de Mario Veraldi (pour le recel qui lui est reproché), de prendre les mesures nécessaires à la sauvegarde des droits du légitime propriétaire des titres, conformément à l' art. 58bis CP et aux dispositions y relatives de la loi de procédure pénale cantonale.
public_law
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1,977
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Federation
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Urteilskopf 85 IV 53 15. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 13 mars 1959 dans la cause Electric and Musical Industries Ltd. contre Delachaux et Ministère public du canton de Neuchâtel.
Regeste Art. 24 lit. c MSchG . Ist der Inhaber einer Marke für das Gebiet der Schweiz strafrechtlich dagegen geschützt, dass die gleiche, im Auslande eingetragene Marke von deren Inhaber für andere Staaten in der Schweiz gebraucht wird? (abweichende Auslegung der angeführten Bestimmung gegenüber der in BGE 50 I 328 vertretenen Auffassung).
Sachverhalt ab Seite 53 BGE 85 IV 53 S. 53 A.- Le trust Electric and Musical Industries Ltd. (EMI), qui a son siège en Angleterre, groupe les deux sociétés anglaises The Gramophone Company Ltd. et Columbia Company Ltd. La première est titulaire de la marque suisse "His Master's Voice", la seconde des deux marques, également déposées en Suisse, "Twin Notes" et "Columbia". Les maisons américaines Columbia et RCA Victor apposent également ces marques sur des disques de leur fabrication. Selon EMI, elles ont le droit de les utiliser, mais seulement sur le territoire des Etats-Unis d'Amérique. La maison Delachaux et Niestlé SA a importé et vendu en Suisse des disques de fabrication américaine munis de l'une ou l'autre de ces trois marques. Sommée par l'avocat BGE 85 IV 53 S. 54 d'EMI de s'en abstenir, elle déclara renoncer à utiliser les marques "His Master's Voice", "Columbia" et "Twin Notes" pour la vente de disques non fabriqués par la société anglaise, titulaire de ces marques en Suisse. Elle continua à vendre des disques provenant des maisons américaines Columbia et RCA Victor, mais prit soin de cacher les marques litigieuses avec du papier gommé. B.- Prévenue, sur plainte d'EMI, d'infraction à l'art. 24 litt. c LMF, l'administratrice de la maison Delachaux et Niestlé SA, a bénéficié d'un non-lieu, que la Chambre d'accusation neuchâteloise a confirmé, le 26 décembre 1958. C.- Contre cet arrêt, EMI se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Elle conclut au renvoi de la prévenue devant le juge de répression. D.- L'intimée propose de déclarer le pourvoi irrecevable, subsidiairement de le rejeter. Erwägungen Considérant en droit: 1. ..... 2. Aux termes de l'art. 24 litt. c LMF, seule disposition qui puisse s'appliquer en l'espèce, peut être recherché pénalement: "... quiconque aura vendu, mis en vente ou en circulation des produits ou marchandises revêtus d'une marque qu'il savait contrefaite, imitée ou indûment apposée." Il s'agit donc de savoir si les marques "His Master's Voice", "Columbia" et "Twin Notes" étaient indûment apposées sur les disques américains que la maison Delachaux et Niestlé SA a mis en vente en Suisse, c'est-à-dire si, lorsqu'une marque est enregistrée à la fois en Suisse et à l'étranger en faveur de deux titulaires différents, mais pour des produits de même nature, l'usage en Suisse de la marque étrangère viole l'art. 24 litt. c LMF, même si elle a été apposée légalement à l'étranger. La Chambre d'accusation neuchâteloise a répondu par la négative, en se fondant sur l'arrêt Hoffmann-La Roche, BGE 85 IV 53 S. 55 du 17 décembre 1924 (RO 50 I 328). Dans cet arrêt, la cour de céans, sans se prononcer sur le principe de la territorialité des marques, a nié le caractère pénal des actes visés, considérant d'une part qu'en tout cas une marque apposée légalement à l'étranger ne pouvait être tenue pour "indûment apposée" selon l'art. 24 litt. c LMF lorsque le produit était ensuite vendu, mis en vente ou en circulation sur le territoire suisse, d'autre part, que le public ne risquait pas d'être induit en erreur dans le cas particulier. La recourante invoque en sens contraire l'arrêt Seifenfabrik Sunlight, du 12 février 1952 (RO 78 II 165), où la Ie Cour civile, se ralliant au principe de la territorialité des marques, a jugé que, du point de vue civil tout au moins et même si la marque apposée à l'étranger l'avait été légalement, son usage en Suisse était illicite selon l'art. 24 litt. c LMF et que l'interprétation littérale de ce texte ne pouvait donc être admise. Postérieurement à ces deux arrêts, la cour de céans a jugé encore un cas d'usage d'une marque étrangère également enregistrée en Suisse, mais en faveur d'un autre titulaire (arrêt Saba: RO 84 IV 119). Cependant cet arrêt ne tranche pas le débat. Dans l'espèce considérée, les marchandises vendues par l'ayant droit de la marque suisse et celles qui avaient été importées et vendues sans son consentement provenaient toutes du même fabricant, titulaire de la marque étrangère, de sorte qu'en l'absence d'un risque de confusion l'art. 24 LMF ne s'appliquait pas. Toutefois, la cour a dit qu'un tel risque peut surgir lorsque des marchandises provenant de producteurs différents sont munies de marques identiques ou plus ou moins semblables. Effectivement, le risque de confusion est essentiel. Il existe en l'espèce, puisqu'on a mis sur le marché suisse des disques "Columbia", "Twin Notes" et "His Master's Voice" provenant d'une part des deux sociétés anglaises titulaires de ces marques pour la Suisse et d'autre part des deux sociétés américaines, titulaires des mêmes marques BGE 85 IV 53 S. 56 pour les Etats-Unis. Peu importe que les marchandises de fabrication anglaise et américaine soient qualitativement égales. La protection conférée par la marque existe, indépendamment d'une telle circonstance; le but premier de la marque n'est pas de distinguer entre eux des produits du même genre ou de genres différents, mais d'indiquer le fabricant et son exploitation (RO 78 II 172 litt. d et les arrêts cités). Cependant, s'il existe un risque de confusion, il ne s'ensuit pas encore que l'intimée ait commis une infraction à l'art. 24 litt. c LMF et tombe sous le coup des sanctions pénales prévues à l'art. 25. Il faudrait encore qu'il se fût agi de marques "indûment apposées". 3. Comme le Tribunal fédéral l'a exposé dans son arrêt Sunlight (précité), à la suite des décisions prises par la Conférence de Londres du 2 juin 1934, le législateur suisse, dans la loi du 22 juin 1939 portant revision partielle de la loi du 26 septembre 1890 sur la protection des marques de fabrique etc., a abandonné le principe de l'universalité des marques pour se rallier à celui de la territorialité, déjà prédominant en matière internationale. C'est ainsi qu'il a permis de diviser une marque de façon que, dans les divers pays où elle est protégée, elle le soit en faveur de titulaires différents (art.11). En l'espèce, les mêmes marques dépendant d'EMI ont été enregistrées en faveur de titulaires différents aux Etats-Unis d'Amérique et en Suisse. Il s'agit dès lors de savoir si les titulaires suisses seront protégés contre tout usage de leur marque par des tiers sur le territoire suisse, c'est-à-dire si l'art. 24 litt. c LMF permet de poursuivre les auteurs d'un tel usage. Cela peut paraître douteux lorsque, comme en l'espèce, la marque a été légitimement - et non indûment - apposée par le titulaire étranger, les produits ou marchandises étant après coup introduits et vendus, mis en vente ou en circulation en Suisse. Dans l'arrêt Sunlight, le Tribunal fédéral a jugé qu'une telle interprétation ne se concilierait pas avec la ratio legis et BGE 85 IV 53 S. 57 aboutirait à des conséquences inacceptables pour la Suisse. Effectivement, le titulaire de la marque suisse serait désarmé en face de l'usage de la marque étrangère, même lorsqu'il bénéficierait de la priorité. Le législateur ne peut avoir raisonnablement voulu ce résultat. Il a conféré au titulaire de la marque déposée en Suisse un droit d'usage exclusif et réglé les moyens destinés à en assurer l'exercice. La protection qui en résulte est limitée au territoire suisse. Elle cesse à l'égard de la marque apposée et utilisée à l'étranger, mais devient efficace dès que ce signe apparaît en Suisse. Dès ce moment, la situation à l'étranger est indifférente. En Suisse, le titulaire de la marque déposée dans le pays est l'unique ayant droit. Si la marque n'émane pas de lui, si elle n'a pas été apposée par lui ou avec son consentement, l'usage est illicite. Du point de vue civil tout au moins, un tel usage entraîne l'application de l'art. 24 litt. c LMF. Du point de vue pénal et selon les règles d'interprétation strictes, propres à ce domaine, la cour de céans a repoussé cette solution dans son arrêt Hoffmann-La Roche (précité). Lorsque, comme en l'espèce, une marque a été légitimement apposée dans le pays d'où provient la marchandise, l'origine qu'elle atteste n'est effectivement pas modifiée par les déplacements que cette marchandise subit dans l'espace. Dès lors, si l'apposition est licite, on ne voit pas comment elle pourrait perdre ce caractère. Cependant, de l'acte qui consiste à apposer une marque sur un objet, il faut distinguer l'état qui en résulte, c'est-à-dire le fait pour la marque d'être apposée. Sans doute le caractère licite ou illicite de l'apposition n'est-il pas affecté par les vicissitudes ultérieures de la marchandise. Mais la licéité de l'acte, de l'apposition, n'emporte pas nécessairement celle de la situation qui en découle. Cette situation se juge non pas, une fois pour toutes, selon le droit du pays où l'apposition a eu lieu, mais suivant la législation des pays où l'objet est mis sur le marché. Ainsi, alors même qu'un fabricant appose une marque conformément au BGE 85 IV 53 S. 58 droit dans le pays d'origine de la marchandise, cette marque peut "être ... indûment apposée" sur le territoire suisse (art. 24 litt. c). Une telle interprétation, plus conforme aux textes français et italien (texte italien: "essere ... illecitamente apposata") de la loi, doit être préférée à celle que la cour de céans avait tout d'abord donnée dans son arrêt Hoffmann-La Roche. Elle permet d'accorder au titulaire d'une marque suisse une protection non seulement civile, mais aussi pénale, qui est tout aussi justifiée et nécessaire. Selon le dossier, la recourante et les deux sociétés anglaises qui la constituent sont les seules titulaires suisses des marques "His Master's Voice", "Columbia" et "Twin Notes". Elles ont le droit exclusif de les utiliser en Suisse. Du point de vue suisse, les dites marques ne sont donc légitimement apposées que sur des disques provenant de ces maisons; d'où il suit que, dans la mesure où elles figurent sur des disques américains, elles sont indûment apposées, bien que l'apposition elle-même ait été licite. 4. ..... Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à la juridiction cantonale pour nouvelle décision.
null
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Urteilskopf 95 IV 179 46. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 19 décembre 1969 dans la cause X. contre Ministère publique du canton de Neuchâtel.
Regeste Bundesgesetz über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951. 1. Marihuana ist ein Betäubungsmittel (Erw. 1). 2. Die in Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 umschriebenen Handlungen sind unbefugt begangen, wenn sie ausserhalb der durch die Art. 16 bis 18 geregelten Kontrolle erfolgen (Erw. 2). 3. a) Art. 19 stellt den Verbrauch von Betäubungsmitteln als solchen nicht unter Strafe (Erw. 3). b) Der Verbraucher ist gleichwohl strafbar, wenn er zuvor unbefugt eine der in Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 aufgeführten Handlungen begangen hat (Erw. 3). c) Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 stellt nicht nur den nicht kontrollierten Handel unter Strafe, sondern jeden unbefugten Erwerb (Erw. 3). d) Unter Erwerb ist jede Erlangung von Betäubungsmitteln zu verstehen, auch die unentgeltliche (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 180 BGE 95 IV 179 S. 180 A.- En novembre ou décembre 1968, X. fuma chez Y., une camarade d'études, une ou deux cigarettes de marijuana, confectionnées par elle. Ils se les passaient et repassaient, tirant alternativement des bouffées. B.- Prévenu d'infraction à l'art. 19 de la loi fédérale du 3 octobre 1951 sur les stupéfiants (en abrégé: LStup.), X. a été libéré, le 10 juin 1969, par le Tribunal de police du district de Neuchâtel, qui a estimé qu'il n'avait ni acheté, ni acquis, ni possédé, ni détenu des stupéfiants et que la consommation de telles substances n'était pas punissable. C.- Sur recours du Ministère public, la Cour neuchâteloise de cassation pénale a infligé au prévenu une amende de 80 fr. A son avis, il a été en contact physique, soit par la bouche soit par la main, avec des stupéfiants; il y a donc eu détention; peu importe qu'elle ait été de courte durée; la détention d'une chose, à la différence de la possession, n'implique pas que le simple rapport de fait qu'elle constitue ait une certaine durée. D.- Contre cet arrêt, le condamné se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à libération. E.- La cour cantonale a présenté spontanément des observations. BGE 95 IV 179 S. 181 F.- Le Ministère public fédéral s'est exprimé, à la demande de la cour de céans, sur la portée du terme "sans droit" qu'emploie l'art. 19 ch.1 de la loi précitée. Erwägungen Considérant en droit: 1. La loi fédérale du 3 octobre 1951 ne concerne que les opérations qui ont pour objet des stupéfiants. Son art. 2 énumère les substances qui entrent dans cette catégorie et mentionne expressément le chanvre et la résine des poils glanduleux du chanvre (lit.A ch.4 et B ch.3). Or la marijuana, dont il s'agit dans la présente espèce, consiste précisément, soit dans les feuilles et les fleurs du chanvre, soit dans un extrait de cette plante, laquelle, cultivée dans un climat chaud, contient un alcaloïde stupéfiant, le cannabinol (K. und O. MÖLLER, Rauschgifte und Genussmittel, Bâle 1951). 2. Selon l'art. 19 ch.1 al.2 LStup., est punissable celui qui, sans droit, achète, acquiert, détient, possède des stupéfiants, de quelque manière que ce soit, en procure ou en prescrit à autrui, en cède ou en offre de quelque manière que ce soit. Celui qui accomplit les actes ainsi énumérés ne tombe donc sous le coup de la loi pénale que s'il a agi "sans droit". Dans la précédente loi, du 2 octobre 1924, aujourd'hui abrogée, l'art. 1 l'disposition pénale, correspondait, selon le système d'alors, à l'actuel art. 19; il portait, au lieu de la locution "sans droit", les mots "sans y être autorisé", que le texte allemand exprimait par le terme "unbefugt". Celui-ci figure encore dans la loi actuelle et n'a, littéralement, pas le même sens que "sans droit". Mais il est certain que les deux expressions ont la même portée. En effet, dans le système de la loi du 3 octobre 1951, toute opération sur les stupéfiants, de l'importation ou de la fabrication jusqu'à l'exportation et à l'emploi sur territoire suisse, est soumise à l'autorisation et au contrôle officiels (Message du Conseil fédéral du 9 avril 1951, relatif à la revision de la loi sur les stupéfiants (FF 1951 I p.858). Le contrôle, réglé par les art. 16 à 18 , doit permettre de rendre compte, même de la consommation. Le recourant n'aurait donc pas dû, en principe, obtenir de stupéfiants autrement que d'un médecin ou d'un pharmacien autorisé de par l'art. 9 LStup., ces personnes autorisées devant rendre à l'autorité compétente un compte exact des quantités qu'elles prescrivaient (ordonnance) ou administraient. BGE 95 IV 179 S. 182 Dans la présente espèce, il est certain que si X. a fumé de la marijuana, c'est sans autorisation ou sans droit. Il reste à savoir si cet acte lui-même ou ceux qui l'ont précédé entrent au nombre de ceux que punit l'art. 19 ch. 1 al.2 LStup. 3. L'art. 19 LStup. ne punit pas, en elle-même, la consommation de stupéfiants. Mais il ne s'ensuit pas, comme la cour de céans l'a déjà relevé dans son arrêt Schweizerische Bundesanwaltschaft, du 11 mars 1960 (RO 86 IV 58 b), que le consommateur échappe à la condamnation lorsqu'il a préalablement commis, sans droit, l'un des actes que réprime l'art. 19 ch.1 al.2 LStup. Dans ce cas, il est punissable non pour la consommation comme telle, mais pour le fait qui l'a précédée. Dans l'arrêt précité, il s'agissait d'un toxicomane qui, sous un prétexte trompeur, s'était fait injecter un stupéfiant par un médecin. La cour de céans a notamment examiné si l'inculpé s'était ainsi procuré, au sens de l'art. 19 ch. 1 al.2 LStup., la drogue consommée par lui. Elle a résolu la question par la négative, parce que, l'art. 19 réprimant, non la consommation, mais le "marché noir" (Bull. stén. CN, 1951, p. 627, explications du rapporteur Leupin), on ne peut s'être procuré un stupéfiant selon le texte légal que par un acte qui vous a conféré la maîtrise effective sur l'objet. Par la maîtrise effective, qui, d'après son avis, caractérisait aussi la possession, la cour entendait la possibilité d'écouler la marchandise sur le "marché noir" (der schwarze Markt), c'est-à-dire dans le commerce non autorisé et, partant, non contrôlé. Si, comme elle l'a dit, on pouvait impunément acquérir et posséder sans droit des stupéfiants, pourvu qu'on n'en ait pas la maîtrise effective, c'est-à-dire sans qu'on puisse les écouler sur le "marché noir", on ne voit pas pourquoi il en irait autrement de l'achat. Or, supposé, en l'espèce, que X. eût payé à sa camarade le droit de fumer avec elle de la marijuana, la cigarette passant de l'un à l'autre et chacun tirant une bouffée à son tour, ou même acheté la cigarette allumée et l'avait fumée sur place, il ne serait pas punissable. Car il n'aurait à aucun moment acquis, sur la cigarette, la maîtrise effective au sens où l'entend l'arrêt précité. Ces solutions ne seraient pas conformes au système légal. Aussi bien l'art. 19 ch.1 al.2 LStup. punit-il, sans aucune réserve, l'achat non autorisé de stupéfiants et assimile-t-il à l'achat tous les autres modes d'acquisition, qu'ils soient gratuits ou onéreux (texte allemand: kauft, sonstwie erlangt). Il BGE 95 IV 179 S. 183 ne réprime pas seulement le commerce non autorisé, ni contrôlé, mais toute acquisition illicite. L'avis du rapporteur Leupin au Conseil national, auquel se réfère l'arrêt précité, vise du reste un cas étranger à celui que l'on discute: il s'agissait du trafiquant qui vend, comme stupéfiant, un autre produit quelconque et qu'un projet de la commission du Conseil national tendait à frapper d'une peine. C'est à ce propos que le rapporteur a précisé que l'on entendait toucher le "marché noir" et non le pharmacien qui recevrait d'un médecin l'ordre de ne pas dispenser à un malade la quantité de stupéfiant prescrite dans une ordonnance, mais une quantité moindre par une dilution supérieure ou même de ne délivrer que de l'eau. Cet avis n'est donc pas pertinent. 4. Il suit de là que l'on peut acquérir un stupéfiant au sens de l'art. 19 ch.1 al.2 LStup. même si l'on ne peut en disposer librement et l'écouler dans le commerce non autorisé, ni même le remettre gratuitement à autrui. L'action d'acquérir, que le texte allemand de la loi met en rapport avec celle d'acheter ("kauft, sonstwie erlangt"), concerne une activité plus étendue que cette dernière. Elle comprend tous les actes par lesquels on se procure des stupéfiants, fût-ce à titre gratuit. Elle peut être distincte de la consommation; elle est alors punissable comme telle, alors même que la consommation seule ne l'est pas. 5. Dans la présente espèce, quelle que soit d'ailleurs la nature de l'acte juridique qu'il a conclu avec sa camarade, X. a acquis de la marijuana au sens de l'art. 19 ch.1 al.2 LStup. Cet acte a précédé la consommation et a nécessité une collaboration active de sa part. Il ne prétend pas avoir ignoré ce qu'il fumait. Par conséquent, supposé même que la jeune fille, sans en révéler la nature, ait tout d'abord allumé la cigarette, il a fallu qu'après avoir dit qu'il s'agissait de marijuana, ou bien elle ait offert à son camarade de fumer avec elle, ou bien que son camarade ait pris l'initiative de le lui demander. Dans l'un et l'autre cas, il a joué un rôle actif, qui consistait dans l'expression d'une demande ou dans l'acceptation d'une offre. Point n'est besoin de rechercher si et éventuellement dans quels cas l'accord de volontés peut, à lui seul, constituer l'acquisition que vise l'art. 19 ch.1 al.2 LStup. Car, dans la présente espèce, cet accord a été suivi d'un acte d'exécution par lequel le recourant s'est mis à même de consommer le stupéfiant. En effet, BGE 95 IV 179 S. 184 ou bien sa camarade lui a tendu la cigarette - allumée ou non - et il s'en est saisi, ou bien il a fait en sorte que la jeune fille lui place la cigarette entre les lèvres. La consommation s'est ensuivie, mais les actes positifs de X., qui l'avaient précédée, constituaient, dans leur ensemble, une acquisition au sens de la loi. 6. X. ayant acquis la marijuana, comme on vient de le montrer, il est inutile de rechercher s'il l'a en outre possédée au sens de l'art. 19 ch.1 al.2 LStup., voire détenue, comme l'avait admis la cour neuchâteloise. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Rejette le pourvoi.
null
nan
fr
1,969
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bc0fd5c9-02c4-42f7-bde8-f271c5bdbdb3
Urteilskopf 89 II 192 28. Urteil der II. Zivllabteilung vom 25. April 1963 i.S. Etablissement Progress gegen Wolle AG
Regeste Widerspruchsklage um ein Pfandrecht, Streitwert: a) Der Richter ist nicht an die betreibungsamtliche Schätzung gebunden. b) Der Betrag vorgehender Pfandforderungen ist abzuziehen. c) Massgebend für das Berufungsverfahren ( Art. 46 und 62 OG ) ist der Streitwert bei Ausfällung des Urteils der letzten kantonalen Instanz (Erw. 1). Art. 97 und 106-109 SchKG , Art. 36, 46 und 62 OG . Die Anzeige einer Nachverpfändung nach Art. 886 ZGB ist dann, wenn sich die Pfandsache nicht beim Faustpfandgläubiger, sondern bei einem Dritten befindet, der den Besitz sowohl für jenen wie auch für den Eigentümer auszuüben hat (sog. Pfandhalter), an diesen Dritten zu richten. (Erw. 2-4). Art. 884, 886 und 924 ZGB .
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 89 II 192 S. 192 A.- Der im Ausland wohnende Kaufmann D. Gross liess Ledervorräte aus Österreich im Zürcher Zollfreilager BGE 89 II 192 S. 193 durch die Firma Frank AG, Internationale Transporte, Zürich, verwahren. Aus diesem Lager verpfändete er der Schweizerischen Bankgesellschaft und der Handelsbank in Zürich je fünf Kisten Boxcalfleder, die im Zollfreilager verwahrt blieben. Mit einem Schreiben vom 30. September 1960 aus Zürich räumte er sodann der Beklagten, Etablissement Progress, Mauren, Liechtenstein, an diesen beiden und weiteren dort eingelagerten Waren ein nachgehendes Pfandrecht ein. Den beiden Banken mit vorgehendem Pfandrecht zeigte er dies nicht an, wohl aber der Lagerhalterin Frank AG, mit einem Brief, den sie am Morgen des 5. Oktober 1960 erhielt. B.- Tags darauf arrestierte das Betreibungsamt Zürich 9 die erwähnten zwei Warenposten (bezeichnet als Positionen 1 und 2) von je 1400 kg Leder, das Kilogramm geschätzt auf Fr. 1 -, und zwei weitere Posten Leder (Pos. 3 enthaltend ca. 27'000 kg, Pos. 4 enthaltend 542 kg) zu Gunsten der Klägerin, Wolle AG, Zürich, für eine gegen D. Gross geltend gemachte Forderung von Fr. 53'343.80 nebst Zins. Zu allen vier Positionen vermerkte die Arresturkunde "das Lagerrecht gemäss Art. 485 OR " (Retentionsrecht) der Frank AG für Fr. 5637.15 auf den September 1960 und für die weiterhin auflaufenden Lagerspesen von monatlich Fr. 360.--. Zu Pos. 1 wurde das Pfandrecht der Schweizerischen Bankgesellschaft für eine Forderung von Fr. 11'939.05 ("Rohsaldo") vermerkt und zu Pos. 2 das Pfandrecht der Handelsbank in Zürich für eine Forderung von Fr. 10'000.-- nebst Zins und Spesen. An den Positionen 1 und 2 machte ferner die Beklagte ihr nachgehendes Pfandrecht geltend, das zuerst irrtümlicherweise als Eigentumsansprache vermerkt wurde, und das die Klägerin (Arrestgläubigerin) bestritten hat. C.- Gemäss Vereinbarung der Parteien mit dem Schuldner wurden die in Pos. 2 enthaltenen fünf Kisten Boxcalfleder aus freier Hand für Fr. 18'480.-- verkauft. Aus diesem Erlös konnte die Pfandforderung der Handelsbank in Zürich abgelöst werden. Der Restbetrag von BGE 89 II 192 S. 194 Fr. 8000. - floss als Ersatz für diesen Arrestgegenstand an das Betreibungsamt. Die Vereinbarung hielt fest, dass die Beklagte das von der Klägerin bestrittene Nachpfandrecht auch an diesem restlichen Erlös beanspruche. D.- Der Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich wies die auf Aberkennung des Nachpfandrechts der Beklagten an den Gegenständen von Pos. 1 und 2 der Arresturkunde gehende Widerspruchsbeseitigungsklage der Arrestgläubigerin am 27. Februar 1962 ab und schützte das Nachpfandrecht der Beklagten für Forderungen von wenigstens $ 14'000. -. Das Obergericht des Kantons Zürich hat dagegen mit Urteil vom 12. September 1962 die Klage gutgeheissen und die Pfandrechtsansprache der Beklagten als unbegründet erklärt. E.- Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vorliegende Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der Klage. Die Klägerin hält die Berufung für unzulässig, weil der Streitwert im Zeitpunkt des obergerichtlichen Urteils nur Fr. 562.85 betragen habe. Der Eventualantrag geht auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des obergerichtlichen Urteils. Auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Beklagten gegen dieses selbe Urteil ist das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 8. November 1962 nicht eingetreten im Hinblick auf die von ihm als zulässig erachtete Berufung an das Bundesgericht. Falls sich dieses Rechtsmittel als unzulässig erweisen sollte, bleibe eine nachträgliche Beurteilung der Nichtigkeitsbeschwerde nach § 345 Abs. 2 der kantonalen ZPO vorbehalten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Den Streitwert bemass der erstinstanzliche Richter auf etwa Fr. 6000.-- bei Prozesseinleitung; bis zur Urteilsfällung BGE 89 II 192 S. 195 sei er wegen der angewachsenen Lagergebühren mit Retentionsrecht auf wenig mehr als Fr. 2000.-- gesunken. Während das Obergericht die Streitwertfrage ungeprüft liess, hielt das kantonale Kassationsgericht dafür, Gegenstand des streitigen Nachpfandrechts sei in erster Linie der in betreibungsamtlicher Verfügung stehende Betrag von Fr. 8000.-- als Überschuss des Erlöses aus der freihändigen Verwertung der Waren von Pos. 2 der Arresturkunde. Auf diesem Betrag laste das Retentionsrecht der Lagerhalterin nicht; es sei infolge der Versilberung der ihm unterworfenen Waren jener Position untergegangen. Ausserdem sei aus gewissen Aktenstücken zu schliessen, die Frank AG sei aus andern Mitteln befriedigt worden. Jener Betrag stehe daher gänzlich der Beklagten zur Verfügung, falls deren Nachpfandrecht sich als begründet erweise. Der für die Berufung an das Bundesgericht erforderliche Streitwert sei somit gegeben, ohne dass man zu untersuchen brauche, inwieweit auch die Gegenstände von Pos. 1 der Arresturkunde bei Berücksichtigung vorgehender Pfandrechte noch für die Beklagte greifbar wären. Dem Kassationsgericht ist darin beizustimmen, dass der nach Tilgung der Pfandforderung der Handelsbank in Zürich an das Betreibungsamt überwiesene restliche Erlös von Fr. 8000. - als Gegenstand des streitigen Pfandrechtes in Betracht fällt, wie denn das Widerspruchsverfahren ebenso wie über die arrestierte oder gepfändete Sache über den noch nicht verteilten (hier eben mit Rücksicht auf die verschiedenen Ansprecher zurückbehaltenen) Erlös durchzuführen ist (vgl. Art. 107 Abs. 4 SchKG ). Gerade deshalb ist aber auch das Retentionsrecht der Lagerhalterin zu berücksichtigen. Es ist, soweit es an den Sachen begründet war, durch deren zwangsweise oder freihändige Verwertung keineswegs untergegangen. Vielmehr sind die betreffenden Sachen damit auch als Retentionsgegenstände verwertet worden, wie denn der Retentionsberechtigte BGE 89 II 192 S. 196 die Sache gleich einem Faustpfande verwerten lassen kann ( Art. 898 ZGB ) und der Ausdruck "Faustpfand" im Betreibungsverfahren das Retentionsrecht mitumfasst ( Art. 37 Abs. 2 SchKG ). Dieses Recht der Lagerhalterin müsste allerdings dann ausser Betracht bleiben, wenn deren Forderung (ohne Übergang der Rechte auf einen Dritten) samt dem Retentionsrecht erloschen wäre. Die Unterlagen, auf welche das Kassationsgericht diese Annahme stützt, haben sich jedoch als trügerisch erwiesen. Aus dem im bundesgerichtlichen Verfahren zur Abklärung des Streitwertes gemäss Art. 36 Abs. 2 OG eingeholten Bericht der Lagerhalterin geht nämlich hervor, dass sie ein "heute offenes Guthaben" von Fr. 20'034.85 geltend macht und dafür das Retentionsrecht an den eingelagerten Waren in Anspruch nimmt, immerhin gemäss Vereinbarung mit der Klägerin an den Positionen 1, 2 und 4 der Arresturkunde bloss für 20% ihres jeweiligen Guthabens, also derzeit für Fr. 4007. - "zuzüglich anteiliger laufender Gebühren; dabei haftet natürlich jede dieser Positionen 1, 2 und 4 für 20% des jeweiligen Totals als Faustpfand". Auf dieser tatbeständlichen Grundlage berechnet sich der Streitwert wie folgt: a) Im allgemeinen kann sich der Richter im Widerspruchsverfahren bei der Bewertung der streitigen Gegenstände an die betreibungsamtliche Schätzung halten (sofern sie, wie im vorliegenden Falle, als solche unangefochten blieb). Indessen ist diese Schätzung für den Richter nicht bindend; er kann unabhängig davon den wahren Wert ermitteln (vgl. BGE 31 II 178 ff. und 361/62) und insbesondere den allenfalls bereits erzielten Erlös berücksichtigen (vgl. BGE 83 II 246 /47). Dies führt zur Bewertung der Pos. 2 gemäss dem noch verfügbaren Mehrerlös von Fr. 8000. -. Was die noch nicht verwertete Pos. 1 betrifft, welche gleichviel Ware gleicher Art (und vermutlich auch gleicher Güte) enthält, so ist sie in entsprechender Weise aufzuwerten, wie es im erstinstanzlichen Urteil geschehen ist. BGE 89 II 192 S. 197 b) Geht das Widerspruchsverfahren um das von einem Dritten beanspruchte Eigentum, so ist das Streitinteresse gleich dem ganzen Wert der Sache, vorausgesetzt, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht geringer ist, der betreibende Gläubiger also auf den ganzen zu erwartenden Erlös greifen will. Geht es um ein Pfandrecht, so muss ausserdem die Forderung des Pfandansprechers diesen Betrag erreichen (vgl. BGE 56 III 37 ff.; BLUMENSTEIN, Handbuch S. 392). All dies trifft hier zu, da eine Forderung von mehr als Fr. 50'000.-- in Betreibung steht und die Beklagte ihrerseits das Nachpfandrecht für Forderungen von $ 45'296.35 in Anspruch nimmt. c) Gehen indessen dem streitigen Pfandrecht andere Pfandrechte im Range vor, so dass auf jenes nur ein nach deren Deckung sich ergebender Mehrerlös entfallen kann, so vermindert sich der Streitwert um den Betrag der vorgehenden Pfandforderungen (vgl. BGE 27 II 126 , BGE 33 II 459 , BGE 35 II 707 , BGE 83 II 246 /47; BIRCHMEIER, zu Art. 36 OG , S. 43; LEUCH, N. 11 zu Art. 138 der bernischen ZPO). Die Berufungsklägerin will dies freilich nicht gelten lassen. Sie wendet ein, beim Abzug der Pfandvorgänge sei mitunter rechnungsmässig gar kein Mehrerlös zu erwarten, alsdann wäre der Streitwert nach der geschilderten Methode auf Null zu bemessen, was nicht anginge. Darauf ist zu erwidern, dass bei einem solchen Rechnungsergebnis immerhin in den meisten Fällen mit Rücksicht auf allfällige Unsicherheitsfaktoren ein niedriger Streitwert noch anzunehmen ist. Denn solange ein auf das streitige Pfandrecht entfallender Überschuss nicht geradezu als ausgeschlossen erscheint, darf nicht jedes Streitinteresse verneint werden. Erweist sich aber ein solcher Überschuss bei allseitiger Würdigung der Berechnungsfaktoren als gänzlich ausgeschlossen, so ist das Streitinteresse in der Tat zu verneinen und auf die von vornherein unnütze Klage nicht einzutreten. Im vorliegenden Fall ergibt sich indessen folgender Nettowert der streitigen Positionen 1 und 2 der Arresturkunde: BGE 89 II 192 S. 198 Erlös aus Pos. 2 netto Fr. 8'000.-- +Depotzins Fr. 8'000.-- Nettowert der Pos. 1 nach Abzug der vor- gehenden Pfandforderungen der SBG: Fr. 18'480.-- minus Fr. 12'000.--=Fr. 6'480.-- zusammen Fr. 14'480.-- Davon sind nun noch die retentionsgesicher- ten Lagergebühren der Frank AG abzu- ziehen, also nach dem oben Ausgeführten Fr. 4'007.-- (welcher Betrag nur einmal einzusetzen ist, wobei er zu voller Geltung kommt) Fr. 4'007.-- Restbetrag Fr. 10'473.-- Der für das schriftliche Berufungsverfahren erforderliche Streitwert von Fr. 8000.-- (gemäss Art. 46 und 62 OG in der geltenden Fassung) ist also erreicht. Es ergibt sich nicht etwa ein weiterer Abzug daraus, dass das ausstehende Guthaben der Frank AG seit dem obergerichtlichen Urteil noch angestiegen sein mag. Der Streitwert für das Berufungsverfahren bemisst sich nach dem Interesse, das für die Parteien unmittelbar vor der angefochtenen kantonalen Entscheidung auf dem Spiele stand ( BGE 65 II 184 ), wie denn auch in materiellrechtlicher Beziehung in der Berufungsinstanz der Tatbestand zu beurteilen ist, wie er der letzten kantonalen Instanz vorlag, und neue Tatsachen nicht berücksichtigt werden können ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). 2. In materieller Hinsicht hält das angefochtene Urteil das von der Beklagten geltend gemachte Nachpfandrecht - ohne dessen übrige Voraussetzungen zu prüfen - deshalb für unbegründet, weil sich der Schuldner mit der Anzeige der Nachverpfändung an die Lagerhalterin Frank AG begnügt und die Nachverpfändung nicht auch den beiden vorgehenden Pfandgläubigern, nämlich den erwähnten Banken, angezeigt hat. Das wäre nach Ansicht des Obergerichts gemäss Art. 886 ZGB unerlässlich gewesen. Diese Vorschrift verlange nach ihrem Wortlaut unbedingt die Benachrichtigung des vorgehenden Pfandgläubigers, sehe BGE 89 II 192 S. 199 also keine Ausnahme vor für den Fall, dass sich die Pfandsache bei einem Dritten befindet. Das vorgeschriebene Vorgehen sei denn auch notwendig, um den Zweck der Vorschrift zu erfüllen, der darin bestehe, den Nachpfandgläubiger vor nachteiligen Verfügungen über die Pfandsache zu schützen. Die Firma Frank AG habe die Anzeige nicht etwa als Stellvertreterin der beiden Banken empfangen; weder sei sie von diesen in solchem Sinne bevollmächtigt gewesen, noch habe der Schuldner die Anzeige zu Handen der Banken gemacht. Es sei an den Fall zu denken, dass die Banken nach Entrichtung der ausstehenden Lagerspesen die Herausgabe der Pfänder verlangt hätten, um sie selber zu verwahren (namentlich die Bankgesellschaft, die ein eigenes Lagerhaus besitze). Die Firma Frank AG hätte einem solchen Ansuchen entsprechen müssen, und der Schuldner hätte hierauf bei Bezahlung der Bankdarlehen sich die Pfandsachen herausgeben lassen können. Es sei keineswegs sicher, dass die Lagerhalterin von sich aus die Banken bei Auslieferung der Pfandsachen von der Nachverpfändung benachrichtigt hätte. Diese Betrachtungsweise wird dem wahren Sinn des Art. 886 ZGB nicht gerecht. Über die rechtliche Bedeutung der vorgeschriebenen Anzeige der Nachverpfändung an den Faustpfandgläubiger bestehen freilich verschiedene Ansichten. LEEMANN (N. 1-3 zu Art. 886 ZGB ) hält dafür, diese Norm durchbreche das für die Verpfändung von Fahrnis im allgemeinen geltende Faustpfandprinzip ( Art. 884 ZGB ) und sehe für die Nachverpfändung eine Fahrnisverschreibung, also eine Mobiliarhypothek, vor. Mit Recht sieht aber die vorherrschende Lehre in der von Art. 886 ZGB vorgeschriebenen Anzeige einfach eine besondere Anwendungsform des Faustpfandprinzips, nämlich eine Besitzanweisung (vgl. WIELAND, Bem. 1, und OFTINGER, N. 43 des systematischen Teils und N. 3 zu Art. 886 ZGB ; HAFFTER, Das Fahrnispfandrecht und andere sachenrechtliche Sicherungsgeschäfte, Diss. 1928 S. 44/45: HOMBERGER und MARTI, Schweiz. Jur. Kartothek Nr. 672 S. 5). Dieser BGE 89 II 192 S. 200 Ansicht hat das Bundesgericht sich angeschlossen und ausgesprochen, die Anzeige habe zum Zweck, den vorgehenden Pfandgläubiger, "in dessen Gewahrsam sich das Pfand gewöhnlich befindet", zum Pfandhalter für den nachgehenden zu machen ( BGE 72 II 355 ). Der nachgehende Pfandgläubiger erhält einen vom mittelbaren Besitz des Verpfänders abgeleiteten, gleichfalls mittelbaren Besitz, "während der unmittelbare Besitz einstweilen beim vorgehenden Pfandgläubiger bleibt" ( BGE 81 II 342 Erw. 3). Daran ist festzuhalten. Die Besitzanweisung genügt bereits der grundlegenden Norm des Art. 884 ZGB betreffend die Verpfändung von Fahrnis. Eine solche Verpfändung ist nur gültig, wenn dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfandsache übertragen wird und dem Verpfänder die Möglichkeit genommen ist, allein über die Sache körperlich zu verfügen. Es gilt also das sachenrechtliche Traditionsprinzip mit dem Erfordernis der Einräumung eines qualifizierten Pfandbesitzes. Dieser lässt sich nicht nur durch persönliche Übergabe an den Pfandgläubiger, sondern ebenso durch Besitzanweisung herbeiführen, nicht aber durch Besitzeskonstitut, das dem Verpfänder die Möglichkeit, über die Sache körperlich zu verfügen, belassen würde. Bei der Nachverpfändung stellt sich nun gegenüber den Parteien dieses Rechtsgeschäftes der Faustpfandgläubiger als Drittbesitzer dar, sofern er, wie es gewöhnlich zutrifft, seinen Pfandbesitz selber ausübt. Ist dies aber nicht der Fall, sondern befindet sich das Pfand bei einem Dritten, der den Verpfänder (Eigentümer) wie auch den Faustpfandgläubiger als Mittelsmann im Besitze zu vertreten, also den Besitz für sie beide auszuüben und die Sache dem einen nur mit Zustimmung des andern herauszugeben hat (vgl. OFTINGER, N. 216/17 und LEEMANN, N. 68 zu Art. 884 ZGB , HOMBERGER, N. 9 zu Art. 924 ZGB ), so ist die Anzeige nach Art. 886 ZGB nach den die Besitzanweisung beherrschenden Grundsätzen sinngemäss an den wahren Drittbesitzer zu richten. Dieser vertritt den Faustpfandgläubiger im Besitz, und BGE 89 II 192 S. 201 zwar wegen seiner Besitzmittlerstellung zwischen Pfandgläubiger und Verpfänder in einer Weise, dass jenem die selbständige körperliche Verfügung über die Sache versagt ist (vgl. OFTINGER, N. 136 zu Art. 884 ZGB mit Hinweisen). Nichts Abweichendes lässt sich daraus herleiten, dass die Besitzanweisung nicht unbedingt unmittelbaren Besitz des angewiesenen Dritten voraussetzt (vgl. HOMBERGER, N. 3 zu Art. 924 ZGB ). Ist bei der Faustpfandbestellung kein Pfandhalter bezeichnet worden, sondern hat der Faustpfandgläubiger die Sache zu unmittelbarem Besitz übertragen erhalten, und hat er sie hierauf zur Aufbewahrung für sich selbst einem Dritten anvertraut, so bleibt bei derart abgestuftem unselbständigem Besitz er der massgebende Adressat einer Nachverpfändung. In einem solchen Falle übt er den Pfandbesitz selber aus, wenn auch zeitweilig aus eigenem Entschluss nicht unmittelbar, und kann die Sache immer wieder an sich ziehen, ohne der Mitwirkung des Verpfänders zu bedürfen. Hier aber befanden sich die Pfandsachen schon bei der Verpfändung an die beiden Banken bei einem Dritten, dem die wahre Stellung eines Pfandhalters im oben umschriebenen Sinne zukam, und dem daher auch die Nachverpfändung, wie es geschehen ist, anzuzeigen war. 3. Dass diese Lösung dem nachgehenden Gläubiger geringeren Schutz biete als eine Anzeige an den vorgehenden Pfandgläubiger selbst, kann nicht zugegeben werden. Der Pfandhalter ist besser in der Lage, die Rechte des nachgehenden Gläubigers zu wahren, als der den Pfandbesitz nicht selber ausübende vorgehende Gläubiger. Zu Unrecht nimmt die Vorinstanz an, die Lagerhalterin hätte die Pfandsachen den beiden Banken auf deren einseitiges Begehren herausgeben müssen. Als Pfandhalterin hatte sie vielmehr, wie dargetan, auch den Schuldner (Eigentümer) im Besitze zu vertreten und durfte die Sachen nicht ohne dessen Zustimmung herausgeben. Eine Frage für sich ist, ob der Schuldner (Eigentümer) BGE 89 II 192 S. 202 bei der Nachpfandbestellung auf die Stellung eines mittelbaren Besitzers gegenüber der Lagerhalterin verzichtet habe. Er verband nämlich mit der Nachverpfändungsanzeige die Erklärung, die Lagerhalterin möge die im Freilager auf seinen Namen eingelagerten Waren auf den Namen der Beklagten überschreiben und von nun an diese mit den Lagerspesen belasten. Sollte er mit dieser Erklärung als Mitbesitzer ausgeschieden sein, so geschah es jedoch zu Gunsten der Beklagten, die auf diese Weise in die Besitzesrechte des Eigentümers eintrat. Bei einer solchen Sachlage hatte die Lagerhalterin nunmehr vor einer Herausgabe der Pfandsachen die Beklagte an Stelle des Eigentümers um ihre Zustimmung anzugehen. Ob es ausserdem einer Zustimmung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als nachgehender Gläubigerin bedurft hätte, kann dahingestellt bleiben. Wären dagegen, wie dies die Vorinstanz für richtig hält, die beiden Banken, und zwar sie allein, von der Nachverpfändung benachrichtigt worden, so hätte sich - wenn man von der durch die Arrestnahme geschaffenen neuen Lage absieht - die Gefahr erhoben, die Lagerhalterin könnte die Waren dem Schuldner bei Vorweisung einer Quittung der beiden Banken herausgeben. Man hätte damit rechnen müssen, dass die den Pfandbesitz nicht selber ausübenden Banken sich nicht veranlasst gesehen hätten, vor der Ausstellung einer Schlussquittung die Lagerhalterin oder die Beklagte über das Erlöschen ihrer vorgehenden Pfandrechte zu orientieren. Sie hätten wohl angenommen, die Lagerhalterin sei zweifellos von der Nachverpfändung ebenfalls benachrichtigt worden. 4. Endlich ist Art. 886 ZGB nicht dahin auszulegen, im Fall einer Besitzesstellvertretung durch einen Pfandhalter sei sowohl dieser wie auch der durch ihn vertretene vorgehende Pfandgläubiger von der Nachverpfändung zu benachrichtigen. Das Gesetz verlangt als Form der Nachpfandbestellung eine einzige Anzeige, und diese ist nach dem Ausgeführten im gegebenen Falle an den Pfandhalter BGE 89 II 192 S. 203 zu richten. Wenn der Verpfänder sich nicht damit begnügen will und daher noch weitere Personen benachrichtigt, so handelt es sich um Vorsichtsmassnahmen, die über die gesetzlichen Erfordernisse hinausgehen und für die Frage der formgültigen Nachpfandbestellung unwesentlich sind. 5. - Zur Beurteilung der im angefochtenen Urteil offen gelassenen weitern Voraussetzungen des streitigen Nachpfandrechtes bedarf es ergänzender tatsächlicher Feststellungen. Die Angelegenheit ist daher zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 64 OG ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Zivilkammer, vom 12. September 1962 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen wird.
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Urteilskopf 109 Ia 97 20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Juni 1983 i.S. Haus zum Gold AG gegen Finanzdepartement und Appellationsgericht (Verwaltungsgericht) des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; das zur Bemessung der Ertrags- und Kapitalsteuer massgebliche Eigenkapital. 1. Die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV durch § 71a des baselstädtischen Steuergesetzes kann bei Anwendung dieser Bestimmung gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid über die Steuerveranlagung erhoben werden (E. 1). 2. Die Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher Betrachtungsweise bei der Interpretation einer Steuernorm, die mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten arbeitet, und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei Steuerumgehung, wo in Abweichung von einer Steuernorm, die mit zivilrechtlichen Kriterien operiert, auf das wirtschaftliche Verhältnis zurückgegriffen wird, ist u.a. wesentlich für die unterschiedliche Handhabe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Bereich der Unterkapitalisierung (E. 2). 3. Keinerlei Verfassungsrecht gebietet dem Gesetzgeber, bei der steuerlichen Behandlung des Eigenkapitals von Handelsgesellschaften ausschliesslich auf den obligationenrechtlichen Eigenkapitalbegriff abzustellen oder vom Risikokapital auszugehen. Der Gesetzgeber hat einen weiten Spielraum in der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und in der Wahl der Mittel zu deren steuerlicher Erfassung (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 98 BGE 109 Ia 97 S. 98 Die Beschwerdeführerin ist eine reine Immobiliengesellschaft mit Sitz in Basel. Sie ist Eigentümerin der Liegenschaft Marktplatz 5 in Basel, bekannt als "Haus zum Gold". Auf Grund der Bilanz per 31. Dezember 1976 errechnete die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt ein verdecktes Eigenkapital der Beschwerdeführerin von Fr. 398'059.-- (nebst dem offen ausgewiesenen Eigenkapital). Die darauf entfallenden Passivzinsen wurden für die Ertragssteuer pro 1976 nicht anerkannt, sondern mit Fr. 25'964.-- zum deklarierten Ertrag aufgerechnet. Diese Korrekturen ergaben ein steuerbares Kapital von Fr. 566'741.-- und einen steuerbaren Reinertrag von Fr. 172'665.--. Die Steuerforderung von Fr. 50'998.-- wurde von der Beschwerdeführerin erfolglos mit Einsprache sowie mit Rekursen an die Steuerrekurskommission und an das Appellationsgericht Basel-Stadt angefochten. Die gegen den Entscheid des Appellationsgerichts erhobene staatsrechtliche Beschwerde richtet sich materiell gegen die BGE 109 Ia 97 S. 99 Aufrechnung eines "verdeckten Eigenkapitals" von Fr. 398'059.-- und die folglich von der Steuerverwaltung vorgenommene Aufrechnung "verdeckter Passivzinse" von Fr. 25'964.--. Es wird gerügt, mit der Anwendung von § 71a des Gesetzes vom 22. Dezember 1949 über die direkten Steuern des Kantons Basel-Stadt (in der Fassung vom 30. September 1976) habe die Vorinstanz Art. 4 BV verletzt, indem sie u.a. "nicht erkannt hat, dass § 71a des Steuergesetzes BS durch das unwiderlegbare Abstellen auf den "Buchwert" in einer Weise, die vom angestrebten Zweck (Verhinderung übermässiger Fremdkapital-Finanzierung bei Immobiliengesellschaften) in keiner Weise mehr gedeckt wird, sinn- und zwecklos ist und die sachlich erforderlichen Unterscheidungen nicht trifft, indem mindestens ein erheblicher Teil der als "verdecktes Eigenkapital" behandelten Darlehen kein Risikokapital ist und von Dritten jederzeit im gleichen Umfang unter marktüblichen Bedingungen als Fremdkapital beschafft werden könnte." Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Gemäss § 71 des baselstädtischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 22. Dezember 1949 wird bei Aktiengesellschaften eine Kapitalsteuer von 5,5%o auf dem einbezahlten Aktienkapital und den Reserven und andern Rückstellungen, die bei ihrer Bildung als Ertrag versteuert wurden, erhoben. Mit Gesetzesänderung vom 30. September 1976 wurde der Steuersatz von 5,5%o auf 6%o erhöht und folgender § 71a eingefügt: "Für Kapitalgesellschaften (...), denen von ihren Gesellschaftern (...) oder diesen nahestehenden Personen Fremdkapital zur Verfügung gestellt worden ist, erhöht sich das nach § 71 steuerbare Eigenkapital um dieses Fremdkapital, bis der Gesamtbetrag bei Grundstücken 1/5 und bei den übrigen Aktiva 1/6 der steuerlich massgebenden Buchwerte ausmacht." b) Es ist nicht bestritten, dass § 71a auf den vorliegenden Fall richtig angewendet wurde. Hingegen wird geltend gemacht, diese Bestimmung selbst verstosse gegen Art. 4 BV . Diese Rüge kann bei Anwendung der fraglichen Norm mit der Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Entscheid über die Steuerveranlagung erhoben werden; sie führt zu einer inzidenten Normenkontrolle ( BGE 104 Ia 87 E. 5, BGE 101 Ia 194 /5 E. 1a mit Hinweisen). 2. a) Die "wirtschaftliche Betrachtungsweise" bei der Interpretation einer Steuernorm, die mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten arbeitet, ist zu unterscheiden von der BGE 109 Ia 97 S. 100 "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" in der Praxis zur Steuerumgehung, wo in Abweichung von einer Steuernorm, die mit zivilrechtlichen Anknüpfungspunkten operiert, auf das wirtschaftliche Verhältnis zurückgegriffen wird (vgl. DUBS, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Steuerumgehung, in Mélanges Henri Zwahlen, 1977, S. 569 ff.). Dieser Unterschied - und nicht vorab die Verschiedenartigkeit der Kognition, wie man aus gelegentlichen Formulierungen entnehmen könnte (z.B. BGE 103 Ia 538 /9 E. 3; BGE 102 Ib 154 /5 E. 3a) - ist massgeblich für die unterschiedliche Handhabung der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" z.B. auf dem Sektor der "Unterkapitalisierung". b) Der Wehrsteuerbeschluss enthält bezüglich der Aktiengesellschaften keine Bestimmung über das Verhältnis, das zwischen Eigenkapital (Grundkapital und Reserven) und Fremdkapital bestehen sollte ( BGE 102 Ib 154 E. 2). Deshalb kann die Wehrsteuerbehörde formell in der Bilanz erscheinendes Fremdkapital nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als zum Eigenkapital gehörend behandeln, es sei denn, die besondern Voraussetzungen einer Steuerumgehung seien gegeben ( BGE 102 Ib 155 E. 3a; BGE 106 Ib 322 ). Eine Steuerumgehung liegt aber nur vor, wenn eine ungewöhnliche, den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht angemessene Form gewählt wird, die lediglich zum Ziel hat, Steuern zu sparen, welche bei der üblichen Form zu bezahlen wären. Nun geschieht aber die normale Finanzierung der Aktiengesellschaft in dem Ausmass, als sie nicht mit Darlehen von Dritten erfolgen kann, durch das Grundkapital und nicht durch Darlehen der Aktionäre ( BGE 102 Ib 156 E. 4a). Wird trotzdem das letztere gewählt, liegt nach der Praxis eine Steuerumgehung vor. In welchem Umfang aber Darlehen von Dritten erhältlich sind, hängt u.a. vom Verkehrswert der Liegenschaften ab. Die Unterkapitalisierung besteht daher in dem Umfang, in welchem die Fremdgelder den Betrag überschreiten, den eine Gesellschaft bei Dritten ohne andere Garantien als ihre Aktiven erhalten kann ( BGE 102 Ib 157 ). Da es bei der Ausgangslage des Wehrsteuerbeschlusses um die Feststellung des Risikokapitals geht, muss auf den Verkehrswert der Liegenschaften und nicht auf deren Buchwert abgestellt werden. c) Anders ist die Situation, wenn ein kantonales Steuergesetz selber bestimmt, in welchem Umfang bei Handelsgesellschaften zur richtigen steuerlichen Erfassung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit deren Fremdkapital steuerlich wie Eigenkapital zu behandeln ist. Dann bedient sich eben der Gesetzgeber selbst BGE 109 Ia 97 S. 101 der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und erklärt nicht allein den zivilrechtlichen Anknüpfungspunkt - Grundkapital und Reserven - für massgeblich. Keinerlei Verfassungsrecht gebietet dem kantonalen Gesetzgeber, bei der steuerlichen Behandlung des "Eigenkapitals" von Handelsgesellschaften ausschliesslich auf den obligationenrechtlichen Eigenkapitalbegriff abzustellen. Der Gesetzgeber hat einen weiten Ermessensspielraum in der Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Wahl der Mittel zu deren steuerlicher Erfassung. So hat das Bundesgericht eine entsprechende Regelung im Kanton Freiburg, wonach das der Kapitalsteuer unterliegende Eigenkapital und die offenen oder versteckten, durch besteuerte Gewinne gebildeten Reserven bei Immobiliengesellschaften um das Fremdkapital bis zum Gesamtbetrag von 1/4 des Steuerwertes der Aktiven erhöht wird, als verfassungskonform erkannt ( BGE 103 Ia 537 ff.). Demgegenüber erfasst § 71a des Steuergesetzes des Kantons Basel-Stadt als "verdecktes Eigenkapital" nur jenes Fremdkapital, das von den Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen stammt. Dabei wird auf eine feste Quote in bezug auf die steuerlich massgebenden Buchwerte abgestellt, die bei Grundstücken beträgt. d) Diese Methode hat den doppelten Vorteil, dass nicht in jedem Einzelfall die wirtschaftliche Situation (insbesondere die Möglichkeit der Beschaffung von Fremdkapital) untersucht werden muss und dass gleichzeitig steuerpolitische Postulate erfüllt werden. Der Steuergesetzgeber stellt gewissermassen eine praesumptio iuris et de iure auf darüber, was er steuerrechtlich als "Eigenkapital" betrachtet. Mit der Wahl der steuerlich massgebenden Buchwerte als Bezugspunkt wird ein einfaches Veranlagungskriterium geschaffen, das übrigens für den Steuerpflichtigen günstiger ist als der Verkehrswert. Das steuerpolitisch Entscheidende ist aber, dass nicht bloss - wie bei der Steuerumgehung - auf das Risikokapital abgestellt wird. Es soll nicht nur jene Unterkapitalisierung getroffen werden, die in der Form vorliegt, dass die Werte der Gesellschaft in einem Umfang mit Fremdmitteln erworben wurden, der den Marktverhältnissen nicht entspricht, sondern auch jene, die darin besteht, dass die der Gesellschaft effektiv zur Verfügung stehenden Werte im Gesellschaftskapital (bzw. in den versteuerten Reserven) gar nicht in Erscheinung treten, dafür aber mit Darlehen der Gesellschafter "belehnt" werden. In diesem Fall wird nicht bloss die Besteuerung des wirtschaftlich vorhandenen "Eigenkapitals" umgangen, sondern auch dessen Ertrag entgegen den BGE 109 Ia 97 S. 102 wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht als Ausschüttung ausgewiesen, vielmehr als Schuldzins dem Ertrag belastet (vgl. BGE 102 Ib 154 E. 2 Abs. 2). Um solches zu verhindern, legt der Steuergesetzgeber fest, dass ein bestimmter Anteil des Buchwerts der Liegenschaft steuerlich als Eigenkapital zu behandeln ist, soweit ihm Darlehen von Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen gegenüberstehen. 3. a) Die erste Rüge der Beschwerdeführerin geht dahin, § 71a StG /BS sei mit dem unwiderlegbaren Abstellen auf den Buchwert in einer Weise, die vom angestrebten Zweck der Verhinderung übermässiger Fremdkapitalfinanzierung in keiner Weise mehr gedeckt sei, sinn- und zwecklos und treffe die sachlich erforderlichen Unterscheidungen nicht, indem mindestens ein erheblicher Teil der als "verdecktes Eigenkapital" behandelten Darlehen kein Risikokapital darstelle. Aus den vorstehenden Erwägungen 2c und d geht nun aber hervor, dass es dem kantonalen Gesetzgeber anheimgestellt bleiben muss und durchaus sinnvoll ist, den Begriff des steuerbaren "Eigenkapitals" unabhängig von zivilrechtlichen Kriterien in einer Quote des Buchwertes festzulegen und - von Aktionären gewährtes - "Fremdkapital" nicht nur in dem Umfang wie Eigenkapital zu behandeln, als es nicht bei Dritten aufgebracht werden könnte. Es ist im übrigen nicht Aufgabe des vorliegenden Normenkontrollverfahrens, zu beurteilen, ob die vom Kanton Basel-Stadt getroffene Regelung die steuerpolitisch richtige ist. b) Wesentlich bei der Lösung des Kantons Basel-Stadt ist, dass nicht auf das Risikokapital abgestellt, sondern eine feste Relation des "Eigenkapitals" zu den Aktiven der Gesellschaft verlangt wird. Dabei stellt sie mit dem Bezug auf den Buchwert in zulässiger Weise auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ab (vgl. BGE 103 Ia 540 E. 3: Le Tribunal fédéral "a ainsi déclaré conforme à la constitution la règle adoptée par l'autorité fiscale et selon laquelle les fonds propres de la société immobilière doivent atteindre un certain montant par rapport à la valeur comptable des actifs"). Die Kritik der Beschwerdeführerin richtet sich im Grunde nicht gegen die Wahl des Bezugspunktes, sondern gegen das System, das nicht an das Risikokapital anknüpft. Hätte der Kanton Basel-Stadt das von ihm gewählte System mit dem Bezugspunkt des Verkehrswerts oder eines Steuerwerts, der höher ist als der Buchwert, verbunden, wäre dies für die Beschwerdeführerin übrigens ungünstiger, da anhand des höheren Bezugspunktes BGE 109 Ia 97 S. 103 auch die Quote erhöht würde, bis zu der Fremdkapital als Eigenkapital gerechnet wird. c) Die Beschwerdeführerin macht geltend, überall dort, wo der Buchwert einer Liegenschaft auf einem alten, niedrigen Stand bleibe, die Steuerwerte oder Verkehrswerte aber höher liegen, werde die Hingabe von Hypotheken (zu marktüblichen Bedingungen, unter Einhaltung der marktüblichen Belehnungsgrenze) durch den Aktionär oder nahestehende Personen drastisch erschwert. Eine direkte Einschränkung (und Einmischung in das Zivilrecht) findet natürlich nicht statt. Der Aktionär hat durchaus die Wahl, ob er selber Aktiven der Gesellschaft, die in deren Bilanz nicht zum vollen Wert in Erscheinung treten, belehnen will. Tut er dies, so wird mit gutem Grund in wirtschaftlicher Betrachtungsweise seine Geldhingabe wie eine Eigenfinanzierung und der entsprechend darauf entfallende Zins als Gewinnausschüttung erachtet. Anders liegen die Verhältnisse, wenn entsprechende Darlehen durch Dritte, z.B. Banken gegeben werden. Die Unterscheidung, welche der Kanton Basel-Stadt - im Gegensatz zum Kanton Freiburg - macht, ist sinnvoll; sie beruht auf der unterschiedlichen Behandlung unterschiedlicher Tatbestände und verstösst daher in keiner Weise gegen das Prinzip der Rechtsgleichheit.
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Urteilskopf 94 I 42 7. Auszug aus dem Urteil vom 24. Januar 1968 i.S. Schweizerische Volksbank gegen Uri und Luzern.
Regeste Interkantonale Vermögenssteuerausscheidung bei Bankunternehmen. Behandlung der Guthaben (sog. eigene Stellen) einer Betriebsstätte bei einer andern desselben Unternehmens (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 94 I 42 S. 42 A.- Die Schweizerische Volksbank (SVB), deren Hauptsitz sich in Bern befindet, unterhält u.a. in Luzern eine Niederlassung und in Altdorf (Kt. Uri) eine Agentur. Diese ist der Niederlassung Luzern unterstellt. Die Agentur Altdorf nimmt mehr Geld entgegen, als sie selber verwenden kann. Sie gibt den Überschuss an die Niederlassung Luzern ab. Dort wird er verwaltet und verwendet. Die Bilanz der Agentur Altdorf per 1. Januar 1965 enthält unter den Aktiven ein in der genannten Weise entstandenes Guthaben gegenüber der Niederlassung Luzern; in deren Bilanz vom gleichen Zeitpunkt ist eine entsprechende Schuld gegenüber der Agentur Altdorf aufgeführt. Die Geschäftsstelle Luzern vergütet der Agentur Altdorf für das ihr überlassene Geld einen Zins, der zum mittleren Satz zwischen demjenigen für ausgeliehene BGE 94 I 42 S. 43 und demjenigen für entgegengenommene Kundengelder berechnet wird. B.- Die SVB hat in ihrer Steuererklärung für die Jahre 1966 und 1967 das auf die beiden Betriebsstätten Altdorf und Luzern entfallende steuerbare Kapital nach bisheriger bundesgerichtlicher Praxis ( BGE 64 I 253 ff.) ausgeschieden. Danach sollte der Kanton Uri 1/4, der Kanton Luzern 3/4 der Gelder besteuern, die in Altdorf entgegengenommen und in Luzern verwendet wurden. Nach dieser Berechnung unterlägen 0'373% der Gesamtaktiven der SVB oder Fr. 892'000.-- der urnerischen Kapitalsteuer. Die Steuerkommission des Kantons Uri fand sich mit dieser Verteilung nicht ab. Sie zählte das ganze Guthaben, das die Agentur Altdorf bei der Niederlassung Luzern hatte, zu den massgeblichen Aktiven für die Urner Quote. So kam sie auf einen Anteil von 0'488% der Gesamtaktiven oder ein steuerbares Kapital von Fr. 1'167'000.--. Diese Veranlagung ist in der Einschätzungsverfügung vom 30. Juni 1966 für die Steuerperiode 1966/67 enthalten. Die SVB erhob gegen sie Einsprache, welche die kantonale Steuerkommission Uri am 5. Mai 1967 abwies. In diesem Entscheid wurde auch die zu verteilende Kapitalsumme gemäss Einschätzung des Kantons Bern erhöht. Die Quote von 0'488 ergab jetzt einen in Uri steuerbaren Kapitalanteil von Fr. 1'380'000.--. C.- Die SVB führt staatsrechtliche Beschwerde gegen die Kantone Uri und Luzern wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV . Sie beantragt festzustellen, dass in der Bemessung ihres im Kanton Uri steuerbaren Kapitalanteils von Fr. 1'380'000.-- eine unzulässige Doppelbesteuerung liege. Die Beschwerdeführerin verlangt Herabsetzung auf Fr. 1'055'000.--. Eventuell habe das Bundesgericht zwischen den Kantonen Uri und Luzern eine neue, von der bisherigen Praxis ( BGE 64 I 253 ff.) abweichende Vermögensausscheidung vorzunehmen. D.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Luzern richtet. Eventuell sei die Kapitalquote für sämtliche Niederlassungen der Beschwerdeführerin neu festzusetzen. E.- Der Regierungsrat des Kantons Uri stellt ebenfalls den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Er räumt ein, dass der Einspracheentscheid im Widerspruch stehe zu BGE 64 I 253 ff. Eine Abkehr von der bisherigen Praxis begründet er im wesentlichen BGE 94 I 42 S. 44 wie folgt: Seit Jahren zeige sich bei der Agentur Altdorf das Bestreben, die hereingenommenen Gelder übergeordneten Sitzen zuzuweisen. Wenn BGE 64 I 253 ff. der aufbringenden Stelle nur 1/4 ihrer Guthaben als Kapitalanteil zurechne, so deshalb, weil damals nach dem Gutachten von Dr. Henggeler der anlegenden Tätigkeit gegenüber der blossen Annahme von Geldern ein entscheidendes Übergewicht zugekommen sei. Gerade das aber habe sich seither geändert. Sowohl die Aufnahme der angebotenen Mittel als auch deren Ausleihe gehörten notwendigerweise zum Bankgeschäft. Das Wesentliche des Bankbetriebes sei gerade die Gleichzeitigkeit und die gegenseitige Bedingtheit der beiden Funktionen. Die Geldausleihe sei weder wichtiger als die Entgegennahme von Geldern, noch komme ihr betrieblich ein Übergewicht zu. Um Gelder zu günstigen Bedingungen in genügender Menge und Stetigkeit anvertraut zu erhalten sowie um ihren Marktanteil zu wahren, müsse die Bank im Gegenteil zahlreiche Arten von Dienstleistungen anbieten. Gegenüber der Zeit des genannten Bundesgerichtsentscheides lägen die Verhältnisse heute geradezu umgekehrt. Klargelegt werden müsse zudem die Feststellung des erwähnten Gutachtens, wonach das Ausleihgeschäft die Tendenz habe, sich von den unter- in die übergeordneten Geschäftsstellen zu verlagern. Aus ihr folge nicht, dass im Rayon der untergeordneten Stelle weniger Kapital benötigt werde, sondern nur, dass das Ausleihgeschäft räumlich, zeitlich und sachlich leichter von oben gesteuert werden könne als das Geldaufnahmegeschäft. So könne die Zentrale die ertragsgünstigsten Grossgeschäfte an sich ziehen. Nur selten werde ein Anlagekunde von der Hauptfiliale an die Agentur verwiesen, oft aber müsse die Agentur Grosskunden an den grössern Sitz abtreten. Die steuerliche Erfassung der Guthaben gegenüber eigenen Stellen bei der geldgebenden, statt bei der anlegenden Geschäftsstelle folge daher einem objektiveren, viel weniger leicht beeinflussbaren Kriterium. F.- In einem zweiten Schriftenwechsel haben alle Beteiligten an ihren Anträgen festgehalten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Eintretensfragen) 2. Kein Streit herrscht darüber, dass der Kanton Uri denjenigen BGE 94 I 42 S. 45 Teil des Reinvermögens der Beschwerdeführerin besteuern darf, der dem Verhältnis ihrer Rayonaktiven zu den Gesamtaktiven entspricht. Es können aber bei der Aufteilung nur Rayonaktiven berücksichtigt werden, die zugleich Aktiven des Gesamtgeschäftes sind. Der Aktivposten, der in den Büchern von Altdorf infolge der Abgabe dort entgegengenommener Gelder an die Niederlassung Luzern verbucht wurde, ist kein Aktivum des Gesamtgeschäftes, sondern lediglich ein fiktives, buchhaltungsmässiges, bilanztechnisches Aktivum, das die internen Beziehungen der beiden Betriebsstätten - und nur sie - betrifft. Entsprechend verhält es sich mit den in den Büchern der Niederlassung Luzern verzeichneten passiven Gegenposten. Schon in BGE 50 I 119 hat das Bundesgericht bei gleicher Sachlage entschieden, die wirklichen Aktiven befänden sich dort, wo das Geld "arbeitet", hier also in der Niederlassung Luzern. Bereits im genannten Urteil wurde eine Teilung zwischen der einnehmenden und der anlegenden Betriebsstätte erwogen. Das Bundesgericht lehnte sie aber damals ab, weil es annahm, dass sich interne Aktiv- und Passivposten im Verlauf weniger Jahre ausgleichen und eine Verteilung zwischen beiden Geschäftsstellen deshalb nur zu einer "unnötigen Komplikation der Steuerausscheidung" führe. Diese Rechtsprechung ist in BGE 64 I 253 ff. geändert worden. Damals erkannte das Bundesgericht, die Entwicklung habe die für den früheren Entscheid "ausschlaggebende Annahme" nicht bestätigt. Es wurde ganz allgemein eine "bei den schweizerischen Grossbanken eingetretene Konzentration der Anlagetätigkeit in den Hauptsitzen" registriert und festgestellt, dass "die Mehrheit der Grossbankfilialen durchwegs sehr grosse Guthaben beim Hauptsitz unterhalten". Entsprechend den Ergebnissen des damals eingeholten Gutachtens erklärte das Bundesgericht, die hauptsächliche Tätigkeit einer Bank bestehe in der Anlage der ihr zur Verfügung stehenden Mittel, "weshalb die Aktiven einer interkantonalen Bankunternehmung in erster Linie als mit dem Betrieb örtlich verbunden erscheinen, der sie verwaltet und in dem sie'arbeiten'". Daneben sei aber zu beachten, dass auch die Beschaffung des Geldes - die eine besondere an das Publikum sich richtende Werbetätigkeit und Organisation voraussetze - eine wesentliche Funktion des Bankgewerbes darstelle. Eine Vermögensausscheidung, die ausschliesslich auf die Anlagetätigkeit und BGE 94 I 42 S. 46 nicht auch auf die Geldbeschaffung der verschiedenen Niederlassungen Rücksicht nehme, werde der Eigenart des Bankgeschäftes nicht gerecht. Weil eine konkrete Beziehung der geldbeschaffenden Stelle zu einzelnen Aktiven der verwaltenden Niederlassung selten feststellbar sei, rechtfertige es sich, dass die verwaltende Niederlassung eine ideelle Quote ihrer gesamten Aktiven zugunsten der geldgebenden Stelle freilasse. Das Bundesgericht setzte diesen Anteil pauschal auf einen Viertel des Guthabens der geldgebenden Stelle fest und bemerkte dazu, auf diese Weise dürfte "die überwiegende Bedeutung der Anlagetätigkeit gegenüber der Geldbeschaffung im Bankgewerbe angemessen zum Ausdruck kommen" (a.a.O. 260/61). 3. Der Regierungsrat des Kantons Uri hält dafür, es seien seinem Kanton 100% des Guthabens der Agentur Altdorf gegenüber der Niederlassung Luzern zur Besteuerung zuzuteilen. Damit verlangt er, dass die bisherige Rechtsprechung in der extrem möglichen Weise geändert werde. Seine Begründung schlägt indessen nicht durch. a) Zunächst wird für die gewünschte exklusive Besteuerung überhaupt nichts vorgebracht, es sei denn der Satz, "dass die steuerliche Erfassung der dem Guthaben'Eigene Stellen'entsprechenden Aktiven bei der geldgebenden statt bei der anlegenden Stelle einem objektiveren, viel weniger leicht beeinflussbaren Kriterium folgt". Warum jedoch das Kriterium der Geldentgegennahme objektiver sei als dasjenige der Geldanlage, wird nicht ausgeführt. Die Behauptung, jenes sei weniger leicht beeinflussbar, geht daran vorbei, dass die Schwerpunkte der steuerlichen Belastung richtigerweise den Schwerpunkten der wirtschaftlichen Sachverhalte entsprechen sollten. Wie aber ausser jedem Zweifel steht und vom Regierungsrat des Kantons Uri nicht ausdrücklich bestritten wird, ist neben der Geldentgegennahme die Geldanlage zumindest auch wichtig, bestimmt sie doch Erfolg oder Misserfolg der Geschäftstätigkeit sowie deren Ausmass in entscheidender Weise mit. b) Es bleibt zu prüfen, ob den beiden Kriterien ein anderes Gewicht beizulegen sei als bisher, etwa in dem Sinne, dass beide als für den Geschäftserfolg gleichwertig anerkannt würden. Auch dafür fehlt es aber an überzeugenden Gründen. Der Hinweis des Urner Regierungsrates auf Gleichzeitigkeit und gegenseitige Bedingtheit beider Funktionen mag zutreffen, entscheidet jedoch nichts. Nicht nur in quantitativer, sondern auch BGE 94 I 42 S. 47 in qualitativer Hinsicht ist die Anlagetätigkeit wichtiger als das blosse Entgegennehmen von Geldern. Durch dieses allein erwachsen der Bank noch keine Verlustgefahren. Wohl aber steigen solche bei der Geldanlage mit zunehmenden Erträgen. Es ist deshalb eine heikle und verantwortungsvolle Aufgabe der Bankleiter, alles richtig abzuschätzen und die Anlagen so zu bemessen und zu plazieren, dass - bei fortlaufender Liquidität - die Erträge möglichst gross, die Verluste aber möglichst gering sind. Die Tätigkeit der Geldanlage verlangt von den leitenden Bankorganen Wachsamkeit, Vorsicht, Wagemut, Kenntnis der wirtschaftlichen Zusammenhänge sowie die Fähigkeit, künftige Entwicklungen abzuschätzen. Sie stellt deshalb an die Verantwortlichen die höchsten Anforderungen, und es muss nicht verwundern, wenn die Entscheide über Geldanlagen umso mehr bei den obersten Bankleitungen gefällt werden, je grösser die Beträge, die Gewinnaussichten und die Verlustgefahren sind. Die Kreditgeschäfte werden in aller Regel von den Bankleitungen einzeln und einlässlich geprüft. Demgegenüber vollzieht sich die Entgegennahme von Kundengeldern ohne Mitwirkung der leitenden Organe. Diese stellen dafür lediglich allgemeine Weisungen (über die Zinssätze und dgl.) auf. Unter allen diesen Gesichtspunkten erscheint die Tätigkeit der Geldanlage gegenüber der Entgegennahme von Geldern als der bei weitem wichtigere und schwierigere Teil des Bankfaches. An der bisherigen, seit BGE 64 I 253 ff. geübten Praxis ist demnach festzuhalten. c) Der Regierungsrat des Kantons Uri tut nicht dar, dass das, was bei den Banken allgemein gilt, für die Beschwerdeführerin und ihre Tätigkeit im Kanton Uri nicht zutreffe. Die Behauptung der Steuerkommission, dass die Beschwerdeführerin ihre Gelder planmässig ausserhalb des Kantons anlege, obwohl der Kreditbedarf dort nicht kleiner sei als anderswo, hat der Regierungsrat mit Recht nicht übernommen. Denn sie ist - ob richtig oder falsch - für den Entscheid unerheblich. Die Frage, wo die Gelder der Bank anzulegen seien, ist nur eine unter andern, die bei der Kreditgewährung zu beachten sind. Besteht keine oder nur eine geringe Nachfrage nach Krediten, kann die Beschwerdeführerin auch keine solchen gewähren. Der Regierungsrat aber behauptet selber nicht, die Beschwerdeführerin pflege Kredite zu verweigern, die bei ihr aus dem Kanton Uri angefordert werden. BGE 94 I 42 S. 48 d) Es bedarf keiner nähern Erörterung, dass sich Grundsätze für die interkantonale Steuerausscheidung nicht nach der Finanzkraft der einzelnen Kantone richten können. Eine gerechte Verteilung der finanziellen Mittel unter den Kantonen zu ermöglichen, ist vielmehr Aufgabe des eidgenössischen Finanzausgleichs. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde gegen den Kanton Uri wird dahin gut geheissen, dass der angefochtene Einspracheentscheid der kantonalen Steuerkommission Uri vom 5. Mai 1967 aufgehoben wird. Die Beschwerde gegen den Kanton Luzern wird abgewiesen.
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Urteilskopf 136 IV 82 13. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause Office fédéral de la justice contre A. et B. (recours en matière de droit public) 1C_105/2010 du 12 avril 2010
Regeste Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Art. 63 IRSG . Rechtshilfe kann auch bewilligt werden für die Zwecke eines Verfahrens betreffend Haftentlassung gegen Kaution (E. 3). Der Gesichtspunkt der möglichen Nützlichkeit der Rechtshilfemassnahmen für das ausländische Verfahren ist auch in diesem Zusammenhang anwendbar (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 82 BGE 136 IV 82 S. 82 A. Le 12 août 2009, le Juge d'instruction près le Tribunal de Grande Instance de Nancy a adressé à la Suisse une commission rogatoire dans le cadre d'une procédure pénale dirigée contre A., pour trafic de stupéfiants. Le magistrat expliquait qu'il avait ordonné la mise en liberté de A. moyennant le versement de 1,5 million d'euros de caution. A. avait demandé une réduction de ce montant, expliquant que ses actifs en Suisse se limitaient à 1,8 million d'euros, et étaient nantis en faveur d'une banque. Le Juge d'instruction désirait vérifier ces affirmations et savoir si A. était titulaire d'autres comptes en Suisse ou dans d'autres pays. Par ordonnance de clôture du 9 octobre 2009, le Juge d'instruction du canton de Genève a ordonné la transmission à l'autorité requérante d'une liste des comptes bancaires dont A. pourrait être le titulaire ou l'ayant droit économique. Cette décision a fait l'objet de deux recours formés par A. et par la société B. auprès de la Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral. BGE 136 IV 82 S. 83 B. Par arrêt du 5 février 2010, la Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral a admis les recours et annulé l'ordonnance de clôture. La transmission de renseignements dans le cadre d'une procédure de libération sous caution n'était pas prévue par le droit conventionnel. Un tel mode d'entraide n'était a priori pas exclu au regard du droit interne. Il contrevenait toutefois au principe de la proportionnalité: la documentation requise ne permettait pas de déterminer de manière certaine et définitive la situation économique du prévenu; l'autorité étrangère pouvait interroger ce dernier plutôt que d'agir par voie d'entraide. C. L'Office fédéral de la justice (OFJ) forme un recours en matière pénale contre cet arrêt, dont il requiert l'annulation. Le Tribunal fédéral a admis le recours et confirmé la décision de clôture du Juge d'instruction. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 3. L'arrêt attaqué retient que l'entraide judiciaire ne peut être accordée sur la base de la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale du 20 avril 1959 (CEEJ; RS 0.351.1). L' art. 1 al. 2 CEEJ précise en effet expressément que la Convention ne s'applique pas "à l'exécution des décisions d'arrestation et des condamnations". L'accord conclu le 28 octobre 1996 entre la France et la Suisse en vue de compléter la CEEJ (RS 0.351.934.92) étend le champ d'application de la CEEJ aux affaires concernant le sursis à l'exécution d'une peine ou d'une mesure, la libération conditionnelle, le renvoi ou l'interruption de l'exécution d'une peine ou d'une mesure, ainsi que les procédures de grâce ou d'indemnisation pour détention injustifiée (art. I al. 2). Il s'agit de questions relevant exclusivement de l'exécution des condamnations; l'accord ne s'applique pas aux mesures prises antérieurement, en particulier au stade de la détention préventive. Quant à l'art. 49 de la Convention d'application de l'Accord Schengen du 14 juin 1985 entrée en vigueur pour la Suisse le 12 décembre 2008 (JO L 239 du 22 septembre 2000 p. 19; ci-après: CAAS), qui vient également compléter et étendre le champ d'application de la CEEJ (cf. art. 48 CAAS), il ne va pas plus loin que l'accord sur ce point. L'OFJ ne conteste d'ailleurs pas que l'entraide judiciaire ne peut pas être accordée sur la base du droit conventionnel pour les besoins d'une procédure relative à la seule détention préventive. BGE 136 IV 82 S. 84 3.1 Si le droit conventionnel ne prévoit pas expressément un certain mode de collaboration, cela n'empêche pas la Suisse de l'accorder en vertu des dispositions de son droit interne, soit de la loi fédérale sur l'entraide internationale en matière pénale (EIMP; RS 351.1). La jurisprudence constante permet en effet l'application du droit interne lorsque celui-ci apparaît plus favorable à la coopération que le droit conventionnel ( ATF 123 II 134 consid. 1a p. 136; ATF 122 II 140 consid. 2 p. 142; ATF 120 Ib 120 consid. 1a p. 122/123, ATF 120 Ib 189 consid. 2a p. 191/192; ATF 118 Ib 269 consid. 1a p. 271 et les arrêts cités). 3.2 Selon l' art. 1 al. 1 let. b EIMP , la loi règle toutes les procédures relatives à la coopération internationale en matière pénale, soit notamment l'entraide "en faveur d'une procédure pénale étrangère" ("zur Unterstützung eines Strafverfahrens im Ausland"). Cette matière est régie à la troisième partie de la loi (art. 63 ss). Selon l' art. 63 al. 1 EIMP , l'entraide comprend la communication de renseignements "lorsqu'ils paraissent nécessaires à la procédure menée à l'étranger et liée à une cause pénale" ("...für ein Verfahren in strafrechtlichen Angelegenheiten im Ausland..."). Selon l' art. 63 al. 3 EIMP , par procédure liée à une cause pénale, il faut entendre notamment la poursuite d'infractions (let. a), les mesures administratives à l'égard de l'auteur d'une infraction (let. b), l'exécution de jugements pénaux et la grâce (let. c) ainsi que la réparation pour détention injustifiée (let. d). 3.3 La formulation de l' art. 63 al. 1 EIMP et le caractère exemplatif de l' art. 63 al. 3 EIMP font clairement ressortir que la notion de procédure "liée à une cause pénale" doit être comprise dans un sens élargi. La jurisprudence considère ainsi qu'il n'est pas nécessaire qu'une inculpation ou une mise en accusation formelle ait été prononcée; une enquête préliminaire suffit, pour autant qu'elle puisse aboutir au renvoi d'accusés devant un tribunal compétent pour réprimer les infractions à raison desquelles l'entraide est demandée ( ATF 123 II 161 consid. 3a p. 165; ATF 118 Ib 457 consid. 4b p. 460; ATF 116 Ib 452 consid. 3a p. 460/461 et les arrêts cités). La collaboration judiciaire de la Suisse a ainsi pu être accordée pour des enquêtes menées par des autorités administratives, dans la mesure où celles-ci constituaient le préalable à la saisine des autorités judiciaires compétentes pour procéder à une mise en accusation ( ATF 109 Ib 50 consid. 3 concernant la Securities and Exchange Commission) et pouvaient aboutir au renvoi devant un juge pénal ( ATF 121 II 153 ). L'entraide est aussi accordée pour des procédures préliminaires, lorsque l'Etat requérant déclare d'emblée et clairement qu'il a la volonté d'ouvrir une procédure BGE 136 IV 82 S. 85 pénale ( ATF 113 Ib 257 consid. 5 p. 271). Les renseignements transmis par la Suisse peuvent également servir à des procédures connexes à la procédure pénale, par exemple une procédure civile destinée à indemniser la victime de l'infraction ( ATF 122 II 134 consid. 7 p. 136) ou à confisquer civilement le produit de l'infraction ( ATF 132 II 178 ), une enquête menée par une commission parlementaire ( ATF 126 II 316 consid. 4 p. 322), voire une procédure administrative destinée à résoudre une question préjudicielle décisive pour le procès pénal ( ATF 128 II 305 ). 3.4 La détention préventive est incontestablement une mesure de caractère pénal. Elle n'est d'ailleurs ordonnée qu'en relation avec une compétence répressive dans l'Etat requérant (cf. ATF 132 II 178 consid. 5 p. 186), et en présence de raisons plausibles de soupçonner la commission d'une infraction. Elle tend notamment à garantir la présence du prévenu aux actes d'instruction (cf. notamment l' art. 5 par. 1 let . c CEDH). En ce sens, elle tend à assurer le bon déroulement de l'instruction pénale dont elle constitue un aspect indissociable. Une détention injustifiée ou disproportionnée constitue par ailleurs un vice qui entache la procédure dans son ensemble et peut également, sous cet angle, avoir des incidences sur le fond de la cause. Il y a donc lieu de considérer la procédure relative à la détention préventive comme une cause de caractère pénal et judiciaire permettant l'octroi de l'entraide au sens de l' art. 63 EIMP . 4. L'OFJ relève ensuite que la question de savoir si les renseignements requis sont utiles à la procédure étrangère, doit être laissée à l'appréciation de l'autorité requérante. Dans la perspective de la fixation de la caution, les renseignements transmis présenteraient en tout cas une utilité potentielle. 4.1 En vertu du principe de la proportionnalité, l'entraide ne peut être accordée que dans la mesure nécessaire à la découverte de la vérité recherchée par les autorités pénales de l'Etat requérant. La question de savoir si les renseignements demandés sont nécessaires ou simplement utiles à la procédure pénale est en principe laissée à l'appréciation des autorités de poursuite. La coopération internationale ne peut être refusée que si les actes requis sont manifestement sans rapport avec l'infraction poursuivie et impropres à faire progresser l'enquête, de sorte que la demande apparaît comme le prétexte à une recherche indéterminée de moyens de preuve ( ATF 122 II 367 consid. 2c p. 371; ATF 121 II 241 consid. 3a p. 242/243). Le principe de la BGE 136 IV 82 S. 86 proportionnalité empêche aussi l'autorité suisse d'aller au-delà des requêtesqui lui sont adressées et d'accorder à l'Etat requérant plus qu'il n'a demandé ( ATF 121 II 241 consid. 3a p. 243). Cela n'empêche pas d'interpréter la demande selon le sens que l'on peut raisonnablement luidonner. Le cas échéant, une interprétation large est admissible s'il estétabli que toutes les conditions à l'octroi de l'entraide sont remplies. Ce mode de procéder évite aussi une éventuelle demande complémentaire ( ATF 121 II 241 consid. 3a p. 243). 4.2 La demande d'entraide, du 12 août 2009, expose qu'une procédure pénale est actuellement ouverte contre A., son chauffeur et le fils de celui-ci, pour trafic de stupéfiants et blanchiment d'argent. A. était détenu depuis le 26 janvier 2009. Le Juge d'instruction avait ordonné sa mise en liberté moyennant le versement d'une caution de 1,5 million d'euros. Cette somme n'avait pas été versée et le détenu avait déposé une demande de modification du montant de la caution. Selon les indications fournies par son avocat en Suisse, ses actifs s'élevaient à 1,8 million d'euros, et étaient nantis en faveur d'une banque, en garantie de crédits. Le Juge français demande confirmation de ces affirmations. Le cas échéant, il demande que soient précisés le ou les comptes bancaires concernés par le nantissement. Il désire aussi savoir si les autorités suisses sont en possession de l'ensemble des comptes dont A. est le bénéficiaire économique, et si ce dernier serait titulaire d'autres comptes en Suisse ou à l'étranger. 4.3 Dans la perspective de la fixation d'une caution, la demande du magistrat étranger apparaît proportionnée. En effet, lorsqu'une libération sous caution est envisagée (art. 5 par. 3 in fine CEDH), le montant de la caution doit être déterminé avec soin: il doit être suffisamment élevé pour dissuader l'intéressé de prendre la fuite, mais ne doit pas apparaître prohibitif. L'autorité compétente doit ainsi tenir compte de l'ensemble des circonstances, de la situation financière et des relations du prévenu, ainsi que, le cas échéant, des montants en rapport avec les infractions poursuivies (cf. notamment arrêt de la CourEDH Punzelt contre République Tchèque du 25 avril 2000, § 85 ss). 4.4 La Cour des plaintes a estimé qu'il était douteux que les informations bancaires requises soient propres à établir de façon certaine la situation économique de l'intéressé. Elle méconnaît ainsi que l'entraide judiciaire est régie par le principe de l'utilité potentielle et que seuls les documents n'ayant manifestement aucune utilité pour l'autorité étrangère ne doivent pas être transmis ( ATF 122 II 367 consid. 2c p. 371). L'entraide doit en revanche être accordée lorsque les BGE 136 IV 82 S. 87 renseignements requis sont susceptibles d'apporter des éclaircissements propres à faire progresser l'enquête en cours. Il n'est pas nécessaire que ces renseignements apportent des réponses exhaustives et définitives aux questions soulevées. En l'occurrence, les renseignements bancaires paraissent propres à confirmer ou à infirmer une partie au moins des affirmations du prévenu à propos des avoirs dont il peut disposer. Sous l'angle de la proportionnalité, il est indifférent que l'autorité requérante puisse se procurer d'une autre manière les renseignements qu'elle demande par voie d'entraide. L'autorité suisse requise n'a pas en effet à se prononcer sur la manière dont la cause est instruite à l'étranger. Contrairement à ce que retient la Cour des plaintes, l'autorité étrangère qui désire connaître la situation financière du prévenu pour fixer le montant de sa caution, ne saurait se satisfaire des seules explications du prévenu ou des pièces que celui-ci serait invité à produire, en particulier lorsqu'il se trouve soupçonné d'actes de blanchiment d'argent. Le fait qu'une précédente demande d'entraide ait été retirée par l'autorité requérante n'a pas non plus d'incidence puisque la nouvelle demande est formée dans un contexte distinct et porte sur une documentation réduite. La décision de clôture ne porte que sur une liste de comptes dont A. "pourrait être" le titulaire ou l'ayant droit économique. Cette liste, établie sur la base des éléments de l'enquête nationale et des pièces d'exécution des précédentes commissions rogatoires, se limite à l'énoncé des comptes et des établissements concernés, à l'identité des titulaires, ainsi qu'aux dates d'ouverture et le cas échéant de clôture. Il n'est fait aucune mention des montants déposés, et les extraits de comptes n'ont pas été produits. Le principe de la proportionnalité est dès lors respecté, de ce point de vue également. Les intimés n'ont d'ailleurs soulevé aucun grief à ce sujet dans leur recours à la Cour des plaintes.
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Federation
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Urteilskopf 114 V 8 4. Sentenza del 18 febbraio 1988 nella causa B. contro Cassa svizzera di compensazione e Commissione federale di ricorso in materia d'AVS/AI per le persone residenti all'estero
Regeste Art. 23 Abs. 5 des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit und Art. 1 Abs. 1 der Zusatzvereinbarung vom 4. Juli 1969 zum genannten Abkommen. Die Befugnis eines italienischen Staatsangehörigen, die Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung an die italienische Sozialversicherung überweisen zu lassen, setzt insbesondere voraus, dass der Gesuchsteller noch keine Leistungen aufgrund dieser Beiträge bezogen hat.
Sachverhalt ab Seite 8 BGE 114 V 8 S. 8 A.- La cittadina italiana Rosetta B.-T., coniugata, ha chiesto il 26 febbraio 1986 il trasferimento dei contributi dall'assicurazione sociale svizzera a quella italiana. Mediante decisione amministrativa del 29 aprile 1986 la Cassa svizzera di compensazione ha respinto la richiesta, argomentando che il marito dell'istante era al beneficio di una rendita semplice di vecchiaia, nonché di una rendita complementare a favore della moglie. In queste condizioni per la Cassa non era dato il presupposto previsto dal diritto convenzionale, secondo il quale il trasferimento era possibile soltanto quando l'assicurato non fosse stato al beneficio di prestazioni dell'assicurazione sociale svizzera. B.- Rosetta B.-T. è insorta contro il provvedimento amministrativo asserendo che, se al marito era stata assegnata una rendita di vecchiaia svizzera, nel calcolo della stessa non erano stati compresi i contributi da lei versati all'assicurazione sociale di questo Stato. Per l'insorgente al marito era stata attribuita una prestazione che in ogni caso sarebbe spettata ad un assicurato la cui moglie non aveva mai esercitato attività lavorativa in Svizzera. BGE 114 V 8 S. 9 Concludendo essa ha ribadito la sua richiesta di trasferimento dei contributi dall'assicurazione sociale svizzera a quella italiana ed ha precisato che i contributi da lei versati all'assicurazione sociale svizzera non erano vincolati dalle prestazioni dell'assicurazione vecchiaia e superstiti versate al marito e avrebbero avuto incidenza sul computo delle prestazioni stesse soltanto al compimento del suo 62o anno di età, quando la rendita semplice sarebbe stata sostituita da una rendita di vecchiaia per coniugi. Con giudizio del 17 novembre 1986 la Commissione di ricorso menzionata in ingresso, statuente con giudice unico, ha respinto il gravame. Richiamati i testi dell'art. 1 paragrafo 1 dell'Accordo aggiuntivo del 4 luglio 1969 alla Convenzione italo-svizzera relativa alla sicurezza sociale nelle tre lingue ufficiali, il primo giudice ha privilegiato i testi francese e tedesco, secondo i quali il trasferimento sarebbe stato da escludere quando gli interessati avessero fruito di prestazioni dell'assicurazione vecchiaia e superstiti e non già di prestazioni sulla base dei contributi versati come stabilito dal testo italiano. Per il primo giudice dall'interpretazione della norma convenzionale da dedurre era che anche chi era al beneficio di una rendita complementare non poteva pretendere il trasferimento dei contributi. C.- Con il ricorso di diritto amministrativo Rosetta B.-T. chiede in sostanza l'annullamento del querelato giudizio e che le venga riconosciuto il diritto di trasferire i contributi dell'assicurazione sociale svizzera a quella italiana. A sostegno del gravame richiama le argomentazioni già proposte davanti ai primi giudici e mette in rilievo la differenza esistente fra i testi tedesco e francese e quello italiano della normativa convenzionale relativa al trasferimento dei contributi. La Cassa svizzera di compensazione si rimette al giudizio di questa Corte. L'Ufficio federale delle assicurazioni sociali propone la disattenzione del gravame. Erwägungen Diritto: 1. a) Secondo l'art. 23 cpv. 5 della Convenzione italo-svizzera relativa alla sicurezza sociale (detta appresso Convenzione), per un periodo di 5 anni a partire dalla data dell'entrata in vigore della Convenzione stessa (1o settembre 1964), i cittadini italiani hanno la facoltà, in deroga all'art. 7 della Convenzione, di chiedere al verificarsi dell'evento assicurato in BGE 114 V 8 S. 10 caso di vecchiaia secondo la legislazione italiana, il trasferimento alle assicurazioni italiane dei contributi versati da loro stessi e dai datori di lavoro all'assicurazione vecchiaia e superstiti svizzera, a condizione tuttavia che abbiano lasciato la Svizzera per stabilirsi in Italia o in un terzo paese prima della fine dell'anno in cui detto evento si sia verificato. b) L'art. 1 dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione, in vigore dal 1o luglio 1973, accordo che giusta le disposizioni finali è stato fatto a Berna il 4 luglio 1969 in due esemplari, uno in italiano e l'altro in francese, i due testi facenti ugualmente fede, dispone in combinazione con l' art. 8 del secondo Accordo aggiuntivo vigente dal 1o febbraio 1982 nella versione italiana testualmente quanto segue: "1. I cittadini italiani hanno la facoltà, in deroga alle disposizioni dell'art. 7 della Convenzione, di chiedere, al verificarsi dell'evento assicurato in caso di vecchiaia secondo la legislazione italiana, il trasferimento alle assicurazioni italiane dei contributi versati da loro stessi e dai loro datori di lavoro alla assicurazione vecchiaia e superstiti svizzera, in base ai quali non abbiano ancora beneficiato di alcuna prestazione, a condizione tuttavia che essi abbiano lasciato la Svizzera per stabilirsi definitivamente in Italia o in un terzo paese. Quando entrambi i coniugi abbiano versato contributi all'assicurazione vecchiaia e superstiti svizzera, ciascuno di essi può chiedere individualmente il trasferimento dei propri contributi. Tuttavia quando sia stato effettuato il trasferimento dei soli contributi della moglie, il marito ha diritto soltanto ad una rendita semplice della assicurazione vecchiaia, superstiti e invalidità, con esclusione della rendita complementare per la moglie. 2. I cittadini italiani i cui contributi sono stati trasferiti alle assicurazioni sociali italiane ai sensi del paragrafo 1, così come i loro superstiti, non possono più far valere alcun diritto nei confronti dell'assicurazione vecchiaia, superstiti e invalidità svizzera..." Nella versione francese la stessa norma dispone testualmente quanto segue: "1. Les ressortissants italiens ont la faculté, en dérogation aux dispositions de l'art. 7 de la Convention, de demander, lors de la réalisation de l'événement assuré en cas de vieillesse selon la législation italienne, le transfert aux assurances sociales italiennes des cotisations versées par eux-mêmes et leurs employeurs à l'assurance-vieillesse et survivants suisse lorsqu'ils n'ont encore bénéficié d'aucune prestation de l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse, à condition toutefois qu'ils aient quitté la Suisse pour s'établir définitivement en Italie ou dans un pays tiers. Lorsque des époux ont tous deux versé des cotisations à l'assurance-vieillesse et survivants suisse, ils peuvent demander individuellement le transfert de leurs propres cotisations. Toutefois, lorsque seul le transfert des BGE 114 V 8 S. 11 cotisations de l'épouse a été effectué, l'époux n'a droit qu'à une rente simple de l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité, à l'exclusion de la rente complémentaire pour épouse. 2. Les ressortissants italiens dont les cotisations ont été transférées aux assurances sociales italiennes en application du paragraphe premier, ainsi que leurs survivants, ne peuvent plus faire valoir aucun droit à l'égard de l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse..." Per costante giurisprudenza l'interpretazione di un accordo internazionale procede anzitutto dal testo convenzionale. Se il testo è chiaro e se il significato, come risulta dal generale uso della lingua come pure dall'oggetto e dallo scopo della disposizione, non appare privo di senso, non è data interpretazione estensiva o limitativa, a meno che dal contesto o dai materiali si possa con sicurezza dedurre che il testo non corrisponde alla volontà delle parti contraenti ( DTF 113 V 103 consid. 2b). Secondo l'art. 9 cpv. 2 della Legge federale sulle raccolte delle leggi e sul Foglio federale (Legge sulle pubblicazioni ufficiali) del 21 marzo 1986, entrata in vigore il 15 maggio 1987 (RS 170.512), il testo determinante dei trattati e delle decisioni internazionali è quello ch'essi designano come tale. 2. Dall'esame dei due testi sopra riprodotti si rileva che, se per il testo italiano il trasferimento è possibile nella misura in cui contributi non siano stati posti a base di una prestazione assicurativa, altrettanto non è detto nel testo francese, il quale si riferisce genericamente a prestazioni senza accennare ai contributi sulla base dei quali esse sono state erogate. L'interpretazione "estensiva" della norma fatta dal primo giudice deve essere disattesa in quanto trattandosi di accordo bilaterale redatto in francese ed in italiano con testi fedefacenti ma di contenuto diverso, determinante non può essere che la volontà delle parti espressa al momento della pattuizione delle norme. Appare ovvio che la parte italiana abbia fatto particolare riferimento al testo italiano, circostanza questa non determinante ma comunque di rilievo. La volontà da parte svizzera emerge invece dal messaggio del 5 novembre 1969 con cui il Consiglio federale ha accompagnato il testo dell'Accordo aggiuntivo sottoposto al parlamento. In detto messaggio, al capitolo "Trasferimento all'assicurazione italiana dei contributi AVS pagati da cittadini italiani" si legge nelle tre lingue ufficiali (FF 1969 II 969; FF 1969 II 1213; BBl 1969 II 1201) quanto segue: BGE 114 V 8 S. 12 "È inoltre richiesto che, fino alla data del trasferimento, non sia stata fornita nessuna prestazione in base a contributi pagati all'AVS e all'AI svizzere." "Il est en outre exigé qu'aucune prestation n'ait été octroyée sur la base des cotisations payées à l'AVS et l'AI suisses jusqu'à la date du transfert." "Weitere Voraussetzung ist, dass auf Grund der an die schweizerische AHV und IV entrichteten Beiträge bis zum Zeitpunkt der Überweisung noch keinerlei Leistungen bezogen worden sind." Visto il tenore del messaggio nelle tre lingue ufficiali, deve essere concluso che determinante è il testo italiano dell'Accordo aggiuntivo pattuito il 4 luglio 1969, la versione in lingua tedesca, che è la traduzione del testo di lingua francese (AS 1973 1185), non essendo testo determinante ai sensi dell'art. 9 cpv. 2 della Legge sulle pubblicazioni ufficiali (v. consid. 1b in fine) e come tale quindi irrilevante ai fini del presente controllo giudiziario. 3. Sulle disposizioni convenzionali concernenti il trasferimento dei contributi di un solo coniuge dall'assicurazione sociale svizzera a quella italiana, in particolare di quelli della moglie, il Tribunale federale delle assicurazioni si è già pronunciato in DTF 111 V 3 e DTF 113 V 98 ponendo in evidenza che esse danno luogo a conseguenze talora infelici, ma che non spetta al giudice delle assicurazioni di modificare il testo convenzionale voluto e sottoscritto dalle parti. Nell'evenienza concreta, in applicazione delle disposizioni dell'Accordo aggiuntivo alla Convenzione del 4 luglio 1969, la ricorrente ha diritto, dal momento che secondo una comunicazione dell'Istituto nazionale della previdenza sociale, sede di Como, del 26 febbraio 1986 essa ha realizzato in Italia l'evento assicurato richiesto in regime convenzionale e che i suoi contributi personali non sono entrati né direttamente, né indirettamente nel computo della rendita assegnata al marito, al trasferimento degli stessi alla patria assicurazione sociale. Conseguenza del trasferimento dei contributi della ricorrente sarà la perdita per il marito del diritto al versamento della complementare alla rendita di vecchiaia semplice assegnatagli e, al compimento del 62o anno di età della moglie, l'impossibilità di pretendere una rendita di vecchiaia per coniugi ( DTF 113 V 103 consid. 2b). BGE 114 V 8 S. 13 Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale delle assicurazioni pronuncia: Il ricorso di diritto amministrativo è accolto e il querelato giudizio del 17 novembre 1986 della Commissione di ricorso e la decisione amministrativa del 29 aprile 1986 della Cassa svizzera di compensazione sono annullati. Gli atti sono rinviati alla Cassa svizzera di compensazione perché provveda al trasferimento dei contributi.
null
nan
it
1,988
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
bc1d0a28-57cc-4033-beb7-a689c6641332
Urteilskopf 109 II 449 95. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 11 octobre 1983 dans la cause B. S.A. contre dame A. (recours en réforme)
Regeste Art. 334 Abs. 2 OR , Probezeit. Die Beschränkung der Probezeit auf höchstens drei Monate gemäss Art. 334 Abs. 2 OR gilt für alle Arbeitsverträge, unabhängig davon, ob sie auf bestimmte oder auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden sind (E. 1). Der Arbeitnehmer missbraucht sein Recht nicht, wenn er sich auf die Nichtigkeit einer Verlängerung der Probezeit beruft, der er zugestimmt hat (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 449 BGE 109 II 449 S. 449 A.- La société B. S.A. a engagé dame A. à partir du 1er juin 1981, pour une durée déterminée de deux ans au minimum et avec un temps d'essai de six mois pendant lequel les rapports de travail pouvaient être rompus moyennant un délai de congé de sept jours. L'employée prenait l'engagement de ne pas accepter d'emploi similaire en Suisse pendant au moins un an dès la fin des rapports de travail. Son salaire mensuel brut était fixé à 2'500 francs puis, dès le 1er décembre 1981, à 2'700 francs. N'étant pas satisfaite des prestations de son employée, B. S.A. a décidé de prolonger le temps d'essai d'un mois, soit jusqu'au 31 décembre 1981. Le 12 novembre 1981, elle en a informé dame A., qui a donné son accord à cette prolongation. Par lettre du 16 décembre 1981, B. S.A. a donné congé pour le 23 du même mois à son employée. Celle-ci s'y est opposée en faisant valoir que la disposition sur la prolongation du temps d'essai n'était pas valable. Elle a également demandé à être dégagée de la clause contractuelle de prohibition de concurrence. Dès le 17 avril 1982, dame A. a trouvé un travail à Londres; elle réalise un gain annuel de 6500 £, ce qui correspond à 22'750 francs, soit 1'895 francs par mois. BGE 109 II 449 S. 450 B.- Dame A. a ouvert action contre B. S.A. en paiement de 20'317 fr. 50. Par jugement du 6 mai 1983, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a alloué à la demanderesse ses conclusions, sous déduction des cotisations sociales. C.- La défenderesse recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut principalement au rejet de la demande, subsidiairement à ce que le montant dû à la demanderesse soit ramené à 5'000 francs. Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme le jugement attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Fondée sur l'art. 334 al. 2 CO, la cour cantonale considère que la clause du contrat de travail étendant la durée du temps d'essai à plus de trois mois est nulle et que la défenderesse était dès lors liée à la demanderesse, à partir du 1er septembre 1981, par un contrat de travail dont la résiliation ne pouvait pas intervenir avant le 1er juin 1983, sauf justes motifs. La défenderesse conteste cette interprétation en faisant valoir que "les dispositions de l'art. 334 CO ne sont pas applicables à l'art. 335 CO et que si elles le sont elles ont un caractère supplétif qui ne peut pas être impératif". b) L'interprétation de la cour cantonale, selon laquelle la limite du temps d'essai fixée à trois mois par l'art. 334 al. 2 CO s'applique également aux contrats de travail de durée déterminée, est conforme à la systématique de la loi et à la volonté du législateur et ne peut qu'être confirmée. L'art. 334 al. 1 CO dispose que, sauf accord contraire, le premier mois d'exécution du contrat de travail est considéré comme temps d'essai. Selon les termes de la disposition, ce temps d'essai légal ne s'applique qu'au contrat qui n'a pas été conclu pour une durée déterminée. La loi n'impose pas de temps d'essai lorsque le contrat a été conclu pour une durée déterminée (VISCHER, Traité de droit privé suisse, VII, I, 2, p. 151). L'alinéa 2 de l'art. 334 CO, en revanche, ne traite plus du temps d'essai légal, mais du temps d'essai conventionnel, en limitant ce temps d'essai à trois mois au plus. En vertu de l'art. 362 CO, il ne peut pas être dérogé à cette limite au détriment du travailleur. Or un temps d'essai conventionnel peut être prévu aussi bien dans un BGE 109 II 449 S. 451 contrat de durée déterminée que dans un contrat de durée indéterminée (cf. SCHWEINGRUBER, Kommentar zum Arbeitsvertrag, 1976, n. 4 ad art. 334 et n. 1 ad art. 335; BRÜHWILER, Handkommentar zum Einzelarbeitsvertrag, n. 2 ad art. 334). Rien ne permet de dire, comme le soutient la défenderesse, que la limite fixée par la loi au temps d'essai conventionnel ne s'appliquerait qu'au contrat de durée indéterminée. La liaison que le terme "porté" fait entre l'al. 1 et l'al. 2 de l'art. 334, de nature purement rédactionnelle, est dénuée de toute signification quant au fond. La composition des notes marginales démontre d'ailleurs clairement que l'art. 334 est considéré comme une disposition qui s'applique aux deux types de contrat (sauf indication spéciale, comme celle qui figure à l'al. 1), puisqu'il est placé en dehors des articles expressément consacrés à l'un et à l'autre types de contrat (art. 335 pour les contrats de durée déterminée, art. 336 et 336a à g pour les contrats de durée indéterminée). La cour cantonale relève à juste titre que si l'on restreignait la portée de l'art. 334 al. 2 CO aux seuls contrats de durée indéterminée, cela permettrait à l'employeur d'éluder les dispositions du Code des obligations sur les délais de congé en prévoyant par exemple de longs temps d'essai greffés sur un illusoire contrat de durée déterminée. L'interprétation que le jugement attaqué donne de l'art. 334 al. 2 CO correspond en outre à la volonté du législateur, telle qu'elle ressort du Message du Conseil fédéral. Selon ce Message, "la prolongation du temps d'essai comportant un risque d'abus, il est indispensable de fixer une durée maximale appropriée" (FF 1967 II 382). Cette considération essentielle vaut aussi bien pour le contrat de durée déterminée que pour le contrat de durée indéterminée; en effet, si le Conseil fédéral ne traite du temps d'essai qu'à propos de ce dernier type de contrat, c'est parce qu'il avait admis au préalable que "lorsque la durée du contrat est déterminée d'emblée ou qu'elle découle du but du travail, il n'y a pas besoin de prévoir un temps d'essai" (Message, ibidem). Si le législateur avait envisagé, contrairement à cette considération théorique logique, l'hypothèse de contrats de durée déterminée assortis de temps d'essai, il n'aurait certainement pas manqué de faire comprendre que le risque d'abus qu'il a voulu éviter existait aussi dans cette hypothèse. Lorsqu'un contrat de durée déterminée est assorti d'un temps d'essai durant lequel le congé peut être donné en tout temps - BGE 109 II 449 S. 452 sous réserve du respect des délais -, cette période d'essai est, par définition, dénuée de toutes les caractéristiques propres au contrat de durée déterminée; on ne saurait donc lui appliquer des règles spécifiquement destinées à cette forme de contrat. Enfin, contrairement à l'avis de la défenderesse, on ne peut tirer aucun argument de la réglementation de l'art. 344 al. 2 CO, propre au contrat d'apprentissage. 2. a) La cour cantonale considère avec raison que ce n'est pas par le biais de l'abus de droit que doit être sanctionné un temps d'essai jugé excessivement long. Du moment que l'art. 334 al. 2 CO, pour éviter les abus, limite de manière impérative la durée du temps d'essai pour tous les contrats de travail, qu'ils soient de durée déterminée ou indéterminée, l'exception d'abus de droit ne trouve pas d'application sur ce point particulier. b) Contrairement à l'avis de la défenderesse, la demanderesse n'abuse aucunement de son droit en invoquant la nullité de la prolongation du temps d'essai qu'elle avait acceptée. En agissant ainsi, elle ne fait qu'user du droit que le législateur lui confère pour la protéger.
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Urteilskopf 111 II 26 6. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 31. Januar 1985 i.S. Schaub und Vock gegen Möschler und Mitbeteiligte (Berufung)
Regeste Miteigentum an einer Dienstbarkeitseinrichtung. Grösse der Quoten; Kostentragung. 1. Haben die Miteigentümer einer gemeinsamen Dienstbarkeitseinrichtung keine anderslautende Vereinbarung getroffen, ist, auch bei unterschiedlichen Nutzungsbedürfnissen, von der gesetzlichen Vermutung des Art. 646 Abs. 2 ZGB auszugehen (E. 5). 2. Auch wenn die Miteigentümer zugleich als Dienstbarkeitsberechtigte und -belastete in Erscheinung treten, sind Kosten und Lasten der Anlage im Verhältnis der Eigentumsanteile zu tragen ( Art. 649 Abs. 1 ZGB ). Die Art. 684 und 741 ZGB sind nicht anwendbar (E. 6). Art. 647 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB . Die vorsorgliche Sanierung einer Leitung und vorsorgliche Beweisaufnahmen können sofort zu treffende Massnahmen im Sinne dieser Bestimmung sein (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 111 II 26 S. 27 A.- Zwischen der Schössler- und der Säntisstrasse in R. befinden sich die sechs Einfamilienhäuser der Parteien. Die Grundstücke von Möschler und Müller sind zuoberst am Hang, an der Säntisstrasse, gelegen. Diejenigen von Vock und Schaub schliessen hangabwärts daran an. Die zwei weiteren Parzellen, noch etwas tiefer gelegen, grenzen an die Schösslerstrasse. Die Abwassererschliessung dieser sechs Grundstücke erfolgt durch einen Kanalisationsstrang, der im Grenzbereich der beiden BGE 111 II 26 S. 28 jeweils auf gleicher Höhe liegenden Grundstücke verläuft. Im Zusammenhang mit der Parzellierung Ende 1977 wurde diese gemeinsame Leitung als Dienstbarkeit zugunsten des einen Grundstücks und zulasten der jeweils andern fünf Grundstücke ins Grundbuch eingetragen. Am 20. Oktober 1977 wurde im entsprechenden Parzellierungsbegehren bezüglich der Rechtsverhältnisse im Zusammenhang mit dieser Kanalisationsleitung folgendes ausgeführt: "Diese Leitung steht im Miteigentum der jeweiligen Benützer, Eigentümer der Parzellen 1516/7, 1520/1 und 1524/5, welche diese auch zu erstellen und zu unterhalten haben. Die Aufteilung der Erstellungskosten unter die jeweiligen Benützer wird ausserhalb dieses Begehrens geregelt, ebenso die Tragung allfälliger Unterhaltskosten." B.- Im Juni 1981 kam es im Keller der Liegenschaft von Möschler zu einer Überschwemmung, die von der Kanalisation herrührte. Im Rahmen einer vorsorglichen Beweisaufnahme wurde als Schadensursache das Auseinanderrutschen der Muffenverbindung zweier Rohre, zufolge unsachgemässer Verlegung der Kanalisationsleitung, bezeichnet. C.- In ihrer Berufung ans Bundesgericht halten Schaub und Vock an ihren vor der Vorinstanz vertretenen Rechtsauffassungen fest. Sie verlangen eine Bestimmung der Miteigentumsquoten an und die Verteilung der Lasten und Kosten aus der gemeinschaftlichen Dienstbarkeitsvorrichtung im Verhältnis der tatsächlichen Benutzerinteressen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Bei diesem Miteigentumsverhältnis stellt sich dann allerdings die Frage der Grösse der einzelnen Quoten. Dass hier durch entsprechende Vereinbarung eine unterschiedliche Aufteilung auf die beteiligten Eigentümer vorgenommen werden könnte, ist nicht zu bestreiten. Fraglich ist nur, ob eine solche unterschiedliche Beteiligung anzunehmen ist, wie dies, aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsbedürfnisse, von den Berufungsklägern behauptet wird, oder ob von der gesetzlichen Vermutung des Art. 646 Abs. 2 ZGB auszugehen ist, wie dies die Vorinstanz angenommen hat. Gemäss dem Parzellierungsbegehren vom 20. Oktober 1977 wurde hinsichtlich der Erstellungs- und der späteren Unterhaltskosten eine besondere Regelung unter den Miteigentümern vorbehalten. Eine solche wurde jedoch nie geschaffen, auch wenn die Erstellungskosten BGE 111 II 26 S. 29 tatsächlich nicht gleichmässig unter die Miteigentümer verteilt worden sind. Eine Vereinbarung über die unterschiedliche Kostentragung liesse zudem nicht ohne weiteres darauf schliessen, dass damit auch die in Art. 646 Abs. 2 ZGB enthaltene Vermutung gleicher Miteigentumsanteile zugunsten ungleicher Anteile umgestossen werden sollte. Es ist denn auch zu beachten, dass die Vereinbarung einer besonderen Quotenordnung bei Miteigentum an Grundstücken der öffentlichen Beurkundung bedürfte (Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 52 zu Art. 646 ZGB ). An der Tatsache der gesetzlichen Vermutung ändert nichts, dass in der Lehre die Auffassung vertreten wird, es stehe dem Grundeigentümer nicht zu, bei fehlender Vereinbarung über gleichmässige Miteigentumsanteile gestützt auf diese Gesetzesbestimmung gleichmässig aufgeteiltes Miteigentum ins Grundbuch eintragen zu lassen, vielmehr müsse hier der Entscheid des Richters vorbehalten werden (Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 30 zu Art. 646 ZGB ). Auch im Zusammenhang mit der richterlichen Anteilsfestlegung vermögen unterschiedliche Nutzungsbedürfnisse nicht schon generell die gesetzliche Vermutung umzustossen (etwas zu allgemein formuliert erscheint N. 31 zu Art. 646 ZGB im Kommentar MEIER-HAYOZ unter Hinweis auf BGE 95 II 400 E. 2, dem eine beschränkte Bedeutung zukommt). Von Bundesrechts wegen ist es daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz im vorliegenden Fall aufgrund der gesetzlichen Vermutung des Art. 646 Abs. 2 ZGB von gleich grossen Miteigentumsanteilen der einzelnen Grundeigentümer an der Kanalisationsleitung im Bereich ihrer Liegenschaften ausgegangen ist. 6. Aus der Feststellung, dass Miteigentum zu gleichen Teilen besteht, hat die Vorinstanz, in Anwendung von Art. 649 Abs. 1 ZGB , auf die Pflicht der Grundeigentümer geschlossen, auch die Unterhaltskosten der Anlage zu gleichen Teilen zu tragen. Darin sehen die Berufungskläger ebenfalls eine Verletzung von Bundesrecht. Nach ihrer Auffassung hätte die Vorinstanz Art. 698 bzw. Art. 741 ZGB anwenden und die im Zusammenhang mit der Sanierung der Kanalisationsleitung entstandenen Kosten nach dem unterschiedlichen Interesse der an diese Leitung angeschlossenen Grundstücke verteilen sollen. Die Berufungskläger übersehen jedoch - einmal abgesehen davon, dass es als fraglich erscheinen mag, ob die gemeinsame Dienstbarkeitsvorrichtung einem nachbarrechtlichen Verhältnis gemäss Art. 684 ff. ZGB zugeordnet werden kann -, dass in den Art. 698 und 741 ZGB vom Verhältnis BGE 111 II 26 S. 30 zwischen berechtigtem und belastetem Grundstück ausgegangen wird, ohne dass auf der einen oder andern Seite auf ein Miteigentumsverhältnis Rücksicht zu nehmen ist. Es ist nicht einzusehen, weshalb für die im Miteigentum stehende Dienstbarkeitsvorrichtung nicht die für das Miteigentum eigens vorgesehene Regelung der Kostentragung des Art. 649 ZGB zur Anwendung kommen sollte. Dass die Eigentümer der verschiedenen Parzellen, die an die gemeinsame Kanalisationsleitung angeschlossen sind, einzeln als Dienstbarkeitsberechtigte und Dienstbarkeitsbelastete in Erscheinung treten, vermag nichts daran zu ändern, dass an der gemeinsamen Dienstbarkeitsvorrichtung Miteigentum besteht mit all den sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten (Kommentar LIVER, N. 42 zu Art. 743 ZGB mit Verweisungen). Dass aber, für den Fall der zu Recht erfolgten Anwendung von Art. 649 Abs. 1 ZGB , die Kostenverteilung durch die Vorinstanz nicht richtig vorgenommen worden wäre, wird von den Berufungsklägern nicht gerügt, geschweige denn nachgewiesen. Allerdings behaupten die Berufungskläger, eine Kostenverteilung hätte insofern unterbleiben müssen, als die Mangelhaftigkeit der Kanalisationsleitung, die zur Überschwemmung im einen Wohnhaus geführt habe, zwar für dieses Gebäude eine Gefahr dargestellt habe, nicht aber für die im Miteigentum stehende Kanalisationsleitung als solche. Eine vorsorgliche Sanierung der Leitung und vorsorgliche Beweisaufnahmen könnten daher nicht als Verwaltungshandlung im Sinne von Art. 647 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB gelten. Dieser Betrachtungsweise kann indessen schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die defekte Kanalisationsleitung immerhin als schadenstiftende Ursache zu betrachten war, die - wenn sie nicht selber weiteren Schaden nehmen sollte - zu neuen Haftungstatbeständen gegenüber einem Hauseigentümer führen konnte, so dass zumindest ein Interesse der Schadensminderung auf seiten der Miteigentümer auf dem Spiele stand. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 23. Mai 1984 bestätigt.
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Urteilskopf 104 II 270 45. Arrêt de la Ire Cour civile du 7 novembre 1978 dans la cause Société immobilière Krieg "G" contre Abecassis
Regeste Art. 254 Abs. 1 und Abs. 2 OR . Übergabe einer Wohnung in einem Zustand, der den vertragsgemässen Gebrauch in erheblicher Weise schmälert. Recht des Mieters, nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Frist, die dem Vermieter zur Behebung der Mängel gesetzt wird, vom Vertrag zurückzutreten.
Sachverhalt ab Seite 271 BGE 104 II 270 S. 271 A.- Selon contrat de bail du 22 avril 1976, la Société immobilière Krieg "G" (ci-après: S. I. Krieg), représentée par la Société de surveillance générale immobilière J. Ed. Kramer S.A. (ci-après: la régie), a loué à Joseph Abecassis un appartement de quatre pièces sis au premier étage de l'immeuble No 15 de l'avenue Krieg à Genève, pour un loyer annuel de 12'816 fr., charges non comprises. Le bail était conclu pour un an, soit du 1er octobre 1976 au 30 septembre 1977, avec reconduction tacite d'année en année sauf résiliation trois mois au moins avant la fin du contrat. Selon l'art. 25 de celui-ci, l'appartement loué était destiné à dame Micheline Poisot, directrice de l'Hôtel Amat et employée d'Abecassis. Avant la signature du bail, Abecassis avait visité le logement qui était entièrement meublé et qui était occupé par une délégation polonaise. Le 3 mai 1976, Abecassis a remis à la régie un chèque de 1'160 fr. 50 en paiement du loyer du mois d'octobre et d'un acompte sur les charges et quelques petits frais. En août 1976, il a fait parvenir à la régie un cautionnement de 3'000 fr. souscrit par l'Union de banques suisses. Vers la fin d'août ou le début de septembre, dame Poisot est allée voir l'appartement, qui était toujours occupé par la délégation polonaise, et a constaté qu'il était en mauvais état; elle a "eu peur des frais qu'elle devrait engager". Par lettre du 25 septembre 1976, Abecassis a confirmé à la régie l'avis qu'il lui avait donné oralement, savoir qu'il se "désistait" du bail et que, comme convenu, il ferait paraître une annonce dans la Tribune de Genève en vue de trouver un remplaçant. Les personnes qui ont répondu aux sept ou huit annonces ont renoncé à s'intéresser à l'appartement après l'avoir vu. Un état des lieux a été établi par la régie le 27 septembre 1976, hors la présence d'Abecassis; l'appartement y est qualifié de "très défraîchi". Le 6 octobre 1976, la régie a remis cet état BGE 104 II 270 S. 272 des lieux à Abecassis. Par lettre du 21 octobre 1976, Abecassis a sollicité de la régie un rendez-vous sur place, au sujet des réfections et remises en état de l'appartement qu'il n'avait pas visité depuis le départ de l'ancien locataire. Après cet entretien, il a payé le loyer de novembre, soit 1'143 fr. Le 9 novembre 1976, la régie a chargé l'entreprise Schwab de refaire les plafonds, boiseries et tapisseries du hall d'entrée et du living, ainsi que le plafond de la chambrette, pour le prix devisé à 2'300 fr. Constatant que l'appartement n'avait pas été entièrement remis en état, Abecassis a fait connaître sa surprise à la régie, par lettre du 17 novembre 1976, lui a signifié qu'il ne prendrait possession des locaux que lorsqu'ils auraient fait l'objet d'une réfection complète et l'a avisée qu'il ne paierait pas le loyer tant que ces travaux n'auraient pas été effectués. Le 1er décembre 1976, par l'intermédiaire de son conseil, il a écrit à la régie que, malgré toutes ses démarches, il n'avait pas pu obtenir que l'appartement, qui était dans un état "innommable", soit remis "dans un état convenable", et qu'il entendait résilier le bail et obtenir la restitution des fonds versés; il invitait dès lors la régie à lui faire parvenir en retour les loyers d'octobre et de novembre 1976 ainsi que la garantie de 3'000 fr. de l'UBS. Le conseil d'Abecassis a confirmé cette résiliation le 7 décembre. B.- Abecassis a saisi la Commission genevoise de conciliation en matière de baux et loyers pour obtenir la restitution du montant de 2'286 fr., payé sans cause à titre de loyer, et la libération de la garantie de 3'000 fr. de l'UBS. La tentative de conciliation n'ayant pas abouti, la cause a été portée devant le Tribunal des baux et loyers. Ce tribunal a interrogé les parties et procédé à une inspection de l'appartement litigieux. Le procès-verbal de cette inspection, qui a eu lieu le 9 juin 1977, contient les constatations suivantes concernant les pièces pour lesquelles la régie n'avait pas prévu de travaux de réfection: le WC de l'entrée "est défraîchi"; "la peinture de la cuisine est très défraîchie (taches de graisse et de fumée)"; dans la plus petite des chambres à coucher, "les papiers peints et les boiseries sont défraîchis:. particulièrement à l'entrée et autour de l'interrupteur électrique"; "les papiers peints de la 2e chambre à coucher sont particulièrement sales et tachés"; "le plafond est également sale et les boiseries sont défraîchies"; "le parquet de la BGE 104 II 270 S. 273 2e chambre à coucher est rayé, de même que celui de la 1re"; "les murs de la salle de bains sont défraîchis et comportent des fentes importantes". Par jugement du 12 janvier 1978, le Tribunal des baux et loyers a déclaré que le demandeur était "lié par le contrat de bail du 22 avril 1976 à la S.I. Krieg "G" du 1er octobre 1976 au 30 septembre 1977" et a débouté "les parties de toutes autres ou contraires conclusions". Il a admis que l'appartement "pouvait:. remplir sa fonction d'habitation, de sorte qu'il n'était pas impropre à l'usage" et que partant le locataire ne pouvait pas se départir du contrat au sens de l' art. 254 al. 2 CO . Il a cependant retenu que l'état de l'appartement, même avec les travaux devisés, ne justifiait pas un loyer de 1'068 fr. par mois et qu'une réduction de loyer aurait été ainsi justifiée jusqu'à réfection complète de l'appartement, mais que le locataire ne l'avait pas demandée. Saisie d'un appel formé par le demandeur, la Cour de justice du canton de Genève, par arrêt du 22 mai 1978, a annulé le jugement de première instance, prononcé que le bail signé par les parties le 22 avril 1976 avait été valablement résilié par le demandeur avec effet dès le 1er octobre 1976, condamné la défenderesse à verser 2'286 fr. au demandeur et dit que la garantie bancaire de 3'000 fr. souscrite par l'UBS le 17 août 1976 était libérée. C.- La défenderesse recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à ce qu'il soit prononcé que "Joseph Abecassis est lié par le bail du 22 avril 1976 pour la période du 1er octobre 1976 au 30 septembre 1977". Le Tribunal fédéral a rejeté le recours et confirmé l'arrêt attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. La valeur litigieuse est de 12'816 fr., montant du loyer dû pour la période du 1er octobre 1976 au 30 septembre 1977, durée pendant laquelle la recourante prétend que le bail lie l'intimé. Le recours est ainsi recevable au regard de l' art. 46 OJ . 2. Aux termes de l' art. 254 CO , le bailleur est tenu en particulier de délivrer la chose dans un état approprié à l'usage pour lequel elle a été louée (al. 1); si la chose est délivrée dans un état tel qu'elle soit impropre à l'usage pour lequel elle a été BGE 104 II 270 S. 274 louée, ou que cet usage soit notablement amoindri, le preneur a le droit de se départir du contrat ou d'exiger une réduction du loyer (al. 2). Lorsque le locataire a vu ou visité la chose à l'occasion de la conclusion du bail, il y a lieu d'admettre qu'elle se trouve dans un état approprié à l'usage conforme au contrat, à moins qu'elle ne présente des défauts ne permettant pas un tel usage, de sorte que le locataire peut s'attendre, selon les règles de la bonne foi, à ce que la remise en état soit effectuée (SCHMID, n. 14 ad art. 254/5 CO). A la différence de ce qui est prescrit en matière de vente, le locataire n'est pas tenu de vérifier l'état de la chose ni de faire valoir les défauts découverts sans délai (SCHMID, n. 16 ad art. 254/5 CO). Mais le fait de conserver la chose louée et d'en user peut constituer une acceptation de l'état dans lequel cette chose se trouve. Les réfections destinées à permettre un usage conforme au contrat comprennent aussi celles qui concernent la propreté et la remise dans un état convenable et décent de la chose, soit les "Schönheits-Instandsetzungen" (SCHMID, n. 6 ad art. 254/5 CO). Lorsque la chose est dans un état impropre à l'usage pour lequel elle a été louée ou que cet usage est notablement amoindri, le locataire a le choix de se départir du contrat ou de demander une réduction du prix. Si le preneur s'est départi du contrat, le juge ne peut pas de son chef ne prononcer qu'une réduction du prix (SCHMID, n. 21 ad art. 254/5 CO). La résolution du bail selon l' art. 254 al. 2 CO n'est pas un cas d'application des art. 107/109 CO (SCHMID, n. 22 ad art. 254/5 CO). Mais, avant de se départir du contrat, le preneur doit fixer un délai convenable au bailleur pour la suppression des défauts de la chose louée. La fixation d'un tel délai n'est pas nécessaire si l'une des situations visées à l' art. 108 CO est donnée (SCHMID, n. 25 ad art. 254/5 CO; ATF 97 II 65 consid. 6). 3. En l'espèce, il est constant que l'appartement litigieux était en mauvais état, qu'aucune réfection n'y avait été entreprise pendant au moins douze ans et qu'il devait être complètement remis en état pour permettre un usage conforme au nouveau contrat de bail, conclu avec le demandeur, ou à tout le moins pour que cet usage ne soit pas notablement amoindri. Peu importe que le demandeur ait visité l'appartement avant de signer le bail. Le logement était alors complètement meublé et occupé par le précédent locataire. D'autre part, vu l'état du BGE 104 II 270 S. 275 logement, le demandeur était en droit, selon les règles de la bonne foi, de considérer comme allant de soi que les réfections nécessaires seraient faites pour permettre un usage correspondant à ce qu'un locataire est en droit d'exiger, s'agissant d'un appartement de quatre pièces au loyer annuel de 12'816 fr. sans les charges. Il est vrai que le demandeur a cherché à remettre cet appartement, qu'il n'avait pas encore revu, après que dame Poisot n'en eut pas voulu en raison de son état de délabrement. Mais, ayant constaté que toutes les personnes intéressées renonçaient à l'appartement vu son mauvais état, et après avoir revu les locaux vides avec un employé de la régie, le demandeur en a demandé la réfection complète, en particulier dans sa lettre du 17 novembre 1976. Malgré cette exigence fondée, la bailleresse n'a pas fait procéder aux travaux nécessaires, ce qui ressort éloquemment du procès-verbal de l'inspection des lieux faite par le premier juge. Elle ne s'est à aucun moment déclarée d'accord de faire une réfection complète de l'appartement et s'en est tenue aux réparations prévues dans la commande passée à l'entreprise Schwab. Le demandeur l'ayant mise en demeure d'effectuer une remise en état de tout l'appartement par lettre du 17 novembre 1976, et l'ayant informée qu'il n'occuperait pas les locaux ni ne paierait le loyer tant que ces travaux nécessaires n'auraient pas été faits, il était en droit de résoudre le contrat avec effet à la date de son commencement, le 1er octobre 1976. Avec les seules réparations commandées à l'entreprise Schwab, le logement demeurait en effet dans un si mauvais état pour les autres pièces que l'usage s'en trouvait notablement amoindri, au sens de l' art. 254 al. 2 CO . Le recours de la défenderesse est ainsi mal fondé et l'arrêt attaqué doit être confirmé.
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Urteilskopf 120 III 163 55. Arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 5 octobre 1994 dans la cause Caisse de compensation X. (recours LP)
Regeste Anfechtung der Verteilungsliste ( Art. 316n SchKG ). Können auf Verzugszinsen Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden? Rekursbegründung (E. 1). Prüfung von Vorfragen durch die Aufsichtsbehörde (E. 2). Als Spielart der Entschädigung, die vom Schuldner einzig wegen seines Zahlungsrückstandes zu leisten ist und kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit darstellt, fallen die Verzugszinsen nicht unter den Begriff des massgeblichen Lohnes gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 163 BGE 120 III 163 S. 163 Dans la procédure de concordat par abandon d'actif proposé par la société D., le liquidateur a informé les créanciers que la liquidation de la société permettait de leur verser un intérêt moratoire de 5%. Contre le tableau de distribution des deniers qu'il remit alors en consultation ( art. 316n LP ), la Caisse de compensation X. a porté plainte à l'autorité cantonale de surveillance. Elle estimait que les intérêts afférents aux salaires tardivement versés aux employés de la société en liquidation concordataire faisaient partie du salaire déterminant au sens de l' art. 5 al. 2 LAVS (RS 831.10) et qu'il y avait lieu d'en prélever les cotisations AVS/AI/APG/AC; partant, les créances qu'elle avait produites pour les cotisations arriérées dues sur les salaires en question devaient être augmentées d'autant. Le tableau de distribution, qui ne tenait pas compte BGE 120 III 163 S. 164 des cotisations sur les intérêts moratoires à verser, devait donc être corrigé en conséquence. L'autorité cantonale de surveillance ayant rejeté sa plainte, la Caisse de compensation X. a recouru à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral en lui demandant d'annuler l'arrêt cantonal et le tableau de distribution litigieux. La Chambre des poursuites et des faillites a rejeté le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Contrairement à ce qu'affirme l'intimée, la recourante indique quelle règle de droit fédéral a prétendument été violée et en quoi consiste la violation ( art. 79 al. 1 OJ ): le tableau de distribution établi selon l' art. 316n LP l'aurait été de manière incomplète; une interprétation correcte de l' art. 5 al. 2 LAVS aurait dû conduire l'autorité cantonale de surveillance à ordonner les compléments nécessaires. 2. A cet égard, la recourante se trompe en soutenant qu'il n'appartenait pas à l'autorité cantonale de surveillance d'examiner à titre préjudiciel si des cotisations étaient dues sur les intérêts. En effet, dans la procédure de plainte ou de recours, les autorités de surveillance sont en principe habilitées à examiner à titre préjudiciel une question de droit relevant d'un autre domaine juridique ( ATF 101 III 1 consid. 3 p. 7/8 et les références). 3. a) Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral des assurances, ne peuvent être un salaire au sens de l' art. 5 al. 2 LAVS que les rémunérations en relation étroite - directe ou indirecte - avec le rapport de travail (RCC 1958, p. 306/307). Les sommes touchées par le salarié ne font partie du salaire déterminant que "si leur versement est économiquement lié au contrat de travail" (RCC 1988, p. 33/34). b) L'intérêt moratoire est l'intérêt que le débiteur en retard dans le paiement d'une somme d'argent doit verser au créancier de ce chef ( art. 104 al. 1 CO ). Le fondement de cette obligation légale réside dans la perte d'intérêts que subit le créancier et le gain que réalise le débiteur. L'intérêt moratoire est dû de plein droit, en ce sens que le créancier y a droit sans être tenu de justifier d'aucune perte (BECKER, n. 2 ss ad art. 104 CO ; GAUCH/SCHLUEP/TERCIER, La partie générale du droit des obligations, t. II, n. 1722; EDOUARD BÉGUELIN, Inexécution des obligations, FJS 607; STÉPHANE SPAHR, L'intérêt moratoire, conséquence de la demeure, in RVJ 1990 p. 364). BGE 120 III 163 S. 165 c) Au regard des deux définitions précitées, c'est à bon droit que l'autorité cantonale de surveillance a retenu que les intérêts moratoires litigieux représentaient une forme de réparation attendue du débiteur du seul fait de sa demeure et qu'ils ne constituaient nullement un revenu tiré d'une activité lucrative; partant, faute de se trouver dans un rapport économique étroit avec le contrat de travail, ces intérêts ne répondaient pas à la définition du salaire déterminant selon l' art. 5 al. 2 LAVS . Il suit de là que le recours ne peut qu'être rejeté.
null
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1,994
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Urteilskopf 110 II 433 83. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. November 1984 i.S. L. gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt (Berufung)
Regeste Namensänderung ( Art. 30 ZGB ). Lebt ein Kind geschiedener Eltern bei seiner Mutter, die nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen hat, so ist es nicht bundesrechtswidrig, die Namensänderung des Kindes erst zwei Jahre nach der Scheidung zu bewilligen.
Sachverhalt ab Seite 433 BGE 110 II 433 S. 433 Am 16. März 1984 wurde die Ehe von Y. und R. L.-N. geschieden. Der aus der Ehe hervorgegangene Sohn E., geboren am 12. November 1981, wurde seiner Mutter zur Pflege und Erziehung zugesprochen. Diese nahm nach der Scheidung wieder ihren Mädchennamen N. an. Am 21. Juni 1984 stellte R. N. im Namen ihres Sohnes das Gesuch, diesem sei zu gestatten, ihren Familiennamen N. zu führen. Der Vater des Kindes stimmte der Namensänderung schriftlich zu. Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt wies das Namensänderungsgesuch mit Entscheid vom 21. August 1984 ab. Dagegen erhebt E. L., gesetzlich vertreten durch seine Mutter, Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei ihm die Bewilligung zu erteilen, den Familiennamen seiner Mutter zu führen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. BGE 110 II 433 S. 434 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Dem Berufungskläger ist beizupflichten, dass das Argument, er wäre gesellschaftlichen Diffamierungen ausgesetzt, wenn er den Namen seiner Mutter tragen würde, nicht stichhaltig ist. In der näheren Umgebung der geschiedenen Mutter sind deren Lebensumstände bekannt. In der weiteren Öffentlichkeit hingegen lässt sich nicht mit Sicherheit erkennen, ob die Namenseinheit der alleinerziehenden Mutter mit ihrem Kind sich auf eine durch den Tod des andern Ehegatten oder durch Scheidung aufgelöste Ehe stützt oder in der Geburt des Kindes ausserhalb der Ehe begründet ist. Indessen sind in diesem Zusammenhang auch die Interessen des Vaters, dessen Namen der Gesuchsteller trägt, zu berücksichtigen ( BGE 99 Ia 563 f.), wobei allerdings dem Umstand, dass im vorliegenden Fall der Vater des Kindes der Namensänderung schriftlich zugestimmt hat, Rechnung zu tragen ist. Anderseits ist auch dem in der Berufungsschrift vorgebrachten Argument Beachtung zu schenken, dass die Mutter des Berufungsklägers im Hinblick auf die sehr kurze Dauer und den unglücklichen Verlauf ihrer Ehe ein Interesse daran hatte, nach der Scheidung wieder ihren angestammten Namen anzunehmen, um nicht immer wieder an ihren geschiedenen Ehemann erinnert zu werden. Dazu kommt, dass die Mutter als am vorliegenden Verfahren nicht unmittelbar beteiligte Drittperson zu betrachten ist, deren Verhalten sich der Berufungskläger nicht ohne weiteres anrechnen lassen muss ( BGE 109 II 179 ). Die Vorinstanz hat indessen das Gesuch des Berufungsklägers im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, eine Namensänderung könne nur bewilligt werden, wenn die gegebenen Verhältnisse von Dauer seien, d.h. die Hausgemeinschaft zwischen Mutter und Kind aller Voraussicht nach bestehen bleibe und keine Namensänderung der Mutter infolge von Wiederverheiratung zu erwarten sei. Nach baselstädtischer Praxis werde eine Namensänderung des Kindes frühestens zwei Jahre nach der Scheidung bewilligt. Die Eltern des Berufungsklägers seien jedoch erst vor fünf Monaten geschieden worden. Seine Mutter sei erst 21 Jahre alt, weshalb ihre Wiederverheiratung nach einer gewissen Zeit nicht auszuschliessen sei. Demgegenüber wendet der Berufungskläger ein, seine Mutter habe nicht die Absicht, sich wieder zu verheiraten. Es sei kein Grund ersichtlich, an der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung zu zweifeln. Indessen entspricht BGE 110 II 433 S. 435 es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Frau, die in sehr jugendlichem Alter geschieden wird, sich später wieder verheiratet. Auf jeden Fall kann diese Möglichkeit nicht zum vornherein ausgeschlossen werden. Eine allfällige Wiederverheiratung der Mutter hätte zur Folge, dass diese wiederum einen andern Namen als ihr Kind tragen würde. Die Vorinstanz hat aus diesem Grunde die Namensänderung unmittelbar nach der Auflösung der Ehe der Eltern des Berufungsklägers noch nicht gestatten wollen. Dies entspricht auch der Praxis in anderen Kantonen, welche ebenfalls die Bewilligung einer Namensänderung davon abhängig machen, dass mindestens seit zwei Jahren die gleichen Verhältnisse gegeben sind (PAUL MÜLLER, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB , Diss. Zürich 1972, S. 68; MANGOLD, Familiennamensänderungen im Kanton Basel-Stadt unter Berücksichtigung von Fällen aus dem Bereiche des IPR, Diss. Basel-Stadt 1981, S. 110). Dass dem Gesichtspunkt der Dauerhaftigkeit eine gewisse Bedeutung beizumessen ist, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Zwar lassen sich auch mit einem Zuwarten eine mehr oder weniger plötzliche Wiederverheiratung der Mutter und damit ein weiterer Namensunterschied zwischen Mutter und Kind nicht einfach ausschliessen. Ein gewisser Abstand von der in der Regel als schmerzlich empfundenen Scheidung einer Ehe vermag jedoch wenigstens zu einer Klärung der künftigen Lebensverhältnisse der geschiedenen Mutter zu führen. Dannzumal wird auch die Dauerhaftigkeit der auf seiten des Kindes vorzunehmenden Namensänderung besser beurteilt werden können, selbst wenn die Zukunftsprognose nicht mit absoluter Sicherheit gestellt werden kann. Wird mit der Namensänderung für das Kind zwei Jahre, nachdem die Mutter ihren angestammten Namen nach der Scheidung wieder angenommen hat, zugewartet, so ist darin aus den angeführten Gründen keine Bundesrechtsverletzung zu erblicken. Diese Wartefrist kann vielmehr in der Regel einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Bedürfnis nach baldmöglichster Herstellung der Namenseinheit zwischen Mutter und Kind einerseits und dem Interesse des Kindes an einer dauerhaften Lösung anderseits gewährleisten. Dabei sind allerdings unmittelbar bevorstehende Veränderungen in den Lebensverhältnissen des Kindes wie z.B. ein Schuleintritt vorzubehalten. Aber gerade dies ist hier nicht der Fall, da der Berufungskläger erst dreijährig ist und die Namensänderung auch nach einer BGE 110 II 433 S. 436 zweijährigen Wartefrist seit der Scheidung seiner Eltern noch vor seinem Schuleintritt vollzogen werden kann. Die Berufung erweist sich daher als unbegründet.
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Urteilskopf 117 Ia 147 26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. August 1991 i.S. Verein "Kantonales Komitee gegen Sondermülldeponien im Kanton Basel-Landschaft", Walter Buess und Dieter Bertschin gegen Landrat des Kantons Basel-Landschaft und Verfassungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Art. 31 und 36 USG ; § 29 Abs. 1 KV BL; Bundesrechtswidrigkeit einer Volksinitiative; Teilungültigerklärung einer Volksinitiative; Festsetzung von Deponiestandorten durch die Kantone; Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung des Bundes durch die Kantone. Die von der Umweltschutzgesetzgebung des Bundes vorgesehenen Vollzugsaufgaben der Kantone sind zwingender Natur. Das Umweltschutzgesetz sieht nicht vor, dass die Vollzugsaufgaben der Kantone von einem verbindlichen Konzept des Bundes über die umweltverträgliche Lagerung von Sondermüll abhängig gemacht werden dürfen (E. 4b). Inhalt der einzelnen Vollzugsaufgaben der Kantone (E. 4c-f). Bundesrechtswidrigkeit einer Bestimmung in einer Volksinitiative, wonach die kantonalen Behörden verpflichtet sind, mit allen rechtlichen Mitteln Anlagen für Sonderabfälle im Sinne von Art. 31 Abs. 5 USG auf ihrem Kantonsgebiet zu verhindern (E. 5b). Auch die Verpflichtung zu einem entsprechenden Einsatz aller politischen Mittel verstösst jedenfalls überwiegend gegen höherrangiges Recht; eine allfällige Teilgültigkeit könne im übrigen wegen des bundesrechtswidrigen Gesamtinhaltes nicht angenommen werden (E. 5c). Der integrale Vorbehalt des Bundesrechts und des kantonalen Verfassungsrechts vermag im vorliegenden Fall die Gültigkeit der bundesrechtswidrigen Gesetzesinitiative nicht zu begründen. Zwischen den Zielen und Zwecken der Initiative und den bundesrechtlichen Anforderungen an den Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung besteht ein unauflösbarer Widerspruch (E. 6b).
Sachverhalt ab Seite 149 BGE 117 Ia 147 S. 149 Am 17. Juni 1987 wurde bei der Landratskanzlei des Kantons Basel-Landschaft eine nichtformulierte Initiative mit folgendem Wortlaut eingereicht: "Kantonale Volksinitiative zur Verhinderung von Sondermülldeponien bis zum Vorliegen eines verbindlichen, umweltverträglichen Sondermüllkonzeptes des Bundes. Die unterzeichneten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger stellen in der Form der nichtformulierten Initiative folgendes, auf dem Gesetzesweg zu verwirklichendes, Begehren, gestützt auf § 12, Abs. 1 der Staatsverfassung des Kantons Basel-Landschaft. Die Behörden des Kantons Basel-Landschaft sind verpflichtet, im Rahmen des Bundesrechtes und des kantonalen Verfassungsrechtes mit allen ihnen zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Mitteln darauf hinzuwirken, dass so lange keine Sondermülldeponien errichtet werden, als von Seiten des Bundes kein verbindliches Konzept zur umweltverträglichen Lagerung von Sondermüll vorliegt. Dieses Sondermüllkonzept des Bundes hat insbesondere folgende Punkte zu umfassen: - Massnahmen zur drastischen Verminderung von Sondermüll im Produktionsbereich - Wiederaufbereitung von Sonderabfällen (Recycling), wo immer dies technisch möglich ist - Jederzeitige Kontrollierbarkeit und Rückführbarkeit aller in einer Deponie gelagerten Sonderabfälle - Vorgängige Realisierung von Verbrennungsöfen, Berücksichtigung grosser Zwischenlagerkapazitäten, Bereitstellung wirksamer Instrumentarien zur Kontrolle und Analyse des Deponiekörpers, Anstellung von gut ausgebildetem Betriebspersonal - Unabhängigkeit und Neutralität der Kontrollstellen und jederzeitiges Einsichtsrecht der Standortgemeinden - Einsitz der Standortgemeinden im Betriebsaufsichtsorgan und Verfügungsrecht zur Schliessung der Deponie bei Störfällen - Vereinbarkeit mit den Zielen des Landschaftsschutzes und Berücksichtigung der Siedlungsstruktur." Am 30. Oktober 1989 erklärte der Landrat des Kantons Basel-Landschaft die Initiative für ungültig. Mit Urteil vom 28. November 1990 wies das Verfassungsgericht des Kantons Basel-Landschaft eine gegen den Beschluss des Landrates erhobene Beschwerde ab. Der Verein "Kantonales Komitee gegen Sondermülldeponien im Kanton Basel-Landschaft", Walter Buess und Dieter Bertschin erheben am 14. Februar 1991 gegen den Entscheid des Verfassungsgerichtes BGE 117 Ia 147 S. 150 staatsrechtliche Beschwerde. Sie beantragen im wesentlichen, das Urteil des Verfassungsgerichtes und der Entscheid des Landrates seien aufzuheben und es sei die Gültigkeit der Initiative festzustellen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit auf sie eingetreten werden kann. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. b) Die hier umstrittene Initiative richtet sich gegen "Sondermülldeponien". Es geht, wie auch den Ausführungen in der Beschwerde zu entnehmen ist, um "Entsorgungsanlagen für gefährliche Güter" nach Art. 31 Abs. 5 USG bzw. um Sonderabfälle im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Technischen Verordnung über Abfälle vom 10. Dezember 1990 (AS 1991 I S. 169 ff.; TVA). Nach Art. 3 Abs. 2 TVA sind unter Sonderabfällen die in der Verordnung vom 12. Dezember 1986 über den Verkehr mit Sonderabfällen (VVS; SR 814.014) aufgeführten Abfälle zu verstehen. Gemäss Art. 24septies Abs. 1 BV erlässt der Bund Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt gegen schädliche oder lästige Einwirkungen. Der Vollzug wird, soweit das Gesetz ihn nicht dem Bund vorbehält, den Kantonen übertragen ( Art. 24septies Abs. 2 BV ). In diesem Sinne beauftragt das Umweltschutzgesetz die Kantone mit dem Vollzug unter Vorbehalt von Art. 41 USG ( Art. 36 USG ; BGE 115 Ia 47 E. 4a; nicht veröffentlichter Entscheid des Bundesgerichtes i.S. B. und Kons. vom 30. November 1989 E. 3). Die Kantone sorgen dafür, dass die Abfälle vorschriftsgemäss verwertet, unschädlich gemacht oder beseitigt werden ( Art. 31 Abs. 1 USG ). Es handelt sich um einen verbindlichen Auftrag. Die Kantone müssen die Errichtung von Anlagen veranlassen, die für eine gesetzeskonforme Abfallbeseitigung notwendig sind (ANDREAS TRÖSCH, Kommentar zum USG, N 6 f. zu Art. 31) und sie haben ihren künftigen Bedarf an Deponien und anderen Entsorgungsanlagen zu ermitteln sowie die dafür erforderlichen Standorte zu bestimmen ( Art. 31 Abs. 4 und 5 USG ). Es geht mithin um raumwirksame Planungspflichten (Art. 1 Abs. 2 lit. a, Art. 4 Abs. 4 lit. c und Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700); ANDREAS TRÖSCH, a.a.O., N 41 ff. zu Art. 31; DANIEL VOGEL, Pflicht zur räumlichen Planung von Abfalldeponien gemäss Art. 31 Abs. 4 USG unter besonderer Berücksichtigung BGE 117 Ia 147 S. 151 des Zürcher Rechts, Diss. Zürich 1990, S. 44 f.). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer überträgt das Umweltschutzgesetz die Vollzugskompetenzen betreffend Festlegung der Standorte von Entsorgungsanlagen für gefährliche Abfälle grundsätzlich den Kantonen. Die in Art. 31 Abs. 5 USG vorgesehene und in Art. 41 Abs. 1 USG erwähnte (subsidiäre) Kompetenz des Bundesrates beschränkt sich auf jenen Fall, in welchem sich die für die Standortfestlegung verantwortlichen Kantone nicht einigen können (ANDREAS TRÖSCH, a.a.O., N 60 f. zu Art. 31; vgl. auch DANIEL VOGEL, a.a.O., S. 89). Die Standortbestimmung für die genannten Anlagen gehört überdies grundsätzlich zum Mindestinhalt des kantonalen Richtplanes im Sinne von Art. 6 ff. RPG (vgl. insbesondere Art. 8 RPG ). Insoweit ist auch die Zuständigkeit des Bundesrates nach den Art. 11 und 12 RPG zu beachten. Die von der Umweltschutzgesetzgebung vorgesehenen Vollzugsaufgaben sind zwingender Natur (ANDREAS TRÖSCH, a.a.O., N 58 zu Art. 31). In der Verantwortung der Kantone liegt insbesondere der Erlass der notwendigen Rechtsetzung, die Organisation des Vollzugsapparates und die Durchführung der Vollzugsakte im weitesten Sinne (URSULA BRUNNER, Kommentar zum USG, N 10 f. zu Art. 36). Das Umweltschutzgesetz sieht nicht vor, dass die Vollzugsaufgaben der Kantone von einem verbindlichen Konzept des Bundes über die umweltverträgliche Lagerung von Sondermüll abhängig gemacht werden dürfen, wie dies die Initiative verlangt. Das Bundesgericht hat zudem bereits mehrfach festgehalten, dass das am 1. Januar 1985 in Kraft getretene Umweltschutzgesetz um der öffentlichen Ordnung willen sofort und nicht erst mit Erlass der auf ihm beruhenden Verordnungen des Bundesrates anzuwenden ist ( BGE 112 Ib 42 ff. E. 1c; auch 115 Ib 339 E. 3; BGE 114 Ib 220 E. 4). Der Vollzugsauftrag an die Kantone erträgt keinen Aufschub. Das Bundesgericht lässt es daher auch zu, dass die Kantonsregierungen gestützt auf Art. 36 Abs. 2 RPG nötigenfalls vorläufige Regelungen treffen, damit der Auftrag, die vorschriftsgemässe Beseitigung von Abfällen in hiefür geeigneten Deponien oder anderen Entsorgungsanlagen sicherzustellen, ohne Verzug erfüllt werden kann (zur Publikation bestimmter Entscheid des Bundesgerichtes i.S. K., Gemeinde K. und U. vom 19. Juni 1991). c) Am 10. Dezember 1990 erliess der Bundesrat die Technische Verordnung über Abfälle. Diese Verordnung trat am 1. Februar 1991, also noch vor Einreichen der vorliegenden BGE 117 Ia 147 S. 152 Stimmrechtsbeschwerde, in Kraft ( Art. 58 TVA ). Sie ist deshalb entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde heranzuziehen. In Präzisierung von Art. 31 USG verpflichtet Art. 16 Abs. 1 TVA die Kantone, bis spätestens am 1. Februar 1996 eine Abfallplanung zu erstellen und diese periodisch nachzuführen. Dabei hat die Abfallplanung bestimmte, in der Verordnung angeführte Bereiche zu erfassen ( Art. 16 Abs. 2 TVA ), und es werden verschiedene Grundsätze über die Abfallplanung festgelegt ( Art. 16 Abs. 3 TVA ). In Übereinstimmung mit Art. 31 Abs. 5 USG haben die Kantone gemäss Art. 17 TVA die Standorte der Abfallanlagen, insbesondere der Deponien und der wichtigen anderen Abfallanlagen zu bestimmen. Sie müssen die vorgesehenen Standorte in ihrer Richtplanung ausweisen und für die Ausscheidung der erforderlichen Nutzungszonen sorgen (vgl. dazu vorne E. 4b). Daneben enthält die Technische Verordnung über Abfälle nebst allgemeinen Vorschriften über das Vermindern und das Behandeln von Abfällen ( Art. 4-14 TVA ) eingehende Normen über die Beurteilungsgrundlagen und die Koordination der Bewilligungsverfahren für eine Abfallanlage (Art. 19 f. TVA), über die Bewilligung und Überwachung der Anlagen ( Art. 21-29 TVA ) sowie über die Errichtung und den Betrieb von Deponien ( Art. 30-36 TVA ), von Zwischenlagern ( Art. 37 TVA ), von Abfallverbrennungsanlagen ( Art. 38-42 TVA ) und von Kompostierungsanlagen ( Art. 43-45 TVA ). d) Angesichts dieser umfassenden Umweltschutzgesetzgebung des Bundes im Bereiche des Deponiewesens und insbesondere in Anbetracht der im Bundesrecht festgehaltenen Kompetenzordnung sind die Kantone verpflichtet, Deponien auf ihrem Gebiete zu planen und die entsprechenden Standorte zu bestimmen ( BGE 116 Ib 50 ). Dies gilt auch bezüglich Entsorgungsanlagen für gefährliche Abfälle ( Art. 31 Abs. 5 USG ). Die Bundesgesetzgebung sieht - wie bereits erwähnt - kein verbindliches Konzept des Bundes zur umweltverträglichen Lagerung von Sondermüll vor, von welchem die Kantone ihren Gesetzesvollzug abhängig machen könnten. Die Kantone haben vielmehr in eigener Verantwortung dafür zu sorgen, dass der Vollzug den verfassungsrechtlichen ( Art. 24septies Abs. 1 BV ) und gesetzlichen Vorgaben insbesondere im Bereiche der Planung genügt ( Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 RPG , Art. 31 USG , Art. 16 TVA ). Die Kantone müssen den im Raumplanungsgesetz und in der Umweltschutzgesetzgebung festgehaltenen BGE 117 Ia 147 S. 153 Zielen hinsichtlich des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen Nachachtung verschaffen ( Art. 1 Abs. 2 lit. a und Art. 3 Abs. 4 lit. c RPG , Art. 1 und Art. 16 Abs. 3 TVA ). e) Der von der Initiative geforderte Inhalt des Sondermüllkonzeptes des Bundes betrifft in erster Linie Punkte, die nach der Umweltschutzgesetzgebung des Bundes im Aufgabenbereich der Kantone liegen. Dies gilt etwa für Massnahmen zur Verminderung von Sondermüll ( Art. 16 Abs. 2 lit. a TVA ), für die Wiederaufbereitung von Sonderabfällen (Recycling; Art. 12 und Art. 16 Abs. 3 lit. a TVA ) und die jederzeitige Kontrollier- und Rückführbarkeit aller in einer Deponie gelagerten Sonderabfälle (Art. 23 Abs. 2 lit. a, Art. 28 f., Art. 32 TVA ). Es liegt in der Verantwortung der Kantone, dass nur gut ausgebildetes Personal in Deponien angestellt wird ( Art. 5, Art. 34 lit. a TVA ). Weiter haben die Kantone für die Erstellung von Verbrennungsanlagen zu sorgen ( Art. 11, Art. 16 Abs. 3 lit. c TVA ). Dass die Kantone bei der Planung und Standortfestsetzung von Sondermülldeponien die Ziele des Landschaftsschutzes und die Siedlungsstruktur berücksichtigen müssen, ergibt sich bereits aus dem Raumplanungsgesetz ( Art. 3 Abs. 2 und 3 RPG ). Sodann hat die vom Kanton bezeichnete Behörde die Betriebsbewilligung aufzuheben und die Deponie zu schliessen, wenn für die umweltgerechte Behandlung der Abfälle keine Gewähr mehr besteht. Nur nebenbei sei erwähnt, dass § 113 Abs. 2 KV die Pflicht zur Wiederverwertung von Abfällen festhält, sofern dies möglich und sinnvoll ist. f) In Berücksichtigung dieser einlässlichen bundesrechtlichen Ordnung erweist sich die Initiative als offensichtlich bundesrechtswidrig im Sinne von § 29 Abs. 1 KV. Auch wenn einzuräumen ist, dass die Technische Verordnung über Abfälle, welche die einzelnen kantonalen Aufgaben präzisiert, im Zeitpunkt der Einreichung der Initiative noch nicht erlassen und in Kraft war, ist zu bedenken, dass die den Kantonen übertragenen Vollzugsaufgaben im Bereiche des Umweltschutzes bereits im Umweltschutz- sowie im Raumplanungsgesetz des Bundes hinreichend klar umschrieben sind, wie dies das Bundesgericht bereits in BGE 116 Ib 50 festgestellt und die Konsequenzen hieraus für die den Kantonen obliegenden Planungs- und Koordinationspflichten aufgezeigt hat ( BGE 116 Ib 56 ff. E. 4-6). An der Bundesrechtswidrigkeit vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf jene kantonalen Gesetzgebungskompetenzen nichts zu ändern, die vom Umweltschutzrecht des Bundes BGE 117 Ia 147 S. 154 nicht direkt berührt werden. So steht es den kantonalen Behörden nach wie vor zu, im Bereiche der Raumplanung grundsätzlich eigenständig zu handeln. Gleiches gilt für das kantonale Baupolizeirecht (vgl. BGE 111 Ia 307 ff. E. 5a und b; BGE 111 Ib 108 f. E. 5b). Diese beiden Kompetenzen sind im übrigen, wie sich aus BGE 116 Ib 50 ergibt, bei der Erfüllung des umweltschutzrechtlichen Vollzugsauftrages massgebend mitzuberücksichtigen. Sodann ist es durchaus denkbar, dass die Kantone polizeiliche Normen über den Schutz der Nacht- und Sonntagsruhe im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Deponie oder Bestimmungen über das Energiesparen erlassen können (Heribert Rausch, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N 20 zu Art. 65). Indes ändern die den Kantonen verbleibenden Kompetenzen nichts an ihrer Pflicht, die Umweltschutzgesetzgebung bundesrechtskonform zu vollziehen und dafür zu sorgen, dass auf ihrem Gebiete Deponien geplant und errichtet werden ( Art. 31 USG ). Die Ausübung kantonaler Kompetenzen darf den bundesrechtlich vorgeschriebenen Vollzug nicht verhindern (vgl. BGE 111 Ia 307 ff. E. 5a und b; BGE 111 Ib 108 f. E. 5b). 5. a) Die Beschwerdeführer wenden ein, nach dem Wortlaut der Initiative würden die Behörden des Kantons Basel-Landschaft nur verpflichtet, mit allen rechtlichen und politischen Mitteln darauf hinzuwirken, dass bis zum Vorliegen des Sondermüllkonzeptes des Bundes keine Sondermülldeponien errichtet würden. Damit werde kein absolutes Verbot solcher Deponien angestrebt, und nach Annahme der Initiative bzw. nach Erlass einer entsprechenden Gesetzgebung sei es nicht ausgeschlossen, auf dem Gebiete des Kantons Sondermülldeponien zu schaffen. Für die Kantone bestünden vielfältige Möglichkeiten, auf die bestehende Gesetzgebung Einfluss zu nehmen. Die Initiative stehe ausdrücklich unter dem Vorbehalt des Bundesrechts und des kantonalen Verfassungsrechts. b) Wie bereits festgestellt wurde, verpflichtet die Umweltschutzgesetzgebung des Bundes die Kantone, für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen für die Deponie gefährlicher Güter zu sorgen. Dabei sind primär kantonale Planungs- und Bewilligungskompetenzen massgebend. Der Einsatz aller rechtlichen Mittel, Anlagen für Sonderabfälle zu verhindern, verpflichtet die kantonalen Behörden, bei jedem Entscheid, der im weiteren Zusammenhang mit einer solchen Anlage steht, eine zum vornherein negative Haltung einzunehmen. Die einzelnen zu erteilenden Bewilligungen - zu denken ist u.a. an die Deponiebewilligung BGE 117 Ia 147 S. 155 ( Art. 30 Abs. 2 USG ), die Rodungsbewilligung ( Art. 26 FPolV ) sowie an gewässerschutzrechtliche Bewilligungen ( Art. 20 und 27 GSchG ) - könnten nicht nach sachgerechten Kriterien erteilt werden und die vom Bundesgericht für solche Verfahren geforderte materielle und formelle Verfahrenskoordination ( BGE 116 Ib 50 ) wäre nicht sichergestellt (vgl. BGE 111 Ia 313 E. 6d). Dies gilt in gleicher Weise für die im Raumplanungsgesetz und in der Umweltschutzgesetzgebung vorgesehenen, vom Kanton wahrzunehmenden Planungsaufgaben ( Art. 2 und 6 ff. RPG , Art. 31 Abs. 4 USG , Art. 15 ff. TVA ). Die kantonalen Kompetenzen würden missbraucht, um den Vollzug einer in einem erheblichen öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe ( Art. 24septies BV ) zu gefährden, wenn nicht gar zu verunmöglichen. Die Initiative erweist sich deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt als bundesrechtswidrig ( BGE 111 Ia 311 E. 6c). c) Hinsichtlich des Einsatzes politischer Mittel bringen die Beschwerdeführer vor, es bestünden vielfältige Möglichkeiten, sich im Sinne der Initiative zu engagieren. Zu denken sei an eine durch den Landrat einzureichende Standesinitiative, basellandschaftliche Parlamentarier könnten zu entsprechenden Vorstössen ermuntert werden, möglich sei die Unterstützung einer eidgenössischen Volksinitiative, kantonale Stellungnahmen und Vernehmlassungen wären im Sinne der Initiative abzugeben und es könnten im Rahmen der formellen und informellen Kontakte zwischen Kantons- und Bundesbehörden Einflussmöglichkeiten wahrgenommen werden. Gemäss § 67 Abs. 1 lit. b KV steht das Recht zur Ergreifung einer Standesinitiative allein dem Landrat zu. Wie das Verfassungsgericht in seinem Urteil mit Hinweis auf die Materialien ausführte, ist im Verfassungsrat die Einführung des Initiativrechts auf Ergreifung einer Standesinitiative zwar diskutiert, aber verworfen worden. Die Einführung dieses Initiativrechts kann somit nur auf dem Wege einer Verfassungsinitiative und nicht - wie vorliegend - mit einer nichtformulierten Gesetzesinitiative erreicht werden. Soweit mit der Initiative verlangt wird, Einfluss auf Parlamentarier zu nehmen, ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Bundesverfassung wie auch die Kantonsverfassung ein Instruktionsverbot gegenüber Parlamentariern vorsehen ( Art. 91 BV , § 62 Abs. 1 KV). In beiden Punkten verstösst das Volksbegehren deshalb klarerweise gegen höherrangiges Recht. Ob es rechtlich zulässig ist, dass ein Kanton eine eidgenössische Volksinitiative unterstützt, oder ob sich dies an den Grundregeln BGE 117 Ia 147 S. 156 eidgenössischer Willensbildung stösst, wie dies Prof. Eichenberger in seiner gutachtlichen Stellungnahme ausführt, muss vorliegend nicht entschieden werden. Anderseits wäre es denkbar, dass der Kanton Basel-Landschaft im Rahmen seiner informellen Kontakte mit anderen Kantonen und mit Bundesbehörden oder im Rahmen von Vernehmlassungen etwa im Zusammenhang mit Gesetzesrevisionen seinen Wunsch äussert, die bestehende Bundesgesetzgebung im Bereiche des Deponiewesens zu ändern. Massnahmen, mit welchen die Kantone den Bund zu einem bestimmten Verhalten oder zu Gesetzesänderungen verpflichten, gibt es jedoch nicht. Doch selbst wenn die Initiative in diesen Punkten grundsätzlich nicht gegen übergeordnetes Recht verstossen würde, könnte sie nicht für teilungültig erklärt werden. Denn der verbleibende Teil der vorliegenden Initiative ist von untergeordneter Bedeutung (vgl. ANDREAS AUER, Kompetenzverteilung auf dem Gebiete der Atomenergie, recht 1987, S. 22). Die Achtung vor dem Willen der Initianten verbietet es, eine Initiative dem Stimmbürger vorzulegen, wenn diese eines wesentlichen Teils beraubt ist. Angesichts des Gesamtinhaltes der Initiative und ihres Zieles, Sondermülldeponien bis zum Vorliegen eines Gesamtkonzeptes des Bundes zu verhindern, kann vernünftigerweise nicht angenommen werden, dass die Initiative auch ohne den bundesrechtswidrigen Teil von einer genügenden Anzahl Stimmbürger unterzeichnet worden wäre ( BGE 114 Ia 274 E. 4; 112 Ia 389 E. 6a; 111 Ia 302 E. 5b). 6. a) Die Beschwerdeführer wenden schliesslich ein, die ganze Initiative stehe unter dem Vorbehalt des Bundesrechts und des kantonalen Verfassungsrechts. In der Tat unterscheidet sich die vorliegende Initiative in diesem Punkte von dem Volksbegehren, das in BGE 111 Ia 303 zu beurteilen war. Prof. Auer vertritt sowohl in seinem Gutachten zuhanden der vorberatenden landrätlichen Kommission als auch in der Literatur die Auffassung, entgegen BGE 111 Ia 312 vermöge der in einer Initiative enthaltene Vorbehalt des Bundesrechts keine über Art. 2 ÜbBest.BV hinausreichende Wirkung zu entfalten (ANDREAS AUER, a.a.O., S. 22). b) In BGE 111 Ia 312 führte das Bundesgericht aus, die Initiative verpflichte die Behörden, sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen Atomanlagen zur Wehr zu setzen, ohne die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen vorzubehalten. Der Vorbehalt des Bundesrechts und des kantonalen Verfassungsrechts vermag BGE 117 Ia 147 S. 157 jedoch im vorliegenden Fall die Gültigkeit der Initiative nicht zu begründen. Die eingehend dargestellte bundesrechtliche Ordnung im Bereiche des Umweltschutzes lässt dem Kanton keinen Raum, die Anliegen der Initiative zu erfüllen. Die kantonalen Behörden hätten vielmehr jene Mittel einzusetzen, die verhindern, dass den ihnen übertragenen Vollzugsaufgaben rechtsgenüglich Nachachtung verschafft würde. Zwischen den Zielen und Zwecken der Initiative und den bundesrechtlichen Anforderungen an den Vollzug der Umweltschutzgesetzgebung besteht ein unauflösbarer Widerspruch, worauf das Verfassungsgericht unter Bezugnahme auf die Gutachten von Prof. Auer und Prof. Eichenberger zu Recht hinweist. Der Vorbehalt des kantonalen Verfassungsrechts setzt sich auch in Widerspruch zur Verfassung des Kantons Basel-Landschaft. § 1 Abs. 2 KV legt fest, dass der Kanton den Bund in der Erfüllung seiner Aufgaben (vgl. Art. 24septies BV ) zu unterstützen hat. Sodann sind die Behörden an Verfassung und Gesetz gebunden (§ 4 Abs. 1 KV), was bedeutet, dass sie die Staatsaufgaben rechtsstaatlich zu erfüllen haben (Totalrevision der basellandschaftlichen Staatsverfassung, Dokumente 1983-1987, Liestal 1988, S. 128). § 76 Abs. 2 KV gibt - § 4 Abs. 1 KV präzisierend - insbesondere dem Regierungsrat auf, für eine rechtmässige und wirksame Verwaltungstätigkeit zu sorgen. Diese Verfassungsprinzipien wären verletzt, wenn die Behörden des Kantons Basel-Landschaft gehalten wären, entsprechend den Forderungen der vorliegenden Initiative zu handeln.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
bc3b4a4f-34de-4f44-ba5a-d69af0d47bba
Urteilskopf 112 V 145 25. Arrêt du 24 septembre 1986 dans la cause Mondragon contre Caisse cantonale vaudoise de compensation et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 9 Abs. 4 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Spanien über Soziale Sicherheit vom 13. Oktober 1969. Wenn eine schweizerische Alters- oder Hinterlassenenrente eine aufgrund des Art. 9 Abs. 3 des obenerwähnten Abkommens berechnete Rente der Invalidenversicherung ablöst, so muss - falls es für den Versicherten günstiger ist und falls feststeht, dass dieser im Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die schweizerische Rente keine entsprechende spanische Leistung beanspruchen kann - die gleiche Berechnungsart zur Anwendung kommen (Berücksichtigung der spanischen Versicherungs- und der schweizerischen Beitragszeiten).
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 112 V 145 S. 145 A.- Francisca Mondragon, de nationalité espagnole, née le 25 février 1923, a bénéficié depuis le 1er janvier 1972 d'une rente entière simple d'invalidité dont le montant, qui s'élevait en dernier lieu à 985 fr. par mois, avait été calculé en totalisant les BGE 112 V 145 S. 146 périodes d'assurance et les périodes assimilées accomplies selon les dispositions légales espagnoles, entre le 1er juillet 1949 et le 31 mai 1963, et les périodes de cotisations suisses, conformément à l'art. 9 al. 3 de la Convention de sécurité sociale entre la Confédération suisse et l'Espagne, du 13 octobre 1969. Par décision du 7 février 1985, la Caisse cantonale vaudoise de compensation alloua à l'assurée, dès le 1er mars suivant, une rente extraordinaire de vieillesse simple de 690 fr. par mois, en lieu et place de la rente ordinaire partielle de 392 fr. à laquelle elle aurait pu prétendre sur la base des cotisations versées à la seule assurance-vieillesse et survivants suisse. La décision précitée contenait en outre la phrase suivante: "Si les cotisations que vous avez versées à la sécurité sociale espagnole ne vous donnaient pas le droit à une rente espagnole, nous vous prions de nous aviser." B.- L'assurée recourut contre cette décision devant le Tribunal des assurances du canton de Vaud en faisant valoir que, conformément à la législation espagnole, elle ne pourrait faire valoir un droit à une rente de vieillesse qu'à l'âge de 65 ans, de telle sorte que la caisse de compensation aurait dû, selon l'art. 9 al. 4 de la convention précitée, tenir compte des périodes de cotisations espagnoles, pour déterminer le montant de sa rente de vieillesse de l'assurance suisse, jusqu'à la date d'ouverture de son droit à une rente espagnole. Par jugement du 4 septembre 1985, la juridiction cantonale rejeta le recours dont elle était saisie. C.- Francisca Mondragon interjette recours de droit administratif contre ce jugement en concluant à son annulation. Elle demande au Tribunal fédéral des assurances de dire principalement qu'elle a droit à une rente de vieillesse succédant à sa rente d'invalidité et calculée en tenant compte des périodes de cotisations espagnoles; subsidiairement qu'au cas où elle n'aurait pas droit à des prestations de vieillesse de la sécurité sociale espagnole, à l'âge de 65 ans, elle aurait alors droit à une rente de vieillesse de l'assurance suisse tenant compte des périodes de cotisations espagnoles et versée avec effet rétroactif et intérêts dès mars 1985; plus subsidiairement enfin qu'au cas où, à l'âge de 65 ans, elle n'aurait droit qu'à des prestations de vieillesse de la sécurité sociale espagnole inférieures à la différence entre la rente d'invalidité et la rente de vieillesse suisse, elle aurait alors droit à une rente de vieillesse tenant compte des périodes de cotisations espagnoles et courant dès mars 1985, réduite uniquement du montant de la rente de vieillesse espagnole. La caisse intimée BGE 112 V 145 S. 147 conclut au rejet du recours, ce que propose également l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS). D.- Invité par le juge délégué à l'instruction du recours à étayer l'affirmation selon laquelle "la législation espagnole de sécurité sociale [lui laissait] à penser que la recourante eût pu prétendre une pension de vieillesse espagnole anticipée dès l'âge de 60 ans", l'OFAS a produit un extrait d'un document intitulé "Exposé sommaire du système espagnol de sécurité sociale", du 30 octobre 1981, émanant de l'Institut national espagnol de la sécurité sociale. Les observations formulées à ce propos tant par la caisse intimée que par la recourante seront évoquées dans les considérants qui suivent pour autant que nécessaire. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Pour déterminer les périodes de cotisations qui doivent servir de base au calcul de la rente ordinaire de l'assurance-invalidité suisse due à un ressortissant espagnol ou suisse, les périodes d'assurance et les périodes assimilées accomplies selon les dispositions légales espagnoles sont prises en compte comme des périodes de cotisations suisses en tant qu'elles ne se superposent pas à ces dernières (art. 9 al. 3 Convention de sécurité sociale entre la Suisse et l'Espagne, du 13 octobre 1969). Selon l'art. 9 al. 4 de la convention hispano-suisse précitée, les rentes ordinaires de vieillesse ou de survivants de l'assurance suisse venant se substituer à une rente d'invalidité fixée selon l'alinéa précédent (totalisation des périodes d'assurance espagnoles et des périodes de cotisations suisses), sont calculées sur la base des dispositions légales suisses compte tenu exclusivement des périodes de cotisations suisses (première phrase). Si toutefois les périodes d'assurance espagnoles, compte tenu de l'article 11 et des dispositions d'autres conventions internationales, n'ouvrent exceptionnellement pas droit à une prestation espagnole analogue, elles sont également prises en compte pour déterminer les périodes de cotisations qui doivent servir de base au calcul des rentes suisses susmentionnées (seconde phrase). Quant à l'art. 11 de la convention, auquel renvoie l'alinéa précité, il est ainsi rédigé, dans sa version en vigueur depuis le 1er novembre 1983 (avenant du 11 juin 1982): "Quand un travailleur auquel s'applique la Convention a été soumis successivement ou alternativement aux législations des deux Etats BGE 112 V 145 S. 148 contractants, les périodes de cotisations et les périodes assimilées accomplies sous chacune desdites législations pourront être totalisées du côté espagnol, en tant qu'elles ne se superposent pas, pour l'ouverture, le maintien ou le recouvrement du droit aux prestations régies par la présente section." b) Les premiers juges ont rejeté le recours dont ils étaient saisis en considérant, en bref, que l'interprétation donnée par l'assurée à l'art. 9 al. 4 de la convention, sans être contraire à la lettre de cette disposition, ne correspondait toutefois pas à la volonté des Etats contractants telle qu'elle s'était exprimée dans le message du 12 novembre 1969 du Conseil fédéral à l'Assemblée fédérale concernant l'approbation des conventions de sécurité sociale conclues par la Suisse avec l'Espagne et la Turquie, ni aux instructions administratives de l'OFAS applicables en la matière. Selon eux, la différence de l'âge-terme donnant droit à une rente de vieillesse pour une assurée (62 ans en Suisse et 65 ans en Espagne) n'est pas un cas exceptionnel au sens de cette disposition conventionnelle puisque toutes les assurées espagnoles pouvant prétendre une rente de l'AVS suisse sont dans la même situation. c) Pour sa part, la recourante invoque trois moyens à l'appui de ses conclusions. En premier lieu, elle fait valoir que l'art. 9 al. 4 seconde phrase de la convention signifie que tant et aussi longtemps qu'un assuré ne peut bénéficier d'une rente de vieillesse du régime espagnol, il y a lieu de totaliser les périodes d'assurance espagnoles et suisses pour déterminer les périodes de cotisations qui doivent servir de base au calcul de la rente de vieillesse suisse. Or, du moment qu'elle ne pourra prétendre une rente de vieillesse espagnole qu'à l'âge de 65 ans révolus en principe, elle a droit jusque-là à une rente de vieillesse suisse plus élevée, calculée selon les mêmes principes que la rente d'invalidité qui lui était servie antérieurement. Dans un deuxième moyen, la recourante allègue qu'elle n'a cotisé à l'assurance-vieillesse espagnole que pendant treize ans et quatre mois. Il n'est dès lors pas certain qu'à l'âge de 65 ans révolus elle pourra prétendre une rente de vieillesse dans son pays d'origine puisque la nouvelle législation espagnole en la matière fixe désormais à quinze ans et non plus à dix ans la durée normale de cotisations requise pour ouvrir droit aux pensions de vieillesse (loi du 31 juillet 1985). La recourante invoque enfin l' art. 33bis al. 1 LAVS selon lequel les rentes de vieillesse ou de survivants sont calculées BGE 112 V 145 S. 149 sur la base des mêmes éléments que la rente d'invalidité à laquelle elles succèdent, s'il en résulte un avantage pour l'ayant droit et elle soutient qu'elle peut, le cas échéant, bénéficier de cette règle en vertu du principe d'égalité de traitement des ressortissants espagnols et suisses, consacré par l'art. 7 al. 1 de la convention. 2. a) L'interprétation d'une convention internationale de sécurité sociale doit se fonder en premier lieu sur le texte même de cette convention. Si ce texte semble clair et que sa signification, telle qu'elle résulte du langage courant ainsi que de l'objet et du but de la convention, n'apparaisse pas comme manifestement absurde, une interprétation extensive ou restrictive s'écartant du texte même n'entre en ligne de compte que si l'on peut déduire avec certitude du contexte ou de la genèse de cette disposition que l'expression de la volonté des parties à la convention est inexacte ( ATF 109 V 188 consid. 3a). Dans ce cadre, les notions auxquelles fait appel une convention de sécurité sociale, qui déterminent le droit à des prestations d'une institution d'assurance suisse, doivent être interprétées selon les conceptions suisses, c'est-à-dire d'après le droit national ( ATF 111 V 119 consid. 1b). En l'espèce, il convient de rechercher le sens qu'il faut donner au membre de phrase "n'ouvrent exceptionnellement pas droit à une prestation espagnole analogue" qui figure à l'art. 9 al. 4 de la convention. Si l'on se fonde uniquement sur le texte de la norme conventionnelle, on ne saurait dire, contrairement à l'opinion des premiers juges, qu'il est absolument clair, ni qu'il ne nécessite aucune interprétation autre que strictement littérale comme le soutient l'OFAS dans son préavis. Aussi convient-il de dégager la signification de la norme en cause en recherchant, selon les principes d'interprétation rappelés plus haut et compte tenu des travaux préparatoires qui ont précédé son adoption (cf. ATF 111 V 204 consid. 3; GRISEL, Traité de droit administratif, p. 128), quels en sont l'objet et le but. b) Dans son message du 12 novembre 1969, le Conseil fédéral, après avoir indiqué les motifs pour lesquels il convenait de totaliser les périodes d'assurance accomplies dans le pays partenaire et les périodes de cotisations suisses, selon le principe de l'assurance risque-pur, pour le règlement des prestations de l'assurance-invalidité (cf. ATF 109 V 188 consid. 3b), s'est exprimé comme il suit au sujet des rentes de vieillesse et de survivants (FF 1969 II 1442): BGE 112 V 145 S. 150 "Il faut préciser que cette totalisation des périodes d'assurance étrangère opérée par la Suisse ne s'applique que dans l'assurance-invalidité. Lorsque des rentes de vieillesse ou de survivants se substituent à des rentes d'invalidité, l'assurance suisse revient à la méthode de calcul de ces prestations fondée uniquement sur la législation nationale. La conséquence en sera, dans la plupart des cas, une diminution des prestations suisses, avant tout pour les ressortissants espagnols et turcs. Mais, en règle générale, cette perte sera compensée par un droit à une prestation qu'ils auront acquis dans les assurances de l'autre Etat en vertu des périodes de cotisations qu'ils y auront accomplies, les périodes suisses (ou même les périodes accomplies dans les Etats tiers) pouvant être alors prises en considération, ainsi que nous l'avons exposé au chiffre 1 ci-dessus. Si, dans des cas exceptionnels, un droit à prestation ne devait pas exister malgré tout dans l'autre Etat, la totalisation opérée dans l'assurance suisse pour l'octroi d'une rente d'invalidité s'appliquerait alors également à l'octroi des rentes de vieillesse ou de survivants qui s'y substituent (conv. E, art. 9, par. 4; conv. TR, art. 10, par. 4)." En ce qui concerne la portée du message du Conseil fédéral auquel, avec raison, se sont également référés les premiers juges, il convient cependant de remarquer que ce document ne saurait à lui seul exprimer la volonté des parties contractantes puisqu'il émane du gouvernement d'une seule de ces parties. En réalité, en matière de conventions internationales, le message du Conseil fédéral ne fait qu'exprimer la manière dont la Suisse comprend et interprète le traité auquel elle entend adhérer (cf. par exemple BASTID, Les traités dans la vie internationale. Conclusion et effets. Paris 1985, p. 127 et s.). c) En l'occurrence, le passage précité du message du Conseil fédéral ne permet pas de définir le sens qu'il faut donner au membre de phrase dont l'interprétation est litigieuse. Aussi faut-il, comme on l'a exposé ci-dessus, rechercher quelle norme du droit suisse s'apparente le plus à la situation visée par les parties contractantes. Celle-ci figure à l' art. 33bis al. 1 LAVS , déjà cité, dont l'application aboutit au même résultat, c'est-à-dire que lorsqu'une rente de vieillesse ou de survivants de l'assurance suisse succède à une rente de l'assurance-invalidité calculée conformément à l'art. 9 al. 3 de la convention, c'est ce même mode de calcul qui doit être appliqué, s'il est plus avantageux pour l'assuré, quand il est établi que ce dernier ne peut prétendre une prestation espagnole analogue au moment où s'ouvre son droit à la rente suisse. C'est, en effet, de cette manière seulement qu'on respecte le principe de l'égalité de traitement consacré par l'art. 7 al. 1 de la convention. Si, par la suite, un droit de l'assuré à la prestation espagnole naît, la rente suisse sera à nouveau calculée en fonction BGE 112 V 145 S. 151 des seules périodes de cotisations suisses, conformément à l'art. 9 al. 4 première phrase de la convention. Dans cette mesure, l'argumentation développée par la recourante dans son troisième moyen est pertinente. Elle ne l'est pas, en revanche, lorsque la recourante en déduit que si la rente de vieillesse espagnole est inférieure à la différence entre la rente d'invalidité calculée selon l'art. 9 al. 3 de la convention et la rente de vieillesse ou de survivants fixée en appliquant l'art. 9 al. 4 première phrase de la convention, il faut calculer la rente suisse conformément à l' art. 33bis al. 1 LAVS . En effet, la norme internationale l'emporte sur la règle de droit interne ( ATF 111 V 202 consid. 2b, ATF 110 V 76 consid. 2b), et la disposition légale précitée est donc inapplicable dans un tel cas. Aussi peut-il fort bien arriver que la rente espagnole ne compense pas entièrement la différence mentionnée ci-dessus, hypothèse d'ailleurs expressément réservée par les mots "en règle générale" qui figurent dans le passage précité du message du Conseil fédéral. 3. La recourante allègue que lorsque s'est ouvert son droit à la rente de vieillesse de l'assurance suisse, c'est-à-dire le 1er mars 1985, elle n'avait pas encore droit à une prestation espagnole analogue, puisqu'elle n'avait pas atteint l'âge de 65 ans révolus. L'OFAS soutient en revanche que Francisca Mondragon aurait pu prétendre, à cette date, une pension de vieillesse anticipée espagnole. La recourante conteste cette affirmation en faisant valoir d'une part que l'"exposé sommaire du système espagnol de sécurité sociale" sur lequel se fonde ledit office serait dépassé tant au regard de la nouvelle législation espagnole que de l'avenant à la convention hispano-suisse entré en vigueur le 1er novembre 1983, et d'autre part que l'ancien droit espagnol subordonnait le droit à une pension de vieillesse à des conditions qu'elle ne remplit pas, puisqu'elle n'exerçait pas d'activité lucrative soumise à cotisations et n'était pas dans une situation assimilée (chômage indemnisé). Enfin, le droit à la pension de vieillesse anticipée est subordonné à la condition que l'assuré soit domicilié en Espagne, condition non réalisée en l'espèce. Pour sa part, la caisse intimée propose que la recourante présente une demande de pension du régime espagnol par l'intermédiaire de la Caisse suisse de compensation, ce qui permettrait d'être fixé sur l'étendue des droits de la recourante à l'égard de ce régime. Il n'est pas possible de suivre cette suggestion. Comme dans toute procédure administrative, le contenu du droit étranger doit être BGE 112 V 145 S. 152 examiné d'office par l'administration et, s'il y a lieu, par le juge des assurances sociales ( ATF 108 V 124 consid. 3a). En l'espèce, les renseignements fournis à la Cour de céans sur la législation espagnole relative au régime des pensions de vieillesse, tant par l'OFAS que par la recourante, sont beaucoup trop imprécis et d'ailleurs partiellement contradictoires. La question essentielle, compte tenu de l'interprétation donnée ci-dessus à l'art. 9 al. 4 seconde phrase de la convention (consid. 2c), est celle de savoir si, lorsque s'est ouvert son droit à la rente de vieillesse suisse, la recourante pouvait effectivement prétendre une pension de vieillesse anticipée du régime espagnol. Cette question a été soulevée pour la première fois en procédure fédérale par l'OFAS. Aussi est-ce d'abord la tâche de l'administration que d'y répondre. Il convient donc d'annuler le jugement attaqué et de renvoyer le dossier de la cause à la caisse intimée afin qu'elle procède à une instruction complémentaire sur ce point - en prenant des renseignements, le cas échéant, auprès des autorités espagnoles compétentes -, puis rende une nouvelle décision par laquelle elle fixera à nouveau le droit de la recourante à une rente de vieillesse, en se conformant aux motifs du présent arrêt. Il n'y a pas lieu, en revanche, d'annuler la décision de rente litigieuse dont il n'est pas encore établi qu'elle soit contraire au droit. 4. (Dépens.) Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est admis en ce sens que le jugement du Tribunal des assurances du canton de Vaud du 4 septembre 1985 est annulé et la cause renvoyée à la Caisse cantonale vaudoise de compensation pour instruction complémentaire et nouvelle décision au sens des motifs.
null
nan
fr
1,986
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
bc3d061d-a81b-4fec-9113-845d0491a397
Urteilskopf 139 V 135 20. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause CSS Assurance-maladie SA contre M. (recours en matière de droit public) 9C_685/2012 du 6 mars 2013
Regeste Art. 25a und 32 Abs. 1 KVG ; Art. 7 und 7a KLV ; Wirtschaftlichkeit von Krankenpflegeleistungen zu Hause. Wirtschaftlichkeit der Hauspflege zugunsten einer Person mit fortgeschrittener Alzheimer-Erkrankung im Vergleich zu einer Betreuung im Pflegeheim; Beurteilung unter dem Blickwinkel der neuen Pflegefinanzierung. Unverhältnismässigkeit einer Übernahme von Kosten für eine Pflege zu Hause (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 136 BGE 139 V 135 S. 136 A. M., née en 1924, est assurée auprès de CSS Assurance-maladie SA (ci-après: la CSS) pour l'assurance obligatoire des soins en cas de maladie. Atteinte depuis 2003 de la maladie d'Alzheimer, elle fait l'objet d'une prise en charge médicale à domicile, prise en charge dont l'importance n'a cessé de croître au fil de l'évolution de la maladie. Par courrier du 24 novembre 2010, la CSS a informé l'assurée et les organismes d'aide à domicile en charge du cas ("Fondation des services d'aide et de soins à domicile" et "Assistance à domicile pour laville et la campagne") qu'elle n'entendait plus prendre en charge l'intégralité des frais des soins à domicile qui étaient dispensés à l'assurée, au motif que lesdits soins, extrêmement intensifs, ne respectaient désormais plus l'exigence d'économicité prévue par la loi et pouvaient être dispensés à moindre coût dans un établissement médico-social. En dépit du désaccord de l'assurée, la CSS lui a, par décision du 28 février 2011, confirmée sur opposition le 26 octobre suivant, notifié que les prestations versées au titre de l'assurance obligatoire des soins seraient limitées à compter du 1 er avril 2011 au montant de 159 fr. 65 par jour, montant correspondant à la taxe journalière la plus élevée d'un établissement médico-social situé dans le canton de Genève. Par décision du 9 novembre 2011, contre laquelle opposition a été formée, la CSS a limité la prise en charge à un montant de 108 fr. par jour à compter du 1 er décembre 2011. B. Par jugement du 3 juillet 2012, la Chambre des assurances sociales de la Cour de justice de la République et canton de Genève a admis le recours formé par M., annulé les décision et décision sur opposition des 28 février et 26 octobre 2011 et dit que l'assurée avait droit à la prise en charge de l'intégralité de ses frais de soins à domicile au-delà du 1 er avril 2011. C. La CSS a interjeté un recours en matière de droit public et un recours constitutionnel subsidiaire contre ce jugement dont elle a demandé l'annulation. Elle a conclu à la confirmation de la décision sur opposition du 26 octobre 2011. BGE 139 V 135 S. 137 M. a conclu au rejet du recours, tandis que l'Office fédéral de la santé publique a renoncé à se déterminer. Le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le recours constitutionnel subsidiaire et admis le recours en matière de droit publique. Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 La juridiction cantonale a estimé que la recourante devait prendre en charge l'intégralité des frais de soins à domicile de l'assurée au-delà du 1 er avril 2011. Si, d'un point de vue strictement économique, les soins à domicile étaient 1,74 fois plus chers que les soins dispensés dans un établissement médico-social (8'300 fr. par mois pour les soins à domicile [soit 276 fr. 70 par jour]contre 4'789 fr. 50 par mois pour les soins en établissement médico-social [soit 159 fr. 65par jour]), ilconvenait de tenir pour légèrement moins adapté et efficace, dans la comparaison des mesures, un placement en institution, au vu des risques pour l'état de santé que comporterait une telle démarche. Certes, sur le plan médical, aussi bien la première que la seconde mesure remplissaient les critères d'efficacité et d'adéquation. Il était cependant notoire que le placement de l'assurée en institution aurait une incidence négative sur son état de santé. Cette mesure la priverait des seuls repères qu'elle avait encore et ferait inévitablement progresser plus rapidement sa maladie. Il convenait par ailleurs de prendre également en considération dans la détermination de l'adéquation et de l'efficacité de la mesure des importants moyens mis en oeuvre par l'époux de l'assurée pour aménager l'intérieur du domicile familial. A ce titre, les praticiens appelés à se déterminer avaient estimé que le maintien à domicile était bénéfique à son handicap et profitable à son humeur, car, même si elle ne parvenait pas à s'exprimer, elle vivait dans un milieu qui lui était familier et, par conséquent, rassurant. 3.2 La recourante reproche à la juridiction cantonale d'avoir, d'une part, procédé à une constatation manifestement inexacte des faits consécutive à une mauvaise appréciation des preuves et, d'autre part, violé le droit fédéral. En ne tenant pas compte des modifications réglementaires intervenues entrées en vigueur le 1 er janvier 2011, les premiers juges se seraient fondés sur des tarifs erronés pour fixer le coût à la charge de l'assurance obligatoire des soins des prestations prodiguées par les deux organisations de soins et d'aide à domicile et BGE 139 V 135 S. 138 celui des prestations fournies par un établissement médico-social. Par ailleurs, les soins à domicile prodigués à l'intimée ne répondraient plus aux critères de l' art. 32 LAMal . Au vu de l'étatde santé de l'intimée, les prestations de soins fournies par un établissement médico-social seraient désormais plus efficaces et appropriées, l'intimée, dont l'état de santé s'est constamment aggravé, pouvant en bénéficier vingt-quatre heures sur vingt-quatre, sept jours sur sept, alors que l'organisation de soins et d'aide à domicile ne permettrait qu'un accès ponctuel. Sur le plan économique, la disproportion de coûts était manifeste, puisqu'une prise en charge à domicile était plus de trois fois supérieure à une prise en charge dans un établissement médico-social. Mis à part des motifs d'ordre social, rien ne pouvait justifier une telle disproportion. 4. Est litigieuse en l'espèce la question de savoir si l'intimée a droit, pour la période postérieure au 31 mars 2011, à la prise en charge par l'assurance obligatoire des soins de l'intégralité des frais de soins à domicile qui lui sont prodigués. 4.1 D'après l' art. 24 LAMal , l'assurance obligatoire des soins prend en charge les coûts des prestations définies aux art. 25 à 31, en tenant compte des conditions des art. 32 à 34. A la suite de l'adoption par l'Assemblée fédérale de la loi fédérale du 13 juin 2008 sur le nouveau régime de financement des soins (RO 2009 3517), un nouvel art. 25a a été introduit avec effet au 1 er janvier 2011 (RO 2009 6847). En vertu du premier alinéa de cette disposition, l'assurance obligatoire des soins doit fournir une contribution aux soins qui sont dispensés sur la base d'une prescription médicale et d'un besoin en soins avéré, sous forme ambulatoire, notamment dans des structures de soins de jour ou de nuit, ou dans des établissements médico-sociaux. D'après les al. 3 et 4, il appartient au Conseil fédéral, d'une part, de désigner les soins et de fixer la procédure d'évaluation des soins requis, et, d'autre part, de fixer en francs le montant des contributions prises en charge par l'assurance obligatoire des soins en fonction du besoin en soins. Le Département fédéral de l'intérieur (DFI), auquel le Conseil fédéral a délégué à son tour les compétences susmentionnées (art. 33 let. b, h et i OAMal [RS 832.102]), apromulgué l'ordonnance du 29 septembre 1995 sur les prestations dans l'assurance obligatoire des soins en cas de maladie (OPAS; RS 832.112.31). 4.2 D'après l' art. 7 al. 1 OPAS , les prestations au sens de l' art. 33 let. b OAMal comprennent les examens, les traitements et les soins BGE 139 V 135 S. 139 effectués selon l'évaluation des soins requis ( art. 7 al. 2 let. a et art. 8 OPAS ) sur prescription médicale ou sur mandat médical par: (a) des infirmiers et infirmières ( art. 49 OAMal ); (b) des organisations de soins et d'aide à domicile ( art. 51 OAMal ); et (c) des établissements médico-sociaux ( art. 39 al. 3 LAMal ). 4.3 Par rapport au système antérieur à l'entrée en vigueur du nouveau régime de financement des soins, la forme de remboursement n'a pas changé fondamentalement: les prestations de soins ambulatoires continuent d'être remboursées selon une base horaire et les prestations de soins fournies dans les établissements médico-sociaux le sont selon une base journalière. 4.3.1 Selon l' art. 7a al. 1 OPAS , l'assurance prend en charge, s'agissant des fournisseurs de prestations visés à l' art. 7 al. 1 let. a et b OPAS (infirmiers et infirmières, organisations de soins et d'aide à domicile), les montants, par heure, de: (a) 79 fr. 80 pour les prestations d'évaluation, de conseils et de coordination ( art. 7 al. 2 let. a OPAS ); (b) 65 fr. 40 pour les prestations d'examens et de traitements ( art. 7 al. 2 let. b OPAS ); et (c) 54 fr. 60 pour les prestations de soins de base ( art. 7 al. 2 let . c OPAS). 4.3.2 En vertu de l' art. 7a al. 3 OPAS , l'assurance prend en charge, s'agissant des fournisseurs de prestations visés à l' art. 7 al. 1 let . c OPAS (établissements médico-sociaux), les montants par jour suivants: a) jusqu'à 20 minutes de soins requis: 9 francs; b) de 21 à 40 minutes de soins requis: 18 francs; c) de 41 à 60 minutes de soins requis: 27 francs; d) de 61 à 80 minutes de soins requis: 36 francs; e) de 81 à 100 minutes de soins requis: 45 francs; f) de 101 à 120 minutes de soins requis: 54 francs; g) de 121 à 140 minutes de soins requis: 63 francs; h) de 141 à 160 minutes de soins requis: 72 francs; i) de 161 à 180 minutes de soins requis: 81 francs; j) de 181 à 200 minutes de soins requis: 90 francs; k) de 201 à 220 minutes de soins requis: 99 francs; l) plus de 220 minutes de soins requis: 108 francs. 4.4 Selon l' art. 32 al. 1 LAMal , les prestations mentionnées aux art. 25 à 31 LAMal doivent être efficaces, appropriées et économiques. 4.4.1 Une mesure est efficace lorsqu'elle est démontrée selon des méthodes scientifiques et permet objectivement d'obtenir le résultat BGE 139 V 135 S. 140 diagnostique ou thérapeutique recherché ( ATF 128 V 159 consid. 5c/aa p. 165; voir également arrêt du Tribunal fédéral des assurances K 151/99 du 7 juillet 2000 consid. 2b, in RAMA 2000 p. 279). 4.4.2 L'adéquation d'une mesure s'examine sur la base de critères médicaux. L'examen consiste à évaluer, en se fondant sur une analyse prospective de la situation, la somme des effets positifs de la mesure envisagée et de la comparer avec les effets positifs de mesures alternatives ou par rapport à la solution consistant à renoncer à toute mesure; est appropriée la mesure qui présente, compte tenu des risques existants, le meilleur bilan diagnostique ou thérapeutique ( ATF 127 V 138 consid. 5 p. 146; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in Soziale Sicherheit, SBVR vol. XIV, 2 e éd. 2007, p. 494 n. 293 ss). La réponse à cette question se confond normalement avec celle de l'indication médicale; lorsque l'indication médicale est clairement établie, il convient d'admettre que l'exigence du caractère approprié de la mesure est réalisée ( ATF 125 V 95 consid. 4a p. 99; voir également arrêt K 151/99 précité consid. 2c). 4.4.3 Le critère de l'économicité intervient lorsqu'il existe dans le cas particulier plusieurs alternatives diagnostiques ou thérapeutiques appropriées. Il y a alors lieu de procéder à une balance entre coûts et bénéfices de chaque mesure. Si l'une d'entre elles permet d'arriver au but recherché en étant sensiblement meilleur marché que les autres, l'assuré n'a pas droit au remboursement des frais de la mesure la plus onéreuse ( ATF 124 V 196 consid. 4 p. 200; arrêt du Tribunal fédéral des assurances K 29/96 du 16 septembre 1997 consid. 3c, in RAMA 1998 p. 1). Le critère de l'économicité ne concerne pas seulement le type et l'étendue des mesures diagnostiques ou thérapeutiques à accomplir, mais touche également la forme du traitement, notamment les questions de savoir si une mesure doit être effectuée sous forme ambulatoire ou dans un milieu hospitalier et de quelle institution de soins ou service de celle-ci le cas de la personne assurée relève d'un point de vue médical ( ATF 126 V 334 consid. 2b p. 339). 4.5 Lorsqu'il y a lieu d'examiner l'alternative que constituent des prestations de soins fournies à domicile par rapport à des prestations de soins fournies dans un établissement médico-social, le principe d'économicité n'autorise pas l'assureur à limiter d'office la prise en charge des soins à domicile à ce qu'il aurait à supporter en cas de séjour dans un établissement médico-social. L'appréciation du caractère économique ne doit en effet pas s'effectuer au moyen d'une stricte BGE 139 V 135 S. 141 comparaison des coûts à charge de l'assurance obligatoire des soins. La jurisprudence a retenu que des prestations de soins fournies à domicile devaient, malgré l'existence d'une disproportion, être considérées comme plus adéquates que des prestations de soins fournies dans un établissement médico-social, lorsqu'elles permettaient d'apporter à la personne assurée un épanouissement sur le plan personnel (travail [ ATF 126 V 334 consid. 3a p. 341], formation [arrêt du Tribunal fédéral des assurances K 66/00 du 5 octobre 2000 consid. 3b, in RAMA 2001 p. 23], engagement social ou politique) ou d'assumer une fonction sociale importante qu'un placement dans une institution n'autoriserait pas (telle que mère de famille; arrêt du Tribunal fédéral des assurances K 52/99 du 22 septembre 2000 consid. 3a, in RAMA 2001 p. 10). Tel n'était en revanche pas le cas lorsque les soins à domicile ne permettaient à la personne assurée que de bénéficier d'une meilleure qualité de vie (arrêt du Tribunal fédéral des assurances K 61/00 du 5 octobre 2000 consid. 3a, in RAMA 2001 p. 19; voir néanmoins l'arrêt 9C_940/2011 du 21 septembre 2012 consid. 3.4, où le Tribunal fédéral a estimé que la prise en charge, à efficacité égale, de soins à domicile 2,35 fois plus chers que les soins dispensés dans un établissement médico-social respectait " tout juste " le critère de l'économicité). En d'autres mots, la fourniture de soins à domicile doit être associée à un bénéfice manifeste par rapport à un placement dans un établissement médico-social. Néanmoins, s'il existe une disproportion évidente entre les coûts de ces deux mesures, les prestations de soins fournies à domicile ne peuvent plus être considérées comme conformes au critère de l'économicité, quels que soient les intérêts légitimes de la personne assurée, et cela même si les prestations de soins fournies à domicile apparaissent dans le cas particulier plus efficaces et appropriées qu'un placement dans un établissement médico-social ( ATF 126 V 334 consid. 2a p. 338). 5. Il convient d'examiner si la juridiction cantonale a respecté les principes susmentionnés dans le cas d'espèce. 5.1 En ce qui concerne le caractère efficace et approprié des mesures en cause, les premiers juges n'ont pas fait preuve d'arbitraire en considérant que le placement dans un établissement médico-social était, globalement, légèrement moins adapté et efficace qu'un maintien à domicile. D'un point de vue médical, rien au dossier ne permet d'affirmer, comme le fait péremptoirement la recourante, que les soins fournis dans un établissement médico-social seraient plus efficaces et appropriés que les soins fournis à domicile. A l'appui de leur appréciation, les premiers juges ont mis en exergue - sans que cet BGE 139 V 135 S. 142 élément ne soit remis en cause - les effets positifs sur l'évolution de la maladie d'un maintien dans un cadre de vie familier. Si on ne peut ignorer les bienfaits qu'un maintien à domicile peut entraîner, dans l'absolu, sur le plan personnel et psychoaffectif, de tels avantages doivent néanmoins être ramenés à leurs justes proportions dans une situation telle que celle vécue par l'intimée. Atteinte à un stade avancé de la maladie d'Alzheimer, grabataire, sans perspective d'amélioration compte tenu du caractère dégénératif et irréversible de cette maladie, l'intimée se trouve dans un état de dépendance totale pour toutes les activités de la vie quotidienne et ne dispose, à l'évidence, plus des facultés suffisantes pour participer activement à une quelconque forme de vie sociale ou familiale (cf. rapport d'évaluation gériatrique du 23 décembre 2011 établi par le Département X. de l'Hôpital Y.). Rien ne permet par ailleurs d'affirmer, sauf à véhiculer des stéréotypes d'un autre temps, qu'un placement en institution aurait nécessairement pour effet d'entraîner une péjoration de l'état de santé de l'intimée, étant admis que les soins et l'accompagnement dans les établissements médico-sociaux répondent aujourd'hui à des standards de qualité élevés et font l'objet de contrôles réguliers de la part des autorités de surveillance. Dans ces conditions, force est d'admettre que les bénéfices objectifs pour l'intimée de soins fournis à domicile, s'ils existent sur le plan psychoaffectif, apparaissent particulièrement ténus par rapport à des soins fournis dans un établissement médico-social et ne correspondent à tout le moins pas aux formes de bénéfices attendus mis en évidence par la jurisprudence. 5.2 En revanche, le jugement entrepris viole le droit fédéral, en tant qu'il ne tient pas compte des dispositions relatives au nouveau régime de financement des soins entrées en vigueur le 1 er janvier 2011 (cf. supra consid. 4.3). Dans la comparaison des coûts, il s'imposait, en application de l' art. 7a OPAS , de retenir, d'une part, un montant de 108 fr. par jour au titre des prestations de soins fournies dans un établissement médico-social et, d'autre part, un montant de 54 fr. 60 par heure au titre des prestations de soins fournies à domicile (soins de base). Si l'on compare le montant retenu par la juridiction cantonale de 8'300 fr. par mois pour les soins à domicile - montant fondé sur un tarif horaire de 54 fr. 60, dont il n'y a pas lieu de remettre en cause le bien-fondé, la recourante n'expliquant pas en quoi celui serait manifestement erroné - avec le montant de 3'240 fr. par mois (30 x 108 fr.) que la recourante devrait débourser en cas de séjour dans un établissement médico-social, il apparaît que les soins à domicile sont BGE 139 V 135 S. 143 2,56 fois plus chers que les soins dispensés dans un établissement médico-social. 5.3 Eu égard aux bénéfices limités des soins fournis à domicile et de la disproportion manifeste entre le coût d'une prise en charge à domicile et celui d'une prise en charge dans un établissement médico-social, il n'est plus légitime de considérer que la fourniture de prestations de soins à domicile constitue, dans une situation telle que celle qui fait l'objet de la présente affaire, une mesure répondant au critère de l'économicité. Le présent cas n'entre manifestement pas dans le cadre des situations où la jurisprudence a, par le passé, fait preuve de souplesse en faveur d'une prise en charge des soins à domicile par l'assurance obligatoire des soins. En l'occurrence, l'effort exigé de la part de l'assurance obligatoire des soins et, à travers elle, de la communauté des assurés - effort qui se monte à plus de 100'000 fr. par année - ne correspond plus, compte tenu de la solution alternative à disposition, à ce que l'on peut considérer comme relevant d'une gestion économique et rationnelle de l'assurance-maladie sociale.
null
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2,013
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Federation
bc4015ba-02a6-48af-88c5-8e2238dab35a
Urteilskopf 81 IV 134 28. Urteil des Kassationshofes vom 6. April 1955 i. S. Rediger gegen Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft.
Regeste Art. 25 Abs. 1 MFG und 75 MFV. Vorsichtspflicht des Führers, der an einer Strassengabelung oder -kreuzung nach links abbiegt (Erw. 1). Kausalzusammenhang (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 134 BGE 81 IV 134 S. 134 A.- Werner Rediger stiess am 13. Dezember 1953 nach Einbruch der Dunkelheit, gegen 18.00 Uhr, auf seinem Motorroller in Schweizerhalle beim Abbiegen aus der Strasse Augst-Birsfelden nach links in den Rothausweg mit dem von hinten kommenden Auto des Matzinger zusammen, wobei der Mitfahrer Redigers, Amstutz, schwer verletzt wurde. BGE 81 IV 134 S. 135 B.- Der Strafgerichtsausschuss des Kantons Basel-Landschaft erklärte mit Urteil vom 1. September 1954 die beiden Fahrzeuglenker der schweren Körperverletzung im Sinne des Art. 125 Abs. 2 StGB schuldig und bestrafte Rediger mit Fr. 40.- und Matzinger mit Fr. 80.- Busse. Dieses Urteil erwuchs gegenüber Matzinger in Rechtskraft. Rediger zog die Sache an das Obergericht weiter mit dem Antrag auf Freisprechung. Die Staatsanwaltschaft appellierte ebenfalls und beantragte Erhöhung der Busse Redigers auf Fr. 100.--. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigte mit Urteil vom 3. Dezember 1954 den Schuldspruch der ersten Instanz und erhöhte in teilweiser Gutheissung der Appellation der Staatsanwaltschaft die Busse Redigers auf Fr. 60.-. C.- Nach den Feststellungen der kantonalen Instanzen trug sich der Unfall unter den folgenden Umständen zu: Zur Bekundung der Absicht, nach links abzubiegen, streckte Amstutz auf Weisung Redigers ca. 100 m vor der Einmündung des Rothausweges den linken Arm aus. Rediger verlangsamte seine Geschwindigkeit auf ca. 15 Std/km. Nachdem er vorerst zwei in gleicher Richtung fahrende Autos vorbeigelassen hatte, bog er, ohne nochmals zurückzuschauen, nach links ab und überquerte die Strasse, die dort eine durch eine Sicherheitslinie unterteilte Fahrbahn von insgesamt 8,50 Breite aufweist. Matzinger, der in einem Abstand von ca. 60 m mit 70 Std/km Geschwindigkeit den beiden erwähnten Autos folgte und mit abgeblendeten Lichtern fuhr, war noch höchstens 40 m vom Motorroller Redigers entfernt, als dieser abzubiegen begann. Matzinger bemerkte den Roller erst in diesem Augenblick. Er bremste scharf ab und riss seinen Wagen nach links. Dieser kam ins Schleudern, streifte den Roller, der inzwischen in die Einmündung des Rothausweges gelangt war, hinten am Gepäckträger und überschlug sich. Der Roller wurde weggeschleudert. Während sein Führer Rediger wie auch der Autolenker Matzinger BGE 81 IV 134 S. 136 unverletzt blieben, wurde der Mitfahrer Redigers, Amstutz, auf das Trottoir geworfen und schwer verletzt. Auf Grund dieses Sachverhalts verneinte das Obergericht zwar, dass Rediger gegen eine Fahrvorschrift des MFG verstossen habe, da dieses den Führer, der bei einer Einmündung nach links abbiege, nicht verpflichte, vorerst nach rückwärts zu schauen. Dagegen erblickte es darin, dass Rediger ein solches Zurückschauen unterliess, eine Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 18 Abs. 3 StGB und gelangte auf diesem Wege zu der Verurteilung Redigers wegen schwerer Körperverletzung. D.- Gegen dieses Urteil führt Rediger Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und er von Schuld und Strafe freizusprechen. Er bestreitet, dass sein mit den Vorschriften des MFG im Einklang stehendes Verhalten eine Fahrlässigkeit im Sinne von Art. 18 StGB darstelle. Ferner stellt er das Bestehen eines Kausalzusammenhanges zwischen seinem Verhalten und der Verletzung seines Mitfahrers in Abrede. Die Staatsanwaltschaft beantragt, das Dispositiv des angefochtenen Urteils sei zu bestätigen, jedoch in den Erwägungen zum Ausdruck zu bringen, dass die Auffassung der Vorinstanz, Rediger habe keine Bestimmung des MFG verletzt, nicht zutreffe. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der Ansicht der Vorinstanz, dass Rediger keine Verletzung einer Verkehrsvorschrift des MFG zur Last falle, kann nicht beigepflichtet werden. Wohl ist der Fahrer, der nach links in eine öffentliche Seitenstrasse abbiegen will und diese Absicht entsprechend den Vorschriften von Art. 75 MFV ankündigt, grundsätzlich nicht verpflichtet, vor dem Abschwenken nach rückwärts zu schauen ( BGE 76 IV 58 , BGE 78 IV 183 ; nicht publ. Urteil des Kassationshofs vom 11. Dezember 1953 i.S. Benoit). Er hat sein Augenmerk vor allem nach vorne zu richten, um einem allenfalls aus der Gegenrichtung herannahenden BGE 81 IV 134 S. 137 Fahrzeug den Vortritt gewähren zu können. Mit der Möglichkeit, dass ein ihm nachfolgendes Fahrzeug ihn überholen wolle, braucht er nicht zu rechnen; denn Art. 26 Abs. 3 MFG verbietet das Überholen an Kreuzungen, und solchen sind nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlass besteht, Einmündungen gleichzusetzen ( BGE 79 IV 70 und dort erwähnte Entscheide). Diese Ordnung gilt indessen nur dort, wo der abbiegende Fahrer nach den gesamten Umständen der Überzeugung sein darf, dass sein Zeichen wahrgenommen worden ist. An dieser Voraussetzung gebrach es im vorliegenden Fall. Der herrschenden Dunkelheit wegen konnte sich Rediger nicht mit Sicherheit darauf verlassen, dass der ausgestreckte Arm seines Mitfahrers Amstutz von einem nachfolgenden Fahrzeuglenker rechtzeitig bemerkt werde, und tatsächlich hat er nach seinen Aussagen vor der ersten Instanz mit der Möglichkeit gerechnet, dass das Handzeichen allenfalls nicht gesehen werden könnte. Unter diesen Umständen durfte er nicht im Vertrauen auf das Vortrittsrecht, das ihm nach Art. 26 Abs. 3 MFG gegenüber einem von hinten kommenden Fahrzeug zustand, es bei dem Handzeichen bewenden lassen und aufs Geratewohl abbiegen. Er hätte vielmehr unmittelbar vorher, allenfalls nach bereits erfolgter leichter Schrägstellung seines Fahrzeuges, einen Blick nach rückwärts werfen sollen, um sich zu vergewissern, ob von dort keine Gefahr drohe. Hätte er sich so verhalten, dann hätte er das Auto Matzingers, das nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz in diesem Zeitpunkt nur noch ca. 40 m entfernt war, sehen und auf Grund der Erkenntnis, dass jener ihm den Vortritt nicht mehr gewähren könne oder wolle, anhalten müssen. Hiezu war er nach der allgemeinen Vorschrift von Art. 25 Abs. 1 MFG gehalten, die den Fahrzeuglenker überall dort zum Anhalten verpflichtet, wo sein Fahrzeug Anlass zu einem Unfall geben könnte. Nach ständiger Rechtsprechung gilt diese Bestimmung auch für den BGE 81 IV 134 S. 138 Vortrittsberechtigten, der sieht oder bei gehöriger Aufmerksamkeit sehen könnte, dass ihm durch ein selbst vorschriftswidriges Verhalten des andern die Ausübung des Vortrittsrechts verunmöglicht wird ( BGE 77 IV 221 , BGE 79 II 216 und dort erwähnte Entscheide). 2. Die schuldhafte Verletzung der nach Art. 25 Abs. 1 MFG gebotenen Sorgfaltspflicht, die dem Beschwerdeführer zur Last fällt, stellt zugleich eine Fahrlässigkeit dar, welche auf Grund von Art. 65 Abs. 4 MFG die von der Vorinstanz ausgesprochene Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung rechtfertigt. Damit bleibt kein Raum mehr für die Rüge, die Vorinstanz habe zu Unrecht ein fahrlässiges Verhalten desBeschwerdeführers bejaht, obwohl er keine ausdrückliche Verkehrsvorschrift übertreten habe. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann sodann nicht zweifelhaft sein, dass zwischen seinem Verstoss gegen die erwähnte Verkehrsvorschrift und den Verletzungen des Amstutz ein Kausalzusammenhang im Rechtssinn besteht. Sein Verhalten war nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geeignet, den tatsächlich eingetretenen Erfolg herbeizuführen ( BGE 73 IV 231 ). Die Missachtung der nach Art. 25 Abs. 1 MFG gebotenen Vorsichtspflicht schloss unter den gegebenen Umständen die hohe Gefahr eines Zusammenstosses in sich. Dass neben dem fehlerhaften Verhalten des Beschwerdeführers auch ein solches des Autolenkers Matzinger zum Unfall beigetragen hat, ist für die Entscheidung der grundsätzlichen Frage nach der rechtserheblichen Kausalität des vom Beschwerdeführer begangenen Verstosses ohne Belang. 3. Die Beschwerde Redigers gegen seine Verurteilung ist somit abzuweisen. Ob die gegen ihn ausgefällte Strafe im richtigen Verhältnis zur Bestrafung des Autolenkers Matzinger steht, hat der Kassationshof nicht zu überprüfen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Beschwerde wird abgewiesen.
null
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de
1,955
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Federation
bc403578-22df-4ca2-87af-0fb049c23a4a
Urteilskopf 96 I 165 30. Urteil vom 20. März 1970 i.S. C. gegen Kanton Basel-Stadt
Regeste Steueramnestie gemäss BG vom 15. März 1968. 1. Das Bundesgericht beurteilt Streitigkeiten über die Amnestie als einzige Instanz, soweit sie die kantonalen Steuern betreffen, und als Beschwerdeinstanz, soweit sie die Bundessteuern angehen (Erw. 1). 2. Voraussetzungen der in Art. 3 Abs. 1 BG vorgesehenen Ausnahme von der Amnestie. Fall eines Erben, dem das kantonale Erbschaftsamt Ende Dezember 1968 auf einem Formular angezeigt hat, dass am 3. Januar 1969 ein Nachlassinventar aufgenommen werde und dass diese Massnahme als Einleitung eines Nachsteuerverfahrens gelte (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 96 I 165 S. 166 A.- A.C. starb am 20. Dezember 1968 in Basel. Kurz vor seinem Tode setzte er in seinem Testament seine Schwester B.C. als Alleinerbin ein. Am 30. Dezember 1968 kündigte das Erbschaftsamt Basel-Stadt der Erbin an, dass am 3. Januar 1969 das erbschaftsamtliche Inventar aufgenommen werde. Das für die Mitteilung verwendete Formular trug den Titel "Anzeige betreffend Inventaraufnahme" und gab auf der Rückseite einige Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen über die Aufnahme des Nachlassinventars wieder. Mit einem Umdruckapparat brachte das Erbschaftsamt auf allen Anzeigen, die es in der Zeit vom 6. September bis zum 31. Dezember 1968 versandte, somit auch auf der Anzeige, die B.C. erhielt, den folgenden Nachsatz an: "Die Aufnahme des Nachlassinventars gilt als Einleitung eines Nachsteuerverfahrens." B.- Am 3. Januar 1969 wurde das Nachlassinventar aufgenommen. Dabei zeigte sich, dass der Erblasser ein Guthaben gegenüber seiner ehemaligen Arbeitgeberin in der Höhe von Fr. 62 648.55 besass, aber weder den Kapitalbetrag noch die Zinsen je der Steuerbehörde angegeben hatte. In der Folge verlangte die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt von B.C. kantonale Nachsteuern im Betrage von Fr. 2800.45, zuzüglich Verzugszinsen von Fr. 478.65, zusammen Fr. 3279. 10. Ferner belegte die kantonale Wehrsteuerverwaltung die Erbin mit Nachsteuern und Bussen für die 12., 13. und 14. Periode der eidgenössischen Wehrsteuer im Gesamtbetrag von Fr. 601.20. Die Erbin erhob Einsprache mit dem Begehren, diese Forderungen seien aufzuheben, da sie unter die Steueramnestie fielen. Mit Entscheid vom 23. September 1969 wies die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt die Einsprache ab. C.- Am 3. Oktober 1969 legte B.C. gegen den Einspracheentscheid beim Bundesgericht "Rekurs gemäss Art. 5 des Amnestiegesetzes" ein. Sie beantragt, die Nachsteuerforderungen seien aufzuheben und der Amnestie zu unterstellen. D.- Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt stellt den Antrag, das Begehren der Erbin sei abzuweisen, soweit BGE 96 I 165 S. 167 es die kantonalen Steuern betrifft. Als Veranlagungsbehörde für die eidgenössische Wehrsteuer verzichtet sie dagegen auf die Forderung von Fr. 601.20. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der von Volk und Ständen am 18. Februar 1968 angenommene Artikel 9 der Übergangsbestimmungen zur Bundesverfassung räumt dem Bund in Abs. 1 die Befugnis ein, während der Jahre 1969 bis 1973 eine einmalige Steueramnestie mit Wirkung für die Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden anzuordnen. Das in Art. 9 Abs. 2 dieser Übergangsbestimmungen vorgesehene Ausführungsgesetz, das Bundesgesetz "über die Durchführung der allgemeinen Steueramnestie auf 1. Januar 1969" (vom 15. März 1968), trat am 1. Januar 1969 in Kraft (Art. 7 Abs. 1). Unter Hinweis auf Art. 111 lit. a OG (Fassung von 1943) ordnet das Amnestiegesetz in Art. 5 an, dass das Bundesgericht als einzige Instanz Anstände beurteilt, die sich bei der Anwendung dieses Gesetzes im Bereich der kantonalen Steuern ergeben. Dagegen werden Streitigkeiten über die Auswirkung der Amnestie auf eidgenössische Steuern von den ordentlicherweise für die Anwendung von Steuergesetzen des Bundes zuständigen Behörden und in letzter Instanz vom Bundesgericht auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin entschieden. Im vorliegenden Fall sind nur noch die kantonalen Nachsteuern streitig. Deshalb ist die Eingabe der Erbin B.C. an das Bundesgericht als verwaltungsrechtliche Klage im Sinne von Art. 116 OG (neu) zu behandeln. Die im Einspracheentscheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung - die kantonale Steuerverwaltung spricht von einem "Rekurs" - ist nicht ganz zutreffend. 2. Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Amnestiegesetzes sind von der Steueramnestie ausgenommen Steuernachforderungen und Steuerstrafen, deren Geltendmachung im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes, somit am 1. Januar 1969, mit Wissen des Steuerpflichtigen oder eines seiner Rechtsnachfolger bereits eingeleitet war. Nach dem Wortlaut des Nachsatzes, welcher auf der an die Klägerin gerichteten "Anzeige betreffend Inventaraufnahme" vom 30. Dezember 1968 angebracht ist, "gilt die Aufnahme des Nachlassinventars als Einleitung eines Nachsteuerverfahrens". BGE 96 I 165 S. 168 Beim Empfang dieser Anzeige wusste deshalb die Klägerin oder hätte wenigstens wissen müssen, dass ein solches Verfahren am 3. Januar 1969, am Tage der Aufnahme des Nachlassinventars, beginnen werde. Möglicherweise erhielt sie die Anzeige noch am 31. Dezember 1968. Dies ist indessen unerheblich; denn gemäss dem klaren Wortlaut des erwähnten Satzes leitet nicht schon die Zustellung der Anzeige das Nachsteuerverfahren ein, sondern erst die Aufnahme des Nachlassinventars. Dieses wurde indessen am 3. Januar 1969, also erst nach dem Inkrafttreten des Amnestiegesetzes, aufgenommen. Damit steht fest, dass das gegen B. C. laufende Nachsteuerverfahren am 1. Januar 1969 noch nicht mit ihrem Wissen eingeleitet war. Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt macht in der Klageantwort geltend, nach dem kantonalen Recht trete im Todesfalle an die Stelle der Steuererklärung der Erben die obligatorische amtliche Inventarisierung des Nachlasses, die fiskalischen Zwecken diene; hier sei mit der Aufnahme des amtlichen Erbschaftsinventars kraft Gesetzes ein an den Todesfall anknüpfendes Nach- und Strafsteuerverfahren eingeleitet worden. Mit diesen Ausführungen ist jedoch nicht dargetan, dass am 1. Januar 1969 die Geltendmachung der Steuernachforderungen und der Steuerstrafen mit Wissen der Klägerin im Sinne von Art. 3 Abs. 1 des Amnestiegesetzes bereits eingeleitet war. Allerdings trifft es zu, dass das Bundesgericht bei der Anwendung des Art. 3 Abs. 2 des Bundesratsbeschlusses über die Erhebung eines einmaligen Wehropfers vom 19. Juli 1940 - diese Bestimmung lautet ähnlich wie Art. 3 Abs. 1 des Amnestiegesetzes - das im Recht des Kantons Basel-Stadt vorgesehene Nachlassinventar als eine der Steuerkontrolle dienende Massnahme betrachtet hat, als ein Inventar, dessen Aufnahme von Gesetzes wegen die Einleitung eines Nachsteuerverfahrens bedeutet, wenn der Erblasser seiner Steuerpflicht ungenügend nachgekommen ist (ZBl Bd. 44/1943, S. 482; vgl. auch Bd. 43/1942, S. 132). Indessen ist der in Art. 3 Abs. 1 des Amnestiegesetzes genannte Begriff der Geltendmachung von Steuernachforderungen und Steuerstrafen ein Begriff des Bundesrechts. Er ist deshalb im Sinne des Bundesrechts, nicht im Sinne irgendeines kantonalen Rechts auszulegen. Das Versenden eines blossen Formulars "Anzeige betreffend Inventaraufnahme" mit dem aufgedruckten Nachsatz, dass "die Aufnahme des BGE 96 I 165 S. 169 Nachlassinventars als Einleitung eines Nachsteuerverfahrens gilt", kann aber noch nicht als Geltendmachung einer Steuernachforderung oder einer Steuerstrafe gemäss Art. 3 Abs. 1 des Amnestiegesetzes betrachtet werden. Von einer solchen Geltendmachung könnte erst gesprochen werden, wenn die Steuerverwaltung konkrete Verdachtsgründe dafür gehabt hätte, dass der Erblasser einen Teil seines Einkommens oder seines Vermögens verheimlicht habe, und wenn sie in entsprechender Weise gehandelt hätte. (Vgl. dazu das am 6. September 1968 von der Eidg. Steuerverwaltung an die kantonalen Wehrsteuerverwaltungen gerichtete Kreisschreiben Nr. 6, Ziff. 1 lit. c, 2. Abs.: "Das Verfahren ist eingeleitet, wenn die zuständige Behörde bestimmte, auf die Feststellung der Nachsteueransprüche gerichtete Massnahmen getroffen hat [Bücheruntersuchung, Einforderung von Belegen, Aufforderung zur Vernehmlassung im Sinne von Art. 132 Abs. 2 WStB usw.] Eine bloss vorsorgliche, formelle Ankündigung eines Verfahrens, der keinerlei eigentliche Untersuchungsmassnahmen vorangegangen sind, genügt nicht.") Im Zeitpunkt, in dem das Erbschaftsamt Basel-Stadt der Erbin die "Anzeige betreffend Inventaraufnahme" zustellte (am 30. Dezember 1968), lagen indessen noch gar keine konkreten Anhaltspunkte für einen Hinterziehungstatbestand vor. Die vom Erblasser nicht deklarierte Forderung im Betrage von Fr. 62 648.55 kam erst später, im Verlaufe der Inventaraufnahme, zum Vorschein. Die Zustellung der Anzeige mit dem erwähnten Nachsatz auf der Rückseite war bloss eine routinemässige Verrichtung, die das Erbschaftsamt Basel-Stadt ohne Rücksicht darauf besorgte, ob konkrete Verdachtsgründe für eine Steuerhinterziehung bestanden oder nicht. Die der Klägerin am 30. Dezember 1968 zugesandte Anzeige bedeutete deshalb noch keine Einleitung eines Nachsteuerverfahrens im Sinne des Art. 3 Abs. 1 des Amnestiegesetzes. Anders verhielt es sich in dem vom Bundesgericht am 20. Februar 1970 beurteilten Falle L. Am 3. Januar 1966 erhielt L. von der Steuerverwaltung des Kantons Tessin einen vom 30. Dezember 1965 datierten eingeschriebenen Brief, worin sie ihm mitteilte, dass er die bei Grundstückverkäufen erzielten Gewinne in seinen Steuererklärungen nicht angegeben habe. Sie erklärte deshalb, dass sie unverzüglich ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung einleiten werde. Die Steuerverwaltung des Kantons Zürich hatte ihr von den Gewinnen Kenntnis gegeben. BGE 96 I 165 S. 170 Da die Steuerverwaltung des Kantons Tessin somit Grund zur Annahme einer Hinterziehung hatte, bedeutete ihr Brief vom 30. Dezember 1965, anders als die vom Erbschaftsamt Basel-Stadt am 30. Dezember 1968 an B.C. abgeschickte Anzeige, eine Geltendmachung von Steuernachforderungen und Steuerstrafen. Da im vorliegenden Fall das gegen die Klägerin eröffnete Nachsteuerverfahren am 1. Januar 1969 mit ihrem Wissen noch nicht eingeleitet war, steht ihr das Recht zu, von der Steueramnestie Gebrauch zu machen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Es wird davon Kenntnis genommen, dass die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt auf die gegen B.C. erhobene Nachforderung von Wehrsteuern verzichtet. 2.- Es wird festgestellt, dass die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt von B.C. zu Unrecht kantonale Nachsteuern im Betrage von Fr. 3279.10 fordert.
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Urteilskopf 89 II 402 52. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civlle du 19 novembre 1963 dans la cause Rohrbasser contre Estoppey.
Regeste Art. 60 Abs. 1 OR . Verjährung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung. Der Schaden ist unter diesem Gesichtspunkt als eine Einheit zu betrachten. Kenntnis vom Schaden.
Sachverhalt ab Seite 402 BGE 89 II 402 S. 402 A.- Le 24 juin 1956, le vétérinaire Ernest Rohrbasser déclara propre à la consommation la viande d'une pouliche abattue d'urgence. Le boucher Alexandre Estoppey l'écoula sur la place de Moudon, provoquant une épidémie de paratyphus. Le 27 mai 1957, Rohrbasser fut reconnu coupable de lésions corporelles par négligence et condamné par la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal fribourgeois. B.- Le 4 janvier 1961, Estoppey a fait notifier à Rohrbasser un commandement de payer, aussitôt frappé d'opposition. Le 12 décembre suivant, il lui a demandé en justice le remboursement de frais de guérison et de désinfection, ainsi que du prix de la viande confisquée, et la réparation du tort moral causé à sa famille. Il réclamait en outre 18 600 fr. en raison d'une baisse de son chiffre d'affaires dû à une diminution de la clientèle. Cette dernière prétention, la plus importante, se fondait sur l'avis d'un conseil du demandeur qui, après avoir analysé les exercices 1955 à 1959, avait établi, pour "faciliter toute discussion", un rapport daté du 26 janvier 1960. La preuve n'a pas été rapportée que le lésé ait pu connaître auparavant, de manière suffisamment précise, l'ampleur du préjudice; la comparaison des résultats de trois années successives au moins pouvait seule lui donner une indication, d'ailleurs encore rudimentaire; le montant exagéré BGE 89 II 402 S. 403 d'un commandement de payer antérieur révèle en outre qu'il ne disposait pas encore, un an après le fait dommageable, de données sérieuses. Le défendeur a soulevé l'exception de prescription, sans se prononcer sur les autres questions de fond. Le 9 mai 1962, le Tribunal civil de l'arrondissement de la Veveyse a instruit ce moyen séparément, avec l'accord des parties. Le 19 décembre suivant, il l'a rejeté dans la mesure où la demande vise le dommage résultant des lésions corporelles (art. 60 al. 2 CO; 70 et 72 ch. 2 al. 2 CP) et admis pour le surplus (art. 60 al. 1 CO). C.- Le 5 juin 1963, la Cour d'appel du Tribunal cantonal fribourgeois a rejeté l'exception en application de l'art. 60 al. 1 CO. D.- Le défendeur recourt en réforme contre cet arrêt. Il persiste à prétendre que l'action est prescrite. L'intimé propose le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recours est recevable. L'arrêt attaqué est une décision préjudicielle prise séparément. Si le Tribunal fédéral admet l'exception de prescription rejetée par la Cour cantonale, il provoquera immédiatement une décision finale et rendra inutile une procédure probatoire dont la durée et les frais seraient élevés (art. 50 al. 1 OJ; RO 74 II 93; 82 II 170 /171; 85 II 12 ). 2. Aux termes de l'art. 60 al. 1 CO, l'action en dommages-intérêts ou en paiement d'une somme d'argent à titre de réparation morale se prescrit par un an à compter du jour où la partie lésée a eu connaissance du dommage ainsi que de la personne qui en est l'auteur. a) En principe, le dommage doit être considéré comme un tout, non comme la somme de divers préjudices distincts pour lesquels courraient des délais de prescription différents (RO 74 II 370; v. en outre RO 43 II 319). Il suit de là, en l'espèce, que la Cour cantonale a examiné avec raison les éléments de la demande dans leur ensemble. BGE 89 II 402 S. 404 b) Le lésé connaît le dommage lorsqu'il apprend, touchant son existence, sa nature et ses éléments essentiels, les circonstances propres à fonder et à motiver une demande en justice. Si l'ampleur du préjudice résulte d'une situation qui évolue, la prescription ne saurait courir avant le terme de l'évolution; et encore faut-il peut-être un certain temps au lésé pour apprécier le déroulement des conséquences de l'acte illicite et l'état définitif du dommage. Cette hypothèse se réalise notamment en cas de traitement médical ou lorsqu'une perte de gain s'étale dans le temps par exemple en raison d'une incapacité de travail, passagère ou permanente (RO 74 II 33, 79 II 436 consid. 3 et 82 II 44, ainsi que les arrêts cités). En accord avec les parties, le juge a d'emblée statué, en l'espèce, sur l'exception de prescription, sans se préoccuper du lien de causalité existant entre les divers éléments du dommage et l'acte illicite reproché au recourant, ni même de l'existence du préjudice allégué. Le cadre du débat, ainsi défini, n'est pas discuté dans la procédure de réforme. Il est donc admis, par hypothèse, que la part la plus importante du dommage résulte d'une diminution de la clientèle de l'intimé durant une certaine période. Or la Cour cantonale constate que la comparaison d'au moins trois exercices annuels consécutifs pouvait seule donner à l'intimé une indication, d'ailleurs rudimentaire, sur ce préjudice. Ce faisant, elle apprécie l'évolution de la clientèle d'un boucher qui a vendu sur la place de Moudon de la viande avariée et provoqué ainsi une épidémie. Elle fixe souverainement un fait dans un contexte particulier (art. 63 al. 2 OJ). Elle ajoute que la preuve n'a pas été rapportée que le lésé ait pu connaître plus tôt, de manière suffisamment précise, l'ampleur du préjudice. Le recourant lui oppose vainement l'opinion du tribunal de première instance ou sa propre analyse du chiffre d'affaires des années 1955 à 1958. Vu ces faits, on ne saurait contester que l'intimé n'a pu avoir connaissance de l'élément le plus important du dommage BGE 89 II 402 S. 405 avant la fin de l'année 1959. Le rapport du conseil consulté à ce sujet lui étant parvenu peu après, il est normal de faire partir le délai de prescription du 26 janvier 1960. Le commandement de payer du 4 janvier 1961 a interrompu celle-ci à temps.
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Urteilskopf 85 I 201 32. Arrêt du 2 décembre 1959 dans la cause X. contre Tribunal du IIe arrondissement du canton de Valais.
Regeste Art. 4 BV ; Anspruch auf rechtliches Gehör in Strafsachen. Ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn der Strafrichter den bedingten Strafvollzug widerruft, ohne den Verurteilten anzuhören und ohne die Gründe des zum Widerruf führenden Urteils zu prüfen? Besteht ein Unterschied, je nachdem die neue Verurteilung den Widerruf zwingend nach sich zieht oder nicht?
Sachverhalt ab Seite 201 BGE 85 I 201 S. 201 A.- X. a été condamné le 11 mai 1954 par le Tribunal de l'arrondissement de Sion à dix mois d'emprisonnement, avec sursis pendant cinq ans, pour attentat à la pudeur des enfants, et, le 2 juillet 1959, par le Tribunal de l'arrondissement BGE 85 I 201 S. 202 de Martigny à 30 jours d'arrêts pour la même infraction, ainsi que pour outrage public à la pudeur. Comme les actes ayant abouti à cette seconde condamnation avaient été commis en février 1959, c'est-à-dire pendant le délai d'épreuve fixé en 1954, le Département de justice du canton du Valais invita le Tribunal de l'arrondissement de Sion, le 28 août 1959, à statuer sur le sort du sursis accordé le 11 mai 1954. Le 14 septembre 1959, ce tribunal, sans entendre X. ni examiner le dossier de la deuxième affaire, révoqua le sursis et ordonna que la peine de dix mois d'emprisonnement fût mise à exécution. B.- Agissant par la voie du recours de droit public, X. requiert le Tribunal fédéral d'annuler la décision révoquant le sursis. Il se plaint d'un acte arbitraire et d'un déni de justice. Ses moyens seront repris ci-après dans la mesure utile. Le président du Tribunal de l'arrondissement de Sion a présenté des observations où, sans prendre de conclusions, il soutient que le recourant ne saurait se plaindre d'une violation de l'art. 4 Cst. Erwägungen Considérant en droit: 1. La décision attaquée n'est susceptible d'aucun recours cantonal. Elle est dès lors une décision de dernière instance au sens de l'art. 87 OJ et, comme telle, peut faire l'objet d'un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst. 2. D'après la jurisprudence du Tribunal fédéral, le citoyen a un droit à ce que la situation juridique dans laquelle il a été placé par un jugement pénal ou civil ne soit pas changée à son détriment sans qu'il ait eu l'occasion de s'exprimer sur les motifs qui pourraient justifier cette modification. Ce droit d'être entendu découle directement de l'art. 4 Cst. Il est de nature formelle, de sorte qu'il ne dépend pas d'un intérêt matériel à le faire valoir (RO 64 I 148 ; 75 I 227 ; 76 I 182 ; 82 I 71 consid. 2 ; 83 I 240 ). BGE 85 I 201 S. 203 En accordant le sursis au recourant, le jugement pénal du 11 mai 1954 a mis ce dernier dans une situation juridique déterminée. La décision du 14 septembre 1959, qui a révoqué cette mesure et ordonné l'exécution de la peine, a modifié au détriment du condamné la situation ainsi créée. X. avait donc en principe le droit d'être entendu, et, ayant statué sans tenir compte de ce droit, la juridiction cantonale a violé l'art. 4 Cst. Il est vrai que dans le système du code pénal la révocation du sursis est parfois automatique, c'est-à-dire doit nécessairement être ordonnée lorsque certaines conditions sont réunies, et cela quels que soient les moyens que le condamné soulève. Ainsi en va-t-il lorsque l'acte qui entraîne la révocation du sursis est une infraction grave commise intentionnellement durant le délai d'épreuve (art. 41 ch. 3 al. 1 CP). On pourrait dès lors se demander si la nature formelle du droit d'être entendu va jusqu'à exiger que l'autorité permette à l'intéressé de s'expliquer même lorsqu'avant de statuer, elle se rend compte sans hésitation possible qu'elle se trouve devant un cas de révocation automatique. Il est inutile toutefois de trancher aujourd'hui cette question. En effet, avant de rendre son prononcé, le Tribunal de Sion ne se trouvait certainement pas dans une telle situation. Au contraire, les actes sur la base desquels la révocation du sursis était demandée ayant été sanctionnés par trente jours d'arrêts, il pouvait et devait, conformément à la jurisprudence (RO 78 IV 11) et lors même que la peine n'était pas minime, se demander s'il était ou non en présence d'un cas de très peu de gravité au sens de l'art. 41 ch. 3 al. 2 CP. Or, pour trancher cette question, il lui fallait tenir compte notamment des conditions personnelles dans lesquelles le recourant se trouvait quand il a commis la nouvelle infraction. De plus, supposé qu'il ait considéré cette infraction comme un cas de très peu de gravité, il aurait dû choisir entre l'exécution de la peine et le simple avertissement, ce qu'il ne pouvait faire sans prendre en considération le caractère et la BGE 85 I 201 S. 204 situation du recourant au moment où la question de la révocation du sursis se posait. Dès lors, même si, de façon générale, on ne veut pas admettre toutes les conséquences de la nature formelle du droit d'être entendu et que l'on considère que, dans les cas de révocation automatique, le condamné ne peut revendiquer le droit de s'expliquer, il est certain qu'au regard des questions d'ordre subjectif qui se posaient en l'espèce, l'autorité cantonale ne pouvait statuer sans entendre le recourant. Du reste, même si elle ne méritait pas de reproche à cet égard, sa décision n en serait pas moins contraire à l'art. 4 Cst., car elle l'a prise non seulement sans entendre le recourant, mais encore sans examiner le dossier du jugement sur la base duquel la révocation était demandée. Cette manière de procéder est visiblement contraire à l'art. 4 Cst., car il est hors de doute que le Tribunal de Sion n'était pas en mesure de résoudre les problèmes qui se posaient, sans prendre connaissance au moins des motifs du jugement du 2 juillet 1959. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours dans le sens des considérants et annule la décision attaquée.
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Urteilskopf 100 IV 205 53. Urteil des Kassationshofes vom 13. Dezember 1974 i.S. Seger gegen Staatsanwaltschaft und Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau.
Regeste Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 StGB ; Aufhebung der Arbeitserziehung. Diese Bestimmung regelt ausserordentliche Fälle einer Aufhebung der Arbeitserziehung. Der Richter bricht deshalb die Massnahme nur aus besonderen und zwingenden Gründen vorzeitig ab.
Sachverhalt ab Seite 205 BGE 100 IV 205 S. 205 A.- Heinz Seger, geboren 1949, wurde am 18. Oktober 1971 durch das Waisenamt Frauenfeld für zwei Jahre in die Arbeitserziehungsanstalt Krekelhof in Herisau eingewiesen. Mit Urteil vom 20. April/19. Mai 1972 verurteilte ihn das Bezirksgericht Steckborn wegen wiederholten Diebstahls und BGE 100 IV 205 S. 206 weiterer Delikte zu einer Gefängnisstrafe von acht Monaten unter Anrechnung von fünf Tagen Untersuchungshaft. Es schob den Vollzug der Gefängnisstrafe auf und ordnete an deren Stelle die Arbeitserziehung an. Zu deren Vollzug wurde Seger in die Arbeitserziehungsanstalt Kalchrain und zwischenhinein in die Strafanstalt Tobel verbracht. Am 4. November 1973 entwich er mit Roger Häberling aus der Anstalt Kalchrain, und am 15. November veranlasste er Peter Portmann zur Flucht. Deswegen wurde er in die Strafanstalt Realta versetzt, aus der er zusammen mit René Trachsler am 21. Dezember 1973 erneut entwich. Anlässlich der beiden Entweichungen beging Seger verschiedene Delikte. Das Bezirksgericht Steckborn fand ihn deswegen mit Urteil vom 26. September/15. November 1974 der Befreiung eines Gefangenen, des wiederholten Diebstahls sowie weiterer Straftaten schuldig und verurteilte ihn zu drei Monaten Gefängnis. B.- Mit Beschluss vom 11. Juli/5. August 1974 wies das Bezirksgericht Steckborn ein Gesuch Segers um endgültige, eventuell bedingte Entlassung aus der Arbeitserziehung auf den 30. Juni 1974 ab. C.- Mit Beschwerde an die Rekurskommission des Obergerichtes des Kantons Thurgau verlangte Seger die Entlassung mit Rückwirkung auf den 30. Juni 1974 aus der Arbeitserziehung und Anrechnung der seither in der Anstalt Realta verbrachten Zeit auf die im hängigen Verfahren vor Bezirksgericht Steckborn zu gewärtigende Strafe. Eventuell sei er, ebenfalls unter Anrechnung auf die zu erwartende Strafe, bis zur Hauptverhandlung in eine Strafanstalt einzuweisen. Subeventuell sei die Arbeitserziehung in einer eigentlichen Arbeitserziehungsanstalt zu vollziehen. Mit Beschluss vom 23. September 1974 wurde die Beschwerde abgewiesen. D.- Seger führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und wiederholt den vor der Vorinstanz gestellten Hauptantrag. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 100 ter Ziff. 1 Abs. 1 StGB wird ein in eine Arbeitserziehungsanstalt Eingewiesener nach einer Mindestdauer von einem Jahr unter gewissen Voraussetzungen bedingt entlassen und unter Schutzaufsicht gestellt. Sind die BGE 100 IV 205 S. 207 Voraussetzungen der bedingten Entlassung nach drei Jahren Aufenthalt in der Anstalt noch nicht eingetreten, so hat die zuständige Behörde zu entscheiden, ob die Massnahme aufzuheben oder höchstens um ein Jahr zu verlängern sei ( Art. 100 ter Ziff. 2 Abs. 1 StGB ). Neben dieser ordentlichen Beendigung der Arbeitserziehung, über welche die zuständige Behörde befindet, kennt das Gesetz in Art. 100 ter Ziff. 4 StGB ausserordentliche Gründe für die Aufhebung der Massnahme. Der Entscheid hierüber liegt - analog zu Art. 42 Ziff. 5, 43 Ziff. 3 Abs. 1 und 45 Ziff. 6 StGB - beim Richter (vgl. Botschaft des BR vom 1. März 1965, BBl 1965 I 601). 2. Das kantonale Verfahren hat nur die ausserordentliche richterliche Aufhebung der Massnahme gemäss Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 zum Gegenstand. Der Beschluss der Vorinstanz ist demnach ein gerichtliches Urteil im Sinne von Art. 268 Ziff. 1 BStP , das nicht mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne von Art. 97 ff. OG , wohl aber mit der Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 268 ff. BStP angefochten werden kann. Da die Beschwerde nicht binnen zehn Tagen seit Eröffnung des angefochtenen Beschlusses angemeldet wurde ( Art. 272 Abs. 1 BStP ), ist sie verspätet. Der Beschwerdeführer hat sich indessen an die unrichtige Rechtsmittelbelehrung der Vorinstanz gehalten. Die Beschwerde ist deshalb im Sinne von Art. 251 Abs. 2 BStP und Art. 35 OG entgegenzunehmen. 3. Voraussetzung der richterlichen Aufhebung der Arbeitserziehung nach Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 StGB ist zunächst, dass die Massnahme wegen Erfolglosigkeit schon vor Ablauf von drei Jahren Anstaltsaufenthalt aufgehoben werden muss. Diese zeitliche Voraussetzung ist erfüllt. Als das Verfahren über die Aufhebung der Arbeitserziehung vom kantonalen Gericht eingeleitet wurde, war die dreijährige Frist nicht abgelaufen. Selbst wenn sie inzwischen abgelaufen wäre, müsste die Nichtigkeitsbeschwerde materiell beurteilt werden, da das Gesuch rechtzeitig hängig gemacht wurde. Anders würde es sich nur verhalten, wenn die Beschwerde z.B. wegen Aufhebung der Massnahme durch die zuständige Behörde nach Art. 100 ter Ziff. 2 StGB gegenstandslos geworden wäre. Ob die Arbeitserziehung, die am 18. Oktober 1971 vormundschaftlich verfügt worden war, auf die strafrechtliche BGE 100 IV 205 S. 208 Massnahme anzurechnen ist, kann daher offen bleiben. Die Zeit, während welcher der Beschwerdeführer flüchtig war, kann jedoch auf die drei Jahre nicht angerechnet werden. Der spezialpräventive Charakter der Massnahme vermag daran nichts zu ändern. Denn die Arbeitserziehung konnte während des fluchtbedingten Unterbruchs nicht wirken. 4. Die Arbeitserziehung ist eine Massnahme, die eine Fehlentwicklung von jungen Erwachsenen durch Erziehung zur Arbeit und charakterliche Festigung berichtigen und damit künftigen Straftaten vorbeugen will (vgl. Art. 100 bis Ziff. 1 und 3 StGB ). Die Massnahme muss demnach aufgehoben werden, wenn sie ihren spezialpräventiven Zweck erreicht hat oder sich herausstellt, dass sie ihn nicht erreichen wird und somit zwecklos geworden ist. Ziff. 2 Abs. 1 und Ziff. 4 Abs. 2 des Art. 100 ter entsprechen sich insoweit, als sie die Massnahme aufheben lassen, wenn sie sich als erfolglos erweist. Ziff. 2 Abs. 1 enthält den ordentlichen Fall, weshalb die Vollzugsbehörde zuständig erklärt wird. In Ziff. 4 sind neben der Quasiverjährung (Absatz 1) weitere Fälle geregelt, wo die Arbeitserziehung aus irgendeinem Grund schon vor Ablauf von drei Jahren aufgehoben werden muss. Wie in Art. 42 Ziff. 5, 43 Ziff. 3 Abs. 1 und 3 und 44 Ziff. 3 StGB handelt es sich um ausserordentliche Fälle, d.h. um Gründe, die ausserhalb der üblichen Entwicklung der in eine Arbeitserziehungsanstalt Eingewiesenen liegen. Was alles unter diese Auffangklausel fällt, kann nicht abschliessend aufgezählt werden, weshalb das Gesetz von "irgendeinem Grunde" spricht. Weil es sich um ausserordentliche Fälle handelt, wird der Richter zuständig erklärt. Dieser soll aber nicht in den ordentlichen Vollzug der Arbeitserziehung eingreifen. Für die vorzeitige Aufhebung der Massnahme muss ein zwingender Grund vorliegen, der dem Richter im Hinblick auf den spezialpräventiven Zweck der Arbeitserziehung vernünftigerweise keine andere Wahl lässt, als dieselbe vorzeitig abzubrechen. Das meint das Gesetz, wenn es sagt, dass die Massnahme aus irgendeinem Grund aufgehoben werden "muss". Der Richter bricht also die Arbeitserziehung gemäss Art. 100 ter Ziff 4 Abs. 2 StGB nur aus besonderen und zwingenden Gründen vorzeitig ab, wenn der Eingewiesene beispielsweise durch Unfall invalid geworden ist oder wegen geistiger Störungen nach Art. 43 StGB behandelt werden muss BGE 100 IV 205 S. 209 (dazu Ziff. 4 Abs. 1). Ähnlich verhält es sich in Art. 42 Ziff. 5 StGB , wonach der Richter die Verwahrung vor Ablauf der Minimalfrist von drei Jahren aufheben kann, wenn infolge eines Unfalls oder eines operativen Eingriffs kein Grund für die Massnahme mehr besteht und zwei Drittel der Strafe verbüsst sind (vgl. Botschaft des BR, a.a.0., S. 575 und SCHULTZ, AT II, 2. Aufl., S. 105 f.). Dass ein vorzeitiger Abbruch der Arbeitserziehung gemäss Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 nur ausnahmsweise erfolgen kann, ergibt sich auch aus dem erzieherischen Zweck der Massnahme. Es soll nämlich verhindert werden, dass durch die Aufhebung der Massnahme die für die Resozialisierung wichtige und mit Schutzaufsicht verbundene bedingte Entlassung leichthin ausgeschaltet werde. 5. Sein Begehren, die Arbeitserziehung sei gemäss Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 StGB aufzuheben, stützt der Beschwerdeführer auf den Bericht der Leitung der Anstalt Realta vom 9. Juli 1974. Darin wird ausgeführt, dass Seger sich innerlich nie mit der Anstaltseinweisung habe abfinden können. Er sei an sich nicht als kriminell einzustufen; vielmehr liege bei ihm eine innere und zum Teil äussere Verwahrlosung und Disziplinlosigkeit vor. Arbeitsmässig könne ihm ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt werden. Er werde als Mitarbeiter im Arbeitsteam geschätzt. Auch habe er sich gegenüber den Angestellten der Anstalt sehr korrekt verhalten. Leider sei er aus Verbitterung über die seines Erachtens ungerechte Anstaltseinweisung an Weihnachten 1973 mit einem Kollegen entwichen und von einem ihm später gewährten Urlaub nicht freiwillig zurückgekehrt. Trotzdem müsse es als grosse Leistung seinerseits betrachtet werden, dass er sich im offenen Betrieb von Realta sonst gut habe eingliedern lassen. Eine Weiterführung der Massnahme bringe wohl keine Verbesserung seiner persönlichen Situation mehr. Die Anstaltsleitung befürworte deshalb seine Entlassung, wobei man ihn am besten wohl gleich die zu gewärtigende Strafe antreten lasse. Aus diesen Ausführungen der Anstalt Realta werden keine besonderen Gründe erkennbar, welche den Richter nach Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 zwingen würden, die Massnahme vorzeitig abzubrechen. Vielmehr handelt es sich um Umstände und Verhältnisse, die im Rahmen des Massnahmenvollzugs durch die ordentliche Vollzugsbehörde zu bewerten sind. BGE 100 IV 205 S. 210 Diese wird zu gegebener Zeit einen Entscheid im Sinne von Art. 100 ter Ziff. 1 Abs. 1 oder Ziff. 2 Abs. 1 StGB treffen müssen. 6. Besteht demnach kein Grund für einen vorzeitige Abbruch der Arbeitserziehung durch den Richter im Sinne von Art. 100 ter Ziff. 4 Abs. 2 StGB , so ist die Beschwerde abzuweisen. Bleibt die Massnahme bis zu einer allfälligen Aufhebung durch die zuständige Behörde bestehen, so hat der Richter auch nicht zu prüfen, ob nachträglich eine Strafe auszusprechen sei ( Art. 100 ter Ziff. 3 StGB ). Da die Beschwerde abgewiesen werden muss, ist auch das Gesuch, die Massnahme sei mit Wirkung ab 1. Juli 1974 aufzuheben und die seither in der Anstalt verbrachte Zeit sei auf die noch zu verbüssenden Strafen anzurechnen, gegenstandslos. Über das Verhältnis der mit Urteil vom 26. September 1974 ausgesprochenen Freiheitsstrafe von drei Monaten zum Vollzug der Massnahme, eventuell einer verbleibenden Strafe aus der Verurteilung vom 20. April 1972 entscheiden aber die Vollzugsbehörden gemäss Art. 2 StGBV 1. Dispositiv Demgemäss erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 97 I 6 2. Auszug aus dem Urteil vom 19. Februar 1971 i.S. Scotoni gegen Kanton Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Regeste Kantonales Prozessverfahren; Wahrung der Rechtsmittelfrist. Es ist nicht willkürlich, die Aufgabe bei einer ausländischen Poststelle für die Wahrung der Frist nicht anzuerkennen, wenn das Gesetz als Aufgabestelle die Post schlechthin zulässt.
Erwägungen ab Seite 6 BGE 97 I 6 S. 6 Aus den Erwägungen: Es entspricht allgemeiner Rechtsauffassung, dass eine Vorschrift, welche die Benützung der Post für die Fristwahrung der Einreichung bei der Behörde selbst gleichstellt, unter Post regelmässig nur eine schweizerische Poststelle versteht. Zwar ist in einzelnen Prozessgesetzen ausdrücklich von der schweizerischen Post die Rede. So stellen Art. 32 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege und § 213 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes der Einreichung bei der Behörde nur die Benützung der schweizerischen Post gleich. Wo das aber nicht der Fall ist, wird unter der Post regelmässig ebenfalls nur die schweizerische Post verstanden. Das gilt nach der Rechtsprechung für Art. 32 SchKG ( BGE 47 III 195 , BGE 67 III 70 ). Sachliche Gründe sprechen dafür, dass die Befugnis zur Entgegennahme von Rechtsschriften mit voller prozessualer Wirkung nicht auf eine ausländische Poststelle ausgedehnt wird. Die Gleichstellung der Post mit einer Amtsstelle ist eine Konzession an die Verkehrsbedürfnisse. Die Einreichung bei einer Poststelle tritt an die Stelle der Abgabe bei der zuständigen Behörde, obwohl die Rechtsvorkehr bei dieser später eingeht. Die Gleichbehandlung rechtfertigt sich, weil die Unsicherheit darüber, ob eine befristete Rechtshandlung rechtzeitig vorgenommen wurde, im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der schweizerischen Post nicht lange anhält. Die Entgegennahme BGE 97 I 6 S. 7 einer befristeten Rechtsvorkehr stellt zudem eine Art Hoheitsakt dar, der nur einer inländischen Poststelle zukommen soll, zumal bei grösserer Entfernung einer ausländischen Poststelle oder aus andern Gründen (Streik des ausländischen Postpersonals usw.) Verspätungen eintreten können, mit denen bei der Benützung der schweizerischen Post nicht gerechnet zu werden braucht. Das Verwaltungsgericht hat denn auch § 30 Abs. 3 der VV zum StG schon früher im Sinn des angefochtenen Entscheides ausgelegt (Geschäftsbericht des Verwaltungsgerichtes 1961 Nr. 57 S. 72); die Lehre pflichtet ihm bei (HAUSER, Zürcherisches Gerichtsverfassungsgesetz zu § 213 N. 3). Da die Rekursschrift erst am 13. Oktober bei der Rekurskommission einging, die Beschwerdefrist aber am 9. Oktober 1970 ablief und nicht festgestellt ist, dass die Sendung der schweizerischen Post noch am letzten Tage der Frist übergeben wurde, durfte der Rekurs ohne Verletzung von Art. 4 BV als verspätet erklärt und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus diesem Grunde abgewiesen werden.
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Urteilskopf 81 I 332 53. Urteil vom 14. Dezember 1955 i.S. Bloch gegen Kanton Solothurn.
Regeste Willkürliche Annahme eines realisierten Kapitalgewinns. Die Annahme, durch die Umwandlung der ideellen Gesamteigentumsquoten der Erben an einer Liegenschaft in Alleineigentum an entsprechenden Parzellen bei der Erbteilung werde ein Kapitalgewinn realisiert, wenn die Liegenschaft seit dem Erbanfall im Werte gestiegen sei, ist willkürlich.
Sachverhalt ab Seite 332 BGE 81 I 332 S. 332 A.- Das solothurnische Gesetz betreffend die direkte Staats- und Gemeindesteuer vom 24. September 1939 (StG) enthält u.a. folgende Vorschriften: § 15 Abs. 1: "Als Einkommen wird angesehen der geldwerte Ertrag des eigenen und des Nutzniessungsvermögens, der Unternehmung, der Berufs- und Lohnarbeit, der Pensionen und Renten, sowie der Gewinn aus einer Spekulationstätigkeit, Lotteriegewinne, der realisierte Kapitalgewinn und der aus irgendwelchen andern Einnahmequellen fliessende Gewinn. § 17: "Erbschaften, Vermächtnisse, Schenkungen und ähnliche einmalige Zuwendungen gelten für den Empfänger nicht als steuerbares Einkommen." Die vom Kantonsrat des Kantons Solothurn erlassene Vollziehungsverordnung vom 25. Oktober 1939 zum StG (VV) enthält folgenden § 18: "Als Kapitalgewinne beziehungsweise -verluste im Sinne der §§ 15 und 16 des Gesetzes fallen nur die beim Vermögen des Steuerpflichtigen BGE 81 I 332 S. 333 auf Liegenschaften, Wertpapieren oder andern Vermögensobjekten und Rechten in dem für die Steuerveranlagung massgebenden Jahre tatsächlich eingetretenen Gewinne und Verluste in Betracht. Eine Kapitalgewinnsteuer kann nicht erhoben werden bei Handänderungen auf Grund einer Erbfolge oder Erbteilung, sowie bei Handänderungen zufolge Begründung, Anderung oder Aufhebung des ehelichen Güterstandes." B.- Die Beschwerdeführerin erwarb gemäss Inventar vom 27. Januar 1930 gemeinsam mit ihren acht Geschwistern durch Erbgang die Grundstücke GB Nr. 88, 144, 165, 756, 1191 und 1203 in Trimbach. Die Erben besassen diese Grundstücke während 23 Jahren zu gesamter Hand. Im Dezember 1952 teilten sie sie in neun ungefähr gleichwertige Parzellen. In der Folge lösten sie das Gesamthandsverhältnis auf, und am 31. März 1953 übernahm jeder Erbe eine der neun neu gebildeten Parzellen zu alleinigem Eigentum. C.- Die Steuerkommission Trimbach stellte fest, dass der wahre Wert aller Grundstücke beim Erbanfall im Jahre 1930 Fr. 83'000.-- betragen habe. Bis zum Zeitpunkte der Erbteilung sei der Wert des ganzen Grundeigentums auf Fr. 292'816.-- angestiegen. Die Erben hätten also einen Kapitalgewinn von Fr. 209'816.-- realisiert. Frau Bloch sei daran mit einem Neuntel = Fr. 23'312.-- beteiligt. Nach Abzug der Handänderungskosten wurde sie mit einem reinen Kapitalgewinn von Fr. 23'000.-- veranlagt. Frau Bloch erhob Einsprache, jedoch ohne Erfolg. Die Steuerkommission stellte im Einspracheentscheid fest, dass § 18 Abs. 2 VV gesetzwidrig sei. Die Kantonale Rekurskommission (KRK) bestätigte den Einspracheentscheid. Sie stellte unter Hinweis auf einen früheren Entscheid (RB 1949 Nr. 27) fest, dass "die Teilung des Gesamteigentums, sofern nicht wieder ein Gesamteigentumsverhältnis begründet werde, einen Realisationsakt im Sinne des Kapitalgewinnsteuerrechts darstelle". Wenn mehr als ein Erbe vorhanden sei, vollziehe sich der Erbgang durch zwei Handänderungen. Im Kapitalgewinnsteuerrecht müsse vom Erbanfall ausgegangen werden. BGE 81 I 332 S. 334 Durch die Auflösung des Gesamteigentums hätten die bisherigen Gesamthänder Alleineigentum erworben und einen Gewinn im Sinne von § 15 StG realisiert. D.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde ficht Frau Bloch das Urteil der KRK wegen Verletzung des Art. 4 BV an. Sie macht geltend, die Argumentation der KRK und namentlich ihre Auslegung der § § 15 und 17 StG und des § 18 VV seien schlechterdings unhaltbar und daher willkürlich. Sie habe keinen steuerpflichtigen Kapitalgewinn realisiert. Nur die "Verwertung oder Veräusserung" eines Vermögensgegenstandes sei Entstehungsgrund eines Kapitalgewinns. Das habe die KRK im Jahre 1946 selber entschieden (RB 1946 Nr. 20). Durch den angefochtenen Entscheid stelle sie sich in Gegensatz zu ihrer bisherigen Auffassung. Sie knüpfe zu Unrecht an die Überführung der ideellen Eigentumsquote in Alleineigentum steuerrechtliche Folgen. Die blosse Wertsteigerung eines Vermögensgegenstandes bilde kein versteuerbares Einkommen. Eine Besteuerung komme erst in Betracht, wenn feststehe, dass auf dem Objekt beim Ausscheiden aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen ein Gewinn realisiert worden sei. Das der Beschwerdeführerin bei der Erbteilung zugewiesene Grundstück sei aber aus ihrem Vermögen noch nicht ausgeschieden. Es sei nicht sicher, ob sie für das übernommene Grundstück je den angerechneten Wert lösen werde. Wenn beim Erwerb einer Erbschaft durch einen einzigen Erben keine Kapitalgewinnbesteuerung der vorliegenden Art möglich sei, dürfe diese auch in Fällen, in denen mehrere Erben eine Erbschaft antreten und Erbanfall und Erbteilung zeitlich auseinanderfallen, nicht stattfinden. Daher verbiete § 17 StG die Besteuerung realisierter Erbansprüche als Einkommen, ebenso § 18 VV. Die KRK habe zwar im genannten Entscheid vom Jahre 1949 diese Bestimmung als gesetzwidrig befunden, soweit dabei der Begriff der Erbteilung verwendet werde. Damals sei aber ein Kapitalgewinn infolge Erbauskaufs in Frage gestanden. BGE 81 I 332 S. 335 Der Erbe habe damals seinen Gesamteigentumsanteil an seinen Bruder veräussert. Der Ausscheidende sei auf Grund der damaligen Wertverhältnisse abgefunden, ausgekauft worden. Er habe einen Kapitalgewinn realisieren können. Im vorliegenden Falle stehe aber weder eine Veräusserung noch eine Verwertung in Frage, höchstens eine Veräusserung durch einen Erben an sich selbst, die aber keine steuerrechtlichen Wirkungen haben könne. § 18 VV sei nur in dem Umfange gesetzwidrig, als mit der Erbteilung ein Erbauskauf, ein Veräusserungs- oder Verwertungsakt verbunden sei. E.- Die KRK beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Sie macht geltend, die Beschwerdeführerin habe nichts an sich selbst veräussert. Vielmehr habe sie ihre ideellen Gesamteigentumsanteile an allen jenen Grundstücken, die sie nicht selbst übernommen habe, veräussert und deren Wert realisiert, indem sie dafür ein Grundstück zu alleinigem Eigentum erhalten habe. Der Wert dieses Grundstückes sei der Gegenwert der aufgegebenen Gesamteigentumsanteile. Soweit dieser Wert den Einstandspreis (Wert 1930) übersteige, habe die Beschwerdeführerin einen Kapitalgewinn realisiert. Nach § 17 StG würden zwar "Erbschaften" nicht als steuerbares Einkommen gelten. Daraus, dass § 15 "Erbschaften" mit "einmaligen Zuwendungen" in Parallele setze, ergebe sich aber, dass darunter nur der Erbanfall zu verstehen sei. Der Gewinn, der bei einer weiteren Handänderung - anlässlich der Erbteilung - realisiert werde, müsse versteuert werden. Durch diese Auslegung des Gesetzes werde eine ungleiche Behandlung des vorliegenden Falles gegenüber demjenigen des Alleinerben vermieden. Wenn die Beschwerdeführerin das jetzt zu Alleineigentum erworbene Grundstück veräussere, werde sie bei der Kapitalgewinnberechnung vom Wert im Zeitpunkt des Erwerbes des Alleineigentums (1953) ausgehen. Die Wertsteigerung in der Zeit von 1930 (Erbanfall) bis 1953 bliebe also unversteuert. Beim Alleinerben, BGE 81 I 332 S. 336 der 1930 geerbt hätte, müsste aber vom Wert von 1930 ausgegangen werden. Gleichbehandlung sei nur möglich, wenn in beiden Fällen der Wert beim Erbanfall als Einstandspreis angenommen werde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die KRK erachtet die Voraussetzungen eines Einkommens im Sinne von § 15 Abs. 1 StG als erfüllt, indem sie annimmt, die Erben hätten durch Umwandlung der ideellen Gesamteigentumsanteile an der ganzen Liegenschaft in Alleineigentum an einzelnen Parzellen einen Kapitalgewinn realisiert. Unbestritten ist, dass in der Zeit vom Erbanfall bis zur Erbteilung der Wert der Liegenschaft um Fr. 209'816.-- gestiegen ist. Der Wertzuwachs auf einem Vermögensobjekt wird aber erst realisiert, wenn dieses veräussert und der sich damit als endgültig erweisende Mehrwert als Gewinn liquidiert wird ( BGE 78 I 421 , BGE 79 I 12 ), wenn sich eine Umwandlung der Wertform, beispielsweise in einen Veräusserungspreis, vollzieht, wenn die Wertvermehrung irgendwie äusserlich in Erscheinung tritt (Urteile der staatsrechtlichen Kammer vom 14. September 1949 i.S. Brand, vom 4. Oktober 1950 i.S. Spahn und vom 28. Januar 1953 i.S. Oeri; auch die Urteile vom 27. Mai 1953 i.S. Ritter und vom 10. März 1954 i.S. Salathé gehen von diesen Voraussetzungen aus). Im vorliegenden Falle hat sich eine Umwandlung der neun ideellen Gesamteigentumsquoten an der ganzen Liegenschaft in Alleineigentum an je einem Neuntel derselben vollzogen. Das bedeutet aber keine Umwandlung der Wertform, sondern lediglich der rechtlichen Form der Eigentumsanteile der Erben, ohne dass die Wertvermehrung irgendwie äusserlich in Erscheinung getreten wäre. Es hatte also nach wie vor bei einem bloss latenten Wertzuwachs sein Bewenden. Ein solcher erfüllt aber niemals die Voraussetzungen eines realisierten Kapitalgewinns im Sinne von § 15 Abs. 1 StG . Seine Besteuerung erscheint daher als willkürlich, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. BGE 81 I 332 S. 337 2. Unter diesen Umständen kann die Frage offen bleiben, ob die Beschwerde auch auf Grund von § 17 StG und § 18 Abs. 2 VV gutzuheissen wäre. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen.
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Urteilskopf 98 Ib 442 64. Urteil vom 8. Dezember 1972 i.S. Intercorn gegen Schweiz. Genossenschaft für Getreide und Futtermittel (GGF) und Eidg. Volkswirt.. schaftsdepartement (EVD)
Regeste Erhöhung eines Gesamtfuttermittelkontingentes. Art. 7 der Statuten der GGF sowie dessen Auslegung durch die GGF und das EVD verletzen Art. 1 Abs. 4 BB 1952/1966 über die GGF nicht, denn es entspricht der als gesetzlich anerkannten Kontingentsordnung, dass ausserhalb der periodischen Anpassung der Kontingente an wesentlich veränderte Verhältnisse, einzelne Änderungen in der bestehenden Kontingentsstruktur nur ausnahmsweise und mit Zurückhaltung vorgenommen werden.
Sachverhalt ab Seite 443 BGE 98 Ib 442 S. 443 Die Beschwerdeführerin, eine im Jahre 1967 gegründete Aktiengesellschaft, die sich mit der Herstellung von und dem Handel mit Getreide, Futtermitteln, Hülsenfrüchten, Düngemitteln, Sämereien und ähnlichen Produkten befasst, ist Mitglied der GGF. Kurz nach ihrer Gründung wurde ihr durch die GGF ein Gesamtfuttermittelkontigent von 2000 t eröffnet. Die Beschwerdeführerin ersuchte im Rekurs- und Beschwerdeverfahren erfolglos um ein höheres Kontingent. Anlässlich der generellen Revision der Kontingente im Jahre 1970 wurde dasjenige der Beschwerdeführerin auf 2708 t erhöht. Diese Erhöhung wurde nicht angefochten. Mit Eingabe vom 14. Dezember 1970 stellte die Beschwerdeführerin bei der GGF das Gesuch um Erhöhung ihres Kontingentes auf 12 000 t. Die GGF wies dieses Begehren ab. Die Beschwerdeführerin wandte sich daraufhin an das EVD, welches die Beschwerde abwies. Gegen diesen Entscheid erhebt sie Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Erwägungen: 1. a) Gemäss befristetem Bundesbeschluss vom 17. Dezember 1952, letztmals revidiert und verlängert am 29. September 1966 (BB 1952/1966), besteht unter der Bezeichnung "Schweizerische Genossenschaft für Getreide- und Futtermittel (GGF)" eine vom Bundesrat gegründete Genossenschaft des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 829 OR . Mitglieder der GGF sind Importeure von Futtermitteln, Stroh und Streue sowie von Waren, bei deren Verarbeitung Futtermittel anfallen können. Aufgaben und Tätigkeit der GGF, der das alleinige Einfuhrrecht von Futtermitteln zusteht, sind im BB 1952/1966 (Art. 1 Abs. 2, 3 und 4) festgelegt. Art. 1 Abs. 4 bestimmt, dass Einzelkontingente sowie der Verteilungsschlüssel für Pflichtbezüge periodisch zu BGE 98 Ib 442 S. 444 überprüfen und wesentlich veränderten Verhältnissen anzupassen sind. Gestützt auf den Bundesbeschluss von 1952 erging am 18. Dezember 1953 der Bundesratsbeschluss über die Schweizerische Genossenschaft für Getreide und Futtermittel. Dieser bestimmt in Art. 3, dass Organisation und Tätigkeit der Genossenschaft sich nach deren Statuten richten. Die Statuten, welche im Laufe der Jahre verschiedentlich abgeändert und vom Bundesrat genehmigt wurden, sehen in Art. 4 vor, wer als Mitglied der GGF beitreten kann. Art. 5 der Statuten regelt die Kontingentseröffnung, wobei Abs. 3 bestimmt, dass das EVD sich vorbehält, die durch die Handelspolitik, den Schutz der nationalen Produktion und die Vorratshaltung gebotenen allgemeinen Weisungen für die Erteilung, Neuordnung und Erhöhung von Einzelkontingenten zu erlassen; es hört in der Regel vorher die beteiligten Kreise an. Art. 6 der Statuten regelt die Berechnung und Zuteilung der Einzelkontigente. Art. 7 der Statuten sieht vor, dass der Vorstand nach seinem Ermessen im Rahmen pflichtgemässer Geschäftsführung nach Anhören der beteiligten Kreise sowohl über die Höhe der gemäss Art. 5 neu zu eröffnenden Einzelkontingente als auch über die ausnahmsweise Erhöhung bestehender Einzelkontingente entscheidet. b) Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid des EVD, mit welchem der GGF die Erhöhung ihres Kontingentes auf 12 000 t pro Jahr verweigert wird. Dieser Entscheid stützt sich auf öffentliches Recht des Bundes und stellt eine Verfügung im Sinne von Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwG dar ( BGE 97 I 296 und 741; Urteil vom 30. April 1971 i.S. Gr., überall Erw. 1). Da keiner der Ausschlussgründe der Art. 99 bis 102 zutrifft, die Beschwerdeführerin als unmittelbar Betroffene an der Änderung der angefochtenen Verfügung ein schutzwürdiges Interesse hat ( Art. 103 lit. a OG ) und die prozessualen Erfordernisse erfüllt sind ( Art. 106 und Art. 108 OG ), ist auf die Beschwerde einzutreten. 2. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Gesetzmässigkeit des Art. 7 der Statuten sowie der Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung durch die GGF und das EVD; namentlich werde dadurch Art. 1 Abs. 4 BB 1952/1966 verletzt, denn Wortlaut und Sinn dieser Bestimmung liessen weder eine restriktive Praxis noch die Vorschrift ableiten, dass eine Erhöhung eines Einzelkontingentes eine seltene Ausnahme bilden dürfe, BGE 98 Ib 442 S. 445 welche nur durch ausserordentliche Umstände gerechtfertigt werden könne; vielmehr setze die Erhöhung eines Einzelkontingents bloss "wesentlich veränderte Verhältnisse" voraus. Mit dieser Argumentation übersieht die Beschwerdeführerin, dass Art. 1 Abs. 4 BB 1952/1966 und Art. 7 der Statuten verschiedene Probleme regeln. Während Art. 1 Abs. 4 die generelle periodische Überprüfung und Anpassung aller Kontingente an wesentlich veränderte Verhältnisse zum Gegenstand hat (vgl. hierzu Botschaft des Bundesrates vom 4. März 1966 in BBl 1966 I 442 f.), betrifft Art. 7 der Statuten jene Einzelfälle, da über die Höhe eines neu zu eröffnenden Einzelkontingentes einerseits, über die ausserhalb der periodischen Anpassung sämtlicher Kontingente ausnahmsweisen Erhöhung eines bestehenden Einzelkontingentes anderseits zu befinden ist. Wenn Art. 7 daher bestimmt, dass eine solche einzelne Kontingentserhöhung nur "ausnahmsweise" erfolgen kann, tritt er damit nicht in Widerspruch zu Art. 1 Abs. 4 BB 1952/1966. Das EVD und die GGF verletzen diese letzte Bestimmung nicht, wenn sie in der Annahme einer Ausnahmesituation Zurückhaltung üben. Es entspricht nämlich dem Sinn und Zweck der als gesetzlich anerkannten Kontingentsordnung ( BGE 97 I 298 und 744), dass ausserhalb der periodischen Anpassung der Kontigente an wesentlich veränderte Verhältnisse, einzelne Änderungen in der bestehenden Kontingentsstruktur nur ausnahmsweise und mit Zurückhaltung vorgenommen werden. Damit steht namentlich nicht im Widerspruch, dass die statutarischen Bestimmungen der GGF so auszulegen sind, dass die verfassungsmässige Handels- und Gewerbefreiheit nicht weiter eingeschränkt wird, als die Erreichung der Ziele, die sich der Gesetzgeber gesetzt hat, es erforderlich macht ( BGE 97 I 299 mit Hinweisen). Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass das EVD allgemeine Weisungen über die Erteilung von Einzelkontingenten erlassen kann, seiner Auslegung der statutarischen Bestimmungen demnach erhöhtes Gewicht beizumessen ist (ebenda). 3. Was die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Begehrens um eine einzelne Kontingentserhöhung anführt, genügt nicht, um eine Ausnahmesituation im Sinne von Art. 7 der Statuten anzunehmen. Die Beschwerdeführerin beruft sich - wie bereits in den vorangegangenen Verfahren - im wesentlichen darauf, es bestehe bei ihr heute eine starke Diskrepanz in ihren Geschäftsbereichen; BGE 98 Ib 442 S. 446 während sie im Bereich der nichtkontingentierten Produkte die Funktion eines Grossimporteurs ausübe, übe sie im Bereich der kontingentierten Produkte nur jene eines Kleinimporteurs aus. Die seit der Gründung in der Tat stark erweiterte Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin im Bereich der nichtkontingentierten Produkte bildet jedoch keinen Ausnahmegrund im Sinne von Art. 7 der Statuten. Es liegt in der Natur der Kontingentierung selbst, dass die Ausweitung der Geschäftstätigkeit im Geschäftsbereich, welcher von der Kontingentierung erfasst wird, beschränkt ist und beschränkt bleibt. Wer daher seine Geschäftstätigkeit entfalten will - und dies ist bei einem jungen, aufstrebenden Unternehmen in der Regel der Fall -, ist darauf beschränkt, dies in jenem Bereich zu versuchen, der von der Kontingentierung nicht erfasst wird. Aus dem guten Geschäftsgelingen und der zunehmenden Geschäftstätigkeit im nichtkontingentierten Bereich nun einen Anspruch auf individuelle Kontingentserhöhung ableiten zu wollen, ist verfehlt. Dies führte nämlich dazu, dass Einzelkontingente ständig und von Fall zu Fall den veränderten Geschäfts- und Marktverhältnissen angepasst werden müssten. Für eine solche Anpassung bietet nur Art. 1 Abs. 4 BB 1952/1966, d.h. die periodische Anpassung aller Kontingente, nicht aber Art. 7 der Statuten Hand (vgl. auch BGE 97 I 747 ). Die ursprüngliche Kontingentszuteilung an die Beschwerdeführerin (2000 t) steht nicht mehr zur Diskussion; die Beschwerdeführerin hat sich ohne Erfolg dagegen gewehrt. Eine generelle Neuanpassung der Kontingente ist im Jahre 1970 erfolgt. Das ursprüngliche Kontingent der Beschwerdeführerin wurde dabei um etwa 35% erhöht. Diese Erhöhung hat die Beschwerdeführerin nicht angefochten. Sie verlangte in der Folge am 14. Dezember 1970, also im selben Jahr noch, da die generelle Kontingentsanpassung erfolgt war, eine massive Erhöhung ihres Einzelkontingents. Dass in der Zeit zwischen der generellen Kontingentsanpassung und ihrem Kontingentserhöhungsbegehren besondere Umstände eingetreten sind, welche eine Ausnahme im Sinne von Art. 7 der Statuten zu rechtfertigen vermöchten, ist weder dargetan noch begründet. Es muss daher bei der Kontingentszuteilung vom Jahr 1970 sein Bewenden haben.
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Urteilskopf 101 Ib 231 44. Urteil vom 19. Dezember 1975 i.S. Personalfürsorgestiftung der Firma Hälg & Co. gegen Regierungsrat des Kantons St. Gallen
Regeste Stiftungsaufsicht; Pflicht des Arbeitgebers zur Beitragsleistung an die Personalfürsorgeeinrichtung nach dem neuen Arbeitsvertragsrecht. Art. 331 Abs. 3 OR verlangt nicht, dass die paritätischen Arbeitgeberbeiträge an Versicherungseinrichtungen von der Stifterfirma selber geleistet werden; solche Beiträge dürfen nach Massgabe der Stiftungsurkunde und -reglemente weiterhin aus dem gesamten Stiftungsvermögen erbracht werden.
Sachverhalt ab Seite 232 BGE 101 Ib 231 S. 232 A.- Die Personalfürsorgestiftung der Firma Hälg & Co., St. Gallen (nachfolgend Stiftung genannt), bezweckt nach Art. 3 der Stiftungsurkunde vom 29. November 1943 "ganz allgemein die Fürsorge für das Personal der Stifterfirma in dem vom Stiftungsrat zu bestimmenden Umfang, insbesondere die Alters- und Hinterbliebenenfürsorge. Zur Errichtung des Stiftungszweckes kann die Stiftung Versicherungsverträge zugunsten der Destinatäre oder eines Teiles derselben abschliessen oder in solche bestehende Verträge eintreten". Seit dem Jahre 1972 richtet die Stiftung auch bei Invalidität Leistungen aus. Im Sinne dieser Zweckbestimmung hat die Stiftung mit der Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, Zürich (nachfolgend Rentenanstalt genannt), einen Kapitalversicherungs- und einen Rentenversicherungsvertrag abgeschlossen und in zwei entsprechenden Stiftungsreglementen vom 31. Dezember 1965 die Beitragspflicht und die Versicherungsleistungen geregelt. Hinsichtlich der Kostendeckung der Versicherungsbeiträge bestimmt je Art. 8 der beiden Reglemente: "Die Kosten der Versicherung werden von der Firma bzw. der Stiftung und den Versicherten gemeinsam getragen. Der jährliche Beitrag der versicherten Personen beträgt 4% und derjenige der Firma bzw. Stiftung 6% der versicherten Besoldung. Der Beitrag der versicherten Personen wird in gleich hohen Raten bei der Lohnauszahlung in Abzug gebracht". Von Anfang an wurde der Arbeitgeberbeitrag jeweils der Stiftung belastet, während die Stifterfirma der Stiftung in den meisten Jahren Zuwendungen von unterschiedlicher Höhe machte. Diese Zuwendungen überstiegen in der Regel den Beitrag der "Firma bzw. der Stiftung" von 6% der versicherten BGE 101 Ib 231 S. 233 Besoldung. Seit dem Jahre 1969 liegen jedoch die Zuwendungen der Stifterfirma unter dem der Rentenanstalt geschuldeten Arbeitgeberanteil. Im Jahre 1970 erfolgte gar keine Zuwendung, und 1973 beispielsweise leistete die Firma einen Beitrag von Fr. 285'000.--, während sich der von der Stiftung der Rentenanstalt entrichtete Arbeitgeberanteil auf Fr. 440'197.45 belief. Am 31. Dezember 1973 hat die Stiftung ein Vermögen von Fr. 1'790'422.75 ausgewiesen, das ausschliesslich in einer Forderung gegen die Stifterfirma besteht. Der Rückkaufswert von 2,8 Millionen Franken der Gruppenversicherungen ist in der Bilanz nicht eingeschlossen. B.- Am 1. Januar 1972 trat das revidierte Arbeitsvertragsrecht in Kraft. Der neue Art. 331 Abs. 3 OR lautet: "Hat der Arbeitnehmer Beiträge an eine Personalfürsorgeeinrichtung zu leisten, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, zur gleichen Zeit mindestens die gleichen Beiträge zu entrichten". Am 14. Dezember 1972 teilte das Amt für Stiftungsaufsicht des Kantons St. Gallen (nachfolgend Amt für Stiftungsaufsicht genannt) in einem Kreisschreiben den Organen der Personalfürsorgestiftungen mit, dass das neue Recht ab 1. Januar 1973 Anwendung finden müsse. Bezüglich der Arbeitgeberbeiträge wurde ausgeführt: "Bei der statistischen Verarbeitung der Stiftungsrechnungen müssen wir immer wieder feststellen, dass Gewinnanteile von Versicherungen und sog. Abgangsgewinne mit den Arbeitgeberbeiträgen verrechnet werden. Da solche Verrechnungen einer indirekten Rückwandlung gleichkommen und letztere gemäss Bundesgerichtsentscheid unstatthaft sind, kann dies nicht zugelassen werden. Gemäss Art. 331 OR (neues Arbeitsvertragsrecht) hat ab 1. Januar 1972 jeder Arbeitgeber mindestens die gleichen Beiträge in die Personalvorsorge einzuzahlen wie die Arbeitnehmer! Viele Reglemente legen nur den prozentualen Beitragssatz der Arbeitnehmer fest und bestimmen dann, dass die Differenz von der Stiftung zu tragen sei. Solche Reglementsbestimmungen entbinden den Arbeitgeber nicht von seiner Beitragspflicht gemäss Art. 331 OR , da der Arbeitgeber die Stiftung in die Lage versetzen muss, dieser reglementarischen Pflicht nachzukommen. Es gibt Stifterfirmen, die bei guten Geschäftsabschlüssen zusätzlich freiwillige Beiträge in die Stiftung leisten, in der Absicht, später hievon bei schlechtem Geschäftsgang die laufenden Arbeitgeberbeiträge zu bezahlen. Ein solches Vorgehen ist nicht nur möglich, sondern empfehlenswert. Hingegen muss bei solchen freiwilligen Zuwendungen genau festgelegt werden, was für die BGE 101 Ib 231 S. 234 allgemeine Stiftungsrechnung und was für eine Prämien- oder Beitragsreserve bestimmt ist. Für diese Reserve muss aber ein eigenes Konto innerhalb der Stiftungsrechnung geführt werden, das jederzeit über den Stand der Reserve Aufschluss gibt. Wo ein solches Reservekonto fehlt, wird es später schwer sein, der Stiftungsaufsicht den Beweis darüber zu erbringen, dass die Stiftung berechtigt sei, für die Arbeitgeberbeiträge aufzukommen". Trotz dieser Weisungen hielt die Stiftung dafür, dass sie nach wie vor befugt sei, das gesamte Stiftungsvermögen zur Zahlung von Arbeitgeberbeiträgen zu verwenden. In der dem Amt für Stiftungsaufsicht zur Genehmigung vorgelegten Jahresrechnung 1973 wurde deshalb kein "Prämienreservekonto" ausgeschieden. Aus der Rechnung geht hervor, dass die Zuwendungen der Stifterfirma im Jahre 1973 die Höhe der Arbeitnehmerbeiträge erreichten, dass aber die Mehrleistung bis auf 6% der versicherten Lohnsumme aus dem Stiftungsvermögen erbracht wurde. Mit Verfügung vom 4. November 1974 verweigerte das Amt für Stiftungsaufsicht die Genehmigung der Jahresrechnung, stellte jedoch die Genehmigung in Aussicht für den Fall, dass die Prämienreserve nach folgender Berechnung ausgeschieden werde: "Gesamt-Prämienleistungen an Rentenanstalt ab 1943/44 Fr. 5'557'404.95 daran leisteten die Arbeitnehmer Fr. 2'015'650.-- ---------------- Verbleiben für den Arbeitgeber Fr. 3'541'754.95 - Gutschrift für Verbesserung der Versicherungsleistungen im Jahre 1965; solche Leistungen können dem freien Stiftungsvermögen entnommen werden Fr. 520'000.-- ---------------- Pflichtbeiträge des Arbeitgebers seit Errichtung der Stiftung Fr. 3'021'754.95 Effektive Leistungen des Arbeitgebers Fr. 3'578'000.-- ---------------- Somit verbleiben per 31. Dezember 1973 die als Prämienreserve des Arbeitgebers ausgeschieden und in der Bilanz als solche aufgeführt werden müssen!" Fr. 556'245.05 ================ Zur Begründung führte das Amt für Stiftungsaufsicht im wesentlichen aus, nach Art. 331 Abs. 3 OR sei die Firma verpflichtet, jährlich mindestens die gleichen Beiträge wie die BGE 101 Ib 231 S. 235 Arbeitnehmer zu leisten, wobei diese Beiträge vom Arbeitgeber direkt zu erbringen seien und nicht der Stiftung belastet werden dürften. Nur in dem Umfang, in dem die Stifterfirma früher zusätzliche Leistungen an die Stiftung erbracht und damit eine Prämienreserve geschaffen habe, dürften Arbeitgeberbeiträge aus dem Stiftungsvermögen bezahlt werden. Dagegen gehe es nicht an, diese Beiträge einfach aus dem freien Stiftungskapital zu entnehmen, das sich aus Kapitalerträgen, Gewinnanteilen von Versicherungsgesellschaften und Mutationsgewinnen zusammensetze und in erster Linie für die nichtversicherbaren Nebenzwecke oder für Verbesserungen der Versicherungsleistungen zu verwenden sei. Den gegen diese Verfügung gerichteten Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons St. Gallen am 4. Februar 1975 ab. C.- Die Stiftung hat Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Hauptantrag, der Rekursentscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 4. Februar 1975 sei aufzuheben und die Vorinstanz bzw. das Amt für Stiftungsaufsicht sei anzuhalten, die Jahresrechnung per 31. Dezember 1973 in der vorgelegten Form zu genehmigen. D.- Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat auf einen Antrag verzichtet. Es bezeichnet die angefochtene Verfügung als durchaus sinnvoll, hält jedoch dafür, dass die Ausscheidungsmethode und das Ausmass der "Prämienreserve" durch das Amt für Stiftungsaufsicht zu wenig abgeklärt worden sei. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde). 2. Nach Art. 84 Abs. 2 ZGB hat die Aufsichtsbehörde dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen nur zu den in der Stiftungsurkunde genannten und gesetzlich zulässigen Zwecken verwendet wird. Dies schliesst die Befugnis ein, darüber zu wachen, dass das Stiftungsvermögen nach Massgabe der Stiftungsurkunde sowie im Interesse der Destinatäre erhalten bleibt und nicht spekulativ oder allzu risikoreich angelegt oder seinem Zweck entfremdet wird. In diesem Rahmen ist die Aufsichtsbehörde befugt, den Stiftungsorganen bindende Weisungen BGE 101 Ib 231 S. 236 zu erteilen und bei deren Nichtbeachtung Sanktionen zu ergreifen ( BGE 100 Ib 144 , 99 Ib 258 f., je mit Hinweisen). Greift die Aufsichtsbehörde hingegen ohne gesetzliche Grundlage in den Autonomiebereich der Stiftungsorgane ein, so verletzt sie Bundesrecht. Vorliegend ist streitig, wie weit die Stiftungsorgane frei über das Stiftungsvermögen verfügen und welche Aufwendungen sie daraus bestreiten dürfen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin kann nötigenfalls das ganze Stiftungsvermögen verwendet werden, um die vollen Arbeitgeberprämien für die von der Stiftung abgeschlossenen Gruppenversicherungen zu bezahlen. Demgegenüber vertreten das Amt für Stiftungsaufsicht und der Regierungsrat die Auffassung, für diese Leistungen dürfe nur ein rechnungsmässig ausgeschiedener Teil des Stiftungsvermögens, die sogenannte "Prämienreserve" - besser "Beitragsreserve" genannt - verwendet werden. Dagegen darf nach dieser Auffassung das übrige Stiftungsvermögen - wenig zutreffend auch "freies Stiftungsvermögen" genannt - zur Leistung von Arbeitgeberbeiträgen nicht angegriffen werden. Nicht streitig ist, dass das ganze Stiftungsvermögen, d.h. nicht nur die Beitragsreserve, für Leistungen des Arbeitgebers eingesetzt werden darf, die über die paritätischen Beitragsleistungen hinausgehen. 3. Das Amt für Stiftungsaufsicht anerkennt zwar, dass vor Inkrafttreten des revidierten Arbeitsvertragsrechtes - nach Auffassung beider Parteien für die Zeit vor dem 1. Januar 1973 - die Stifterfirma der Beschwerdeführerin trotz unterschiedlicher jährlicher Leistungen insgesamt genügend Mittel zur Bezahlung der Arbeitgeberbeiträge zur Verfügung stellte. Die Aufsichtsbehörde ist aber der Meinung, dass die Beschwerdeführerin schon unter altem Recht nicht berechtigt gewesen wäre, für die Bezahlung der Arbeitgeberbeiträge auf das Stiftungsvermögen zu greifen. Bis Ende 1972 richtete sich die Verfügungsfreiheit der Stiftungsorgane nach den Vorschriften von Art. 89bis ZGB und Art. 343bis OR in der Fassung vom 21. März 1958, nach der Stiftungsurkunde und nach den beiden - für die Kapital- resp. die Rentenversicherung erlassenen - Versicherungsreglementen. Es ist zu prüfen, ob sich aus diesen Vorschriften eine Grundlage für die Auffassung der Aufsichtsbehörde ergibt. BGE 101 Ib 231 S. 237 a) Vor 1958 war den privaten Unternehmungen die rechtliche Ausgestaltung der betriebsinternen Wohlfahrtspflege freigestellt. Die Revision des Stiftungs- und des Dienstvertragsrechtes von 1958 bewahrte diese freiheitliche Ordnung und beschränkte sich darauf, einige wenige Grundsatzfragen zu ordnen. So wurde künftighin die rechtliche Verselbständigung des Stiftungsvermögens verlangt und seine Anlage in der Stifterfirma erschwert. Ferner wurden eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers und ein gewisses Mitspracherecht der Arbeitnehmer eingeführt, und endlich erhielten die Destinatäre dann einen Rechtsanspruch auf Stiftungsleistungen, wenn sie selber Beiträge entrichtet hatten. Der Anspruch blieb dabei auf die Summe der eigenen Beiträge beschränkt. Weitere Begehren der Arbeitnehmer wurden in der Gesetzesrevision mit Absicht zurückgestellt, so insbesondere ein im Nationalrat eingereichtes Postulat, mit dem verlangt wurde, dass dem Arbeitnehmer auch dann ein Anspruch auf die vom Arbeitgeber geleisteten Beiträge einzuräumen sei, wenn das Dienstverhältnis vor der Pensionierung beendigt werde (BBl 1956 II 828 f.; Sten.Bull. N. 1958 S. 65 f.). Die Stiftungsorgane waren deshalb nach den vor der Revision des Arbeitsvertragsrechtes geltenden gesetzlichen Vorschriften durchaus berechtigt, das gesamte Stiftungsvermögen im Rahmen des Stiftungszweckes zu verwenden. Sie durften aus dem Stiftungsvermögen insbesondere die aus Gruppenversicherungsverträgen geschuldeten paritätischen Arbeitgeberbeiträge bezahlen, sofern die Stiftungsurkunde dies erlaubte. b) Nach Art. 3 der Stiftungsurkunde bezweckt die Stiftung allgemein die Fürsorge für das Personal der Stifterfirma in dem vom Stiftungsrat zu bestimmenden Umfang, wobei die Stiftung zur Erreichung des Zweckes Versicherungsverträge zugunsten der Destinatäre abschliessen oder in solche Verträge eintreten kann. Der Abschluss und die Finanzierung von Versicherungsverträgen zugunsten des Personals gehört demnach mit zum Zweck der Stiftung, und diesem Zweck dient ohne Zweifel auch die Zahlung der der Rentenanstalt geschuldeten Arbeitgeberbeiträge. Nach der aus dem Jahre 1943 stammenden Stiftungsurkunde war die Beschwerdeführerin als reiner Fürsorge- oder Wohlfahrtsfonds konzipiert. Irgendwelche konkrete Ansprüche der einzelnen Destinatäre werden in der Urkunde BGE 101 Ib 231 S. 238 nicht vorgesehen, und die Freiheit des Stiftungsrates, zu bestimmen, wie der Stiftungszweck zu erreichen sei, wird in keiner Weise eingeschränkt. Da bereits ab 1944 Arbeitnehmerbeiträge einbezahlt und mit der Rentenanstalt Gruppenversicherungsverträge abgeschlossen wurden, wandelte sich die Beschwerdeführerin von einem patronalen Wohlfahrtsfonds zur Versicherungseinrichtung, und die Einzelheiten der Prämienpflicht und der Versicherungsleistungen wurden - wie in Art. 5 Abs. 2 der Stiftungsurkunde vorgesehen - in besonderen Reglementen geordnet. c) Die heute geltenden Reglemente vom 31. Dezember 1965 umschreiben Ansprüche der Arbeitnehmer auf ein Alterskapital oder eine Altersrente, auf eine Todesfallsumme und auf eine Abfindung bei Dienstaustritt, wobei diese Abfindungssumme gemäss Art. 343bis Abs. 3 OR in der Regel dem Total der vom Versicherten geleisteten Beiträge ohne Zins entspricht. Die genannten Versicherungsleistungen sind vertragliche Ansprüche der Destinatäre, denn mit der Bereitschaft, Arbeitnehmerbeiträge zu leisten, entsteht ein sogenannter Vorsorgevertrag zwischen der Stiftung und dem einzelnen Arbeitnehmer (RIEMER, Kommentar, Systematischer Teil, N. 338; SUTER, Untersuchungen zur Rechtsstellung des Destinatärs von Personalvorsorgeeinrichtungen - Geltendes und werdendes Recht, ZBJV 109/1973 S. 353). Durch den Vorsorgevertrag wird jedoch der Gruppenversicherungsvertrag nicht berührt; dieser besteht ausschliesslich zwischen der Stiftung und dem Versicherer, und die Stiftungsdestinatäre sind Versicherte, nicht aber Begünstigte aus diesem Vertrag. Die Beschwerdeführerin und die Rentenanstalt konnten deshalb im Versicherungsreglement die Beitragspflicht des Arbeitgebers im Rahmen der gesetzlichen und statutarischen Vorschriften vertraglich vereinbaren. Die in Art. 8 der beiden Reglemente getroffene Lösung, wonach der jährliche Beitrag der versicherten Personen 4% und derjenige der "Firma bzw. Stiftung" 6% der versicherten Besoldungen betrage, sprengt die Grenzen der unter altem Recht bestehenden Dispositionsfreiheit nicht und bringt klar zum Ausdruck, dass der Arbeitgeberbeitrag von der Stifterfirma oder der Beschwerdeführerin erbracht werden kann. d) Bis zum Inkrafttreten des neuen Art. 331 OR jedenfalls war somit die Beschwerdeführerin berechtigt, anstelle der Stifterfirma BGE 101 Ib 231 S. 239 die der Rentenanstalt geschuldeten Arbeitgeberbeiträge aus dem Stiftungsvermögen zu entrichten. Die Stifterfirma durfte ihre Zuwendungen an die Beschwerdeführerin unabhängig von der Höhe der jährlich geschuldeten Arbeitgeberbeiträge variieren. Sie musste nur dafür sorgen, dass die Stiftung in der Lage war, die aus den Versicherungsverträgen erwachsenden Aufwendungen zu bestreiten. Das gilt auch für die Jahre 1969-1972, in denen die Leistungen der Stifterfirma an die Beschwerdeführerin regelmässig hinter den der Rentenanstalt geschuldeten Arbeitgeberbeiträgen zurückblieben. Die Stiftungsurkunde und die Reglemente enthalten keinen Hinweis darauf, dass bestimmte Teile des Stiftungsvermögens für diesen Zweck nicht hätten verwendet werden dürfen, beispielsweise nicht die von der Stifterfirma entrichteten Schuldzinsen, die Mutationsgewinne oder die von der Rentenanstalt vergüteten Gewinnanteile. Auch steuerrechtlich stand der Inanspruchnahme des gesamten Stiftungsvermögens für die Bezahlung der Arbeitgeberbeiträge nichts entgegen. Damit eine Zuwendung nach Art. 49 Abs. 2 WStB und Art. 71 Abs. 3 des sanktgallischen Steuergesetzes von der Steuer befreit wird, genügt die Ausscheidung in einer Weise, die jede weitere zweckwidrige Verwendung ausschliesst. Die beiden Stiftungsreglemente entsprechen durchaus den Anschauungen, die zur Zeit ihres Erlasses herrschend waren. Bei den Arbeitgeberbeiträgen wurde unterschieden zwischen den "ordentlichen Beitragsleistungen" gemäss Reglement und den "effektiven Zuwendungen" der Stifterfirma, und es war üblich, die Arbeitgeberbeiträge aus dem freien Stiftungsvermögen zu leisten (HELBLING, Personalfürsorge, Bern 1964, S. 83). Wohl ist die Beschwerdeführerin eine Mehrzweckstiftung in dem Sinne, dass die Stiftungsorgane in der Lage sein müssen, aus dem Stiftungsvermögen andere Leistungen zu erbringen als die Arbeitgeberbeiträge an die Rentenanstalt, vor allem Fürsorgeleistungen für nicht versicherte Risiken. Weder die Stiftungsurkunde noch die Reglemente verpflichten indessen die Stiftungsorgane, für solche weitere Stiftungszwecke einen Teil des Stiftungsvermögens auszuscheiden. 4. Zu prüfen ist nun, ob mit der Anwendbarkeit des neuen Art. 331 Abs. 3 OR seit dem 1. Januar 1973 die Freiheit der Stiftungsorgane eingeschränkt und die Stifterfirma verpflichtet worden ist, jedes Jahr, zur gleichen Zeit wie die BGE 101 Ib 231 S. 240 Arbeitnehmer, mindestens die gleichen Beiträge an die Personalfürsorgeeinrichtung zu entrichten wie jene; ob also die Stifterfirma der Beschwerdeführerin jährlich 4% der versicherten Lohnsumme zur Deckung der bei der Rentenanstalt bestehenden Verbindlichkeiten überweisen muss. a) Für die Auffassung der Aufsichtsbehörden, wonach die paritätische Mindestprämie nunmehr jährlich von der Stifterfirma selber zu erbringen sei, spricht der Wortlaut von Art. 331 Abs. 3 OR , der festlegt, dass die Beiträge vom "Arbeitgeber" zu erbringen sind. Der Wortlaut einer Bestimmung ist jedoch nicht allein massgebend; von Bedeutung sind auch Wortsinn, Zweck und Tragweite einer Norm, ebenso in gewissen Fällen die Gesetzesmaterialien. Lässt der Wortlaut einer Bestimmung verschiedene, sich widersprechende Auslegungen zu, so kann es geradezu geboten sein, die Entstehungsgeschichte heranzuziehen, zumal wenn offen ist, ob der Gesetzgeber eine Neuerung oder Änderung befürwortet oder ausdrücklich abgelehnt habe und die Materialien auf diese Frage eine klare Antwort geben ( BGE 100 II 57 mit Hinweisen). b) Im vorliegenden Fall lässt sich aus den Gesetzesmaterialien der wahre Sinn der Vorschrift eindeutig ermitteln. Art. 331 Abs. 3 OR ist zusammen mit Art. 331a, 331b und 331c OR im wesentlichen ein Werk der Eidgenössischen Räte. Diese suchten die Freizügigkeit der Arbeitnehmer durch Verbesserung der Rechtsstellung beim Übertritt in eine andere Firma und eine andere Personalvorsorgeeinrichtung zu vergrössern. Arbeitnehmern, die mindestens fünf Jahre in der gleichen Firma gearbeitet hatten, sollte mehr als nur ihre eigenen Beiträge zurückerstattet werden, also mehr als die bisher in Art. 343bis Abs. 3 OR vorgesehene Abfindung. Der Nationalrat als Prioritätsrat sah die Forderung auf eine Freizügigkeitsleistung vor, die bei Versicherungseinrichtungen einen angemessenen Teil des Deckungskapitals, bei Spareinrichtungen einen angemessenen Teil des durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer geäufneten Sparkapitals samt Zins umfassen sollte. Die ständerätliche Kommission hielt die nationalrätliche Lösung für verbesserungsbedürftig und beauftragte den Experten des Bundes, Professor Walter Hug, entsprechende Vorschläge auszuarbeiten. In seinem Bericht vom 16. Juni 1970 führte der Experte aus, es könnten sich Schwierigkeiten BGE 101 Ib 231 S. 241 ergeben, wenn der Arbeitgeber völlig frei sei, ob und wann er seine Beiträge leisten wolle. Es sei festgestellt worden, dass die Arbeitgeberbeiträge häufig erst von einem gewissen Alter oder einer gewissen Anstellungsdauer der Versicherten an geleistet würden, zuweilen gar erst bei Erreichen der Altersgrenze oder beim Tod des Versicherten. Durch eine neue Bestimmung sollte deshalb verhindert werden, dass das Deckungskapital "von Seiten des Arbeitgebers" nicht geäufnet werde. Nach Auffassung des Experten sollte dafür gesorgt werden, dass der "Arbeitgeberbeitrag" gleichzeitig wie der Arbeitnehmerbeitrag geleistet werde. Der Vorschlag wurde in der ständerätlichen Kommission eingehend diskutiert und schliesslich mit acht zu zwei Stimmen angenommen. Dabei wurde teilweise von "Arbeitgeberbeitrag", teilweise von "Beitrag der Arbeitgeber" gesprochen. Doch wurde von keiner Seite die Frage aufgeworfen, ob bei Versicherungseinrichtungen die Arbeitgeberbeiträge weiterhin von den Vorsorgeeinrichtungen aufbracht werden könnten oder ob dies nicht mehr zulässig sein sollte. Einziges Ziel des Vorschlages war es, die Manipulation des Deckungskapitals von Arbeitgeberseite her zu verhindern (Protokoll der Kommission des Ständerats vom 6. Juli 1970, S. 3-25). In diesem Sinne stellte der Kommissionsreferent im Ständerat Antrag, und der Nationalrat stimmte diskussionslos ebenfalls zu (Amtl.Bull. 1971 N. S. 730, S S. 335). In beiden Räten wurde betont, dass die ganze Ordnung der Art. 331-331c OR als Übergangslösung bis zur Schaffung der Gesetzgebung über die zweite Säule zu verstehen sei. c) Der Werdegang der Bestimmung lässt deutlich werden, dass es dem historischen Gesetzgeber einzig darum ging, sicherzustellen, dass der Arbeitgeberbeitrag gleichzeitig mit dem Arbeitnehmerbeitrag geleistet werde. Nicht geregelt wurde dagegen die Frage, ob der Arbeitgeberbeitrag nur von der Stifterfirma der Versicherungsgesellschaft bezahlt werden könne oder ob die Verbindlichkeit auch von der Stiftung aus dem Stiftungsvermögen erfüllt werden dürfe. Dem gesetzgeberischen Anliegen, die rechtzeitige Äufnung des vollen Deckungskapitals zu gewährleisten, wird auch dann Rechnung getragen, wenn der Arbeitgeberbeitrag aus den Mitteln der Vorsorgeeinrichtung der Versicherungsgesellschaft oder einer von der Stiftung verschiedenen Spareinrichtung überwiesen wird. BGE 101 Ib 231 S. 242 d) Die Beschwerdeführerin hat mit Recht darauf hingewiesen, dass der von den Aufsichtsbehörden befürworteten Einschränkung der Freiheit der Stiftungsorgane wirtschaftlich eine weitreichende Bedeutung zukäme. Hätte der Gesetzgeber mit der Einfügung von Art. 331 Abs. 3 OR tatsächlich eine derartige Verfügungsbeschränkung einführen wollen, so hätte das in den Räten gesagt werden müssen; dies hätte mit Sicherheit zu einer eingehenden Auseinandersetzung über die Tunlichkeit der Anordnung geführt. Das Fehlen jeglicher Diskussion in den parlamentarischen Beratungen ist ein weiteres Indiz dafür, dass kein entsprechender Wille des Gesetzgebers vorlag. e) Nicht zu entscheiden ist, ob dieselbe Lösung im Lichte der historischen Auslegungsmethode auch für die sogenannten autonomen Kassen zulässig wäre, die selber versicherungstechnische Risiken tragen und lediglich rechnungsmässig zwischen Deckungskapital und freiem Stiftungsvermögen unterscheiden. Immerhin erscheint es höchst zweifelhaft, ob eine blosse Umbuchung vom freien Stiftungsvermögen in das Deckungskapital als Entrichtung des Arbeitgeberbeitrages im Sinne von Art. 331 Abs. 3 OR anerkannt werden könnte. 5. a) Geht aus der Entstehungsgeschichte von Art. 331 Abs. 3 OR hervor, dass sich der Gesetzgeber zu der heute zu entscheidenden Streitfrage nicht geäussert hat, so spricht die Vermutung dafür, dass das neue Recht die unter der früheren Ordnung bestehende Freiheit der Stiftungsorgane nicht eingeschränkt hat. Eine abweichende, weniger freiheitliche Auslegung käme nur dann in Betracht, wenn sich aus dem Gesetz und der gesamten Rechtsordnung eindeutige Hinweise auf weitere, von der Bestimmung zu erfüllende Funktionen ergäben, die dem historischen Gesetzgeber verborgen blieben. b) In diesem Sinne nimmt die Aufsichtsbehörde an, das Stiftungsrecht enthalte den Grundsatz, dass das Vermögen von Vorsorgeeinrichtungen im Interesse der Destinatäre möglichst zu schonen sei. Deshalb müsse angenommen werden, unter dem neuen Recht dürften die paritätischen Beiträge der Arbeitgeber nicht mehr dem Stiftungsvermögen entnommen werden. Die gleiche Auffassung wird ausdrücklich oder sinngemäss auch in der neueren, seit dem Inkrafttreten des neuen Arbeitsvertragsrechtes erschienenen Literatur vertreten (vgl. insbesondere BGE 101 Ib 231 S. 243 H. LÜTHY, Die rechtliche Regelung der freiwilligen Personalvorsorge, Diss. Basel 1974 (nicht gedruckt), S. 18 ff.; ferner RIEMER, Systematischer Teil, N. 328-330; SUTER, a.a.O., S. 364 f.). Da sich aber diese Autoren mit dem Zustandekommen von Art. 331 Abs. 3 OR nicht auseinandersetzen, sind ihre Ausführungen nicht geeignet, Entscheidendes zur Lösung des Falles beizutragen. c) Auf ein Verbot, nach neuem Recht Arbeitgeberbeiträge aus dem Stiftungsvermögen zu leisten, könnte nur dann geschlossen werden, wenn ein Wille des Gesetzgebers nachgewiesen werden könnte, die frühere Unterscheidung zwischen den "ordentlichen Beitragsleistungen" und den "effektiven Zuwendungen der Firma" aufzugeben. Bestünde von Gesetzes wegen eine nicht auf die Stiftung übertragbare Zahlungspflicht der Stifterfirma im Betrag der Arbeitgeberprämien, so bedeutete tatsächlich die Zahlung dieser Prämien aus dem Stiftungsvermögen im Ergebnis eine unzulässige Rückübertragung von Stiftungsmitteln an die Stifterfirma (RIEMER, Systematischer Teil, N. 30). Die bisherigen Ausführungen zeigen jedoch, dass der historische Gesetzgeber mit der Schaffung von Art. 331 Abs. 3 OR keine persönliche Leistungspflicht des Arbeitgebers begründen wollte. Dem Gesetz ist daher Genüge getan, wenn der "Arbeitgeberbeitrag" von irgend einer Seite an die Versicherungseinrichtung geleistet wird. Durfte die Beschwerdeführerin unter der Herrschaft des alten Rechtes diese Beiträge an die Rentenanstalt erbringen, so darf sie es auch nach neuem Recht tun, ohne dass eine Zweckentfremdung von Stiftungsmitteln vorliegt. 6. Zu prüfen bleibt, ob das ganze Vermögen der Beschwerdeführerin zur Bezahlung der Arbeitgeberbeiträge verwendet werden darf oder ob gewisse Teile davon ausgenommen werden müssen. Nach Ansicht des Amtes für Stiftungsaufsicht ist es unzulässig, Beitragszahlungen aus Mutationsgewinnen, aus Zinserträgen für das der Stifterfirma darlehensweise zur Verfügung gestellte Stiftungsvermögen sowie aus den von der Rentenanstalt ausgeschütteten Gewinnbeteiligungen zu leisten. Da sich - wie ausgeführt - aus Art. 331 Abs. 3 OR keine neue persönliche Leistungspflicht der Stifterfirma ergibt, richtet sich die Verwendung des gesamten Stiftungsvermögens ausschliesslich nach der Stiftungsurkunde und den Stiftungsreglementen. BGE 101 Ib 231 S. 244 Danach darf das Stiftungsvermögen verwendet werden, um Arbeitgeberbeiträge zu entrichten, ohne dass hinsichtlich der Herkunft der einzelnen Vermögensteile zu unterscheiden wäre. Im übrigen stammen die Zinserträge aus Leistungen der Stifterfirma, ebenso die Mutationsgewinne, bei welchen die Arbeitnehmerbeiträge und das Versicherungsrisiko in Abzug gebracht werden. Die Gewinnbeteiligungen stammen zwar aus dem ganzen Versicherungsverhältnis; allein, da auch die Vermögensteile, die von Arbeitnehmerseite stammen, wiederum im Arbeitnehmerinteresse dem Zweck der Stiftung entsprechend verwendet werden, liegt keine Verletzung der Statuten oder der Reglemente vor. Die Entlastung, die für die Stifterfirma resultiert, ist zulässig. 7. Das Amt für Stiftungsaufsicht hält schliesslich dafür, im Hinblick auf die Bundesgesetzgebung über die berufliche Vorsorge sei es wünschbar, dass das Stiftungsvermögen jedenfalls nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörden angegriffen werde, um die Mindestbeiträge der Arbeitgeber zu leisten. Eine solche Bewilligungspflicht findet nach Auffassung der Beschwerdeführerin keine Grundlage im Gesetz und würde dazu führen, dass die Stiftungsorgane und die Aufsichtsbehörden die wirtschaftliche Lage der Stifterfirma prüfen müssten, um entscheiden zu können, wann dieser die Bezahlung der Arbeitgeberbeiträge zugemutet werden könne. In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten dürfte bei einzelnen Unternehmungen die Tendenz bestehen, auf Zuwendungen an die Vorsorgeeinrichtung zu verzichten oder jedenfalls die Leistungen zu vermindern, in der Meinung, dass die Stiftungsmittel gerade in solchen Zeiten die Firma im Bereich der Personalfürsorge entlasten sollten. Ist dieses Vorgehen zulässig, so kann ein rascher Abbau der in einer Vorsorgeeinrichtung vorhandenen freien Mittel die Folge sein. Dabei ist aber zu beachten, dass es sich bei den Mitteln, die so zulässigerweise zur Bezahlung von Arbeitgeberbeiträgen eingesetzt werden, um Vermögen handelt, das in den vergangenen Jahren durch die freiwillig geschaffene Stiftung mit Hilfe der Stifterfirma ohne jede gesetzliche Verpflichtung geäufnet wurde und unter anderem gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur Beitragszahlung dienen sollte. Eine Vorschrift, die solche Leistungen verbieten würde oder aus der eine Pflicht zur Einholung einer besonderen Bewilligung der Aufsichtsbehörde abgeleitet BGE 101 Ib 231 S. 245 werden könnte, besteht nicht. Die Stiftungsorgane sind deshalb weiterhin frei, diejenigen Ausgaben zu beschliessen, die Stiftungsurkunde und Stiftungsreglemente zulassen. Die vom Regierungsrat bestätigte Verfügung des Amtes für Stiftungsaufsicht entbehrt somit der gesetzlichen Grundlage; die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. Die Beschwerdeführerin hat Anspruch darauf, dass ihre Jahresrechnung in der eingereichten Form abgenommen wird. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 4. Februar 1975 wird aufgehoben.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
bc5baf63-e9eb-4921-b009-4e3dc0c11b69
Urteilskopf 124 IV 97 18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. April 1998 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 139 Ziff. 1bis aStGB und Art. 140 Ziff. 2 nStGB; Art. 23 Abs. 1 StGB ; qualifizierter Raub (Mitführen einer Schusswaffe), untauglicher Versuch. Schützt der qualifizierte Tatbestand gegenüber dem Grundtatbestand ein weiteres Rechtsgut, so kommt der Versuch der qualifizierten Tatbegehung in Betracht. Untauglicher Versuch des qualifizierten Raubes bejaht bei einem Räuber, der irrtümlich annahm, die Schusswaffe des Mittäters sei geladen (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 97 BGE 124 IV 97 S. 97 Am Abend des 8. November 1993 verübten B. und E. einen Überfall auf den Vorstand des Bahnhofs in O. Sie erbeuteten Bargeld im Betrag von Fr. 904.50 und zwei unpersönliche SBB-Generalabonnemente im Wert von ca. Fr. 8'200.--. B. und E. führten je einen ungeladenen Revolver mit sich. B. nahm irrtümlich an, der Revolver des E., mit dem dieser den Bahnhofvorstand bedrohte, sei geladen. BGE 124 IV 97 S. 98 Am 16. September 1997 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich B. unter anderem wegen Raubes im Sinne von Art. 139 Ziff. 1bis aStGB in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 StGB zu 6 Jahren Zuchthaus. B. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an dieses zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Die Vorinstanz legt dar, der Grundtatbestand des Raubes sei erfüllt. Der Beschwerdeführer und E. hätten in Mittäterschaft gehandelt. Die Qualifikationsgründe der Lebensgefahr (Art. 139 Ziff. 3 aStGB) und der besonderen Gefährlichkeit (Art. 139 Ziff. 2 aStGB) seien nicht gegeben. Für die Qualifikation des Mitführens einer Schusswaffe (Art. 139 Ziff. 1bis aStGB) genüge eine ungeladene Waffe nach BGE 111 IV 49 nicht. Da der Beschwerdeführer aber gemeint habe, der Revolver des E. sei geladen, und er unter dieser Annahme am Raub teilgenommen habe, sei in bezug auf den Qualifikationsgrund nach Art. 139 Ziff. 1bis aStGB ein untauglicher Versuch gegeben. Der untaugliche Versuch führe gemäss Art. 23 Abs. 1 StGB zwar zu einer Strafmilderung nach freiem Ermessen ( Art. 66 StGB ). Der Grundtatbestand des Raubes sei hier jedoch vollendet worden. Das Strafminimum für den einfachen Raub von 6 Monaten Gefängnis bilde daher die untere Grenze des Strafrahmens. b) Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei lediglich nach dem Grundtatbestand des Raubes zu verurteilen. Die Annahme des untauglichen Versuchs des qualifizierten Raubes gemäss Art. 139 Ziff. 1bis aStGB verletze Bundesrecht. Die Qualifikation komme nur zur Anwendung, wenn sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen gegeben seien. 2. a) Art. 139 Ziff. 1 aStGB droht für den Grundtatbestand des Raubes Zuchthaus bis zu 20 Jahren oder Gefängnis nicht unter 6 Monaten an. Art. 139 aStGB in der Fassung vom 9. Oktober 1981, in Kraft seit 1. Oktober 1982, enthält drei Qualifikationen: (1) Das Mitführen einer Schusswaffe oder einer anderen gefährlichen Waffe zum Zweck des Raubes führt nach Ziff. 1bis zur Anhebung der Mindeststrafe von 6 Monaten auf 1 Jahr Gefängnis. (2) Ziff. 2 enthält zwei alternative Qualifikationen, nämlich den bandenmässigen BGE 124 IV 97 S. 99 Raub sowie die besondere Gefährlichkeit aufgrund der Tatbegehung. Hier wird die Mindeststrafe auf zwei Jahre Zuchthaus angehoben. (3) Gemäss Ziff. 3 wird die Mindeststrafe auf 5 Jahre Zuchthaus angehoben, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt. Mit der Revision des Vermögensstrafrechts durch das Bundesgesetz vom 17. Juni 1994, in Kraft seit 1. Januar 1995, wurde der Raubtatbestand teilweise neu gefasst (Art. 140 nStGB). Beim Grundtatbestand wurde die Höchststrafe von früher 20 Jahren auf 10 Jahre herabgesetzt; die Mindeststrafe von 6 Monaten Gefängnis wurde dagegen beibehalten (Art. 140 Ziff. 1 nStGB). Die Qualifikationen blieben unverändert, wurden aber neu numeriert (neu Ziff. 2-4 anstelle von bisher Ziff. 1bis, 2 und 3). Der untaugliche Versuch ist in Art. 23 StGB geregelt. Danach kann der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern ( Art. 66 StGB ), wenn das Mittel, womit jemand ein Verbrechen oder ein Vergehen auszuführen versucht, oder der Gegenstand, woran er es auszuführen versucht, derart ist, dass die Tat mit einem solchen Mittel oder an einem solchen Gegenstand überhaupt nicht ausgeführt werden könnte (Abs. 1). Beim untauglichen Versuch besteht ein Sachverhaltsirrtum zuungunsten des Täters. Nach der Vorstellung des Täters erfüllt er einen Tatbestand, in Wirklichkeit ist sein Verhalten harmlos (STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 23 N. 1). b) Das Bundesgericht hatte sich bereits mit der Frage zu befassen, wie es sich verhält, wenn der qualifizierte Tatbestand nur subjektiv, nicht aber objektiv erfüllt ist. Nach der Rechtsprechung ist die Annahme eines mengenmässig schweren Falles gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel (BetmG; SR 812.121) geknüpft an eine objektive und an eine subjektive Voraussetzung. Die subjektive allein genügt nicht, auch nicht für den Versuch des qualifizierten Falles. Wie in BGE 122 IV 360 E. 2b ausgeführt wurde, betreffen die Regeln über den Versuch die Frage der Strafbarkeit. Sie bestimmen, wann der Versuch strafbar ist, wie er gegebenenfalls zu bestrafen ist und welche Folgen der Rücktritt hat. Bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein nach Art. 19 Ziff. 1 BetmG tatbestandsmässiges Verhalten einen schweren Fall im Sinne von Ziff. 2 lit. a darstellt und deshalb mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe zu ahnden ist, geht es demgegenüber nicht um die Strafbarkeit, sondern um Strafzumessung. Ziff. 2 lit. a. ist eine Strafzumessungsregel. Sie BGE 124 IV 97 S. 100 nennt Umstände, welche zur Anwendung des höheren Strafrahmens von einem bis zu zwanzig Jahren Freiheitsstrafe führen, nicht Tatbestandsmerkmale. Letztere beschreiben die gesetzlich erfasste Rechtsgutbeeinträchtigung und bestimmen das strafbare Geschehen als Gegenstand der Strafzumessung. Strafzumessungsregeln dagegen enthalten einen Massstab für die Bewertung dieses Gegenstandes. Im Stadium dieser Bewertung kann die Frage des Versuchs, die sich gegebenenfalls bei der Tatbestandsmässigkeit stellt, nicht mehr aufgeworfen werden (vgl. bereits BGE 119 IV 180 E. 2d; kritisch dazu Peter Albrecht, Untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, AJP 1997, S. 752 ff.). In BGE 124 IV 79 hatte das Bundesgericht einen Fahrzeuglenker zu beurteilen, der ein Kind angefahren und danach seine Fahrt fortgesetzt hatte, ohne sich um dieses zu kümmern. Das Kind war nicht verletzt worden. Das Bundesgericht lehnte eine Verurteilung wegen Fahrerflucht nach Art. 92 Abs. 2 SVG ab. Diese Bestimmung stellt gegenüber Art. 92 Abs. 1 SVG , der den Grundtatbestand des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall bildet, einen qualifizierten Fall dar. Wie das Bundesgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG darlegte, muss der qualifizierte Fall subjektiv und objektiv erfüllt sein (E. 2d). Wie in BGE 123 IV 128 ausgeführt wurde, darf aus der Rechtsprechung zu Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG nicht hergeleitet werden, bei qualifizierten Tatbeständen sei ein strafbarer Versuch grundsätzlich ausgeschlossen. Vielmehr ist diese Frage von Fall zu Fall besonders zu prüfen (E. 2b). Im erwähnten BGE 123 IV 128 ging es um eine Brandstiftung. Nach dem Grundtatbestand ( Art. 221 Abs. 1 StGB ) ist strafbar, wer vorsätzlich zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht. Der qualifizierte Tatbestand ( Art. 221 Abs. 2 StGB ) schützt darüber hinaus ein weiteres Rechtsgut, nämlich Leib und Leben von Menschen. Im Unterschied zur Strafzumessungsregel von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG kann Art. 221 Abs. 2 StGB daher als dritte Variante der vorsätzlichen Brandstiftung aufgefasst werden. Dieser Bestimmung kommt mithin eine selbständige Bedeutung zu. Der Täter ist deshalb wegen versuchter qualifizierter Brandstiftung schuldig zu sprechen, wenn z.B. dank rascher Hilfeleistung niemand konkret gefährdet wurde und bloss die subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sind (E. 2b). c) Entscheidend ist danach, ob bei der Qualifikation ein weiteres Rechtsgut hinzutritt und ihr damit eine selbständige Bedeutung BGE 124 IV 97 S. 101 zukommt. Ist dies der Fall, so kommt ein Versuch der qualifizierten Tatbegehung in Betracht. Art. 19 Ziff. 1 BetmG erfasst die abstrakte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit, der qualifizierte Tatbestand ( Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ) ebenso. Beim qualifizierten Tatbestand ist aufgrund der grossen Betäubungsmittelmenge lediglich die Gefährdung stärker. Die Art der Widerhandlung ist die gleiche wie beim Grundtatbestand. Der qualifizierte Tatbestand unterscheidet sich mit andern Worten lediglich in bezug auf die Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung vom Grundtatbestand. Insoweit hat er keine selbstän-dige Bedeutung. Anders verhält es sich bei Art. 221 Abs. 2 StGB . Hier kommt gegenüber dem Grundtatbestand ein weiteres Rechtsgut hinzu. Die strafbare Tätigkeit nach Abs. 2 unterscheidet sich qualitativ vom Grundtatbestand. Der Gesetzgeber hätte für die qualifizierte Brandstiftung deshalb ebensogut eine eigenständige Strafbestimmung schaffen können. Das hat er beispielsweise getan beim Raub, welchen er auch der Bestimmung über den Diebstahl ( Art. 139 StGB ) als qualifizierten Tatbestand hätte anfügen können. Da bei einer eigenständigen Strafbestimmung aber der Versuch möglich ist, muss bei einem qualifizierten Tatbestand dasselbe gelten, wenn dieser eine eigenständige Strafbestimmung bilden könnte. Unterscheidet sich die Qualifikation nur in bezug auf die Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung vom Grundtatbestand, scheidet ein Versuch demgegenüber aus. Die erhöhte Intensität ist entweder gegeben oder nicht. Ein selbständiges tatbestandsmässiges Geschehen, das unvollendet sein könnte, gibt es nicht. d) Geschützte Rechtsgüter beim Grundtatbestand des Raubes sind das Eigentum und die Freiheit der Person (MARTIN SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Besonderer Teil, 2. Band, Bern 1990, Art. 139 N. 9; JÖRG REHBERG/NIKLAUS SCHMID, Strafrecht III, 7. Aufl., Zürich 1997, S. 122; BERNARD CORBOZ, Les infractions principales, Bern 1997, S. 120 N. 4). Bei der Qualifikation nach Art. 139 Ziff. 1bis aStGB tritt als weiteres Rechtsgut der Schutz der körperlichen Integrität hinzu. Ziff. 1bis stellt eine Art abstraktes Gefährdungsdelikt dar. Der Grund für die Qualifikation liegt in der Gefahr, dass der Täter von der Waffe, wenn er sie schon bei sich hat, in einer kritischen Situation Gebrauch machen und damit das Opfer erheblich verletzen oder sogar töten könnte (vgl. SCHUBARTH, a.a.O., Art. 137 N. 144 und 148; CORBOZ, a.a.O., S. 123 N. 16; TRECHSEL, a.a.O., Art. 139 N. 18; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches BGE 124 IV 97 S. 102 Strafrecht, Besonderer Teil I, 5. Aufl., Bern 1995, § 13 N. 105). Ziff. 1bis enthält somit eine eigenständige Kombination von Rechtsgütern. Die Qualifikation ist vergleichbar mit jener in Art. 221 Abs. 2 StGB . Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, wenn sie den Beschwerdeführer wegen untauglichen Versuchs des qualifizierten Raubes nach Art. 139 Ziff. 1bis aStGB verurteilt hat. Ebenso hat sie zutreffend erkannt, dass sich hier die Möglichkeit der Strafmilderung wegen Versuchs nur auf die erhöhte Strafdrohung des qualifizierten Tatbestands bezieht, nicht aber auf die Strafdrohung des Grundtatbestands, da dieser vollendet ist. 3. (Kostenfolgen)
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1,998
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CH_BGE_006
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bc5eae0f-15f0-44cd-bdfe-635556b15f04
Urteilskopf 119 IV 129 23. Urteil des Kassationshofes vom 18. August 1993 i.S. G. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 148 Abs. 2 StGB ; gewerbsmässiger Betrug. Gewerbsmässigkeit bejaht bei einem Täter, der innert 19 Monaten bei 23 Gebrauchtwagen den Kilometerstand durchschnittlich jeweils um ca. 50'000 km geändert und durch den Verkauf der Fahrzeuge unter Angabe des niedrigeren falschen Kilometerstandes ein regelmässiges Zusatzeinkommen von knapp Fr. 1'000.-- pro Monat erzielt hat (Konkretisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 119 IV 129 S. 129 A.- G. betreibt seit Januar 1984 in O. eine Karosseriewerkstatt. Daneben handelt er mit Gebrauchtwagen. In der Zeit vom 19. April 1988 bis zum 17. November 1989 baute er an 23 Fahrzeugen den Kilometerzähler aus, stellte den Kilometerstand um einige tausend bzw. zehntausend Einheiten zurück und verkaufte die Wagen unter Angabe des niedrigeren falschen Kilometerstandes. In drei Fällen trug er den unrichtigen Kilometerstand überdies in den Kaufvertrag ein. B.- Am 1. September 1992 sprach ihn das Strafamtsgericht X. schuldig des wiederholten einfachen Betruges und verurteilte ihn zu acht Monaten Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren, und zur Rückerstattung des unrechtmässig erzielten Gewinnes von Fr. 18'000.-- an den Staat. Von der Anschuldigung der Urkundenfälschung sprach es ihn frei. C.- Auf Appellation des stellvertretenden Prokurators 3 hin erklärte das Obergericht des Kantons Bern G. am 18. Dezember 1992 BGE 119 IV 129 S. 130 schuldig des gewerbsmässigen Betruges und bestrafte ihn mit einem Jahr Zuchthaus, bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren, und mit einer Busse von Fr. 500.--. Zufolge Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils bestätigte es den Freispruch vom Vorwurf der Urkundenfälschung sowie die Verurteilung zur Rückerstattung des unrechtmässig erzielten Gewinnes von Fr. 18'000.-- an den Staat. D.- G. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu seiner Verurteilung wegen einfachen Betruges an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Erwägungen: 1. a) Das Strafamtsgericht führt aus, die neuere Rechtsprechung stelle hohe Anforderungen an die Gewerbsmässigkeit. Das Vorgehen des Beschwerdeführers liege nahe bei der Gewerbsmässigkeit, erfülle deren Voraussetzungen jedoch nicht. Die Manipulationen am Kilometerzähler stellten gegenüber dem gesamten Handeln des Beschwerdeführers nur einen vergleichsweise kleinen Teilaspekt dar. Er habe bei jedem dritten Wagen den Kilometerstand geändert. Darauf sei der kleinere Teil des Gesamtgewinns bei diesen Fahrzeugen zurückzuführen. Der Grossteil des Gewinns sei erzielt worden aufgrund der Arbeitsleistung (Instandstellen und Prüfen). Von namhaften Beträgen könne nicht gesprochen werden. Der Beschwerdeführer sei nicht berufsmässig vorgegangen. Sein Verschulden wiege objektiv schwer. Anderseits habe er sich seit Begehung der Taten klaglos verhalten. Er sei von Anfang an geständig gewesen und zeige aufrichtige Reue und Einsicht. Den Schaden habe er gutgemacht, soweit ein solcher von den Käufern geltend gemacht worden sei. Er lebe in geordneten Verhältnissen und geniesse einen guten Ruf. b) Die Vorinstanz bejaht demgegenüber die Gewerbsmässigkeit. Ein gewichtiges Indiz für die Gewerbsmässigkeit liege darin, dass der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen im Rahmen seiner legalen Erwerbstätigkeit begangen habe. Er habe pro Wagen rund zwei Stunden Arbeit für die Manipulation am Kilometerzähler eingesetzt. Zudem sei die Suche nach geeigneten Fahrzeugen mit einem BGE 119 IV 129 S. 131 Zeitaufwand verbunden gewesen. Er habe für die Manipulationen eine gewisse Fingerfertigkeit entwickeln müssen. In drei Fällen habe er in den Kaufverträgen den falschen Kilometerstand eingetragen, und er habe mehrmals die zu den Fahrzeugen gehörenden Servicehefte vernichtet. Während den hier zu beurteilenden 19 Monaten habe er 40 bis 50 Wagen umgesetzt. Dabei habe er an 23 Fahrzeugen, also an etwa jedem zweiten Wagen, den Kilometerstand geändert. Insgesamt habe er 1,2 Millionen Kilometer zurückgedreht. Der Gewinn aus der strafbaren Tätigkeit betrage Fr. 18'000.--. Es ergebe sich demnach ein Durchschnittsgewinn pro manipuliertes Fahrzeug von Fr. 782.-- oder ein monatlicher Mehrgewinn von knapp Fr. 1'000.--. In einem Kleinbetrieb sei ein derartiger zusätzlicher Gewinn von erheblicher Bedeutung. Der Beschwerdeführer sei aufgrund einer im Immobilienbereich getätigten Fehlinvestition aus existentiellen Gründen auf die Mehreinnahme angewiesen gewesen. Die strafbare Tätigkeit habe wesentlich an die Finanzierung seiner Lebensgestaltung beigetragen. Ein Indiz für die Berufsmässigkeit stelle das systematische Vorgehen bzw. das Entwickeln einer eigentlichen Methode dar. Schon beim Einkauf der Gebrauchtwagen habe er darauf geachtet, Fahrzeuge zu erstehen, die für ihr Alter eine hohe Anzahl Kilometer, wenn möglich bereits über hunderttausend, aufgewiesen hätten. Er habe die Marke "Volkswagen" bevorzugt, da sich diese wegen ihrer Preisbeständigkeit für die Manipulationen besonders geeignet habe. Er habe einzig deshalb nur bei jedem zweiten Wagen den Kilometerstand zurückgedreht, weil nicht bei allen Fahrzeugen die Voraussetzungen dazu gegeben gewesen seien. Denn nach der Manipulation hätte der Kilometerstand jeweils ungefähr zum Alter des Wagens passen müssen. Der Beschwerdeführer hätte, wie er zugebe, die strafbare Tätigkeit fortgeführt, wenn sie nicht entdeckt worden wäre. Die angedrohte Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus sei angemessen. Die Tat wiege objektiv schwer. In subjektiver Hinsicht bestätigt die Vorinstanz die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Strafzumessungserwägungen des Strafamtsgerichts. c) Der Beschwerdeführer wendet im wesentlichen ein, seine Einkünfte aus der strafbaren Tätigkeit seien im Verhältnis zu seinen Gesamteinnahmen vergleichsweise unbedeutend gewesen. Er habe nur bei jedem dritten Fahrzeug den Kilometerstand geändert. Der Umstand, dass er die Manipulationen im Rahmen einer legalen Erwerbstätigkeit vorgenommen habe, lasse keinen Schluss auf Gewerbsmässigkeit zu. Die für die Manipulation aufgewendete Zeit BGE 119 IV 129 S. 132 von anderthalb Stunden pro Fahrzeug sei gering. Er sei von der Anklage der Falschbeurkundung rechtskräftig freigesprochen worden. Deshalb dürfe es nicht als Indiz für die Gewerbsmässigkeit betrachtet werden, dass er in drei Fällen den falschen Kilometerstand in den Kaufvertrag eingetragen habe. Schliesslich sei hier die Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus für gewerbsmässigen Betrug unverhältnismässig. Wiederholt begangener Betrug in 23 Fällen mit einem Gesamtdeliktsbetrag von Fr. 18'000.-- werde normalerweise mit einer Strafe von unter einem Jahr Zuchthaus geahndet, insbesondere bei einem Ersttäter. 2. Im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ). Die Vorinstanz stellt fest, dass der Beschwerdeführer den Kilometerstand bei jedem zweiten Wagen geändert und dafür pro Fahrzeug zwei Stunden aufgewendet hat. Soweit der Beschwerdeführer von einem anderen Sachverhalt ausgeht, ist er nicht zu hören. 3. a) Betrug wird gemäss Art. 148 Abs. 1 StGB mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis (von mindestens drei Tagen, Art. 36 StGB ) bestraft. Nach Art. 148 Abs. 2 StGB wird der Betrüger mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und mit Busse bestraft, wenn er den Betrug gewerbsmässig betreibt. Die Mindeststrafe beträgt in diesem Fall somit ein Jahr Zuchthaus ( Art. 35 StGB ). Das Bundesgericht hat in BGE 116 IV 319 ff. seine Rechtsprechung zum Qualifikationsgrund der Gewerbsmässigkeit geändert. Nach der neuen Rechtsprechung liegt im Begriff des berufsmässigen Handelns der Ansatzpunkt für die Umschreibung der Gewerbsmässigkeit. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufes ausübt. Diese abstrakte Umschreibung gilt für das gesamte Vermögensstrafrecht. Sie kann aber nur Richtlinienfunktion haben. Eine Konkretisierung der Umschreibung ist angesichts der unterschiedlichen Phänomenologie und der unterschiedlich hohen Mindeststrafen nur für die einzelnen Tatbestände oder für einzelne Gruppen gleichartiger Tatbestände möglich. Eine quasi "nebenberufliche" deliktische Tätigkeit kann genügen. Wesentlich für die Annahme von Gewerbsmässigkeit ist, dass sich der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, darauf eingerichtet hat, durch BGE 119 IV 129 S. 133 deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen; dann ist die erforderliche soziale Gefährlichkeit gegeben. Es ist nach wie vor notwendig, dass der Täter die Tat bereits mehrfach begangen hat, dass er in der Absicht handelte, ein Erwerbseinkommen zu erlangen, und dass aufgrund seiner Taten geschlossen werden muss, er sei zu einer Vielzahl von unter den fraglichen Tatbestand fallenden Taten bereit gewesen. Der Richter hat bei der Entscheidung der Frage, ob im konkreten Fall Gewerbsmässigkeit gegeben sei, stets auch die Höhe der angedrohten Mindeststrafe zu berücksichtigen. Denn bei der Auslegung von Straftatbeständen ist auch der angedrohten Strafe Rechnung zu tragen (E. 4). b) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer in den zu beurteilenden 19 Monaten bei 23 Fahrzeugen den Kilometerstand geändert und dadurch einen Gewinn von insgesamt Fr. 18'000.-- oder monatlich knapp Fr. 1'000.-- erzielt. Er hat sich somit durch ein strafbares Verhalten von einiger Intensität ein regelmässiges Zusatzeinkommen verschafft. Er entwickelte eine bestimmte Methode und ging planmässig vor. Zudem hatte er sich darauf eingerichtet, durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellten. Zu Recht hat die Vorinstanz den Eintrag des falschen Kilometerstandes in drei Kaufverträgen als weiteres Indiz für die Gewerbsmässigkeit berücksichtigt. Der insoweit erfolgte Freispruch von der Anklage der Falschbeurkundung aufgrund der neueren restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichts zu diesem Tatbestand ( BGE 118 IV 364 f. mit Hinweisen) hinderte sie daran nicht. In Anbetracht dieser Umstände verletzt die Bejahung der Gewerbsmässigkeit Bundesrecht nicht. Sie lässt sich rechtfertigen auch unter Berücksichtigung der Strafdrohung. Die verhängte Mindeststrafe ist jedenfalls vertretbar auch mit Blick auf die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und den Deliktsbetrag von Fr. 18'000.--.
null
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bc5f8ec2-1384-4759-9e3a-60d84dece110
Urteilskopf 93 I 290 36. Urteil vom 7. Juli 1967 i.S. Fiore gegen Schweiz. Bundesbahnen.
Regeste Haftpflicht der SBB gegenüber einem beim Eisenbahnbau verunfallten Arbeiter einer privaten Unternehmung. 1. Die Klage der Hinterbliebenen des Verunfallten ist nicht nach dem Verantwortlichkeitsgesetz, sondern nach dem Zivilrecht (EHG oder OR) zu beurteilen (Erw. 2). 2. Das Bundesgericht ist unter keinem Titel als einzige Instanz zuständig (Erw. 3, 4).
Sachverhalt ab Seite 291 BGE 93 I 290 S. 291 A.- Die SBB hatten ihren Stellwerkmonteur Georg Schmid beauftragt, mit Hilfe des von einer privaten Unternehmung angestellten Arbeiters Luigi Fiore im Bözbergtunnel zwei Weichen instandzustellen. Am 2. Juni 1966 vormittags marschierten die beiden Männer im Tunnel zwischen den Geleisen 2 und 3. Sie hörten hinter sich von der Station Schinznach-Dorf her einen Zug nahen, der normalerweise auf dem Geleise 2 hätte fahren sollen, und wichen daher auf das Geleise 3 aus. Als Schmid einen Blick rückwärts warf, gewahrte er indessen, dass der Zug auf dem Geleise 3 heranfuhr. Er konnte sich im letzten Augenblick retten. Fiore dagegen, der nicht zurückgeschaut hatte, wurde von der Lokomotive erfasst und getötet. B.- Das Eidg. Justiz-und Polizeidepartement erteilte die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen Schmid, dem es vorwarf, nicht genügend für die Sicherheit des Hilfsarbeiters Fiore gesorgt zu haben. Am 24. Februar 1967 verurteilte das Bezirksgericht Brugg Schmid wegen fahrlässiger Tötung zu einer Busse von Fr. 60.-. C.- Am 14. Dezember 1966 meldeten Michele Fiore, der Vater, sowie die Mutter, die vier Geschwister und die Braut des Verunfallten bei den SBB Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung an, die sie auf das Bundesgesetz vom 28. März 1905 betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post (EHG) stützten. Nachdem das Begehren abgelehnt worden war, unterbreiteten sie es mit Schreiben vom 25. Januar 1967 dem Eidg. Finanz- und Zolldepartement, diesmal unter Berufung auf Art. 3 ff. des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes, seiner Behördemitglieder und Beamten (VG). Die SBB, an welche die Eingabe weitergeleitet wurde, hielten mit Bescheid vom 3. Februar 1967 an ihrem ablehnenden Standpunkte fest, wobei sie den Hinterbliebenen mitteilten, dass eine Klage beim Bundesgericht innert einer Verwirkungsfrist von sechs Monaten einzureichen wäre ( Art. 20 Abs. 3 VG ). D.- Binnen dieser Frist haben Michele Fiore und Mitbeteiligte BGE 93 I 290 S. 292 beim Bundesgericht gestützt auf Art. 3 ff. VG die vorliegende Klage gegen die SBB eingereicht. Sie beantragen, die Gegenpartei sei zu verurteilen, ihnen Fr. 63 300.-- nebst Zins zu bezahlen, nach folgender Berechnung: "Todesfallkosten", soweit nicht von der Fr. 1 860.-- SUVA gedeckt Verlust des Versorgers der Braut Fr. 52 541.10 Genugtuung Fr. 30 000.-- Fr. 84 401.10 abzüglich 25% wegen Mitverschuldens des Verunfallten Fr. 21 101.10 Fr. 63 300.-- E.- Die SBB stellen den Antrag, auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sie ganz oder teilweise abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Passivlegitimation der SBB; BGE 91 I 228 ). 2. Die SBB haften nach Art. 3 Abs. 1 VG für den Schaden, den ihre Beamten in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zufügen, und zwar ohne Rücksicht auf das Verschulden der Beamten. Indessen sind sie im vorliegenden Falle von dieser Haftung aus zwei Gründen ausgenommen. a) Einerseits ist Art. 3 Abs. 2 VG zu beachten, wonach die Haftung des Bundes bei Tatbeständen, welche unter die Haftpflichtbestimmungen anderer Erlasse fallen, sich nach diesen besonderen Bestimmungen richtet. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift und den Beratungen im Parlament ergibt sich, dass solche Tatbestände ausschliesslich nach den Bestimmungen der Sondergesetze zu beurteilen sind (Sten. Bull. StR 1956 S. 325, NR 1957 S. 817). Hier können die Kläger sich jedenfalls insoweit, als sie eine Entschädigung für "Todesfallkosten" und Genugtuungssummen beanspruchen, auf das Eisenbahnhaftpflichtgesetz stützen, welches als Sondergesetz die Anwendung des Verantwortlichkeitsgesetzes ausschliesst. Daran ändert es nichts, dass Art. 128 Ziff. 3 des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung (KUVG) die Bestimmungen des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes aufhebt, soweit sie die Haftpflicht der Eisenbahnunternehmungen für Unfälle im Dienst gegenüber (ihren eigenen BGE 93 I 290 S. 293 obligatorisch versicherten Angestellten und Arbeitern und) den beim Eisenbahnbau beschäftigten obligatorisch versicherten Angestellten und Arbeitern anderer Unternehmungen betreffen. Unter den Begriff des Eisenbahnbaus im Sinne dieser Bestimmung fallen auch die Unterhaltsarbeiten, die hier vom Bahnbeamten Schmid und dem von einer privaten Unternehmung angestellten Verunfallten auszuführen waren (Art. 13 Ziff. 1 Verordnung I über die Unfallversicherung). Aber Art. 128 Ziff. 3 KUVG erfasst nur solche Forderungen, für welche die obligatorische Versicherung Deckung bietet (OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, 2. Aufl., Bd. I S. 384; SAXER, Der Regress nach Art. 100 KUVG gegenüber der Eisenbahnunternehmung, S. 44). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Ansprüche der Kläger auf Entschädigung für den von der SUVA nicht ersetzten Teil der "Todesfallkosten" und auf Genugtuung nicht erfüllt. Dagegen ist zweifelhaft, wie es sich in dieser Beziehung mit dem Anspruch der Braut des Verunfallten auf Ersatz des Versorgerschadens verhalte; ist doch die SUVA u.a. zur Zahlung von Renten an einen bestimmten Kreis von Hinterbliebenen des Verunfallten verpflichtet, zu denen allerdings der Verlobte nicht gehört ( Art. 84 ff. KUVG ). Wenn sich jener Anspruch der Braut nicht auf das Eisenbahnhaftpflichtgesetz gründen lässt, kann er indessen auf das Obligationenrecht gestützt werden, welches nach Art. 129 Abs. 1 KUVG die in Art. 128 aufgehobenen Bestimmungen ersetzt. Ist aber das Obligationenrecht auf Grund der Sondervorschrift des Art. 129 Abs. 1 KUVG anwendbar, so ist es seinerseits als Sonderordnung im Verhältnis zum Verantwortlichkeitsgesetz zu betrachten und schliesst daher die Anwendung dieses Gesetzes ebenfalls aus. b) Anderseits bestimmt Art. 11 Abs. 1 VG , dass der Bund, soweit er als Subjekt des Zivilrechts auftritt, nach dessen Vorschriften haftet. Im vorliegenden Falle können die Ansprüche der Kläger einzig auf das Zivilrecht (EHG oder OR) gestützt werden, so dass die SBB als Subjekt des Zivilrechts zu behandeln sind und daher nicht der im Verantwortlichkeitsgesetz vorgesehenen Haftung unterliegen. 3. Da die Klagebegehren sich nicht auf das Verantwortlichkeitsgesetz stützen lassen, fällt die Zuständigkeit des Bundesgerichts als einziger Instanz gemäss Art. 10 VG / Art. 110 OG ausser Betracht. BGE 93 I 290 S. 294 Die Kläger können sich auch nicht auf Art. 112 OG berufen, wonach das Bundesgericht als einzige Instanz die Beurteilung anderer als der in den vorhergehenden Artikeln genannten Streitigkeiten verwaltungsrechtlicher Natur zu übernehmen hat, wenn es von beiden Parteien angerufen wird und der Streitwert wenigstens 20 000 Franken beträgt. Weder ist die vorliegende Streitigkeit verwaltungsrechtlicher Natur, noch haben die SBB ausdrücklich oder stillschweigend einer Prorogation im Sinne des Art. 112 OG zugestimmt. Eine solche Zustimmung kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass die SBB den Klägern eine Frist von sechs Monaten zur Einreichung einer Klage beim Bundesgericht gesetzt haben. Damit haben sie die Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht anerkannt, sondern lediglich Art. 3 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zum Verantwortlichkeitsgesetz befolgt, wonach mit der Stellungnahme der Verwaltung zu einem auf dieses Gesetz gestützten Anspruch ein Hinweis auf die in Art. 20 Abs. 3 desselben Gesetzes vorgesehene Klagefrist zu verbinden ist. 4. Das Bundesgericht ist auch nicht unter einem anderen Titel als einzige Instanz zuständig. Insbesondere kann die Klage nicht als direkte Zivilklage entgegengenommen und beurteilt werden. Art. 41 lit. b OG nimmt von der dort vorgesehenen Zuständigkeit des Bundesgerichts ausdrücklich sämtliche Klagen gegen die SBB aus, und auch eine Prorogation im Sinne der lit. c ebenda liegt nach dem in Erw. 3 Ausgeführten nicht vor. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Klage wird nicht eingetreten.
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bc6b022b-666c-4bb9-b436-19d588be8264
Urteilskopf 80 III 137 31. Estratto della sentenza 16 novembre 1954 nella causa Gnädinger.
Regeste Lohnpfändung. Die Befugnis, vorfrageweise über die Pfiicht der Ehefrau des Schuldners, an den Aufwand des Haushaltes beizutragen, zu entscheiden, steht in der Regel den Betreibungsbehörden und nicht dem Richter zu.
Sachverhalt ab Seite 137 BGE 80 III 137 S. 137 In un'esecuzione promossa da Augusto Gnädinger nei confronti di Silvio Papina, autista, a Minusio, l'Ufficio di Locarno pignorò il salario percepito dal debitore nella misura di 40 fr. al mese. Contro il pignoramento insorse il debitore, adducendo che nel computo delle sue risorse non poteva essere tenuto conto d'un contributo della moglie alle spese dell'economia domestica perchè l'esercizio del di lei salone di pettinatrice era deficitario. Sulla base d'una nuova valutazione del reddito pro fessionale della moglie e del suo contributo alle spese BGE 80 III 137 S. 138 dell'economia domestica l'Autorità cantonale di vigilanza ridusse la trattenuta di salario a 30 fr. Il creditore procedente si è aggravato alla Camera di esecuzione e dei fallimenti del Tribunale federale, chiedendo l'annullamento della decisione querelata e il ripristino del pignoramento di salario nell'importo di 40 fr. al mese. La Camera di esecuzione e dei fallimenti del Tribunale federale ha respinto il ricorso per i seguenti Erwägungen motivi: 2. Invocando l'opinione dei commentatori JÄGER e DÄNIKER (Schuldbetreibung- und Konkurs-Praxis vol. I p. 190) il ricorrente sostiene inoltre che in un caso complesso come quello in esame spetta al giudice civile, e non alle autorità esecutive, stabilire il contributo della moglie alle spese comuni. Sennonchè quest'argomentazione è in contrasto con la conclusione del ricorso. Il ricorrente non chiede il pignoramento d'un salario contestato, bensì il pignoramento puro e semplice. A giusta ragione. Il modo di procedere indicato dai predetti autori è giuridicamente possibile e praticamente attuabile solo quando la moglie è contemporaneamente datrice di lavoro del proprio marito e quindi sua debitrice di salario, com'era il caso nella sentenza RU 60 III p. 55 sgg. Qualora il datore di lavoro del marito sia invece un terzo, è inconcepibile che l'obbligo di contribuzione della moglie debba poter essere vagliato dal giudice civile. Oggetto del pignoramento è il salario. Se una parte di questo è pignorata solo come credito contestato, è affatto irrilevante, nella causa promossa dal cessionario del credito o dal creditore contro il debitore di salario (art. 131 LEF), che il creditore di salario abbia nei confronti della propria moglie una pretesa accessoria a titolo di prestazione di contributi. Con l'affermazione che l'obbligo di contribuzione della moglie, preteso dal creditore o ammesso dall'Ufficio d'esecuzione, è d'un importo meno elevato o non esiste BGE 80 III 137 S. 139 affatto, il debitore non contesta l'ammontare, ma la pignorabilità del salario da staggire. A tal riguardo chi deve prendere una decisione non è il giudice, bensì l'ufficio d'esecuzione, in quanto il contributo non sia già stato stabilito in un precedente processo tra i coniugi (p. es. a'sensi dell'art. 246 cp. 2 CC). All'infuori di quest'ultimo caso, le autorità d'esecuzione sono sole competenti a decidere, in via pregiudiziale, la questione dell'obbligo di contribuzione al fine di determinare il minimo indispensabile all'esistenza non coperto. Nè dette autorità nè il creditore possono provocare una decisione del giudice che dovrebbe essere diretta contro la moglie, a meno che questa sia in pari tempo anche debitrice di salario.
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Urteilskopf 94 IV 120 32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Oktober 1968 i.S. Meier gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich.
Regeste 1. Art. 34 Abs. 1 SVG . Auch auf breiten Strassen hat der Fahrer sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten (Erw. 1). 2. Art. 36 Abs. 1 SVG , Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VRV . Wann der Fahrer, der nach links abbiegen will, mit dem Einspuren beginnen darf, entscheidet sich nicht allgemein, sondern nach den Strassen- und Verkehrsverhältnissen des Einzelfalles (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 120 BGE 94 IV 120 S. 120 A.- Erwin Meier steuerte am 3. April 1967 morgens ein Motorrad auf der Seestrasse von Küsnacht gegen Zürich. Er befand sich in einer Fahrzeugkolonne, die eine Geschwindigkeit von etwa 60 km/Std hatte. In Zollikon, wo die Strasse 9,10 m breit und in der Mitte mit einer Leitlinie versehen ist, fuhr er rechts dieser Linie entlang. Dabei wurde er von dem ihm BGE 94 IV 120 S. 121 folgenden Personenwagen des Harald Plüss, mit dem er wegen eines nach rechts abbiegenden Wagens schon vorher ins Gedränge gekommen war, angefahren und kam zu Fall. B.- Das Statthalteramt des Bezirkes Zürich büsste beide Fahrzeugführer mit Fr. 30.-, Meier wegen Missachtung von Art. 34 Abs. 1, Plüss wegen Übertretung von Art. 34 Abs. 3 SVG . Meier verlangte gerichtliche Beurteilung. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich und auf Beschwerde hin am 26. Juli 1968 auch das Obergericht des Kantons Zürich bestätigten seine Verurteilung in Schuldspruch und Strafe. C.- Meier führt gegen das Urteil des Obergerichts Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Er macht vor allem geltend, das Obergericht habe Art. 34 Abs. 1 SVG falsch ausgelegt. Der Kassationshof weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 34 Abs. 1 SVG müssen Fahrzeuge rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken. Wie das Bundesgericht bereits unter der Herrschaft des Art. 26 Abs. 1 MFG entschieden hat ( BGE 87 IV 24 mit Zitaten) und nun vor allem aus Art. 7 VRV ersichtlich ist, kommt dem Gebot des Rechtsfahrens keine absolute Geltung zu. Wo nicht besondere Umstände das Fahren am äussersten Strassenrand erfordern, darf der Fahrzeugführer schon im eigenen Interesse und mit Rücksicht auf Hindernisse, die in seiner Fahrbahn auftauchen können, vom rechten Strassenrand einen angemessenen Abstand einhalten. Auf Strecken, auf denen er mit Fussgängern oder Radfahrern rechnen muss, ist er dazu, insbesondere nachts, sogar verpflichtet. Je nach den Strassen-und Verkehrsverhältnissen darf der Fahrer mit der gebotenen Vorsicht auch die Strassenmitte benützen, so etwa auf einer gewölbten oder sonst schlecht befahrbaren, aber übersichtlichen und freien Strasse. Das heisst entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, dass der Fahrer auf breiten Strassen die rechte Hälfte BGE 94 IV 120 S. 122 beliebig für sich beanspruchen dürfe. Nach der Grundregel hat er vielmehr auch auf solchen Strassen möglichst rechts zu fahren. Er darf folglich von der rechten Fahrbahnhälfte nicht mehr in Anspruch nehmen, als nötig ist, und muss die Strassenmitte zum Überholen, Einspuren und allenfalls auch zum Kreuzen freilassen, sofern er nicht selber überholen oder einspuren will und die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Art. 34 Abs. 1 SVG lässt darüber keine Zweifel offen. Satz 2 dieser Bestimmung, wonach die Fahrzeugführer sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten haben, macht für breite Strassen keine Ausnahme, sondern umfasst unmissverständlich auch diese, schliesst die Vorschrift doch unmittelbar an diejenige über das Fahren aufbreiten Strassen an. Freilich wäre bei dieser Auslegung des Art. 34 Abs. 1 SVG , wie der Beschwerdeführer mit Recht bemerkt, eine besondere Bestimmung über das Befahren breiter Strassen nicht nötig gewesen. Wo die Verhältnisse ausreichen, ist der Fahrer schon nach der Grundregel verpflichtet, rechts zu halten und die Strassenmitte freizulassen. Wo dies dagegen wegen mangelnder Strassenbreite nicht möglich ist, muss er notgedrungen die ganze rechte Hälfte und, wenn sie weniger breit ist als sein Fahrzeug, auch einen Teil der linken Fahrbahn beanspruchen. Das spricht jedoch nicht gegen die erwähnte Auslegung. Es wäre im Gegenteil ein Widerspruch, einerseits vorzuschreiben, dass rechts und möglichst am rechten Strassenrand gefahren werden müsse, anderseits zu gestatten, dass auf breiten Strassen, die für regen Verkehr angelegt sind, in der Mitte oder nahezu in der Mitte gefahren werden dürfe. Wenn noch besonders gesagt wird, auf breiten Strassen sei innerhalb der rechten Hälfte zu fahren, so kann das deshalb nur als Verdeutlichung der Grundregel für diese Art von Strassen gemeint sein. Das ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte. Die besondere Bestimmung wurde mit Rücksicht auf langsam fahrende Fahrzeuge vom Ständerat in die Gesetzesvorlage aufgenommen, wobei der Berichterstatter ausdrücklich bemerkte, dass die Führer möglichst rechts, auf den durch eine Mittellinie geteilten Strassen also nicht dieser Linie entlang, sondern am rechten Strassenrand fahren sollen, um den nachfolgenden Fahrzeugen das Überholen zu erleichtern (StenBull StR 1958 S. 104). Darauf hat der Kassationshof schon im Urteil vom 22. Januar 1965 i.S. Schwitter hingewiesen. BGE 94 IV 120 S. 123 Gegen dieses Ergebnis vermag der Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis auf die Urteile in BGE 76 IV 61 und BGE 77 II 258 nicht aufzukommen. Im ersten Urteil wurde die Frage, ob nach Art. 26 Abs. 1 MFG auf breiten Strassen in der Mitte gefahren werden dürfe, offen gelassen, weil eine solche Fahrweise nach den besonderen Umständen des Falles ohnehin nicht zulässig war. Und im zweiten Urteil wurde im Sinne des hievor Gesagten ausgeführt, dass das Gebot des Rechtsfahrens kein absolutes sei, keineswegs aber entschieden, dass auf breiten Fahrbahnen nach Belieben die Strassenmitte benützt werden dürfe. Ebensowenig hilft dem Beschwerdeführer, dass er nicht überholt werden durfte, weil er selber mit der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/Std fuhr. Das Gesetz macht die Pflicht, sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, mit Recht nicht von der Geschwindigkeit abhängig. Das wäre schon deshalb verfehlt, weil es nach der Erfahrung immer wieder Fahrzeuge gibt, die andere mit einer höhern als der zulässigen Geschwindigkeit zu überholen versuchen. 2. Vor dem Einzelrichter liess der Beschwerdeführer durch den Anwalt einwenden, er sei zu seiner Fahrweise auch deshalb berechtigt gewesen, weil er eingespurt habe, um nach links zur Tankstelle Kohlen-Lendi abzubiegen. In der Untersuchung hatte er dies noch nicht behauptet. Das Obergericht nimmt gleichwohl an, dass er tatsächlich eingespurt habe, weshalb auch der Kassationshof davon auszugehen hat. Ein nach links einspurendes Fahrzeug belegt bis zum Abbiegen eine Fahrspur, auf der sonst andere, die geradeaus fahren, überholen oder allenfalls kreuzen könnten. Es stellt daher für sie nicht nur eine Behinderung, sondern auch eine erhöhte Gefahr von Zusammenstössen dar. Aus diesem Grunde muss vom Fahrer verlangt werden, dass er das Einspuren im Interesse der Flüssigkeit und Sicherheit des Längsverkehrs auf eine angemessene Strecke beschränkt. Welche Strecke als angemessen zu gelten hat, lässt sich nicht ein- für allemal in Metern festlegen, da die Strassen- und Verkehrsverhältnisse des Einzelfalles nicht ausser acht gelassen werden können und dem Fahrer zudem ein gewisses Ermessen zugestanden werden muss. Innerorts, wo die an sich zulässige Geschwindigkeit niedriger ist als ausserorts, dürfte die angemessene Einspurstrecke je nach den übrigen Verhältnissen in der Regel zwischen 40 und 100 m liegen (vgl. BGE 93 IV 103 Erw. b, BGE 94 IV 76 Erw. 2). BGE 94 IV 120 S. 124 Nach der verbindlichen Feststellung des Obergerichts hätte der Beschwerdeführer frühestens 173 m nach der Unfallstelle zur Tankstelle abbiegen können, weil eine Sicherheitslinie das Abbiegen vorher nicht zuliess. Demnach hat er aber erheblich zu früh gegen die Mittellinie gehalten. Dass die Fahrzeugführer nach Art. 13 Abs. 1 VRV frühzeitig einspuren müssen, hilft darüber nicht hinweg; diese Vorschrift hat nicht den Sinn, dass mit dem Einspuren beliebig früh begonnen werden dürfe. Darüber hätte bei pflichtgemässer Überlegung sich auch der Beschwerdeführer Rechenschaft geben können. Die Vorinstanz hat daher seinem Einwand für die Frage, ob er Art. 34 Abs. 1 SVG übertreten habe, mit Recht keine Bedeutung beigemessen.
null
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bc6f2682-ec43-4834-ae84-99b7648b00ce
Urteilskopf 101 II 293 49. Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. April 1975 i.S. Togal-Werk Gerhard F. Schmidt AG gegen Togal AG.
Regeste Art. 9 Abs. 1 MSchG ; Gebrauch einer Marke. 1. Art. 5 Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Übereinkommens von 1892. Gebrauch einer Marke durch eine Gesellschaft in Deutschland; Berufung einer Schweizer Firma auf diesen Gebrauch (Erw. 1). 2. Art. 1 OR , Art. 5 und 6bis MSchG . Lizenzvertrag über Markenrechte zwischen Gesellschaften, die ihren Sitz in verschiedenen Ländern haben, wirtschaftlich eng verbunden sind und Waren gleicher Qualität vertreiben; anwendbares Recht; Auslegung des Vertrages nach dessen Sinn und Zweck (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 294 BGE 101 II 293 S. 294 A.- Der Inhaber der Togal-Werke, Gerhard F. Schmidt, gründete in den dreissiger Jahren in München, Lugano, Wien und Zürich je eine Gesellschaft, die teils pharmazeutische, kosmetische und diätetische Erzeugnisse herstellen und vertreiben, teils bloss damit handeln. Die Togal AG Zürich gehört zu den letzteren. Sie ist gemäss ihrem Zweck "auf pharmazeutischem Gebiet im allgemeinen und für das Togal im speziellen" tätig. Am 26. März 1936 liess sie im Einvernehmen mit Schmidt die Wortmarke EFASIT in das schweizerische Register eintragen. Die Marke wurde am 21. März 1956 unter Nr. 160 198 erneuert. Sie ist insbesondere für Arzneimittel, diätetische Nährmittel, Parfümerien und kosmetische Mittel bestimmt und auch im internationalen Register auf den Namen der Togal AG Zürich eingetragen. EFASIT steht ferner seit 3. April 1957 als Wortmarke für weitgehend gleiche Waren in der Zeichenrolle des Deutschen Patentamtes und seit 1. September 1960 als Marke Nr. 235 219 zugunsten der Togal-Werk Gerhard F. Schmidt AG, München (abgekürzt Togal AG München), im internationalen Register. Die unter der Marke EFASIT verkauften Waren wurden bis April 1952 vom Togal-Werk München hergestellt und von diesem namentlich in den dreissiger Jahren in Deutschland BGE 101 II 293 S. 295 mit grosser Werbung abgesetzt. Den Verkauf im Ausland wollte Schmidt dagegen von der Schweiz aus aufbauen. Er bestätigte 1938/39 die Togal AG Zürich als Inhaberin der Marke EFASIT und erklärte sie für Auslandgeschäfte zuständig. Seit Mai 1952 werden EFASIT-Präparate auch vom Togal-Werk Wien hergestellt. Im September 1953 kamen die von Schmidt gegründeten Gesellschaften unter dessen persönlicher Beteiligung überein, ihre freundschaftliche Zusammenarbeit "in Wortmarken-, Fabrikations-, Reklame- und allgemeinen Geschäftsangelegenheiten" in einem Vertrag festzuhalten. Dieser wurde auf "unbegrenzte Dauer" abgeschlossen und sollte auch für die Rechtsnachfolger der Vertragsparteien gelten. Durch Lizenzvertrag vom 31. Dezember 1954 räumte die Togal AG Zürich dem Togal-Werk Wien das Recht ein, EFASIT-Präparate in Österreich allein herzustellen und zu vertreiben und die Wortmarke dort allein zu benützen. Die Togal AG München war damit einverstanden. Nach dem Tode Schmidts im Oktober 1956 wurde das Aktienkapital der Gesellschaften von seinen beiden Söhnen übernommen. B.- Von 1969 an vertrieb die Togal AG München in der Schweiz ein Fusspflegesortiment, für das sie auch hier die Marke EFASIT benutzte. Da die Togal AG Zürich dies für unzulässig hielt und die Parteien sich nicht einigen konnten, kündigte die Togal AG München am 1. April 1971 den Freundschaftsvertrag von 1953. Am 22. April klagte sie zudem gegen die Togal AG Zürich auf Feststellung, dass die Schweizer-Marke Nr. 160 198 EFASIT wegen Nichtgebrauchs nichtig sei. Die Togal AG Zürich widersetzte sich diesem Begehren und verlangte widerklageweise: 1. der IR-Marke Nr. 235 219 EFASIT den Schutz in der Schweiz zu verweigern; 2. der Klägerin deren weitere Verwendung durch Einfuhr und Vertrieb von EFASIT-Fusspflegemitteln in der Schweiz unter Strafe zu verbieten; 3. die Klägerin zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, welcher der Beklagten aus der widerrechtlichen Benutzung der Marke entstanden sei. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 8. Mai 1974 ab und hiess die beiden ersten Rechtsbegehren der Widerklage mit der Begründung gut, die Beklagte sei nach BGE 101 II 293 S. 296 dem Willen Schmidts schon seit den dreissiger Jahren allein Inhaberin der national und international registrierten Wortmarke EFASIT gewesen; sie habe deshalb die Marke nicht nur dem Werk Wien, sondern auch der Klägerin zum Gebrauch überlassen können. Dieser Rechtszustand sei im Freundschaftsvertrag von 1953 bestätigt worden, der Gebrauch der Marke durch die Klägerin folglich der Beklagten anzurechnen. Die Klägerin führte gegen dieses Urteil kantonale Nichtigkeitsbeschwerde, die vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 18. November 1974 abgewiesen wurde, soweit darauf einzutreten war. C.- Die Klägerin hat gegen das Urteil des Handelsgerichtes auch Berufung eingelegt. Sie beantragt, die Klage gutzuheissen und die Widerklage abzuweisen. Die Beklagte hat ihren Sitz inzwischen nach Massagno (Tessin) verlegt. Sie beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Recht an einer Marke und deren Schutz hangen in der Regel davon ab, dass der Berechtigte sie bestimmungsgemäss gebraucht. Als solcher Gebrauch kommt nach schweizerischer Anschauung nur die Verwendung der Marke auf der Ware selbst oder deren Verpackung in Frage. Der prioritätsbegründende Gebrauch beginnt zudem nicht schon mit dem Anbringen der Marke auf der Ware, sondern erst mit deren Erscheinen auf dem schweizerischen Markt. Dieses Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn die Ware ausschliesslich für den Export bestimmt ist ( BGE 100 II 233 /4 mit Zitaten). Macht der Inhaber der Marke von ihr während drei aufeinanderfolgenden Jahren keinen Gebrauch und vermag er dies nicht zu rechtfertigen, so kann der Richter gemäss Art. 9 Abs. 1 MSchG auf Begehren einer interessierten Partei ihre Löschung anordnen. Die Klägerin stellt sinngemäss ein solches Begehren. Nach dem angefochtenen Urteil hat die Beklagte nicht bewiesen, die Marke EFASIT selber gebraucht zu haben. Sie hat sich mit dieser Feststellung abgefunden und hält dem Klagebegehren in der Berufungsantwort nur noch entgegen, die Klägerin habe die Marke seit 1937 an ihrer Stelle in Deutschland BGE 101 II 293 S. 297 gebraucht; dieser stellvertretende Gebrauch durch eine deutsche Gesellschaft in Deutschland sei gemäss Art. 5 Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Übereinkommens von 1892 einem Gebrauch in der Schweiz gleichzusetzen, folglich nach Art. 9 Abs. 1 MSchG der Beklagten als rechtserhaltend anzurechnen. Gemäss Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens zwischen der Schweiz und Deutschland betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz vom 13. April 1892 (BS 11 S. 1057; vgl. BBl 1950 III 468) sollen Rechtsnachteile, die nach den Gesetzen der Vertragsstaaten eintreten, wenn insbesondere eine Handels- oder Fabrikmarke nicht innerhalb einer bestimmten Frist verwendet wird, auch dadurch ausgeschlossen werden, dass die Marke im Gebiet des anderen Staates gebraucht wird. Der Gebrauch der Marke im einen Staate gilt somit auch als Gebrauch im anderen ( BGE 96 II 254 /5, BGE 100 II 232 ). Mit der Berufung wird geltend gemacht, das Abkommen erlaube zwar Deutschen und Schweizern, der Gebrauchspflicht im andern Land durch Gebrauch im eigenen Land zu genügen, entbinde aber einen schweizerischen Markeninhaber nicht von der Gebrauchspflicht in der Schweiz. Wie es sich mit dieser im Schrifttum von H. DAVID (GRUR Int. 1972 S. 269 ff.) verfochtenen Auslegung des Abkommens verhält, kann jedoch offen bleiben. Die Beklagte kann sich jedenfalls dann auf das Abkommen berufen, wenn mit dem Handelsgericht anzunehmen ist, die Klägerin habe die Marke an ihrer Stelle in Deutschland gebraucht. Sie erblickt den stellvertretenden Gebrauch wie die Vorinstanz darin, dass sie die Klägerin gestützt auf ein Lizenzverhältnis die Marke während Jahrzehnten in Deutschland verwenden liess. Fragen kann sich somit nur, ob zwischen den Parteien jedenfalls bis zur Kündigung des Freundschaftsvertrages am 1. April 1971 ein solches Rechtsverhältnis bestanden hat. 2. Nach der Rechtsprechung gilt der Markengebrauch durch den Lizenznehmer als Gebrauch durch den Lizenzgeber, wenn die Vertragsparteien wirtschaftlich eng verbunden sind und die Benützung der Marke durch den Lizenznehmer weder das Publikum täuschen kann noch sonstwie das öffentliche Interesse verletzt ( BGE 58 II 180 , BGE 61 II 62 , BGE 72 II 426 , BGE 79 II 221 , BGE 83 II 330 , BGE 92 II 280 ). Das nimmt auch das Handelsgericht an, und die Klägerin wendet gegen diese Rechtsprechung BGE 101 II 293 S. 298 nichts ein. Sie bestreitet dagegen, dass ein Lizenzverhältnis vorliege. a) Das Handelsgericht hat auf diese Frage ohne Begründung schweizerisches Recht angewendet, während die Parteien darüber nichts vereinbart haben. Mangels einer von den Vertragsschliessenden getroffenen Rechtswahl ist auf Schuldverträge das Recht jenes Staates anzuwenden, mit dem das Rechtsverhältnis räumlich am engsten zusammenhängt. Den engsten Zusammenhang schafft die für das Verhältnis charakteristische Leistung ( BGE 94 II 360 , BGE 96 II 89 , BGE 99 II 318 ). Das ist beim Lizenzvertrag die Leistung des Lizenzgebers ( BGE 94 II 362 ; SCHNITZER, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. II S. 597). Da dieser im vorliegenden Fall seinen Sitz in der Schweiz hat, untersteht daher das streitige Lizenzverhältnis samt der Frage, ob deswegen ein stellvertretender Markengebrauch anzunehmen ist, dem schweizerischen Recht. Die Parteien versuchen dies nicht zu widerlegen. b) Nach dem angefochtenen Urteil war Schmidt, der die vier Gesellschaften gründete und beherrschte, zeit seines Lebens Alleininhaber der Togal-Unternehmen. Er liess die Marke EFASIT schon 1936 zugunsten der Beklagten registrieren und übertrug dieser in der Absicht, das Auslandgeschäft von der Schweiz aus aufzubauen, alle dafür nötigen Fabrikations- und Markenrechte. Das Handelsgericht stellt ferner fest, aus dem eigenen Verhalten der Klägerin folge, dass sie die Beklagte nicht bloss vor, sondern auch nach dem zweiten Weltkrieg als einzige Inhaberin der national und international registrierten Marke betrachtet habe. Diese Feststellungen betreffen tatsächliche Verhältnisse und binden das Bundesgericht, denn die Klägerin macht nicht geltend, sie seien in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen; was die Klägerin dagegen vorbringt, ist unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung oder am kantonalen Verfahren und daher gemäss Art. 55 lit. c OG nicht zu hören. Das gilt insbesondere von der Rüge, das Handelsgericht habe den Auszug über die Hinterlegung der Wort/Bild-Marke Nr. 521 375 ausser acht gelassen. Die Vorinstanz hat den Registerauszug nicht übersehen, sondern als unerheblich bezeichnet, weil für diese Marke weder ein fortbestehender Eintrag noch ein Gebrauch nachgewiesen sei. Die Feststellungen des Handelsgerichtes können nur dahin BGE 101 II 293 S. 299 verstanden werden, dass die Beklagte nach der eigenen Auffassung der Klägerin nicht bloss die erste Hinterlegerin der streitigen EFASIT-Marke, sondern bis 1953 auch die wahre Berechtigte im Sinne von Art. 5 MSchG war. Da im Freundschaftsvertrag von 1953 nach der Meinung der Beteiligten ihre bisherige freundschaftliche Zusammenarbeit unter anderem in Markensachen niedergelegt werden sollte, schloss das Handelsgericht zu Recht, mit dem Vertrag sei die bestehende Rechtslage bestätigt und verdeutlicht worden, die Beklagte folglich Allein-Inhaberin der Marke geblieben. Dass der Vertrag die Partner verpflichtete, ihre Warenzeichen- und sonstigen Schutzrechte auf Verlangen einander zur Benützung zu überlassen, steht dem Schluss der Vorinstanz nicht entgegen, macht ihn weder zu einem Versehen noch zu einem "blanken Irrtum". Das Handelsgericht weist mit Recht darauf hin, dass die Beklagte Ende 1954 mit dem Togal-Werk Wien einen Lizenzvertrag abgeschlossen und die Klägerin dem zugestimmt hat. Dieser Vertrag über die Herstellung und den Vertrieb von EFASIT-Präparaten in Österreich sowie über die dortige Benützung der Marke setzte ebenfalls voraus, dass die Beklagte auch nach dem Abschluss des Freundschaftsvertrages Inhaberin der streitigen EFASIT-Marke blieb. c) Durch den Lizenzvertrag verpflichtet sich der Markeninhaber, den Gebrauch der Marke durch den Lizenznehmer zu dulden ( BGE 92 II 280 Nr. 41 mit Zitaten). Der Lizenzvertrag kann wie jeder andere nicht formbedürftige Vertrag nicht nur durch ausdrückliche Willensäusserungen der Parteien, sondern auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden ( Art. 1 OR ). Ein solches Verhalten ist hier für die Zeit bis September 1953 darin zu erblicken, dass nach dem Willen Schmidts die Beklagte Inhaberin der EFASIT-Marke war und die Klägerin Waren unter dieser Marke vertrieb. Als der Freundschaftsvertrag geschlossen wurde, änderte sich an dieser Markenlizenz nichts, da die Parteien ihre bisherige Zusammenarbeit im Vertrag festhielten; neu war bloss, dass jeder Partner sich ausdrücklich verpflichtete, seine Marken den anderen auf Verlangen zum Gebrauch zu überlassen. Das zwischen den Prozessparteien bestehende Lizenzverhältnis wurde somit aufrechterhalten und im Jahre 1954 durch einen Lizenzvertrag mit dem Togal-Werk Wien ergänzt. Bei dieser Rechtslage kann der Vorinstanz weder eine BGE 101 II 293 S. 300 Verletzung von Art. 1 OR noch ein Verstoss gegen Art. 8 ZGB vorgeworfen werden. Ob das Handelsgericht nach dem ganzen Verhalten der Beteiligten annehmen durfte, ein stillschweigend geschlossener Lizenzvertrag habe schon seit den dreissiger Jahren bestanden, ist übrigens nicht eine Frage der Beweislast, sondern der Rechtsanwendung. Es ist unbestritten, dass zwischen den vier Gesellschaften zu Lebzeiten Schmidts enge wirtschaftliche Beziehungen im Sinne von Art. 6bis MSchG bestanden haben. Dass die Beklagte sich bis 1973 zu 49% am Aktienkapital der Klägerin beteiligte, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen; diese Behauptung der Beklagten ist vom Handelsgericht vielmehr aus prozessualen Gründen zurückgewiesen worden, folglich auch im Berufungsverfahren nicht zu hören. Es muss daher auch offen bleiben, ob die Beklagte die Klägerin deswegen wie eine Verwaltungsholding beherrscht habe (vgl. BGE 75 I 352 Erw. b, 100 II 165 Erw. a). Für die Zeit nach dem Tode Schmidts durfte die Vorinstanz eine enge wirtschaftliche Bindung zwischen den Parteien dagegen schon gestützt auf den Freundschaftsvertrag bejahen, da die vier Gesellschaften sich darin verpflichteten, ihre Marken und Rezepte einander zum Gebrauch zu überlassen sowie ihre Fabrikationsverfahren untereinander auszutauschen. Die wirtschaftlich enge Verbundenheit setzt übrigens nicht voraus, dass eine der beteiligten Gesellschaften die andern beherrsche. Nach der Rechtsprechung liegt sie z.B. schon dann vor und ist eine Täuschung des Publikums und eine Verletzung anderer öffentlicher Interessen ausgeschlossen, wenn der Lizenznehmer der Ware die wesentlichen Eigenschaften nach Rezepten des Lizenzgebers verleiht, also Gewähr dafür besteht, dass nicht unter der gleichen Marke verschiedene Qualitäten angeboten werden ( BGE 61 II 62 , BGE 72 II 426 , 75 I 347, BGE 79 II 221 ). Dass diese Voraussetzung hier zu Lebzeiten Schmidts zutraf, ist wiederum unbestritten. Für die Zeit nach seinem Tode sieht die Vorinstanz die Gewähr für Waren gleicher Qualität darin, dass die Beklagte nach dem Freundschaftsvertrag jederzeit die Möglichkeit und das Recht hatte, die Waren zu kontrollieren. Diese Auslegung des Vertrages ist entgegen den Einwänden der Klägerin nicht zu beanstanden. Die gegenseitige Verpflichtung zu enger Zusammenarbeit im Sinne des Vertrages kann nach Treu und Glauben nur dahin BGE 101 II 293 S. 301 verstanden werden, dass unter der gleichen Marke bloss Präparate gleicher Qualität vertrieben werden sollten. Ob die Klägerin den Freundschaftsvertrag am 1. April 1971 gültig gekündigt hat, kann mit dem Handelsgericht offen gelassen werden. Der Kündigung kommt nach Art. 9 Abs. 1 MSchG so oder anders keine Bedeutung zu, da das Lizenzverhältnis und damit auch der stellvertretende Gebrauch der Marke durch die Klägerin jedenfalls bis ins Jahr 1971 dauerte. Bis dahin konnte das Markenrecht der Beklagten nicht untergehen, und seitdem könnte sich diese wegen des Prozesses auf Art. 9 MSchG berufen, um einen allfälligen Nichtgebrauch von mehr als drei Jahren zu rechtfertigen. Unter diesen Umständen kommt auch nichts darauf an, wie es sich bei einem allfälligen Ablauf des Lizenzverhältnisses mit der Qualität von EFASIT-Präparaten verhält, welche nun angeblich von der Beklagten direkt vertrieben werden, aber nach Rezepten von 1938 hergestellt sind. Es braucht auch nicht entschieden zu werden, welcher Partei die streitige Marke nach Ablauf des Lizenzverhältnisses oder nach Auflösung der wirtschaftlichen Bindung ausschliesslich zukommt. d) Die Klägerin wendet ein, sie habe stets ihre eigene Marke verwendet, weshalb weder von einer Überlassung noch von einem stellvertretenden Gebrauch die Rede sein könne. Dieser Einwand hilft der Klägerin schon deshalb nicht, weil er sich nach ihren eigenen Angaben auf die aus Wort und Bild bestehende EFASIT-Marke 521 375 bezieht, von der nach dem angefochtenen Urteil nicht feststeht, ob sie in der deutschen Zeichenrolle noch eingetragen ist oder ob und wann die Klägerin sie in Deutschland und in der Schweiz gebraucht hat. Da die Klägerin die reine Wortmarke EFASIT während Jahrzehnten in Lizenz verwendet hat, kommt auch nichts darauf an, dass sie die gleiche Marke 1957 in Deutschland und 1960 im internationalen Register auf ihren Namen eintragen liess. Diese Einträge waren übrigens entgegen der Annahme der Vorinstanz mit dem Freundschaftsvertrag von 1953 durchaus vereinbar, da sie auf einem fiduziarischen Rechtsverhältnis beruhten und selbst nach der früheren Zusammenarbeit der Parteien keine andere Bedeutung haben konnten (vgl. BGE 92 II 280 ; nicht veröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. Oktober 1959 i.S. Ginsbo Watch gegen Saatdji Erw. 3 a). BGE 101 II 293 S. 302 3. Kann das Markenrecht der Beklagten somit nicht gemäss Art. 9 MSchG als untergegangen erachtet werden, so hat die Vorinstanz die Hauptklage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin behauptet nicht mehr, die Beklagte habe ihr Markenrecht auch gemäss Art. 2 ZGB verwirkt. Gegen die Begründung, mit der das Handelsgericht die beiden ersten Widerklagebegehren gutgeheissen hat, bringt die Klägerin im Berufungsverfahren nichts mehr vor. Das Bundesgericht hat daher keinen Anlass, das angefochtene Urteil in dieser Beziehung zu überprüfen, zumal die Gutheissung der Widerklagebegehren sich weitgehend schon aus der Abweisung der Klage ergibt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 8. Mai 1974 bestätigt.
public_law
nan
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1,975
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Federation
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Urteilskopf 84 II 484 66. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1958 i.S. J. gegen Vormundschaftsbehörde Chur.
Regeste Mit der Berufung an das Bundesgericht kann entgegen BGE 49 II 151 auch im Falle der Entziehung der elterlichen Gewalt nicht gerügt werden, dass der Entscheid der Vorinstanz kantonale Verfahrensvorschriften verletze. Das kantonale Recht kann für die Entziehung der elterlichen Gewalt ein Verwaltungsverfahren vorsehen und hat ausschliesslich darüber zu bestimmen, ob die zuständigen Behörden auf Informationsberichte abstellen dürfen oder die Gewährspersonen als Zeugen verhören müssen. Fehlen einer den Anforderungen von Art. 55 lit. c OG genugenden Berufungsbegründung.
Sachverhalt ab Seite 484 BGE 84 II 484 S. 484 Am 28. Juni 1958 hat der Kleine Rat des Kantons Graubünden in Übereinstimmung mit der Vormundschaftsbehörde Chur und dem Bezirksgerichtsausschuss Plessur dem J., dessen erste Frau am 3. Februar 1955 an der BGE 84 II 484 S. 485 Geburt des ersten Kindes gestorben war und der seit dem 29. September 1955 wieder verheiratet ist, die elterliche Gewalt über dieses Kind entzogen, weil aus einem durch Erhebungen des Fürsorgeamtes der Stadt Chur bestätigten Bericht der Bezirksfürsorgestelle Chur vom 24. August 1957 hervorgehe, dass das Kind von ihm und seiner zweiten Frau lieblos, verständnislos und brutal behandelt, insbesondere ganz mangelhaft gepflegt, heftig geschlagen, geschüttelt und mit Fusstritten traktiert werde, so dass es verängstigt sei und oft tagelang schreie. Diesen Entscheid hat J. mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, die gegen ihn ergriffene Massnahme sei aufzuheben; eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht tritt auf die Berufung nicht ein. Erwägungen Erwägungen: 1. Nach Art. 55 lit. c OG soll die Begründung der Berufungsanträge, die in der Berufungsschrift enthalten sein muss, kurz darlegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sind. Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen richten, sowie Erörterungen über die Verletzung kantonalen Rechts sind nach dem zweiten Satze dieser Bestimmung unzulässig. Diese Grundsätze gelten auch für die in Art. 44 lit. b OG vorgesehene Berufung gegen Entscheide über die Entziehung und Wiederherstellung der elterlichen Gewalt. InBGE 49 II 151steht freilich u.a., die zivilrechtliche Beschwerde (die unter dem frühern OG das ordentliche Rechtsmittel für die Weiterziehung solcher Entscheide an das Bundesgericht war) sei zulässig, wenn sie sich auf Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne von Art. 288 ZGB berufe, womit nur die gemäss Art. 288 Abs. 1 ZGB von den Kantonen erlassenen Verfahrensvorschriften gemeint sein konnten. Diese (vom Berufungskläger nicht BGE 84 II 484 S. 486 angerufene) Bemerkung ist jedoch auf ein redaktionelles Versehen zurückzuführen. Weder aus Art. 288 ZGB , wonach die Kantone das bei der Entziehung und der Wiederherstellung der elterlichen Gewalt zu beobachtende Verfahren ordnen (Abs. 1) und die Weiterziehung an das Bundesgericht vorbehalten bleibt (Abs. 2), noch aus irgend einer andern Vorschrift des Bundesrechts lässt sich ableiten, dass in solchen Angelegenheiten mit dem für die Weiterziehung an das Bundesgericht zur Verfügung stehenden ordentlichen Rechtsmittel in Abweichung von Art. 43 OG bzw. Art. 94 in Verbindung mit Art. 57 des frühern OG ausnahmsweise nicht bloss die Verletzung von Bundesrecht, sondern auch diejenige kantonaler Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden könne. 2. Im vorliegenden Falle besteht der grösste Teil der Berufungsbegründung darin, dass die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und die ihnen zugrunde liegenden Berichte und Auskünfte als unrichtig hingestellt werden, was nach dem Gesagten unzulässig ist. Die übrigen Ausführungen des Berufungsklägers bemängeln das von den kantonalen Instanzen durchgeführte Verfahren. Dieser Teil der Berufungsbegründung ist deshalb unbeachtlich, weil über die Verfahrensfragen, auf welche sich die Rügen des Berufungsklägers beziehen, keine bundesrechtlichen Vorschriften bestehen, die durch den angefochtenen Entscheid verletzt sein könnten, sondern das Bundesrecht die Regelung dieser Fragen dem kantonalen Recht überlassen hat, dessen Anwendung das Bundesgericht nicht überprüfen kann. Insbesondere steht es den Kantonen (die gemäss Art. 54 Abs. 1 SchlT die "zuständige Behörde" im Sinne von Art. 285 ZGB zu bestimmen haben), gemäss Art. 54 Abs. 2 und 3 SchlT sowie Art. 288 ZGB frei, statt eines gerichtlichen ein Verwaltungsverfahren vorzusehen, und bestimmt sich ausschliesslich nach kantonalem Recht, was als "rechtsgültiger Beweis" anzusehen ist. Das kantonale Recht kann den von ihm als zuständig bezeichneten Behörden gestatten, BGE 84 II 484 S. 487 auf Informationsberichte abzustellen, wie sie hier vorliegen. Das Bundesrecht enthält keine Vorschrift, aus der sich ergäbe, dass die Gewährspersonen als Zeugen zu verhören seien und dass dem Beweisgegner gestattet sein müsse, ihrem Verhör beizuwohnen und dabei Ergänzungsfragen zu stellen. - Ob das durchgeführte Ermittlungsverfahren den massgebenden Sachverhalt genügend zuverlässig abgeklärt habe oder ob weitere Erhebungen (z.B. die Befragung der vom Berufungskläger erwähnten Ärzte) am Platze gewesen wären, ist eine Frage der Beweiswürdigung, über welche die kantonalen Behörden abschliessend zu befinden hatten. Dass die Vorinstanz die von ihr festgestellten Tatsachen nicht unter Art. 285 ZGB habe ziehen dürfen, wird in der Berufungsschrift mit keinem Worte geltend gemacht. Die Berufung entbehrt somit einer der Vorschrift von Art. 55 lit. c OG genügenden Begründung. Dieser Mangel macht sie unwirksam (71 II 34 und 35, 72 II 6 E. 3, 77 II 343 E. 3, 80 II 30 E. 1, 148 E. 4).
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Urteilskopf 117 II 382 71. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. September 1991 i.S. W. gegen K. (Berufung)
Regeste Art. 18 Abs. 1, Art. 243 Abs. 1 OR . Formzwang bei Teilsimulation. Die Beurkundung auch eines nur teilweise simulierten Geschäfts ersetzt die fehlende Schriftform des dissimulierten Geschäfts nicht.
Sachverhalt ab Seite 382 BGE 117 II 382 S. 382 A.- Durch ihren Vormund H. kam die im Pflegeheim der Frau W. wohnende Fräulein G. mit Rechtsanwalt K. in Kontakt. Dieser fertigte für Fräulein G., deren einzige gesetzliche Erbin ihres Vermögens von rund 1,5 Mio. Franken eine Cousine war, einen Testamentsentwurf an, der vorsah, dass H. und Frau W. zu gleichen Teilen Alleinerben und K. Willensvollstrecker sein sollten. Fräulein G. schrieb den Entwurf eigenhändig ab und starb am 10. April 1984. Mit schriftlicher Vereinbarung vom 18. Januar 1985 wurde K. von den beiden eingesetzten Erben ein Willensvollstreckerhonorar von Fr. 200'000.-- zugesichert, das jedoch nur im Falle des Erbschaftsantritts gemäss Testament geschuldet sei und sich andernfalls nach der Gebührenordnung des Vereins Zürcherischer Rechtsanwälte bemesse. Damit K. im Testamentanfechtungsprozess, den die Cousine der Verstorbenen inzwischen angehoben hatte, als Zeuge aussagen könne, wurde die Vereinbarung am 7. September 1985 durch eine neue ersetzt. Darin ernannten BGE 117 II 382 S. 383 Frau W. und H. anstelle des aus prozesstaktischen Gründen zurücktretenden K. dessen Bürokollegen H. zum "Teilungsbeauftragten" und versprachen diesem ein vom Prozessausgang abhängiges Honorar von bis zu Fr. 230'000.--. Darauf trat K. als Willensvollstrecker zurück, war aber weiterhin als Substitut von H. in der Sache tätig. Nachdem Frau W. und H. im Testamentanfechtungsprozess einen Vergleich über netto Fr. 871'350.-- (58% des Nachlasses von 1,5 Mio. Franken) hatten schliessen können, stellte ihnen K. im Auftrag von H. am 21. April 1986 Fr. 133'400.-- in Rechnung (58% des Honorars von Fr. 230'000.--). Die Honorarhöhe veranlasste Frau W., gegen H. und K. ein Disziplinarverfahren anzustrengen. Die Aufsichtskommission über die Zürcher Rechtsanwälte kam in ihrem Beschluss vom 4. Februar 1987 zum Ergebnis, dass das am 7. September 1985 vereinbarte Honorar zwar kein Erfolgshonorar darstelle, weil Frau W. und H. den Betrag, soweit er ein angemessenes Willensvollstreckerhonorar übersteige, als Schenkung für die erfolgreiche Intervention von K. bei Fräulein G. versprochen hätten. K. wurde aber trotzdem gebüsst, weil die Vereinbarung vom 7. September als übersetzte Honorarabrede zur Kaschierung einer zweifelhaften Schenkung zu qualifizieren sei, die gegen das Verbot der Schaffung unklarer Rechtsverhältnisse verstosse. Nach Abtretung sämtlicher Ansprüche von H. an K. teilte dieser am 6. Mai 1988 Frau W. und H. mit, sein "eigentliches Honorar als Willensvollstrecker" betrage gemäss beiliegender Rechnung Fr. 40'252.60 und werde hälftig aufgeteilt; gleichzeitig erinnerte K. an seine Restansprüche aus der Vereinbarung vom 7. September. B.- Weil von Frau W., anders als von H., keine Zahlung einging, klagte K. am 20. September 1988 gegen sie beim Bezirksgericht Uster auf Zahlung der ausstehenden Honorarhälfte von Fr. 20'126.30. Die Beklagte erhob Widerklage auf Feststellung, dass dem Kläger über ein angemessenes Willensvollstreckerhonorar hinaus keine weiteren Ansprüche zustünden. In seinem Urteil vom 19. Dezember 1989 verneinte das Bezirksgericht das Vorliegen der seinerzeit von der Aufsichtskommission angenommenen Schenkung, hiess daher die Widerklage gut und schützte die Hauptklage lediglich für Fr. 16'376.70, entsprechend der Hälfte eines nach Art. 517 Abs. 3 ZGB angemessenen Willensvollstreckerhonorars. Auf Berufung des Klägers hin wies dagegen das Zürcher Obergericht am 22. Juni 1990 die Widerklage ab und hiess die Hauptklage vollumfänglich gut. BGE 117 II 382 S. 384 C.- Die Beklagte führt gegen das Urteil des Obergerichts vom 22. Juni 1990 Berufung, die das Bundesgericht teilweise gutheisst aufgrund Erwägungen folgender Erwägungen: 1. Das Obergericht stellt aufgrund des Beweisergebnisses fest, die Beklagte habe mit dem Honorar von bis zu Fr. 230'000.-- gemäss der Vereinbarung vom 7. September 1985 nicht nur die Dienste des Klägers als Willensvollstrecker abgelten, sondern sich auch dafür erkenntlich zeigen wollen, dass die Erbschaft der Initiative des Klägers zu verdanken gewesen sei. Habe aber die Beklagte nach ihrem tatsächlichen Willen neben einem angemessenen Willensvollstreckerhonorar eine unentgeltliche Beteiligung am Nachlass G. versprochen, sei die schriftliche Vereinbarung vom 7. September als gemischte Schenkung zu qualifizieren und die Widerklage auf Feststellung, dass dem Kläger ausser einem angemessenen Willensvollstreckerhonorar keine weitere Forderung aus Schenkung zustehe, abzuweisen. Da sodann dem Kläger aufgrund der Schenkung ohnehin weit mehr zustehe als die eingeklagte Honorarhälfte von Fr. 20'126.30, sei die Hauptklage vollumfänglich zu schützen, ohne dass geprüft werden müsse, ob ein angemessenes Willensvollstreckerhonorar diesen Betrag erreiche. 2. Wie im Folgenden zu zeigen ist, fehlt es an einem formgültigen Schenkungsversprechen ( Art. 243 Abs. 1 OR ). Damit fehlt es aber auch an einer gemischten Schenkung, so dass die teilweise unzulässigen Berufungsvorbringen (Art. 55 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 63 Abs. 2 OG ) gegen diesen vom Obergericht angenommenen Rechtsgrund nicht zu prüfen sind und einzig noch ein angemessenes Willensvollstreckerhonorar ( Art. 517 Abs. 3 ZGB ) zuzusprechen ist. a) Bei der Vereinbarung vom 7. September 1985 handelt es sich um eine Teilsimulation. Wie bereits die Aufsichtskommission ausgeführt hat, war die verurkundete Honorarbrede nur im Umfang eines angemessenen Willensvollstreckerhonorars von den Parteien tatsächlich gewollt, im übrigen jedoch simuliert, um aus steuerlichen und anderen Gründen ein Schenkungsversprechen in der Höhe des Differenzbetrags zwischen einem angemessenen Honorar und einem Betrag von bis zu Fr. 230'000.-- zu verdecken. Gültig ist die Vereinbarung vom 7. September, soweit das versprochene Honorar ein angemessenes Willensvollstreckerhonorar BGE 117 II 382 S. 385 nicht übersteigt. Diese Abrede war unstreitig gewollt und bedurfte keiner schriftlichen Beurkundung. Nicht gewollt und daher unbeachtlich ( Art. 18 Abs. 1 OR ) ist jedoch die Vereinbarung, soweit in ihr ein Betrag, der über ein angemessenes Honorar hinausgeht, als Honorar versprochen wird; dieser Teilbetrag sollte dem Kläger nach dem Parteiwillen nämlich als Schenkung und nicht als Abgeltung für die geleisteten Willensvollstreckerdienste zukommen. Näher zu prüfen bleibt, ob das tatsächlich gewollte Schenkungsversprechen schriftlich beurkundet worden ist, denn fehlt es an der Formgültigkeit, erweist sich die über ein angemessenes Honorar hinausgehende Abrede als unwirksam, weil das beurkundete Honorar nicht gewollt und das gewollte Schenkungsversprechen nicht beurkundet ist (KRAMER, N. 185 zu Art. 18 OR mit zahlreichen Hinweisen). b) Das Obergericht nimmt ohne Begründung an, mit der schriftlichen Honorarvereinbarung vom 7. September 1985, die eine gemischte Schenkung darstelle, sei auch das dissimulierte Schenkungsversprechen beurkundet. Diese Auffassung ist unzutreffend. Es genügt nicht, dass die Parteien ihre simulierte Honorarabrede schriftlich festgehalten haben. Damit ein nach Art. 243 Abs. 1 OR formgültiges Schenkungsversprechen vorläge ( BGE 96 II 390 E. 3a mit Hinweisen, BGE 71 II 100 ), müsste vielmehr das dissimulierte Schenkungsversprechen beurkundet sein. Das wäre nur dann der Fall, wenn sich der wirkliche Rechtsgrund der Zuwendung, die Schenkungsabsicht, der Vereinbarung vom 7. September entnehmen liesse ( BGE 105 II 107 E. 3b; SCHMIDLIN, N. 92 f. zu Art. 11 OR ). In der Vereinbarung ist die Beurkundung des Schenkungsversprechens aber bewusst unterblieben, um dieses Rechtsgeschäft zu verdecken. Die vom Obergericht angenommene gemischte Schenkung entband die Parteien nicht von der Einhaltung der Schriftform. Denn die formlos gültige Vereinbarung eines angemessenen Willensvollstreckerhonorars kann nicht zur Folge haben, dass auch für den unentgeltlichen Teil der Abrede vom Schrifterfordernis abzusehen wäre. Eine gemischte Schenkung besteht aus einer entgeltlichen und einer unentgeltlichen Zuwendung und kommt deshalb erst dann gültig zustande, wenn sämtliche Voraussetzungen sowohl des entgeltlichen Rechtsgeschäfts wie der Schenkung erfüllt sind ( BGE 46 II 44 E. 2; ALBERT ROULIER, Die gemischte Schenkung nach schweizerischem Recht, Diss. Bern 1933, S. 42). In dem BGE 117 II 382 S. 386 Ausmass, als eine unentgeltliche Zuwendung versprochen wird, ist daher Schenkungsrecht und damit auch die Formvorschrift des Art. 243 Abs. 1 OR anwendbar (GUHL/MERZ/KUMMER, OR, 7. A. 1980, S. 355; TERCIER, CO Partie spéciale, S. 114 N. 886 mit Hinweisen). Gleiches gebietet der Schutzzweck der Form. Könnte ein "Honorar" auch insoweit formlos versprochen werden, als der "Beauftragte" nach dem wirklichen Willen beschenkt und nicht entschädigt werden soll, wäre der Schutz vor unüberlegten Schenkungsversprechen nicht mehr gewährleistet (ROULIER, a.a.O.). Die Formungültigkeit des Schenkungsversprechens führt anderseits nicht zur Ungültigkeit der ganzen Vereinbarung vom 7. September. Denn nach der Regel des Art. 20 Abs. 2 OR ist ohne weiteres davon auszugehen, dass sowohl der Kläger wie H., die beide Rechtsanwälte sind, gegen ein angemessenes Honorar das Willensvollstreckermandat auch ohne die ungültig versprochene Beteiligung am Nachlass G. übernommen hätten ( BGE 46 II 44 E. 2; ROULIER, a.a.O., S. 39 f.). 3. Hat die Beklagte den unentgeltlichen Teil ihrer Zuwendung an den Kläger nicht gültig versprochen, ist die Widerklage gutzuheissen; damit steht fest, dass dem Kläger ausser einem angemessenen Willensvollstreckerhonorar keine weiteren Ansprüche zustehen. Dementsprechend ist die Hauptklage nur im Umfang eines solchen Honorars zu schützen. Zur Bemessung des Willensvollstreckerhonorars äussert sich die Vorinstanz nicht, da sie glaubt, der Kläger habe aufgrund der Schenkung so oder so Anspruch auf den gesamten eingeklagten Betrag. Die Vorinstanz wird nach diesem Entscheid zu prüfen haben, ob die im kantonalen Berufungsverfahren gegen das vom Bezirksgericht festgesetzte Willensvollstreckerhonorar vorgebrachten Einwendungen begründet sind. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese das angemessene Honorar im Rahmen der anerkannten Fr. 16'376.70 und der eingeklagten Fr. 20'126.30 aufgrund von Art. 517 Abs. 3 ZGB bestimme.
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Urteilskopf 97 IV 27 7. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. März 1971 i.S. Messerli gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 201 StGB . Zuhälterei. Begriff der Ausbeutung.
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 97 IV 27 S. 27 Aus dem Sachverhalt: A.- Von Anfang 1970 bis Ende März 1970 unterhielt Messerli mit verschiedenen Dirnen intime Verhältnisse, so insbesondere vom 16. Februar bis 16. März mit Margaretha. Diese, die vom 17. Februar 1970 an zusammen mit ihrer Freundin Katharina jeweils Hotelzimmer mietete, übernachtete zehn- bis zwölfmal mit Messerli in solchen Zimmern und bezahlte für beide BGE 97 IV 27 S. 28 die Rechnung. Häufig nahm Messerli mit seiner Freundin, von der er wusste, dass sie sich als Dirne betätigte, gemeinsam die Mahlzeiten ein, wobei regelmässig sie bezahlte (Fr. 10.- bis Fr. 15.- pro Mahlzeit). Auch gab sie ihrem Freund täglich Bargeld in Beträgen von Fr. 5.- bis Fr. 10.-, bezahlte ihm öfters Getränke, Zigaretten und Kinobesuche und schenkte ihm überdies ein Feuerzeug im Wert von Fr. 25.-. Margaretha will im Verlaufe eines Monates für Messerli ungefähr Fr. 1000.-- ausgegeben haben. Nach Auflösung des Verhältnisses mit Margaretha setzte Messerli dieser eine vom 25. Februar 1970 datierte Quittung zur Unterschrift vor, mit welcher bescheinigt werden sollte, dass er seiner Freundin Fr. 80.- für Hotelrechnungen bezahlt hatte, was nicht der Wahrheit entsprach. Messerli wollte mit dem unwahren Beleg, der von Margaretha auf seine Veranlassung hin unterschrieben wurde, eine Verfolgung wegen Zuhälterei von sich abwenden. B.- Am 24. September 1970 sprach das Strafamtsgericht Bern Messerli der Zuhälterei, begangen gegenüber der Dirne Margaretha im Deliktsbetrag von ungefähr Fr. 1000.--, sowie der Anstiftung zu Urkundenfälschung und der versuchten Anstiftung zu Begünstigung schuldig und verurteilte ihn zu zehn Monaten Gefängnis und zwei Jahren Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit. Auf Appellation hin sprach das Obergericht des Kantons Bern Messerli von der Anklage der versuchten Anstiftung zu Begünstigung frei, bestätigte jedoch im übrigen den Schuldspruch der ersten Instanz, bemass die Strafe auf neun Monate Gefängnis, abzüglich 62 Tage Untersuchungshaft, und ordnete seinerseits die Einstellung des Verurteilten in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit für die Dauer von zwei Jahren an. C.- Messerli führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem sei dem Beschwerdeführer eine angemessene Entschädigung zu "bewilligen". Der Generalprokurator des Kantons Bern hat sich erst nach Ablauf der ihm gesetzten Frist zur Sache vernehmen lassen. Der Kassationshof weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab. BGE 97 IV 27 S. 29 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In rechtlicher Beziehung wendet der Beschwerdeführer ein, das Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung sei in seinem Falle nicht erfüllt, weil er nicht um sich zu bereichern, sondern aus Entgegenkommen gegenüber seiner Freundin mit ihr gegessen und im Hotel übernachtet habe. Er habe denn auch keinen übertriebenen Lebenswandel gehabt, wie das sonst bei Zuhältern üblich sei. Zudem lasse sich nicht ganz oder teilweise unterhalten, wer sich von der Dirne einmal oder gelegentlich zum Essen einladen lasse oder ein Geschenk annehme. Er habe Fr. 1200.-- im Monat verdient und zu Hause Kost und Logis gehabt. a) Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass nicht jedes Annehmen einer unentgeltlichen Zuwendung aus dem unsittlichen Erwerb einer Dirne eine Ausbeutung im Sinne des Art. 201 StGB ist. Der Begriff der Ausbeutung beinhaltet eine negative ethische Wertung und besagt, dass bloss der mit dem Makel des Verwerflichen behaftete Unterhaltsbezug aus dem Dirnenlohn unter das Gesetz fallen soll ( BGE 88 IV 67 ). In diesem Sinne verwerflich ist es aber, wenn der Täter von der Dirne geldwerte Leistungen aus deren unsittlichem Verdienst, auf die er keinen Anspruch hat ( BGE 75 IV 121 , BGE 89 IV 129 Nr. 25; nicht veröffentlichte Urteile des Kassationshofes vom 3. Juli 1959 i.S. Helbling und in BJM 1958, S. 94), in solchem Umfang und gegebenenfalls mit solcher Häufigkeit entgegennimmt, dass sie ausreichen, um seinen Unterhalt während einer gewissen Dauer (s. BGE 88 IV 68 und WAIBLINGER in ZBJV 1952 S. 238) ganz oder teilweise zu decken; denn wer solches tut, benützt die Unzucht der Dirne als Einkommensquelle. Dabei gehört zum Unterhalt nicht bloss der Notbedarf, wie man versucht sein könnte, aus BGE 85 IV 187 /8 zu folgern ("zum Leben benötigt"), sondern alles, was zur tatsächlichen Lebenshaltung des Täters gehört. Zwar setzt Art. 201 StGB nicht voraus, dass dessen Bedürfnisse den Rahmen des Üblichen überschreiten (LOGOZ, Kommentar, N. 3 zu Art. 201, S. 342 oben), der Täter einen übertriebenen Lebenswandel führe, wie Messerli meint; Zuhälter ist nicht bloss, wer auf Kosten der Dirne ausschweifend lebt (s. ebenso das nicht veröffentlichte Urteil i.S. Helbling). Wo jedoch der Lebensaufwand des Täters den notwendigen Unterhalt übersteigt und die Zuwendungen der Dirne gerade dazu dienen, jenen zu decken, tritt die Verwerflichkeit des BGE 97 IV 27 S. 30 Unterhaltsbezuges besonders deutlich hervor. Deshalb vermag auch der Umstand, dass der eigene Verdienst des Täters genügt hätte, um dessen Lebensunterhalt zu bestreiten, gegen den Vorwurf der Zuhälterei nicht zu schützen. Auch wer durch redliche Arbeit die Mittel zum notwendigen Lebensunterhalt aufbringt, den unsittlichen Erwerb der Dirne indessen zur Grundlage einer jenen Bedarf übersteigenden höheren Lebenshaltung macht, handelt als Ausbeuter ( BGE 88 IV 69 oben und nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 20. März 1964 i.S. Hofer). Schliesslich steht der Annahme einer Ausbeutung auch nicht entgegen, dass der Täter die Frau nicht durch Druckmittel zu den Leistungen veranlasst hat ( BGE 75 IV 120 , BGE 88 IV 69 oben; zustimmend auch SCHULTZ in ZBJV 1964, S. 80). Die zuhälterische Ausbeutung kann sehr wohl sanftere, deswegen aber nicht minder wirksame Formen annehmen, indem der Täter namentlich dort, wo er zugleich der Geliebte der Dirne ist, sich diese durch besonderes Entgegenkommen, durch Liebeserweise gefügig und zur Gewährung von Zuwendungen geneigt macht, so dass es dazu von seiner Seite eines ausdrücklichen Anstosses nicht mehr bedarf (vgl. auch das Urteil des Kassationshofes i.S. Helbling, wo die freiwillige Verwendung des Ertrags aus der Unzucht zum Nutzen des Täters als genügend erachtet wurde). b) Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer sich nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz während eines Monats von der Dirne Margaretha aus deren Unzuchterlös zehn- bis zwölfmal das Übernachten in Hotels, regelmässig das Mittagessen, öfters das Nachtessen sowie wiederholt Konsumationen, Zigaretten und Kinobesuche bezahlen, täglich Fr. 5.- bis Fr. 10.- in bar geben und zudem ein Feuerzeug schenken lassen. Insgesamt hatte damit die genannte Frau ungefähr Fr. 1000.-- für ihn aufgewendet, was ihm eine Lebenshaltung ermöglichte, die ihm nach dem angefochtenen Urteil ohne die Beziehung zur Dirne verwehrt gewesen wäre. Tatsächlich hätte sein Verdienst von Fr. 1200.-- auch nach den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers den genannten Aufwand nicht erlaubt. Messerli hat sich somit teilweise von der Dirne im Sinne des Art. 201 Abs. 1 StGB aushalten lassen; deren Zuwendungen waren nicht bloss einmalige oder gelegentliche, sondern sie häuften sich zum Teil mit einer auffallenden Regelmässigkeit. Wenn sie im einzelnen auch nicht in hohe Beträge gingen, so BGE 97 IV 27 S. 31 stellten sie doch gesamthaft betrachtet einen nicht unerheblichen Beitrag der Dirne an den Unterhalt Messerlis dar, zumal wenn man berücksichtigt, dass sie beinahe an dessen eigenen Verdienst heranreichten. Dass er aber auf die genannten Leistungen keinen Anspruch hatte, bestreitet der Beschwerdeführer mit Fug nicht. Vielmehr hat er sich, wie die Vorinstanz feststellt, aus Bequemlichkeit und materialistischen, sicher aber auch aus sexuellen Gründen teilweise den Unterhalt bezahlen lassen. Dass er die Dirne dazu nicht besonders auffordern oder gar durch Druckmittel veranlassen musste, sondern sein persönliches Entgegenkommen gegenüber der Geliebten genügte, um sie zur genannten Freigebigkeit zu bewegen, erklärt sich ohne weiteres aus seiner Stellung als "umworbenes Objekt" dreier Dirnen, die sich ihn abwechslungsweise gegenseitig "ausspannten" und deren Rivalität er nach dem angefochtenen Urteil zu seinen Gunsten auszunutzen verstand. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich Messerli, während der kurzen Dauer seines Verhältnisses mit der Dirne S., von dieser ebenfalls die Hotelrechnungen hat bezahlen lassen. Im übrigen wendet der Beschwerdeführer bloss bezüglich der Übernachtungen und der gemeinsamen Mahlzeiten ein, er habe sich diese aus Entgegenkommen gegenüber Margaretha bezahlen lassen, während er dasselbe hinsichtlich der übrigen Zuwendungen selber nicht zu behaupten wagt. All die Leistungen der Dirne gestatteten ihm einen Lebensstil, der ihn selber praktisch nichts oder nur wenig kostete, und sie ermöglichten es ihm sogar, von seinem Verdienst auf die Seite zu legen oder ihn anderweitig zu verwenden. Messerli hat somit den unsittlichen Erwerb seiner Geliebten zur Einkommensquelle gemacht, ihn somit ausgebeutet.
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Urteilskopf 111 III 73 18. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. September 1985 i.S. Bank F. gegen Konkursmasse H. (Berufung)
Regeste Abgetretene künftige Forderungen im Konkurs des Zedenten. 1. Umfang und Rechtswirkungen des Konkursbeschlags (Art. 92, 197 Abs. 1 und Art. 204 Abs. 1 SchKG ) (E. 2). 2. Abgetretene künftige Forderungen, die nach Eröffnung des Konkurses über den Zedenten entstehen, fallen nicht in das Vermögen des Zessionars sondern in die Konkursmasse (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 74 BGE 111 III 73 S. 74 A.- H., der in Bad Ragaz ein Maler- und Gipsergeschäft betrieb, trat der Bank F. am 26. September 1979 seine gegenwärtigen und künftigen Forderungen und am 30. Juni 1981 eine Forderung von Fr. 95'000.-- aus dem beabsichtigten Verkauf seiner Eigentumswohnung in Miralago Morcote ab. Am 1. Juni 1982 fiel er in Konkurs. Am 2. Juni 1982 verkaufte er jene Eigentumswohnung für Fr. 151'300.--. Die Konkursverwaltung erachtete den Kaufvertrag als ungültig und kündigte die Verwertung des Grundstückes an. Die Bank F. erhob für diesen Fall aufgrund der Abtretungen vom 26. September 1979 und 30. Juni 1981 Anspruch auf den Verwertungserlös. Die Konkursverwaltung verkaufte die Eigentumswohnung in der Folge freihändig. Die Käuferin tilgte den Preis von Fr. 151'300.-- durch Übernahme einer Grundpfandschuld von Fr. 90'000.-- sowie durch Zahlung von Fr. 61'300.--, die bei der Bank U. hinterlegt wurden. B.- Später klagte die Bank F. gegen die Konkursmasse H. auf Feststellung, dass sie an dem hinterlegten Betrag von Fr. 61'300.-- per 24. Juni 1983 nebst den aufgelaufenen Zinsen allein zuständig sei; die Bank U. sei anzuweisen, ihr den Betrag samt Zinsen auszuzahlen. Die Konkursmasse H. ersuchte widerklageweise um Feststellung, dass der Betrag ihr zustehe; sie verlangte ferner, dass die Bank U. angewiesen werde, ihr die Summe auszuzahlen. Das Bezirksgericht Sargans wies die Klage ab und hiess die Widerklage gut. Das Kantonsgericht St. Gallen wies die von der Klägerin eingelegte Berufung am 8. Februar 1985 ab. C.- Mit eidgenössischer Berufung beantragt die Klägerin, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben, die Klage gutzuheissen und die Widerklage abzuweisen. BGE 111 III 73 S. 75 Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 197 Abs. 1 SchKG bildet sämtliches Vermögen, das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung angehört, eine einzige Masse (Konkursmasse), die der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient. Ausgenommen sind die in Art. 92 SchKG bezeichneten Vermögensteile (Kompetenzstücke). Zur Konkursmasse gehört ferner auch Vermögen, das dem Gemeinschuldner während des Konkursverfahrens anfällt. Mit Ausnahme der Kompetenzstücke unterwirft das Gesetz sämtliches Vermögen dem Konkursbeschlag, einer öffentlichrechtlichen Beschlagnahme, und verschafft damit den Gläubigern das Recht, sich aus diesem Vermögen zu befriedigen ( BGE 93 III 107 E. 7 mit Hinweisen). Die Verfügungs- und Verpflichtungsfähigkeit des Gemeinschuldners über das Vermögen in der Konkursmasse geht mit der Konkurseröffnung auf die Konkursverwaltung über, so dass Rechtshandlungen, die er zu derartigen Vermögensstücken nach Konkurseröffnung vornimmt, den Konkursgläubigern gegenüber ungültig sind ( Art. 204 Abs. 1 SchKG ). 3. a) Besondere Fragen stellen sich freilich im Zusammenhang mit Forderungen, die der Gemeinschuldner vor Konkurseröffnung abgetreten hat. Hat die Forderung zur Zeit ihrer Abtretung bereits bestanden, so ist sie mit der Abtretung in das Vermögen des Zessionars übergegangen. Anders ist die Rechtslage, wenn eine künftige Forderung abgetreten worden ist; hier entfaltet die Abtretung nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ihre Wirkung erst im Zeitpunkt, wo die Forderung entsteht. Der Zedent muss in diesem Zeitpunkt noch Verfügungsmacht über die Forderung besitzen ( BGE 61 II 331 E. 1, BGE 57 II 540 Nr. 84; BECKER, N. 8 zu Art. 164 OR ; BUCHER, OR, S. 492; VON BÜREN, OR Allg. Teil, S. 325; GAUCH/SCHLUEP/JÄGGI, 3. Aufl., N. 2206; FROMER, Die Abtretung künftiger Forderungen, in ZSR 57/1938, S. 325; KELLER/SCHÖBI, Das Schweizerische Schuldrecht, 4. Bd., S. 46; LEEMANN, N. 16 zu Art. 835 ZGB ; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 164 OR ; ZOBL, Die Forderungszession im Konkurs des Zedenten, in Festschrift Arthur Meier-Hayoz, Zürich 1972, S. 145 f.). Daraus zieht die herrschende Lehre den Schluss, die Forderung BGE 111 III 73 S. 76 falle, wenn sie erst nach Konkurseröffnung entstehe, nicht in das Vermögen des Zessionars, sondern in die Konkursmasse. b) Dieser Lehre ist vorliegend entgegen der Auffassung der Klägerin zuzustimmen. Dass der Zessionar die Forderung nur erwerben kann, wenn der Zedent im Zeitpunkt ihrer Entstehung noch Verfügungsmacht über sie besitzt, verkennt, wer wie die Klägerin den Zessionar und nicht die Konkursverwaltung als in jedem Fall forderungsberechtigt bezeichnet (GUHL/MERZ/KUMMER, OR 7. Aufl., S. 235; JAEGER, Das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, II. Bd., 3. Aufl., N. 1 zu Art. 197 SchKG , S. 4). Gewisse Autoren neigen allerdings nur im Zusammenhang mit der Abtretung künftiger Lohnforderungen zu dieser Auffassung (BÜHRLE, Die Lohnzession im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1952, S. 209 ff.; NÄF, Die Sicherung von Gläubigerrechten im Hinblick auf den Konkurs des Schuldners, Diss. Freiburg 1983, S. 13; WALDER, Lohnabtretung und Zwangsvollstreckung, Zürich 1975, S. 75 f.). Da Lohnforderungen indes nicht zum Vermögen im Sinne von Art. 197 SchKG gehören, sind Regeln zur Lohnabtretung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Klägerin, die das übersieht, beruft sich daher zu Unrecht auf BGE 75 III 116 dieser Entscheid hielt klar fest, dass Lohnforderungen ungeachtet einer Abtretung nicht in die Konkursmasse fallen; über den Zeitpunkt und die Bedingungen der Entstehung künftiger Forderungen ist jenem Entscheid nichts zu entnehmen. Dem in BGE 95 III 12 E. 1 veröffentlichten Urteil, wo eine Lohnpfändung mit einer zuvor erfolgten Lohnabtretung konkurrierte und das Bundesgericht entschied, die Pfändung könne nicht aufrecht erhalten werden, ist für die besondere Situation des Konkurses nichts zu entnehmen. Dort ging es vor allem darum, dass der Zedent einer künftigen Forderung die Rechte des Zessionars nicht durch spätere gegenteilige Verfügung beeinträchtigen kann. Aus der blossen Annahme, die künftige Forderung entstehe beim Zessionar, vermag die Klägerin daher nichts für ihren Standpunkt zu gewinnen. c) Sinn und Zweck der konkursrechtlichen Ordnung gebieten es vielmehr, Forderungen, die vor Konkurseröffnung zwar abgetreten worden, aber erst nachher entstanden sind, in die Konkursmasse fallen zu lassen. Würde der Zessionar auch noch nach Ausbruch des Konkurses Gläubiger, könnte der Zedent durch Zessionen ohne weiteres die konkursrechtliche Ordnung zu Lasten der Mehrheit der Gläubiger unterlaufen, indem er ihnen mittels Vorauszessionen BGE 111 III 73 S. 77 wesentliche Teile des Konkursvermögens entzöge, um es einem einzelnen oder wenigen Gläubigern zuzuwenden, ohne dass er damit bereits Anlass für eine Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG geben müsste (dazu BGE 101 III 92 ff.). Das Interesse der Gesamtheit der Gläubiger am Konkursvermögen muss daher demjenigen einzelner Gläubiger, namentlich der Kreditgeber an der Sicherung ihrer Forderungen, vorgehen. Nur diese Lösung trägt dazu bei, dass die Konkursverwaltung nach Möglichkeit ein bestehendes Gewerbe des Gemeinschuldners unter zumutbaren wirtschaftlichen Bedingungen weiterführen kann (AMONN, in BlSchKG 43/1979, S. 137; FROMER, a.a.O., S. 325; ZOBL, a.a.O., S. 146). Auch kann die Konkursverwaltung trotz aller zwingenden Vorschriften des Konkursverfahrens erheblich Einfluss nehmen auf die Entscheidung, ob die Forderung überhaupt entstehen soll, indem sie beispielsweise einen beabsichtigten Kauf gar nicht abschliesst. Daraus erhellt erneut, dass die abgetretene künftige Forderung nicht bereits vor ihrer Entstehung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners ausgeschieden sein kann; selbst JAEGER (a.a.O.), der eine abweichende Auffassung vertritt, will in solchen Fällen zugunsten der Konkursverwaltung eine Ausnahme machen. Keinen andern Standpunkt als die herrschende schweizerische Lehre nimmt aus denselben Überlegungen die deutsche Rechtsprechung ein, die sich freilich auf eine konkrete gesetzliche Bestimmung berufen kann (§ 15 der deutschen Konkursordnung vom 10. Februar 1877; Entscheid des BGH vom 5.1.1955, publiziert in NJW 1955 I S. 544 f.).
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bc7c3dd4-2f19-4c9d-80f4-41065f2e1256
Urteilskopf 98 IV 67 13. Urteil des Kassationshofes vom 25. Mai 1972 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 64 Abs. 3 StGB . Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Kind unter sechzehn Jahren einen Erwachsenen "ernstlich in Versuchung führen", es zur Unzucht zu missbrauchen (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 67 BGE 98 IV 67 S. 67 A.- Der 1935 geborene X. heiratete 1968 Frau Y. Diese brachte aus einer aufgelösten ehelichen Verbindung unter anderem das Mädchen A., geb. 9. April 1957, mit in die Ehe. In den Monaten Februar und März 1970 verging sich X., dessen Ehefrau im Krankenhaus weilte, zu fünf verschiedenen Malen an der Stieftochter A., indem er ihre Brüste und ihren Geschlechtsteil betastete und ihr Zungenküsse gab. In der Zeit zwischen April und Oktober 1970 verkehrte X. mit A. 5 bis 6 Mal geschlechtlich. B.- Am 5. Januar 1972 verurteilte das Geschworenengericht des Kantons Aargau X. wegen wiederholter Unzucht mit einem BGE 98 IV 67 S. 68 Stiefkinder im Sinne von Art. 191 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 Abs. 2 StGB zu 26 Monaten Zuchthaus. C.- X. führt Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Er sieht die Gesetzesverletzung in der Verweigerung des Strafmilderungsgrundes der "ernstlichen Versuchung" gemäss Art. 64 Abs. 3 StGB . D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau trägt auf Abweisung der Beschwerde an. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 64 StGB kann der Richter die Strafe unter anderem mildern, wenn der Täter durch das Verhalten des Verletzten ernstlich in Versuchung geführt worden ist. Der Grund, weshalb in einem solchen Falle Nachsicht geübt werden kann, liegt darin, dass der Verletzte den Anstoss zur strafbaren Handlung gegeben hat, und zwar derart ernstlich, dass der Täter für seinen Entschluss, sie zu begehen, nicht als voll verantwortlich erscheint, sondern den Verletzten einen Teil dieser Verantwortung trifft ( BGE 73 IV 156 , BGE 75 IV 6 Erw. 5). Auf diesen Strafmilderungsgrund kann sich nach ständiger Rechtsprechung derjenige Täter gewöhnlich nicht berufen, der im Sinne von Art. 191 StGB ein Kind unter 16 Jahren zur Unzucht missbraucht hat; denn - so wurde ausgeführt - der Zweck dieser Bestimmung gehe dahin, die Verantwortung für die geschlechtliche Unberührtheit des Kindes voll und ganz dem Erwachsenen aufzuerlegen und das Kind auch gegen seine eigene Schwäche zu schützen. In mehreren Entscheiden hat der Kassationshof dementsprechend festgehalten, dass das Verhalten des Kindes gegenüber dem Erwachsenen, der sich an ihm der Unzucht schuldig macht, schwerlich jemals Strafmilderungsgrund sein könne ( BGE 73 IV 157 , BGE 78 IV 81 ; unveröffentlichte Urteile vom 16. Juli 1946 i.S. Thöni, vom 4. September 1947 i.S. Buholzer, vom 29. November 1949 i.S. Nussbaum, vom 5. Mai 1950 i.S. Fuchs). a) An dieser Rechtsprechung kann nach erneuter Überprüfung nicht festgehalten werden. Sie verquickt den in Art. 191 StGB verankerten Rechtsschutzgedanken mit der Frage nach dem Verschulden des Täters, wodurch das für die Strafzumessung massgebliche Verschuldensprinzip zum Nachteil des BGE 98 IV 67 S. 69 Täters weitgehend abgeschwächt wird. Eine solche Einschränkung des Anwendungsbereiches von Art. 64 StGB bei einer Straftat nach Art. 191 StGB geht jedoch weder aus dem Gesetzeswortlaut selbst hervor, noch findet sie einen Anhaltspunkt dafür im Willen des Gesetzgebers. In den Beratungen des Nationalrates zu Art. 64 StGB führte der Berichterstatter deutscher Sprache vielmehr aus, die Kommission habe zu den übrigen Strafmilderungsgründen den weiteren Umstand herbeigezogen, dass der Täter ernstlich in Versuchung geführt werden könne, eine Beifügung, die namentlich bei den Sittlichkeitsverbrechen in Betracht kommen dürfte (SEILER, StenBull NR 1928, S. 965). Aus der Lehre ergibt sich nichts anderes. So führt namentlich HAFTER zu Art. 64 StGB aus, diese Bestimmung gehe von einem Verhalten des Verletzten aus, der den Täter in einem solchen Masse beeinflusst habe, dass dieser der an ihn herangetretenen Versuchung erlegen sei. Eine derartige Situation könne sich namentlich bei gewissen Delikten gegen das Geschlechtsleben, insbesondere beim Tatbestand der Unzucht mit noch nicht 16-Jährigen ergeben. An diese Fälle habe der Gesetzgeber vor allem gedacht (HAFTER, Schweiz. Strafrecht, Allg. Teil, 2. Aufl., S. 363 Ziff. 5 und dortige Hinweise). LOGOZ bemerkt zu der gleichen Frage folgendes: "... Le juge peut prendre ... en considération toute manière de se comporter par laquelle sa victime aurait tenté gravement l'accusé. Un tel attentat de la victime, par exemple en matière de délit de moeurs, peut justifier une atténuation de la peine infligée au délinquant." (Allg. Teil, S. 278/79, Art. 64 N. 5 A e.) In ähnlichem Sinne äussert sich SCHWANDER (Schweiz. Strafgesetzbuch, 2. Aufl. N. 390). Im übrigen wird im Schrifttum in den Ausführungen zu Art. 191 StGB die bisherige Rechtsprechung des Kassationshofes kommentarlos lediglich wiedergegeben (vgl. LOGOZ, Bes. Teil I, S. 310, Art. 191, N. 2; SCHWANDER, a.a.O. N. 641 a). b) Während der Kassationshof in seinem nichtveröffentlichten Urteil vom 7. Juni 1946 i.S. Clementi noch erklärt hat, die Strafe dürfe selbst dann nicht gemildert werden, wenn der Antrieb vom Kind ausgegangen, der erwachsene Täter also von diesem "verführt" worden sei, wurde in verschiedenen später ergangenen Einzelentscheidungen, unter anderem in BGE 78 IV 81 angenommen, dass von einer Verführung durch das Kind BGE 98 IV 67 S. 70 höchstens dann die Rede sein könne, wenn dieses einen ungefähr gleichalten Täter intensiv, raffiniert und andauernd reizt und verlockt und der Täter der Verführung schliesslich erliegt, nachdem er sich längere Zeit gegen sie ernsthaft zur Wehr gesetzt hat. Diese Rechtsprechung, die die Annahme einer ernstlichen Versuchung im Sinne von Art. 64 StGB bei Sittlichkeitsdelikten nur unter der Voraussetzung der ungefähren Gleichaltrigkeit von Täter und Verletztem zulassen will, verkennt, dass jugendliche Täter ohnehin unter das Jugendstrafrecht fallen, bei welchem nicht Strafen, sondern Massnahmen im Vordergrund stehen. Ob ein Täter in ernstliche Versuchung geführt werden kann, entscheidet sich indessen nicht nach dem Verhältnis seines Alters zu demjenigen des Kindes; vielmehr kommt es einzig und allein darauf an, ob der Widerstandswille des Täters durch das Verhalten des Opfers derart stark geschwächt wird, dass er der Versuchung nicht mehr zu widerstehen vermag. Ausserdem hat die bisherige Rechtsprechung hinsichtlich des Erfordernisses der andauernden Reizung und Verlockung des Täters durch das Kind übersehen, dass derjenige strafwürdiger erscheint, der sich der Versuchung wiederholt zu erwehren vermochte, also um die in einer bestimmten Situation für ihn entstehenden Gefahren weiss, und sich dennoch zu den Unzuchtshandlungen hinreissen lässt. Demgegenüber erscheint das Verschulden jenes Täters in milderem Lichte, der unvermittelt dem intensiven, raffinierten und aufreizenden Verhalten eines Kindes ausgesetzt ist und der Verführung endlich erliegt, nachdem er sich ernsthaft gegen sie gewehrt hat. c) Im übrigen ist an der bisherigen Rechtsprechung des Kassationshofes festzuhalten. Das gilt insbesondere vom Grundsatz, dass Art. 64 Abs. 3 StGB bei Unzuchtsdelikten gegenüber Kindern nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn der Verletzte den Anstoss zu der strafbaren Handlung gegeben hat, und zwar so ernstlich, dass der Täter für seinen Entschluss, sie zu begehen, nicht voll verantwortlich erscheint. Als Strafmilderungsgrund scheidet demnach zum vornherein jeder Umstand aus, der nicht in einem Verhalten des Verletzten selbst, und zwar in einem Verhalten gerade gegenüber dem betreffenden Täter liegt. Das gilt von der "Versuchung", die lediglich auf die Immoralität oder den physischen Zustand des Täters oder darauf zurückgeht, dass sich diesem eine günstige Gelegenheit BGE 98 IV 67 S. 71 zur Begehung der Strafhandlungen bietet ( BGE 75 IV 6 Erw. 5). Der Richter muss im Einzelfall davon überzeugt sein, dass das Kind durch sein aktives Verhalten die Geschlechtslust des Täters objektiv in einem solchen Masse gesteigert hat, dass auch ein gewissenhafter Mann Gefahr gelaufen wäre, der Versuchung zu erliegen. Der fragliche Strafmilderungsgrund wird also da nicht angerufen werden können, wo der Verletzte sich bloss passiv verhielt oder bereit war, dem Ansinnen des haltlosen oder leicht erregbaren Täters nachzugeben. 2. Im vorliegenden Fall anerkennt das Geschworenengericht mit Bezug auf die Behauptung des Beschwerdeführers, von seiner Stieftochter ernstlich in Versuchung geführt worden zu sein, dass das Mädchen A. trotz seines kindlichen Alters körperlich voll entwickelt war und in geschlechtlichen Dingen eine ausgesprochene Neugier zeigte. Es benützte die durch einen Krankenhausaufenthalt bedingte Abwesenheit seiner Mutter dazu, während der Abendstunden gemeinsam mit dem Beschwerdeführer dem Fernsehprogramm beizuwohnen. Dabei schmiegte es sich absichtlich an seinen Stiefvater, um dessen Betastungen und Berührungen ausgeprägter werden zu lassen. Die Vorinstanz räumt zudem ein, dass das Mädchen eine gewisse Bereitschaft zu geschlechtlichen Beziehungen zeigte, was sich u.a. darin äusserte, dass es sich wie eine erwachsene Frau zurecht machte, schminkte und sich in leichter Nachtbekleidung zum Beschwerdeführer setzte. Weitergehende provozierende Handlungen sind nicht festgestellt. Auch der Beschwerdeführer behauptet nicht etwa, das Mädchen habe selbst mit unerlaubten Zärtlichkeiten begonnen. Aus den Darlegungen des Geschworenengerichts geht nicht hervor, bei welchen der elf festgestellten Vorfälle sich die Verletzte in der geschilderten Art verhielt. Insbesondere ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, ob A. anlässlich des ersten Vorfalles im Februar 1970, der aus noch darzulegenden Gründen allein für die Annahme des angerufenen Strafmilderungsgrundes in Frage kommen kann, sich geschminkt, wie eine erwachsene Frau gekämmt und eine leichte Nachtbekleidung angezogen hatte, als sie sich zum Beschwerdeführer begab. In diesem Punkt stellt die Vorinstanz lediglich fest, die widerrechtlichen Verfehlungen hätten begonnen, als A. zusammen mit dem Angeklagten dem Fernsehprogramm beigewohnt habe; dabei sei es zu Berührungen an den Brüsten und zum Austausch BGE 98 IV 67 S. 72 von Küssen gekommen. Auch die kantonalen Akten enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Verletzte sich gerade anlässlich des ersten Vorfalls besonders verführerisch zurecht gemacht hätte. Der Beschwerdeführer hat in seiner Einvernahme vom 12. März 1971 erklärt, A. sei meistens mit einem Morgenrock bekleidet gewesen. In der Untersuchung sagte er aus, er wolle nicht behaupten, dass A. bei den Annäherungsversuchen die treibende Kraft gespielt habe. Ist aber nicht erstellt, dass das Mädchen sich beim ersten Vorfall geschminkt und in einem durchsichtigen Nachthemd, mithin in einer besonders verführerischen Aufmachung neben den Beschwerdeführer gesetzt hat, dann reichen die übrigen festgestellten Handlungen der Verletzten nicht aus, um darin ein den Angeklagten intensiv reizendes Verhalten zu sehen. Dass sich ein Kind zärtlich an seinen Stiefvater schmiegt, ist nichts aussergewöhnliches. Es kann nicht anerkannt werden, dass schon ein solches Verhalten geeignet war, einen pflichtbewussten Mann ernstlich in Versuchung zu führen. Fühlte der Beschwerdeführer sich bereits dadurch sinnlich gereizt und bemerkte er, dass das Mädchen auf weitergehende Intimitäten ausging, so war ihm zuzumuten, das Kind rechtzeitig von sich zu weisen, zumal er von seiner Ehefrau vor der sexuellen Neugier und der Frühreife ihrer Tochter gewarnt worden war. Was den ersten Vorfall im Februar 1970 betrifft, kann sich der Beschwerdeführer somit nicht auf Art. 64 Abs. 3 StGB berufen. 3. Nach dem ersten Vorkommnis hatte der Beschwerdeführer genügend Zeit, über das Vorgefallene nachzudenken und sich Rechenschaft über die Gefahren zu geben, die ein Alleinsein mit seiner Stieftocher unter gewissen Umständen schaffen konnte. Dass dies der Fall war und er mittlerweile die nötige Willensstärke zur besseren Einsicht gefunden hatte, zeigt seine mehrmals geäusserte Bemerkung gegenüber seiner Stieftochter, solche Dinge dürften zwischen ihnen nicht mehr geschehen. Obschon er erkannt hatte, dass er in Gegenwart des Kindes den Kopf verlieren und der Versuchung erliegen könnte, versäumte er es, durch entsprechende Massnahmen (beispielsweise durch Abschliessen seines Zimmers oder Einladen einer Drittperson zur Verbringung des Abends) dafür zu sorgen, dass sich ein Vorfall in der geschilderten Art nicht wiederhole. Vielmehr begab er sich immer wieder in die als gefährlich erkannte Situation, wenn er sie nicht geradezu gesucht hat. Dabei liess BGE 98 IV 67 S. 73 er sich zu neuen, immer schwereren unzüchtigen Handlungen hinreissen. Unter diesen Umständen kommt eine Anwendung des Strafmilderungsgrundes im Sinne von Art. 64 Abs. 3 StGB auch auf die nach dem ersten Vorfall begangenen Taten nicht in Frage. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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bc7c88b4-0c8b-462a-853c-104780d4cd45
Urteilskopf 98 Ia 290 44. Auszug aus dem Urteil vom 3. Mai 1972 i.S. Indergand und Mitbeteiligte gegen den Landrat des Kantons Uri.
Regeste Art. 4 BV , Art. 85 lit. a OG ; Referendum. Ein Beschluss, gegen den das Referendum zustandegekommen ist, kann von der Behörde, die ihn erlassen hat, zurückgenommen werden, solange die Volksabstimmung nicht durchgeführt ist.
Sachverhalt ab Seite 290 BGE 98 Ia 290 S. 290 Aus dem Tatbestand: A.- Der Landrat des Kantons Uri beschloss am 8. April 1970 den Beitritt des Kantons zur Interkantonalen Übereinkunft zur Verstärkung der polizeilichen Sicherheitsmassnahmen vom 28. März 1968 (IMP), wogegen das Referendum ergriffen wurde. Der Landrat, der das Referendum zu begutachten hatte, fasste am 29. Dezember 1971 den Beschluss, dass das formgültig zustandegekommene und verfassungsmässig zulässige Volksbegehren (lit. a und b des Beschlusses) den Stimmbürgern nicht BGE 98 Ia 290 S. 291 zu unterbreiten sei. Lit. c und d des Beschlusses haben folgenden Wortlaut: "c) Die Volksabstimmung hierüber ist indessen vom Regierungsrat nicht anzusetzen und nicht durchzuführen, weil der Beitritt Uri zur IMP mit Rücksicht auf die inzwischen eingetretene Veränderung der Verhältnisse praktisch gegenstandslos und eine Volksabstimmung hierüber wirkungslos geworden sind. d) Damit fällt der Beitritt Uri zur IMP gemäss Landratsbeschluss vom 8. April 1970 als solcher aus Abschied und Traktanden." B.- Mit Eingabe vom 28. Januar 1972 haben Ursbeat Indergand und vier weitere Stimmberechtigte des Kantons Uri staatsrechtliche Beschwerde gegen diesen Beschluss des Landrats des Kantons Uri vom 29. Dezember 1971 erhoben. Sie machen eine Verletzung der Art. 48 und 51 der Verfassung des Kantons Uri (KV) geltend, weil das Volk trotz des zustandegekommenen Referendums über den Beitritt des Kantons zur IMP nicht abstimmen könne. Das Beschwerdebegehren lautet unter anderem auf Aufhebung von lit. c und d des angefochtenen Beschlusses. Der Regierungsrat des Kantons Uri hat als Vertreter des Landrats am 21. März 1972 Gegenbemerkungen zur Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, auf die Beschwerde nicht einzutreten, ev. sie abzuweisen. Er führt darin unter anderem im wesentlichen aus, dass der angefochtene Landratsbeschluss, wonach der am 8. April 1970 beschlossene Beitritt Uris zur IMP "aus Abschied und Traktanden falle", nach ständiger Interpretation im urnerischen Staatsrecht die Bedeutung habe, dass das Geschäft überhaupt nicht rechtsgültig sei. Eine rechtsverbindliche landrätliche Genehmigung des Beitritts Uris zur IMP liege somit nicht mehr vor, sodass eine Verletzung der angerufenen verfassungsmässigen Rechte gar nicht in Frage stehe. Ein späterer Beitritt zum Konkordat wäre nur aufgrund eines neuen Beschlusses möglich, gegen den wiederum das Referendum zulässig wäre. Im übrigen habe der Landrat gute Gründe für die Rücknahme seines Beschlusses gehabt. Nachdem wegen der ablehnenden Haltung insbesondere der grossen Kantone die Ziele des Konkordates nicht mehr zu verwirklichen waren, wäre es sinnlos gewesen, am Beitritt festzuhalten und eine Volksabstimmung über einen Gegenstand durchzuführen, der sich nicht mehr realisieren lasse. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 98 Ia 290 S. 292 Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Der Landratsbeschluss vom 8. April 1970 über den Beitritt des Kantons Uri zur IMP unterstand dem fakultativen Referendum, welches unbestrittenermassen zustandekam. Der Beschluss wurde somit nicht rechtskräftig. Es ist nicht einzusehen, weshalb ein solcher Beschluss in dieser Phase von der zuständigen Behörde nicht jederzeit wieder sollte zurückgegenommen werden können, wenn sich erweist, dass es angesichts der veränderten Verhältnisse keinen Sinn mehr hat, ihn dem Volke zur Abstimmung vorzulegen. Eine Verfassungsvorschrift, welche einem solchen Vorgehen entgegenstünde, wird in der Beschwerde nicht genannt und ist auch nicht zu finden. Ob der Landrat den Beschluss vom 8. April 1970 jedenfalls nur unter Beachtung der Vorschrift des Art. 60 des Reglementes für den Landrat des Kantons Uri vom 3. Juni 1970 (Landratsreglement) hätte zurücknehmen können, ist nicht zu prüfen. Denn die Beschwerdeführer, die dies geltend machen, tun nicht dar, dass diese Vorschrift des Landratsreglementes die Bedeutung einer Konkretisierung der verfassungsmässigen politischen Rechte der Stimmbürger hat bzw. sich aus ihr ein mit der staatsrechtlichen Beschwerde verfolgbarer Anspruch ableiten lässt, und vermögen denn auch nicht zu begründen, inwiefern durch die Nichtbeachtung dieser Vorschrift gegen die Verfassung verstossen werde; der blosse Hinweis auf die Vorschrift des Art. 60 des Landratsreglementes genügt nicht, um die Rüge einer Verfassungswidrigkeit zu begründen. Dem weiteren Einwand der Beschwerdeführer, nach Art. 51 Abs. 2 KV dürfe der Landrat die dem Volke zur Abstimmung vorzulegenden Begehren nur begutachten und keinesfalls beschliessen, dass die Volksabstimmung überhaupt nicht durchgeführt werde, ist damit der Boden schon entzogen. Denn wenn nach dem Gesagten der Landrat einen Beschluss, der wegen des dagegen ergriffenen Referendums nicht rechtskräftig wird und erst den Stimmbürgern zu unterbreiten ist, ohne Verstoss gegen die Verfassung später widerrufen kann, so schliesst dies seine Befugnis zur Feststellung mit ein, dass nunmehr auch keine Volksabstimmung stattzufinden habe.
public_law
nan
de
1,972
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CH
Federation
bc7da0ac-b93d-4eb4-b6ac-65d6b33a2779
Urteilskopf 96 I 636 98. Urteil vom 8. Dezember 1970 i.S. Voggensperger und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Staatsrechtliche Beschwerde. Konkordate. Initiativrecht. Art. 86 OG : Bestehen ernstliche Zweifel an der Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsmittels, so braucht dieses nicht ergriffen zu werden (Erw. 1). Art. 88 OG : Legitimation zur Beschwerde wegen Verletzung von Konkordaten (Erw. 2). Konkordate: Auslegung von Konkordaten. Abschluss eines interkantonalen Vertrages durch konkludente Handlungen, insbesondere durch gleichzeitigen Erlass inhaltlich übereinstimmender Verfassungsvorschriften in zwei Kantonen? Frage verneint für die in den Verfassungen der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft enthaltenen Bestimmungen über das Verfahren zur Herbeiführung der Wiedervereinigung dieser beiden Halbkantone, weshalb der Kanton Basel-Landschaft die in seiner Verfassung enthaltene Bestimmung vor Abschluss des darin vorgesehenen Verfahrensaufheben kann und eine hierauf gerichtete Initiative zulässig ist (Erw. 4). Initiativrecht: Tragweite des Grundsatzes der Einheit der Materie (Erw. 7). Zulässigkeit einer Initiative auf Aufnahme eines Programmsatzes in die Kantonsverfassung (Erw. 8).
Sachverhalt ab Seite 637 BGE 96 I 636 S. 637 A.- Durch Beschluss vom 26. August 1833 hatte die Eidg. Tagsatzung der Trennung des Kantons Basel in zwei besondere Gemeinwesen (Halbkantone) unter dem Vorbehalt freiwilliger Wiedervereinigung zugestimmt. Gestützt auf diesen Vorbehalt BGE 96 I 636 S. 638 wurden 100 Jahre später in den beiden Halbkantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft gleichlautende Initiativen auf Wiedervereinigung eingereicht. Entgegen der Auffassung des Regierungsrates von Basel-Landschaft erklärte das Bundesgericht die Initiative mit Urteil vom 21. Juni 1935 ( BGE 61 I 166 ff.) als zulässig, weil sie nicht direkt die Wiedervereinigung vorschlage, sondern lediglich die in der Kantonsverfassung zur Zeit noch fehlende Grundlage schaffen wolle, um einen späteren Entscheid über die Wiedervereinigung herbeizuführen (Erw. 6 und 7). In den hierauf gleichzeitig durchgeführten Volksabstimmungen vom 23. Februar 1936 beschlossen die Stimmberechtigten beider Halbkantone, auf die Initiativbegehren einzutreten. Im Anschluss hieran wurde in beiden Halbkantonen je eine gleichlautende Verfassungsbestimmung ausgearbeitet, in Basel-Stadt durch den Grossen Rat ein § 58 KVBS, in Basel-Landschaft durch einen besonderen Verfassungsrat ein § 57bis KVBL. Diese Verfassungsbestimmungen entsprachen im wesentlichen dem Inhalt des in BGE 61 I 167 /68 wiedergegebenen Textes der Initiativbegehren und sahen vor, dass binnen drei Monaten nach Erteilung der eidgenössischen Gewährleistung ein aus je 75 Mitgliedern der beiden Halbkantone bestehender Verfassungsrat zur Ausarbeitung einer Verfassung für den neuen Kanton Basel zu wählen sei (Ziff. 1) und dass die von diesem Verfassungsrat beschlossene Verfassung erst in Kraft trete, nachdem sie durch die Mehrzahl der Stimmenden beider Kantone in gesonderter, aber gleichzeitiger Abstimmung angenommen worden sei und die eidgenössische Gewährleistung erhalten habe (Ziff. 6). Ferner bestimmten § 57bis KVBL und § 58 KVBS in Ziff. 7: "Wird die beschlossene Verfassung in einem Kanton oder in beiden verworfen, so hat die Regierung in Verbindung mit der Regierung von Basel-Stadt (bzw. Basel-Landschaft) binnen sechs Monaten Neuwahlen für einen zweiten Verfassungsrat anzuordnen, der eine zweite Verfassung auszuarbeiten hat. Für die Wahl und die Arbeit dieses zweiten Verfassungsrates und für die Abstimmung über die zweite Verfassungsvorlage gelten alle einschlägigen Bestimmungen dieses vorliegenden Verfassungsartikels. Wird die zweite Verfassungsvorlage in einem Kanton oder beiden verworfen, so fällt der vorliegende Verfassungsartikel dahin". Die neuen Verfassungsbestimmungen wurden in beiden Halbkantonen in Volksabstimmungen vom 2. Oktober 1938 angenommen, BGE 96 I 636 S. 639 doch verweigerte ihnen die Bundesversammlung die Gewährleistung (AS 1948 S. 219). B.- Im Juni 1957 wurde im Kanton Basel-Landschaft eine Initiative eingereicht mit dem Begehren um Ergänzung der KV durch eine Bestimmung, wonach der Zusammenschluss der zwei Halbkantone so rasch als möglich zu vollziehen sei. Nachdem diese Initiative in der Volksabstimmung vom 1. Juni 1958 angenommen worden war, ersuchten der Landrat von Basel-Landschaft und der Grosse Rat von Basel-Stadt auf dem Wege der Standesinitiative die eidgenössischen Räte um Wiedererwägung ihres Beschlusses von 1948 (BBl 1959 II 1355 ff.). Die Räte entsprachen diesem Begehren und erteilten den am 2. Oktober 1938 angenommenen Verfassungsbestimmungen durch Bundesbeschluss vom 22. Juni 1960 die Gewährleistung (BBl 1960 II 221). Inzwischen hatte ein Verfassungsrat von Basel-Landschaft einen neuen § 57 KVBL ausgearbeitet, der in der Volksabstimmung vom 25. September 1960 angenommen wurde, die Gewährleistung des Bundes erhielt (BBl 1961 I 633) und bestimmt: "Die Behörden smd gehalten, im Rahmen und mit den Mitteln der Rechtsordnung die Wiedervereinigung von Basel-Landschaft und Basel-Stadt zum einen Kanton Basel ohne Verzug herbeizuführen". Am 25. September 1960 wurde ferner ein gemeinsamer Verfassungsrat der beiden Halbkantone bestellt. Dieser arbeitete eine Verfassung des Kantons Basel, Hauptgrundzüge der Gesetzgebung sowie zwei weitere Erlasse aus und beschloss am 28 Juni 1968, diese Vorlagen in den beiden Halbkantonen gleichzeitig zur Abstimmung zu bringen. Eine gegen diesen Vollziehungsbeschluss erhobene staatsrechtliche Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 18. Dezember 1968 ( BGE 94 I 525 ff.) teilweise gut, indem es den Beschluss insoweit aufhob, als er das Inkrafttreten der Verfassung nicht von der Annahme der Hauptgrundzüge abhängig machte. Hierauf fand am 5./7. Dezember 1969 in beiden Halbkantonen die Volksabstimmung über die vier Vorlagen statt. Im Kanton Basel-Stadt wurden sie angenommen, die Verfassung mit 43'786 Ja gegen 22'024 Nein, im Kanton Basel-Landschaft dagegen wurden sie abgelehnt, die Verfassung mit 48'133 Nein gegen 33'222 Ja. C.- Angesichts dieses Abstimmungsergebnisses im Kanton BGE 96 I 636 S. 640 Basel-Landschaft reichten Landrat Boss und 37 Mitunterzeichner dem Landrat am 15. Dezember 1969 eine Motion ein, die der Landrat am 15. Januar 1970 erheblich erklärte und die den Regierungsrat einlud, dem Landrat eine Vorlage zu unterbreiten, wonach die §§ 57 und 57bis KVBL aufzuheben und durch eine Verpflichtung zur regionalen Zusammenarbeit zu ersetzen seien. Ferner reichte ein "Überparteiliches Komitee für die Zusammenarbeit der Kantone" beim Regierungsrat am 26. Februar 1970 ein von über 23'000 Stimmberechtigten unterzeichnetes Initiativbegehren ein mit folgendem Wortlaut: "Nachdem die Wiedervereinigungsverfassung vom Baselbietervolk eindeutig abgelehnt worden ist, sind die Unterzeichneten der Auffassung, die Wahl eines zweiten Verfassungsrates lasse sich nicht verantworten. Hingegen setzen sie sich mit Überzeugung dafür ein, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft weitergeführt und ausgebaut wird. Um dies zu erreichen, sind die §§ 57 und 57bis der Staatsverfassung aufzuheben. Gleichzeitig sind die Behörden durch eine Bestimmung zu verpflichten, die regionalen Probleme in Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen zu lösen. Die unterzeichneten Stimmberechtigten stellen deshalb das Volksbegehren: Die §§ 57 und 57bis der Staatsverfassung seien aufzuheben und durch eine Bestimmung zu ersetzen, wonach die Behörden gehalten sind, in allen Fragen von regionaler Tragweite mit Basel-Stadt und den andern Nachbarkantonen zusammenzuarbeiten". Der Regierungsrat berichtete dem Landrat am 10. März 1970 über die Einreichung dieser Initiative und beantragte ihm, die mit ihr inhaltlich übereinstimmende Motion Boss als erledigt abzuschreiben. Mit Beschluss vom 17. März 1970 erklärte sodann der Regierungsrat die Initiative als zustandegekommen und setzte die Volksabstimmung darüber auf den 24. Mai 1970 fest. Im kantonalen Amtsblatt vom 19. März 1970 erschien eine Bekanntmachung des Regierungsrates, die den Gegenstand und den Zeitpunkt der Abstimmung angab. Am 19. März 1970 beriet der Landrat über den Bericht des Regierungsrates vom 10. März 1970. Dabei wies er einen Antrag, die Initiative an eine landrätliche Kommission zur Vorbereitung der Volksabstimmung zu weisen, ab und beschloss, die Motion Boss als erledigt abzuschreiben. D.- Am 16. April 1970 reichten 63 Stimmberechtigte des Kantons Basel-Landschaft und 10 Stimmberechtigte des Kantons BGE 96 I 636 S. 641 Basel-Stadt beim Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Antrag, der Regierungsratsbeschluss vom 17. März 1970, von dem der Landrat in der Sitzung vom 19. März 1970 in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen habe, sei aufzuheben. Sie stützen die Beschwerde auf Art. 84 lit. a und b sowie Art. 85 lit. a OG und erheben folgende Rügen: a) Durch den Erlass der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS sei eine einheitliche Verfahrensnorm zur Herbeiführung einer Entscheidung über die Wiedervereinigung geschaffen worden, die erst nach Verwerfung einer zweiten Verfassungsvorlage dahinfalle. Diese konkordatsmässige oder konkordatsähnliche Abmachung binde die beiden Kantone, könne nicht einseitig aufgehoben werden und werde daher durch die auf Aufhebung von § 57bis KVBL gerichtete Initiative und damit auch durch die Anordnung der Volksabstimmung über sie verletzt. b) Die Initiative verletze auch die politischen Rechte der Stimmbürger beider Kantone, da diese aufgrund der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS ein Recht auf Wahl eines zweiten Verfassungsrates hätten. Ferner verstosse die Initiative gegen § 57 KVBL. c) Die Initiative verstosse auch gegen den Grundsatz der Einheit der Materie, da die drei damit gestellten Begehren (Aufhebung des § 57 KVBL, Aufhebung des § 57bis KVBL und Erlass eines sog. Partnerschaftsartikels) offensichtlich innerlich verschieden seien, so dass eine einheitliche Abstimmung über sie zu einer Verfälschung des Volkswillens führe. d) Die Initiative dürfte schliesslich auch deshalb unzulässig sein, weil sie keine konkreten Massnahmen, sondern nur Postulate verlange. Die nähere Begründung dieser Rügen ergibt sich, soweit notwendig, aus den nachstehenden Erwägungen. E.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt, auf die Beschwerde der Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt nicht einzutreten und diejenige der Stimmberechtigten des Kantons Basel-Landschaft abzuweisen. Er spricht den Stimmberechtigten des Kantons Basel-Stadt die Legitimation zur Beschwerde ab und führt zur Sache aus: Ob der gleichzeitige Erlass der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS als Abschluss eines Konkordates zu betrachten sei, sei nicht von entscheidender Bedeutung, da das Konkordat jederzeit ohne Kündigungsfrist kündbar wäre. In der Abstimmung über die weder formell BGE 96 I 636 S. 642 noch materiell zu beanstandende Initiative könne keine Verletzung politischer Rechte liegen. Ebensowenig verstosse die Initiative gegen den Grundsatz der Einheit der Materie. Das "Überparteiliche Komitee für die Zusammenarbeit der Kantone" beantragt, es sei auf die Beschwerde, soweit sie sich auf Art. 85 lit. a OG stütze, mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht einzutreten; im übrigen sei sie abzuweisen. F.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, dem Gelegenheit gegeben wurde, sich zur Rüge der Verletzung einer konkordatsmässigen oder -ähnlichen Abmachung zu äussern, beantragt Gutheissung der Beschwerde und führt aus: Durch die gemeinsam von den beiden Kantonen erlassenen Bestimmungen über die Wiedervereinigung sei eine staatsvertragliche Bindung entstanden, welche ein genau vorgezeichnetes Verfahren festlege und für welche der völkerrechtliche Grundsatz "pacta sunt servanda" gelte. Das in diesen Bestimmungen vorgeschriebene Verfahren müsse daher zu Ende geführt werden und könne nicht einseitig nach Abschluss der ersten, aber vor Beginn der zweiten Phase abgebrochen werden. Für eine vorzeitige Kündigung des in seinen Wirkungen zeitlich begrenzten Verhältnisses bleibe kein Raum, da der Aufhebungsgrund im Begründungsakt selber vorgesehen sei. G.- Der Instruktionsrichter hat den Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft ersucht, sich zu der vom "Überparteilichen Komitee" aufgeworfenen Frage der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges zu äussern. Der Regierungsrat ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht sei zur Beurteilung der Stimmrechtsbeschwerde nicht zuständig. Der Präsident des Verwaltungsgerichts erklärt, dieses sei zu gutachtlichen Äusserungen weder berechtigt noch verpflichtet und überlasse daher die Beantwortung jener Vorfrage dem Bundesgericht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: I. Eintretensfragen 1. Die Beschwerdeführer machen in erster Linie Verletzung eines Konkordates ( Art. 84 lit. b OG ) geltend. Dafür ist die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht erforderlich ( Art. 86 Abs. 3 OG ). Dagegen ist sie vorgeschrieben für die BGE 96 I 636 S. 643 weiter erhobenen Rügen, der angefochtene Entscheid verletze das Stimmrecht der Beschwerdeführer, verstosse gegen Bestimmungen der KVBL und missachte allgemeine, für Initiativen geltende Grundsätze ( Art. 86 Abs. 1 und 2 OG ). Es ist daher zu prüfen, ob der mit der staatsrechtlichen Beschwerde angefochtene Entscheid des Regierungsrates an eine andere kantonale Instanz hätte weitergezogen werden können. Nach § 6 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 22. Juni 1959 (VRG) ist das Verwaltungsgericht zuständig zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide des Regierungsrates, die ihm durch dieses oder andere Gesetze nicht ausdrücklich entzogen sind. Der Beschluss, mit dem der Regierungsrat in der Annahme, ein Volksbegehren sei inhaltlich nicht rechtswidrig, die Volksabstimmung über dieses anordnet, kann als Entscheid im Sinne des § 6 VRG gelten. Da eine Gesetzesvorschrift, welche die verwaltungsgerichtliche Beschwerde gegen einen solchen Entscheid ausschliessen würde, von keiner Seite genannt wird und auch nicht ersichtlich ist, scheint diese Beschwerde zulässig zu sein, wie das "Überparteiliche Komitee" in seiner Beschwerdeantwort behauptet. Hiegegen bestehen indessen Bedenken. Der Entscheid darüber, ob eine Initiative auf Revision der Verfassung materiell rechtmässig sei, steht in der Schweiz im allgemeinen dem kantonalen Parlament zu (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 425/6). Im Kanton Basel-Landschaft scheint diese Zuständigkeit allerdings nicht festzustehen. Als 1934 die Wiedervereinigungsinitiative eingereicht wurde, hat nicht der Landrat, sondern der Regierungsrat die Anordnung der Volksabstimmung abgelehnt und das Bundesgericht in BGE 61 I 173 bemerkt, dass er hiezu "unbestrittenermassen befugt" sei. Nach Einreichung der Initiative auf Erlass eines neuen § 57 KVBL holte jedoch der Regierungsrat bei Prof. H. Huber ein Gutachten auch über die Frage der Zuständigkeit zum Entscheid über die Zulässigkeit der Initiative ein. Der Gutachter kam nach eingehender Prüfung zum Schluss, dass der Entscheid dem Landrat zustehe; der Regierungsrat dürfe allenfalls über ein offenbar gültiges Volksbegehren unmittelbar die Volksabstimmung anordnen, habe aber, wenn er irgendwelche Zweifel an der Gültigkeit habe, dem Landrat Antrag zu stellen und ihm den Entscheid zu überlassen. Schliesslich ergibt sich aus dem Protokoll des Landrates vom 19. März 1970 BGE 96 I 636 S. 644 über die Behandlung der Motion Boss, dass verschiedene Auffassungen bestanden über die Frage, ob und wann eine Verfassungsinitiative zunächst dem Landrat vorzulegen sei. Angesichts dieser noch immer bestehenden Unsicherheit kann nicht wohl angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des Verwaltungsgerichts im Jahre 1959 diesem eine Kompetenz einräumen vollte, von der streitig ist, ob sie dem Landrat oder dem Regierungsrat zukommt. Berücksichtigt man weiter, dass es in der Schweiz durchaus ungewöhnlich wäre, wenn ein kantonales Verwaltungsgericht über die Rechtmässigkeit einer Verfassungsinitiative zu befinden hätte, so ist es zumindest zweifelhaft, ob im vorliegenden Falle die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig war. Bestehen aber ernstliche Zweifel an der Zulässigkeit eines kantonalen Rechtsmittels, so ist dessen Ergreifung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht erforderlich ( BGE 34 I 433 , BGE 37 I 387 /88, BGE 51 I 11 , nicht veröffentlichte Erwägung 3 des Urteils vom 17. September 1969 i.S. Pedrazzi). Dass die Beschwerde an den Landrat zulässig gewesen wäre, wird von keiner Seite behauptet. Von einer solchen Beschwerde hätten die Beschwerdeführer übrigens auch deshalb keinen Gebrauch machen müssen, weil sie sich als zwecklos und als leere Formalität erwiesen hätte (vgl. BGE 93 I 21 Erw. 2 b und dort angeführte frühere Urteile), hat der Landrat doch dadurch, dass er zunächst die Motion Boss erheblich erklärt und dann diese Motion im Hinblick auf das mit ihr inhaltlich übereinstimmende Volksbegehren als erledigt abgeschrieben hat, klar zum Ausdruck gebracht, dass er die Initiative als zulässig betrachte. 2. Die staatsrechtliche Beschwerde wird sowohl von Stimmberechtigten des Kantons Basel-Landschaft als auch von solchen des Kantons Basel-Stadt erhoben. Es ist zu prüfen, ob beide Gruppen von Beschwerdeführern und gegebenenfalls inbezug auf welche Rügen sie zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert sind. a) Die basel-städtischen Beschwerdeführer sind im Kanton Basel-Landschaft nicht stimmberechtigt und daher nicht legitimiert, den Entscheid des Regierungsrates von Basel-Landschaft wegen Verletzung des politischen Stimmrechts oder der in diesem Kanton für Initiativen geltenden allgemeinen Grundsätze anzufechten. Sie betrachten sich denn auch in erster Linie zur Rüge legitimiert, der angefochtene Entscheid verletze ein BGE 96 I 636 S. 645 zwischen den beiden Kantonen abgeschlossenes Konkordat. Der Regierungsrat bestreitet ihre Legitimation auch in diesem Punkte mit der Begründung, die Konkordatsverletzung "könnte nur von den zuständigen Behörden des Kantons Basel-Stadt im Rahmen des in Art. 7 BV vorgezeichneten Verfahrens geltend gemacht werden". Sofern er damit sagen will, dass Konkordatsverletzungen nur von den Konkordatskantonen mit staatsrechtlicher Klage gemäss Art. 83 lit. b OG geltend gemacht werden können, so übersieht er, dass solche Verletzungen nach Art. 84 lit. b OG auch von Privaten mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden können. Will er dagegen einwenden, dass das angebliche Konkordat nur Rechte und Pflichten der Kantone, nicht aber der Kantonsangehörigen begründe, so wäre dieser Einwand gegen die Legitimation unbegründet. Das Bundesgericht hat freilich in einzelnen Urteilen die Legitimation des Beschwerdeführer mit dieser Begründung verneint ( BGE 41 I 321 E. 3 und das in ZBl 67/1966 abgedruckte Urteil vom 22. Desember 1965 E. 3). In BGE 81 I 358 E. 3 erklärte es dagegen, die Frage der Legitimation erledige sich hier dadurch, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsverletzung behaupte und damit Rechte aus dem Konkordat herleite; ob dies zu Recht oder zu Unrecht geschehe, betreffe die sachliche Begründetheit der Beschwerde, nicht die prozessrechtliche Frage nach der Legitimation. Das muss auch im vorliegenden Falle gelten. Die Aufhebung des § 57bis KVBL, auf welche die streitige Initiative gerichtet ist, hätte zur Folge, dass § 58 KVBS und damit das sich daraus ergebende Recht der basel-städtischen Stimmbürger, einen zweiten Verfassungsrat zu wählen, hinfällig würden. Diese erscheinen daher als legitimiert zur Rüge, dass die Initiative und die Anordnung der Volksabstimmung über sie ein durch den Erlass der §§ 57bis KVBL und 58 KVBS abgeschlossenes Konkordat verletzten. b) Die basel-landschaftlichen Beschwerdeführer sind offensichtlich legitimiert zur Rüge, der angefochtene Entscheid verletze kantonales Verfassungsrecht sowie ihr politisches Stimmrecht. Fraglich ist dagegen, ob sie auch zur Rüge der Konkordatsverletzung legitimiert sind. Nach einer älteren Rechtsprechung des Bundesgerichts (l, 312; 2, 232; 3, 80; 6, 224; 7, 54) kann die Rüge der Konkordatsverletzung nur erhoben werden, wo das Konkordat als interkantonaler Vertrag, und nicht, wo es, wie es gegenüber den Kantonsangehörigen der Fall ist, als BGE 96 I 636 S. 646 internes kantonales Recht zur Anwendung kommt (FLEINERGIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 901 bei Anm. 12; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse Nr. 893; MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde S. 33). Ob an dieser Rechtsprechung, die von BURCKHARDT kritisiert wurde (ZBJV 65/1929 S. 388), festzuhalten sei, erscheint fraglich, und erst recht bestehen hiegegen Bedenken in einem Falle wie dem vorliegenden, werden doch die basel-landschaftlichen Stimmberechtigten durch die behauptete Konkordatsverletzung ebensosehr, ja eher stärker betroffen als die basel-städtischen Stimmbürger. Die Frage der Legitimation der Kantonsangehörigen zur Rüge der Konkordatsverletzung kann indes, wie in BGE 54 I 147 E. 2 a, offen bleiben, da nach dem Gesagten jedenfalls die basel-städtischen Stimmberechtigten legitimiert sind, die Konkordatsverletzung geltend zu machen. II. Materielle Beurteilung 3. Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Behörde, die nach dem kantonalen Recht berufen ist, die Volksabstimmung über Verfassungs- oder Gesetzesinitiativen anzuordnen, auch ohne besondere gesetzliche Grundlage befugt, neben dem Vorliegen der formellen Voraussetzungen für das Zustandekommen der Initiative auch deren materielle Rechtmässigkeit zu prüfen und die Vorlegung an das Volk zu verweigern, wenn sich die Initiative als inhaltlich rechtswidrig erweist ( BGE 61 I 335 E. 2, BGE 63 I 172 , BGE 80 I 161 E. 3, BGE 88 I 251 E. 1/2, BGE 89 I 374 E. 2; vgl. BGE 92 I 359 , BGE 94 I 125 /26). Ob die Behörde hiezu auch verpflichtet sei (wie GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 426 annimmt) und ob der Stimmbürger einen Anspruch darauf habe, dass rechtswidrige Initiativen dem Volke nicht unterbreitet werden, hatte das Bundesgericht, soweit ersichtlich, bisher noch nicht zu entscheiden. Eine Prüfung dieser Frage erübrigt sich, da in den Beschwerdeantworten nicht bestritten wird, dass die vorliegende Initiative dem Volke nicht vorgelegt werden darf, wenn sie sich als materiell rechtswidrig erweisen sollte. 4. Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, die Initiative verstosse gegen eine konkordatsmässige oder konkordatsähnliche Vereinbarung zwischen den beiden Kantonen, die durch die gleichzeitige Aufnahme inhaltlich übereinstimmender Bestimmungen (§§ 57bis KVBL und 58 KVBS) in ihre Verfassungen abgeschlossen worden sei. Diese interkantonale BGE 96 I 636 S. 647 Vereinbarung verpflichte die Kantone, das in jenen Bestimmungen vorgesehene Wiedervereinigungsverfahren bis zum (positiven oder negativen) Ende durchzuführen und könne nicht von einem von ihnen einseitig durch Aufhebung der in seiner Verfassung enthaltenen Bestimmung aufgelöst werden. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob eine solche die Kantone gegenseitig berechtigende und verpflichtende Vereinbarung, d.h. ein Konkordat, zwischen ihnen abgeschlossen worden ist. Sollte dies der Fall sein, so würde sich weiter fragen, ob dieses Konkordat mit dem Bundesrecht, insbesondere mit Art. 6 Abs. 2 lit. c und Art. 7 BV vereinbar sowie, ob und unter welchen Voraussetzungen es kündbar oder sonst vorzeitig auflösbar ist. a) Die §§ 57bis KVBL und 58 KVBS stellen an sich internes kantonales Recht dar. Als solches sind sie, solange sie nicht aufgehoben werden, für die Behörden und Angehörigen beider Kantone verbindlich. Ferner war, wie in BGE 94 I 534 festgestellt wurde, der gestützt auf sie gewählte gemeinsame Verfassungsrat an diese Bestimmungen und den ihm darin erteilten Auftrag gebunden. Im vorliegenden Falle geht es nicht mehr um die Verbindlichkeit der Bestimmungen für solange, als sie Bestandteil der Verfassungen bilden, sondern darum, ob es der Gesamtheit der Stimmberechtigten, die § 57bis KVBL erlassen hat, gestattet ist, ihn vor dem in Ziff. 7 vorgesehenen Ende der Geltung aufzuheben. Dies wäre ihr offenbar nur dann verwehrt, wenn der Kanton Basel-Landschaft, wie die Beschwerde geltend macht, durch ein Konkordat mit dem Kanton Basel-Stadt auf eine solche vorzeitige Aufhebung verzichtet hätte. Die Beschwerdeführer und der Regierungsrat von Basel-Stadt erblicken den Abschluss eines solchen Konkordates im Parallelakt der beiden Kantone, nämlich darin, dass in beide Kantonsverfassungen gleichzeitig inhaltlich übereinstimmende Bestimmungen über das Wiedervereinigungsverfahren aufgenommen wurden. b) Der Annahme, in diesem Parallelakt liege der Abschluss eines Konkordates, würde jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der Form und Zuständigkeit nichts entgegenstehen. Das Bundesrecht schreibt über die Form interkantonaler Verträge nichts vor. Die Schriftform ist freilich üblich und wird in Art. 7 Abs. 2 BV , wonach die Kantone solche Verträge der Bundesbehörde "vorzulegen" haben, vorausgesetzt; sie ist aber nicht Gültigkeitserfordernis. Hier wäre sie übrigens gegeben, da der Abschluss des Konkordates nach Auffassung der Beschwerdeführer BGE 96 I 636 S. 648 im gleichzeitigen Erlass von Verfassungsbestimmungen in den beiden Kantonen liegt. Sodann sind diese Bestimmungen in einer Volksabstimmung, also vom Volk als dem obersten, zum Abschluss interkantonaler Verträge zuständigen Staatsorgan angenommen worden (§§ 11 KVBL und 29 KVBS). c) Auf die interkantonalen Verträge sind, soweit nicht nach Bundesrecht, Gewohnheitsrecht oder Vereinbarung etwas anderes gilt, die Grundsätze des Völkerrechts anwendbar (vgl. BGE 26 I 450 , BGE 54 I 202 /3; FLEINER-GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 162; SCHAUMANN, Verträge zwischen Gliedstaaten im Bundesstaat, in "Veröffentlichungen der Vereinigung deutscher Staatsrechtslehrer", Heft 19/1961 S. 120 ff. und dazu das Votum von HANS HUBER S. 144/45). Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Auslegung interkantonaler Verträge ( BGE 90 I 47 /8), sondern auch, wenn durch Auslegung von Willensäusserungen der massgebenden Staatsorgane zu ermitteln ist, ob ein Konkordat abgeschlossen worden, zustandegekommen ist. Nach der Völkerrechtslehre wie auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat sich die Auslegung bei Staatsverträgen möglichst an den Wortlaut zu halten und kommt eine über diesen hinausgehende, ausdehnende Auslegung einer Bestimmung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte derselben mit Sicherheit aufeine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist (GUGGENHEIM, Lehrbuch des Völkerrechts S. 124 ff.; derselbe, Traité de droit international public 2. Aufl. 1967 S. 250 ff.; VERDROSS, Völkerrecht, 5. Aufl. 1964 S. 172/74; BERNHARDT, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge 1963 S. 58 ff.; BGE 44 I 78 , BGE 77 I 48 , BGE 90 I 47 /48, BGE 94 I 673 E. 4). Allgemein gilt für die Auslegung die Vertrauenstheorie ( BGE 94 I 673 E. 4). Nach der in der Völkerrechtslehre vorherrschenden Auffassung ist der Abschluss völkerrechtlicher Verträge an keine besondere Form gebunden; sie können auch mündlich, ja sogar stillschweigend, durch konkludente Handlungen zustandekommen (ANZILOTTI, Lehrbuch des Völkerrechts 3. Aufl. S. 260 und 280; VERDROSS a.a.O. S. 158; GUGGENHEIM, Lehrbuch S. 60 und Traité S. 138; BERBER, Lehrbuch des Völkerrechts Bd. 1 S. 412/3; FAVRE, Cours de droit des gens S. 304/5). Nähere Ausführungen über den Vertragsschluss durch konkludente Handlungen sind freilich, offenbar weil er in der Praxis äusserst BGE 96 I 636 S. 649 selten vorkommt, ausser bei ANZILOTTI a.a.O. S. 53 ff. nicht zu finden. Immerhin kann nicht zweifelhaft sein, dass der Vertragsschluss durch konkludente Handlungen wie namentlich durch innerstaatliche Akte voraussetzt, dass aus diesen der Wille, sich gegenüber einem andern Staate rechtlich zu binden, klar hervorgeht (in diesem Sinne ANZILOTTI a.a.O. S. 54/5 und BERBER a.a.O. S. 413). Das trifft gelegentlich zu, wenn es in zwei Staaten aufgrund vorheriger Verhandlungen zu parallelen, inhaltlich übereinstimmenden Akten kommt. Als Beispiele hiefür werden die von der Schweiz und Deutschland erteilten Konzessionen für das Kraftwerk Rheinau erwähnt (GUGGENHEIM, Traité S. 139). Ferner ist die Realunion, die von 1918 bis 1940 zwischen Dänemark und Island bestand, nicht durch einen formellen Staatsvertrag zustandegekommen, sondern durch zwei in beiden Staaten erlassene parallele Gesetze, die, wie ANZILOTTI a.a.O. S. 145 ausführt, in Wirklichkeit die Wirkung und gleichzeitig der Ausdruck des zwischen den beiden Ländern getroffenen Abkommens sind. d) Die gleichzeitige Aufnahme der inhaltlich übereinstimmenden Bestimmungen über das Wiedervereinigungsverfahren in die KVBL und KVBS stellt ebenfalls einen Parallelakt dar. Als ein Konkordat mit dem von den Beschwerdeführern behaupteten Inhalt könnte dieser Parallelakt indessen nach dem soeben Gesagten nur gelten, wenn der Wille, sich damit gegenüber dem andern Kanton rechtlich zu binden, aus dem Wortlaut der Bestimmungen hervorginge oder wenn mit hinreichender Sicherheit anzunehmen wäre, dass ein dahingehender Wille bei den Stimmberechtigten, die die Bestimmungen in der Volksabstimmung angenommen haben, bestand. Eine unzweideutige Willensäusserung erscheint auch deshalb erforderlich, weil der Verzicht, eine Bestimmung der KV während einer bestimmten Zeit zu revidieren, eine Ausnahme von dem in Art. 6 Abs. 2 lit. c BV enthaltenen Grundsatz jederzeitiger Revidierbarkeit der Kantonsverfassung bedeuten würde. aa) Die Annahme einer rechtlichen Bindung zwischen den beiden Kantonen kann nicht schon deshalb von vorneherein verneint werden, weil sie für die Herbeiführung der Wiedervereinigung nicht den ebenfalls in Betracht fallenden Weg des formellen Vertrags gewählt, d.h. das Wiedervereinigungsverfahren nicht in einem Konkordat geregelt haben, sondern in inhaltlich übereinstimmenden Bestimmungen der beiden Kantonsverfassungen. BGE 96 I 636 S. 650 Denn das ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Wiedervereinigungsbestrebungen nicht von den kantonalen Behörden, sondern von den Stimmberechtigten ausgingen und diesen nur der Weg der Verfassungsinitiative offen stand; eine auf Abschluss eines Staatsvertrages gerichtete Initiative ist dem schweizerischen Staatsrecht unbekannt ( BGE 73 I 109 ; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 485). bb) Der Wortlaut der parallelen Verfassungsbestimmungen der beiden Kantone enthält nichts, was auf eine gegenseitige Verpflichtung der Kantone, eine rechtliche Bindung im Sinne eines Verzichts auf die Revision oder Aufhebung dieser Bestimmungen schliessen liesse. Wohl heisst es in jeder, dass der Verfassungsrat "in Verbindung" mit dem andern Kanton gewählt werde (Ziff. 1), dass er aufgrund einer "Verständigung" beider Kantonsregierungen einzuberufen sei (Ziff. 3) und dass jede Regierung "im Einvernehmen" mit der andern die Arbeit des Verfassungsrates zu fördern habe (Ziff. 4). Diese Vorschriften ergeben sich aus der Natur des für die Herbeiführung der Wiedervereinigung gewählten Verfahrens der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes durch einen gemeinsamen Verfassungsrat. Insofern ist die Bestimmung jeder KV von derjenigen der andern abhängig. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Bestimmungen internes kantonales Recht enthalten und lediglich die Behörden und Angehörigen des betreffenden Kantons und den gemeinsamen Verfassungsrat verpflichten. Von einer Verpflichtung des einen Kantons gegenüber dem andern ist nirgends auch nur andeutungsweise die Rede, geschweige denn klar und deutlich. Insbesondere kann Ziff. 7, wonach die Verfassungsbestimmungen nach Verwerfung des zweiten Verfassungsentwurfes dahinfallen, nicht dahin verstanden werden, dass damit eine vorherige Revision oder Aufhebung derselben ausgeschlossen werden sollte. cc) Ebensowenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass bei den Stimmberechtigten, welche die parallelen Verfassungsbestimmungen angenommen haben, ein dahingehender Wille bestanden hätte. Dass vor der Abstimmung oder nachher, bis zur Erteilung der Gewährleistung des Bundes, je die Auffassung vertreten worden wäre, die §§ 57bis KVBL und 58 KVBS könnten nach ihrer Annahme durch das Volk oder nach ihrem Inkrafttreten bis zu ihrem in Ziff. 7 vorgesehenen Dahinfallen nicht mehr aufgehoben werden, wird von den Beschwerdeführern BGE 96 I 636 S. 651 nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Soweit Äusserungen hierüber vorliegen, lauten sie - offenbar im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 lit. c BV - ausnahmslos dahin, dass diese Bestimmungen jederzeit revidierbar seien. So haben die Beschwerdeführer, die 1934 das Bundesgericht angerufen haben, ausdrücklich erklärt, dass durch Annahme des § 57bis KVBL keine dauernde, unwiderrufliche Bindung des Volkes von Baselland gegenüber Baselstadt geschaffen werde, sondern eine solche erst mit der Annahme der Verfassung für den geeinten Kanton eintrete. Dementsprechend hat das Bundesgericht in BGE 61 I 178 festgehalten, der vorgeschlagene Verfassungsartikel könne, "wie jede andere Verfassungsbestimmung, jederzeit aufgehoben oder revidiert werden, solange die KV überhaupt besteht". Auch im Gewährleistungsverfahren vor den eidgenössischen Räten wurde es als selbstverständlich erachtet, dass die §§ 57bis KVBL und 58 KVBS dem Erfordernis des Art. 6 Abs. 2 lit. c BV genügen und jederzeit revidierbar seien (Votum Schoch, Sten-Bull StR 1947 S. 418, Votum Huber, StenBull NR 1948 S. 24, Voten Chamorel und Stadlin, StenBull NR 1960 S. 340 und 344). Schliesslich hat auch Prof. MAX HUBER, der - offenbar als erster - die Auffassung vertreten hatte, ein Parallelakt wie die Abstimmung über die Initiativen sei "wenn auch nicht der Form, so doch der Substanz nach" ein interkantonaler Vertrag, die beiden transitorischen Verfassungsartikel der KVBL und KVBS als "jederzeit noch revidierbar" bezeichnet (Rechtsakten zur Basler Wiedervereinigung S. 11 und 156; vgl. auch S. 27/8). Liegen demnach zahlreiche Äusserungen vor, welche die Revidierbarkeit bejahen, während gegenteilige Stimmen völlig fehlen, so erscheint es als ausgeschlossen, dass die Stimmberechtigten im Jahre 1938 der Auffassung waren, sie hätten nicht nur über internes kantonales Recht, sondern über einen interkantonalen Vertrag, d.h. ein Konkordat abzustimmen und verzichteten durch Annahme der Verfassungsbestimmungen in Abweichung von Art. 6 Abs. 2 lit. c BV auf die Möglichkeit, sie jederzeit zu revidieren oder aufzuheben. Jedenfalls aber kann nicht von einer dahingehenden unzweideutigen Willensäusserung der Gesamtheit der Stimmberechtigten gesprochen werden, wie sie nach dem Gesagten erforderlich wäre für die Annahme eines Konkordats mit dem von den Beschwerdeführern behaupteten Inhalt. 5. Ist eine konkordatsmässige oder -ähnliche Abmachung, BGE 96 I 636 S. 652 die durch die mit der vorliegenden Initiative angestrebte Aufhebung des § 57bis KVBL verletzt würde, nicht dargetan, so braucht nicht geprüft zu werden, ob eine solche Abmachung mit Art. 6 Abs. 2 lit. c und Art. 7 BV vereinbar und unter welchen Voraussetzungen sie kündbar wäre. Bemerkt sei lediglich, dass Art. 6 Abs. 2 lit. c BV wohl nur die Aufstellung sogenannter autonomer Schranken der Revision kantonaler Verfassungen verbietet, nicht dagegen eine vertragliche Bindung wie die von den Beschwerdeführern behauptete, zumal wenn diese Bindung nur für die Dauer eines bestimmten Verfahrens gilt und mit dessen Abschluss dahinfällt. 6. Ist es dem Kanton Basel-Landschaft nicht aufgrund eines Konkordates verwehrt, § 57bis KVBL aufzuheben, so verstösst die Initiative offensichtlich weder gegen diese Bestimmung noch gegen § 57 KVBL. Ebensowenig verletzt sie deshalb das Stimmrecht der basellandschaftlichen Beschwerdeführer, weil im Falle der Annahme der Inititative ihr Recht auf Wahl eines zweiten Verfassungsrates dahinfällt. Das politische Stimmrecht schützt nicht vor einer Änderung seiner Umschreibung und Ausgestaltung in der Kantonsverfassung, sofern damit nicht Bundesrecht verletzt wird. Eine solche Verletzung wird aber in der Beschwerde mit Recht nicht gerügt. 7. Die Beschwerdeführer bezeichnen die Initiative weiter deshalb als unzulässig, weil sie drei innerlich verschiedene Begehren vereinige und damit den (für Initiativen auf Partialrevision geltenden) Grundsatz der Einheit der Materie verletze. Während dieser Grundsatz im Bund ( Art. 121 Abs. 3 BV ) und in einzelnen Kantonen in der Verfassung oder in Gesetzen verankert ist, fehlt im Kanton Basel-Landschaft eine ausdrückliche Vorschrift. Der Grundsatz gilt jedoch, wie der Regierungsrat mit Recht nicht bestreitet, auch in diesem Kanton. Er folgt, wie das Bundesgericht im nicht veröffentlichten Urteil vom 9. Oktober 1957 i.S. Heimann c. Kantonsrat von Obwalden (Erw. 5) ausgeführt hat, aus der Natur der Sache und dem Wesen der Partialrevision. Er gewährleistet namentlich dem Stimmberechtigten die unverfälschte Kundgabe seines Willens bei der Unterzeichnung einer Initiative und bei der Abstimmung darüber. Hat nämlich die Initiative zwei Materien zum Gegenstand, so kann der Stimmberechtigte, der inbezug auf die eine die vorgeschlagene Änderung wünscht, inbezug auf die andere dagegen nicht, diesen Willen nicht zum Ausdruck bringen, BGE 96 I 636 S. 653 sondern hat nur die Möglichkeit, beide Änderungen zu befürworten oder beide abzulehnen (vgl. hiezu BGE 81 I 197 E. 5 und BGE 90 I 73 E. 2 b; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone S. 423/4). Immerhin dürfen an die Einheit der Materie, zumal wo der Grundsatz wie im Kanton Basel-Landschaft nicht ausdrücklich aufgestellt ist und überdies die Verfassungsinitiative nur die Bedeutung einer allgemeinen Anregung hat (vgl. BGE 61 I 177 E. 8), keine überspannten Anforderungen gestellt werden, durch welche die Ausübung des Initiativrechts übermässig erschwert wird. Es genügt, wenn zwischen den verschiedenen Vorschlägen im Falle von Neuerungen vor allem im Hinblick auf ihren Zweck, bei Änderungen auch im Hinblick auf die bisherige Regelung ein Zusammenhang besteht, der die Zusammenfassung in einer Initiative und zu einer Abstimmungsfrage als sachlich gerechtfertigt erscheinen lässt (zit. Urteil i.S. Heimann). Die vorliegende Initiative enthält, wie die Beschwerde zutreffend feststellt, drei Begehren; sie verlangt Aufhebung sowohl des § 57 als auch des § 57bis KVBL und Ersetzung dieser §§ durch eine Bestimmung, wonach die Behörden gehalten sind, in allen Fragen von regionaler Tragweite mit dem Kanton Basel-Stadt und den andern Nachbarkantonen zusammenzuarbeiten. Zwischen diesen drei Begehren besteht indes schon deshalb ein hinreichender sachlicher Zusammenhang, weil nach dem Wunsch der Initianten die zu erlassende Bestimmung die beiden aufzuhebenden ersetzen soll, d.h. weil an Stelle der bisherigen Ordnung (unverzügliche Herbeiführung der Wiedervereinigung von Basel-Stadt und -Landschaft, und zwar in einem bestimmten Verfahren) eine neue Ordnung (Zusammenarbeit mit dem Kanton Basel-Stadt und den andern Nachbarkantonen in gewissen Fragen) treten soll und diese neue Ordnung die Aufhebung der bisherigen voraussetzt. Richtig ist freilich, dass diejenigen Stimmbürger, die entweder sowohl die Wiedervereinigung als auch die vorgeschlagene Zusammenarbeit ablehnen oder welche die unverzügliche Herbeiführung der Wiedervereinigung (§ 57), aber nicht auf dem bisher vorgesehenen Weg (§ 57bis) wünschen, diesen Willen weder durch Annahme noch durch Ablehnung der Initiative zum Ausdruck bringen können. Damit wird jedoch der Grundsatz der Einheit der Materie nicht verletzt. Aus diesem Grundsatz lässt sich nicht ableiten, dass bei der Abstimmung über eine durch Initiative BGE 96 I 636 S. 654 vorgeschlagene Verfassungsänderung den Stimmberechtigten Gelegenheit zu geben sei, neben der vorgeschlagenen Verfassungsänderung auch die bisher geltende Ordnung ganz oder teilweise zu verwerfen. 8. Die Beschwerdeführer behaupten schliesslich, die Initiative "dürfte" auch deshalb unzulässig sein, weil sie "keine konkreten Massnahmen, nur Postulate verlangt"; sie enthalte keinen "eindeutigen Auftrag" an den Landrat, sondern höchstens eine "allgemeine Richtlinie". Die Rüge ist unbegründet. Der Wortlaut der in der Form der allgemeinen Anregung eingereichten Initiative bringt mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, was die Initianten wollen. Wird sie vom Volke angenommen, so wird es Aufgabe des Landrates (oder Verfassungsrates) sein, eine diesem Willen entsprechende Verfassungsbestimmung auszuarbeiten, die wiederum der Volksabstimmung unterliegt. Dass das, was die Beschwerdeführer als Inhalt der neuen Verfassungsbestimmung anstreben, ein Postulat an die Behörden, nicht ein Rechtssatz ist, lässt die Initiative nicht als unzulässig erscheinen, enthalten doch alle Kantonsverfassungen von jeher sogenannte "Programmsätze" mehr oder weniger bestimmten Inhalts (vgl. die Übersicht bei GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone § 4 Ziff. 7 S. 53 ff.). Einen ebenso programmatischen Inhalt wie die Initiative weist übrigens der im Jahre 1960 erlassene § 57 KVBL auf, dem die Bundesversammlung ohne Bedenken die Gewährleistung erteilt hat. Die Berufung der Beschwerdeführer auf das Urteil des Bundesgerichts vom 13. September 1950 über die basel-städtische "Sparinitiative" (auszugsweise abgedruckt in ZBl 51/1951 S. 22 ff.) geht fehl. Dort handelte es sich um eine als allgemeine Anregung formulierte Gesetzesinitiative, die konkrete Massnahmen zur Verminderung der Staatsausgaben verlangte, den Inhalt dieser Massnahmen jedoch nicht deutlich genug umschrieb. Hier dagegen wird vom Landrat die Ausarbeitung eines Programmartikels der KV verlangt, über dessen Inhalt nach der Initiative kein Zweifel bestehen kann. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bc7db5f9-4bd9-47e2-8577-73e55270c161
Urteilskopf 111 Ia 201 37. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Oktober 1985 i.S. Heinz Wyss u. Mitbeteiligte gegen Grosser Rat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 6 Ziff. 4 und Art. 26 Ziff. 12 bern. StV; Art. 85 lit. a OG ; Finanzreferendum, öffentliche Bauten. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Stimmrechtsbeschwerden (E. 2, 4). Referendumsvorlagen für öffentliche Bauten müssen die Gesamtkosten (inkl. Landerwerb) umfassen (E. 3-7).
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 111 Ia 201 S. 202 Mit Antrag vom 8. August 1984 unterbreitete der Regierungsrat des Kantons Bern dem Grossen Rat ein Kreditbegehren für einen Neubau der Französischsprachigen Schule in Bern. Die Gesamtkosten der Schulanlage wurden auf Fr. 16'540'000.-- beziffert, wovon ein in Aussicht gestellter Bundesbeitrag von Fr. 6'640'000.-- in Abzug gebracht wurde; das Kreditbegehren belief sich demnach auf Fr. 9'900'000.--. Der Grosse Rat bewilligte diesen Kredit an seiner Sitzung vom 14. November 1984 und unterstellte seinen Beschluss dem fakultativen Finanzreferendum. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen Heinz Wyss und Mitbeteiligte, es sei dieser Beschluss, der dem fakultativen Referendum untersteht, aufzuheben. Sie rügen eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 4 der Staatsverfassung des Kantons Bern (StV) sowie sinngemäss eine solche des durch Art. 85 lit. a OG gewährleisteten politischen Stimmrechts. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Mit der Stimmrechtsbeschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG kann gerügt werden, ein kantonaler Erlass oder Kreditbewilligungsbeschluss sei zu Unrecht der Volksabstimmung entzogen worden ( BGE 105 Ia 373 E. 3a, 387 E. 1a mit Hinweisen). Bei Beschwerden dieser Art prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an, sofern es sich dabei um das Parlament oder das Volk handelt ( BGE 109 Ia 47 E. 3b mit Hinweisen). BGE 111 Ia 201 S. 203 3. a) Im vorliegenden Fall steht einzig die Auslegung zweier Bestimmungen der Staatsverfassung des Kantons Bern zur Diskussion, nämlich diejenige von Art. 6 Ziff. 4 und von Art. 26 Ziff. 12. Diese lauten wie folgt: "Art. 6 Der Volksabstimmung unterliegen: ... 4. Diejenigen Beschlüsse des Grossen Rates, welche für den gleichen Gegenstand eine neue, nicht gebundene Gesamtausgabe von mehr als 10 Millionen Franken zur Folge haben; jährlich wiederkehrende Ausgaben, die einer fortgesetzten Aufgabe oder einer ständigen Einrichtung dienen, werden nicht zusammengerechnet." "Art. 26 Dem Grossen Rat, als der höchsten Staatsbehörde, sind folgende Verrichtungen übertragen: ... 12. Die endgültige Bestätigung aller Verträge, durch welche der Staat Grundeigentum für einen 200'000 Franken übersteigenden Preis erwirbt oder veräussert." Der Regierungsrat hält dafür, Art. 26 Ziff. 12 StV gehe als Ausnahmevorschrift der allgemeinen Bestimmung von Art. 6 Ziff. 4 StV vor und sei daher allein anwendbar; dies habe zur Folge, dass die Kosten des Baues der Schulanlage und diejenigen für den Landerwerb nicht zusammengerechnet werden dürften. Demgegenüber vertreten die Beschwerdeführer den Standpunkt. Art. 26 Ziff. 12 StV gelte nur für den Kauf von Liegenschaften, die vorsorglich auf weitere Sicht erworben würden, nicht jedoch dann, wenn der Erwerb in unmittelbarem Zusammenhang mit einem öffentlichen Bauvorhaben erfolge. b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist es unzulässig, die in der Verfassung für das obligatorische und das fakultative Referendum gegen Kreditbeschlüsse festgesetzten Grenzen durch Aufteilung zusammengehörender Vorlagen zu umgehen (vgl. nachstehende E. 5a). Geht man hiervon aus, so scheint auf den ersten Blick zwischen Art. 6 Ziff. 4 und Art. 26 Ziff. 12 StV ein nur schwer lösbarer Widerspruch zu bestehen; denn es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass der Landerwerb notwendige Voraussetzung eines öffentlichen Bauvorhabens bildet. Das Bundesgericht hatte sich bereits im Jahre 1950 mit diesem Problem zu befassen, wobei der Umstand, dass seither die für das Referendum massgebenden Wertgrenzen erhöht wurden und in Art. 26 Ziff. 12 StV das Wort "endgültig" eingefügt worden ist, in diesem Zusammenhang keine wesentliche Bedeutung hat. BGE 111 Ia 201 S. 204 Es ging damals um einen Kredit für die Errichtung einer Bergbauernschule in Hondrich, der vom Grossen Rat des Kantons Bern dem Referendum nicht unterstellt worden war, weil die damals geltende Wertgrenze von einer Million Franken nicht erreicht war, wenn der Grundstückkaufpreis ausser acht gelassen wurde. Das Bundesgericht stellte in diesem Zusammenhang fest, für die Unterstellung eines derartigen Kreditbeschlusses unter das Finanzreferendum spreche der diesem Institut zugrundeliegende Zweck, dem Volk bei Ausgaben von einer gewissen finanziellen Tragweite ein Mitspracherecht einzuräumen; dagegen lasse sich aber immerhin der Wortlaut von Art. 26 Ziff. 12 StV ins Feld führen. Es wies darauf hin, die Nichtberücksichtigung des Kaufpreises der Liegenschaft bei der Berechnung des Baukredites scheine der bisherigen bernischen Praxis zu entsprechen, und es stützte sich entscheidend auf den der damaligen Rechtsprechung in Stimmrechtssachen zugrundeliegenden Satz, wonach das Bundesgericht von der Auffassung der zuständigen obersten kantonalen Behörde nicht ohne Not abweichen könne, auch wenn eine andere Lösung als die richtigere erscheinen würde (Urteil vom 8. Februar 1950, veröffentlicht in: Monatsschrift für bernisches Verwaltungsrecht und Notariatswesen, MBVR 48/1950, S. 315 ff.). c) Die dem erwähnten Entscheid zugrundeliegende bernische Praxis ist in der Literatur durchwegs auf Kritik gestossen. Schon ERNST BLUMENSTEIN vertrat im Jahre 1943 die Auffassung, die Aufwendungen zum Erwerb von Liegenschaften unterlägen grundsätzlich dem Ausgabenreferendum, sofern damit - direkt oder indirekt - ein Zweck verfolgt werde, der zu den Aufgaben der Verwaltung gehört, ohne Rücksicht auf eine etwaige wirtschaftliche Rendite des Objekts (Das Ausgabenreferendum bei Erwerbung oder Erstellung von Gebäuden durch den Staat, in: MBVR 41/1943, S. 1 ff., insbesondere S. 8). In der Dissertation von HANS ESCHER wird auf ein Urteil des Bundesgerichtes aus dem Jahre 1899 betreffend den Bau der Berner Hochschule verwiesen, in dem - allerdings bei komplizierterem Sachverhalt - die bernische Praxis ebenfalls geschützt worden war ( BGE 25 I 459 ff.). Der Autor führt aus, einmal müsse das Volk über eine Ausgabe befragt werden. Es gehe nicht an, den Liegenschaftenkauf zuerst dem Referendum zu entziehen mit der Begründung, die Liegenschaft stelle einen realisierbaren Wert dar, und dann nochmals unter Hinweis darauf, sie befinde sich bereits im Eigentum des Staates. Er bemerkt, das Urteil des Bundesgerichts über den Hochschul-Baukredit BGE 111 Ia 201 S. 205 habe "verheerend gewirkt" (Das Finanzreferendum in den schweizerischen Kantonen, Diss. Zürich 1943, S. 52/53). ALFRED RÖTHELI geht in seiner Arbeit über "Das Finanzreferendum im Kanton Solothurn", die nicht nur diesen Kanton betreffende, sondern allgemeine Ausführungen enthält, davon aus, beim Entscheid darüber, ob eine Vorlage dem Referendum zu unterstellen sei oder nicht, komme es auf die Einheit des Gegenstandes oder des Zweckes an. Er stellt fest, diese Einheit sei gegeben, wenn die Sache ohne die eine oder ohne die andere Ausgabe nicht bestehen könne, und er folgert daraus, im "viel zitierten und kritisierten Entscheid betreffend Neubau der Berner Universität" habe das Bundesgericht diese Grundsätze deutlich verkannt (Festgabe für Max Obrecht, Solothurn 1961, S. 76/77). ERNST MARTIN LAUR vertritt den Standpunkt, die Nichtberücksichtigung der Grundstückkosten beim Kreditbegehren führe zu einer Täuschung der Stimmberechtigten, da die Gesamtkosten einer Massnahme dadurch viel geringer erschienen, als sie in Wirklichkeit seien (Das Finanzreferendum im Kanton Zürich, Diss. Zürich 1966, S. 65). Im gleichen Sinne äussert sich RÉMI JÉQUIER: "Ainsi, il semble que la jurisprudence du TF est trop restrictive et qu'il faudrait admettre qu'une dépense existe dès qu'une affectation d'éléments du patrimoine financier est décidée pour les besoins de l'administration" (Aspects juridiques des finances publiques, in: Revue de droit administratif et de droit fiscal, Bd. 25, S. 216). WALTER HALLER führt aus, die für eine bestimmte Aufgabe notwendigen Geldmittel müssten gesamthaft als ein Kredit behandelt werden; es sei also nicht angängig, etwa beim Bau eines Schulhauses zwecks Vermeidung einer Abstimmung je besondere Kreditposten für Landkosten, Schulgebäude, Turnhalle, Installationen und Mobiliar aufzustellen (Das Finanzreferendum, in: ZSR 90/1971 I S. 492/493). Schliesslich hat sich MARKUS SCHÄR in seiner Arbeit über "Die verfassungsmässigen Finanzkompetenzen der Staatsorgane im Kanton Bern" einlässlich mit der konkreten verfassungsmässigen Lage in diesem Kanton befasst. Er bezeichnet den Entscheid des Bundesgerichtes betreffend die Bergbauernschule Hondrich (MBVR 48/1950 S. 315 ff.) als falsch, wobei er vor allem mit dem Zweck der Vorschrift von Art. 6 Ziff. 4 StV betreffend das Finanzreferendum argumentiert. Landerwerb und Baukosten seien zur Errichtung eines Werkes gleichermassen unabdingbar; sie gehörten daher untrennbar zusammen. Die entsprechenden Aufwendungen seien als Gesamtausgabe zu behandeln, ohne Rücksicht BGE 111 Ia 201 S. 206 darauf, ob der Boden erst erworben werden müsse oder ob er lediglich vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen zu übertragen sei (Diss. Bern 1961, S. 100-103). 4. Es rechtfertigt sich, zunächst zu prüfen, ob dem bereits zitierten Urteil des Bundesgerichtes vom 8. Februar 1950 betreffend die Bergbauernschule Hondrich (MBVR 48/1950 S. 315 ff.) die Bedeutung eines Präjudizes zukommt, von dem ohne triftige Gründe nicht abzuweichen wäre. Dagegen spricht bereits die Tatsache, dass das Bundesgericht davon abgesehen hat, seinen Entscheid in die amtliche Sammlung aufzunehmen (ALFRED KÖLZ, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1983, in: ZBJV 121/1985 S. 394). Wesentlich sind aber vor allem zwei materielle Erwägungen, die miteinander in Zusammenhang stehen. a) Dem erwähnten Urteil liegt die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtes zugrunde, wonach in Stimmrechtssachen der Auslegung kantonaler Verfassungs- und Gesetzesvorschriften durch die oberste kantonale Behörde besonderes Gewicht zukomme und das Bundesgericht ohne Not von dieser Auslegung nicht abweichen dürfe (sogenannte "Ohne-Not"-Praxis; vgl. BGE 81 I 196 E. 3 mit Hinweisen; BGE 83 I 176 E. 2; BGE 89 I 44 E. 3c, 454 E. 3). Ab 1963 begann indessen das Bundesgericht von dieser Formel abzugehen und in Stimmrechtsfragen eine erweiterte Prüfungsbefugnis für sich in Anspruch zu nehmen. Bereits in BGE 89 I 375 E. 2 wurde - unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung der "Ohne-Not"-Regel - betont, diese bedeute nicht, dass das Bundesgericht die entsprechenden Normen des kantonalen Rechts nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüfe. BGE 91 I 319 E. 3 enthält eine die Kognition etwas ausdehnende Präzisierung; in BGE 92 I 355 E. 3 wird bereits von freier Prüfung des das Stimmrecht betreffenden kantonalen Verfassungsrechtes gesprochen. In BGE 94 I 531 E. 7 verwendet das Bundesgericht eine für die damalige Übergangsphase kennzeichnende Formulierung, die Elemente beider Auffassungen enthält. In BGE 96 I 61 E. 3 erklärt das Bundesgericht soweit ersichtlich erstmals klar, nicht nur die Auslegung des kantonalen Verfassungsrechts sei frei zu prüfen, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche das vom Bundesrecht gewährleistete Stimmrecht näher normierten oder damit eng zusammenhingen. In BGE 97 I 32 /33 E. 4a wurde beigefügt, nur bei Zweifeln über zwei mögliche Auslegungen weiche das Bundesgericht nicht von derjenigen der obersten kantonalen Instanz ab. Bei dieser BGE 111 Ia 201 S. 207 Formulierung ist es seither im wesentlichen geblieben, wobei seit BGE 99 Ia 181 E. 3a in Weiterführung der dargelegten, die Kognition des Bundesgerichts in Stimmrechtsfragen ausdehnenden Tendenz im allgemeinen gesagt wird, das Bundesgericht schliesse sich in "ausgesprochenen" Zweifelsfällen der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an ( BGE 109 Ia 47 E. 3b mit Hinweisen). Es ist offensichtlich, dass diese Entwicklung der Rechtsprechung in den letzten 25 Jahren von erheblicher materieller Tragweite ist. Zu Recht führt WALTER KÄLIN aus, die "Zweifelsfall"-Praxis beschränke die Prüfungsdichte des Bundesgerichtes weit weniger als die frühere "Ohne-Not"-Formel, welche sich im Ergebnis der Willkürprüfung stark angenähert habe (Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 206). Ein Entscheid wie derjenige betreffend die Bergbauernschule Hondrich (MBVR 48/1950 S. 315 ff.) könnte heute somit jedenfalls mit der damals gegebenen Begründung nicht mehr ergehen. b) Hinzu kommt, dass sich der Blick für die Bedeutung der unmittelbar auszuübenden Volksrechte in den letzten Jahrzehnten geschärft hat und das Bundesgericht strenger als früher darüber wacht, dass sie nicht durch gewagte Interpretationen von Verfassung und Gesetz ausgehöhlt werden. Es hat in verschiedenen Urteilen betont, die unbehinderte Ausübung des Stimm- und Wahlrechtes auf der Ebene des Bundes, des Kantons und der Gemeinde bilde eine unabdingbare Grundlage des demokratischen Staatswesens; es sei deshalb darauf zu achten, dass auf diesem Gebiet die Rechte der Bürger genau gewahrt würden, und es sei im Zweifelsfall eher zugunsten der weitherzigeren Lösung zu entscheiden ( BGE 108 Ia 3 /4 E. 3a; BGE 104 Ia 421 mit Hinweisen). c) Kann somit das Urteil aus dem Jahre 1950 betreffend die Bergbauernschule Hondrich heute nicht mehr wegleitend sein, so verliert auch die kantonale Praxis der letzten 35 Jahre viel von dem ihr nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 105 Ia 388 E. 2; BGE 100 Ia 373 ) an sich durchaus zukommenden Gewicht. Auf Grund der Erwähnung des genannten Urteils in der Vernehmlassung des Regierungsrates darf davon ausgegangen werden, dass dieses die seitherige kantonale Praxis stark beeinflusst hat. Kann aber die Rechtsauffassung, welche diesem Entscheid zugrunde lag, heute nicht mehr übernommen werden, sondern ist eine neue Prüfung der Auslegung der massgebenden kantonalen Verfassungsbestimmungen im Lichte der erweiterten Kognition des Bundesgerichtes BGE 111 Ia 201 S. 208 erforderlich, so muss notwendigerweise auch die gestützt darauf entwickelte oder fortgeführte kantonale Praxis der nämlichen Prüfung unterliegen. Anders zu entscheiden hiesse, die Durchsetzung neuerer Erkenntnisse auf dem Gebiet des eidgenössischen Verfassungsrechtes auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Dass dies vor allem im Hinblick auf die notwendige Gleichbehandlung aller Kantone nicht angeht, steht ausser Zweifel. 5. a) Betrachtet man die Referendumsklausel von Art. 6 Ziff. 4 StV für sich allein, so ergibt sich aus dem bundesrechtlich geltenden Grundsatz der Einheit der Materie, dass eine Kreditvorlage mit den Gesamtkosten dem obligatorischen Referendum unterstellt werden muss. Die Kosten dürfen nicht aufgespaltet werden, um eine Volksabstimmung zu vermeiden (vgl. die in E. 3c angeführte Literatur sowie BGE 105 Ia 88 /89 E. 7c; BGE 104 Ia 427 E. 5a, mit Hinweisen). Die innere Rechtfertigung dieses Grundsatzes liegt darin, dass die Stimmberechtigten in der Lage sein müssen, die Tragweite eines Projektes in seiner Gesamtheit zu überblicken. Nur so können sie sich ein Urteil darüber bilden, ob sie das Bauvorhaben als wünschbar erachten, insbesondere auch unter Mitberücksichtigung der allgemeinen Lage der Staatsfinanzen und der möglichen Auswirkungen auf die sie künftig treffende Steuerbelastung. Dass ein Bauvorhaben ohne Bauland nicht verwirklicht werden kann, bedarf keiner Begründung. Die Angabe der blossen Baukosten kann somit bei den Stimmberechtigten zu einer durchaus falschen Vorstellung führen. Es ergibt sich daher aus dem bundesrechtlichen Begriff des politischen Stimmrechts, dass Referendumsvorlagen für öffentliche Bauten die Gesamtkosten (einschliesslich des Landerwerbes) zu umfassen haben. Ob das Baugrundstück sich bereits im Besitze der öffentlichen Hand befindet oder gerade für den vorgesehenen Zweck erworben wird, ist in diesem Zusammenhang ohne wesentliche Bedeutung. Im einen Fall ist einfach der Kaufpreis in die Rechnung einzusetzen, im anderen derjenige Wert, zu dem das Baugrundstück von den realisierbaren zu den nicht realisierbaren Aktiven des Staates übertragen wird (vgl. dazu BLUMENSTEIN (a.a.O. S. 5), ESCHER (a.a.O. S. 45 ff.), RÖTHELI (a.a.O. S. 71), LAUR (a.a.O. S. 63 ff.), JÉQUIER (a.a.O. S. 213 ff.), HALLER (a.a.O. S. 484 f.), SCHÄR (a.a.O. S. 100 ff.) und PAUL-DIETER KLINGENBERG, Das Finanzreferendum im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1957, S. 124 sowie HANS CHRISTIAN OESTER, Das Finanzreferendum im Kanton St. Gallen, Diss. St. Gallen 1962, S. 38/39). Die einhellige Lehre stützt sich BGE 111 Ia 201 S. 209 darauf, dass der Erwerb eines Grundstückes durch den Staat an und für sich keine Ausgabe (in Sinne einer Verminderung des Staatsvermögens) darstellt, wohl aber die Inanspruchnahme dieses Grundstücks für einen bestimmten öffentlichen Zweck, da es damit jedenfalls für längere Zeit aus dem Verkehr ausscheidet und nicht mehr als verwertbares Gut betrachtet werden kann. Weitere Ausführungen zu dieser heute nicht mehr umstrittenen Frage dürften sich erübrigen. Der Vollständigkeit halber sei lediglich noch bemerkt, dass die Übertragung von Liegenschaften, die für öffentliche Bauten in Anspruch genommen werden, und die Anforderung eines entsprechenden Kredites in den meisten Kantonen die Regel bildet (vgl. beispielsweise BS: Gesetz betreffend Ausgaben- und Vollzugskompetenzen vom 29. Juni 1978, § 9, und ZH: Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons vom 2. September 1979, § 15, ferner die allerdings wohl nicht mehr vollständig dem heutigen Stand entsprechende Aufstellung bei HANS-RUDOLF MERZ, Finanz- und Verwaltungsvermögen in öffentlich-rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise; Diss. St. Gallen 1971, S. 53, Fussnoten 10 und 11). b) Für den Kanton Bern fällt nun allerdings in Betracht, dass Art. 26 Ziff. 12 StV die endgültige Genehmigung von Grunderwerbsverträgen im Betrage von mehr als Fr. 200'000.-- dem Grossen Rat vorbehält, diesbezüglich also sowohl das obligatorische als auch das fakultative Referendum ausschliesst. Sollte sich ergeben, dass zwischen dieser Bestimmung und Art. 6 Ziff. 4 StV in der vorstehend dargelegten bundesrechtskonformen Auslegung ein echter Widerspruch besteht, so wäre es für das Bundesgericht äusserst schwierig, einen Entscheid zu treffen; um so mehr, als sich dieses nach einer auf beinahe 100 Jahre zurückgehenden Rechtsprechung aus Gründen der Gewaltentrennung nicht für befugt erachtet, von der Bundesversammlung gewährleistete Bestimmungen der kantonalen Verfassungen zu überprüfen ( BGE 104 Ia 219 ff. mit zahlreichen Hinweisen; vgl. ferner WALTER KÄLIN, a.a.O. S. 62 ff.). Allein dieser Fall liegt nicht vor. Vielmehr lässt sich aus Art. 26 Ziff. 12 StV durch Auslegung ein Sinn gewinnen, der mit Art. 6 Ziff. 4 StV durchaus vereinbar ist. 6. a) Nach seinem Wortlaut bezieht sich Art. 26 Ziff. 12 StV ausschliesslich auf den Erwerb und die Veräusserung von Grundeigentum. Die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Bauten wird nicht erwähnt. Vom Wortlaut her ist es daher keineswegs ausgeschlossen, die Übertragung von Grundeigentum BGE 111 Ia 201 S. 210 von Finanzvermögen zu den nicht realisierbaren Vermögenswerten des Staates dieser Bestimmung nicht zu unterstellen und hiefür die üblichen, sich aus Art. 6 Ziff. 4 StV und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergebenden Regeln anzuwenden. Erfolgt der Grundstückerwerb - wie hier - erst in unmittelbarem Zusammenhang mit der Einholung des Baukredites, so fallen der Erwerb eines an sich realisierbaren Aktivums und dessen Übertragung zu den nicht realisierbaren Aktiven zeitlich zusammen; am Grundsätzlichen ändert sich dadurch nichts. Jedenfalls folgt aus dem Wortlaut von Art. 26 Ziff. 12 StV entgegen der Meinung des Regierungsrates keineswegs zwingend, dass bei Kreditgesuchen für öffentliche Bauvorhaben der Preis oder Wert des oder der Baugrundstücke ausser Betracht fallen müsse. b) Der Regierungsrat des Kantons Bern legt in seiner Vernehmlassung grosses Gewicht auf die Entstehungsgeschichte von Art. 26 Ziff. 12 StV . Er weist darauf hin, anlässlich der Vorbereitung der Verfassungsrevision vom 27. September 1970, welche die Referendumsbestimmungen betraf, sei die Finanzdirektion zum Schlusse gekommen, es bestehe tatsächlich ein Spannungsverhältnis zwischen der allgemeinen Vorschrift von Art. 6 Ziff. 4 und der speziellen von Art. 26 Ziff. 12 StV ; sie habe deshalb beantragt, die zweite dieser Bestimmungen aufzuheben. Über den Verlauf der Beratungen der zuständigen grossrätlichen Kommission wird auf das Protokoll verwiesen. Aus diesem ergibt sich, dass Grossrat Haltiner erklärte, es solle an der bisherigen Praxis festgehalten und "Liegenschaftskaüfe in der endgültigen Zuständigkeit des Grossen Rates belassen" werden. Dem Grossen Rat solle kein ihm bisher zustehendes Recht entzogen werden. Haltiner wurde von mehreren Kommissionsmitgliedern unterstützt, während der Sekretär der Finanzdirektion rechtliche Bedenken vorbrachte. Schliesslich beantragte der damalige Regierungspräsident und Finanzdirektor Moser, der Wille des Grossen Rates, kein bisheriges Recht preiszugeben, sei zu respektieren und in Art. 26 Ziff. 12 StV "endgültig" einzufügen, so dass diese Bestimmung wie folgt laute: "(Dem Grossen Rat, als der höchsten Staatsbehörde, sind folgende Verrichtungen übertragen): ... 12. die endgültige Bestätigung aller Verträge, durch welche der Staat Grundeigentum für einen hunderttausend Franken übersteigenden Preis BGE 111 Ia 201 S. 211 erwirbt oder veräussert." In der Folge wurde dieser Formulierung mit allen Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt. Die spätere Erhöhung der Wertgrenze auf Fr. 200'000.-- ändert am Sachverhalt in grundsätzlicher Hinsicht nichts. Am 10. und 11. November 1969 gelangte die Vorlage betreffend Verfassungsänderung auf dem Gebiet des Finanzreferendums im Plenum des Grossen Rates zur Beratung. Zu Art. 26 Ziff. 12 äusserte sich der Kommissionspräsident, Grossrat Dr. Meyer, wie folgt: "Die Ergänzung von Ziffer 12 ist hauptsächlich damit zu begründen, dass wir nach der Annahme der eidgenössischen Verfassungsbestimmungen über die Landesplanung Verpflichtungen haben. Eine wirkungsvolle Planungstätigkeit im kantonalen Raum wird nur möglich sein, wenn wir, Regierung und Parlament, ein entsprechendes Instrument in der Hand haben. Dazu gehört in erster Linie die Straffung der Kompetenzordnung für den Erwerb von Grundstücken. Eine wirkungsvolle Kontrolle wird sich aus der politischen Kraft und Wirksamkeit des Grossen Rates und schliesslich aus Artikel 43 des Gesetzes über den Finanzhaushalt ergeben, der stipuliert, dass der Staat Grundstücke nur erwerben soll, wenn sie einem öffentlichen Zweck dienen oder ein öffentliches Interesse zu wahren ist." Von einer gewissen Bedeutung ist sodann eine Stelle des Votums des Finanzdirektors, Regierungsrat Moser, der - allerdings nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Art. 26 Ziff. 12 StV - zum finanzrechtlichen Begriff der staatsrechtlichen Ausgabe ausführte: "Ausgabe ist jede Aufwendung des Staates aus eigenen Mitteln ohne entsprechende Mehrung des Vermögens. Eine entsprechende Mehrung fehlt insbesondere dann, wenn kein Gegenwert entsteht, der jederzeit frei realisierbar ist. Das also ist die Definition des Begriffes 'Ausgabe'." In der Detailberatung wurde lediglich noch darüber diskutiert, ob die Zuständigkeit des Regierungsrates für den Erwerb von Grundstücken statt auf Fr. 100'000.-- gleich auf Fr. 200'000.-- erhöht werden solle: im übrigen finden sich keine Voten zur Neufassung von Art. 26 Ziff. 12 StV . Die Protokolle der vorberatenden Kommission und des Grossen Rates beweisen also nichts anderes, als dass das Parlament seine Zuständigkeit für Grundstückkäufe nicht aus der Hand geben, entsprechende Verträge demnach weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum unterstellen wollte. Diese Frage liegt aber gar nicht im Streit: Der Beschluss des Grossen Rates vom 7. Februar 1985 über den Erwerb einer Parzelle von 146,17 Aren für den Bau der Französischsprachigen Schule zum Preise von Fr. 4'475'100.-- (unter Ausschluss des fakultativen Referendums) BGE 111 Ia 201 S. 212 ist nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten worden. Die hier allein entscheidende Frage ist die, ob der Wert von Bauland, das der Grosse Rat verfassungskonform in eigener Zuständigkeit erworben hat oder erwerben will, bei der Bezifferung des Kredites für ein darauf zu errichtendes öffentliches Bauvorhaben mitzurechnen sei oder nicht. Diese Frage wurde aber nach den dem Bundesgericht zur Verfügung gestellten Protokollen bei der Vorbereitung der Verfassungsrevision von 1970 weder in der Kommission noch im Plenum des Grossen Rates diskutiert. Dem erwähnten Votum des Finanzdirektors, das unwidersprochen geblieben ist, lässt sich einzig entnehmen, dass das Parlament des Kantons Bern bei der Umschreibung des Ausgabenbegriffs nicht von der allgemein anerkannten Unterscheidung zwischen realisierbaren und nicht realisierbaren Aktiven abweichen wollte. Dies spricht aber eher gegen als für die heute von den bernischen Behörden vertretene Auffassung. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die Frage einzugehen, welche Bedeutung den Materialien bei der Auslegung von Verfassungs- oder Gesetzesbestimmungen überhaupt zukommen könne (vgl. dazu BGE 109 Ia 303 mit Hinweisen). c) Prüft man schliesslich, welcher Zweck der Sonderbestimmung von Art. 26 Ziff. 12 StV zukomme, so ergibt sich vor allem aus dem erwähnten Votum des Kommissionspräsidenten im Grossen Rat, dass es die Behörden des Kantons Bern wie diejenigen anderer Kantone (vgl. statt vieler: ALFRED RÖTHELI, a.a.O. S. 71/72) als wünschbar erachteten, den Grundstückerwerb durch den Staat nicht allzu schwerfällig zu gestalten. Würde er wie andere Staatsausgaben dem obligatorischen oder dem fakultativen Referendum unterstellt, so bestünde die Gefahr, dass planerisch oder im Hinblick auf einen bestimmten künftigen Verwendungszweck wünschbare Grundstückkäufe nicht zustande kämen, sei es aus rein zeitlichen Gründen, sei es, weil die Verkäuferschaft die mit einer volksabstimmung notwendigerweise verbundene Publizität scheut. Diese Zielsetzung vermag voll zu überzeugen und die fragliche Verfassungsbestimmung, in diesem Sinn verstanden, zu rechtfertigen. Dafür, dass daneben auch eine Einschränkung der Volksrechte auf dem Gebiet der öffentlichen Bauten beabsichtigt gewesen wäre, fehlt, wie dargelegt, in den Materialien jeder Anhaltspunkt. Eine derartige Absicht widerspräche dem aus dem Bundesrecht abzuleitenden Grundsatz der Einheit der Materie (vgl. vorstehend E. 5a). Auch praktisch würde diese Auslegung zu BGE 111 Ia 201 S. 213 kaum verständlichen Ergebnissen führen. So unterstünde etwa ein Kreditbeschluss über ein Verwaltungsgebäude, das unter Einschluss des Bodenpreises auf 12 Millionen Franken zu stehen kommt, dem obligatorischen Referendum, wenn der Landwert nicht mehr als zwei Millionen Franken beträgt; derjenige über eine Sportanlage mit den gleichen Gesamtkosten unterläge dagegen bloss dem fakultativen Referendum, weil dort ein grösserer Anteil der Aufwendungen auf den Landerwerb und ein kleinerer auf die Bauten entfällt. Eine derartige Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte würde dem Sinn der in Art. 6 Ziff. 4 und Art. 6b StV sowie in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung umschriebenen Mitwirkungsrechte des Volkes offensichtlich nicht gerecht. d) Art. 26 Ziff. 12 StV kann somit nach allen anerkannten Auslegungsmethoden ein Sinn beigemessen werden, der keinen Widerspruch zu Art. 6 StV ergibt. Damit kann nur dieser Sinn der massgebende sein. Das Vorgehen des Grossen Rates im hier streitigen Fall war demnach unrichtig. Dies muss zur Gutheissung der Beschwerde führen. 7. Findet das Bundesgericht, ein kantonales Parlament habe einen Kreditbeschluss zu Unrecht nicht dem obligatorischen oder dem fakultativen Referendum unterstellt, so bleibt in der Regel der Parlamentsentscheid an sich bestehen, und es wird einzig die Klausel betreffend Nichtunterstellung aufgehoben (vgl. das nicht publizierte Dispositiv zum Urteil BGE 108 Ia 234 ff.). Hier führt dieses Vorgehen jedoch nicht zum Ziel; denn es muss noch festgelegt werden, über welchen genauen Kreditbetrag die Volksabstimmung zu erfolgen hat. Diese Festlegung kann mit Rücksicht auf die rein kassatorische Wirkung des bundesgerichtlichen Urteils und auch deshalb, weil für die Bemessung des Landwertes verschiedene Methoden denkbar sind (Kaufpreis oder Zeitwert), nicht durch das Bundesgericht erfolgen. Demnach bleibt einzig die Lösung, den angefochtenen Beschluss des Grossen Rates des Kantons Bern vom 14. November 1984 als Ganzes aufzuheben.
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de
1,985
CH_BGE
CH_BGE_002
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Federation
bc7e8996-ed9e-4bd6-b171-3fbe92c714ea
Urteilskopf 111 II 201 42. Arrêt de la Ire Cour civile du 6 août 1985 dans la cause hoirs B. contre V. et consorts (recours en réforme)
Regeste Art. 19 BMM . Mietzinsherabsetzung; Möglichkeit des Vermieters, verrechnungsweise Erhöhungsgründe geltend zu machen; Inkrafttreten der Änderung. 1. Ohne ausdrücklichen Vorbehalt bei der letztmals erfolgten Mietzinserhöhung kann der Vermieter sich später, insbesondere anlässlich eines Herabsetzungsbegehrens des Mieters, nicht mehr auf einen Erhöhungsgrund berufen, der vor der letzten Festsetzung des Mietzinses eingetreten ist (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Der herabgesetzte Mietzins tritt auf den nächsten Kündigungstermin in Kraft, gerechnet ab Fühlungnahme des Mieters mit dem Vermieter, oder auf das Datum, ab dem die Ermässigung gelten zu lassen der Vermieter sich freiwillig bereit erklärt hat (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 111 II 201 S. 202 A.- Les demandeurs sont - ou ont été - tous locataires d'appartements dans un bâtiment appartenant à B., situé à Moutier. De novembre 1980 à mai 1982, le propriétaire a notifié quatre hausses de loyer, qui furent acceptées par les locataires. La formule de hausse et la lettre du bailleur mentionnaient comme motif de hausse: "augmentation des taux hypothécaires". La dernière modification de loyer portait effet au 1er mai 1982. Par lettre du 25 janvier 1983, B. a annoncé aux locataires une réduction de loyer de 13 francs par mois dès le 1er mai 1983, en raison de la baisse de l'intérêt hypothécaire. La lettre précisait que l'adaptation à la baisse n'était que partielle, compte tenu de divers facteurs compensatoires de hausse, tels que le maintien du pouvoir d'achat du capital exposé aux risques. Par lettre du 31 janvier 1983, les locataires ont communiqué au bailleur qu'à leurs yeux la baisse de loyer était insuffisante. Certains locataires admirent le montant demandé à titre de nouveau loyer. En revanche, les locataires parties à la présente procédure n'y consentirent pas. Aucune entente n'intervint devant l'Office des locations. B.- Par requête du 9 juillet 1984, les locataires susmentionnés prirent les conclusions ci-après: "1. Constater que la baisse de loyer de 13 francs par mois, annoncée par le requis selon lettre du 25 janvier 1983 adressée aux requérants, est insuffisante. 2. Constater que le loyer de chacun des requérants doit subir une baisse de 35 francs par mois dès le 1er mai 1983." B. a conclu au déboutement des requérants, en demandant en outre au juge de "Constater que l'évolution des facteurs de hausse et de baisse au 1.5.1983 autorisent un loyer de BGE 111 II 201 S. 203 - 651 francs pour H. - 656 francs pour V. - 666 francs pour R., T. et G." Par jugement du 30 novembre 1984, le Président du Tribunal du district de Moutier a constaté que la baisse de 13 francs par mois était insuffisante et que le loyer de V., R., H., G. et T. devait subir une baisse de 35 francs par mois dès le 1er mai 1983. Saisie d'un appel de B., décédé depuis lors, la Cour d'appel du canton de Berne, par arrêt du 19 mars 1985, a constaté que la baisse mensuelle de 13 francs était insuffisante et que le loyer de V. devait subir une baisse mensuelle de 32 francs 25, celui de H. de 32 francs par mois et ceux de R., G. et T. de 32 francs 75 par mois, le tout dès le 1er mai 1983. C.- Les héritiers de B. interjettent un recours en réforme contre cet arrêt. Ils reprennent les conclusions au fond du défendeur présentées en instance cantonale. Les cinq intimés concluent au rejet du recours. Erwägungen Le Tribunal fédéral rejette le recours pour les motifs suivants: 1. a) Les recourants font tout d'abord valoir que la cour cantonale s'est écartée sans raison de la jurisprudence du Tribunal fédéral concernant la possibilité, pour le bailleur, de compenser des facteurs de baisse de loyer avec des facteurs de hausse. C'est ainsi qu'elle aurait dû tenir compte du renchérissement du coût de la vie également pour la période antérieure à la dernière modification du loyer (1er mai 1982), puisque dans ses quatre avis de hausse précédents le défendeur avait invoqué comme seul motif de hausse de loyer l'augmentation du taux hypothécaire. b) Selon la jurisprudence, la modification des bases de calcul qui entre en considération pour une baisse de loyer, selon l' art. 19 AMSL , doit être survenue depuis la dernière fixation du loyer, celle-ci constituant le moment déterminant pour la comparaison des anciennes et des nouvelles bases de calcul ( ATF 108 II 138 et les arrêts cités). Il faut entendre par dernière fixation de loyer, en dehors de la détermination du loyer en début de bail, la modification du loyer correspondant à une adaptation à de nouvelles bases de calcul. "Sauf réserve expresse et précise de la part du bailleur - notification d'une hausse nettement limitée à un facteur déterminé, indication de facteurs précis de hausse dont il déclare faire abstraction - le loyer ainsi adapté est en effet censé apporter au bailleur une couverture normale de ses charges et un BGE 111 II 201 S. 204 rendement convenable; il sert donc de base pour examiner si l'évolution ultérieure des charges justifie ou non une nouvelle adaptation" ( ATF 108 II 138 /9). L'arrêt précité, du 4 mai 1982, est déterminant et l'emporte sur les termes utilisés dans l'arrêt antérieur, non publié, du 27 avril 1982 en la cause Pax c. Fagen, qu'invoquent les recourants et dont ils voudraient inférer que le seul fait de ne pas mentionner une cause de hausse dans l'avis de majoration du loyer constituerait une réserve tacite, autorisant le bailleur à se prévaloir ultérieurement d'un tel facteur de hausse antérieur à la dernière fixation de loyer. Le Tribunal fédéral n'a pas de raisons de s'écarter de cette jurisprudence (cf. également ATF 106 II 168 /9, 360), qui a été confirmée depuis lors à diverses reprises dans des arrêts non publiés. Il en résulte que des réserves implicites ne sont admissibles que si elles ressortent clairement et indubitablement pour le preneur de l'avis de hausse. Aussi, en l'absence de toute réserve expresse quant au renchérissement ou de toute autre réserve ressortant clairement de l'avis de hausse, la cour cantonale était-elle fondée à ne prendre en considération, comme facteur de hausse, que le renchérissement intervenu depuis le 1er mai 1982, date de la dernière modification du loyer. 2. a) Les recourants soutiennent également que la cour cantonale n'aurait pas dû fixer l'entrée en vigueur de la baisse de loyer au 1er mai 1983. Du moment que la lettre des locataires du 31 janvier 1983 était parvenue au bailleur en février, la réduction des loyers ne pouvait, compte tenu des délai et terme de dédite, devenir effective que le 1er novembre 1983. b) Dans l'arrêt publié aux ATF 107 II 260 ss, le Tribunal fédéral, tout en étant conscient que des arguments pouvaient être invoqués aussi en faveur de la thèse inverse, a interprété l' art. 19 AMSL en ce sens que la baisse de loyer intervenue en application de cette disposition portait effet au prochain terme pour lequel la résiliation pouvait être donnée. Depuis lors, il s'est tenu à cette jurisprudence, dans ses arrêts publiés ( ATF 108 II 323 ) et non publiés. Il n'y a pas de raisons de la remettre en cause ici. Bien que la lettre du 31 janvier 1983 par laquelle les locataires demandaient une plus forte réduction du loyer à leur bailleur soit parvenue trop tard à ce dernier pour que le délai de préavis de trois mois fût respecté, la cour cantonale a fixé l'entrée en vigueur de la réduction au 1er mai 1983. On peut cependant, en l'occurrence, confirmer son point de vue pour des motifs tirés de la bonne foi entre partenaires au bail. En effet, par sa lettre du 25 janvier 1983, BGE 111 II 201 S. 205 le bailleur a d'emblée fait comprendre aux locataires qu'il était d'accord avec un réajustement du loyer prenant effet au prochain terme de résiliation, soit au 1er mai 1983. Selon la jurisprudence, il suffit, pour que le délai de résiliation soit respecté, que le preneur ait pris contact avec le bailleur en vue d'une baisse de loyer conformément à l' art. 19 al. 1bis AMSL ( ATF 107 II 263 /264). Or l'effet est le même si, dans le délai prévu, le bailleur se déclare spontanément disposé à réaménager le montant du loyer; le délai d'adaptation du loyer peut alors courir dès ce moment-là, à moins que le bailleur ne consente pas d'emblée à une adaptation plus proche du loyer. Cette conclusion s'impose d'autant plus au regard des faits du cas particulier. En effet, les locataires pouvaient penser que, s'ils n'étaient eux-mêmes pas d'accord avec le montant proposé, le moment où la modification du loyer devrait intervenir n'était pas litigieux. Une rigueur particulière à leur égard, à ce sujet, se justifie d'autant moins que, s'ils avaient dû respecter le délai de résiliation de trois mois pour fin avril 1983, ils n'auraient disposé que de très peu de temps depuis le moment où ils reçurent l'avis du bailleur, daté du 25 janvier 1983. Ensuite, en procédure judiciaire, les conclusions prises par les deux parties montrent qu'elles situaient toutes le moment déterminant, pour la modification du loyer, au 1er mai 1983. Aussi les preneurs pouvaient-ils raisonnablement compter que cela ne serait plus remis en question; à défaut, ils eussent pu être amenés à demander que l'on prenne en considération l'évolution intervenue entre le 1er mai 1983 et le prochain terme possible de résiliation. Au demeurant, les effets de la thèse soutenue actuellement par les recourants - qui obligerait à calculer séparément la baisse au 1er mai 1983 sur la base de la lettre du bailleur du 25 janvier 1983 et au terme suivant de résiliation selon la demande des preneurs - démontrent ce qu'elle aurait d'inacceptable. Aussi est-ce avec raison que la cour cantonale a situé les effets de la modification de loyer au 1er mai 1983.
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bc856200-d4a3-4969-8ffa-9f7d9e26b16e
Urteilskopf 119 V 494 70. Urteil vom 10. November 1993 i.S. L. gegen Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Art. 8 Abs. 1 lit. e, Art. 11 Abs. 3 und Art. 13 Abs. 1 und 2 AVIG . Tage, an denen der Arbeitnehmer zwar nicht mehr gearbeitet hat, die aber vom Arbeitgeber im Falle der ungerechtfertigten Entlassung bis zum Ablauf der massgebenden Kündigungsfrist noch zu entlöhnen waren, gelten als Beitragszeit im Sinne von Art. 13 AVIG . Bestätigung der unter altem Recht in ARV 1977 Nr. 25 S. 135 ergangenen Rechtsprechung.
Sachverhalt ab Seite 494 BGE 119 V 494 S. 494 A.- Rita L. arbeitete vom 1. April 1990 bis am 24. Januar 1991 in der Firma B. in O. Auf diesen Zeitpunkt war das Anstellungsverhältnis von der Arbeitgeberin aufgelöst worden. Vom 24. Januar bis 30. April 1991 war Rita L. krankheitsbedingt arbeitsunfähig (Zeugnis des Dr. med. M. vom 15. September 1992), danach führte sie bis im August 1992 den elterlichen Haushalt. Im September 1992 BGE 119 V 494 S. 495 meldete sich Rita L. bei der Arbeitslosenversicherung an und beantragte Taggelder ab 1. September 1992. Mit Verfügung vom 26. Oktober 1992 verneinte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, weil die Versicherte innert der massgeblichen Rahmenfrist nicht während mindestens 6 Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 4. Februar 1993 ab. C.- Rita L. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag auf Zusprechung von Arbeitslosenentschädigung. Das Kantonale Arbeitsamt Solothurn äussert sich im ablehnenden Sinne. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. D.- Das Eidg. Versicherungsgericht hat vom Kantonalen Arbeitsamt Solothurn ergänzende Unterlagen eingeholt und die Akten des Arbeitsgerichts O. über den von der Versicherten gegen die ehemalige Arbeitgeberin geführten arbeitsrechtlichen Prozess beigezogen. Diese Unterlagen hat es der Öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Solothurn am 15. September 1993 zur Stellungnahme zugestellt; die Arbeitslosenkasse hat auf Einreichung einer Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. Eine der gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung besteht darin, dass der Versicherte die Beitragszeit erfüllt hat oder von der Beitragszeit befreit ist ( Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG ). Die Beitragszeit hat erfüllt, wer innerhalb der Rahmenfrist nach Art. 9 Abs. 3 AVIG während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat ( Art. 13 Abs. 1 AVIG ). Die Rahmenfrist für die Beitragszeit beginnt zwei Jahre vor dem Tag, an welchem der Versicherte erstmals sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (Art. 9 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 AVIG). Von der Erfüllung der Beitragszeit ist gemäss Art. 14 Abs. 1 AVIG u.a. befreit, wer innerhalb der Rahmenfrist während insgesamt mehr als zwölf Monaten wegen Schulausbildung, Umschulung oder Weiterbildung (lit. a), wegen Krankheit oder BGE 119 V 494 S. 496 Unfalls (lit. b) oder wegen Aufenthalts in einer Haft-, Arbeitserziehungs- oder in einer ähnlichen Anstalt (lit. c) nicht in einem Arbeitsverhältnis stand und deshalb die Beitragszeit nicht erfüllen konnte. Ebenfalls von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind Personen, die wegen Trennung oder Scheidung ihrer Ehe, wegen Invalidität oder Todes des Ehegatten oder aus ähnlichen Gründen oder wegen Wegfalls einer Invalidenrente gezwungen sind, eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu erweitern, falls das betreffende Ereignis nicht mehr als ein Jahr zurückliegt ( Art. 14 Abs. 2 AVIG ). 3. a) Die Arbeitslosenkasse hat in der angefochtenen Verfügung vom 26. Oktober 1992 festgestellt, dass die Beschwerdeführerin innert der massgeblichen zweijährigen Rahmenfrist von September 1990 bis September 1992 nur während 4 Monaten und 25,2 Tagen eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Sie hat sich dabei auf die Angaben im Anmeldeformular gestützt, wonach das Anstellungsverhältnis mit der Firma B. am 24. Januar 1991 aufgelöst wurde und die Beschwerdeführerin "seither nicht mehr gearbeitet" habe. Demgemäss hat die Arbeitslosenkasse die Anspruchsberechtigung wegen Nichterfüllens der Mindestbeitragszeit von sechs Monaten verneint. b) Aus den im vorliegenden Verfahren beigezogenen Akten des Arbeitsgerichts O. ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin am 24. Januar 1991 von ihrer Arbeitgeberin fristlos entlassen worden war. Die Beschwerdeführerin focht die Kündigung in der Folge als ungerechtfertigt an und machte Lohnansprüche bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist Ende April 1991 sowie zuwenig ausgezahltes Feriengeld von gesamthaft Fr. 9'489.-- geltend. Das Arbeitsgericht O. sprach der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 26. Januar bis 30. April 1991 Lohnguthaben von brutto Fr. 8'398.-- sowie eine Ferienentschädigung von Fr. 870.-- abzüglich Warenbezüge von Fr. 562.-- zu. Demgemäss verpflichtete es die Arbeitgeberin mit Urteil vom 6. Mai 1991, der Beschwerdeführerin gesamthaft Fr. 8'706.-- brutto zu bezahlen. Das Urteil erwuchs am 28. Mai 1991 unangefochten in Rechtskraft. c) Das Eidg. Versicherungsgericht hat unter der Herrschaft des bis 1983 gültig gewesenen Bundesgesetzes über die Arbeitslosenversicherung vom 22. Juni 1951 entschieden, dass jene Tage, an denen der Arbeitnehmer zwar nicht mehr gearbeitet hat, die aber vom Arbeitgeber im Falle der ungerechtfertigten Entlassung bis zum Ablauf der massgebenden Kündigungsfrist noch zu entlöhnen waren, BGE 119 V 494 S. 497 für den Nachweis der regelmässigen Erwerbstätigkeit gemäss Art. 24 Abs. 2 lit. b AIVG als Arbeitstage anzurechnen sind (ARV 1977 Nr. 25 S. 135). An dieser Rechtsprechung ist auch unter dem neuen, seit 1. Januar 1984 geltenden Recht festzuhalten. Zu den Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung gehört gemäss Art. 8 Abs. 1 AVIG unter anderem, dass der Versicherte einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (lit. b). Nach Art. 11 Abs. 3 AVIG ist derjenige Arbeitsausfall nicht anrechenbar, für welchen dem Arbeitslosen Lohnansprüche oder wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses Entschädigungsansprüche zustehen. Ein ungerechtfertigt Entlassener hat somit keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, solange ihm der Lohn weitergezahlt wird. Die entlöhnten Tage sind jedoch - entsprechend der Rechtsprechung gemäss ARV 1977 Nr. 25 S. 135 - als Beitragszeit im Sinne von Art. 13 AVIG anzurechnen (vgl. auch GERHARDS, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, N. 83 zu Art. 11 AVIG ). Damit wird erreicht, dass der Versicherte, der ungerechtfertigt entlassen wurde, aber wegen der Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist keine Arbeitslosenentschädigung beziehen kann, hinsichtlich der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nicht schlechter gestellt ist, als wenn er bis zum ordentlichen Kündigungstermin gearbeitet hätte. d) Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die Zeit vom 26. Januar bis 30. April 1991, für welche der Beschwerdeführerin mit rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts O. vom 6. Mai 1991 Lohnguthaben zugesprochen wurden, als Beitragszeit anzurechnen ist. Die Sache ist deshalb an die Arbeitslosenkasse zurückzuweisen, damit sie unter diesem Gesichtspunkt die Beitragszeit der Beschwerdeführerin innert der massgeblichen zweijährigen Rahmenfrist vor der ersten Stempelkontrolle im September 1992 neu berechne. Sodann wird sie die übrigen Voraussetzungen gemäss Art. 8 Abs. 1 AVIG zu prüfen und gestützt darauf über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosenentschädigung neu zu befinden haben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es sich für die Beschwerdeführerin nicht nachteilig auswirken darf, falls das Arbeitsamt sie im Anschluss an den Erlass der angefochtenen Verfügung vom 26. Oktober 1992 nicht mehr zur Stempelkontrolle zugelassen hat (nicht publizierte Urteile H. vom 5. Oktober 1993 und C. vom 12. September 1990). 4. (Unentgeltliche Verbeiständung)
null
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Federation
bc89ce42-8cb5-4e17-806b-2d96020a8b1f
Urteilskopf 119 V 295 42. Estratto della sentenza del 24 maggio 1993 nella causa Fondo di Previdenza per il personale della Banca Commerciale di Lugano contro R. e Tribunale cantonale delle assicurazioni
Regeste Art. 73 BVG , Art. 1 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 und 2, Art. 56 VwVG , Art. 97 Abs. 1 und Art. 128 OG : Vorsorgliche Massnahmen im Klageverfahren vor erster Instanz; Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Zwischenverfügung. - Im Rahmen des Klageverfahrens vor erster Instanz kann mangels einer vollstreckbaren Verfügung keine aufschiebende Wirkung erteilt werden, vielmehr bedarf es der Anordnung positiver vorsorglicher Massnahmen (E. 3). - Mit Art. 56 VwVG besteht für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen für den Bereich des Berufsvorsorgerechts eine bundesrechtliche Verfügungsgrundlage, auch wenn das BVG das Klageverfahren vorsieht (E. 4).
Erwägungen ab Seite 296 BGE 119 V 295 S. 296 Estratto dai considerandi: 3. Nel querelato decreto, il Presidente del Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino ha preliminarmente escluso che l'effetto sospensivo possa essere attribuito ad una petizione proposta contro il provvedimento di un istituto di previdenza nell'ambito della LPP. Le argomentazioni del primo giudice possono essere condivise. Infatti, le determinazioni degli istituti previdenziali non hanno il carattere di decisioni ai sensi dell' art. 5 cpv. 1 e 2 PA ; esse, se non oggetto di ricorso nei brevi termini di perenzione, non entrano in forza esecutiva: simili determinazioni valgono unicamente quali dichiarazioni unilaterali di una parte ( DTF 115 V 224 e 242; SPIRA, Le contentieux des assurances sociales fédérales et la procédure cantonale, in Recueil de jurisprudence neuchâteloise 1984, pag. 15 nota 3; MEYER, Die Rechtswege nach dem BVG, RDS 104 1987 I, pag. 615 seg.; GRISEL, Traité de droit administratif, pag. 940). Il Tribunale federale delle assicurazioni ne ha dedotto che, in assenza di un provvedimento cui possa essere data attuazione, non può entrare in linea di conto una misura sospensiva (cfr. DTF 110 V 350 ; RAMI 1984 n. K 583 pag. 142 consid. 2). BGE 119 V 295 S. 297 La Corte, in una sentenza inedita 3 marzo 1993 in re H., ha affermato che in simile ipotesi la via da seguire è quella del decreto di misure provvisionali positive; la sentenza in questione si fonda sulla giurisprudenza in DTF 117 V 185 in cui si afferma non essere data attribuzione di effetto sospensivo a ricorsi contro decisioni negative. 4. A fondamento della sua decisione, il primo giudice ha assunto l' art. 56 PA , in virtù del quale, dopo il deposito del ricorso, l'autorità adita può prendere d'ufficio o a domanda di parte altri provvedimenti di urgenza per conservare provvisoriamente uno stato di fatto o di diritto. Nella sentenza DTF 117 V 185 questo Tribunale ha ritenuto che, in tema di misure provvisionali, quest'ultimo disposto configura la base di diritto federale - che comporta la ricevibilità del ricorso di diritto amministrativo giusta gli art. 97 cpv. 1 e 128 OG ( DTF 112 V 106 ) - benché non figurante nell'elenco, non esaustivo, dell' art. 1 cpv. 3 PA . Secondo l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali (UFAS), ora, l' art. 56 PA sarebbe inapplicabile nella concessione di misure provvisionali in quanto riferito solo ad atti di procedura amministrativa e non ad atti di procedura civile quale quella determinata nell' art. 73 LPP . Né, per l'Ufficio federale il riferimento fatto dai primi giudici alla sentenza pubblicata in RCC 1991 pag. 522 (= DTF 117 V 185 ) sarebbe di rilievo in quanto concernente una ipotesi di applicazione della LAVS, trattandosi cioè di un'assicurazione federale i cui organi rendono decisioni. Orbene, il Tribunale federale delle assicurazioni nella suddetta sentenza inedita 3 marzo 1993 in re H. ha già avuto modo di affermare, prescindendo dalla lettera del disposto, essere nella norma di cui all' art. 56 PA ravvisabile la base di diritto federale da prendere a fondamento per disporre misure provvisionali pure in materia di previdenza professionale ai sensi della LPP. Da questa giurisprudenza non si vede motivo di scostarsi. Altrimenti nel settore della previdenza professionale non sarebbe possibile conservare provvisoriamente uno stato di fatto o uno stato di diritto, a pregiudizio della parte che si troverebbe poi opposta al fatto compiuto. Apparrebbe peraltro perlomeno curioso denegare la possibilità di applicare misure provvisionali in prima istanza, quando le medesime possono comunque essere disposte nella susseguente procedura, ricorsuale, innanzi al Tribunale federale delle assicurazioni. Ne deve essere dedotta la legittimità formale del procedimento adottato dal primo giudice e la ricevibilità del ricorso.
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Urteilskopf 106 III 5 2. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 21. Februar 1980 i.S. B. (Rekurs)
Regeste Beneficium excussionis realis ( Art. 41 Abs. 1 SchKG ). Die Einrede der Vorausvollstreckung setzt voraus, dass sich der Schuldner auf ein Pfandrecht im eigentlichen Sinn und nicht bloss auf eine Sicherungszession oder eine Zession zahlungshalber beruft.
Sachverhalt ab Seite 5 BGE 106 III 5 S. 5 A.- Mit Darlehensvertrag vom 14. Juni 1978 gewährte A. dem B. ein Darlehen in der Höhe von Fr. 50'000.-- zu einem Zinssatz von 5%. Bezüglich der Sicherstellung des Darlehens wurde in Ziff. 5 ff. des Vertrages folgendes vereinbart: "5. Zur Sicherstellung des Darlehens übergibt Herr B. Herrn A. folgende Mietverträge: ... Herr A. verpflichtet sich, die Abtretung den Mietern erst nach Fälligkeit der Rückzahlung zu notifizieren. BGE 106 III 5 S. 6 6. Die Mietverträge werden in beidseitigem Einverständnis der Vertragsparteien bei der C. Treuhand A.G. deponiert. 7. Sofern das Darlehen bis zum 30.4.1979 nicht zurückbezahlt ist, gehen die Mietzinse ab 1.5.1979 an die C. Treuhand AG, welche diese an Herrn A. weiterleitet. Herr C. wird dies den Mietern in geeigneter Form unter Einhaltung der Vereinbarung über die stille Abtretung notifizieren." Ein weiteres Darlehen von Fr. 12'000.-- zuzüglich Fr. 5'000.-- Gewinnanteil gewährte A. zu den gleichen Bedingungen am 19. Januar 1979. B.- Mit Betreibungsbegehren vom 12. September 1979 setzte der Gläubiger die Darlehenssumme nebst Zins in Betreibung. Gegen den Zahlungsbefehl, den ihm das Betreibungsamt Bern am folgenden Tag zustellte (Betreibung Nr. 52843), erhob der Schuldner bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern Beschwerde mit der Begründung, die in Betreibung gesetzte Forderung sei pfandversichert, so dass die Betreibung auf Pfandverwertung durchgeführt werden müsse. Mit Entscheid vom 30. Januar 1980 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab. C.- Gegen diesen Entscheid rekurrierte B. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Hauptgegenstand des Rekurses bildet die Frage, ob die Vorinstanz das dem Schuldner nach der Rechtsprechung zu Art. 41 SchKG zustehende Recht auf Vorausverwertung allfälliger Pfänder verletzt habe, indem sie den Bestand der vom Rekurrenten geltend gemachten Forderungspfandrechte verneinte. Der Schuldner, der unter Berufung auf das sogenannte beneficium excussionis realis die Aufhebung der gegen ihn eingeleiteten gewöhnlichen Betreibung verlangt, hat auf dem Beschwerdeweg in liquider Weise darzutun, dass die in Betreibung gesetzte Forderung pfandversichert ist ( BGE 104 III 9 E. 2, BGE 93 III 15 E. 1 mit Hinweisen). Voraussetzung des Rechtes auf Vorausvollstreckung ist somit, dass der Bestand eines Pfandrechts im eigentlichen Sinne des Wortes - wozu nach der Terminologie des Gesetzes auch das Retentionsrecht gehört ( Art. 37 Abs. 2 SchKG ; BGE 104 III 8 ff.) - in unzweifelhafter BGE 106 III 5 S. 7 Weise dargetan werden kann. Eine andere Art von Sicherung einer Forderung genügt hierfür nicht, wenn nicht aus den Augen verloren werden will, dass Art. 41 SchKG , der die Grundlage der eingangs erwähnten Rechtsprechung bildet, nur von pfandversicherten Forderungen spricht. Aus der Regelung der für das Darlehen bestellten Sicherheiten im Vertrag vom 14. Juni 1978 ergibt sich nun entgegen den Ausführungen des Rekurrenten keineswegs mit der erforderlichen Klarheit, dass es sich dabei um Pfandrechte an den betreffenden Mietzinsforderungen handelt. Auch wenn es für die Beurteilung der Frage, ob die in Betreibung gesetzte Forderung pfandversichert sei, nicht entscheidend auf die im Darlehensvertrag verwendeten Worte ankommen kann, spricht die ganze Ausdrucksweise viel eher für das Vorliegen von Sicherungszessionen, eventuell sogar trotz des Wortes "Sicherstellung", von Abtretungen zahlungshalber (OFTINGER weist übrigens in überzeugender Weise darauf hin, dass sich Sicherungszessionen in diese Rechtsfigur verwandeln, sobald der Zessionar die Einziehung der sicherheitshalber zedierten Forderung vornimmt oder vornehmen sollte; N. 312 des Systematischen Teils des Kommentars zum Fahrnispfandrecht). Damit sich der Rekurrent auf das sich aus Art. 41 SchKG ergebende Recht auf Vorausvollstreckung berufen könnte, müsste er einen Konsens nachweisen können, der auf die Begründung eines Pfandrechts und nicht einer Sicherungszession gerichtet ist (zur Frage dieses Konsenses vgl. OFTINGER, a.a.O., N. 24 zu Art. 900 ZGB ). Für einen solchen Nachweis reicht die von ihm vorgelegte vertragliche Vereinbarung nicht aus. Entgegen den Ausführungen in der Rekursschrift kann aus der vertraglichen Regelung durchaus eine Sicherungszession abgeleitet werden, da sich die Verpflichtung zur Rückübertragung der sicherheitshalber abgetretenen Forderung nach der Tilgung der gesicherten Forderung von selbst versteht (OFTINGER, a.a.O., N. 274 des System. Teils). Der Rekurs ist daher abzuweisen.
null
nan
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1,980
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
bc900324-3595-4b8d-aba1-eb8d248ac4ae
Urteilskopf 141 IV 289 39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) 1B_56/2015 vom 29. Juli 2015
Regeste Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ; Art. 130 lit. b, Art. 131 Abs. 3, Art. 141 Abs. 1, 2 und 5 StPO ; Entfernung eines Einvernahmeprotokolls aus den Untersuchungsakten wegen angeblicher Unverwertbarkeit; nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil. Der alleinige Umstand, dass ein Beweismittel, dessen Verwertbarkeit der Beschwerdeführer im Vorverfahren bestreitet, in den Untersuchungsakten bleibt, stellt grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur dar (E. 1). Eine Ausnahme von dieser Regel ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Insbesondere sieht das Gesetz (hier: Art. 131 Abs. 3 StPO ) nicht ausdrücklich die sofortige Rückgabe aus den Akten oder die Vernichtung rechtswidriger Beweise vor. Ebenso wenig steht (aufgrund des Gesetzes oder der Umstände des Einzelfalles) die Ungültigkeit bzw. Unverwertbarkeit des Beweismittels hier ohne Weiteres fest (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 290 BGE 141 IV 289 S. 290 A. Am 24. Juni 2014 erliess die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat einen Strafbefehl gegen A. wegen Angriffs. Gegen den Strafbefehl erhob einer der Geschädigten am 14. Juli 2014 Einsprache. Mit Verfügungen vom 23. bzw. 29 Juli 2014 wurde die Führung der hängigen Strafuntersuchung an die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich übertragen. B. Mit Eingabe vom 21. November 2014 beantragte der Beschuldigte, es sei das Protokoll seiner polizeilichen Einvernahme vom 24. Juni 2014, welche ohne Beizug eines Verteidigers stattgefunden hatte, aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens unter Verschluss zu halten. Zudem sei die Einvernahme in Anwesenheit des (am 25. August 2014 bestellten) amtlichen Verteidigers zu wiederholen. Die Staatsanwaltschaft wies diese Anträge mit Verfügung vom 24. November 2014 ab. Eine vom Beschuldigten am 4. Dezember 2014 dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, BGE 141 IV 289 S. 291 III. Strafkammer, mit Beschluss vom 10. Februar 2015 ab, soweit es darauf eintrat. C. Gegen den Beschluss des Obergerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 18. Februar 2015 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, die Entfernung des Protokolls seiner polizeilichen Einvernahme vom 24. Juni 2014 aus den Akten und die Unterverschlusshaltung des Protokolls bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens. (...) Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Ein Entscheid über die Verwertbarkeit von Beweismitteln ( Art. 140 und 141 StPO ) schliesst das Strafverfahren nicht ab. Es handelt sich um einen Zwischenentscheid. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. Erforderlich ist somit ein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist im Strafrecht im Allgemeinen nicht anwendbar. Zwecks Klärung der Tragweite von Art. 140 und Art. 141 StPO für das Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht haben die Strafrechtliche Abteilung und die Erste öffentlich-rechtliche Abteilung in BGE 141 IV 284 einen Meinungsaustausch gemäss Art. 23 Abs. 2 BGG durchgeführt. Dieser gibt Anlass zur Präzisierung der Rechtsprechung. 1.2 Im Strafrecht muss es sich beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren End- oder anderen Entscheid nicht mehr behoben werden kann ( BGE 137 IV 172 E. 2.1 S. 173 f.). Der alleinige Umstand, dass ein Beweismittel, dessen Verwertbarkeit der Beschwerdeführer bestreitet, in den Akten bleibt, stellt grundsätzlich keinen Nachteil rechtlicher Natur dar, da der Beschwerdeführer seinen Einwand bis zum Abschluss des Strafverfahrens erneut vorbringen kann. Er kann die Frage der Verwertbarkeit des Beweismittels namentlich dem Sachrichter unterbreiten ( Art. 339 Abs. 2 lit. d StPO ). Von diesem kann erwartet werden, dass er in der Lage ist, die unzulässigen Beweise von den zulässigen zu unterscheiden und sich bei der Würdigung BGE 141 IV 289 S. 292 ausschliesslich auf Letztere zu stützen. Der Betroffene kann das Urteil des Sachrichters in der Folge mit Berufung anfechten ( Art. 398 StPO ) und die Angelegenheit schliesslich an das Bundesgericht weiterziehen ( BGE 139 IV 128 E. 1.6 und 1.7 S. 134 f.; BGE 141 IV 284 E. 2.2; Urteil 6B_883/2013 vom 17. Februar 2014 E. 2, in: SJ 2014 I S. 348). 1.3 Von dieser Regel bestehen jedoch Ausnahmen. Eine solche liegt insbesondere vor, wenn das Gesetz ausdrücklich die sofortige Rückgabe aus den Akten bzw. Vernichtung rechtswidriger Beweise vorsieht (vgl. z.B. Art. 248, Art. 271 Abs. 3, Art. 277 und Art. 289 Abs. 6 StPO ). Ebenso verhält es sich, wenn aufgrund des Gesetzes oder der Umstände des Einzelfalles die Rechtswidrigkeit des Beweismittels ohne Weiteres feststeht. Derartige Umstände können nur angenommen werden, wenn der Betroffene ein besonders gewichtiges rechtlich geschütztes Interesse an der unverzüglichen Feststellung der Unverwertbarkeit des Beweises geltend macht ( BGE 141 IV 284 E. 2.3 S. 287). Nach Art. 42 Abs. 1 BGG muss der Beschwerdeführer die Tatsachen darlegen, aus denen sich seine Beschwerdeberechtigung ( BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f.; BGE 138 IV 86 E. 3 S. 88; je mit Hinweisen) und der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben sollen, sofern dies nicht offensichtlich ist ( BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47 mit Hinweisen; BGE 141 IV 284 E. 2.3 S. 287). 1.4 Eine andere verfahrensrechtliche Lage besteht, wenn die kantonale Beschwerdeinstanz während des Vorverfahrens entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Beweismittel als unverwertbar erachtet und seine Entfernung aus den Akten anordnet ( Art. 141 Abs. 5 StPO ). Der Staatsanwaltschaft droht dann ein nicht wieder gutzumachender Nachteil, wenn die Entfernung des Beweismittels die Weiterführung des Strafverfahrens verunmöglicht oder zumindest stark erschwert. Dies trifft nicht zu, wenn der Staatsanwaltschaft andere Untersuchungsmassnahmen zur Weiterführung des Strafverfahrens und gegebenenfalls Anklageerhebung zur Verfügung stehen (vgl. BGE 139 IV 25 E. 1 S. 27). In jedem Fall ist es Sache der Staatsanwaltschaft, die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG darzutun, damit auf ihre Beschwerde eingetreten werden kann ( BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47 mit Hinweisen; BGE 141 IV 284 E. 2.4 S. 287). 2. 2.1 Gemäss dem angefochtenen Entscheid wurde der Beschwerdeführer am 24. Juni 2014 ohne Beizug eines Verteidigers polizeilich BGE 141 IV 289 S. 293 einvernommen. Am 21. November 2014 beantragte er, es sei das Protokoll dieser Einvernahme aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens unter Verschluss zu halten. Zudem sei die Einvernahme in Anwesenheit des (am 25. August 2014 bestellten) amtlichen Verteidigers zu wiederholen. Die kantonalen Instanzen wiesen diese Anträge ab, soweit sie darauf eintraten. 2.2 Art. 131 Abs. 3 StPO bestimmt Folgendes: Werden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor eine Verteidigerin oder ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung "nur gültig", wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet. Die Verteidigung ist insbesondere notwendig, wenn der beschuldigten Person eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht ( Art. 130 lit. b StPO ). Beweise, welche die StPO als unverwertbar bezeichnet, sind in keinem Falle verwertbar ( Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO ). Beweise, die unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben wurden, dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich ( Art. 141 Abs. 2 StPO ). Die Aufzeichnungen über unverwertbare Beweise werden aus den Strafakten entfernt, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss gehalten und danach vernichtet ( Art. 141 Abs. 5 StPO ). 2.3 Es fällt auf, dass der deutsche und der italienische Wortlaut von Art. 131 Abs. 3 StPO vom französischen Gesetzestext markant abweichen: Während nach deutschem und italienischem Text eine Ungültigkeitsfolge vorgesehen ist ("nur gültig", "valido soltanto"), spricht der französische Wortlaut von Unverwertbarkeit ("ne sont pas exploitables"). Nach dem deutschen und dem italienischen Gesetzestext läge somit kein Fall von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO vor: Unverwertbarkeit (im Sinne von Satz 2) wäre nur gegeben, "wenn dieses Gesetz einen Beweis als unverwertbar bezeichnet" . Weder der deutsche noch der italienische Wortlaut bezeichnen die Beweiserhebung in den Fällen von Art. 131 Abs. 3 StPO als unverwertbar. 2.4 Im Bundesgerichtsurteil 6B_883/2013 vom 17. Februar 2014 E. 2.3 wurde gestützt auf den französischen Wortlaut im Ergebnis von einem Fall der Unverwertbarkeit ausgegangen. In diesem Urteil werden die divergierenden Gesetzestexte allerdings weder angesprochen noch thematisiert. Wie es sich mit den materiellrechtlichen Fragen zur Auslegung von Art. 131 Abs. 3 und Art. 141 StPO BGE 141 IV 289 S. 294 verhält, kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, würde auch eine Anwendbarkeit von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO an der hier zu beurteilenden Frage des drohenden nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteils nichts ändern: 2.5 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe zwar keinen Verzicht auf die Wiederholung der polizeilichen Einvernahme vom 24. Juni 2014 erklärt. Die Staatsanwaltschaft habe in ihrer Verfügung vom 24. November 2014 jedoch bemerkt, dass der Beschwerdeführer anlässlich der noch ausstehenden Befragungen - unter Wahrung der Teilnahmerechte - ausreichend Gelegenheit erhalten werde, seine Version der Geschehnisse nochmals darzulegen. Soweit darin eine Abweisung seines Antrags auf Wiederholung der polizeilichen Einvernahme zu sehen sei, sei eine Beschwerde dagegen mangels drohenden Rechtsnachteils nicht zulässig. Der Antrag auf Entfernung eines angeblich nicht verwertbaren Aktenstücks sei demgegenüber kein Beweisantrag. Die Zulässigkeit der StPO-Beschwerde setze nicht voraus, dass ein Antrag auf Entfernung eines Einvernahmeprotokolls aus den Akten nicht auch noch im Verfahren vor dem erstinstanzlichen Sachrichter gestellt werden könnte. Offensichtlich unverwertbare Beweismittel müssten auf Antrag einer Partei bereits (im Vorverfahren) von der Staatsanwaltschaft aus den Akten entfernt werden. Die Staatsanwaltschaft könne sich in diesen Fällen nicht mit einem blossen Hinweis auf die spätere Urteilskompetenz des Sachrichters begnügen. Insofern sei auf die StPO-Beschwerde einzutreten. Da am 24. Juni 2014 für die ermittelnde Polizei noch keine notwendige Verteidigung erkennbar gewesen sei, sei das Einvernahmeprotokoll gültig bzw. "zumindest nicht klar unverwertbar" und die StPO-Beschwerde abzuweisen. 2.6 Der Beschwerdeführer macht geltend, es drohe ihm durch den angefochtenen Zwischenentscheid ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG . Er habe ein rechtlich geschütztes Interesse an der Entfernung des (seiner Ansicht nach nicht verwertbaren) Einvernahmeprotokolls aus den Akten. Es drohe ihm ein solcher Nachteil, wenn das nicht verwertbare Protokoll, in welchem er sich selber belastet habe, in den Akten bliebe und von den erstinstanzlichen Richtern zur Kenntnis genommen würde. Diese würden zwangsläufig von den darin enthaltenen Selbstbelastungen unterschwellig beeinflusst, selbst wenn sie das Protokoll als unverwertbar aus den Akten weisen sollten. BGE 141 IV 289 S. 295 Da einer der Geschädigten bei der untersuchten Auseinandersetzung einen Schlag mit einer Holzlatte ins Gesicht erlitten habe, sei schon seit Untersuchungsbeginn eine Straftat "im Raume" gestanden, welche eine notwendige Verteidigung gemäss Art. 130 lit. b StPO erfordert hätte. Zwar habe nicht er, der Beschwerdeführer, den Schlag mit der Holzlatte ausgeführt, sondern einer seiner "Kollegen". Seine Rolle bei der Auseinandersetzung sei jedoch bei der polizeilichen Einvernahme noch nicht klar gewesen. Da der Kollege einen gefährlichen Gegenstand benutzt habe, sei auch bei ihm (dem Beschwerdeführer) die Notwendigkeit der Verteidigung "zwingend" bzw. offenkundig erkennbar gewesen. Die erst später bekannt gewordenen "effektiv erlittenen Verletzungen" (des von der Holzlatte getroffenen Geschädigten) vermöchten daran nichts zu ändern. Die polizeiliche Einvernahme vom 24. Juni 2014, auf deren Wiederholung er nicht verzichtet habe, sei daher ungültig und unverwertbar. 2.7 Soweit die kantonalen Instanzen den Antrag des Beschwerdeführers (vom 21. November 2014) abgewiesen haben, seine Einvernahme als Beschuldigter sei zu wiederholen, droht ihm damit kein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ). Dieser Beweisantrag kann ohne erkennbaren Rechtsnachteil, nötigenfalls auch noch vor dem erstinstanzlichen Gericht ( Art. 394 lit. b StPO ), wiederholt werden. Ausserdem hat die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer bereits in ihrer Verfügung vom 24. November 2014 eine nochmalige Befragung im Beisein seines Verteidigers ausdrücklich in Aussicht gestellt. 2.8 Nachfolgend ist (im Lichte der obigen E. 1.1-1.3) zu prüfen, ob die Weigerung der kantonalen Instanzen, das Einvernahmeprotokoll vom 24. Juni 2014 aus den Akten zu entfernen und bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Verschluss zu halten, einen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil nach sich zieht. 2.9 Es fragt sich zunächst, ob das Gesetz für den vorliegenden Fall ausdrücklich die sofortige Rückgabe eines Beweismittels oder die Vernichtung eines rechtswidrig erhobenen Beweises vorsieht. Die Frage ist zu verneinen: Art. 131 Abs. 3 StPO sieht zwar (für den dort geregelten Fall) die Ungültigkeit bzw. Unverwertbarkeit der Beweiserhebung vor (vgl. oben, E. 2.3 und 2.4). Eine Vernichtung von rechtswidrig erhobenen Beweismitteln oder eine sofortige Rückgabe an ihren ursprünglichen Inhaber hat nach dieser Bestimmung BGE 141 IV 289 S. 296 jedoch (anders als z.B. in den Fällen von Art. 248, Art. 271 Abs. 3, Art. 277 und Art. 289 Abs. 6 StPO ) nicht zu erfolgen. Insofern droht dem Beschwerdeführer kein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil (im Sinne der obigen E. 1.3). 2.10 Weiter ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Ungültigkeit bzw. Unverwertbarkeit des Beweismittels aufgrund des Gesetzes oder in Anbetracht der besonderen Umstände des Einzelfalles ohne Weiteres feststeht : 2.10.1 Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, dass es bei der ersten polizeilichen Befragung des Beschwerdeführers vom 24. Juni 2014 insbesondere darum gegangen sei, ob dieser überhaupt an der fraglichen Auseinandersetzung beteiligt gewesen sei und welche Rolle er dabei gespielt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei es keineswegs klar gewesen, dass es sich um einen Fall notwendiger Verteidigung handeln könnte. Dementsprechend habe die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat auch einen Strafbefehl (noch am gleichen Tag) gegen den Beschwerdeführer erlassen. Zwischen der Auseinandersetzung und der Befragung seien zwei Tage vergangen. Die ermittelnde Polizei habe schon damals gewusst, dass einer der Geschädigten verschiedene Verletzungen erlitten und über starke Schmerzen geklagt habe, weshalb er mit der Ambulanz ins Spital habe verbracht werden müssen. Zwar habe die Polizei davon ausgehen müssen, dass mindestens einer der Angreifer (welcher besonders aggressiv mit einem brettähnlichen Gegenstand auf den genannten Geschädigten losgegangen sei) sich auch der Körperverletzung schuldig gemacht habe. Jedoch sei erst am 14. Juli 2014 (aufgrund der Einsprache des Geschädigten gegen den Strafbefehl) bekannt geworden, dass der Geschädigte eine mehrfache Trümmerfraktur an der Nase mit Frakturausläufern in Stirne und Augenhöhle sowie eine lebensgefährliche Schädelfraktur (mit Eindringen von Splittern Richtung Hirn) erlitten habe, welche eine Operation von vier Stunden Dauer notwendig gemacht habe. Bei der Befragung vom 24. Juni 2014 habe die Polizei noch nicht davon ausgehen müssen, dass der Beschwerdeführer einer schweren Körperverletzung verdächtig gewesen wäre und ihm deshalb eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr gedroht hätte. Damit sei die Verteidigung damals noch nicht erkennbar notwendig gewesen und erscheine das Einvernahmeprotokoll nach heutiger Aktenlage "zumindest nicht klar unverwertbar", weshalb es bei den Akten zu verbleiben habe. Es stehe dem Sachgericht frei, aufgrund der Aktenlage, wie sie sich im Zeitpunkt seines BGE 141 IV 289 S. 297 Urteils ergeben werde, einen eigenständigen Entscheid bezüglich der Verwertbarkeit des Einvernahmeprotokolls zu treffen. 2.10.2 Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, lässt das Einvernahmeprotokoll nicht als von Gesetzes wegen offensichtlich ungültig bzw. unverwertbar erscheinen. Einerseits macht er geltend, dass nicht er mit einem gefährlichen Gegenstand (Holzlatte) zugeschlagen habe. Anderseits legt er nicht nachvollziehbar dar, weshalb die ermittelnden Polizeiorgane dennoch (schon bei seiner ersten Befragung zwei Tage nach der Auseinandersetzung) davon hätten ausgehen müssen, er sei für eine - den Polizeiorganen damals noch gar nicht bekannte - schwere Körperverletzung verantwortlich. Im Falle einer Anwendbarkeit von Art. 141 Abs. 2 StPO käme noch hinzu, dass selbst ungültige Beweismittel nur dann unverwertbar wären, wenn ihre Verwertung nicht zur Aufklärung schwerer Straftaten als unerlässlich erschiene. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass einem der Geschädigten mit einem gefährlichen Werkzeug eine mehrfache Trümmerfraktur an der Nase (mit Frakturausläufern in Stirne und Augenhöhle) sowie eine lebensgefährliche Schädelfraktur zugefügt wurde. 2.10.3 Nach den in E. 1.3 dargelegten Kriterien dürfen besondere Umstände des Einzelfalles, welche ausnahmsweise eine sofortige Prüfung der Verwertbarkeit als geboten erscheinen lassen, nur angenommen werden, wenn der Betroffene ein besonders gewichtiges rechtlich geschütztes Interesse an der unverzüglichen Feststellung der Unverwertbarkeit des Beweises (bzw. an seiner sofortigen Entfernung aus den Akten) geltend macht und substanziiert, etwa im Rahmen der Wahrung gesetzlich geschützter Privatgeheimnisse (vgl. auch BGE 141 IV 284 E. 2.3 S. 287). Solche besonders gewichtigen und rechtlich geschützten Geheimnisinteressen bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Sein faktisches Interesse als Beschuldigter, ihn belastende Beweisergebnisse möglichst zu vermeiden, fällt nicht darunter. 2.11 Nach dem Gesagten ist der drohende nicht wieder gutzumachende Rechtsnachteil (im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ) im vorliegenden Fall zu verneinen.
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2,015
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Urteilskopf 95 I 264 38. Auszug aus dem Urteil vom 9. Mai 1969 i.S. Brandversicherungsanstalt des Kantons Basel-Stadt gegen Eidg. Steuerverwaltung.
Regeste Stempelabgabe auf Prämienquittungen der Immobiliarfeuerversicherung. Besteuerung einer kantonalen Brandversicherungsanstalt. Begriff der Versicherungssumme ( Art. 45 Abs. 1 lit. c StG ). Berechnung dieser Summe.
Sachverhalt ab Seite 264 BGE 95 I 264 S. 264 Aus dem Tatbestand: A.- Die Brandversicherungsanstalt des Kantons Basel-Stadt (BVA) ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt, bei der die in diesem Kanton gelegenen Gebäude obligatorisch gegen Brand, Blitzschlag, Explosion und Elementarschaden versichert sind (§§ 1 und 2 des kantonalen Brandversicherungsgesetzes vom 2. Juli 1908, BVG). Die Gebäudeeigentümer haben der Anstalt jährliche Versicherungsprämien zu bezahlen, die in 4 Gefahrenklassen nach Promillesätzen vom Versicherungswert BGE 95 I 264 S. 265 der Gebäude abgestuft sind (§ 30). Als Versicherungswert ist bei der Einschätzung "die Summe festzusetzen, welche bei Berücksichtigung des Durchschnitts der Baupreise der letzten 10 Jahre nötig wäre, um das zu schätzende Gebäude herzustellen, jedoch mit Abrechnung des Minderwertes, der sich infolge Alters, Abnutzung, Baufälligkeit und dergleichen ergibt" (§ 6). Eine Revision der Schatzung findet von Amtes wegen nach 10 Jahren, auf Antrag des Eigentümers schon nach 5 Jahren und auf Verlangen des Justizdepartements in jedem andern Zeitpunkt statt (§ 15). Im Jahre 1949 wurden alle Versicherungswerte auf 160% der Vorkriegsschatzung "stabilisiert"; auch die neuen Schätzungen erfolgen seither auf der Basis von 160% des Vorkriegswertes. Der so stabilisierte Versicherungswert bildet gleichzeitig die Grundlage für die Bemessung der Prämie. Bei gänzlicher Zerstörung eines Gebäudes ist der ganze Versicherungswert (unter Abzug des Verkaufswertes der noch verwertbaren Materialien und Zurechnung der Abräumungskosten) als Schaden zu vergüten (§ 18). Genügt das nicht für die Wiederherstellung des Gebäudes, so ist die Entschädigungssumme auf den Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten zu erhöhen (§ 19 a). Totalschäden waren in den letzten Jahren sehr selten (von 1957 bis 1967 nur 6 Fälle). B.- Nach Art. 45 Abs. 1 lit. c StG beträgt die Stempelabgabe auf Quittungen für Versicherungsprämien der Immobiliarfeuerversicherung jährlich 1/20‰ der Versicherungssumme. Als solche betrachtete die BVA seit 1949 grundsätzlich den auf 160% des Vorkriegswertes stabilisierten Versicherungswert und berechnete die von ihr entrichtete Stempelabgabe entsprechend; hievon abweichend legte sie in den Jahren, in denen ein - nach ihrer Auffassung - für den Versicherungsbestand repräsentativer Totalschaden tatsächlich eintrat und die dafür ausgerichtete Entschädigung die Schatzungssumme überstieg, die Mehrentschädigung auf das gesamte Versicherungskapital um und entrichtete die Abgabe von dem so erhöhten Kapital. Mit Schreiben vom 20. Oktober 1956 beanstandete die eidg. Steuerverwaltung (EStV) jene Berechnung und machte geltend, Versicherungssumme sei der Höchstbetrag, zu dessen Leistung der Versicherer verpflichtet sei, also hier der Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten gemäss § 19 a BVG ; sie forderte die BVA auf, ab 1. Januar 1957 BGE 95 I 264 S. 266 die Stempelabgabe durchweg "vom Versicherungskapital, das nach dem jeweiligen Baukostenindex auf den Wiederherstellungswert umgerechnet wird, zu entrichten". Die BVA war hiemit nicht einverstanden und schlug vor, "es bei der geltenden, im gegenseitigen Einvernehmen getroffenen Regelung zu belassen". Darauf setzte die EStV das Verfahren bis zur Erledigung eines ähnlichen Streites mit der Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern aus. Nach Eröffnung des bundesgerichtlichen Urteils vom 24. November 1961 i.S. Brandversicherungsanstalt Bern forderte die EStV die BVA auf, die Stempelabgaben für die Jahre 1957-1961 nach der Berechnung gemäss ihrem Schreiben vom 20. Oktober 1956 nachzuentrichten. Da hierüber keine Einigung zustande kam, erliess sie am 2. Juni 1965 einen Entscheid, worin sie für die Jahre 1957-1963 Abgaben von insgesamt Fr. 800'246.70 nachforderte; für die Umrechnung des stabilisierten Versicherungswertes auf den Wiederherstellungswert erklärte sie den jeweiligen Zürcher Baukostenindex als massgebend. Am 31. Oktober 1968 hiess sie eine Einsprache der BVA dahin teilweise gut, dass sie statt auf die letzte Indexzahl auf das Mittel des Erhebungsjahres abstellte und einen Abzug von 5% für Alter und Abnützung anerkannte. Gestützt hierauf setzte sie die Nachforderung für die Jahre 1957-1967 auf Fr. 1'531,505.85 fest. C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die BVA in erster Linie: "1. Es sei der Einspracheentscheid der EStV aufzuheben. 2. Es sei festzustellen, dass die Stempelabgabe vom ausgewiesenen Versicherungskapital der Beschwerdeführerin zu bemessen ist und dass die Beschwerdeführerin demgemäss für die Jahre 1957-1967 keine Stempelabgabe mehr schuldet." D.- Die EStV beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht folgt diesem Antrag. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Während die Stempelabgabe auf Quittungen für Versicherungsprämien bei den meisten Versicherungszweigen vom Betrage der Barprämie berechnet wird, wird sie bei einigen anderen, insbesondere der Feuerversicherung, von der Versicherungssumme berechnet ( Art. 45 StG ). Für die Immobiliarfeuerversicherung, um die es sich hier handelt, beträgt BGE 95 I 264 S. 267 sie jährlich 1/20‰ der Versicherungssumme (Abs. 1 lit. c daselbst). Diese Ordnung beruht auf dem Gedanken, dass die Vermögenswerte insoweit besteuert werden sollen, als sie unter dem Schutz der Versicherung stehen. Bei den meisten Versicherungsarten ist Grundlage der Abgabebemessung die für die Versicherung zu entrichtende Prämie, weil in ihr der angemessene Ausdruck des Wertes der versicherten Gegenstände erblickt wird. Bei der Feuerversicherung aber wird nicht auf die Prämie, sondern direkt auf die Versicherungssumme abgestellt, weil angenommen wird, dass der durch diese Versicherung geschützte Wert in der Prämie aus sozialpolitischen Gründen nicht immer einen zutreffenden Ausdruck findet (Botschaft des Bundesrates zum Entwurf des Stempelgesetzes, BBl 1917 III S. 128 und 133). Das basel-städtische BVG kennt den Begriff "Versicherungssumme" nicht, und die heutigen Parteien streiten darüber, was nach seiner Ordnung als solche zu betrachten ist. Nach der Auffassung der BVA ist es der "Versicherungswert", der bei der Einschätzung der versicherten Gebäude festgesetzt wird und seit 1949 auf 160% des Vorkriegswertes "stabilisiert" ist. Die EStV dagegen erachtet - in Anlehnung an Art. 69 Abs. 1 VVG - als massgebend den Höchstbetrag der Leistung, die der Versicherer allenfalls zu erbringen hat, also gemäss § 19 a BVG den Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten. Die gleiche Frage stellte sich in dem von den Parteien zitierten Urteil des Bundesgerichts vom 24. November 1961 i.S. Brandversicherungsanstalt des Kantons Bern; denn auch die bernische Ordnung kennt einen - dort auf 130% des Vorkriegswertes - "stabilisierten" Versicherungswert, der die Grundlage der Prämienbemessung bildet, sieht aber im Falle des Wiederaufbaus zerstörter Gebäude als - höhere - Versicherungsleistung den Ersatz der Wiederaufbaukosten vor. (Dass die Differenz in Bern in Form einer Zulage zu entrichten ist, während Basel-Stadt eine einheitliche Leistung vorsieht, stellt keinen grundsätzlichen Unterschied dar.) In jenem Urteil hat das Bundesgericht in E. 1 zunächst auf den oben erwähnten Grundgedanken der Berechnung der Stempelabgabe hingewiesen und weiter ausgeführt: Die Versicherungssumme erfüllt zwei Funktionen, indem sie einerseits die obere Grenze für die Leistung des Versicherers und anderseits BGE 95 I 264 S. 268 die Grundlage der Bemessung der Prämie bildet. Diese Funktionen können auseinanderfallen und in verschiedenen Beträgen zum Ausdruck kommen, namentlich wenn die erste durch den Ersatzwert der versicherten Sache, die zweite aber durch den bei ihrer Einschätzung ermittelten Wert ausgeübt wird. Dann bildet, wenn es sich um eine Feuerversicherung handelt, der Ersatzwert als Höchstbetrag der Versicherungsleistung die Versicherungssumme im Sinne des Art. 45 StG und damit die Grundlage für die Bemessung der Stempelabgabe; gleichgültig ist hiefür, wie hoch die Prämie ist und nach welchen Regeln sie berechnet wird. Das gilt auch für die öffentlichrechtliche Gebäudebrandversicherung, und wenn hier eine Versicherungssumme nicht von vornherein festgelegt ist, richtet sich die Abgabe nach dem Höchstbetrag der Leistung des Versicherers. Diese Erwägungen sind auch auf den heutigen Fall anzuwenden. Da das basel-städtische BVG und die gestützt darauf abgeschlossenen Versicherungen keine "Versicherungssumme" nennen, ist zu prüfen, was nach seiner Ordnung diesem von Art. 45 StG verwendeten Begriff entspricht. Das Stempelgesetz hat ihn offensichtlich aus Art. 69 Abs. 1 VVG übernommen, wonach er die Haftung des Versicherers nach oben begrenzt. Das entspricht auch der ratio legis von Art. 45 StG , weil zur Steuerleistung das Kapital herangezogen werden soll, das in der Versicherung Schutz sucht und damit sein Vermögensinteresse dokumentiert (s. die oben zitierte Botschaft, S. 128). Dieses Kapital und dieser Schutz kommen zum Ausdruck in dem höchsten Werte, der im Schadensfalle vom Versicherer ersetzt wird. Nach dem basel-städtischen BVG ist das nicht der bei der Einschätzung gemäss § 6 festgesetzte "Versicherungswert", der die andere Funktion der Versicherungssumme erfüllt, indem er als Grundlage für die Bemessung der Prämie dient, und der gemäss den §§ 18 und 19 bei gänzlicher Zerstörung ohne Wiederherstellungsmöglichkeit und bei Teilschäden der Entschädigung zugrunde gelegt wird, sondern der höhere Betrag der mutmasslichen Wiederherstellungskosten, der nach § 19 a im Falle des Wiederaufbaues zu ersetzen ist. Als Versicherungssumme auf Grund des BVG sind somit die mutmasslichen Kosten des Wiederherstellung der versicherten Gebäude im Falle ihrer gänzlichen Zerstörung zu betrachten. Von ihnen ist die Stempelabgabe zu berechnen. BGE 95 I 264 S. 269 2. Demgegenüber vermögen die Argumente der Beschwerdeführerin, welche das Urteil vom 24. November 1961 kritisiert und seine Überprüfung verlangt, nicht durchzudringen. a) Sie wendet sich vor allem dagegen, dass der Begriff der Versicherungssumme nach Art. 45 StG in Anlehnung an Art. 69 VVG ausgelegt wird, und macht geltend, die Übereinstimmung verstehe sich nicht von selbst, sondern solche Begriffe seien im Steuerrecht unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Bedeutung zu interpretieren, wenn sich dies aus steuerrechtlichen Überlegungen rechtfertige. Gerade das aber trifft hier nicht zu. Wie oben dargetan, verwendet Art. 45 StG den Begriff "Versicherungssumme" in bewusster Anlehnung an Art. 69 Abs. 1 VVG im Sinne der oberen Begrenzung der Versicherungsleistung und entspricht das auch seiner ratio legis. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das wirtschaftliche Interesse des Versicherungsnehmers komme in der Prämie zum Ausdruck, die neben dem Wert der versicherten Gegenstände auch die Höhe des Risikos berücksichtige. Nach Art. 45 StG ist jedoch bei der Feuerversicherung die Abgabe gerade nicht nach der Prämie, sondern allein nach dem in der "Versicherungssumme" ausgedrückten Wert der versicherten Gegenstände zu bemessen, und an diese gesetzliche Regelung ist das Bundesgericht gemäss Art. 114bis Abs. 3 BV gebunden. Freilich will die Beschwerdeführerin nicht auf die Prämie selbst abstellen, sondern auf das - auf Grund der Schätzungen - "ausgewiesene Versicherungskapital", das zusammen mit dem in den vier Gefahrenklassen ausgedrückten Risiko für die Berechnung der Prämien dient. Sie hat es jedoch in der Hand, diese Berechnung durch Manipulierung ihrer beiden Faktoren zu steuern, indem z.B. eine Einschätzung zu Fr. 100'000.-- mit einem Prämiensatz von 1‰ das gleiche Resultat ergibt wie eine Einschätzung zu Fr. 200'000.-- mit einem Prämiensatz von 0,5‰. So könnte die Beschwerdeführerin, wenn ihrer Auffassung gefolgt würde, selbst bestimmen, von welchem Betrage die Abgabe zu bemessen sei. Verschiedene kantonale Brandversicherungsanstalten haben den Versicherungswert in unterschiedlicher Weise "stabilisiert": Bern auf 130%, Basel-Stadt auf 160%, Schaffhausen und Zug auf 200% des Vorkriegswertes. Nach dem von der Beschwerdeführerin befürworteten System hätten diese Anstalten - bei gleich hohen von ihnen zu ersetzenden Wiederherstellungskosten - entsprechend verschiedene BGE 95 I 264 S. 270 Stempelabgaben zu entrichten und würden diejenigen mit "stabilisierten" Versicherungswerten gegenüber den übrigen und allen privaten Feuerversicherungen steuerlich bevorzugt. Aber auch abgesehen von dieser Erwägung stellt das "ausgewiesene Versicherungskapital" nicht die Höchstgrenze der Versicherungsleistung und damit nicht die Versicherungssumme im Sinne des Art. 45 StG dar. b) Die Beschwerdeführerin weist weiter darauf hin, dass nach Art. 69 Abs. 1 VVG die Versicherungssumme die Haftung des Versicherers nur nach oben begrenzt, "soweit der Vertrag oder dieses Gesetz (Art. 70) nicht anders bestimmt", und dass es somit den Parteien freisteht, auf die Festsetzung einer Versicherungssumme überhaupt zu verzichten oder die Vergütung des vollen Wiederbeschaffungswertes auch für den Fall zu vereinbaren, dass er die festgesetzte Versicherungssumme übersteigen sollte. Nach dem BVG - dessen Ordnung an die Stelle der vertraglichen bei der Privatversicherung tritt - ist keine Versicherungssumme vorgesehen, wohl aber der Ersatz der Wiederherstellungskosten, falls diese höher sind als die Leistungen, die sich nach den §§ 18 und 19 auf Grund des Versicherungswertes ergeben würden. Damit ist die Versicherungsleistung im Falle des Wiederaufbaus auf den höchsten in Frage kommenden Wert festgesetzt, was - wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt - sowohl im Interesse der Eigentümer als auch im öffentlichen Interesse liegt (Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Baubestandes, Schutz des Hypothekarkredites). Zugleich ist damit die obere Grenze der Versicherungsleistung festgelegt, die als Versicherungssumme zu betrachten ist. Wieso es sich in dieser Beziehung bei der öffentlichen Feuerversicherung anders verhalten sollte als bei der privaten, ist nicht einzusehen, da beide in gleicher Weise der Stempelabgabe unterliegen. c) Die Beschwerdeführerin macht sodann geltend, sowohl das VVG als auch das StG verständen unter Versicherungssumme einen bestimmten oder doch ohne weiteres arithmetisch bestimmbaren Zahlenwert, und hieran fehle es bei den "mutmasslichen Wiederherstellungskosten". Ausser Zweifel steht, dass sich diese bei jedem einzelnen Gebäude, das - ganz oder teilweise - zerstört wurde und wieder aufzubauen ist, bestimmen lassen und nach Art. 19 a BVG auch bestimmt werden müssen. Schwieriger ist dagegen ihre Bestimmung für den BGE 95 I 264 S. 271 ganzen Versicherungsbestand, die notwendig ist, um die Stempelabgabe danach zu berechnen. Sie beruht nicht, wie die Beschwerdeführerin kritisch bemerkt, auf einer mit dem Wesen der Versicherung nicht vereinbaren Vorstellung einer Zerstörung des gesamten Versicherungsbestandes, sondern dient lediglich der Berechnung der Abgabe, für welche das versicherte Vermögen und damit die - freilich theoretische - obere Grenze der Versicherungsleistung massgebend ist; das Risiko und die Frage der Schadenswahrscheinlichkeit hat damit nichts zu tun. Das gleiche Problem stellte sich in dem am 24. November 1961 beurteilten Falle der bernischen Brandversicherungsanstalt: Da die obere Grenze der Haftung nicht von vornherein durch eine feste Versicherungssumme, sondern durch den jeweiligen Ersatzwert im Falle des Wiederaufbaus bestimmt war, war es schwierig, sie für den ganzen Versicherungsbestand zu berechnen. Die Schwierigkeit betraf zwei Grössen, den Baukostenindex und die Entwertung seit der letzten Einschätzung. Das Gericht holte deshalb zwei Gutachten ein, und die Experten stellten fest, dass sich beide Grössen für den gesamten Versicherungsbestand periodisch in einem Durchschnitt ermitteln lassen. Eine alljährliche Neubewertung jeder einzelnen versicherten Baute ist praktisch nicht durchführbar; doch genügt es zur Bestimmung der Versicherungssumme, dass sich sowohl der Baukostenindex als auch die Entwertung seit der letzten Einschätzung für den gesamten Versicherungsbestand periodisch in einem Durchschnitt feststellen lassen. Damit ist die zur Anwendung des Art. 45 StG erforderliche zahlenmässige Bestimmbarkeit der Versicherungssumme gegeben. Im heutigen Falle haben sich übrigens die Parteien dahin geeinigt, dass für den durchschnittlichen Wertabgang infolge Alters und Abnützung seit der letzten Einschätzung ein Abzug von 5% zu machen ist. Sie sind dagegen verschiedener Meinung über die andere zur Ermittlung der Wiederaufbaukosten erforderliche Grösse, den Baukostenindex, und namentlich über die Verwendung des Zürcher Baukostenindex. 3. Während sich die mutmasslichen Wiederherstellungskosten, die bei gänzlicher Zerstörung und Wiederaufbau eines bestimmten Gebäudes zu ersetzen sind, konkret ermitteln lassen, z.B. durch die Einholung von Unternehmerofferten, ist das nicht möglich für die - theoretischen - Kosten der Wiederherstellung des gesamten Versicherungsbestandes, die BGE 95 I 264 S. 272 als Versicherungssumme der Stempelabgabe zugrunde zu legen sind. Daraus erklärt sich die im Jahre 1944 oder (nach der Darstellung der EStV) 1945 getroffene Vereinbarung der Parteien, wonach in den Jahren, in denen sich ein für den Versicherungsbestand repräsentativer Totalschaden tatsächlich ereignete und die dafür ausgerichtete Entschädigung die Schatzungssumme überstieg, die Mehrentschädigung auf das gesamte Versicherungskapital umzulegen und die sich daraus ergebende Mehrabgabe nachzuzahlen war. Diese Lösung führt aber nur für die genannten Jahre zu einem brauchbaren Ergebnis; doch bestimmt sich die Versicherungssumme auch dann, wenn keine Totalschäden eintreten, nach der oberen Grenze der in Frage kommenden Versicherungsleistung. Wie unbefriedigend jene Lösung ist, zeigt sich darin, dass in den Jahren 19571967 bei der BVA nur sechs Totalschäden eintraten, von denen sie einen einzigen als repräsentativ anerkennt. Nach ihrer These wäre die Stempelabgabe nur für eines dieser elf Jahre auf Grund der Versicherungssumme zu berechnen. Richtiger wäre es wohl, die Umlegung auf lückenlose Zeiträume vorzunehmen, z.B. hier auf die elf Jahre. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die Berechnung der Abgabe für mehrere Jahre auf Grund eines einzigen Totalschadenfalles zu Zufallsergebnissen führen könnte und viel grössere Fehlerquellen enthielte als das Abstellen auf Durchschnittswerte, wie sie im Baukostenindex berücksichtigt werden. (Hier hat übrigens die BVA gerade in dem einen von ihr als repräsentativ anerkannten Fall die ersetzten Wiederaufbaukosten auf Grund des Zürcher Baukostenindex berechnet; würde die Abgabe für die elf Jahre auf dieser Grundlage nachbezahlt, so wäre das Ergebnis gleich wie nach dem angefochtenen Entscheid.) Weil es sich darum handelt, die Wiederherstellungskosten für den gesamten Versicherungsbestand zu schätzen und ihre Abweichung von der Summe der Einschätzung festzustellen, drängt es sich auf, von dieser Summe auszugehen und den Baukostenindex zu berücksichtigen, der die Abweichung der Baukosten im Abgabejahr von denjenigen angibt, die den Einschätzungen zugrunde liegen. Auch diese sollen ja nach § 6 BVG auf den Baukosten beruhen, die allerdings seit 1949 - im Bestreben, alle Gebäudeschätzungen auf die gleiche Preisgrundlage zu stellen - einheitlich auf 160% der Vorkriegskosten "stabilisiert" wurden. Die Wiederaufbaukosten sind deshalb - BGE 95 I 264 S. 273 wie das im Einspracheentscheid geschah - für jedes Abgabejahr nach folgender Formel zu berechnen: (Stabilisierter Versicherungswert x Baukostenindex) / 160 (Sie entspricht der Formel, die - mit anderer Terminologie und dem Divisor 130 statt 160 - von der bernischen BVA zur Lösung des gleichen Problems aufgestellt und dem Urteil vom 24. November 1961 zugrunde gelegt wurde. Dass die baselstädtische BVA keine solche Vorschrift aufgestellt hat, ändert nichts daran, dass auch sie die Wiederherstellungskosten richtig, also nach der genannten Formel, zu berechnen hat.) Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Zürcher Baukostenindex sei für die Berechnung der Wiederaufbaukosten ungeeignet, und sie werde durch seine Anwendung benachteiligt. Sie stützt sich dafür auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des Basler Kantonsstatistikers Dr. Wunderle. Darin wird gegen jenen Index eingewendet, er gebe nur die eigentliche Verteuerung wieder, berücksichtige aber die Änderungen der Baumethoden nicht, die sich eher verbilligend auswirkten; immerhin wird auch festgestellt, dass er periodisch durch die Wahl neuer, moderner Indexhäuser an die veränderten Bauweisen angepasst wird. Die Kritik richtet sich nicht speziell gegen den Zürcher, sondern im Grunde gegen jeden Baukostenindex. Gegen die Verwendung des Zürcher Index selbst wendet sich die Behauptung der Beschwerdeführerin, in Zürich sei das Bauen teurer als in Basel; sie wird jedoch in keiner Weise untermauert, und die von der EStV angestellten Erhebungen über die Taglohntarife der Zürcher und Basler Fachverbände haben nur geringe Unterschiede - bald zugunsten des einen, bald des anderen Platzes - ergeben. Weder die Beschwerdeführerin selbst noch ihr Experte vermag eine Methode anzugeben, die zu richtigeren Resultaten führt. (Die Beschwerdeführerin hat das durch von ihr angestellte "Kontrollrechnungen" versucht, die aber von ihrem eigenen Experten ebenfalls abgelehnt werden.) Anderseits hat die Beschwerdeführerin bis zum jetzigen Streitfall den Zürcher Baukostenindex selbst vielfach verwendet. Namentlich hat sie in ihren Jahresberichten die "Haftungssumme" - die nichts anderes ist als die Versicherungssumme aller versicherten Bauten - jeweils anhand BGE 95 I 264 S. 274 der Entwicklung dieses Index berechnet. Ferner hat sie sowohl bei der Einschätzung als auch bei der Ermittlung der Wiederaufbaukosten in konkreten Fällen auf den Zürcher Baukostenindex gegriffen, wenn keine anderen Mittel zur Verfügung standen. Dieses ihr Verhalten wie auch der Umstand, dass Anstalten anderer Kantone ohne eigenen Baukostenindex den Zürcher Index verwenden, spricht für dessen Brauchbarkeit für die Berechnung der Wiederaufbaukosten; diese ist ja nicht für jeden Einzelfall möglich, sondern muss generell für den ganzen Versicherungsbestand erfolgen und sich daher mit Durchschnittsresultaten begnügen. Der Experte Wunderle bezeichnet "die Annahme, eine einzige Ziffer könne genügen, um den Vorkriegswert von Gebäuden der verschiedensten Bauperioden und der mannigfaltigsten Bauausführungen auf den jeweils gültigen Ersatzwert umzurechnen", als "besonders kühn". Das gilt in vermehrtem Masse für das Vorgehen der BVA, die den Versicherungswert sämtlicher Gebäude für alle Jahre ab 1949 einheitlich auf 160% der Vorkriegsbaukosten "stabilisiert" und gestützt darauf 20 Jahre lang die Stempelabgabe entrichtet hat. Es handelt sich darum, diese richtig zu berechnen, indem an die Stelle jenes Wertes die mutmasslichen Wiederherstellungskosten gesetzt werden. Indem die EStV durch die oben wiedergegebene Formel den Faktor 160 durch den jeweiligen Baukostenindex des Abgabejahres ersetzt hat, hat sie lediglich die notwendige Korrektur an der Berechnung der BVA vorgenommen. Damit entfällt auch der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zum erstenmal erhobene Einwand, die Schätzungen der BVA hätten in Wirklichkeit nicht 160% der Vorkriegswerte, sondern mehr betragen. (Die BVA errechnet als Beispiel für das Jahr 1967 194,8%, indem sie die Kubikmeterpreise für dieses Jahr und für 1939 aus der jeweiligen Gesamtsumme der Schatzungen und dem Bauvolumen ermittelt und miteinander in Beziehung setzt. Die EStV führt verschiedene Gründe an, aus denen sich die Bauvolumen der Jahre 1939 und 1967 nicht miteinander vergleichen lassen. Wie es sich damit verhält, braucht nicht geprüft zu werden, da jene Rechnung ohnehin unerheblich ist.) Die Beschwerdeführerin hat nie bestritten, dass sie die Stempelabgabe auf Grund des auf 160% der Vorkriegsbaukosten "stabilisierten" Versicherungswertes entrichtet hat. Dass sie BGE 95 I 264 S. 275 diesen bewusst niedrig gehalten hat, ergibt sich aus ihrem Jahresbericht 1963, wo sie auf S. 4 ausführt: "Mit der Einführung der Stabilisierung der Versicherungswerte im Jahre 1948 auf den jetzt noch geltenden Kostenindex von 160% wurde bewusst die bestehende Spanne zwischen der angenommenen Kostenbasis und dem damaligen Baukostenindex von 198% in Kauf genommen, in der Meinung, die Baukosten würden sich mit der Zeit sukzessive zurückbilden." Entsprechend niedrig waren die von ihr auf dieser Grundlage bezahlten Stempelabgaben. Endlich weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass nach der Berechnungsmethode der EStV die von ihr zu leistenden Stempelabgaben in den Jahren 1957-1967 nicht weniger als 12,30-17,83% des Prämiensolls ausmachten; sie ist der Meinung, ein solches Missverhältnis zu den 5% der Barprämie, welche andere Versicherungszweige nach Art. 45 StG maximal zu entrichten hätten, lasse sich mit einer vernünftigen Gesetzesauslegung nicht vereinen. Dieser Vergleich geht jedoch fehl, weil das Gesetz bei der Feuerversicherung die Abgabe gewollt nicht von der Prämie berechnet. Wie richtig das ist, zeigt gerade das Beispiel der Beschwerdeführerin, die ihre Prämien dank ihren ausserordentlich niedrigen Schadenquoten besonders tief halten konnte. Nach ihrer eigenen Darstellung hat sie die Prämiensätze seit 1908 nie verändert und liegen ihre Schadenquoten ungefähr um die Hälfte unter dem schweizerischen Durchschnitt. Das dürfte auf den bei ihr vorliegenden besonderen Verhältnissen, insbesondere auf dem rein städtischen Charakter ihres Versicherungsbestandes, beruhen; nach ihren Angaben machen die Holzbauten, die ein erhöhtes Risiko darstellen, bei ihr weniger als 1% aus - gegenüber ca. 35% im Kanton Bern, wie im Gutachten Saxer festgestellt ist. Aus diesen Gründen ist der Berechnungsmethode der EStV und der Verwendung des Zürcher Baukostenindex grundsätzlich zu folgen und der Hauptantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen.
public_law
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bc9159c5-a179-467c-828d-6f9995811408
Urteilskopf 134 III 608 95. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Betreibungsamt A. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_374/2008 vom 11. August 2008
Regeste Pfändung einer österreichischen Alterspension; Art. 8 Abs. 1 und 2 BV , Art. 93 Abs. 1 SchKG , Art. 20 Abs. 1 und Art. 153a AHVG , Art. 20 und 32 ELG . Die ausgerichteten AHV-Renten und die Ergänzungsleistungen sind unpfändbar (E. 2.4 und 2.5). Die österreichische Alterspension ist dagegen beschränkt pfändbar (E. 2.6.1). Das Rechtsgleichheitsgebot ( Art. 8 Abs. 1 BV ) und das von Art. 8 Abs. 2 BV und den Staatsverträgen mit der Europäischen Gemeinschaft gewährleistete Diskriminierungsverbot sind nicht verletzt (E. 2.6.3-2.6.5).
Sachverhalt ab Seite 609 BGE 134 III 608 S. 609 Am 21. November 2007 vollzog das Betreibungsamt A. in den beiden Betreibungen Nrn. 1 und 2 gegen X. (Beschwerdeführer) die Pfändung für Forderungen von insgesamt CHF 19'896.25 nebst Zins und Kosten. Dabei verfügte es eine Einkommenspfändung in dem das Existenzminimum von CHF 4'104.10 bzw. (unter Herabsetzung der Kosten für die Wohnung) ab 1. April 2008 von CHF 3'591.10 übersteigenden Betrag. Zum Einkommen des Beschwerdeführers hielt das Betreibungsamt in der am 20. März 2008 versandten Pfändungsurkunde fest, der Schuldner und seine Ehefrau erhielten neben einer AHV-Rente von je CHF 339.- und den Ergänzungsleistungen von CHF 1'392.- eine Alterspension des Beschwerdeführers aus Österreich im Sinne von § 130 des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes von monatlich CHF 2'413.65 (EUR 1'466.37). Dagegen reichte der Beschwerdeführer Beschwerde bei der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug ein und machte die Unpfändbarkeit seiner österreichischen Altersrente geltend. Am 28. Mai 2008 wies die Justizkommission als Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs die Beschwerde ab. Der Beschwerdeführer hat die Sache an das Bundesgericht weitergezogen. Er beantragt unter anderem, das angefochtene Urteil und die vorgängige Pfändung seien insoweit aufzuheben, als die österreichische Rente teilweise gepfändet worden sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, nicht nur seine AHV-Rente und die Ergänzungsleistungen, sondern auch die Rente, die er aus Österreich von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erhalte, sei absolut unpfändbar, denn die Höhe der Ergänzungsleistungen sei auch von der Höhe seiner BGE 134 III 608 S. 610 österreichischen Rente abhängig. Daraus ergebe sich, dass die österreichische Rente gleichwertig mit der unstrittig unpfändbaren AHV-Rente und den Ergänzungsleistungen sei. Seine österreichische Rente sei Teil der Leistungen der 1. Säule. Der Unterschied zwischen seiner sehr niedrigen AHV-Rente und der höheren österreichischen Rente sei darauf zurückzuführen, dass sein Arbeitsleben zum Grossteil in Österreich stattgefunden habe. Die im angefochtenen Urteil vorgenommene Unterscheidung von in- und ausländischen Renten der 1. Säule würde eine Diskriminierung von Personen bedeuten, die im Ausland gearbeitet hätten. Die Diskriminierung treffe sowohl Schweizer Bürger als auch österreichische Staatsangehörige in gleicher Weise. Eine derartige Unterscheidung finde sich im Gesetz nicht. 2.2 Die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs führte demgegenüber im angefochtenen Entscheid aus, gemäss Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG seien ausschliesslich die dort ausdrücklich aufgezählten Renten und Leistungen unpfändbar. Damit würden die Leistungen der so genannten 1. Säule (AHV/IV/EL) sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen gänzlich von der Pfändung ausgenommen. Sie seien dem Zugriff der Gläubiger selbst dann entzogen, wenn sie einmal das Existenzminimum des Schuldners und seiner Familie übersteigen sollten, was aber in der Regel nicht der Fall sei. Altersrenten aus einer ausländischen Versicherungseinrichtung seien hingegen ebenso pfändbar wie etwa Ansprüche aus beruflicher Vorsorge nach Eintritt der Fälligkeit ( Art. 92 Abs. 1 Ziff. 10 SchKG ), auch wenn es sich dabei um eine staatliche Einrichtung handle, die mit derjenigen der AHV vergleichbar sei. Solche Renten seien gemäss Art. 93 SchKG beschränkt pfändbar, d.h. soweit sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und dessen Familie nicht unbedingt notwendig seien. Dies ergebe sich sowohl aus der Botschaft als auch aus der parlamentarischen Beratung. Es sei deshalb unerheblich, ob es sich bei der österreichischen Altersrente um eine solche handle, die der AHV-Rente und den Ergänzungsleistungen entspreche oder nicht. 2.3 Gemäss Art. 93 Abs. 1 SchKG können - soweit hier interessierend - Erwerbseinkommen sowie Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall abgelten, namentlich Renten, die nicht nach Art. 92 SchKG unpfändbar sind, so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. BGE 134 III 608 S. 611 Unpfändbar sind nach Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG - soweit hier interessierend - die Renten gemäss Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10) oder gemäss Art. 50 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) sowie die Leistungen gemäss Art. 20 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG; SR 831.30; in Kraft seit 1. Januar 2008; das Bundesgesetz vom 19. März 1965 über Ergänzungsleistungen zur AHV wurde aufgehoben [ Art. 35 ELG ]). Diese gesetzliche Ordnung geht vom Grundsatz aus, dass die Leistungen der Sozialversicherungen beschränkt pfändbar sind, sofern ihnen der Charakter eines Ersatzeinkommens zukommt, sieht aber als Ausnahme vom Grundsatz die absolute Unpfändbarkeit der in Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG ausdrücklich genannten Renten und Leistungen vor. Dies bedeutet, dass gewisse Renten und Leistungen der 1. Säule, d.h. insbesondere die Renten der AHV/IV und die Ergänzungsleistungen von der Pfändung gänzlich ausgeschlossen sind. Der Grund für die in Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG festgelegte Ausnahme der absoluten Unpfändbarkeit liegt vorab darin, dass diese Renten und Leistungen der 1. Säule ohnehin von Gesetzes wegen nicht höher sein sollen als das betreibungsrechtliche Existenzminimum und sich eine Diskussion über deren Pfändbarkeit deshalb erübrigt (Botschaft zur SchKG-Reform, BBl 1991 III 75 ff.; vgl. auch Art. 112 Abs. 1 und 2 lit. b BV ). Es ist bei der Auslegung der Ausnahmen von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG dieser Zweck im Auge zu behalten, was bedeutet, dass die Ausnahmen durch die Rechtsprechung nicht erweitert werden sollten, insbesondere nicht auf Renten und Leistungen, die regelmässig das Existenzminimum überschreiten können. Deswegen hat das Bundesgericht erkannt, dass das IV-Taggeld nicht unter den Begriff der Rente nach Art. 50 IVG fällt ( BGE 130 III 400 ff.) und auch die Invalidenrente der obligatorischen Unfallversicherung beschränkt pfändbar ist ( BGE 134 III 182 ). 2.4 Gemäss Art. 20 Abs. 1 AHVG ist der Rentenanspruch der Zwangsvollstreckung entzogen. Es handelt sich um den Rentenanspruch der Alters- und Hinterlassenenversicherung. Anspruch auf eine Altersrente haben die Personen gemäss Art. 18 AHVG , welche das Alter gemäss Art. 21 AHVG erreicht haben. Die Rente wird im Wesentlichen aufgrund der Beitragsjahre und des BGE 134 III 608 S. 612 Erwerbseinkommens errechnet ( Art. 29 ff. AHVG ). Die Durchführung der Alters- und Hinterlassenenversicherung erfolgt unter der Aufsicht des Bundes durch die in Art. 49 AHVG aufgezählten Personen und Stellen. Die gestützt auf diese Bestimmungen von der Ausgleichskasse Zug errechneten AHV-Renten des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau von je CHF 339.- sind nicht pfändbar. 2.5 Gemäss Art. 20 ELG sind auch die Leistungen im Sinne des Gesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung der Zwangsvollstreckung entzogen. Bei den Ergänzungsleistungen handelt es sich um Leistungen des Bundes und der Kantone ( Art. 2 ELG ) sowie von namentlich aufgezählten gemeinnützigen Institutionen ( Art. 17 ELG ), die unter bestimmten Voraussetzungen zusätzliche Leistungen an die Bezüger von AHV- und IV-Renten erbringen. Die Ergänzungsleistungen zugunsten des Beschwerdeführers betragen gemäss der Berechnung der Ausgleichskasse Zug monatlich CHF 1'392.- und sind nicht pfändbar. 2.6 2.6.1 Der Beschwerdeführer erhält zudem von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft eine Alterspension aus Österreich im Sinne von § 130 des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, bei welcher es sich nach seiner Meinung um eine der AHV-Rente und den Ergänzungsleistungen entsprechende Rente handeln soll. Der Beschwerdeführer macht aber selber nicht geltend, dass es sich um eine Rente gemäss Art. 20 Abs. 1 AHVG bzw. um eine Leistung gemäss Art. 20 ELG handelt, so dass sie nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht unter das absolute Pfändungsverbot gemäss Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG fällt, sondern gemäss Art. 93 SchKG beschränkt pfändbar ist. 2.6.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die vorgenommene Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Renten der 1. Säule bedeute eine Diskriminierung von Personen, die im Ausland gearbeitet hätten. Es sei deshalb entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht unerheblich, ob es sich bei seiner österreichischen Altersrente um eine solche handle, die der schweizerischen AHV-Rente und den Ergänzungsleistungen entspreche oder nicht. Der Beschwerdeführer verlangt in diesem Sinne eine rechtsgleiche und diskriminierungsfreie Behandlung und damit sinngemäss eine verfassungskonforme Auslegung von Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG . 2.6.3 Das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 Abs. 1 BV ist nicht verletzt, weil nach schweizerischem Recht im BGE 134 III 608 S. 613 Sozialversicherungsbereich als Grundsatz die beschränkte Pfändbarkeit gilt und eine Ausnahme nicht für alle Renten und Leistungen der 1. Säule, sondern nur für die in Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG ausdrücklich aufgezählten gilt. Der Beschwerdeführer kann sich nicht erfolgreich auf Art. 8 Abs. 1 BV berufen, wenn seine österreichische Rente gleich behandelt wird wie die meisten Erwerbs- und Ersatzeinkommen sowie insbesondere grundsätzlich die Renten und Leistungen der Sozialversicherungen. Dies ist auch deshalb nicht zu beanstanden, weil vom Beschwerdeführer nicht dargelegt wird und von der Vorinstanz keine Feststellungen getroffen worden sind, ob die ausländische Versicherung tatsächlich dem schweizerischen System der Alters- und Hinterlassenenversicherung entspricht, welche auch bei hohen Beiträgen kaum je Leistungen über dem Existenzminimum erbringt. Leistet die ausländische Versicherung bei entsprechenden Einzahlungen Renten, die über dem Existenzminimum liegen können, fiele ein Pfändungsverbot ohnehin nicht in Betracht. 2.6.4 Das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 8 Abs. 2 BV ist nicht verletzt, weil der Beschwerdeführer nicht aufgrund eines in dieser Bestimmung aufgezählten persönlichen Kriteriums benachteiligt wird. Insbesondere wird er nicht wegen seiner Herkunft als Österreicher diskriminiert. Er räumt selber ein, dass Österreicher und Schweizer gleich behandelt werden, wenn sie längere Zeit in Österreich gearbeitet haben und anschliessend in die Schweiz ziehen. Der unterschiedliche Arbeitsort kann kein Diskriminierungsgrund gemäss Art. 8 Abs. 2 BV sein. 2.6.5 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann auch die Verletzung von Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. b BGG ). Auf eine solche Rüge ist indessen nur so weit einzutreten, als sie den Begründungsanforderungen genügt. Insbesondere ist in der Beschwerdeschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt ( Art. 42 Abs. 2 BGG ; BGE 133 IV 286 E. 1.4). Der Beschwerdeführer ruft kein Völkerrecht ausdrücklich an, sondern beschränkt sich darauf, eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots und des Diskriminierungsverbots zu rügen, weil seine österreichische Alterspension anders behandelt wird als die schweizerische AHV-Rente. Es ist daher fraglich, ob die einschlägigen Staatsverträge herbeigezogen werden können. Die Frage kann dahingestellt bleiben, weil keine Verletzung eines staatsvertraglich gewährleisteten Rechtsgleichheitsgebots und Diskriminierungsverbots vorliegt. BGE 134 III 608 S. 614 Ein solches Diskriminierungsverbot enthält das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681), bzw. ein Rechtsgleichheitsgebot enthält die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (SR 0.831.109.268.1; im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71). Diese Erlasse gelten in der Schweiz gemäss Art. 153a AHVG und Art. 32 ELG , soweit sie im Anwendungsbereich des AHVG und des ELG liegen. Art. 2 FZA bestimmt, dass die Staatsangehörigen einer Vertragspartei, die sich rechtmässig im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, bei der Anwendung dieses Abkommens gemäss den Anhängen I, II und III nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit diskriminiert werden dürfen. Ebenso bestimmt Art. 3 der Verordnung Nr. 1408/71, dass die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates haben wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen. Wie bereits ausgeführt, wird der Beschwerdeführer nicht aufgrund seiner Staatsangehörigkeit als Österreicher anders behandelt, als er sich dies wünscht. Seine österreichische Pension unterliegt der beschränkten Pfändbarkeit, weil er während Jahren nicht bei der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung versichert, sondern einem andern Sozialversicherungswerk angeschlossen war. Gleich ergeht es Schweizer Bürgern, die während Jahren in Österreich arbeiteten und anschliessend in die Schweiz zurückkehren und hier betrieben werden. Die Rüge, der angefochtene Entscheid verletze das Rechtsgleichheitsgebot und das Diskriminierungsverbot, weil seine österreichische Alterspension betreibungsrechtlich anders behandelt wird als die AHV-Rente, ist daher unbegründet. Ob andere Vorschriften des Vertragswerks zwischen der Schweiz und der Europäischen Union durch den angefochtenen Entscheid berührt oder gar verletzt sein könnten, ist mangels entsprechender Rüge nicht zu prüfen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die österreichische Alterspension des Beschwerdeführers beschränkt pfändbar im Sinne von Art. 93 SchKG ist.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
bc93f656-24f4-4361-83a9-13eb154f2264
Urteilskopf 112 IV 138 40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. Juli 1986 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 6 Ziff. 2 und 3 lit. d EMRK . Beweiswürdigung; Rechtsmittel. Unmittelbare Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention sind ausschliesslich mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen.
Erwägungen ab Seite 138 BGE 112 IV 138 S. 138 Aus den Erwägungen: 1. Was der Beschwerdeführer zur Begründung seiner Nichtigkeitsbeschwerde vorbringt, erschöpft sich in der Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 1, 2 und 3 lit. d EMRK und Art. 4 BV . Dabei BGE 112 IV 138 S. 139 macht er geltend, es liege keine gesicherte Praxis zur Frage vor, ob die Bestimmungen der EMRK prozessuale Garantien verfassungsmässiger Rechte nach Art. 269 Abs. 2 BStP , Staatsvertragsrecht nach Art. 84 Abs. 1 lit. b OG oder eidgenössisches Recht nach Art. 269 Abs. 1 BStP seien; immerhin sei das Bundesgericht im Rahmen von eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerden in BGE 102 IV 155 und 104 IV 93 auf entsprechende Rügen eingetreten. Dem ist entgegenzuhalten, dass - soweit in den beiden Entscheidungen in Kürze auf die EMRK Bezug genommen wurde - dies einzig unter dem Gesichtspunkt der konventionskonformen Auslegung bestimmter bundesrechtlicher Bestimmungen und damit einer bloss mittelbaren Verletzung der Konvention geschehen ist. Wo indessen die unmittelbare Verletzung von Konventionsbestimmungen in Frage stand, hat das Bundesgericht durchwegs - vom verfassungsmässigen Inhalt der durch die EMRK garantierten Rechte ausgehend - darauf abzielende Rügen auf den Weg der staatsrechtlichen Beschwerde verwiesen bzw. in diesem Verfahren behandelt (s. BGE 107 IV 193 , BGE 106 IV 86 u.a.m.). Das gilt insbesondere auch für die Fälle einer direkten Verletzung von Art. 6 Ziff. 2 und 3 lit. d EMRK (s. BGE 109 Ia 238 , BGE 106 IV 89 E. 2, BGE 104 Ia 314 , BGE 103 Ia 491 u.a.m.). 2. Im vorliegenden Fall rügt der Beschwerdeführer ausschliesslich eine unmittelbare Verletzung von Konventionsbestimmungen und überdies von Art. 4 BV . Er macht damit nicht eine Missachtung von eidgenössischem Gesetzesrecht, sondern von Verfassungsrecht und von staatsvertraglichen Bestimmungen mit verfassungsmässigem Inhalt geltend. Für solche Vorbringen ist jedoch die Nichtigkeitsbeschwerde nicht gegeben ( Art. 269 Abs. 1 BStP ), weshalb auf das Rechtsmittel nicht einzutreten ist.
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bc986013-58e7-4ad0-8a35-d7c7dff6ef8b
Urteilskopf 101 Ib 9 2. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. April 1975 i.S. R. und M. L. gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt
Regeste Ehelicherklärung ( Art. 258 ff. ZGB ); materiell zu Unrecht bestehender Registereintrag. Auch wenn ein zu Unrecht bestehender Legitimationseintrag durch eine strafbare Handlung veranlasst wurde, darf er nicht auf dem Verwaltungsweg gelöscht werden; die damit im Widerspruch stehenden Weisungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes sind mit der gesetzlichen Ordnung nicht vereinbar.
Sachverhalt ab Seite 10 BGE 101 Ib 9 S. 10 A.- Am 4. Juli 1967 gebar die damals in erster Ehe mit H. verheiratete M. L. geb. W. den Knaben M. Dieser wurde als eheliches Kind der Eheleute H. in die Zivilstandsregister eingetragen. Mit Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. Mai 1971 wurde der Knabe als ausserehelich erklärt. Die inzwischen von ihrem ersten Ehemann geschiedene Mutter des Knaben ging am 25. März 1970 mit R. L., von St. Gallen-Straubenzell, eine neue Ehe ein. Am 17. September 1971 erschienen die Eheleute L. auf dem Zivilstandsamt Basel-Stadt und liessen vom Zivilstandsbeamten beurkunden, der Knabe M. sei ihr gemeinsames Kind und somit durch die Heirat ehelich geworden. Gestützt darauf wurde der Knabe als eheliches Kind der Eheleute L. eingetragen und erhielt er den Familiennamen L. sowie das Bürgerrecht von St. Gallen-Straubenzell. B.- Mit Urteil vom 29. Januar 1973 wurden die Eheleute L. vom Strafgericht Basel-Stadt der Fälschung des Personenstandes sowie der Erschleichung einer falschen Beurkundung im Sinne von Art. 216 und 253 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen und zu je 20 Tagen Gefängnis verurteilt, wobei ihnen der bedingte Strafvollzug gewährt wurde. Das Gericht betrachtete als nachgewiesen, dass sie vor dem Zivilstandsbeamten wider besseres Wissen erklärt hatten, M. sei ihr gemeinsames voreheliches Kind. Die beiden hatten in der polizeilichen Befragung zugegeben, dem Zivilstandsbeamten gegenüber zu Unrecht den Ehemann als Vater des Knaben angegeben zu haben. Vor Gericht widerriefen sie dieses Geständnis allerdings, ohne damit aber die Verurteilung verhindern zu können. Das Strafurteil erwuchs in Rechtskraft. C.- Mit Schreiben vom 14. August 1973 ersuchte das Departement des Innern des Kantons St. Gallen, das die Aufsicht über das Zivilstandswesen in diesem Kanton ausübt und das von der strafrechtlichen Verurteilung der Eheleute L. Kenntnis erhalten hatte, das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt als zuständige Aufsichtsbehörde, auf Grund des Strafurteils die Löschung des Legitimationseintrages zu verfügen. Im Einvernehmen mit dem Justizdepartement kam der Vorsteher des Zivilstandsamtes Basel-Stadt diesem Ersuchen nach und verfügte am 18. Dezember 1973 die Löschung der Legitimation des Knaben M. Gegen diese Verfügung erhoben die Eheleute L. sowohl in BGE 101 Ib 9 S. 11 ihrem eigenen Namen wie auch in jenem des Kindes Beschwerde an das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, mit dem Antrag, die Legitimation sei aufrechtzuerhalten. Zur Begründung machten sie im wesentlichen geltend, die Ehelicherklärung eines Kindes könne gemäss Art. 262 ZGB nur innert drei Monaten durch Klage beim Gericht angefochten werden. Nachdem eine solche Anfechtung nicht erfolgt sei, könnten die Zivilstandsbehörden nicht von sich aus eine "Berichtigung" des Registers vornehmen. Mit Entscheid vom 19. August 1974 wies das Justizdepartement die Beschwerde ab. Es führte im wesentlichen aus, die Verwaltung könne und dürfe eine Legitimation nicht bestehen lassen, von der auf Grund eines rechtskräftigen Strafurteils feststehe, dass sie falsch sei; jede andere Lösung wäre widersinnig und zudem mit der Regelung in Art. 9 ZGB unvereinbar, wonach öffentliche Register nur Solange für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis erbrächten, als nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen sei; die Löschung der Legitimationseintragung erweise sich im übrigen auch auf Grund der Kreisschreiben E 4 und G 7 des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements als über jeden Zweifel erhaben. D.- Gegen diesen Entscheid erhoben die Eheleute L. für sich und für das Kind M. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Formelles). 2. Nach Art. 45 Abs. 1 ZGB darf eine Eintragung in den Zivilstandsregistern nur auf Anordnung des Richters berichtigt werden. Beruht jedoch der Fehler auf einem offenbaren Versehen oder Irrtum, so kann nach Absatz 2 dieser Bestimmung die Aufsichtsbehörde die Berichtigung anordnen. Die gleiche Regelung enthält Art. 50 der Zivilstandsverordnung in den Absätzen 2 und 3. Über das Gesetz hinauszugehen, scheint hingegen Art. 51 Abs. 2 der gleichen Verordnung, indem die Aufsichtsbehörde auch als zuständig bezeichnet wird, dort Löschungen zu verfügen, "wo sich offensichtlich eine Eintragung im vollen Umfang als unrichtig, ungültig oder überflüssig herausstellt". Das Bundesgericht hat indessen in BGE 101 Ib 9 S. 12 Weiterführung einer bereits vom Bundesrat als frühere Rekursinstanz begründeten Rechtsprechung entschieden, dass die Berichtigung einer Eintragung auf dem Verwaltungsweg keinesfalls in Frage kommen kann, wenn von irgend einer Seite mit einem Widerspruch zu rechnen ist oder wenn die Eintragung den Angaben entspricht, über die der Zivilstandsbeamte verfügte ( BGE 76 I 230 ff. ; 89 I 321 /322 Erw. 3; vgl. auch KAUFMANN, Die gerichtliche Berichtigung des Zivilstandsregisters nach Art. 45 ZGB , SJZ 11. Jahrg., 1915, S. 325 ff., insbes. S. 326 sub Ziff. III 1; FORNI, Berichtigung von Zivilstandseintragungen, Zeitschrift für Zivilstandswesen, 1973, S. 186 ff., insbes. S. 187). An dieser Rechtsprechung und der sich daraus ergebenden einschränkenden Auslegung von Art. 51 Abs. 2 der Zivilstandsverordnung ist festzuhalten. Jede Abschwächung des in Art. 45 Abs. 1 ZGB aufgestellten Erfordernisses der richterlichen Anordnung einer Berichtigung würde bedeuten, dass die Betroffenen der Garantien beraubt würden, die ihnen nur ein gerichtliches Verfahren bieten kann. Bereits auf Grund der erwähnten Rechtsprechung ergibt sich, dass die von den Zivilstandsbehörden des Kantons Basel-Stadt verfügte Löschung des Legitimationseintrages aufgehoben werden muss. Es fehlte gleich an beiden Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Berichtigung auf dem Verwaltungsweg. So stand von vornherein fest, dass die Eheleute L. mit der Löschung des Eintrages der Legitimation nicht einverstanden sein würden. Vor allem aber entsprach die Eintragung den Angaben, die dem Zivilstandsbeamten anlässlich der Beurkundung der Legitimation gemacht worden waren. Von einem offenbaren Versehen oder Irrtum im Sinne von Art. 45 Abs. 2 ZGB konnte daher keine Rede sein. Dazu kommt, dass das legitimierte Kind im Strafverfahren, das zur Verurteilung der Eheleute L. wegen Fälschung des Personenstandes und Erschleichung einer falschen Beurkundung führte, gar nicht Partei und somit nicht in der Lage war, seine Interessen zu wahren. Das Strafurteil konnte auch aus diesem Grunde keinen Rechtstitel bilden, der die administrative Löschung des Eintrages der Legitimation in den Zivilstandsregistern erlaubt hätte. 3. Die Löschung erweist sich aber auch noch aus einem andern Grunde als unhaltbar. Auch wenn die Ehelicherklärung BGE 101 Ib 9 S. 13 eines Kindes voraussetzt, dass der Ehemann der Vater dieses Kindes ist, so ist damit noch keineswegs gesagt, dass eine Legitimation nichtig ist und in den Zivilstandsregistern gelöscht werden kann, sobald die Tatsache der Nichtabstammung feststeht. Nach der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung bildet dieser Umstand vielmehr keinen Nichtigkeits-, sondern, gestützt auf Art. 262 ZGB , lediglich einen Anfechtungsgrund ( BGE 86 II 449 f. E. 4, wo die missverständlichen Ausführungen in BGE 40 II 298 E. 2 klargestellt werden; HEGNAUER, N. 3 ff. und 7 zu Art. 262 ZGB sowie N. 13 zu Art. 258/259 ZGB, mit Zitaten; EGGER, N. 5 zu Art. 258 ZGB in fine). Es wäre in der Tat nicht verständlich, welchen Sinn die gesetzliche Begrenzung der Möglichkeit zur Anfechtung der Ehelicherklärung auf drei Monate von deren Kenntnisnahme an hätte ( Art. 262 Abs. 1 ZGB ), wenn auch nach Ablauf dieser Frist die zuständige Behörde des Heimatkantons des Ehemannes oder eine andere Amtsstelle die Löschung des Legitimationseintrages im Zivilstandsregister erwirken könnte (SJZ 46. Jahrg., 1950, S. 207/208). Das Gesetz hat mit der Befristung der Anfechtungsklage den Grundsatz der Registerwahrheit jenem der Rechtssicherheit sowie dem Interesse des Kindes an der Aufrechterhaltung seines ehelichen Standes untergeordnet. Damit wird in Kauf genommen, dass eine materiell zu Unrecht vorgenommene Ehelicherklärung nach unbenütztem Ablauf der Anfechtungsfrist weiterhin rechtswirksam bleibt, auch wenn deren Vornahme von der Rechtsordnung missbilligt wird und sogar zur Bestrafung Anlass geben kann. Diese unterschiedliche Behandlung der Folgen einer zu Unrecht erfolgten Legitimation ist vom Gesetzgeber gewollt. Die Eintragung einer solchen Legitimation in den Zivilstandsregistern darf daher nicht unter Berufung auf einen (in dieser Allgemeinheit gar nicht bestehenden) Grundsatz der Unteilbarkeit der Rechtsordnung gelöscht werden. Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt beruft sich zur Rechtfertigung der Löschung des Legitimationseintrages auch auf Art. 9 ZGB . Diese Bestimmung enthält indessen lediglich eine Beweisregel und gibt keine Antwort auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Berichtigung von öffentlichen Registern möglich ist (KUMMER, N. 70 zu Art. 9 ZGB ). Im übrigen verlangt gerade der in Art. 9 ZGB BGE 101 Ib 9 S. 14 enthaltene Grundsatz der verstärkten Beweiskraft öffentlicher Register, dass deren Einträge nicht leichthin ohne richterlichen Entscheid gelöscht werden können (vgl. FORNI a.a.O. S. 187). Auch die Kreisschreiben E 4 und G 7 der Kreisschreibensammlung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes über das Zivilstandswesen sind nicht geeignet, zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage zu führen. Soweit sie die Löschung eines Legitimationseintrages durch Verfügung der Aufsichtsbehörde auf Grund eines Strafurteils als zulässig erklären, sind sie mit der gesetzlichen Ordnung nicht vereinbar und daher unbeachtlich. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Justizdepartements des Kantons Basel-Stadt vom 19. August 1974 aufgehoben. Die Löschung der Ehelicherklärung des Kindes M. L. in den Zivilstandsregistern ist rückgängig zu machen.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
bc987fb2-2f33-4c95-a2f2-c5beb81ea85a
Urteilskopf 96 II 15 3. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. März 1970 i.S. D. gegen Vormundschaftsbehörde M.
Regeste Tragweite des Anspruchs auf Anhörung nach Art. 374 Abs. 1 ZGB . Die zu entmündigende Person ist nicht nur zum Entmündigungsgrund als solchem zu befragen, sondern es ist ihr Gelegenheit zu geben, zu allen wesentlichen Einzeltatsachen Stellung zu nehmen, welche zur Entmündigung führen sollen. Der Anspruch auf Anhörung deckt sich nicht mit dem aus Art. 4 BV folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör. Hat sich die zu entmündigende Person in einem Entmündigungsverfahren zu allen Einzeltatsachen äussern können, so ist Art. 374 Abs. 1 ZGB auch dann Genüge getan, wenn der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde.
Erwägungen ab Seite 16 BGE 96 II 15 S. 16 3. Die Berufungsklägerin macht geltend, es stimme in keiner Weise, dass ihr schon früher vormundschaftliche Massnahmen angekündigt worden seien. Eine Entmündigung setzt jedoch nach Bundesrecht keine vorherige Androhung oder Ankündigung voraus. Hingegen darf eine Person gemäss Art. 374 Abs. 1 ZGB wegen Verschwendung, Trunksucht, lasterhaften Lebenswandels oder der Art und Weise ihrer Vermögensverwaltung nicht entmündigt werden, ohne dass sie vorher angehört wurde. Ob eine solche Anhörung erfolgt ist, muss von Amtes wegen geprüft werden ( BGE 87 II 131 /32; EGGER, Kommentar z. ZGB, 2. Aufl., N. 11 zu Art. 374). Das Bundesgericht hat in einem Kreisschreiben vom 18. Mai 1914 an die kantonalen Regierungen Grundsätze über die Durchführung der in Art. 374 Abs. 1 ZGB vorgeschriebenen Anhörung aufgestellt (vgl. BGE 40 II 182 -184). Dabei handelt es sich nicht um verbindliche Rechtssätze, deren Nichtbefolgung in jedem Fall zwingend zur Ungültigkeit der ausgesprochenen Entmündigung führen müsste ( BGE 84 II 147 /48). Entscheidend ist, dass die zu entmündigende Person Gelegenheit erhält, nicht nur zum in Frage stehenden Entmündigungsgrund als solchem, sondern zu allen wesentlichen Einzeltatsachen Stellung zu nehmen ( BGE 53 II 438 ; EGGER, a.a.O., N. 6 zu Art. 374). Die Vormundschaftsbehörde des Kreises M. ist der Pflicht zur Anhörung in genügender Weise nachgekommen. Bereits bei der Einvernahme vom 14. Oktober 1968 über die zum Schutze der Kinder getroffenen Massnahmen hat sie der BGE 96 II 15 S. 17 Berufungsklägerin von der vorgesehenen Entmündigung gemäss Art. 370 ZGB Kenntnis gegeben, allerdings ohne sie schon damals zu allen wesentlichen Punkten zu befragen. Eine eingehendere Befragung wurde dann aber in der Sitzung vom 16. November 1968 durchgeführt, zu welcher die Berufungsklägerin persönlich vorgeladen worden war. Bei dieser Gelegenheit wurden ihr die wichtigsten Tatsachen vorgehalten, auf welche die Behörde ihren Entmündigungsentscheid stützte, und das Protokoll über diese Befragung wurde in den Beschluss aufgenommen. Da sich die Berufungsklägerin weigerte, die meisten der ihr gestellten Fragen zu beantworten, hat sie es sich selber zuzuschreiben, wenn die Anhörung keine Gesichtspunkte ergab, die gegen eine Entmündigung sprachen. Den vorinstanzlichen Akten lässt sich entnehmen, dass der Berufungsklägerin dagegen im Verfahren vor dem Kleinen Rat keine Gelegenheit eingeräumt wurde, zur Beschwerde der Gemeinde T. gegen den Entscheid des Bezirksgerichtsausschusses U. Stellung zu nehmen. Gegen eine solche Verweigerung des durch Art. 4 BV gewährleisteten Anspruchs auf rechtliches Gehör wäre grundsätzlich eine staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht möglich gewesen. Art. 374 Abs. 1 ZGB jedoch wäre nur verletzt, wenn die Vorinstanz wesentliche neue Tatsachen in bezug auf die Entmündigung als solche berücksichtigt hätte, ohne der Berufungsklägerin die Möglichkeit zu einer Stellungnahme einzuräumen ( BGE 40 II 184 Ziff. 5; EGGER, a.a.O., N. 16 zu Art. 374). Das ist nicht der Fall, soweit die Vorinstanz den gleichen Sachverhalt beurteilte, der bereits Grundlage des Entmündigungsbeschlusses gebildet hatte. Soweit sie dagegen meint, einen Entmündigungsgrund auch im häufigen Ortswechsel der Berufungsklägerin unter Hinterlassung von Schulden erblicken zu können, handelt es sich um einen Sachverhalt, zu dem sich die Berufungsklägerin nicht hat aussprechen können, und der daher unberücksichtigt zu bleiben hat. Es würde zu weit führen, aus Art. 374 ZGB einen Anspruch auf rechtliches Gehör ableiten zu wollen, der sich inhaltlich mit demjenigen deckt, den die Praxis auf Grund von Art. 4 BV entwickelt hat. Die Tragweite der vom Bundeszivilrecht vorgeschriebenen Anhörung beschränkt sich darauf, die Zulässigkeit der Entmündigung davon abhängig zu machen, dass sich der zu Bevormundende zu allen für die Anwendung des massgebenden BGE 96 II 15 S. 18 Entmündigungsgrundes wesentlichen Tatsachen äussern konnte. Sofern dies in dem zur Entmündigung führenden Verfahren geschehen ist, kann es unter dem Gesichtspunkt von Art. 374 ZGB nicht mehr darauf ankommen, ob dem zu Bevormundenden auch im kantonalen Rechtsmittelverfahren alle sich aus Art. 4 BV ergebenden Rechte gewährt wurden. (4. - Das Bundesgericht weist die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück, damit diese die Aussichten auf eine Heirat der Berufungsklägerin abkläre.)
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
bc98d3a5-9105-45af-9786-b80d0e25e53e
Urteilskopf 86 II 256 40. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. September 1960 i. S. Wertli gegen Weder.
Regeste 1. Art. 43, 63 Abs. 2 OG . Darf das Bundesgericht überprüfen, ob eine Uebung bestehe? 2. Art. 112 Abs. 2 OR , Vertrag zugunsten eines Dritten. Der Wille der Vertragschliessenden, das selbständige Forderungsrecht des Dritten auszuschliessen, geht einer anderen Uebung vor.
Erwägungen ab Seite 257 BGE 86 II 256 S. 257 Die Übung ist nicht objektives Recht (Gewohnheitsrecht), sondern gilt als Inhalt des Vertrages, wenn die Parteien sich ihr ausdrücklich oder stillschweigend unterwerfen oder das Gesetz sie mangels abweichenden Parteiwillens als massgebend erklärt ( BGE 34 II 640 , BGE 37 II 410 , BGE 47 II 164 , BGE 53 II 310 , BGE 76 II 50 , BGE 83 II 523 ). Ob eine Übung bestehe oder nicht bestehe, ist daher nicht Rechtssondern Tatfrage. Der Entscheid des kantonalen Richters hierüber bindet das Bundesgericht ( BGE 37 II 409 , BGE 38 II 519 f., BGE 41 II 257 , BGE 42 II 121 , BGE 43 II 597 , BGE 45 II 268 , BGE 51 II 400 ). Vorbehalten bleibt der Fall, wo die Feststellung auf einer Verkennung des Rechtsbegriffs der Übung beruht ( BGE 42 II 121 ). Auch steht dem Bundesgerichte zu, die als Übung festgestellten Regeln wie Willensäusserungen von Vertragschliessenden auszulegen ( BGE 34 II 640 ). Das Kantonsgericht führt aus, da im vorliegenden Falle die Übernahme des Auftrages unter ganz besonderen Umständen, in Verbindung mit einer unbestrittenermassen illegalen Ausfuhr aus Deutschland erfolgte und dem Beklagten in Konstanz keine Liste der beigepackten Kugellager übergeben werden konnte, liege keine Vertragsart vor, bei der kraft Übung ein selbständiges Forderungsrecht des Dritten bejaht werden könne. Der Kläger macht nicht geltend, das Kantonsgericht gehe von einem unzutreffenden Begriff der Übung aus. Die Feststellung, dass eine solche beim Abschluss von Verträgen der vorliegenden Art nicht bestehe, bindet daher das Bundesgericht. Der Kläger ficht sie auch nicht an. Er bringt nur vor, nach allgemeiner Übung stehe bei Frachtverträgen dem Empfänger ein Forderungsrecht gegen den Frachtführer zu, BGE 86 II 256 S. 258 und diese Übung sei analog anzuwenden, weil der zwischen Nadich und dem Beklagten abgeschlossene Vertrag einem Frachtvertrag sehr ähnlich sei. Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob der Richter eine Übung, die sich nur in Fällen bestimmter Art durchgesetzt hat, sinngemäss auf andere Fälle anwenden darf. Auf diesem Wege könnte nur der Inhalt des Vertrages ermittelt werden, mit der Begründung, was in Fällen der einen Art Übung sei, habe von den Parteien nach Treu und Glauben auch in ähnlichen Fällen als Sinn der Willensäusserungen betrachtet werden dürfen bzw. betrachtet werden müssen. Für die Auslegung der Willensäusserungen ist jedoch im vorliegenden Falle kein Raum, da auf Grund der vorinstanzlichen Beweiswürdigung davon ausgegangen werden muss, die Vertragschliessenden hätten dem Kläger kein Forderungsrecht einräumen wollen. Dieser tatsächliche Wille geht der Übung als Quelle eines nur hypothetisch gewollten Vertragsinhaltes vor. Die Klage ist daher abzuweisen, ohne dass zu entscheiden wäre, ob das Forderungsrecht des Klägers auch deshalb verneint werden müsste, weil der Beklagte die Liste, auf Grund der er die für den Kläger bestimmten Kugellager hätte ausscheiden sollen, weder unmittelbar von Nadich noch über Pelzl erhielt.
public_law
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
bc99c5d6-7973-4007-a006-6cbdecbadeb2
Urteilskopf 85 IV 7 3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Februar 1959 i.S. Haslimeier gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 42 Ziff. 5, 69 StGB . a) Anrechnung der Untersuchungshaft auf eine Freiheitsstrafe, die drei Jahre nicht übersteigt, wenn der Verurteilte nach Art. 42 StGB verwahrt wird (Erw. 2 lit. a). b) Steht der Entscheid, ob die Untersuchungshaft auf die in Art. 42 Ziff. 5 Satz 1 StGB festgesetzte dreijährige Mindestdauer der Verwahrung angerechnet werden könne, dem Richter oder der Vollzugsbehörde zu? (Erw. 2 lit b).
Erwägungen ab Seite 7 BGE 85 IV 7 S. 7 Aus den Erwägungen: 2. a) Der Beschwerdeführer ist zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Die Dauer der gegen ihn ausgefällten Freiheitsstrafe, an deren Stelle die Verwahrung nach Art. 42 StGB tritt, liegt also unter der in Ziff. 5 dieser Bestimmung festgesetzten Mindestdauer dieser Massnahme. In solchen Fällen ist der Kassationshof auf die Rüge, die Untersuchungshaft sei zu Unrecht überhaupt BGE 85 IV 7 S. 8 nicht oder nur teilweise auf die Strafe angerechnet worden, nicht eingetreten (nicht veröffentlichte Entscheidungen des Kassationshofes vom 1. September 1949 i.S. Schwendimann, mit Zitaten, und vom 27. Juni 1952 i.S. Wild; vgl. ferner BGE 69 IV 52 Erw. 2, BGE 77 IV 82 Erw. 2), mit der Begründung, die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Strafe könne die Mindestdauer der Verwahrung nur beeinflussen, wenn die ausgesprochene Strafe drei Jahre übersteige, da der Richter an die Bestimmung des Art. 42 Ziff. 5 StGB , dass der Verwahrte mindestens drei Jahre in der Verwahrung bleibe, gebunden sei; durch eine Entscheidung, welche die Anrechnung der Untersuchungshaft auf eine Freiheitsstrafe, die drei Jahre nicht übersteige, ganz oder teilweise ausschliesse, werde der nach Art. 42 StGB Verwahrte demnach nicht beschwert (benachteiligt) und zur blossen Änderung der Urteilsgründe sei die Nichtigkeitsbeschwerde nach feststehender Rechtsprechung nicht gegeben. An dieser Rechtsprechung ist nicht festzuhalten. Sie trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass der Verwahrte im Anschluss an das die Massnahme des Art. 42 StGB anordnende Urteil zu einer Zusatzstrafe im Sinne von Art. 68 Ziff. 2 StGB verurteilt und dadurch die Strafdauer (Grundstrafe und Zusatzstrafe) auf mehr als drei Jahre erhöht werden kann. Wird eine solche Zusatzstrafe ausgefällt, an deren Stelle ebenfalls die Verwahrung tritt, so hängt gemäss Art. 42 Ziff. 5 Satz 1 StGB vom Entscheid über die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Strafen ab, wie lange der Verwahrte über die drei Jahre hinaus mindestens in der Verwahrungsanstalt zu bleiben hat. Im Hinblick auf diesen nicht seltenen Fall rechtfertigt es sich, bereits bei Ausfällung einer ersten in Verwahrung umgewandelten Strafe auch darüber zu entscheiden, ob und wieweit die Untersuchungshaft gemäss Art. 69 StGB auf die Strafe anzurechnen sei. Dazu kommt, dass nach Art. 42 Ziff. 7 StGB , wenn seit der Verurteilung mehr als zehn Jahre verflossen sind, ohne BGE 85 IV 7 S. 9 dass die Verwahrung vollzogen werden konnte, die zuständige Behörde zu entscheiden hat, ob die Strafe oder die Verwahrung zu vollziehen sei. Auch dieser, obgleich entfernteren Möglichkeit entspricht es, dass der Richter im Sachurteil mit der Strafe ohne Rücksicht auf deren Dauer gleichzeitig die anrechenbare Untersuchungshaft bestimmt. b) Wenn auch, abweichend von der bisherigen Rechtsprechung, aus diesen Gründen auf die Rüge, die Untersuchungshaft sei zu Unrecht auf die in Verwahrung umgewandelte Zuchthausstrafe von zwei Jahren nicht angerechnet worden, einzutreten ist, so besagt das jedoch keineswegs, dass die der bisherigen Praxis zugrunde liegende Auffassung, die Untersuchungshaft könne auf die in Art. 42 Ziff. 5 StGB festgesetzte dreijährige Mindestdauer nicht angerechnet werden, aufzugeben sei. Entgegen der durch den Entscheid vom 7. Mai 1946 i.S. Walser eingeleiteten Praxis des Bundesrates (vgl. ZStR 1954 S. 80 ff. und dort angeführte Entscheidungen) ist die Frage der Anrechnung der Untersuchungshaft auf die gesetzliche Mindestdauer der Massnahme vom Richter, in letzter Instanz also vom Kassationshof, nicht von der Vollzugsbehörde zu entscheiden. Das Gesetz sieht eine Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Verwahrung als solche überhaupt nicht vor. Sie ist daher nur möglich, wenn man annehmen will, es liege eine Gesetzeslücke vor, die durch analoge Anwendung von Art. 69 StGB auszufüllen sei. Allein Art. 69 StGB umschreibt nicht nur die Voraussetzungen für die Anrechnung, sondern bestimmt auch, dass diese Sache des Richters sei. Falls man die Bestimmung auf die Verwahrung analog anwenden will, so kann daher für die Anrechnung nur der Richter zuständig sein. Seine Zuständigkeit liegt auch in der Natur der Entscheidung. Entgegen der vom Bundesrat im Meinungsaustausch mit dem Kassationshof vertretenen Ansicht (Schreiben vom 16. Juni 1958 und vom 26. Januar 1959) und der von V. KURT in der Schweizerischen Zeitschrift für Strafrecht BGE 85 IV 7 S. 10 geäusserten Auffassung (ZStR 1954 S. 91) geht es bei ihr nicht bloss um die Frage, wann die Verwahrung "rechtlich zu laufen beginne" bzw. ob sie nur in der durch Art. 42 Ziff. 2 StGB bezeichneten oder auch in einer anderen Anstalt, namentlich in einem Untersuchungsgefängnis, vollzogen werden könne. Mit dem Entscheid darüber, ob der Beginn der Verwahrung um jene Zeitspanne "vorzuverlegen" sei, die der Angeklagte vor seiner Aburteilung in einem Untersuchungsgefängnis verbracht hat und die ihm der Richter gemäss Art. 69 StGB auf die Strafe anrechnet, wird festgelegt, ob bei der Berechnung der dreijährigen Mindestdauer der Massnahme von der in der Verwahrungsanstalt selbst zugebrachten Zeit die erlittene Untersuchungshaft (ganz oder teilweise) in Abzug zu bringen sei. Je nach diesem Entscheid hat der Verwahrte tatsächlich noch drei Jahre oder eine um die Dauer der Untersuchungshaft verkürzte Zeit in der Verwahrungsanstalt zu verbringen, um die Bedingung des Art. 42 Ziff. 5 StGB zu erfüllen. Zwischen diesem Entscheid und der Feststellung des Richters, ob gemäss Art. 69 StGB von der ausgefällten Freiheitsstrafe die Untersuchungshaft ganz oder teilweise in Abzug gebracht werde, besteht kein Unterschied. In beiden Fällen geht es um das Gleiche, nämlich - entgegen der Auffassung des Bundesrates - nicht um die Feststellung des Beginns des Straf- oder Massnahmenvollzuges, sondern darum, wie lange die durch das Urteil angeordnete Freiheitsentziehung mit Rücksicht auf die erstandene Untersuchungshaft noch zu dauern, bzw. mindestens noch zu dauern hat. Dieser Entscheid kann nur dem Richter zustehen. Dass gemäss Art. 42 Ziff. 5 StGB bei der Verwahrung nach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer die Vollzugsbehörde über die bedingte Entlassung befindet, ändert nichts, was übrigens schon daraus hervorgeht, dass in Art. 38 StGB die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug, unbeschadet der Zuständigkeit des Richters zur Anrechnung der Untersuchungshaft, ebenfalls der Vollzugsbehörde zugewiesen ist. Für die BGE 85 IV 7 S. 11 Zuständigkeit des Richters spricht schliesslich auch, dass der Verurteilte mit Bezug auf die allfällige Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Verwahrung das nämliche berechtigte Interesse an den Garantien der richterlichen Entscheidung hat wie bei der Anrechnung auf die Strafe. Der Richter, der das Strafurteil zu fällen hat und die Persönlichkeit des Angeklagten und sein Verhalten im Verfahren von da her kennt, ist zweifellos auch besser in der Lage, die Voraussetzungen einer allfälligen Anrechnung der Untersuchungshaft zu beurteilen, als die Vollzugsbehörde es wäre. c) Im vorliegenden Falle braucht die Frage, ob die Untersuchungshaft, soweit sie nach Art. 69 StGB auf die Strafe anzurechnen ist, von der gesetzlichen Mindestdauer der Massnahme in Abzug gebracht werden könne, nicht entschieden zu werden, da der Beschwerdeführer einen dahingehenden Antrag nicht stellt.
null
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bc9f835c-232f-44a1-9d53-c975223a9911
Urteilskopf 101 IV 257 58. Urteil des Kassationshofes vom 7. November 1975 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg gegen Diaz
Regeste Art. 41 StGB ; bedingter Strafvollzug. 1. Das Delikt als solches sagt über die Bewährungsaussichten des konkreten Täters noch nichts aus (Erw. 1). 2. Bedeutung des Bestreitens (Erw. 2, 3).
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 101 IV 257 S. 257 A.- Weil Juan Antonio Diaz im Verlauf einer Auseinandersetzung Serafin Sola vom zweistufigen Trottoir auf die Hauptgasse in Murten hinuntergestossen hatte, wobei dieser unter einen vorbeifahrenden Militärlastzug geraten und tödlich überfahren worden war, verurteilte ihn das Zuchtgericht des freiburgischen Seebezirkes wegen fahrlässiger Tötung zu 12 Monaten Gefängnis unter Verweigerung des bedingten Strafvollzuges. B.- Auf Beschwerde des Diaz gewährte ihm der Strafkassationshof des Kantons Freiburg am 11. Juli 1975 den bedingten Strafaufschub. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Verweigerung des bedingten Strafvollzuges. BGE 101 IV 257 S. 258 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz stützt sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 95 IV 52 , BGE 96 IV 104 , BGE 98 IV 160 , BGE 99 IV 191 ), wonach bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Angeklagten im Hinblick auf den bedingten Strafvollzug nicht nur auf die Tatumstände abgestellt werden darf, sondern neben diesen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen, berücksichtigt werden müssen, um aufgrund einer Gesamtwürdigung entscheiden zu können, ob der Verurteilte für dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet. Der Staatsanwalt macht geltend, damit gehe die Vorinstanz von einer falschen Voraussetzung aus. Die von ihr angeführte Rechtsprechung gelte nämlich ausschliesslich für das Fahren in angetrunkenem Zustand. Das ist ein Irrtum. Die von der Vorinstanz wiedergegebene Rechtsprechung gilt für sämtliche Straftaten, denn das Delikt als solches sagt über die Bewährungschancen des konkreten Täters noch nichts aus ( BGE 98 IV 161 E. 1; BGE 101 IV 123 ). 2. Die Staatsanwaltschaft bringt weiter vor, Diaz habe sich durch das Bestreiten der ihm zur Last gelegten Tat des bedingten Strafvollzugs unwürdig erwiesen. Er habe nicht aus Angst vor einer Verurteilung geleugnet. Schon über die Umstände des Zusammentreffens mit seinem Bruder und über sein Verhalten unmittelbar vor dem Unfall habe er unrichtige Angaben gemacht. Das zeige, dass ihm das Lügen ein Bedürfnis sei. a) Nach der Rechtsprechung ( BGE 94 IV 51 , BGE 95 IV 120 ) darf daraus, dass ein Angeklagter die Auskunft verweigert, die Tat bestreitet oder Sich aufs Leugnen verlegt, nicht leichthin gefolgert werden, er lasse sich durch eine bedingt vollziehbare Strafe nicht bessern. Ein solches Verhalten kann auf sehr verschiedene Beweggründe zurückgehen, ist folglich nicht notwendigerweise ein Zeichen fehlender Reue oder mangelnder Einsicht in die Verwerflichkeit der begangenen Tat. Wer leugnet, weil er sich der Tat Schämt, die Strafe fürchtet, um seine Stellung oder das Fortkommen seiner Angehörigen bangt und ihnen Schande ersparen will, der bietet nämlich eher Gewähr BGE 101 IV 257 S. 259 für künftiges Wohlverhalten als einer, der das Verbrechen offen zugibt, es aber nicht für verwerflich hält oder sich gegenüber den Folgen seiner Tat gleichgültig zeigt. Jedenfalls sagt die Tatsache allein, dass der eine Täter die Tat leugnet und der andere sie gesteht, noch nichts darüber aus, ob und mit welchen Mitteln sie sich bessern lassen. Anders ist es, wenn der Angeklagte sich nicht mit dem Leugnen im eigenen oder fremden Interesse begnügt, sondern dazu übergeht, die Strafbehörden bewusst irrezuführen, die Schuld auf andere abzuschieben, Zeugen oder Geschädigte wider besseres Wissen zu belasten oder als Lügner hinzustellen. Wer mit solchen Mitteln einer Verurteilung zu entgehen sucht oder ein milderes Urteil erwirken will, bekundet Skrupellosigkeit und lässt daher in der Regel nicht erwarten, dass ihn eine bedingt aufgeschobene Strafe dauernd bessern werde. Gültige Schlüsse auf den Charakter und damit auf die Aussichten für das künftige Verhalten des Verurteilten können somit nicht schon aus der Tatsache des Bestreitens der Tat, sondern nur aus den Motiven gezogen werden, die den Angeklagten zum Leugnen bewegen. Der Richter muss daher zu ergründen suchen, warum ein Angeklagter bestreitet, ob aus mangelnder Einsicht in die Verwerflichkeit der Verfehlung oder aus einem anderen Grunde. Überdies hat er die dabei gewonnenen Ergebnisse im Lichte des gesamten Vorlebens des Angeklagten zu überprüfen. Nur dann lässt sich schlüssig sagen, ob der Angeklagte durch das Leugnen ein Mass von Einsichtslosigkeit bekundet habe, das eine ungünstige Voraussage rechtfertigt. 3. a) Die Vorinstanz führt unter Berufung auf BGE 94 IV 51 aus, das Bestreiten eines Vergehens allein genüge noch nicht, um dem Verurteilten eine ungünstige Prognose für sein künftiges Verhalten zu stellen. Trotzdem hätten die erstinstanzlichen Richter die Verweigerung des bedingten Strafvollzugs hauptsächlich auf diesen Umstand abgestützt. Dem Beschwerdeführer werde dabei besonders vorgeworfen, dass er die ihm zur Last gelegte Tat nicht nur geleugnet, sondern dazu noch immer neue Versionen über den Unfallhergang gegeben hatte. Abgesehen davon, dass der Angeklagte die Widersprüchlichkeit seiner Aussagen bei der Beweiswürdigung durch das Gericht zu tragen hatte, sei unerfindlich, inwiefern das Vorbringen neuer Versionen für den BGE 101 IV 257 S. 260 Verurteilten schwerer wiegen sollte als das Leugnen der ihm vorgeworfenen Handlung. Habe der Angeklagte die Tat bestritten, so sei unter dem gleichen Gesichtspunkt auch zu verstehen, dass er keine Schuldgefühle oder Reue bekundete. Die erstinstanzlichen Richter hätten nur die Tatumstände und die damit im Zusammenhang stehenden Aussagen und Gefühle des Angeklagten herangezogen. Zur Beurteilung seiner Gesamtpersönlichkeit wäre es aber unerlässlich gewesen, auch das Vorleben des Verurteilten zu berücksichtigen, der einen guten Leumund besitze und aus dessen früherem Leben nichts Nachteiliges bekannt sei. Die erstinstanzlichen Richter hätten daher ihren Ermessensspielraum überschritten. b) Diesen nicht zu beanstandenden Ausführungen hat der Staatsanwalt nichts Triftiges entgegenzuhalten. Seine Behauptung, der Angeklagte habe nicht aus Angst vor einer Verurteilung geleugnet, betrifft eine Tatfrage und ist deshalb unzulässig ( BGE 94 IV 53 ). Abgesehen davon ist die Annahme der Vorinstanz, Diaz habe aus Angst bestritten, begründet, nachdem Diaz als Ausländer sich verständlicherweise nicht bloss vor einer längeren Verurteilung, sondern auch vor einer möglichen Landesverweisung mit ihren schweren wirtschaftlichen Folgen für sich und die Seinen gefürchtet hat. Entsprechend seiner irrigen Auffassung über die Tragweite der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum bedingten Strafvollzug befasst sich der Staatsanwalt ausschliesslich mit den Tatumständen. Daraus, dass der Angeklagte über diese unrichtige Angaben gemacht hat, schliesst er kurzerhand, Diaz sei Lügen ein Bedürfnis. Für diese Behauptung fehlt aber eine tatsächliche Feststellung der Vorinstanz, weshalb sie nicht zu hören ist (Art. 273 Abs. 1 lit. b, biss Abs. 1 BStP). Aus dem Bestreiten der Tat leitet er ab, Diaz habe sich des bedingten Strafvollzuges unwürdig erwiesen. Er fällt also, zudem ohne sich mit dem von der Vorinstanz zitierten BGE 94 IV 51 auseinanderzusetzen, ein bloss moralisches Urteil. Gleich verhält es sich mit seinem weiteren Einwand, der Angeklagte habe den schwerverletzten Sola einfach am Boden liegen lassen, womit er eine solche Härte des Herzens an den Tag gelegt habe, dass anzunehmen sei, die Wohltat des bedingten Strafvollzugs sei nicht am Platz. 4. Hingegen beanstandet der Staatsanwalt mit Recht, dass die Vorinstanz dem Verurteilten keine Probezeit bestimmt BGE 101 IV 257 S. 261 hat. Diese ist in Art. 41 Ziff. 1 StGB zwingend vorgeschrieben. Insoweit ist die Beschwerde daher gutzuheissen und die Sache zur Festsetzung der Dauer der Probezeit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Sache zur Festsetzung der Dauer der Probezeit an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bca899d2-bf08-42be-aa1f-836d2c9301a2
Urteilskopf 103 Ib 154 27. Urteil vom 14. Juli 1977 i.S. Schindler Aufzüge- und Elektromotorenfabrik AG und N.V. Philips' Gloeilampenfabrieken gegen Regierungsrat des Kantons Uri
Regeste Nationalstrassenbau, Vergebung von Arbeiten. Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde eines nicht berücksichtigten Bewerbers gegen den Beschluss einer kantonalen Regierung, auf seine Beschwerde gegen den Zuschlag nicht einzutreten, als Aufsichtsbehörde nicht einzuschreiten und dem Zuschlag zuzustimmen. 1. Der angefochtene Beschluss unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht. 2. Soweit die staatsrechtliche Beschwerde sich gegen den Nichteintretensentscheid richtet, ist sie unbegründet; im übrigen ist sie ebenfalls nicht zulässig.
Sachverhalt ab Seite 155 BGE 103 Ib 154 S. 155 Im Schweizer Baublatt vom 30. Dezember 1975 lud der Kanton Uri als Bauherr Fachfirmen ein, Offerten für die Lieferung der Beleuchtungskörper für den Gotthardstrassentunnel einzureichen. In den Ausschreibungsunterlagen war die Offerierung einer Versuchsstrecke für die Durchfahrtsbeleuchtung als selbständiger Gegenstand der Vergebung genannt. Das Konsortium Schindler/Philips und verschiedene Konkurrenten unterbreiteten Angebote für die Versuchsstrecke. Die Baukommission Gotthardstrassentunnel, welcher Vertreter der Regierungen der Kantone Uri und Tessin, die beiderseitigen Kantonsingenieure sowie Vertreter des Eidg. Amtes für Strassen- und Flussbau angehören, vergab die Versuchsstrecke den Bewerbern BAG Bronzewarenfabrik AG und Novelectric AG. Die Partner des Konsortiums Schindler/Philips beanstandeten den Zuschlag. Mit Eingabe vom 23. März 1977 führten sie beim Regierungsrat des Kantons Uri Beschwerde gegen die Baudirektion Uri wegen Rechtsverweigerung. Der Regierungsrat beschloss am 19. April 1977: "1. Soweit mit der Beschwerde ein ordentliches Rechtsmittel ausgeschöpft werden will, wird darauf nicht eingetreten. 2. Im übrigen, d.h. unter dem Gesichtspunkt der Aufsichtsbeschwerde bzw. des Rechtsbehelfs, der vom Regierungsrat eigenes Handeln in der Sache verlangt, wird die Eingabe als unbegründet abgewiesen. Der Regierungsrat sieht sich weder veranlasst, den untergeordneten Instanzen Weisungen zu erteilen, noch zwingt ihn die Sachlage, nachträglich ins Submissionsverfahren betreffend Versuchsstrecke für die Tunnelbeleuchtung gestaltend einzugreifen. Im Gegenteil ist dem Sachentscheid namentlich der Baukommission Gotthardstrassentunnel nachträglich zuzustimmen." Gegen diesen Beschluss erheben die das Konsortium Schindler/Philips bildenden Gesellschaften beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde. BGE 103 Ib 154 S. 156 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen nach Art. 97 Abs. 1 OG Verfügungen im Sinne des Art. 5 VwVG , d.h. Anordnungen im Bereich der hoheitlichen Verwaltung, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (vgl. BGE 102 Ib 82 ). Nach Art. 97 Abs. 2 OG gilt als Verfügung auch das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung. Gemäss Art. 41 Abs. 2 NSG werden die Arbeiten für den Nationalstrassenbau von den Kantonen nach den vom Bundesrat bestimmten Grundsätzen vergeben und überwacht. Grundsätze für die Vergebung enthält Art. 35 der Verordnung des Bundesrates vom 24. März 1964 über die Nationalstrassen. Nach Art. 36 dieser Verordnung bedürfen Vergebungen für Offertsummen von über Fr. 250'000.-- der Genehmigung des Eidg. Amtes für Strassen- und Flussbau. In Betracht kommt ferner die allgemeine Submissionsverordnung des Bundesrates vom 31. März 1971; denn sie ist auf Arbeiten für Bauten, zu deren Finanzierung der Bund beiträgt, unter Vorbehalt anderer massgebender Bestimmungen sinngemäss anzuwenden (Art. 1 Abs. 2). Im übrigen richtet sich das Submissionsverfahren für den Nationalstrassenbau nach kantonalen Vorschriften. Der angefochtene Beschluss des Regierungsrates des Kantons Uri betrifft die Vergebung von Arbeiten für den Nationalstrassenbau. Da hierfür auch Vorschriften des Bundes gelten, stellt sich die Frage, ob es sich um eine der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegende Verfügung handle. 2. a) Das Bundesgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Vergebung öffentlicher Arbeiten in einem durch das kantonale Recht geordneten Submissionsverfahren nicht eine mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbare Verfügung im Sinne von Art. 178 des alten bzw. Art. 84 des neuen OG ist. Es hat ausgeführt, auch wenn in dem Zuschlag eine Verwaltungshandlung im weiteren Sinne gesehen werden möge, liege darin doch im Verhältnis zu den Bewerbern nicht eine Äusserung staatlicher Befehlsgewalt, sondern nur der Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit dem angenommenen Bewerber und die Ablehnung der Angebote der übrigen Eingabesteller ( BGE 60 I 369 und seitherige, nicht amtlich BGE 103 Ib 154 S. 157 publizierte Entscheide, insbesondere Urteil Canonica vom 6. November 1968; s. auch das in ZBl 76/1975 S. 475 f. wiedergegebene Urteil vom 28. Juni 1975). An dieser gefestigten Rechtsprechung ist festzuhalten. b) Die ihr zugrunde liegenden Überlegungen müssen auch für die Beurteilung der Frage, ob die Vergebung von Arbeiten für den Nationalstrassenbau den Charakter einer Verfügung im Sinne des Art. 5 VwVG habe, massgebend sein. Diese Frage ist zu verneinen, weil es sich nicht um einen staatlichen Hoheitsakt handelt, durch den ein individuelles verwaltungsrechtliches Verhältnis gestützt auf öffentliches Recht des Bundes geregelt wird, sondern eben nur um den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrages mit einem Bewerber und die Ablehnung der Offerten der übrigen Bewerber. Die nicht berücksichtigten Bewerber haben daher nicht die Möglichkeit, einen solchen Akt mit förmlicher Beschwerde - Verwaltungsgerichtsbeschwerde oder Verwaltungsbeschwerde - bei einer Bundesbehörde anzufechten; sie können sich lediglich mit einer Anzeige an die Aufsichtsbehörde wenden. Dies ist das Ergebnis eines Meinungsaustausches, der in den Jahren 1975/76 zwischen dem Bundesgericht und dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement stattgefunden hat (vgl. auch Gutachten der Eidg. Justizabteilung vom 20. Juni 1975, in VPB 1976 Nr. 55). Hieran ist ebenfalls festzuhalten. c) Dem dargelegten Charakter des Aktes, mit dem öffentliche Arbeiten im Submissionsverfahren vergeben werden, entspricht die rechtliche Natur der dieses Verfahren regelnden Vorschriften. Die sog. Submissionsvorschriften enthalten zum Teil allgemeine Vertragsbestimmungen, die mit den "allgemeinen Geschäftsbedingungen" für private Vertragskontrahenten vergleichbar sind, und im übrigen interne Weisungen an die vergebende Behörde über die Ausübung der ihr eingeräumten Privatautonomie (IMBODEN, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, ZSR n. F. 77/1958 S. 53a; VPB 1976 Nr. 55). Es handelt sich also nicht um öffentlich-rechtliche Bestimmungen mit Rechtssatzcharakter. Soweit der Bewerber aus der Submissionsordnung überhaupt Ansprüche ableiten kann, sind sie privatrechtlicher Natur und daher vor dem Zivilrichter geltend zu machen. Verstösse gegen rein interne Richtlinien für die vergebende Behörde kann der Bewerber regelmässig nicht mit einer förmlichen Beschwerde, sondern nur mit einer Aufsichtsbeschwerde BGE 103 Ib 154 S. 158 bei einer oberen Verwaltungsinstanz rügen. Die Aufsichtsbeschwerde gibt ihm keinen Anspruch auf Erledigung (vgl. Art. 71 Abs. 2 VwVG ; BGE 102 Ib 84 ; VPB 1976 Nr. 55; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 460 und 476). 3. Die hier in Frage stehenden Arbeiten sind von der Baukommission Gotthardstrassentunnel vergeben worden, in welcher u.a. die Regierung des Kantons Uri vertreten ist. Der Regierungsrat Uri weist darauf hin, dass er nach Art. 2 lit. k der kantonalen Vollziehungsverordnung zum NSG unter Vorbehalt der Genehmigung seitens des Eidg. Amtes für Strassen- und Flussbau für die Vergebung zuständig sei und dass daher die Baukommission Gotthardstrassentunnel seine Zustimmung zum Zuschlag hätte einholen sollen, was nicht geschehen sei. Er hat im Dispositiv 2 seines Beschlusses dem Sachentscheid der Baukommission "nachträglich zugestimmt". Diese Zustimmung hat so wenig wie der Entscheid der Baukommission den Charakter eines staatlichen Hoheitsaktes und kann daher nach dem vorne Gesagten nicht als Verfügung im Sinne des Art. 5 VwVG betrachtet werden. Im Dispositiv 2 hat der Regierungsrat im übrigen festgestellt, dass er keinen Anlass zu einem aufsichtsrechtlichen Einschreiten habe. Auch in dieser Beziehung liegt keine Verfügung im Sinne des Art. 5 VwVG vor. Nach der Rechtsprechung unterliegt der Beschluss einer kantonalen Regierung, einer Aufsichtsbeschwerde keine Folge zu geben, der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überhaupt nicht, auch dann nicht, wenn er einen Sachbereich betrifft, in dem das Bundesgericht als Verwaltungsgericht an sich zuständig ist ( BGE 102 Ib 81 ). Übrigens hat man es hier nicht mit einem solchen Bereich zu tun, weil die Submissionsvorschriften des Bundes nach dem oben Ausgeführten keine öffentlich-rechtlichen Bestimmungen mit Rechtssatzcharakter sind. Aus diesem Grunde ist die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch insoweit nicht zulässig, als sie sich gegen den auf kantonales Verfahrensrecht gestützten Beschluss des Regierungsrates richtet, auf die förmliche Beschwerde, als welche die Beschwerdeführer ihre Eingabe vom 23. März 1977 aufgefasst wissen wollten, nicht einzutreten (Dispositiv 1). Denn dieser Beschluss schliesst nicht die Anwendung materiellen Bundesrechts im Bereich der hoheitlichen Verwaltung aus (vgl. BGE 99 Ib 394 , BGE 98 Ib 336 ). BGE 103 Ib 154 S. 159 Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer auf Art. 97 Abs. 2 OG . Der Beschluss einer Aufsichtsbehörde, einer Anzeige keine Folge zu geben, kann nicht Gegenstand einer Beschwerde wegen "unrechtmässiger" Verweigerung oder Verzögerung einer Verfügung im Sinne dieser Bestimmung sein ( BGE 102 Ib 85 ). Auf die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit in keiner Beziehung einzutreten. 4. Soweit sich die staatsrechtliche Beschwerde gegen das Dispositiv 1 des Beschlusses des Regierungsrates richtet, könnte sie nur durchdringen, wenn die Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts, auf der dieser Nichteintretensentscheid beruht, willkürlich wäre. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Vielmehr entspricht der Nichteintretensentscheid des Regierungsrates dem Wesen der Submissionsvorschriften und dem daraus folgenden Grundsatz, dass der Bewerber, der die Anwendung solcher Vorschriften bemängelt, sich an eine obere Verwaltungsbehörde nicht mit einer förmlichen Beschwerde wenden kann, sondern nur mit einer Aufsichtsbeschwerde, die ihm nicht Anspruch auf Erledigung gibt. Da das Dispositiv 2 des angefochtenen Beschlusses, wie gesagt, nicht den Charakter einer behördlichen Anordnung im Bereich der hoheitlichen Verwaltung hat, stellt es keine mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbare Verfügung im Sinne des Art. 84 OG dar. In dieser Hinsicht ist daher auch die staatsrechtliche Beschwerde nicht zulässig. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten. 2. Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
public_law
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
bcab0e7a-cc2a-4943-84e8-3eda304f9db2
Urteilskopf 86 IV 1 1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. Februar 1960 i.S. Laube gegen Kurer.
Regeste Art. 33 Abs. 1 StGB . Flucht vor einem Angriff schliesst Notwehr nicht aus.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 86 IV 1 S. 1 Kurer, der nachts auf einer Autofahrt von Laube überholt wurde, verfolgte diesen wegen rücksichtsloser Fahrweise bis zu dessen Wohnung, wo er im Hof zwischen zwei Häusern die Polizeinummer am abgestellten Wagen Laubes ablas und wieder wegfuhr. Bei der Hofausfahrt trat ihm Laube entgegen, um ihn aufzuhalten. Als Kurer trotz des Haltezeichens die Wegfahrt fortsetzte, ergriff Laube im Zorn darüber den Türgriff der rechten Wagentüre, um Kurer aus dem Auto herauszuholen. Dabei verfing sich Laube mit dem Handschuh am Türgriff des sich beschleunigenden Wagens, so dass er nach einigen Metern zu Fall kam und sich verletzte. Kurer wurde der fahrlässigen Körperverletzung beschuldigt, wegen Notwehr jedoch freigesprochen. Erwägungen Aus den Erwägungen: Der Beschwerdeführer hält die Anwendung der Notwehrbestimmung schon deshalb für ausgeschlossen, weil Kurer die Flucht ergriffen habe, Notwehr aber nur Verteidigung, nicht auch Flucht sein könne, denn wer fliehe, verzichte auf Abwehr ( BGE 79 IV 152 ). BGE 86 IV 1 S. 2 Daran ist soviel richtig, dass Flucht vor einem Angriff als solche keinen Eingriff in rechtlich geschützte Interessen des Angreifers darstellt und dass insofern auch nicht von Abwehr im Sinne von Art. 33 Abs. 1 StGB die Rede sein kann. Flucht und Abwehr schliessen sich deswegen aber nicht aus. Der Angegriffene oder unmittelbar mit einem Angriff Bedrohte, der sich nicht zum Kampfe stellen, sondern sich ihm durch Flucht entziehen will, muss nicht auf jeden Widerstand verzichten. Er kann fliehen und sich trotzdem verteidigen, indem er seine Verteidigung darauf beschränkt, seinen Rückzug durch eine gegen den Angreifer gerichtete Handlung zu decken, um zu verhindern, dass der rechtswidrige Angriff begonnen oder zu Ende geführt wird. Auch wer bloss zu diesem Zwecke ein Verteidigungsmittel einsetzt, wehrt im Sinne von Art. 33 Abs. 1 ab und kann, wenn die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, sich auf Notwehr berufen. Um eine solche Verbindung von Flucht und Abwehr handelt es sich im vorliegenden Falle. Kurer, der im Schrittempo zum Hof hinausfuhr, leistete dem Haltezeichen des ihm körperlich überlegenen Beschwerdeführers keine Folge, weil er es auf eine tätliche Auseinandersetzung nicht ankommen lassen wollte. Als Laube im Zorn darüber zur rechten Wagentüre sprang und sie mit Gewalt zu öffnen versuchte, um Kurer aus dem Wagen herauszuholen, beschleunigte dieser die Fahrt, wodurch er den Angreifer an der Verwirklichung seines Vorhabens hindern und sich in Sicherheit bringen konnte. Sein Fahrzeug war zugleich Flucht- und Abwehrmittel.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bcb1c9a9-8150-4fb6-9201-6e4686bc05b7
Urteilskopf 100 IV 59 17. Arrêt de la Cour de cassation pénale, du 12 février 1974, dans la cause Müller contre Ministère public du canton de Vaud
Regeste 1. Art. 1 Abs. 2 SVG . Die auf dem für die Kunden eines Einkaufszentrums reservierten Parkplatz verkehrenden Fahrzeugführer unterstehen den Verkehrsregeln. Bei deren Anwendung ist die Lage sowie die Aufgabe der verschiedenen zwischen den Parkfeldern verlaufenden Fahrstreifen zu berücksichtigen (Erw. 1 und 4). 2. Art. 36 Abs. 4 SVG ; Art. 1 Abs. 8 und 15 Abs. 3 VRV. Der Begriff des Parkplatzes umfasst nicht nur die Parkfelder, sondern auch die zu ihnen führenden Fahrstreifen. Hingegen sind die Verkehrswege, die keine direkte Zufahrt zu den Parkfeldern bieten, den Strassengleichzustellen, weshalb den auf ihnen verkehrenden Fahrzeugen der Vortritt zukommt (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 100 IV 59 S. 60 A.- Le 15 novembre 1972, une collision s'est produite, entre les voitures conduites par Pierre Müller et par Marcel Germond, sur la place de parc du grand magasin Carrefour à Romanel-sur-Lausanne. Celle-ci est aménagée pour plusieurs centaines de véhicules; les conducteurs y disposent de trois voies d'entrées et d'une voie de sortie, toutes munies de flèches peintes sur le sol et indiquant un sens unique. Lors de l'accident toutefois, elles étaient passablement effacées et aucun autre signal ne réglait la circulation. Pour gagner et pour quitter les cases de stationnement, les conducteurs doivent emprunter des allées perpendiculaires aux voies d'entrée et de sortie et placées en quinconce à gauche et à droite de ces voies. Germond circulait sur une des voies d'entrée, dans le sens des flèches, à environ 30 km/h pour gagner un emplacement situé au fond du parc et réservé au personnel du magasin. Son allure était sensiblement plus élevée que celle des conducteurs cherchant une place. Müller avait quant à lui quitté une case, puis circulé quelques mètres sur une des allées situées à droite de la voie empruntée par Germond. Il se tenait à gauche de l'allée, la circulation à droite étant selon lui gênée par des chariots; sa visibilité était gênée par une voiture stationnée à sa gauche dans la case d'angle. Il se proposait de traverser la voie d'entrée dans le sens opposé aux flèches indiq uant le sens unique, qu'il connaissait, pour emprunter une autre allée perpendiculaire, située à sa gauche. de l'autre côté de la voie d'entrée, pour couper court en direction de la voie de sortie. Müller a stoppé un instant au moment de déboucher sur la voie d'entrée. Il n a rien remarqué à gauche, mais ne s'était pas assez avancé pour avoir une vue étendue. Germond a remarqué BGE 100 IV 59 S. 61 le capot de la voiture Müller, mais il a pensé que le conducteur s arrêtait pour le laisser passer. Müller étant reparti, le choc s'est produit entre l'aile droite avant et la portière de la voiture Germond, qui n'a pu s arrêter à temps, et l'avant droit de la voiture Müller. B.- Le Tribunal de police du district de Lausanne a condamné Germond le 26 septembre 1973 à une amende de 90 fr. et Müller à une amende de 45 fr. Il a considéré que Müller bénéficiait de la priorité de droite, mais qu'il avait néanmoins commis une faute de circulation en débouchant nettement sur la gauche de l'allée, qu'il quittait sans s'être suffisamment avancé pour être certain que la voie était libre sur une distance convenable. C.- Saisie d'un recours de Müller, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois a maintenu le jugement attaqué le 2 novembre 1973. Elle a considéré, au regard des art. 15 al. 3 OCR et 36 al. 4 LCR, que Müller devait être considéré comme quittant un parc et qu'il ne bénéficiait dès lors d'aucune priorité à l'égard de Germond. D.- Müller se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral; il conclut à libération. Il soutient qu'il bénéficiait de la priorité de droite et critique l'interprétation que les juges cantonaux ont donnée de l'art. 15 al. 3 OCR à l'endroit de véhicules circulant tous deux sur une place de parc. Erwägungen Considérant en droit: 1. La place de parc de Carrefour doit être considérée comme une "route servant à la circulation publique" au sens de l'art. 1er al. 2 LCR. Elle est en effet à la disposition d'un cercle indéterminé de personnes, et il importe peu qu'elle appartienne à la collectivité publique ou à un particulier (RO 92 IV 10; 86 IV 29 ). Les conducteurs qui y circulent sont donc soumis aux règles de la circulation des art. 26 à 57 LC R et aux ordonnances s'y rapportant. 2. Le recourant fait valoir qu'en assimilant à une place de parc les allées secondaires débouchant sur les voies d'entrées et de sortie de la place, les juges cantonaux ont donné de l'art. 15 al. 3 OCR une interprétation extensive revenant à nier la qualité de voie publique aux allées secondaires et à soustraire leur surface à la LCR. BGE 100 IV 59 S. 62 Ce moyen est dénué de toute pertinence. Le fait que le débouché d'une place de parc ne bénéficie d'aucune priorité en application de l'art. 15 al. 3 OCR n'a aucun rapport ni aucu ne incidence sur la qualité de voie publique de la place de parc. La règle supprimant le bénéfice de la priorité s applique en effet aussi bien aux places de parc publiques que privées. 3. Le recourant soutient aussi que la notion de "place de parc", telle qu'elle figure à l'art. 15 al. 3 OCR, ne peut q ue désigner les cases de stationnement proprement dites, à l'exclusion de tout autre espace ouvert à la circulation publique. Les allées secondaires ne pourraient donc, sans une interprétation extensive, être en l'espèce considérées comme des places de parc. Cette manière de voir ne résiste pas à l'examen. En parlant du débouché d'une place de parc sur une route principale ou secondaire, l'art. 15 al. 3 OCR vise aussi bien les cases de stationnement aboutissant directement sur la voie de circulation que les allées situées entre les cases. Cette interprétation correspond d'ailleurs au texte de l'art. 1er al. 8 OCR, qui dénie la qualité d'intersection aux sorties de places de stationnement, qu'il s'agisse des sorties de cases proprement dites ou des allées ou voies permettant les manoeuvres et la circulation sur l'ensemble de la place servant au stationnement. L'interprétation des juges cantonaux n'a donc rien d'extensif et correspond parfaitement au texte et au but de la loi. 4. Une place de parc comme celle de Carrefour constituant une voie publique, les règles générales de circulation à l'intérieur de la place doivent être appliquées en tenant compte de la situation et du rôle des diverses voies qui la parcourent. L'ensemble de la place se décompose en voies de circulations (les voies d'entrée et de sortie) et en plusieurs emplacements de parc composés d'une allée d'accès et de manoeuvre bordée de chaque côté par les cases de stationnement. Les voies de circulation ne permettent pas d'accéder à une case sans passer par l'une ou l'autre des allées perpendiculaires. Elles se trouvent donc par rapport à celles-ci dans la situation d'une chaussée ou d'une route. Il s'ensuit que celui qui y débouche en sortant d'une place de parc ne bénéficie d'aucune priorité, conformément à l'art. 15 al. 3 OCR et à la règle générale de l'art. 36 al. 4 LCR. Les endroits où débouchent sur la voie de circulation les sorties des places de stationnement que constituent les allées et les cases ne sont pas des intersections, en vertu de l'art. 1er al. 8 OCR. BGE 100 IV 59 S. 63 C'est donc à juste titre que l'arrêt attaqué a retenu que le recourant ne bénéficiait pas de la priorité et qu'il avait commis une faute. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Rejette le pourvoi.
null
nan
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1,974
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
bcb53fef-bbca-44f9-ac05-2d691f575c59
Urteilskopf 137 IV 72 9. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_632/2010 vom 24. Februar 2011
Regeste Fahrverbot ( Art. 67b StGB ); Anwendungsbereich. Art. 67b StGB betreffend Fahrverbot ist auf SVG-Widerhandlungen nicht anwendbar (E. 2).
Erwägungen ab Seite 72 BGE 137 IV 72 S. 72 Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesgericht hat die Frage, ob ein Fahrverbot gemäss Art. 67b StGB auch bei SVG-Widerhandlungen angeordnet werden kann, bisher nicht entschieden. Es konnte sie im Urteil 6B_32/2008 vom 13. Mai 2008 offenlassen. Die Frage muss vorliegend beantwortet werden. 2.1 In der Lehre ist der Anwendungsbereich von Art. 67b StGB umstritten. Nach der einen Auffassung ist diese Bestimmung bei allen Verbrechen und Vergehen anwendbar, mithin grundsätzlich auch bei den als Vergehen umschriebenen SVG-Widerhandlungen (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Teil 2: Strafen und Massnahmen, 2. Aufl. 2006, § 13 N. 31; STRATENWERTH/WOHLERS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 2. Aufl. 2009, N. 1 f. zu Art. 67b StGB ; FELIX BOMMER, Die Sanktionen im neuen AT StGB - Ein Überblick, in: Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, 2007, S. 11 ff. und 53). Allerdings sei Art. 67b StGB , auch wenn dies wenig sinnvoll erscheine, wohl nur bei Vorsatzdelikten anwendbar, mithin nicht beispielsweise bei fahrlässiger BGE 137 IV 72 S. 73 grober Verkehrsregelverletzung, da bei einem fahrlässigen Delikt kaum gesagt werden könne, der Täter habe das Fahrzeug zu diesem Delikt verwendet . Ferner sei es fraglich, ob beispielsweise bei einervorsätzlichen Trunkenheitsfahrt oder Führerflucht der Täter das Motorfahrzeug zur Begehung dieser Straftat verwendet habe (STRATENWERTH, a.a.O., § 13 N. 32). Ausserdem wird dem Strafrichter Zurückhaltung bei der Anordnung eines Fahrverbots im Sinne vonArt. 67b StGB bei SVG-Widerhandlungen empfohlen, wenn ein administrativer Warnungsentzug gemäss Art. 16 ff. SVG in Betracht fällt (BOMMER, a.a.O., S. 53). Nach der andern, wohl überwiegenden Auffassung ist Art. 67b StGB bei SVG-Widerhandlungen nicht anwendbar. Diese Bestimmung betreffe Fälle, in denen das Motorfahrzeug als Hilfsmittel zur Verübung eines Delikts eingesetzt werde, beispielsweise als Mittel zum Transport der Täter zu abgelegenen Tatorten oder zum Transport der Beute oder zur Beförderung von Betäubungsmitteln oder Schmuggelware. Art. 67b StGB diene der Bekämpfung von Straftaten, die durch die Verwendung eines Motorfahrzeugs als Hilfsmittel überhaupt erst ermöglicht oder zumindest erleichtert würden. Zwischen der Verwendung des Motorfahrzeugs und der Straftat müsse ein finaler Zusammenhang bestehen. Die Straftat müsse unter Ausnützung der speziellen Möglichkeiten des Motorfahrzeugs begangen worden sein, wozu unter anderem dessen Schnelligkeit, Tragkraft und die Abgeschlossenheit des Wageninnern gehörten. Dies ergebe sich auch aus der Entstehungsgeschichte. Der Entzugsgrund der Verwendung eines Motorfahrzeugs zur Begehung von Delikten sei früher in Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG geregelt gewesen. Da er indessen nichts mit der Verkehrssicherheit zu tun habe, sei er zu Unrecht im SVG verankert gewesen. Im Rahmen der weitgehend parallel verlaufenen Gesetzgebungsarbeiten betreffend die Teilrevision des SVG einerseits und die Revision des Allgemeinen Teils des StGB andererseits habe der Gesetzgeber daher diesen Entzugsgrund aus dem SVG entfernt und, mit gewissen Modifikationen, neu im StGB geregelt. Die in der Rechtsprechung zu aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG entwickelten Grundsätze seien deshalb weiterhin gültig (zum Ganzen ARQUINT/HEIMGARTNER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 11 f., 18 und 22 f. zu Art. 67b StGB ; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 1 f. zu Art. 67b StGB ; SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl. 2007, S. 197 f.; FRANZ RIKLIN, Die BGE 137 IV 72 S. 74 Sanktionierung von Verkehrsdelikten nach der Strafrechtsreform, ZStrR 122/2004 S. 169 ff. und 187 f.; YVAN JEANNERET, Commentaire romand, Code pénal, Bd. I, 2009, N. 5 ff. zu Art. 67b CP; CÉDRIC MIZEL, Nature et mise en oeuvre des nouvelles déchéances pénales et administratives du droit de conduire, ZStrR 125/2007 S. 72 ff. und 74 f.). 2.2 Der Wortlaut von Art. 67b StGB schliesst dessen Anwendung auf SVG-Widerhandlungen nicht schlechthin aus. Er spricht allerdings eher für die Auffassung, dass die Bestimmung bei SVG- Widerhandlungen nicht anwendbar ist. Voraussetzung für ein Fahrverbot gemäss Art. 67b StGB ist unter anderem, dass der Täter "ein Motorfahrzeug zur Begehung eines Verbrechens oder Vergehens verwendet" hat. Der Täter hat mit anderen Worten ein Motorfahrzeug verwendet, um ein Verbrechen oder Vergehen zu begehen ("pour commettre un crime ou un délit"; "per commettere un crimine o un delitto"). Wer als Führer eines Motorfahrzeugs Verkehrsregeln verletzt, beispielsweise die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet, oder wer ein Motorfahrzeug unzulässigerweise führt, weil er nicht fahrfähig oder das Fahrzeug nicht betriebssicher ist, verwendet das Fahrzeug nicht, um ein Delikt zu begehen. Vielmehr begeht er das Delikt als Führer des Motorfahrzeugs in und mit diesem durch sein verkehrsregelwidriges Verhalten oder dadurch, dass er das Fahrzeug überhaupt führt. Ferner wird die in Art. 67b StGB zudem vorausgesetzte "Wiederholungsgefahr" als Gefahr eines weiteren Missbrauchs des Fahrzeugs verstanden, wie sich aus dem französischen und italienischen Gesetzeswortlaut ergibt ("... s'il y a lieu de craindre de nouveaux abus"; "... e sussiste il rischio di un ulteriore abuso ..."). Auch dies spricht gegen die Anwendung von Art. 67b StGB bei SVG-Widerhandlungen, da beispielsweise bei einer Verkehrsregelverletzung schwerlich von einem Missbrauch ("abus", "abuso") des Fahrzeugs gesprochen werden kann. 2.3 Die Entstehungsgeschichte und der daraus ersichtliche Sinn und Zweck von Art. 67b StGB sprechen deutlich gegen die Anwendung dieser Bestimmung bei SVG-Widerhandlungen. 2.3.1 Der Vorentwurf der Expertenkommission von 1993 zu einem neuen Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches sah vor, den Warnungsentzug des Führerausweises bei SVG-Widerhandlungen neu als eine vom Gericht auszufällende Hauptstrafe im StGB zu regeln (Art. 45-48 VE). Die Bestimmungen im SVG betreffend den Warnungsentzug sollten folgerichtig gestrichen werden. Der Sicherungsentzug des Führerausweises sollte demgegenüber weiterhin in die BGE 137 IV 72 S. 75 Kompetenz der Administrativbehörden fallen und im SVG geregelt bleiben. Diese Vorschläge der Expertenkommission stiessen insbesondere bei den Fachorganisationen und Fachstellen auf Ablehnung. Der Bundesrat erachtete die Argumente der Expertenkommission als nicht überzeugend und lehnte eine Regelung des Führerausweisentzugs beziehungsweise eines Fahrverbots im StGB aus verschiedenen Gründen ab (Botschaft des Bundesrates vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches [...], BBl 1999 1979 ff., 2058 ff.). Der bundesrätliche Entwurf enthielt daher keinerlei Bestimmungen betreffend den Führerausweisentzug oder ein Fahrverbot. Die Frage, ob der Führerausweisentzug beziehungsweise ein Fahrverbot im StGB geregelt werden sollte, wurde in den Kommissionen des Ständerats und des Nationalrats ausgiebig und kontrovers diskutiert. Auf Antrag der Kommission des Ständerats, welcher die Vorlage als Erstrat behandelte, wurde Art. 67b betreffend Fahrverbot in das StGB aufgenommen. Der Antrag einer Minderheit der nationalrätlichen Kommission, die Bestimmung zu streichen, wurde vom Nationalrat abgelehnt. Aus den Voten im Parlament ergibt sich, dass Art. 67b StGB bei SVG-Widerhandlungen nicht anwendbar ist und insoweit nach wie vor allein der administrative Führerausweisentzug gemäss Art. 16 ff. SVG angeordnet werden soll. Art. 67b StGB betreffe die Fälle, in welchen das Motorfahrzeug als Tatmittel verwendet werde, etwa zu Diebes- und Einbruchstouren. Art. 67b StGB entspreche weitgehend Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG , welcher im Rahmen der laufenden SVG-Revision gestrichen werden sollte, da der Entzugsgrund der Verwendung eines Motorfahrzeugs zur Begehung von Straftaten nichts mit der Verkehrssicherheit zu tun habe und daher nicht im SVG, sondern im StGB zu regeln sei. Der Entzugstatbestand gemäss Art. 67b sei eigentlich nichts Neues (zum Ganzen AB 1999 S 1104 ff., 1128 f.; AB 2001 N 560 ff., 584). 2.3.2 Art. 67b StGB entspricht im Wesentlichen aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG, der im Rahmen der Teilrevision des SVG durch Bundesgesetz vom 14. Dezember 2001, in Kraft seit 1. Januar 2005, gestrichen wurde. Gemäss aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG musste der Führer- oder Lernfahrausweis entzogen werden, wenn der Führer ein Motorfahrzeug zur Begehung eines Verbrechens oder mehrmals zu vorsätzlichen Vergehen verwendet hat. Dieser Entzugsgrund war erst im Rahmen der Teilrevision des SVG durch Bundesgesetz vom 20. März 1975 den in Art. 16 Abs. 3 SVG aufgezählten Entzugsgründen BGE 137 IV 72 S. 76 beigefügt worden. Es wurde als unverantwortlich erachtet, einen Straftäter, der sich mit einem Motorfahrzeug die Begehung von Straftaten erleichterte, im Besitz des Führerausweises zu belassen (siehe die Botschaft des Bundesrates vom 14. November 1973, BBl 1973 II 1173 ff., 1183 zu Art. 16). Schon vor der Einfügung dieses Entzugsgrundes in das SVG im Jahre 1975 wurde in der Praxis dem Fahrzeugführer, der ein Motorfahrzeug zur Begehung von Verbrechen oder Vergehen verwendete, mitunter der Führerausweis entzogen, und zwar in der Form eines Sicherungsentzugs wegen eines Charakterfehlers, was allerdings fragwürdig war (siehe dazu BGE 104 Ib 95 E. 2; Kreisschreiben der Eidgenössischen Polizeiabteilung an die zuständigen kantonalen Behörden und Beschwerdeinstanzen vom 21. Juli 1975, VPB 1975 Nr. 126 S. 62; RENÉ SCHAFFHAUSER, Die Administrativmassnahmen, 1995, N. 2130 ff.). Gemäss dem zitierten Kreisschreiben der Eidgenössischen Polizeiabteilung vom 21. Juli 1975 betraf aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG den deliktischen Missbrauch eines Motorfahrzeugs als Hilfsmittel zur Verübung von Verbrechen und Vergehen unter Ausnützung der besonderen Möglichkeiten eines Motorfahrzeugs wie Schnelligkeit, Tragkraft, Abgeschlossenheit des Wageninnern und gewisse technische Einrichtungen. Führerausweisentzüge gestützt auf aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG wurden angeordnet etwa bei der Verwendung eines Motorfahrzeugs im Zusammenhang mit der Begehung von Diebstählen (vgl. BGE 104 Ib 95 ; BGE 105 Ib 205 ; BGE 108 Ib 137 ) oder dem Transport von Betäubungsmitteln (siehe BGE 106 Ib 395 ; Urteil 6A.136/1989 vom 16. Januar 1990), aber offensichtlich nicht bei SVG-Widerhandlungen wie beispielsweise grober Verkehrsregelverletzung oder Führen eines Motorfahrzeugs trotz Führerausweisentzug (siehe die Übersichten über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und der kantonalen Gerichte zu aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG bei HANS SCHULTZ, Rechtsprechung und Praxis im Strassenverkehr in den Jahren 1973-1977, 1979, S. 110 f., derselbe , Rechtsprechung und Praxis zum Strassenverkehrsrecht in den Jahren 1978-1982, 1984, S. 160 ff.; derselbe , Rechtsprechung und Praxis zum Strassenverkehrsrecht in den Jahren 1983-1987, 1990, S. 153; SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 2487). Der Entzugsgrund gemäss aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG diente der Bekämpfung von Verbrechen und Vergehen. Er beruhte auf dem Gedanken, dass manche Straftat nicht begangen würde, wenn kein Motorfahrzeug zur Verfügung stünde, mit welchem beispielsweise zu abgelegenen Tatorten gefahren oder die Beute transportiert werden kann. Dem Täter sollte der Führerausweis entzogen werden in der Überlegung, dass er während der BGE 137 IV 72 S. 77 Entzugsdauer kein Motorfahrzeug lenken und somit auch keine Verbrechen und Vergehen unter Verwendung eines Motorfahrzeugs begehen werde. Darin lag der Sinn und Zweck von aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG. Dieser Entzugsgrund hat mit der Verkehrssicherheit nichts zu tun. Er wurde deshalb im Rahmen der Änderung des Strassenverkehrsgesetzes durch Gesetz vom 14. Dezember 2001 (in Kraft seit 1. Januar 2005) aus dem SVG entfernt. Die diesbezügliche Botschaft des Bundesrates vom 31. März 1999 hält dazu ausdrücklich fest, dass der Entzugsgrund der Verwendung eines Motorfahrzeugs zur Begehung eines Verbrechens oder mehrmaliger vorsätzlicher Vergehen im Sinne von aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG in keinem Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit steht und deshalb aus dem SVG entfernt werden soll (BBl 1999 4462 ff., 4490 zu Art. 16c). Der Entzugsgrund der Verwendung eines Motorfahrzeugs zur Begehung von Verbrechen oder Vergehen ist stattdessen nunmehr, mit gewissen Modifikationen, in Art. 67b StGB geregelt. Der Anwendungsbereich dieses Entzugstatbestands wird dadurch, dass er mangels eines Bezugs zur Verkehrssicherheit nicht mehr systemwidrig im SVG, sondern systematisch zutreffend im StGB geregelt ist, nicht auf SVG-Widerhandlungen erweitert. Bei SVG-Widerhandlungen ist Art. 67b StGB so wie vormals aArt. 16 Abs. 3 lit. f SVG, an dessen Stelle er getreten ist, nach seinem aus der Entstehungsgeschichte sich ergebenden Zweck nicht anwendbar. 2.4 Die Beschwerdeführerin ist allerdings der Auffassung, ein solches Auslegungsergebnis verstosse gegen das Gleichbehandlungsgebot. Dem Täter könne im Falle der Verurteilung zu einer bedingt vollziehbaren Strafe wegen SVG-Widerhandlungen in Form einer Weisung ein Fahrverbot auferlegt werden. Folglich müsse ihm im Falle der Verurteilung zu einer unbedingt vollziehbaren Strafe wegen SVG-Widerhandlungen gestützt auf Art. 67b StGB ein Fahrverbot auferlegt werden können. Das Gericht kann dem zu einer bedingten Strafe verurteilten Täter für die Probezeit Weisungen erteilen ( Art. 44 Abs. 2 StGB ). Diese können unter anderem das Führen eines Motorfahrzeugs betreffen ( Art. 94 StGB ). Solche Weisungen konnte der Richter nach der Praxis auch schon unter der Herrschaft des früheren Rechts erteilen, obschon dieses (siehe aArt. 41 Ziff. 2 Abs. 1 StGB) Weisungen betreffend das Führen von Motorfahrzeugen nicht ausdrücklich vorsah. Durch derartige Weisungen kann das Führen von Motorfahrzeugen bestimmter Kategorien, aber auch das Führen von Motorfahrzeugen BGE 137 IV 72 S. 78 schlechthin verboten werden. Eine Weisung betreffend Fahrverbot kann auch und gerade bei einer Verurteilung zu einer bedingten Strafe wegen SVG-Widerhandlungen erteilt werden, auch wenn dem Täter wegen der SVG-Widerhandlung von den Administrativbehörden gemäss Art. 16 ff. SVG der Führerausweis entzogen wird; denn dieWeisung betreffend Fahrverbot im Rahmen des bedingten Strafvollzugs einerseits und der Führerausweisentzug gemäss Art. 16 ff. SVGandererseits dienen verschiedenen Zwecken ( BGE 94 IV 11 E. 2; 100IV 252 E. 2; Urteile 6S.79/2001 vom 26. Februar 2001 E. 2; 6B_32/2008 vom 13. März 2008 E. 3.4). Daraus folgt jedoch entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht, dass dem Täter, der wegen SVG-Widerhandlungen zu einer unbedingten Strafe verurteilt wurde, ein Fahrverbot in Form eines Führerausweisentzugs gemäss Art. 67b StGB erteilt werden können muss. Die unbedingte Strafe unterscheidet sich wesentlich von der bedingten, und aus dem Gleichbehandlungsgebot ergibt sich kein Anspruch darauf, dass Ungleiches gleich behandelt werde. Nach dem Gesetz können nur bedingte Strafen mit Weisungen verbunden werden, deren Zweck gerade auch darin besteht, im wohlverstandenen Interesse des Verurteilten dessen Bewährungsaussichten zu begünstigen. Solche Weisungen jedwelchen Inhalts können zwar vom davon Betroffenen subjektiv unter Umständen als ein grösseres Übel empfunden werden als eine unbedingte Strafe. Gleichwohl ist nach der Konzeption des Gesetzes die mit einer Weisung verbundene bedingte Strafe objektiv eine weniger schwerwiegende Sanktion als die unbedingte Strafe (siehe Urteil 6S.79/2001 vom 26. Februar 2001 E. 1b). Dass dem wegen einer SVG-Widerhandlung zu einer bedingten Strafe verurteilten Täter gestützt auf Art. 44 Abs. 2 und Art. 94 StGB in Form einer Weisung ein Fahrverbot erteilt werden kann, legt daher nicht den Schluss nahe, dass dem wegen einer SVG-Widerhandlung zu einer unbedingten Strafe verurteilten Täter gestützt auf Art. 67b StGB in Form eines Führerausweisentzugs ein Fahrverbot auferlegt werden können muss und aus diesem Grunde Art. 67b StGB auch auf SVG-Widerhandlungen anwendbar ist. 2.5 Art. 67b StGB betreffend Fahrverbot ist somit auf SVG-Widerhandlungen nicht anwendbar. Dies ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes sowie aus der Entstehungsgeschichte und aus dem Zweck der Bestimmung. An diesem Auslegungsergebnis ändert nichts, dass das Gericht dem wegen einer SVG-Widerhandlung zu einer bedingten Strafe verurteilten Täter gestützt auf Art. 44 Abs. 2 und Art. 94 StGB in Form einer Weisung ein Fahrverbot auferlegen kann. BGE 137 IV 72 S. 79 2.6 Die Auffassung der Vorinstanz, dass die dem Beschwerdegegner zur Last gelegten SVG-Widerhandlungen der groben Verletzung von Verkehrsregeln ( Art. 90 Ziff. 2 SVG ) und des Führens eines Motorfahrzeugs trotz Führerausweisentzug ( Art. 95 Ziff. 2 SVG ) keine Anknüpfungstaten im Sinne von Art. 67b StGB sind und daher dem Beschwerdegegner der Führerausweis nicht gestützt auf Art. 67b StGB entzogen werden kann, ist demnach im Ergebnis zutreffend. Ob sich diese Auffassung entsprechend den vorinstanzlichen Erwägungen auch damit begründen liesse, dass die genannten SVG-Widerhandlungen mit einem administrativen Führerausweisentzug gemäss Art. 16 ff. SVG geahndet werden und diese spezialgesetzliche Regelung insoweit abschliessend ist, kann dahingestellt bleiben. Die Beschwerde ist somit abzuweisen.
null
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de
2,011
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bcb737fd-152b-421f-b86c-63e26149b8e9
Urteilskopf 118 Ia 299 41. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 4 mai 1992 dans la cause Chambre genevoise immobilière et consorts contre Conseil d'Etat du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 9 USG , Art. 4 UVPV ; Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und "Verträglichkeitsprüfung" nach kantonalem Recht. Im Genfer Recht enthaltene Möglichkeit, für den Bau von Auto-Einstellhallen mit einer Fläche über 50 m2 eine "Verträglichkeitsprüfung" zu verlangen: Diese Vorschrift verletzt den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht, denn sie soll nicht einfach den Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach Art. 9 USG ausdehnen. Gegenstand und formelle Erfordernisse der kantonalrechtlichen "Verträglichkeitsprüfung" unterscheiden sich tatsächlich von der im Bundesrecht vorgeschriebenen UVP.
Sachverhalt ab Seite 300 BGE 118 Ia 299 S. 300 Par arrêté du 9 octobre 1991, le Conseil d'Etat du canton de Genève (ci-après: le Conseil d'Etat) a modifié certains articles du règlement d'application de la loi genevoise sur les constructions et installations diverses, du 27 février 1978 (ci-après: RALCI), y introduisant notamment un art. 204 nouveau, qui dispose ce qui suit: Impact sur l'environnement et exploitation des garages collectifs (note marginale) 1 Le département établit des directives pour l'établissement de l'impact sur l'environnement des garages collectifs. 2 D'entente avec le département de justice et police, il fixe les conditions d'exploitation de tels garages, notamment quant aux catégories d'utilisateurs et aux accès, et peut grever l'autorisation de construire des charges nécessaires au contrôle du respect de ces conditions. En vertu de l'art. 200 RALCI, les garages collectifs sont ceux de plus de 50 m2 de surface. L'art. 204 RALCI est fondé sur l'art. 108 A de la loi genevoise sur les constructions et installations diverses (LCI), qui a été adopté le 23 juin 1989 et dont les alinéas 1 et 2 ont la teneur suivante: Edification et exploitation de garages collectifs (note marginale) 1 L'édification et l'exploitation de garages collectifs, en élévation ou en excavation, sont autorisées si une telle réalisation est conforme aux exigences du plan directeur des transports, et s'il n'en résulte pas d'inconvénients graves pour l'environnement, le voisinage ou la circulation. Elles doivent en outre ne pas nuire au bon fonctionnement des transports publics. 2 Le département peut demander au requérant de produire un rapport d'impact établissant que le projet répond aux exigences précitées. Agissant par la voie du recours de droit public, la Chambre genevoise immobilière et sept consorts demandent au Tribunal fédéral d'annuler l'art. 204 RALCI, en invoquant en particulier une violation de l'art. 2 Disp. trans. Cst. Le recours a été rejeté dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Les recourants soutiennent que l'art. 204 al. 1 RALCI violerait le principe de la force dérogatoire du droit fédéral, dans la mesure où il prévoit l'établissement d'une étude d'impact pour des parcs de stationnement pour moins de 300 véhicules. Ils se réfèrent BGE 118 Ia 299 S. 301 à l' art. 9 LPE et au ch. 11.4 de l'annexe à l'ordonnance relative à l'étude de l'impact sur l'environnement (OEIE), et ils insistent sur le caractère exhaustif de la réglementation fédérale à ce sujet. a) L'art. 204 RALCI est un nouvel acte normatif, ce qui autorise les recourants à en contester la constitutionnalité à tous égards, même si, matériellement, le règlement ne fait que reprendre ce qui figure déjà dans la loi cantonale (cf. ATF 102 Ia 282 consid. 2). Saisi du grief de violation de l'art. 2 Disp. trans. Cst., le Tribunal fédéral examine librement si une règle de droit cantonal est compatible avec le droit fédéral. La force dérogatoire du droit fédéral implique que la législation fédérale l'emporte sur une réglementation cantonale, quel que soit leur niveau respectif. Selon cette règle, il est notamment prohibé au législateur ou à l'exécutif cantonal d'intervenir dans les matières que le législateur fédéral a entendu réglementer de façon exhaustive, d'éluder le droit fédéral ou d'en contredire le sens ou l'esprit ( ATF 117 Ia 34 consid. 7c, ATF 116 Ia 272 consid. 4a, ATF 112 Ib 167 consid. 4a et les arrêts cités). b) aa) En droit fédéral, l'"étude de l'impact sur l'environnement" (EIE) est régie par l' art. 9 LPE , qui dispose que, "avant de prendre une décision sur la planification et la construction ou la modification d'installations pouvant affecter sensiblement l'environnement, l'autorité apprécie leur compatibilité avec les exigences de la protection de l'environnement" ( art. 9 al. 1 LPE ). Pour que l'autorité puisse procéder à cette appréciation, le requérant lui transmet un "rapport d'impact" qu'il a établi ( art. 9 al. 2 et 3 LPE ). Aux termes de l' art. 3 al. 1 OEIE , cette procédure permet de déterminer si un projet "répond aux prescriptions fédérales sur la protection de l'environnement, c'est-à-dire à la LPE ainsi qu'aux dispositions concernant la protection de la nature, la protection du paysage, la protection des eaux, la sauvegarde des forêts, la chasse et la pêche". Selon la jurisprudence, l' art. 3 al. 1 OEIE n'énumère pas limitativement les prescriptions à prendre en considération; il faut aussi tenir compte des exigences ou des buts et principes de l'aménagement du territoire ( ATF 116 Ib 60 consid. 4d, 262 consid. 1a). En application de l'art. 9 al. 1 in fine LPE, qui charge le Conseil fédéral de désigner les installations "pouvant affecter sensiblement l'environnement" et, de ce fait, soumises à l'étude de l'impact sur l'environnement, l'annexe à l'OEIE énumère divers types d'ouvrages et, pour certains d'entre eux, fixe des valeurs de seuil déterminantes. Les "parcs de stationnement (terrain ou bâtiment) pour plus de 300 voitures" figurent dans cette liste (ch. 11.4). BGE 118 Ia 299 S. 302 Conformément à l' art. 4 OEIE , l'autorité chargée d'examiner un projet de construction d'une installation de capacité moindre - donc non soumise à l'EIE - doit néanmoins appliquer les prescriptions sur la protection de l'environnement (cf. art. 3 al. 1 OEIE ) mais, dans ces cas, l'établissement d'un rapport d'impact au sens de l' art. 7 OEIE (cf. art. 9 al. 2 LPE ) n'est pas nécessaire (cf. ATF 117 Ib 145 consid. 3c). bb) La norme attaquée, qui reprend à cet égard l'art. 108 A al. 2 LCI, permet une procédure d'"établissement de l'impact" des garages collectifs de plus de 50 m2 de surface, le département étant autorisé à demander la production d'un "rapport d'impact"; la capacité des installations pouvant être soumises à cette procédure est ainsi nettement inférieure à la valeur de seuil du ch. 11.4 de l'annexe à l'OEIE. Le Conseil d'Etat explique dans ses déterminations qu'il s'agit là non pas de l'étude de l'impact sur l'environnement au sens du droit fédéral (IEI), mais d'une "étude d'impact au sens commun": le droit cantonal donne au département la possibilité, dans la procédure d'autorisation de construire, d'exiger du requérant un rapport sur l'ouvrage projeté, ses conséquences externes et les éventuelles mesures complémentaires destinées à minimiser celles-ci. Une telle étude était déjà prescrite depuis 1978 par l'ancien art. 45 al. 1 RALCI, aujourd'hui abrogé; un "cahier des charges" destiné à faciliter la tâche du requérant avait été établi en juin 1984, puis complété par une directive d'avril 1990 des départements des travaux publics et de justice et police. L'"étude d'impact au sens commun" du droit genevois, qui doit d'abord traiter, conformément à l'art. 108 A al. 1 LCI, des nuisances pour l'environnement, le voisinage et la circulation, tend à cet égard, comme l'étude d'impact de droit fédéral, à déterminer si le projet répond aux prescriptions fédérales en matière de protection de l'air et contre le bruit ( art. 3 al. 1 OEIE ; cf. consid. 3b/aa supra); en cela, elle ne se distingue pas, quant à son objet, de l'EIE stricto sensu. Ces prescriptions fédérales, qui ne laissent pas subsister les règles cantonales quant à la limitation quantitative des nuisances, ne régissent cependant pas toutes les conséquences d'une installation sur le trafic routier, et certaines dispositions cantonales conservent une portée propre, notamment en matière de stationnement ( ATF 117 Ib 157 consid. 1a, 116 Ia 493 consid. 1a, 114 Ib 223 consid. 5; arrêt du 4 février 1992, partiellement publié in: URP/DEP 1992 p. 262); en vertu de l'art. 108 A al. 1 LCI, l'"étude d'impact au sens commun" vise à vérifier le respect de ces prescriptions cantonales et, plus BGE 118 Ia 299 S. 303 globalement, de principes d'urbanisme, de politique des transports ou d'aménagement du territoire (cf. "cahier des charges" de 1984). Dès lors, le Conseil d'Etat affirme à juste titre que son objet se distingue de celui d'une étude d'impact au sens du droit fédéral (cf. YVES NICOLE, L'étude d'impact dans le système fédéraliste suisse, Lausanne 1992, p. 158 ss; OFFICE FÉDÉRAL DE L'ENVIRONNEMENT, DES FORÊTS ET DU PAYSAGE, Etude de l'impact sur l'environnement - Manuel EIE, Berne 1990, p. 26). cc) La doctrine considère généralement que le caractère exhaustif de la liste de l'annexe à l'OEIE enlève aux cantons la possibilité d'étendre le champ d'application de l'étude de l'impact sur l'environnement ou EIE (cf. NICOLE, op.cit., p. 147, qui expose les opinions de divers auteurs); elle se fonde en particulier sur le principe de la force dérogatoire du droit fédéral (cf. HERIBERT RAUSCH, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, art. 9, Zurich 1989, N. 202). RAUSCH admet cependant que les cantons prévoient une procédure analogue à celle de l'EIE ("UVP-ähnliches Verfahren") pour apprécier les atteintes éventuelles à l'environnement d'installations non soumises au sens de l' art. 1er OEIE , mais dont la capacité est néanmoins proche de la valeur de seuil fédérale; il se réfère à cet égard à l' art. 4 OEIE , qui rappelle que les prescriptions sur la protection de l'environnement doivent être appliquées dans tous les cas (RAUSCH, op.cit., N. 201). De toute façon, l' art. 46 al. 1 LPE , selon lequel chacun est tenu de fournir aux autorités les renseignements nécessaires à l'application de la loi, permet déjà d'exiger du requérant un rapport sur les nuisances pour l'environnement de son projet, sorte de "rapport d'impact" (cf. RAUSCH, op.cit., N. 71). De son côté, NICOLE insiste sur le principe de la souveraineté des cantons en matière d'organisation et de procédure, même lorsqu'ils appliquent le droit administratif fédéral (NICOLE, op.cit., p. 106 ss et 148; cf. PETER SALADIN, Commentaire de la Constitution fédérale, art. 3, Bâle/ Zurich/Berne 1986, N. 104 et 226); les cantons, chargés en principe de l'exécution de la loi fédérale sur la protection de l'environnement (LPE), pourraient soumettre à une étude d'impact les projets dont ils jugent importants les effets sur l'environnement, nonobstant l'absence de mention dans la liste annexe à l'OEIE, et ils pourraient aussi étendre le domaine de l'étude d'impact à d'autres dispositions que celles mentionnées à l' art. 3 OEIE , mais la réglementation cantonale ne peut se borner à ajouter de nouveaux types d'installations à la liste de l'OEIE ou à abaisser les valeurs de seuil qui y figurent (NICOLE, op.cit., p. 148, 150 et 160/161). BGE 118 Ia 299 S. 304 dd) Ni l'art. 204 RALCI, ni l'art. 108 A LCI n'ont pour objet d'étendre simplement le champ d'application et le domaine de l'étude de l'impact de l'environnement au sens du droit fédéral et d'y soumettre les garages collectifs comprenant jusqu'à 300 places. Comme le souligne le Conseil d'Etat dans ses déterminations, les dispositions de procédure de l'ordonnance fédérale (OEIE) et celles du règlement cantonal d'application transitoire de la loi fédérale sur la protection de l'environnement relatives à l'EIE (art. 6) ne s'appliquent pas à la procédure d'autorisation de garages collectifs pour lesquels l'"étude d'impact au sens commun" est requise, notamment quant à la publication du rapport d'impact (cf. art. 15 OEIE ), au rôle du service spécialisé (cf. art. 12 s. OEIE) ou au droit de recours des organisations d'importance nationale (cf. art. 55 LPE ): Cette procédure d'enquête destinée au contrôle, en cas de besoin, de la conformité d'un projet avec les règles fédérales et cantonales de protection de l'environnement et d'aménagement du territoire ne viole donc pas le principe de la force dérogatoire du droit fédéral (cf. JACQUES MEYER, L'étude de l'impact sur l'environnement, in: Journées du droit de la construction Fribourg 1989, Documentation VIII, p. 89).
public_law
nan
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1,992
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CH_BGE_002
CH
Federation
bcbc30ff-0a66-4594-9d09-d2acd168dcf3
Urteilskopf 141 V 351 37. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_670/2014 vom 13. Mai 2015
Regeste Art. 34a Abs. 1 BVG ; Art. 24 Abs. 1 und 2 BVV 2 ; Anrechenbarkeit von Soziallohnkomponenten im Rahmen der Überentschädigungsberechnung. Im Sinne der gesetzlichen Konzeption der weitgehenden materiellrechtlichen Koordination zwischen erster und zweiter Säule werden Soziallohnkomponenten im Rahmen der Überentschädigungsberechnung nach Art. 24 BVV 2 - wie bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG - nicht angerechnet (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 351 BGE 141 V 351 S. 351 A. Der 1969 geborene A. arbeitet seit 2001 als angestellter Geschäftsführer der B. GmbH. In dieser Funktion war er bei der Sammelstiftung BVG der Allianz Suisse Lebensversicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Allianz) berufsvorsorgeversichert, als er am 14. November 2007 einen Verkehrsunfall erlitt. Nachdem die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) auf Ende April 2009 ihre Leistungen mangels adäquaten Kausalzusammenhangs BGE 141 V 351 S. 352 eingestellt hatte, sprach die IV-Stelle Basel-Landschaft A. mit Verfügung vom 21. Dezember 2012 eine Viertelsrente ab April 2010 zu (Invaliditätsgrad 47 %). Die Allianz sprach A. am 5. Februar 2013 ab Mai 2011 eine jährliche Invalidenrente der beruflichen Vorsorge in Höhe von Fr. 6'247.- (inkl. Kinderrente) zu. Bereits am 15. Februar 2013 stellte sie diese Rentenleistungen wieder ein und forderte zudem am 8. April 2013 die für den Zeitraum von Mai 2011 bis März 2013 ausgerichteten Rentennachzahlungen in Höhe von Fr. 11'973.40 zurück. Als Begründung führte die Allianz an, die gemäss den Lohndeklarationen 2011 bis 2013 von der B. GmbH an A. ausbezahlten Einkommen führten zusammen mit den ausbezahlten Rentenbeträgen zu einer Überentschädigung. B. Die von A. dagegen erhobene Klage vom 3. Oktober 2013 hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 10. Juli 2014 gut. Gleichzeitig wies es die von der Allianz erhobene Widerklage ab. C. Die Allianz führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, der Entscheid vom 10. Juli 2014 sei aufzuheben, die Klage vom 3. Oktober 2013 abzuweisen und die Sache zur Beurteilung der Widerklage an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Während A. auf Abweisung der Beschwerde schliesst, soweit darauf einzutreten sei, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) deren Gutheissung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Vorerst ist zu prüfen, ob die in den Jahren 2011 bis 2013 von der B. GmbH an den Beschwerdegegner ausbezahlten Gehälter Soziallohnkomponenten enthalten. 4.1 Das kantonale Gericht hat festgestellt, dass der Beschwerdegegner seit dem Unfall im Jahre 2007 nachweislich in seiner Arbeitsfähigkeit für die angestammte Tätigkeit als Geschäftsführer der B. GmbH zu 40 % eingeschränkt und seither keine Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten ist. Dass diese Feststellungen BGE 141 V 351 S. 353 offensichtlich unrichtig sein oder auf einer Rechtsverletzung beruhen sollen, ist weder ersichtlich noch wird dies geltend gemacht. Somit bleiben sie für das Bundesgericht verbindlich (nicht publ. E. 1.3). 4.2 Die Beschwerdeführerin wendet zu Recht ein, dass ausbezahlte Löhne in der Regel das Äquivalent einer entsprechenden Arbeitsleistung darstellen und an den Nachweis von Soziallohn praxisgemäss hohe Anforderungen zu stellen sind ( BGE 117 V 8 E. 2c S. 18). Soweit das kantonale Gericht das Vorliegen einer Soziallohnkomponente damit begründet, den weiterhin ausgerichteten vollen Lohnzahlungen durch die B. GmbH könne aufgrund erstellter gesundheitlicher Einschränkungen in der angestammten Tätigkeit (vgl. E. 4.1 hievor) keine äquivalente Arbeitsleistung gegenüberstehen, vermag dieser lediglich auf einer Vermutung basierende Schluss den Beweisanforderungen nicht zu genügen. Dasselbe gilt in Bezug auf die weiteren - ebenfalls auf blosser Vermutung basierenden - Erwägungen, wonach sich der Beschwerdegegner wohl mittels höherer Lohnauszahlungen sowohl die durch Warte- bzw. Abklärungszeiten bedingte zeitlich verzögerte Leistungszusprache als auch die betraglich im Vergleich zum Erwerbslohn tieferen Ersatzeinkommen habe ausgleichen wollen, indem er sich vor und nach dem Unfall vom 14. November 2007 ununterbrochen Lohnzahlungen in vollem Umfang habe ausbezahlen lassen. 4.3 Dennoch ist das kantonale Gericht im Ergebnis zutreffend von einer Soziallohnkomponente ausgegangen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die ausgeprägte wirtschaftliche Nähe zwischen dem Beschwerdegegner und seiner Arbeitgeberin: Ersterer ist wirtschaftlich beherrschender Gesellschafter der B. GmbH und gleichzeitig deren angestellter Geschäftsführer. Die Auswirkungen dieser engen Verflechtung zeigen sich unter anderem im Umstand, dass sich der Beschwerdegegner die Rentenzahlungen der Invalidenversicherung nicht auf ein persönliches, auf seinen Namen lautendes Privatkonto, sondern auf ein solches seiner Arbeitgeberin überweisen lässt. Auch die von der Beschwerdeführerin in den Jahren 2008 und 2012 an den Gesamtschaden vorgängig geleisteten Akontozahlungen in Höhe von Fr. 15'000.- und Fr. 40'000.- wurden direkt auf das Konto der Arbeitgeberin überwiesen. Trotzdem weist, wie sich aus den Akten ergibt, die Erfolgsrechnung der Gesellschaft für die Jahre 2004 bis 2009 ein deutlich schlechteres Unternehmensergebnis seit dem Unfall im November 2007 aus. Dazu kommt, dass die GmbH des Beschwerdegegners - anstatt weiterhin den vollen BGE 141 V 351 S. 354 Lohn auszubezahlen - auch mehr Dividende hätte ausschütten können, damit der Beschwerdegegner nach wie vor über (gleich) hohe Einnahmen verfügt. Die Weiterausrichtung des vollen Lohnes hat für diesen aber den Vorteil, dass er regelmässig - monatlich - über das Geld verfügen kann. Eine Dividende fliesst demgegenüber einmal im Jahr und ihre Höhe ist nicht gesichert. Die Art der Entschädigung liegt - soweit gesetzeskonform - in der unternehmerischen Freiheit des geschäftsführenden Beschwerdegegners. Somit sind - neben der wirtschaftlichen Nähe der GmbH zum Beschwerdegegner - der deutliche Einbruch des Unternehmensergebnisses und die (monatliche) Auszahlungsform ausreichende Beweise für das Vorliegen einer Soziallohnkomponente. 4.4 Entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen richtet sich die Anrechenbarkeit des zumutbarerweise noch erzielbaren Erwerbseinkommens nicht nach der Resterwerbsfähigkeit, sondern nach der Restarbeitsfähigkeit ( BGE 137 V 20 E. 5.2.2 S. 27). Folglich entspricht das anrechenbare Erwerbseinkommen nicht 53 % des ausbezahlten Gehaltes, sondern 60 %. Die damit bei der Überentschädigungsberechnung einhergehende Erhöhung des Totals anrechenbarer Einnahmen vermag am Ergebnis einer fehlenden Überentschädigung jedoch nichts zu ändern. 5. Nachdem feststeht, dass der von der B. GmbH an den Beschwerdegegner ausbezahlte Lohn eine Soziallohnkomponente von 40 % enthält (vgl. E. 4 hievor), stellt sich die Frage, ob diese - wie bei der Invaliditätsbemessung - auch bei der Überentschädigungsregelung als ein Nonvaleur zu betrachten ist. 5.1 Nach der gesetzlichen Konzeption der Invalidenleistungen aus der ersten und zweiten Säule sind die Festlegungen der IV-Stelle bezüglich Entstehung, Höhe und Beginn des Rentenanspruches grundsätzlich für die Invalidenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge massgebend und verbindlich, weshalb das im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren festgelegte Invalideneinkommen dem Grundsatz nach auch in der berufsvorsorgerechtlichen Überentschädigungsberechnung Berücksichtigung finden muss ( BGE 134 V 64 E. 4.1.3 S. 70). Im Sinne dieser Koordination ist nicht ersichtlich, weshalb Soziallohnkomponenten zum einen im Rahmen der Festlegung des Invalideneinkommens unberücksichtigt bleiben sollten, umgekehrt jedoch im Rahmen der Überentschädigungsberechnung vollumfänglich angerechnet werden sollten. BGE 141 V 351 S. 355 5.2 Die vom BSV vorgebrachten Bedenken, die Nichtanrechnung allfälliger Soziallohnkomponenten im Rahmen der Überentschädigungsregelung gemäss Art. 24 Abs. 2 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) würde dazu führen, dass die invalide Person über ein höheres Einkommen verfügen könnte, als sie ohne Invalidität zu erzielen im Stande wäre, bestehen in gleicher Weise bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG (SR 830.1) und rechtfertigen folglich keine abweichende Behandlung. Gleiches hat für den Umstand zu gelten, dass - wie das BSV einwendet - für die Bestimmung des Invaliditätsgrades auf den ausgeglichenen Arbeitsmarkt abgestellt wird, wohingegen im Rahmen der Überentschädigungsregelung die gesamten objektiven und subjektiven Umstände, auch in arbeitsmarktrechtlicher Hinsicht, zu berücksichtigen sind. So dient das Abstellen auf den ausgeglichenen Arbeitsmarkt gemäss Art. 16 ATSG dazu, den Leistungsbereich der Invalidenversicherung von jenem der Arbeitslosenversicherung abzugrenzen (Urteil 9C_192/2014 vom 23. September 2014 E. 3.1). 5.3 Die Vorinstanz hat folglich in Bezug auf den Soziallohnanteil ein anrechnungspflichtiges Erwerbseinkommen zu Recht verneint.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
bcc04e44-5868-421e-8e5f-74794dfe5997
Urteilskopf 95 II 333 46. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Mai 1969 i.S. Landolt gegen Basler-Unfall und Hegner.
Regeste Art. 60 Abs. 1 SVG . Diese Vorschrift gilt für das Zusammenwirken verschiedenartiger Schadenverursacher (Erw. 3). Analoge Anwendung von Art. 72 VVG bei der Haftpflichtversicherung. Übergang der Rückgriffsrechte des Schädigers auf den Versicherer (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 4). Art. 60 Abs. 2 SVG . Der Halter kann sich im Rahmen einer Rückgriffsklage darauf berufen, dass ihm gegenüber dem Geschädigten ein Entlastungs-oder Befreiungsgrund zugestanden hätte (Erw. 5). Verschulden des Lenkers, der ein am Strassenrand stehendes Fahrzeug in den Verkehr einschaltet, ohne den Richtungsanzeiger zu betätigen. Die Frage der Beweislast ist gegenstandslos, wenn der Richter den Sachverhalt auf dem Wege der Beweiswürdigung ermittelt hat (Erw. 6). Art. 60 Abs. 2 Satz 2 SVG . Interne Auseinandersetzung zwischen Haltern. Beweislast. Betonung des Verschuldens bei der Schadensverteilung (Erw. 7).
Sachverhalt ab Seite 334 BGE 95 II 333 S. 334 A.- Am 28. November 1962 ca. 18.20 Uhr stiessen auf der Zürcherstrasse ausserhalb Jona, im Gubel, zwei Personenwagen zusammen, die von Karl Landolt und Frau Paula Hegner gelenkt wurden. Frau Hegner hatte auf der Höhe der Unfallstelle am rechten Strassenrand mit einem Personenwagen Marke Opel angehalten, dann nach links in die Strasse eingebogen, um in der gegenüberliegenden Einfahrt zu einem Parkplatz zu wenden. Gleichzeitig war Landolt im Begriff, dieses Fahrzeug mit seinem Personenwagen Marke Mercedes zu überholen. Das Vorhaben gelang nicht. Die Fahrzeuge stiessen ungefähr 50 cm links der Strassenmitte - in der Fahrrichtung Landolts gesehen - zusammen. Frau Landolt, die im BGE 95 II 333 S. 335 Wagen ihres Mannes Platz genommen hatte, und eine Mitfahrerin von Frau Hegner wurden erheblich verletzt. Beide Fahrzeuge wurden stark beschädigt. Gegen die beiden Fahrzeuglenker wurde eine provisorische Bussenverfügung erlassen, die jedoch wegen Verfolgungsverjährung wieder aufgehoben wurde. Karl Landolt und Othmar Hegner, die Halter der am Zusammenstoss beteiligten Fahrzeuge, sind bei der Basler-Unfall gegen Haftpflicht versichert. B.- Die Eheleute Anna (Klägerin 1) und Karl (Kläger 2) Landolt belangten die Basler-Unfall (Beklagte 1) und Frau Hegner (Beklagte 2) beim Bezirksgericht See solidarisch auf Zahlung von Fr. 67'271.10 (Rechtsbegehren 1) und Fr. 4612.55 (Rechtsbegehren 2) nebst Zins zu 5% seit 28. November 1962. Ausserdem beantragten die Kläger, die ihnen von der Beklagten 1 geleisteten Teilzahlungen von Fr. 9000.-- so anzurechnen, wie es dem Verhältnis der ihnen richterlich zuzuerkennenden Forderung entspreche (Rechtsbegehren 3). Das Bezirksgericht See schützte am 15. Januar 1968 die Klage der Klägerin 1 im Betrag von Fr. 64'106.50 und jene des Klägers 2 im Betrage von Fr. 3690.--, je nebst Zins. Ausserdem rechnete es die Teilzahlungen der Beklagten 1 von Fr. 9000.-- mit Fr. 8515.-- an die Forderung der Klägerin 1 und mit Fr. 485.-- an die Forderung des Klägers 2 an. Gegen dieses Urteil erklärten beide Parteien die Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen. Nach Durchführung einer "Vorbereitungsverhandlung" im Sinne von Art. 289 der st. gallischen ZPO schlossen sie am 9./17. Mai 1968 "einen Vergleich mit Prozessvereinbarung" ab, der wie folgt lautet: "1) Die Beklagten anerkennen Ziff. 1 des klägerischen Rechtsbegehrens, d.h. gegenüber der Klägerin 1, Frau Anna Landolt-Baumgartner, einen Betrag von Fr. 67'271,10 zuzüglich 5 % Zins seit 28.11.62 unter Anrechnung der Teilzahlungen der Beklagten 1 von insgesamt Fr. 9000.-- (Fr. 6000.-- vom 31.8.64 und Fr. 3000.-- vom 20.12.65). ... ... 4) Mit dieser Regelung ist der Prozess zwischen der Klägerin 1 und den Beklagten vergleichsweise erledigt und kann in diesem Sinne als erledigt abgeschrieben werden. 5) Die Beklagten anerkennen quantitativ die Forderung des Klägers 2, Karl Landolt-Baumgartner, im Betrage von Fr. 4612.55 nebst 5 % Zins seit 28.11.62, wobei das Kantonsgericht zu entscheiden BGE 95 II 333 S. 336 hat, in welchem Umfang die Forderung unter Berücksichtigung des streitigen beidseitigen Verschuldens am Unfall zuzusprechen sei. 6) Die Beklagte 1 erhebt gegenüber dem Kläger 2, Karl Landolt-Baumgartner, folgende Widerklage: ,Der Kläger 2 sei zu verpflichten, der Beklagten 1 Fr. 33'635.55 nebst 5 % Zins seit 28.11.62 zu bezahlen.' Der Kläger 2 lässt diese Widerklage vor Kantonsgericht ausdrücklich zu und beantragt Abweisung derselben. ......" Das Kantonsgericht schrieb am 9. Juli 1968 die Klage der Klägerin 1 sowie den Antrag beider Kläger auf Anrechnung der von der Beklagten 1 geleisteten Teilzahlungen (vergl. Rechtsbegehren 3) als durch Vergleich erledigt ab (Urteilsspruch 1 und 3). Zudem schützte es die Klage des Klägers 2 (Rechtsbegehren 2) im Betrag von Fr. 4612.55 nebst Zins zu 5% seit 28. November 1962 und hiess die Widerklage der Beklagten 1 gegen den Kläger 2 (vgl. Ziffer 6 der Vereinbarung vom 9./17. Mai 1968) im Betrage von Fr. 13'454.20 nebst Zins zu 5% seit 28. November 1962 gut. C.- Der Kläger 2 hat beim Kantonsgericht ein Berichtigungsgesuch eingereicht mit dem Antrag, die von der Beklagten 1 gegen ihn erhobene Widerklage im Betrage von Fr. 11'211.65 nebst Zins seit 28. November 1962 zu schützen. Dabei wies er darauf hin, dass das Kantonsgericht bei der Bemessung der Ersatzpflicht die Betriebsgefahren der beiden Fahrzeuge einfach (50: 50), das alleinige Verschulden der Beklagten 2 doppelt (0: 200) in Rechnung gestellt hatte. Nach dieser Rechnung ergebe der von ihm zu vertretende Anteil an der Gesamtverursachung des Personenschadens nicht 20%, sondern nur 162/3%, weshalb die Widerklage der Beklagten 1 im beantragten Umfang zu schützen sei. Das Kantonsgericht wies am 11. Oktober 1968 das Berichtigungsbegehren des Klägers 2 ab. Es anerkannte zwar den behaupteten Irrtum, machte aber geltend, die im angefochtenen Urteil vorgenommene Berechnung sei nur ein Hilfsmittel im Rahmen des richterlichen Ermessensentscheides; es hätte daher die Ersatzpflicht des Klägers 2 - so fährt das Kantonsgericht fort - auch ohne den Rechnungsfehler nicht auf 16 2/3% festgesetzt, sondern auf 20% aufgerundet. D.- Der Kläger 2 und die Beklagten 1 und 2 haben gegen das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Der Kläger 2 beantragt, die Widerklage der Beklagten 1 BGE 95 II 333 S. 337 abzuweisen, auf die Berufung der Beklagten 1 und 2 nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Die Beklagten 1 und 2 beantragen, die Klage des Klägers 2 abzuweisen, eventuell in einem nach richterlichem Ermessen zu bestimmenden Umfange zu schützen. Die Beklagte 1 beantragt, die Widerklage gegen den Kläger 2 zu schützen, eventuell die Sache zur Ergänzung der Akten und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da sich der Unfall am 28. November 1962 ereignet hat, beurteilen sich die streitigen Ansprüche nach den Vorschriften der Artikel 58 ff. SVG betreffend Haftpflicht und Versicherung, die am 1. Januar 1960 in Kraft getreten sind (VVV vom 20. November 1959, Art. 61 Abs. 1). Das Verhalten der am Unfall beteiligten Fahrzeugführer ist dagegen nach den im Zeitpunkt des Unfalls noch geltenden Verkehrsregeln des MFG zu beurteilen. 2. (Prozessuale Fragen). 3. Art. 60 Abs. 1 SVG bestimmt: "Sind bei einem Unfall, an dem ein Motorfahrzeug beteiligt ist, mehrere für den Schaden eines Dritten verantwortlich, so haften sie, unter Vorbehalt von Abs. 3, solidarisch". Diese Vorschrift gilt für das Zusammenwirken verschiedenartiger Verursacher (Halter, Führer, Radfahrer, Eisenbahn, Werkeigentümer usw.), wie für die Schädigung durch mehrere Fahrzeuge. Solidarität setzt voraus, dass die Haftung eines jeden Beteiligten bereits feststeht. Der Halter ist dann "verantwortlich" und somit solidarisch haftpflichtig, wenn sich die Betriebsgefahr des Fahrzeuges im Sinne von Art. 58 Abs. 1 SVG verwirklicht hat und er weder Entlastung ( Art. 59 Abs. 1 SVG ) noch Befreiung (Art. 59 Abs. 2 und 3, 75 Abs. 1 SVG) beanspruchen kann. Liegt ein Herabsetzungsgrund vor, so hat er neben andern Ersatzpflichtigen nur im Umfange des reduzierten Betrages für den verursachten Schaden solidarisch einzustehen (vgl. OFTINGER, Haftpflichtrecht, Bd. II/2, 660, 672/73). Die Klägerin 1 ist Dritte im Sinne von Art. 60 Abs. 1 SVG . Sie konnte daher nach ihrer Wahl die beiden Fahrzeughalter sowie die aus Verschulden haftende Lenkerin, die Beklagte 2, auf Schadenersatz belangen. Ausserdem war sie von Gesetzes wegen befugt, die Beklagte 1 als Haftpflichtversicherer des nach BGE 95 II 333 S. 338 Art. 58 Abs. 4 SVG für das Verschulden seiner Ehefrau, der Beklagten 2, verantwortlichen Halters Othmar Hegner in Anspruch zu nehmen ( Art. 65 Abs. 1 SVG ). 4. Die Beklagte 1 hat der Klägerin 1 gestützt auf die Vereinbarung vom 9./17. Mai 1968 Fr. 67'271.10 nebst Zins als Schadenersatz bezahlt. Zu prüfen ist, ob durch diese Zahlung die Schadenersatzforderung der Klägerin 1 auf die Beklagte 1 übergegangen ist. Nach Art. 72 VVG geht bei der Schadensversicherung der Ersatzanspruch, der den Anspruchsberechtigten gegenüber einem Dritten aus unerlaubter Handlung zusteht, auf den Versicherer über, soweit er Entschädigung geleistet hat. Da die Haftpflichtversicherung nach ihrer Stellung im Gesetz eine Unterart der Schadensversicherung ist, trifft Art. 72 VVG auch auf sie zu. Sie weist allerdings die Besonderheit auf, dass sie nicht einen den Versicherten unmittelbar treffenden Schaden zu decken bestimmt ist, sondern die Belastung zum Gegenstand hat, die den Versicherten infolge seiner Haftung für den Schaden eines Dritten trifft; Art. 72 VVG ist dagegen auf den Tatbestand zugeschnitten, dass der Geschädigte selbst versichert ist. Nach allgemein anerkannter Auffassung ist aber trotzdem in analoger Anwendung von Art. 72 VVG auch bei der Haftpflichtversicherung ein Übergang der Rückgriffsrechte vom Versicherten anzunehmen. Der übergehende Anspruch ist dabei, der Besonderheit der Haftpflichtversicherung entsprechend, der Ausgleichsanspruch des haftpflichtigen Versicherten nach Art. 50 und 51 OR gegenüber Mithaftpflichtigen. Diese Lösung ist deshalb gerechtfertigt, weil sonst eine Bereicherung des versicherten Haftpflichtigen einträte, da er einerseits infolge der Zahlungen des Haftpflichtversicherers von der Ersatzleistung an den Geschädigten befreit wäre, anderseits aber gleichwohl auf die Mithaftpflichtigen Rückgriff nehmen könnte; dies stünde aber im Widerspruch mit dem Grundsatz des Versicherungsrechts, dass die Schadenversicherung nicht zu einer Bereicherung des Versicherten führen dürfe (vgl. BGE 79 II 408 , BGE 69 II 417 , BGE 63 II 153 Erw. 6, BGE 62 II 181 /82, BGE 65 II 200 ; OFTINGER, a.a.O., Bd. I S. 408 ff. und Bd. II/2 S. 778). Die Beklagte 1 ist somit im Umfang der geleisteten Zahlung in die Rechte der geschädigten Klägerin 1 eingetreten. Da die Ansprüche der Klägerin 1 nach dem Versicherungsvertrag ihres Ehemannes, des Klägers 2, von der Deckung ausgeschlossen sind (vgl. Art. 63 Abs. 3 lit. d BGE 95 II 333 S. 339 SVG ), kann der Kläger 2 der Rückgriffsklage der Beklagten 1 nicht die Einrede der Deckungspflicht seines Versicherers entgegenhalten. 5. Das Kantonsgericht hat vor der Durchführung der internen Auseinandersetzung geprüft, ob der Kläger 2 im Aussenverhältnis nach Art. 60 Abs. 1 SVG überhaupt "verantwortlich" sei. Es ist dabei zum Schluss gelangt, dass den Kläger 2 am Zusammenstoss kein Verschulden treffe, der Beklagten 2 dagegen "eine Fehlbewertung der gesamten Verkehrssituation" vorzuwerfen sei, was ein erhebliches, nicht aber ein grobes, die Kausalhaftung ausschliessendes Drittverschulden im Sinne von Art. 59 Abs. 1 SVG sei. Der Kläger 2 hätte sich daher - so folgert das Kantonsgericht - der Solidarhaftung nicht entziehen können, wenn er von der Klägerin 1 unmittelbar auf Schadenersatz belangt worden wäre. Das Kantonsgericht hat sodann unter Berücksichtigung der Betriebsgefahren und der Verschuldenslage den Kläger 2 zu 20%, die Beklagte 1 zu 80% als ersatzpflichtig erklärt. Der Kläger 2 rügt, die Vorinstanz habe Art. 59 Abs. 1 und 60 Abs. 1 und 2 SVG verletzt, weil sie das verkehrswidrige Verhalten der Beklagten 2 nicht als "grobes Verschulden" gewertet und ihn, den Kläger 2, von der Solidarhaftung nicht befreit habe. Art. 60 Abs. 2 SVG ordnet die interne Auseinandersetzung unter mehreren Ersatzpflichtigen. Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass der Schaden auf die beteiligten Haftpflichtigen unter Würdigung aller Verhältnisse zu verteilen sei. "Haften nur Motorfahrzeughalter, so tragen sie - nach Satz 2 - den Schaden zu gleichen Teilen, wenn nicht besondere Umstände, namentlich das Verschulden, eine andere Verteilung rechtfertigen." Satz 2 von Art. 60 Abs. 2 regelt somit den Ausgleich unter Haltern, Satz 1 dagegen den Ausgleich zwischen Haltern und andern Ersatzpflichtigen (vgl. OFTINGER, a.a.O., Bd. II/2, Fussnote 939, S. 675). Da die Beklagte 1 als Haftpflichtversicherung in die Rechte des Halters Hegner eingetreten ist, beurteilt sich die vorliegende Rückgriffsklage nach Art. 60 Abs. 2 Satz 2. Zu prüfen ist, ob sich der Halter im Rahmen einer Rückgriffsklage nach Art. 60 Abs. 2 SVG darauf berufen kann, dass ihm gegenüber dem Geschädigten ein Entlastungsgrund zugestanden hätte. Die Wendungen "Haftpflichtige" und "haften" in Art. 60 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SVG nehmen Bezug auf die solidarische Verantwortung gegenüber Dritten nach Art. 60 BGE 95 II 333 S. 340 Abs. 1 SVG . Die Rückgriffsordnung des Art. 60 Abs. 2 SVG setzt somit nach Satz 1 und 2 Haftung eines jeden einzelnen im Aussenverhältnis voraus. Der Halter muss daher (auch im Innenverhältnis) für einen Schaden nicht einstehen, wenn er Entlastung ( Art. 59 Abs. 1 SVG ) oder Befreiung (Art. 59 Abs. 2 oder 3 und 75 Abs. 1 SVG) beanspruchen kann (vgl. OFTINGER, a.a.O. Bd. II/2, S. 672/73). Diese Regelung rechtfertigt sich insofern, als der Halter bei der internen Auseinandersetzung mit Haltern oder andern Ersatzpflichtigen weder besser nochschlechtergestelltwerdendarf, alswennervomGeschädigten unmittelbar belangt worden wäre. Gelingt ihm der Entlastungs- oder Befreiungsbeweis, so wird die interne Auseinandersetzung gegenstandslos (vgl. OFTINGER, a.a.O. Bd. II/2 S. 652/53). 6. Nach Art. 59 Abs. 1 SVG gilt der Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb eines Motorfahrzeuges und dem Schaden als unterbrochen, wenn der Halter beweist, dass der Unfall durch höhere Gewalt oder grobes Verschulden des Geschädigten oder eines Dritten verursacht wurde, ohne dass ihn selbst oder Personen, für die er verantwortlich ist, ein Verschulden trifft und ohne dass fehlerhafte Beschaffenheit des Fahrzeuges zum Unfall beigetragen hat. a) Zunächst fragt sich, ob der Beklagten 2 grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Das ist dann der Fall, wenn sie Sorgfaltspflichten verletzt hat, die sich jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage aufdrängen mussten (vgl. BGE 93 II 352 und dort erwähnte Entscheide). aa) Nach Art. 48 Abs. 3 MFV darf "auf der Strasse ein Fahrzeug nur dann gewendet werden, wenn dies ohne Störung des Verkehrs geschehen kann". Diese Bestimmung trifft analog auf den vorliegenden Fall zu. Die Beklagte 2 durfte das ursprünglich am Strassenrand angehaltene Fahrzeug erst in den Verkehr einschalten, wenn sie sich davon überzeugt hatte, dass die Strasse frei war. Sie hatte daher nach Art. 25 Abs. 1 MFG auf den Verkehr auf der Fahrbahn Rücksicht zu nehmen und vorzusorgen, dass herannahende Fahrzeuge nicht behindert oder gefährdet würden (vgl. BGE 83 IV 33 ). Sie war verpflichtet, beim Abbiegen den Richtungsanzeiger zu stellen und sich darüber zu vergewissern, dass sie niemand die Fahrbahn versperrte (gl. BGE 76 IV 59 , BGE 78 IV 184 ). Zudem musste sie vor der Durchführung ihres Vorhabens in Rechnung stellen, dass die gegenüberliegende Einfahrt zum Parkplatz keine Strassenkreuzung BGE 95 II 333 S. 341 (Einmündung) im Sinne von Art. 26 Abs. 3 MFG war und dort daher überholt werden durfte. Die Vorinstanz stellt mit dem in der Strafuntersuchung beigezogenen Experten fest, dass vom ursprünglichen Standort des Fahrzeugs der Beklagten 2 - richtige Aufmerksamkeit vorausgesetzt - die Lichtkegel heranfahrender Fahrzeuge auf eine Entfernung von über 250 m, d.h. über die westlich zurückliegende Kuppe hinaus wahrnehmbar gewesen seien und dass die unmittelbare Sicht 170 m betragen habe. Die Beklagte hat nach ihrer eigenen Darstellung auf der Kuppe vorerst den Lichtstrahl der Scheinwerfer des vom Kläger 2 gesteuerten Fahrzeuges gesehen. Sie hatte daher zu entscheiden, ob sie die Strasse noch rechtzeitig überqueren konnte. Ob dazu 5-7 Sek. genügten, wie der Gutachter errechnete, oder ob nach der Auffassung der Beklagten 115-17 Sek. erforderlich waren, ist unerheblich. Auch kann sich die Beklagte 1 nicht darauf berufen, dass die Beklagte 2 nach Auffassung des Kantonsgerichts nicht damit rechnete, dass auf der fraglichen Strasse Geschwindigkeiten von 100 km gefahren werden. Denn es ist erfahrungsgemäss schwierig, nachts die Geschwindigkeit und die Entfernung eines herannahenden Fahrzeuges zuverlässig zu schätzen. Die Beklagte 2 musste daher umso grössere Vorsicht walten lassen, als sie nicht wusste, wieviel Zeit sie zum Überqueren der Strasse benötigte (vgl. BGE 82 II 538 , BGE 79 II 310 ). Die Strasse ist nach Feststellung des Kantonsgerichts 9 m breit, gut ausgebaut, übersichtlich und nachts zweckmässig beleuchtet. Die vom Kläger 2 im Zeitpunkt des Unfalls vom Kantonsgericht mit dem Experten angenommene Geschwindigkeit zwischen 100 bis 110 km war daher nach den Umständen nicht übersetzt. Im übrigen könnte die Beklagte 1 aber hier nichts für sich ableiten, wenn der Kläger 2 tatsächlich zu schnell gefahren wäre. Denn der Führer muss diejenige Geschwindigkeit in Rechnung stellen, die ein anderes Fahrzeug tatsächlich hat, nicht jene, die es haben sollte (vgl. BGE 83 IV 35 , BGE 82 II 538 ). bb)Die Beklagte 1 hält an der Auffassung fest, der Zusammenstoss sei darauf zurückzuführen, dass der Kläger 2 im Bereich der Kuppe ein Überholungsmanöver nicht rechzeitig abgeschlossen und mit seinem Wagen - in seiner Fahrrichtung gesehen - über die Strassenmitte hinausgeraten sei. Das Kantonsgericht vertritt mit dem Experten die Ansicht, es sei für den Zusammenstoss nicht kausal, ob der Kläger 2 vor oder BGE 95 II 333 S. 342 auf der Kuppe ein verkehrswidriges Überholmanöver durchgeführt habe. Aus den Bremsspuren ergebe sich, dass sich der Kläger 2 bei Reaktionsbeginn zweifellos auf der rechten Fahrbahnhälfte befunden habe. Verlängere man die Bremsspur der zwei linken Räder seines Fahrzeugs nach rückwärts, so schneide diese Verlängerung nach 11 m die Strassenmitte. Gehe man nun von 1/2 Sekunden Reaktionszeit bei 100 km Geschwindigkeit aus, so habe der Kläger 2 in dieser Zeit 17 m durchfahren. Dabei sei unberücksichtigt, dass die Reifen eines Fahrzeugs erst nach einer gewissen Bremsstrecke zu zeichnen beginnen. Der Reaktionsbeginn liege daher noch weiter zurück. Es dürfe daher mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger 2 bei Reaktionsbeginn noch in seiner Fahrbahnhälfte befunden habe, möglicherweise eher gegen die Strassenmitte, weil er vorher das stillstehende Fahrzeug der Beklagten 2 zu überholen beabsichtigte. Diese über den natürlichen Kausalzusammenhang getroffenen Feststellungen sind tatsächlicher Art und daher für das Bundesgericht verbindlich (vgl. BGE 86 II 187 und dort erwähnte Entscheide, 93 II 89 Erw. 6). cc) Die Vorinstanz hat der Beklagten 1 den Beweis dafür auferlegt, dass die Beklagte 2 vor dem Abbiegen den Blinker gestellt habe. Die Beklagte 1 beanstandet diese Beweislastverteilung als bundesrechtswidrig. Auf diese Rüge käme nur dann etwas an, wenn zu entscheiden wäre, welche Partei die Folgen der Beweislosigkeit der streitigen Tatsache zu tragen habe. Wo aber, wie im vorliegenden Fall, die Vorinstanz auf Grund der Strafuntersuchungsakten, mithin auf dem Wege der Beweiswürdigung ermittelte, dass die Beklagte 2 beim Abbiegen die Richtungsänderung nicht angezeigt hatte, ist die Frage der Beweislast gegenstandslos (vgl. BGE 90 II 217 Erw. 3, 81 II 155, KUMMER, N. 23 zu Art. 8 ZGB ). Damit bleibt es bei der beanstandeten Feststellung, dass die Beklagte 2 den Wagen für den Kläger 2 überraschend in den Verkehr eingeschaltet hat. dd) Mit Recht hat die Vorinstanz auf Grund der festgestellten Verhältnisse erklärt, es sei unerheblich, ob die Beklagte 2 den Wagen zu spät oder zu langsam in Bewegung gesetzt habe, oder ob sie, was nicht sehr wahrscheinlich sei, am Orte des Zusammenstosses stehen geblieben sei. Massgebend ist nur, dass sie dem Kläger 2 die Fahrbahn versperrte und ihm das Vortrittsrecht BGE 95 II 333 S. 343 abschnitt. Dass die Beklagte 2 angeblich die Geschwindigkeit des Klägers 2 nicht richtig einschätzte, entlastet sie nicht. Sie durfte es nicht darauf ankommen lassen, dass es ihr nicht gelingen könnte, die Strasse rechtzeitig zu überqueren. Die falsche Beurteilung der Verkehrslage darf indessen der Beklagten 2 nicht als grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Daran ändert nichts, dass sie vor dem Einbiegen in die Strasse den Blinker nicht einschaltete. Zwar hätte sie durch diese Vorsichtsmassnahme den Kläger 2 zu grösserer Vorsicht und zur Mässigung der Geschwindigkeit veranlasst. Das schliesst aber nicht aus, dass sie auch unter diesen Umständen die Entfernung und die Geschwindigkeit des herannahenden Fahrzeuges nicht richtig eingeschätzt und ihr Vorhaben zu spät verwirklicht hätte, was die Hauptursache des Unfalles war. Die Fahrlässigkeit der Beklagten 2 war somit erheblich, jedoch nicht grob. b) Den Kläger 2 trifft kein Verschulden. Er hatte keine Veranlassung, auf der breiten und übersichtlichen Strasse mit mässiger Geschwindigkeit zu fahren und musste insbesondere nicht damit rechnen, dass die Beklagte 2 überraschend in die Fahrbahn einbiegen werde. Zudem ergeben sich aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils keine Anhaltspunkte dafür, dass fehlerhafte Beschaffenheit des vom Kläger 2 gelenkten Fahrzeuges auf den Unfall eingewirkt hat. 7. Da sich der Kläger 2 nicht entlasten kann, ist der Schaden nach Art. 60 Abs. 2 Satz 2 zu verteilen. Diese Vorschrift beruht auf der Vermutung, dass die Betriebsgefahr der am Unfall beteiligten Fahrzeuge gleich gross ist, weshalb der Schaden von den Haltern zu "gleichen Teilen" getragen werden muss, wenn nicht "besondere Umstände, namentlich das Verschulden, eine andere Verteilung rechtfertigen". Jeder Halter muss demnach das Verschulden der Gegenpartei beweisen; dass ihn kein Verschulden treffe, hat er nicht zu beweisen; sein Verschulden wird - im Gegensatz zur Haftung im Aussenverhältnis - nicht vermutet (vgl. BGE 94 II 181 Erw. 4, OFTINGER, a.a.O. Bd. II/2 S. 655). Die Rechtslage ist gleich wie in Art. 61 Abs. 1 SVG . der sinngemäss gleich lautet und sich ebenfalls mit der Schadensverteilung zwischen Haltern befasst (vgl. OFTINGER, a.a.O. Bd. II/2 S. 675). Die Beklagte 1 beanstandet, die Vorinstanz habe Art. 60 Abs. 2 SVG verletzt, weil sie das Verschulden der Beklagten 2 BGE 95 II 333 S. 344 doppelt in Rechnung gestellt und damit die Betriebsgefahren der Fahrzeuge in den Hingergrund gerückt habe. Diese Rüge ist unbegründet. Die Beklagte 1 übersieht, dass die Beklagte 2 ein ausschliessliches und erhebliches Verschulden trifft, ihr verkehrswidriges Verhalten somit die Hauptursache des Unfalles ist. Den konkreten Betriebsgefahren kommt daher als "besondere Umstände" (vgl. BGE 94 II 177 Erw. 2) im Rahmen der Gesamtverursachung nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Infolgedessen kann nicht gesagt werden, die Vorinstanz habe das ihr zustehende Ermessen bei der Aufteilung des Schadens im Verhältnis von 20% (Kläger 2) zu 80% (Beklagte 1) verletzt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufungen werden, soweit darauf eingetreten wird, abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 9. Juli 1968 wird bestätigt.
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Urteilskopf 109 II 291 62. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. November 1983 i.S. R. c. B. (Berufung)
Regeste Feststellung eines Kindesverhältnisses. 1. Art. 254 Ziff. 1 ZGB : Weder aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung noch aus der Offizialmaxime kann hergeleitet werden, dass eine Rechtsmittelinstanz die Beweisabnahme einer unteren Instanz zu wiederholen habe (E. 1). 2. Auch wenn der angebliche Erzeuger eines Kindes tot ist, hat die Klägerschaft aufgrund von Art. 8 ZGB ein Recht auf die konkrete Abklärung, ob die von seiten der Wissenschaft notwendigen Voraussetzungen für die regelgerechte Durchführung des beantragten anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens gegeben sind (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 291 BGE 109 II 291 S. 291 A.- Nadine R. wurde am 14. September 1975 als Tochter der Bernadette R. geboren. Am 21. Dezember 1976 reichte ihr Beistand beim Zivilamtsgericht A. gegen die Erben des am 24. Juli 1975 freiwillig aus dem Leben geschiedenen Karl B. Klage auf Bezahlung von Unterhaltsbeiträgen ein. Da diese Klage beim Inkrafttreten des neuen Kindesrechts am 1. Januar 1978 noch hängig war, wurde das Rechtsbegehren in zwei Eingaben vom 13. Dezember 1978 und vom 4. Februar 1980 dahin geändert, dass nurmehr das Kindesverhältnis zwischen Karl B. und Nadine R. festgestellt werden sollte. Auch richtete sich die geänderte Klage nicht mehr gegen die Erben des Karl B., sondern nur noch gegen BGE 109 II 291 S. 292 dessen Mutter, Rosa B. Mit Urteil vom 14. Februar 1980 hiess das Amtsgericht A. die abgeänderte Klage gut. Am 20. Mai 1981 hob die I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern dieses Urteil auf und wies die Streitsache zu neuer Beweisführung an die Vorinstanz zurück. Der Appellationshof bemängelte am Vorgehen des Amtsgerichts vor allem, dass zahlreiche Zeugen, die sich zur Frage der Beiwohnung in der kritischen Zeit zu äussern hatten, bloss rogatorisch und nicht vom Gericht selber einvernommen worden seien. B.- Nachdem das Amtsgericht A. die Zeugen selber angehört und auch eine Konfrontation zweier Zeuginnen durchgeführt hatte, stellte es mit Urteil vom 9. September 1982 erneut fest, dass zwischen Karl B. und Nadine R. ein Kindesverhältnis bestehe. Die III. Zivilkammer des Appellationshofs des Kantons Bern hiess eine gegen dieses Urteil erklärte Appellation gut und wies die Klage am 25. März 1983 ab. Im Gegensatz zum Amtsgericht erachtete der Appellationshof es als nicht erwiesen, dass Karl B. Bernadette R. in der kritischen Zeit beigewohnt hatte. C.- Mit Berufung ans Bundesgericht lässt Nadine R. beantragen, das Urteil des Appellationshofes sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Im weiteren ersucht sie um unentgeltliche Prozessführung und Beiordnung eines Rechtsanwaltes. Diesem Gesuch hat der Präsident der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts mit Verfügung vom 15. Juli 1983 entsprochen. D.- Rosa B. stellt in ihrer Berufungsantwort vom 16. August 1983 den Antrag, die Berufung vollumfänglich abzuweisen. Mit Entscheid vom heutigen Tag hat das Bundesgericht eine staatsrechtliche Beschwerde von Nadine R. gegen dasselbe Urteil abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Rüge der Klägerin, der Appellationshof habe entgegen der Vorschrift von Art. 254 Ziff. 1 ZGB die Beweise nicht nach freier Überzeugung gewürdigt, ist unbegründet. Die von Bundesrechts wegen vorgeschriebene freie Beweiswürdigung richtet sich gegen allfällige kantonale Verfahrensvorschriften, die den Richter verbindlich anweisen, unter welchen Voraussetzungen er einen Beweis als erbracht anzunehmen hat, oder die gewisse Beweismittel wie die Zeugenaussage von Kindern ausschliessen ( BGE 77 II 23 ). Solche Beweisregeln kennt jedoch die Berner Zivilprozessordnung BGE 109 II 291 S. 293 nicht und hat die Vorinstanz auch nicht zur Anwendung gebracht. Darüberhinaus ergibt sich aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung nicht, dass eine Rechtsmittelinstanz die Beweisabnahme einer unteren Instanz zu wiederholen hätte. Eine solche Vorschrift kann auch nicht aus der in Art. 254 Ziff. 1 ZGB festgehaltenen Offizialmaxime abgeleitet werden. Zwar kommt der Unmittelbarkeit eine ganz besondere Bedeutung bei der Erforschung des Sachverhaltes von Amtes wegen zu und dies insbesondere im vorliegenden Fall, dessen Ausgang massgeblich von Zeugenaussagen und damit von der Glaubwürdigkeit des Zeugen abhängt; doch gibt es keine bundesrechtliche Vorschrift, wonach die Rechtsmittelinstanz, welcher bloss die Überprüfung der Tat- und Rechtsfragen zusteht, Zeugeneinvernahmen zu wiederholen hat. Die Vorinstanz konnte deshalb ohne Bundesrechtsverletzung seinerzeit das Amtsgericht anweisen, die Zeugen selber einzuvernehmen, ohne diese Einvernahmen in einer Appellationsverhandlung wiederholen zu müssen. 2. Die Berufungsklägerin macht weiter geltend, die Vorinstanz habe sich auf den fehlenden Nachweis der Beiwohnung in der kritischen Zeit beschränkt. Die in Art. 254 ZGB von Bundesrechts wegen vorgeschriebene Offizialmaxime hätte indessen verlangt, dass der Appellationshof von Amtes wegen alle vorhandenen Beweismöglichkeiten der umstrittenen Vaterschaft ausgeschöpft hätte und namentlich auf den im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Beweisantrag der Durchführung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens (AEG) eingegangen wäre. a) In der Tat erschöpft sich das in Art. 254 Ziff. 1 ZGB festgehaltene Gebot, den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen, nicht darin, den Parteierklärungen - unter Vorbehalt der Anerkennung der Vaterschaftsklage gemäss Art. 260 Abs. 3 ZGB - keine bindende Wirkung zuzuerkennen, so dass gegebenenfalls auch über unbestrittene oder anerkannte Behauptungen Beweis zu führen ist. Vielmehr geht es auch darum, dass der Richter die erforderlichen Beweise insoweit von Amtes wegen erhebt, als ein Sachverhalt aufgrund der Aktenlage noch ungeklärt bleibt und durch weitere Beweismittel einer möglichen Klärung zugeführt werden kann (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 169, WALDER-BOHNER, Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 219 ff., KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 3. Aufl., S. 77 ff.; vgl. auch die Entscheide des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 11. Dezember 1961, in SJZ 58 (1962), BGE 109 II 291 S. 294 S. 105 f. und des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Januar 1979, in SJZ 77 (1981), S. 111). b) Es kann allerdings dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall die Offizialmaxime die Einholung eines AEG und allenfalls eines Blutgruppengutachtens geboten hätte. Das Bundesgericht hat bereits unter der Herrschaft des alten Kindesrechts mehrfach entschieden, dass der Klägerschaft in einem Vaterschaftsprozess das Recht zusteht, den positiven Nachweis der Vaterschaft mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden zu erbringen, wenn eine Beiwohnung gemäss aArt. 314 Abs. 1 ZGB nicht nachgewiesen werden kann, oder wenn die aus einer solchen Beiwohnung sich ergebende Rechtsvermutung durch den Nachweis von Mehrverkehr (aArt. 314 Abs. 2 ZGB) oder unzüchtigem Lebenswandel (aArt. 315 ZGB) entkräftet wird ( BGE 98 II 263 f. mit Verweisen). Dies ergibt sich aus Art. 8 ZGB (vgl. BGE 91 II 162 , BGE 87 II 69 , BGE 70 II 74 ). c) Beim AEG wird von der allgemein bekannten Tatsache ausgegangen, dass mit der Blutsverwandtschaft zwischen Eltern und Kindern auch morphologische Einzelmerkmale vererbt werden. Zwar lässt das Ähnlichkeitsgutachten nur eine abgestufte Aussage mit fliessenden Übergängen über die Wahrscheinlichkeit der Abstammung oder Nichtabstammung eines Kindes von einem bestimmten Mann zu. Die meisten morphologischen Einzelmerkmale sind nur deskriptiv, metrisch nicht erfassbar, zudem altersumwelts- und geschlechtsabhängig, in der Ausprägung unterschiedlich und in der erbmässigen Vermittlung oft unabgeklärt ( BGE 96 II 320 E. 6; BGE 91 II 164 ff.). Die Rechtsprechung des Bundesgerichts hat denn auch wiederholt die Schwächen der anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung in Erinnerung gerufen und dabei insbesondere auf die weitgehend subjektiven Wertungen hingewiesen, welche diesem Gutachten zugrunde liegen. Dieser Umstand ändert aber nichts daran, dass je nach den konkreten Merkmalskonstellationen vor allem im Zusammenhang mit einem positiven Vaterschaftsnachweis eindeutige Ergebnisse zu erzielen sind ( BGE 96 II 321 f. und HEGNAUER, Kommentar N 185 ff. zu aArt. 314/5 ZGB). Im vorliegenden Vaterschaftsprozess der Klägerin gegen die Mutter des inzwischen verstorbenen Karl. B. kommt als zusätzliche Schwierigkeit hinzu, dass zwar noch nahe Verwandte von Karl. B. (Mutter und Geschwister) für ein AEG zur Verfügung stehen, beim angeblichen Erzeuger der Berufungsklägerin aber nur BGE 109 II 291 S. 295 noch auf Fotografien zurückgegriffen werden kann. Dieser erschwerende Umstand muss indessen die Durchführung eines AEG noch nicht ausschliessen (HEGNAUER, a.a.O., N 179 zu aArt. 314/5 ZGB; GERHARDT, Das anthropologisch-erbbiologische Vaterschaftsgutachten und die Rechtsprechung in Deutschland und in anderen Ländern, in SJZ 55 (1959), S. 249 ff., insbesondere S. 253; HUG, Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach dem neuen Schweizer Kindesrecht, Diss. Freiburg, 1977, S. 138). Da ein Antrag auf Durchführung eines AEG gestellt war und dieses Gutachten nicht zum vornherein als untaugliches Beweismittel ausgeschlossen werden konnte, hatte die Klägerin aufgrund von Art. 8 ZGB ein Recht auf die konkrete Abklärung, ob die von seiten der Wissenschaft notwendigen Voraussetzungen für die regelgerechte Durchführung eines AEG gegeben seien. Diese Abklärung ist nachzuholen. Dabei wird in erster Linie - allenfalls unter Beizug eines Experten - abzuklären sein, ob Fotografien in einem für die Bedürfnisse des AEG ausreichenden Masse vorhanden sind. Falls diese Frage bejaht und dementsprechend ein AEG angeordnet werden sollte, wird dieses allenfalls mit einem Blutgruppengutachten zu verbinden sein. Über die Beweiskraft eines solchen Blutgruppengutachtens liegen zwar schon Äusserungen von Expertenseite vor. Indessen fehlt es an Abklärungen über die besonderen Möglichkeiten im Zusammenhang mit einem AEG. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes (III. Zivilkammer) des Kantons Bern vom 25. März 1983 aufgehoben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 90 III 18 5. Entscheid vom 20. Januar 1964 i.S. Finanz & Kredit AG
Regeste Konkurs; Feststellung und Sicherung der Konkursmasse ( Art. 221 ff. SchKG ). Unter welchen Voraussetzungen darf das Konkursamt Sachen im Gewahrsam Dritter mit polizeilicher Hilfe in amtliche Verwahrung nehmen? Die Beschlagnahme einer dem Gemeinschuldner unter Eigentumsvorbehalt verkauften und vom Verkäufer "zwecks Sicherstellung" zurückgenommenen Sache ist unzulässig. Art. 232 Ziff. 4 SchKG ist in einem solchen Falle nicht entsprechend anwendbar. Tragweite des Kreisschreibens Nr. 29 vom 31. März 1911.
Sachverhalt ab Seite 18 BGE 90 III 18 S. 18 A.- Die Agence Américaine in Zürich verkaufte am 29. September 1960 der Progress Treuhand AG einen Personenwagen Chevrolet auf Abzahlung. Der Restkaufpreis von Fr. 16'416.-- (d.h. der um die Anzahlung von Fr.7000. - verminderte Barzahlungspreis von Fr. 20'500. -, zuzüglich Teilzahlungszuschlag von Fr. 2916. -) war in 36 monatlichen Raten von Fr. 456.--, deren erste am 15. November 1960 verfiel, zu bezahlen. Der im Kaufvertrag vorgesehene Eigentumsvorbehalt wurde beim zuständigen Betreibungsamt eingetragen. Mit dem Vertragsabschluss trat die Verkäuferin alle ihre Rechte aus dem Vertrag an die Finanz & Kredit AG Aarau ab. B.- In der Folge geriet die Käuferin mit den Ratenzahlungen in Verzug. Nach mehreren Mahnungen und Betreibungen liess die Zessionarin den Wagen am 27. Mai 1963 durch Edgar Böhler bei der Käuferin abholen und in Verwahrung nehmen. Drei Tage später fiel die Käuferin BGE 90 III 18 S. 19 in Konkurs. Am 4. Juni 1963 nahm das Konkursamt Riesbach-Zürich den Wagen, für den die Käuferin noch etwas mehr als Fr. 4000. - schuldete, mit polizeilicher Hilfe in amtliche Verwahrung. C.- Gegen diese Massnahme führte die Zessionarin Beschwerde mit den Begehren, das Konkursamt sei anzuweisen, ihr den Wagen unverzüglich zurückzugeben; dem Konkursbeamten sei eine Rüge zu erteilen, und er sei für allen Schaden, der ihr aus der Beschlagnahme erwachse, als ersatzpflichtig zu erklären. Die untere Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 12. November 1963 ab. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat am 17. Dezember 1963 im gleichen Sinn entschieden. D.- Mit ihrem Rekurs an das Bundesgericht erneuert die Zessionarin ihre Beschwerdebegehren. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 221 SchKG schreitet das Konkursamt sofort nach Empfang des Konkurserkenntnisses zur Aufnahme des Inventars über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen und trifft die zur Sicherung desselben erforderlichen Massnahmen. Zur Konkursmasse gehört nach Art. 197 ff. SchKG mit Ausnahme der Kompetenzstücke sämtliches Vermögen, das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung angehört oder vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt, wo immer es sich befindet, einschliesslich der verpfändeten und gepfändeten Vermögensstücke und allfälliger Anfechtungsansprüche. Da zur Zeit der Aufnahme des Inventars noch nicht endgültig feststeht, was hienach zur Konkursmasse gehört, sind ins Inventar, dessen Erstellung eine rein interne Massnahme der Konkursverwaltung ohne Wirkung gegen Dritte darstellt, alle Vermögensstücke (Sachen und Rechte) aufzunehmen, die vermutlich dem Gemeinschuldner zustehen, also (vgl. Art. 930 ZGB ) insbesondere alle in seinem Gewahrsam befindlichen Gegenstände BGE 90 III 18 S. 20 einschliesslich der Kompetenzstücke. Aufzunehmen sind aber auch die nicht im Gewahrsam des Gemeinschuldners stehenden Gegenstände, die nach seinen Angaben oder nach der Auffassung des Konkursamtes ihm gehören. Drittansprachen an aufgezeichneten Vermögensstücken sind vorzumerken (vgl. zu alledem JAEGER N. 3 zu Art. 221 SchKG ; Art. 224, 225 SchKG ; BGE 36 I 104 f. = Sep.ausg. 13 S. 22 f., BGE 54 III 18 Erw. 2). Als Sicherungsmassnahmen im Sinne von Art. 221 SchKG kommen in erster Linie die in Art. 223 SchKG vorgesehenen Massnahmen in Betracht. Nach Art. 223 Abs. 4 SchKG sorgt das Konkursamt für die Aufbewahrung der Gegenstände, die sich ausserhalb der vom Gemeinschuldner benutzten Räumlichkeiten befinden. Dies kann je nach der Lage des Falles dadurch geschehen, dass das Amt die betreffenden Gegenstände in seine Verwahrung nimmt. Aus dem Zusammenhang zwischen Art. 223 und 221 SchKG ergibt sich jedoch, dass das Amt ausserhalb der Räumlichkeiten des Gemeinschuldners befindliche Gegenstände von vornherein nur dann beschlagnahmen darf, wenn es sie als Eigentum des Gemeinschuldners und damit als Bestandteil der Konkursmasse betrachtet, nicht auch dann, wenn die Masse darauf nur einen obligatorischen Anspruch geltend macht. Es darf aber auch Gegenstände, die nach seiner Auffassung dem Gemeinschuldner gehören (und daher nach dem Gesagten ins Inventar aufzunehmen sind), nicht unter allen Umständen beschlagnahmen. Handelt es sich um bewegliche Sachen, die sich im Besitz eines Dritten befinden, der daran das Eigentum beansprucht, so ist nach Art. 930 ZGB zu vermuten, dass dieser ihr Eigentümer sei. In einem solchen Falle darf das Konkursamt die betreffenden Gegenstände dem Dritten weder wegnehmen (bzw. wegnehmen lassen) noch den Dritten durch ein von ihm erlassenes Verbot an der Verfügung darüber hindern, solange nicht gerichtlich festgestellt ist, dass sie zur Konkursmasse gehören ( BGE 50 III 3 , BGE 52 III 10 , BGE 73 III 80 , BGE 85 III 143 ff., BGE 86 III 29 /30). BGE 90 III 18 S. 21 Die zwangsweise Wegnahme ist nur dann ohne weiteres zulässig, wenn der Drittbesitzer das Eigentum des Gemeinschuldners anerkennt und nicht ein auch von der Konkursverwaltung zu beachtendes Recht auf den Besitz der Sache geltend macht (vgl. JAEGER N. 9 zu Art. 223 SchKG ). Insbesondere kann das Konkursamt mit polizeilicher Hilfe die Herausgabe von Gegenständen erzwingen, die der Dritte nur als Pfandgläubiger im Sinne von Art. 232 Ziff. 4 SchKG besitzt, d.h. an denen er nur ein Pfandrecht beansprucht ( BGE 51 III 135 ff., BGE 86 III 29 ). 2. Der streitige Wagen befand sich im Gewahrsam der Rekurrentin, die daran das Eigentum beansprucht. Ihr Eigentum war auf Grund ihres Besitzes zu vermuten. Der Eigentumsvorbehalt zu ihren Gunsten wird im übrigen vom Konkursamt nicht angefochten. Nach dem in Erwägung 1 Gesagten war das Konkursamt also nicht befugt, der Rekurrentin den Wagen mit Hilfe der Polizei wegzunehmen. Hieran ändert nichts, dass nach der Vorschrift von Art. 226 h Abs. 2 OR , die gemäss Art. 3 Abs. 1 der Schlussbestimmungen des Bundesgesetzes über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag vom 23. März 1962 auch für die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Januar 1963) abgeschlossenen Verträge gilt, der Verkäufer bei Verzug des Käufers mit Teilzahlungen "entweder die fälligen Teilzahlungen oder den Restkaufpreis in einer einmaligen Zahlung fordern oder vom Vertrag zurücktreten" kann, so dass mindestens zweifelhaft ist, ob die Rekurrentin im Mai 1963 noch befugt war, den in Ziff. 11 a des Kaufvertrags vorgesehenen dritten Weg zu beschreiten, nämlich "die Kaufgegenstände zwecks Sicherstellung bis zur vollständigen Erfüllung der vertraglichen Pflichten in Verwahrung zu nehmen." Auch wenn man annehmen will, sie habe diese vertraglich ausbedungene Befugnis nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 23. März 1962 nicht mehr besessen und daher die Herausgabe des Wagens nicht mehr erzwingen können, bestand doch kein Hindernis für BGE 90 III 18 S. 22 eine freiwillige Herausgabe des Wagens durch die Käuferin. Die Rekurrentin und die Käuferin konnten sich, solange der Konkurs nicht ausgebrochen war, auf die Herausgabe des Wagens an die Rekurrentin einigen, so gut wie sie (unter Vorbehalt der Anfechtung nach Art. 285 ff. SchKG ) die Aufhebung des ganzen Vertrags unter Rückgewähr der beidseitigen Leistungen hätten vereinbaren können. Da nicht behauptet wird, die Rekurrentin bzw. ihr Vertreter habe der Käuferin den Wagen eigenmächtig weggenommen, muss angenommen werden, diese habe in die Wegnahme, der sie sich nach den vorliegenden Briefen zunächst widersetzt hatte, schliesslich eingewilligt. Wie dem aber auch sei, so ist die Konkursmasse auf jeden Fall nicht befugt, gegenüber der Rekurrentin, die den Wagen heute besitzt, zur Selbsthilfe zu schreiten. Vielmehr muss sie Klage einleiten, wenn sie geltend machen will, die Rekurrentin habe den Wagen zu Unrecht in Verwahrung. Der Masse stehen in dieser Hinsicht nicht mehr Rechte zu, als sie vor der Konkurseröffnung der Gemeinschuldnerin zustanden. 3. Die Vorinstanz leitet die Befugnis des Konkursamtes, den streitigen Wagen in Verwahrung zu nehmen, daraus ab, dass der Eigentumsvorbehalt nach dem Kreisschreiben Nr. 29 der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 31. März 1911 wirtschaftlich nichts anderes als ein Pfandrecht des Verkäufers sei und dass es sich darum rechtfertige, die Vorschrift von Art. 232 Ziff. 4 SchKG , wonach die Pfandgläubiger Sachen des Gemeinschuldners ohne Nachteil für ihr Vorzugsrecht dem Konkursamt zur Verfügung zu stellen haben, auf einen Fall wie den vorliegenden entsprechend anzuwenden. Auf diese Bestimmung hat sich auch das Konkursamt in seiner Vernehmlassung zur Beschwerde berufen. Das erwähnte Kreisschreiben stellt jedoch den Eigentumsvorbehalt nur für den Bereich der Zwangsvollstreckung auf dem Wege der Pfändung in gewisser Hinsicht einem Pfandrecht gleich. Diese Lösung erklärt sich daraus, BGE 90 III 18 S. 23 dass die Pfändung des dem Käufer zustehenden Rechts, gegen Bezahlung der Kaufpreisrestanz das Eigentum zu erwerben, Schwierigkeiten bereiten würde. Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, wird die unter Eigentumsvorbehalt stehende Sache selber gepfändet, aber bei ihrer Versteigerung in entsprechender Anwendung von Art. 126 SchKG (Deckungsprinzip) der Zuschlag nur erteilt, wenn das Angebot die Kaufpreisrestanz übersteigt. Im übrigen bleibt dem Verkäufer, wie im Kreisschreiben Nr. 14 des Bundesgerichts vom 11. Mai 1922 festgestellt, trotz der Pfändung das Recht gewahrt, das vorbehaltene Eigentum geltend zu machen (vgl. BGE 80 III 27 ). Die Gleichstellung des Eigentumsvorbehalts mit einem Pfandrecht hat also nur eine beschränkte Tragweite. Fällt der Käufer in Konkurs, so kann schon deshalb nicht nach dem Kreisschreiben vom 31. März 1911 vorgegangen werden, weil dem Konkursverfahren das Deckungsprinzip fremd ist ( BGE 38 I 260 = Sep.ausg. 15 S. 77; BGE 73 III 170 ). Dazu kommt, dass im Konkursverfahren der Vermögenswert, der im Recht des Käufers auf Erwerb des Eigentums gegen Zahlung des Restkaufpreises steckt, zugunsten der Gläubiger in Geld umgesetzt werden kann, ohne dass der Eigentumsvorbehalt einem Pfandrecht gleichgestellt wird. Wie in den eben angeführten Entscheiden dargelegt, ist die Konkursverwaltung befugt, in den Vertrag einzutreten, die Kaufpreisrestanz zu bezahlen, auf diese Weise das Eigentum am Kaufgegenstand zu erwerben und diesen hierauf zugunsten der Masse zu verwerten. Der Verkäufer hat abzuwarten, ob sich die Konkursverwaltung hiefür entscheidet, sofern er nicht schon vor der Konkurseröffnung vom Vertrag zurückgetreten ist. Dies gilt auch dann, wenn er sich, wie hier geschehen, den Kaufgegenstand von dem in Verzug geratenen Käufer zurückgeben liess, ohne zugleich vom Vertrage zurückzutreten. (Den Rücktritt hat die Rekurrentin entgegen der von ihr in der Rekursschrift vertretenen Auffassung nicht erklärt.) Die Gründe, die dazu führten, BGE 90 III 18 S. 24 den Eigentumsvorbehalt im Pfändungsverfahren unter bestimmten Umständen wie ein Pfandrecht zu behandeln, treffen also im Falle des Konkurses nicht zu. Den Verkäufer, der den unter Eigentumsvorbehalt verkauften Gegenstand vor der Konkurseröffnung wieder in Verwahrung genommen hat, unter dem Gesichtspunkte von Art. 232 Ziff. 4 SchKG als Pfandgläubiger zu betrachten, lässt sich aber auch nicht etwa mit dem Hinweis auf die Gefahr rechtfertigen, dass der Verkäufer den Kaufgegenstand vor der Entscheidung der Konkursverwaltung über den Vertragseintritt an einen Dritten veräussern könnte. Die Konkursverwaltung ist so wenig wie vor der Konkurseröffnung der Käufer befugt, zur Sicherung des rein schuldrechtlichen Anspruchs auf Erwerb des Eigentums, der ihr bezüglich des Kaufgegenstandes einzig zusteht, gegen den diesen Gegenstand besitzenden und zu Eigentum beanspruchenden Verkäufer aus eigener Machtvollkommenheit Zwangsmassnahmen zu ergreifen. Sie hat vielmehr wie ausserhalb des Konkursverfahrens der Käufer selber nur die Möglichkeit, beim Richter nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts allenfalls eine vorsorgliche Massnahme zu erwirken, wenn der Anspruch der Masse auf Erwerb des Eigentums gegen Zahlung des Restkaufpreises als gefährdet erscheint. Ausserdem kann sie den Verkäufer, der diesen Anspruch durch Weiterveräusserung der Kaufsache vereitelt, auf Schadenersatz belangen. Dass der Anspruch der Rekurrentin auf eine Sicherheit für die Kaufpreisrestanz auch bei entsprechender Anwendung von Art. 232 Ziff. 4 SchKG gewahrt bliebe, wie das Konkursamt und die Vorinstanz dies annehmen, mag zutreffen. Hierauf kommt jedoch nichts an. Entscheidend ist vielmehr, dass die Rekurrentin nicht bloss Pfandgläubigerin ist, sondern an dem in ihrem Besitz befindlichen Wagen das Eigentum beansprucht, und dass das Gesetz die Anwendung von Zwang gegen einen Dritten, der die Vermutung des Eigentums für sich hat, ohne vorausgehendes Gerichtsverfahren nicht gestattet. BGE 90 III 18 S. 25 Das Hauptbegehren der Rekurrentin ist demgemäss zu schützen. 4. Auf die Begehren, dem Konkursbeamten sei eine Rüge zu erteilen und er sei als schadenersatzpflichtig zu erklären, ist nicht einzutreten, weil dem Bundesgericht gegenüber den kantonalen Betreibungs- und Konkursbeamten keine Disziplinarbefugnisse zustehen ( BGE 79 III 154 Erw. 3, BGE 81 III 72 ) und weil Schadenersatzansprüche gegen diese Beamten gemäss Art. 5 SchKG vor dem ordentlichen Richter geltend zu machen sind. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass das Konkursamt Riesbach-Zürich angewiesen wird, den am 6. Juni 1963 in amtliche Verwahrung genommenen Personenwagen Chevrolet der Rekurrentin zurückzugeben. Im übrigen wird auf den Rekurs nicht eingetreten.
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CH_BGE_005
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bcce59db-089a-486a-b9f8-b6b6a85b64c4
Urteilskopf 89 IV 74 15. Urteil des Kassationshofes vom 5. April 1963 i.S. Maier gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 148 Abs. 1 StGB . Ein ungewisses künftiges Ereignis ist keine Tatsache im Sinne dieser Bestimmung.
Sachverhalt ab Seite 74 BGE 89 IV 74 S. 74 A.- Markus Maier verhandelte während längerer Zeit mit seinen Nachbarn Peter über den Verkauf der Liegenschaft Weinbergstrasse 77 in Zürich 6, die ihm und fünf auswärts wohnenden Miterben gehörte. Da er überzeugt war, dass der angebotene Kaufpreis von Fr. 200'000. - von keinem andern Interessenten überboten werde, stellte er den Geschwistern Peter wiederholt den Verkauf als sicher in Aussicht, wodurch sich diese bestimmen liessen, ihm von Ende 1957 bis Dezember 1958 zahlreiche Vorauszahlungen, insgesamt Fr. 28'000.--, zu leisten. Am 3. Februar 1959 verkaufte die Erbengemeinschaft Maier die Liegenschaft Weinbergstrasse 77 zum Kaufpreis von Fr. 232'000. - an Mumenthaler, der sich für den Fall, dass der von ihm geplante Bau behördlich nicht bewilligt würde, den Rücktritt vom Vertrag vorbehielt. Obschon die Geschwister Peter von diesem Vertrag Kenntnis erhielten, glaubten sie, die Liegenschaft werde dennoch ihnen verkauft. Am 6. Mai, 11. August und 3. September 1959 zahlten sie drei weitere Vorschüsse von zusammen Fr. 2'500. - an Markus Maier, der sie damit beruhigte, dass er ihnen erklärte, die Baueinsprache, zu der er sie veranlasste, werde Erfolg haben und Mumenthaler werde hierauf mit Sicherheit vom Vertrag zurücktreten. Trotz Gutheissung der Baueinsprache machte dieser aber von seinem Rücktrittsrecht keinen Gebrauch. Da Markus Maier die erhaltenen Vorschüsse verbraucht und seinen Anteil am Verkaufserlös grösstenteils in Konstanz verspielt hatte, kamen die Geschwister Peter zu Verlust. BGE 89 IV 74 S. 75 B.- Das Bezirksgericht Zürich sprach Maier von der Anklage des Betruges frei, auferlegte ihm dagegen die Untersuchungs- und Gerichtskosten. Auf Appellation der Geschädigten erklärte das Obergericht des Kantons Zürich am 13. November 1962 Maier des Betruges im Betrage von Fr. 2'500. - schuldig und und verurteilte ihn zu einer auf drei Jahre bedingt aufgeschobenen Strafe von drei Monaten Gefängnis mit der Weisung, den anerkannten Schadensbetrag von Fr. 30'500.-- in monatlichen Raten zu Fr. 40. - abzutragen. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht sieht die arglistige Täuschung, durch die der Beschwerdeführer die Geschwister Peter in einen Irrtum versetzt haben soll, darin, dass er ihnen, ohne die von Dr. Bommer, dem Verfasser der Baueinsprache, geäusserten Bedenken zu erwähnen, erklärte, es sei mit der Gutheissung der Einsprache zu rechnen, obschon dies nicht sicher gewesen sei, und dass er den Rücktritt des Käufers Mumenthaler vom Vertrag als sicher hinstellte. a) Die Erfolgsaussichten der Baueinsprache waren im Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer behauptete, es sei mit der Gutheissung der Einsprache zu rechnen, noch ungewiss. Er äusserte sich also über ein künftiges Ereignis, nicht über eine objektiv bestimmte Tatsache der Vergangenheit oder Gegenwart, wie Art. 148 StGB voraussetzt. Eine solche Tatsache lag in der Voraussage des Beschwerdeführers nur insofern, als er damit seine persönliche Auffassung über den Ausgang des Einspracheverfahrens kundgab. Diese Äusserung aber entsprach seiner innern Überzeugung und war deshalb wahr. Dass er dabei BGE 89 IV 74 S. 76 unwahre Tatsachen angeführt habe, um seiner Meinung den Anschein der Gewissheit zu geben, ist nicht festgestellt. Der Beschwerdeführer hat die Geschädigten auch nicht dadurch getäuscht, dass er ihnen die Zweifel, die Dr. Bommer am Erfolg der Einsprache hatte, verschwieg. Er selber hielt diese Bedenken, da er vom Erfolg der Einsprache überzeugt war, für unerheblich, und zwar mit Recht, da der Bezirksrat die von Mumenthaler eingereichten Pläne als offensichtlich bauordnungswidrig bezeichnete und den Rekurs Peters guthiess. Unter diesen Umständen bestand für den Beschwerdeführer nach Treu und Glauben keine Rechtspflicht, die Geschwister Peter darüber aufzuklären, wie Dr. Bommer die Aussichten der Einsprache beurteilte. b) Ebenso verhielt es sich mit der Äusserung des Beschwerdeführers, Mumenthaler werde nach Gutheissung der Baueinsprache vom Kaufvertrag zurücktreten. Ob dieser Fall eintrete oder ob Mumenthaler trotz Ablehnung seines Bauprojektes die Liegenschaft übernehmen werde, stand nicht fest. Davon mussten auch die Geschwister Peter, die über den wesentlichen Inhalt des Vertrages vom 3. Februar 1959 im Bilde waren, ausgehen, und es war daher auch für sie erkennbar, dass der Beschwerdeführer, wenn er den Rücktritt vom Vertrag als sicher hinstellte, bloss seine persönliche Ansicht über den möglichen Eintritt eines künftigen Ereignisses wiedergab. Es wird ihm denn auch nicht vorgeworfen, er habe, um den Eindruck zu erwecken, seine Voraussage sei sicher, hiefür bestimmte Tatsachen angerufen, z.B. behauptet, Mumenthaler habe erklärt, er werde, wenn die Baubewilligung nicht erteilt werde, vom Vertrag zurücktreten. Der Beschwerdeführer hat sich bloss mit grosser Zuversicht über den Eintritt eines künftigen Geschehens ausgesprochen, nicht aber eine Tatsache im Sinne von Art. 148 StGB vorgespiegelt. c) Es fehlt auch das Merkmal der Arglist. Die Geschwister Peter waren als erfahrene Geschäftsleute und BGE 89 IV 74 S. 77 als Liegenschaftenbesitzer ebensogut wie der Beschwerdeführer, wenn nicht besser, in der Lage, zu beurteilen, wie gut ihre Aussichten, die Liegenschaft zu erwerben, nach dem Vertrag vom 3. Februar 1959 waren. Angesichts der auf dem Spiele stehenden Beträge lag es nahe, nicht ausschliesslich auf die optimistischen Erwartungen des Beschwerdeführers, der am Verkauf der Liegenschaft an die Geschwister Peter interessiert war, abzustellen, sondern eine eigene Meinung zu bilden und gegebenenfalls hiefür die nötigen Erkundigungen einzuziehen, z.B. mit Dr. Bommer und Mumenthaler Fühlung zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer die Geschädigten von Nachforschungen abzuhalten versucht habe, wie die Staatsanwaltschaft geltend macht, wurde vom Obergericht nicht festgestellt und ist den Akten nicht zu entnehmen. 2. Da ein Betrug nicht gegeben ist, muss das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Freisprechung an das Obergericht zurückgewiesen werden. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13. November 1962 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 101 Ia 349 60. Auszug aus dem Urteil vom 24. September 1975 i.S. Versari gegen Polizeidepartement und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Kantonales Verbot von Geldspielautomaten. Handels- und Gewerbefreiheit; Erfordernis der gesetzlichen Grundlage. 1. Art. 12 Ziff. 2 Abs. 2 der solothurnischen KV schliesst im Gebiete der Handels- und Gewerbefreiheit ein selbständiges Verordnungsrecht des Regierungsrates aus. Hingegen ist es zulässig, durch Gesetz oder kantonsrätliche Verordnung den Regierungsrat zur Regelung der Einzelheiten eines bereits im delegierenden Erlass vorgesehenen Eingriffes zu ermächtigen (E. 3). 2. Das in der Spielsalon-Verordnung des solothurnischen Regierungsrates vom 14. Oktober 1955 enthaltene generelle Verbot von Geldspielautomaten beruht auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 349 BGE 101 Ia 349 S. 349 A.- Gemäss § 352 Abs. 2 des solothurnischen EG/ZGB ist der Regierungsrat zuständig "zum Erlass von Bestimmungen im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die BGE 101 Ia 349 S. 350 Lotterien und gewerbsmässigen Wetten vom 8. Juni 1923 (Tombola) sowie eines Verbotes der Errichtung und des Betriebes von Spielsalons und dergleichen". Gestützt auf diese Bestimmung erliess der Regierungsrat die Verordnung über die gewerbsmässige Verwendung von Spielapparaten (Spielsalon-Verordnung) vom 14. Oktober 1955. In den §§ 2 und 3 der Verordnung wird das Aufstellen von Spielapparaten zum öffentlichen Gebrauch in Form eines generellen Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt der Bewilligungspflicht unterstellt und grundsätzlich auf Gastwirtschaftsbetriebe beschränkt. Aus § 3 Abs. 1 ergibt sich, dass Geldspielapparate nicht bewilligt werden können: "In Lokalen von Gastwirtschaftsbetrieben ist die gewerbsmässige Verwendung von höchstens zwei Spielapparaten, bei denen kein Geld- oder Sachgewinn in Aussicht steht, gestattet." B.- In Anwendung dieser Vorschrift lehnte es das solothurnische Polizeidepartement ab, Bruno Versari die Bewilligung zum Aufstellen des (bundesrechtlich zulässigen) Geldspielautomaten "Sky-Flyer" zu erteilen. Bruno Versari führt hiegegen, nachdem er sich erfolglos an das solothurnische Verwaltungsgericht gewandt hatte, staatsrechtliche Beschwerde mit der Rüge, die angewendete Verordnungsvorschrift entbehre der gesetzlichen Grundlage. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, im wesentlichen aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 3. Art. 12 Ziff. 2 Abs. 2 der solothurnischen Kantonsverfassung bestimmt, dass die dem Kanton (nach Bundesrecht) gestatteten Beschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit vom Kantonsrat auszugehen haben (vgl. BGE 91 I 462 Erw. 3a, BGE 98 Ia 52 ff.). In Art. 31 KV, welcher die Befugnisse des Kantonsrates aufzählt, wird dementsprechend das Parlament als zuständig erklärt zum "Erlass der den Kantonen zustehenden beschränkenden Verordnungen über die Ausübung von Handel und Gewerbe" (Art. 31 Ziff. 11 KV). Art. 12 Ziff. 2 Abs. 2 KV schliesst auf dem Gebiete der Handels- und Gewerbefreiheit ein selbständiges Verordnungsrecht BGE 101 Ia 349 S. 351 des Regierungsrates ausdrücklich aus und bringt anderseits zum Ausdruck, dass beschränkende Vorschriften über Handel und Gewerbe nicht notwendigerweise auf dem Wege der formellen Gesetzgebung erlassen werden müssen, sondern durch eine kantonsrätliche Verordnung möglich sind. Nach dieser Zuständigkeitsordnung erscheint es auch als zulässig, eine Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit durch formelles Gesetz vorzusehen; denn das formelle Gesetz ist eine Erlassform höherer Stufe als die kantonsrätliche Verordnung. Gesetz oder kantonsrätliche Verordnung dürfen die Regelung der Einzelheiten einer grundsätzlich vom Kantonsrat oder auf dem Wege der Gesetzgebung angeordneten Beschränkung dem Regierungsrat als Vollzugsorgan überlassen ( BGE 91 I 463 unten). Eine allgemein gehaltene Ermächtigung des Regierungsrates zum Erlass von irgendwelchen Verboten oder andern Beschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit, die nicht bereits in einem Gesetz oder in einer kantonsrätlichen Verordnung grundsätzlich vorgesehen sind, lässt sich mit Art. 12 Ziff. 2 Abs. 2 KV nicht vereinbaren. Hingegen ist davon auszugehen, dass diese Verfassungsnorm die Delegation der Kompetenz zur detaillierten Ordnung eines im delegierenden Erlass bereits konkret angeordneten Eingriffs nicht verbietet. 4. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Verordnung des Regierungsrates an sich nach solothurnischem Staatsrecht keine genügende gesetzliche Grundlage für das Verbot der Geldspielautomaten bildet. Entscheidend ist, ob § 352 Abs. 2 EG/ZGB als formelle gesetzliche Basis ausreicht. Das Verbot der Geldspielautomaten ist für den Beschwerdeführer, der sich bisher im Kanton Solothurn nicht als Aufsteller von solchen Apparaten betätigte, kein besonders schwerer Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit. Das Bundesgericht prüft daher die Auslegung der kantonalen Gesetzesvorschriften nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür ( BGE 99 Ia 374 , BGE 96 I 144 , BGE 95 I 16 , BGE 91 I 488 ; vgl. auch ZBl 1975 S. 207). a) Dadurch dass der Gesetzgeber in § 352 Abs. 2 EG/ZGB den Regierungsrat für zuständig erklärte, ein Verbot der "Errichtung und des Betriebes von Spielsalons und dergleichen" zu erlassen, hat er sinngemäss die prinzipielle Zustimmung zu einem Verbot solcher Einrichtungen gegeben und den Regierungsrat ermächtigt, die Durchführung und die Grenzen dieses BGE 101 Ia 349 S. 352 Verbotes festzulegen. Es kann ohne Willkür angenommen werden, der Regierungsrat habe durch diese gesetzliche Vorschrift einen eigentlichen Auftrag erhalten, die sich im Zusammenhang mit Errichtung und Betrieb von "Spielsalons und dergleichen" stellenden Fragen durch entsprechende Verbotsnormen und allfällige Bewilligungspflichten angemessen zu regeln. Zwar ist im Wortlaut des Gesetzes nur von einem Verbot die Rede, aber es erscheint nicht als willkürlich, aus der Kompetenz zu einem gänzlichen Verbot auch die Ermächtigung zu weniger weitgehenden Beschränkungen abzuleiten. Die Ausführung des in § 352 Abs. 2 EG/ZGB enthaltenen Auftrages verlangte vom Regierungsrat eine Abgrenzung der Einrichtungen, die als "Spielsalons und dergleichen" unter das Verbot und eventuell unter eine das gänzliche Verbot auflockernde Bewilligungspflicht fallen sollen. Im Rahmen dieser Abgrenzung musste der Regierungsrat als Verordnungsgeber die Aufstellung von Spielapparaten in Gastwirtschaftsbetrieben regeln. Das grundsätzliche Verbot von Spielsalons machte in dieser Hinsicht eine Klarstellung unerlässlich; es musste festgelegt werden, in welcher Art und in welchem Ausmass Spielapparate in Gastwirtschaftsbetrieben zum Einsatz kommen dürfen, ohne dass sie unter das Verbot des Aufstellens von Spielapparaten zum öffentlichen Gebrauch (gemäss § 2 Vo) fallen. b) Der Regierungsrat hat nun nicht nur die Zahl der in Gastwirtschaftsbetrieben zulässigen Apparate festgesetzt, sondern überdies Apparate, die einen Geld- oder Sachgewinn in Aussicht stellen, allgemein von der Bewilligungsmöglichkeit ausgeschlossen. Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, dass die Wendung "Verbot der Errichtung und des Betriebes von Spielsalons und dergleichen" vom Wortlaut her zunächst die Interpretation nahe legt, es müsse sich hier stets um eine Mehrheit von Spielapparaten handeln, die mehr oder weniger unabhängig von einem Gastwirtschaftsbetrieb in einem besondern Raum zum öffentlichen Gebrauch gegen Entgelt aufgestellt sind. Die Vorschrift kann aber im Grunde keinen andern Zweck verfolgen, als dem Regierungsrat ohne spezielle Einschränkungen zu ermöglichen, gewerbsmässige Einrichtungen zu verbieten, die in unerwünschter Weise die Spielsucht fördern. Mit dem Zusatz "und dergleichen" sollen wohl alle Formen des gewerbsmässigen BGE 101 Ia 349 S. 353 Betriebs von Spielapparaten erfasst werden. Von der ratio legis her ist es also auf jeden Fall nicht willkürlich, diese Gesetzesvorschrift als Ermächtigung zum Erlass eines generellen Verbots des gewerbsmässigen Betriebs von Spielapparaten (§ 2 Vo) zu verstehen. Der Zusatz "und dergleichen" erweitert den Anwendungsbereich des vom Gesetzgeber gewollten, dem Regierungsrat gewissermassen zur Verfügung gestellten Verbotes deutlich auf alle gewerblichen Betätigungsformen, welche eine gleichartige Wirkung haben können wie ein eigentlicher Spielsalon. Zwischen einem einzelnen unter Umständen für Spielliebhaber sehr attraktiven Apparat, der irgendwo zum öffentlichen Gebrauch aufgestellt ist, und einer Mehrheit von Spielapparaten (im Spielsalon) besteht in polizeilicher Hinsicht kein grundlegender Unterschied. Lässt sich also das allgemeine Verbot des Aufstellens von Spielapparaten zu öffentlichem Gebrauch sinngemäss auf § 352 Abs. 2 EG/ZGB stützen, dann darf ohne Willkür gefolgert werden, der Regierungsrat könne bei den für Gastwirtschaftsbetriebe zu bewilligenden Ausnahmen nach polizeilichen Kriterien gewisse Unterscheidungen treffen und insbesondere Geldspielgeräte wegen der mit ihrem "Betrieb" verbundenen besondern Risiken von der Bewilligungsmöglichkeit gänzlich ausschliessen. Wenn der Regierungsrat das Aufstellen von Spielapparaten zu öffentlichem Gebrauch gegen Entgelt vollständig untersagen darf und implicite auch die Möglichkeit hat, unter gewissen Voraussetzungen die gewerbsmässige Verwendung von Spielapparaten doch zu gestatten, dann erscheint es nicht als willkürlich, diese möglichen Ausnahmen vom Verbot (§ 3 Vo) auf Apparate zu beschränken, die keinen Geld- oder Sachgewinn in Aussicht stellen. Zwischen Geldspielgeräten und andern Spielapparaten bestehen in polizeilicher Hinsicht - Risiko von unlautern Manipulationen des Aufstellers oder der Spieler, Anreiz zur Spielsucht, Kontrollschwierigkeiten - erhebliche Unterschiede, die eine differenzierende Regelung zu begründen vermögen. Das wird auch in der Beschwerde eigentlich nicht bestritten. Die gesetzliche Ermächtigung zum Verbot von Spielsalons und dergleichen lässt sich somit ohne Willkür so verstehen, dass der Regierungsrat für harmlosere Automaten auf dem Verordnungswege gewisse Ausnahmen vorsehen und gleichzeitig in bezug auf Geldspielgeräte am gänzlichen Verbot festhalten darf.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
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Urteilskopf 89 II 138 23. Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. März 1963 i.S. Siedlungsgenossenschaft "Am Schanzweg" gegen Buess und Mitbeteiligte, sowie Siedlungsgenossenschaft "Donnerbaum" gegen Diriwächter.
Regeste Genossenschaftsrecht. Frage der Zulässigkeit der Statutenbestimmung einer Siedlungsgenossenschaft, wonach ein Mitglied nur beim Verkauf der Liegenschaft an einen der Genossenschaft beitretenden Erwerber austreten kann. Art. 850 OR bezieht sich lediglich auf die Uebertragung der Mitgliedschaft (Erw. 3). Begriff der übermässigen Erschwerung des Austritts, Art. 842 Abs. 3 OR (Erw. 4). Tragweite des Gebots der Gleichbehandlung der Mitglieder, Art. 854 OR (Erw. 5). Austritt aus wichtigen Gründen, Art. 843 Abs. 2 OR (Erw. 7). Rechtsmissbrauch, Art. 2 ZGB (Erw. 8).
Sachverhalt ab Seite 139 BGE 89 II 138 S. 139 A.- 1. Im Jahre 1950 wurde in Muttenz die Bau- und Wohngenossenschaft "Donnerbaum" gegründet mit dem Zweck, für ihre Mitglieder preiswerte Einfamilienhäuser zu erstellen. Sie baute auf dem von ihr erworbenen Land 72 Einfamilienhäuser in Reihen, mit einer zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungs-Anlage für die ganze Siedlung; ferner wurden zwei gemeinschaftliche Spielplätze erstellt. Die Genossenschaft verkaufte die Häuser zu den Selbstkostenpreisen an Interessenten, die mit dem Erwerb Mitglied der Genossenschaft wurden. So erwarb Robert Diriwächter am 18. Juni 1951 ein 5 1/2 Zimmer-Eckhaus zum Preis von Fr. 68'453. - für Boden und fertiges Haus. Nach dem Verkauf der sämtlichen 72 Parzellen mit den darauf erstellten Häusern verblieben lediglich noch die Heizungs- und Warmwasserzentrale, die Spielplätze und der Weg um diese herum im Eigentum der Genossenschaft. Diese änderte am 23. September 1955 ihren Namen in BGE 89 II 138 S. 140 "Siedlungsgenossenschaft Donnerbaum" und gab sich neue Statuten, die als Zweck in erster Linie den Betrieb und Unterhalt der gemeinschaftlichen Anlagen bezeichnen (§ 2 Abs. 1 der Statuten). Als weitere Zweckbestimmung nennen die Statuten sodann in § 2 Abs. 2 den Anschluss der Siedlungsgenossenschaft "Am Schanzweg" an die Fernheizung und Warmwasserversorgung der Genossenschaft "Donnerbaum". 2. Die im Jahre 1954 gegründete Siedlungsgenossenschaft "Am Schanzweg" bezweckt nach Art. 2 ihrer Statuten "die Erstellung und Instandhaltung gesunder und preiswerter Einfamilienhäuser zu fördern". Als Mittel zur Erreichung dieses Zweckes bezeichnet Art. 4 lit. d "die Regelung der Benützung und des Unterhalts der von der Bau- und Wohngenossenschaft "Donnerbaum" erstellten und im gemeinsamen Gebrauch stehenden Spielplätze, Fernheizung und zentralen Warmwasserversorgung...". Sie erstellte 18 Häuser, die an die gemeinsamen Anlagen angeschlossen wurden. Auch diese Häuser wurden zum Selbstkostenpreis verkauft. Ernst Haegele, Frau Dr. Gubler und Otto Buess erwarben je eines derselben. 3. Nach den Statuten der beiden Genossenschaften wird die Mitgliedschaft durch den Kauf eines von der Genossenschaft erstellten Hauses erworben. Der Käufer bleibt Genossenschaftsmitglied, solange er Eigentümer der Liegenschaft ist. Beim Verkauf der Liegenschaft hat der Verkäufer die Mitgliedschaft dem Käufer zu überbinden. Diese Verpflichtung ist im Grundbuch vorgemerkt, so dass der Käufer mit dem Erwerb des Hauses Mitglied der Genossenschaft wird. Mit dem Verkauf erlischt die Mitgliedschaft des Verkäufers. Genossenschafter, die nicht Eigentümer eines Genossenschaftshauses sind, können unter Einhaltung einer Kündigungsfriest von 6 Monaten aus der Genossenschaft austreten (Statuten der Siedlungsgenossenschaft "Donnerbaum" § 6, 7 und 10, der Genossenschaft "Am Schanzweg" Art. 4 und 10). 4. Die an die Heizung und Warmwasserversorgung angeschlossenen BGE 89 II 138 S. 141 90 Häuser der beiden Siedlungen sind durch Leitungen im Boden und in den Kellergeschossen in mehreren Kreisläufen mit der auf einer Parzelle der Genossenschaft "Donnerbaum" erbaut zentralen Anlage verbunden. Die Durchleitungsrechte sind durch Grunddienstbarkeiten auf den einzelnen Grundstücken gesichert. Die Betriebs- und Unterhaltskosten für die Heizungs- und Warmwasseranlage werden jährlich auf die angeschlossenen Grundstücke verlegt; überdies haben die Eigentümer jährliche Amortisationsbeiträge an die Kosten der Erstellung der Anlage zu leisten. Grössere Aufwendungen für Unterhalt oder Verbesserung der Anlage müssen von den Generalversammlungen der beiden Genossenschaften beschlossen werden. Die Siedlungsgenossenschaft "Donnerbaum" war aus der in ihrem Eigentum stehenden Anlage per 30. Juni 1960 noch mit Fr. 52'816.--belastet. 5. Die heutigen Kläger Diriwächter, Haegele, Frau Dr. Gubler und Buess erklärten Ende 1959 den Austritt aus ihrer Genossenschaft, ohne jedoch ihre Grundstücke an Dritterwerber zu verkaufen, auf welche die Mitgliedschaft bei der Genossenschaft gemäss den Statuten hätte übergehen können. Die beiden Genossenschaften lehnten diese Austrittserklärungen ab unter Hinweis darauf, dass nach den Statuten ein Austritt nur bei gleichzeitigem Verkauf der Liegenschaften und Eintritt des Erwerbers in die Genossenschaft zulässig sei. B.- Mit Klage vom 1. Juni 1960 stellten die vier Kläger das Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass sie in rechtsgültiger Weise per 30. Juni 1960 den Austritt aus ihrer Siedlungsgenossenschaft erklärt hätten und somit ab 1. Juli 1960 nicht mehr Mitglieder derselben seien. Die beiden beklagten Genossenschaften beantragten Abweisung der Klagen. C.- Das Bezirksgericht Arlesheim wies mit Urteil vom 4. Juli 1961 die Klage aller vier Kläger ab. D.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft BGE 89 II 138 S. 142 hob mit Urteil vom 6. März 1962 den Entscheid der ersten Instanz auf und stellte in Gutheissung der Klage fest, dass die Kläger den Austritt aus den beklagten Genossenschaften erklärt hätten und seit 1. Januar 1961 nicht mehr Mitglieder derselben seien. E.- Gegen dieses Urteil legten die beiden beklagten Genossenschaften Berufung an das Bundesgericht ein mit dem erneuten Antrag auf Abweisung der Klagen. Die Kläger beantragen Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales)... 2. Nach Art. 828 OR ist die Genossenschaft eine körperschaftlich organisierte Personenverbindung, "die in der Hauptsache die Förderung oder Sicherung bestimmter wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder in gemeinsamer Selbsthilfe bezweckt". Im Hinblick auf diese gesetzliche Begriffsumschreibung ist vorerst eine Klarstellung darüber geboten, worin der von den beiden beklagten Genossenschaften verfolgte wirtschaftliche Zweck besteht. Die Genossenschaft "Donnerbaum" war ursprünglich eine Baugenossenschaft mit dem Zweck, für ihre Mitglieder gesunde und preiswerte Einfamilienhäuser zu erstellen und damit ihre soziale Wohlfahrt zu fördern. Seit der Beendigung der Bauzeit und der Umgestaltung in eine Siedlungsgenossenschaft bezweckt die Genossenschaft "den möglichst vorteilhaften Betrieb und Unterhalt der durch sie erstellten und in ihrem Besitz befindlichen gemeinschaftlichen Anlagen" sowie "die Gewährung des Anschlussrechtes an die Fernheizung und Lieferung von Warmwasser an die Siedlungsgenossenschaft "Am Schanzweg"". § 3 der Statuten zählt dann die zur Erreichung des Zweckes in Aussicht genommenen Massnahmen auf. Diese bestehen im möglichst günstigen Einkauf und rationellen Verbrauch der zum Betrieb der Fernheizungs- und Warmwasseranlage BGE 89 II 138 S. 143 notwendigen Betriebsstoffe; in der fachgemässen Wartung dieser Anlagen; in der Ausübung der Aufsicht über die gemeinsamen Spielplätze und Wege, sowie in der Ausführung der zu ihrer Pflege notwendigen Arbeiten. Die Statuten der Genossenschaft "Am Schanzweg" nennen in Art. 2 als Zweck die Förderung der Erstellung und Instandhaltung gesunder und preiswerter Einfamilienhäuser. Als Mittel zur Erreichung dieses Zweckes bezeichnet Art. 4 lit. d unter anderm "die Regelung der Benutzung und des Unterhalts der von der Bau- und Wohngenossenschaft "Donnerbaum" erstellten und im gemeinsamen Gebrauch stehenden Spielplätze, Fernheizungsanlage und zentralen Warmwasserversorgung, sowie allfälliger weiterer gemeinsamer Anlagen". Aus diesen Bestimmungen ist ersichtlich und wird auch von den Klägern ausdrücklich anerkannt, dass seit der Beendigung der Bauzeit der wesentliche Zweck der beiden Genossenschaften in der Verwaltung, im Betrieb und im Unterhalt der gemeinsamen Anlagen, namentlich der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgung, besteht. Die Kosten werden nach einem bestimmten Verteiler auf die Mitglieder der beiden Genossenschaften verlegt, und diese haben auch Beiträge an die Tilgung der aus dem Bau der gemeinschaftlichen Anlagen herrührenden Kapitalschuld zu leisten, die noch rund Fr. 50'000. - beträgt. Für die Erreichung dieses Zwecks eines rationellen Betriebs der gemeinsamen Anlagen besteht nur Gewähr, wenn die Beteiligung aller Liegenschaften der beiden Siedlungen gesichert ist. Denn der Anschluss anderer Häuser kommt gemäss Feststellung der Vorinstanz praktisch nicht in Betracht, und die bestehenden Freiflächen, insbesondere die Spielplätze, können nicht überbaut werden, da sonst die nach den baugesetzlichen Vorschriften höchstzulässige Überbauungsdichte überschritten würde. Das Ausscheiden einzelner Liegenschaften aus dem Gemeinschaftswerk hätte somit ein entsprechendes Ansteigen des Anteils der verbleibenden Genossenschafter an den allgemeinen Unkosten BGE 89 II 138 S. 144 zur Folge. Dadurch würde die Erreichung des Genossenschaftszweckes stark gestört, ja beim Austritt einer grösseren Zahl von Mitgliedern könnte sie sogar gänzlich verunmöglicht werden, weil die auf die verbleibenden Liegenschaften entfallenden Kostenanteile unerschwinglich hoch ausfallen würden und insbesondere die für den Weiterbetrieb der gemeinsamen Heizungs- und Warmwasseranlage erforderlichen langfristigen Aufwendungen für grössere Reparaturen und Verbesserungen sich nicht mehr aufbringen liessen. Damit wäre das ganze Gemeinschaftswerk in seiner Existenz bedroht. Dieser Gefahr soll vorgebeugt werden durch die streitigen Statutenbestimmungen, wonach der Käufer eines von der Genossenschaft erstellten Hauses Genossenschaftsmitglied bleibt, solange er Eigentümer des Hauses ist, und aus der Genossenschaft nur austreten kann bei gleichzeitigem Verkauf der Liegenschaft an einen Dritten, der an seiner Stelle Mitglied der Genossenschaft wird. Diese in den Statuten der beiden beklagten Genossenschaften vorgesehene Ordnung ist vom Standpunkt der Genossenschaft, bezw. der Gesamtheit aller Mitglieder aus betrachtet zweifellos zweckmässig, da durch sie der Mitgliederbestand der Genossenschaft gesichert wird. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob sie im Rahmen der geltenden gesetzlichen Vorschriften über das Genossenschaftsrecht zulässig ist. 3. Die Beklagten glauben, die Zulässigkeit dieser Ordnung aus Art. 850 OR ableiten zu können. a) Diese Bestimmung bezieht sich indessen ausschliesslich auf die Übertragung der Mitgliedschaft. Dies erhellt einwandfrei aus der Systematik des Gesetzes, namentlich aus den Randtiteln zu Art. 849/50. Der Randtitel zu Art. 849 bestimmt unter "E. Übertragung der Mitgliedschaft" in "I. Im Allgemeinen", dass die Abtretung eines Genossenschaftsanteils oder die Übertragung einer Urkunde über die Mitgliedschaft den Erwerber nicht ohne weiteres zum Genossenschafter machen, sondern dass es hiefür noch eines Aufnahmebeschlusses durch die Genossenschaft bedarf. BGE 89 II 138 S. 145 Damit wird der Grundsatz der Unübertragbarkeit der Mitgliedschaft aufgestellt, wie dies dem Wesen der Genossenschaft als einer Personenvereinigung entspricht. In Art. 850 wird dann unter dem Randtitel "II. Durch Übertragung von Grundstücken oder wirtschaftlichen Betrieben" bestimmt, dass die Statuten die Mitgliedschaft vom Eigentum an einem Grundstück abhängig machen (Abs. 1) und diesfalls vorschreiben können, dass mit der Veräusserung des Grundstücks die Mitgliedschaft ohne weiteres auf den Erwerber übergehe (Abs. 2). Im Gegensatz zu der in Art. 849 OR aufgestellten allgemeinen Regel bedarf es somit bei den Eigentümer-Genossenschaften im Sinne des Art. 850 OR keines besonderen Aufnahmebeschlusses für den Liegenschaftserwerber, sondern die Mitgliedschaft geht ohne weiteres, automatisch, auf ihn über. Art. 850 will also lediglich eine Ausnahme vom Grundsatz der Unübertragbarkeit der Mitgliedschaft zulassen. Wie sodann Art. 850 Abs. 3 ausdrücklich bestimmt, ist eine statutarische Vorschrift, die für den Fall der Veräusserung des Grundstücks den Übergang der Mitgliedschaft vorsieht, für den Erwerber der Liegenschaft nur wirksam, wenn sie im Grundbuch vorgemerkt ist. Fehlt eine solche Vormerkung, so kann also der bisherige Eigentümer die Liegenschaft verkaufen, ohne dem Erwerber die Mitgliedschaft bei der Genossenschaft zu überbinden, wie es nach den Statuten seine Pflicht wäre. Erst durch die grundbuchliche Vormerkung der statutarischen Vorschrift des in Art. 850 Abs. 2 umschriebenen Inhalts tritt der automatische Übergang der Mitgliedschaft auf den Erwerber des Grundstücks ein. Durch diese Vormerkung erlangt die durch die Statuten begründete schuldrechtliche Verpflichtung des Mitgliedes, das Grundstück nur unter gleichzeitiger Übertragung der Mitgliedschaft zu veräussern, dingliche Wirkung in dem Sinne, dass sie nicht nur den ursprünglich Verpflichteten trifft, sondern den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks. Die an sich schuldrechtliche Verpflichtung des ursprünglichen Mitglieds erhält BGE 89 II 138 S. 146 damit den Charakter eines sogenannten subjektivdinglichen Rechts, einer obligatio propter rem oder Realobligation (vgl. HAAB, Sachenrecht, Einleitung N. 54; LIVER, Sachenrecht, Einleitung N. 148 ff.; JOST, Die Realobligationen als Rechtsinstitut, S. 60 ff., insbes. S. 91 Ziff. 8; DESCHENAUX, Obligatio propter rem, in Festschrift für Gutzwiller, S. 737 f. Ziff. 6). b) Dass Art. 850 OR lediglich eine Ausnahme vom Grundsatz der Unübertragbarkeit der Mitgliedschaft darstellt, wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Bestimmung bestätigt. Das OR von 1881/1911 enthielt keine dem heutigen Art. 850 entsprechende Bestimmung. Art. 684 aoR schrieb vor, dass jedem Genossenschafter der Austritt freistehe und ein statutarisches Verbot des Austritts wie auch ein vertragsmässiger Verzicht auf denselben ungültig seien. Aus der Erwägung, dass das Recht auf freien Austritt im Recht der Persönlichkeit verwurzelt sei und darum nach dem Zweck des Art. 684 OR das Interesse des Genossenschaftsmitglieds an uneingeschränkter Bewegungsfreiheit den Interessen der Genossenschaft überzuordnen sei, wurde dann in der Rechtsprechung angenommen, nicht nur ein absolutes Verbot des Austrittes, sondern auch jede erhebliche Erschwerung desselben müsse als ungültig betrachtet werden. Demgemäss erklärte das Bundesgericht in BGE 37 II 420 f. die Auferlegung eines Austrittsgeldes durch die Statuten als unzulässig. In BGE 45 II 658 sodann wurde es als unstatthaft bezeichnet, das Mitglied einer Käsereigenossenschaft durch die Statuten beim Verkauf seines Heimwesens zur Überbindung der Mitgliedschaft auf den Käufer zu verpflichten. BGE 55 II 125 ff. endlich verneinte die Gültigkeit der in den Statuten einer Baugenossenschaft enthaltenen Bestimmung, wonach der Austritt eines Genossenschafters nur bei Verkauf des Hauses an einen der Genossenschaft beitretenden Käufer erfolgen könne und überdies der Zustimmung des Vorstandes bedürfe. Immerhin wurde in allen diesen Entscheiden ein BGE 89 II 138 S. 147 Vorbehalt in dem Sinne angebracht, dass eine selbst erhebliche Erschwerung des Austritts zulässig sein könne, wenn sie durch den Genossenschaftszweck geradezu vorausgesetzt werde. Diese Rechtsprechung wurde namentlich von seiten der landwirtschaftlichen Genossenschaften angefochten. Diese verlangten, dass bei der im Wurfe befindlichen Revision des OR eine stärkere Bindung des Mitglieds an die Genossenschaft zugelassen werden müsse, da namentlich bei Milch- und Käsereigenossenschaften mit Rücksicht auf die bei solchen erforderlichen Kapitalinvestitionen das freie Austrittsrecht die finanziellen Grundlagen der Genossenschaft erschüttern und ihre Existenz in Frage stellen könne. Um diesen grundsätzlich als berechtigt befundenen Begehren Rechnung zu tragen, sah der Entwurf Eugen Hubers vom Jahre 1919/20 (E.I) einerseits die Zulässigkeit eines statutarischen Austrittsverbots für die Dauer von höchstens 10 Jahren vor (E. 1 Art. 806), und anderseits stellte er in Art. 812 eine Regelung auf, die inhaltlich im wesentlichen dem heutigen Art. 850 OR entsprach. Bei der Besprechung dieses E. 1 vertrat EGGER in seinem Referat über die Revision des Genossenschaftsrechts (ZSR 1922 S. 182a f.) die Auffassung, die vorgesehene Möglichkeit, den Eigentümer eines Grundstückes für den Fall des Verkaufs zur Übertragung der Mitgliedschaft auf den Erwerber zu verpflichten und dieser Verpflichtung durch die Vormerkung im Grundbuch dingliche Wirkung zu verleihen, reiche nicht aus, um der Genossenschaft die angestrebte konstante Mitgliedschaft der Grundeigentümer zu sichern. Hiezu sollte vielmehr noch eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen werden, wonach das Kündigungsrecht des Mitgliedes für die Dauer seines Eigentumes am Grundstück durch die Statuten ausgeschlossen werden könne; denn sonst könnten Übertragungspflicht und Übergang illusorisch gemacht werden. Diese Anregung wurde jedoch abgelehnt. Der Entwurf Hoffmann vom Jahre 1923 (E.11) bestimmte gegenteils BGE 89 II 138 S. 148 in Art. 850 Abs. 3 ausdrücklich, dass das Austrittsrecht des jeweiligen Eigentümers gemäss der allgemeinen Regel vorbehalten bleibe. Dieser Vorbehalt wurde auch im bundesrätlichen Entwurf von 1928 (E. 11l) in Art. 839 übernommen, dann aber im Laufe der Behandlung der Vorlage in den eidgenössischen Räten mit der Begründung gestrichen, er sei unnötig, weil er sich von selbst verstehe (Sten. Bull. StR 1932 S. 209). c) Gesetzessystematik und Entstehungsgeschichte lassen somit keinen Zweifel darüber bestehen, dass Art. 850 OR nicht etwa eine besondere Art der Austrittserschwerung vorsehen, sondern lediglich die Übertragung der Mitgliedschaft erleichtern will. In diesem Sinne wird die Bestimmung denn auch von der in der Literatur herrschenden Meinung aufgefasst (GERWIG, Schweizerisches Genossenschaftsrecht, S. 266 f.; FREY, Die Vormerkung der Mitgliedschaft bei der Genossenschaft nach Art. 850 OR , in Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht, 1944, S. 75, 129; STUDER, Vormerkung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft nach Art. 850 OR , in ZSR 1939 S. 263; HAGER, Austritt aus der Genossenschaft, S. 36). So ausgelegt, deckt Art. 850 OR die streitigen Statutenbestimmungen zwar insoweit, als sie das Mitglied verpflichten, bei einem allfälligen Verkauf die Mitgliedschaft dem Käufer zu überbinden und die Vormerkung dieser Verpflichtung im Grundbuch anordnen. Für die weitere Statutenvorschrift, dass das Mitglied der Genossenschaft angehören müsse, solange es Eigentümer der Liegenschaft bleibe, dass es also mit andern Worten nur bei gleichzeitigem Verkauf der Liegenschaft aus der Genossenschaft austreten könne, vermag Art. 850 OR entgegen der Meinung der beklagten Genossenschaften nicht als Rechtsgrundlage zu dienen. Die Zulässigkeit dieser Statutenbestimmung ist vielmehr ausschliesslich auf Grund der Gesetzesvorschriften über den Austritt aus der Genossenschaft, Art. 842/43 OR, zu beurteilen. BGE 89 II 138 S. 149 4. Art. 842 Abs. 1 OR bestimmt, dass jedem Genossenschafter der Austritt frei stehe, solange die Auflösung der Genossenschaft nicht beschlossen ist. Die Genossenschaften sind jedoch befugt, in den Statuten gewisse Austrittserschwerungen vorzusehen, so z.B. die Verpflichtung des Austretenden zur Bezahlung einer Auslösungssumme ( Art. 842 Abs. 2 OR ) oder den Ausschluss des Austrittes für eine Dauer von höchstens 5 Jahren ( Art. 843 Abs. 1 OR ). Ein dauerndes Verbot oder eine übermässige Erschwerung des Austritts durch die Statuten oder durch Vertrag sind aber nach Art. 842 Abs. 3 OR ungültig. a) Die Kläger erachten die streitige Statutenbestimmung, die den Austritt vom Verkauf der Liegenschaft abhängig macht, als ungültig, weil es sich dabei in Wirklichkeit um ein eigentliches Austrittsverbot handle. Diese Auffassung ist unrichtig. Es ist unbestritten, dass im Falle der Veräusserung der Liegenschaft der bisherige Eigentümer seine Mitgliedschaft bei der Genossenschaft verliert und das diese ohne weiters auf den Erwerber übergeht. Nach dem Wortlaut des § 7 der Statuten der Genossenschaft "Donnerbaum" erlischt in diesem Falle die Mitgliedschaft des Veräusserers. Dasselbe gilt nach Art. 10 lit. b der Statuten der Genossenschaft "Am Schanzweg". Eine solche Veräusserung des Grundstücks ist dem bisherigen Eigentümer und Genossenschafter vorbehaltlos erlaubt und nicht etwa an die Zustimmung des Vorstandes geknüpft, wie dies die Statuten in dem in BGE 55 II 125 ff. beurteilten Falle der Baugenossenschaft "Vrenelisgärtli" vorsahen. Von einem totalen Austrittsverbot kann somit keine Rede sein. Es besteht vielmehr die Möglichkeit eines Austritts, der lediglich - zugegebenermassen weitgehend - erschwert wird. Auch die Rechtsprechung und Literatur fassen Statutenbestimmungen des hier in Frage stehenden Inhalts als blosse Austrittserschwerungen auf ( BGE 55 II 131 Erw. 3; JAUSSI, Die Austrittsverhältnisse in der Genossenschaft und ihre Wirkung auf den Kredit, S. 29 ff.; BGE 89 II 138 S. 150 WINKLER, Die Begründung und Beendigung der Mitgliedschaft in einer Genossenschaft nach OR, Diss. Basel 1948, S. 159-161). Da die streitige Statutenbestimmung kein Austrittsverbot bedeutet, geht auch der Hinweis der Kläger darauf fehl, dass nach Art. 843 OR der Austritt nur auf höchstens 5 Jahre ausgeschlossen werden könne, welche Frist bei ihnen längst abgelaufen sei. b) Die Kläger vertreten sodann die Ansicht, was als zulässige Austrittserschwerung in Betracht komme, werde vom Gesetz selber in Art. 842 Abs. 2 und 843 Abs. 1 abschliessend umschrieben; Erschwerungen anderer Art seien daher unstatthaft. Auch dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Wäre die Aufzählung der zulässigen Austrittserschwerungen im Gesetz abschliessend gedacht, so hätte es des allgemeinen Verbotes übermässiger Austrittserschwerung in Art. 842 Abs. 3 nicht bedurft. Es sind vielmehr auch anders geartete Erschwerungen möglich, soweit sie sich im zulässigen Rahmen halten, d.h. den Austritt nicht übermässig schwierig gestalten. c) Es fragt sich daher, ob die durch die streitige Statutenbestimmung vorgesehene Austrittserschwerung übermässig und darum nach Art. 842 Abs. 3 OR ungültig sei. Die Kläger behaupten dies vor allem unter Hinweis darauf, dass die statutarische Ordnung ihnen nicht erlaube, aus der Genossenschaft auszutreten und trotzdem Eigentümer ihrer Liegenschaften zu bleiben; überdies werde die Verkäuflichkeit ihrer Liegenschaften in hohem Masse dadurch beeinträchtigt, dass als Käufer nur Interessenten in Betracht kommen können, die auch zum Eintritt in die Genossenschaft gewillt seien. Ob eine Austrittserschwerung das zulässige Mass übersteige, lässt sich nicht in einer für alle Fälle gültigen Weise von vorneherein beantworten. Es muss vielmehr die besondere Art der in Frage stehenden Genossenschaft mitberücksichtigt werden, und ferner kommt den konkreten BGE 89 II 138 S. 151 Verhältnissen des zu beurteilenden Falles im Zeitpunkt, in welchem die Zulässigkeit der Austrittserschwerung streitig wird, entscheidende Bedeutung zu. Hier ist nun zu beachten, dass der ausschliessliche Zweck der beiden Genossenschaften im Betrieb und Unterhalt der gemeinsamen Anlagen, namentlich der zentralen Heizung und Warmwasserversorgung, besteht. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem in BGE 55 II 125 ff. beurteilten, in welchem bei einer gewöhnlichen Baugenossenschaft ohne solche gemeinsame Anlagen der Austritt vom Verkauf des Hauses abhängig sein sollte. Für einen rationellen Betrieb der gemeinsamen Anlagen ist, wie eingangs dargelegt wurde, die Beteiligung aller Liegenschaften der beiden Siedlungen notwendig. Die vorgesehene Ordnung, dass der Eigentümer einer angeschlossenen Liegenschaft nur bei deren gleichzeitigem Verkauf an ein neues Mitglied aus der Genossenschaft ausscheiden kann, wird daher durch den Genossenschaftszweck geradezu vorausgesetzt. Es verhält sich also anders als z.B. bei einer Milch- oder Käsereigenossenschaft. Eine solche benötigt zwar für die Verarbeitung und Verwertung der auf den Liegenschaften der Genossenschafter erzeugten Milch ebenfalls gemeinsame Anlagen, welche die Investition beträchtlicher Kapitalmittel erfordern. Aber für eine solche Genossenschaft besteht die Möglichkeit, an Stelle eines ausscheidenden Mitglieds die Eigentümer anderer, der Genossenschaft bisher nicht angeschlossener Liegenschaften als Mitglieder zu gewinnen, während bei den beklagten Genossenschaften ein Anschluss anderer Liegenschaften nicht möglich ist. Mit Rücksicht auf diese besonderen Verhältnisse kann daher die statutarische Vorschrift, die einem Mitglied das Ausscheiden nur bei gleichzeitigem Verkauf der Liegenschaft an ein neues Mitglied erlaubt, nicht als übermässige Austrittserschwerung erachtet werden. Der weitere Einwand, die statutarische Ordnung des Austritts beeinträchtige die Verkäuflichkeit der Liegenschaft in unerträglichem Masse, ist ebenfalls nicht stichhaltig, BGE 89 II 138 S. 152 wenn man auf die heute bestehenden Verhältnisse abstellt, auf die es bei der Beurteilung der Frage der Übermässigkeit der Erschwerung ankommt. Bei der grossen Nachfrage nach Grundstücken, wie sie heute allgemein und in der Nähe einer Stadt wie Basel in besonderem Masse besteht, können die Kläger für ihre Liegenschaften ohne weiteres Interessenten finden, die zum Beitritt zur Genossenschaft bereit sind. Dabei vermöchten die Kläger, die seinerzeit ihre Liegenschaften dank der genossenschaftlich durchgeführten Erstellung zu vorteilhaften Bedingungen erwerben konnten, zweifellos einen beträchtlichen Gewinn zu erzielen. Es kann somit keine Rede davon sein, dass die statutarische Ordnung den Austritt übermässig erschwere, weil ein solcher den Klägern nur unter Inkaufnahme erheblicher finanzieller Einbussen möglich wäre. 5. Die Kläger halten daran fest, dass die Statutenbestimmungen, welche ihnen im Unterschied zu den Mitgliedern, die nicht gleichzeitig Grundeigentümer sind (sog. Sympathiemitglieder), den freien Austritt verwehren, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Genossenschafter verstossen und darum ungültig seien. Auch dieser Einwand ist unbegründet. Das in Art. 854 OR niedergelegte Gebot der Gleichbehandlung der Mitglieder verbietet die Berücksichtigung tatsächlicher Verschiedenheiten nicht. Die Bestimmung verlangt nur, dass Gleiches, nicht auch, dass Ungleiches gleich behandelt werde. Es gilt das sog. relative Gleichheitsprinzip (GERWIG, Genossenschaftsrecht, S. 269 ff.; KUMMER, Die Gleichbehandlung der Genossenschafter gemäss Art. 854 OR , S. 28; BERNHEIMER, Die Gleichbehandlung der Genossenschafter gemäss Art. 854 OR , S. 21). Wenn die beklagten Genossenschaften neben Mitgliedern mit Grundeigentum auch sog. Sympathiemitglieder zulassen, die keine Genossenschaftsliegenschaft erwerben, so kann es daher nicht beanstandet werden, dass die ersteren anderen, erschwerten Austrittsbedingungen unterworfen werden. 6. Sind somit die streitigen Statutenbestimmungen BGE 89 II 138 S. 153 als zulässig zu erachten, so waren die von den Klägern in Missachtung derselben ausgesprochenen Kündigungen unwirksam. Das führt zur Abweisung ihrer Klagen. 7. Die Kläger haben sich zur Rechtfertigung ihrer Austrittserklärunrungen nicht auf das Bestehen wichtiger Gründe berufen. Sie haben lediglich bei der Erörterung der Frage nach dem Vorliegen einer übermässigen Austrittserschwerung beiläufig auf die angebliche Unzulänglichkeit der Heizung und Warmwasserversorgung hingewiesen. Da aber offenbar ihre Unzufriedenheit mit diesen Anlagen doch den tieferen Grund für ihren Entschluss zu den vorgenommenen Kündigungen bildete, ist es gleichwohl geboten, zu der Frage der Zulässigkeit eines Austritts aus wichtigen Gründen Stellung zu nehmen. Der Austritt aus wichtigem Grunde ist in Art. 843 Abs. 2 OR vorbehalten für den Fall, dass der Austritt durch die Statuten oder durch Vertrag auf höchstens 5 Jahre ausgeschlossen wurde, wie dies Art. 843 Abs. 1 OR zulässt. Diese Bestimmung beruht auf dem Gedanken, dass man sich von einer auf längere Sicht eingegangenen Bindung doch mit sofortiger Wirkung soll befreien können, wenn die Umstände das weitere Verbleiben im betreffenden Rechtsverhältnis unzumutbar machen. Man kann sich fragen, ob auch die hier vorgesehene Austrittserschwerung durch wichtige Gründe beseitigt werden könnte mit der Folge, dass den Klägern der Austritt aus der Genossenschaft möglich wäre, ohne ihre Liegenschaften verkaufen zu müssen. Wenn man dies grundsätzlich bejahen wollte, so wäre auf jeden Fall zu verlangen, dass Tatsachen nachgewiesen seien, angesichts deren dem Mitglied das weitere Verbleiben in der Genossenschaft unter gar keinen Umständen mehr zugemutet werden dürfte. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. In den Klageschriften der einzelnen Kläger findet sich nicht einmal eine Andeutung eines wichtigen Grundes. Es wurde lediglich gesagt, die Kläger hätten sich "aus verschiedenen Gründen" entschlossen, aus der Genossenschaft BGE 89 II 138 S. 154 auszutreten, und sie hätten sich deshalb bei einem Spezialisten für Genossenschaftsrecht erkundigt, ob ein solcher Austritt zulässig sei; auf Grund des ihnen erstatteten eindeutigen Gutachtens hätten sie darauf den Austritt erklärt. Erst in den Replikschriften wurde dann (in anderem Zusammenhang) erwähnt, "dass nicht nur durch die mangelhafte Heizungs- und Warmwasseranlage, sondern auch aus zahlreichen andern Gründen immer wieder Unannehmlichkeiten und Reibereien entstehen". Die Kläger verzichteten jedoch darauf, den Beweis zu erbringen, "dass die Heizung und Warmwasserversorgung immer wieder Unzulänglichkeiten aufwies und unverhältnismässig teuer zu stehen kam", weil sie "zu schwach ist, um alle Genossenschafter zu bedienen". Immerhin behielten sich die Kläger den Beweis für diese von den Beklagten bestrittenen Behauptungen vor, falls das Gericht wider Erwarten diese Frage als rechtlich erheblich ansehen sollte. Es ergibt sich demnach, dass die Kläger den Standpunkt, es liege ein wichtiger Grund für den Austritt vor, im kantonalen Verfahren überhaupt nie geltend gemacht haben, und dass ihre in dieser Hinsicht gemachten tatsächlichen Vorbringen nicht genügen würden, einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes darzutun. Infolgedessen kommt auch eine Rückweisung der Sache zur Abnahme der vorbehaltenen Beweise nicht in Betracht. 8. Selbst wenn übrigens die Gültigkeit der streitigen Statutenbestimmungen zu verneinen wäre, so müsste den Klägern die Berufung auf diese Ungültigkeit im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die konkreten Umstände wegen Rechtsmissbrauches gemäss Art. 2 ZGB versagt werden. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wussten die Kläger beim Kauf ihrer Liegenschaften, dass mit dem Eigentum an diesen die Mitgliedschaft bei der Genossenschaft verbunden sei und dass sie also die Liegenschaft nur erwerben konnten, wenn sie gleichzeitig der Genossenschaft beitraten. Es war ihnen auch bekannt, dass diese Mitgliedschaft mit bestimmten Lasten verbunden BGE 89 II 138 S. 155 war, nämlich mit der Pflicht zum Anschluss ihrer Liegenschaft an die zentrale Heizungs- und Warmwasseranlage und zur anteilmässigen Kostentragung für deren Betrieb und Unterhalt. Sie kannten endlich auch die Statutenbestimmung, wonach sie die Liegenschaft verkaufen mussten, um aus der Genossenschaft austreten zu können. Nur durch Übernahme all dieser Verpflichtungen konnten sie überhaupt Eigentümer ihrer Liegenschaften werden, die sie sich dank dem genossenschaftlichen Zusammenwirken bei der Erstellung zu vorteilhaften Bedingungen verschaffen konnten. Ihre Bestrebungen, die rechtsgültig mit dem Eigentum übernommenen Bezugs- und Kostentragungspflichten nachträglich unter Berufung auf die Ungültigkeit der statutarischen Austrittsordnung durch einfache Kündigung abzuschütteln, verstösst gegen Treu und Glauben und bedeutet überdies eine klare Verletzung der durch Art. 866 OR dem Genossenschafter auferlegten Treuepflicht gegenüber der Genossenschaft. Ob und inwieweit die Beschwerden der Kläger über Unzulänglichkeiten der Heizung und Warmwasserversorgung begründet seien, ist in diesem Zusammenhang belanglos. Soweit sie begründet sein sollten, standen den Klägern im Rahmen ihrer Mitgliedschaftsrechte andere Rechtsbehelfe zu Gebote, um die Behebung dieser Mängel zu bewirken. Die Beklagten haben sich denn auch im Prozess ausdrücklich bereit erklärt, allfällig nötige Verbesserungen vorzunehmen. Wenn die Kläger, statt so vorzugehen, die Ungültigkeit der statutarischen Austrittsordnung vorschoben, so bedeutete dies eine zweckwidrige und darum rechtsmissbräuchliche Ausnützung der Rechtslage. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 6. März 1962 wird aufgehoben und die Klagen werden abgewiesen.
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Urteilskopf 96 V 13 4. Arrêt du 30 janvier 1970 dans la cause Société vaudoise et romande de secours mutuels contre Gardian et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 1 Abs. 2, 6bis und 11 KUVG . - Natur der Beiträge. Der in den Art. 841 und 848 OR enthaltene Grundsatz, dass das Versicherungsrecht dem Genossenschaftsrecht vorgeht, ist in der sozialen Krankenversicherung analog anzuwenden. - Zuständige Stelle für den Ausschluss eines Mitgliedes, das mit der Beitragszahlung im Rückstand ist. Es ist nicht bundesrechtswidrig, wenn eine als Genossenschaft organisierte anerkannte Krankenkasse eine untergeordnete Stelle mit dem Ausschluss eines solchen Mitgliedes betraut. Art. 30 Abs. 1 KUVG : Weiterziehbare Verfügung. - Auch wenn das Gesetz verlangt, dass die Verfügung schriftlich eröffnet werde, bedarf sie nicht ausnahmslos der Unterschrift als Gültigkeitserfordernis. - Die Kasse, die mit Einwendungen ihres Versicherten rechnet, kann von vornherein formell verfügen.
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 96 V 13 S. 14 A.- Marie-Louise Gardian, née en 1906, domiciliée à Lausanne, était au début de 1968 membre de la Société vaudoise et romande de secours mutuels (SVRSM) depuis le 1er juin 1966. Elle était assurée pour les frais médicaux et pour une indemnité complémentaire en cas d'hospitalisation. Elle n'a pas payé ses cotisations de février et mars 1968 mais, ditelle, croyait à l'époque les avoir payées. Le 8 avril 1968, la SVRSM lui adressa un rappel de fr. 65.30, relatif aux cotisations de février et de mars, puis, le 30 avril 1968, une sommation d'avoir à payer cette somme - majorée de fr. 1.50 - dans les trente jours, faute de quoi elle serait "automatiquement exclue de la caisse pour la fin du trimestre en cours", conformément à l'art. 23 al. 3 des statuts. Le 6 avril 1968, l'assurée paya fr. 32.65; le 6 mai et le 4 juin 1968, de nouveau fr. 32.65. Le 11 juin 1968, soit avant que le paiement du 4 juin 1968 fût comptabilisé, la SVRSM notifia à Marie-Louise Gardian une décision selon laquelle l'assurée était radiée de la société et avait à payer fr. 97.95 à titre de cotisation arriérée et fr. 1.50 à titre de frais. Cette décision porte la signature du directeur, apposée au moyen d'une griffe. Elle n'a pas été attaquée, mais, le 1er juillet 1968, rectifiée dans ce sens que le montant à payer a été ramené à fr. 66.80, représentant les cotisations de février et mars 1968; sitôt ce montant payé, écrivit alors la caisse, la débitrice pourrait présenter une demande de réintégration. B.- Marie-Louise Gardian versa ces fr. 66.80 le 30 juillet 1968. Le 6 septembre 1968, elle remplit une demande de réintégration, assortie d'un questionnaire médical. Le 25 octobre 1968, la SVRSM lui écrivit qu'elle, candidate, aurait à passer à ses propres frais une visite médicale avant d'être intégrée. La requérante consulta alors l'avocat R. qui contesta que sa mandante eût cessé de faire partie de la caisse et réclama une décision en bonne et due forme. La SVRSM lui répondit le 4 novembre 1968, sans prendre de décision formelle. Là-dessus, le conseil de la requérante recourut, en demandant au Tribunal cantonal des assurances de dire que sa mandante était assurée auprès de la SVRSM, qu'elle n'avait jamais cessé de l'être et qu'en conséquence elle n'avait pas à subir un examen médical. BGE 96 V 13 S. 15 Le 8 juillet 1969, le Tribunal cantonal des assurances admit le recours, déclara nulle la décision de radiation du 11 juin 1968 et la "décision" soumettant la recourante à un examen médical, et condamna l'intimée à payer à la recourante fr. 250.-- à titre de dépens. Selon les premiers juges, la décision de radiation aurait dû être prise par l'assemblée générale ou par l'administration de la caisse, conformément à l'art. 846 al. 3 CO, la SVRSM étant une coopérative, et non par la direction. Il y aurait là une cause de nullité absolue, qui s'imposerait au juge même en l'absence de recours. Il se pourrait que l'absence de signature manuscrite entache aussi de nullité la décision de radiation. C.- La SVRSM recourut en temps utile contre le jugement cantonal. Elle allègue que l'art. 846 al. 3 CO ne lui est pas applicable; qu'une signature manuscrite n'est pas une condition de validité d'une décision de caisse; que la décision de radiation aurait été ratifiée par l'administration; que d'ailleurs le membre qui ne donne pas suite à une sommation d'acquitter une cotisation est exclu d'office en vertu des statuts; que, de toute façon, la décision du 11 juin 1968 est passée en force, en l'absence de recours déposé en temps utile. Elle conclut à l'annulation du jugement attaqué et au rétablissement du "status quo ante". L'avocat de l'intimée conclut au rejet du recours. L'Office fédéral des assurances sociales, dans son préavis, propose d'annuler le jugement et de renvoyer la cause au Tribunal des assurances du canton de Vaud, afin qu'il complète l'instruction et statue à nouveau. Erwägungen Considérant en droit: 1. La SVRSM est à la fois une société coopérative, au sens des art. 828 ss CO, et une caisse-maladie reconnue, au sens de l'art. 1er LAMA (art. 1 et 2 des statuts). Les cotisations des membres ont donc un double caractère: ce sont des prestations de sociétaire, selon l'art. 867 CO, et des primes d'assurance, selon l'art. 6bis LAMA. En fait, le caractère de prime d'assurance l'emporte de beaucoup; il suffit de renvoyer pour preuve à l'ampleur de la règlementation de la matière par la LAMA (art. 6bis précité) et par les ordonnances d'exécution (Ord. I art. 4; Ord. II art. 13; Ord. V art. 16 à 23 ; Ord. dép. 5). On se trouve ici en présence, sur le terrain des assurances sociales, BGE 96 V 13 S. 16 d'une situation analogue à celle que prévoit l'art. 841 CO pour les assurances privées: la qualité d'associé dépend de l'établissement d'un rapport d'assurance, et l'établissement de ce rapport est assujetti à la loi qui régit ce genre d'assurance. Dans les art. 841 et 848 CO, le législateur a tiré de cette situation spéciale la conclusion que la qualité d'associé s'acquiert lorsque l'organe compétent accepte la proposition d'assurance et que, sauf si les statuts en disposent autrement, elle s'éteint par la fin du contrat. Il n'y a pas de motif de ne point appliquer à l'assurance-maladie sociale ce principe de la primauté du droit des assurances sur le droit des sociétés. 2. a) En conséquence, il faut résoudre en premier lieu selon le droit des assurances la question de l'influence de la demeure dans le paiement des cotisations sur la qualité de membre d'une caisse-maladie. b) Or, la LAMA et les ordonnances d'exécution sont muettes sur ce point, et les lois concernant les autres assurances sociales ne sont pas toutes utiles. En effet, en matière d'AVS, d'AI, d'APG et d'assurance obligatoire contre les accidents, l'assurance est en principe obligatoire en vertu du droit fédéral luimême; il n'est donc pas pensable que le défaut de paiement des cotisations ou primes influe sur la qualité d'assuré (cf. art. 14 à 16 LAVS, 34 à 43 RAVS, 110 et 129 LAMA). En outre, le versement des primes incombe le plus souvent, non à l'assuré, mais à son employeur; la carence de celui-ci ne saurait porter préjudice à celui-là (ce qui est, dans une certaine mesure, également vrai dans l'assurance-maladie collective: art. 6 Ord. II). c) En revanche, dans les assurances sociales plus ou moins comparables à l'assurance-maladie et dans les assurances privées, la demeure du débiteur des cotisations ou primes provoque soit la suspension de l'assurance soit l'exclusion de l'assuré. La suspension résulte "ipso facto" du défaut de paiement, en assurance-chômage (cf. art. 24 al. 2 lit. a LAC), et des vaines sommations, en assurance privée (cf. art. 20 al. 3 LCA). L'exclusion doit être prononcée par la caisse, dans l'assurance-vieillesse et survivants facultative (cf. art. 2 al. 6 LAVS). Elle peut l'être en cas de contravention grave et réitérée, dans l'assurancechômage (cf. art. 17 al. 2 LAC). L'assureur a la faculté, à son choix, de se départir du contrat (donc exclure l'assuré dans le cas de l'art. 848 CO) ou d'en poursuivre l'exécution, dans l'assurance privée (cf. art. 21 LCA). BGE 96 V 13 S. 17 3. a) Aux termes des art. 21 al. 1er et 23 al. 1er des statuts de la recourante, les assurés acquittent d'avance une cotisation trimestrielle, fixée par le comité central, d'entente avec l'Office fédéral des assurances sociales, et ratifiée par l'assemblée des délégués. En exigeant que les primes soient payées d'avance, les statuts se conforment au principe général des assurances, du moins des assurances facultatives, suivant lequel le droit aux prestations est subordonné à la condition que les primes fixées aient été versées (cf. ATFA 1967 p. 120 consid. 2). Les caisses tolèrent en général des paiements mensuels alors même que leurs statuts parlent de paiements trimestriels. Cela doit être le cas en l'occurrence, puisque l'intimée s'est trouvée en retard dans le paiement non pas d'une cotisation trimestrielle mais de deux cotisations mensuelles. En vertu de l'art. 23 al. 2 à 4 des statuts, l'assuré est tenu d'acquitter sa cotisation à temps même s'il ne reçoit pas le bulletin de versement ad hoc; l'assuré en retard dans le paiement des cotisations reçoit un rappel, majoré des frais, payable dans les 15 jours; si cette sommation reste sans effet, elle est réitérée par lettre recommandée, contenant l'avis que l'assuré sera "automatiquement" exclu de la caisse pour la fin du trimestre en cours à défaut de règlement dans le délai d'un mois. Le principe de l'exclusion de l'assuré qui ne paie pas les primes ou cotisations est admis, on l'a vu, aussi bien dans l'assurance privée que dans l'assurance sociale non obligatoire. Il n'y a pas lieu d'introduire dans l'assurance-maladie une exception au dit principe. Quant aux modalités de cette exclusion, le mot "automatiquement" doit ici vouloir dire: "sans autres mesures préparatoires". En effet, selon l'art. 33 des statuts, il appartient aux organes de la caisse de prononcer la radiation de l'assuré qui, après les mises en demeure prévues, ne remplit pas ses obligations envers la caisse. En présence de cette prescription claire des statuts, on ne saurait prétendre que l'intimée ait pu se trouver exclue de la SVRSM du simple fait qu'elle n'a pas donné suite en temps utile aux sommations de l'art. 23 des statuts. b) L'art. 33 des statuts confie à l'administration centrale ou au comité central le soin de radier l'assuré en demeure. Le comité central (art. 44) est composé de neuf membres, élus par l'assemblée des délégués, soit par l'organe suprême de la caisse (art. 40); le directeur ou le directeur-adjoint en est le secrétaire, BGE 96 V 13 S. 18 avec voix consultative. L'art. 45 al. 3 énumère les attributions principales du comité central, parmi lesquelles il y a lieu de relever, sous lettre q: "En dernier ressort, admettre ou refuser les candidats; prononcer l'exclusion d'un membre, sous réserve de recours à l'assemblée des délégués." Au surplus, le comité central prend toutes les décisions que les statuts n'attribuent pas à d'autres organes (art. 45 al. 2). L'administration centrale est placée sous la responsabilité d'un directeur, d'un directeuradjoint et d'un sous-directeur, liés à la caisse par un contrat de travail (art. 47). La caisse est engagée valablement à l'égard des tiers par la signature collective à deux du président central ou de son remplaçant et d'un membre du bureau; sous sa responsabilité, le comité central peut déléguer la signature collective à deux au directeur, au directeur-adjoint, au sousdirecteur et à un chef de service (art. 56). c) La décision de radiation du 11 juin 1968 est établie sur une formule imprimée, qui n'indique pas de quel organe social elle émane. Elle est à l'en-tête de la SVRSM, porte la signature du directeur et mentionne qu'elle est attaquable dans les 30 jours devant le tribunal cantonal des assurances. La SVRSM a reconnu en première instance que la décision émanait de la direction et non de l'assemblée générale ou du comité central. Les premiers juges en ont conclu que la dite décision était entachée de nullité absolue, pour cause d'inobservation de l'art. 846 al. 3 CO. Aux termes de cette disposition légale, l'exclusion d'un membre de la coopérative est du ressort de l'assemblée générale; cependant les statuts peuvent disposer que l'administration est compétente, sous réserve de recours à l'assemblée générale; l'associé exclu a la faculté d'en appeler au juge dans le délai de trois mois. Par administration, il faut entendre ici l'organe de gestion prévu par les art. 894 à 905 CO, c'est-à-dire le comité central selon la terminologie de la SVRSM. Par juge, le juge civil désigné par le canton. d) Dans l'arrêt non publié Repond, du 29 décembre 1967, où il s'agissait d'une exclusion prononcée pour réticence grave dans la proposition d'assurance, le Tribunal fédéral des assurances a déclaré applicables aux caisses coopératives les alinéas 1 et 2 de l'art. 846 CO, après quoi il a ajouté: "Quant à l'art. 846 al. 3 CO, qui crée - lorsque la décision a été prise par l'administration - un droit de recours à l'assemblée générale, puis BGE 96 V 13 S. 19 au juge, il est remplacé de toute évidence en matière de caisses reconnues par les art. 30 à 30 ter LAMA." e) L'arrêt Repond tend, à juste titre (art. 1er al. 2 phrase 2 LAMA), à sauvegarder les règles de droit civil applicables à l'institution dont la caisse a adopté la forme, en l'occurrence la coopérative, tout en éliminant celles qui sont incompatibles avec l'assurance sociale (cf. art. 30 al. 5 LAMA). Toutefois, il ne dit pas et n'avait pas à dire s'il est compatible avec l'assurance sociale d'interdire aux caisses-maladie reconnues de confier à un organe subordonné (gérance ou direction selon l'art. 898 CO; administration centrale, selon la terminologie de la SVRSM) le droit de radier les membres en demeure dans le paiement de leurs cotisations, parce que l'art. 846 al. 3 CO ne permet de confier ce droit qu'à l'administration au sens de l'art. 894 CO, donc au comité central selon la terminologie de la SVRSM. Pour répondre à cette question, il faut voir que la radiation pour défaut de paiement de cotisations d'assurance est un cas très particulier d'exclusion. Non seulement les intérêts en jeu ici concernent davantage le rapport d'assurance que le lien de société, mais encore la sanction ne dépend pas en principe de l'appréciation d'éléments subjectifs, tels que d'une faute commise par l'assuré. De là la nécessité de permettre aux assureurs d'exclure selon une procédure simple et rapide les assurés en demeure. Le législateur y est parvenu, en ce qui concerne les sociétés coopératives pratiquant l'assurance privée, par le jeu combiné des art. 848 CO, 20 et 21 LCA (v. ci-dessus ch. 1 et ch. 2 lettre c), qui écarte purement et simplement l'application de l'art. 846 CO. Pour les mêmes motifs, il se justifie de libérer la procédure de radiation, en ce qui concerne les caisses-maladie reconnues, des servitudes de l'art. 846 al. 3 CO. A cela s'ajoute que certaines de ces caisses, par exemple la SVRSM, ont plus de cent mille assurés, de sorte que la surveillance des mauvais payeurs n'est possible que selon les procédés les plus modernes. Il serait fastidieux de devoir provoquer dans chaque cas où l'exclusion d'un assuré en demeure s'impose une décision de l'administration (au sens du CO), soit presque toujours d'un comité de non professionnels - domiciliés dans des localités différentes - qui n'est pas disponible en tout temps, et dont l'intervention ne se justifierait que s'il était en mesure de délibérer BGE 96 V 13 S. 20 en connaissance de cause sur chaque cas particulier, ce qui est impossible en l'occurrence. f) Les statuts de la SVRSM ne contiennent donc rien de contraire au droit fédéral, lorsqu'ils chargent la direction (au sens du CO), c'est-à-dire l'organe permanent de gestion, de radier les membres en demeure de payer des cotisations. Cette constatation n'est pas en contradiction avec l'arrêt du Tribunal fédéral cité par les premiers juges (Helvetia c. Strahm, du 6 avril 1954, RO 80 II 71 et JdT 1955 I 66), qui ne concernait apparemment pas une radiation pour défaut de paiement de cotisations mais une exclusion ordinaire, prononcée pour un autre motif ("wegen grober Statutenverletzungen"). En outre, il date d'une époque bien antérieure à la novelle de 1964, qui a réorganisé les voies de droit en matière d'assurance-maladie subventionnée. La teneur de l'art. 33 des statuts permet d'ailleurs aussi à l'administration (au sens du CO), donc au comité central, de statuer lorsque le besoin se fait sentir de lui soumettre un dossier. 4. La décision du 11 juin 1968 est revêtue, à titre de signature, de la griffe du directeur apposée au moyen d'un sceau. A ce propos, les premiers juges mettent en doute la validité de l'acte: parce que le directeur n'a pas la signature individuelle et parce qu'il n'a pas signé de sa main. Ces deux faits sont constants. a) En vertu de l'art. 30 al. 1er LAMA, lorsque l'assuré n'accepte pas une décision de la caisse, celle-ci doit la lui communiquer par écrit dans les trente jours, avec indication des motifs, des voies de recours et du délai de recours. Si l'assuré garde le silence après avoir reçu une décision non formelle de la caisse, au bout de combien de temps est-il censé l'accepter? Si la décision non formelle ne lui impartit pas un délai pour demander une décision formelle, sera-t-il en droit d'exiger cette dernière en tout temps? La question se poserait en l'espèce s'il fallait considérer la décision de radiation du 11 juin 1968 comme une première décision (non formelle), car l'assurée n'a manifesté son désaccord que le 29 octobre 1968, d'ailleurs après avoir présenté une demande de réintégration qui pourrait être considérée comme une acceptation implicite de la radiation. Mais, bien que la décision du 11 juin 1968 n'ait pas été précédée d'une première décision et d'un refus, on doit la traiter comme une décision formelle, puisqu'elle porte la mention de la voie BGE 96 V 13 S. 21 et du délai de recours. L'art. 30 al. 1er LAMA ne s'oppose pas à ce qu'une caisse présume l'opposition de son assuré et conçoive d'emblée sa décision comme une décision formelle. b) L'art. 30 al. 1er LAMA met une seule condition indispensable de forme à la validité d'une telle décision: qu'elle soit communiquée par écrit. Le défaut de motifs ou l'absence de l'indication des voies de droit ne rendent pas la décision absolument nulle (cf. ATFA 1968 p. 175). Dans l'arrêt Kippel, du 1er mai 1939 (v. ATFA 1939 p. 33), concernant l'assurance militaire, le Tribunal fédéral des assurances a jugé qu'on ne saurait soumettre une décision administrative à des conditions de forme non prévues par la loi ou l'usage, qu'en prescrivant une communication par écrit la loi n'ordonnait pas implicitement qu'une telle communication soit signée, que divers autorités administratives, lorsqu'il s'agit de rendre un grand nombre de décisions dont le contenu ne varie que peu par rapport à chaque intéressé, utilisent des formules imprimées, sans signature du fonctionnaire compétent, et que, même là où l'on considère comme indispensable la signature d'un acte administratif, on se contente souvent d'un procédé mécanique. Il n'y a aucun motif pour ne pas maintenir cette solution, du moins en ce qui concerne les décisions qu'une administration ou un organisme assimilé (caisse-maladie en sa qualité d'autorité revêtue d'un pouvoir de décision) doivent prendre en masse, comme précisément les radiations des mauvais payeurs. A ce stade-là de la procédure, il importe de permettre à l'autorité d'user de méthodes modernes, simples, rapides et économiques. Il suffit que la procédure judiciaire utilise ensuite, en cas de recours, des méthodes plus formalistes. Quant à la doctrine citée par les premiers juges, elle ne concerne pas le genre de décisions dont il s'agit ici. Les auteurs qui s'occupent en des termes précis de la question en général se bornent à postuler la nécessité d'une signature pour un acte administratif communiqué par écrit, sans cependant pouvoir appuyer leur opinion sur une jurisprudence unanime et pertinente (cf. Giacometti, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, 3e éd., p. 85 s.; Imboden, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3e éd., tome I, no 326 III c, tome II, no 615 III d, no 626 III). La décision attaquée serait donc valable même si elle n'était pas signée. BGE 96 V 13 S. 22 c) Il est dès lors superflu d'examiner la conséquence du défaut d'une seconde signature sur la décision en cause, alors que l'art. 56 des statuts ne connaît que la signature collective à deux, mais pour engager la caisse à l'égard des tiers. A ce propos, il suffit de relever que la signature ne sert ici qu'à identifier l'auteur de la décision prise par la caisse, mais non pas à engager cette dernière dans ce sens prévu par l'art. 56 des statuts. D'ailleurs, aucun des auteurs précités ne conteste la validité en général, dans le droit administratif, d'une signature apposée par un moyen mécanique. En effet, la seule disposition légale qui puisse être applicable ici, par analogie, est l'art. 14 al. 2 CO, aux termes duquel la signature qui procède de quelque moyen mécanique est tenue pour suffisante "dans les affaires où elle est admise par l'usage". 5. Quant au moyen de fond qu'oppose l'intimée à la recourante, il consiste à se prévaloir d'une erreur dont l'assurance répondrait: un employé de la caisse aurait dit à l'assurée en février 1968 qu'elle n'avait rien à payer jusqu'au 31 mars 1968 et qu'elle recevrait ensuite un nouveau bordereau de cotisation. La juridiction cantonale n'a pu vérifier cette allégation, car l'employé mis en cause séjournait à l'étranger. Aussi bien n'était-il pas nécessaire d'élucider le fait, puisque l'assurée a reçu un rappel expédié le 8 avril 1968 et une sommation expédiée le 30 avril 1968, dont il ressortait à l'évidence que la caisse-maladie considérait que les cotisations de février et de mars n'étaient pas payées. En se renseignant tardivement sur l'état réel de son compte et en s'abstenant de payer dans les délais les cotisations réclamées, l'assurée s'est exposée sciemment à la mesure de radiation qui l'a frappée. Au sujet des paiements de l'intimée, il faut encore relever que celui qui est intervenu dans le dernier délai, soit fr. 32.65 le 6 mai 1968, ne concernait pas les mensualités de février et de mars et qu'il aurait d'ailleurs été incomplet si l'on avait voulu l'imputer sur le compte litigieux. Au demeurant, l'assurée n'a pas recouru dans les 30 jours contre la décision de radiation du 11 juin 1968, qui était passée en force lorsqu'a été déposé le recours du 26 novembre 1968. 6. Vu les circonstances, la lettre du 4 novembre 1968 de la SVRSM, où la caisse refuse de revenir sur sa décision de subordonner la réintégration de la requérante à un examen médical, doit être considérée comme une décision formelle, au BGE 96 V 13 S. 23 sens de l'art. 30 al. 1er LAMA. Le recours du 26 novembre 1968 est recevable, dans la mesure où il s'en prend à cette décision. Rien, ni dans la loi ni dans les statuts, ne différencie une réintégration d'une admission. Il n'y a pas là une lacune que le juge devrait combler. L'art. 17 des statuts est donc applicable, qui autorise la caisse à exiger du candidat qu'il se soumette à un examen médical. Mais en vertu du même article 17, les frais de l'examen sont à la charge de la caisse, et non du candidat, sauf dans une hypothèse particulière qui n'est pas réalisée en l'espèce. Cette erreur de la caisse, qui a pu jouer un rôle - à vrai dire minime - dans la décision de la requérante de recourir, justifie qu'on alloue à l'intimée une participation symbolique à ses frais d'avocat. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: I. Le recours est admis. II. Le jugement attaqué est réformé, dans ce sens que: a) la validité de la décision de radiation du 11 juin 1968 est reconnue; b) la décision des 25 octobre et 4 novembre 1968, par laquelle la SVRSM subordonne à un examen médical la réintégration de Marie-Louise Gardian, est confirmée; c) la condamnation de la caisse-maladie à 250 francs de dépens est levée. III. La décision des 25 octobre et 4 novembre 1968 est modifiée d'office, dans ce sens que l'examen médical aura lieu aux frais de la caisse-maladie et non aux frais de la candidate à la réintégration. IV. La caisse-maladie recourante versera à l'intimée 50 francs, à titre de participation aux dépens de cette dernière dans les deux instances.
null
nan
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Federation
bcedc6b0-cd8d-4f17-99f6-a45177d2059d
Urteilskopf 140 I 394 31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Walker gegen Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_59/2012 / 1C_61/2012 vom 26. September 2014
Regeste a Art. 34 Abs. 1 und 2 sowie Art. 51 Abs. 2 BV ; Befugnis des Bundesgerichts zur Überprüfung von kantonalen Verfassungsbestimmungen im Anwendungsfall. Das aus Art. 34 BV fliessende Prinzip der Wahlrechtsgleichheit ist seit der Gewährleistung der Verfassung des Kantons Appenzell A.Rh. durch die Bundesversammlung im Jahr 1996 weiterentwickelt worden. Dieser Entwicklung gilt es Rechnung zu tragen, weshalb das Bundesgericht auf eine die Wahl des Kantonsrats Appenzell A.Rh. 2011 betreffende Beschwerde hin prüft, ob das in den Grundzügen in der Kantonsverfassung geregelte Wahlverfahren mit der Wahlrechtsgleichheit zu vereinbaren ist (E. 9). Regeste b Art. 34 Abs. 1 und 2 BV ; Wahl eines kantonalen Parlaments in einem gemischten Wahlverfahren, welches Elemente sowohl des Majorz- als auch des Proporzprinzips enthält. Im Hinblick auf die aus Art. 34 BV fliessende Wahlrechtsgleichheit erweist sich das Majorzprinzip für kantonale Parlamentswahlen als nicht optimal. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Majorzverfahren für kantonale Parlamentswahlen mit der Bundesverfassung generell unvereinbar wäre. Je nach den konkreten Umständen können die Vorteile des Majorzprinzips grösser sein als die mit seiner Anwendung verbundenen Nachteile (E. 8 und 10). Auch ein gemischtes Wahlsystem, welches Elemente sowohl des Majorz- als auch des Proporzprinzips enthält, ist unter bestimmten Voraussetzungen mit der Bundesverfassung vereinbar (E. 11).
Sachverhalt ab Seite 396 BGE 140 I 394 S. 396 Im Kanton Appenzell A.Rh. wurde die Gesamterneuerungswahl des Kantonsrats auf den 3. April 2011 (1. Wahlgang) und den 15. Mai 2011 (2. Wahlgang) angesetzt. Am 15. März 2011 erhob Tim Walker Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. mit dem Antrag, die Kantonsratswahlen seien zu verschieben, eventualiter sei deren Resultat aufzuheben. Er brachte vor, die Wahlkreise seien - ausser jener von Herisau - unrechtmässig klein. Dadurch, dass in 19 von 20 Wahlkreisen maximal 6 Personen pro Wahlkreis wählbar seien und zudem in diesen 19 Gemeinden durchwegs das Majorzwahlverfahren zur Anwendung gelange, werde das Wahlresultat in bundesverfassungswidriger Art und Weise massiv verfälscht. Der Regierungsrat wies die Beschwerde mit Entscheid vom 22. März 2011 ab. Eine von Tim Walker dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht Appenzell A.Rh. am 31. August 2011 ab, soweit es darauf eintrat. Mit Eingabe vom 27. Januar 2012 hat Tim Walker Beschwerde ans Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des Obergerichtsurteils und des Entscheids des Regierungsrats vom 22. März 2011. Weiter verlangt er, das Resultat der Kantonsratswahl 2011 sei aufzuheben und in Nachachtung von Art. 34 Abs. 2 BV zu wiederholen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. 6.1 Beim Majorz- oder Mehrheitswahlverfahren fallen die zu vergebenden Parlamentssitze den Personen mit der grössten Stimmenzahl zu. Pro Wahlkreis können ein Mandat oder mehrere Mandate BGE 140 I 394 S. 397 vergeben werden. Je nach Ausgestaltung der Wahlordnung ist für eine Wahl das absolute Mehr (mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen) oder das relative Mehr (Erreichen der höchsten Stimmenzahlen) erforderlich. Wird das absolute Mehr verlangt und dieses im ersten Wahlgang nicht für alle Mandate erreicht, so genügt im zweiten Wahlgang in der Regel das relative Mehr (ANDREAS KLEY, in: Staatsrecht, Biaggini/Gächter/Kiener [Hrsg.], 2011, S. 339; HÄFELIN/ HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. Aufl. 2012, S. 478 Rz. 1464). 6.2 Im Unterschied dazu werden beim Proporz- oder Verhältniswahlsystem die Parlamentssitze auf verschiedene Parteien und Gruppierungen im Verhältnis ihres Wähleranteils verteilt. Die Wählerinnen und Wähler geben ihre Stimme einer Liste, auf der die Namen mehrerer Kandidaten stehen. Danach werden die Mandate proportional zur Stärke der an der Wahl beteiligten Parteien und Gruppierungen verteilt. Diese Verteilung kann nach unterschiedlichen Verfahren erfolgen (vgl. KLEY, a.a.O., S. 339 ff.). Hinter dem Proporzgedanken steht die Vorstellung, dass verschiedene in einem Gemeinwesen bestehende politische Gruppierungen nach dem Verhältnis ihrer Stärke im Parlament vertreten sein sollen. 6.3 Majorz und Proporz sind idealtypische Wahlsysteme. Wie rein sie verwirklicht sind und sich entfalten können, hängt ab von der konkreten Wahlordnung und von der Praxis der Parteien (YVO HANGARTNER, Die Wahl kantonaler Parlamente nach dem Majorzsystem, ZBl 106/2005 S. 218). Das anwendbare Recht kann ein gemischtes Wahlsystem vorsehen, welches Elemente sowohl des Majorz- als auch des Proporzprinzips enthält. Denkbar ist beispielsweise, dass in den Wahlkreisen jeweils ein Sitz nach dem Majorzprinzip vergeben wird, während allfällige weitere Sitze proportional verteilt werden. Von einem gemischten Wahlsystem wird auch gesprochen, wenn in einigen Wahlkreisen das Proporzwahlverfahren angewandt wird, während in anderen Wahlkreisen des gleichen Gemeinwesens das Majorzprinzip zum Zug kommt (PIERRE GARRONE, L'élection populaire en Suisse, 1991, S. 108 ff.). Prominentes Beispiel eines gemischten Wahlsystems ist die sog. personalisierte Verhältniswahl, welche nach dem deutschen Bundeswahlgesetz für die Wahl des Bundestages zur Anwendung kommt. Danach verfügt jede Wählerin und jeder Wähler über eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wird in jedem Wahlkreis ein Abgeordneter gewählt. Auf diese Weise wird die Hälfte der Sitze in Form BGE 140 I 394 S. 398 von Direktmandaten nach dem Mehrheitswahlverfahren abgegeben: Wer im Wahlkreis die meisten Stimmen erhält, ist gewählt. Mit der zweiten Stimme entscheiden sich die Wählenden für die Landesliste einer Partei. Die Gesamtheit der Sitze wird nach dem Parteienverhältnis gemäss den bundesweit erreichten Zweitstimmen verteilt. Dieser "Bundesproporz" ist für die Grösse der Vertretung der Parteien im Bundestag massgebend. Erringt eine Partei mit den Erststimmen mehr Sitze als ihr nach dem Bundesproporz zustehen, so verbleibt sie dennoch in deren Besitz (sog. Überhangsmandate), wodurch sich die gesetzliche Mitgliederzahl des Bundestags erhöht (HÄFELIN/HALLER/ KELLER, a.a.O., S. 478 f. Rz. 1465a). Aber auch wenn eine Wahlordnung ausdrücklich das Proporz- oder Majorzprinzip für anwendbar erklärt, kann die konkrete Wahlordnung systemfremde Effekte hervorrufen. Namentlich beeinflussen die Zahl der Mandate und die Einteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise den Majorz- bzw. Proporzeffekt erheblich. Beispielsweise kommt der Proporzeffekt dann nicht richtig zum Tragen, wenn in einem Wahlkreis, in dem formell das Proporzprinzip gilt, nur sehr wenige Sitze zu vergeben sind ( BGE 131 I 74 E. 3.3 S. 80; HANGARTNER, a.a.O., S. 218 sowie 225 f.; KLEY, a.a.O., S. 339; THOMAS POLEDNA, Wahlrechtsgrundsätze und kantonale Parlamentswahlen, 1988, S. 130 f.). 6.4 In der weit überwiegenden Mehrheit der Kantone werden die Parlamente nach dem Proporzwahlverfahren besetzt. Einzig die Kantone Graubünden und Appenzell I.Rh. wenden für die Wahl der Mitglieder ihrer Parlamente ein reines Majorzverfahren an. Einige Kantone haben ein Mischverfahren (so namentlich Appenzell A.Rh., wo die Gemeinden das Proporzverfahren einführen können, und Uri, wo das Proporzsystem nur gilt, wenn drei oder mehr Landräte in einer Gemeinde zu wählen sind). Die weite Verbreitung des Proporzwahlverfahrens für Parlamentswahlen in den Kantonen ist im Zusammenhang zu sehen mit der vorherrschenden Überzeugung, dass das Parlament die Stimmbevölkerung in dem Sinne repräsentieren soll, dass die verschiedenen Meinungen und Interessen der Wähler abgebildet werden (ALFRED KÖLZ, Probleme des kantonalen Wahlrechts, ZBl 88/1987 S. 37). 7. 7.1 Nach herrschender Lehre können die Kantone frei entscheiden, ob sie ihr Parlament nach dem Proporz- oder dem Majorzprinzip wählen (HANGARTNER/KLEY, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2000, S. 578 Rz. 1418 ff.; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Bundesstaatsrecht der Schweiz, BGE 140 I 394 S. 399 Bd. I, 1967, S. 231 Rz. 571; HÄFELIN/HALLER/KELLER, a.a.O., S. 435 Rz. 1380a; GARRONE, a.a.O., S. 38 f.; POLEDNA, a.a.O., S. 135; VINCENT MARTENET, L'autonomie constitutionnelle des cantons, 1999, S. 359 ff.). Die Wahl von Kantonsparlamenten nach dem Majorzsystem wird in der Literatur jedoch verschiedentlich kritisiert (KÖLZ, a.a.O., S. 37; PIERRE TSCHANNEN, Stimmrecht und politische Verständigung [nachfolgend.: Stimmrecht], 1965, S. 500 Rz. 751; derselbe , Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft [nachfolgend: Staatsrecht],3. Aufl. 2011, S. 685 Rz. 56a; ANDREAS AUER, Die neue Verfassung des Kantons Graubünden im Rechtsvergleich, in: Kommentar zur Verfassung des Kantons Graubünden, Bänziger/Mengiardi/Toller & Partner [Hrsg.], 2006, S. 9 f. Rz. 21 ff.;ANDREA TÖNDURY, Bundesstaatliche Einheit und kantonale Demokratie, 2004, S. 258 ff.; derselbe , Die "Proporzinitiative 2014" im Kanton Graubünden, Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung in Graubünden [ZGRG]2012 S. 68 ff.; BUNDI CALDELARI/RATHGEB, Kritische Bemerkungen zur Gewährleistung der Bündner Kantonsverfassung, ZGRG 2004 S. 92 ff.). Die Kritik berücksichtigt, dass das Mehrheitswahlverfahren nicht grundsätzlich als undemokratisch bezeichnet werden kann. Sie hält das Majorzverfahren jedoch für verfassungswidrig, weil die Stimmen der Wählenden, die in der Minderheit sind, bei der Mandatsverteilung nicht berücksichtigt werden, was sowohl die Wahlrechtsgleichheit als auch die Wahlfreiheit beeinträchtige. 7.2 In der Botschaft vom 5. März 2004 zur Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden (BBl 2004 1107 ff.) berücksichtigte der Bundesrat die in der Lehre geäusserte Kritik am Majorzwahlsystem bei kantonalen Parlamentswahlen. Das Mehrheitswahlverfahren führe zu einer Nichtberücksichtigung sehr grosser Teile der Wählerschaft und zu einer schlechten Verwirklichung des Repräsentationsgedankens, obwohl Letzterer gerade für die Wahl des Parlaments oberste Richtlinie sein sollte. Nach PIERRE TSCHANNEN (Stimmrecht, a.a.O., S. 500 Rz. 751) sollte in die Verfassungsauslegung einfliessen, dass sich der Proporz längst als landesweiter Demokratiestandard etabliert habe und nach allgemeiner Auffassung nunmehr darstelle, was die verfassungsrechtlich gebotenen republikanischen Formen vom kantonalen Wahlrecht forderten. Zusammenfassend hielt der Bundesrat in der genannten Botschaft fest, dass die Festlegung des Majorzsystems für kantonale Wahlen zwar als bundesrechtlich zulässig erachtet, in der Literatur aber auch kritisiert wird, und in BGE 140 I 394 S. 400 dieser Frage vereinzelt auch eine Praxisänderung verlangt wird. Insofern sei die Verfassungsmässigkeit des Majorzsystems für Parlamentswahlen als rechtlich zweifelhaft einzustufen. Bisher sei kantonalen Verfassungsbestimmungen, die das Mehrheitsverfahren für Parlamentswahlen vorsahen, immer vorbehaltlos die Gewährleistung erteilt worden. Eine Änderung dieser Praxis sollte aus Gründen von Treu und Glauben nicht ohne Ankündigung erfolgen. Vor diesem Hintergrund schlug er vor, die Gewährleistung für Art. 27 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Graubünden zu erteilen. Art. 51 Abs. 1 BV , der von den Kantonen eine demokratische Verfassung verlange, sei damit eingehalten. 7.3 Die erwähnten Ausführungen des Bundesrats stiessen auf den deutlichen Widerspruch der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, die in einem Bericht vom 24. Mai 2004 die Verfassungsmässigkeit von Majorzwahlen bejahte (BBl 2004 3635 ff.). Sie führt darin aus, das Majorzwahlsystem sei nicht "undemokratisch" im Sinne von Art. 51 Abs. 1 BV . Dieses Wahlsystem finde nicht nur weltweit in zahlreichen unbestritten als "demokratisch" geltenden Staaten, sondern auch in der Schweiz auf Bundesebene Anwendung ( Art. 47- 51 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte [BPR; SR 161.1] ). Die Mitglieder des Ständerats würden in allen Kantonen mit einer Ausnahme nach dem Majorzsystem gewählt. In den Kantonen und Gemeinden werde das Majorzsystem traditionsgemäss vor allem in kleineren, ländlich geprägten Gebieten angewendet, wo die Kandidierenden in der Regel den meisten Wahlberechtigten persönlich bekannt seien. Die Persönlichkeit der Kandidierenden stehe bei diesen Wahlen im Vordergrund; ihre Parteizugehörigkeit spiele keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Das Majorzwahlsystem werde vor allem auch dort angewendet, wo die zahlenmässig beschränkte Bevölkerung eines kleineren Gebiets mit ausgeprägter eigener Identität Anspruch auf Repräsentation im übergeordneten Rahmen und damit Anspruch auf einen eigenen Wahlkreis erhebe - wie z.B. im Kanton Graubünden mit seinen Talschaften. Das Proporzwahlsystem habe demgegenüber unter den Bedingungen des schweizerischen politischen Systems dort seine Vorteile, wo eine grössere Bevölkerungszahl eine grössere Zahl von Repräsentantinnen und Repräsentanten in ein Parlament abordnen könne. Das Proporzwahlsystem sei hier besser geeignet, um das möglichst gleiche Gewicht der Stimmkraft jedes Wahlberechtigten und damit eine repräsentative Zusammensetzung des Parlaments zu gewährleisten. Die BGE 140 I 394 S. 401 Abwägung, ob in einem konkreten Anwendungsfall die Vorteile des einen oder des anderen Wahlsystems grösser seien, sei nicht immer einfach, wie die entsprechenden heftigen Auseinandersetzungen im Kanton Graubünden zeigten. Diese Abwägung müsse aber durch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger selbst vorgenommen werden können. Würde der Bund, sei es auf dem Wege über die Gewährleistung der Kantonsverfassung oder bei der Beurteilung von Stimmrechtsbeschwerden, das Proporzwahlsystem als allein zulässiges Wahlsystem erklären, so wäre dies ein schwerwiegender Eingriff in die kantonale Organisationsautonomie. Damit würde bestimmten Kantonen aufgezwungen, den Parteien eine viel grössere Bedeutung als bisher zu geben, oder bevölkerungsmässig schwächere Gemeinden und Talschaften ihrer eigenen Wahlkreise und damit ihrer Vertretung im kantonalen Parlament zu berauben. 7.4 Aus den Protokollen der parlamentarischen Beratungen zur Gewährleistung der Bündner Kantonsverfassung folgt eine mehrheitliche Zustimmung der Bundesversammlung zu den Ausführungen der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (AB 2004 S 260 ff.; AB 2004 N 1057 ff.). 8. Die Kantone sind in der Ausgestaltung ihres politischen Systems und des Wahlverfahrens weitgehend frei. Art. 39 Abs. 1 BV hält fest, dass die Kantone - entsprechend ihrer Organisationsautonomie - die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten regeln. Diese Zuständigkeit wird nach den Mindestanforderungen gemäss Art. 51 Abs. 1 BV sowie im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Garantie von Art. 34 BV ausgeübt ( BGE 136 I 352 E. 2 S. 354, BGE 136 I 376 E. 4.1 S. 378). 8.1 Nach Art. 51 Abs. 1 BV gibt sich jeder Kanton eine demokratische Verfassung. Diese bedarf der Zustimmung des Volkes und muss revidiert werden können, wenn die Mehrheit der Stimmberechtigten es verlangt. Dazu gehört, dass die kantonalen Verfassungen ein vom Volk direkt gewähltes Parlament vorsehen und den Grundsatz der Gewaltenteilung beachten (Botschaft vom 20. November 1997 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1, 218 zu Art. 42). Ein bestimmtes Wahlsystem für die Wahl der Kantonsparlamente schreibt Art. 51 Abs. 1 BV nicht vor (a.M. TSCHANNEN, Stimmrecht, a.a.O., S. 500 Rz. 751). Die Kantone sind grundsätzlich - d.h. im Rahmen der übrigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen - frei, über die Modalitäten der demokratischen Mitwirkung zu bestimmen BGE 140 I 394 S. 402 ( BGE 136 I 376 E. 4.1 S. 379 mit Hinweis). Sie nehmen mit der Ausgestaltung eine bewusste Wahl vor, die für den demokratischen Prozess von grundlegender Bedeutung ist, und tragen sowohl für Vor- als auch für Nachteile ihre eigene Verantwortung (vgl. BGE 121 I 138 E. 5b S. 145; in diesem Sinne: Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerats zur Gewährleistung der Kantonsverfassung Graubünden, a.a.O., S. 3638). 8.2 Eine bedeutsame Schranke bei der Ausgestaltung des Verfahrens für die Wahl der kantonalen Parlamente bildet allerdings Art. 34 BV . Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet die politischen Rechte (auf Bundes- sowie Kantons- und Gemeindeebene) in abstrakter Weise und ordnet die wesentlichen Grundzüge der demokratischen Partizipation im Allgemeinen. Der Gewährleistung kommt Grundsatzcharakter zu. Sie weist Bezüge auf zur Rechtsgleichheit ( Art. 8 BV ) sowie zur Rechtsweggarantie ( Art. 29a BV ). Der konkrete Gehalt der politischen Rechte mit ihren mannigfachen Teilgehalten ergibt sich nicht aus der Bundesverfassung, sondern in erster Linie aus dem spezifischen Organisationsrecht des Bundes bzw. der Kantone ( BGE 136 I 352 E. 2 S. 354 f., BGE 135 I 376 E. 4.1 S. 379). Die in Art. 34 Abs. 2 BV verankerte Wahl- und Abstimmungsfreiheit gibt den Stimmberechtigten Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Es soll garantiert werden, dass jeder Stimmberechtigte seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und entsprechend mit seiner Stimme zum Ausdruck bringen kann. Die Wahl- und Abstimmungsfreiheit gewährleistet die für den demokratischen Prozess und die Legitimität direktdemokratischer Entscheidungen erforderliche Offenheit der Auseinandersetzung ( BGE 139 I 195 E. 2 S. 201 f.; BGE 136 I 352 E. 2 S. 355; BGE 135 I 19 E. 2.1 S. 21, BGE 135 I 292 E. 2 S. 293 f.; BGE 129 I 185 E. 7.2 S. 199; je mit Hinweisen). 8.3 Bestandteil von Art. 34 BV bildet die Wahlrechtsgleichheit (vgl. BGE 131 I 74 E. 3.1 S. 78 f.; BGE 129 I 185 E. 7.2 f. S. 199 f.), welche sich in drei Teilgehalte unterteilen lässt. Die Zählwertgleichheit bedeutet, dass alle Stimmen formell gleich behandelt werden. Alle Wähler desselben Wahlkreises verfügen über die gleiche Anzahl von Stimmen, haben die gleichen Möglichkeiten zur Stimmabgabe und alle gültig abgegebenen Stimmen werden bei der Auszählung gleich berücksichtigt. Differenzierungen des Stimmgewichts sind unzulässig. Die Stimmkraft- oder Stimmgewichtsgleichheit garantiert jedem BGE 140 I 394 S. 403 Wähler, dass seine Stimme nicht nur gezählt, sondern gleich wie alle anderen Stimmen verwertet wird. Das Verhältnis zwischen der repräsentierten Bevölkerung und der zugeteilten Sitzzahl soll in den einzelnen Wahlkreisen möglichst gleich sein. Die Zuweisung der Sitze an die Wahlkreise darf sich nur an der Bevölkerungsgrösse messen. Die Erfolgswertgleichheit soll schliesslich sicherstellen, dass allen Stimmen derselbe Erfolg zukommt, d.h. dass sie materiell und in gleicher Weise zum Wahlergebnis beitragen und bei der Mandatsverteilung berücksichtigt werden. Die Erfolgswertgleichheit hat wahlkreisübergreifenden Charakter, denn sie bedingt auch eine innerhalb des gesamten Wahlgebiets gleiche Verwirklichung des Erfolgswerts (vgl. zum Ganzen BGE 131 I 74 E. 3.1 S. 78 f.; BGE 129 I 185 E. 7.3 S. 199 f.; HANGARTNER, a.a.O., S. 225; ANDREA TÖNDURY, Der ewige K(r)ampf mit den Wahlkreisen [nachfolgend: Wahlkreise], in: Direkte Demokratie, Festschrift für Andreas Auer, Good/Platipodis [Hrsg.], 2013, S. 52 f.; KÖLZ, a.a.O., S. 9 f.; POLEDNA, a.a.O., S. 26 ff., 50 ff.). Dem Grundsatz der Zählwertgleichheit kommt absoluter Charakter zu. Dagegen lässt die bundesgerichtliche Rechtsprechung bis zu einem gewissen Grad sachlich gerechtfertigte Einschränkungen der Stimmkrafts- und der Erfolgswertgleichheit zu. Wegen des hohen Stellenwertes der betroffenen politischen Rechte sind solche Einschränkungen allerdings nur mit grösster Zurückhaltung anzuerkennen ( BGE 125 I 21 E. 3d/ dd S. 33). 9. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lassen sich schon die in Art. 71 der Verfassung des Kantons Appenzell A.Rh. vom 30. April 1995 (KV/AR; SR 131.224.1) geregelten Grundsätze des Verfahrens zur Wahl des Kantonsrats nicht mit Art. 34 BV vereinbaren. Es stellt sich die Frage, ob das Bundesgericht im vorliegenden Verfahren Art. 71 KV/AR daraufhin zu überprüfen hat, ob er mit Art. 34 BV im Einklang steht. 9.1 Gemäss ständiger Rechtsprechung sieht das Bundesgericht in Anbetracht von deren Gewährleistung durch die Bundesversammlung (vgl. Art. 51 Abs. 2 BV ) nicht nur von einer abstrakten Normenkontrolle, sondern grundsätzlich auch von einer inzidenten Kontrolle von Bestimmungen von Kantonsverfassungen ab ( BGE 138 I 378 E. 5.2 S. 383 f. mit Hinweisen). Ob an dieser von der Lehre zum Teil stark kritisierten Rechtsprechung festgehalten werden kann oder ob die bundesgerichtliche Praxis aufgegeben oder gelockert werden müsste, liess das Bundesgericht zuletzt ausdrücklich offen ( BGE 138 I 378 E. 5.3 S. 384). Jedenfalls überprüft es im Anwendungsfall Bestimmungen BGE 140 I 394 S. 404 einer Kantonsverfassung, wenn das übergeordnete Recht im Zeitpunkt der Gewährleistung noch nicht in Kraft war oder sich seither in einer Weise weiterentwickelt hat, der es Rechnung zu tragen gilt ( BGE 131 I 126 E. 3.1 S. 130 mit Hinweisen; Urteile 1C_407/2011 [und konnexe] vom 19. März 2012 E. 3 mit Hinweisen, in: ZBl 113/2012 S. 450, sowie 1P.339/2006 vom 3. November 2006 E. 2.4). 9.2 Am 18. Dezember 2002 hat das Bundesgericht festgestellt, dass die Wahlkreiseinteilung für die Wahl des Gemeinderats der Stadt Zürich mit der Wahlrechtsgleichheit nicht vereinbar ist ( BGE 129 I 185 ). Seither hatte das Bundesgericht in mehreren Entscheiden darüber zu befinden, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang bei kantonalen Parlamentswahlen Einschränkungen der Stimmkrafts- und der Erfolgswertgleichheit zulässig sind ( BGE 140 I 107 ; BGE 136 I 352 , 364, 376; BGE 131 I 74 , 85; Urteil 1C_407/2011 [und konnexe] vom 19. März 2012). Bei der aus Art. 34 BV fliessenden Wahlrechtsgleichheit handelt es sich somit um ein übergeordnetes Verfassungsprinzip, welches in den letzten Jahren weiterentwickelt worden ist ( BGE 140 I 107 E. 4.1 S. 110 f.). Zwar hat sich das Bundesgericht in den genannten Entscheiden mit der Rechtmässigkeit von Verfahren für Parlamentswahlen beschäftigt, für die grundsätzlich das Prinzip des Proporzes galt, während der Beschwerdeführer vorliegend die Verfassungsmässigkeit eines gemischten Wahlsystems in Frage stellt, welches Elemente sowohl des Majorz- als auch des Proporzprinzips enthält. Art. 34 BV unterscheidet allerdings nicht zwischen Proporzwahlen, Majorzwahlen und Mischsystemen. Wahlverfahren haben dem Prinzip der Wahlrechtsgleichheit zu genügen, gleich ob es sich um eine Proporzwahl, eine Majorzwahl oder ein Mischsystem handelt. 9.3 Als Teil der totalrevidierten Kantonsverfassung wurde Art. 71 KV/AR von der Bundesversammlung am 16. September 1996 gewährleistet (BBl 1996 IV 866). Der seither erfolgten Weiterentwicklung des Prinzips der Wahlrechtsgleichheit gilt es vorliegend Rechnung zu tragen. Somit ist nachfolgend zu prüfen, ob das in den Grundzügen in Art. 71 KV/AR und im Detail in Art. 46 des Gesetzes des Kantons Appenzell A.Rh. vom 24. April 1988 über die politischen Rechte (GPR; bGS 131.12) geregelte Verfahren für die Wahl des Kantonsrats mit Art. 34 BV zu vereinbaren ist. Zu beurteilen ist einzig die rechtliche Zulässigkeit des gemischten Wahlsystems, so wie es konkret ausgestaltet ist und sich die tatsächlichen Umstände im Kanton Appenzell A.Rh. präsentieren. BGE 140 I 394 S. 405 10. 10.1 Das Majorzwahlverfahren begünstigt die Wahl starker Persönlichkeiten. Es steht aber zwangsläufig in einem gewissen Widerspruch zur Wahlrechtsgleichheit. Nicht verwirklichen lässt sich im Majorzwahlverfahren namentlich die Erfolgswertgleichheit (vgl. E. 8.3 hiervor), welche gebietet, dass die Zahl der gewichtslosen Stimmen auf ein Minimum zu begrenzen ist ( BGE 129 I 185 E. 7.3 S. 199 f.). Sämtliche Stimmen, die im Majorzwahlverfahren in einem Wahlkreis an Personen gehen, die keine (absolute oder relative) Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen können, werden bei der Mandatsverteilung nicht berücksichtigt und bleiben gewichtslos. Die von den Wahlberechtigten abgegebenen Stimmen tragen im Regelfall weder wahlkreisintern noch wahlkreisübergreifend in gleicher Weise zum Wahlergebnis bei. Reine Majorzwahlverfahren sind deshalb regelmässig mit einer signifikanten Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit verbunden. Die abgegebenen Stimmen fallen bei Majorzwahlen direkt bestimmten Personen zu und werden nicht zuerst auf Listen verteilt (vgl. E. 6.1 hiervor). Das bedeutet allerdings nicht notwendigerweise, dass die Parteizugehörigkeit der Kandidaten bei Majorzwahlen für die Wähler von untergeordneter Bedeutung ist. Im Gegenteil ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die politische Haltung der Kandidaten bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei für viele Wähler auch im Majorzwahlverfahren ein entscheidendes Wahlkriterium darstellt. Unter diesen Gesichtspunkten kann das Majorzwahlverfahren dazu führen, dass nicht nur ein beträchtlicher Teil der abgegebenen Stimmen bei der Mandatsverteilung unberücksichtigt bleibt, sondern dass ausserdem die massgeblichen politischen Kräfte nicht nach Massgabe ihrer Parteistärke im Parlament Einsitz nehmen bzw. die Parteistärke im Parlament ungenau abgebildet wird. Innerhalb der Wahlkreise können selbst Minderheitsparteien mit einem gefestigten Rückhalt in der Bevölkerung von der Mandatsverteilung gänzlich ausgeschlossen bleiben. Anders als grundsätzlich im Proporzwahlverfahren trägt im Majorzwahlverfahren auch die Bildung grösserer Wahlkreise nicht ohne weiteres zu einer besseren Verwirklichung der Erfolgswertgleichheit bei; im Gegenteil besteht die Möglichkeit, dass in einem Wahlkreis mit mehreren zu vergebenden Sitzen sämtliche Mandate an Personen gehen, die der gleichen in diesem Wahlkreis dominierenden Gruppierung angehören (KÖLZ, a.a.O., S. 36 f.; TÖNDURY, Wahlkreise, a.a.O., S. 60). BGE 140 I 394 S. 406 10.2 Dass sich die Erfolgswertgleichheit in einem reinen Majorzwahlverfahren nicht verwirklichen lässt, bedeutet indessen noch nicht, dass eine Wahlordnung, in welcher die Mitglieder eines kantonalen Parlaments nach dem Majorzprinzip gewählt werden, mit der Bundesverfassung unvereinbar wäre (vgl. BGE 136 I 376 E. 4.1 S. 379; BGE 129 I 185 E. 3.1; Urteil 1C_495/2012 vom 12. Februar 2014 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 140 I 107 ; HANGARTNER, a.a.O., S. 227). Zwar erweist sich das Majorzprinzip für kantonale Parlamentswahlen im Hinblick auf die Wahlrechtsgleichheit nach dem Ausgeführten als nicht optimal. Je nach den konkreten Umständen können die Vorteile des Majorzprinzips aber grösser sein als die mit seiner Anwendung verbundenen Nachteile. Nach der Ansicht der Staatspolitischen Kommission des Ständerats kann dies etwa dann der Fall sein, wenn in einem Gemeinwesen die Persönlichkeit der Kandidierenden im Vordergrund steht und ihre Parteizugehörigkeit keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt oder wenn die zahlenmässig beschränkte Bevölkerung eines kleineren Gebiets mit ausgeprägter eigener Identität Anspruch auf Repräsentation im übergeordneten Rahmen und damit Anspruch auf einen eigenen Wahlkreis erhebt (vgl. E. 7.3 hiervor). 11. 11.1 Bei der Wahl des Kantonsrats Appenzell A.Rh. im Jahr 2011 wurde in 19 Wahlkreisen mit 2 bis 6 zu vergebenden Sitzen das Majorzprinzip angewandt. Hingegen wurden die dem Wahlkreis Herisau zukommenden 14 Sitze nach dem Proporzprinzip vergeben. Insgesamt wurden 51 von 65 und damit eine grosse Mehrheit der Abgeordneten-Sitze im Majorzwahlverfahren verteilt. Sämtliche Wählerstimmen, die in den 19 Majorz-Wahlkreisen an nicht gewählte Kandidaten gingen, blieben in Missachtung des Prinzips der Erfolgswertgleichheit für die Verteilung der Mandate unberücksichtigt. Mit der Anwendung des Majorzprinzips in 19 von 20 Wahlkreisen verbunden war somit eine nicht ausser Acht zu lassende Einschränkung des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit. 11.2 Ein Wahlsystem, welches wie im Kanton Appenzell A.Rh. Elemente des Majorz- und des Proporzprinzips vereint, hat den Nachteil, dass innerhalb desselben Wahlgebiets für die Bestellung desselben Organs verschiedene Wahlverfahren angewandt werden, was per se eine gewisse Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit zur Folge hat (TSCHANNEN, Staatsrecht, a.a.O., S. 685 Rz. 56b; POLEDNA, a.a.O., S. 135 Rz. 56; KÖLZ, a.a.O., S. 26 f.). Andererseits kann ein gemischtes Wahlsystem je nach seiner Ausgestaltung die mit einem reinen BGE 140 I 394 S. 407 Majorzwahlverfahren verbundenen Mängel abmildern, indem es sich einem Proporzwahlverfahren annähert und dem Prinzip der Erfolgswertgleichheit mindestens teilweise Achtung verschafft. Ein gemischtes Wahlsystem für die Wahl des kantonalen Parlaments ist mit der Bundesverfassung deshalb dann vereinbar, wenn der kantonale Verfassungs- oder Gesetzgeber nicht ausdrücklich das Proporzprinzip für anwendbar erklärt und im Vergleich zu einem reinen Majorzwahlverfahren das Prinzip der Erfolgswertgleichheit insgesamt besser gewahrt wird. Ein Mischsystem muss gesamthaft betrachtet ausgewogen und sachlich nachvollziehbar ausgestaltet sein. Das konkrete Nebeneinander von Majorz- und Proporzelementen muss an vernünftigen Kriterien anknüpfen und insbesondere muss nachvollziehbar sein, weshalb gewisse Sitze nach dem Majorz- und andere nach dem Proporzprinzip verteilt werden. 11.3 Dass bei der Kantonsratswahl 2011 in der Gemeinde Herisau, welche mit Abstand den grössten Wahlkreis bildet, das Proporzwahlverfahren zur Anwendung gelangte, vermochte die mit der Anwendung des Majorzprinzips in den restlichen 19 Wahlkreisen verbundene Einschränkung in die Wahlrechtsgleichheit - wenn auch nur geringfügig - abzumildern. Dass das Proporzwahlverfahren gerade in demjenigen Wahlkreis, in dem mit Abstand am meisten Sitze zu vergeben waren, zur Anwendung gelangte, ist nachvollziehbar und sachgerecht. Zu prüfen bleibt demnach, ob aufgrund der konkreten Umstände genügend gewichtige Gründe für die Anwendung des Majorzprinzips in den restlichen 19 Wahlkreisen bestehen. Neben der Einführung des generellen Proporzwahlverfahrens verlangt der Beschwerdeführer grössere Wahlkreise. Wie der Beschwerdeschrift zu entnehmen ist, handelt es sich hierbei allerdings um zwei Forderungen, die nach Ansicht des Beschwerdeführers kumulativ zu erfüllen sind. Zu Recht bringt er nicht vor, mit der Bildung grösserer Wahlkreise bei gleichzeitiger Beibehaltung des Majorzprinzips in allen Wahlkreisen ausser einem könne Art. 34 BV besser entsprochen werden.
public_law
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bcf09cca-8d77-4b35-bf1b-077842ddcd2f
Urteilskopf 108 V 22 6. Urteil vom 28. April 1982 i.S. Office des allocations aux personnes âgées, aux veuves, aux orphelins et aux invalides gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV betreffend H.
Regeste Art. 132 OG . Im Verfahren um die örtliche Zuständigkeit zur Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistungen gilt die umfassende Kognition (Erw. 1). Art. 1 Abs. 3 ELG und Art. 26 ZGB . Begründung des Wohnsitzes am Ort des Anstaltsaufenthaltes? (Erw. 2 und 3.)
Sachverhalt ab Seite 22 BGE 108 V 22 S. 22 A.- Die 1908 geborene, seit Januar 1956 geschiedene Anny H. wohnte ab Juni 1976 bei ihrer Tochter Susanne G. in Genf. Ab Februar 1977 hielt sie sich in verschiedenen Heil- und Pflegeanstalten im Kanton Genf auf, und am 12. Mai 1979 begab sie sich in das Pflegeheim Weinfelden, Kanton Thurgau. Am 19. September 1979 teilte das Office des allocations aux personnes âgées, aux veuves, aux orphelins et aux invalides (im folgenden OAPA) Anny H. mit, dass die Ausrichtung der in ihrem Namen dem Service d'assistance médicale, Genf, ausbezahlten Ergänzungsleistungen mit Wirkung ab 1. September 1979 wegen Wohnsitzwechsels eingestellt werde. Gleichzeitig stellte das OAPA BGE 108 V 22 S. 23 der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau das Formular betreffend Wechsel des Wohnsitzkantons zu. Die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau lehnte die Auszahlung der Ergänzungsleistung mit der Begründung ab, dass Anny H. im Kanton Thurgau keinen Wohnsitz begründet habe. In der Folge unterbreitete das OAPA den Fall dem Bundesamt für Sozialversicherung, welches die kantonalen Behörden anwies, nach den Verwaltungsweisungen (Rz. 22 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen) vorzugehen. Mit Verfügung vom 16. Juni 1980 sprach die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau Anny H. eine monatliche Ergänzungsleistung von Fr. 700.-- ab. 1. September 1979 und von Fr. 734.-- ab 1. Januar 1980 zu; dabei stellte sie fest, dass die Auszahlung (an das "Fürsorgeamt Genf") provisorisch erfolge, weil der Kanton Genf für die Ergänzungsleistung zuständig sei. Mit einer weiteren Verfügung gleichen Datums forderte sie vom OAPA die ab 1. September 1979 ausbezahlten Ergänzungsleistungen zurück. B.- Das OAPA reichte bei der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV Beschwerde ein mit dem Begehren um Aufhebung der Rückerstattungsverfügung vom 16. Juni 1980. In Abweisung der Beschwerde entschied die kantonale Rekurskommission, dass nicht die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, sondern der Kanton Genf für die Ausrichtung der Ergänzungsleistung zuständig sei. Die Rückerstattungsverfügung hob sie "einstweilen" auf, weil zuerst die kantonale Zuständigkeit für die Auszahlung der Ergänzungsleistung rechtskräftig festgelegt werden müsse (Entscheid vom 5. November 1980). C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das OAPA, der vorinstanzliche Entscheid und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau vom 16. Juni 1980 seien aufzuheben und es sei festzustellen, dass Anny H. Wohnsitz im Pflegeheim Weinfelden, Kanton Thurgau, habe; ferner sei das OAPA anzuweisen, die ausgerichteten Ergänzungsleistungen der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau zurückzuzahlen. Während die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau auf ihre Vernehmlassung im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren verweist, enthält sich das Bundesamt für Sozialversicherung einer Stellungnahme. Namens der beigeladenen Anny H. beantragt deren Tochter Susanne G., es sei festzustellen, dass Anny H. im Pflegeheim Weinfelden Wohnsitz habe und dass demzufolge BGE 108 V 22 S. 24 die Ergänzungsleistung durch den Kanton Thurgau auszurichten sei. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Im vorliegenden Verfahren geht es nicht unmittelbar um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, sondern um die Zuständigkeit der beteiligten Kantone zur Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistung. Die streitige Rechtsfrage kann sich jedoch insofern auf die Versicherungsleistungen auswirken, als die Ergänzungsleistungen im Rahmen der bundesrechtlichen Vorschriften in den einzelnen Kantonen unterschiedlich berechnet werden. Zudem ginge es im Hinblick darauf, dass sich die am Verfahren beteiligten Kantone als gleichrangige Hoheitsträger gegenüberstehen, nicht an, dass die Rekursbehörde jenes Kantons, der als erster die Zuständigkeit des andern Kantons behauptet, den Sachverhalt im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG verbindlich festlegt. Ungeachtet dessen, ob der Versicherte oder einer der beteiligten Kantone Beschwerde führt, unterstehen Verfahren der vorliegenden Art daher der umfassenden Kognition nach Art. 132 OG mit der Folge, dass das Eidg. Versicherungsgericht an die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nicht gebunden ist. 2. a) Zuständig für die Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistung ist der Kanton, in dem der Bezüger Wohnsitz hat ( Art. 1 Abs. 3 ELG ). Bei streitiger Zuständigkeit haben die kantonalen Rekursbehörden und letztinstanzlich das Eidg. Versicherungsgericht über die Wohnsitzfrage zu entscheiden ( BGE 99 V 106 ; EVGE 1969 S. 176, 1967 S. 263). Nach der Verwaltungspraxis hat im Streitfall die Durchführungsstelle des Aufenthaltskantons eine seinen einschlägigen Bestimmungen gemäss festgesetzte Ergänzungsleistung provisorisch auszuzahlen. Wird schliesslich ein anderer als der Aufenthaltskanton für die Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistung als zuständig bezeichnet, so hat dieser Kanton dem Aufenthaltskanton die dem Versicherten provisorisch ausgerichteten Ergänzungsleistungen im Rahmen seiner eigenen Bestimmungen zurückzuvergüten (Rz. 22 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen, gültig ab 1. Januar 1979). b) Gemäss Art. 23 Abs. 1 ZGB befindet sich der Wohnsitz einer Person an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens Der Wohnsitz bleibt an diesem Ort bestehen, BGE 108 V 22 S. 25 solange nicht anderswo ein neuer Wohnsitz begründet wird ( Art. 24 Abs. 1 ZGB ). Der Aufenthalt an einem Orte zum Zweck des Besuches einer Lehranstalt und die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-, Versorgungs-, Heil- oder Strafanstalt begründet keinen Wohnsitz ( Art. 26 ZGB ). Nach Lehre und Praxis schliesst Art. 26 ZGB die Wohnsitznahme am Ort des Anstaltsaufenthaltes nicht aus. Er begründet lediglich die widerlegbare Vermutung, der Aufenthalt in einer Anstalt bedeute nicht die Verlegung des Lebens-Mittelpunktes an den fraglichen Ort. Bei der Unterbringung in einer Anstalt, d.h. der Anstaltseinweisung durch Dritte, die nicht aus eigenem Willen erfolgt, wird man regelmässig eine Wohnsitznahme ausschliessen müssen. Anders ist zu urteilen, wenn sich der Betroffene aus freien Stücken für einen Anstaltsaufenthalt entschliesst, ohne auf einen solchen angewiesen zu sein, und überdies die Anstalt und den Aufenthaltsort frei wählt (Bucher, Berner Kommentar, N. 3 ff. und 14 ff. zu Art. 26 ZGB ). 3. a) Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid zunächst damit, dass offensichtlich ein Fürsorgefall vorliege, was eine Wohnsitznahme am Anstaltsort ausschliesse. Sie verweist auf Rz. 17 der genannten Wegleitung, welche sich ihrerseits auf ein Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts stützt (EVGE 1969 S. 176). In jenem Entscheid ging es indessen um den Wohnsitz einer Person, die von der sie unterstützenden Fürsorgebehörde in einer Anstalt untergebracht worden war. So verhält es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht. Wie der Service d'assistance médicale, welcher für die Anstaltsaufenthalte Kostengutsprache geleistet hat, in einem Schreiben an das OAPA vom 3. Juli 1980 festhält, war er an der Unterbringung der Versicherten im Pflegeheim Weinfelden in keiner Weise beteiligt. Der Arzt und die Leiterin der Infirmerie du Prieuré bestätigen denn auch, dass Anny H. die Anstalt auf eigenen Wunsch (sur son propre désir et avec son consentement) verlassen habe, um sich in ein Heim im Kanton Thurgau und damit in die Nähe ihrer Familie zu begeben. b) In der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde führt Susanne G. aus, ihre Mutter, eine gebürtige Deutschschweizerin, die der französischen Sprache nicht mächtig sei, habe sich in Genf nicht wohlgefühlt und nur wenig Kontakt mit der Umwelt gehabt. Dies habe die beiden Töchter veranlasst, ein dem Gesundheitszustand der Mutter entsprechendes Heim in der deutschen Schweiz zu suchen und sie dort unterzubringen. Die Mutter BGE 108 V 22 S. 26 sei nicht in das Pflegeheim in Weinfelden "eingewiesen" worden; vielmehr sei sie aus den genannten Gründen und, um in der Nähe ihrer in Arbon wohnenden älteren Tochter zu sein, aus freiem Willen dorthin gegangen. Die fortschreitende Verschlechterung des Gesundheitszustandes schliesse die Möglichkeit aus, dass sie das Pflegeheim je werde verlassen können. Weinfelden sei somit zu ihrem definitiven Wohnort geworden, wo auch der Schwerpunkt ihrer, allerdings bereits sehr beschränkten Interessen liege. Aufgrund dieser glaubhaften Angaben kann die aus Art. 26 ZGB folgende Vermutung, der Anstaltsaufenthalt begründe keinen Wohnsitz, als widerlegt gelten. Anny H. ist nicht nur aus freiem Willen in das Pflegeheim Weinfelden eingetreten, sondern hat auch ihren Lebens-Mittelpunkt dorthin verlegt. Zum früheren Wohnort, wo sie weniger als drei Jahre verbrachte, hatte sie keine andere Beziehung, als dass ihre jüngere Tochter dort wohnt; sie fühlte sich in Genf schon deshalb nicht heimisch, weil sie als gebürtige Deutschschweizerin der französischen Sprache nicht mächtig ist und deshalb wenig Kontakt mit der Umwelt fand. Demgegenüber hat sie in Weinfelden - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - einen neuen Lebens-Mittelpunkt, indem sie sich als Deutschschweizerin mit der Umgebung verständigen kann und zudem in der Nähe ihrer Tochter Sonja S. und deren Familie wohnt. Da ferner anzunehmen ist, dass sie sich in Weinfelden mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, ist dem OAPA darin beizupflichten, dass sie dort einen neuen Wohnsitz begründet hat. Dem steht nicht entgegen, dass sie ihre Schriften anscheinend noch in Genf hinterlegt hat, wo sie die Niederlassungsbewilligung besitzt. c) Hat Anny H. Wohnsitz in Weinfelden begründet, so ist die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau zur Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistung zuständig. Die mit Verfügung vom 16. Juni 1980 ab 1. September 1979 provisorisch erbrachten Leistungen sind daher zu Recht erfolgt, weshalb eine Rückforderung entfällt. Insoweit Zahlungen irrtümlich an das OAPA erfolgten, wird dieses, soweit nicht bereits geschehen, die Rückzahlung an die Ausgleichskassse des Kantons Thurgau oder die Überweisung an Anny H. (bzw. den Service d'assistance médicale) vorzunehmen haben. Es wird Sache der beteiligten Ausgleichskassen sein, sich hierüber zu verständigen. BGE 108 V 22 S. 27 Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV vom 5. November 1980 und die Verfügungen der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau vom 16. Juni 1980 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass der Kanton Thurgau für die Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistung an Anny H. ab 1. September 1979 zuständig ist.
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Urteilskopf 126 III 445 76. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 6 juillet 2000 dans la cause X. & Cie SA et cons. contre A. (recours de droit public)
Regeste Art. 48 Abs. 1 OG ; Endentscheid. Anordnung der Rechenschaftsablegung gestützt auf Art. 324 Abs. 2 lit. b LPC/GE. Die Anordnung, einem Erben Rechenschaft über die Geschäftsführung abzulegen ( Art. 400 Abs. 1 OR ), ist ein Endentscheid, gegen den die Berufung zur Verfügung steht; angesichts ihrer subsidiären Natur ist die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegeben (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 446 BGE 126 III 445 S. 446 Le 16 novembre 1998, A. a déposé à l'encontre, notamment, des établissements bancaires X. & Cie SA, Y. & Cie et Z. (Suisse) SA une requête de mesures provisoires en reddition de compte, selon l'art. 324 al. 2 let. b de la loi de procédure civile genevoise (LPC/GE), dans le cadre de la succession de son père. Par ordonnance du 4 janvier 1999, le Tribunal de première instance de Genève a rejeté la requête. Statuant le 6 mai 1999 sur appel de A., la 1ère section de la Cour de justice du canton de Genève a annulé ce prononcé et a partiellement admis la requête. Parallèlement à un recours en réforme, X. & Cie SA, Y. & Cie et Z. (Suisse) SA ont exercé un recours de droit public contre l'arrêt de la Cour de justice du 6 mai 1999. Le Tribunal fédéral a déclaré le recours de droit public irrecevable. Erwägungen Extrait des considérants: 3. b) La décision attaquée a pour objet une demande de reddition de compte fondée sur l' art. 400 CO prise en application de l' art. 324 al. 2 let. b LPC /GE. Le caractère contradictoire de la procédure et le règlement définitif des droits civils existant entre les parties font de ce litige une contestation civile (cf. ATF 120 II 352 consid. 1a p. 353; ATF 112 II 145 consid. 1 p. 147); celle-ci porte en outre sur un droit de nature pécuniaire au sens de l' art. 46 OJ , à savoir sur un droit patrimonial ou étroitement lié au patrimoine (cf. J.-F. POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, n. 1.2 ad art. 46; MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, n. 57 p. 79; ALAIN WURZBURGER, Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, n. 158 p. 111 et n. 160 p. 113), les renseignements demandés dans le cadre de l' art. 400 CO étant susceptibles de fournir le fondement d'une contestation civile de nature pécuniaire (action en responsabilité contre le mandataire, action en réduction d'un héritier etc.). Ainsi qu'il ressort du testament du défunt, sa succession englobe des valeurs très importantes, de sorte qu'il y a lieu d'admettre que la valeur litigieuse de 8'000 fr. est atteinte ( art. 36 al. 2 et 46 OJ ). Le présent recours a par ailleurs été formé dans le délai prévu par l' art. 54 al. 1 OJ , contre une décision rendue par l'autorité suprême du canton ( art. 48 al. 1 OJ ). Il reste à examiner si l'on se trouve en présence d'une décision finale, au sens de l' art. 48 OJ . Selon la jurisprudence, une décision BGE 126 III 445 S. 447 est qualifiée comme telle lorsque l'autorité cantonale statue sur le fond d'une prétention ou s'y refuse pour un motif qui empêche définitivement que la même prétention soit exercée à nouveau entre les mêmes parties ( ATF 119 II 241 consid. 2 p. 242/243; ATF 116 II 21 consid. 1c p. 25, 381 consid. 2a p. 382). Le caractère final ou non d'une décision se détermine donc exclusivement en fonction de l'effet de celle-ci sur le droit déduit en justice, indépendamment de la procédure cantonale suivie. Que la décision ait été prise en procédure sommaire ne fait pas obstacle au recours en réforme, pourvu qu'elle statue définitivement sur une prétention issue du droit fédéral; tel est le cas si la décision a été rendue à l'issue d'une procédure probatoire complète, non limitée à la vraisemblance des faits allégués, et qu'elle se fonde sur une motivation exhaustive en droit, sans qu'une procédure ordinaire demeure réservée ( ATF 119 II 241 précité, consid. 2 p. 243 et l'arrêt cité; POUDRET, op. cit., n. 1.1.5 ad art. 48 et les références). Dans deux précédentes affaires (cf. arrêts du 28 novembre 1990, in SJ 1991 p. 113 et non publié du 20 novembre 1992 dans la cause D. et cons. c. F. et cons.), le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le recours en réforme interjeté contre une décision de mesures provisionnelles ordonnant la reddition de compte prise, comme en l'espèce, en application de l' art. 324 al. 2 let. b LPC /GE. Il a considéré que la jurisprudence genevoise interprétait cette disposition dans le sens qu'il suffisait au requérant de rendre vraisemblable sa qualité d'héritier pour obtenir une ordonnance de mesures provisionnelles, laquelle pouvait être remise en cause dans le cadre d'une action ordinaire, où une preuve stricte devait être apportée. Par conséquent, la décision ne statuait pas définitivement ou, à tout le moins, pas durablement sur le rapport de droit litigieux et ne pouvait être qualifiée de décision finale au sens de l' art. 48 OJ , ce qui excluait le recours en réforme. Le Tribunal fédéral a cependant jugé que l'interprétation de l' art. 324 al. 2 let. b LPC /GE par la Cour de justice était contraire au texte clair de cette disposition, selon laquelle le juge est autorisé à ordonner la reddition de compte lorsque le droit du requérant est "évident ou reconnu", ce qui excluait la simple vraisemblance (arrêt non publié du 20 novembre 1992 dans la cause N. c. F. et cons., résumé par RENATE PFISTER-LIECHTI, in Mesures provisionnelles et droit des successions, Journée 1995 de droit bancaire et financier, p. 113 ss, spéc. p. 117). De même, la doctrine et la jurisprudence genevoises s'accordent actuellement pour dire que la requête en BGE 126 III 445 S. 448 reddition de compte peut être admise lorsque le droit du requérant est certain (PFISTER-LIECHTI, op. cit., p. 116 ss et les arrêts cités à la note 25, p. 117; cf. aussi BERTOSSA/GAILLARD/GUYET/SCHMIDT, Commentaire de la loi de procédure civile genevoise, vol. III, n. 5 ad art. 324). Dans le cas particulier, la cour cantonale a du reste précisé qu'en la matière, il n'y avait pas de place pour la vraisemblance, car la décision n'était pas susceptible de faire l'objet d'une action en validation et son exécution épuisait le droit invoqué par le requérant. Elle a de plus retenu que l'intimée avait un droit "évident" à obtenir des établissements bancaires concernés des renseignements sur la fortune du défunt et sur l'exécution de leurs mandats. Le juge des mesures provisionnelles ne s'étant en l'occurrence pas borné à examiner la vraisemblance des faits déterminants, il convient d'assimiler l'arrêt entrepris aux décisions rendues selon la procédure sommaire de sommation ("summarisches Befehlsverfahren") de la loi de procédure civile du canton de Zurich, qui ouvrent la voie du recours en réforme ( ATF 109 II 26 consid. 1 p. 27/28; ATF 82 II 555 consid. 3 p. 562). Au demeurant, la doctrine considère également les prononcés rendus en application de l' art. 324 al. 2 let. b LPC /GE comme des décisions finales au sens de l' art. 48 al. 1 OJ (cf. ARIELLE ELAN VISSON, Droit à la production de pièces et "discovery" [Droit fédéral, droits cantonaux de Vaud, Genève, Zurich et droit anglais], thèse Zurich 1997, p. 238). Les griefs de violation arbitraire des art. 400 CO et 560 CC sont donc irrecevables dans le cadre du recours de droit public (art. 43 al. 1, 84 al. 2 OJ).
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bcf7447b-bff2-4b09-bcfb-896a249075ae
Urteilskopf 114 V 203 41. Arrêt du 1er juin 1988 dans la cause D. contre Caisse cantonale vaudoise de compensation et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 4 Abs. 1 BV , Art. 85 Abs. 2 lit. a AHVG , Art. 71 Abs. 1 der Waadtländer Zivilprozessordnung: Erfordernis einer beglaubigten Vollmacht. Überspitzter Formalismus. - Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen auf kantonales Prozessrecht gestützten Nichteintretensentscheid (Erw. 1). - Verstösst die Verpflichtung zur Beglaubigung der Vollmacht nach Art. 71 Abs. 1 der Waadtländer Zivilprozessordnung gegen die Grundsätze der Einfachheit und Raschheit des kantonalen Verfahrens im Sinne von Art. 85 Abs. 2 lit. a AHVG (Erw. 2)? - Das zusätzliche Erfordernis der Beglaubigung stellt insofern einen überspitzten Formalismus dar, als die vom Beschwerdeführer auf der Vollmacht angebrachte Unterschrift die gleiche Bedeutung hat, welche die kantonale Behörde einer nachträglich direkt auf der Beschwerdeschrift angebrachten Unterschrift beimisst (Erw. 3b).
Sachverhalt ab Seite 204 BGE 114 V 203 S. 204 A.- Par décision du 7 janvier 1987, la Caisse cantonale vaudoise de compensation a réclamé à Louis D. la somme de 1'037 fr. 05 à titre d'intérêts moratoires sur un arriéré de cotisations AVS/AI/APG. B.- La fiduciaire O., par lettre du 6 février 1987 adressée à la caisse de compensation, déclara recourir pour le compte de Louis D. contre cette décision. Saisi du recours, le Tribunal des assurances du canton de Vaud mit en demeure la fiduciaire O. de produire une procuration légalisée par un juge de paix ou un notaire ou, par mesure de simplification, de faire contresigner l'acte de recours dans un délai expirant BGE 114 V 203 S. 205 le 21 avril 1987 par l'assuré ou l'une des personnes habiles à recourir en son nom. Par lettre du 10 avril 1987, la fiduciaire O. a fait parvenir à la juridiction cantonale un écrit daté du 1er avril 1987 et intitulé "procuration", signé par Louis D. et rédigé en ces termes: "Je soussigné Louis D. ... donne ... procuration et tous pouvoirs à la ... fiduciaire O. ..., pour me représenter devant les AVS ... et, si besoin était, auprès du Tribunal cantonal des assurances, ... à ... Lausanne, afin de régler le recours que j'ai formulé concernant les intérêts de retard qui me sont réclamés par les AVS." Par courrier du 15 avril 1987, la fiduciaire O. a présenté au tribunal des assurances la requête suivante: "Pour faire suite aux entretiens que nous avons eus, nous pouvons vous confirmer que Monsieur D. est absent aux USA et au Canada pour environ trois mois. Vous nous obligeriez en nous accordant un délai à mi-juillet 1987, pour produire la pièce légalisée demandée." Le 22 avril 1987, le président de la juridiction cantonale a prolongé au 15 juillet 1987 le délai pour retourner au tribunal le recours contresigné par Louis D. ou l'une des personnes habiles a recourir en son nom. Par jugement du 24 juillet 1987, le président du tribunal des assurances a écarté préjudiciellement le recours, faute de preuve valable du pouvoir de représentation, la fiduciaire O. n'ayant ni produit une procuration légalisée ni retourné dans le délai imparti l'acte de recours contresigné par Louis D. C.- Louis D. interjette recours de droit administratif contre ce jugement dont il demande implicitement l'annulation, motif pris qu'il n'a pas contresigné le recours cantonal parce que la fiduciaire O. ne le lui a pas demandé, et qu'il n'a pas été avisé par cette dernière que la procuration devait être faite par acte légalisé. La caisse de compensation conclut au rejet du recours, ce que propose aussi l'Office fédéral des assurances sociales. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Selon la jurisprudence, le recours de droit administratif qui conteste l'application du droit cantonal par le juge de première instance est recevable lorsque ce dernier a violé des prescriptions du droit fédéral des assurances sociales. Un jugement de non-entrée en matière fondé sur le droit de procédure cantonal peut être BGE 114 V 203 S. 206 attaqué par un recours de droit administratif lorsqu'il empêche, par erreur, l'application du droit matériel fédéral. Cependant, le Tribunal fédéral des assurances ne peut pas examiner librement l'application du droit cantonal de procédure. D'une part, il est lié par les faits constatés par l'autorité inférieure lorsque ceux-ci ne sont pas manifestement inexacts ou incomplets ( art. 105 al. 2 OJ ). D'autre part, l' art. 104 let. a OJ limite son pouvoir d'examen à la violation du droit fédéral, y compris l'excès ou l'abus du pouvoir d'appréciation. Cet examen porte, pratiquement, avant tout sur la violation des droits et principes constitutionnels ( ATF 103 Ib 146 consid. 2a, ATF 102 V 125 consid. 1b, ATF 101 V 221 consid. 1). b) En vertu de l'art. 28 de la loi vaudoise sur le Tribunal des assurances, du 2 décembre 1959, sont applicables par analogie, sauf dispositions contraires de cette loi, les règles de la procédure civile contentieuse concernant: - les motifs de récusation des juges et des experts; - les jours fériés; - la computation des délais; - la représentation et l'assistance des parties; - les droits et obligations des témoins; - la citation des parties et des témoins. Aux termes de l'art. 71 al. 1 du code de procédure civile vaudois (CPC), sauf le cas où elle est donnée à un avocat, à un stagiaire ou à un agent d'affaires breveté autorisés à pratiquer dans le canton, la procuration doit être faite par acte légalisé. S'agissant en l'espèce d'un jugement de non-entrée en matière fondé sur le droit de procédure cantonal, il ne peut être attaqué par un recours de droit administratif que si l'application des règles de procédure précitées aboutit à compliquer inutilement l'application du droit matériel ou à la rendre impossible, constituant ainsi un formalisme excessif ( ATF 113 Ia 87 consid. 1). A cet égard, l' art. 85 al. 2 let. a LAVS , qui exprime un principe général du droit des assurances sociales, prévoit que la procédure cantonale doit être simple et rapide, ce qui bannit tout formalisme inutile de l'instance ( ATF 110 V 61 consid. 4b, ATF 103 V 195 consid. 4 et ATF 102 V 126 ; SPIRA, Le contentieux des assurances sociales fédérales et la procédure cantonale, Recueil de jurisprudence neuchâteloise 1984, p. 20; MEYER, Verfahrensfragen bei AHV- und IV-Beschwerden, in SZS 1981, p. 196 et ss). Est dès lors déterminant le point de savoir si l'application faite en l'espèce de la règle cantonale en cause viole cette disposition de droit fédéral. Dans cette mesure, BGE 114 V 203 S. 207 le recours est recevable ( ATF 112 V 111 consid. 2c et les références)... 2. Il est constant que la fiduciaire O., par lettre du 10 avril 1987, a produit une procuration du 1er avril 1987, signée par Louis D. De même n'est-il pas contesté que cette procuration n'a pas été faite par acte légalisé. A cet égard, l' art. 627 CPC dispose que la légalisation est la déclaration par laquelle le juge de paix ou le notaire atteste la vérité d'une signature (al. 1), et que le juge de paix ou le notaire est tenu, sous sa responsabilité personnelle, de s'assurer de l'identité du signataire, s'il est présent, et, s'il ne l'est pas, de la vérité de la signature (al. 2). Or, Louis D. ne s'est pas présenté devant un juge de paix ou un notaire et la vérité de la signature apposée au bas de la procuration du 1er avril 1987 n'est pas attestée en la forme authentique. Aussi, la procuration produite n'est-elle pas conforme à l' art. 71 al. 1 CPC (JdT 1979 III 73 consid. 3). La question peut toutefois rester ouverte de savoir si l'exigence d'une légalisation de la procuration est contraire aux principes de simplicité et de rapidité de la procédure prévus à l' art. 85 al. 2 let. a LAVS , le recours devant de toute façon être admis pour les raisons exposées au considérant 3 ci-dessous. 3. a) Un formalisme est excessif lorsqu'il n'est pas justifié par la protection d'un intérêt digne de considération ou qu'il complique inutilement l'application du droit matériel et constitue un déni de justice formel prohibé par l' art. 4 al. 1 Cst. L'assimilation de l'excès de formalisme au déni de justice formel n'est qu'une application, propre à la procédure, du principe de la proportionnalité. C'est en effet sur la base de ce principe que l'on pourra déterminer si l'application des règles de la procédure, dont un certain formalisme est nécessaire pour assurer le déroulement régulier des procès et la sécurité du droit matériel, aboutit à compliquer inutilement l'application de celui-ci ou à la rendre impossible, constituant ainsi un formalisme excessif ( ATF 113 Ia 87 consid. 1, 96 consid. 2 et 227 consid. 1, ainsi que les références citées par ces arrêts). b) La juridiction cantonale avait imparti à la fiduciaire O. un délai au 21 avril 1987, prolongé par la suite jusqu'au 15 juillet 1987, pour retourner au tribunal l'acte de recours contresigné par Louis D. ou l'une des personnes habiles à recourir en son nom. Toutefois, ainsi que cela ressort du dossier, elle a reçu le 13 avril 1987 la procuration signée par Louis D., laquelle se réfère sans BGE 114 V 203 S. 208 équivoque au recours formé au nom de ce dernier par la fiduciaire O. contre la décision administrative du 7 janvier 1987. Or, bien que la procuration et le recours soient deux actes distincts, il n'en demeure pas moins que la signature de Louis D. figurant au bas de la procuration a la même portée que celle donnée par l'autorité cantonale à une signature apposée directement mais après coup sur l'acte de recours. Dans ces conditions, l'exigence supplémentaire de la légalisation de la signature du recourant doit être considérée comme un formalisme excessif. C'est dès lors à tort que le premier juge a écarté préjudiciellement le recours dont il était saisi.
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Urteilskopf 83 I 27 6. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Februar 1957 i.S. Husy gegen Solothurn, Regierungsrat.
Regeste Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid über ein Wiedererwägungsgesuch. Zivilstandsregister, Eintragung des Familiennamens. Vereinheitlichung der Schreibweise durch die Aufsichtsbehörde? Auf offenbarem Versehen oder Irrtum beruhender Fehler?
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 83 I 27 S. 27 A.- In Wangen bei Olten ist seit alters ein Geschlecht verbürgert, dessen Angehörige ihren Familiennamen teils Husi, teils Husy schreiben. Beide Formen kommen auch in den alten Pfarrbüchern, den Zivilstandsregistern und den Bürgerregistern von Wangen und von Olten vor, wo seit 1868 mehrere Angehörige dieses Geschlechts eingebürgert wurden, ohne das Bürgerrecht von Wangen aufzugeben. In dem gemäss der Verordnung über den Zivilstandsdienst vom 18. Mai 1928 erstellten Familienregister lauteten die Eintragungen bis 1942 in beiden Gemeinden einheitlich auf Husy, wogegen die Bürgerregister die Form Husi aufwiesen (dasjenige von Wangen wenigstens während einer gewissen Zeit vom Jahre 1915 an). Im Anschluss an die Reklamation eines in Zürich wohnhaften Doppelbürgers von Wangen und Olten, der beanstandete, dass sein Familienname in seinem Heimatschein Husi statt Husy laute, richtete die Bürgergemeinde Olten am 23. Juli 1941 an das Justizdepartement des Kantons BGE 83 I 27 S. 28 Solothurn das Gesuch um Vereinheitlichung der Schreibweise dieses Familiennamens. Nach einlässlichen Erhebungen, in deren Verlauf die in Wangen ansässigen Namensträger ihre Meinung äussern konnten, fasste der Regierungsrat des Kantons Solothurn als kantonale Aufsichtsbehörde in Zivilstandssachen am 20. Februar 1942 den Beschluss, die amtliche Schreibweise des fraglichen Familiennamens werde mit Wirkung für alle in Wangen bei Olten heimatberechtigten Namensträger (auch für jene mit Doppelbürgerrecht) auf Husi festgelegt; die Familienregister seien der "neuen Schreibweise" anzupassen und sämtliche Zivilstandsregisterauszüge sowie Heimatscheine hätten künftig die amtliche Schreibweise zu enthalten. Zur Begründung führte der Regierungsrat im wesentlichen aus, die Festlegung auf eine bestimmte Schreibweise liege sowohl im Interesse der Namensträger wie der geordneten Registerführung. Es sei auch unbefriedigend, wenn Familiennamen aus einer und derselben Bürgergemeinde auf verschiedene Arten geschrieben würden. Für die Beurteilung der richtigen Schreibweise des in Frage stehenden Namens sei diejenige am ursprünglichen Heimatort Wangen massgebend. Während in den (seit 1876 geführten) Zivilstandsregistern beide Formen zu finden seien, sei der Name in den (mit dem Jahre 1613 einsetzenden) Pfarregistern von Wangen von 1626 bis 1875 und übrigens auch in alten Staats- und Gemeindebüchern mit vereinzelten Ausnahmen einheitlich mit i geschrieben worden. Diese althergebrachte, unzweifelhaft richtigere Schreibweise, die übrigens auch heute noch von einem grossen Teil der Namensträger verwendet werde, und nicht die in den letzten Jahrzehnten modern gewordene und zudem kompliziertere Form mit y sei als die amtliche Schreibweise zu erklären, obschon es für den Zivilstandsbeamten von Wangen, der seit zwanzig Jahren in anerkennenswertem Streben nach Vereinheitlichung diese letzte Form verwendet habe, schwer sein müsse, sich auf i umzustellen. Die befragten Bürgergemeinden und Namensträger BGE 83 I 27 S. 29 hätten sich weder für die eine noch für die andere Form entschieden. Dieser Beschluss wurde nur Amtsstellen mitgeteilt, u.a. den Zivilstandsämtern von Wangen und Olten. B.- Pius Husy, geb. 1911, der in Binningen wohnt und dessen Familienname im Geburtsregister von Olten, im Eheregister von Luzern, in dem vom Zivilstandsamt Luzern nach der Trauung vom 28. Januar 1949 ausgestellten Familienbüchlein und (trotz dem Beschlusse vom 20. Februar 1942) auch auf dem ihm hierauf eröffneten Blatte des Familienregisters seiner Heimatgemeinde Wangen mit der Endung y eingetragen worden war, übergab sein Familienbüchlein zwecks Anzeige der Geburt seines zweiten Kindes im September 1955 dem Frauenspital Basel. Als er es zurückerhielt, war darin der Familienname durch Ausradierung in Husi abgeändert. Das Zivilstandsamt Wangen hatte am 27. Oktober 1955 zur Begründung dieser Massnahme angemerkt: "Die amtliche Schreibweise des Familiennamens ist Husi." Pius Husy führte gegen diese "eigenmächtige und willkürliche Namensänderung" am 28. Oktober 1955 beim Justizdepartement des Kantons Solothurn Beschwerde mit dem Begehren, es sei ihm ein neues, auf seinen angestammten Namen Husy lautendes Familienbüchlein auszustellen. Hierauf sandte ihm das Justizdepartement am 17. November 1955 eine Ausfertigung des Regierungsratsbeschlusses vom 20. Februar 1942 und teilte ihm mit, wenn er sich mit diesem Entscheid nicht abfinden könne, habe er beim Regierungsrat ein Wiedererwägungsgesuch einzureichen, das allerdings kaum Aussicht auf Erfolg habe, da "ein allgemeines Interesse an der gleichen Schreibweise eines aus der gleichen Gemeinde stammenden Familiennamens" bestehe. Nach einer persönlichen Besprechung mit dem Departementsvorsteher unterbreitete Husy diesem am 4. April 1956 ein "Memorandum", das er in der Folge als förmliches Wiedererwägungsgesuch bezeichnete. Er machte geltend, sein Name und dessen Schreibweise seien unentziehbare BGE 83 I 27 S. 30 Persönlichkeitsrechte. Die ihn, seine Frau und seine Nachkommen betreffenden Eintragungen dürften nur auf Anordnung des Richters geändert werden. In den massgebenden Zivilstandsregistern und in seinen Papieren (Heimatschein vom 5. März 1949, Pass usw.) sei sein Familienname durchwegs mit y geschrieben. Der ihm erst am 18. November 1955 bekanntgewordene Beschluss von 1942 sei ohne vorherige Befragung der Namensträger gefasst und nicht veröffentlicht worden. Von den meisten Namensträgern werde der Name mit y geschrieben, welche Schreibweise auch schon bei den ersten Eintragungen im Pfarrbuch von Wangen (1613-1626) vorwiege. Von 1920 bis 1942 habe die amtliche Schreibweise einheitlich Husy gelautet. Das Justizdepartement habe noch im Jahre 1925 auf die Festlegung der Schreibweise dieses Namens ausdrücklich verzichtet und die Zivilstandsämter angewiesen, bei der von ihnen gewählten Form zu bleiben. Als ungefähr zehn Jahre später der in Wangen verbürgerte und wohnhafte Gottlieb Husy im Eheregister von Gunzgen mit i eingetragen worden sei, obwohl die vom Zivilstandsamt Wangen ausgestellte Trauermächtigung auf Husy gelautet habe, sei das Zivilstandsamt Gunzgen vom Justizdepartement zur Berichtigung dieses Irrtums angehalten worden. Es liege in seinem (des Gesuchstellers) persönlichen und geschäftlichen Interesse, dass der von ihm rechtmässig geführte Name, mit dem er als Beamter der Eidg. Steuerverwaltung, Prokurist einer Revisionsgesellschaft und Prokurist, später Vizedirektor der Sandoz AG zahlreiche Urkunden unterschrieben habe und auch im Handelsregister eingetragen sei, wie bis anhin mit den amtlichen Dokumenten übereinstimme. Auf die Weiterführung dieses Namens könne er nicht verzichten. D.- Am 14. August 1956 hat der Regierungsrat das Wiedererwägungsgesuch Husys abgewiesen mit der Begründung, zur Festlegung der amtlichen Schreibweise von Familiennamen, die nicht eine Berichtigung im Sinne von Art. 45 ZGB bedeute, sei kraft Art. 17 ZStV namentlich BGE 83 I 27 S. 31 seit der Einführung des staatlichen Familienregisters die Aufsichtsbehörde in Zivilstandssachen zuständig, wie dies früher gemäss dem Bundesgerichtsentscheide vom 29. Oktober 1926 i.S. Kleger hinsichtlich der Gemeinderegister (Bürgerregister) für die Gemeindebehörden zugetroffen habe. Da die um Stellungnahme ersuchten Bürgergemeinden und Namensträger keinen bestimmten Antrag gestellt, sondern den Entscheid dem Regierungsrat überlassen hätten, habe dieser auf die historisch richtige Form zurückgegriffen. Zu den weitern Argumenten des Gesuchstellers sei zu bemerken, dass die Eintragungen in Wangen und Olten teilweise (z.B. auch bei der Geburt von zwei der vier Geschwister des Gesuchstellers) auf Husi, teilweise auf Husy erfolgt seien, dass aber der Vater die Einträge stets mit Husi unterzeichnet habe, woraus sich ergebe, dass die Festlegung der Schreibweise auf diese Form keinen staatlichen Willkürakt bedeute, sondern dass einzelne Namensträger willkürlich von der althergebrachten Schreibweise abgegangen und daher nicht berechtigt seien, sich auf unentziehbare Persönlichkeitsrechte zu berufen. Dass dem Gesuchsteller der Heimatschein in der Form Husy ausgestellt worden sei, sei im Hmnblick auf die früher wechselnde Schreibweise nicht ausschlaggebend. Wenn das Justizdepartement früher von einer Festlegung der Schreibweise des fraglichen Namens abgesehen habe, so deshalb, weil man damals noch geglaubt habe, die Schwierigkeiten anderswie beheben zu können. Da aber immer neue Komplikationen eingetreten seien und das Departement um Abklärung ersucht worden sei, habe sich der Regierungsrat veranlasst gesehen, einen generellen Entscheid zu fällen. Da nunmehr eine lokale Vereinheitlichung erzielt worden sei, könne eine Wiedererwägung nicht in Betracht fallen; dies umsoweniger, als der Gesuchsteller nicht imstande gewesen sei, rechtserhebliche Tatsachen für eine generelle Änderung auf Husy anzuführen oder für sich selbst einen Rechtsanspruch auf die Schreibweise Husy nachzuweisen. E.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde BGE 83 I 27 S. 32 beantragt Husy, dieser Entscheid sei aufzuheben; es sei festzustellen, dass die amtliche Schreibweise seines Familiennamens für seine Familie, eventuell für alle in Wangen verbürgerten Namensträger Husy laute, und der Regierungsrat sei anzuweisen, die Zivilstandsregister entsprechend zu berichtigen. Der Regierungsrat beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen. Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement kommt in seiner Vernehmlassung zum Schlusse, der Beschwerdeführer könne nicht beweisen, dass der Familienname, den er nach dem materiellen Recht durch Abstammung erworben habe, heute im Familienregister fehlerhaft geschrieben sei, doch bleibe ihm der Weg der Namensänderung nach Art. 30 ZGB offen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Regierungsrat bezeichnet die Beschwerde vom 18. September 1956 als "reichlich verspätet", weil der Beschluss vom 20. Februar 1942 dem Beschwerdeführer schon am 17. November 1955 zugestellt worden sei und der Beschluss vom 14. August 1956 keinen Sachentscheid darstelle. Diese Betrachtungsweise geht fehl. Die am 18. September 1956 zur Post gegebene Beschwerde richtet sich gegen den dem Beschwerdeführer am 20. August 1956 zugegangenen Beschluss vom 14. August 1956 und ist somit innert der dreissigtägigen Frist von Art. 107 OG eingereicht worden. Der angefochtene Beschluss ist ein Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Zivilstandssachen und unterliegt daher gemäss Art. 99 I lit. c OG der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Legitimation des Beschwerdeführers steht nach Art. 103 OG ausser Zweifel. Mit der Beschwerde wird in einer den Anforderungen von Art. 90 OG genügenden Weise die nach Art. 104 OG allein zulässige Rüge erhoben, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer Verletzung von Bundesrecht, nämlich der bundesrechtlichen Vorschriften über die Führung der Zivilstandsregister. BGE 83 I 27 S. 33 Es lässt sich nicht sagen, dass der Beschwerdeführer mit dieser Rüge ausgeschlossen sei, weil der angefochtene Beschluss keine vom Bundesrecht beherrschte Rechtsfrage zum Gegenstand habe, sondern lediglich auf der Anwendung des den Kantonen vorbehaltenen Verfahrensrechts beruhe. Letzteres wäre der Fall gewesen, wenn die Vorinstanz das Eintreten auf das Wiedererwägungsgesuch abgelehnt hätte, weil es verspätet sei oder einen andern formellen Mangel aufweise, wie er z.B. im Fehlen einer Unterschrift liegen könnte. Die Vorinstanz hat jedoch keinen solchen Nichteintretensentscheid gefällt, sondern das Wiedererwägungsgesuch nach einlässlicher materieller Prüfung der darin vorgebrachten Gründe abgewiesen. Wenn die Vorinstanz in ihren Erwägungen erklärt, sie trete auf Wiedererwägungsgesuche nur ein, falls neue erheblich Tatsachen nachgewiesen werden, was hier nicht zutreffe, so ist demgegenüber zu bemerken, dass die Frage, ob die erwähnte Voraussetzung erfüllt sei, d.h. ob man es mit neuen erheblichen Tatsachen zu tun habe, ohne Eintreten auf die Sache selbst gar nicht geprüft werden kann. Der angefochtene Beschluss stellt also ohne jeden Zweifel einen Sachenentscheid dar, der den frühern Beschluss ersetzt, soweit dieser den Beschwerdeführer betrifft. Gegen einen solchen neuen Sachentscheid ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach ständiger Rechtsprechung zulässig ( BGE 60 I 52 , BGE 70 I 120 , BGE 75 I 392 und die das Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde betreffenden EntscheideBGE 40 I 172, BGE 50 I 162 ). BIRCHMEIER meint nichts anderes, wenn er an der von der Vorinstanz angerufenen Stelle sagt, bei "Wiedererwägungsentscheiden, mit denen die Wiedererwägung abgelehnt wird", laufe die Frist mit der Zustellung des Sach-, nicht erst des Nichteintretensentscheides; an den Wiedererwägungsentscheid könne die Beschwerde nur angeknüpft werden, wenn er einen materiellen (Sach-) Entscheid enthalte (N. 1 zu Art. 107 OG , S. 441). Mit der hervorgehobenen Wendung nimmt BIRCHMEIER, wie sich aus dem Zusammenhang und den von ihm angeführten BGE 83 I 27 S. 34 Bundesgerichtsentscheiden ergibt, auf den Fall Bezug, dass auf das Wiedererwägungsgesuch aus formellen Gründen nicht eingetreten wird. Die fragliche Kommentarstelle kann nur missverstanden werden, wenn man unter Wiedererwägung in Verkennung des wahren Wortsinns nicht einfach die neue sachliche Prüfung des Falles, sondern die Abänderung des frühern Entscheides versteht. Auf die vorliegende Beschwerde ist demnach einzutreten. 2. Gemäss Art. 270 ZGB erhalten die ehelichen Kinder den Familiennamen ihres Vaters, wobei als Familienname der als solcher amtlich verzeichnete Name zu gelten hat. So verhielt es sich, wie in BGE 81 II 256 dargelegt, schon unter der Herrschaft des Bundesgesetzes vom 24. Christmonat 1874 über Zivilstand und Ehe (ZEG). In die gemäss diesem Gesetz angelegten eidgenössischen Zivilstandsregister waren die Familiennamen in derjenigen Fassung einzutragen, wie sie zur Zeit der Einführung dieser Register gemäss den bis dahin geführten kirchlichen oder kantonalen Registern anerkannt war (vgl. den eben erwähnten Entscheid und das Urteil vom 22. Juni 1956 i.S. Procureur général du Canton de Vaud und Mitbeteiligte gegen Gingin und Saudan-Gingin). Die Art, wie der Familienname eines Mannes zu jener Zeit in diesen Registern geschrieben war, blieb nach den angeführten Entscheiden für ihn und seine ehelichen Nachkommen massgebend. Demgemäss wurden in den genannten Fällen die Klagen abgewiesen, mit denen Mitglieder von Familien, deren Familienname bei der Aufnahme ihrer Vorfahren in die eidgenössischen Zivilstandsregister in der damals geltenden Fassung eingetragen und seither amtlich für die Angehörigen der zu den Klägern führenden Linie stets gleich geschrieben worden war (Vontobel, Gingin), den Versuch unternommen hatten, eine in früherer Zeit üblich gewesene Schreibweise zur Geltung zu bringen. Von den Fällen Vontobel und Gingin unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, dass hier nicht Private auf dem Klageweg eine Änderung der gegenwärtigen amtlichen BGE 83 I 27 S. 35 Schreibweise ihres Familiennamens erstreben, sondern die Aufsichtsbehörde die amtliche Schreibweise eines Familiennamens für alle in einer bestimmten Gemeinde heimatberechtigten Namensträger vereinheitlicht hat und ein Privater, dessen Familienname bei den ihn betreffenden Eintragungen in die eidgenössischen Zivilstandsregister bisher anders geschrieben worden war, die neue Schreibweise auf jeden Fall für sich und seine Angehörigen (Frau und Kinder) nicht gelten lassen will. Es stellt sich hier in erster Linie die Frage nach der Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde zu der von ihr getroffenen Anordnung. Die Amtsführung der Zivilstandsbeamten unterliegt nach Art. 43 Abs. 1 ZGB einer regelmässigen Aufsicht. Zur Amtsführung der Zivilstandsbeamten gehört insbesondere auch die Vornahme der Eintragungen in die Zivilstandsregister. Eine solche Eintragung darf jedoch gemäss Art. 45 Abs. 1 ZGB dem Grundsatze nach nur auf Anordnung des Richters berichtigt werden. Einzig wenn der Fehler auf einem offenbaren Versehen oder Irrtum (gemeint: des Zivilstandsbeamten) beruht, kann gemäss Art. 45 Abs. 2 ZGB die Aufsichtsbehörde die Berichtigung anordnen. Von dieser dem klaren Gesetzeswortlaut entsprechenden Auslegung liessen sich z.B. auch das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement in seinem Entscheide vom 8. Dezember 1927 i.S. Reinert ("Der Zivilstandsbeamte" 1928 S. 429 Erw. 3) und das Eidg. Amt für den Zivilstandsdienst in seinem Bescheide vom 7. Mai 1930 (Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1930 Nr. 42) leiten. In weitern Fällen ist der Aufsichtsbehörde die Anordnung der Änderung bestehender Eintragungen nicht gestattet. Insbesondere lässt sich eine solche Befugnis entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht aus der in Art. 43 ZGB und Art. 17 ZStV statuierten Aufsichtspflicht ableiten, weil eben Art. 45 ZGB die Anordnung einer Berichtigung, vom Falle offenbaren Versehens oder Irrtums abgesehen, ausdrücklich dem Richter vorbehält. Auf den Entscheid der Staatsrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 29. Oktober 1926 i.S. BGE 83 I 27 S. 36 Kleger (über den im Schweiz. Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung 1927 S. 19 ff. und 234 ff. berichtet wurde) beruft sich die Vorinstanz zu Unrecht; in diesem Urteil befasste sich das Bundesgericht nur mit der Führung der vom kantonalen Recht beherrschten Bürgerregister, für die Art. 45 ZGB nicht gilt, und prüfte den angefochtenen Entscheid überdies nur unter dem Gesichtspunkte der Willkür. Wenn ein Familienname von feststehendem Lautbestand in den Zivilstandsregistern nicht für alle in einer bestimmten Gemeinde verbürgerten Träger dieses Namens in der gleichen Form eingetragen ist, so lässt sich deswegen nicht sagen, die eine oder andere Schreibweise beruhe auf einem offenbaren Versehen oder Irrtum. Es gibt unzählige Familiennamen, die trotz einheitlicher Aussprache in verschiedener Form in die eidgenössischen Zivilstandsregister aufgenommen worden sind. Das geschah selbst in Fällen, wo alle Namensträger aus einer bestimmten Gemeinde nachweisbar auf den gleichen Stammvater zurückgehen, was im vorliegenden Falle nicht festgestellt ist. Diese verschiedenen Schreibformen sind gleichberechtigt. Die eine oder andere als die historisch richtige oder "richtigere" zu bezeichnen, ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz wegen der grossen Unsicherheit, die früher bei der Namensschreibung herrschte, nicht angängig, und zudem könnte auf einen historisch begründeten Vorrang, wie in den Entscheiden Vontobel und Gingin dargelegt, heute nichts mehr ankommen. Es trifft nicht zu, dass durch das Vorkommen mehrerer Schreibformen eines Familiennamens in der gleichen Gemeinde öffentliche Interessen verletzt werden, und im übrigen würde sich selbst hieraus nicht ergeben, dass die eine oder andere Form mit einem Fehler im Sinne von Art. 45 Abs. 2 ZGB behaftet sei. Dass in derartigen Fällen nicht von einem offenbaren Versehen oder Irrtum die Rede sein kann, gibt die Vorinstanz denn auch selber zu. Daraus folgt aber nach dem Gesagten, dass die Aufsichtsbehörde nicht befugt ist, die für die Registerführung massgebende BGE 83 I 27 S. 37 Schreibweise eines nicht für alle Namensträger gleich eingetragenen Familiennamens der Gleichheit halber für die einer und derselben Gemeinde angehörenden Träger dieses Namens zu vereinheitlichen. Ein solches Vorgehen läuft gegenüber den Personen, für deren Familiennamen bisher eine andere Schreibweise massgebend war, auf eine Namensänderung hinaus, die von der Regierung des Heimatkantons nicht von Amtes wegen, sondern für jeden Namensträger nur auf dessen Antrag hin verfügt werden darf, wie daraus hervorgeht, dass die Namensänderung gemäss Art. 30 ZGB einer Person "bewilligt" werden kann, wenn wichtige Gründe dafür vorliegen. 3. Fehlte der Vorinstanz die Zuständigkeit, die amtliche Schreibweise des bisher zum Teil Husi, zum Teil Husy geschriebenen Familiennamens für alle in Wangen verbürgerten Angehörigen dieses Geschlechtes um der Einheitlichkeit willen auf Husi festzulegen, so kann sich nur noch fragen, ob die Schreibweise Husi für den Beschwerdeführer und seine Angehörigen mit der Begründung habe als die amtliche erklärt werden können, dass sie für ihn schon vor den Beschlüssen von 1942 und 1956 massgebend gewesen sei, weil sie bei der Einführung der eidgenössischen Zivilstandsregister für seine Vorfahren gegolten habe und folglich durch Abstammung auf ihn übergegangen und bei den seine Person betreffenden Eintragungen nur auf Grund eines offenbaren Versehens oder Irrtums nicht verwendet worden sei. Auch mit diesen - von der Vorinstanz übrigens nicht angestellten - Erwägungen lässt sich jedoch der angefochtene Entscheid nicht aufrechterhalten. Die im Jahre 1877 erfolgte Geburt des Vaters des Beschwerdeführers (Walter) war allerdings im Geburtsregister von Wangen mit dem Namen Husi eingetragen worden. Die gleiche Form war auch bei der Verurkundung der Geburt des Grossvaters (Paskal) verwendet worden. (Da dieser im Jahre 1847, also lange vor der Einführung der eidgenössischen Zivilstandsregister im Jahre 1876, geboren worden war, muss es sich hier um eine Eintragung im BGE 83 I 27 S. 38 Pfarrbuch gehandelt haben, die möglicherweise später ins eidgenössische Geburtsregister übertragen wurde). Die zur Zeit der Einführung der eidgenössischen Zivilstandsregister amtlich gemäss den Kirchenbüchern anerkannte Fassung des Familiennamens, die gemäss BGE 81 II 257 nach dem unverkennbaren Sinne von Art. 7 und 9 ZEG fortan massgebend sein sollte, scheint demnach für die Familie, welcher der Beschwerdeführer entstammt, Husi gelautet zu haben. Also beruhte es wohl auf einem offenbaren Versehen oder Irrtum, nämlich auf einem beim Abschreiben unterlaufenen Fehler oder auf der unzweifelhaft irrtümlichen Auffassung, der Zivilstandsbeamte könne die amtliche Schreibweise eines Namens von sich aus ändern, dass das Zivilstandsamt Wangen dem - im Geburtsregister wie schon gesagt mit Husi eingetragenen - Vater des Beschwerdeführers am 6. Januar 1905 einen Geburtsschein mit dem Namen Husy ausstellte, auf Grund dessen dann auch die am 16. Februar 1905 geschlossene Ehe des Vaters mit dieser Namensform ins Eheregister von Olten eingetragen wurde. Wäre die Aufsichtsbehörde bei einer der nächsten auf diese Eintragung folgenden Inspektionen auf diese Unregelmässigkeit gestossen oder zu jener Zeit durch eine Anzeige darauf aufmerksam gemacht worden, so hätte sie also wohl auf Grund des Art. 9 Abs. 3 ZEG, der im gleichen Sinne wie Art. 45 Abs. 2 ZGB lautete, die Berichtigung des Eheregistereintrags anordnen können. Dieser Eintrag blieb jedoch unbeanstandet. In Übereinstimmung mit diesem Eintrag trug das Zivilstandsamt Olten dann auch die Geburt des Beschwerdeführers mit dem Namen Husy ein. Als 1928 das Familienregister angelegt wurde, eröffnete das Zivilstandsamt Wangen unbestrittenermassen sowohl dem Grossvater als auch dem Vater des Beschwerdeführers Blätter mit dem Namen Husy. Ebenfalls in dieser Form wurde der Familienname des Beschwerdeführers im Jahre 1949 in das Eheregister Luzern und das ihm bei der Trauung ausgestellte Familienbüchlein eingetragen. Auch das Familienregisterblatt, welches das Zivilstandsamt BGE 83 I 27 S. 39 Wangen nach der Eheschliessung für den Beschwerdeführer eröffnete, wurde mit dem Namen Husy überschrieben. Man steht also heute vor der Tatsache, dass der Familienname des Beschwerdeführers im Einklang mit dem Eheregistereintrag seines Vaters von seiner Geburt an bis zum Jahre 1949 stets in der Form Husy in die Zivilstandsregister eingetragen wurde und in seinem Familienbüchlein bis zum Oktober 1955 (d.h. bis nach der Geburt seines zweiten Kindes) so lautete, und dass vom Jahre 1928 bis zum Regierungsratsbeschluss von 1942 auch die Familienregisterblätter des Grossvaters und des Vaters des Beschwerdeführers (auf welch letzterem Blatte auch der Beschwerdeführer selber eingetragen war) den Namen Husy trugen. Im Jahre 1925 hat zudem das Justizdepartement des Kantons Solothurn das Zivilstandsamt Wangen noch ausdrücklich angewiesen, bei der Form Husy zu bleiben. Eine Schreibart, die schon bei der Eintragung der Geburt verwendet und hernach in der angegebenen Weise während Jahrzehnten immer wieder amtlich bestätigt worden ist und insbesondere auch im Familienregister, das heute das Hauptregister bildet, Aufnahme gefunden hat und dort viele Jahre unbeanstandet stehen blieb, kann nicht mehr auf Anordnung der Aufsichtsbehörde gemäss Art. 45 Abs. 2 ZGB berichtigt werden. Von einem offenbaren Versehen oder Irrtum kann in einem solchen Falle nicht mehr die Rede sein. Im übrigen verbietet sich eine amtliche Richtigstellung in einem solchen Fall auch mit Rücksicht auf das offenkundige und durchaus legitime Interesse des Namensträgers an der Beständigkeit der amtlichen Schreibung seines Familiennamens, das der angefochtene Entscheid unbegreiflicherweise überhaupt nicht in Betracht zieht (während im Beschluss von 1942 bemerkt war, der Regierungsrat sei sich bewusst, dass es für den Zivilstandsbeamten von Wangen schwer sein müsse, sich von y auf i umzustellen). Diesem bedeutenden privaten Interesse stehen keine abweichenden öffentlichen Interessen gegenüber. Ein öffentliches Interesse besteht nur daran, BGE 83 I 27 S. 40 dass die Eintragungen, welche eine und dieselbe Person betreffen, und die gestützt darauf ausgestellten Papiere durchwegs die gleiche Schreibweise enthalten. Aus der Nichtbeachtung dieses selbstverständlichen Grundsatzes können Unzukömmlichkeiten entstehen, denen die Aufsichtsbehörde zu wehren hat. Darum handelt es sich aber im Falle des Beschwerdeführers nicht. Der Beschluss vom 14. August 1956 und derjenige vom 20. Februar 1942, soweit er den Beschwerdeführer betrifft, sind daher aufzuheben. Das Zivilstandsamt Wangen ist anzuweisen, den Familiennamen des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen (Ehefrau, Nachkommen) in der Form "Husy" zu schreiben. Soweit auf Grund der angefochtenen Beschlüsse den Beschwerdeführer und seine Angehörigen betreffende Zivilstandsakten abgeändert worden sind, sind diese Änderungen rückgängig zu machen. Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde die Wiederherstellung der Schreibweise Husy für andere Namensträger als für sich und seine Angehörigen verlangt, ist darauf nicht einzutreten, weil der Beschwerdeführer keine Vollmacht besitzt, für diese andern Personen zu handeln. Materiell dürfte aber für zahlreiche andere Namensträger das gleiche gelten wie für den Beschwerdeführer. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Solothurn vom 14. August 1956 sowie derjenige vom 20. Februar 1942, soweit er den Beschwerdeführer betrifft, aufgehoben. Das Zivilstandsamt von Wangen bei Olten wird angewiesen, für den Familiennamen des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen die Schreibweise "Husy" zu gebrauchen, insbesondere jenen Namen in dieser Form im Familienregister einzutragen.
public_law
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
bcfb5127-20b4-491f-ab0b-72c77fc2b42b
Urteilskopf 95 I 560 81. Urteil vom 19. Dezember 1969 i.S. X. AG gegen Eidg. Steuerverwaltung
Regeste Emissionsabgabe auf Genussscheinen. 1. Die Eidg. Steuerverwaltung ist an eine vorläufige Abgabeberechnung, die sie der abgabepflichtigen Gesellschaft eröffnet hat, nicht gebunden (Erw. 1). 2. Auslegung des Art. 28 Abs. 1 StG : Massgebend ist jeweils der höhere der dort genannten Werte (Erw. 2). 3. Wie ist die Abgabe zu berechnen, wenn die Gesellschaftsstatuten den Rückkauf der Genussscheine zu einem mindestens auf den Nennwert anzusetzenden Preis zulassen und die den Titeln zugedachten Gewinnanteile dem Betrage nach wie auch zeitlich begrenzen? (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 561 BGE 95 I 560 S. 561 A.- Die X. AG wurde im Jahre 1967 gegründet. Sie übernahm das Geschäft einer Kollektivgesellschaft. Das voll einbezahlte Aktienkapital von Fr. 250'000.-- ist in Namenaktien eingeteilt, die von den vier Gründern gezeichnet wurden. Die Gesellschaft gab zugunsten der Gründer auch 450 auf den Namen lautende "Gründeranteilscheine" zu Fr. 100.-- aus. Art. 6 der Statuten vom 17. Oktober 1967 bestimmt in den letzten Absätzen: "Die Gründeranteilscheine können nur zusammen mit den Aktien und nur mit Genehmigung des Verwaltungsrates übertragen werden. Die Gesellschaft kann die Gründeranteilscheine jederzeit zurückkaufen. Den Rückkaufswert bestimmt die Generalversammlung, er muss jedoch mindestens Fr. 100.-- pro Anteilschein betragen. Die Gründeranteilscheine gewähren kein Stimmrecht, hingegen Anspruch auf einen Anteil am Reingewinn, welchen die Generalversammlung festlegt und welcher die Auszahlung einer Mindestdividende von 5 % und die Speisung des gesetzlichen Reservefonds zur Voraussetzung hat. Die Gründeranteilscheine und damit alle Rechte aus ihnen erlöschen ohne weiteres, wenn die Totalausschüttung pro Anteilschein Fr. 2000.-- erreicht hat und spätestens mit dem Ablauf des Geschäftsjahres 1977/78." B.- Am 2. November 1967 reichte die X. AG der Eidg. Steuerverwaltung (EStV) das Formular für die "Stempelabgabe auf Aktien, Genussscheinen oder Gründeranteilen" ein, auf welchem sie das Aktienkapital und die "Gründeranteilscheine" mit dem Nennwert deklarierte. Mit Schreiben vom 14. November 1967 forderte die EStV sie auf, u.a. die Statuten vorzulegen und die Emissionsabgabe in dem "vorläufig festgesetzten" Betrage von Fr. 5'900.-- (2% des Nennwerts der Aktien und der "Gründeranteilscheine") zu entrichten. Die X. AG kam der Aufforderung nach. Nach Einsicht in die Statuten berechnete die EStV die Emissionsabgabe neu wie folgt: 2% des Aktienkapitals von Fr. 250'000.-- Fr. 5'000.-- 2% des Rückkaufswertes der Genussscheine von Fr. 900'000.-- Fr. 18'000.-- BGE 95 I 560 S. 562 Fr. 23'000.-- Sie forderte daher von der Gesellschaft einen Abgabebetrag von Fr. 17'000.-- (Differenz zwischen Fr. 23'000.-- und Fr. 5'900.--) nach. Sie bestätigte die Nachforderung in einem förmlichen Entscheid und wies die Einsprache der X. AG hiegegen am 30. April 1969 ab. Sie führte aus, die Abgabe auf den Genussscheinen sei gemäss Art. 28 BG über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1917 (StG) nach dem "Höchstwertprinzip" zu berechnen; hier sei daher nicht der Nennwert massgebend, sondern der höhere Rückkaufswert, nämlich der in Art. 6 der Statuten auf Fr. 2'000.-- festgesetzte Höchstbetrag der für einen Genussschein beziehbaren Gewinnanteile. C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die X. AG, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und die Emissionsabgabe auf den Gründeranteilen vom Nennwert zu berechnen, also auf Fr. 900.-- festzusetzen; eventuell sei der Abgabeberechnung ein Rückkaufswert zugrunde zu legen, der den Verhältnissen des Falles angemessen sei. Es wird geltend gemacht, nach Art. 28 Abs. 1 StG sei der Rückkaufswert nur dann massgebend, wenn kein Nennwert bestehe. Die hier in Frage stehenden Titel hätten aber einen Nennwert, so dass darauf abgestellt werden müsse, wie es die EStV selber ursprünglich getan habe. Zu Unrecht berufe die EStV sich auf ein aus Art. 28 Abs. 2 StG abgeleitetes "Höchstwertprinzip". Ein Rückkaufswert lasse sich hier gar nicht mit Sicherheit ermitteln. Es gehe nicht an, die periodischen Erträgnisse der Titel in einen Rückkaufswert umzudeuten. Der angefochtene Entscheid laufe darauf hinaus, dass eine Gesellschaft, welche die auf Gründeranteile entfallenden Gewinnausschüttungen von vornherein begrenzt, hiefür bestraft werde. Auf keinen Fall dürfe die Abgabe von dem in den Statuten vorgesehenen Höchstbetrag dieser Ausschüttungen berechnet werden. Es sei völlig undenkbar, dass die Beschwerdeführerin in einem Jahrzehnt Reserven anhäufen könne, welche ihr erlauben würden, insgesamt Fr. 900'000.-- für die Gründeranteile zu erübrigen. Bezeichnend sei, dass kürzlich ein Teil der Anteilscheine zum Preise von je Fr. 100.-- verkauft worden sei. Ein höherer Rückkaufswert dürfte kaum in Betracht kommen. D.- Die EStV beantragt die Abweisung der Beschwerde. BGE 95 I 560 S. 563 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 25 StG unterliegen der Emissionsabgabe die Urkunden "über Anteilrechte am Gewinn oder am Liquidationsergebnis (Genussscheine, Genussaktien)" und "über Vorzugsrechte für den Bezug neuer Anteile (Gründeranteile)". Die Titel, die in den Statuten der Beschwerdeführerin "Gründeranteilscheine" genannt werden, gewährleisten kein Mitgliedschaftsrecht und auch kein Recht auf Bezug neuer Aktien, sondern nur einen Anspruch auf einen Anteil am Gewinn. Sie sind somit Genussscheine im Sinne des Art. 25 StG , was nicht bestritten ist. Für die Berechnung der Emissionsabgabe auf diesen Titeln ist Art. 28 Abs. 1 StG massgebend. Danach beträgt die Abgabe 2% "desjenigen Betrages, zu welchem die Titel nach Massgabe ihres Inhalts oder der Statuten gewinnberechtigt sind (Nennwert) oder mit welchem sie höchstens zur Rückzahlung oder Einlösung gelangen (Rückkaufswert)". Die EStV legt ihrer letzten, im angefochtenen Entscheid bestätigten Berechnung den Rückkaufswert zugrunde; als solchen betrachtet sie den Betrag von Fr. 2'000.--, auf den Art. 6 der Gesellschaftsstatuten die Gewinnausschüttungen für einen Genussschein begrenzt. Demgegenüber beantragt die Beschwerdeführerin die Bemessung nach dem Nennwert von Fr. 100.-- je Titel oder allenfalls nach einem "angemessenen" mittleren Wert. Allerdings hat die EStV ursprünglich selber die Abgabe auf Grund des Nennwerts der Genussscheine ermittelt. Das Schreiben vom 14. November 1967, mit dem sie der Beschwerdeführerin die so berechnete Forderung bekanntgegeben hat, enthält aber nicht einen der Rechtskraft fähigen Entscheid im Sinne des Art. 8 StG . Vielmehr handelt es sich um einen ausdrücklich als "vorläufig" bezeichneten Bescheid, mit dem eine nähere Untersuchung und eine daraus allfällig sich ergebende Änderung der Abgabeberechnung vorbehalten wurde. Die EStV konnte auf die vorläufige Bemessung ohne weiteres zurückkommen, wie sie es getan hat. Ihr Vorgehen entspricht dem Gesetz, was die Beschwerdeführerin offenbar nicht mehr bestreitet. 2. Art. 28 Abs. 1 StG bestimmt, dass die Abgabe nach dem Nennwert "oder" nach dem Rückkaufswert zu bemessen ist. Dies bedeutet nicht, dass nach Belieben der eine oder der BGE 95 I 560 S. 564 andere der beiden Werte als Berechnungsgrundlage gewählt werden darf. Eine solche Auslegung wäre mit Art. 4 BV nicht vereinbar, da sie der Willkür Tür und Tor öffnen würde. Die Beschwerdeführerin geht davon aus, dass Art. 28 Abs. 1 StG den Nennwert an erster Stelle erwähnt; sie folgert daraus, dass in allen Fällen, in denen die Titel einen Nennwert haben, auf ihn abgestellt werden müsse, auch dann, wenn ein höherer Rückkaufswert feststellbar ist. Die Reihenfolge, in der Art. 28 Abs. 1 StG die Werte nennt, kann jedoch nicht entscheidend sein. Vielmehr ist im einzelnen Fall der Abgabeberechnung derjenige Wert zugrunde zu legen, dessen Wahl sachlich begründet ist, dem System des Gesetzes entspricht. Einen Anhaltspunkt gibt Art. 28 Abs. 2 StG , wonach dann, wenn die Titel von den ersten Erwerbern "zu einem höhern als dem Nennwert oder dem Rückkaufswert" übernommen werden, dieser "Emissionswert" massgebend ist. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung bildet somit in Fällen, wo dem Nennwert oder dem Rückkaufswert oder beiden ein besonderer Emissionswert gegenübersteht, der höchste der verschiedenen Werte die Berechnungsgrundlage. Daraus ist zu schliessen, dass auch dann, wenn nur die zwei in Art. 28 Abs. 1 StG bezeichneten Werte - Nennwert und Rückkaufswert - in Frage kommen, auf den höheren der beiden abzustellen ist. In Art. 28 Abs. 2 StG kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass der höchste der dort genannten Werte dem im Titel verkörperten Vermögenswert, der durch die Emissionsabgabe erfasst werden soll, am ehesten entspricht. Der gleiche Gesichtspunkt muss analog auch bei der Anwendung des vorausgehenden Abs. 1 wegleitend sein. Würde der Auffassung der Beschwerdeführerin gefolgt, so hätten es die Abgabepflichtigen in der Hand, durch Festsetzung eines unter dem bestehenden Rückkaufswert liegenden Nennwertes die Emissionsabgabe bis auf das in Art. 28 Abs. 3 StG vorgesehene Minimum von Fr. 2.- für jeden Titel zu beschränken. Das kann nicht der Sinn des Gesetzes sein. Es war denn auch von Anfang an die Auffassung der mit dem Vollzug der Stempelgesetzgebung betrauten Verwaltungsbehörden des Bundes, dass für die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 und 2 StG durchgehend das "Höchstwertprinzip" massgebend sei. Der Bundesrat hat diese Regel in Art. 23 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 20. Februar 1918 zum StG ausdrücklich festgelegt und auch in seiner Rekurspraxis BGE 95 I 560 S. 565 befolgt (Entscheid vom 20. Juni 1921, wiedergegeben in Vierteljahrsschrift für schweiz. Abgaberecht Bd. 2 S. 336). Im Schrifttum wird einhellig die gleiche Meinung vertreten (IM HOF/JÖHR/LANDMANN, Das BG über die Stempelabgaben, 1918, S. 247 ff.; E. BLUMENSTEIN, Kommentar zu diesem Gesetz, 1918, S. 96; AMSTUTZ/WYSS, Das eidgenössische Stempelsteuerrecht, 1930, S. 105; WYSS, Die Stempelabgaben der Aktiengesellschaft, 1938, S. 24). Freilich enthält die geltende Vollziehungsverordnung vom 7. Juni 1928 zu den Stempelgesetzen des Bundes (StV), durch welche die genannte Verordnung von 1918 ersetzt worden ist, keine dem Art. 23 Abs. 3 des aufgehobenen Erlasses entsprechende Bestimmung. Indessen ergibt sich - wie gesagt - unmittelbar aus dem Gesetze selbst, dass die Abgabe auch dann nach dem "Höchstwertprinzip" zu bemessen ist, wenn nur ein Nennwert und ein Rückkaufswert, nicht auch ein besonderer Emissionswert, in Betracht kommen. 3. Die von der Beschwerdeführerin ausgegebenen Genussscheine haben nicht nur einen Nennwert (je Fr. 100.--), sondern auch einen Rückkaufswert, dagegen nicht einen besonderen Emissionswert. Art. 6 der Statuten bestimmt ausdrücklich, dass die Gesellschaft die Titel jederzeit "zurückkaufen" kann, dass der "Rückkaufswert" von der Generalversammlung festgesetzt wird, jedoch mindestens Fr. 100.-- für jeden Anteilschein betragen muss, und ferner, dass die Anteilscheine ohne weiteres erlöschen, wenn die auf sie entfallenden Gewinnausschüttungen Fr. 2'000.-- je Titel erreicht haben, spätestens aber mit dem Ablauf des Geschäftsjahres 1977/78. Hieraus ergibt sich, dass im Sinne des Art. 28 Abs. 1 StG dem Nennwert der Betrag gegenüberzustellen ist, mit welchem die Titel "höchstens zur Rückzahlung oder Einlösung gelangen (Rückkaufswert)". Die Statuten sehen nicht nur eine "Rückzahlung" (auf dem Wege des Rückkaufs), sondern auch eine "Einlösung" (ohne Rückkauf) vor. Die Genussscheine werden in dem Zeitpunkt eingelöst, da sie erlöschen, nämlich spätestens am Ende des 11. Geschäftsjahres, unter Umständen schon vorher, sobald die Gewinnausschüttungen für jeden Titel Fr. 2'000.-- erreicht haben. Der Gesamtbetrag der Gewinnausschüttungen, bei dessen Erreichung der Titel wertlos wird und erlischt, stellt den Einlösungswert dar (IM HOF/JÖHR/LANDMANN S. 247 f.; BLUMENSTEIN S. 95). Er übersteigt keinesfalls Fr. 2'000.--. Entschliesst sich die Gesellschaft zu einem Rückkauf, so wird BGE 95 I 560 S. 566 die Generalversammlung den Preis normalerweise nach Massgabe des inneren Wertes der Titel festsetzen, der sich nach den mit dem Genussrecht jeweils (noch) verbundenen Gewinnchancen richtet. Es ist anzunehmen, dass der Rückkaufspreis auf jeden Fall nie höher sein wird als der Einlösungswert. Daher kommt es darauf an, mit welchem Betrage der Einlösungswert höchstens in Rechnung gestellt werden kann. Dieser Höchstbetrag ist massgebend, wenn er den Nennwert übersteigt; andernfalls ist auf den Nennwert abzustellen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Gewinnausschüttungen stellten weder Rückzahlungen noch Einlösungen dar, weshalb es verfehlt sei, die Erträgnisse der Genussscheine in einen Rückkaufswert "umzudeuten". Sie verkennt jedoch die Tragweite des im Gesetz verwendeten Begriffs des Rückkaufswertes. Da die von ihr ausgegebenen "Gründeranteilscheine" nur einen Anspruch auf Gewinnanteile verbriefen, kann der Betrag, mit welchem sie höchstens zur Rückzahlung oder Einlösung gelangen, gar nicht anders als auf Grund der ihnen zugedachten Gewinnbezüge ermittelt werden. Der Beschwerdeführerin hilft auch der Einwand nicht, dass sie für die in den Statuten vorgesehene Begrenzung der auf die Genussscheine entfallenden Gewinnausschüttungen "bestraft" würde, falls die Abgabe auf dieser Grundlage berechnet würde. Die Begrenzung wurde der Beschwerdeführerin nicht vorgeschrieben; sie lag in ihrem Ermessen. Den Entscheid konnte die Beschwerdeführerin in Kenntnis der fiskalischen Folgen treffen. 4. Die EStV berechnet die Abgabe einfach von dem Betrage von Fr. 2'000.--, auf den der Art. 6 der Statuten die Gewinnausschüttungen für jeden Genussschein begrenzt. Indessen ist zu beachten, dass die Statuten diese Ausschüttungen nicht nur dem Betrage nach, sondern auch zeitlich beschränken: Das Genussrecht erlischt spätestens am Ende des 11. Geschäftsjahres, auch wenn die Gewinnbezüge bis dahin den Betrag von Fr. 2'000.-- je Titel noch nicht erreicht haben. Durch die doppelte Begrenzung unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von jenem, welcher Gegenstand des von der EStV angerufenen Urteils des Bundesgerichts vom 21. September 1939 war (ASA Bd. 8 S. 356). Auf den Betrag von Fr. 2'000.-- könnte nur dann abgestellt werden, wenn angenommen werden könnte, dass die Beschwerdeführerin bis zum Ende des 11. Geschäftsjahres BGE 95 I 560 S. 567 Gewinne erzielen kann, die ihr erlauben, nach Speisung des gesetzlichen Reservefonds und Ausrichtung einer "Mindestdividende" von 5% auf das Aktienkapital von Fr. 250'000.-- (Art. 6 der Statuten) insgesamt Fr. 900'000.-- für die 450 Genussscheine zu erübrigen. Es müsste eine genügende Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass ein solcher Geschäftserfolg erwartet werden kann. Die vorliegenden Akten geben jedoch über die wirtschaftliche Lage, in der sich die Beschwerdeführerin befindet, und über die Gewinnchancen, die sie hat, keinen ausreichenden Aufschluss. Wohl hat die Beschwerdeführerin das Geschäft einer Kollektivgesellschaft mit einem Aktivenüberschuss von rund Fr. 250'000.-- übernommen, doch hat sie in der Erfolgsrechnung für das erste Geschäftsjahr nur einen Reingewinn von Fr. 9'172.29 ausgewiesen. Die Erfolgsrechnung für das zweite Geschäftsjahr ist dem Gericht nicht bekannt. Der Sachverhalt ist daher näher abzuklären. Zu diesem Zwecke ist die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird anhand aller erreichbaren Unterlagen schätzen, mit welchen Ausschüttungen auf die Genussscheine bis Ende des 11. Geschäftsjahres nach dem bisherigen und dem voraussichtlichen weiteren Gang der Geschäfte der Beschwerdeführerin mit genügender Wahrscheinlichkeit gerechnet werden kann. Dabei wird sie auch die - nicht belegte - Behauptung der Beschwerdeführerin überprüfen, dass Genussscheine zu einem Preise von bloss Fr. 100.-- je Titel verkauft worden seien; sie wird gegebenenfalls feststellen, wann und an wen die Titel veräussert worden sind. Wenn solche Verkäufe vorgenommen worden sind, wird zu untersuchen sein, ob sich daraus Anhaltspunkte für den inneren Wert der Titel ergeben. Auf Grund der ergänzenden Erhebungen wird die EStV den Betrag, von dem die Abgabe zu berechnen ist, innerhalb der Grenzen von Fr. 100.-- und Fr. 2'000.-- je Titel so festsetzen, dass die Beschwerdeführerin in einem den Verhältnissen des Falles angemessenen Umfange belastet wird (vgl. Art. 7 Abs. 1 StV ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird insofern gutgeheissen, als der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
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bcfbd634-9eda-4fe5-8be7-101698b1bb59
Urteilskopf 104 Ia 161 27. Auszug aus dem Urteil vom 1. März 1978 i.S. Dr. X. gegen Gemeinde Z., Kantons und Kassationsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 4 BV ; administrative Entlassung eines Beamten. 1. Rechtsnatur der Verwaltungsverordnung. Die rechtliche Grundordnung eines Beamtenverhältnisses ist keine Verwaltungsverordnung, sondern hat Rechtssatzcharakter (E. 2). 2. Verhältnis administrativer und disziplinarischer Entlassung eines Beamten (E. 3a). Weiterbeschäftigung des Beamten während einer beschränkten Zeit trotz administrativer Entlassung (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 161 BGE 104 Ia 161 S. 161 Dr. X. war seit dem 1. April 1969 Chefarzt der medizinischen Klinik des Spitals in Z. Das Anstellungsverhältnis wurde durch einen schriftlichen Vertrag geregelt; die kommunale Dienst- und Besoldungsordnung als ergänzend anwendbar erklärt. Schon bald nach dem Stellenantritt von Dr. X. kam es zu Spannungen zwischen ihm und dem Verwaltungsdirektor und in der Folge auch mit der vorgesetzten Behörde. Diese sah sich deshalb BGE 104 Ia 161 S. 162 veranlasst, das Anstellungsverhältnis am 14. August 1971 auf Ende Februar 1972 zu kündigen. Dr. X. nahm darauf durch seinen Anwalt zur Kündigung und zu den Verhältnissen im Spital im allgemeinen Stellung. Kopien dieses Briefes liess er verschiedenen Stellen und Personen zugehen. Die vorgesetzte Behörde erblickte in dieser nach aussen gerichteten Kritik eine Verletzung der Dr. X. treffenden Treuepflicht und löste vor allem deshalb mit Schreiben vom 9. September 1971 das Dienstverhältnis bereits auf Ende September auf. Bei untadeligem Verhalten wurde Dr. X. die Auszahlung des Gehaltes bis Ende Februar 1972 zugesichert. Dr. X. stellte seine Tätigkeit am Spital in Z. Ende September 1971 ein, bot jedoch seine Dienste bis zum Ablauf der Kündigungsfrist an und erhob für diese Zeit Anspruch auf volle Entschädigung einschliesslich der Nebenbezüge. Die vorgesetzte Behörde erklärte, im Hinblick auf eine von Dr. X. veranlasste Pressekampagne würden sämtliche finanziellen Leistungen an ihn eingestellt. Dr. X. erhob in der Folge beim Bezirksgericht Z. gegen die Gemeinde Z. Klage auf Bezahlung von Fr. 50'000.- als Entschädigung für die ihm während der Kündigungszeit entgangenen Bezüge. Das Bezirksgericht hiess diese Klage teilweise gut. Dr. X. erklärte Berufung an das Kantonsgericht; die Gemeinde Z. erhob Anschlussberufung. Das Obergericht wies die Klage in vollem Umfange ab. Dagegen führte Dr. X. sowohl Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons St. Gallen als auch zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht. Das kantonale Kassationsgericht wies die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Die I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes behandelte die zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde als Berufung und wies diese gleichfalls ab, soweit darauf einzutreten war. Gegen das Urteil des Kassationsgerichtes des Kantons St. Gallen und gleichzeitig gegen dasjenige des Kantonsgerichts führt Dr. X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV . Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer erblickt eine formelle Rechtsverweigerung zunächst darin, dass das Kassationsgericht auf die Rüge der Verletzung der Dienst- und Besoldungsordnung für BGE 104 Ia 161 S. 163 das Personal der Gemeinde Z. (DBO) nicht eintrat. Das Kassationsgericht begründete seinen Entscheid in diesem Punkt damit, bei der DBO handle es sich weder um eine "Gesetzesbestimmung des Kantons oder des Bundes", die nach dem Wortlaut von Art. 427 Ziff. 1 des Gesetzes über die Zivilrechtspflege (ZPO, vom 20. März 1939) mit der Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden könnte, noch um eine "Rechtsverordnung, die materiell zur Gesetzgebung gehört" und die daher nach Lehre und Praxis ebenfalls diesem Rechtsmittel unterstünde (LUTZ, Kommentar zum Zivilrechtspflegegesetz des Kantons St. Gallen, 2. Auflage, lit. a zu Art. 427 Ziff. 1). Es handle sich vielmehr um eine Verwaltungsverordnung, die generelle Anordnungen zur Regelung der Interna des Verwaltungsdienstes oder einer öffentlichen Anstalt enthalte. Adressaten der DBO seien ausschliesslich im Dienste der Gemeinde stehende Beamte und Arbeitnehmer, die wegen ihrer Tätigkeit für die Ortsbürgergemeinde zu dieser in einem besonderen Rechtsverhältnis stünden. Ein Schutz der Beschwerde käme daher selbst dann nicht in Frage, wenn durch den Entscheid des Obergerichtes die DBO verletzt worden sein sollte. Diese Begründung erweckt Bedenken. Zwar ist es richtig, dass die ZPO als ersten der beiden in Art. 427 vorgesehenen Nichtigkeitsgründe die Verletzung oder Umgehung einer "Gesetzesbestimmung des Kantons oder des Bundes" nennt und Verordnungen in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Indessen ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb die Verletzung von Normen höherer Ordnung mit der Nichtigkeitsbeschwerde sollte gerügt werden können, diejenige von Verordnungen indessen nicht. LUTZ bemerkt in seinem Kommentar zur ZPO (lit. a zu Art. 427 Ziff. 1) unter Hinweis auf die Rechtsprechung, als "Gesetzesbestimmungen" im Sinne der erwähnten Norm seien auch "Rechtsverordnungen" zu betrachten. "die materiell zur Gesetzgebung gehörten". Das Kassationsgericht hat dies auch nicht verkannt, indessen angenommen, bei der DBO handle es sich um eine blosse Verwaltungsverordnung. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Das Bundesgericht versteht unter Verwaltungsverordnungen Anweisungen an das öffentliche Personal bei der Erfüllung ihrer Dienstpflichten (Dienstanweisungen; BGE 98 Ia 510 f. E. 1). A. GRISEL (Droit administratif suisse, S. 82) führt aus, die Verwaltungsverordnungen BGE 104 Ia 161 S. 164 "ne concernent que les agents de l'administration, dont elles règlent le mécanisme interne"; ähnlich ist die Begriffsbestimmung von FAVRE (Droit constitutionnel suisse, S. 431). GYGI (Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, 2. Auflage, S. 144) bemerkt, Verwaltungsvorschriften begründeten weder Rechte noch Pflichten. TH. FLEINER (Grundzüge des allgemeinen und schweizerischen Verwaltungsrechtes, S. 75/76) bezeichnet die Verwaltungsverordnungen als Weisungen vorgesetzter Instanzen an ihre Untergebenen über die Art und Weise, wie Zuständigkeiten der Verwaltung auszufüllen seien; solche Weisungen hätten generell-abstrakten Charakter, richteten sich aber nur an die internen Instanzen. Geht man von diesen Begriffsbestimmungen aus, so ergibt sich, dass der Grunderlass, der die Begründung, den Inhalt und die Beendigung des Beamten- und öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnisses für einen ganzen Kanton oder eine Gemeinde regelt, keine Verwaltungsverordnung darstellen kann. Er betrifft nicht oder doch nicht zur Hauptsache den internen Dienstbetrieb, sondern die Rechtsstellung einer grösseren Gruppe von Einzelpersonen gegenüber der sie beschäftigenden öffentlichen Körperschaft. Wollte man eine solche Dienst- und Beamtenordnung als blosse Verwaltungsverordnung betrachten, so könnte der einzelne Funktionär aus ihr keine Rechte ableiten, was seine Stellung in unerträglicher Weise beeinträchtigen und der Zweckbestimmung des Erlasses offensichtlich widersprechen würde. Auch der vom Kassationsgericht zitierte Autor SCHWARZENBACH (Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, 6. Auflage, S. 38) vertritt im Grunde genommen keine andere Auffassung. Er spricht von "generellen Anordnungen, welche Interna des Verwaltungsdienstes oder einer öffentlichen Anstalt regeln", und sich an Personen richten, die in einem besonderen Rechtsverhältnis zum Staat stehen; er führt in Übereinstimmung mit der übrigen Lehre und Rechtsprechung den "allgemeinen Dienstbefehl" als Beispiel an. Darin kommt zum Ausdruck, dass auch hier eine Grundordnung des Dienstverhältnisses auf rechtssatzmässiger Grundlage vorausgesetzt wird, die durch besondere Dienstbefehle konkretisiert wird. - Das Kassationsgericht hätte somit auf die Rüge der Verletzung der DBO eintreten sollen. Ob das gegenteilige Vorgehen geradezu unhaltbar und damit willkürlich war, kann indessen dahingestellt bleiben. Tatsächlich BGE 104 Ia 161 S. 165 hat das Kassationsgericht nämlich die Rügen, die der Beschwerdeführer aus der DBO ableitet, behandelt, obschon es formell erklärt hat, darauf nicht eintreten zu wollen. Der Beschwerdeführer hat in seiner Nichtigkeitsbeschwerde die DBO in zwei Punkten als verletzt bezeichnet: einmal machte er geltend, diese Verordnung kenne das Institut der administrativen Entlassung gar nicht, und zum andern wurde gerügt, die DBO schreibe in jedem Falle die vorherige Anhörung des zu Entlassenden vor. Das Kantonsgericht hat sich in seinem Urteil sowohl mit der Frage der Zulässigkeit der administrativen Entlassung wie auch mit den rechtlichen Folgen der unterbliebenen Anhörung einlässlich befasst. Damit ist der Rüge der formellen Rechtsverweigerung durch das Kassationsgericht der Boden entzogen. 3. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht habe willkürlich gehandelt, indem es ausgeführt habe, es sei einem blossen gesetzgeberischen Versehen zuzuschreiben, dass in der DBO nur die disziplinarische, nicht aber die administrative Entlassung vorgesehen sei. Die Willkürrüge konnte gemäss Art. 427 Ziff. 2 ZPO im Verfahren vor dem Kassationsgericht vorgebracht werden und wurde dort tatsächlich auch erhoben. Auf die nicht weiter begründete Rüge ist daher grundsätzlich einzutreten, wobei die Auffassung als solche, nicht die Erwägungen des Kassationsgerichtes unter dem eingeschränkten Gesichtswinkel der Willkür der Beurteilung nach Art. 4 BV unterliegen. Indessen ist die Meinung der kantonalen Instanzen mit sachlichen Gründen vertretbar. Es genügt, den Text von Art. 16 Abs. 2 DBO zu lesen, um festzustellen, dass er im wesentlichen demjenigen von Art. 337 Abs. 2 OR entspricht. Damit war es nicht unhaltbar, anzunehmen, auch der Sinn jener Bestimmung des kommunalen Rechtes entspreche demjenigen der genannten Bestimmung des OR, welche die Entlassung aus wichtigen Gründen nicht von einem Verschulden des Entlassenen abhängig macht. Verhält es sich aber so, dann kann das Nebeneinanderbestehen von Gründen, die allenfalls eine disziplinarische Entlassung hätten rechtfertigen können, und von solchen, die zu einer administrativen Entlassung führen mussten, die Möglichkeit der administrativen Entlassung nicht einschränken, würde doch sonst der öffentliche Funktionär, der aus objektiven Gründen untragbar geworden ist, bevorzugt, wenn ihm daneben noch ein Verschulden zur Last fällt, was nicht der Sinn BGE 104 Ia 161 S. 166 der Beamtenordnung sein kann. Es hätte sich einzig die Frage stellen können, ob die administrative Entlassung nur vorgeschoben sei, um nicht den Weg des Disziplinarverfahrens beschreiten zu müssen. Allein dies wird mit der Beschwerde nicht oder doch zum mindesten nicht in klarer Form geltend gemacht. Wollte man annehmen, die Rüge sei sinngemäss erhoben worden, so zöge dies nicht die Nichtigkeit der Entlassung nach sich, sondern es wäre allenfalls nachträglich zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine disziplinarische Entlassung gegeben waren ( BGE 100 Ib 26 E. 1b, mit Hinweisen). Die Frage, in welchem Verfahren und bis zu welchem Zeitpunkt eine solche Überprüfung hätte verlangt werden können, wird im folgenden zu untersuchen sein. b) Der Beschwerdeführer erblickt ein widersprüchliches Verhalten und damit Willkür darin, dass das Kassationsgericht in Übereinstimmung mit dem Kantonsgericht es nicht als unzulässig erklärt habe, ihn aus wichtigen Gründen ohne Einhaltung der Kündigungsfrist zu entlassen und ihn trotzdem vom Entlassungsschreiben bis zum 30. September 1971, also während 21 Tagen, in seiner Stellung zu belassen. Die kantonalen Instanzen haben sich mit dieser Frage einlässlich auseinandergesetzt und dargelegt, dass es im Interesse der Patienten notwendig gewesen sei, den Beschwerdeführer noch so lange zu beschäftigen, bis die Nachfolge wenigstens provisorisch geregelt gewesen sei. Weshalb diese Erwägung falsch oder gar geradezu willkürlich gewesen sein soll, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Eine solche Rüge wäre auch offensichtlich unbegründet. Es kann durchaus notwendig sein, einen grundsätzlich für das Spital untragbar gewordenen Arzt noch für eine kurze Übergangszeit weiterzubeschäftigen, wenn die medizinische Versorgung der Kranken nicht anders gesichert werden kann, ohne dass der Arzt daraus ableiten könnte, seine Weiterbeschäftigung wäre dem Staat oder der Gemeinde während der ganzen rechtlichen Dauer der Kündig ungsfrist, also noch während fünf weiterer Monate, zuzumuten gewesen. Anders zu entscheiden wäre einzig dann, wenn jede auch noch so kurzfristige Weiterbeschäftigung Leben und Gesundheit der Patienten einer ernsthaften Gefahr aussetzen würde, also vor allem dann, wenn fachliche Inkompetenz Grund der Entlassung ist.
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Urteilskopf 108 Ia 148 28. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Juli 1982 i.S. Werner gegen Sanitätsdepartement und Appellationsgericht (als Verwaltungsgericht) des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Handels- und Gewerbefreiheit; Legitimation; ( Art. 31 BV und 88 OG). Der Ausländer kann sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen, soweit er nicht gerade wegen seiner Ausländerqualität besonderen wirtschaftspolizeilichen Einschränkungen unterworfen ist (Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 149 BGE 108 Ia 148 S. 149 Nach basel-städtischem Recht bedarf einer Bewilligung, wer den Beruf der Psychotherapie selbständig ausüben will. Dr. med. Werner, deutscher Staatsangehöriger, der sein Medizinstudium in der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hatte, ersuchte die basel-städtischen Behörden um Erteilung der Bewilligung. Das Sanitätsdepartement wies das Gesuch ab. Ein Rekurs beim Appellationsgericht blieb ohne Erfolg. Das Bundesgericht weist die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde ab. Zur Frage, ob der Beschwerdeführer sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen kann, macht es die folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer ist ein in der Schweiz niedergelassener Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland. Soweit er sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ) beruft, stellt sich die Frage, ob auf diese Rüge eingetreten werden kann. a) Nach bisher herrschender Lehre und Rechtsprechung kann sich auf die Handels- und Gewerbefreiheit nur berufen, wer Schweizer Bürger ist ( BGE 55 I 223 E. 1, BGE 48 I 285 E. 1, BGE 47 I 50 E. 2; HANS MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit der schweizerischen Bundesverfassung, S. 30 f.; MAX BERNHARD MARTI, Die Handels- und Gewerbefreiheit für Ausländer in der Schweiz, Diss. Bern 1963, S. 24 f.; AUBERT, Le statut des étrangers en Suisse, ZSR 77 I/1958, S. 239; MOSER, Die Rechtsstellung des Ausländers in der Schweiz, ZSR 86 II/1976, S. 349; HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen BGE 108 Ia 148 S. 150 Staatsrechtes, Bd. II, S. 133, 194). Ausländer geniessen nach dieser Auffassung nicht den Schutz von Art. 31 BV . Wenn sie in der Schweiz niedergelassen sind, können sie allenfalls die ihnen aus einem Staatsvertrag gewährleisteten Rechte geltend machen, soweit der Vertrag die wirtschaftliche Betätigung garantiert. Eine solche auf Art. 84 Abs. 1 lit. c OG gestützte Rüge erhebt der Beschwerdeführer nicht. Indes fragt sich, ob an der erwähnten Praxis, die den Ausländer von der Anrufung der Handels- und Gewerbefreiheit ausschliesst, weiterhin vollumfänglich festgehalten werden kann. b) Das schweizerische Fremdenpolizeirecht erlaubt dem Ausländer mit Niederlassungsbewilligung, bei Freizügigkeit im Bewilligungskanton nicht bloss dauernd zu bleiben, sondern auch jede Tätigkeit im Rahmen der Rechtsordnung auszuüben (Botschaft des Bundesrates zu Art. 6 ANAG , BBl 1948 I 1295). Es kann daher heute als Grundsatz des schweizerischen Fremdenpolizeirechts betrachtet werden, dass alle Ausländer mit Niederlassungsbewilligung - ohne Rücksicht auf den Inhalt der einzelnen Niederlassungsverträge - bezüglich ihrer Erwerbstätigkeit keinen fremdenpolizeilichen Schranken unterworfen sind, ausser der in Frage stehende Beruf sei ausnahmsweise und ausdrücklich Schweizer Bürgern vorbehalten (vgl. Art. 19 Abs. 2 des verworfenen Ausländergesetzes vom 19. Juni 1981, BBl 1981 II 568; siehe auch die Botschaft hiezu: BBl 1978 II 205). Der Vorbehalt zugunsten der Schweizer Bürger ist vor allem im Bereich der wissenschaftlichen Berufe von Bedeutung, insbesondere der medizinischen. So können grundsätzlich nur Schweizer Bürger zu den eidgenössischen Medizinalprüfungen zugelassen werden (Art. 16 Reglement für die eidgenössischen Medizinalprüfungen, SR 811.112.1). Ausländer, die zwar über einen dem Schwierigkeitsgrad nach gleichwertigen ausländischen Hochschulabschluss verfügen, haben - staatsvertragliche Bestimmungen vorbehalten - keinen Anspruch auf selbständige ärztliche Tätigkeit (vgl. Urteil vom 5. Februar 1982 i.S. N.). Soweit der Ausländer aber den gleichen gewerbepolizeilichen Vorschriften unterworfen ist, wie sie auch für Schweizer Bürger gelten, besteht kein Grund, ihn von Verfassungs wegen anders zu behandeln als einen Schweizer Bürger. In diesen Fällen kann der Ausländer daher die Rüge der Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit erheben. Wo dagegen das anwendbare Recht Angehörige fremder Nationalität gerade wegen ihrer Ausländerqualität besonderen wirtschaftspolizeilichen Einschränkungen BGE 108 Ia 148 S. 151 unterwirft, ist der Nichtschweizer von der Anrufung der Handels- und Gewerbefreiheit weiterhin ausgeschlossen. Ob eine solche Schlechterstellung sachlich begründet ist, beurteilt sich, wie in der bisherigen Rechtsprechung, einzig nach Art. 4 BV . c) Der Kanton Basel-Stadt anerkennt als Voraussetzung zur selbständigen Psychotherapeutentätigkeit ausdrücklich den Studienabschluss in Psychologie an einer schweizerischen oder "an einer vergleichbaren ausländischen Hochschule" (§ 8 Abs. 1 lit. a Verordnung betreffend die selbständige Berufsausübung des Psychotherapeuten). Die Verordnung verlangt jedoch nicht, dass der Bewerber Schweizer Bürger sei; sie sieht vielmehr Bewerbungen von Kandidaten ausländischer Nationalität ausdrücklich vor (§ 8 Abs. 4). Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer gleich wie ein Schweizer Bürger die Verweigerung der Berufsausübungsbewilligung unter Anrufung der Handels- und Gewerbefreiheit anfechten kann.
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